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Die schwierige Brust


Autor: Dr. med. Mark Wolter

Während eine Brustvergrößerung klassischerweise ein recht verbreiteter und simpler Eingriff
ist, können verschiedene Indikationen die Ausgangslage verkomplizieren und den Chirurgen vor
eine größere Herausforderung stellen. Der folgende Artikel gibt einen Überblick über mögliche
­Erschwernisse und bietet Lösungsansätze für komplexe Situationen.

Die Brustvergrößerung ist bei unauffälliger Aus- P­atientin sowie dem Abgleich mit Vorher-Nach-
gangslage technisch üblicherweise ein sehr unkom- her-Bildern essenziell. Hierbei werden Asymmetrien
plizierter, schneller und relativ einfacher Eingriff, mit festgestellt, die der Patientin eventuell vorher nicht
vorhersagbaren und schönen Ergebnissen. Dafür ist aufgefallen sind, die sie aber postoperativ sicher be-
neben der ausführlichen Untersuchung mit Vermes- merken und beanstanden würde, wenn sie nicht vor-
sen der wichtigsten Distanzen (Unterbrustumfang, her angesprochen und dokumentiert wurden. Eine
Jugulum-Brustwarzen rechts und links, aktueller und kleine Restasymmetrie ist, wie auch andere kleine
möglicher Brustbreite sowie der Strecke zwischen ­Imperfektionen, kein Problem, solange es vorher the-
Brustwarzen und Brustfalte) vor allem die Beratung matisiert und der mögliche Grund auch verständlich
mit Erfragen des Größen- und Formwunsches der erklärt wurde. Gleichzeitig ergeben sich aus den

Abb. 1a–e: Patientin mit milder


Form der tuberösen Brust.
Präoperative Ansicht (a), acht Tage
postoperativ mit ästhetisch
ansprechendem Ergebnis (b), acht
Monate postoperativ mit nach unten
abgesackten Implantaten (c und d),
zwei Monate nach Korrektur mit
Fixation der Unterbrustfalte (e).

Abb. 1a Abb. 1b Abb. 1c

Abb. 1d Abb. 1e

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 Fachbeitrag Ästhetik   |

Abb. 2a–e: Patientin mit restriktivem


unterem Brustpol, präoperativ
(a und b), postoperativ (c) und nach
Abheilung (d und e).

Abb. 2a Abb. 2b Abb. 2c

Abb. 2d Abb. 2e

Messdaten auch Einschränkungen beziehungsweise e­ rreichen. Der Größenausgleich erfolgte mit Allergan
Vorgaben für die Operationstechnik: 450 FX rechts und 425 FF links. Weiterhin erfolgte ein
Verschieben des rechten Warzenvorhofes nach innen.
Die tuberöse Brust Hierzu wird das Drüsen- und Fettgewebe nicht wie
beim Dual Plane üblich über die ganze Breite bis zur
Bei einer sehr kurzen Strecke zwischen Warzenvorhof Brustwarze hoch abgelöst, sondern im Wesentlichen
und Brustfalte spricht man von einem restriktiven un- im lateralen Anteil und dort dann bis über die Brust-
teren Brustpol, bis hin zur tuberösen Brust in ver- warzenebene hinweg. Gleichzeitig wird das Implantat
schieden starker Ausprägung. In beiden Fällen der Ab- etwas lateralisiert eingelegt. Dadurch erreicht man
bildungen 1 und 2 handelt es sich um eine milde Form zumindest, dass präoperativ bereits nach außen
der tuberösen Brust bzw. eines restriktiven unteren schauende Brustwarzen nach der OP nicht noch
Brustpols. Die Brustfalten wurden um über 2 cm nach ­weiter nach lateral zeigen.
caudal versetzt und ebenso wurde in beiden Fällen Im Fall deutlich tuberöser Brüste (Abb. 3) wurde die
eine retropectorale Lage der Implantate gewählt. Patientin zunächst auswärts operiert – offensichtlich
In Fall 1 erfolgte der Zugang über einen Warzenvor- ohne Versetzen der Brustfalte nach caudal und ohne
hofschnitt mit gleichzeitigem Hochsetzen des rech- Inzision des Drüsengewebes von innen. Bei der Kor-
ten Warzenvorhofs mittels Benelli-Schnitt. Nach rektur erfolgten diese Schritte, eine weitere Korrektur
­anfangs sehr schönem Ergebnis (Abb. 1b, 8. Tag post- der dann aufgedehnten Areolen bzw. unteren Brust-
­operativ) zeigten sich nach bereits weniger als acht pole war nicht nötig. Es wurden wiederum form­
Monaten postoperativ nach unten abgesackte Im- stabile anatomische Implantate verwendet, die Lage
plantate. Es musste eine Korrektur mit Fixation der retropectoral belassen.
Unterbrustfalte mit 2-0-PDS-Nähten erfolgen, bei
der die Patientin sich dann gleich für geringfügig Die asymmetrische Brust
­größere Implantate entschieden hat.
Im zweiten Fall wird über den Brustfaltenschnitt vor- Bei Asymmetrien (Größe, Brustwarzenposition, Höhe)
gegangen – hier direkt mit Fixation der neuen Brust- muss der Unterschied am besten im Vorfeld ermittelt
falten an der Fascia scarpa. Gleichzeitig erkennt man und ein entsprechender Ausgleich geplant werden.
auf Abbildung 2c, dass das Drüsengewebe von innen Alternativ sollte intraoperativ mit Probeprothesen
inzidiert wurde, um eine bessere Auffächerung zu und entsprechend vielen vorrätigen Implantaten

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Abb. 3a Abb. 3b Abb. 3c Abb. 3d

Abb. 3e Abb. 3f

Abb. 3a–f: Patientin mit ausgeprägt g­ earbeitet werden, um ein weitgehend symmetri- Im Fall mäßig ptotischer Brüste in Abbildung 5, mit
tuberösen Brüsten. Präoperativ sches Ergebnis zu erzielen. viel ­Volumen und reichlich Gewebsüberdeckung, er-
(a und b), nach Fremdeingriff ohne folgte eine Augmentation zur Auffüllung vor allem
Versetzung der Unterbrustfalte Die ptotische Brust des ­oberen Brustpols, eine Anhebung der gesamten
oder Inzision des Drüsengewebes Brust und die Verkleinerung der Warzenvorhöfe mit
von innen (c und d) und Ptotische Brüste können bis zu einem gewissen Grad hohen anatomischen Implantaten, mit voller Projek-
nach Korrektur-OP durch den mit einer reinen Vergrößerungsoperation behandelt tion und Lage präpectoral über einen Warzenvorhof-
Autor (e und f). werden. Man sollte der Patientin allerdings auch sehr schnitt mit zusätzlicher Benelli-Straffung.
klarmachen, dass die (nie gewollten) Narben weniger Die Patientin mit ptotischer Brust in Abbildung 6
störend sind, als hängende große Brüste. wurde mit mittelprofiligen, runden Implantaten
Bei den deutlich ptotischen Brüsten in Abbildung 4 präpectoral operiert, um bei wenig Projektion und
steht jedoch die Brustwarze im seitlichen Anblick moderater Größenzunahme eine formschönere Brust
noch oberhalb der lateralen Brustfalte. Dies und eine zu schaffen. Durch die Lage präpectoral dehnt sich
Entfernung der Jugulum-Brustwarze von unter 22 bis das etwas ­restriktive untere Brustgewebe auf, und
23 cm erlaubt in den meisten Fällen eine reine Vergrö- trotz Ver­setzen der Brustfalte um über 2 cm entsteht
ßerung, hier auch retropectoral mit sternförmiger keine Double-­Bubble.
­Inzision von innen in das Drüsengewebe. Im Verlauf
benötigt es etwas Geduld, was der Patientin im Vor- Die sehr flache Brust
feld kommuniziert werden muss, um Unzufrieden-
heiten vorzubeugen. In Abbildung 4c ist zu sehen, Eine geringe Gewebsüberdeckung im oberen/inne-
dass sich nach acht Tagen die alte Brustfalte noch ren Quadranten (gemessen im Pinchtest) schließt ab
deutlich abzeichnet, nach dem Absinken der Implan- einem Wert von unter 2,5 cm eine Implantatlage auf
tate füllt sich der untere Pol wie gewünscht. dem Muskel aus. Eine größere, etwas ptotische Brust

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24 4 2016
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Abb. 4a–e: Patientin mit deutlich


ptotischen Brüsten. Vor der
Operation (a und b), acht Tage
postoperativ mit noch sichtbarer
alter Brustfalte (c) und nach dem
erwarteten Absinken der Implantate,
wodurch sich der untere Pol wie
gewünscht füllt (d und e).

Abb. 4a Abb. 4b Abb. 4c

Abb. 4d Abb. 4e

kann bei einer guten Überdeckung aber zur Vermei- ihres Sports keine Implantate unter dem Muskel
dung einer Double-Bubble bzw. Abzeichnung der haben, mit dem Ergebnis, dass sich beim Vorbeugen
alten Brustfalte (auch bei tuberösen Brüsten bzw. Falten im Dekolleté abzeichnen. Einen Wechsel zu
restriktiven unteren Brustpolen) eine Lage präpec- ­retropectoral lehnte sie aber weiterhin ab. Der Autor
Abb. 5: Patientin mit leichter Ptose toral sinnvoll machen, auch wenn es bei der zog daraus die Lehre, die präpectorale Lage seitdem
und viel Volumen, Zustand präoperativ „unkomplizierten“ Brust nicht die Implantatlage bei einem Pinchtest von unter 2,5 cm konsequent
(a und b) sowie nach Anhebung der der Wahl wäre. ­abzulehnen und auch bei mehr Überdeckung nur bei
gesamten Brust und Verkleinerung Abbildung 7 zeigt eine ca. 2002 selbst operierte Pati- vorliegender Ptose oder restriktivem unteren Brust-
der Warzenvorhöfe (c und d). entin mit falscher Implantatlage. Sie wollte wegen pol eine Ausnahme zu machen.

Abb. 5a Abb. 5b Abb. 5c Abb. 5d

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26 4 2016
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Ausrichtung der Brustwarzen ßerung retropectoral, trotz viel vorhandenem


­Eigengewebe, erfolgte ein Wechsel der Lage nach
Weit auseinander stehende bzw. nach außen zei­ präpectoral, mit Verwendung deutlich höherer, ana-
gende Brustwarzen machen eine spezielle Technik tomischer Implantate – damit konnten alle Probleme
des Dual Plane nötig, wie auch eine etwas angepasste ohne Straffungsoperation und ohne zusätzliche
Implantatlage. Das Gleiche gilt für nach innen zei­ ­Narben behoben werden.
gende Brustwarzen, wenngleich diese Situation sehr Im Fall einer auswärtigen Vor-OP in Abbildung 10
viel seltener ist. wurde wegen der geringen Gewebsüberdeckung die
Lage r­etropectoral beibehalten, die Höhle nur nach
Die voroperierte Brust unten und innen erweitert, der Pectoralismuskel
medio-­caudal abgelöst und ein einflächigeres ana­
Bei Status nach drei auswärtigen Voroperationen in tomisches, formstabiles Implantat gewählt.
Abbildung 8, mit zuletzt die Patientin stark störender
Abb. 6a–d: Ältere Patientin mit Double-Bubble, erfolgte zunächst ein Wechsel der Fazit
ptotischen Brüsten vor der Operation Lage zu präpectoral. Danach trat eine Verstärkung
(a und b) und nach dem Einsatz der bereits gering ausgeprägten Synmastie auf, wel- So „einfach“ eine „normale“ Brustvergrößerung er-
mittelprofiliger runder Implantate che durch eine erneute Operation mit inneren scheinen mag, so fließend die Übergänge zur „schwie-
präpectoral (c und d). 2-0-PDS-Nähten korrigiert werden musste. Aus heu- rigen“ Brust. Daher sind neben den grundlegenden
Abb. 7a–d: Patientin mit geringer tiger Sicht empfiehlt der Autor in einem solchen Fall Kenntnissen der Anatomie und einem ästhetischen
Gewebsüberdeckung (a und b). Ein für die Korrektur einer Synmastie, genau wie der Gespür, vor allem auch die Kenntnis der verschiede-
retropectaler Einsatz des Implantats ­verrutschter Implantate oder einer (rezidivierenden) nen Techniken bezüglich der Zugänge, Implantatla-
wurde abgelehnt, durch die falsche Kapselfibrose nur noch die Verwendung von gen und Implantatformen, entscheidend. Eine one-
Implantatlage entsteht eine leicht PU-Schaum-Implantaten, die alle diese Risiken deut- fits-all Brustvergrößerung gibt es nicht, auch wenn
sichtbare und deutlich tastbare lich minimieren. heute sicher die meisten Brustvergrößerungen retro-
Faltenbildung im kraniomedialen Auch im Fall in Abbildung 9 mit High-Riding-­ pectoral und über den Brustfaltenschnitt durchge-
Bereich (c und d). Implants, bei Status nach auswärtiger Brustvergrö- führt werden – aber eben auch hier mit den richtigen,

Abb. 6a Abb. 6b Abb. 6c Abb. 6d

Abb. 7a Abb. 7b Abb. 7c Abb. 7d

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Abb. 8a und b: Dreimalig


voroperierte Patientin mit stark
störender Double-Bubble (a),
daraufhin Wechsel zu präpectoraler
Implantatlage und Korrektur
der Synmastie, Zustand
neun Monate postoperativ (b).
Abb. 9a und b: Patientin mit
Abb. 9a High-Riding-­Implants, Status nach
auswärtiger Brustvergrößerung (a)
und nach Wechsel zu präpectoraler
Lage mit Verwendung deutlich
höherer, anatomischer Implantate (b).
Abb. 10a–d: Patientin nach
auswärtiger Vor-OP (a und b)
sowie nach Korrektureingriff
durch den Autor (c und d).
Abb. 8a Abb. 8b Abb. 9b

Abb. 10a Abb. 10b

Abb. 10c Abb. 10d

wichtigen kleinen Variationen, wie oben beschrieben. nen, kann man die meisten Probleme, objektiv wie
Aus der Erfahrung entstehen allerdings noch mehr auch subjektiv, bei Patientinnen vermeiden._
unzufriedene Patientinnen durch eine fehlende oder
unzureichende Beratung, bei der der Chirurg die Kontakt
Wünsche der Patientinnen nicht anhört, nicht an-
nimmt oder nicht versteht. Eine Kontrolle bei der Be- Dr. med. Mark Wolter
ratung, darüber, dass Arzt und Patient die gleiche Vor- Damaschkestraße 4
stellung haben, sollte unbedingt durch das Zeigen 10711 Berlin
von Vorher-Nachher-Bildern erfolgen. Kombiniert Tel.: 030 88001855
mit einer vernünftigen Selbsteinschätzung zur Fähig- drwolter@web.de
keit, verschiedene Schweregrade operieren zu kön- www.drwolter-berlin.de

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