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Friedrich Ostermann

Anwendungstechnologie Aluminium
Friedrich Ostermann

Anwendungstechnologie
Aluminium

2., neu bearbeitete und aktualisierte Auflage

Mit 577 Abbildungen und 111 Tabellen

123
Professor Dr.-Ing. Friedrich Ostermann
Aluminium Technologie-Service, Meckenheim
ostermann@aluminiumtechnologie.de

Autor und Verlag danken der TRIMET ALUMINIUM AG, Essen, für die Unterstützung der
Drucklegung dieses Buches.

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ISBN 978-3-540-71196-4 2. Auflage Springer Berlin Heidelberg New York


ISBN 3-540-62706-5 1. Auflage Springer Berlin Heidelberg New York

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Einbandgestaltung: WMXDesign, Heidelberg
Gedruckt auf säurefreiem Papier 68/3180/YL – 5 4 3 2 1 0
Vorwort zur 2. Auflage

Seit dem Erscheinen der 1. Auflage von ANWENDUNGSTECHNOLOGIE


ALUMINIUM im Jahre 1998 haben sich zahlreiche Entwicklungen in der
Aluminiumkunde und Anwendungsforschung, im Einsatz des Werkstoffs
und im wirtschaftlichen Umfeld der Hersteller und Verarbeiter vollzogen,
denen bei der Neuauflage des Buches Rechnung getragen werden soll.
Gleichzeitig bietet der kritische Rückblick auf die damalige Themenaus-
wahl die Möglichkeit, die Schwerpunkte an den sichtbar gewordenen Ent-
wicklungstrends neu auszurichten.
Einerseits haben sich durch die Forderungen aus der Anwendungspraxis,
aber auch durch die Weiterentwicklung von wissenschaftlichen Methoden
und theoretischen Erkenntnissen in jüngster Zeit neue Einsichten und Per-
spektiven bei den Aushärtungsprozessen ergeben, die als wohl die wich-
tigste metallurgische Grundlage für Aluminiumkonstruktionswerkstoffe
anzusehen sind, und deren Entdeckung vor genau 100 Jahren von Alfred
Wilm patentiert wurde. In der Anwendungsforschung werden Konzepte für
die Vorhersage des Verhaltens unter Crash-Bedingungen und Schwingbe-
anspruchung entwickelt, die zunehmend die metallphysikalischen Basis-
prozesse des plastischen Fließens und Bruchs einschließen. Daher wurde
den metallkundlichen Prozessen ein breiterer Raum eingeräumt in der Ab-
sicht, durch verständliche Beschreibung die z.T. sehr komplexen Vorgänge
im Werkstoff für den mit Anwendungsentwicklungen befaßten Werkstoff-
ingenieur zugänglich zu machen. Im Vordergrund steht eine möglichst um-
fassende Dokumentation der beobachteten Phänomene des Werkstoffver-
haltens und weniger dessen rechnerische Simulation, die anderen Werken*
vorbehalten sein mögen. Berechnungskonzepte sind nur dann wirklich zu-
verlässig, wenn sie mit den metallphysikalischen Vorgängen in Einklang
stehen.
Andererseits ist in den vergangenen Jahren die Akzeptanz des Alumi-
niums als Leichtbauwerkstoff für den Fahrzeugbau so weit gestiegen, daß
jeder Automobilhersteller heute Teile, Baugruppen oder vollständige Ka-

*)
z.B. Hirsch, J. (Hrg.): Virtual Fabrication of Aluminium Products. Microstruc-
tural Modeling in Industrial Aluminium Production. Weinheim: Wiley-VCH
Verlag, 2006
VI Vorwort zur 2. Auflage

rosserien aus diesem Werkstoff baut, ohne dessen generelle Tauglichkeit


mehr in Frage zu stellen. Die gewonnenen Erfahrungen und das Interesse
der Automobilindustrie sind deshalb auch die treibende Kraft für zahlrei-
che Entwicklungen und Innovationen in den Verarbeitungstechnologien,
eine Rolle, die früher vor allem von der Luft- und Raumfahrtindustrie
wahrgenommen wurde. Hinter all diesen Entwicklungen steht die Frage
nach der Wirtschaftlichkeit solcher Anwendungen in einem wettbewerbs-
orientierten Markt, d.h. die Senkung der Verarbeitungskosten durch intel-
ligente Vermeidung unnötiger Verarbeitungsschritte. Auch dieser Lö-
sungsweg verlangt nach detaillierten Kenntnissen des Werkstoffverhaltens,
das in der Beschreibung technologischer Verarbeitungsprozesse gegenüber
der 1. Auflage des Buches stärker betont wird.
Sorge bereitet die Kontinuität innovationsträchtiger Forschungs- und
Entwicklungsarbeit. In jüngster Zeit hat sich ein struktureller Wandel in
der deutschen Aluminiumindustrie eingestellt mit problematischen Folgen
für Forschung und Innovation und damit letztlich für die Zukunft der Alu-
miniumindustrie in Deutschland. Mengenmäßig ist der deutsche Alumini-
ummarkt der größte in Europa und erreicht technologisch die größte Verar-
beitungstiefe. Um so besorgniserregender ist der Umstand, daß die Indu-
strie- und Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre bis in die Gegenwart
zu einem Ausverkauf der Aluminiumhüttenindustrie geführt hat, die Initia-
tor und wichtigster Förderer der Aluminiumforschung und Anwendungs-
entwicklung in diesem Lande war. Die Wertschöpfung in der Primärerzeu-
gung war immer die wichtigste finanzielle Grundlage für die Alu-
miniumforschung. Mit der Übernahme der nationalen Aluminiumkonzerne
durch ausländische Konzerne wandert die industriedominierte Aluminium-
forschung als Quelle von Innovationen ab oder wird durch ausländische
Forschungszentralen fremdgesteuert. Die notwendige Nähe des Forschers
zum Anwender schwindet. Die für diesen Industriestandort fatale Ener-
giepolitik in Vergangenheit und Gegenwart hat das Schließen zahlreicher
Aluminiumhütten zu verantworten. Um so beachtenswerter ist die jüngste
Initiative eines Privatunternehmers, eine bereits geschlossene Aluminium-
hütte zu übernehmen und weiter zu betreiben.
Die Rolle der Primärhütten kann durch die Sekundärhüttenindustrie
nicht aufgefangen werden, die Wertschöpfung ist geringer und die Versor-
gungsbasis zu volatil. Ob ohne direkte und kontinuierliche Industriebetei-
ligung die Aluminiumforschung an den Hochschulen und anderen For-
schungseinrichtungen aufgefangen werden kann, ist zweifelhaft, da die
Kontinuität von Wissen und Erfahrung dort nicht gewährleistet werden
kann. Ein Ausweg wäre ein ausschließlich der Aluminiumforschung und -
lehre gewidmeter Lehrstuhl. Zu denken gibt weiterhin, daß schon heute die
aktive Beteiligung von Aluminiumfachleuten an der Steuerung der
nationalen Industriellen Gemeinschaftsforschung und der internationalen
Vorwort zur 2. Auflage VII

nalen Industriellen Gemeinschaftsforschung und der internationalen Nor-


mungsarbeit alles andere als lebhaft ist, und dadurch weder die eigenen Er-
fahrungen eingebracht noch die eigenen Interessen vertreten werden kön-
nen. Es ist zu hoffen, daß die mittelständische Aluminiumindustrie diese
Rolle als gemeinschaftliche Aufgabe zur Zukunftssicherung übernimmt.

Ich hoffe, daß das Buch dazu beiträgt, über den fachlichen Diskurs hin-
aus die Faszination der Beschäftigung mit diesem Werkstoff auf Lehrende,
Lernende und im Beruf stehende Ingenieure auszustrahlen. Das Potential
des Werkstoffs ist keineswegs ausgeschöpft, und phantasievolle Kreativi-
tät, Nutzung und Fortentwicklung der Aluminium-Anwendungstechnolo-
gien werden den Erfolg bei heutigen und künftigen Produkten gewährlei-
sten.

Mein herzlicher Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen, die durch In-
formationen, Diskussionen und Bildmaterial zu diesem Buch beigetragen
haben, Herrn Gerd Bulian für das fachkritische Lesen des Manuskriptes
sowie meiner Frau für ihre Geduld, Ermutigung und liebevolle Unter-
stützung.

Meckenheim, im Januar 2007 Friedrich Ostermann


Inhalt

Tabellenverzeichnis................................................................ XVII

1 Einführung...................................................................... 1
1.1 Der Wettbewerb der Werkstoffe in den Märkten ....................... 1
1.2 Innovationsgrundlagen .................................................... 3

2 Märkte und Anwendungen ................................................... 9


2.1 Aluminium im Automobilbau ............................................ 10
2.1.1 Aluminium im Antriebsbereich .................................. 13
2.1.2 Aluminium im Fahrwerksbereich ................................ 22
2.1.3 Aluminium im Karosseriebau .................................... 27
2.2 Aluminium im Nutzfahrzeugbau ......................................... 41
2.3 Aluminium im Schienenfahrzeugbau .................................... 46
2.3.1 Entwicklung aluminiumgerechter Baukonzepte ................ 47
2.3.2 Aluminiumwerkstoffe für die Schienenfahrzeugbau ........... 51
2.3.3 Schweißverbindungen im Schienenfahrzeugbau ............... 53
2.4 Aluminium im Schiffbau.................................................. 58
2.5 Aluminium im Flugzeugbau .............................................. 61
2.6 Architektur und Ingenieurbau ............................................ 67
2.7 Sonstige Anwendungsmärkte............................................. 72
2.7.1 Maschinen-, Apparate- und Werkzeugbau ...................... 72
2.7.2 Elektrotechnik ..................................................... 74
2.7.3 Verpackung ........................................................ 75

3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen ......................... 79


3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffe............................. 80
3.1.1 Gefügematrix ...................................................... 80
3.1.2 Gitterfehler ......................................................... 83
3.1.3 Korngrenzen ....................................................... 91
3.1.4 Mischkristallbildung .............................................. 94
3.1.5 Primärphasen (Gußphasen) ....................................... 100
3.1.6 Sekundärphasen ................................................... 100
3.1.7 Warmverformungs-, Faser-, Erholungs-
und Rekristallisationsgefüge ..................................... 110
3.1.8 Poren................................................................ 111
3.1.9 Oxideinschlüsse ................................................... 112
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe ................... 112
X Inhalt

3.2.1 Unlegiertes Aluminium ........................................... 113


3.2.2 AlMn-Legierungen ................................................ 115
3.2.3 AlMg(Mn)-Legierungen .......................................... 117
3.2.4 AlCu(Mg,Si)-Legierungen........................................ 131
3.2.5 AlMgSi-Legierungen.............................................. 138
3.2.6 AlZnMg(Cu)-Legierungen........................................ 157
3.2.7 Sonstige Knetlegierungen......................................... 168
3.2.8 Durchführung von Wärmebehandlungen ........................ 170
3.3 Legierungsaufbau und Wärmebehandlung von Gußlegierungen ..... 185
3.3.1 Schmelze und Schmelzereinigung ............................... 186
3.3.2 Erstarrungsvorgang (Kristallisation) ............................. 189
3.3.3 Erstarrungsfehler .................................................. 196
3.3.4 Fließ- und Formfüllungsvermögen............................... 200
3.3.5 Aluminium-Gußlegierungen...................................... 201
3.3.6 Verarbeitungs- und Anwendungshinweise ...................... 207
3.3.7 Gießgerechte Gestaltung .......................................... 209
3.4 Einführung in die Normen über Aluminiumlegierungen ............... 209
3.4.1 Einführung in die Bezeichnungssysteme der Aluminium-
werkstoffe .......................................................... 210
3.4.2 Bezeichnungssystem für Knetlegierungen und deren
Werkstoffzustände................................................. 212
3.4.3 Bezeichnungssystem für Formgußlegierungen, Gießver-
fahren und für die Werkstoffzustände von Formgußteilen .... 215
3.4.4 Halbzeugnormen................................................... 218
3.4.5 Garantierte und typische Eigenschaften ......................... 218
3.4.6 Legierungsauswahl – frei oder eingeschränkt?.................. 220

4 Physikalische Eigenschaften.................................................. 221


4.1 Physikalischen Eigenschaften des Aluminiums......................... 221
4.1.1 Dichte............................................................... 222
4.1.2 Elektrische Leitfähigkeit .......................................... 223
4.1.3 Magnetische Eigenschaften....................................... 223
4.1.4 Wärmeleitfähigkeit ................................................ 223
4.1.5 Reflexions- und Emissionseigenschaften........................ 224
4.2 Physikalische Eigenschaften von Aluminiumoxid...................... 225

5 Korrosionsverhalten von Aluminium ....................................... 227


5.1 Allgemeine Grundlagen ................................................... 227
5.1.1 Einflüsse auf das Korrosionsverhalten........................... 228
5.1.2 Korrosionsverhalten von Aluminium in Freibewitterung
und Meerwasser.................................................... 229
5.2 Oxidschicht und Korrosionsmechanismus des Aluminiums .......... 232
5.2.1 Aufbau und Bedeutung der Oxidschicht......................... 232
5.2.2 Verstärkung der natürlichen Oxidschicht........................ 234
5.2.3 Beständigkeit der Oxidschicht.................................... 234
5.2.4 Korrosionsmechanismus .......................................... 236
Inhalt XI

5.2.4 Freie und kritische Korrosionspotentiale ........................ 238


5.2.5 Stromdichte-Potentialkurven ..................................... 241
5.3 Einfluß der Legierungselemente ......................................... 242
5.3.1 Bedeutung der Gefügestruktur ................................... 242
5.3.2 Korrosionsbeständigkeit .......................................... 243
5.4 Erscheinungsformen der Korrosion bei Aluminium und seinen
Legierungen ................................................................ 246
5.4.1 Lochkorrosion (LK) ............................................... 246
5.4.2 Selektive Korrosion (SK) ......................................... 248
5.4.3 Spannungsrißkorrosion (SpRK) .................................. 252
5.4.4 Interkristalline Korrosion unter Spannung ...................... 255
5.4.5 Spaltkorrosion ..................................................... 256
5.4.6 Kontaktkorrosion .................................................. 258
5.4.7 Korrosionsermüdung .............................................. 263
5.4.8 Reibkorrosion ...................................................... 271
5.4.9 Filiformkorrosion.................................................. 272
5.5 Beispiele für korrosionsgerechtes Konstruieren ........................ 272

6 Mechanische Eigenschaften .................................................. 279


6.1 Statische mechanische Kennwerte ....................................... 280
6.2 Fließkurve, Verfestigung, Anisotropie, Verformbarkeit ............... 286
6.3 Bruchvorgang und Bruchverhalten....................................... 298
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen ............. 318
6.4.1 Phänomenologie der Ermüdungsschädigung.................... 321
6.4.2 Zyklisches Spannungs-Dehnungsverhalten ..................... 334
6.4.3 Rißfortschrittsverhalten ........................................... 337
6.4.4 Dehnungs-Wöhlerkurve (ε/N-Kurve)............................ 344
6.4.5 Spannungs-Wöhlerkurve (S/N-Kurve) .......................... 350
6.4.6 Langzeitfestigkeit („Dauerfestigkeit“) von Aluminium-
werkstoffen......................................................... 353
6.4.7 Mittelspannungsempfindlichkeit ................................. 355
6.4.8 Einfluß von Kerben auf die Schwingfestigkeit ................. 359
6.4.9 Wirkung von Eigenspannungen auf die Schwing-
festigkeit............................................................ 364
6.5 Einfluß hoher Dehngeschwindigkeit..................................... 368
6.6 Verhalten bei unterschiedlichen Temperaturen ......................... 376
6.6.1 Elastizitätsmodul bei unterschiedlichen Temperaturen ........ 377
6.6.2 Mechanische Eigenschaften bei tiefen Temperaturen .......... 378
6.6.3 Mechanische Eigenschaften bei höheren Temperaturen ....... 380
6.6.4 Umformbarkeitseigenschaften bei höheren Temperaturen..... 384
6.7 Einfluß des Spannungszustands .......................................... 388
6.7.1 Fließbedingungen (Fließhypothesen) ............................ 388
6.7.2 Fließortkurven ..................................................... 391
6.7.3 Grenzformänderung bei ebenem Spannungszustand ........... 394
6.7.4 Einfluß der Mehrachsigkeit auf die Duktilität .................. 397
XII Inhalt

7 Gießverfahren .................................................................. 399


7.1 Stranggießverfahren ....................................................... 399
7.2 Formgießverfahren ........................................................ 402
7.3 Vergleich der Formgießverfahren ........................................ 419

8 Walzen ........................................................................... 423


8.1 Walzprozeß................................................................. 423
8.2 Qualitätsmerkmale von Warm- und Kaltwalzblechen .................. 425
8.3 Oberflächenbeschichtete Walzfabrikate ................................. 430
8.4 Verbundhalbzeuge ......................................................... 432

9 Strangpressen................................................................... 435
9.1 Strangpreßverfahren ....................................................... 436
9.2 Grundformen von Profilen und Werkzeugen............................ 439
9.3 Strangpreßbarkeit von Aluminiumlegierungen ......................... 440
9.4 Prozeßkette im Strangpreßwerk .......................................... 444
9.5 Strangpreßgerechte Profil- und Werkzeuggestaltung................... 446
9.6 Gestalten von Strangpreßprofilen ........................................ 450
9.6.1 Funktionalitätsgruppen ............................................ 450
9.6.2 Konstruktionen mittels Profilverbindungen ..................... 452
9.7 Sonderverfahren des Strangpressens von Aluminium .................. 455
9.7.1 Strangpressen nach dem „Conform“-Verfahren ................ 455
9.7.2 Hydrostatisches Strangpressen ................................... 455
9.7.3 Verbundstrangpressen............................................. 456
9.7.4 Warmbiegen von Profilen beim Preßvorgang................... 456

10 Schmieden von Aluminium ................................................... 459


10.1 Prozeß des Gesenkschmiedens ........................................... 460
10.2 Schmiedegesenke .......................................................... 462
10.3 Stofffluß und Faserverlauf ................................................ 464
10.4 Schmiedelegierungen, Vormaterial, Gefüge und Arbeitsablauf ...... 467
10.5 Gestalten von Schmiedeteilen ............................................ 473

11 Kaltfließpressen von Aluminium ............................................ 475


11.1 Charakteristische Merkmale von Kaltfließpreßteilen................... 475
11.2 Aluminium für technische Fließpreßteile................................ 477
11.2.1 Vormaterial: Butzen ............................................... 477
11.2.2 Aluminiumlegierungen für das Kaltfließpressen................ 479
11.2.3 Alternative Ausgangszustände für das Kaltfließpressen ....... 481
11.3 Fließpreßverfahren......................................................... 484
11.3.1 Grundverfahren des Fließpressens ............................... 484
11.3.2 Werkzeuge für das Kaltfließpressen ............................. 487
11.3.3 Kraftbedarf beim Kaltfließpressen ............................... 487

12 Aluminiumblechumformung ................................................. 491


12.1 Werkstoffeigenschaften für die Blechumformung ...................... 492
Inhalt XIII

12.1.1 Werkstoffeigenschaften aus Zugversuchen ..................... 492


12.1.2 Werkstoffeigenschaften aus technologischen Prüfungen ...... 493
12.1.3 Biegefähigkeit ..................................................... 502
12.1.4 Rückfederung ...................................................... 509
12.1.5 Aluminiumlegierungen für Karosserieanwendungen .......... 511
12.2 Tribologisches Verhalten ................................................. 516
12.2.1 Reibungsmechanismus............................................ 516
12.2.2 Das Tribosystem Blech-Werkzeug-Schmierstoff............... 518
12.3 Scherschneiden ............................................................ 525
12.3.1 Trennvorgang beim Normalschneiden........................... 526
12.3.2 Genauschneiden ................................................... 531
12.3.3 Feinschneiden...................................................... 533

13 Sondergebiete der Umformtechnik.......................................... 535


13.1 Weiterverarbeitung von Profilen und Rohren ........................... 535
13.1.1 Biegen und Biegeverfahren....................................... 536
13.1.2 Örtliche Querschnittsänderungen ................................ 542
13.1.3 Innenhochdruckumformen........................................ 545
13.2 Halbwarmumformen ...................................................... 547
13.3 Superplastische Umformung ............................................. 549
13.3.1 Mechanismen und Werkstoffe ................................... 549
13.3.2 Verfahren der superplastischen Blechumformung.............. 552

14 Spanende Formgebung von Aluminium.................................... 555


14.1 Spanbildung ................................................................ 556
14.2 Spanformen bei Aluminiumwerkstoffen ................................ 559
14.3 Aluminiumwerkstoffe für Zerspanungszwecke ......................... 561
14.4 Zerspanbarkeit ............................................................. 564
14.5 Werkzeugverschleiß....................................................... 565
14.6 Schneidwerkstoffe für die Aluminiumzerspanung...................... 568
14.7 Kühlschmierstoffe ......................................................... 570
14.8 Oberflächen spanend bearbeiteter Al-Werkstoffe ...................... 572
14.9 Funkenerosive Bearbeitung............................................... 573

15 Oberflächenbehandlung ...................................................... 577


15.1 Reinigungsprozeß ......................................................... 579
15.2 Vorbehandlung............................................................. 582
15.3 Beschichtungen ............................................................ 583
15.3.1 Anodische Oxidation.............................................. 583
15.3.2 Metallische Beschichtungen aus wäßrigen Lösungen .......... 586
15.3.3 Verschleißfeste Oberflächen durch thermisches Spritzen...... 588
15.3.4 Beschichten mit organischen Stoffen (Lackieren) .............. 588

16 Schmelzschweißen von Aluminium ......................................... 591


16.1 Schweißeignung der Aluminiumwerkstoffe............................. 592
16.2 Eigenschaften von Aluminiumschweißverbindungen .................. 602
XIV Inhalt

16.3 Schmelzschweißverfahren für Aluminium .............................. 607


16.3.2 Strahlschweißverfahren ........................................... 616
16.4 Schweißimperfektionen ................................................... 621

17 Widerstandsschweißen ........................................................ 625


17.1 Widerstandspunktschweißen (WPS) ..................................... 625
17.1.1 Verfahrensprinzip.................................................. 625
17.1.2 Übergangswiderstände der Fügeteiloberfläche.................. 627
17.1.3 Elektrodenverschleiß und Elektrodenreinigung................. 629
17.1.4 Schweißeignung von Legierungen ............................... 630
17.1.5 Maschinen und Elektroden........................................ 630
17.1.6 Festigkeitsverhalten von Aluminium-WPS-Verbindungen .... 634
17.2 Buckelschweißen .......................................................... 636

18 Mechanisches Fügen........................................................... 639


18.1 Merkmale mechanischer Fügetechniken................................. 639
18.2 Durchsetzfügen ............................................................ 642
18.3 Nieten ....................................................................... 646
18.3.1 Vollniete............................................................ 647
18.3.2 Blindniete .......................................................... 647
18.3.3 Schließringbolzen.................................................. 648
18.3.4 Stanzniet............................................................ 649
18.4 Schraubverbindungen ..................................................... 652
18.5 Festigkeitseigenschaften mechanisch gefügter Verbindungen......... 655

19 Sonderverfahren der Fügetechnik........................................... 659


19.1 Rührreibschweißen (Friction Stir Welding / FSW) ..................... 659
19.2 Reibschweißen ............................................................. 664
19.3 Explosivschweißen ........................................................ 668
19.4 Hartlöten.................................................................... 669

20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium ......................... 677


20.1 Gestaltungsgrundsätze..................................................... 677
20.2 Elastizitätsmodul und Leichtbau ......................................... 680
20.3 Schweißkonstruktionen ................................................... 686
20.3.1 Grundsätze zur Gestaltung von Schweißverbindungen ........ 686
20.3.2 Eigenspannungen in Schweißverbindungen..................... 691
20.3.3 Schwingfestigkeitsnachweis von Schweißverbindungen....... 699
20.3.4 Nachbehandlung zur Schwingfestigkeitsverbesserung ......... 713

21 Sonderwerkstoffe............................................................... 717
21.1 Aluminiumpulvermetallurgie ............................................. 717
21.1.1 Herstellen von Legierungspulvern ............................... 717
21.1.2 Kompaktieren von Pulvern zu Formteilen....................... 720
21.1.3 Sprühkompaktieren................................................ 722
21.1.4 PM-Legierungen ................................................... 724
Inhalt XV

21.2 Aluminiummatrix-Verbundwerkstoffe .................................. 725


22.2.1 Grundlagen und Eigenschaften................................... 725
21.2.2 Anwendungsbeispiele ............................................. 729
21.3 Aluminiumschaumwerkstoffe ............................................ 731
21.3.1 Metallschaumherstellung ......................................... 732
21.3.2 Eigenschaftsspektrum metallischer Schäume ................... 733
21.3.3 Anwendungsaspekte .............................................. 734

22 Gewinnung, Recycling, Ökologie ............................................ 737


22.1 Primäraluminium .......................................................... 737
22.1.1 Vorkommen, Bauxiterze .......................................... 737
22.1.2 Gewinnungsprozeß ................................................ 739
22.2 Sekundäraluminium ....................................................... 742
22.2.1 Ressourcen und Verwendung .................................... 743
22.2.2 Materialkreislauf („Recycling“).................................. 743
22.3 Versorgungslage in Deutschland ......................................... 745
22.4 Ökologische Betrachtungen .............................................. 746
22.4.1 Ökobilanzen (Life Cycle Assessment) .......................... 746
22.4.2 Energiefragen der Aluminiumgewinnung ....................... 749

Anhang .............................................................................. 753

Literatur............................................................................. 803

Sachverzeichnis..................................................................... 871
Tabellenverzeichnis

Tabelle 1.1 Einige vorteilhafte Gebrauchseigenschaften von Aluminium ..... 2


Tabelle 2.1 Endverbrauch von Aluminiumhalbzeugen, Formguß, Folie
und Pulver im Jahr 2004 ............................................................ 9
Tabelle 2.1.1 Eigenschaften von Aluminium-Kolbenlegierungen.............. 15
Tabelle 2.1.2 Aluminiumlegierungen für Zylinderköpfe ........................ 16
Tabelle 2.1.3 Aluminiumlegierungen für Motorblöcke.......................... 18
Tabelle 2.1.4 Legierungen von Halbzeugen und Hartloten für Wärmetauscher 21
Tabelle 2.1.5 Karosserieblechlegierungen für Motorhauben.................... 28
Tabelle 2.1.6 Strangpreßlegierungen für Stoßfänger ............................ 30
Tabelle 2.1.7 Merkmale der Audi Modelle A8 und A2.......................... 34
Tabelle 2.1.8 Aluminiumlegierungen für Beplankungs- und Strukturteile .... 37
Tabelle 2.1.9 Karosserieblechlegierungen ausländischer Provenienz .......... 38
Tabelle 2.1.10 Fertigungsschema von Blechkarosserieteilen aus Stahl
und Aluminium ...................................................................... 41
Tabelle 2.2.1 Aluminiumlegierungen für Bordwandprofilsysteme............. 43
Tabelle 2.2.2 Äquivalente Mindestwanddicken .................................. 45
Tabelle 2.2.3 Mindestwanddicke für Tankkörper nach DIN EN 13094 ....... 45
Tabelle 2.2.4 Für den Tankbehälterbau geeignete Aluminiumlegierungen .... 46
Tabelle 2.3.1 Aluminiumlegierungen für den Schienenfahrzeugbau........... 52
Tabelle 2.3.2 Mindesteigenschaften von Schweißverbindungen für
den Schienenfahrzeugbau .......................................................... 54
Tabelle 2.4.1 Aluminium-Knetlegierungen für Anwendungen in tragenden
Konstruktionen (n. Germanischer Lloyd, 2005) .................................. 60
Tabelle 2.4.2 Gußlegierungen, die dem Seewasserklima ausgesetzt werden
können (n. Germanischer Lloyd, 2005) ........................................... 61
Tabelle 2.5.1 Ausgewählte Luftfahrtlegierungen ................................ 63
XVIII Tabellenverzeichnis

Tabelle 2.5.2 Zusammensetzung neuerer Flugzeugbaulegierungen ........... 65


Tabelle 2.5.3 Eigenschaften von Luftfahrtplattenwerkstoffen .................. 65
Tabelle 2.6.1 Aluminiumlegierungen für rollgeformte Trapezprofile ......... 69
Tabelle 2.6.2 Konstruktionslegierungen nach DIN 4113-1 ..................... 70
Tabelle 2.7.1 Knetlegierungen für den Formenbau .............................. 74
Tabelle 3.1.1 Gefügebausteine der Aluminiumlegierungen ..................... 81
Tabelle 3.1.2 Übersicht über Art und Zahl der aktivierbaren Gleitsysteme.... 82
Tabelle 3.1.3 Stapelfehlerenergie von Aluminium............................... 88
Tabelle 3.1.4 Hall-Petch-Konstanten ............................................. 93
Tabelle 3.1.5 Thermophysikalische Eigenschaften von Legierungselementen 96
Tabelle 3.2.1 Zuordnung von AlMn-Legierungen zu Anwendungsbereichen . 116
Tabelle 3.2.2 AlSi-Knetlegierungen und ihre Anwendungsbereiche ........... 169
Tabelle 3.2.3 Kritische Abschreckgeschwindigkeit für Legierungen .......... 178
Tabelle 3.2.4 Wärmebehandlung aushärtbarer Konstruktionslegierungen ..... 183
Tabelle 3.3.1 Typische Aluminiumgußlegierungen ............................. 202
Tabelle 4.1.1 Physikalische Eigenschaften von Reinaluminium ............... 221
Tabelle 4.2.1 Physikalische Eigenschaften von Aluminiumoxid ............... 226
Tabelle 5.2.1 Typische Oxidschichtdicken von Aluminium .................... 233
Tabelle 5.2.2 Lochfraß-Potentialwerte von Aluminiumlegierungen ........... 240
Tabelle 5.3.1 Elektrochemische Potentialwerte intermetallischer Phasen ..... 243
Tabelle 5.3.2 Wirkung wichtiger Legierungselemente auf
die Korrosionsbeständigkeit ........................................................ 243
Tabelle 5.3.3 Korrosionsbeständigkeit von Aluminiumlegierungen ........... 245
Tabelle 5.4.1 Spannungsreihe ausgewählter Metalle ............................ 259
Tabelle 5.4.2 Kontaktkorrosionsgefahr in verschiedenen Korrosions-
umgebungen ......................................................................... 261
Tabelle 6.1.1 Wahre Bruchdehnung im Zug- und Torsionsversuch ........... 286
Tabelle 6.2.1 Koeffizienten der Fließkurvenextrapolationen .................. 291
Tabelle 6.4.1 Kennwerte für die zyklische Spannungs-Dehnungskurve ...... 348
Tabelle 6.4.2 Mikrostützwirkungskonstante s nach Neuber .................... 362
Tabelle 6.4.3 Ersatzstrukturlängen für einige Konstruktionswerkstoffe ....... 362
Tabellenverzeichnis XIX

Tabelle 6.7.1 Streckgrenze und „wahre“ Bruchdehnung ermittelt


an Zugproben mit verschiedenen Kerbgeometrien .............................. 398
Tabelle 7.2.1 Übersicht über Formgießverfahren für Aluminium .............. 403
Tabelle 7.3.1 Vergleich der verschiedenen Gießverfahren ..................... 420
Tabelle 9.3.1 Herstellbare Mindestwanddicken von Profilen .................. 441
Tabelle 9.3.2 Strangpreßbarkeit der Aluminiumwerkstoffe..................... 444
Tabelle 10.4.1 Schmiedelegierungen und ihre Verwendungszwecke .......... 468
Tabelle 10.4.2 Schmiedelegierungen der Klasse B .............................. 469
Tabelle 10.4.3 Schmiede- und Schmelztemperaturbereiche .................... 472
Tabelle 11.2.1 Fließpreßbarkeit von Legierungen ............................... 479
Tabelle 11.2.2 Festigkeitseigenschaften von kaltfließgepreßten Teilen ....... 480
Tabelle 12.1.1 Aluminiumblechlegierungen für den Karosseriebau ........... 513
Tabelle 12.1.2 Zusammensetzung von Aluminiumkarosserieblech-
legierungen........................................................................... 514
Tabelle 12.1.3 Eigenschaften von Aluminiumkarosserieblechlegierungen .... 514
Tabelle 12.3.1 Versuchsergebnisse des Genauschneidverfahrens .............. 532
Tabelle 12.3.2 Feinschneidbarkeit von Aluminiumlegierungen ............... 534
Tabelle 13.1.1 Richtwerte für Biegefaktoren von Strangpreßlegierungen ..... 538
Tabelle 13.3.1 Superplastisch umformbare Aluminiumlegierungen ........... 552
Tabelle 14.3.1 Plattenwerkstoffe für Zerspanungszwecke ...................... 562
Tabelle 14.3.2 Eigenschaften von Pb-freien Automatenlegierungen........... 563
Tabelle 14.4.1 Überblick über die verschiedenen Zerspanbarkeitsgruppen ... 565
Tabelle 15.1 Oberflächenbehandlungsverfahren ................................. 578
Tabelle 15.3.1 Typische Dimensionen von anodischen Oxidschichten ........ 584
Tabelle 16.1.1 Relevante Faktoren für das Schweißen von Aluminium ....... 592
Tabelle 16.1.2 Gruppeneinteilung der Knetlegierungen bezüglich ihrer
Schweißeignung ..................................................................... 595
Tabelle 16.1.3 Gruppeneinteilung der Gußlegierungen bezüglich ihrer
Schweißeignung .................................................................... 595
Tabelle 16.1.4 Gruppeneinteilung für Schweißzusatzwerkstoffe ............... 598
Tabelle 16.1.5 Auswahl von Schweißzusatzwerkstoffen........................ 599
XX Tabellenverzeichnis

Tabelle 16.1.6 Einfluß der Legierungsgehalte auf die Schweißriß-


empfindlichkeit ...................................................................... 600
Tabelle 16.2.1 Mindestfestigkeitswerte von Schweißverbindungen
der Legierung EN AW-7020-T5 nach 3 Monaten RT-Auslagerung ........... 603
Tabelle 16.3.1 Vergleich zwischen gebräuchlichen Schweißverfahren ....... 615
Tabelle 16.4.1 Gruppeneinteilung der Schweißimperfektionen................. 622
Tabelle 19.1.1 Statische Festigkeitseigenschaften von FSW-Stumpfstoß-
verbindungen ........................................................................ 663
Tabelle 19.2.1 Reibschweißeignung von Aluminium ........................... 666
Tabelle 19.4.1 Legierungen und Schmelzdaten für Aluminium-Hartlote ...... 670
Tabelle 19.4.2 Beispiele für Knetlegierungen mit Angabe zur Lötbarkeit ..... 671
Tabelle 19.4.3 Eigenschaften von hartgelöteten Legierungen .................. 672
Tabelle 19.4.4 Flußmittel für das Hartlöten von Aluminium ................... 674
Tabelle 20.2.1 Vergleich typischer Konstruktionswerkstoffe bezüglich
Dehngrenze und Elastizitätsmodul................................................. 680
Tabelle 20.2.2a Massenverhältnis Aluminium/Stahl von dünnwandigen
Hohlstrukturen unter Torsionsbeanspruchung .................................... 682
Tabelle 20.2.2b Massenverhältnis Aluminium/Stahl von vollwandigen
Hohlstrukturen unter Torsionsbeanspruchung .................................... 682
Tabelle 21.1.1 Löslichkeitsgrenzen von Legierungselementen durch
rasche Erstarrung ................................................................... 719
Tabelle 22.1.1 Elementare Zusammensetzung der Erdkruste ................... 737
Tabelle 22.1.2 Zusammensetzung des Bauxits .................................. 738
Tabelle 22.1.3 Prozeßdaten für die Aluminiumelektrolyse ..................... 741
Tabelle 22.4.1 Europäisches Energieressourcenmodell für Aluminium ....... 750
1 Einführung

1.1 Der Wettbewerb der Werkstoffe in den Märkten

Aluminiumanwendungen findet man auf fast allen Gebieten der Wirtschaft


und des modernen Lebens. Sie reichen von der Architektur über Verkehr,
Maschinenbau, Elektrotechnik und Verpackung bis hin zu Freizeit und
Sport, Unterhaltung und Kommunikation, Kunst und Kultur. Auf den mei-
sten dieser Anwendungsgebiete steht Aluminium in direktem Wettbewerb
mit anderen Werkstoffen und muß sich gegenüber technischen und wirt-
schaftlichen Herausforderungen dieser Konkurrenten behaupten. Gesi-
cherter Erfolg wird nur beschert, wenn ein Anwendernutzen deutlich er-
kennbar ist. Neben ästhetischen Gründen, Langlebigkeit, Servicefreund-
lichkeit und wirkungsvoller Recyclingfähigkeit wird der Anwendernutzen
vorrangig an der Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit der Produkte ge-
messen. Die Herausforderung besteht deshalb darin, angesichts eines ge-
genüber anderen Werkstoffen höheren Materialpreises dennoch zu wett-
bewerbsfähigen Lösungen zu kommen.
Daß dies gelingen kann, belegt offensichtlich die weltweite mengenmä-
ßige Entwicklung der Aluminiumproduktion seit dem historischen Beginn
der industriellen Aluminiumproduktion Ende des 19. Jahrhunderts, die in
Bild 1.1 dargestellt ist und die jährlichen Erzeugungsmengen von Primär-
aluminium („Hüttenaluminium“) enthält. Der wesentliche Anteil der Alu-
miniumproduktion betrifft die sog. „westliche Welt“, die nicht nur Europa,
Nord- und Südamerika, Australien und afrikanische Länder, sondern auch
die GUS-Staaten, Japan und Südkorea umfaßt. Im letzten Jahrzehnt haben
darüber hinaus rasante Entwicklungen in den sog. „östlichen Ländern“ be-
gonnen, allen voran in China, wo die Produktion, Verarbeitung und Ver-
wendung auf der Grundlage modernster „westlicher“ Technologien aufge-
baut wird. Hinzuzurechnen ist noch ein erheblicher Anteil (2004:
7.800.000 t) von „Sekundäraluminium“ aus Recyclingkreisläufen, der in
Deutschland und Europa bereits über 30% des Gesamtbedarfs abdeckt, s.
unten und Kap. 21.
2 1 Einführung

Bild 1.1 Entwicklung der Weltaluminiumproduktion

Der offensichtliche Grund für die rasante Verbrauchsentwicklung sind


die vielseitigen Gebrauchs- und Verarbeitungseigenschaften, durch die
sich Aluminium gegenüber anderen Gebrauchsmetallen auszeichnet. Hier-
zu zählen die Eigenschaften in Tabelle 1.1.

Tabelle 1.1 Einige vorteilhafte Gebrauchseigenschaften von Aluminium


• Geringes spezifisches Gewicht: 1/3 so hoch wie Stahl
• Vielfältige Herstellungs- Gießen, Walzen bis zu 5 µm Dicke,
möglichkeiten: Strangpressen, Schmieden,
Kaltfließpressen, Ziehen
• Vielseitige Formgebungs- Spanen, Tiefziehen, Streckziehen,
möglichkeiten: Biegen, Stanzen u.a.
• Gute Korrosionsbeständigkeit: durch Anodisieren und Beschichten
noch zu verbessern
• Großes Festigkeitsspektrum: von 70 bis 800 N/mm²
• Ungiftig: verwendbar als Verpackungsstoff für
Lebensmittel
• Hohe elektrische Leitfähigkeit: 2x so hoch wie Kupfer, wenn bezogen
auf das gleiche Gewicht
• Hohe Wärmeleitfähigkeit: 3x so hoch wie Stahl
1.2 Innovationsgrundlagen 3

So wurde Aluminium nach Stahl zum wichtigsten Gebrauchsmetall. Die


Zunahme des Aluminiumverbrauchs wurde getragen von der gesamtwelt-
wirtschaftlichen Entwicklung nach dem Ende des 2. Weltkriegs, aber auch
durch Substitution anderer Werkstoffe durch Ausschöpfung seines beson-
deren Eigenschaftsspektrums. Die herausragenden Eigenschaften – gerin-
ges Gewicht, hohe Korrosionsbeständigkeit und Lebensmittelverträglich-
keit – sind die Grundlage für die Eroberung der Märkte Transport und
Verkehr, Bauwesen und Verpackung, die zusammen mehr als 2/3 des Ge-
samtaluminiumbedarfs darstellen.1 Detailliertere Ausführungen zu anwen-
dungstechnischen Entwicklungen in diesen Märkten enthält Kap. 2.
Ohne Zweifel geht es auf allen Märkten – aber besonders auf dem be-
deutenden Automobilsektor – um die Wahrung der Position der einzelnen
Werkstoffgruppen, so daß weitere Substitutionen gegen äußerste Wider-
stände erkämpft werden müssen. Hierbei spielen immer neue Innovationen
und die gezielte Weiterentwicklung und Beherrschung des „gewußt-wie?“
eine entscheidende Rolle.
Allerdings gibt es auch nur wenige Anwendungsgebiete, in denen durch
weitere Entwicklungen bei anderen Werkstoffen – z.B. bei den hochfesten
Stählen, Magnesium sowie glas- und carbonfaserverstärkten Kunststoffen
– Aluminiumanwendungen nicht resubstitutiert werden können. Damit
dies nicht geschieht und die positiven Wachstumstrends andauern, sind In-
novationen bei den Werkstoff- und Verarbeitungstechnologien unabding-
bar. Darüber hinaus ist Kreativität bei den konstruktiven Konzepten gefor-
dert, die sich zu einem harmonischen Dreiklang mit den Werkstoff- und
Verarbeitungstechnologien gesellen müssen.

1.2 Innovationsgrundlagen

Grundlage für die Entwicklung der Werkstoffeigenschaften ist die Kon-


trolle und gezielte Veränderung des Makro- und Mikrogefüges. Die Wahl
des geeigneten Ausgangszustands sowie die bewußte Veränderung des Ge-
füges in der Verarbeitungsprozeßkette sind die Voraussetzung für bere-
1
Aktuelle statistische Zahlen findet man online in folgenden Datenbanken:
Gesamtverband der dt. Al.-Industrie (GDA) www.aluinfo.de
European Aluminium Association (EAA) www.eaa.net
The Aluminum Association (AA) www.aluminum.org
Australian Aluminium Council www.aluminium.org.au
Aluminium Federation of South Africa www.afsa.co.za
Associação Brasileira do Alumínio (ABAL) www.abal.org.br
World Bureau of Metal Statistics (WBMS) www.world-bureau.com
International Aluminium Institute (IAI) www.world-aluminium.org.
4 1 Einführung

chenbares Verhalten im Einsatz. Die Vielfalt der Veränderungsmöglich-


keiten und ihre Nutzung für die Optimierung von Prozessen, Kosten und
Bauteilverhalten sind Ressourcen für Innovationen. Neben der mechani-
schen ist vor allem die thermische Gefügebeeinflussung von Interesse.
Aufgrund des relativ geringen Schmelzpunktes des Aluminiums kann das
Gefüge bereits bei Temperaturen bis 250 °C starken Veränderungen un-
terworfen werden. Solche thermischen Prozesse lassen sich in geschlos-
sene oder teilweise geschlossene Prozeßketten integrieren und damit wei-
tere Freiheitsgrade für die Ausnutzung des Werkstoffpotentials gewinnen.
Andererseits können durch notwendige thermische Prozeßstufen wie dem
Aushärten von Klebstoffen oder organischen Beschichtungen Gefügever-
änderungen verursacht werden, die auch zur Festigkeitssteigerung genutzt
werden können, vorausgesetzt, der Werkstoff liegt zuvor in einem geeig-
neten Werkstoffzustand vor.
Aus konstruktiver Sicht ist es weiterhin wünschenswert, das Verhalten
während der Verarbeitung und vor allem während der Einsatzdauer vor-
herzusagen. Die Einsatzbedingungen stellen dabei häufig Anforderungen,
die durch die üblichen Werkstoffkenndaten nicht befriedigt werden kön-
nen, wie z.B. das Crash-Verhalten. Entscheidend dabei ist das Bruchver-
halten, welches sensibel auf Gefügezustand und -veränderungen reagiert.
Die Kenntnis des Bruchverhaltens – sei es unter statischer, dynamischer,
schwingender oder korrosiver Beanspruchung – und seine Abhängigkeit
von Gefügezuständen und Spannungszuständen ist eine wesentliche
Grundlage für die verläßliche Vorhersage, Modellierung oder Simulation.
Schwachstellen im Werkstoff oder Bauteil – wie Schweißverbindungen –
stellen besonders hohe Anforderungen an Detailkenntnisse der Gefügever-
änderungen, die durch den Schweißprozeß hervorgerufen wurden. Der
Schwerpunkt der Anwendungstechnologie im Rahmen dieses Buches liegt
daher auf einer verständlichen Darstellung des aktuellen Wissensstandes
über z.T. sehr komplexe metallkundliche Vorgänge bei der Verarbeitung
und beim Produkteinsatz. Die Kap. 3–6 sollen dieses Grundwissen vermit-
teln.
Das Spektrum der Herstellungsverfahren für Aluminiumhalbzeuge und
Formgußteile wird in den Kap. 7–11 erläutert. Dabei beschränken sich die
Ausführungen auf diejenigen Aspekte, die für die Anwendung wichtig
sind. Die Gestaltungsmöglichkeiten der Halbzeugformen und Formguß-
teile hängen entscheidend mit den Verfahrensprinzipien und ihren Grenzen
zusammen. Berücksichtigung der verfahrensbedingten Freiheitsgrade in
der Gestaltung von Vor- und Endformen bringt wirtschaftliche Vorteile.
Die spanlosen und spangebenden Formgebungsverfahren in der Weiter-
verarbeitung von Halbzeugen sind in den Kap. 12–14 beschrieben. Sie ge-
hören zu den Schlüsseltechnologien der Anwendungstechnik wie auch die
1.2 Innovationsgrundlagen 5

Fügeverfahren. Die Anwendbarkeit von Fügeverfahren dominiert die


Werkstoffwahl, wirkt auf das Bauteilverhalten und entscheidet über die
Wettbewerbsfähigkeit der Produktlösung. Eine kurze Einführung in die
Oberflächenbehandlung enthält Kap. 15. Die für Aluminium geeigneten
Fügeverfahren werden in den Kap. 16–19 beschrieben.
Kapitel 20 befaßt sich mit konstruktiven Aspekten der Aluminiuman-
wendung, die einen möglichst hohen Gewinn an wirtschaftlichem Leicht-
baugrad, aber gleichzeitig an Steifigkeit, Sicherheit und Zuverlässigkeit
gewährleisten sollen. Es wird deutlich, daß der Erfolg einer konstruktiven
Lösung nur durch Anwendung aluminiumgerechter Rahmenbedingungen
gewährleistet ist, die in der Gestaltung und Fertigung notwendige Frei-
heitsgrade einräumen. In der Vergangenheit war die werkstofftechnische
Ingenieuraufgabe meistens beschränkt auf eine „Insellösung“, d.h. in der
arbeitsteiligen Wirtschaft wurde jeweils für eine bestimmte Teilaufgabe
oder -funktion eine Lösung gesucht. Das Ziel solcher Arbeitsweise war er-
reicht, wenn die Lösung anforderungsgerecht und zu wettbewerbsfähigen
Kosten produziert werden konnte. Dabei wurden vielfach die Erfahrungen
mit anderen Werkstoffen zugrunde gelegt und auf die Aluminiumkon-
struktion und -verarbeitung übertragen. Viele Aluminiumanwendungen
scheiterten an starren räumlichen Vorgaben oder an bereits vorhandenen
Fertigungseinrichtungen, die für die Aluminiumverarbeitung nicht geeig-
net waren. Für viele erfolgreiche Aluminiumanwendungen waren eine
ganzheitliche werkstoffspezifische Arbeitsweise und in der Tat eine eigen-
ständige Fertigung der Schlüssel zum Erfolg.
Auf einen wirtschaftlichen Aspekt konstruktiv-konzeptioneller Arbeits-
weise sei hier hingewiesen. Daß die Gesamtkosten eines Produktes die
Summe aller Einzelkosten sind, ist eine triviale Aussage. Daß aber die Op-
timierung der Gesamtkosten nicht gleichbedeutend sein muß mit der Mi-
nimierung aller Einzelkosten, ist nicht immer einsichtig. So können höhere
Kosten im Einzelfall dennoch zu einem wirtschaftlicheren Gesamtergebnis
führen, wenn durch Synergieeffekte sich in anderen Bereichen Kostenein-
sparungen ergeben. Da das Rohmetall Aluminium, d.h. das unverarbeitete
Material, üblicherweise teurer ist als andere Rohmaterialien, ist das syste-
matische Nachdenken über Synergieeffekte eine Grundvoraussetzung in
der Aluminium-Anwendungstechnik. Die Aufgabe heißt also: werkstoffge-
recht planen, konstruieren und fertigen.
Die Konstruktions- und Fertigungspotentiale des Werkstoffs Aluminium
sind in der Tat größer als bei anderen Werkstoffen. Die ausgezeichneten
Gieß-, Strangpreß-, Schmiede- und Fließpreßeigenschaften des Werkstoffs
ermöglichen Einsparungen von Fertigungsschritten durch endkonturnahe
Vorformen, die nur noch geringer Nacharbeit bedürfen. Um das „near net
shape“ Potential zu nutzen, sollte man sich immer über das unbedingt ein-
6 1 Einführung

zuhaltende Toleranzspektrum Rechenschaft ablegen. Unnötige hohe Tole-


ranzforderungen sollten möglichst konstruktiv vermieden werden. Eine be-
sondere Faszination stellt weiterhin die formgebende Weiterverarbeitung
von stranggepreßten Profilen dar. Traditionell werden Profile mit einheitli-
chen Querschnitten und möglichst engen Toleranzen über der geraden Pro-
fillänge verwendet. Dreidimensionale Querschnittsänderungen durch Kalt-
umformverfahren wie Biegen, hydromechanisches Umformen und lokales
Fließpressen aber öffnen erst das ganze Spektrum der Formgebungsmög-
lichkeiten gerade in der Massenfertigung.
Die Wahl des geeigneten „near net shape“ Ausgangsmaterials (im Sinne
von Formguß oder Halbzeugformen) ist abhängig von der Legierungswahl
und den Legierungseigenschaften sowie von den weiteren Formgebungs-
und Bearbeitungsprozessen. Bei Bauteilen aus hochfesten Legierungen
kann manchmal aufgrund der ausgezeichneten Zerspanbarkeit und der Ein-
sparung von Fügeoperationen die spangebende Formgebung aus einer
massiven Walzplatte günstiger sein als aus konturnahen Strangpreßprofi-
len. Das Spektrum der werkstofflichen Möglichkeiten wird darüber hinaus
durch zahlreiche Sonderwerkstofformen erweitert, die durch Pulvermetal-
lurgie, Metallmatrix-Faser- und -Partikelverbunde, sowie durch Alumini-
umschaumstoffe angeboten werden. Hierüber wird in Kap. 21 ein kurzer
Überblick gegeben. Die Aluminiumwerkstoffwahl bei der Bauteilent-
wicklung ist eine anspruchsvolle Optimierungsaufgabe.
Betrachtungen über Ressourcen, Gewinnung, Recycling und Ökologie
in Kap. 22 schließen den Inhalt des Buches ab. Für ein Gebrauchsmetall
mit hohem Einsatzvolumen sind diese Aspekte für langfristige Perspekti-
ven wichtig. Tatsache ist, daß die Aluminiumgewinnung nach heutigen
Technologiestandards einen hohen Energieeinsatz erfordert. Es ist aber
auch unbestritten, daß das Recycling von Altschrotten aus ausgedienten
Aluminiumprodukten eine wirtschaftlich attraktive industrielle Spartentä-
tigkeit ist, und die Wiedergewinnung von „sekundärem“ Aluminium eine
hohe Energieeinsparung ermöglicht. Zudem kann das wirtschaftliche Re-
cycling von Aluminium auf eine über 100-jährige Tradition zurückgreifen,
wie durch den Ausschnitt aus der Familienzeitschrift „Die Gartenlaube“
aus dem Jahr 1893 belegt ist, der in Bild 1.2.1 wiedergegeben ist. Damals
ging es um die Markteinführung von Aluminium-Küchengeschirr, die das
gängige Kupfer- und Messinggeschirr ersetzen sollten. Heute geht es um
die Eroberung des Automobilsektors, und der Recyclingprozeß spielt dabei
eine ähnlich wichtige Rolle zur Wahrung der Ressourcen. Bereits heute
deckt rezykliertes Aluminium mehr als 30% des Metallbedarfs in Deutsch-
land und Europa.
1.2 Innovationsgrundlagen 7

Bild 1.2.1 Ausschnitt aus einem Artikel in der Familienzeitschrift „Die Garten-
laube“ aus dem Juli-Heft des Jahres 1893, in dem auf das wirtschaftliche Recyc-
ling von Altaluminium hingewiesen wird

Für vertiefendes Studium ist die im Text erwähnte Literatur in einer ak-
tuellen, nach Kap. geordneten Literatursammlung am Ende des Buches zu-
sammengestellt. Darüber hinaus sei auf eine Reihe von frei zugänglichen
Internetdatenbanken hingewiesen2, die zum Inhalt dieses Buches ergän-
zende Informationen über metallkundliche und anwendungstechnische As-
pekte bieten.

Der Anhang enthält tabellarische Übersichten über ausgewählte Alumi-


niumlegierungen und deren physikalische und typische mechanisch-tech-
nologischen Eigenschaften sowie eine Normenübersicht. Bei der Angabe
von Eigenschaften wurde weitgehend darauf verzichtet, genormte Eigen-
schaften wiederzugeben, da diese Änderungen unterworfen sind und sich
der Konstrukteur verbindlich auf die jeweils gültigen genormten Werk-

2
Das Ausbildungsprojekt AluMatter: www.aluminium.matter.org.uk, und das
anwendungsorientierte Aluminium Automotive Manual: www.eaa.net/aam.
8 1 Einführung

stoffangaben und garantierten Mindesteigenschaften beziehen muß. Typi-


sche Werkstoffangaben dagegen sind für den Entwicklungsprozeß sinn-
voller; sie geben das wirkliche Werkstoffverhalten – die gegenseitige Ab-
hängigkeit von Festigkeit und Duktilität – richtiger wieder.
2 Märkte und Anwendungen

Die wichtigen Märkte in Deutschland und Europa mit ihren Mengenantei-


len am Aluminiumverbrauch1 gehen aus Tabelle 2.1. hervor. Analysiert
man den Werkstoffeinsatz in diesen Märkten, fällt auf, daß im Transport-
und Verkehrssektor, im Bauwesen sowie im Maschinenbau ein hoher An-
teil des Aluminiumeinsatzes auf konstruktive, strukturelle Anwendungen
entfällt mit entsprechenden hohen Anforderungen an Tragfähigkeit, Si-
cherheit und Langlebigkeit. Hier sind in besonderem Maße Kenntnisse der
Aluminium-Anwendungstechnologie gefordert.

Tabelle 2.1 Endverbrauch (in %) von Aluminiumhalbzeugen, Formguß, Folie und


Pulver in verschiedenen Marktsegmenten in Deutschland und Europe im Jahr
2004 (Quelle: EAA, GDA)
Marktsegment Europa, in % Deutschland, in %
Transport und Verkehr 36 43
Bauwesen 26 15
Verpackung 17 10
Maschinenbau, Elektrotechnik 14 14
Sonstige Märkte 7 18
Endverbrauch 2004 absolut 8,9 Mio. t 3,1 Mio. t

Die technologisch interessantesten Anwendungsmärkte für Aluminium


aus der Sicht der Konstrukteure, Fertigungsingenieure und Werkstoffach-
leute sind heute zweifellos der Transport- und Verkehrssektor. Wie auf
kaum einem anderen Gebiet spielt hier jedoch der Wettbewerbsstreit der
Werkstoffe um Marktanteile, – und dieser Streit fördert Forschungs- und
Entwicklungsanstrengungen in allen technischen Disziplinen. Die neueren
Entwicklungen hoch- und höchstfester Stahlwerkstoffe sind ein Beispiel

1 Der in volkswirtschaftlichen Statistiken verwendete Begriff „Verbrauch“ ist für


Aluminium insofern irreführend, als der Werkstoff sich nicht verbraucht, son-
dern zu hohen Prozentsätzen durch Recyclingprozesse wieder gebrauchstauglich
gemacht wird, s. Kap. 22.
10 2 Märkte und Anwendungen

für die Herausforderungen in diesem Werkstoffwettbewerb. Substitution


und Resubstitution sind das wechselvolle Spiel. Energieeinsparung als
treibende Kraft für den Einsatz von Leichtbauwerkstoffen war in der Ver-
gangenheit und wird auch in Zukunft eine wichtige Motivation sein.
Längst aber scheint der Wettbewerb um wirtschaftlichste Lösungen des
Leichtbaus die dominierende Rolle übernommen zu haben.
Die Vielfältigkeit der Aluminiumanwendungen in den in Tabelle 2.1 ge-
nannten Marktsektoren macht es notwendig, Beispiele auszuwählen, die
typisch für den Stand der Technik sind. Zudem erfordern die verschiede-
nen Bereiche des Verkehrssektors unterschiedliche Lösungsansätze be-
züglich Werkstoffauswahl und Anwendungstechnologien. Aus diesem
Grunde werden die nachfolgenden Betrachtungen für die einzelnen Ver-
kehrsbereiche – Automobilbau, Nutzfahrzeugbau, Schienenfahrzeug- und
Schiffsbau sowie Flugzeugbau – getrennt herausgestellt. Einige Betrach-
tungen zum Bauwesen und weiteren Anwendungsmärkten schließen dieses
Kapitel ab.
Die dargestellten Beispiele sollen das Interesse wecken, sich mit den
werkstofflichen, gestalterischen und fertigungstechnischen Grundlagen zu
befassen, die den Hauptteil dieses Buches ausmachen.

2.1 Aluminium im Automobilbau

Unter den mengenmäßig bedeutenden Absatzmärkten für Aluminium-


werkstoffe gilt der Automobilsektor als derjenige mit dem größten Ent-
wicklungspotential hinsichtlich Werkstoffbedarf und -technologien. Als
Leichtbauwerkstoff für Motorkomponenten, Fahrwerk und Karosserie
wurde Aluminium bereits über fast ein Jahrhundert in verschiedenen Fahr-
zeugmodellen serienmäßig2 verwendet, um anfänglich den Reifenabrieb zu
verringern, später die Fahreigenschaften bei noch mangelhafter Motoren-
technik und schließlich – seit den Ölkrisen der 70-ger Jahre und dem ge-
stiegenen Umweltbewußtsein – den Energiebedarf und die Umweltbela-
stung zu reduzieren. Großserienproduktionen von Voll-Aluminium-Fahr-
zeugen waren jedoch vorübergehende Ausnahmeerscheinungen. Ein Bei-
spiel ist der Dyna Panhard 1954, der bereits Werkstofftechniken verwen-
dete, die auch heute noch z.T. Grundlagen des Aluminium-Karosseriebaus
sind, s. Bild 2.1.1. Das Gewicht der 6-sitzigen, 4-türigen Limousine: 650
kg. Motorisierung: luftgekühlter 2-Zylinder-Motor mit 850 cm³. Maximale
Geschwindigkeit: 140 km/h, Autobahndauergeschwindigkeit: 120 km/h.
2
Die Seriengrößen in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts waren je-
doch verglichen mit den heute üblichen relativ bescheiden.
2.1 Aluminium im Automobilbau 11

Karosserieblechwerkstoffe waren die Legierungen AlMg3, AlMg4 und


AlMg5, z.T. in fließfigurenarmer Qualität. Fügetechnik der Karosserie:
Punktschweißen. Dichtschweißen des Tanks aus 1,2 mm AlMg3 erfolgte
mit Rollennahtschweißen (Baron 1954).

Bild 2.1.1 Dyna Panhard 1954 mit selbsttragender Blechkarosserie aus Alumi-
nium

Während in den 70-, 80-er und auch noch in den 90-er Jahren die Moto-
rentechnik erhebliche Fortschritte bei der Treibstoffbedarfsminderung
machte und dadurch der Leichtbau, der gewöhnlich mit höheren Kosten
verbunden ist, immer wieder nachrangig wurde, haben die zunehmenden
Treibstoffpreise, die Gewichtszunahme der Fahrzeuge im vergangenen
Jahrzehnt und die Emissionsgesetzgebungen in Europa und den USA den
Leichtbau in den Vordergrund gerückt. Vor allem Sicherheits-, Qualitäts-
und Komfortverbesserungen der Fahrzeuge haben eine Gewichtsspirale
ausgelöst, die beispielhaft für den VW-Golf in Bild 2.1.2 dargestellt ist.
Ähnliche Verhältnisse gelten für alle Fahrzeugtypen und -klassen interna-
tionaler Hersteller.
Gleichzeitig hat sich die Automobilindustrie im Jahr 1998 verpflichtet,
den CO2-Ausstoß bis zu den Jahren 2008 und 2012 von derzeit ca. 180 bis
200 g/km auf 140 bzw. 120 g/km zu reduzieren, s. Bild 2.1.3. Dieses Ziel
ist nach dem gegenwärtigen Stand der Technik nur durch erhebliche Ge-
wichtsreduzierung der Fahrzeuge erreichbar. Änderungen der Antriebs-
technik mit geringeren CO2-Emissionen, wie Hybrid- und Gasantriebe,
Wasserstoffantrieb bzw. Brennstoffzellen, sind teilweise noch Zukunftsvi-
sionen, führen in der Regel aber ebenfalls zu höheren Fahrzeuggewichten
mit entsprechenden Einschränkungen der Fahrdynamik oder erfordern
stärkere Motorisierung. Die Notwendigkeit des Leichtbaus wird durch die-
se Entwicklungen nicht überflüssig.
12 2 Märkte und Anwendungen

Bild 2.1.2 Gewichtsentwicklung des VW-Golf zwischen 1975 und 2003 auf Basis
einheitlicher Motorleistung (Quelle: v. Zengen, EAA)

Bild 2.1.3 Selbstverpflichtung der Automobilindustrie aus dem Jahr 1998 zur Re-
duzierung des CO2-Ausstoßes (CEC: Europäische Kommission, ACEA: Dach-
verband der Europäischen Automobilhersteller) (Quelle: IKA, RWTH Aachen)

Jahrzehntelang war der Einsatz von Aluminium im Automobil weitge-


hend beschränkt auf Formgußanwendungen bei Kolben und Aggregatege-
häusen im Antriebsbereich sowie bei Rädern. Zwei Drittel der gesamten
Aluminiumgießereiproduktion wurden und werden in diesen Markt gelie-
fert. Im (west-)deutschen Automobilbau wurden 1955 knapp 14.000 t
2.1 Aluminium im Automobilbau 13

Leichtmetall eingesetzt, was etwa einem durchschnittlichen Aluminium-


anteil von 2 % pro Fahrzeug (Gesamtproduktion an Fahrzeugen 1955:
718.400) entsprach (Annon. 1956). Im Jahre 2004 hat sich die Liefermen-
ge an deutsche Automobilwerke auf etwa 750.000 t Aluminium erhöht,
wovon Gußmaterial einen Anteil von etwa 75 % ausmacht. Bei einer Ge-
samtproduktion von 5,6 Mio. Fahrzeugen und unter Berücksichtigung von
Fertigungsverschnitt entspricht dies einem durchschnittlichen Anteil von
fast 10 % oder 110–120 kg/Fahrzeug. Nach amerikanischen Angaben be-
trägt im Jahr 2005 der durchschnittliche Aluminiumanteil pro Neufahrzeug
144,8 kg, eine Zunahme um 16 % seit 2002. In den vergangenen zehn Jah-
ren hat sich der Aluminiumanteil am Fahrzeuggewicht daher annähernd
verdoppelt. Dieser gewaltige Anstieg bedeutet eine deutliche Durchdrin-
gung des Motorenbaus (Zylinderkopf, Motorgehäuse und sonstige An-
triebsaggregate), aber auch eine erheblich stärkere Verwendung von Alu-
minium in Fahrwerk und Karosserie. Angesichts des politischen Umfelds
wird mit weiteren Steigerungen gerechnet, sofern die wachsenden Roh-
stoffpreise nicht nachteilige Auswirkungen haben.

2.1.1 Aluminium im Antriebsbereich

In den vergangenen 50 Jahren hat sich Aluminium als Leichtbauwerkstoff


im gesamten Antriebsstrang – im Motor und Getriebegehäuse, Wärmetau-
scher, Wärmeabschirmung, bei Flüssigkeitsleitungen sowie gelegentlich
bei der Kardanwelle – etabliert. Kolben und Zylinderköpfe von Otto- und
Dieselmotoren, Wärmetauscher und Wärmeabschirmbleche bestehen heute
aus Aluminium, wie auch bereits etwa 50% der Zylinderblöcke. Neben
dem geringen spezifischen Gewicht war die hohe Wärmeleitfähigkeit,
Gießbarkeit und Korrosionsbeständigkeit des Werkstoffs in Verbindung
mit werkstofftechnischen Entwicklungen der Warmfestigkeit, Wärmeaus-
dehnung, Tribologie sowie der Gießtechnologie maßgebend für den Er-
folg. Für eine ausführliche Darstellung des Entwicklungsstandes wird auf
das Aluminium Automotive Manual (www.eaa.net/aam) verwiesen.

Kolben
Kolben in Benzin- und Dieselmotoren sind extremen thermischen Bela-
stungen ausgesetzt, die durch Spitzentemperaturen des Gases im Brenn-
raum von 1800 bis 2600 °C und beim Auslaß von 500–800 °C gekenn-
zeichnet sind. Sie müssen einem Gasdruck bis zu 75 bar in Benzinmotoren
und bis zu 180 bar und mehr in turbogeladenen Dieselmotoren widerste-
hen. Die Wärmelast wird durch die Kolbenringe und durch die Öl-Spritz-
14 2 Märkte und Anwendungen

kühlung soweit abgeführt, daß nur noch Spitzentemperaturen bis zu 300 °C


vom Kolbenboden ertragen werden müssen (Röhrle 1994). Die Kontrolle
der Wärmedehnung wird überwiegend durch eingegossene Stahlverstär-
kungen oder – bei Nutzfahrzeugmotoren – durch eingegossene Alumini-
umoxidfaserverbunde gewährleistet. Die Wärmeausdehnung verringert
sich mit zunehmendem Silizium-Gehalt. Abgesehen von geschmiedeten
Kolben für Hochleistungsmotoren werden Kolben im Schwerkraft-
kokillenguß sowie durch Squeeze-Casting, s. Abschn. 7.1, hergestellt.
Als Kolbenlegierungen dienen hypoeutektische, eutektische und hyper-
eutektische AlSi-Legierungen mit 10 bis 18 % Si und geringen Beimen-
gungen von Cu, Mg und Ni. Warmfestigkeit und Verschleißfestigkeit sind
die wesentlichen Forderungen an den Kolbenwerkstoff. Die Komplexität
der Kolben und der Legierungsgehalt der Kolbenlegierungen richten sich
nach den jeweiligen Anforderungen und variieren mit den Spezifikationen
der Hersteller. Kolbenlegierungen sind bis auf eine Ausnahme, der eutekti-
schen Legierung AlSi12CuMgNi (EN AC-48000K-T5 bzw. T6, entspricht
AA336), nicht in den europäischen Standards enthalten. Tabelle 2.1.1 ent-
hält die Eigenschaftsmerkmale einiger typischer Kolbenlegierungen.

Zylinderköpfe
Zylinderköpfe sind ebenfalls hohen mechanischen und thermischen Bean-
spruchungen ausgesetzt. Die Betriebstemperaturen erreichen 260 °C in Ot-
tomotoren und höhere Temperaturen in Dieselmotoren. Hohe RT-Fe-
stigkeit und hoher Kriechwiderstand bei Betriebstemperatur sind gefordert,
um optimale mechanische Bearbeitbarkeit, Formbeständigkeit und Dich-
tigkeit der Zylinderkopf-Zylinderblock-Fuge zu gewährleisten. Der Wech-
sel von Temperatur und mechanischer Belastung während des Betriebs
führt zu thermomechanischer Werkstoffermüdung, weshalb – anders als
bei Kolben – eine gewisse Duktilität des Materials erforderlich ist (Sehito-
glu et al. 2002, Feikus 2001, Loeprecht et al. 2000).
Die Komplexität der Zylinderkopfformen hat durch die moderne Viel-
ventil- und Ventilsteuerungstechnik erheblich zugenommen, was die Be-
anspruchung des Materials speziell im brennraumseitigen Bereich des Zy-
linderkopfes weiter steigert. An die Gußlegierungen und Gießverfahren
werden daher hohe Anforderungen gestellt, die neben den genannten Ei-
genschaften ein gutes Formfüllungsvermögen und Erstarrungsverhalten
sowie eine porenarme Gußqualität gewährleisten müssen.
2.1 Aluminium im Automobilbau 15

Tabelle 2.1.1 Eigenschaften von typischen Aluminium-Kolbenlegierungen für


mittlere bis hohe Anforderungen (Quelle: Nüral)
Merkmal bei Eutektische Übereutektische Eutektische
Temperatur, Legierung Legierung Sonderlegierung
°C AlSi12CuMgNi AlSi18CuMgNi AlSi12Cu4Ni2Mg
gegossen geschmiedet gegossen geschmiedet gegossen
Dehngrenze Rp0,2 [MPa]
20° 190 - 230 280 - 310 170 - 200 220 - 280 200 - 280
150° 170 - 220 230 - 280 150 - 190 200 - 250 -
200° 120 - 170 - 100 - 150 - 150 - 200
250° 80 - 110 90 - 120 80 - 120 100 - 140 100 - 150
300° 50 - 80 - 60 - 80 - 85 - 100
Zugfestigkeit Rm [Mpa]
20° 200 - 250 300 - 370 180 - 230 230 - 300 210 - 290
150° 180 - 230 250 - 300 170 - 210 210 - 260 -
200° 160 - 200 - 160 - 190 - 170 - 210
250° 100 - 150 110 - 170 110 - 140 100 - 160 130 - 180
300° 80 - 100 - 90 - 130 - 100 - 120
Bruchdehnung A5 [%]
20° 0,3 - 1,5 1-3 0,2 - 1,0 0,5 - 1,5 0,1 - 0,5
Biegewechselfestigkeit σbW [MPa]
20° 80 - 120 110 - 140 80 - 110 90 - 120 90 - 120
150° 70 - 110 90 - 120 60 - 90 70 - 100 90 - 120
250° 50 - 70 60 - 70 40 - 60 50 - 70 60 - 80
300° - - - - 45 - 60
Elastizitätsmodul E [x1000 MPa]
20° 80 - 81 81 83 - 84 84 82
200° 73 - 74 - 75 - 76 - 78
250° 68 - 72 74 - 76 72
300° - - - - 70
-6
Mittlerer linearer Wärmeausdehnungskoeffizient [1/Kx10 ]
20° - 200 °C 20,5 - 20,5 - 21,5 18,5 - 19,5 18,5 - 19,5 20,5 - 21,5
Wärmeleitfähigkeit [W/cmK]
20° 1,43 - 1,55 1,47 - 1,34 - 1,43 - 1,55 1,30 - 1,40

Als Gießverfahren für Zylinderköpfe wird überwiegend der Schwer-


kraftkokillenguß eingesetzt, wobei sehr komplexe innere Hohlräume und
Kanäle durch Sandkerne eingebracht werden können. Als Variante wird
das Rotacast®-Verfahren, das Kernpaket-Sandgußverfahren (CPS®-Verfah-
ren) sowie neuerdings das Vollformgießen verwendet, s. Abschn. 7.1.
Die Wahl der Gußlegierungen richtet sich nach den Anforderungen des
jeweiligen Motortyps. Aus Kostengründen und bei mäßig hohen Anforde-
rungen werden die Sekundärlegierungen AlSi6Cu4 und AlSi8Cu3 in den
Wärmebehandlungszuständen F, T4 oder T5 eingesetzt sowie die Fe-ärme-
16 2 Märkte und Anwendungen

ren Varianten AlSi7Mg und AlSi10Mg(Cu) im Zustand T6 3. Wenn höhere


Duktilitätsanforderungen gestellt werden, muß man auf die teueren, reine-
ren Primärlegierungen AlSi7Mg0,3 oder AlSi9Mg zurückgreifen, deren
Warmfestigkeit jedoch begrenzt ist. Neuere Legierungsentwicklungen auf
Primäraluminiumbasis mit Cu- und Ni-Beimengungen bieten höhere
Warmfestigkeiten und gutes Duktilitätsniveau, wie z.B. Legierung Al-
Si7MgCu0,5. Die chemische Zusammensetzung geeigneter Legierungen
enthält Tabelle 2.1.2.
Eine Wärmebehandlung mit abschließender Warmaushärtung ist erfor-
derlich, um Eigenspannungen aus dem Gießprozeß abzubauen und die ho-
hen Toleranzanforderungen bei der maschinellen Bearbeitung zu gewähr-
leisten.

Tabelle 2.1.2 Häufig und gelegentlich verwendete Aluminiumlegierungen für Zy-


linderköpfe. Zusammensetzung gemäß DIN EN 1706 mit Ausnahme der Legie-
rung AlSi7MgCu0,5
Legierung
Si Fe Cu Mn Mg Ni Zn Ti
EN AC-
1)
AlSi8Cu3 7,5 - 9,5 0,8 2,0 - 3,5 0,15 - 0,65 0,05 - 0,55 0,35 1,2 0,25
2)
AlSi6Cu4 5,0 - 7,0 1,0 3,0 - 5,0 0,2 - 0,65 0,55 0,45 2,0 0,25
AlSi7Mg0,3 6,5 - 7,5 0,19 0,05 0,10 0,25 - 0,45 0,03 0,07 0,08 - 0,25
AlSi7Mg 3) 6,5 - 7,5 0,55 0,20 0,35 0,20 - 0,65 0,15 0,15 0,05 - 0,25
4)
AlSi7MgCu0,5 6,5 - 7,5 0,19 0,4 - 0,6 0,10 0,25 - 0,45 0,03 0,07 0,08 - 0,25
AlSi9Mg 9,0 - 10,0 0,19 0,05 0,10 0,25 - 0,45 0,03 0,07 0,15
AlSi10Mg(Cu) 9,0 - 11,0 0,65 0,35 0,55 0,25 - 0,45 0,15 0,35 0,15
1) 2) 3) 4)
A380.2, VDS 226 A319, VDS 225 356.0 nicht genormt

Aluminiummotorblöcke
Der Einsatz von Aluminium in Motorblöcken erlaubt – ähnlich wie bei Zy-
linderköpfen – eine Gewichtseinsparung bei den Gehäusen bis zu 50% ge-
genüber den Ausführungen in Grauguß. Zudem werden Kompatibilitäts-
probleme zwischen Zylinderkopf und Motorblock infolge unterschiedlicher
thermischer Ausdehnung gegenstandslos. Die kompakte Bauweise moderner
Motoren erfordert eine sehr gute und gleichmäßige Wärmeableitung über die
engen Brücken zwischen den Zylindern. Die Temperaturbeständigkeit des
Materials muß bis mindestens 150 °C – im Bereich der Kurbelwellenlage-
rung bis 200 °C – gewährleistet sein. Von besonderer Bedeutung sind An-
forderungen an den Verschleißwiderstand der Zylinderlaufflächen.

3
Die normgerechten Bezeichnungsweisen von Legierungen und Werkstoff-
Zuständen sind in Abschn. 3.4 dargestellt.
2.1 Aluminium im Automobilbau 17

Im Laufe der Entwicklung haben sich verschiedene technische und wirt-


schaftliche Lösungskonzepte herausgestellt. Aus wirtschaftlichen Gründen
wird die Herstellung von Motorblöcken mit dem Druckgießverfahren oder
dem Schwerkraftkokillenguß unter Verwendung von preiswerteren Sekun-
därlegierungen EN AC-AlSi9Cu3(Fe) bzw. EN AC-AlSi8Cu3 und EN
AC-AlSi6Cu4 vorgenommen. Wegen mangelnder Verschleißfestigkeit der
Zylinderlaufflächen werden in diesen Fällen Zylinder aus Grauguß sowie
seit einigen Jahren auch aus pulvermetallurgisch (s. Sprühkompaktieren,
Kap. 21) hergestellten und stranggepreßten hoch Si-haltigen (27 – 32 %
Si) Aluminiumlaufbuchsen beim Gießprozeß eingegossen, s. Bild 2.1.4.
Das bei der Erstarrung ausgeschiedene primäre Silizium in Form von fei-
nen Partikeln ist äußerst hart und verschleißfest.

Bild 2.1.4 Druckguß-Kurbelgehäuse des MB-V-6-Motors mit Zylinderlaufbuch-


sen aus PM-AlSi-Legierung (Quelle: DaimlerChrysler, 1998)

Nach einem anderen Verfahren wird der Motorblock im Niederdruck-


gießverfahren als Aluminium-Monoblock ohne eingegossene Elemente aus
einer hypereutektischen AlSi17Cu4Mg-Legierung auf Primäraluminium-
basis hergestellt, wobei nach dem Bearbeiten und Honen der Zylinderlauf-
flächen die Primärsiliziumausscheidungen durch Anätzen oder neuerdings
auch durch „elastisches Fertighonen“ gezielt freigelegt werden. Bei einer
weiteren Methode werden im Squeeze-Casting-Verfahren hochporöse, zy-
lindrische Pre-Forms aus gesinterten Si-Partikeln, mit oder ohne zusätzli-
che Al2O3-Fasern, unter Druck mit Aluminiumschmelze getränkt und so
eine örtliche verschleißfeste Verbundmaterialschicht eingebracht (Loka-
sil®–Verfahren der Fa. KS Aluminium Technologie AG), s. Bild 2.1.5.
Auch bei diesem Verfahren können kostengünstigere Sekundärlegierungen
verwendet werden. Geeignete Legierungen für die Motorblockherstellung
nach verschiedenen Verfahren s. Tabelle 2.1.3.
18 2 Märkte und Anwendungen

Bild 2.1.5 Mikrogefüge des „Lokasil“-Verbundwerkstoffs mit 25 % Si (links) und


mit zusätzlich 5% Al2O3-Fasern (rechts)(Quelle: KS Aluminium Technologie AG)

Tabelle 2.1.3 Häufig und gelegentlich verwendete Aluminiumlegierungen für Mo-


torblöcke
Legierung
Si Fe Cu Mn Mg Ni Zn Ti
EN AC-
1)
AlSi8Cu3 7,5 - 9,5 0,8 2,0 - 3,5 0,15 - 0,65 0,05 - 0,55 0,35 1,2 0,25
2)
AlSi6Cu4 5,0 - 7,0 1,0 3,0 - 5,0 0,2 - 0,65 0,55 0,45 2,0 0,25
3)
AlSi9Cu3(Fe) 8,0 - 11,0 1,3 2,0 - 4,0 0,55 0,05 - 0,55 0,55 1,2 0,25
AlSi7Mg0,3 6,5 - 7,5 0,19 0,05 0,10 0,25 - 0,45 0,03 0,07 0,08 - 0,25
4)
AlSi7Mg 6,5 - 7,5 0,55 0,20 0,35 0,20 - 0,65 0,15 0,15 0,05 - 0,25
5)
AlSi17Cu4Mg 16,0 - 18,0 0,3 4,0-5,0 0,15 0,5 - 0,65 0,10 0,10 0,20
1) 2) 3) 4) 5)
A380.2, VDS 226 A319, VDS 225 A380, VDS 226D nicht genormt nicht genormt

Motorblöcke werden heute auch sehr effizient mit dem CPS®-Verfahren


(Kernpaketverfahren) hergestellt, einem speziellen, automatisierten Sand-
gießverfahren, das sich durch hohe Flexibilität des Formenbaus und der
Gußteilgestaltung und durch besondere Erstarrungsbedingungen auszeich-
net.

Wärmetauscher
Aluminiumwärmetauscher haben in fast allen Automobilen den Buntme-
tallwärmetauscher aus Kostengründen und wegen der ca. 50-prozentigen
Gewichtseinsparung verdrängt. Sie dienen in vielfältiger Weise zum Ma-
nagement der Wärme im Motor, Getriebe und Fahrgastraum. Hierzu gehö-
ren Wasserkühler, Ölkühler und Ladeluftkühler sowie Verdampfer, Ver-
dichter und Heizerkern der Klimaanlage. Die überwiegende Zahl solcher
Aggregate werden durch Rohr/Rippen- bzw. durch Profilrohr/Rippen-Kon-
struktionen dargestellt. Kühlmittel- oder luftführende Rohre, häufig mit
inneren Lamellen zur Unterstützung laminarer Strömung, sind über Kopf-
und Bodenbleche mit den Kühlmittelkästen aus glasfaserverstärktem Po-
2.1 Aluminium im Automobilbau 19

lyamid oder aus Aluminium miteinander verbunden. Zur Verbesserung der


Effizienz sind die Rohroberflächen mit gestanzten oder gewellten Kühlrip-
pen umgeben, s. Bild 2.1.6.

Bild 2.1.6 Rohr/Rippen-Kühler am Beispiel eines Ladeluftkühlers. Rechts: sche-


matische Prinzipdarstellung (Quelle: Corus Aluminium, Koblenz)

Die Schlüsseltechnologien des Aluminiumkühlerbaus sind die Verbin-


dungstechnik für den Kühlerblock – bestehend aus Rohren, Rippen, Bo-
denblechen und Seitenteilen – und die Legierungstechnik. Beide Techno-
logien sind aufeinander abgestimmt. Preiswerte Kühler beruhen auf me-
chanischer Verbindung zwischen runden oder ovalen Kühlrohren und ge-
stanzten Rippenblechen. Nach dem Zusammenstecken des Kühlerblocks
werden die Rohre mechanisch aufgeweitet. Ein Ausschnitt eines derartigen
Klemmkühlers ist in Bild 2.1.7 dargestellt.

Bild 2.1.7 Mechanisch gefügter Rohr/Rippenkühlkörper (sog. Klemmkühler) be-


stehend aus ovalen Rohren und gestanzten Lamellen und Rohrbodenblechen
20 2 Märkte und Anwendungen

Für höchste Wärmeübertragungsleistung werden die Elemente des Küh-


lerblocks (Rohre, Wellenrippen und Bodenbleche) durch Hartlöten mitein-
ander verbunden. Hartgelötete Wärmetauscher stellen heute den größten
Anteil. Das Hartlot – Legierungen des Typs AlSi mit 8 bis 12 % Silizium –
wird als Plattierschicht beim Walzen des Bandmaterials aufgebracht. Das
rollgeformte Band wird entweder mittels HF-Rohrschweißen oder beim
Lötprozeß zu dünnwandigen Rohren gefügt. Speziell für den Wärmetau-
scher werden auch dünnwandige Flachrohre mit inneren Rippen und
Wandstärken bis herunter zu 0,5 mm stranggepreßt, s. Bild 2.1.8.

Bild 2.1.8 Stranggepreßte Wärmetauscherrohre (Quelle: Fa. Hydro Aluminium,


Tonder)

Nach dem Zusammenstecken des gesamten Kühlblocks geschieht der


Lötvorgang einerseits flußmittelfrei entweder mit dem Vakuumlötprozeß
oder unter sauerstofffreier kontrollierter Stickstoff-Ofenatmosphäre
(VAW-Prozeß) (Schoer et al. 1972) oder andererseits mit dem Nocolok®-
Prozeß, einem Hartlötprozeß mit nichtkorrosivem Flußmittel. Die Löt-
temperaturen von korrosionsresistenten Hartloten liegen etwa zwischen
590 °C und 620 °C (abhängig von der Lotzusammensetzung).
Die hohen Löttemperaturen sowie die Anforderungen an die Korrosi-
onsbeständigkeit schränken die Legierungswahl stark ein. Für Wärmetau-
scher geeignete Halbzeuglegierungen sind in DIN EN-683-2 („Finstock“)
genormt und in Tabelle 2.1.4 zusammen mit gängigen Hartloten aufgelis-
tet.
Ein entscheidendes Kriterium ist die Korrosionsbeständigkeit der Rohr-
und Kühlrippenelemente der Wärmetauscher. Zur Verbesserung des Kor-
rosionswiderstandes werden daher Plattierungen – z.B. Legierungen vom
2.1 Aluminium im Automobilbau 21

Tabelle 2.1.4 Legierungen von Halbzeugen und Hartloten für Wärmetauscher


Numer. Bezeichnung Bez. mit chem. Symbolen Solidus [°C] Liquidus [°C]
Knethalbzeug......
EN AW-1050A EN AW-Al 99,5 646 657
EN AW-1200 EN AW-Al 99,0 643 657
EN AW-3003 EN AW-Al Mn1Cu 643 654
EN AW-3103 EN AW-Al Mn1 640 655
EN AW-5005 EN AW-Al Mg1(B) 632 652
EN AW-6063 EN AW-Al Mg0,7Si 615 655
EN AW-6951 EN AW-Al MgSi0,3Cu 612 655
Hartlote......
EN AW-4343 EN AW-Al Si7,5 577 613
EN AW-4045 EN AW-Al Si10 577 591
EN AW-4047A EN AW-Al Si12(A) 577 582
EN AW-4004 EN AW-Al Si10Mg1.5 554 569
EN AW-4104 EN AW-Al Si10MgBi 552 568

Typ AlZn1 (EN AW-7072), s. Bild 5.2.7 – aufgebracht, die durch die stär-
kere Elektronegativität als Opferanode zum Schutz des Kernmaterials –
z.B. EN AW-3003 (Al Mn1Cu) – dienen und den Korrosionsangriff auf
weniger kritische Bereiche lenken, s. Bild 2.1.9. Weitere Angaben zur
Elektronegativität enthält Abschn. 5.2.4.

Bild 2.1.9 Korrosionsgerechter Legierungsaufbau von Kühlrohr und Kühlrippe für


hartgelötete Wärmetauscher (n. Corus Aluminium, Koblenz)
22 2 Märkte und Anwendungen

In den letzten Jahren wurden sog. „Long Life Alloys“ für Wärmetau-
scher entwickelt, die durch eine ausgewogene Kombination von Hartlot,
Legierungszusammensetzung und Gefügeaufbau des Rohrmaterials in Ab-
stimmung mit den thermischen Prozeßparametern des Hartlötvorgangs ei-
ne mindestens fünffache Lebensdauer unter den korrosiven Betriebsbe-
dingungen ergeben. Auch hier dient eine abgestimmte Elektronegativität
des endgültigen Gefüges zur Verbesserung des Korrosionsverhaltens des
Werkstoffsystems (Miller et al. 2000).

2.1.2 Aluminium im Fahrwerksbereich

Neben dem Antriebsstrang ist der Fahrwerksbereich die nächst wichtige


Domäne für Leichtbaukomponenten aus Aluminium, das als Gußteil,
Schmiedeteil, Strangpreß- oder Blechformteil und als Kaltfließpreßteil
zur Anwendung kommt. Die Reduzierung ungefederter Massen verbes-
sert den Fahrkomfort und natürlich das Fahrzeuggewicht durch sekundä-
re Einsparungen an Federungs- und Dämpfungselementen. Eine grobe
Einteilung kann in Achsenhilfsrahmen, Achslenker und Achslager, Räder
und Bremssystemkomponenten sowie Lenkungsbereich vorgenommen
werden.
Moderne Fahrwerkskonstruktionen bestehen aus einem starren Hilfs-
rahmen, an den Achsen und Federung/Dämpfung mittels Quer- und Kop-
pellenker angebunden sind und der mit Schwingungsdämpfern an der Ka-
rosserie angebracht wird. Das Konstruktions- und Fertigungskonzept der-
artiger Hilfsrahmen richtet sich nach den jeweiligen Anforderungen der
Fahrzeugmodelle und kann entweder aus integral gegossenen Formguß-
teilen oder aus Schweißkonstruktionen mit Blechformteilen, Rohrelemen-
ten, Strangpreßprofilen und/oder Gußteilen bestehen. Einen Hinterachsträ-
ger als integral gegossenes Sandgußteil zeigt Bild 2.1.10.
Ein Beispiel ist die Hinterachse des BMW-5 – Bild 2.1.11 – die zur
Hauptsache aus kaltgeformten Rohren aus Legierung AlMg3,5Mn-0/H111
(nicht genormte Sonderlegierung) mit Wanddicken von 3,5–4 mm mittels
MIG-Schweißen zusammengesetzt ist. Die engen Toleranzen der 3D-
geformten Rohre werden durch Innenhochdruckumformen, s. Abschn.
13.1.3, gewährleistet. Bei einem Gewicht des Rahmens von etwa 11,5 kg
wird gegenüber einer gleichwertigen Stahlausführung eine Gewichtsein-
sparung von 40% erreicht.
2.1 Aluminium im Automobilbau 23

Bild 2.1.10 Hinterachsträger in automatisiertem Sandguß aus Legierung EN AC-


AlSi7Mg für Volvo Modelle S60, V70 und XC70 Cross Country, SOP: 2003
(Quelle: Honsel GmbH & Co KG, Meschede)

Bild 2.1.11 Geschweißte Rohrrahmenkonstruktion als Hinterachsträger der BMW


5er-Modellreihe (Werksfoto BMW AG)

Ein Beispiel für die Verwendung von Blechformteilen ist der Hinter-
achshilfsrahmen der S-Klasse Modelle von DaimlerChrysler in Bild
2.1.12. Die Blechformteile bestehen aus 2,5 bis 3,5 mm dickem Warm-
walzmaterial der Legierung EN AW-5454-0/H111, wiederum durch MIG-
Schweißen zusammengefügt. Auch hier wird bei einem Rahmengewicht
von 12,5 kg eine Gewichtseinsparung von 40 % gegenüber einer Stahlaus-
führung realisiert.
24 2 Märkte und Anwendungen

Bild 2.1.12 Hinterachshilfsrahmen der S-Klasse von DaimlerChrysler

Fahrwerkskomponenten aus Aluminium, wie Querlenker und Längslen-


ker, sind traditionell die Domäne des Schmiedeteils oder auch des Guß-
teils. Aus wirtschaftlichen Gründen wurden derartige Lenker auch als Ab-
schnitte von Profilen hergestellt. Beispiele für geschmiedete Koppellenker
sind in Bild 2.1.13 dargestellt und bestehen aus der Legierung EN AW-
6082-T6.

Bild 2.1.13 Beispiele für geschmiedete Querlenker aus EN AW-6082-T6 (Al-


Si1MgMn-T6) (Quelle: Otto Fuchs Metallwerke)

Aluminiumräder haben sich vorwiegend aus Styling-Gründen einen be-


deutenden Markt erobert und decken nach Schätzungen heute etwa 50%
des Erstausrüstermarktes ab. Hierbei handelt es sich zu 90 % um Gußräder,
die mit dem Niederdruck-Kokillengießverfahren hergestellt werden. Als
Gußlegierungen werden die warmaushärtbare EN AC-AlSi7Mg0,3 Legie-
rung sowie die nicht warmaushärtbare EN AC-AlSi11Mg Legierung ver-
2.1 Aluminium im Automobilbau 25

wendet. Wegen der hohen Duktilitätsanforderungen werden hauptsächlich


Legierungen auf Primäraluminiumbasis eingesetzt.
Ein bestimmtes Marktsegment (ca. 5 %) ist auch geschmiedeten Alumi-
niumrädern vorbehalten, die durch eine Folge von Schmiede- und Drück-
walzoperationen hergestellt werden. Die Standardlegierung für Schmiede-
räder ist die aushärtbare Legierung EN AW-6082-T6 (AlSi1MgMn).
Durch Kompromisse im Styling konnte der aufwendige Schmiedeprozeß
vereinfacht, das Radgewicht deutlich verringert und die Kosten auf das
Niveau von Gußrädern gebracht werden (Klein et al. 1996).
Geschweißte zweiteilige Blechräder aus Aluminium, sog. Aluminium-
bandräder, gehören zu den leichtesten Radausführungen. Trotz höherer
Kosten als vergleichbare Stahlräder sind diese Räder von Interesse, weil
sie die ungefederten Massen reduzieren und dadurch zum Fahrkomfort und
zur Bodenhaftung beitragen. Hierbei wird die Felge aus widerstandspreß-
geschweißtem Band walzprofiliert und mit der gezogenen Radschüssel
durch MIG-Impulsschweißen verbunden. Als Werkstoff kommt vorzugs-
weise die Legierung EN AW-5454 (EN AW-AlMg3Mn) zum Einsatz.
Beispiele für gegossene, geschmiedete und aus Walzmaterial hergestellte
Leichtmetallräder zeigt Bild 2.1.14.

Bild 2.1.14 Aluminiumräder für PKW in drei verschiedenen Fertigungsvarianten:


a) Gußrad (Fa. Montupet), b) Schmiedeleichtrad (Fa. Otto Fuchs Metallwerke),
c) zweiteiliges Bandrad (Fa. Michelin-Kronprinz)

Verschiedene weitere Fertigungsvarianten wurden und werden verfolgt,


z.B. die Fertigung des Felgenbetts durch Runden von Strangpreßprofilen.
Aus umformtechnischer Sicht interessant ist das sogenannte „Spaltrad“.
Hierbei wird von einer Ronde ausgehend die Schüssel kalt geprägt und das
Felgenbett im Drückwalzverfahren durch Spalten und Auswalzen des
Rondenrandes angeformt. Sieht man von dem Kaltprägevorgang des Rad-
schüsselbereichs ab, ist der Fertigungsgang dem des Schmiederades ver-
wandt. Das einteilige Spaltrad hat gegenüber dem geschweißten Blechrad
26 2 Märkte und Anwendungen

den fahrzeugtechnischen Vorzug des größeren Bremsenraums. Als Werk-


stoffe wurden aushärtbare Legierungen vom Typ 6082 bzw. 6061 verwen-
det. Trotz der offenkundigen Vorteile des einteiligen Spaltrades hat es sich
bisher – vermutlich aus wirtschaftlichen Gründen – nicht durchsetzen kön-
nen. Die wichtigsten Herstellungsvarianten werden in Bild 2.1.15 bezüg-
lich charakteristischer Merkmale miteinander verglichen.

Bild 2.1.15 Vergleich der Merkmale von PKW-Rädern nach verschiedenen Her-
stellungstechnologien. Vergleichsbasis: 6Jx15 ET45 Radlast 550kg (Quelle: Otto
Fuchs Metallwerke, 1996)

Aus der Sicht der Werkstofftechnologie können künftig auch die Ent-
wicklungen von Bremsscheiben aus partikelverstärktem Aluminium von
Interesse werden, s. Abschn. 21.2, da sie ebenfalls die ungefederten Mas-
sen und den Verschleiß deutlich vermindern helfen.
Auch der intensivere Einsatz von technischen Kaltfließpreßteilen im
hochbeanspruchten Fahrwerksbereich ist denkbar. In einer Reihe von
Fahrzeugmodellen wird seit Jahren erfolgreich die Lenkungsgelenkwelle
aus Kaltfließpreßteilen – s. Kap. 11 – aus der Legierung EN AW-6351-T6
eingesetzt, s. Bild 2.1.16. Die komplexen Formgebungsmöglichkeiten von
Aluminiumlegierungen mit mittleren bis hohen Festigkeiten durch Kalt-
fließpressen erlauben das Einsparen von Einzelteilen bei mehrteiligen
Stahlkomponenten und somit von Fertigungsgängen.
2.1 Aluminium im Automobilbau 27

Bild 2.1.16 Kaltfließgepreßte Lenkungsgelenkwellenteile (Quelle: Raufoss)

2.1.3 Aluminium im Karosseriebau

Neben Antrieb und Fahrwerk ist der Karosseriebau der Bereich, bei dem
der Leichtbau mit Aluminium die größte absolute Gewichtsminderung am
Fahrzeug erreichen kann: gegenüber der Stahlausführung von ca. 300 bis
350 kg lassen sich Einsparungen von ca. 35 bis 40 %, entsprechend 100 bis
140 kg erzielen. Die heutige Verwendung von Aluminium im Karosserie-
bau kann man grob unterteilen nach dem Einsatz
− als bewegliche Anhängeteile (Türen, Hauben, etc.)
− als feste Anschraubteile (Stoßfänger, Kotflügel, etc.) und
− in der Struktur des Rohbauwagenkastens.

Anhängeteile
Hauben und Türen sind selbsttragende, steife Bauteile, deren metallische
Elemente aus mehreren Schalen und Rahmen oder Aggregateträgern zu-
sammengesetzt sind. Insbesondere Motorhauben werden bei zahlreichen
Klein-, Mittel- und Großserienfahrzeugen zur Gewichtsreduzierung des
Vorderwagens in Aluminiumbauweise ausgeführt. Beispiel einer Motor-
haube für ein Großserienfahrzeug zeigt Bild 2.1.17.
An die Werkstoffe für Innen- und Außenschale werden unterschiedliche
Anforderungen gestellt. Außenbleche müssen nach der Umformung voll-
kommen fließfigurenfrei sein und in den stärker verformten Randbereichen
28 2 Märkte und Anwendungen

noch mit engen Radien falzbar sein. Außerdem erfordert die notwendige
Beulsteifigkeit eine möglichst hohe Festigkeit von > 200 N/mm². Aus Stei-
figkeitsgründen entspricht die Blechdicke etwa dem 1,45-fachen Wert ei-
ner vergleichbaren Stahlblechdicke, s. Kap. 20. Gegenüber der Außen-
schale wird die Innenschale stärker verformt und vom Material eine gute
Streckziehbarkeit gefordert. Die Gewichtseinsparung gegenüber der Stahl-
ausführung beträgt knapp 50%, – etwa 5 bis 10 kg/Stück je nach Hauben-
größe. Als Karosserieblechlegierungen kommen die in Tabelle 2.1.5 aufge-
führten Legierungen zum Einsatz.

Bild 2.1.17 Aluminium-Motorhaube des Audi A6 (Quelle: Alcan / Novelis)

Tabelle 2.1.5 Karosserieblechlegierungen für Motorhauben


Anwendung numer. Bezeichnung Bez. mit chem. Symbolen Blechdickenbereiche [mm]
Außenblech EN AW-6016-T4 1) EN AW-Al Si1,2Mg0,4 1,0 - 1,25
AA 6111-T4 2) (Al Mg0,8Si0,9Mn) 0,9 – 1,20
Innenblech EN AW-5052-0 EN AW-Al Mg2,5 0,8 - 1,15
EN AW-5754-0 EN AW-Al Mg3 "
EN AW-5182-0 EN AW-Al Mg4,5Mn0,4 "
EN AW-6181A-T4 EN AW-Al Si1Mg0,8(A) "
1)
Die Legierung wird auch in einer schnell härtenden Variante „T4+“ geliefert
2)
vornehmlich in USA verwendet
2.1 Aluminium im Automobilbau 29

Türen bestehen ebenfalls aus der Außenschale und einem Türinnenteil,


in das der Aggregateträger zur Aufnahme der Tür- und Fenstermechanik –
häufig als Zulieferteil – montiert. Türinnenteil und Aggregateträger beste-
hen aus einer Schweiß- oder Schraubkonstruktion aus Blech-, Profil-
und/oder Gußformteilen. Ein Beispiel für einen Aggregateträger ist in Bild
2.1.18 gezeigt.

Bild 2.1.18 Innenteil der Fronttür des Audi A8 (D3) (Quelle: Wagon plc)

Eine weitere, auch in Stahltürausführungen eingesetzte Aluminium-


komponente ist das aus Strangpreßprofil bestehende Tür-Verstärkungspro-
fil als seitlicher Aufprallschutz. Verschiedene Ausführungsbeispiele zeigt
Bild 2.1.19. Für den optimalen Energieverzehrs werden die Bauteile so

Bild 2.1.19 Tür-Verstärkungen als Seitenaufprallschutz aus Aluminium-Strang-


preßprofilen (Quelle: Alusuisse (Alcan))
30 2 Märkte und Anwendungen

wohl hinsichtlich der Querschnittsgestaltung als auch der Legierungsaus-


wahl und Wärmebehandlung speziell ausgelegt, z.B. EN AW-6082-T66.

Anschraubteile
Als „Anschraubteil“ ist vor allem das Stoßfängersystem zu nennen, das bis
zu mittleren Geschwindigkeiten von 16-18 km/h den gesamten Energie-
verzehr eines Zusammenstoßes bewältigen muß. Die Verwendung von A-
luminium beim Stoßfängersystem hat einerseits den Vorteil der Ge-
wichtsreduzierung, andererseits aber auch des höheren elastischen Verhal-
tens, das zur Schadensminderung und auch zur Insassen-schützenden Mil-
derung der Stoßbeschleunigung (g-Wert) beiträgt, s. Abschn. 20.1. Das
energieverzehrende System besteht im wesentlichen aus dem Stoßfänger-
balken und den Befestigungselementen einschließlich sog. „Crashboxes“
bzw. hydraulischer oder Schaum-Stoßverzehrelemente. Stoßfängerbalken
werden als Blechformteil sowie auch als Strangpreßprofil ausgeführt, bei
letzterem häufig mit geschlossenem Querschnitt.
Die Anwendung von Strangpreßprofilen hat den Vorteil, daß die Mate-
rialverteilung den Anforderungen entsprechend vorgenommen werden
kann. Andererseits muß das stranggepreßte Profil über der Wagenbreite
der Wagenstruktur angepaßt werden und unterschiedliche Steifigkeits-
merkmale aufweisen. Stranggepreßte Stoßfängerbalken werden daher einer
z.T. starken Umformung unterzogen, s. Abschn. 13.1. Als Legierungen für
stranggepreßte Stoßfänger werden überwiegend höherfeste AlZnMg-Le-
gierungen verwendet. Für Stoßfängerprofile mit Mehrkammerquerschnit-
ten werden wegen der besseren Strangpreßbarkeit auch AlMgSi-Legie-
rungen eingesetzt. Eine Auswahl von Strangpreßlegierungen für Stoß-
fänger enthält Tabelle 2.1.6. Die Stoßfänger werden warmausgehärtet
eingesetzt, wobei der spezielle Zustand T6, T7 den Anforderungen jeweils
angepaßt wird.

Tabelle 2.1.6 Ausgewählte Strangpreßlegierungen für Stoßfänger


Numer. Bezeichnung Bez. mit chem. Symbolen
EN AW-7108 EN AW-Al Zn5Mg1Zr
EN AW-7003 EN AW-Al Zn6Mg0,8Zr
EN AW-6061 EN AW-Al Mg1SiCu
EN AW-6082 EN AW-Al Si1MgMn
EN AW-6063 EN AW-Al Mg0,7Si
2.1 Aluminium im Automobilbau 31

Rohbauwagen
Die Art der Verwendung von Aluminium in der Rohbauwagenstruktur ist
abhängig von der Seriengröße, da bei Klein- und Mittelserien die Investi-
tionen in den Werkzeug- und Vorrichtungsbau anderen Kostenkriterien un-
terliegen als bei Großserienfertigungen. Die Konstruktionskonzepte müs-
sen sich daher an der beabsichtigten Seriengröße ausrichten. Die höchsten
Investitionskosten entstehen bei Blechformteilen und setzen daher eine
Großserienfertigung voraus. Auch Gußteile aus Dauerformen (Druckguß,
Schwerkraftkokillenguß) erfordern eine mittlere Seriengröße. Die ver-
gleichsweise geringsten Werkzeugkosten fallen bei Profilkonstruktionen
an, sofern nicht durch zusätzliche Formgebung und Toleranzreduzierungen
weitere Werkzeugkosten (z.B. für das Innenhochdruckumformen) entste-
hen.
Man kann daher eine grobe Einteilung der Konstruktionskonzepte der-
gestalt vornehmen, daß bei Kleinserien vorzugsweise Profilkonstruktionen,
bei Mittelserien Mischkonstruktionen aus Profilen und Formgußteilen und
bei Großserien überwiegend Blechkonstruktionen verwendet werden. Die-
se Konstruktionskonzepte betreffen die in der Regel nicht sichtbare Trag-
struktur des Vorderbaus und der Fahrgastzelle ohne Anbauteile. Bei allen
drei Konzepten werden die Formgebungsmöglichkeiten so weit wie mög-
lich ausgeschöpft, um die Teilezahl zu minimieren und so den Fü-
geaufwand gering zu halten.

Bild 2.1.20 Rohbauwagenstruktur des Ferrari 599 GTB Fiorano, SOP Okt. 2005
(Quelle: Alcoa)

Typisch für Kleinserienfahrzeuge sind z.B. der Ferrari F360 Modena


und F430, der GTB Fiorano sowie der 612 Scagliatti, der BMW Z8, der
Aston Martin Vanquish, der Lamborghini Gallardo, u.a.. Diese Fahrzeuge
besitzen eine Tragstruktur des Rohbauwagens, die überwiegend aus gera-
32 2 Märkte und Anwendungen

den Strangpreßprofilabschnitten besteht, s. Bild 2.1.20. Die Formen der


Dachlang- und Dachquerträger und des Windlaufs erfordern jedoch meis-
tens ein 2D- oder 3D-Streckbiegen des Profils. Vereinzelt werden für be-
sonders komplexe Strukturteile – wie der Anbindung zwischen A-Säule
und Vorderbau – Gußteile eingesetzt. Die Verbindung der verschiedenen
Strukturelemente erfolgt überwiegend mit dem MIG-Verfahren. Blecheile
in den Schubfeldern werden mechanisch (durch Stanznieten, Clinchen,
Blindnieten oder Fließbohrschrauben, s. Kap. 18) ohne oder mit gleichzei-
tiger Applikation von Strukturklebern verbunden.
Für mittlere Seriengrößen von etwa 25.000 Stück/Jahr wurde das Audi
Spaceframe Konzept ASF® entwickelt, das zum ersten Mal im Audi A8
(D2, SOP4 1994) verwirklicht wurde. Die Struktur besteht aus einer Mi-
schung aus Strangpreßprofilen, Formguß- und Blechformteilen, die mittels
MIG-Schweißen verbunden wurden. Als weitere Fügeverfahren wurden
Stanznieten, Durchsetzfügen („Clinchen“) und Widerstandspunktschwei-
ßen eingesetzt. Auf dem gleichen Konstruktionskonzept beruhte der Audi
A2 (SOP 1999), bei dem jedoch die Integration von Einzelteilen durch
Formgußteile – wie z.B. bei der B-Säule – weiter entwickelt wurde. Als
Fügeverfahren kamen ausschließlich MIG-Schweißen und Stanznieten so-
wie Laserstrahlschweißen zum Einsatz. Die Seitenwände wurden auf
Großteilpressen einteilig hergestellt. Die überwiegend gebogenen und mit
veränderten Querschnitten versehenen Strangpreßprofilteile wurden durch
Innenhochdruckumformen geformt, geprägt, gestanzt und kalibriert. Ein
typisches Beispiel für die Profilbearbeitung ist der Dachlängsträger des
Audi A2, s. Bild 2.1.21. Mit den genannten Änderungen war es möglich,
den Automatisierungsgrad der Rohbaufertigung gegenüber dem A8 (D2)
von etwa 25% auf 80% zu erhöhen.

Bild 2.1.21 Durch Vorbiegen und Innenhochdruck umgeformtes Dachlängsträ-


gerprofil mit Skizzen der veränderten Querschnitte, sowie mit Lochstanzungen
und Prägungen (Quelle: Audi AG)

4 SOP = Serienanlauf (Start of Production)


2.1 Aluminium im Automobilbau 33

Ähnlich wie beim A2 wurde beim A8 der zweiten Generation (D3, SOP
2002), s. Bild 2.1.22, durch die Verwendung großer funktionsintegrierter
Formgußteile die Teilezahl weiter reduziert und ein auf etwa 85% erhöhter
Automatisierungsgrad der Rohbaufertigung erreicht. Die Fügetechnik
schließt Stanznieten, MIG- und Laserstrahlschweißen sowie Laser-MIG-
Hybridschweißen, und Rollenfalzen mit Kleben der Anhängeteile ein. Das
Audi-AFS®-Konzept führt zu über 40% Gewichtseinsparung gegenüber
einer vergleichbaren Stahlausführung. Ausführliche Beschreibungen der
Konstruktion und Fertigung des A8(D3) findet man u.a. in (Ruch 2002,
Mayer 2002, Venier 2002, Koglin 2002, Bangel 2003, von Zengen 2003).

Bild 2.1.22 Rohbauwagen des Audi A8 der zweiten Generation (D3) in photo- und
computergraphischer Darstellung mit Angabe der wichtigsten Materialarten
(Quelle: Audi AG)
34 2 Märkte und Anwendungen

Die Fortschritte im Konstruktions- und Fertigungskonzept der Audi-


ASF®-Bauweise erkennt man an der folgenden tabellarischen Übersicht,
Tabelle 2.1.7. Darüber hinaus profitierte der Audi A8 (D3) von der Ent-
wicklung schnell warmaushärtender Blechwerkstoffe, s. Abschn. 3.2.5, die
während der KTL-Einbrennlackierung ausreichende Festigkeitswerte
erzielen. Dadurch wurde eine separate Warmaushärtungsstufe im Ferti-
gungsprozeß der Karosserie überflüssig.

Tabelle 2.1.7 Charakteristische Merkmale der Audi Modelle mit ASF®-


Spaceframes A8 (D2), A8 (D3) und A2
Modell A8 (D2) A2 A8 (D3)
SOP 1994 1999 2002
Gewicht [kg] 1) 249 156 277
Gewichtseinsparung [%] k.A. 42 41
Teilezahl 334 225 260
Serie [Stck./Jahr] 2) 16.000 70.000 25.000
Länge [mm] 5.034 3.826 5.051
Breite [mm] 1.880 1.673 1.894
Höhe [mm] 1.436 1.553 1.444
Profilteilezahl 47 22 59
Gußstückteilezahl 50 20 31
Blechteilezahl 237 183 170
Fügetechnik
WPS/Zahl 500 0 0
Stanznieten/Zahl 1100 1800 2400
Durchsetzfügen/Zahl 179 0 0
MIG [m] 70 20 64
Laser [m] 0 30 20
Laser/MIG Hybrid [m] 0 0 5
Falzen ja ja ja
Kleben ja ja ja
1)
inkl. Anbauteile, Türen, Hauben
2)
Planungsvorgaben

Im Vergleich zum Spaceframe-Konzept des Karosseriebaus für Klein-


und Mittelserien ist die selbsttragende Blechbauweise in der Großserie üb-
lich, – allerdings bis heute fast ausnahmslos der Stahlausführung vorbe-
halten. Eine aktuelle Ausnahme ist die Ganzaluminiumkarosserie des Ja-
guar XJ (SOP: 2002), die als Mittelserie konzipiert ist, aber auch als Test-
fall für die Großserienausführung dienen kann. Strangpreßprofile und
2.1 Aluminium im Automobilbau 35

Gußteile spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle (Komponentenzahl


aus Profil und Formguß 7% bzw. 5%).
Gegenüber der Ganzaluminiumausführung hat die Mischbauweise nach
Meinung verschiedener Autobauer deutliche Vorteile in der Großserien-
fertigung. Sie erlaubt, die Gewichtsvorteile durch Leichtbauwerkstoffe
dort wahrzunehmen, wo besondere Gewichtsprobleme bestehen, nämlich
im Vorderwagenbereich. Ein Beispiel für dieses Baukonzept ist der
BMW5 (E60, SOP 2003), dessen vorderer Rohbauwagen in Ganzalu-
miniumbauweise ausgeführt wird und mittels geeigneter Fügetechnik
(Stanznieten, Kleben, PVC-Dichtmasse) mit der übrigen Stahlkarosserie
verbunden wird, s. Bild 2.1.23. Einschließlich Motorhaube, vorderer Sei-
tenwand und Stoßfängerbalken beträgt der Aluminiumanteil an der Rohka-
rosse 18%. Außer Strangpreßprofilen, und Blechformteilen wird ein
druckgegossenes Federbeingehäuse (AlMg5Si2Mn-F – Magsimal59®) ver-
wendet.

Bild 2.1.23 Teilansicht des Aluminiumvorderbaus des BMW5 (E60)

Ein anderes Mischbaukonzept wurde im neuen Audi-TT (SOP 2006)


verwirklicht. Aufgrund der geringeren beabsichtigten Seriengröße (ca. 275
Fzge./Tag) wurde nicht nur der Vorderbau, sondern auch die Fahrgastzelle
auf der Basis des Spaceframe-Baukonzeptes in Aluminium ausgeführt,
wobei zugleich auf kostspieliges Profilbiegen und IHU-Kalibrieren weit-
gehend verzichtet wurde. Die Stahlkomponenten der Karosserie befinden
sich im Heckbereich des Fahrzeugs und sind mit spezieller Verbindungs-
36 2 Märkte und Anwendungen

technik, s. Abschn. 18.3–4, mit der Spaceframe-Struktur der Fahrgastzelle


verbunden. Mit Ausnahme der Seitentüren sind Außenflächen und Hauben
in Aluminiumblechbauweise ausgeführt. Die Rohkarosserie besteht zu
69% aus Aluminium (31% Blech, 22% Guß, 16% Profile) und zu 31% aus
Stahlblech bei einem Gewicht von 206 kg (ohne Anbauteile) (Bangel et al.
2006).

Bild 2.1.24 Innenansicht der Rohkarosserie des Audi-TT bestehend aus Stahl-
blechformteilen im Heckbereich (im Vordergrund, dunkler) und der Aluminium-
Spaceframe-Struktur mit aussteifenden Blechelementen (hellere Elemente)

Die Palette der Knet- und Gußlegierungen, die im Karosseriebau einge-


setzt werden, wurden in den letzten Jahren durch zahlreiche Varianten er-
weitert. Die wichtigsten Blech-, Profil- und Gußlegierungen sind in Tabel-
le 2.1.8 zusammengestellt. Bei den Karosserieblechlegierungen ist zwi-
schen den naturharten AlMg- und aushärtbaren AlMgSi-Legierungen
hinsichtlich ihres Einsatzbereichs zu unterscheiden. Durch die Ausbildung
von Fließfiguren bei der Umformung sind die AlMg-Legierungen nicht für
sichtbare Außenhauteile geeignet. Wegen ihrer ausgezeichneten Umform-
barkeit werden sie vornehmlich für schwierige Umformoperationen bei In-
nenteilen verwendet. Bei der Bedeutung des Marktes und bei den unter-
2.1 Aluminium im Automobilbau 37

schiedlichen Anforderungen an Festigkeit und Umformverhalten – z.B.


ausreichendes Falzverhalten von Außenhautblechen in verfestigten Berei-
chen – wurden über die angegebenen AlMgSi-Legierungen hinaus zahlrei-
che herstellerspezifische Legierungsvarianten und Werkstoffzustände ent-
wickelt. Das gleiche gilt für AlMgSi-Profilwerkstoffe, die für optimales
duktiles Faltverhalten beim Crash-Vorgang ein feinkörniges Gefüge (Va-
nadium-Zusatz) mit nur geringfügigem interkristallinen Bruchverhalten
(Mangan-Zusatz) und gegebenenfalls geringem Eisengehalt benötigen, s.
Abschn. 6.2. Bei den Blechwerkstoffen ist außerdem auf die besonders auf
den Karosseriebau abgestimmten Oberflächen (u.a. Rauhigkeit, Konversi-
ons- und Schmierstoffschichten) hinzuweisen, s. Kap 12.

Tabelle 2.1.8 Aluminiumlegierungen im Anlieferungszustand für Beplankungs-


und Strukturteile der Rohkarosserie (Auswahl)

Numer. Bezeichnung Bez. mit chem. Symbolen Anwendung


Blechwerkstoffe
EN AW-6016-T4 1) EN AW-Al Si1,2Mg0,4 Außenblech
AA 6014-T4 (Al MgSiV) Außenblech
AA 6501-T4 Außenblech
AA 6106-T4 Außenblech
EN AW-5754-0/H111 EN AW-Al Mg3 Innenblech
EN AW-5042-0/H111 EN AW-Al Mg3,5Mn Innenblech
EN AW-5182-0/H111 EN AW-Al Mg4,5Mn0,4 Innenblech
EN AW-6181A-T4 EN AW-Al Si1Mg0,8(A) Innenblech
Profilwerkstoffe
EN AW-6060-T4/T6 EN AW-Al MgSi Strukturteile
AA 6014-T4/T6/T7 AA Al MgSiV Strukturteile
EN AW-6106-T4/T6 EN AW-Al MgSiMn Strukturteile
EN AW-6005A-T6 EN AW-Al SiMg(A) Strukturteile
EN AW-6082-T6 EN AW-Al Si1MgMn Strukturteile
Gußwerkstoffe
EN AC-43000-T6 EN AC-Al Si10Mg Strukturteile
EN AC-42100-T6 EN AC-Al Si7Mg0,3 Strukturteile
NN (-F) 2) Al Mg5Si2Mn Strukturteile
1)
die Legierung wird auch in einer schnell-härtenden Variante T4+ geliefert
2)
nicht in EN genormt; Magsimal59®

Neben den angegebenen Blechlegierungen werden weitere Legierungen


in der ausländischen Automobilindustrie eingesetzt, die im Inland bis heu-
te jedoch keine wesentliche Rolle spielen. Diese Legierungen sind in Ta-
38 2 Märkte und Anwendungen

belle 2.1.9 aufgeführt. Die früher im Ausland für den Karosserieblechbau


verwendeten AlCuMg-Legierungen (AA2002, AA2008, AA2036 und
AA2038) haben gegenüber den AlMgSi- und AlMg-Legierungen völlig an
Bedeutung verloren. Zu den in Japan entwickelten AlMg(Cu)-Legierungen
AA5022 (früher KS5030) und AA5023 (früher KS5032) enthält Abschn.
3.2.3 weitere Ausführungen. Die AlMg(Cu)-Legierungen dürften auch im
europäischen Karosseriebau künftig an Bedeutung gewinnen.

Tabelle 2.1.9 Karosserieblechlegierungen ausländischer Provenienz

numer. Bezeichnung Bez. mit chem. Symbolen Anwendung


AA 5022-0/T4 AA Al Mg4,5Cu0,3 Innen- & Außenblech
AA 5023-0/T4 AA Al Mg5,5Cu0,3 Innen- & Außenblech
AA 6009-T4 AA Al Si0,8Mg0,6CuMn Innenblech
AA 6022-T4 AA Al Si1,3Mg0,6CuMn Außenblech
AA 6111-T4 AA Al Si0,9Mg0,7CuMn Außenblech

Hohlprofile und Rohre aus Aluminiumlegierungen haben durch die Fal-


tenbildung beim Crash ein günstiges Energieabsorptionsvermögen, das
sich durch die Wahl der Querschnitte − z.B. Mehrkammerhohlprofile −
den Anforderungen entsprechend einstellen läßt. Um die Höhe der An-
fangsstoßkraft zur Verringerung der physiologischen Belastung der Passa-
giere gering zu halten, kann man eine weiche Zone in den Crash-Gliedern
durch eine lokale T7-Wärmebehandlung, s. Bild 2.1.25, oder durch eine
Formschwächung vorsehen.

Bild 2.1.25 Crash-Verhalten von Rohr-Profilkonstruktionen mit und ohne lokale


Überhärtung (Ruch 1992)
2.1 Aluminium im Automobilbau 39

Strangpreßprofile für Spaceframes, sowie auch für andere konstruktive


Anwendungen, bestehen in der Regel aus aushärtbaren Legierungen, die
im warmausgehärteten Zustand für Kaltverformungen ungeeignet sind. Die
Verwendung von kaltausgehärteten Legierungen setzt allerdings ein enges
Toleranzspektrum der Fließkurve für reproduzierbares Rückfederungs-
und Eigenspannungsverhalten, d.h. eine gewisse Lagerfähigkeit voraus,
s. hierzu den Abschn. 3.2.5 Verbesserung der Warmaushärtungskinetik
durch Stabilisierungsglühen. Außerdem ist eine abschließende Warmaus-
lagerung zur Erzielung höherer Festigkeitswerte erforderlich.
Die Biegetechnik von Hohlprofilen ist für den Automobilbau ein wich-
tiges Fertigungsverfahren, an das hohe technische und wirtschaftliche An-
forderungen gestellt werden. Kaltgebogene Profile enthalten Eigenspan-
nungen, deren Höhe vom Grad der Biegeverformung und ihrer Verteilung
über dem Querschnitt, von der Fließkurve des Materials und der Art des
Biegeverfahrens abhängen. Die Störung der Eigenspannungsfelder z.B.
durch Ausklinkungen, Bohrungen oder Schweißen kann zu geometrischen
Formabweichungen führen. Die rechnerische Simulation von Eigenspan-
nungen infolge von Biegevorgängen in unregelmäßigen Profilquerschnit-
ten oder von Schweißoperationen hat in den letzten Jahren deutliche Fort-
schritte gemacht. Durch Halbwarmumformen oder besonders durch das
Biegen von Profilen im Strangpreßvorgang bei Preßtemperatur lassen sich
eigenspannungsarme Profile erzeugen, s. Kap. 9. Verbesserungen der Ver-
formbarkeit von Profilen im T4 oder T6 Zustand lassen sich auch durch
Rückbildungsglühungen erzielen, die z.T. auch in der Prozeßkette durch-
geführt werden können, s. hierzu den Abschn. 3.2.5 Rückbildungsglühen
zum Zwecke verbesserter Umformbarkeit.

Für die Herstellung von Aluminium-Karosserieblechteilen werden


grundsätzlich die gleichen Anlagen und Prozesse zugrunde gelegt wie für
die Herstellung von Stahlkarosserien. Der Vorteil besteht in der Nutzung
des vorhandenen Maschinenparks und des damit gebundenen Kapitals.
Daraus resultieren erwartungsgemäß Kompatibilitätsprobleme, verursacht
bei unbehandeltem, blanken Aluminium durch die empfindlichere Ober-
fläche, die undefinierte Oxidschicht, den höheren Bedarf an Schmierstoff,
die z.T. geringere Umformbarkeit, die ungünstige Punktschweißbarkeit
und das unterschiedliche chemische Verhalten bei den Vorbehandlungsstu-
fen zum Lackieren. Diese Unterschiede zwingen zu einer Reihe von zu-
sätzlichen Fertigungsschritten mit entsprechenden wirtschaftlichen Konse-
quenzen.
Um bessere Ziehergebnisse zu erzielen, muß die Umformtechnik dem
Werkstoff angepaßt werden, d.h. durch Maßnahmen, die den Werkstoff-
40 2 Märkte und Anwendungen

fluß im Werkzeug präzise steuern und die gefürchteten Abrieberscheinun-


gen am Werkzeug sowie die Flitterbildung bei Stanzvorgängen vermeiden
helfen. Die Tribologie (s. Abschn. 12.2) hat damit eine entscheidende Rol-
le in der Ziehteilfertigung mit den Forderungen:
• Schützen der vorhandenen Oxidschicht
• Trennung zwischen frischer (oxidfreier) Werkstückoberfläche und
Werkzeug
• genügend großer Reibbeiwert µ zur Steuerung des Materialflusses
• Kostenreduzierung
• geringe Umweltbelastung
• Kompatibilität mit nachfolgenden Operationen (z.B. Kleben, Lackieren)
• Prozeßsicherheit.

Die Applikation von Trockenschmierstoffen und tribologisch aktiven


Beschichtungen des Halbzeugs, die gleichzeitig weitere Funktionen in den
nachfolgenden Lackierprozeßstufen übernehmen können, gehören mittler-
weile zum Stand der Technik. Coil-Coating Systeme können die CrVI-freie
Konversionsbehandlung, Anodisierung, Grundierung und Füller umfassen.
Insgesamt läßt sich potentiell auf diese Weise eine Reihe von problemati-
schen Fertigungsschritten einsparen, s. Tabelle 2.1.10 (Ostermann 1994).
Die „Chemie“ bei Automobilproduzenten wird entlastet und auf die Pro-
zeßstufe des Halbzeugs rückverlagert, wo die Prozeßführung bei der Be-
schichtung umweltfreundlicher durchgeführt und werkstoffspezifischer
kontrolliert werden kann.
Ohne gleichzeitige Anpassung der Werkzeugtechnik können diese Mög-
lichkeiten jedoch nicht voll ausgeschöpft werden, da Beschädigungen der
Beschichtung vermieden werden müssen. Ansatzpunkte für Verbesse-
rungen sind Werkzeugbeschichtungen, die mit den Beschichtungssystemen
des Halbzeugs kompatibel sind.

Die Verwendung des Aluminiums als Leichtbauwerkstoff im Automo-


bilbau stellt eine große Herausforderung an die Werkstofftechnik dar und
hat bezüglich der technologischen Gewichtung mindestens die gleiche Be-
deutung wie die Verwendung des Werkstoffs in der Luft- und Raumfahrt
in früheren Jahren. Solche Umstände erhöhen den Innovationsdruck und
führen gewöhnlich zu einer Entfaltung von Kreativität bei den beteiligten
Ingenieuren und Wissenschaftlern.
2.2 Aluminium im Nutzfahrzeugbau 41

Tabelle 2.1.10 Fertigungsschema von Blechkarosserieteilen aus Stahl und Alu-


minium. Einsparung von Fertigungsstufen durch im Coil beschichtetes Aluminium
Fertigungsstufen Stahl Aluminium Aluminium
blank beschichtet
I. Preßwerk
1. Platinenschnitt X X X
2. Entfetten und definiert Befetten – X –
3. Karosserieteilziehen X X X
II. Rohbau
1. Entfetten, Spülen, Trockenen – X –
2. Rohbaumontage: Fügen X X X
3. Nacharbeit (Schleifen) X X –
III. Lackierung
1. Entfetten, Spülen..... X X –
2. Phosphatieren, Nachbehandeln .... X X –
3. KTL-Grundieren, Trockenofen X X (X)
4. Füller, Trockenofen X X X
5. Decklack, Trockenofen X X X
6. Klarlack, Trockenofen X X X

2.2 Aluminium im Nutzfahrzeugbau

Aluminium hat sich durch das geringe Gewicht von Komponenten (leichte
Handhabbarkeit, weniger Personal), seine Witterungsbeständigkeit und de-
korativen Oberflächenbeschichtungen für Bordwände (Profilsysteme), La-
debordwände (Profilschweißkonstruktionen), für Pritschenaufbauten und
Kofferaufbauten (Blech / Profilsysteme / Schichtverbunde) mit Ausrüstun-
gen für die Ladungssicherung seit Jahrzehnten im Nutzfahrzeugbau etab-
liert. Darüber hinaus gehören Druckluftbehälter, Treibstofftanks sowie Un-
terfahrschutz und Stoßfänger aus Aluminium zur Standardausrüstung.
Auch geschmiedete und gegossene Räder werden zur Gewichtsreduzierung
und – wegen der exakteren Laufeigenschaften – zur Schonung der Berei-
fung eingesetzt.
Leichtbau mit Aluminium im Nutzfahrzeugbau beruht vor allem auf den
gesetzlichen Beschränkungen der zulässigen Achslasten – und damit der
Zuladungsgrenzen – und künftig sicherlich auch auf möglichen Treibstoff-
einsparungen und Minderungen des CO2-Ausstoßes. Der Leichtbaugewinn
kann je nach Größe und Art des Fahrzeugs zwischen 0,5 bis 2,5 t betragen.
42 2 Märkte und Anwendungen

Die Erhöhung der Nutzlast durch Leichtbau des Fahrzeugs ist von erhebli-
cher wirtschaftlicher Bedeutung besonders für bestimmte Fahrzeugtypen,
wie Tank- und Silofahrzeuge, s. Bild 2.2.1 und Schüttguttransporter, die
regelmäßig oder häufig die Zuladungsgrenzen ausnutzen müssen. Die hö-
heren Investitionskosten für Leichtbaufahrzeuge, Auflieger und Anhänger
amortisieren sich dadurch in wenigen Jahren.
Für den flexiblen Bordwandaufbau von Nutzfahrzeugen haben sich in
der Vergangenheit zahlreiche Profilsysteme eingeführt. Einige Beispiele
solcher Bordwandsysteme zeigt Bild 2.2.2 mit verschiedenartigen Lösun-
gen der Profilverbindungen. Die Wanddicke der Systemprofile beträgt üb-
licherweise 25 oder 30 mm. Als Profilwerkstoffe werden je nach Bean-
spruchungskategorie die in Tabelle 2.2.1 angegebenen Legierungen
verwendet.

Bild 2.2.1 Aluminium-Silofahrzeug (Hersteller: Fa. Spitzer, 2005)

Bild 2.2.2 Verbindungssysteme für Bordwandprofile. a) und b) Schnappverbin-


dungen (Groß-Aluminium Snaplok®, bzw. Kaiser Aluminium), c) Einhängeprofil
(VAW), d) mit Schraubkeilen (VAW), e) mit Wendelfeder (Alusingen). Nach
(Koewius 1986)
2.2 Aluminium im Nutzfahrzeugbau 43

Tabelle 2.2.1 Aluminiumlegierungen für Bordwandprofilsysteme


Leg.-Bez. Chem. Symb. Zustand
EN AW 6060 Al MgSi T66
EN AW 6005 Al SiMg T6
EN AW 6005A Al SiMg(A) T6
EN AW 6082 Al Si1MgMn T6

Je nach Bauart finden bei Tank- und Silofahrzeugen entweder die frei-
tragende Bauweise oder die Bauweise mit Tanks auf einem Fahrgestell-
rahmen („Brücke“) Anwendung. Im letzteren Fall einer Aluminiumrah-
menkonstruktion besteht der Langträger aus einem Doppel-T-Träger, der
jedoch am sog. „Schwanenhals“ in der Profilhöhe verjüngt ist. Die alumi-
niumgerechte Herstellung dieses Trägers ist eine Schweißkonstruktion aus
zwei Strangpreßprofilen bestehend aus einem Ober- und Untergurt, wobei
das untere T-Profil durch einen Biegevorgang dem Verjüngungsverlauf
angepaßt ist, s. Bild 2.2.3. Das untere T-Profil enthält bereits die integrier-
te Nut und Schweißkantenvorbereitung für die Schweißverbindung. Die
Lang- und Querträgerprofile werden üblicherweise in den Legierungen EN
AW-6005A oder EN AW-6082 ausgeführt.

Bild 2.2.3 Schemazeichnung eines Langträgers für einen Sattelauflieger als


Schweißkonstruktion aus zwei Strangpreßprofilen. Querträger sind im obigen Bei-
spiel im Stegbereich des Langträgers über Laschen angeschraubt
44 2 Märkte und Anwendungen

Das Achsaggregat in üblicher Stahlbauweise wird über gegossene Luft-


federstützen mit dem Fahrzeugrahmen durch Schrauben, Nieten oder
Schweißen verbunden. Auch Aluminiumguß-Radnaben können zur Ge-
wichtsreduzierung beitragen, s. Bild 2.2.4. Ein Beispiel für die selbsttra-
gende Bauweise des Tanksattelanhängers zeigt Bild 2.2.5.

Bild 2.2.4 Luftfederstützen und Radnaben für Lastkraftwagen (Quelle: BPW Ber-
gische Achsen KG)

Bild 2.2.5 Tanksattelauflieger-Fahrzeug in selbsttragender Aluminium-Bausweise,


hergestellt von Fa. Schrader T.-A., Werk Ellinghaus

Tankfahrzeuge unterliegen den Sicherheitsvorschriften über den Trans-


port gefährlicher Güter (ADR/GGVSE) und der Druckbehälterverordnung
(seit 2003 in die harmonisierte europäische Druckgeräterichtlinie und Be-
triebssicherheitsverordnung überführt), da die Tanks mit einem Überdruck
von max. 0,5 bar befüllt werden. Auslegung und Bau müssen sich nach
den Vorschriften der DIN EN 13094:2004 (s. Tabelle Anh. A4) richten.
Die Umsetzung der ADR/GGVSE Sicherheitsvorschriften in Konstrukti-
onsvorgaben hat zu einer Festlegung von Mindestwanddicken der Tank-
körper geführt. Als Referenz gelten nach der neuen EN 13094:2004 für
2.2 Aluminium im Nutzfahrzeugbau 45

Tanks aus Baustahl, die nicht zusätzlich durch eine Doppelhülle geschützt
sind, Mindestwanddicken von 5 und 6 mm bei Tankdurchmessern bis zu
1,80 m bzw. über 1,80 m. Für Tanks aus anderen Werkstoffen muß eine
äquivalente Wanddicke t1 in Abhängigkeit von Zugfestigkeit Rm,1 und
Bruchdehnung A1 der verwendeten Werkstoffe nach der folgenden empiri-
schen Beziehung errechnet werden:
2

⎛ Rm , 0 × A0 ⎞ 3
t1 = t 0 × ⎜⎜ ⎟
⎟ (2.2.1)
R ×
⎝ m ,1 1 ⎠ A

wobei t0 die Wanddicke und Rm,0 und A0 die Zugfestigkeit und Bruchdeh-
nung des Referenzwerkstoffs bedeuten. Als Grundlage gilt die Vorstellung
ausreichender Arbeitsaufnahme (Verformungsenergie) beim Unfall bzw.
Umstürzen eines beladenen Tankfahrzeugs.
Für einige Aluminiumtankwerkstoffe sind nach Gl. (2.2.1) die äquiva-
lenten Wanddicken in Tabelle 2.2.2 aufgeführt und mit Stahlwerkstoffen
verglichen, wobei Baustahl mit einer Zugfestigkeit Rm,0 = 370 MPa und ei-
ner Bruchdehnung A0 = 27% als Referenzwerkstoff dient. Die äquivalente
Wanddicke darf in keinem Fall die absolute Mindestwanddicke nach Ta-
belle 2.2.3 unterschreiten, die die frühere Berechnungsgrundlage war.

Tabelle 2.2.2 Äquivalente Mindestwanddicken nach Gl. (2.2.1)


Referenz Rostfreier EN AW-5083 EN AW-5186 EN AW-5059
Baustahl Stahl 0/H111 0/H111 0/H111
(Rm,0, t0) 1.4301
Rm ·A [MPa] 370 · 0,27 500 · 0,45 275 · 0,16 275 · 0,24 330 · 0,24

Mindestwand- 6 3,4 10,4 7,9 7,0


dicke [mm]

Tabelle 2.2.3 Absolute Mindestwanddicke für Tankkörper nach DIN EN 13094:


2004 für verschiedene Werkstoffgruppen
Durchmesser des Mindestwanddicke des Tankkörpers
Tankkörpers Austenitische Sonstige Unlegiertes Aluminium-
Stähle Stähle Aluminium legierungen
[m] [mm] [mm] [mm] [mm]
≤1,80 2,51) 3 6 4
≥1,80 3 4 8 5
1)
für Tanks, die nicht gegen Beschädigung geschützt sind, muß die Wanddicke
unabhängig vom verwendeten Werkstoff mindestens 3 mm betragen
46 2 Märkte und Anwendungen

Aluminiumlegierungen, die in DIN EN 14286:2004 (s. Tabelle Anh.


A3) für die Verwendung in Tanks empfohlen werden, enthält Tabelle
2.2.4. Dabei handelt es sich ausschließlich um nicht aushärtbare Al-Mg-
Mn-Legierungen in weichen (Zustand 0, H111) oder verfestigten (Zustand
H116, H321) Ausgangszuständen.

Tabelle 2.2.4 Für den Tankbehälterbau geeignete Aluminiumlegierungen n. DIN


EN 14286:2004. Angegebenen Eigenschaftswerte sind garantierte Mindestwerte

Leg.-Bez. Chemische Symbole Zustand Nenndicke Rm Rp0,2 A Biege-


EN AW- [mm] [MPa][MPa] [%] radius
bei 180°
3,0 - 6,0 190 80 21 t
5754 Al Mg3 0, H111 6,0 - 12,0 190 80 19 2t
3,0 - 6,0 215 85 19 t
5454 Al Mg3Mn 0, H111 6,0 - 12,0 215 85 19 2t
3,0 - 6,0 240 100 18 1,5t
5086 Al Mg4 0, H111 6,0 - 12,0 240 100 17 3t
5182 Al Mg4,5Mn0,4 3,0 - 6,0 275 125 24 t
0, H111 6,0 - 12,0 275 125 24 2t
5186 Al Mg4,3Mn0,4Zr
3,0 - 6,0 290 145 17 1,5t
0, H111 6,0 - 12,0 290 145 17 4t
5083 Al Mg4,5Mn0,7
5383 Al Mg4,5Mn0,7(A) H116, 3,0 - 6,0 305 220 12 3t
H321 6,0 - 12,0 305 220 12 6t
5059 1) Al Mg5,5Mn0,8ZnZr 0, H111 2,0 - 40 330 160 24
1)
Alustar®, noch nicht in DIN EN 14286:2004 enthalten

2.3 Aluminium im Schienenfahrzeugbau

Aluminium als Leichtbauwerkstoff im Schienenfahrzeugbau geht auf eine


lange Tradition zurück. Zwei technologische Entwicklungen des vergan-
genen Jahrhunderts haben das Fundament für den heutigen erfolgreichen
Aluminiumleichtbau gelegt: die MIG- und WIG-Schweißtechnik in den
50-er und die Großprofil-Strangpreßtechnik in den 70-er Jahren. Diese
Entwicklungen in Verbindung mit geeigneten Konstruktions- und Ferti-
gungskonzepten haben diesem Werkstoff die tragende Rolle im Leichtbau
von Wagenkästen für den Personen-Nah- und -Fernverkehr eingeräumt
(Ostermann 1985). Der Aluminium-Schienenfahrzeugbau ist ein klassi-
2.3 Aluminium im Schienenfahrzeugbau 47

sches Beispiel für wirtschaftlichen Leichtbau mit Aluminium, und es ist


lohnend, diese Entwicklungen kurz im folgenden nachzuzeichnen.

2.3.1 Entwicklung aluminiumgerechter Baukonzepte

Als in den zwanziger und dreißiger Jahren die Stahl-Holz-Bauweise durch


die Blech-Gerippebauweise abgelöst wurde, wurde neben Stahl bereits A-
luminium als Beplankungsblech eingesetzt. Bild 2.3.1 enthält Beispiele für
die Blech-Gerippe-Bauweise in Stahl und Aluminium aus den 60-er Jah-
ren.

Bild 2.3.1 Schienenfahrzeugleichtbau in Blech-Gerippe-Bauweise

Später wurden gekantete Blechprofile und dann zunehmend Strangpreß-


profile für das Traggerippe von Aluminiumwaggons verwendet. Gefügt
wurde mit Hilfe der Niettechnik, bis sich in den sechziger Jahren die
Lichtbogen-Schutzgasschweißtechnik durchsetzte und 1961 mit dem ET
202/210 der Köln-Bonner Eisenbahn das erste voll geschweißte Schienen-
fahrzeug unter Verwendung von Profilen aus der Legierung AlZn4,5Mg1
(EN AW-7020) gebaut wurde. Hierbei handelte es sich überwiegend um
offene Strangpreßprofile. Allerdings war für diese Bauweise kennzeich-
48 2 Märkte und Anwendungen

nend, daß wegen der vielen kurzen Schweißnähte keine mechanisierte


Schweißausführung möglich war. Kosteneinsparungen waren deshalb ge-
genüber der Stahlleichtbauweise nach gleichem Bauprinzip nicht zu reali-
sieren. Bild 2.3.2 zeigt beispielhaft das Spektrum an Profilen für die Bau-
reihe des ET 420/421, die Ende der 60-er Jahre entwickelt wurde.

Bild 2.3.2 Aluminium-Blech-Profil-Bauweise des ET 420/421 Nahverkehrswa-


gens

Ein entscheidender Entwicklungsschritt war die Waggonbauweise mit


Aluminium-Großstrangpreßprofilen in der Mitte der siebziger Jahre, die
dem wirtschaftlichen Leichtbau mit Aluminium zum Durchbruch verhol-
fen hat, s. Bild 2.3.3. Der wirtschaftliche Leichtbau von Rohbauwagenkä-
sten mit Aluminium basiert auf dem Konstruktionskonzept mit „integralen
Großstrangpreßprofilen“. Dieser Integralleichtbau unterscheidet sich von
der früher verwendeten und heute noch im Stahlleichtbau üblichen Blech-
Gerippe-Bauweise dadurch, daß steife Flächenelemente durch strangge-
preßte Hohlfachplatten in Wagenlänge erzeugt werden, in die zusätzliche
Elemente als Montagehilfe und sonstige Funktionsträger bereits integriert
sind. Derartige Integralprofile werden ausschließlich aus warmausgehär-
teten Legierungen erzeugt und durch mechanisiertes Schweißen in Portal-
schweißanlagen verbunden. Durch die Einführung der Integralbauweise
mit Großprofilen konnten die Fertigungszeiten und -kosten erheblich ge-
senkt werden, s. Bild 2.3.3. Die heutige Großprofilbauweise ist durch die
Einsparungen an Fertigungs- und Montagearbeit so wirtschaftlich wie die
Stahlleichtbauweise, jedoch mit kürzeren Fertigungszeiten und einem zu-
sätzlichen Leichtbaugewinn.
2.3 Aluminium im Schienenfahrzeugbau 49

Bild 2.3.3 Einfluß der Integralbauweise mit Großprofilen auf die Entwicklung von
Baukosten, Fertigungszeit und Wagengewicht im Vergleich zur üblichen Stahl-
bauweise (Aluminium-Zentrale 1992)

Der erste in Deutschland in Integralbauweise gebaute Waggon war der


Bx-Wendezugwagen für das Rhein-Ruhrgebiet, Bild 2.3.4. An diesem
Fahrzeug entstanden im Service zunächst eine Reihe von Schäden (Moro-
tini 1986), die als vermeidbare werkstofftechnische Fertigungs- und Kon-
struktionsfehler bei der Instandhaltung behoben werden mußten. Bei der
Entscheidung im Jahre 1987, den Mittelwagen des ICE-1, Bild 2.3.5, in
Aluminium-Integralbauweise zu bauen, wurde auf diesen Erfahrungen
aufgebaut und ein Gemeinschaftsexpertenteam der Aluminiumindustrie

Bild 2.3.4 Wendezugwagen Bx der DB, Baujahr 1979


50 2 Märkte und Anwendungen

beauftragt, die Entwicklung in allen aluminiumspezifischen Fragen zu be-


gleiten (Ostermann 1992). Nach 15-jährigem Einsatz und einer Laufleis-
tung, die einem 30-jährigen Fahrbetrieb entspricht, hat die ICE-1-
Bauweise sich ohne Mängel an der Aluminiumstruktur bewährt.

Bild 2.3.5 Mittelwagen des ICE-1 und Struktur des Wagenkastens aus Groß-
strangpreßprofilen, 1990. Bodenprofil (unten links) und C-Kanal-Befestigung (un-
ten rechts)

Bild 2.3.6 Aluminiumwaggonbau in spantenloser, doppelwandiger Großprofil-


bauweise: Pendelzug „Pendolino“ ETR-460 (links) und ICE-2 (rechts) (Quellen:
VAW aluminium AG und DUEWAG-Siemens)
2.3 Aluminium im Schienenfahrzeugbau 51

Bild 2.3.7 Innenansicht des ICE-2 Rohbauwagens (links), Kopfwagen des ICE-3
(rechts)

Die Doppelwandstruktur führt jedoch in weniger beanspruchten Berei-


chen – wie z. B. in Flächenbereichen des Wagendaches – zu einer Überdi-
mensionierung, so daß die Festigkeitsanforderungen an den Profilwerk-
stoff gesenkt werden konnten. Damit ergab sich gleichzeitig die Möglich-
keit, die herstellungsbedingten Mindestwanddickengrenzen der Großpro-
file durch Legierungsmaßnahmen herabzusetzen, s. hierzu Abschn. 9.3.

2.3.2 Aluminiumwerkstoffe für die Schienenfahrzeugbau

Die Einführung der Großprofiltechnik ging einher mit der Einführung der
Legierung EN AW-6005A-T5 (AlMgSi(A)). Die reduzierten Festigkeits-
anforderungen führten im weiteren Entwicklungsverlauf zur Legierung EN
AW-6106-T5 (AlMgSi0,5Mn). Neben diesen Strangpreßlegierungen wer-
den im Schienenfahrzeugbau noch weitere Legierungen und Halbzeug-
formen verwendet, die für untergeordnete oder für spezielle, höhere An-
forderungen sowie für Walz-, Schmiede- und Gußmaterialien eingesetzt
werden. Sie sind in der nachfolgenden Übersicht zusammengestellt. Alle
zugelassenen Legierungen sind schweißgeeignet.
Für konstruktiv erforderliche dickwandige Querschnitte und insbeson-
dere dort, wo eine Anhäufung von Schmelzschweißnähten nicht vermieden
werden kann, wurde vielfach die Legierung EN AW-7020-T5 (AlZn4,5
Mg1) eingesetzt, die nach dem Schweißen im Bereich der Wärme-
einflußzone wieder aushärtet und daher hohe statische Festigkeitswerte
bietet. Wegen der Neigung dieser Legierung zu Schichtkorrosion in der
nicht thermisch nachbehandelten Wärmeeinflußzone und wegen der in der
Wagenreinigung verwendeten aggressiven Reinigungsmittel waren z.B.
beim Bx-Wagen Korrosionsschäden aufgetreten, die durch aufwendige Re-
Konstruktion und Legierungswechsel beseitigt werden mußten. Darüber
hinaus sollte diese Legierung wegen der schlechteren Preßbarkeit mög-
lichst nur in Form von offenen Profilquerschnitten verwendet werden. Die-
52 2 Märkte und Anwendungen

se Einschränkungen führten dazu, daß in neueren Schienefahrzeugkon-


struktionen diese Legierung nicht mehr verwendet wird.
Werkstoffe für den Schienenfahrzeugbau unterliegen Restriktionen, die
durch Regelwerke der Bahngesellschaften – z.B. DIN 5513 (Werkstoffe
für Schienenfahrzeuge: Aluminium und Aluminiumlegierungen) und re-
gelwerksähnlichen Merkblättern wie DVS 1608 (Schmelzschweißen von
Aluminium im Schienenfahrzeugbau) – festgelegt sind. Auf europäischer
Ebene gelten für die Werkstoffwahl die Normen (s. Tabelle Anh. A3):
− DIN EN 13981-1:2003 für Strangpreßerzeugnisse
− DIN EN 13981-2:2004 für Platten und Bleche
− prEN 13981-3 für Gußstücke
− prEN 13981-4 für Schmiedestücke

Die zugelassenen Legierungen und Halbzeuge sind in Tabelle 2.3.1 zusam-


mengefaßt.

Tabelle 2.3.1 Aluminiumlegierungen für den Schienenfahrzeugbau nach DIN EN


13981, Teile 1 bis 4. Zusammensetzung s. Anh. 1.1 und 2.1
numer. Bezeichnung Bez. mit chem. Symbolen
EN AW-5454-0/H112 1) EN AW-Al Mg3Mn
EN AW-5754-H112 2) EN AW-Al Mg3
EN AW-5083-H112 2) EN AW-Al Mg4,5Mn0,7
EN AW-6060-T66 3) EN AW-Al MgSi
EN AW-6063-T66 3) EN AW-Al Mg0,7Si
EN AW-6106-T6 3) EN AW-Al MgSiMn
EN AW-6005-T6 3) EN AW-Al SiMg
EN AW-6005A-T6 3) EN AW-Al SiMg(A)
EN AW-6008-T6 3) EN AW-Al SiMgV
EN AW-6061-T6 2) EN AW-Al Mg1SiCu
EN AW-6082-T6 2) EN AW-Al Si1MgMn
EN AC-42000-T6 4) EN AC-Al Si7Mg
EN AC-43300-T6 EN AC-Al Si9Mg
EN AC-43000-T6 EN AC-Al Si10Mg
EN AC-21100 5) EN AC-Al Cu4Ti
1)
nur als Walzmaterial
2)
Strangpreß-, Walz- und Schmiedematerial
3)
nur Strangpreßmaterial
4)
Sand- und Kokillenguß
5)
Kokillenguß
2.3 Aluminium im Schienenfahrzeugbau 53

2.3.3 Schweißverbindungen im Schienenfahrzeugbau

Die statischen Festigkeitswerte von Schweißverbindungen an schweißge-


eigneten Aluminiumlegierungen sind u.a. abhängig von der Legierung, der
Wanddicke des Schweißstoßes, vom gewählten Zusatzdraht, vom
Schweißverfahren und von den verwendeten Schweißparametern, s. Kap.
16. Bei verfestigten bzw. ausgehärteten Legierungen sinkt die Festigkeit
im Bereich der Wärmeeinflußzone bis auf die Werte des weichen Zustan-
des des Grundwerkstoffs. Das Ausmaß der Festigkeitseinbuße ist abhängig
von der Intensität der Wärmeeinbringung beim Schweißprozeß. Im Schie-
nenfahrzeugbau wird überwiegend mit dem MIG-Verfahren gearbeitet.
Andere Verfahren, wie z.B. das WIG-Helium-Gleichstromschweißen, das
Doppeldrahtschweißen, das Laserstrahlschweißen oder das MIG-Hybrid-
schweißen sind ebenfalls geeignet und bieten Vorteile in der Wärmeein-
bringung und bei den Verbindungseigenschaften. Zunehmend werden heu-
te Schweißverbindungen auch durch Rührreibschweißen (Friction Stir
Welding FSW, s. Kap. 19) erzeugt. Aus Tabelle 2.3.2 gehen die statischen
Festigkeitseigenschaften von einigen MIG-Schweißverbindungen an Pro-
filwerkstoffen (n. DIN EN 13981-1) hervor.
Zu der erst vor einigen Jahren für Schweißkonstruktionen des Schienen-
fahrzeugbaus zugelassenen Strangpreßlegierung EN AW-6005 ist kritisch
anzumerken, daß diese Mn-freie Legierung sich zwar durch günstigeres
Strangpreßverhalten für dünnwandigere, komplizierte Profilformen eignet,
aber wegen Neigung zu interkristallinem Bruchverhalten und problemati-
scher Kornkontrolle nicht für dickwandige, hochbelastete und kritische
Schweißkonstruktionen eignet ist. Aus diesen Erfahrungen wurde die Le-
gierung EN AW-6005A entwickelt und ist seit Jahrzehnten im Schienen-
fahrzeugbau eingeführt. Einen gewissen Fortschritt stellt die jüngere Ent-
wicklung der Legierung EN AW-6008 dar, die sich durch ein fein-
körnigeres Gefüge insbesondere für solche Profilkonstruktionen aus-
zeichnet, in denen Korngrenzenanschmelzungen („micro-fissuring“) in der
Schweißnaht problematisch sein könnten, s. Kap. 16 und Kap. 20.
Bezüglich der Werte für weitere Legierungen für den Schienenfahr-
zeugbau wird auf DIN 5513-1989-02 (Werkstoffe für Schienenfahrzeuge;
Aluminium und Aluminiumlegierungen) verwiesen. Die Qualitätssiche-
rung in der Ausführung von Schweißarbeiten hat im Aluminium-Schienen-
fahrzeugbau einen hohen Stellenwert. Seit 1997 gibt es als Ersatz für DS
952 01 und DS 952 02 für das Schweißen im Schienenfahrzeugbau ein
neues Regelwerk in Deutschland, die Normenreihe DIN 6700-Teil 1–6
(Schweißen von Schienenfahrzeugen und -fahrzeugteilen). Betriebe, die
Schweißarbeiten in der Neufertigung oder in der Instandhaltung ausführen
wollen, müssen ihre Eignung nach DIN 6700 Teil 2 nachgewiesen haben.
54 2 Märkte und Anwendungen

Tabelle 2.3.2 Mindesteigenschaften von Profilmaterial und Schweißverbindungen


für den Schienenfahrzeugbau nach DIN EN 13981-T.1
Legierung Grundwerkstoff MIG-Stumpfstoß
numer. Bezeichnung Rp0,2 Rm A Rp0,2 Rm
[N/mm²] [N/mm²] [%] [N/mm²] [N/mm²]
1)
EN AW-5754-H112 80 180 14 80 180
EN AW-5083-H112 1) 125 270 12 125 270
EN AW-6060-T66 4) 160 214 8 65 110
EN AW-6063-T66 2) 200 245 8 75 130
EN AW-6106-T6 2) 200 250 8 95 160
EN AW-6005-T6 3) 215 255 8 90 160
EN AW-6005A-T6 3) 225 270 8 115 165
EN AW-6008-T6 3) 215 255 8 115 165
EN AW-6061-T6 3) 240 260 9 115 175
EN AW-6082-T6 3) 250 290 8 125 185
1)
Wanddicke < 15 mm, 2) Wanddicke < 10 mm, 3) Wanddicke < 5 mm
4)
Wanddicke < 3 mm

Die Schweißzusatzwerkstoffe müssen auf die jeweilige Legierung abge-


stimmt werden. Die Wahl der möglichen Zusatzwerkstoffalternativen ist
jedoch durch die speziellen Forderungen der langlebigen Schienenfahr-
zeuge eingeschränkt, da bei Reparaturarbeiten auch noch nach vielen Jah-
ren der verwendete Schweißzusatz bekannt sein muß. Verwechslungen von
Schweißdrahtlegierungen, z.B. von AlMg4,5Mn und AlSi5, können zu
minderwertigen Verbindungseigenschaften führen.
Auf die Möglichkeit der Entstehung von Warmrissen bzw. sogenannten
„Korngrenzenöffnungen“ an der Grenze zwischen Schweißgut und Wär-
meeinflußzone bei EN AW-6005, EN AW-6005A und EN AW-6082 soll
an dieser Stelle hingewiesen werden. Sie entstehen durch bevorzugtes
Aufschmelzen von heterogenen Korngrenzenzonen und können durch die
Wahl des Zusatzwerkstoffs AlSi5 und durch feinkörniges Gefüge des
Grundwerkstoffs, s. Legierung EN AW-6008, weitgehend vermieden wer-
den. Umfangreiche Untersuchungen haben gezeigt, daß die Existenz sol-
cher Korngrenzenöffnungen im Normalfall die zulässigen Beanspruchbar-
keitswerte auch in bezug auf die Schwingfestigkeit nicht erniedrigen
(Schwellinger 1992, Borst et al. 1992). Im Rahmen der statistisch ermittel-
ten Mindestfestigkeitswerte sind diese Effekte bereits summarisch berück-
sichtigt worden.
Beim Auslegen von Profilquerschnitten lassen sich im Bereich der spä-
teren Schweißnaht Badstützen, Positionierhilfen und Schiebesitze für den
2.3 Aluminium im Schienenfahrzeugbau 55

Toleranzausgleich anbringen. Diese Hilfsmittel sind wesentlich für die


wirtschaftliche Fertigung. Andererseits müssen Forderungen an die Di-
mensionierung dieser Hilfsmittel im Zusammenspiel mit der Ausbildung
der Schweißnaht beachtet werden mit dem Ziel, zusätzliche Kerbspannun-
gen so weit wie möglich zu vermeiden.

Weitere Leichtbaupotentiale
Die Integralbauweise mit Großstrangpreßprofilen hat jedoch zu Einbußen
im erzielbaren Leichtbaugrad geführt, der sich gegenüber der Blech-Ge-
rippe-Bauweise von 30–35 % auf 25–30 % im Verhältnis zu Stahlausfüh-
rungen verringert hat. Die Gründe hierfür liegen in den gegenüber der
Blech-Gerippe-Bauweise schwereren Integralprofilen, in den Grenzen der
Strangpreßtechnik, der eingesetzten Schweißtechnik sowie bei den heute
verwendeten Methoden des Festigkeitsnachweises und in den geltenden
Lastannahmen. Die Ausschöpfung der vorhandenen Leichtbaupotentiale
hängt daher sowohl von der Weiterentwicklung der Werkstofftechnik, als
auch der konstruktiven Bemessungsmethoden, der Lastannahmen und der
Fertigungstechnologien ab, insbesondere auf dem Gebiet geschweißter
Profilkonstruktionen.
Weitere Impulse für die Erhöhung des Leichtbaugrades geschweißter
Aluminiumprofilkonstruktionen im Schienenfahrzeugbau können von fer-
tigungstechnischen Verfahrensentwicklungen geschweißter Verbindungen
erwartet werden. Die Erfahrung, daß die Schwingfestigkeitseigenschaften
von Schweißverbindungen an Aluminiumkonstruktionswerkstoffen kaum
von den Eigenschaften des Grundwerkstoffs beeinflußt werden, läßt ver-
muten, daß Eigenspannungen und geometrische Imperfektionen die Ver-
bindungsfestigkeit stärker beeinflussen als die werkstofflichen Einfluß-
faktoren. Folglich ist zu erwarten, daß durch verbesserte Schweißverfah-
ren, die die Kerbwirkungen reduzieren, und durch Nachbehandlungen der
Schweißnaht auch günstigere Schwingfestigkeitswerte erzielt werden. Pro-
blematisch ist sicherlich die Einführung zuverlässiger Werte für verbes-
serte Eigenschaften nachbehandelter Schweißverbindungen in die entspre-
chenden Regelwerke. Wegen der zusätzlichen Kosten solcher Nachbe-
handlungen wird man sie nur dort einsetzen, wo der Gewinn an Sicherheit
bzw. an Werkstoffausnutzung entsprechend groß ist.
Perspektiven für den wirtschaftlichen Aluminiumeinsatz im Schienen-
fahrzeugbau ergeben sich aus der Doppeldraht-MIG-Schweißtechnik, der
Laserstrahlschweißtechnik und auch aus der weiteren Entwicklung des
FSW-Reibschweißens von Profilstößen (Midling et al. 1994), – ein Ver-
fahren, mit dem verzugsarme Verbindungen mit hoher Schweißnahtgüte
und ohne Zusatzwerkstoff an aushärtbaren AlMgSi-Werkstoffen erreicht
werden können (s. Kap. 19). Dort, wo man aus preßtechnischen Gründen
56 2 Märkte und Anwendungen

bei Großprofilen an die Grenzen der herstellbaren Mindestwanddicke


stößt, können mit dem Einsatz wirtschaftlicher Fügeverfahren Leichtbau-
gewinne durch kleinere, dünnwandigere Profile erzielt werden.
Weitere Leichtbaupotentiale werden in Hybridstrukturen gesehen, bei
denen Sandwichelemente in nicht hochbelasteten Bereichen des Wagenka-
stens die schwereren, integral versteiften Großprofile ersetzen (Zehnder
1997). Solche Bereiche befinden sich z.B. in den Dachbereichen und in der
Seitenwand.
Im Mittelpunkt der bisherigen Leichtbauanstrengungen mit Aluminium
steht der Rohbauwagenkasten von Personenfahrzeugen im Nah-, Fern- und
Schnellbahnverkehr. Betrachtet man jedoch die typische Gewichtsvertei-
lung zwischen den Bereichen Aluminium-Rohbauwagen (30–33%), Lauf-
werke (30–50 %) und Innenausbau (20–40 %), so besteht bei Dreh-
gestellen und Radsätzen grundsätzlich das größte Potential für Ge-
wichtseinsparungen, da sie heute überwiegend in Stahl ausgeführt werden.
Die Entwicklung einer entsprechenden Aluminium-Werkstofftechnik für
den Fahrwerksbereich ist sicherlich noch eine interessante Herausforde-
rung für die Zukunft.
Der Einsatz von SiC-partikelverstärkten Bremsscheiben ist ein weiterer
Leichtbauschritt mit neuerer Werkstofftechnologie, s. Abschn. 21.2. Ge-
gossene Bremsscheiben aus SiC-partikelverstärktem AlSi7Mg wurden für
den ICE-1 und ICE-2 entwickelt und erprobt, s. Bild 2.3.8. Jeder Wagen
verfügt über 8 Bremsscheiben mit 640 mm Durchmesser und einem
Stückgewicht von 120 kg in Grauguß bzw. von 76 kg in SiC-verstärktem
Aluminiumguß (einschließlich einer Stahlnabe). Die durch Aluminium-
Bremsscheiben erzielbare Gewichtsreduzierung entspricht ca. 350 kg pro
Fahrzeug.

Bild 2.3.8 Bremsscheiben aus SiC-partikelverstärktem AlSi7Mg Guß für ICE-1


und ICE-2 (Quelle: Honsel AG)
2.3 Aluminium im Schienenfahrzeugbau 57

Reparaturerfahrungen mit der Integralbauweise


Selbst bei schienengebundenem Verkehr sind Kollisionen gelegentlich
nicht zu vermeiden. Die Reparatur solcher Schäden an einer aus Hohlpro-
filen bestehenden Wagenstruktur bedarf einer sorgfältigen Analyse des
Schadens und der Entwicklung eines geeigneten Reparaturkonzeptes. Die
für die Integralbauweise typische Hohlprofilstruktur macht einen 1:1 Er-
satz beschädigter Bereiche durch identische Ersatzprofile häufig schwierig,
da die inneren Versteifungsstege nicht für den Schweißprozeß zugänglich
sind. Außerdem müssen die Festigkeits- und gegebenenfalls Steifigkeits-
einbußen an den Reparaturschweißstellen mit den Beanspruchungsforde-
rungen in Einklang gebracht werden. Schäden an Seitenwänden, Dach oder
Bodenplatte werden deshalb z.B. durch Heraustrennen der Schadensstelle
freigelegt, durch einen eingeschweißten Rahmen versteift und durch ein
Paßstück des Originalprofils geschlossen, wie in Bild 2.3.9 skizziert ist.

Bild 2.3.9 Reparatur einer integral versteiften Bodenplatte durch a) Heraustrennen


der Schadstelle, b) Einschweißen eines Versteifungsrahmens und c) Einschweißen
des Ersatzprofils (n. Fa. KAMMERHOFER GERT GmbH., Kaisheim)

Bei Schäden an hochbeanspruchten Längsträgern ist eine solche Vorge-


hensweise nicht geeignet. Deshalb sieht das Reparaturkonzept vor, den be-
schädigten Bereich herauszutrennen und durch Einschweißen von Platten-
elementen wieder aufzubauen, wie in Bild 2.3.10 dargestellt ist. Diese Re-
paraturvorgehensweisen haben sich bewährt und sind wegen der guten Be-
arbeitbarkeit des Aluminiums auch vergleichsweise kostengünstig. Als
Schweißverfahren wird üblicherweise das MIG-Verfahren eingesetzt. An
die Schweißnahtvorbereitung, Schweißfolge und eventuelle Nachbehand-
lung werden hohe Anforderungen gestellt, damit Verzug und Aufbau von
Eigenspannungen vermieden werden. Ein nachträgliches Richten sollte
vermieden werden.
58 2 Märkte und Anwendungen

Bild 2.3.10 Reparaturverlauf an einem Langträger eines ICE-3 nach Kollision.


a) Schadensbild, b) Heraustrennen des beschädigten Materials des Langträgers,
c) und d) Wiederaufbau des Langträgers durch Einschweißen von Plattenelemen-
ten (Quelle: G. Kammerhofer, Siemens Verkehrstechnik, 2006)

2.4 Aluminium im Schiffbau

Der Leichtbau von Schiffskörpern nicht kommerzieller Art in Aluminium-


bauweise hat eine lange Tradition basierend auf der guten Korrosionsbe-
ständigkeit und guten Verarbeitbarkeit des Werkstoffs. Von wirtschaftli-
cher Bedeutung ist der Aluminiumleichtbau jedoch erst bei Schiffen mit
kommerzieller Bestimmung. Besondere Beachtung hat daher der Bau von
Schnellfähren und Katamaranen für den Kurzstrecken-Seeverkehr gefun-
den, der seit mehr als einem Jahrzehnt weltweit in Ganzaluminiumbauwei-
se ausgeführt wird. Solche Fähren in Stahlbauweise verbrauchten bisher
bis zu 90% der Antriebsenergie für den Transport des Eigengewichts und
nur etwa 10 bis 30% für die Nutzlast. Eine Gewichtsreduktion um 50–60%
durch Aluminiumleichtbau spart daher erhebliche Mengen Treibstoff, ver-
ringert die Instandhaltung und verbessert die Transportleistung aufgrund
höherer Geschwindigkeiten (Vollrath 1998). Bild 2.4.1 zeigt eine solche
Schnellfähre in Katamaranbauweise. Wenn bisher der Schwerpunkt bei
Schnellfähren und Katamaranen lag, dürften angesichts der steigenden Öl-
preise in den nächsten Jahren zunehmend auch Frachtschiffe aus Alumini-
um gebaut werden.
2.4 Aluminium im Schiffbau 59

Bild 2.4.1 Schnellfähre Benchijigua Express (Teneriffa, La Gomera und La Pal-


ma). Es ist das größte Schiff aus Aluminium. Maximale Ladung 1.350 Passagiere
und 341 Fahrzeuge. Länge: 126,7m | Breite: 30,4m | Tiefgang: 4,0m | Höchstge-
schwindigkeit: 40kn | Bj.: 2005 | Werft: Austal Ships, Australia | Reeder: Fred Ol-
sen & Co. © Coxy

Konstruktiv ist die Aluminiumbauweise überwiegend mit der Stahlbau-


weise identisch. Es handelt sich vornehmlich um eine Schweißkonstrukti-
on aus Blechen und Blechformteilen, mit einem geringen Anteil an
Strangpreßprofilen. Bild 2.4.2 gibt einen Eindruck von dieser Bauweise
am Beispiel eines Katamarans.

Bild 2.4.2 Rohbau eines Katamarans in Aluminium-Leichtbauweise (Quelle: Co-


rus Aluminium, Koblenz)
60 2 Märkte und Anwendungen

Der kommerzielle Schiffbau unterliegt den Regelungen und der Auf-


sicht der verschiedenen Regulierungsbehörden und Klassifikationsgesell-
schaften, wie DNV (Det Norske Veritas) oder GL (Germanischer Lloyd).
Die für die Anwendung in tragenden Strukturen zugelassenen Knetlegie-
rungen enthält Tabelle 2.4.1 (Germanischer Lloyd 2005). Die Zusammen-
setzung der Legierungen entsprechen den Angaben der DIN EN 573-
3:2003, jedoch weichen die mechanischen Mindestwerte von der Norm
DIN EN 485-2:2004 ab. An Walzerzeugnissen aus den Legierungen der
Reihe 5xxx in den verfestigten Zuständen H116, H32 oder H321 muß eine
Prüfung der Beständigkeit gegen Schichtkorrosion und interkristalline
Korrosion gemäß ASTM-G66 und ASTM-G67 durchgeführt werden.

Tabelle 2.4.1 Aluminium-Knetlegierungen, Erzeugnisformen und Werkstoffzu-


stände, die für Anwendungen in tragenden Konstruktionen empfohlen werden. (n.
Germanischer Lloyd, 2005)
Leg.-Bezeichnung Bez. chem. Symbole Walzprodukte Profile Schmiedestücke
_ _
GL AW-5059 AlMg5,5Mn0,8ZnZr O/H111
®
(„Alustar “) H112
H116
H321
GL AW-5083 AlMg4,5Mn0,7 O/H111 H112 H112
alternativ: alternativ: H112
GL AW-5383 AlMg4,5Mn0,9 H116
H321
_
GL AW-5086 AlMg4 O/H111 H112
H112
H116
H32/H321
_
GL AW-5454 AlMg3Mn O/H111 H112
H112
H32/H321
GL AW-5754 AlMg3 O/H111 H112 H112
H112
H32/H321
_ 1) _
GL AW-6005A AlSiMg(A) T6
_
GL AW-6061 AlMg1SiCu T6 1) _

1)
GL AW-6082 AlSi1MgMn T6/T651 T6 T6
_ 1) _
GL AW-6106 AlMgSiMn T6
1)
Die Eigenschaften dürfen auch durch Abschrecken an der Presse erzielt werden

Aluminiumgußlegierungen werden im Schiffbau praktisch noch nicht


für tragende Schweißkonstruktionen verwendet, sind aber in Qualitäten
zugelassen, deren Cu-Gehalt geringer als 0,1 Gew.-% beträgt. Tabelle
2.5 Aluminium im Flugzeugbau 61

2.4.2 enthält die empfohlenen Gußlegierungen des Germanischen Lloyd


mit Angaben über die Eignung bezüglich Seewasserbeständigkeit im unge-
schützten Zustand. Die Zusammensetzung und Eigenschaften entsprechen
der DIN EN 1706:1998. Weitere Informationen über Kneterzeugnisse und
Gußstücke für Seewasseranwendungen finden sich in DIN EN 13195-
1:2002 (s. Tabelle Anh. A3).
Tabelle 2.4.2 Gußlegierungen, die ungeschützt dem Seewasserklima ausgesetzt
werden können (n. Germanischer Lloyd, 2005)
Legierungs- Bezeichnung mit Gießverfahren Zustand Seewasser-
Bezeichnung Chem. Symbolen eignung
EN AC-41000 Al Si2MgTi S, K F, T6 gut
EN AC-42100 Al Si7Mg0,3 S, K, L T6, T64 gut
EN AC-42200 Al Si7Mg0,6 S, K, L T6, T64 gut
EN AC-43100 Al Si10Mg(b) S, K, L T6, T64 gut/mittelmäßig
EN AC-44100 Al Si12(b) S, K, L, D F, T6, T64 gut/mittelmäßig
EN AC-51000 Al Mg3(b) S, K, L F sehr gut
EN AC-51300 Al Mg5 S, K, L F sehr gut
EN AC-51400 Al Mg5(Si) S, K, L F sehr gut
S – Sandguß, K - Kokillenguß, Niederdruckkokillenguß, D – Druckguß, L - Feinguß

Als Schweißverfahren werden traditionsgemäß MIG- und WIG-


Schweißen unter Argon und/oder Helium als Schutzgasen eingesetzt. Zu-
nehmend gibt es jedoch auch Erfahrungen mit dem Einsatz des Rührreib-
schweißens (FSW, s. Abschn. 19.1) bei Schiffbauanwendungen.

2.5 Aluminium im Flugzeugbau


Der erste bemannte Motorflug der Geschichte wird Karl Jatho am 18. Au-
gust 1903 auf der Vahrenwalder Heide bei Hannover zugeschrieben – 4
Monate vor den Gebrüdern Wright in den USA. Noch waren die Flugge-
räte eine Konstruktion aus Holz, Draht und Tuch, obwohl die Beschläge
teilweise schon aus „Magnalium“ bestanden, einer Aluminiumlegierung
mit etwa 10% Mg und einer Zugfestigkeit zwischen 18 und 24 kg/mm² im
Zustand weich (Krüger 2006). In der Pionierzeit des Flugzeugbaus zu Be-
ginn des 20. Jahrhunderts waren die Entdeckung der Aushärtbarkeit von
AlCuMnMg-Legierungen („Duralumin“) im Jahre 1906 durch Alfred Wilm
(s.a. Abschn. 3.1.6) sowie die Entwicklung des ersten Ganzmetallflug-
zeugs „J1“5 im Jahre 1915 durch Hugo Junkers, Professor für Wärmetech-

5
Gebaut aus dünnem Eisenblech, bevor mit der J4 der Duralumin-Leichtbau be-
gann.
62 2 Märkte und Anwendungen

nik an der TH Aachen, die entscheidenden Schritte zur heute noch grund-
legenden Werkstofftechnologie des Flugzeugbaus.

Bild 2.5.1 Flugzeugbau in den 30er Jahren. Rohbau der Ju52, Junkers-Werke,
Dessau (Quelle: Pletschacher 1989)

Auf dem fast hundertjährigen Entwicklungsweg zum Airbus A380 ha-


ben sich zwar die Grundprinzipien des Metalleichtbaus nicht wesentlich
verändert, vgl. Bilder 2.5.1 und 2.5.2, und der Gewichtsanteil der Alumi-
niumwerkstoffe beträgt immer noch über 60%, aber Legierungen, Halb-
zeuge und Fertigungstechniken wurden wesentlich verfeinert und erwei-
tert.
Ziele der werkstofflichen Entwicklungen waren höhere Festigkeiten und
Steifigkeiten und besonders die Verbesserung von Schadenstoleranzeigen-
schaften und Schweißbarkeit sowie eine verbesserte Kosteneffizienz. Im
folgenden wird ein kurzer Überblick gegeben. Eine ausführliche Übersicht
über die werkstofflichen Entwicklungen der Luft- und Raumfahrt geben
z.B. Williams und Starke, Jr. (Williams et al. 2003).
Höhere statische Festigkeiten können einerseits durch höhere Legie-
rungsanteile – z.B. von Zn in AlZnMgCu- oder von Cu in AlMgSiCu-Le-
gierungen – erzielt werden, anderseits müssen die nutzbaren Festigkeitsei-
genschaften abgestimmt werden auf weitere Eigenschaften, insbesondere
auf die Beständigkeit gegen Spannungsrißkorrosion (SpRK) und interkri-
stalline Korrosion (IK). So können die hohen Festigkeiten von vollausge-
härteten AlZnMgCu-Legierungen im T6-Zustand nicht sicher ausgenutzt
werden. SpRK- und IK-Korrosionsbeständigkeit werden erst durch eine
gewisse Überhärtung abgesichert. AlZnMgCu-Legierungen werden daher
nur noch im T7X-Zustand verwendet, s. Tabelle 2.5.1.
2.5 Aluminium im Flugzeugbau 63

Bild 2.5.2 Vordere Rumpfzelle des Airbus A380 (Quelle: Airbus Ind.; Corus Alu-
minium, Koblenz)

Tabelle 2.5.1 Ausgewählte Luftfahrtlegierungen, zugehörige Halbzeugart und


Verwendungszweck (Fridez 2004)
Bez. Bez. mit chem. Zustand Beispiele für Halbzeugart und Verwen-
AA Symbolen dungszweck
2024 Al Cu4Mg1 T351 Bleche und Platten für Flügelunterseite
2524 Al Cu4Mg1(A) T3/T351 Bleche und Platten für Rumpfbeplankung
2026 Al Cu4Mg1Zr T3511 Stranggepreßte Versteifungsrippen für Flügel

6013 Al Mg1Si0,8CuMn T6 Bleche für Rumpfbeplankung


6056 Al Si1MgCuMn T78 Bleche für Rumpfbeplankung, höhere IK-
Beständigkeit als AA6013-T6
7040 Al Zn6MgCuZr T7X Platten für Holme und Flügeloberseite
7050 Al Zn6CuMgZr T74511 Platten für Flügeloberseite, gepreßte Stangen

7150 Al Zn6CuMgZr(A) T7751 Platten für Versteifungsrippen


7055 Al Zn8CuMgZr T7951 Platten für Flügeloberseite
T79511 Stranggepreßte Versteifungsrippen für Flügel
T762/T76511 Strangpreßprofile für Rumpfversteifungsrippen
und Bodenträger
7085 Al Zn7,5CuMgZr T7651 Platten für Querholme (spars)
T7652/T7452 Schmiedeteile für Querholme
7449 Al Zn8MgCuZr T79 Bleche und Platten für Flügeloberseite
7475 Al Zn5,5MgCu(A) T76/T7651 Bleche und Platten für Rumpfbeplankung
64 2 Märkte und Anwendungen

Im Flugzeugbau ist es üblich, tragende Bauteile und Paneele durch


Zerspanen aus dicken Platten zu fertigen, um die Zahl von Verbindungen
zu verringern, die immer ein gewisses Sicherheitsrisiko in sich bergen
können und durch Materialdopplungen und notwendige Materialverstär-
kungen unerwünschte Zusatzgewichte bringen. Ein typisches Beispiel ist
in Bild 2.5.3 dargestellt. Eine solche Bauweise verlangt gleichmäßige Fe-
stigkeitseigenschaften in allen Richtungen, insbesondere in der Dicken-
richtung (short transvers Richtung, ST), und daher eine geringe Ab-
schreckempfindlichkeit der Legierung, s. Kap. 3.2.8. Die neueren hoch-
festen AlZnMgCu-Legierungen verzichten daher auf Mn- und Cr-Gehalte
zugunsten von Zr-Gehalten, s. Tabelle 2.5.2.

Bild 2.5.3 Aus hochfester dicker Walzplatte gefrästes Strukturteil (Quelle: Corus
Aluminium Koblenz)

Weiterhin können die hohen Schadenstoleranzforderungen nur erfüllt


werden, wenn eine ausreichend homogene Gefügequalität vorliegt und
Primärphasenanteile und -partikelgröße sowie Mikroporosität und Oxidge-
halt extrem eingeschränkt werden. Deshalb wurden die Si- und Fe-Gehalte
bei den neueren AlCuMg- und AlZnMgCu-Legierungen drastisch einge-
schränkt, s. Tabelle 2.5.2, und die Halbzeuge einer 100% zerstörungsfreien
US-Prüfung sowie laufender Bruchzähigkeitsprüfungen unterzogen. Au-
ßerdem muß sichergestellt werden, daß der Abschreckvorgang über der
gesamten Plattenfläche gleichmäßig erfolgt und keine „hot spots“ gebildet
werden, die im fertig zerspanten Teil weiche Zonen hinterlassen. Einige
charakteristische Festigkeitseigenschaften und Bruchzähigkeitswerte von
Plattenmaterial ausgewählter Luftfahrtlegierungen enthält Tabelle 2.5.3.
Eine Erläuterung zu den Rißorientierungen (L-T, T-L und S-L) von
Bruchmechanikproben im Verhältnis zu den Halbzeugkoordinaten wird in
2.5 Aluminium im Flugzeugbau 65

Tabelle 2.5.2 Zusammensetzung neuerer Flugzeugbaulegierungen im Vergleich


zu den traditionellen Legierungen AA2024, AA6061 und AA7075
AA- Si Fe Cu Mn Mg Cr Zn Ti Sonstige1)
No.
2024 0.50 0.50 3.8-4.9 0.30-0.9 1.2-1.8 0.10 0.25 0.15
2524 0.06 0.12 4.0-4.5 0.45-0.7 1.2-1.6 0.05 0.15 0.10
2026 0.05 0.07 3.6-4.3 0.30-0.8 1.0-1.6 .... 0.10 0.06 0.05-0.25 Zr
6061 0.40- 0.7 0.15- 0.15 0.8-1.2 0.04- 0.25 0.15
0.8 0.40 0.35
6013 0.6-1.0 0.50 0.6-1.1 0.20-0.8 0.8-1.2 0.10 0.25 0.10
6056 0.7-1.3 0.50 0.50-1.1 0.40-1.0 0.6-1.2 0.25 0.10-0.7 ....
7075 0.40 0.50 1.2-2.0 0.30 2.1-2.9 0.18- 5.1-6.1 0.20
0.28
7475 0.10 0.12 1.2-1.9 0.06 1.9-2.6 0.18- 5.2-6.2 0.06
0.25
7040 0.10 0.13 1.5-2.3 0.04 1.7-2.4 0.04 5.7-6.7 0.06 0.05-0.12 Zr
7050 0.12 0.15 2.0-2.6 0.10 1.9-2.6 0.04 5.7-6.7 0.06 0.08-0.15 Zr
7150 0.12 0.15 1.9-2.5 0.10 2.0-2.7 0.04 5.9-6.9 0.06 0.08-0.15 Zr
7055 0.10 0.15 2.0-2.6 0.05 1.8-2.3 0.04 7.6-8.4 0.06 0.08-0.25 Zr
7085 0.06 0.08 1.3-2.0 0.04 1.2-1.8 0.04 7.0-8.0 0.06 0.08-0.15 Zr
7449 0.12 0.15 1.4-2.1 0.20 1.8-2.7 .... 7.5-8.7 .... 0.25 Ti+Zr
1)
Andere Elemente 0.05 einzeln bzw. 0.15 gesamt, Rest Aluminium

Tabelle 2.5.3 Charakteristische mechanische Eigenschaften von Luftfahrtplat-


tenwerkstoffen nach verschiedenen Literaturquellen
AA-No. Zustand Dicke Rm Rp0,2 A KIc(L-T) KIc(T-L) KIc(S-L)
mm MPa MPa % MPa√m MPa√m MPa√m
2024 T351 25 430 310 12 45 41
T851 100 485 427 7 35 27
6061 T6 75 315 265 9 33 30 23
6082 T651 30 305 250 9 39
7075 T651 35 565 517 9 31 25
T7351 25 505 448 8 36 29
7050 T7451 75 460 410 8 26 24 23
7150 T651 35 580 540 7 24 22
7055 T7951 35 605 580 7 23 21
7449 T7651 30 570 520 8 24 22
7049 T73 (Extr.) 76 545 515 7 31 27 22
KO82501) T7X51 30 520 460 12 38,5 29,5 28,5
1)
Werksbezeichnung Corus Aluminium, Koblenz
66 2 Märkte und Anwendungen

Bild 2.5.4 gegeben. Die L-T Probenlage ergibt gewöhnlich die höchsten,
die S-L Probenlage die geringsten Bruchzähigkeitswerte.

Bild 2.5.4 Definition der Orientierungen von Bruchmechanikproben im Halbzeug:


L = Walz-, Strangpreß- oder Schmiederichtung; T = Querrichtung; S = kurze
Querrichtung (Dickenrichtung)

Die geometrischen Toleranzforderungen stellen hohe Ansprüche an die


Eigenspannungsfreiheit der Walzplatten, um Verzug während der Zerspa-
nung zu vermeiden. Um minimale Eigenspannungen und optimale Eigen-
schaften durch den Abschreckvorgang zu erzielen, muß ein bestimmtes
Temperatur-Zeit-Profil eingehalten werden und die Platten anschließend in
entsprechend ausgelegten Reckanlagen spannungsfrei gereckt werden, s.
Bild 3.2.47.
Die hochfesten Luftfahrtlegierungen der AlCuMg- und AlZnMgCu-Le-
gierungssysteme sind mit den herkömmlichen Lichtbogen- und Laser-
strahlschweißverfahren nicht schmelzschweißbar. Schweißkonstruktionen
haben deshalb bei Flugzeugzellenstrukturen lange Zeit keine Rolle ge-
spielt. Die vorherrschende Verbindungstechnik war das Nieten, meistens
in Kombination mit Kleben oder Dichtmitteln. Mit der Entwicklung
der schweißbaren höher festen AlMgSiCu-Legierungen (AA6013 und
AA6056) bieten sich Möglichkeiten der Gewichts- und Kosteneinsparung
bei der Herstellung von Rippenblechen für den Flugzeugrumpf durch La-
serstrahlschweißen, s. Bild 2.5.5. In der Tat werden beim Airbus A318 und
A380 Teile des Rumpfbauchs mit derart geschweißten Paneelen ausgerü-
stet. Auch das Rührreibschweißen (FSW, s. Abschn. 19.1) bietet für die
Verbindung von Blech- und Profilelementen im Flugzeugbau noch weite-
res Potential. Da bei diesem Verfahren die Solidus-Temperatur nicht über-
schritten wird, lassen sich auch nicht schmelzschweißbare Legierungen der
2xxx und 7xxx Gruppen mit diesem Verfahren stoffschlüssig verbinden.
2.6 Architektur und Ingenieurbau 67

Bild 2.5.5 Verbindung von Versteifungsrippen auf Blechfeldern durch Nieten


(links) und Laserstrahlschweißen (rechts)

Im Bestreben, gegenüber den „traditionellen“ Aluminiumwerkstoffen


weitere Gewichtseinsparungen zu erzielen, werden im modernen Flug-
zeugbau zunehmend kohlefaserverstärkte Kunststoffe und andere Ver-
bundwerkstoffe eingesetzt. Zum ersten Mal im Airbus A380 wird ein
Aluminium-Faserverbundwerkstoff verwendet, der unter dem Markenna-
men GLARE® hauptsächlich von der TU Delft entwickelt wurde. GLARE
besteht aus mehreren, jeweils nur wenige Zehntel mm dicken Schichten
aus Aluminium und einem Glasfaserlaminat. Ein Vorteil ist das gegenüber
monolithischem Aluminiumblech günstigere Rißfortschrittsverhalten,
nachteilig ist der geringere E-Modul (57.000 MPa) und der etwa 6-fache
Preis.

2.6 Architektur und Ingenieurbau

Nach dem Sektor Transport und Verkehr ist das Bauwesen der zweitwich-
tigste Anwendungsbereich für Aluminiumprodukte geworden. Dafür gibt
es mehrfache Gründe: die sehr gute Witterungsbeständigkeit, eine breite
Palette von dekorativen organischen und anorganischen Oberflächenbe-
schichtungen, niedrige Instandhaltungskosten, gute Verarbeitbarkeit – vor
allem auch aus der Sicht des Handwerks – und nicht zuletzt die außerge-
wöhnlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Strangpreßtechnik. Nicht von
ungefähr ist daher der Bausektor für die Strangpreßwerke der wichtigste
Abnehmermarkt. Fensterrahmen, Türen und Fassadenelemente stellen die
Hauptanwendungsgebiete dar. Blechanwendungen findet man in der Form
von walzblanken oder oberflächenveredelten, walzgeprägten oder rollge-
formten Flächenelementen als Dach- und Wandverkleidung im Industrie-
bau und behördlichen Objektbauten, aber auch an Kulturbauten. Ein Bei-
68 2 Märkte und Anwendungen

spiel von überregionaler Bedeutung ist das Imperial War Museums in


Manchester, das vom Architekten Daniel Libeskind entworfen wurde, Bild
2.6.1, und dessen Dach- und Wandverkleidung aus Aluminium besteht.

Bild 2.6.1 Imperial War Museum, Manchester. Entwurf: Büro Daniel Libeskind,
Berlin. Die sog. „Earth Shards“ sind mit Aluminium verkleidet. Projektleiter: Ar-
chitekt Martin Ostermann. Fertigstellung: 2002 (Foto: F. Ostermann)

Die Dachverkleidungen sowie die Wandverkleidungen im Industriebau


werden allgemein als rollgeformte Trapezprofile ausgeführt, die eine ge-
wisse Tragfähigkeit zu erfüllen haben. Die Anforderungen an Konstruk-
tion, Tragfähigkeit und den Nachweis der Gebrauchstauglichkeit von A-
luminium-Trapezprofilen sind in DIN 18807, Teile 6–9, geregelt. Die
bauaufsichtlichen Zulassungen von Bauprodukten obliegen dem Deut-
schen Institut für Bautechnik (DIBt), Berlin. Im Rahmen dieser Zulassun-
gen werden den Bauprodukten die Legierungszusammensetzungen und
Werkstoffzustände zugeordnet. Die am häufigsten für Trapezprofile einge-
setzten Legierungen und Werkstoffzustände sind in Tabelle 2.6.1 enthal-
ten. Die Wahl des geeigneten Werkstoffzustands ergibt sich aus den gefor-
derten Festigkeits-, Stabilitäts- und Verbindungseigenschaften sowie aus
den Anforderungen des Rollformprozesses. Nach DIN 18807-9 wird eine
Mindest-0,2%-Dehngrenze von 165 N/mm² gefordert. Die wegen ihrer ho-
hen Korrosionsresistenz vorwiegend eingesetzten Legierungen der Gruppe
AlMn (EN AW-3xxx) erreichen das geforderte Festigkeitsniveau durch er-
hebliche Kaltverfestigung (sog. H-Zustände). Die verwendeten Blechdi-
cken betragen typischerweise 0,5 bis 1,5 mm. Aus wirtschaftlichen Grün-
2.6 Architektur und Ingenieurbau 69

den wird bei geforderter Tragfähigkeit die Blechdicke durch ein Optimum
zwischen Stützlänge und Flächengewicht bestimmt. Außer den in Tabelle
2.6.1 angegebenen Legierungen und Zuständen ist der Einsatz weiterer
Legierungen und Werkstoffzustände möglich, sofern für die Produkte eine
entsprechende Zulassung durch das DIBt erwirkt wurde.

Tabelle 2.6.1 Aluminiumlegierungen für rollgeformte Trapezprofile für Dach-


und Wandverkleidungen (nach DIN 18807-9)
Numerische Bezeichnung mit Anwendbare Werkstoff-
Bezeichnung chem. Symbolen zustände
EN AW-3103 AlMn1 H18, H28
EN AW-3004 AlMn1Mg1 H14, H34, H44, H46, H28
EN AW-3005 AlMn1Mg0,5 H16, H44, H48
EN AW-3105 AlMn1Mg0,5 H18, H28, H48
EN AW-5005A AlMg1(C) H18, H38, H48
Zur Bezeichnungsweise der Werkstoffzustände s. Abschn. 3.4.2

Gegenüber den Dach- und Wandverkleidungen stellen Ingenieurbau-


konstruktionen gewöhnlich höhere Anforderungen an die Tragfähigkeit der
Struktur und erfordern Legierungen mit höheren Festigkeitswerten und
ausreichender Schweißbarkeit. Der konstruktive Ingenieurbau unterliegt
einschlägigen Regelwerken zur Konstruktion, Bemessung und Herstellung,
s. Stahlbaunormen DIN 18800, 18801, etc. Für die Auslegung von Alumi-
niumkonstruktionen und Aluminiumschweißkonstruktionen gilt die DIN
4113:2002 (s. Tabelle Anh. A4). Im Rahmen europäischer Vereinheitli-
chung wurde der Eurocode 9 (EC9) (prEN 1999-1-1:2004) entwickelt, der
in Methodik und Umfang über den Rahmen der DIN 4113 deutlich hinaus-
geht. Der Entwurf ist z.Zt. noch in der Erprobung, mit der Einführung wird
in 2007 gerechnet. Die Konstruktionslegierungen nach DIN 4113-1 mit
Angabe der Halbzeug- oder Formgußart sowie der zugehörigen Werk-
stoffzustände enthält Tabelle 2.6.2. Die Angaben entsprechen weitgehend
auch dem EC9 (zusätzlich dort enthalten: EN AW-5052, EN AW-5454,
EN AW-8011A).
Zu den herausragenden Ingenieurbauprojekten zählt der Brückenbau,
der hierzulande als Stahlbaudomäne gilt. Dennoch gibt es einige Beispiele
für den Aluminiumbrückenbau, die die Vorteile dieses Werkstoffs deutlich
machen. Bild 2.6.2 zeigt die Schwansbellbrücke über den Datteln-Hamm-
Kanal bei Lünen, die 1956 als Nietkonstruktion mit AlSi1MgMn-Profilen
erbaut wurde und sich nach 50 Jahren in einem baulich ausgezeichneten
Zustand befindet. Es wurde damals weder ein Korrosionsschutz aufge-
70 2 Märkte und Anwendungen

bracht, noch war eine Instandsetzung erforderlich. In Stahlausführung hät-


te die Brücke ein Eigengewicht von 60 t gehabt, die Gewichtseinsparung
durch den Aluminiumleichtbau betrug somit 58 %!

Tabelle 2.6.2 Konstruktionslegierungen nach DIN 4113-1(2002-09)


Numerische Bezeichnung mit Halbzeug bzw. Werkstoff-
Bezeichnung chem. Symbolen Gießverfahren Zustand
EN AW-3103 Al Mn1 W H18
EN AW-3004 Al Mn1Mg1 W H14, H24, H34, H16, H26, H36
EN AW-3005 Al Mn1Mg0,5 W H16, H18, H28
EN AW-5005A Al Mg1(C) W, P, R 0/H111, H112, H12, H22, H32, H14,
H24, H34
EN AW-5049 Al Mg2Mn0,8 W 0/H111, H112, H14, H24, H34
EN AW-5754 Al Mg3 W, P, R, Schm. 0/H111, H112, H12, H22, H32, H116
EN AW-5083 Al Mg4,5Mn W, P, R, Schm. 0/H111, H112, H12, H22, H32, H14
EN AW-6060 Al MgSi P, R T6, T66
EN AW-6063 Al Mg0,7Si P, R T6, T66
EN AW-6005A Al SiMg(A) P T6
EN AW-6106 Al MgSiMn P T6
EN AW-6061 Al Mg1SiCu W, P, R T6, T651
EN AW-6082 Al Si1MgMn W, P, R, Schm. T6, T651, T61, T6151, T5
EN AW-7020 Al Zn4,5Mg1 W, P, R T6, T651
EN AC-42100 Al Si7Mg0,3 K T6, T64
EN AC-42200 Al Si7Mg0,6 K T6, T64
EN AC-43000 Al Si10Mg(a) K F
EN AC-43300 Al Si9Mg K, S T6, T64(K)
EN AC-44200 Al Si12 K, S F
EN AC-51300 Al Mg5 K, S F
W = Bleche, Platten; P = gepreßte Profile, Rohre, Stangen; R = gezogene Rohre;
Schm. = Schmiedeteile; K = Kokillengußteile, S = Sandgußteile

Ein moderneres Beispiel für Aluminiumbrückenbau ist die Forsmo-


Brücke in Nordland, Norwegen, s. Bild 2.6.3, die eine ältere Stahlbrücke
ersetzte und 1996 erbaut wurde. Hierbei handelt es sich um eine Schweiß-
konstruktion aus Blech- und Profilelementen, die in einem Fabrikationsbe-
trieb erbaut und im Straßentransport zur Baustelle gebracht wurde. Die
Gewichtseinsparung soll erlaubt haben, die bestehenden Fundamente wei-
ter zu nutzen und die Nutzlastgrenze zu erhöhen.
2.6 Architektur und Ingenieurbau 71

Bild 2.6.2 Die Schwansbellbrücke über den Hamm-Datteln-Kanal im Jahre 2006.


Stützweite 44,20 m, Gesamtbreite 5,10 m, nutzbare Brückenbreite 4,50 m, Fahr-
bahnbreite 3,50 m. Brückengewicht: 25 t, Verkehrsgewichtzulassung bis 12 t
(Quelle: W. Mader, GDA)

Bild 2.6.3 Aluminiumbrückenbau in Norwegen: Die Forsmo-Brücke (Quelle:


Hydro Aluminium)
72 2 Märkte und Anwendungen

2.7 Sonstige Anwendungsmärkte

Die besonderen Eigenschaften des Aluminiums erschöpfen sich nicht al-


lein in den vorstehend betrachteten Anwendungsmärkten, in denen das ge-
ringe Gewicht, gutes Korrosionsverhalten, hohe Festigkeiten und Duktilität
sowie die guten Formgebungs- und Verarbeitungseigenschaften die we-
sentliche Rolle spielen. Der nachfolgende kurze Überblick über weitere
Anwendungsbereiche soll das tatsächlich größere Spektrum der nutzbaren
Aluminiumeigenschaften beleuchten.

2.7.1 Maschinen-, Apparate- und Werkzeugbau

Im Maschinen- und Apparatebau spielen neben der chemischen Bestän-


digkeit und den mechanischen Eigenschaften vor allem die guten Formge-
bungsmöglichkeiten durch Gießen und Strangpressen sowie die hervorra-
gende spanende Bearbeitbarkeit, s. Kap. 14, eine wesentliche Rolle. Die
vergleichsweise geringen Werkzeugkosten beim Gießen und Strangpressen
und die hohe Zerspanbarkeit sind Voraussetzung für die Verwendung des
Werkstoffs auch bei geringen Seriengrößen. Neben den bekannten Profil-
systemen für Maschinenrahmen werden vor allem vielfältige Funktions-
elemente (Hydraulik, Pneumatik) und Maschinenbauteile mit komplexen
Geometrien mit Hilfe von Strangpreßprofilen ausgeführt, s. Bild 2.7.1.
Zum Einsatz kommen je nach Herstellungsart und Bauteilanforderungen
die verschiedenen Standardknet- und Gußlegierungen.
Ein weiteres Anwendungsgebiet sind Werkzeugbauelemente, die vor-
wiegend aus spannungsarmen hochfesten Walzplatten durch spanende Be-
arbeitung hergestellt werden. Einerseits dienen sie dazu, die Massenkräfte
bei schnellaufenden Werkzeugmaschinen zu reduzieren. Ein Beispiel ist in
Bild 2.7.2 gezeigt. Andererseits werden die Walzplatten (und bei extremen
Dickenabmessungen auch geschmiedete Platten) für den Bau von Spritz-
gußformen für die Kunstoffteileherstellung eingesetzt. Gegenüber Stahl-
formen bietet Aluminium eine um das 5- bis 10-fache kürzere Bearbei-
tungszeit und eine etwa 5-fach höhere Standzeit der Bearbeitungswerk-
zeuge. Hinzu kommt wegen der hohen Wärmeleitfähigkeit des Alumini-
ums gegenüber Stahl eine um etwa 50% kürzere Zykluszeit des Spritzvor-
gangs. An die Gefügequalität werden hohe Anforderungen gestellt, um den
Ansprüchen der Oberflächenqualität der Spritzgußteile zu genügen. Als
Legierungen kommen mittel- bis hochfeste Standard-Legierungen zum
Einsatz sowie firmenspezifische Rezepturen, s. Tabelle 2.7.1.
2.7 Sonstige Anwendungsmärkte 73

Bild 2.7.1 Portalroboterachse aus EN AW-6060-T6 (Quelle: VAW/Corus Alumi-


nium Bonn)

Bild 2.7.2 Werkzeugbauteile durch spanende Bearbeitung aus spannungsarmen,


hochfesten Walzplatten hergestellt (Quelle: Alusuisse/Alcan)

Die Verschleißeigenschaften der Schneidkanten von Blasformen aus


den genannten Legierungen lassen sich durch Aufhärtung mit Hilfe des
Pulver-Plasma-Auftragschweißens (PPA-Schweißen) verbessern (Bala-
chov et al. 2002, Dilthey et al. 2003).
74 2 Märkte und Anwendungen

Tabelle 2.7.1 Knetlegierungen für den Formenbau. Nominelle Zusammensetzung


und Festigkeitsbereiche

Nominelle Zu- Marken- max. Dicke Rm 2) Rp0,2 2) A50 2)


sammensetzung name 1) [mm] [MPa] [MPa] [%]
Al Zn7Mg2Cu2Zr HOKOTOL 100 - 400 485 - 575 415 - 535 2 - 7,5
AlCu6MnMn0,2Zr0,2 WELDURAL 100 - 700 345 - 455 295 - 350 1,5 - 7,5
AlMg4Mn1Si1 GIGANTAL 100 - 1000 200 - 260 105 - 155 2,5 - 16,5
1)
Fa. Corus Aluminium Koblenz
2)
gemessen in L-T Richtung bei 1/4 Plattendicke

2.7.2 Elektrotechnik

Die hohe elektrische Leitfähigkeit bei geringem spezifischen Gewicht ist


die wesentliche Grundlage für vielfältige Verwendungen von Aluminium
als elektrischer Leiter (Hochspannungsleitungen, Stromschienen, etc.).
Bild 2.7.3 zeigt den Querschnitt einer Verbundstromschiene für die Strom-
versorgung von U-Bahnen, s. auch Abschn. 9.7.3. Der metallurgische Ver-
bund zwischen dem Aluminiumprofil und der Schicht aus abriebfestem
Stahl wird beim Strangpreßvorgang erzeugt. Für diese stromleitende Ver-
wendung werden Reinaluminium und sog. E-Al-Sorten eingesetzt, wie EN
AW-EAl99,7 (1370), EN AW-EAl99,5 (1350), EN AW-EAl MgSi (6101)
u.a., s.a. DIN EN 14121:2003 (s. Tabelle Anh. A3).
In der Elektrotechnik spielt Aluminium aber auch für die konduktive
und konvektive Wärmeleitung eine wichtige Rolle. Vor allem in der Form
von Strangpreßprofilen kommt Aluminium für Elektronikkühlkörper und
als Gehäuse von Elektromotoren zum Einsatz. Durch die Verrippung der
Oberfläche dieser Bauelemente und gleichzeitig durch die exzellente
Wärmeleitung wird eine spezifisch hohe Kühlleistung möglich.
Für den Bau von Elektronikelementen wird höchstreines Aluminium mit
Reinheitsgraden von 99,9999% (Kryal® der Fa. Hydro, ehem. VAW) ver-
wendet. Eine weitere elektrotechnische Anwendung betrifft den Bau von
Kondensatoren. Die hierzu notwendigen Folien in Dicken zwischen 70 und
150 µm erlauben aufgrund ihrer speziellen Textur Ätzkanäle senkrecht zur
Folienoberfläche zu bilden und – nach der isolierenden Anodisierung – auf
diese Weise die effektive Oberfläche um das 100-fache zu vergrößern.
Bild 2.7.4 zeigt die Tunnelstruktur in einem Querschnitt durch eine Hoch-
volt-Ätzfolie nach dem Herausbeizen des metallischen Stützgerüstes.
2.7 Sonstige Anwendungsmärkte 75

Bild 2.7.3 Verbundstromschiene aus Aluminium und Stahl (Quelle: Fa. Alcan-
Singen)

Bild 2.7.4 REM-Aufnahmen einer Aluminiumätzfolie mit besonderer Textur zur


Erzeugung einer maximalen Oberflächenvergrößerung für den Einsatz in Konden-
satoren (Quelle: Hydro Aluminium (ehem. VAW aluminium AG, Bonn))

2.7.3 Verpackung

Der Verpackungssektor ist für die Aluminium-Walzwerke der bisher größ-


te singuläre Absatzmarkt. Entscheidend für den Einsatz als Verpackungs-
material sind weniger das spezifische Gewicht des Aluminiums als viel-
mehr das für Mensch und Tier nicht-toxische Verhalten, die Undurch-
lässigkeit für Sauerstoff und andere Gase und die einzigartige walz-
technische Verarbeitbarkeit. So können Walzbarren von 600 mm Dicke
bis zu Folienstärken von ca. 6 µm gewalzt werden, entsprechend einer
100.000-fachen Oberflächenvergrößerung oder einem ebenso großen Ab-
walzgrad. Für Folien und flexible Verpackungsmaterialien wird Reinalu-
minium verwendet. Für starre Verpackungen (Dosen für Getränke, Fisch
und Fleisch) werden Legierungen der AlMn-Gruppe 3xxx eingesetzt. Die
verwendeten Legierungen müssen lebensmitteltauglich sein, was durch die
76 2 Märkte und Anwendungen

EN Normen DIN EN 602:2004 und prEN 14392:2003 (s. Tabelle Anh.


A3) geregelt ist.
Eines der fertigungstechnisch interessanten Verpackungsprodukte ist die
zweiteilige Getränkedose, s. Bild 2.7.5. Der Dosenkörper wird aus einer
0,21–0,23 mm dicken Ronde mit 140 mm Durchmesser aus Legierung EN
AW-3004 oder EN AW-3104 in 5 Stufen gezogen und abgestreckt. Die
endgültige Wanddicke beträgt etwa 0,1 mm. Das Dosenband wird in hoch-
verfestigtem Zustand H19 eingesetzt, in dem es nur 2–3 % Dehnung auf-
weist.

Bild 2.7.5 Zweiteilige Aluminiumdose mit Aufreißdeckel (Quelle: Alcan Göttin-


gen)

Der Deckel mit der Aufreißlasche wird aus Legierung EN AW-5182-


H48 mit einer Bruchdehnung von maximal 5% gefertigt, s. Bild 2.7.6. Die
Lasche wird durch einen Hohlniet befestigt, der über mehrere Stufen aus
dem Deckel gezogen wird. Die letzte Stufe ist ein Prägevorgang, mit dem
die Sollbruchrille in den Deckel eingebracht wird, bevor die Lasche durch
abschließendes Zusammendrücken des Hohlniets befestigt wird, s. Bild
2.7.7. Die reproduzierbare Qualität des Aufreißverhaltens („Easy Ope-
ning“) verlangt eine extrem enge Dickentoleranz des gezogenen Deckels
vor dem Prägevorgang. Dosenkörper und Deckel werden auf Schnelläufer-
pressen mit Hubzahlen zwischen 180 und 600 pro Minute gefertigt. Eine
2.7 Sonstige Anwendungsmärkte 77

sichere Fertigung muß gewährleistet sein, damit die Forderungen von ma-
ximal 3 ppm Ausfallrate beim Abfüller erfüllt werden können.

Bild 2.7.6 Dosendeckel EN AW-5182-H48 mit Hohlnietbefestigung der Auf-


reißlasche (Quelle: Alcan Göttingen)

Bild 2.7.7 Formgebungsschritte des Hohlniets eines Getränkedosendeckels mit


Sollbruchstellen für die Aufreißlasche (Quelle: Wootton, E., Alcan, 1994)
3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Legierungsaufbau und Wärmebehandlung sind zunehmend wichtige The-


menbereiche für den Fertigungstechniker und Konstrukteur, um das Po-
tential des Werkstoffs Aluminium in der Verarbeitung und Anwendung
differenzierter auszuschöpfen, als die Verwendung herkömmlicher Halb-
zeug- und Legierungszustände gewöhnlich ermöglicht. Solche Themen
betreffen u.a. die beschleunigte Warmaushärtungskinetik, verbessertes Fe-
stigkeitsniveau nach Warmaushärtung, gleichbleibende Eigenschaften bei
der Lagerung zwischen Anlieferung und Verarbeitung, Rückbildung der
Kalt- oder Warmaushärtung zum Zwecke besserer Umformbarkeit. Durch
gezielte Wärmebehandlungen im Fertigungsablauf können die Verarbeit-
barkeitsgrenzen des Ausgangswerkstoffs und seines Werkstoffzustandes
erweitert werden. Neuere Legierungsentwicklungen und Vorbehandlungen
ermöglichen die Verkürzung von langen Wärmebehandlungszeiten, so daß
solche Prozesse heute auch in mechanisierte Fertigungsabläufe integriert
werden können.
Der Konstrukteur trifft die für den Anwendungsfall geeignete Legie-
rungsauswahl aufgrund der geforderten Gebrauchseigenschaften und deren
Stabilität während der Produktlebensdauer. Je nach Legierungsart und Zu-
stand liegt das zu verarbeitende Material jedoch häufig nicht in einem
thermodynamisch stabilen Gleichgewichtszustand vor, und es ist abzuwä-
gen, ob der vorliegende metastabile Zustand während der Einsatzdauer und
unter den zu erwartenden mechanischen, thermischen und Umweltbela-
stungen ausreichende Stabilität aufweisen wird.
Darüber hinaus umfaßt die Verarbeitung von Halbzeugen und Vormate-
rialien zu Endprodukten in vielen Fällen mechanische und thermische Be-
handlungsstufen, wie Schweißen, Kleben, Lackieren, Vorwärmen und
Halbwarmumformen. Alle thermischen Prozesse können die Gefügestruk-
tur und Eigenschaften des Grundwerkstoffs erheblich verändern, so daß
die Kenntnisse dieser Einflüsse auch ein besseres Verständnis des Werk-
stoffverhaltens erlauben.
Das Eigenschaftsprofil eines Werkstoffs wird durch die Legierungszu-
sammensetzung, den Herstellungs- und Verarbeitungsprozeß und den
Wärmebehandlungszustand bestimmt. Diese Faktoren wirken sich auf das
Gefüge aus, das aus verschiedenen Bausteinen aufgebaut ist, deren Art,
80 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Größe, Menge und Verteilung unmittelbar und mittelbar auf Eigenschaften


und Verhalten Einfluß nehmen. Das Gefüge besteht aus Elementen, deren
Ausdehnungen im Nanometer- (nm) und Mikrometerbereich (µm) liegen
und sich somit weitgehend einer äußerlichen, visuellen Beurteilung entzie-
hen. Erst lichtmikroskopische, elektronenmikroskopische und röntgeno-
graphische Methoden in Verbindung mit entsprechenden Präparations-
techniken bringen die Gefügebausteine zum Vorschein, die für die Verar-
beitungs- und Gebrauchseigenschaften des Werkstoffs verantwortlich sind.
Die Bedeutung dieser Gefügeelemente für die Werkstoffeigenschaften
und die gezielte Beeinflussung des Gefügeaufbaus durch metallurgische,
thermische und mechanische Prozesse zur Einstellung besonderer Verar-
beitungs- und Gebrauchseigenschaften sind Gegenstand dieses Kapitels.
Nach einer Beschreibung der gemeinsamen Gefügebausteine von Alumi-
niumlegierungen – in Abschn. 3.1 –, die das mechanische Verhalten steu-
ern, werden in den Abschn. 3.2 und 3.3 der Aufbau der anwen-
dungstechnisch wichtigen Gruppen von Knet- und Gußlegierungen sowie
die allgemeinen und legierungsspezifischen Grundlagen der Wärmebe-
handlung erläutert. Abschn. 3.4 gibt eine Übersicht über die heute gültigen
Legierungs- und Zustandsbezeichnungen.

3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffe

Die wichtigsten Gefügebausteine, aus denen Aluminium und seine Legie-


rungen aufgebaut sind, enthält Tabelle 3.1.1 und werden nachfolgend kurz
beschrieben. Eingehendere Darstellungen findet man in der Fachliteratur,
u.a. in (Altenpohl 1965, Altenpohl 1994, Hatch 1984, Grzemba et al. 1991,
Kammer 2002) sowie in der Internet-basierten metallkundlichen Daten-
bank AluMatter der European Aluminium Association, EAA, unter
www.eaa.net („Education“).

3.1.1 Gefügematrix

Aluminium besitzt wie alle Metalle einen kristallinen Aufbau und hat ein
kubisch flächenzentriertes (kfz) Raumgitter. Das bedeutet, die Atome sind
in der Elementarzelle so angeordnet, daß sie die Ecken eines Würfels bil-
den mit einem Atom in der Mitte jeder Würfelfläche, Bild 3.1.1. Die kfz
Gitterstruktur ist bei allen Temperaturen unterhalb der Solidustemperatur
stabil, eine Allotropie wie bei Eisen und Titan gibt es nicht.
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 81

Tabelle 3.1.1 Gefügebausteine der Aluminiumlegierungen

Gefügematrix kfz-Kristallgitter
Gitterfehler Leerstellen,
Versetzungen,
Stapelfehler,
Kleinwinkelkorngrenzen,
Korngrenzen,
Phasengrenzen
Mischkristall Legierungselemente auf Gitterplätzen (Substitutionsmisch-
kristall),
Elemente auf Zwischengitterplätzen (elementarer Wasser-
stoff)
Primärphasen Intermetallische Phasen von Verunreinigungs- und Legie-
rungselementen aus dem Erstarrungsprozeß beim Strangguß
und Formguß
Sekundärphasen Intermetallische Phasen aus thermischen Behandlungen
– disperse Kornfeinungsphasen (Cr-, Mn-, Zr-, Ti-haltige
Phasen)
– Ausscheidungsphasen
a) kohärente Phasen (Cluster, Guinier-Preston Zonen)
b) teilkohärente, metastabile Phasen
c) inkohärente Gleichgewichtsphasen
Ausscheidungs- an Legierungselementen verarmte Zonen an Korngrenzen,
freie Zonen Primärphasen oder stabilen Sekundärphasen
Fasergefüge durch Warmumformung gestreckte Körner
Textur kristallographische Vorzugsorientierung der Körner, z.B.
Würfeltextur
Anschmelzungen durch Überhitzung entstandene, lokale Anschmelzungen,
vorzugsweise an Korngrenzen und Korngrenzentripelpunk-
ten
Poren durch Leerstellen-Cluster oder übersättigt gelösten Wasser-
stoff
Karbide, Oxide Einschlüsse aus der Elektrolyse und aus dem Gießprozeß

Die Länge einer Würfelkante der Elementarzelle ist die Gitterkonstante


„a“ und beträgt bei Reinaluminium mit einem Reinheitsgrad von 99,99%
unter Normalbedingungen a = 0,40496 nm, (s. Tabelle 4.1.1). Die Anord-
nung der Atome auf den {111} Ebenen (z.B. Ebene C-E-H in Bild 3.1.1)
im kfz Raumgitter erfüllen die Bedingung für die dichteste Kugelpackung.
Auf den Diagonalen der {100} Würfelflächen haben die Atome den
kleinstmöglichen Abstand, nämlich a/2·√2. Die Versetzungsbewegung –
der Mechanismus der plastischen Verformung – findet bevorzugt auf den
{111} Ebenen in Richtung der Fächendiagonalen <110> mit dem gering-
82 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

sten Atomabstand statt. Es gibt 4 verschiedene Orientierungen für {111}


Ebenen mit jeweils 3 verschiedenen Flächendiagonalen <110>, d.h. insge-
samt 12 verschiedene Gleitmöglichkeiten für Versetzungen im kfz-Gitter.
Nach v. Mises müssen für plastische Verformbarkeit mindestens 5 Gleitsy-
steme aktivierbar sein. Eine Übersicht über Art und Zahl der Gleitsysteme
von metallischen Werkstoffen enthält Tabelle 3.1.2.

Bild 3.1.1 Elementarzelle des kubisch flächenzentrierten Raumgitters. Zur Be-


zeichnung der Raumgitterebenen werden üblicherweise die Millerschen Indizes
verwendet, die sich aus den ganzzahligen reziproken Achsabschnitten ergeben,
z.B. (100) für die Fläche A-B-C-D. Analog werden die Bezeichnungen der Orien-
tierungsrichtungen gebildet, z.B. [011] für die Flächendiagonale F-G

Tabelle 3.1.2 Übersicht über Art und Zahl der aktivierbaren Gleitsysteme von me-
tallischen Werkstoffen, nach (Dieter 1961)
Kristall- Metall (Beispiele) Gleitebenen Gleitrichtungen Zahl der bei
gitter RT aktiven
Gleitsysteme
krz α-Fe, V, Nb, Ta, {110},{112}, <111> 48
Cr, Mo, W {123}
kfz Al, Cu, Ni {111} <110> 12

hdp Mg, α-Ti, Zn {0001}, <11-20> 12 *)


{10-10},
{10-11}
*) abhängig von Metall, Temperatur und Verformungsgrad. Beispiel: unlegiertes
Mg hat bei RT nur 3 aktive Gleitsysteme und daher eine begrenzte Plastizität
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 83

3.1.2 Gitterfehler

Bedingt durch den Erstarrungsprozeß und die thermomechanische Weiter-


verarbeitung enthält der kristalline Aufbau von Metallen eine Reihe von
Baufehlern im idealen Gitteraufbau nach Bild 3.1.1. Sie werden in nulldi-
mensionale, ein-, zwei- und dreidimensionale Gitterfehler eingeteilt. Diese
natürlichen Abweichungen vom idealen Kristallgitteraufbau haben große
Auswirkungen auf das Eigenschaftsprofil des Materials und geben in ih-
rem Zusammenwirken eine Fülle von Möglichkeiten zur Veränderung der
Eigenschaften des Grundmetalls.

Leerstellen (nulldimensionale Fehlstellen)

Leerstellen sind nulldimensionale Kristallfehler (Punktfehler) und kenn-


zeichnen das Fehlen von Atomen auf regulären Gitterpositionen. Der Ge-
halt an Leerstellen im Kristallgefüge wird durch thermodynamisches
Gleichgewicht geregelt und beträgt für Aluminium bei Temperaturen um
500 °C ~ 10-2 %. Mit abnehmender Temperatur nimmt der Leerstellenge-
halt exponentiell sehr stark ab und zwar um bis zu 8 Größenordnungen bei
Raumtemperatur (Altenpohl 1961, Altenpohl 1965, Altenpohl 1994).
Durch Abschrecken von höheren Temperaturen, z.B. nach dem Lösungs-
glühen, wird eine Leerstellenübersättigung erzeugt, die alle thermisch ak-
tivierten Prozesse signifikant beeinflußt. Über die Gleichgewichtskonzent-
ration hinausgehende Leerstellengehalte werden weiterhin durch pla-
stischen Verformung infolge von bestimmten Versetzungsbewegungen
(Bewegung von Sprüngen in Schraubenversetzungen) erzeugt.
Trotz ihrer geringen Konzentration (z.B. gegenüber dem Gehalt an Le-
gierungs- und Verunreinigungselementen in technischen Legierungen)
spielen Leerstellen bei der Wärmebehandlung eine überragende Rolle.
Leerstellen steuern die Selbstdiffusion und beschleunigen die Diffusion
von Legierungselementen bei Ausscheidungsprozessen. Die Beweglichkeit
von Leerstellen ist erheblich größer als die von Gitteratomen bei der
Selbstdiffusion: Die Aktivierungsenergie für Selbstdiffusion von Alumi-
nium beträgt 1,28 eV, für die Diffusion von Leerstellen etwa 0,62 eV
(Haasen 1994) bzw. für Doppelleerstellen 0,35 bis 0,40 eV (Altenpohl
1961). Beginnt die Selbstdiffusion in Aluminium bei normaler Leerstel-
lenkonzentration erst bei ca. 160 °C, so werden Diffusionsvorgänge bei
Leerstellenübersättigung bereits bei -50 °C beobachtet.
Das Ausheilen von überschüssigen Leerstellen geschieht durch Diffu-
sion zu sog. Leerstellensenken (Fremdatome, Versetzungen, Korngrenzen,
Oberflächen) oder auch durch Kondensation zu Versetzungsringen
(„loops“). Bei Raumtemperatur dauert das Ausheilen von Leerstellen in
84 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Reinaluminium nur wenige Stunden, wird jedoch bereits durch sehr ge-
ringe Gehalte an Legierungselementen behindert. Andererseits kann ein
Leerstellenüberschuß durch eine kurzzeitige Erwärmung auf mittlere Tem-
peraturen (200 bis 250 °C) verringert werden.
Besonders wirksam ist Magnesium infolge des großen Unterschieds der
Atomradien von Magnesium und Aluminium. Bereits in geringen Mengen
von z.B. 0,2 Gew.-% in binären Al-Mg Legierungen (Panseri et al. 1958)
wird infolge der Bildung von Magnesium/Leerstellen-Komplexen mit ho-
her Bindungsenergie die Ausheilung von Leerstellen bei Raumtemperatur
fast vollständig unterdrückt. Mg/Leerstellen-Komplexe sind relativ stabil
und lösen sich erst bei höheren Temperaturen oberhalb 100 °C auf (Panseri
1958).
Leerstellen ermöglichen das Klettern von Versetzungen bei Temperatu-
ren über 180-190 °C. Die Auflösung der Mg/Leerstellen-Komplexe dürfte
die Ursache für die deutliche Entfestigung von Al-Mg-Legierungen ober-
halb von 100 °C sein (Altenpohl 1961). Außerdem verursacht die Wech-
selwirkung zwischen Mg, Leerstellen und Versetzungen die Lüdersdeh-
nung und den Portevin-LeChatelier-Effekt (dynamische Reckalterung) bei
AlMg-Legierungen, welche in Abschn. 3.2.3 ausführlicher behandelt wer-
den.
Leerstellen steuern die Kinetik der Ausscheidungsprozesse über den
Diffusionsprozeß sowie bei der Bildung von Clustern und GP-Zonen,
wenn sie zu deren Aufbau notwendig sind. In diesem Fall werden Leer-
stellen in Clustern und GP-Zonen gebunden und bei deren Auflösung wie-
der freigesetzt. Ob Leerstellen für die Keimbildung von Ausscheidungen
erforderlich sind, hängt vom jeweiligen Legierungssystem und vom Legie-
rungsgehalt ab.
Leerstellenverarmung in Korngrenzennähe kann zur Ausbildung aus-
scheidungsfreier Zonen führen, wenn Leerstellen für die Keimbildung der
Ausscheidungsphasen erforderlich sind.
Die wesentliche Funktion von Leerstellen bei den Ausscheidungspro-
zessen und ihre empfindliche Wechselwirkung mit Legierungsatomen, und
Spurenelementen ist von eminenter Bedeutung für die Entwicklung ther-
mischer Prozesse und für die Legierungsentwicklung.

Versetzungen (eindimensionale Fehlstellen)


Versetzungen sind linienförmige Fehlstellen im Kristallaufbau. Ihre Be-
wegung durch das Gitter bei plastischer Verformung ist die Grundlage der
Plastizität der Metalle. Versetzungen bewegen sich unter Wirkung von
Schubkräften auf bestimmten Gleitebenen und in bevorzugten Richtungen
(s. Tabelle 3.1.3.). Die Höhe der für die Versetzungsbewegung erforderli-
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 85

chen Schubkräfte ist ein Maß für die Festigkeit bzw. den Verformungswi-
derstand des Metalls oder der Legierung.
Kristallographisch unterscheidet man Stufenversetzungen und Schrau-
benversetzungen. In vereinfachter Weise kann man sich eine Stufenverset-
zung gedanklich durch Einschieben einer zusätzlichen halben Gitterebene
ins Kristallgitter vorstellen, wie Bild 3.1.2 schematisch zeigt. Das Fußende
dieser Halbebene erzeugt eine Verzerrung des umgebenden Raumgitters
und stellt damit einen Ort höherer innerer Energie dar. Im Durchstrah-
lungselektronenmikroskop erscheinen Versetzungen infolge ihrer elasti-
schen Störfelder als Kontrastlinien, s. z.B. Bild 3.1.5. Den Betrag der Ver-
zerrung nennt man Burgersvektor. Eine Schraubenversetzung macht aus
den Kristallebenen eine kontinuierliche Schraubenfläche. Ein in sich ge-
schlossener Versetzungsring besteht aus Segmenten von Stufenversetzun-
gen und von Schraubenversetzungen.

Bild 3.1.2. Schematische Darstellung der Bewegung einer Stufenversetzung auf


einer Gleitebene durch ein Kristallgitter

Metalle haben selbst in weich geglühten Zuständen eine (eingewach-


sene) Versetzungsdichte von ρ ~ 10-7 cm/cm³. Die Versetzungsdichte er-
höht sich mit dem Verformungsgrad durch Aktivieren von Versetzungs-
quellen. Versetzungsquellen sind innere Grenzflächen des Kristalls, wie
Korngrenzen und Phasengrenzen sowie verankerte Versetzungen (Frank-
Read-Quellen). Bei plastischer Verformung reagieren Versetzungen mit-
einander, indem sie sich gegenseitig annihilieren oder durch Gleiten auf
verschiedenen Gleitsystemen gegenseitig verankern und sogen. Kinken
und Sprünge (engl. kinks, jogs) bilden. Wechselt eine Versetzung von ei-
ner Gleitebene auf eine andere, spricht man von Quergleitung („wavy gli-
de“). Quergleiten von Versetzungen wird bei plastischer Verformung
86 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

durch Hindernisse in der Gleitebene (stationäre Versetzungen, nicht


schneidbare teil- oder inkohärente Sekundärphasen) und durch die Lage
des Spannungstensors im Verhältnis zu den Orientierungen der Gleitsy-
steme erzwungen. Quergleitung ist der vorherrschende Gleitmodus von
Versetzungen in Aluminium und seinen Legierungen und ist eine Vorbe-
dingung für den Aufbau einer räumlichen Versetzungsstruktur. Eine weite-
re Vorbedingung ist die Verfügbarkeit von nicht ko-planaren Burgersvek-
toren (Kuhlmann-Wilsdorf et al. 1994), die durch Kondensation von
Leerstellen in Versetzungsringen („loops“) bereitgestellt werden.
Die Behinderung von Quergleitung führt zu planarem Gleitverhalten
(„planar glide“), verhindert oder verzögert die Bildung von Versetzungs-
zellstrukturen, steigert die Verfestigungsrate und dadurch die plastische
Stabilität. Die Steuerung des Quergleitverhaltens ist daher für die plasti-
schen Eigenschaften von Aluminiumlegierungen von erheblicher Bedeu-
tung. Quergleitung kann durch verschiedene Mechanismen behindert wer-
den:
1. durch vorhandene schneidbare Ausscheidungsteilchen (Cluster, GP-
Zonen), da der Gleitwiderstand durch den Schneidvorgang vermin-
dert wird, wodurch weitere Versetzungsbewegung sich bevorzugt in
der aktiven Gleitebene vollzieht (T4 Zustand in aushärtbaren Alumi-
niumlegierungen);
2. durch Aufspaltung von Versetzungen in Teilversetzungen, wodurch
ein Fehler in der Stapelfolge der Gleitebenen entsteht. Allerdings
spielt die Aufspaltung von Versetzungen bei Aluminium und seinen
Legierungen höchstens eine untergeordnete Rolle (s. Abschn. Stapel-
fehler).
3. durch Verhinderung von Leerstellenkondensation zu Versetzungsrin-
gen, z.B. durch Mg/Leerstellenkomplexe mit hoher Bindungsenergie
in AlMg-Legierungen (Kuhlmann-Wilsdorf 2000).

Multiplikation der Versetzungen und Behinderung der Versetzungsbe-


wegung verursachen eine Verfestigung, die für die makroskopische Stabi-
lität der plastischen Verformung entscheidend ist. Plastische Stabilität be-
deutet, daß der Fließwiderstand bezogen auf den momentanen Querschnitt,
ausgedrückt durch die Fließspannung kf, mit dem Verformungsgrad steigt.
Das Ausmaß der Verfestigung – das sog. Verfestigungsvermögen, s.
Abschn. 6.2 – ist für das Umform- und Bruchverhalten eminent wichtig.
Die Versetzungsdichte ρ ändert sich annähernd linear mit dem Ver-
formungsgrad in den Bereichen niedriger und hoher Verformung, s. Bild
3.1.3. Die Abhängigkeit zwischen Fließwiderstand und Versetzungsdichte
folgt einer Quadratwurzel-Beziehung: kf ~ ρ1/2.
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 87

Bild 3.1.3 Gesamtversetzungsdichte in Abhängigkeit von der Scherverformung


bei Aluminium, nach (Zehetbauer 1993 und Nes 1998)

Stapelfehler (zweidimensionale Fehlstellen)

Im Aluminiumgitter entspricht die Stapelung der dichtgepackten {111}


Gleitebenen der Reihenfolge ABCABC..., wobei die Ebenen A, B und C
um jeweils a/6 in <112> Richtung gegeneinander versetzt sind, s. Bild
3.1.4. Die Aufspaltung von Versetzungen ist im Aluminiumgitter aller-
dings wegen der hohen Stapelfehlerenergie, die zur Erzeugung eines Sta-
pelfehlers erforderlich ist, gering, s. Tabelle 3.1.3.

Bild 3.1.4 Stapelfolge der dichtest gepackten Ebene im kfz Gitter: ABC. Nach je-
der dritten Schicht folgt wieder eine Schicht in der ursprünglichen Lage A
88 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Fehler in der Stapelfolge werden als „Stapelfehler“ bezeichnet und wer-


den durch Versetzungsreaktionen erzeugt, bei denen sich die Versetzungen
in Teilversetzungen aufspalten, s. Bild 3.1.5. Ob sich ein Stapelfehler bil-
det, hängt von der Energiebilanz der Versetzungsaufspaltung und der E-
nergie ab, die zur Erzeugung des Stapelfehlers aufgebracht werden muß.
Die Breite der Aufspaltung ist umgekehrt proportional zur sog. Stapelfeh-
lerenergie (Energie pro Flächeneinheit), die eine spezifische Eigenschaft
des jeweiligen Metalls ist. Aluminium hat von allen wichtigen metalli-
schen Grundwerkstoffen die höchste Stapelfehlerenergie, s. Tabelle 3.1.3.
In reinem Aluminium konnten keine Stapelfehler röntgenographisch nach-
gewiesen werden (Seemann et al. 1961, Deléhouzée et al. 1967). Aus theo-
retischen Erwägungen treten Stapelfehler in krz-Gittern nicht auf (Friedel
1956).

Bild 3.1.5 Aufspaltung einer Versetzung in Teilversetzungen und Stapelfehler im


kfz Gitter, nach (Hornbogen 1994)

Tabelle 3.1.3 Stapelfehlerenergie von Aluminium im Vergleich zu anderen Metal-


len
Metall/Legierung Stapelfehlerenergie Lit., s.u.
(10-7 J/cm²)
Aluminium 200–250 [1, 2, 2]
Nickel 80 [1]
Kupfer 40–150 [1, 3]
Messing CuZn10 25 [3]
Messing CuZn20 10 [3]
Messing CuZn30 7 [3]
18/8 CrNi Stahl 7–13 [1, 3]
Magnesium 10 [4]
[1] (Dieter 1961), [2] (Kammer 1998), [3] (Hornbogen 1994), [4] (Kammer 2000)
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 89

Je geringer die Stapelfehlerenergie und je breiter infolgedessen der Sta-


pelfehler ist, desto mehr können sich die Versetzungen im Gitter nur auf
ihrer bevorzugten Gleitebene bewegen (planares Gleitverhalten). Ein
Quergleiten (von Schraubenversetzungen) ist dann nicht möglich oder tritt
erst bei hohen Verformungsgraden und höheren Temperaturen auf. Verset-
zungshindernisse (z.B. Ausscheidungsphasen, Versetzungen, Korngren-
zen) können dann nur mit höheren Schubkräften umgangen werden. Da-
durch erhöht sich die Versetzungsdichte in den aktivierten Gleitebenen,
was wiederum zu einer starken Verfestigungswirkung führt. Durch seine
hohe Stapelfehlerenergie erklärt sich somit, daß unlegiertes Aluminium
z.B. gegenüber Magnesium oder austenitischem Stahl ein geringeres Ver-
festigungsvermögen hat. Aus dem gleichen Grunde tritt bei Aluminium
keine Zwillingsbildung auf – außer bei einigen höher legierten Werkstof-
fen unter extremen Bedingungen wie Stoßwellenbelastung bei –180 °C
(Gray 1988) – , und es gibt deshalb bei diesem Werkstoff im unverformten
Zustand keine größeren Unterschiede zwischen Stauch- und Streckgrenze
und nur einen geringen Bauschinger-Effekt.
Substitutionell gelöste Legierungselemente in kfz-Metallen können zwar
die Stapelfehlerenergie reduzieren, was jedoch bei Aluminiumlegierungen
mit üblichen Legierungsgehalten nicht erwartet wird (Seemann et al. 1961,
Deléhouzée et al. 1967). Das bei Al-Mg-Legierungen beobachtete planare
Gleitverhalten wird daher weniger auf höhere Stapelfehlerhäufigkeit zu-
rückgeführt als vielmehr auf einen speziellen Mechanismus (Kuhlmann-
Wilsdorf 2000), nämlich auf die vorzugsweise Bindung der erzeugten
Leerstellen an Mg-Atome, so daß deren Kondensation zu Versetzungsrin-
gen verhindert wird und dadurch die vorhandenen Burgervektoren auf die
aktive Gleitebene beschränkt bleiben. Letzteres ist typisch für planares
Gleitverhalten (Laird et al. 1970).

Versetzungszellen, Ausheilen von Versetzungen

Versetzungsbewegung und gleichzeitige Zunahme der Versetzungsdichte


bei plastischer Verformung führen zu gegenseitiger Verankerung der Ver-
setzungen auf unterschiedlichen Gleitsystemen. Es bilden sich Verset-
zungsanhäufungen, die eine räumliche Struktur annehmen und kleine, un-
regelmäßige und versetzungsfreie Kristallbereiche einschließen, die sog.
Versetzungszellen. Die Zellwände stellen Rotationsgrenzen zwischen den
Versetzungszellen dar und sind gleichzeitig auch eine energetisch günstige
Versetzungsanordnungen. Durch das ausgeprägte Quergleitverhalten von
Aluminium und seinen Legierungen entstehen Versetzungszellen bereits
im frühen Stadium der plastischen Verformung. Ein Beispiel für derartige
Versetzungszellen zeigt Bild 3.1.6 für Al99,5, bei dem sich ausgehend
90 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

vom rekristallisierten Zustand durch 5% plastische Verformung ausgepräg-


te Versetzungszellen gebildet haben. Mit zunehmendem Verformungsgrad
nehmen der Zelldurchmesser ab und die Versetzungsdichte in den Zell-
wänden zu. Die Abmessungen der Zellen liegen je nach Verformungsgrad
typischerweise zwischen 1 und 5 µm.
Die zunehmende Versetzungsdichte in den Zellwänden führt zur Auslö-
schung einzelner Versetzungen. Dieser Prozeß wird durch sogen. Klettern
von Versetzungen unterstützt, die bei ihrer Bewegung durch das Gitter
übersättigte Leerstellen „aufgesaugt“ haben. Von Klettern spricht man,
wenn eine (Stufen-) Versetzung durch Ansammlung von Leerstellen aus
der Gleitebene herauswandert. Klettern von Versetzungen ist ein thermisch
aktivierter Prozeß und dominiert daher besonders bei höheren Temperatu-
ren (Kriechen, Erholungsglühen). Da sich Versetzungen mit umgekehrten
Vorzeichen gegenseitig anziehen, fördert das Klettern die Ausheilung, d.h.
die gegenseitige Auflösung und energetisch günstige Anordnung von Ver-
setzungen im Kristall. Abhängig von Temperatur und Verformungsge-
schwindigkeit ergibt sich bei weiterer Verformung ein Gleichgewichtszu-
stand zwischen der Bildung neuer und der Vernichtung alter Versetzungen.
Die Verfestigung wird dadurch geringer. Das Phänomen abnehmender
Verfestigungsrate mit zunehmendem Verformungsgrad beruht also auf der
energetisch günstigen Versetzungsanordnung in Zellstrukturen in Verbin-
dung mit der Ausheilung von Versetzungen. Dieser Prozeß wird als dyna-
mische Erholung oder dynamische Entfestigung bezeichnet. Dynamische
Entfestigung bedeutet eine Lokalisierung der plastischen Verformung im
Korngefüge, welche nach Erreichen eines kritischen Zustandes die Aus-
gangssituation für den statischen und dynamischen Bruchvorgang ergibt.
Das vorstehend beschriebene Versetzungsverhalten ist typisch für Alu-
minium und Aluminiumlegierungen mit ausgeprägtem Quergleitcharakter
(„wavy glide“) aufgrund hoher Stapelfehlerenergie. Demgegenüber gibt es
bestimmte Legierungen (Al-Mg) und Werkstoffzustände (T4), bei denen
ein mehr planares Gleitverhalten („planar glide“) vorliegt, wodurch die
Versetzungen auf ihre kristallographischen Gleitebenen beschränkt blei-
ben, d.h. koplanare Burgersvektoren haben. Dadurch kann die Zellbildung
ganz oder teilweise unterdrückt werden, s. Abschn. Versetzungen und Bild
3.2.6. Anstelle dessen bilden sich sogen. Taylor-Strukturen (Kuhlmann-
Wilsdorf 2000), bei denen sich die Versetzungen in parallelen Gleitbän-
dern anordnen, die im 3D-Raum eine isometrische Gitterstruktur aufbauen.
Vermutlich trägt ein ähnlicher Mechanismus (Leerstellenbindung an Clu-
ster und GP-Zonen) zu dem beobachteten planaren Gleitverhalten von
kaltausgehärteten Legierungen bei, wie die Taylor-Struktur der Verset-
zungsanordnung in Bild 3.2.34 a) andeutet.
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 91

1 µm 1 µm

Al99,5 - 5% kalt gereckt AlMg1,5 - 5% kalt gereckt


Bild 3.1.6 Versetzungszellbildung bei der Kaltverformung von Al99,5 und
AlMg1,5, geglüht und 5% kalt gereckt (Quelle: B. Grzemba, VAW aluminium
AG)

Kleinwinkelkorngrenzen (Subkorngrenzen)

Die bei höheren Temperaturen stattfindende Auflösung und energetisch


günstigere Umordnung von Versetzungen führt zur schärferen Ausbildung
der Versetzungswälle (Polygonisation). Zwischen benachbarten Zellen gibt
es geringfügige Orientierungsunterschiede von < 4°. Man bezeichnet das
Zellgefüge als Subkorngefüge und die Subkorngrenzen als Kleinwinkel-
korngrenzen. Die Subkorngrößen betragen je nach Grad der Verformung
und Glühtemperatur < 10 µm im Durchmesser. Sie lassen sich bei entspre-
chender Präparation im Lichtmikroskop erkennen. Die Subkorngröße be-
einflußt die Festigkeit des Materials entsprechend der Hall-Petch-Bezie-
hung (Hatch 1984), s. auch Abschn. 3.1.3.

3.1.3 Korngrenzen

Korngrenzen begrenzen Kristallbereiche gleicher Gitterstruktur mit unter-


schiedlichen Orientierungen zueinander, die durch größere Winkelabwei-
chungen als bei Subkorngrenzen und zusätzlich durch Drehung zwischen
benachbarten Körnern beschrieben werden können. Körner entstehen zu-
nächst als Gußkörner (s.a. Dendriten) bei der Erstarrung durch individuel-
92 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

les Wachstum von Erstarrungskeimen in der Schmelze. Nach Homogeni-


sierung, Warm- und Kaltumformung mit Zwischenglühungen oder an-
schließendem Weichglühen wird die ursprüngliche Kornstruktur durch
Rekristallisation ersetzt.
Rekristallisation in kaltverformten Legierungen ist ein thermisch akti-
vierter Prozeß von Keimbildung und -wachstum. Rekristallisationskeim-
bildung ist ein heterogener Prozeß, der typischerweise an Verformungshe-
terogenitäten im Gefüge beginnt, z.B. in Scherbändern und Verformungs-
konzentrationen an Primärphasen. In stark verformten technischen Legie-
rungen spielen die Primärphasenpartikel die überragende Rolle bei der Re-
kristallisationskeimbildung (particle-stimulated nucleation (PSN)) (Mar-
thinsen et al. 2003). Die Rekristallisationskeime stellen Versetzungszellen
mit kritischem Energieinhalt dar. Die Keimbildungszahl nimmt mit zu-
nehmendem Kaltverformungsgrad zu und die rekristallisierte Korngröße
(bei ansonsten gleichen Glühbedingungen) entsprechend ab. Übliche
Korngrößen in Kaltwalzprodukten von naturharten Legierungen betragen
25 µm oder weniger. Die kleinsten rekristallisierten Korngrößendurchmes-
ser liegen bei etwa 0,5 µm (Hornbogen 1994 S. 95).
Die atomare Unordnung der Korngrenzen bedeutet einen höheren Ener-
gieinhalt und höhere Diffusionsgeschwindigkeiten für Eigen- und Fremd-
atome. Korngrenzen sind daher bevorzugte Orte für Keimbildung und
Wachstum von Fremdphasen.
Versetzungen können die Korngrenzen nicht überwinden. Sie stauen
sich an ihnen auf, und ihre Spannungsfelder aktivieren entsprechend ori-
entierte Gleitsysteme in benachbarten Körnern. Auf diese Weise wird die
Fließspannung von der Korngröße abhängig. Die Hall-Petch-Beziehung:

σy = σ0 + kd-1/2 (3.1.1)

gibt die Abhängigkeit der Fließgrenze (σy) von der Korngröße d an, wobei
σ0 die Ausgangsspannung ist, die hauptsächlich durch innere Reibung
(Peierls-Spannung) des Materials bestimmt wird. Der Koeffizient k stellt
den Grad der Abhängigkeit der Fließspannung von der Korngröße dar. A-
luminium und seine Legierungen haben im Vergleich zu Stahl eine deut-
lich geringere Abhängigkeit der Fließgrenze von der Korngröße. Bild 3.1.7
illustriert diese Korngrößenabhängigkeit der Fließspannung (bei 1,7%
Dehnung) für eine Reihe von AlMg-Legierungen (Rossig 1971, Hirsch
1997). Tabelle 3.1.4 enthält einige Angaben zu Aluminiumwerkstoffen im
Vergleich zu Stahl. In der geringeren Korngrößenabhängigkeit der Fließ-
grenze von Aluminium äußert sich das ausgeprägte Quergleitverhalten in-
folge seiner hohen Stapelfehlerenergie.
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 93

Bild 3.1.7 Hall-Petch Beziehung zwischen Fließspannung (bei 1,7% Dehnung)


und Korngröße bei AlMg-Legierungen (Rossig 1971) sowie veröffentlicht in
(Hirsch 1997)

Tabelle 3.1.4 Hall-Petch-Konstanten für Reinstaluminium, Al-Mg-Legierungen


und Stahl
Legierung σ0 k Lit., s.u.
[MPa] [MPa µm-1/2]
Al99,99 ~ 10 68 [1]
AlMg0,4 30 83 [2]
AlMg3 87 87 [2]
AlMg5 115 132 [2]
Fe 70 670 [3]
[1] (Kammer 2002), [2] (Hirsch 1996), [3] (Conrad 1963)

Mit der Entwicklung neuer, extremer Umformmethoden unter der Be-


zeichnung „Severe Plastic Deformation“ (SPD), z.B. mit dem „Equal-
Channel Angular Pressing“ (ECAP) oder Dissimilar-Channel Angular
Pressing (DCAP), öffnen sich Möglichkeiten, die Kornstruktur in den Na-
nobereich (ungefähr 100 bis 1000 nm) weiter zu verfeinern und dadurch
ein neues Spektrum von Eigenschaften bei herkömmlichen Legierungen zu
schaffen (Zehetbauer 2004). Obwohl die Kommerzialisierung solcher Pro-
94 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

zesse noch erheblicher Entwicklungsanstrengungen bedarf, werden die


Perspektiven der Werkstoffentwicklung durch die neuen Techniken zwei-
fellos bereichert.

3.1.4 Mischkristallbildung

Den Ersatz von Aluminiumatomen im Kristallgitter durch zulegierte


Fremdatome bezeichnet man als Substitutionsmischkristallbildung und ih-
re Wirkung auf die Festigkeit als Mischkristallverfestigung. Es handelt
sich dabei um eine homogene Lösung von Legierungselementen im Alu-
miniumgitter ohne die Bildung von Fremdphasen. Die Löslichkeit von
Fremdatomen in homogener fester Lösung ist bei Aluminium allerdings
begrenzt.
Die unterschiedlichen Atomradien der Legierungsatome verzerren das
Wirtsgitter und erschweren durch ihr Spannungsfeld die Versetzungsbe-
wegung. Die Behinderung der Versetzungsbewegung steigert die Festig-
keit. Die Modellvorstellung der Mischkristallwirkung auf die Verset-
zungsbewegung ist schematisch in Bild 3.1.8 dargestellt. Die Mischkri-
stallfestigkeit nimmt mit steigendem Legierungsgehalt zu, s. z.B. den Ein-
fluß von Mg als Legierungselement in Bild 3.2.4.

Bild 3.1.8 Modellvorstellung der Mischkristallbildung durch Substitution von Le-


gierungsatomen im Wirtsgitter

Die Kristallisation des Mischkristalls erfolgt bei der Erstarrung durch


Keimbildung und Keimwachstum. Zur Keimbildung dienen Kornfei-
nungsphasen, in technischen handelsüblichen Legierungen vorwiegend
TiB2 Partikel, die in der Schmelze unlöslich sind und bei Knetlegierungen
gezielt als Fremdkeime zur Erzielung eines feinen globulitischen Guß-
korngefüges zugesetzt werden. Bei Knetlegierungen und untereutektischen
Gußlegierungen erstarrt zunächst der α-Mischkristall überwiegend in den-
dritischer Form (s. Abschn. 3.3.2). (Bei der Erstarrung heterogener, über-
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 95

eutektischer Al-Si-Gußlegierungen kristallisiert zuerst primäres Silizium,


umgeben von Eutektikum.) Der Dendrit weist im Gußzustand zu seinen
Grenzen hin eine steigende Konzentration (Kristallseigerung) von übersät-
tigt gelösten Legierungselementen auf. Die Grenzen zu benachbarten
Dendriten sind mit auskristallisierter Restschmelze bzw. Resteutektikum
belegt. Hierbei handelt es sich um ein Phasengemisch aus α-Mischkristall
und einem Netzwerk aus intermetallischen Phasen (sog. Primärphasen
oder Gußphasen), bestehend aus Verbindungen des Aluminiums mit Ver-
unreinigungselementen (Fe, Si) und Legierungselementen. Bei Knetwerk-
stoffen wird zur Verbesserung des Warmumformverhaltens durch eine
Barrenhochglühung eine Einformung des Zellgefüges der intermetalli-
schen Phasen und gleichzeitig ein Abbau der Kristallseigerung erreicht.
Dabei kommt es zur Ausscheidung übersättigt gelöster Legierungs-
elemente (Fe, Mn, Cr, Zr, V) in Form feiner intermetallischer Phasen als
Sekundärausscheidungen, die thermodynamisch sehr stabil sind und durch
nachträgliche Wärmebehandlungen nicht mehr verändert werden können.
Bei der nachfolgenden Abkühlung der Barren bilden sich bei aushärtbaren
Legierungen die Gleichgewichtsphasen des Legierungssystems als weite-
rer Typ von Sekundärausscheidungen.
Angaben über die maximale Löslichkeit wichtiger Legierungselemente
im flüssigen und festen Zustand, über die Atomradiendifferenz zu Alumi-
nium, den Erstarrungstyp und die Lösungsenthalpie enthält Tabelle 3.1.5.
Alle Legierungen mit nennenswerter Löslichkeit im flüssigen und festen
Aluminium erstarren eutektisch, d.h. die Angabe der maximalen Löslich-
keit eines Elementes bezieht sich auf die jeweilige eutektische Temperatur.
Die Löslichkeit sinkt deutlich mit abnehmender Temperatur, s. Bild 3.1.9.
Wegen ihrer extrem geringen Löslichkeit in flüssigem und festem Alu-
minium spielen Gase – mit Ausnahme von Wasserstoff – keine Rolle für
die Legierungsbildung. Wasserstoff wird interstitiell gelöst, d.h. es besetzt
Zwischengitterplätze. Seine Gleichgewichtskonzentration in defektarmen
Legierungen ist äußerst gering (350 °C: 0,0012 cm³/100 g Al (Brandes et
al. 1992), allerdings nimmt die Wasserstofflöslichkeit mit steigender Tem-
peratur (600 °C: 0,030 cm³/100 g Al) und bei plastischer Verformung
meßbar zu. Die Beweglichkeit des Wasserstoffs im Aluminiumkristallgit-
ter ist bei Raumtemperatur hoch. Durch Reaktion mit korrosiver, chlorid-
haltiger Umgebung wird atomarer Wasserstoff an frischer metallischer
Oberfläche gebildet und im Kristallgitter durch Leerstellen und Versetzun-
gen eingefangen (s.a. Wasserstoffversprödung von Korngrenzen bei der
Spannungsrißkorrosion von AlZnMg Legierungen, Abschn. 5.4.3). Die
Wasserstoff-Leerstellen Komplexe sind bis hinauf zu einer Temperatur
von 295 K stabil, sie lösen sich bei RT und höheren Temperaturen mit der
Zeit auf, und sowohl der Wasserstoff als auch die Leerstellen heilen aus
96 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

(Zamponi 2004). Zur Bedeutung der Wasserstofflöslichkeit für die Poren-


bildung beim Gießen und Schweißen s. Abschn. 3.1.8 sowie Abschn. 3.3
und 15. Die gelegentlich beobachtete Bildung von Glühblasen bei der
Wärmebehandlung von Aluminiumteilen bei höheren Temperaturen wird
ebenfalls auf das Eindiffundieren von atomarem Wasserstoff zurückge-
führt, der sich durch Reaktion des Metalls mit feuchter Ofenatmosphäre
gebildet hat (Ibe et al. 1979).

Tabelle 3.1.5 Löslichkeit und thermophysikalische Eigenschaften von Legie-


rungselementen in Aluminium nach (Hatch 1984)
Element Atom- Eutektische Eutektische Zu- Löslichkeit im Diff. der Diff. der Lösungs-
gewicht (E), monotek- sammensetzung festen Zustand Atom- Gitter- enthalpie in
Al = tische (M) und radien konstante Aluminium
27,0 peritektische rE l - rAl ∆a/∆y ∆H
(P) Tempera-
tur
g/mol °C Gew.-% At. % Gew.-% At. % nm nm/At.% kJ/mol
Ag 107,9 570 E 72 60,9 55,6 23,8 + 0,0013 0,0000 26,7
B 10,8 660 E 0,022 0,054 <0,001 <0,002 - 0,0449 .... ....
Bi 209,0 660 M 3,4 0,45 <0,1 <0,01 + 0,0347 .... ....
Cr 52,0 660 P 0,41 0,21 0,77 0,4 - 0,0153 - 0,001 67,8
Cu 63,5 547 E 33,15 17,39 5,67 2,48 - 0,0153 - 0,00051 41,0
Fe 55,9 655 E 1,87 0,91 0,052 0,025 - 0,0169 .... 95,8
Ga 69,7 30 E 98,9 97,2 20 8,82 - 0,0025 + 0,00012 19,2
Li 6,9 600 E 9,9 30 4 13,9 + 0,012 - 0,000016 26,8
Mg 24,31 450 E 35 37,34 14,9 16,26 + 0,0169 + 0,00046 18,8
Mn 54,9 660 E 1,95 0,97 1,82 0,9 - 0,0161 - 0,00066 60,7
Na 23,0 660 M 0,18 0,21 <0,003 <0,003 + 0,0467 .... ....
Ni 58,7 640 E 6,12 2,91 0,05 0,023 - 0,0185 .... 95,8
Pb 207,2 660 E 1,52 0,2 0,15 0,02 + 0,0275 .... ....
Sb 121,8 660 E 1,1 0,25 <0,1 <0,02 + 0,0228 .... ....
Sc 44,96 660 E 0,52 0,31 0,38 0,23 + 0,0191 .... 69,5
Si 28,1 580 E 12,6 12,16 1,65 1,59 - 0,0054 - 0,00018 49,4
Sn 118,7 230 E 99,5 97,83 <0,01 <0,002 + 0,0194 .... ....
Ti 47,9 665 P 0,15 0,084 1 0,57 + 0,0038 - 0,00105 64,0
V 50,9 665 P 0,25 0,133 0,6 0,32 - 0,0091 - 0,00075 73,6
Zn 65,4 380 E 95 88,7 82,8 66,4 - 0,0090 - 0,000075 8,5
Zr 91,2 660 P 0,11 0,033 0,28 0,085 + 0,0168 .... 86,2
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 97

Bild 3.1.9 Temperaturabhängigkeit der Löslichkeit der Legierungselemente in bi-


nären bzw. quasibinären Aluminiumlegierungen nach (Hansen 1958, Phillips
1959, Nielsen 1974, Mondolfo 1976)

Gallium (Ga) ist in Aluminium ein Verunreinigungselement, das als Be-


gleitelement aus dem Elektrolyseprozeß stammt. Das Zustandsdiagramm
Al-Ga zeigt ein Eutektikum bei 26,4 °C (Zoller 1957). Gallium in Kontakt
mit Aluminium wird daher in Nähe der Raumtemperatur flüssig und kann
– ähnlich wie der Kontakt mit Quecksilber – zu Lotbrüchigkeit führen.
Wegen der hohen Löslichkeit des Galliums in Aluminium kann Lotbrü-
chigkeit jedoch durch Glühbehandlung beseitigt werden (Old 1980). Als
Legierungselement hat Gallium keine Bedeutung.
Silber (Ag) wird aus ökonomischen Gründen nicht für handelsübliche
Legierungen, sondern meistens nur für Sonderlegierungen, z.B. für den
Flugzeugbau, eingesetzt, obwohl es in letzter Zeit neue Aufmerksamkeit in
der Legierungsentwicklung gewinnt, und mit Zusätzen von nur 0,1 Gew.-
% bemerkenswerte Änderungen des Ausscheidungsverhaltens erzeugt
werden können, wodurch das Kriechverhalten insbesondere von AlCuMg-
Legierungen in Verbindung mit besonderen Wärmebehandlungsmaßnah-
men deutlich verbessert werden kann, s. Abschn. 6.6.3 (Polmear 1999,
Somoza et al. 2000, Lumley et al. 2002, Raviprasad et al. 2003).
Die übrigen in Tabelle 3.1.4 aufgeführten Legierungselemente lassen
sich der besseren Übersicht halber in die Funktionsgruppen Hauptlegie-
rungselemente, Begleitelemente (Verunreinigungselemente in technischen
Legierungen) und Sonderlegierungselemente einteilen, s. Bild 3.1.10. Die
Zuordnung der Legierungselemente zu einzelnen Legierungsgruppen wird
im Abschn. 3.4.4 beschrieben.
98 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Bild 3.1.10. Zuordnung der Legierungselemente des Aluminiums zu bestimmten


Funktionsgruppen

Hauptlegierungselemente
Die Aufgabe der Legierungselemente Si, Mg, Mn, Cu und Zn ist die Fe-
stigkeitssteigerung durch Mischkristallverfestigung und – bei ausschei-
dungshärtenden Legierungssystemen – durch Teilchenhärtung.

Begleitelemente

Fe und Si sind die am häufigsten in technischen Legierungen vorkommen-


den Begleitelemente aus dem Herstellungsprozeß der Elektrolyse. Der Ei-
sengehalt wird üblicherweise als Verunreinigung angesehen und bildet
wegen der niedrigen Löslichkeit intermetallische Phasen mit Al und Si
(Alx(Fe, Si)), die je nach Volumenabteil und Partikelgröße sich nachteilig
auf die Duktilität und das Ermüdungsverhalten auswirken können. Ande-
rerseits dient Fe auch als Legierungselement zur Verbesserung der elektri-
schen Leitfähigkeit durch Bindung von Si-Verunreinigungen, zur Verbes-
serung der Warmfestigkeit (in Verbindung mit Ni) und zur Verminderung
der „Klebneigung“ von Druckgußlegierungen in den Stahlformen.

Sonderlegierungselemente
Die Elemente Ti, B, Zr, Cr, V und Sc dienen zur Kornfeinung und Kon-
trolle der Rekristallisation, Ni wird in Verbindung mit Fe und anderen Le-
gierungselementen zur Verbesserung der Warmfestigkeit genutzt. Bi, Pb,
Sn werden zur Verbesserung des Spanbruchs bei Zerspanungslegierungen
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 99

eingesetzt und Li und Sc für besondere Luftfahrtlegierungen. An dieser


Stelle wird darauf hingewiesen, daß insbesondere für Pb- und Li-haltige
Legierungen eine strenge Schrottsortierung einzuhalten ist, um Gefahren
der Bleisprödigkeit – s. unten – und der „Lithium-Vergiftung“ zu verhin-
dern. Geringe Mengen von Lithium können zu Problemen beim Stranggie-
ßen und bei der Lackhaftung führen.

Bleisprödigkeit
Es sei an dieser Stelle auf das Phänomen der „Bleisprödigkeit“ hingewie-
sen, das bei Pb-Gehalten von > 30 ppm (>0,003 Gew.-%) in AlMgSi-Le-
gierungen auftreten kann (Guttmann et al. 1983, Quantin et al. 1986, Le-
wandowski et al. 1992). Derartige Verunreinigungen durch Pb können bei
längerer Beanspruchung bei Temperaturen um 100 °C in AlMgSi-
Legierungen interkristalline Rißbildung auslösen, s. Beispiel in Bild
3.1.11. Blei hat bei niedrigen Temperaturen eine extrem geringe Löslich-
keit. Als Rißbildungsursache wird die Segregation von Pb an AlFeSi-, Al-
FeMnSiCr- und Mg2Si-Phasen angesehen, wo durch Benetzung der Grenz-
flächen zwischen Phasen und Matrix mit Pb Rißkeime entstehen. Da diese
Phasen bevorzugt an Korngrenzen auftreten, wachsen die Rißkeime unter
den gegebenen Beanspruchungen zu interkristallinen Anrissen. Die Tole-
ranzgrenze für Verunreinigungselemente wird in den EN Legierungsnor-
men mit maximal 500 ppm je Element angegeben und gilt folglich auch
für Pb-Gehalte in AlMgSi-Legierungen. Diese Grenze liegt damit weit
über der Toleranzgrenze von 30 ppm Pb für die Vermeidung von Bleisprö-
digkeit in AlMgSi-Legierungen mit Ausnahme der Legierungsvarianten
EN AW-6351A, EN AW-6061A und EN AW-6082A.

Bild 3.1.11 Ungeätztes Schliffbild an einem Schmiedeteil aus Legierung Al-


Si1MgMn-T6 (EN AW-6082) mit einem Pb-Gehalt von 0,014 Gew.-%, das bei
einer Einsatztemperatur von 105 °C vorzeitig gerissen ist
100 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

3.1.5 Primärphasen (Gußphasen)

Die interdendritisch angeordneten Primärphasen sind nach der Barren-


hochglühung wegen ihrer äußerst geringen Löslichkeit im Mischkristall
thermisch stabil. Im normalen Stranggießverfahren hergestellte Barren
enthalten je nach Barrenquerschnitt Primärphasen in Größen bis zu ca.
40 µm. Größe, Menge, Verteilung und Zusammensetzung variieren je nach
Erstarrungsgeschwindigkeit, Gußkorngröße und Gehalt an Legierungs-
und Verunreinigungselementen. Die verschiedenen Primärphasen sind hin-
sichtlich Kristallstruktur und Zusammensetzung ausführlich in der ein-
schlägigen Literatur (Hatch 1984, Kammer 2002) beschrieben. Sie haben
keine kristallographische Kohärenz mit dem Aluminium-Mischkristall,
werden durch die Warm- und Kaltumformungsprozesse zum Teil fragmen-
tiert und im Gefüge zeilenförmig in Verformungsrichtung angeordnet.
Die Primärphasen stellen bei plastischer Verformung Orte mit Span-
nungs- und Dehnungskonzentrationen dar. Sie sind daher Orte für Rekri-
stallisationskeime bei der Warmumformung bzw. während der Glühpro-
zesse nach Kaltumformung und beeinflussen Korngefüge und Textur
(Hirsch 2001). Sie sind aber auch Auslöser der Lochbildung beim duktilen
Bruch (s. Abschn. 6.3) und der Bruchvorgänge beim Ermüdungsbruch (s.
Abschn. 6.4.1). Die zeilenförmige oder ebenenförmige Anordnung dieser
Phasen ist Ursache für eine Anisotropie der Bruchdehnungs- und Bruchzä-
higkeitswerte in Längs- (L-), Quer- (T- bzw. TL- oder LT-) und Kurzquer-
(ST-) Richtung.

3.1.6 Sekundärphasen

Mit Sekundärphasen werden solche Phasen bezeichnet, die erst durch eine
Wärmebehandlung des Gußbarrens (Hochglühung) oder des Halbzeugs
entstehen und sich durch Entmischung einer übersättigten, festen Lösung
bilden. Man unterteilt in zwei Arten von Sekundärphasen: die thermisch
weitgehend stabilen Dispersionsphasen und die löslichen Ausscheidungs-
phasen in aushärtbaren Legierungen.

Dispersionsphasen
Die bei der Barrenhochglühung entstehende Dispersion von Al3Fe, Al6Mn,
Al7Cr und Al3Zr sowie von ternären Modifikationen (z.B. Al12Mn3Si in
AlMgSi-Legierungen und Al12Mg2Cr in AlZnMgCu-Legierungen) sind
thermisch sehr stabil, was sich auch in einer äußerst geringen Löslichkeit
dieser Legierungselemente bei hohen Temperaturen äußert, s. Bild 3.1.9.
Die Partikel haben eine Größe von 0,02 bis 0,5 µm, sind mit Ausnahme
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 101

von Al3Zr weitgehend inkohärent und lassen sich durch nachfolgende


Wärmebehandlungen nicht merklich verändern. Größe und Anordnung
dieser Phasen im Gefüge werden durch die Aufheizgeschwindigkeit, Glüh-
temperatur und –zeit bei der Barrenhochglühung gesteuert. Die Aufgabe
dieser Dispersionen ist die Kontrolle des Kornwachstums bei der Re-
kristallisation, sie sind somit in Verbindung mit den thermomechanischen
Parametern verantwortlich für die Ausbildung des Warmverformungsge-
füges. Sie haben praktisch keine direkte Wirkung auf die Festigkeit, führen
jedoch durch Reaktion mit Versetzungen zu homogenerem Gleitverhalten
und dadurch zu verbesserter Duktilität und Zähigkeit. Die inkohärenten
Fe-, Cr- und Mn-haltigen Dispersoide erhöhen die Abschreckempfindlich-
keit, da die Grenzflächen die Keimbildung der aushärtenden Phasen för-
dern. Legierungen mit kohärenten Al3Zr-Dispersoiden sind dagegen weni-
ger abschreckempfindlich.
Demgegenüber spielt Scandium (Sc) eine Sonderrolle. Es kontrolliert
nicht nur die Entwicklung der Korn- und Subkorngröße, sondern führt
auch durch Ausscheidungshärtung in binären Al-Sc-Legierungen und in
einigen Legierungssystemen (Al-Mg, Al-Zn-Mg, Al-Cu-Mg, Al-Li) zu er-
heblichen Verbesserungen der Eigenschaften. Ein gleichzeitiger Si-Gehalt
kann die Bildung der Al3Sc Dispersion beim Guß und bei der Hochglü-
hung unterdrücken, weshalb bisher Scandium in der wichtigen Gruppe der
AlMgSi-Legierungen keine Rolle spielt. Der Sc-Einfluß kann allgemein
unterteilt werden in:
• Günstiger Effekt beim Gießen und Schweißen: Al3Sc bildet sich als er-
ste Phase bei der Erstarrung und dient somit sehr effektiv als Keim-
bildner mit der Folge geringer Gußkorngröße und geringerer Warmris-
sigkeit. Durch nachfolgende thermomechanische Weiterverarbeitung
kann eine sehr geringe Korngröße eingestellt werden, die für superpla-
stische Verarbeitung geeignet ist.
• Wärmebehandeln bei Temperaturen zwischen 400 und 600 °C führt zu
einer dichten Dispersion von Al3Sc-Partikeln, die die Korngrenzenbe-
wegung blockieren und die Rekristallisation bis zu sehr hohen Tempe-
raturen (manchmal bis zur Solidustemperatur) verhindern.
• Ausscheidungshärtung aus übersättigter Lösung durch kohärente Al3Sc-
Teilchen in sehr dichter und gleichmäßiger Verteilung bei Temperaturen
zwischen 250 bis 300 °C.

Zr und Ti können Sc in der feinen Dispersion von Al3(Sc,Ti,Zr) teilweise


substituieren, so daß der Gehalt an Sc als Kornfeinungselement gering
gehalten werden kann. Die Entwicklungen von Sc-haltigen Legierungen
wird seit einigen Jahren sehr aktiv betrieben und vielversprechende Eigen-
102 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

schaftsverbesserungen bezüglich Schweißbarkeit, Warmfestigkeit und


Kriecheigenschaften hochfester Legierungen (Tempus et al. 1998, Royset
et al. 2002, Fuller et al. 2003, Zakharov 2003, Riddle et al. 2004). Im Sys-
tem AlZnMgCu konnten Legierungen mit extrem hohen Festigkeiten (Rm
= ca. 800 MPa, Rp0,2 = 740 MPa, A = 5–8 %) erzeugt werden (Milman et
al. 2002). Mit Sc-Zusatz zu Schweißzusatzdrähten hofft man, sowohl die
Festigkeit als auch die Schweißrissigkeit von üblicherweise nicht zum
Schweißen geeigneten AlCuMg- und AlZnMgCu-Legierungen zu verbes-
sern (Norman et al. 2003). Wegen der hohen Kosten dieses Legierungs-
elementes wird seine Verwendung jedoch vorerst auf Legierungen für den
Flugzeugbau beschränkt bleiben.

Ausscheidungsphasen

Als Sekundärphasen bezeichnet man auch die löslichen Ausscheidungs-


phasen in aushärtbaren Legierungen mit den Hauptlegierungselementen Si,
Mg, Cu und Zn. Ternäre und quaternäre Legierungen der Systeme Al-Mg-
Si, Al-Cu-Mg und Al-Zn-Mg-Cu zeichnen sich durch eine größere Lös-
lichkeit der vorherrschenden Gleichgewichtsphasen Mg2Si, Al2CuMg,
MgZn2 und (Al,Zn)49Mg32 bei hohen Temperaturen aus, die zu niedrigen
Temperaturen hin stark abnimmt, s. auch Bild 3.1.9. Durch Lösungsglühen
und Abschrecken bilden sich aus der übersättigten Lösung heraus bei
nachfolgender Kalt- und Warmauslagerung zunächst eine homogene Ent-
mischung (Cluster und GP-Zonen, s. unten) und bei weiterer Auslagerung
feinste metastabile Phasen. Je nach Art, Volumenanteil und Verteilung er-
zeugen die Ausscheidungsphasen durch Behinderung der Versetzungsbe-
wegung hohe bis höchste Festigkeitswerte. Teilchengröße und Teilchenab-
stand betragen bei maximaler Legierungsfestigkeit nur wenige Nanometer.
Die Aushärtbarkeit von Aluminiumlegierungen wurde zuerst von Alfred
Wilm im Jahre 1906 bei der Entwicklung von Al-Cu-Mn-Mg-Legierungen
entdeckt und als „Nachreifung“ bezeichnet (Wilm 1909, Wilm 1911). Bild
3.1.12 zeigt eine Kopie von Aushärtungskurven aus einem Laborbericht
von Alfred Wilm an der „Zentralstelle für technisch-wissenschaftliche Un-
tersuchungen“ in Neubabelsberg. (Lesenswert ist die Wilm-Biographie
von M.H. Haas (Haas 1935).
Die ausscheidungshärtenden Phasen sind mit dem α-Mischkristallgitter
kohärent bis teilkohärent, s. schematische Darstellung in Bild 3.1.13; ihre
Anordnung hat einen bestimmten Bezug zur Kristallorientierung des Alu-
miniumgitters. Grenzflächenenergie und elastische Verzerrungsenergie
bestimmen die Morphologie der ausgeschiedenen Phase (kugel-, platten-
oder nadelförmig). Mit zunehmender Überalterung geht die Kohärenz bzw.
Teilkohärenz verloren; die Festigkeit nimmt ab. Die Ausscheidungsphasen
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 103

können durch erneutes Lösungsglühen oder gegebenenfalls durch eine


Rückbildungsglühung (bei Temperaturen unterhalb der Lösungsglühtem-
peratur) wieder aufgelöst und erneut zur Ausscheidung gebracht werden.

Bild 3.1.12 Kopie aus dem Laborbericht von Alfred Wilm „Einfluß von Tempe-
raturen von 400 bis 560°Cels. auf Härte von Aluminium-Magnesium-Legierungen
mit verschieden hohem Magnesium-Gehalt. 5 Tage gelagert“ (AlCu4Mg-Le-
gierungen mit 0,5 bis 2,5 % Mg) (Haas 1937)

Bild 3.1.13 Schematische Darstellung von Ausscheidungsstadien: Clusterbildung,


kohärente, teilkohärente und inkohärente Ausscheidungen in ternären aushärtbaren
Aluminiumlegierungen (ohne Berücksichtigung von Leerstellen).
104 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Bei der Kaltaushärtung entsteht im übersättigten α-Mischkristallgitter


zunächst eine homogene Entmischung in Form von sog. Clustern. Hierbei
handelt es sich um eine örtliche Ansammlung von Legierungsatomen oder
Komplexen aus Legierungsatomen und Leerstellen ohne erkennbare Struk-
tur und Ordnung. Im weiteren Verlauf der Kaltaushärtung entwickeln die
Cluster eine innere Struktur, z.B. eine kugel-, stäbchen- oder plättchen-
förmige Anordnung von Legierungsatomen mit bestimmter Orientierung
zum Kristallgitter der Matrix und mit Ausdehnungen von nur wenigen Na-
nometern. Diese Zonen mit innerer Struktur der Atomanordnung werden in
Abgrenzung zu den Clustern als GP-Zonen bezeichnet (nach Guinier und
Preston, die unabhängig von einander als erste die Zonenbildung röntge-
nographisch an Al-Cu-Legierungen nachgewiesen haben) (Guinier 1939,
Preston 1938). Die Form der Zonen hängt vom Gitterparameterunterschied
zur Matrix ab. Ist dieser gering, bilden sich, wie bei AlZn- und AlZnMg-
Legierungen, kugelförmige Zonen. Ist der Gitterparameterunterschied grö-
ßer, tendieren die Zonen zwecks Verringerung der Kohärenzspannungen
zur Platten- (AlCuMg-Legierungen) bzw. zur Stabform (AlMgSi-Legie-
rungen). Die Ausscheidungsfolge bei der Kaltaushärtung ist demzufolge:

αübers  Cluster  kohärente GP(II)-Zonen.

Die Kinetik der Zonenbildung ist von der Bildungsenthalpie, der Umge-
bungstemperatur, vom Grad der Übersättigung an Legierungselementen
und Leerstellen und von der Diffusionsgeschwindigkeit der betreffenden
Legierungselemente abhängig. Der Temperaturbereich für die Kaltaushär-
tung wird definiert durch die ausschließliche Bildung von Clustern und
GP-Zonen während der Auslagerungsdauer und erstreckt sich je nach Le-
gierungssystem bis auf etwa 80 bis 100 °C. Bei höheren Temperaturen lö-
sen sich die GP(I)-Zonen auf bzw. wachsen auf Kosten nicht wachstums-
fähiger Zonen und wandeln sich dabei in die nächst stabileren Formen, d.h.
(GP(II)-Zonen und teilkohärente Ausscheidungen, um. Wenige Minuten
nach dem Abschrecken beginnt die Cluster- und Zonenbildung bei RT-
Auslagerung, die Härtesteigerung wird nach ca. 30 Minuten deutlich meß-
bar. Die Aushärtung nimmt zunächst schnell, dann (nach etwa einem Tag)
immer langsamer zu. Der Kaltaushärtungsprozeß kann jedoch jahrelang
andauern. Mit empfindlichen Messungen (z.B. Positronenspektroskopie)
werden selbst nach mehreren Jahren immer noch Änderungen in der Zu-
sammensetzung der GP(I)-Zonen gemessen. Auch eine meßbare Festig-
keitszunahme wird noch nach vielen Jahren beobachtet.
Für die Cluster- und GP(I)-Zonenbildungen sind Leerstellen erforder-
lich, um die Verzerrungsenergie zwischen GP-Zone und Mischkristallgit-
ter zu reduzieren und die Diffusion der Legierungselemente zu beschleuni-
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 105

gen, woraus sich ein Einfluß auf die Abschreckempfindlichkeit und Aus-
scheidungskinetik ableiten läßt.
Die Kaltaushärtung erreicht nicht so hohe Festigkeitseigenschaften wie
die Warmaushärtung, bietet aber höheres Verfestigungsvermögen (n-Wert,
Rm/Rp0,2-Verhältnis) und höhere Zähigkeit und Verformbarkeit. Bei plasti-
scher Verformung werden Cluster und GP(I)-Zonen von Versetzungen ge-
schnitten. Die blockierende Wirkung der Teilchen in den aktiven Gleitebe-
nen wird dadurch verringert, wodurch sich die weitere Versetzungsbewe-
gung vorzugsweise in den aktivierten Gleitebenen konzentriert, was einem
quasi-planaren Gleitverhalten entspricht.
Bei der Warmaushärtung bilden sich je nach Höhe der Auslagerungs-
temperatur metastabile Phasen, deren Zusammensetzung und Struktur zu-
nehmend der jeweiligen Gleichgewichtsphase entsprechen. Das erreich-
bare Härtemaximum wird durch die Anzahl, Größe und Verteilung der
Ausscheidungsphasen bestimmt. Je nach Legierungsart wird das Härtema-
ximum vorwiegend durch kohärente GP(II)-Zonen (z.B. AlMgSi-Legie-
rungen) oder teilkohärente Übergangsphasen (z.B. AlZnMg(Cu)-Legie-
rungen) erzeugt. Die Ausscheidungsprozesse und Ausscheidungsfolgen
sind überaus komplex, da die Abschreckgeschwindigkeit nach Lösungs-
glühen und eine eventuelle Zwischenlagerung bei Raumtemperatur die
Ausscheidungskinetik und die Ausscheidungsfolge erheblich beeinflussen
können. Die allgemeine Ausscheidungsfolge bei der Warmaushärtung
kann wie folgt angegeben werden:

αübers  Cluster  kohärente GP(II)-Zonen  teilkohärente metastabi-


le Übergangsphase  Gleichgewichtsphase

In dieser Ausscheidungsfolge nimmt die thermische Stabilität der Aus-


scheidungen zu und die Löslichkeit ab (s. Bild 3.2.14). Die damit verbun-
dene größere Übersättigung liefert zusätzliche Legierungselemente für das
Wachstum der Ausscheidungen. Der Übergang von einem Ausscheidungs-
stadium zum nächsten geschieht je nach Legierungssystem durch das
Wachstum wachstumsfähiger Teilchen auf Kosten von Teilchen mit unter-
kritischer Größe, wobei durch die Zunahme der Kohärenzspannungen die
Gitterkohärenz teilweise oder ganz verloren gehen kann. Der Kohärenz-
verlust bedingt den Einbau von Versetzungen in der Grenzfläche zwischen
Matrix und Ausscheidungspartikel, wodurch sich auch die bevorzugte Bil-
dung von teilkohärenten Ausscheidungen an Versetzungen – verursacht
z.B. durch eine Kaltverformung – erklärt (s. Thermomechanische Behand-
lung).
Bei genügend hoher Aushärtungstemperatur und längerer Auslage-
rungszeit wandeln sich die teilkohärenten Ausscheidungsphasen schließ-
106 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

lich in die jeweilige stabile Gleichgewichtsphase um. Diese Umwandlung


wird begleitet von einer Vergröberung und vom vollständigen Kohärenz-
verlust der Phasen sowie von einem zunehmenden Partikelabstand, wo-
durch die Festigkeit abnimmt. Man spricht dann von Überhärtung oder
Überalterung. Der Temperaturbereich für die Warmaushärtung richtet sich
nach der jeweiligen Legierung und kann grob mit 100°C bis 250°C ange-
geben werden.
Höchste Härtesteigerung bei der Warmauslagerung erfordert eine mög-
lichst hohe Teilchenzahl, geringen Teilchenabstand und gleichmäßige Ver-
teilung. Die dafür erforderliche Keimbildung wachstumsfähiger Teilchen
wird stark durch die Temperaturführung beeinflußt. Bei Legierungen, bei
denen die Vorgängerphase die Keime für das nächste Stadium der Aus-
scheidungsfolge liefert (z.B. bei AlZnMg(Cu)-Legierungen), kann die Här-
te durch langsames Aufheizen auf Warmauslagerungstemperatur bzw.
durch eine Stufenauslagerung deutlich verbessert werden. Bei anderen Le-
gierungssystemen, z.B. AlMgSi-Legierungen, ist eine schnellerer Aufheiz-
geschwindigkeit günstiger, um die Bildung nicht keimbildender Zwi-
schenphasen zu unterdrücken, (s. Abschn. 3.2.5).

Zwischenlagerung zwischen Abschrecken und Warmauslagerung

Die Zeit bei Raumtemperatur zwischen Abschrecken und Warmauslage-


rung ist ein kritischer Parameter für das Erreichen maximaler Aushärtung.
Der Einfluß einer solchen Zwischenlagerung ist allerdings abhängig vom
Legierungssystem und der Legierungszusammensetzung, s. Abschn. 3.2.4–
3.2.6. Eine Vorauslagerung mit oder ohne Kaltverfestigung hat bei Al-
CuMg-Legierungen keinen wesentlichen Einfluß auf die Warmaushärtung.
Bei AlZnMg(Cu)-Legierungen ist eine Zwischenlagerungszeit von minde-
stens 3 Tagen erforderlich, bevor die Warmaushärtung bei 120°C und evtl.
höheren Temperaturen erfolgen sollte. Demgegenüber nimmt bei mittel-
bis höherfesten AlMgSi-Legierungen die Warmaushärtbarkeit und auch
die Ausscheidungskinetik durch eine RT-Zwischenlagerung deutlich ab.
Da wegen der günstigeren Umformbarkeit größere Formgebungen zweck-
mäßigerweise im abgeschreckten oder kaltausgelagerten Zustand (T1, T4
Zustand) durchgeführt werden, ist dieser negative Zwischenlagereffekt,
z.B. bei der Umformung von Karosserieblechen und Profilen, zu beachten.
Abhilfe stellt eine Stabilisierung dar, die je nach Methode auch eine länger
andauernde Konstanz der Eigenschaften bei Raumtemperaturlagerung bie-
tet. Weitere Hinweise finden sich in Abschn. 3.2.5.
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 107

Unterbrochene Warmauslagerung (Sekundäre Aushärtung)


Es war bisher das allgemeine Verständnis, daß Al-Legierungen nach der
Warmaushärtung einen stabilen Zustand erreichen, in dem bei niedrigeren
Temperaturen keine Änderungen der Eigenschaften zu erwarten waren.
Zwischenzeitlich haben Untersuchungen mit der Positronenspektroskopie
(Positron Annihilation Spectroscopy (PAS)) ergeben, daß in warmausge-
härteten Legierungen nach Abschrecken genügend Leerstellen in der Mat-
rix bei RT zurückbehalten werden, die die Diffusion von noch gelösten
Legierungselementen ermöglichen und weitere Ausscheidungshärtung bei
niedrigeren Temperaturen, z.B. bei RT, verursachen können.
Von besonderem Interesse ist, daß durch Unterbrechung der Warmaus-
lagerung das Potential der Warmaushärtung vollständiger nutzbar ist als
durch eine kontinuierliche ein- oder mehrstufige Warmaushärtung. Der po-
sitive Effekt der unterbrochenen Warmaushärtung wurde bei verschiede-
nen Al-Legierungen (AlCu4, AA2014, AA6061, AlZn4Mg3, AA7075,
AA7475, AA8090 und AA357) festgestellt (Lumley et al. 2002, Macchi et
al. 2003, Lumley et al. 2003, Lumley et al. 2003, Dupasquier et al. 2004,
Riemelmoser et al. 2005). Hierbei wurde die Aushärtung bei normalen
Warmaushärtungstemperaturen bei etwa 50 bis 80% der maximalen Här-
tewerte des T6-Zustandes unterbrochen, das Material auf Raumtemperatur
abgeschreckt, und anschließend eine Kaltaushärtung bei Raumtemperatur
bzw. bei 65 °C oder weitere Warmaushärtung vorgenommen. Hierdurch
lassen sich nicht nur die Festigkeitseigenschaften um weitere 10 bis 15%
steigern, sondern es werden auch andere Eigenschaften, wie Korrosi-
onsverhalten, Duktilität und Bruchzähigkeit verbessert (Aran 1989). Da es
noch keine genormten Wärmebehandlungsvorgaben für bestimmte Legie-
rungen gibt, muß vor Einsatz derartiger Maßnahmen die Verwendbarkeit
des erzielten Gesamteigenschaftsprofils überprüft werden.

Rückbildungsglühung
Durch kurzzeitiges Glühen von kalt- oder warmausgehärtetem Material
kann die Härte wieder teilweise oder ganz bis auf die Härte des abge-
schreckten (W-) Zustands zurückgeführt werden und auf diese Weise die
Umformeigenschaften verbessert werden. Da solche Stoßglühbehandlun-
gen nur kurze Zeiten im Bereich von Sekunden oder wenigen Minuten be-
anspruchen, können solche Behandlungen durchaus in den Produktions-
ablauf, z.B. durch Induktionsheizung mit Luft-/Wasserabschreckung, inte-
griert werden. Glühtemperatur und -zeit hängen vom vorliegenden Aus-
scheidungszustand (T4 oder T6) ab und sind so zu wählen, daß die Lös-
lichkeitsgrenze der Aushärtungsphase (z.B. Cluster und GP(I) Zonen im
T4-Zustand) überschritten wird und die Ausscheidung stabilerer Aushär-
108 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

tungsphasen (z.B. GP(II)-Zonen oder teilkohärente Phasen) noch nicht er-


folgt. Bei der Stoßglühung werden die Ausscheidungsphasen zurückgebil-
det, d.h. aufgelöst. Anschließende Kalt- oder Warmaushärtung können die
Festigkeitswerte wieder auf die Sollwerte des entsprechenden Werkstoff-
zustands bringen. Wird nach der Rückbildungsglühung eine Kaltverfor-
mung vorgenommen, sind Auslagerungstemperatur und -zeit entsprechend
zu reduzieren. Wegen der unterschiedlichen Stabilität der Aushärtungspha-
sen in den verschiedenen Legierungssystemen kann keine Angabe einheit-
licher Glühparameter für Rückbildungsglühungen gemacht werden, wes-
halb auf die entsprechenden Abschn. 3.2.4-3.2.6 für die verschiedenen Le-
gierungsgruppen verwiesen wird.

Thermomechanische Aushärtungsbehandlung

Die Bildung der teilkohärenten Zwischenphasen geschieht durch Wach-


stum und Umwandlung der GP(II)-Zonen sowie auch durch direkte Keim-
bildung an Versetzungen, Zellgrenzen und Klein- und Großwinkelkorn-
grenzen. Einbringen von Versetzungen und Versetzungsstrukturen vor der
Warmaushärtung unterstützt deshalb die heterogene Keimbildung, sofern
die homogene Keimbildung nicht bereits wachstumsfähige Teilchengrößen
erzeugt hat. Da durch die erhöhte Diffusionsgeschwindigkeit entlang der
Versetzungen (pipe diffusion) auch das Teilchenwachstum beschleunigt
wird, kommt es zu einer Beschleunigung der Aushärtung, aber durch die
heterogene Keimbildung und Teilchenanordnung auch zu einer Reduzie-
rung des Festigkeitsmaximums. Aushärtungstemperaturen und -zeiten
müssen entsprechend angepaßt werden. Der Effekt einer Kaltverformung
auf die erzielbare Festigkeit ist abhängig vom jeweiligen Legierungssy-
stem. Bei AlZnMg(Cu)-Legierungen ist der Effekt einer Kaltverfestigung
zwischen Abschrecken und Warmaushärten eher negativ, bei AlCuMg-Le-
gierungen dagegen positiv. AlMgSi-Legierungen erfahren durch eine
Kaltverfestigung nach dem Abschrecken eine gewisse Festigkeitssteige-
rung, die jedoch eine Versprödung hervorrufen kann (Rack et al. 1977).
Geringe plastische Deformation von < 2% – die zum Recken und Richten
von Walz- und Preßprodukten industriell verwendet werden – haben noch
keinen wesentlichen Einfluß auf das Ausscheidungsverhalten.
Wegen der bevorzugten Keimbildung von teilkohärenten Aushärtungs-
phasen an Versetzungen ist für eine möglichst große Festigkeitssteigerung
eine homogene Versetzungsverteilung erforderlich. Diese wiederum wird
durch Versetzungsreaktionen mit vorhandenen Ausscheidungen (durch
Schneiden oder Umgehen von kohärenten oder teilkohärenten Teilchen)
und von der Stapelfehlerenergie beeinflußt. Die gezielte Erzeugung von
homogenen Versetzungsnetzwerken durch plastische Verformung setzt al-
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 109

so eine abgestimmte thermische Vorbehandlung voraus. Die thermische


Vorbehandlung muß dabei sowohl auf die gleichmäßige Versetzungsver-
teilung als auch auf die Erzeugung stabiler, wachstumsfähiger Ausschei-
dungskeime für die nachfolgende Warmaushärtung abgestimmt sein. Eine
derartige Vorgehensweise wird als thermomechanische Behandlung be-
zeichnet. Auf diese Weise lassen sich höhere Festigkeitseigenschaften er-
zielen und häufig auch weitere mechanische Eigenschaften verbessern.
Strategien für thermomechanische Behandlungen müssen das Legierungs-
system und die vorliegende Legierungszusammensetzung berücksichtigen
(Ostermann et al. 1969, Ostermann et al. 1970, Ostermann 1971, Di Russo
et al. 1973, Welpmann et al. 1974, Rack et al. 1977).
Wegen der Komplexität und Legierungsabhängigkeit der zuvor be-
schriebenen, für die Entwicklung der Eigenschaften wichtigen Ausschei-
dungsprozesse werden detailliertere Angaben bei der Behandlung einzel-
ner aushärtbarer Legierungssysteme gemacht.

Ausscheidungsfreie Zonen

Durch die an Phasengrenzen und Korngrenzen erhöhte Diffusionsge-


schwindigkeit von Legierungselementen und Leerstellen und durch bevor-
zugte heterogene Keimbildung stabilerer Phasen kommt es zur Verarmung
von Legierungselementen und zum Abbau der Übersättigung in der Um-
gebung von Korn- und Phasengrenzen. Korn- und Phasengrenzen sind be-
vorzugte Leerstellensenken, so daß in deren Umgebung infolge der Leer-
stellenarmut keine Keimbildung von Sekundärausscheidungen erfolgen
kann, wenn diese auf die Mitwirkung von Leerstellen angewiesen ist. In
den ausscheidungsfreien Zonen (AFZ) mit Abmessungen zwischen 1 nm
bis 15 µm findet dadurch keine Ausscheidungshärtung statt.
Die AFZ sind weicher als das Kornvolumen und plastische Verformung
kann sich in ihnen konzentrieren. Eingezwängt zwischen den starreren
Körnern entwickelt sich in der AFZ eine hohe Mehrachsigkeit (Pardoen et
al. 2003), die die Lochbildung und das Lochwachstum an den Ausschei-
dungsphasen beschleunigt, s. Abschn. 6.3. Dadurch erhöht sich die Gefahr
von Korngrenzenbruch. Ausscheidungsfreie Zonen haben daher im allge-
meinen einen negativen Effekt auf die Duktilität und Zähigkeit.
In den AFZ wird das elektrochemische Potential gegenüber der Korn-
matrix und den Korngrenzenphasen verändert, so daß in diesen Bereichen
bevorzugt Korrosionsangriff stattfinden kann (s. Interkristalline Korrosion,
Abschn. 5.4).
Je schneller die Abschreckgeschwindigkeit, um so schmaler sind die
AFZ, je geringer ist die Bildung von Korngrenzenphasen und um so ho-
mogener ist die plastische Verformung. Die Breite der AFZ nimmt mit zu-
110 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

nehmender Aushärtungstemperatur zu. Darum kann bei der Warmauslage-


rung bei hohen Temperaturen durch eine Stufenaushärtung bzw. eine lang-
same Aufheizung auf Aushärtungstemperatur die Breite der AFZ verrin-
gert werden.

3.1.7 Warmverformungs-, Faser-, Erholungs-


und Rekristallisationsgefüge

Walzplatten und Warmwalzband sowie Schmiedeteile und Strangpreßpro-


file werden durch Warmumformung hergestellt. Die hohen Warmverfor-
mungstemperaturen zwischen 300° und ca. 500°C erniedrigen den Fließ-
widerstand und bewirken im Prozeß dynamische Erholungsvorgänge.
Durch die Warmverformung wird das Gußkorn in Verformungsrichtung
gestreckt. Beim Strangpressen und Schmieden entsteht ein langgestrecktes
Korn (Fasergefüge), das beim Walzen auch in Dickenrichtung gedrückt
und in Querrichtung gebreitet wird (Warmwalzgefüge). Die Warmverfor-
mung erzeugt innerhalb der Körner ein Versetzungszellgefüge, das durch
Versetzungserzeugung und -vernichtung infolge dynamischer Erholung in
ein Subkorngefüge überführt wird. Trotz extremer Kornstreckung ist das
Subkorngefüge allerdings nicht gestreckt. Voraussetzung für den Erhalt ei-
nes Faser- oder Warmwalzgefüges ist, daß Rekristallisation durch geeig-
nete Wahl der Legierungszusammensetzung und der Fertigungsparameter
vermieden wird. Reibungswärme und hohe Scherverformung an Werk-
zeugwandungen führt jedoch häufig bei Strangpreßprofilen und Schmie-
deteilen in einer dünnen Oberflächenzone zu Rekristallisation und Korn-
wachstum (Grobkornbildung).
Die große Kornstreckung erzeugt eine Anisotropie der Festigkeitseigen-
schaften, da die Gleitvorgänge quer zur Faserrichtung durch die geringen
Kornquerschnitte stärker behindert werden als in den Querrichtungen.
Hinzu kommt eine durch die Streckung des Gefüges unterschiedliche Ver-
teilung der Primärphasen längs und quer zur Verformungsrichtung, wo-
durch sich eine Anisotropie der Duktilitätseigenschaften ergibt.
Bei niedrig legierten Werkstoffen, z.B. AlMgSi0,5, die aus preßtechni-
schen Gründen keine oder nur geringe Mengen an Dispersionsbildnern
enthalten, kommt es bei der Warmumformung zur Ausbildung eines Re-
kristallisationsgefüges, insbesondere bei hohen Umformgraden oder bei
dünnwandigen Profilen.
Kaltverformung von Warmwalzband oder Preßstangen zu Kaltwalzband
oder Ziehprodukten erzeugt ein verfestigtes Gefüge, das durch Zwischen-
glühungen oder nachfolgende Entfestigungs- oder Weichglühvorgänge in
ein Erholungs- und Rekristallisationsgefüge umgewandelt werden kann.
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 111

Textur

Gegenüber der gewöhnlich regellosen Kornorientierung im Gußzustand


erzeugen die Warm- und Kaltverformungen in Verbindung mit Glühpro-
zessen eine mehr oder minder stark ausgeprägte Vorzugsorientierung der
Kristallagen im Korngefüge, die mit Textur bezeichnet wird. Die durch die
Gleitsysteme bedingte Anisotropie der plastischen Eigenschaften des Kri-
stalls wird dadurch im gesamten Kornverband deutlich meßbar. Am
schärfsten ausgeprägt sind die unterschiedlichen Kaltwalz- und Glühtextu-
ren bei Kaltwalzband. Die Walztexturen sind parallel zur Walzrichtung
gekennzeichnet durch die Ideallagen {110}<112>, {112}<111> und
{123}<634>. Typische Rekristallisationstexturen von Walzhalbzeug sind
{100}<001> und {123}<634>.
Aber auch bei Strangpreßprodukten und Schmiedeteilen kann sich dem
Fasergefüge eine Preßtextur überlagern, die zum sog. Preßeffekt führt, der
eine deutliche Erhöhung der Festigkeitseigenschaften in Preßrichtung her-
vorruft.

Anschmelzungen
Eine Überhitzung des Gefüges bei Glühprozessen kann zu örtlichen
Anschmelzungen führen, die das Gefüge zerstören und die mechanischen
Eigenschaften erheblich beeinträchtigen. Anschmelzungen lassen sich
durch nachträgliche Wärmebehandlungen nicht mehr beseitigen. Die Ge-
fahr von Anschmelzungen bei thermischen Behandlungen ist besonders
groß bei höherfesten, aushärtbaren Legierungen. Anschmelzungen begin-
nen in Trippelpunkten von Korngrenzen und folgen weiter den Korngren-
zen. Da alle technischen Aluminiumlegierungen eutektisch erstarren, und
da die eutektische Temperatur (s. Tabelle 3.1.6) die niedrigste Solidustem-
peratur des Legierungssystems ist, sollten Wärmebehandlungen nur unter-
halb dieser Temperaturschwelle durchgeführt werden, da Restseigerungen
im Gefüge nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Korngrenzen-
anschmelzungen können in der Übergangszone von Schmelzschweiß-
nähten zum Grundwerkstoff auftreten (s. micro-fissuring, Kap. 16). Auf-
treten und Ausmaß solcher Korngrenzenanschmelzungen sind legierungs-
und herstellungsabhängig und wirken sich besonders bei grobkörnigem
Gefüge auf die mechanischen Eigenschaften aus.

3.1.8 Poren

Poren im Kristall- und Korngefüge von Aluminiumlegierungen entstehen


durch Koagulieren von Leerstellen zu kugelförmigen Hohlräumen und
112 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

durch deren Stabilisieren durch gelösten Wasserstoff (Mikroporosität). Da


die Wasserstofflöslichkeit von Aluminiumschmelzen bei der Erstarrung
um ca. das 20-fache abnimmt, kann eine Übersättigung an Wasserstoff
entstehen, s. Bild 3.3.15. Die Porenbildung wird zudem begünstigt durch
vorhandene innere Oberflächen, wie z.B. Oxideinschlüsse oder Phasen-
grenzen. Porosität ist ein bei Aluminiumgußteilen und Schmelzschweiß-
verbindungen häufig beobachtetes Phänomen, insbesondere wenn das
Schmelzschweißbad nicht genügend vor feuchter Atmosphäre geschützt
wird oder feuchte Zusatzstoffe in den Schmelzprozeß eingeführt werden
(s.a. Schmelze und Schmelzereinigung, Abschn. 3.3). Durch die Beweg-
lichkeit von Leerstellen und Wasserstoffatomen im Kristallgitter können
die Poren geschlossen werden, wenn z.B. durch Warm- und Kaltumfor-
mung das Gefüge durchknetet wird. Die Porosität ist daher bei Knetwerk-
stoffen vernachlässigbar gering. Feuchte Ofenatmosphäre bei der Wärme-
behandlung von Halbzeug kann jedoch zu Blasenbildung an der
Oberfläche führen. Die Blasenbildung erfolgt dabei an der Grenze zwi-
schen rekristallisierter Oberflächenschicht und dem anschließenden
Warmverformungsgefüge.

3.1.9 Oxideinschlüsse

Aluminiumoxid, Al2O3, hat einen Schmelzpunkt von 2050 °C und ist mit
einem spezifisches Gewicht von 3,9 g/cm³ etwa 60% schwerer als die
Aluminiumschmelze. Die Oxidhaut einer Aluminiumschmelze ist extrem
dünn und zäh. Oxidpartikel sind gegenüber der Schmelze inert. Beim Bar-
ren- und Formguß wird die Oxidhaut und der Oxidgehalt der Schmelze
durch Glasfasernetze und Filter zurückgehalten. Dennoch läßt sich nicht
völlig vermeiden, daß Oxidflitter in die Schmelze gelangen, aufgrund des
höheren spezifischen Gewichtes herabsinken und bei der Erstarrung als
Fremdpartikel in das Gefüges eingebaut werden können. Die Qualitätssi-
cherung des Gefüges verlangt eine Begrenzung von Menge und Größe der
Einschlüsse, wie in Bild 3.3.4 dargestellt ist (s.a. Abschn. 3.3.1, Schmelze
und Schmelzereinigung).

3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe

Maßgebend für die Einteilung der Knetlegierungen sind die jeweiligen


Hauptlegierungselemente. Eine Übersicht dazu wurde im vorherigen Ab-
schnitt gegeben. Diese Einteilung ist auch Grundlage der Bezeichnungs-
normen für Aluminiumknetlegierungen in Abschn. 3.4. Im folgenden wer-
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 113

den die Besonderheiten der verschiedenen Legierungsgruppen beschrie-


ben, wobei besonderes Gewicht auf die Legierungsgruppen gelegt wurde,
die für die konstruktiven Anwendungen heute eine überragende Rolle spie-
len. Hierzu gehören vor allem die AlMg(Mn)- und AlMgSi-Legierungen
sowie für die besonderen Anforderungen der Luft- und Raumfahrt die Al-
CuMg- und AlZnMg(Cu)-Legierungen. Unter dem Abschn. 3.2.7 „Sonsti-
ge Knetlegierungen“ werden der Vollständigkeit halber einige Legierungs-
gruppen beschrieben, die heute noch auf sehr spezielle Anwendungen
beschränkt sind.
Die Informationen über Legierungsaufbau und Wärmebehandlung sind
die Grundlage für die Abschätzung des chemischen und mechanischen
Verhaltens, das in den Kap. 5 und 6 behandelt wird. Zahlreiche Zusatzin-
formationen zu einzelnen Legierungsbeispielen sind in diesen Kapiteln
enthalten. Außerdem sei auf die tabellarische Auflistung der Legierungs-
zusammensetzung und von typischen Legierungseigenschaften im Anhang
A.1 und A.2 verwiesen.

3.2.1 Unlegiertes Aluminium

Unter Reinaluminium versteht man Aluminium mit einem Masseanteil von


mindestens 99,00 % bis 99,90 %. Für sog. Glänzqualitäten wird üblicher-
weise Al99,8 (EN AW-1080A) eingesetzt. Höhere Reinheitsgrade mit über
99,98% Masseanteil werden durch Raffination erzeugt. Für die elektroni-
sche Komponentenfertigung werden Reinheitsgrade von über 99,999 %
hinaus verwendet, die durch spezielle Raffinationsverfahren hergestellt
werden.
Die heute übliche Handelsqualität von Reinaluminium-Masseln ist
Al99,7 (EN AB-1070A), die als Mindestreinheitsgrad von Primäralumi-
nium im Elektrolyseprozeß gewonnen wird. Als Standardqualität von tech-
nisch reinem Aluminiumknethalbzeug wird Al99,5 (EN AW-1050A)
verwendet mit zulässigen Beimengungen von maximal 0,25% Si und
0,40% Fe sowie eventuell mit Spuren von weiteren Elementen wie Cu, Zn,
Mn und Ti.
Al99,5 hat im Zustand 0 (weich) nur geringe Festigkeitswerte, jedoch
eine ausgezeichnete Duktilität, die selbst nach starker Kaltverfestigung
(z.B. H18-Zustand) noch eine nennenswerte Bruchdehnung ergibt, vgl.
Bild 3.2.1. Rückglühungen zur Verbesserung der Verformbarkeit (H2X
Zustände) sind deshalb nicht üblich.
Wegen der guten Verarbeitbarkeit, sehr guter Korrosionsbeständigkeit
und toxikologischer Unbedenklichkeit sowie wegen vieler interessanter
physikalischer Eigenschaften (z.B. geringes Absorptions- und hohes Re-
114 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Bild 3.2.1 Einfluß von Kaltverformung durch Walzen auf die Festigkeitseigen-
schaften von Al99,5 (EN AW-1050A-0) mit Angaben der Verfestigungszustände
H12 bis H19. Nach (Lenz et al. 1970)

flexionsvermögen, hohe Wärmeleitfähigkeit und elektrische Leitfähigkeit)


wird Reinaluminium vor allem für funktionale, weniger für strukturelle
Aufgaben eingesetzt. Zur Verbesserung der Steifigkeit werden Walzbänder
häufig mit einer Struktur versehen, die darüber hinaus die Oberflächen-
empfindlichkeit gegen Kratzer mildert. Bild 3.2.2 illustriert die Anwen-
dung von derartigen Strukturblechen als Wärmeabschirmbleche im Unter-
bodenbereich von PKW dar.

Bild 3.2.2 Einsatz von Strukturblech aus EN AW-1050A als Wärmeabschirm-


blech im PKW (Quelle: Alcan (vorm. Alusuisse))
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 115

Als Walzmaterial wird Reinaluminium bis herunter zu 5 µm Foliendicke


hergestellt und gegebenenfalls mit anderen Materialien (Papier, Kunst-
stoffolien) kaschiert. Selbst in Folienstärke stellt Aluminium eine wirk-
same Diffusionssperre für Sauerstoff und andere Gase dar, wodurch die
Haltbarkeit leicht verderblicher Lebens- und Arzneimittel wesentlich ver-
längert wird.
Reinaluminium ist als Offsetplatte heute unverzichtbar für die Druckin-
dustrie. Durch Herstellung von Folien mit besonderer kristallographischer
Textur werden Kondensatorfolien erzeugt, die durch einen Ätzprozeß eine
Vergrößerung der Oberfläche um fast zwei Größenordnungen erfahren und
dadurch hohe Kapazitäten bei geringstem Bauraum ermöglichen, s. Bild
2.7.4.
Eine andere Gruppe von speziellen Walzqualitäten stellen die Glänz-
qualitäten dar. Hierbei handelt es sich meistens um Reinaluminiumquali-
täten mit mehr als 99,8% Reinheitsgrad, die durch Glattwalzen und nach-
folgende chemische und elektrochemische Behandlungsverfahren ihren
Glanzgrad erhalten. Für die Leuchtenindustrie werden neben Glänzquali-
täten spezielle Oberflächen geliefert, die eine hohe, ungerichtete Reflexion
haben und ein diffuses Licht verbreiten.

3.2.2 AlMn-Legierungen

AlMn-Legierungen, Legierungsgruppe EN AW-3xxx, werden fast aus-


nahmslos als Knetlegierungen und vorwiegend in der Form von Walzpro-
dukten, gezogenen und geschweißten Rohren sowie Profilen verwendet.
Sie gehören zur Gruppe der nicht aushärtbaren Legierungen und werden je
nach Festigkeitsanforderungen überwiegend in kaltverfestigten Werkstoff-
zuständen eingesetzt. AlMn-Legierungen zählen zu den niedrig festen Le-
gierungen und werden daher weniger zu den Konstruktionslegierungen als
vielmehr zu den Funktionslegierungen gerechnet. Wegen des sehr guten
Korrosionswiderstandes finden diese Legierungen vor allem Anwendun-
gen für Dosenkörper in der Verpackungsindustrie, für den Gerätebau in der
chemischen Industrie, für unbeschichtete Dach- und Wandverkleidungen
im Bauwesen sowie für alle Anwendungen im Wärmeaustauscherbereich,
einschließlich der Radiatoren für Motorenkühlung, Klimaanlagen und gas-
und flüssigkeitsleitende Rohrleitungen. Eine Zuordnung verschiedener Le-
gierungsvarianten zu einzelnen Anwendungsgebieten zeigt Tabelle 3.2.1.
Mangan hat eine begrenzte Löslichkeit im α-Mischkristall von maximal
1,8 Gew.-%, die mit abnehmender Temperatur stark abnimmt, s. Bild
3.1.9, und nur einen geringen Einfluß auf die Schmelztemperatur des Alu-
miniums ausübt. Mn gehört zur Gruppe der langsam diffundierenden Le-
116 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

gierungselemente im Aluminium und scheidet sich bei der Barrenhomoge-


nisierung abhängig von Glühtemperatur und -zeit als eine feine, nicht ko-
härente Teilchendispersion der Gleichgewichtsphase MnAl6 im Gefüge
aus, s. Bild 3.2.3, die im mittleren Temperaturbereich thermisch sehr stabil
sind. Dadurch wird eine Dispersionshärtung erzeugt, die dem weichge-
glühten Material gegenüber unlegiertem Aluminium eine Festigkeitssteige-
rung von etwa 25% verleiht, s. Tabelle A.1.2 im Anhang. Die Dispersion
der Mn-haltigen Phase wirkt auch bei der Kornfeinung und erschwert die
Rekristallisation. Allerdings ist der Beitrag der geringeren Korngröße zur
Festigkeitssteigerung von AlMn-Legierungen gering.

Tabelle 3.2.1 Zuordnung von AlMn-Legierungen zu verschiedenen Anwen-


dungsbereichen
Legierungsbe- AlMn1 AlMn1- AlMn0,5 AlMn1- AlMn1- AlMn1- AlMn0,2
zeichnung Cu -Mg0,5 Mg0,5 Mg1 Mg1Cu
Numerische Bez. 3103 3003 3105 3005 3004 3104 3102
Dachdeckung, Fas- x x
sadenbekleidung
Rolläden, Rolltore x x
Druckbehälter x
Druckgasbehälter x
Rohrleitungen x
Wärmetauscher x x x x
Verpackung x x x x
(Dosenkörper)

Bild 3.2.3 MnAl6-Dispersion mit einer Teilchengröße von etwa 0,1 µm in Legie-
rung AlMn1Mg1Cu (Elektronenmikroskopische Durchstrahlungsaufnahme)
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 117

Zur Mischkristallhärtung werden geringe Mengen von Mg zulegiert so-


wie bis maximal 0,20 Gew.-% Cu, letzteres jedoch auch zur Beeinflussung
des Korrosionsverhaltens. Wegen der hohen Duktilität der AlMn-Legie-
rungen werden diese überwiegend in verfestigten Zuständen verwendet.
Gegenüber dem Zustand „weich“ (0) vervierfacht sich die Streckgrenze
bzw. verdoppelt sich die Zugfestigkeit im Zustand „hart“ (H18).
AlMn(Cu)-Legierungen eignen sich wegen ihrer hohen Solidustempe-
ratur ausgezeichnet zum Hartlöten. Zu diesem Zweck werden sie einseitig
oder beidseitig mit einer 10-prozentigen Lotplattierschicht, z.B. aus den
Lotlegierungen AlSi10Mg1,5 (4004), AlSi10 (4045), oder AlSi7,5 (4343),
versehen. Zur weiteren Verbesserung des Korrosionsverhaltens bei Wär-
metauschern dient auch eine Plattierung mit einer Zn-haltigen Legierung,
z.B. AlZn1 (7072), s. Abschn. 2.1 .

3.2.3 AlMg(Mn)-Legierungen

Al-Mg-Legierungen der Legierungsgruppe 5xxx werden üblicherweise als


nicht aushärtbaren Legierungen mit niedrigem bis mittlerem Festigkeitsni-
veau eingestuft. In jüngerer Zeit wurden jedoch auch AlMg-Legierungen
entwickelt, die durch Zusatz bestimmter Elemente (Cu, Li, Sc) auch aus-
härtenden Charakter haben. Die folgenden Darstellungen befassen sich zu-
nächst mit der industriell wichtigen Gruppe der nicht aushärtbaren, natur-
harten AlMg- bzw. AlMgMn-Legierungen. Ergänzend werden die Ent-
wicklungen aushärtbarer AlMg-Werkstoffe dargestellt, da diese Legierun-
gen aus Sicht der Anwendungstechnik und des Leichtbaus ein interessantes
Zukunftspotential haben.

Naturharte AlMg(Mn)-Legierungen
Die Festigkeitssteigerung beruht auf Mischkristallverfestigung durch Ma-
gnesium. Die maximale Löslichkeit von Mg in Aluminium im festen Zu-
stand beträgt bei 450 °C 17,4 Gew.-% (Mondolfo 1976). Die Löslichkeit
reduziert sich mit abnehmender Temperatur und beträgt bei 230 °C ca.
3,2% und bei Raumtemperatur 1,9 Gew.-% (Hansen et al. 1958, Mondolfo
1976), s. Bild 3.1.9. Trotz dieser starken Temperaturabhängigkeit der Sol-
vuskurve wird bei den handelsüblichen AlMg(Mn)-Legierungen keine
Ausscheidungshärtung beobachtet. Der α-Mischkristall steht im Phasen-
gleichgewicht mit der β-Phase Mg5Al8. Ihr Schmelzpunkt ist 450 °C
(Hatch 1983). Die Erstarrung erfolgt eutektisch. Die Diffusion von Magne-
sium in Aluminium ist äußerst träge, so daß bei normalen Erstarrungsbe-
dingungen selbst bei Mg-Gehalten von 4 bis 5 Gew.-% ein Teil des Mg-
Gehaltes als β-Phase in interdendritischen Seigerungszonen vorliegt.
118 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Bild 3.2.4 Einfluß des Mg-Gehaltes auf die Fließkurven von AlMg-Legierungen
im Zustand weich (0) mit Merkmalen von Lüdersdehnung und dynamischer Reck-
alterung, nach (Ryen et al. 2004). Zugversuche an Walzmaterial bei Raumtempe-
ratur mit Standardprüfgeschwindigkeiten

Die hohe Löslichkeit im festen Zustand sowie die wirksame Mischkri-


stallverfestigung infolge des vergleichsweise größeren Atomradius machen
Magnesium zum bevorzugten Legierungselement für eine substitutionelle
Mischkristallhärtung von Aluminium. AlMg-Knetlegierungen enthalten
üblicherweise zwischen 1 und 5 Gew.-%, AlMg-Gußlegierungen bis zu 9
Gew.-% Mg. Den starken Einfluß der Magnesiumkonzentration auf die Fe-
stigkeit bzw. Fließkurve erkennt man aus den Bildern 3.2.4 und 3.2.5.
Mg erhöht den Fließwiderstand nicht nur sehr effizient bei Raumtempe-
ratur, sondern auch bei hohen Warmformgebungstemperaturen. Aus die-
sem Grunde, und weil bei stranggepreßten Konstruktionsprofilen auch eine
Festigkeitssteigerung durch nachträgliche Kaltverfestigung meistens aus-
geschlossen werden muß, werden AlMg-Legierungen nur in Ausnahme-
fällen zu Konstruktionsprofilen verarbeitet. Der überwiegende Teil der
AlMg-Legierungen wird zu Walzprodukten, ein geringerer Teil zu Preß-
profilen mit einfachen Querschnitten, zu Rohren, Stangen, Drähten sowie
zu Gesenk- und Freiformschmiedeteilen verarbeitet. Es gibt jedoch nur
wenige binäre handelsübliche AlMg-Legierungen. Hierzu gehören EN
AW-AlMg1(C) (EN AW-5005A) und EN AW-AlMg1,5 (EN AW-5050).
Alle anderen, höher legierten AlMg-Legierungen haben kleinere oder grö-
ßere Zusätze von Dispersionsbildnern, vornehmlich Mn und Cr. Diese ha-
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 119

ben eine gewisse festigkeitssteigernde Wirkung, dienen aber hauptsächlich


zur Stabilisierung des Korngefüges bei der Warmumformung, zur Steue-
rung der Rekristallisation und auch zur weiteren Verbesserung der Korro-
sionsbeständigkeit. Die Dispersionsbildner Mn und Cr wirken sich auch
auf das plastische Verhalten positiv aus, indem sie das mit dem Mg-Gehalt
zunehmende planare Gleitverhalten von Versetzungen begrenzen und zu
einem homogeneren Gleitverhalten beitragen. In den letzten Jahren haben
geringe gleichzeitige Zusätze von Scandium und Zirkon in AlMg(Mn)-Le-
gierungen besondere Aufmerksamkeit erlangt, da diese Zusätze ein extrem
feines Guß- und Korngefüge bewirken und dadurch die mechanischen Ei-
genschaften, insbesondere auch von Schweißverbindungen, deutlich ver-
bessern (Zakharov 2003, Carroll et al. 2000, Fuller et al. 2003, Marquis
2003, Dougherty et al. 2003, Riddle et al. 2004). Wegen der hohen Kosten
von Scandium bleiben diese interessanten Entwicklungen jedoch Sonder-
zwecken wie dem Flugzeugbau vorbehalten.
Die Schmelzschweißbarkeit und Korrosionsbeständigkeit sowie die
Duktilität der AlMg(Mn)-Legierungsgruppe bei tiefen Temperaturen sind
ausgezeichnet, so daß diese Legierungen besonders für den Schiffbau, für
den chemischen Apparatebau, die Kältetechnik sowie für den Automobil-
und Nutzfahrzeugbau geeignet sind. Zu den Standardkonstruktionslegie-
rungen für allgemeine Anwendungen zählen insbesondere die Legierungen
AlMg3Mn (EN AW-5754) und AlMg4,5Mn0,7 (EN AW-5083). Für den
Karosseriebau hat sich wegen der guten Kombination von Festigkeit und
Umformbarkeit die Walzlegierung AlMg4,5Mn0,4 (EN AW-5182) durch-
gesetzt. Die Anwendung ist allerdings wegen der Neigung zu Fließfiguren
und der sich oberflächlich abzeichnenden Aufrauhungen durch dynami-
sche Reckalterung auf nicht dekorative Teile beschränkt.

Einfluß des Mg-Gehaltes auf die mechanischen Eigenschaften

Die im Zugversuch bei Raumtemperatur ermittelten mechanischen Eigen-


schaften von AlMg-Legierungen sind in Bild 3.2.5 in Abhängigkeit vom
Mg-Gehalt dargestellt. Hierbei handelt es sich um Versuchslegierungen
auf der Basis Al99,99 aus zwei verschiedenen Untersuchungen (Falken-
stein et al. 1983, Yanagawa et al. 1993). Geringfügige Unterschiede zwi-
schen den Ergebnissen der beiden Versuchsreihen sind auf unter-
schiedliche thermische Vorbehandlung und prüftechnische Auswertung
zurückzuführen.
120 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Bild 3.2.5 Festigkeitseigenschaften Rp0,2 und Rm, Verfestigungsexponent n,


Gleichmaßdehnung Ag, Bruchdehnung A5 bei Raumtemperatur von binären
AlMg-Legierungen auf Reinstbasis. Versuchsreihe bis 5 Gew.-% Mg nach (Fal-
kenstein et al. 1983), über 5% Mg nach (Yanagawa et al. 1993). Der gestrichelte
Verlauf der Bruchdehnung ist geschätzt

Neben der annähernd linearen Abhängigkeit der Festigkeitswerte, Rp0,2


und Rm, vom Mg-Gehalt ist die gleichzeitige Zunahme der Gleichmaßdeh-
nung, Ag, und des Verfestigungsexponenten, n, bemerkenswert. Diese
Steigerung des Verfestigungsvermögens ist verbunden mit einem zuneh-
mend planaren Gleitverhalten der Versetzungen, wie im Bild 3.2.6 deutlich
wird (Falkenstein et al. 1983). Bei 8% Mg wird nach (Yanagawa et al.
1993) keine Bildung von Versetzungszellen mehr beobachtet. Dieses Ver-
halten ist auf die Herabsetzung der Stapelfehlerenergie durch den Mg-
Legierungsanteil zurückzuführen, s. Abschn. 3.1. Weiterhin zeigt Bild
3.2.5, daß die Brucheinschnürung mit zunehmendem Mg-Gehalt verringert
wird, was vermutlich durch einen wachsenden Scherbruchanteil verursacht
wird, s. hierzu Abschn. 6.3, sowie durch die negative Dehnratenempfind-
lichkeit der Fließspannung im Einschnürbereich (Clausen et al. 2004).
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 121

a) AlMg1 b) AlMg3 c) AlMg5


Bild 3.2.6 Einfluß des Mg-Gehaltes auf die Versetzungsstruktur nach jeweils 5%
Kaltverformung im Zugversuch (Falkenstein et al. 1983)

Einfluß der Korngröße auf die mechanischen Eigenschaften


von AlMg-Legierungen
Die Fließgrenze, Rp0,2, von AlMg-Legierungen gehorcht der Hall-Petch
Gesetzmäßigkeit, s. Tabelle 3.1.5 und Bild 3.1.7. Mit steigendem Mg-Ge-
halt nimmt die Korngrößenabhängigkeit der 0,2%-Dehngrenze zu, d.h. die
0,2%-Dehngrenze wird durch Grobkörnigkeit bei höher legiertem Material
stärker reduziert als bei niedrig legiertem. Da hierdurch das Verfesti-
gungsvermögen gesteigert wird, sollte auch die Gleichmaßdehnung mit
größerem Korndurchmesser zunehmen, was von (Yanagawa et al. 1993)
sowohl für reine binäre als auch für Cr-haltige AlMg-Legierungen mit
Korngrößen zwischen 10 und 250 µm auch beobachtet wurde, s. Bild
3.2.7.

Bild 3.2.7 Einfluß der Korngröße auf die Gleichmaßdehnung von binären und Cr-
haltigen AlMg-Legierungen, nach (Yanagawa et al. 1993)
122 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Thermische Stabilität der Kaltverfestigung

Bereits bei Raumtemperatur ist der Kaltverfestigungszustand von AlMg-


Legierungen nicht stabil; es kommt zu einer begrenzten Entfestigung. Die-
ser Entfestigungsvorgang beruht auf der diffusionsbedingten Umordnung
von Mg-Atomen, die durch erhöhte Leerstellenkonzentration und durch
Diffusion entlang von Versetzungen ermöglicht wird, und wodurch die
Versetzungsblockierung vermindert wird. Diese Entfestigung kann man
durch eine kurzzeitige Stabilisierungsglühung bei Temperaturen zwischen
120 und 180 °C vorwegnehmen und so die Lagerfähigkeit verbessern.
Deshalb werden kaltverfestigte AlMg-Legierungen mit höherem Mg-Ge-
halt im stabilisierten H3X-Zustand geliefert. Für die Legierungen EN AW-
5083 und EN AW-5086 wurde der spezielle kaltverfestigte Zustand H116
entwickelt, der durch eine besondere thermomechanische Prozeßkette ei-
nen hohen Widerstand gegen Schichtkorrosion nach ASTM G 66-86 auf-
weist.
Die Lackeinbrennung von kaltverfestigtem Material wird üblicherweise
im Temperaturbereich zwischen 160 und 200 °C mit einer Gesamtdauer
von 20 Minuten bis 1 Stunde durchgeführt und bewirkt deshalb eine Entfe-
stigung. Diese Entfestigung ist von Bedeutung für die Anwendung des Ka-
rosserieblechwerkstoffs EN AW-5182 (AlMg4,5Mn0,4). Angaben enthält
Bild 3.2.8 (Falkenstein et al. 1978), s. hierzu auch Bild 3.2.13 über den
Einfluß von Kupfer auf das Entfestigungsverhalten im Abschnitt „Aus-
härtbare AlMgCu-Legierungen“.

Bild 3.2.8 Einfluß von Vorverformung und Lackeinbrennung (1 h/180 °C) auf die
0,2-Dehngrenze von Legierung EN AW-5182-0, nach (Falkenstein et al. 1978)
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 123

Erwärmen von Legierungen mit höherem Mg-Gehalt auf Temperaturen


zwischen 150 und 200 °C erhöht die elektrische Leitfähigkeit, was auf
Ausscheidungen von Magnesium in Form der β-Phase zurückgeführt wird
(Wen 2003). Diesen Vorgang beobachtet man auch bereits bei langzeiti-
gem Erwärmen auf Temperaturen oberhalb von 80 °C. Dabei scheidet sich
die β-Phase als kontinuierlicher Korngrenzensaum aus. Der gegenüber
dem α-Mischkristall elektrochemisch unedlere Charakter der β-Phase führt
unter Korrosionseinfluß zur bevorzugten Auflösung der β-Phase an den
Korngrenzen und erzeugt interkristalline Korrosion (s. Abschn. 5.3).
Durch eine Heterogenisierungsglühstufe nach einer Weichglühung bei
Temperaturen um 220 bis 240 °C kann man den kontinuierlichen Korn-
grenzensaum jedoch verhindern und in eine „perlschnurartige“ Ausbildung
der β-Phase überführen und so den Korrosionswiderstand wesentlich ver-
bessern.
Die thermische Sensibilisierungsneigung von Legierungen mit mehr als
3–4 % Mg hat dazu geführt, für sicherheitsrelevante Teile, die im Laufe
des Betriebseinsatzes thermischen Belastungen ausgesetzt sein können –
wie z.B. PKW-Räder –, den Mg-Gehalt auf 3,0 bis 3,5 % zu begrenzen.
Zum Einsatz kommen hier Legierungen vom Typ AlMg3Mn (EN AW-
5454).
Die Kaltverfestigung kann teilweise oder vollständig durch Entfesti-
gungs- oder Weichglühung rückgängig gemacht werden, s. Bild 3.2.37.

Fließfiguren durch Lüdersdehnung und dynamische Reckalterung

Eine charakteristische Eigenschaft der AlMg(Mn)-Legierungen ist die


Ausbildung von Fließfiguren bei plastischer Verformung, die im Span-
nungs-Dehnungsdiagramm sowohl als Streckgrenzeneffekte (Lüdersdeh-
nung, Fließfigurentyp A) als auch durch „sägezahnartigen“ Spannungs-
verlauf als dynamische Reckalterung (Portevin-LeChatellier-Effekt, PLC,
Fließfigurentypen B) erkennbar sind (Portevin et al. 1923), s. Bilder 3.2.4
und 3.2.11. Der PLC-Effekt setzt – abhängig von der Legierungszusam-
mensetzung und Vorbehandlung – bei einem kritischen Dehnungsgrad ein,
und mit weiterer Verformung nehmen die Spannungsausschläge an
Intensität zu, wie Bild 3.2.12 deutlich zeigt. Die Effekte werden um so
markanter, je steifer die Prüfmaschine ist.
Die Lüdersdehnung äußert sich in großflächigen, flammenförmigen
Fließfiguren (Lüdersbänder) auf Oberflächen von verformten Blechteilen.
Dynamische Reckalterung (PLC) zeigt sich dagegen als streifenförmige
Aufrauhungen der Materialoberfläche unter einem Winkel von etwa 50 bis
60° zur Hauptbeanspruchungsrichtung. Beispiele für die Ausbildung von
124 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Fließfigurentypen A und B sind für Feinbleche der Karosserieblechlegie-


rung AlMg4,5Mn0,4 (EN AW-5182-0) in Bild 3.2.9 dargestellt.

a) b)
Bild 3.2.9 Fließfiguren auf Feinblechen der Legierung AlMg4,5Mn0,4-0 (EN
AW-5182-0). a) Typ A (Lüdersfiguren) und b) Typ B (Portevin-LeChatellier-Ef-
fekt) (Quelle: Corus Group)

Diese für AlMg-Legierungen typischen Erscheinungen sind abhängig


vom Mg-Gehalt der Legierung und von der Korngröße sowie von der Ver-
formungsgeschwindigkeit und Verformungstemperatur. Wegen ihrer Be-
deutung für den Einsatz als Blechformteile werden die Ursachen und
Grenzen für das Auftreten von Fließfiguren in AlMg-Legierungen nach-
folgend eingehender behandelt.
Fließfiguren Typ A, s. Bild 3.2.9a, treten bei Mg-Gehalten über 0,6 bis
0,9 Gew.-% in weich geglühtem Material mit rekristallisiertem Kornge-
füge auf (Altenpohl 1965). Der Mechanismus ist weitgehend erforscht: Bei
Erreichen der Streckgrenze wird in einem günstig orientierten Korn oder
Kornbereich die kritische Schubspannung erreicht, bei der sich blockierte
Versetzungen von den Mg-Atomen losreißen. Die entstehenden Gleitbän-
der erzeugen Spannungskonzentrationen an den Korngrenzen und verursa-
chen das Losreißen von Versetzungen im benachbarten Korn. Für das
Fortsetzen dieses Prozesses ist praktisch keine zusätzliche Kraft- oder
Spannungserhöhung erforderlich, wodurch sich die Unstetigkeit in der
Fließkurve ergibt, die als Lüdersdehnung bezeichnet wird. So entstehen
von einzelnen Orten im Material ausgehend isolierte Wellen plastischer
Verformung, die sich sehr heterogen über der beanspruchten Blechebene
ausdehnen und die typischen flammenförmigen Verformungsbereiche er-
zeugen. Typ-A-Fließfiguren heben sich deutlich auf polierten oder lackier-
ten Oberflächen hervor und wirken bei der Blechumformung besonders
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 125

störend. Das Ausmaß der Typ-A-Fließfiguren kann jedoch durch thermo-


mechanische Vorbehandlung, z.B. durch Abschrecken nach dem Glühen
bei 500 °C, geringe Vorverformung durch Rollenrichten oder Nachwalzen
(Zustand H111), und auch durch Einstellen eines gröberen Korndurchmes-
sers verringert oder gar vermieden werden (sog. „fließfigurenfreie“ (ssf =
stretcher strain free) bzw. „fließfigurenarme“ (ffa) Werkstoffzustände).
Fließfiguren Typ B, s. Bild 3.2.9b, gehen wie die Typ-A-Fließfiguren
zwar auf den gleichen Mechanismus des Losreißens beweglicher Verset-
zungen von ihrer Blockade durch gelöste Mg-Atome zurück, können je-
doch nicht durch die gleichen Maßnahmen gemildert oder vermieden wer-
den. Dynamische Reckalterungserscheinungen nehmen bei Legierungs-
gehalten über 0,5% Mg deutlich zu. Die Intensität der Spannungsaus-
schläge wird durch eine Vorverformung verstärkt und durch gröberes Korn
gemildert. Eine Texturabhängigkeit wurde nicht gefunden. Die kritische
Anfangsdehnung ist abhängig vom Mg-Gehalt, von der Temperatur und
Dehnungsgeschwindigkeit sowie von der Korngröße. Sie nimmt mit zu-
nehmender Dehnungsgeschwindigkeit und abnehmender Temperatur zu, s.
auch Bild 3.2.11. Die Vorstellung über den metallphysikalischen Mecha-
nismus ist, daß neue bewegliche Versetzungen auf blockierte Versetzun-
gen oder einen Versetzungswald stoßen und dabei Mg-Atome überneh-
men, die wiederum zur Blockierung der beweglichen Versetzungen führen.
Dadurch steigt die Fließspannung bis zu einem kritischen Wert, bei dem
die Versetzungen sich von ihren Verankerungen losreißen und dadurch ein
plötzliches Absinken der Fließspannung verursachen. Dieses Absinken der
Fließspannung ist abhängig von der Versetzungsdichte, die mit dem Ver-
formungsgrad zunimmt. Die Beweglichkeit der Mg-Atome im Mischkri-
stallgitter wird einerseits durch die Bildung von Mg-Leerstellen-Komple-
xen und andererseits durch beschleunigte Diffusion entlang von Verset-
zungen (pipe diffusion) erhöht. Die damit verbundene Aktivierungsenergie
ist niedriger als die Aktivierungsenergie für Volumendiffusion. Neuere Be-
rechnungen zeigen, daß dennoch die PLC-Effekte in AlMg-Legierungen
nur mit zusätzlicher Unterstützung von Leerstellen erklärt werden können
(Picu et al. 2004). Höhere Verformungsgeschwindigkeiten erlauben nicht
mehr die notwendige Mg-Diffusion und reduzieren dadurch das Ausmaß
der Versetzungsblockierung (Reed et al. 2003) bzw. lassen ab einer be-
stimmten Verformungsgeschwindigkeit den PLC-Effekt nicht mehr auf-
treten.
Der PLC-Effekt ist ein thermisch aktivierter Vorgang, so daß bei gleich-
zeitiger Erhöhung von Verformungsgeschwindigkeit und -temperatur die
jeweiligen Einflüsse sich gegenseitig ganz oder teilweise aufheben. Das
Auftreten bzw. Vermeiden des PLC-Effektes wurde bei der Legierung
126 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

AlMg4,5Mn0,4 (EN AW-5182-0) besonders eingehend untersucht und die


Grenzen bezüglich Verformungstemperatur und -geschwindigkeit ermit-
telt. Bei Temperaturen über 120 °C und geringen Verformungsgeschwin-
digkeiten bzw. bei Raumtemperatur und hohen Verformungsgeschwindig-
keiten (> 1 s–1 ) tritt der PLC-Effekt nicht mehr auf (Abbadi et al. 2002,
Picu et al. 2005). Bild 3.2.10 zeigt bei niedrigen Verformungsge-
schwindigkeiten den Temperaturbereich, in dem der PLC-Effekt auftritt,
sowie den Verlauf der 0,2%-Dehngrenze, der Bruchdehnung und der
Dehnratenempfindlichkeit der Legierung EN AW-5182-0 nach Untersu-
chungen von Picu et al. (Picu et al. 2005). Ähnliche Abhängigkeiten wur-

Bild 3.2.10 Einfluß der Prüftemperatur auf die 0,2%-Dehngrenze, die Bruchdeh-
nung und die Dehnratenempfindlichkeit der Legierung EN AW-5182-0 (Blech-
dicke 1,0 mm) nach Untersuchungen von Picu et al. 2005
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 127

den bei der Legierung AlMg4,5Mn0,7 (EN AW-5083) (Naka et al. 1999,
Clausen et al. 2004) und AlMg4Mn (EN AW-5086) (Wagenhofer et al.
1999) beobachtet.
Für die Legierungen EN AW-5083-0 und EN AW-5182 ist der Exi-
stenzbereich des PLC-Effekts als Funktion von Temperatur und Formän-
derungsgeschwindigkeit nach Literaturangaben in Bild 3.2.11 abgesteckt.
Das Feld der Legierung EN AW-5182-0 stimmt weitgehend mit den ana-
logen Erscheinungen bei EN AW-5083-0 überein, wird allerdings auf
Temperaturen unterhalb von 120 bis 140 °C begrenzt. Außerdem wurde
beobachtet, daß die Oberflächenqualität des Materials eine Rolle spielt und
die PLC-Domäne bei polierten Oberflächen eingeengt wird (Abbadi et al.
2002).

Bild 3.2.11 Existenzbereich von Fließfiguren verursacht durch dynamische Reck-


alterung (PLC-Effekt) in Abhängigkeit von Temperatur und Formänderungsge-
schwindigkeit der Legierungen AlMg4,5Mn07 (EN AW-5083-0) (Naka et al.
1999) und AlMg4,5Mn0,4 (EN AW-5182-0) (Abbadi et al. 2002, Picu et al.
2005).

Die einzelnen oben besprochenen Einflüsse auf das Auftreten und die
Intensität des PLC-Effektes in AlMg(Mn)-Legierungen lassen sich wie
folgt schematisch zusammenfassen (zunehmend ↑, abnehmend ↓) darstel-
len:
128 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Einflußfaktor PLC-Effekt Bemerkung


Mg-Gehalt ↑ ↑ ab etwa 0,5 % Mg
Korngröße ↑ ↓
Verformungsgrad ↑ ↑
Verformungsgeschwindigkeit ↑ ↓
Verformungstemperatur ↑ ↓

Die seit langem bekannten Reckalterungserscheinungen in AlMg-Legie-


rungen wurden neuerdings sehr gründlich untersucht mit dem Ziel, das
Verfestigungs- und Entfestigungsverhalten Modellierungsrechnungen zu-
gänglich zu machen, die auf realistischen physikalischen Grundlagen auf-
bauen (Verdier et al. 1999, Abbadi et al. 2002, Reed et al. 2003, Tian
2003, Picu et al. 2004, Klose et al. 2004, Picu et al. 2005). Das Verständnis
für das Auftreten und Vermeiden von dynamischen Reckalterungserschei-
nungen ist auch von wirtschaftlicher Bedeutung, da AlMg-Legierungen
trotz ihrer guten Umformbarkeit nicht für dekorativ anspruchsvolle An-
wendungen, wie Außenhautteile von PKW, verwendet werden können.

Auswirkungen des PLC-Effektes auf Fließkurve und Duktilität

Bei Raumtemperatur und niedrigen Verformungsgeschwindigkeiten ver-


stärkt der PLC-Effekt die Verfestigungsrate und trägt dadurch zur Erhö-
hung der Gleichmaßdehnung und des Fließwiderstands bei. Hierdurch er-
klärt sich auch die ungewöhnliche Tatsache, daß bei Al-Mg-Legierungen
nicht nur die Fließspannung, sondern auch die Bruchdehnung mit zuneh-
mendem Legierungsgehalt zunehmen, s. Bilder 3.2.5 und 3.2.7.
Ein weiteres ungewöhnliches Phänomen von Al-Mg-Legierungen ist die
Umkehrung des Effekts der Formänderungsgeschwindigkeit auf den Fließ-
widerstand bei Raumtemperatur. Bei erhöhter Geschwindigkeit verringern
sich das Verfestigungsvermögen und die Gleichmaßdehnung, und die
Fließkurve verläuft auf niedrigerem Niveau. Bild 3.2.12 zeigt Beispiele
von Fließkurven der Legierung 5086 (Wagenhofer et al. 1999). Es ist zu
erkennen, daß der inverse Dehnrateneffekt auch bei verfestigtem Material
bestehen bleibt. Dieses Phänomen wird ebenfalls auf den Mechanismus
der dynamischen Reckalterung zurückgeführt und betrifft bei Raumtempe-
ratur den Bereich der Formänderungsgeschwindigkeit < 1 [s-1]. Bei Form-
änderungsgeschwindigkeiten > 1 [s-1] nimmt die Duktilität (gemessen als
Brucheinschnürung) wieder deutlich zu und folgt in diesem Bereich dem
für viele Aluminiumlegierungen typischen Verhalten, s. Abschn. 6.5. Aus
den Fließkurven in Bild 3.2.12 ist auch zu erkennen, daß der Reckalte-
rungseffekt erst nach einem kritischen Dehnungsbetrag einsetzt und letzte-
rer mit zunehmender Dehnungsgeschwindigkeit deutlich zunimmt.
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 129

Bild 3.2.12 Einfluß der Dehnungsgeschwindigkeit auf den PLC-Effekt, die Fließ-
kurve und die Gleichmaßdehnung der Legierung 5086 in den Zuständen „weich“,
H32 und 20% kaltverformt. Prüfung bei Raumtemperatur und den angegebenen
Dehnungsgeschwindigkeiten, nach (Wagenhofer et al. 1999)

Aushärtbare AlMgCu-Legierungen
Diese Untergruppe der klassischen AlMg(Mn)-Legierungen hat außerhalb
Japans bisher wenig Beachtung gefunden. Ziel der Legierungsentwicklung
war, die entfestigende Wirkung der Lackeinbrennung und die Fließfigu-
renanfälligkeit zu beseitigen, um den Einsatz dieser ausgezeichnet um-
formbaren AlMg-Werkstoffe im Karosseriebau zu fördern (Hino et al.
1991). Es handelt sich um die beiden Legierungen KS5030 (AlMg4,5
Cu0,35) und KS5032 (AlMg5,5Cu0,35), die im Internationalen Registrati-
on Record unter den Bezeichnung AA 5022 bzw. AA 5023 geführt wer-
den. Kupferzusatz zu AlMg-Legierungen erhöht die Festigkeit und außer-
dem die thermische Stabilität der Ausscheidungsphasen.
Wie bei anderen ausscheidungshärtenden Legierungen ist ein Lösungs-
glühen und schnelle Abkühlung erforderlich, um den Aushärtungsvorgang
bei Temperaturen um 180 °C auszulösen. Der geringe Cu-Gehalt erzeugt
eine Ausscheidung von GPB(II)-Zonen bzw. S’’ (Al2MgCu) vornehmlich
an Versetzungen, so daß bei kaltverformtem Material während der Lack-
einbrennung der Entfestigungsprozeß vermindert und zusätzlich eine mo-
130 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

derate Ausscheidungshärtung stattfindet (Ratchev et al. 1998, Kovarik et


al. 2004).
Vor der Umformung liegt das Material im Zustand T4 (kaltausgehärtet)
vor, wobei durch die Kaltauslagerung jedoch keine nennenswerte Festig-
keitssteigerung gegenüber dem weichen Zustand (0) von Cu-freien AlMg-
Legierungen mit vergleichbarem Mg-Gehalt verursacht wird. Dennoch
kann man vermuten, daß in Analogie zu den AlCuMg-Legierungen durch
den Leerstellenüberschuß nach Abschrecken Cu/Mg-Cluster gebildet wer-
den. Hierin mag eine Erklärung für die angebliche Verringerung bzw.
Vermeidung von Fließfigurenbildung durch Lüdersdehnung und PLC-Ef-
fekt (Hino et al. 1991) zu finden sein. Die hohe Kaltverfestigung dieser
Legierungen erzeugt bereits bei geringen Verformungsgraden eine deutli-
che Erhöhung der 0,2-Dehngrenze (z.B. von 140 auf 175 MPa bei 2% Re-
ckung), die durch eine Lackeinbrennung (30 Min./175 °C) nicht wieder
eingebüßt wird (Hino et al. 1991), vgl. demgegenüber das Verhalten von
Cu-freien AlMg-Legierungen in Bild 3.2.8. Bei höheren Umformgraden
kann es zu einer begrenzten Entfestigung kommen, jedoch scheinen Werte
der 0,2-Dehngrenze um 200 MPa durchaus realistisch zu sein, s. Bild
3.2.13. In der absehbaren Entwicklungstendenz werden die Temperaturen

Bild 3.2.13 Einfluß von Lackeinbrennzyklen auf die 0,2-Dehngrenze von


AlMg4,5Mn0,4 mit 0,35% Cu-Zusatz im Vergleich mit der Karosserieblechlegie-
rung AlMg0,4Si1,2-T4 (EN AW-6016) (Hirsch 1997). Die untere Kurve bezieht
sich auf Material mit simulierter Coil-Glühung, die dem Verhalten von Cu-freiem
Material entspricht. Die mittlere Kurve betrifft eine simulierte Banddurchlaufglü-
hung analog zur Lösungsglühbehandlung der Legierung EN AW-6016
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 131

der Lackaushärtung in Zukunft auf 150–160 °C sinken, bei denen die heu-
tigen AlMgSi-Legierungen nur nach sehr viel längeren Zeiten aushärten.
Diese Entwicklung wird zweifellos in Zukunft die Bedeutung der
AlMg(Cu)-Legierungen für den Karosseriebau erhöhen.
Untersuchungen der Korrosionsbeständigkeit, insbesondere der Span-
nungskorrosionsempfindlichkeit und des Widerstands gegen Filiformkor-
rosion von Zink-phosphatierten AlMgCu-Blechen, haben gezeigt, daß der
geringe Cu-Gehalt gegenüber den Cu-freien AlMgMn-Legierungen keinen
Nachteil bringt (Hino et al. 1991).

3.2.4 AlCu(Mg,Si)-Legierungen

Das Aluminium-Kupfer-Legierungssystem ist die Basis für eine Reihe


wichtiger mittel- bis höchstfester Knet- und Gußlegierungen, die zur
Gruppe der aushärtbaren Legierungen zählen. Mit Cu-Gehalten zwischen 3
und 6 Gew.-% und mit Zusätzen von Mg, Mn und Si werden Walz-,
Schmiede-, Preß- und Ziehprodukte hergestellt, die vor allem im Flug-
zeugbau Verwendung finden (Legierungen EN AW-2014, EN AW-2017A,
EN AW-2024, EN AC-21100).
Zusätze von Blei (Pb) und Wismut (Bi) erzeugen niedrig schmelzende
Phasen, die die Zerspanbarkeit durch Kurzspanbildung verbessern (EN
AW-2007, EN AW-2011). Höhere Warmfestigkeit wird durch Zusatz von
Ni und Fe erzielt (EN AW-2618A).
Bei Cu-Gehalten von 0,3 bis 5 Gew.-% neigen Aluminiumlegierungen
beim Schmelzschweißen zur Warmrißbildung und werden allgemein als
nicht oder nur schwer schmelzschweißbar betrachtet. Erst mit einem Cu-
Gehalt von mehr als 6 Gew.-% ist die Schmelzschweißbarkeit gegeben
(EN AW-2219).
AlCu(Mg,Si)-Legierungen haben in korrosiver Atmosphäre aufgrund
des hohen Cu-Gehaltes unzureichendes Lochkorrosionsverhalten und be-
dürfen der Einhaltung enger Grenzen der Wärmebehandlungsparameter –
insbesondere hoher Abschreckgeschwindigkeiten – zur Vermeidung von
interkristalliner Korrosion und Spannungsrißkorrosion. Zur Verbesserung
der Lochkorrosionsbeständigkeit werden Walzprodukte häufig mit einer
dünnen Plattierschicht aus Reinaluminium versehen.
AlCuMg-Legierungen (EN AW-2017A, EN AW-2024) werden bevor-
zugt im Kaltaushärtungszustand (T3, T4) verwendet, in dem hohe Bruch-
zähigkeitswerte und günstigeres Rißfortschrittsverhalten vorliegen als im
Warmaushärtungszustand (T6, T8). Von den zahlreichen Varianten dieser
Grundlegierungen sind vor allem solche zu erwähnen, die durch reduzierte
Verunreinigungsgehalte an Fe und Si verbesserte Bruchzähigkeits- und
132 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Ermüdungseigenschaften besitzen, was durch eine höhere Ziffer an Stelle


der 0 angezeigt wird.
Durch Zusatz von 1,5 bis 2,5 Gew.-% Lithium – mit einer sehr niedri-
gen Dichte von 0,53 g/cm³ – erhalten AlCuMg-Legierungen ein um ca.
10% geringeres spezifisches Gewicht und auch einen erhöhten Elastizi-
tätsmodul, welche für den Einsatz im Flugzeugbau attraktiv sind. Aller-
dings benötigt die Herstellung solcher Legierungen (Legierungsgruppen
AA2090 sowie AA8090) besondere gießtechnische Voraussetzungen, die
die Verfügbarkeit stark einschränken. Außerdem sind Spuren von Lithium
in anderen Legierungen gießtechnisch und für die Lackhaftung problema-
tisch. Diese Einschränkungen machen Al-Li-Legierungen für allgemeine
Verwendung ungeeignet.

AlCu-Knetlegierungen
Das allen Al-Cu-(Mg, Mn, Si)-Legierungsvarianten zugrunde liegende bi-
näre Al-Cu Legierungssystem ist gekennzeichnet durch eutektische Erstar-
rung und eine begrenzte Löslichkeit des α-Mischkristalls für 5,7 Gew.-%
Cu bei 547 °C, die zu niedrigeren Temperaturen hin stark abnimmt und bei
Raumtemperatur weniger als 0,1 Gew.-% beträgt, s. Bild 3.1.9. Im Phasen-
diagramm, Bild 3.2.14, besteht ein Phasengleichgewicht zwischen dem α-
Mischkristall und der θ-Phase (Al2Cu). Die tetragonale Struktur der θ-
Phase ist vom kfz-Grundgitter so sehr verschieden, daß diese nur als inko-
härente Ausscheidung existieren kann. Daraus erklärt sich die Bildung der
metastabilen Übergangsphasen GP-Zonen, θ’’ und θ’, welche durch ihre
Kristallstruktur mindestens an einer Grenzfläche Kohärenz zum Grundgit-
ter des α- Mischkristalls haben und sich bevorzugt bei der Entmischung
des übersättigten α-Mischkristalls während der Kalt- und Warmaushärtung
bilden. Die Existenzbereiche dieser Übergangsphasen, die neben den GP-
Zonen die ausschlaggebende Rolle bei der Aushärtung spielen, sind aus
Bild 3.2.14 zu ersehen.
Die Ausscheidungsfolge beim Zerfall das übersättigten Al-Cu-Mischkri-
stalls wurde bereits in der Vergangenheit eingehend untersucht (Kelly et
al. 1963, Hornbogen 1967) und wird allgemein wie folgt angegeben
(Hatch 1984):
αübers.  GP(I), plattenförmig  θ“ (GP(II), plattenförmig)  θ’, plat-
tenförmig  θ (Al2Cu)
Das Auftreten der einzelnen Phasen ist abhängig von Auslagerungstem-
peratur und -zeit, wobei sich benachbarte Stadien überlagern können. Beim
Abschrecken bilden sich Kupfer/Leerstellen-Komplexe, die nach kurzer
Lagerdauer durch leerstellenfreie Cluster und GP(I)-Zonen ersetzt werden.
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 133

Bild 3.2.14 Gleichgewichtsphasendiagramm des binären Al-Cu-Legierungssy-


stems (Hornbogen 1967)

Die Art der Ausscheidungsphasen und ihre Existenzbereiche kann man wie
folgt zusammenfassen:
 Die GP(I)-Zonenbildung ist charakteristisch für die Kaltaushärtung bei
Temperaturen bis ca. 80°C. Sie sind scheibenförmige monoatomare
Schichten von Cu-Atomen, die sich auf den {100}-Ebenen des α-
Mischkristalls mit Ausdehnungen von etwa 2–5 nm angesammelt ha-
ben. Der Durchmesser ändert sich nicht bei längerer Kaltauslagerung,
jedoch nimmt die Zahl (Hatch 1984, S. 143) und die Cu-Konzentration
innerhalb der GP(I) Zonen (Takeda et al 2002) zu. GP(I)-Zonen sind
kohärent mit der Kristallmatrix.
 Die GP(II)-Zonen werden auch als θ’’-Phase bezeichnet. GP(II)-Zo-
nen, ebenfalls kohärent mit der Aluminiummatrix, entstehen während
der Warmaushärtung bei Temperaturen zwischen 80 und 250 °C. Sie
bestehen aus einer Folge von Cu- und Al-Schichten mit einer Dicke bis
zu 10 nm und mit einer Ausdehnung bis zu 150 nm (Konno et al.
2001). Dabei handelt es sich um eine geordnete Struktur der Cu und Al
Atome, die ebenfalls parallel zur {100}-Würfelebene der Al-Matrix
angeordnet sind. Die θ’’-Phase geht über in die θ’-Phase, aber koexi-
stiert mit ihr über eine gewisse Zeit der Auslagerung. Für die Festig-
134 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

keitssteigerung der Warmaushärtung ist vorwiegend θ’’ verantwort-


lich. Die θ’’ Phase benötigt zu ihrem Wachstum Leerstellen. Leerstel-
lenmangel führt also zu verzögerter Aushärtung. Durch niedrige Kalt-
verformungsgrade (< 10%) wird die Leerstellendichte im abge-
schreckten Mischkristall reduziert und damit eine Verzögerung der θ’’-
Ausscheidung verursacht, bei höheren Verformungsgraden dagegen
wird die θ’’-Ausscheidung beschleunigt.
 θ’-Phase entsteht bei der Warmaushärtung bei Temperaturen zwischen
150 und 300 °C. Es handelt sich um eine plättchenförmige, teilkohä-
rente Übergangsphase. Sie bildet sich entweder aus der kohärenten θ’’-
Phase, wobei die wachstumsbedingt zunehmende Grenzflächenenergie
durch geeignete Versetzungen reduzieren wird, oder durch direkte
Ausscheidung aus dem übersättigten Mischkristall an Versetzungen
(Hornbogen 1967, Welpmann et al. 1974). Mit zunehmender Warm-
auslagerungszeit wächst der Anteil der θ’-Phase und verliert schließ-
lich die Teilkohärenz zum Matrixgitter (Vorgang der Überalterung).
Zur Bildung der θ’-Struktur ist es notwendig, daß neben den Grenzflä-
chenversetzungen in den Ebenen der Kupferatome Leerstellen in re-
gelmäßiger Anordnung zur Verfügung stehen. Wenn die Umgebung
von Versetzungen und Korngrenzen an Leerstellen und Cu verarmt ist,
bilden sich dort keine θ’-Teilchen, sondern ausscheidungsfreie Zonen.
Durch die beschleunigte Diffusion entlang von Versetzungen entstehen
gröbere θ’-Teilchen als durch Umwandlung aus θ’’.
 Die θ-Phase bildet sich aus dem übersättigten α-Mischkristall vor-
nehmlich bei Temperaturen über 300 °C. θ-Ausscheidungen sind grö-
ber als die metastabilen Übergangsphasen, haben größeren Parti-
kelabstand und deshalb keine festigkeitssteigernde Wirkung. Keimbil-
dung und Wachstum der θ-Phase treten bereits bei Warmaushärtungs-
temperaturen (150–250 °C) und kurzen Auslagerungszeiten vorzugs-
weise an Korngrenzen auf, da diese den wirksamsten Beitrag zur
Reduzierung der Grenzflächenenergie beim Ausscheidungsprozeß lie-
fern. Dadurch entstehen ausscheidungsfreie Säume (AFZ) an den
Korngrenzen. Korngrenzenausscheidungen und AFZ verursachen in-
terkristalline Bruchanteile und die Bruchdehnung nimmt ab. Der
Korngrenzenbruch ist aber nach wie vor ein duktiler Bruch, da er
durch die Konzentration der Verformung in den AFZ hervorgerufen
wird. Auch das Korrosionsverhalten – Neigung zu Schichtkorrosion
und interkristalline Korrosion – wird durch Korngrenzenausscheidun-
gen wegen der Potentialdifferenz zwischen Al2Cu und dem α-Misch-
kristall (s. Kap. 5) verschlechtert. Längere Warmauslagerungszeiten
führen jedoch zu intensiverer Ausscheidung im Korninnern, wodurch
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 135

die Potentialdifferenz ausgeglichen wird, und die Korrosionseigen-


schaften sich verbessern.

AlCuMg(Si, Mn)-Knetlegierungen

Die oben beschriebenen Ausscheidungsprozesse gelten analog auch für Al-


Cu-Legierungen mit Zusätzen weiterer Legierungselemente. Zu dieser –
insbesondere für den Flugzeugbau wichtigen – Legierungsgruppe zählen
die Legierungen EN AW-2017A, EN AW-2024 und EN AW-2014. Von
besonderer Bedeutung ist der Einfluß von Mg-Zusätzen in AlCuMg-Legie-
rungen, wodurch die Kaltaushärtung beschleunigt und verstärkt wird. Je
nach Mg-Gehalten und Cu/Mg-Verhältnis ist die stabile Gleichgewichts-
phase die S-Phase (Al2CuMg), die θ-Phase (Al2Cu) oder eine Mischung
von beiden. Die Ausscheidungssequenz in AlCuMg-Legierungen wurde
von Bagaryatsky eingehend untersucht (Bagaryatsky 1952). Nach ihm
werden die kohärenten Ausscheidungszonen in AlCuMg(Mn,Si)-Legie-
rungen als Guinier-Preston-Bagaryatsky-Zonen (GPB-Zonen) benannt.
Gegenüber dem binären Al-Cu-System ändern sich die Ausscheidungen in
Form und Lage im Matrixgitter. Die Ausscheidungssequenz verläuft nach
dem Schema:
αübers.  GPB-Zonen  S“, stäbchenförmig  S’, stäbchenförmig
 S (Al2CuMg)
Unmittelbar nach dem Abschrecken entstehen zunächst Mg/Leerstellen-
Komplexen, die sich zunehmend mit Cu anreichern (Somoza et al. 1999,
Zamponi 2002). Anschließend bilden sich charakteristische Cu/Mg/Leer-
stellen-Komplexe (Cluster), die effektive Keimbildner für die (leerstellen-
reichen) GPB Zonen darstellen (Dupasquier et al. 1998). Die Cluster
bestimmen dadurch die Verteilung der GPB Zonen. In AlCuMg-
Legierungen (EN AW-2024) ist die mit der GPB-Zonenbildung verbun-
dene Härtesteigerung nach ca. 4 Tagen Lagerung bei Raumtemperatur
weitgehend abgeschlossen.
Die bei höheren Auslagerungstemperaturen gebildeten GPB-Zonen und
die nachfolgenden kohärenten (S’’-) und teilkohärenten (S’-) Aushär-
tungsphasen haben eine Stäbchenform und sind auf {210} Ebenen und in
<100> Orientierung im Matrixgitter angeordnet.
Außerdem wird in AlCuMg-Legierungen bei der Warmaushärtung eine
plättchenförmige Ω−Phase gefunden, die der θ-(Al2Cu)-Phase in binären
AlCu-Legierungen ähnlich ist, jedoch in ihren metastabilen Formen
(Ω“, Ω’) die {111} Kohärenzebene im α-Mischkristall bevorzugt. Die Bil-
dung der Ω−Phase wird durch Si-Zusatz behindert, aber durch Mikrolegie-
ren mit Ag begünstigt (Polmear et al. 1999, Cabibbo et al. 2004). Die Be-
136 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

deutung dieser Beobachtungen ist, daß die Ausscheidungsbildung auf meh-


reren Kohärenzebenen durch Mikrolegieren gefördert werden kann und
dadurch das Gleitverhalten homogener und die Duktilität auf hohem Fes-
tigkeitsniveau verbessert wird (Raviprasad et al. 2003). Die Ω−Phase ist
darüber hinaus im Verhältnis zu den anderen vorliegenden Ausschei-
dungsphasen thermisch deutlich stabiler, wodurch die Kriecheigenschaften
verbessert werden können, s. Abschn. 6.6.3.
Der Zusatz von Si zu AlCuMg-Legierungen (z.B. EN AW-2014, Al-
Cu4SiMg und EN AW-2017A, AlCu4MgSi) verzögert den Zerfall des ü-
bersättigten Mischkristalls bei Raumtemperatur, führt aber zu einer Be-
schleunigung der Warmaushärtungskinetik. AlCuSiMg-Legierungen wer-
den daher bevorzugt im Warmaushärtungszustand verwendet.

Einfluß einer Kaltverformung auf das Aushärtungsverhalten

Die Wechselwirkung zwischen Leerstellen, Legierungsatomen und den


Versetzungen, die durch Kaltverformung erzeugt werden, bestimmen das
Kalt- und Warmaushärtungsverhalten auf unterschiedliche Weise. Bei der
Kaltaushärtung werden für Keimbildung und Wachstum von GP(I)-Zonen
Leerstellen – entweder für die Cu-Diffusion und/oder für den Einbau in die
Struktur der GP-Zonen – benötigt. Eine Reduktion der Leerstellendichte
führt zu einer Verlangsamung der Zonenbildung und evtl. zu einer Verrin-
gerung der Zonendichte durch Wachstum der wenigen wachstumsfähigen
Keime. Die hohe Bindungsenergie von Mg/Leerstellen- und Cu/Mg/Leer-
stellenkomplexen sorgt andererseits bei genügendem Mg-Gehalt für
schnelle Zonenbildung, so daß bei reduzierter Leerstellendichte zwar der
Aushärtungsprozeß verlangsamt wird, aber die Aushärtbarkeit erhalten
bleibt. Die Warmaushärtung wird primär durch die θ’’- bzw. S’’-Phase
verursacht, jedoch auch durch θ’- bzw. S’-Phase, die alle zu ihrer Bildung
Leerstellen in ausreichender Menge benötigen. Wird die Leerstellendichte
durch Kaltverformung verringert, verzögert sich zunächst die
Warmaushärtung. Da andererseits die θ’- bzw. S’-Phase bevorzugt an Ver-
setzungen ausgeschieden werden, kann der Aushärtungsvorgang durch ei-
ne genügende Versetzungsdichte begünstigt werden, vorausgesetzt, die
Versetzungen sind homogen verteilt. Bei AlCuMg-Legierungen dürfte au-
ßerdem die Freisetzung von Leerstellen bei der Auflösung der Cluster die
Kinetik der Ausscheidung fördern. Mit diesen Vorstellungen lassen sich
die nachfolgenden Beobachtungen erklären:

Kaltaushärtungsverhalten nach Kaltverformung: Kaltverformung nach


dem Abschrecken von AlCu(Mg, Si)-Legierungen beschleunigt anfänglich
die Kaltaushärtung, aber verzögert sie bei längeren Aushärtungszeiten
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 137

(Brenner et al. 1937, Hornbogen 1967). Je größer der Verformungsgrad,


desto stärker ist die Verzögerung der Kaltaushärtung.
Die max. erreichbare Festigkeitssteigerung durch Kaltaushärtung nach
dem Kaltverformen wird bei AlCu4MgSi(A) (EN AW-2017A) merklich,
bei AlCu4Mg1 (EN AW-2024) jedoch kaum reduziert (Takeuchi 1971,
Thompson et al. 1974).

Warmaushärtungsverhalten nach Kaltverformung: Durch niedrige Kalt-


verformungsgrade (< 10%) wird die Warmaushärtung bei Legierungen mit
niedrigem Mg- und Mn-Gehalt (z.B. EN AW-2017A) verzögert. Eine Be-
schleunigung der Warmaushärtung wird erst bei höheren Verformungs-
graden beobachtet. Bei AlCuMg-Legierungen mit hohem Mg- und Mn-
Gehalt (z.B. EN AW-2024) wird dagegen bereits durch geringe Verfor-
mungsgrade die Warmaushärtungskinetik beschleunigt und die Aushärt-
barkeit deutlich gesteigert (s. T8-Zustände). Eine Vorauslagerung bei
Raumtemperatur (T4-Zustand) vor dem Kaltverformen hat praktisch keine
Auswirkung auf den Verlauf und die Höhe der Warmaushärtung (Brenner
et al. 1937).

Rückbildung

Durch eine kurzzeitige Glühung oberhalb der metastabilen GP-Zonen-Pha-


sengrenze, vgl. Bild 3.2.14, lösen sich die GP-Zonen auf, und es werden
bei genügend kurzer Glühdauer keine wesentlichen Mengen von Zwi-
schenphasen oder stabileren Ausscheidungen gebildet. Mit dieser Rückbil-
dung ist eine deutliche Abnahme des Fließwiderstands und gleichzeitig ei-
ne verbesserte Verformbarkeit verbunden.
Beispiele: In AlCu4 werden GP(I)-Zonen in 30 s bei 205°C (Herman et
al. 1962) und GP(II)-Zonen (gebildet durch Warmauslagerung bei 150° –
175 °C) in 1 bis 5 Min. bei 250 °C (Heimendahl 1969) wieder vollständig
aufgelöst, wobei nahezu die Härte des lösungsgeglühten und abgeschreck-
ten Zustands erreicht wurde. Anschließend konnte das Material wieder
vollständig warmausgehärtet werden.
Durch die Stoßglühung wird der Kaltauslagerungsprozeß erheblich ver-
langsamt, so daß für eine anschließend vorgesehene Kaltumformung ein
Zeitfenster von mehreren Stunden gegeben ist.
Es sei jedoch darauf hingewiesen, daß bei AlCu- und AlCuMg-Legie-
rungen kurzzeitige Rückbildungsglühungen Korngrenzenausscheidungen
der entsprechenden Gleichgewichtsphasen erzeugen können, die das Kor-
rosionsverhalten beeinträchtigen, falls nicht anschließend eine vollständige
Warmaushärtung durchgeführt wird, die zu einer homogeneren Ausschei-
138 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

dungsverteilung in der Kornmatrix und zu einer Angleichung der Elektro-


negativitäten zwischen Korngrenzen und Korninnerem führt.

3.2.5 AlMgSi-Legierungen

Das Al-Mg-Si Legierungssystem ist die Grundlage für zahlreiche aushärt-


bare Knet- und Gußlegierungen, die als Konstruktionswerkstoffe in
den unterschiedlichsten Anwendungsbereichen als Walz-, Strangpreß-,
Schmiede- und Formgußprodukte eingesetzt werden. Das Eigenschafts-
spektrum erstreckt sich auf mittlere bis hohe Festigkeiten, hohe Bruchzä-
higkeiten, gute Schweißbarkeit, gute Korrosionsbeständigkeit und – bei
Walz- und Preßprodukten – auf gute Kaltumformbarkeit. Wegen der bei
AlMgSi-Knetwerkstoffen besonders komplexen Fragestellungen zum Ge-
fügeaufbau sollen hier die Knetlegierungen eingehender behandelt werden.
Die ternären AlMgSi-Legierungen können am einfachsten in das quasi-
binäre Al-Mg2Si-System eingeordnet werden, das als Gleichgewichtspha-
sendiagramm in Bild 3.2.15 dargestellt ist.

Bild 3.2.15 Quasibinäres Phasendiagramm für Al-Mg2Si-Legierungen

Die Gleichgewichtsphase Mg2Si (β−Phase) hat eine vergleichsweise ho-


he Schmelztemperatur von 1085 °C, eine hohe Bildungsenthalpie von 6,4
kcal/Mol und eine maximale Löslichkeit von 1,85 Masse-% bei 595 °C.
Die Löslichkeit von Mg2Si (β) verringert sich mit abnehmender Tem-
peratur stark und beträgt bei 200 °C nur noch 0,235 Masse-%, s. a. Bild
3.1.9
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 139

Viele der in Europa eingesetzten Konstruktionslegierungen des Al-Mg-


Si-Systems haben einen Si-Überschuß über die stöchiometrische Zusam-
mensetzung Mg2Si hinaus, Bild 3.2.16. Ein Si-Überschuß beeinträchtigt
die Löslichkeit von Mg2Si wenig, während ein Mg-Überschuß zu einer
starken Verringerung der Löslichkeit von Si bzw. Mg2Si führt (Altenpohl
1965, Mondolfo 1976). Andererseits erhöht ein Si-Überschuß die er-
reichbaren Festigkeitseigenschaften deutlich stärker als ein prozentual
gleichgroßer Mg-Überschuß oder eine gleichgroße Erhöhung des Mg2Si-
Gehaltes (Zoller et al. 1965). Außerdem beschleunigt ein Si-Überschuß die
Warmaushärtungskinetik und verkürzt somit die notwendigen Aushär-
tungszeiten. Das Aushärtungsverhalten von stoichiometrischen Legierun-
gen oder von solchen mit geringem Si-Überschuß ist jedoch weniger emp-
findlich gegenüber den Abschreckbedingungen (Gupta et al. 2002).
Überschüssiges Silizium neigt jedoch zur Bildung von Si-Ausscheidungen
an den Korngrenzen mit negativen Auswirkungen auf die Duktilität, sofern
es nicht durch entsprechende Zusätze von Dispersionsbildnern und durch
geeignete Barrenhomogenisierung in der Matrix gebunden wird (s. unten).

Bild 3.2.16 Konstruktionslegierungen im Al-Mg2Si Legierungssystem. Offene


Symbole = Cu-freie Legierungen, volle Symbole = Cu-haltige Legierungen. Die
Lage der mittleren nominellen Legierungszusammensetzung im Vergleich zur stö-
chiometrischen Zusammensetzung Mg2Si ergibt den nominellen Siliziumüber-
schuß. Grenze des positiven Zwischenlagerungseffektes nach Zoller und Ried
(Zoller et al. 1971)
140 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Der Zusatz von Kupfer in Mengen von 0,2 bis 1 % zu AlMgSi-Legie-


rungen führt zu einer deutlichen Anhebung der Festigkeitseigenschaften
bei der Warmaushärtung. Außer den Vorläufern (β’’, β’) der Gleichge-
wichtsphase β-Mg2Si enthalten Cu-haltige AlMgSi-Legierungen zusätzlich
die Gleichgewichtsphase Q (Al5Cu2Mg8Si6) sowie ihre Vorläuferphasen.
Die Festigkeitssteigerung durch Cu bei der Warmaushärtung wird zurück-
geführt auf eine dichtere Dispersion der kohärenten Ausscheidungsphasen
β’’ und der stäbchenförmigen, teilkohärenten Q’ Phase (Barbosa et al.
2002, Chakrabarti et al. 2002). Daneben wurde auch die θ’’ Phase gefun-
den (s. Al-Cu-Mg Legierungen, Abschn. 3.2.4). Wichtige Beispiele für
AlMgSiCu-Legierungen sind die Legierungen 6061 (0,25% Cu), 6056
(0,8% Cu) und 6013 (0,9% Cu).
Neben den Hauptlegierungselementen Mg, Si und Cu sind die Zusätze
von Mn, Cr, Zr, V und Fe von erheblicher Bedeutung für die Kornstruktur
und Duktilität. Entscheidend für die Wirksamkeit dieser Elemente ist die
Barrenhomogenisierung. Durch Abstimmung der Homogenisierungstem-
peratur und der gesamten Temperaturführung können sich die gröberen eu-
tektischen AlFeSi-Primärphasen (Abmessung > 1 µm) in Größe und Form
ändern sowie feine, thermisch vergleichsweise stabile Teilchendisper-
sionen (Abmessung << 1 µm) erzeugt werden, s. Bild 3.2.17 (Scharf et al.
1982, Donas et al. 2004). Bei den Dispersionsphasen handelt es sich über-
wiegend um teilkohärente oder nichtkohärente Sekundärausscheidungen
(intermetallische Phasen Al-X-Si, X = Mn, Cr, Fe, V), welche bei den

Bild 3.2.17 Einfluß von Mangan auf die Korngrenzenausscheidung von AlFeSi-
und Si-Partikeln bei Luftabkühlung. a) AlSi1Mg0,5Mn0,5-T6, feine Al6Mn-Aus-
scheidungen verringern Korngrenzenausscheidungen und fördern duktiles Ver-
halten nach Luftabkühlung. b) AlSi1Mg0,5-T6 grobe Korngrenzenausscheidungen
von Si und verformungsarmer Bruch nach Luftabkühlung (Scharf et al. 1982)
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 141

thermomechanischen Verarbeitungsprozessen die Entwicklung des Korn-


gefüges steuern, aber auch einen wichtigen Einfluß auf die Duktilität und
das Bruchverhalten ausüben, s. Abschn. 6.3. Eine hohe Dispersionsdichte
wird üblicherweise durch das Zusatzelement Mn in Verbindung mit dem
bei Legierungen auf technischer Reinheitsbasis immer vorhandenem Ei-
sen-Gehalt erzeugt. Mn, Cr, Zr und V Zusätze werden vorwiegend bei hö-
herfesten AlMgSi(Cu)-Legierungen verwendet, erhöhen jedoch den Fließ-
widerstand bei der Warmumformung, insbesondere beim Strangpressen.
Der Einfluß solcher Dispersionsteilchen auf die Festigkeitswerte ist eher
gering oder sogar negativ, wenn bei geringen Abschreckgeschwindigkeiten
eine vorzeitige heterogene Ausscheidung von übersättigten Legierungs-
elementen an den Dispersionspartikeln stattfindet. Die Abschreckempfind-
lichkeit nimmt – mit Ausnahme von Al3Zr – durch die Dispersionsteilchen
zu (Herker et al. 1968, Zoller et al. 1971, Bomas 1980, Donas et al. 1983).
Andererseits binden die Dispersionsteilchen überschüssiges Si, das sich
sonst bevorzugt als gröbere Partikel an Korngrenzen ausscheidet und zum
energiearmen, teilweise interkristallinen Bruchverhalten sowie zu einer
gewissen Neigung zu interkristalliner Korrosion beiträgt. Gleichzeitig wird
bei entsprechender Dispersion das ungünstige planare Gleitverhalten des
ausgehärteten Mischkristalls homogener, da diese nicht schneidfähigen
Partikel ein Quergleiten der Versetzungen erzwingen, und so weitere
Gleitsysteme aktiviert werden. Damit liefern sie einen wichtigen Beitrag
zu homogenerer Gleitverteilung und zum Abbau von Versetzungsan-
häufungen an Korngrenzenhindernissen, wodurch die Duktilität verbessert
und der interkristalline Bruchanteil verringert oder gänzlich vermieden
wird (Schwellinger 1979, Scharf et al. 1982). Die höher festen AlMgSi-
Legierungen (6061, 6082, 6056 und 6013) enthalten aus diesem Grunde
Mn und Cr und sind daher gegenüber den niedrig- oder mittelfesten Legie-
rungen (6060, 6063, 6005A und 6016) abschreckempfindlicher.
Detaillierte Kenntnis der Ausscheidungsprozesse bei der Kalt- und
Warmauslagerung von AlMgSi(Cu)-Legierungen sind erforderlich, um die
verschiedenen Phänomene, die bei der Verarbeitung auftreten und die Ei-
genschaften erheblich beeinflussen können, zu verstehen und zu berück-
sichtigen. So kann durch eine Zwischenlagerung bei Raumtemperatur oder
durch eine Kaltverformung die Höhe und Kinetik der Warmaushärtung be-
einträchtigt, aber auch durch eine spezielle Vorauslagerung beschleunigt
werden. Andererseits ist eine Rückbildung der Kaltaushärtung – anders als
bei AlZnMg- und AlCuMg-Legierungen – durch Stoßglühung bei mittle-
ren Temperaturen nur bedingt erfolgreich und abhängig vom Legierungs-
gehalt und Werkstoffzustand. Im folgenden wird daher auf die Ausschei-
dungsprozesse detaillierter eingegangen.
142 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Abschreckempfindlichkeit

Nach dem Lösungsglühen bei Temperaturen zwischen 520 und 560 °C er-
folgt eine schnelle Abkühlung auf Raumtemperatur, um einen übersättig-
ten Zustand zu erhalten als Voraussetzung für die nachfolgende Kalt- oder
Warmaushärtung. Die Abkühlgeschwindigkeit ist abhängig von der Mate-
rialdicke und dem gewählten Abschreckmedium und wird betrieblicher-
seits so eingestellt, daß möglichst wenig Verzug auftritt, der durch an-
schließendes Recken und Richten beseitigt werden muß, daß jedoch die
nach Norm geforderten Festigkeitseigenschaften erreicht werden. Wegen
hoher Diffusionsgeschwindigkeit und zunehmender Übersättigung ist der
Temperaturbereich zwischen etwa 400° und 290 °C besonders kritisch und
muß zügig durchfahren werden, um vorzeitige und in der Regel heterogen
verteilte, gröbere Ausscheidungen – besonders an Korngrenzen – zu ver-
meiden. Die Ausscheidungskinetik während der Abkühlung von der Lö-
sungsglühtemperatur ist für die niedrig legierte AlMgSi-Legierung EN
AW-6060 in Bild 3.2.41 dargestellt.
Je höher der Legierungsgehalt, um so kritischer ist die Abschreckge-
schwindigkeit im genannten Temperaturbereich. Niedrigfeste AlMgSi-Le-
gierungen, wie 6060, sind relativ abschreckunempfindlich und können bei
nicht zu dicken Querschnitten (z.B. < 6 mm bei offenem Profil bzw. < 3
mm bei Hohlprofil) mit bewegter Luft abgekühlt werden, ohne daß die ge-
forderten Festigkeitseigenschaften unterschritten werden. Mit höherem
Mg2Si-Gehalt nimmt die Abschreckempfindlichkeit zu, und höhere Ab-
schreckgeschwindigkeiten als an bewegter Luft sind notwendig. Zudem
enthalten höherfeste Legierungen zur Verbesserung der Zähigkeit die Dis-
persionsbildner Cr und Mn, die die Abschreckempfindlichkeit der Festig-
keitswerte noch steigern (Herker et al. 1968, Achenbach 1970, Røyset et
al. 2004). Einen Vergleich der Festigkeits- und Zähigkeitswerte von in
Wasser und an stehender Luft abgeschreckten Proben der Legierungen
6005A-T6, 6061-T6 und 6082-T6 zeigt Bild 3.2.18 (Bomas 1982). Man
erkennt, daß bei diesen Legierungen eine Luftabkühlung nicht ausreichend
ist und zu deutlichen Einbußen bei Festigkeits- und Zähigkeitswerten füh-
ren kann.
Bei geringeren Abschreckgeschwindigkeiten bilden sich Ausscheidun-
gen der β-Phase oder – bei hohem Si-Überschuß – Si-Ausscheidungen an
den Korngrenzen, wodurch gleichzeitig ausscheidungsfreie Säume mit ei-
ner Verarmung an Legierungselementen entstehen (Scharf et al. 1982).
Korngrenzenausscheidungen und ausscheidungsfreie Zonen verursachen
interkristalline Bruchanteile in AlMgSi-Legierungen mit entsprechender
Abnahme der Rißzähigkeit oder Schlagzähigkeit (Scharf et al. 1982, Bo-
mas 1981). Außerdem ermittelte Bomas bei Wechselbiegeversuchen an
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 143

Flachproben der Legierung 6005A eine Abnahme der Schwingfestigkeit


bei Luftabkühlung um fast 30%, die damit dreimal stärker war als die Ab-
nahme der statischen Festigkeitswerte.

Bild 3.2.18 Vergleich der Abschreckempfindlichkeit der Legierungen 6005A-T6,


6061-T6 und 6082-T6 bezüglich Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften. 2 mm
dicke Proben wurden nach dem Lösungsglühen in Wasser bzw. in stehender Luft
abgeschreckt (mittlere Abschreckgeschwindigkeit zwischen 400° und 300 °C:
60.000 °C/Min. bzw. 250 °C/Min.) und anschließend warmausgehärtet. Die Riß-
fortschrittsenergie RFE wurde mit dem Aufreißversuch (Navy Tear Test, s.
Abschn. 6.3) ermittelt (Bomas 1982)

Ausscheidungsverhalten bei Kalt- und Warmaushärtung

Eine Darstellung der Aushärtbarkeit von höher legierten AlMgSi-Legie-


rungen (1,3% Mg2Si + 0,3 % Si Überschuß) wurde 1939 ausführlich von
Brenner und Kostron gegeben, die heute noch als Grundlage der Wärme-
behandlung dieser Legierungsgruppe angesehen werden kann (Brenner et
al. 1939). Die Aushärtbarkeit der AlMgSi(Cu)-Legierungen beruht auf der
Löslichkeit der Gleichgewichtsphasen β (Mg2Si) und Q (Al5Cu2Mg8Si6)
bei hohen Glühtemperaturen und der durch Abschrecken erzielten, ther-
modynamisch nicht stabilen Übersättigung an gelösten Legierungs-
elementen infolge starker Löslichkeitsabnahme. Bei Kalt- oder Warmaus-
lagerung kommt es dann zu Ausscheidungsprozessen im α-Mischkristall,
die die mechanischen Eigenschaften entscheidend bestimmen.
Über die Ausscheidungsprozesse in AlMgSi-Legierungen sind seit der
Entdeckung der Aushärtbarkeit in diesem Legierungssystem vor über 80
Jahren unzählige Forschungsarbeiten durchgeführt worden. Wenn auch die
grundlegenden Ausscheidungen, die für die Härtmaxima bei der Kalt- und
Warmaushärtung verantwortlich sind, bereits seit längerer Zeit bekannt
144 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

sind, so ist die Rolle der Leerstellenkonzentration, des Mg/Si-Verhältnis-


ses, des Keimbildungsmechanismus der Anfangs- und Übergangsphasen
sowie deren Stabilität und Umwandlungsverhalten erst in letzter Zeit zu-
nehmend klarer geworden (Sato 2000). Dies liegt zum einen daran, daß
entscheidende Vorgänge sich im Nanobereich vollziehen und bis heute der
direkten Beobachtung trotz hochauflösender Durchstrahlungselektronen-
mikroskopie und Fourier-Bildanalytik entziehen. Das gilt insbesondere für
die Anfangsstadien der Ausscheidungsprozesse bei der Kaltaushärtung und
bei den Frühstadien der Warmaushärtung, die jedoch aufeinander auf-
bauen. Die Kenntnis über die Ausscheidungsprozesse beruht daher weitge-
hend auf der Interpretation von Ergebnissen indirekter Methoden, wie Dif-
ferentialthermoanalyse, Leitfähigkeitsmessungen, Röntgenstrahlbeugung,
Positronenspektroskopie oder 3D-Atomprobe Mikroanalyse. Die Anwen-
dung dieser letzteren, neueren hochauflösenden Untersuchungsmethoden
hat jedoch in den letzten Jahren die Einblicke in die Ausscheidungspro-
zesse erheblich verbessert, vor allem über die wichtige Rolle der Leerstel-
len in ihrer Wechselwirkung mit Legierungselementen, Spurenelementen,
Ausscheidungen und Versetzungen.
Kaltaushärtung
Der Kaltaushärtungsprozeß beginnt direkt nach der Abschreckung zu-
nächst mit der Bildung von Si-Clustern und Mg-Clustern, wobei der Leer-
stellenüberschuß für die Beweglichkeit der Si- und Mg-Atome entschei-
dend ist. Die frühen Stadien der Clusterbildung wirken sich noch nicht auf
die Härte aus. Im weiteren Verlauf lösen sich die Mg-Cluster auf, und die
Si-Cluster werden mit Mg-Atomen zu sogenannten Co-Clustern angerei-
chert, die wahrscheinlich noch Aluminiumatome enthalten. Diese Cluster
haben keine diskrete Struktur, nur geringe Kohärenzspannungen zum Ma-
trixgitter und sind wegen ihrer geringen Größe selbst mit moderner hoch-
auflösender Elektronenmikroskopie nicht zu beobachten (Murayama et al.
1999, Edwards et al. 1998, Marioara et al. 2003, Gao et al. 2002). Der wei-
tere Verlauf der Kaltaushärtung ist vermutlich gekennzeichnet durch
Wachstum der bereits unmittelbar nach dem Abschrecken angelegten Clu-
ster und nicht so sehr durch weitere Cluster-Bildung. Im oberen Tempera-
turbereich der Kaltaushärtung, z.B. bei 70 °C, wachsen die Co-Cluster zu
GP(I)-Zonen mit einer Größe von etwa 2 nm heran. Die obere Tempera-
turgrenze für die Kaltaushärtung wird in der Literatur etwas unterschied-
lich mit 70° bzw. 100°C angegeben. Die untere Temperaturgrenze der
Kaltaushärtung ist wenig experimentell belegt, aber nach 14-tägiger Lage-
rung bei -20 °C wurde eine Festigkeitszunahme von 25 % gemessen (Haa-
se et al. 1941) und selbst bei -50 °C sollen sich Si-reiche Cluster nach dem
Abschrecken bilden.
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 145

Die generelle Ausscheidungsfolge im Bereich der Kaltaushärtung ent-


spricht demnach:
αübers  Si-Cluster und Mg-Cluster  Auflösung der Mg-Cluster und
Bildung von Si/Mg Co-Cluster (kugelförmig)  GP(I) Zonen (kugelför-
mig)
Der frisch abgeschreckte, übersättigte Mischkristall (αübers.) von Cu-
freien AlMgSi-Legierungen enthält noch keine Cluster, die Legierungs-
elemente sind zufallsbedingt im Mischkristall verteilt (Gao et al. 2002). Im
Gegensatz dazu enthalten Cu-haltige AlMgSi-Legierungen jedoch bereits
nach dem Abschrecken Cu-reiche Cluster (Vaumousse et al. 2002). Die
GP(I)-Zonen in Legierung AA6013 werden als kugelförmig mit Durch-
messern bis etwa 10 nm angegeben (Barbosa et al. 2002).
Die Zusammensetzung der Cluster und GP-Zonen hängt vom Mg2Si-
Gehalt und vom Si-Überschuß der Legierung ab (Murayama et al. 1999).
Bei höherfesten Legierungen (z.B. 6082, 6061, 6013, 6056) werden die
Cluster als Si-Leerstellen-Komplexe und die GP Zonen als Leerstellen-rei-
che Al-Mg-Si Zonen angegeben (Rack et al. 1977). Das Verhältnis Mg/Si
in Clustern und GP-Zonen nimmt während der Kaltauslagerung von Mg/Si
<<1 auf etwa 1 zu (Vaumousse et al. 2002). Bei niedrigeren Mg2Si-
Gehalten (z.B. Legierungen 6060, 6063, 6016, 6005A) ist die Abhängig-
keit der Aushärtung von der Abschreckgeschwindigkeit geringer und des-
halb vermutlich auch die Rolle des Leerstellenüberschusses für die Bil-
dungskinetik der Cluster und Zonen von geringerer Bedeutung (Huppert-
Schemme 1997).
Die Festigkeitssteigerung durch Kaltauslagerung nach dem Lösungsglü-
hen und Abschrecken beginnt nach etwa 30 Minuten, nimmt innerhalb ei-
nes Tages schnell, danach zunehmend langsamer und nach etwa 3 Tagen
nur noch geringfügig zu (Brenner et al. 1939). Die Kaltaushärtung ist je-
doch nach Monaten und Jahren immer noch meßbar. Ein Beispiel für die
Änderung der mechanischen Eigenschaften während der Kaltaushärtung ist
in Bild 3.2.19 dargestellt. Die Festigkeitssteigerung durch Kaltaushärtung
der AlMgSi-Legierungen ist im Verhältnis zur Warmaushärtung relativ ge-
ring, vgl. Bilder 3.2.19 und 3.2.20. AlMgSi-Legierungen werden daher ü-
berwiegend warmausgehärtet verwendet.
Kaltumformungen bei AlMgSi-Legierungen werden bevorzugt im T4-
Zustand durchgeführt. Bei hohen Anforderungen an die Formtoleranzen,
z.B. beim Biegen von Profilen, ist ein enges Toleranzfeld der Fließkurve
Voraussetzung. Um eine mehrwöchige Lagerfähigkeit mit konstanten Ver-
formungseigenschaften zu erreichen, müssen die Profile einer Stabilisie-
rungsglühung unterzogen werden, s. hierzu den nachfolgenden Abschnitt
Verbesserung der Warmaushärtungskinetik durch Stabilisierungsglühen.
146 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Bild 3.2.19 Kaltaushärtung von Preßprofilen aus Legierung EN AW-6082 nach


Lösungsglühen bei 530°C/20 Min. und Abschrecken in Wasser

Warmaushärtung
Die Warmaushärtung von AlMgSi-Legierungen geschieht im Temperatur-
bereich zwischen 120 und 250 °C, wobei mit zunehmender Aushärtungs-
temperatur die Aushärtbarkeit sinkt. Dabei ist zu unterscheiden, ob die
Warmauslagerung direkt nach dem Abschrecken erfolgt oder erst nach ei-
ner mehr oder weniger vollständigen Kaltauslagerung (s. Einfluß einer
Zwischenlagerung, unten) (Brenner et al. 1939, Haase et al. 1941). Im letz-
teren Falle wird ab einem gewissen Legierungsgehalt (s. Bild 3.2.16) die
Warmaushärtungskinetik verzögert und auch die maximale Aushärtbarkeit
der Legierung nicht erreicht, s. Bild 3.2.20.

Bild 3.2.20 Härteverlauf bei der Warmaushärtung von EN AW-6082 mit und ohne
vorheriger Kaltaushärtung, nach (Marioara et al. 2003)
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 147

Der Härteverlauf in Bild 3.2.20 zeigt ein deutliches Zwischenplateau für


den Fall, daß die Warmauslagerung unmittelbar nach dem Abschrecken er-
folgt, während im Falle einer vorgeschalteten Kaltauslagerung dieses Zwi-
schenplateau unterdrückt sowie die Aushärtungskinetik verzögert werden.
Die Ausscheidungssequenz bei der unmittelbar nach dem Abschrecken
stattfindenden Warmaushärtung kann wie folgt angegeben werden (Mario-
ara et al. 2001, Edwards et al. 1998, Takeda et al. 2002):
αübers  GP(I)-Zonen (nadelförmig)  β’’ (nadelförmig)  β’ (stäb-
chenförmig)  β (plattenförmig).
Die Maximalhärte wird durch eine feine, kohärente, nadelförmige β''
Ausscheidung verursacht. Der Übergang von der übersättigten Lösung zur
β''-Ausscheidung ist ein Prozeß, der die Bildung verschiedener Zwischen-
und Übergangsphasen einschließt, deren Auftreten stark durch das Ange-
bot an Leerstellen gesteuert wird. Das Zwischenplateau wird auf die Bil-
dung von nadelförmigen GP(I)-Zonen (sog. pre-β''-Phase) zurückgeführt,
die eine günstigere Kohärenz mit dem Al-Gitter haben als die β''-Phase
und daher keine so große Härtesteigerung verursachen wie letztere. Im Fal-
le einer vorherigen Kaltaushärtung wird die Keimbildung der pre-β’’- und
β’’-Phasen erschwert mit der Folge einer wesentlich ungleichmäßigeren
Ausscheidungsform dieser Phasen hinsichtlich Größe und Verteilung (Ma-
rioara et al. 2003). Anzumerken ist, daß gegenüber den kugelförmigen
GP(I)-Zonen im höheren Bereich der Kaltaushärtung sich bei Warm-
aushärtung also nadelförmige GP(I)-Zonen als Übergangsphase bilden.
Die pre-β’’-Phasen enthalten noch Aluminiumatome, die bei fortgesetzter
Auslagerung durch Mg und Si ersetzt werden, wodurch die Umwandlung
in die β’’-Phase ausgelöst werden dürfte. Die β’’-Phase in der Legierung
EN AW-6082 hat die Zusammensetzung Mg5Si6, was annähernd dem
Mg/Si-Verhältnis der Legierungszusammensetzung entspricht (Murayama
et al. 1999, Takeda et al. 2002). Die β’’-Phasenteilchen werden wegen ih-
rer vollständigen Kohärenz auch als GP(II)-Zonen bezeichnet.
Allgemein akzeptiert scheint, daß das Härtemaximum bei üblichen
Temperaturen durch die β’’-Phase dominiert wird, welche erst bei der
Überhärtung durch die teilkohärente β’-Phase abgelöst wird, aus der
schließlich die β-Gleichgewichtsphase (Mg2Si) hervorgeht. β’ kann sich –
neben heterogener Keimbildung an Versetzungen – offenbar auch konti-
nuierlich aus β’’ durch dessen gänzliche oder teilweise Auflösung bilden
(Tsao et al. 2006, van Huis et al. 2006). Das Härtemaximum entspricht al-
so dem Übergang von β’’ zu β’ (Hatch 1984, Huppert-Schemme 1997),
gleichzeitig werden daneben aber auch noch GP-Zonen beobachtet. Die β’-
Phase besitzt eine geordnete Struktur, die der Zusammensetzung Mg2Si
148 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

entspricht, und wandelt sich bei weiterem Wachstum durch eine diffusi-
onslose Transformation in die β-Gleichgewichtsphase um (Hatch 1984).
Die in der Praxis üblichen Warmaushärtungstemperaturen für AlMgSi-
Legierungen liegen zwischen 150° und 200°C. Mit zunehmender Auslage-
rungstemperatur wird das Härtemaximum früher erreicht, ist jedoch auch
niedriger. Bild 3.2.21 ist ein Beispiel für das Warmaushärtungsverhalten
von Preßprofilen der wichtigen Konstruktionslegierung EN AW-6082 bei
verschiedenen Auslagerungstemperaturen.

Bild 3.2.21 Warmaushärtung von Preßprofilen aus Legierung EN AW-6082 nach


Lösungsglühen bei 530°C/20 Min. und Abschrecken in Wasser bei verschiedenen
Temperaturen (Quelle: VAW, Bonn)

Löslichkeitsgrenzen metastabiler Phasen

Die Ausscheidungsphasen bei Kalt- und Warmaushärtung haben einen me-


tastabilen Charakter gegenüber dem Gleichgewichtszustand. Dies be-
deutet, daß die Löslichkeitsgrenzen des α-Mischkristalls für Si und Mg
sich zu höherer Löslichkeit verschieben und entsprechend größere Mengen
gelöst bleiben. Diese Verhältnisse sind schematisch in Bild 3.2.22 darge-
stellt (Huppert-Schemme 1997). Es sind die Löslichkeitsgrenzen und die
Temperaturbereiche für die Bildung und Existenz der zuvor beschriebenen
Cluster, GP(I)-Zonen, β’’-, β’-Ausscheidungsphasen eingetragen. Gleich-
zeitig ist die Ausscheidungskinetik der einzelnen Phasen durch C-Kurven
dargestellt. Die Darstellung verdeutlicht, daß durch die vorzeitige Aus-
scheidung einer weniger stabilen Phase der Übersättigungsgrad reduziert
wird und sich dadurch die Bildung der nächst stabileren Phase verzögert
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 149

bzw. erst durch die Auflösung oder Umwandlung der Vorgängerphase


möglich ist.

Bild 3.2.22 Schematisches Zustandsdiagramm (links) des Al-Mg2Si-Systems mit


den metastabilen Phasengebieten und dem zugehörigen Zeit-Temperatur-Aus-
scheidungsdiagramm (rechts), nach (Huppert-Schemme 1997)

Diese komplexe gegenseitige Beeinflussung der Ausscheidungsprozesse


hat nicht nur Auswirkungen auf die Entwicklung der Aushärtung, sondern
auch auf das plastische Verhalten. Die Versetzungsbewegung und -reak-
tionen werden nicht nur durch die Art, Größe, Volumenanteil und Vertei-
lung der Ausscheidungsphasen, sondern auch durch die Restmenge der ge-
lösten Legierungselemente beeinflußt. Eine große Restmenge an gelösten
Elementen nach Cluster- und GP(I)-Zonenbildung begünstigt planares
Gleitverhalten und verzögert das Einsetzen dynamischer Entfestigung bei
der Verformung, eine geringe Restmenge dagegen – z.B. nach Überhär-
tung – begünstigt Quergleiten und dynamische Entfestigung. Diese unter-
schiedlichen Ausscheidungszustände wirken sich daher auf die Duktilität
und das Bruchverhalten aus, s. hierzu Abschn. 6.2.

Zwischenlagerungseffekt (Einfluß der Kaltauslagerung


auf die Warmaushärtung)
Bei der industriellen Verarbeitung von AlMgSi(Cu)-Legierungen ist es
praktisch unvermeidbar, daß zwischen Abschrecken und Warmauslagern
eine gewisse Zwischenlagerung bei Raumtemperatur erforderlich ist. Dies
gilt um so mehr, wenn erhebliche Kaltverformungen vorgenommen wer-
150 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

den müssen, die im Warmaushärtungszustand kritisch sind. Die Formge-


bung von Profilen und Blechteilen aus AlMgSi-Werkstoffen wird daher
üblicherweise im Zustand T4 (kaltausgehärtet) vorgenommen. Um repro-
duzierbare Verarbeitungseigenschaften zu erzielen, sollte darüber hinaus
während der Verarbeitungsdauer eine begrenzte Lagerfähigkeit vorhanden
sein, d.h. die Eigenschaften (Umformbarkeit, Rückfederungsverhalten)
durch Kaltauslagerungseffekte nicht verändert werden.
Bei der Warmaushärtung kann jedoch abhängig von der Legierungszu-
sammensetzung ein Einfluß der Raumtemperaturlagerung nach dem Ab-
schrecken die Aushärtbarkeit und auch die Aushärtungskinetik deutlich
beeinflussen, s. Bild 3.2.20. Entsprechend Bild 3.2.16 zeigen vor allem
AlMgSi-Legierungen mit Mg2Si-Gehalten über 0,8 Gew.-% einen negati-
ven Einfluß der Raumtemperatur-Zwischenlagerung. Sowohl bei Mg- als
auch bei Si-Überschuß sinkt die kritische Grenze auf ca. 0,6 Gew.-%
Mg2Si (Ried et al. 1977). Bei den niedriger legierten AlMgSi-Legierungen
hat eine Zwischenlagerung dagegen keine (Haase et al. 1941) oder eine e-
her positive Wirkung auf die Warmaushärtung (Dorward 1957, Gao et al.
2002).
Für die Ursache des negativen Einflusses der Kaltaushärtung auf die Ki-
netik und das Ausmaß der Warmaushärtung werden verschiedene Gründe
angeführt. Einerseits wird hierfür die geringere, verbleibende Übersätti-
gung an Legierungselementen und Leerstellen sowie die zeitabhängige
Rückbildung unterkritischer, bei der Warmauslagerungstemperatur nicht
wachstumsfähiger Cluster oder GP-Zonen verantwortlich gemacht, wo-
durch die Bildung von β’’ verzögert und eine gröbere Verteilung der Aus-
scheidungskeime bei der Warmauslagerung verursacht werden (Ried et al.
1977), gleichzeitig wird die kritische Keimgröße durch die geringere
Übersättigung vergrößert (Huppert-Schemme 1997). Andererseits wird
durch die Bildung von GP(I)-Zonen bei einer unmittelbar nach dem Ab-
schrecken vorgenommenen Vorlagerung bei höheren Kaltauslagerungs-
temperaturen (z.B. bei 70 °C) die Ausscheidung von β'' bei der Warmaus-
lagerung hinsichtlich Menge und Verteilung deutlich gesteigert, was dar-
auf schließen läßt, daß die GP(I)-Zonen die Keime für die β''-Ausschei-
dung darstellen (Suzuki et al. 1981, Edwards et al. 1998, Murayama et al.
1999). Diese Annahme wird gestützt durch die bei direkter Warmausla-
gerung beobachtete Umwandlung von GP(I)-Zonen (pre-β''-Phase) in die
β''-Phase und durch die annähernd gleiche Mg/Si-Zusammensetzung der
GP(I)-Zonen und der β''-Phase. Da aber auch die bei RT-Lagerung gebil-
deten Co-Cluster annähernd gleiche chemische Zusammensetzung haben
(Murayama et al. 1999), bleibt die Frage, warum nicht diese ebenfalls –
eventuell über die Zwischenstufe der GP(I)-Bildung – sich zu wachstums-
fähigen Keimen der β''-Phase bei der Warmauslagerung entwickeln kön-
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 151

nen. Es spricht einiges dafür, daß die bei höheren Kaltauslagerungstempe-


raturen gebildeten GP(I)-Zonen thermisch stabiler sind und eine überkriti-
sche Größe haben gegenüber den bei RT gebildeten Co-Clustern, so daß
letztere bei der Warmauslagerungstemperatur weitgehend aufgelöst wer-
den (Murayama et al. 1999). Zudem dürfte durch den geringeren Leerstel-
lenüberschuß des kaltausgelagerten Materials die Keimbildung von β'' ver-
zögert werden und eine gröbere Verteilung der Teilchen zur Folge haben.
Der negative Einfluß der RT-Zwischenlagerung auf die Warmaushär-
tung spielt besonders bei der Verarbeitung und Anwendung von Karosse-
rieblechwerkstoffen (z.B. EN AW-6016-T4) eine wichtige wirtschaftliche
Rolle. Eine Verarbeitung im normalen T4-Zustand führt zu einer verzö-
gerten Warmaushärtung, so daß bei der zeitlich beschränkten Lackein-
brennung (summarisch etwa mit 30 Minuten bei 180 °C anstelle einer
Vollaushärtung mit ca. 5 bis 7 Stunden bei 180 °C) ungenügende Festig-
keitswerte erreicht werden, s. Bild 3.2.23, und gegebenenfalls ist vor dem
Lackieren der Karosserie eine getrennte Warmauslagerung notwendig. Je
nach Legierungszusammensetzung kann jedoch der negative Einfluß der
RT-Zwischenlagerung auf die Warmaushärtungskinetik durch verschie-
dene Maßnahmen gemildert oder vermieden werden, die auch gleichzeitig
eine gewisse Konstanz der Verarbeitungseigenschaften bieten. Hierzu zäh-
len die Stufenabschreckung, das Stabilisierungsglühen und das Rück-
bildungsglühen. Die nachfolgend beschriebenen Maßnahmen beziehen
sich vornehmlich auf Karosserieblechlegierungen vom Typ EN AW-6016-
T4, können jedoch auf andere mittelfeste AlMgSi-Legierungen im Zustand
T4 angewendet werden. Es sei erwähnt, daß einige dieser Maßnahmen und
ihrer Varianten durch Patente geschützt sind, s. (Henkel et al. 2000).

Bild 3.2.23 Einfluß der Kaltauslagerungszeit nach Lösungsglühen und Ab-


schrecken auf die bei der Lackeinbrennung erreichbaren Festigkeitswerte von Ka-
rosserieblechwerkstoff AA 6016, nach (Zhuang et al. 2001)
152 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

• Verbesserung der Warmaushärtungskinetik durch Stufenab-


schreckung: Die wenigstens zeitweise Unterdrückung der Kaltaus-
lagerung kann durch eine Stufenabschreckung von der Lösungsglüh-
temperatur (520° bis 560°C) auf 220°C mit einer Haltezeit von wenigen
Minuten (Huppert-Schemme 1997) bis hinunter zu 100°C mit einer Hal-
tezeit von mehreren Stunden (Yamada et al. 2001) erreicht werden
(Gupta et al. 2002). Eine Stufenabschreckung auf mittlere Warmaushär-
tungstemperaturen, z.B. 160 °C, beschleunigt zudem die Warmaushär-
tung gegenüber Material, das auf RT abgeschreckt wurde (Gnjatic
1967). Dagegen wird bei höheren Abschrecktemperaturen, z.B. 220 °C,
die nachfolgende Warmaushärtung verzögert und ist daher für die Aus-
nutzung des Lackeinbrennens zur Warmaushärtung nicht geeignet. Au-
ßerdem ist die lange Haltezeit bei niedrigeren Abschrecktemperaturen
unter Umständen produktionstechnisch problematisch.
• Verbesserung der Warmaushärtungskinetik durch Stabilisierungs-
glühen: Eine direkt nach dem Abschrecken auf Raumtemperatur vorge-
nommene Stabilisierungsglühung bei Temperaturen zwischen 60°C
(mehrere Stunden) und 200°C (mehrere Minuten) vermindert die Kalt-
aushärtung bei nachfolgender Lagerung und stabilisiert dadurch den ab-
geschreckten Zustand. Bei der Karosserieblechlegierung EN AW-6016
kann eine Stabilisierungsglühung nach dem Abschrecken bei 100°C/8–
24 h vorgenommen werden (Bryant et al. 1998, Henkel et al. 2000). Die
längere Auslagerungszeit bei 100 °C erhöht die RT-Lagerfähigkeit,
führt jedoch zu einer gewissen Verminderung der Umformbarkeits-
grenzen. Alternativ dazu führt eine Stabilisierungsglühung nach dem
Abschrecken bei 70 bis 100 °C zu einer beschleunigten und stärkeren
Aushärtung als bei direkter Warmaushärtung (Suzuki et al. 1981). Bei
Vorauslagerungstemperaturen im Regime der Warmaushärtung ist unter
Umständen noch eine nachfolgende Zwischenauslagerungsstufe bei ei-
ner Temperatur um 100 °C erforderlich, um die RT-Lagerfähigkeit zu
verlängern. Je nach den praktischen Erfordernissen kann auch nach dem
Abschrecken eine minutenlange Kaltaushärtung bei höheren Kaltaushär-
tungstemperaturen (bis ca. 80 °C) vorgenommen werden, die von einer
ähnlich kurzen Glühung bei Warmauslagerungstemperaturen (ca. 160
bis 190 °C) mit anschließender längerer (ca. 10 h) Glühbehandlung um
100 °C gefolgt wird (AMAG, Patent 2001). Bei den höherfesten Legie-
rungen, wie z.B. EN AW-6082, hat sich eine Stabilisierungsglühung
von 1h bei 140° bis 150 °C bewährt (Brenner et al. 1939).
Die verbesserte Lagerfähigkeit und Warmaushärtbarkeit durch der-
artige Vorbehandlungen ist darauf zurückzuführen, daß die Leerstellen
in GP-Zonen gebunden werden und so für die Si-Clusterbildung bei RT
nicht mehr ausreichend zur Verfügung stehen (Yamada et al. 2001).
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 153

• Verbesserung der Warmaushärtungskinetik durch Rückglühen:


Durch eine kurzzeitige Stoßglühung von wenigen Minuten bei Tempe-
raturen zwischen 200° und 250 °C kann die Kaltaushärtung teilweise
rückgängig gemacht (Haase et al. 1941) und die Warmaushärtung be-
schleunigt werden. Dabei werden die bei der Kaltauslagerung gebildeten
Cluster teilweise aufgelöst und vermutlich bereits Keime der Warmaus-
härtungsphasen angelegt. Bei einer kaltausgehärteten Legierung vom
Typ EN AW-6016 empfehlen (Uchida et al. 1996) eine Rückglühung
von 1 bis 2 Minuten bei 225 °C, s.a. (Mitsubishi Aluminum Co. 1993,
Sumitomo Light Metal Ind. 1993).
Die Entscheidung, welche dieser Maßnahmen oder deren Kombination
verwendet werden, richtet sich u.a. nach den vorhandenen Produktionsein-
richtungen und sind daher von Produzent zu Produzent unterschiedlich.
Wichtig ist, daß für die Verarbeitung reproduzierbar gleichmäßige Eigen-
schaften vorliegen, die sich während einer zumindest begrenzten Lagerung
beim Verarbeiter nicht verändern. Bild 3.2.24 gibt ein Beispiel für die La-
gerfähigkeit und für den Einfluß unterschiedlich langer Raumtemperaturla-
gerung auf die 0,2% Dehngrenze des Werkstoffs EN AW-6016 nach einer
Lackeinbrennung von 30 Min. bei 180 °C. Als Ausgangszustand wurde ein
stabilisierter Zustand gewählt. Bei günstiger Einstellung der Stabilisie-
rungsparameter und gegebenenfalls Anpassung der Legierungszusammen-
setzung kann die Warmaushärtung bei der kurzzeitigen Lackeinbrennung
beträchtlich beschleunigt werden, s. Bild 3.2.25, und auch die gute Ver-
formbarkeit des T4-Zustandes weitgehend erhalten bleiben.

Bild 3.2.24 Beispiel für den Einfluß einer Vorauslagerung auf die Lagerfähigkeit
bei Raumtemperatur sowie auf die Festigkeitseigenschaften von EN AW-6016
nach einer (simulierten) Lackeinbrennung von 30 Min. bei 180 °C), nach (Zhuang
et al. 2001). Vgl. mit Bild 3.2.23
154 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Bild 3.2.25 Verbesserte Kinetik der Warmaushärtung von AlMgSi-Karosserie-


blechlegierungen durch geeignete Stabilisierungsglühung (T4* bei EN AW-6016
stabilisiert, Ac-121PX) nach dem Lösungsglühen. Datenquelle: P. Furrer, Novelis

Einfluß einer Kaltverformung auf das Aushärtungsverhalten


Größere Kaltumformungen von AlMgSi-Werkstoffen lassen sich norma-
lerweise nicht im warmausgehärteten (T6, T7) Zustand durchführen. Hier-
zu eignen sich besser der frisch abgeschreckte (W-) Zustand sowie – mit
gewissen Abstrichen – der kaltausgehärtete (T4) Zustand. Aus Gründen
der Formgebungsgenauigkeit ist zu beachten, daß weder der W-Zustand
noch der T4-Zustand stabile Werkstoffzustände sind und demzufolge die
Lagerzeit bei Raumtemperatur vor der Kaltumformung einen Einfluß auf
das Rückfederungsverhalten ausübt. Günstiger ist ein stabilisierter Zustand
(s. Abschn. Zwischenlagerungseffekt), der auch nach der Kaltformgebung
die Warmaushärtungsfähigkeit beibehält.
Zu unterscheiden ist, ob nach der Kaltumformung eine Kalt- oder
Warmaushärtung vorgesehen ist, wobei letzteres bei AlMgSi-Werkstoffen
der Normalfall ist.

Einfluß einer Kaltverformung auf die Kaltaushärtung: Wird die Ver-


arbeitung nach teilweiser oder vollständiger T4-Aushärtung vorgenom-
men, wirkt sich mit zunehmendem Grad der Kaltaushärtung die Kaltverfe-
stigung positiv auf die Festigkeitswerte aus. Führt man dagegen die Kalt-
verformung direkt nach dem Abschrecken durch, addieren sich Kaltverfe-
stigung und Kaltaushärtung nicht in gleichem Maße wie bei kaltausgela-
gertem Material. Bei hohen Kaltverformungsgraden (>10%) wird die nach-
folgende Kaltaushärtung weitgehend unterdrückt (Draugelatis et al. 1970).
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 155

Einfluß einer Kaltverformung auf die Warmaushärtung: Wird nach


der Kaltverformung im W- oder T4-Zustand eine Warmaushärtung vorge-
nommen, so wird zwar die Aushärtungskinetik gegenüber dem nicht ver-
formten Material beschleunigt, die maximalen Festigkeitswerte werden mit
zunehmender RT-Vorlagerung jedoch nicht erreicht. Mit zunehmendem
Verfestigungsgrad steigt die Streckgrenze, jedoch nicht die Zugfestigkeit.
Durch eine Stabilisierung nach dem Abschrecken wirkt sich die Kalt-
verfestigung mit anschließender Warmaushärtung positiv auf Streckgrenze
und Zugfestigkeit aus. Die Aushärtungskinetik wird durch Kaltverfesti-
gung in diesem Falle ebenfalls beschleunigt, so daß die Warmauslage-
rungstemperatur und -zeit verringert werden müssen. Durch geeignete
Wahl der thermomechanischen Prozeßparameter lassen sich über den T6-
Zustand hinausgehende Festigkeitswerte erzielen bei gleichzeitig noch an-
nehmbaren Duktilitätswerten. Beispielsweise kann die Legierung EN AW-
6082 (typische T6-Festigkeitswerte Rp0,2 = 310 [N/mm²] / Rm = 340
[N/mm²] / A5 = 11[%]) durch eine Prozeßfolge bestehend aus Lösungsglü-
hen, Abschrecken, Stabilisierungsglühen von 140 °C / 1h, Kaltverformung
33%, Warmaushärtung 150 °C / 4h und 20% Kaltverformung auf Festig-
keitswerte von Rm = 483 [N/mm²] / A5 = 7 [%]) gebracht werden [Finkeln-
burg et al. 1987).

Rückbildungsglühen zum Zwecke verbesserter Umformbarkeit

Das Ziel einer solchen Rückbildungsglühung ist weniger die verbesserte


Lagerfähigkeit bzw. die schnellere Warmaushärtbarkeit, sondern vielmehr
die vorübergehende Verbesserung der Umformbarkeit, wie sie im frisch
abgeschreckten Zustand vorliegt. Der Erfolg hängt sowohl von der Zu-
sammensetzung als auch vom Ausgangszustand der AlMgSi(Cu)-Legie-
rung ab. Um die metastabilen Ausscheidungsphasen wieder aufzulösen,
muß eine Glühtemperatur oberhalb der Solvuskurve der jeweiligen Phasen
gewählt werden und eine Glühzeit, die für die Rückbildung der Phasen ge-
rade ausreichend ist, ohne eine nennenswerte Ausscheidung der bei dieser
Temperatur sich bildenden stabileren Ausscheidungsphasen zu erzeugen.
Eine schnelle Aufheizung, z.B. durch induktive Erwärmung, ist dabei vor-
teilhaft, um das Wachstum und größere Stabilität der vorhandenen Phasen
während der Aufheizung zu vermeiden. Gleichfalls ist eine schnelle Ab-
kühlung nach der Rückbildungsglühung wünschenswert, um eine gewisse
Leerstellenübersättigung für die nachfolgende Kalt- oder Warmaushärtung
sicher zu stellen.

Rückbildung der Kaltaushärtung: Bei Legierungen mit Mg2Si-Gehalt


bis etwa 0,6% (+ Si-Überschuß) kann man eine fast vollständige Rückbil-
156 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

dung der Kaltaushärtung durch eine Stoßglühung von 2 Minuten bei 250
°C erzielen. Innerhalb der ersten Minuten der Stoßglühung kommt es zu
einer Verringerung der Härte durch Auflösung der Cluster bzw. GP(I)-Zo-
nen. Danach steigt die Härte durch Keimbildung und Wachstum von
GP(II)-Zonen jedoch wieder an. Der Verlauf der anschließenden Kaltaus-
härtung ist nahezu identisch mit derjenigen ohne Rückglühung, s. Bild
3.2.26 (Haase et al. 1941). Bei höheren Legierungsgehalten wird jedoch
nur eine ungenügende Rückbildung durch eine derartige Stoßglühung er-
zielt. Es ist zu vermuten, daß die Rückbildung der Cluster und GP(I)-
Zonen wegen der hohen Bindungskräfte zwischen Si und Mg zu langsam
verläuft und vom Ausscheidungsprozeß der nächst stabileren Phase
(GP(II) überlagert wird.

Bild 3.2.26 Rückbildung der Kaltaushärtung einer AlMgSi-Legierung mit 0,4%


Mg, 0,55% Si und 0,2 % Fe nach Stoßglühung von 2 Minuten bei 250 °C und
Wiederaushärtung bei 20 °C, nach (Haase et al. 1941)

Rückbildung der Warmaushärtung: Stoßglühungen mit einer Dauer von


10 bis 60 Sekunden im Temperaturbereich zwischen 350 und 450 °C – al-
so unterhalb des Lösungsglühtemperaturbereichs – führen bei allen AlMg-
Si-Legierungen zu einer nahezu vollständigen Rückbildung der Warmaus-
härtungsphasen (Borchers et al. 1943), s. Bild 3.2.27. Längere Stoßglüh-
zeiten bewirken jedoch nur eine geringere Nachhärtung, da die Auflösung
der GP(II)-Zonen durch die gleichzeitige Bildung von β’- bzw. β-Aus-
scheidungen überlagert wird. Offenbar kann durch Bildung von Korngren-
zenausscheidungen der β-Phase eine zu lange Rückbildungsglühung (mit
einer Dauer von 5 bis 15 Minuten) auch zu einer Verminderung der Dukti-
lität führen (Smith 1973). In Übereinstimmung mit den älteren Untersu-
chungen von Borchers und Schwarzmaier (Borchers et al. 1943) berichten
Benedyk und Mostovoy von „Retrogression Heat Treatment“ der Legie-
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 157

rungen AA6061-T6 und AA6005-T5 durch Stoßglühungen mittels Induk-


tionsheizung im Temperaturbereich von 350 bis 450 °C (Benedyk 1997),
wodurch die Warmaushärtung vollständig zurückgebildet und die volle
Kalt- und Warmaushärtbarkeit wiederhergestellt werden kann, vor-
ausgesetzt, die Stoßglühung wird mit einer raschen Luft- oder Wasserab-
kühlung abgeschlossen. Die Wiederaushärtbarkeit wird jedoch nach (Bor-
chers et al. 1943) verzögert oder beeinträchtigt, wenn das Ausgangsma-
terial zuvor eine deutliche Überhärtung erfahren hatte, s. Bild 3.2.27. Je
vollständiger die Rückbildung durchgeführt wird, desto vollkommener und
schneller erfolgt die Nachhärtung.

Bild 3.2.27 Rückbildung einer bei 160 °C teilausgehärteten und überhärteten


AlMgSi-Legierung mit 0,77% Mg, 0,82% Si, 0,67% Mn und 0,32% Fe durch eine
Stoßglühung von 10 Sekunden bei 380 °C mit anschließender Nachhärtung bei
160 °C nach (Borchers et al. 1943)

Bei diesen Rückbildungsglühungen ist zu beachten, daß durch die Tem-


peraturführung nicht nur die Festigkeitseigenschaften, sondern auch die
Zähigkeits- und Korrosionseigenschaften beeinflußt werden können. Ge-
gebenenfalls ist daher das Eigenschaftsprofil der behandelten Legierungen
und Halbzeuge für die beabsichtigten Einsatzbedingungen zu überprüfen.

3.2.6 AlZnMg(Cu)-Legierungen

AlZnMg(Cu)-Legierungen gehören zur Gruppe der aushärtbaren Legie-


rungen und zeichnen sich als Knetwerkstoffe durch hohe und höchste stati-
sche Festigkeitseigenschaften (bis über 700 N/mm²) aus. Die Cu-freien
Varianten – z.B. EN AW-7020 – bieten mittlere bis hohe Festigkeitswerte,
gleichzeitig aber gute Schweißeigenschaften und hohe Schweißnahtfestig-
158 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

keiten. Die Cu-haltigen Varianten mit Cu-Gehalten zwischen 0,5 und 2,5
Gew.-% eignen sich nicht für das Schmelzschweißen mit den üblichen
Lichtbogenschweißverfahren, finden aber wegen der hohen Festigkeitsei-
genschaften als Walz-, Preß- und Schmiedeprodukte strukturelle Anwen-
dungen besonders im Flugzeugbau und wegen ihrer ausgezeichneten
Zerspanbarkeit als Walz- und Schmiedeprodukte Verwendung im Formen-
und Werkzeugbau.
Zink hat eine erhebliche Löslichkeit in Aluminium: bei 275 °C werden
31,6 Gew.-% Zn im α-Mischkristall gelöst (Kammer 1998). Die Löslich-
keit verringert sich stark bei niedrigeren Temperaturen, so daß bei entspre-
chender Wärmebehandlung eine Ausscheidungshärtung vorgenommen
werden kann, die jedoch nur geringe Festigkeitssteigerungen erbringt.
Durch Mg-Zusatz wird die Löslichkeit von Zn im α-Mischkristalls stark
reduziert (s. Bild 3.1.9, Abschn. 3.1) und dadurch das Aushärtungspotenti-
al deutlich verbessert. Bei hohem Zn/Mg-Verhältnis besteht ein Phasen-
gleichgewicht zwischen α-Mischkristall und MgZn2 (η-Phase), bei höhe-
rem Mg-Gehalt zwischen α-Mischkristall und (Al, Zn)49Mg32 (T-Phase).
Die Schmelztemperatur von MgZn2 ist mit 590 °C vergleichsweise niedrig,
ebenso die Bildungsenthalpie von 2,6 kcal/Mol. Die eutektischen Tempe-
raturen dieser annähernd quasibinären Schnitte im Phasensystem liegen bei
475°C bzw. 489 °C. Zusatz von mehr als 1% Cu baut Cu-Atome in die η-
Phase bzw. T-Phase ein; die Löslichkeit wird dadurch weiter verringert
und die thermische Stabilität der Ausscheidungsphasen erhöht. Die mei-
sten ternären und quaternären AlZnMg(Cu)-Legierungen enthalten je nach
Höhe des Mg-Gehaltes Anteile beider Gleichgewichtsphasen. Außer den
primären Legierungselementen sind in geringen Mengen die Dispersions-
bildner Mn, Cr oder Zr enthalten, die neben der Kontrolle des Korngefüges
auch Auswirkungen auf das Korrosionsverhalten sowie auf die Abschreck-
empfindlichkeit und die Kinetik der Kalt- und Warmaushärtung haben
(Bryant 1967).

Ausscheidungsverhalten bei Kalt- und Warmaushärtung


Die generelle Ausscheidungsfolge in AlZnMg(Cu)-Legierungen ist:
αübers.  Cluster  GP-Zonen  η’ (kugelförmig)  η (MgZn2)
bzw. T ((Al,Zn)49Mg32).
Cluster- und GP-Zonenbildung beherrschen den Kaltaushärtungsprozeß.
Bei der Warmaushärtung bilden sich durch Transformation der GP-Zonen
die teilkohärente η’-Phase sowie mit zunehmender Überhärtung die inko-
härenten η- und T-Gleichgewichtsphasen. Im einzelnen können die Aus-
scheidungsvorgänge wie folgt beschrieben werden.
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 159

Kaltaushärtung

Die Kaltaushärtung basiert anfänglich auf Zn-reichen Clustern und


schließlich auf der Bildung von kohärenten GP-Zonen (zinkreiche (Mg,
Zn)-Zonen) mit annähernder Kugelform. Nach (Dupasquier et al. 2004)
können sich in EN AW-AlZn4,5Mg1 (7020) bereits beim Abschreckvor-
gang leerstellenreiche Zn-Cluster bilden. Die Kinetik des Entmischungs-
vorgangs (Clusterbildung und GP-Zonenwachstum) wird durch die Über-
sättigung mit thermischen Leerstellen gesteuert. Bei langsamer
Abschreckung ist die Leerstellenübersättigung durch Ausheilen und ver-
mehrte Bindung an Mg-Atome geringer, so daß die GP-Zonen erst bei tie-
feren Auslagerungstemperaturen bzw. nach längeren Auslagerungszeiten
entstehen (Hatch 1984, Bryant 1967). Die Kaltaushärtung beginnt bei
Raumtemperatur nach etwa einer Stunde. Der Aushärtungsbeginn verkürzt
sich bei höheren Auslagerungstemperaturen. Bild 3.2.28 zeigt den Verlauf
der Aushärtung der Legierung EN AW-AlZn5,5MgCu (7075) bei Auslage-
rungstemperaturen zwischen Raumtemperatur und 100 °C.

Bild 3.2.28 Zeitlicher Verlauf der Aushärtung der Legierung EN AW-7075


(AlZn5,5MgCu) bei Auslagerungstemperaturen zwischen Raumtemperatur und
100 °C. Bleche, 3 mm dick, lösungsgeglüht 30 Min. bei 460 °C, kaltwasserabge-
schreckt und sofort bei entsprechenden Temperaturen ausgelagert % (Ostermann
1970)

Der Prozeß der Kaltaushärtung bei Raumtemperatur kann sich über


mehrere Jahre erstrecken. Mit der Auslagerungszeit wachsen die GP-Zo-
nen und die Festigkeit steigt auch noch nach Jahren kontinuierlich an. Die
160 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Lösungsgrenze von GP-Zonen im System AlZnMg in Abhängigkeit von


der Auslagerungstemperatur wurde von Polmear untersucht (Polmear
1958-59). Der Existenzbereich der GP-Zonen reicht von Raumtemperatur
bis etwa 120 °C (Nicolas et al. 2003), nach anderen Quellen bis 150 °C
(Köster 1958), allerdings überschneidet sich der Existenzbereich der GP-
Zonen oberhalb 80°C mit dem der η’- und η-Phase. Neuerdings wurden
abhängig von der Zusammensetzung und Auslagerungstemperatur zwei
Arten von GP-Zonen in AlZnMg-Legierungen beobachtet: GP(I) und
GP(II) (Ferragut et al. 1996). Die GP(I)-Zonen bilden sich nach dem Lö-
sungsglühen bei Temperaturen unterhalb 60 °C, verändern im Verlaufe der
Aushärtung durch Mg-Anreicherung ihre Zusammensetzung und bilden
sich bei Überschreiten der GP-Zonen-Solvustemperatur – z.B. durch kurz-
zeitiges Rückbildungsglühen bei 150 °C – vollständig zurück. Dagegen
werden die GP(II)-Zonen bei höheren Auslagerungstemperaturen gebildet,
sind thermisch stabiler und können sich vermutlich ohne Rückbildung in
die stabilere η’-Phase umwandeln (Dupasquier et al. 2004).
Der frisch abgeschreckte bzw. der kaltausgehärtete Zustand (T4) eignen
sich für leichte bis mittlere Kaltumformarbeiten. Die Temperatur und La-
gerzeitabhängigkeit der mechanischen Eigenschaften ist für die Legierung
EN AW-AlZn4,5Mg1 (7020) in Bild 3.2.29 dargestellt (Brenner 1961).

Bild 3.2.29 Kaltaushärtung von EN AW-AlZn4,5Mg1-Blechen, Dicke 5 mm, bei


20°, 35° und 60 °C (Brenner 1961)
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 161

Der Kaltaushärtungszustand ist bei AlZnMg(Cu)-Legierungen kein


empfohlener Gebrauchszustand, da die Legierungen – besonders mit rekri-
stallisiertem Gefüge – in diesem Zustand spannungsrißkorrosionsempfind-
lich sind und zu Schichtkorrosion neigen. AlZnMg(Cu)-Legierungen wer-
den daher ausschließlich im Warmaushärtungszustand T6 bzw. T7 einge-
setzt, wobei letztere Wärmebehandlung die beste Sicherheit gegen Span-
nungsrißkorrosion bietet, s. Abschn. 5.4.3.

Warmaushärtung
Bei der Warmaushärtung bildet sich die metastabile, teilkohärente Zwi-
schenphase η’ bei Temperaturen zwischen 100 °C und etwa 250 °C. Das
Festigkeitsmaximum wird bei Warmaushärtungstemperaturen zwischen
120° und 130 °C erreicht. Bild 3.2.30 zeigt in diesem Zustand die feine,
homogene Verteilung der Aushärtungsphase, vermutlich überwiegend η’,
in Legierung EN AW-7075-T651. Der nicht monotone Kurvenverlauf der
Härteentwicklung nach 2 Minuten bei 120 °C, s. Bild 3.2.31, läßt sich mit
einem Übergang von GP-Zonen-Härtung zu η’-Härtung deuten. Der glei-
che Effekt ist auch bei der Cu-freien AlZnMg-Legierung EN AW-7020 in
Bild 3.2.32 angedeutet. Einen ähnlichen Effekt findet man auch bei der
Warmaushärtung von AlMgSi-Legierungen, s. Bild 3.2.20.

Bild 3.2.30 TEM-Aufnahme des Feingefüges der Legierung EN AW-7075-T651.


Neben einigen Al6(Mn,Fe) und Al7Cr Dispersionsteilchen sind gröbere Sekundär-
ausscheidungen an Versetzungen sowie eine gleichmäßige Verteilung feinster η’-
Ausscheidungsphasen sichtbar. Gewalztes Stangenmaterial, Durchmesser 25,4
mm, Rp0,2 = 478 MPa, Rm = 550 MPa, A50 = 13 % (Ostermann 1970)
162 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Bild 3.2.31 Verlauf der Aushärtung der Legierung EN AW-7075 (AlZn5,5MgCu)


bei Auslagerungstemperaturen zwischen 120° und 220 °C. Bleche, 3 mm dick, lö-
sungsgeglüht 30 Min. bei 460 °C, kaltwasserabgeschreckt und sofort bei entspre-
chenden Temperaturen warmausgelagert (Ostermann 1970)

Charakteristisch für AlZnMg-Legierungen mit weniger als 2% Mg (Bei-


spiel: EN AW-AlZn4,5Mg1 – 7020) ist der positive Effekt einer längeren
Vorauslagerung bei RT, um höchste Warmaushärtungswerte zu erzielen
(Brenner 1961, Bryant 1967). Der Einfluß einer RT-Vorlagerung ist jedoch
abhängig von der Legierungszusammensetzung. Bei den höherfesten Cu-
haltigen Legierungen kann auch ein negativer Effekt der RT-Vorlagerung
eintreten (Hatch 1984). Gleichzeitig spielt die Aufheizgeschwindigkeit auf
die Auslagerungstemperatur eine kritische Rolle. Bei langsamer Aufhei-
zung können sich GP-Zonen bilden und eine Größe erreichen, die bei der
Auslagerungstemperatur wachstumsfähig ist bzw. die Umwandlung in die
nächst stabilere Modifikation ohne Rückbildung ermöglicht. Empfohlen
wird daher eine langsame Aufheizgeschwindigkeit von z.B. 30 °C/h.
Alternativ lassen sich höchste Festigkeitseigenschaften durch eine Stufen-
aushärtung bei 100°–110 °C (4–8 h) und 150°–160 °C (8–16 h) erreichen.
Die η’-Ausscheidung entsteht durch Umwandlung der homogen ver-
teilten GP(II)-Zonen bzw. durch Keimbildung in den örtlich durch Rück-
bildung der GP(I)-Zonen angereicherten Gebieten (Dupasquier et al.
2004). Nach (Nicolas et al. 2003) ist die Auflösungsgeschwindigkeit un-
terkritischer Teilchengrößen größer als das Teilchenwachstum, wodurch
ein effektiver Rückbildungseffekt eintreten kann. In AlZnMg-Legierungen
sind sowohl zur Keimbildung als auch zum Wachstum der η’-Phase Leer-
stellen erforderlich. (Hornbogen 1967).
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 163

Bild 3.2.32 Warmaushärtung von AlZn4,5Mg1-Blech, Dicke 5 mm, bei 100°,


120° und 150 °C nach 7-tägiger Raumtemperaturvorlagerung (Brenner 1961)

Im Verlauf der Überhärtung (T7 Zustand) bildet sich die stabile η-Phase
(MgZn2) aus der η’-Phase. Das Wachstum der η-Phase kann auf eine hö-
here Konzentration von Legierungselementen infolge der geringeren Lös-
lichkeit der stabileren Phase gegenüber der metastabilen Phase und infolge
der Auflösen von metastabilen η’-Phasen mit unterkritischer Größe zu-
rückgreifen. Der Temperaturbereich für die Bildung der η-Phase reicht von
etwa ~150 °C bis 300 °C (Nicolas et al. 2003). Der T7-Zustand wird je
nach Legierungszusammensetzung aus dem T6-Zustand (Auslagerung bei
110–130 °C) durch eine zusätzliche Auslagerung bei Temperaturen zwi-
schen 160° und 180 °C erreicht und hat positive Wirkung auf die Span-
nungsrißkorrosionsbeständigkeit (s. Abschn. 5.4.3).

Einfluß plastischer Verformung nach dem Abschrecken


auf das Aushärtungsverhalten
Gewöhnlich werden Walz- und Preßprodukte nach dem Abschrecken mit
einem Reckgrad von 1 – 2 % bleibender Verformung gerichtet, und damit
Abschreckspannungen beseitigt. Andererseits ist dieser Zustand auch ge-
164 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

eignet, größere Umformarbeiten mit entsprechend höheren Verformungs-


graden durchzuführen. Die Kaltverfestigung hat einen deutlichen Einfluß
auf die nachfolgende Aushärtung. Im übersättigten Gefüge entsteht durch
die Verformung eine große Zahl von Versetzungen, deren Bewegung im
Gitter zusätzliche Leerstellen erzeugt, aber auch thermische Leerstellen
beseitigt. So kann sowohl mit zunehmenden Umformgraden der Kaltausla-
gerungsprozeß verzögert oder beschleunigt werden. Andererseits wird
durch Kaltverformung die Warmaushärtung bei 120 – 160 °C stark be-
schleunigt und führt zu niedrigeren Festigkeitseigenschaften bei
AlZnMg(Cu)-Legierungen, s. Bild 3.2.33.

Bild 3.2.33 Einfluß einer Kaltverfestigung auf das Aushärtungsverhalten der Le-
gierung 7075 bei Raumtemperatur und 150°C. Nach dem Lösungsglühen
(460°C/30 Min.) und Abschrecken wurde das Material 15% kaltgewalzt und sofort
anschließend bei RT und bei 150°C im Salzbad ausgelagert (Ostermann 1970)

Allerdings ist für die erreichbaren Festigkeitswerte die Aufheizge-


schwindigkeit bei der Warmauslagerung besonders kritisch. Bei langsamer
Aufheizgeschwindigkeit (z.B. mit 30 °C/h) ist der negative Einfluß einer
Vorverformung auf die erzielbaren Festigkeitswerte gering. Schnelle Auf-
heizung auf die Warmaushärtungstemperatur (z.B. mit 300 °C/h) verur-
sacht dagegen mit zunehmendem Kaltverformungsgrad eine erhebliche
Einbuße der Festigkeitswerte. Der Grund wird darin gesehen, daß einer-
seits die η’-Phase bevorzugt an Versetzungen entsteht und zu schneller
Vergröberung neigt, während die homogene Keimbildung der η’-Aus-
scheidung durch Rückbildung oder Umwandlung von GP-Zonen langsa-
mer abläuft und im Wettbewerb mit der Ausscheidung an Versetzungen
behindert wird (Dechamps et al. 1999).
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 165

Wird die plastische Verformung nach einer Vorauslagerung vorgenom-


men, bei der genügend wachstumsfähige Keime für die η’-Phase erzeugt
werden, kann man eine zusätzliche Festigkeitssteigerung erzielen, wie das
in Bild 3.2.34 dargestellte Beispiel zeigt (Ostermann et al. 1969, Oster-
mann et al. 1970, Ostermann 1971, Di Russo et al. 1973). Die Verset-
zungsstruktur der nicht vorausgelagerten Probe ist typisch für den Fall, daß
Ausscheidungspartikel von Versetzungen geschnitten werden, wodurch
sich Gleitbänder mit hoher Versetzungsdichte ergeben (Welpmann et al.
1974, Starke 1989). Dagegen wird durch die Vorauslagerung die Verset-
zungsanordnung gleichmäßiger und führt nach der vollständigen Warm-
auslagerung zu einer deutlich erhöhten 0,2%-Dehngrenze bei gleicher
Bruchdehnung und bei nur geringfügig niedrigerer Brucheinschnürung.
Derartige Prozeßfolgen bei der Wärmebehandlung werden als thermome-
chanische Behandlungen bezeichnet.

a) b)
Bild 3.2.34 Einfluß einer Vorauslagerung auf die Versetzungsstruktur. Legierung
7075, gewalzte Stangen, Durchmesser 25,4 mm. (a) 460°C/30 min., abgeschreckt,
6% Kaltverformung + 16h/120°C (Rp0,2 = 493 MPa, Rm = 563 MPa, A50 = 17 %, Z
= 35%). (b) 460°C/30 min., abgeschreckt, 13 min./100°C, 6% Kaltverformung, +
16h/120°C (Rp0,2 = 563 MPa, Rm = 592 MPa, A50 = 17 %, Z = 31%)

Rückbildungsglühen
Eine Verbesserung der Kaltverformbarkeit und auch günstigeres Rückfe-
derungsverhalten bei der Umformung ausgehärteter AlZnMg(Cu)-Legie-
rungen erreicht man, wenn der Werkstoff vor der Verformung durch eine
166 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Stoßglühung kurzzeitig erwärmt wird, wobei die vorhandenen Ausschei-


dungsphasen ganz oder teilweise wieder in Lösung gebracht werden. Da-
bei ist für die Wahl der Rückbildungstemperatur der Ausgangszustand zu
berücksichtigen. Für AlZnMg-Werkstoffe im Kaltaushärtungszustand (T4)
geschieht die Auflösung von GP-Zonen durch kurzzeitiges Glühen im Be-
reich zwischen 150° und 250 °C, s. Bild 3.2.35 (Kiethe 1980). Liegt der
Werkstoff im Warmaushärtungszustand (T6, T7) vor, findet die Rückbil-
dung der η’-Phase durch kurzzeitiges Glühen zwischen 200° und 250 °C
und für die η-Phase (Überhärtungszustand) zwischen 300° und 350 °C
statt (Dechamps et al. 1999). Mit zunehmender Aufheizgeschwindigkeit
und höherer Temperatur wird die optimale Rückbildungszeit deutlich ver-
kürzt. Die Zunahme der Härte mit der Glühzeit nach Durchlaufen des Här-
teminimums beruht auf der Bildung von η’-Ausscheidungen, wodurch die
Übersättigung und das Aushärtungspotential verringert werden.

Bild 3.2.35 Einfluß der Glühdauer, Glühtemperatur und Aufheizgeschwindigkeit


(Ölbad, Luftofen) auf das Rückbildungsverhalten von EN AW-7020-T4 (AlZn
4,5Mg1) Blech mit 1 mm Dicke nach (Kiethe 1980)

Nach der Rückbildungsglühung kann das Material durch Kalt- oder


Warmauslagern wieder ausgehärtet werden. Die Wiederaushärtung bei
Raumtemperatur nach Wärmestoß bei unterschiedlichen Temperaturen
zeigt Bild 3.2.36 am Beispiel der Legierung EN AW-7020 mit dem Aus-
gangszustand T6 (AlZn4,5Mg1). Diese Rückbildungen können mehrfach
wiederholt werden (Gruhl et al. 1964), wobei mit zunehmenden Zyklen die
sich nicht rückbildenden Phasenanteile zunehmen können. Wichtig ist des-
halb, daß die Glühtemperatur und Glühdauer bei der Rückbildung so abge-
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 167

stimmt werden, daß möglichst keine weitere Ausscheidung der nächst sta-
bileren (nicht mehr rückbildenden) Phase entsteht (Aran 1989).
Der ausgeprägte Rückbildungsprozeß bei Cu-freien AlZnMg-Legierun-
gen und die nachfolgende Wiederaushärtung äußert sich auch in hohen sta-
tischen Schweißnahtfestigkeiten dieser schweißbaren Legierungsgruppe.

Bild 3.2.36 Einfluß von kurzzeitiger Erwärmung (1 Min.) von Legierung EN AW-
7020-T6 auf die mechanischen Eigenschaften nach Raumtemperaturlagerung bis
zu 3 Monaten (Brenner 1961). Bei Rückbildungstemperaturen unterhalb von 300
°C würde eine längere Glühzeit den Rückbildungseffekt verbessern. Zu beachten
ist, daß die Glühdauer für optimale Rückbildung durch höhere Aufheizge-
schwindigkeiten stark reduziert werden kann (Kiethe 1980)

Rückbildungszyklen verändern nicht nur die mechanischen Eigenschaf-


ten, sondern auch die chemischen und physikalischen Eigenschaften. An
einer AlZn5Mg3-Legierung haben Gruhl und Cordier (Gruhl et al. 1964)
beobachtet, daß durch mehrfache Rückbildungsglühung von jeweils 1 Mi-
nute bei 210 °C mit anschließender Auslagerung bei 90 °C die SRK-Be-
ständigkeit deutlich verbessert wurde, und führten diesen Effekt auf eine
Zunahme nicht rückbildbarer metastabiler Phasen zurück. Analoge Unter-
suchungen mit der Legierung EN AW-7075 (AlZn5,5MgCu) (Cina 1974)
(Aran 1989) führten durch Rückbildungsglühen von 7 Minuten bei 200 °C
und anschließender Warmauslagerung bei 120 °C zu Festigkeitswerten in
der Höhe des T6-Zustandes, jedoch mit einer verbesserten SpRK-Bestän-
168 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

digkeit, die der des Überhärtungszustands T73 entspricht (sog. RRA (Re-
trogression and Re-Ageing)-Behandlung). Mit einer Rückbildungsglühung
(3 Minuten bei 220 °C) und anschließender T6-Auslagerung wurden so-
wohl die SpRK-Beständigkeit der Legierung EN AW-7039-T6 (AlZn4
Mg3) als auch deren Festigkeit deutlich verbessert, jedoch ergaben sich bei
dieser Legierung Einbußen bei der Duktilität und Zähigkeit und keine Ver-
besserungen der interkristallinen Korrosionsbeständigkeit (Saglam et al.
2004). Rückbildungsprozesse wurden außer für die Legierung 7075 auch
für weitere Luftfahrtlegierungen, z.B. 7050, 7150, 7055, 7010, entworfen
(Robinson 2000). Der betreffende Wärmebehandlungszustand wird mit
T77 bezeichnet.
Die Rückbildung von GP-Zonen läßt sich mit Hilfe der Positronenspek-
troskopie sehr genau bis zu dem Punkte verfolgen, wo bei der Rückbil-
dungstemperatur die Bildung der nächst stabileren, teilkohärenten Phase
einsetzt. Wird zu diesem Zeitpunkt von der Rückbildungstemperatur abge-
schreckt, besteht wiederum ein Höchstgrad an Übersättigung von Leer-
stellen und Legierungselementen, wodurch bei anschließender Kalt- bzw.
Warmauslagerung eine weitere Ausscheidungshärtung erfolgt (Macchi et
al. 2003).

Informationen zur Abschreckempfindlichkeit der verschiedenen Vari-


anten von AlZnMg(Cu)-Legierungen enthält Abschn. 3.2.8.

3.2.7 Sonstige Knetlegierungen

Bohr- und Drehqualitäten

Bohr- und Drehqualitäten enthalten die kurzspanerzeugende Zusätze Pb,


Bi und/oder Sn. Diese Elemente haben in Aluminium eine sehr geringe
Löslichkeit im festen Zustand – s. Tabelle 3.1.6 – und sind als Partikel
meistens an den Korngrenzen angelagert. Durch die bei der Spanbildung
entstehende Wärme schmelzen die Partikel auf und wirken als Sollbruch-
stelle für den Span. Die traditionellen Bohr- und Drehqualitäten EN AW-
2007, EN AW-2011, EN AW-2030 und EN AW-6012 (Cu-frei) enthalten
0,6–1,5% Pb mit geringen Zusätzen an Bi. Verschiedene behördliche und
firmenspezifische Regelungen sehen vor, den Einsatz von Blei in Zukunft
zu vermeiden. Auch ist der Rücklauf von bleihaltigen Altschrotten prob-
lematisch für die Erzeugung bestimmter Halbzeugqualitäten. Aus diesen
Gründen wurde in einer Reihe von Legierungen der Bleigehalt durch Zinn
(Sn) ersetzt, z.B. EN AW-2111, EN AW-2111A und EN AW-6023.
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 169

Al-Si-Knetlegierungen
Die Gruppe der 4xxx-Legierungen läßt sich unterteilen in Legierungen für
Hartlote, solche für Schweißzusatzdrähte und in Legierungen für beson-
dere Zwecke, s. Tabelle 3.2.2. Die Hartlote unterscheiden sich hauptsäch-
lich hinsichtlich der anwendbaren Lötprozesse und des Solidus-Liquidus-
Bereichs, s. hierzu auch Abschn 19.4. Sie werden als Lötzusatzdraht und
auch als Plattierwerkstoff eingesetzt. Die Legierung EN AW-4015 wird
vornehmlich als Walzprodukt hergestellt und dient als Trägerwerkstoff für
Beschichtungen, insbesondere für das Emaillieren, und für Anwendungen
in der Wärmeübertragung. Die Legierung EN AW-4032 wird als Schmie-
delegierung für komplex gestaltete Kolben für die Luftfahrtindustrie ver-
wendet.
Tabelle 3.2.2 AlSi-Knetlegierungen und ihre Anwendungsbereiche
Leg.-Bez. Nominelle Anwendungsbereich
EN AW- Zusammensetzung
4343 AlSi7,5 Hartlot für das Löten mit Flußmitteln
4044 AlSi8,5 dto.
4045 AlSi10 Hartlot für das Löten mit Flußmitteln
4145 AlSi10Cu4 dto.
4004 AlSi10Mg1,5 Hartlot für das Vakuumlöten
4104 AlSi10Mg1,5Bi0,1 Hartlot für das Schutzgaslöten
4043A AlSi5 Schweißzusatzdraht
4046 AlSi10Mg dto.
4047A AlSi12(A) dto.
4009 AlSi5Cu1Mg dto.
4010 AlSi7Mg0,4 dto.
4145 AlSi10Cu4 dto.
4015 AlSi1,8Mn0,9Mg0,3 Walzprodukte für Emaillieren
4032 AlSi12Cu1Ni1Mg1 Schmiedeprodukte wie Bremszylinder,
Lagergehäuse, Kolben und Hydraulikzylinder

Al-Li-Legierungen
Lithium hat ein spezifisches Gewicht von 0,535 g/cm³, ein krz-Kristallgit-
ter und eine Löslichkeit in Aluminium von 4 Gew.-% im festen Zustand
(entspr. 13,9 At-%). Es ist daher ein attraktives Legierungselement, um das
spezifische Gewicht des Aluminiums zu senken. Lithium bewirkt darüber
hinaus eine deutliche Erhöhung des Elastizitätsmoduls. Aluminiumlegie-
rungen mit Li-Gehalten von 1,1 bi 2,8 Gew.-% und Cu-Gehalten zwischen
2 und 5 Gew.-% – s. Legierungsgruppe AA2090 – AA2099 – entwickeln
attraktive Festigkeitswerte und erlauben in strukturellen Anwendungen ei-
ne Gewichtsreduktion von ca. 15%. Al-Li-Legierungen haben darum be-
sonders im Flugzeugbau Interesse und Anwendung gefunden.
170 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Problematisch ist allerdings, daß für den Gießprozeß besondere vaku-


umtechnische Voraussetzungen vorhanden sein müssen, daß das Eintragen
von wenigen ppm Li in die Herstellung normaler Halbzeuglegierungen die
Heißrißneigung verstärkt und die Lackierfähigkeit beeinträchtigt.
Aus diesen Gründen eignen sich Al-Li-Legierungen nicht für zivile
Anwendungen und sollten – wenn überhaupt – auf den kontrollierbaren
Stoffkreislauf in Flugzeugbauwerken beschränkt bleiben.

3.2.8 Durchführung von Wärmebehandlungen

Im folgenden werden die wichtigsten Arten und Prozeßschritte der Wär-


mebehandlung von Aluminium und seinen Legierungen erläutert. Die An-
gaben betreffen ausschließlich Knetlegierungen. Für die Wärmebehand-
lung von Gußstücken wird auf entsprechende Angaben in Abschn. 3.3.5
hingewiesen.
Eine Wärmebehandlung greift grundsätzlich in die Gefügestruktur des
Materials ein, wodurch die Verarbeitungs- und Gebrauchseigenschaften
entscheidend beeinflußt und festgelegt werden. Außerdem können durch
Wärmebehandlungen Eigenspannungen im Bauteil gelöst oder erzeugt
werden und einen Verzug verursachen. Aushärtungsprozesse können wei-
terhin zu – wenn auch geringfügigen – Dimensionsänderungen führen. Der
Wärmebehandlungszustand des Materials wird durch eine genormte Be-
zeichnungsweise eindeutig festgelegt und beschreibt dadurch die zu er-
wartenden bzw. die garantierten Eigenschaften (s. Abschn. 3.4).
Dabei ist darauf zu achten, daß durch eine Wärmebehandlung fast im-
mer nicht nur eine bestimmte, gewünschte Eigenschaftsveränderung er-
reicht wird, sondern gleichzeitig andere Eigenschaften betroffen sein kön-
nen, wie z.B. Korrosionsbeständigkeit, Bruchzähigkeit, elektrische Leitfä-
higkeit und Bauteiltoleranzen.
Ebenso ist zu beachten, daß die Temperaturen und Zeiten sorgfältig und
in engen Grenzen eingehalten werden. Im allgemeinen sollten die emp-
fohlenen Temperaturgrenzen mit einer Toleranz von ± 3°C eingehalten
werden, wie z. B. in DIN 65570:1990 oder AMS2770 für Werkstoffe der
Luft- und Raumfahrt vorgeschrieben ist. Wegen der hohen Reflexionsei-
genschaften des blanken Aluminiums für Licht- und Wärmestrahlung ist
die Absorption von Strahlungswärme vergleichsweise gering. Effektiver
ist die konvektive Wärmeübertragung. Aluminiumprodukte sollten daher
immer in einem Luftumwälzofen oder in einem Salzbad wärmebehandelt
werden. Es ist keinesfalls ausreichend, sich auf die eingestellte Ofentempe-
ratur zu verlassen, sondern man muß sich mit entsprechenden Meßgeräten
oder am Glühgut angebrachten Thermoelementen vom Erreichen der ge-
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 171

forderten Metalltemperatur überzeugen. Angaben über Wärmebehand-


lungstemperaturen und Glühzeiten für die verschiedenen Legierungen und
Halbzeuge enthält z.B. die Luftfahrtnorm LN 29850:1989.

Entfestigungsglühen
Durch Kaltverformung mittels Walzen, Ziehen, Fließpressen wird die Fe-
stigkeit gegenüber dem weichen Zustand (auch gegenüber dem warmver-
formten Zustand) erheblich gesteigert. Die Ursache ist eine Kaltverfesti-
gung durch Versetzungsanhäufungen im Korn. Gleichzeitig nimmt die
Bruchdehnung ab.
Man unterscheidet solche kaltverfestigten Zustände, die unmittelbar
durch Kaltverformung ein bestimmtes Festigkeitsniveau erhalten, von de-
nen, die durch Rückglühen (Entfestigungsglühen) eines stark kaltverfe-
stigten Ausgangsmaterials erzielt werden. Letztere zeichnen sich bei glei-
chem Festigkeitsniveau durch eine größere Bruchdehnung aus. Kaltverfe-
stigte Zustände (z.B. ¼ hart, ½ hart, hart) sind nur bei nicht aushärtbaren
Legierungen gebräuchlich. Die vorgeschriebenen oder garantierten Festig-
keitseigenschaften solcher verfestigter Werkstoffzustände werden in der
Normung deutlich differenziert (s. Abschn. 3.4)
Durch Glühen bei entsprechenden Temperaturen und Zeiten kann die
Kaltverfestigung ganz oder teilweise rückgängig gemacht werden. Bild
3.2.37 zeigt den Einfluß der Glühtemperatur auf die Festigkeitseigen-
schaften von kaltverfestigtem AlMg3 (EN AW-5754) im Zustand H18 bei
einer 4-stündigen Glühzeit.

Bild 3.2.37 Einfluß der Glühtemperatur auf die Festigkeitseigenschaften von


AlMg3-H18 (EN AW-5754) (nach Bresson und Renouard)
172 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Bei der Entfestigungsglühung − durchgeführt je nach Kaltverfesti-


gungsgrad und Legierungszusammensetzung bei Temperaturen zwischen
150° und 250°C − tritt ein Ausheilen und Umordnen von Gitterfehlstellen
(Versetzungen, Leerstellen) ein, nicht aber eine Änderung des Korngefü-
ges, d.h. der Korngröße und -form. Die Zellwände von Versetzungszellen
ändern sich durch Annihilation und Klettern der Versetzungen in geord-
nete Versetzungsstrukturen und bilden sogenannte Subkörner mit diskre-
ten, aber geringen Orientierungsunterschieden zueinander. Dieser Vorgang
wird auch als Polygonisation bezeichnet.

Weichglühen

Mit Weichglühen wird eine Kaltverfestigung oder Aushärtung wieder


rückgängig gemacht. Die Zustandsbezeichnung ist „-0“. Beim Weichglü-
hen von kaltverfestigtem Material (Rekristallisationsglühen) erfolgt eine
vollständige Entfestigung des kaltverformten, verfestigten Materials durch
Bildung eines neuen Korngefüges. Das feinkörnig und vollständig rekri-
stallisierte Gefüge hat allgemein die besten Umformeigenschaften. Als
feinkörnig wird ein Gefüge mit einem Korndurchmesser von etwa 25 µm
bezeichnet. Die Verformung eines derart feinkörnigen Gefüges führt zu ei-
ner nur geringen Aufrauhung der Oberfläche, gröberes Korngefüge dage-
gen zu einer sog. Orangenhaut. Beim Weichglühen von ausgehärtetem Ma-
terial werden die metastabilen Ausscheidungsphasen in stabile Gleich-
gewichtsphasen überführt, die durch Vergröberung keine festigkeitsstei-
gernde Wirkung mehr haben. Weichglühen wird − je nach Legierung – bei
Temperaturen zwischen 300° und 400°C durchgeführt. Da der Prozeß des
Weichglühens ein thermisch aktivierter Vorgang ist, richten sich die not-
wendigen Glühzeiten nach der Höhe der Glühtemperatur.
Beim Rekristallisationsglühen bildet sich ein neues Korngefüge durch
Keimbildung und Keimwachstums im verformten Gefüge aus. Das Errei-
chen einer kritischen Keimgröße erfordert einen Mindestumformgrad. Je
höher der Umformgrad, um so größer die Keimzahl und um so geringer die
Korngröße nach der Weichglühung, s. Bild 3.2.38.
Beim Zwischenglühen von kaltverformten Teilen zwecks Wiederher-
stellung der Verformbarkeit ist auf Grobkornbildung zu achten, die im
Werkstück in Bereichen mit geringen, kritischen Umformgraden (ca.
3–20% Dehnung) auftreten kann. Um Grobkornbildung bei Zwischenglü-
hungen zu vermeiden, muß man sich gegebenenfalls auf eine Entfesti-
gungsglühung beschränken.
Um eine feine Korngröße bei der Weichglühung zu erreichen, ist eine
schnelle Aufheizzeit günstig. Bei langsamer Aufheizung wird die latent
gespeicherte Verformungsenergie des Gitters bereits durch Polygonisation
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 173

und Versetzungsvernichtung abgebaut und dadurch die Chancen zur


Keimbildung reduziert.

Bild 3.2.38 Einfluß des Kaltumformgrades (Angaben in %) auf die Korngröße von
Al99,5 nach dem Weichglühen

Die Abkühlung nach dem Weichglühen sollte dagegen nicht zu schnell


erfolgen, um bei aushärtbaren Legierungen keine Übersättigung des α-
Mischkristalls − d.h. keinen instabilen Zustand − zu erzeugen, was zu se-
kundären Aushärtungseffekten führen kann. Aus dem gleichen Grunde
dürfen Weichglühtemperaturen möglichst nicht über 400 bis 420 °C hin-
ausgehen. Eine langsame Ofenabkühlung (≤ 30 °C/h) mit einer mindestens
2-stündigen Haltezeit bei 230 °C und anschließender Abkühlung an Luft
wird empfohlen (LN 29 850:1989, Hufnagel 1988). Die Abkühlbedin-
gungen nach dem Weichglühen von nicht aushärtbaren Legierungen sind
demgegenüber nicht kritisch. Jedoch sollte speziell bei Legierungen mit
mehr als 4% Mg-Gehalt die Weichglühtemperatur 360 °C nicht überstei-
gen und anschließend eine langsame Ofenabkühlung mit einer mehrstün-
digen Haltezeit bei ca. 240 °C erfolgen, um eine Anfälligkeit für interkri-
stalline Korrosion (nach einer Sensibilisierung bei Temperaturen zwischen
80 und 150 °C ) zu vermeiden.

Wärmebehandlung aushärtbarer Legierungen

Die schematische Prozeßfolge für die vollständige Wärmebehandlung aus-


härtbarer Legierungen ist in Bild 3.2.39 dargestellt und besteht aus den
Schritten Lösungsglühen, Abschrecken, Kalt- bzw. Warmaushärten. Even-
tuell wird nach dem Abschrecken noch ein Reck-, Stauch- oder Richtvor-
gang ausgeführt, durch den der beim Abschrecken entstandene Verzug des
Glühgutes beseitigt wird.
174 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Bild 3.2.39 Schema des allgemeinen Wärmebehandlungszyklus für aushärtbare


Aluminiumlegierungen. I und IV = unkritische Aufheiz- bzw. Abkühlgeschwin-
digkeit, II = kritische Abkühlgeschwindigkeit, III = kritische Aufheizgeschwin-
digkeit (legierungsabhängig), RT = Raumtemperatur

Lösungsglühen
Zur Erzielung eines Übersättigungszustandes wird zunächst eine Lösungs-
glühung bei Temperaturen zwischen 470° und 560°C (je nach Legie-
rungstyp unterschiedlich) vorgenommen, damit lösliche, heterogene Legie-
rungsbestandteile (Sekundärphasen) im Mischkristall gelöst werden und
sich während der Glühdauer homogen verteilen.
Die Lösungsglühtemperatur muß einerseits genügend hoch sein, damit
eine möglichst vollständige Lösung der an der Aushärtung beteiligten Le-
gierungselemente erreicht wird, andererseits darf es aber nicht zu
Anschmelzungen im Gefüge kommen, die überwiegend an den Korngren-
zen auftreten. Dadurch würde das Gefüge unwiderruflich zerstört werden.
Die Lösungsglühtemperatur sollte daher unterhalb der eutektischen Tem-
peratur des Systems liegen. Die Metalltemperatur des Glühgutes darf bei
der Lösungsglühung die Toleranzgrenze von ± 1% der Solltemperatur
nicht überschreiten. Angaben für Glühtemperaturen und -zeiten für die je-
weilige Legierung und Halbzeugart sind den Herstellerangaben und ein-
schlägigen Literaturquellen zu entnehmen (LN 29 850:1989, Aluminium-
Taschenbuch 1988), s. a. Tabelle 3.2.4. Die Dauer der Lösungsglühung ist
abhängig von der Materialdicke und den Ofenbedingungen. Lösungsglü-
hen in Luftumwälzöfen benötigt für Halbzeuge mit Wanddicken bis zu 10
mm zwischen ½ und 1 Stunde bei Metalltemperatur.
Eine unvollständige Lösung der Legierungselemente verursacht ein ver-
mindertes Festigkeitsniveau bei der nachfolgenden Aushärtung, führt
gleichzeitig aber auch zu einer reduzierten Duktilität, da die nicht gelösten
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 175

Legierungselemente den Volumenanteil an Primärphasen erhöhen. Durch


stufenweise Erhöhung der Glühtemperatur kann die Löslichkeit der Legie-
rungselemente bis nahe an die Solvusgrenze ausgeschöpft werden, ohne
daß Anschmelzungen der Resteutektika an den Korngrenzen stattfinden.
Eine solche Behandlungsweise erfordert jedoch ein genaue Temperatur-
messung in Grenzen von ±1 °C. Auf diese Weise lassen sich sowohl Fe-
stigkeit als auch Duktilität und Bruchzähigkeit nach anschließend voll-
ständiger Wärmebehandlung gegenüber der traditionellen einstufigen
Lösungsglühbehandlung deutlich steigern, wie z.B. von (Liu et al. 2005)
für Al-Cu-Mg und Al-Mg-Si Legierungen berichtet wird.

Abschrecken

Die Abkühlung auf Raumtemperatur nach dem Lösungsglühen muß mög-


lichst ohne jede Verzögerung erfolgen und zwar so rasch, daß die beim
Lösungsglühen erreichte, homogene Verteilung der Legierungselemente
eingefroren wird. Andererseits sollte die Abkühlung aber möglichst auch
nur so schnell erfolgen, daß Verzug der Teile durch Entwicklung von Ei-
genspannungen so weit wie möglich vermieden werden. Maßgebend ist ei-
ne hohe Abschreckgeschwindigkeit im kritischen Temperaturbereich zwi-
schen ca. 400°C und 290°C, der schnell durchfahren werden muß, um das
vorzeitige Entmischen des übersättigten α-Mischkristalls zu vermeiden
und Nachteile bzgl. Festigkeit, Duktilität und Korrosionsbeständigkeit aus-
zuschließen. Die notwendige Abschreckgeschwindigkeit richtet sich nach
der Abschreckempfindlichkeit der Legierung, die bei hochfesten Le-
gierungen deutlich höher ist als bei niedrig und mittelfesten Legierungen.
Im Bild 3.2.40 ist ein Temperatur-Zeit-Schaubild dargestellt, in dem die
C-Kurven die Grenzen für 5 % Erniedrigung der 0,2%-Dehngrenze bei
Blechen aus den hochfesten Legierungen AA7075 und AA7050 angeben,
wenn diese im Anschluß an das mehr oder weniger schnelle Abkühlen
durch den kritischen Temperaturbereich in den Zustand T6 bzw. T76 ver-
setzt werden (Staley 1973). Die Form der C-Kurve bildet die Ausschei-
dungskinetik im gesamten Temperaturbereich ab. Ausgehend von einer
Lösungsglühtemperatur von ca. 465 °C hat die Übersättigung beim Durch-
laufen des kritischen Temperaturbereichs bereits erheblich zugenommen
und gleichzeitig herrschen hohe Diffusionsgeschwindigkeiten. Unterhalb
des kritischen Temperaturbereichs nimmt die Diffusionsgeschwindigkeit
ab, allerdings ändert sich bei diesen Temperaturen weiterhin die Leerstel-
lenübersättigung, die für die nachfolgenden Kalt- bzw. Warmaus-
härtungsprozesse von Bedeutung sein kann. Die höhere Abschreck-
empfindlichkeit der Cr-haltigen Legierung AA7075 gegenüber der Zr-hal-
tigen Legierung AA7050 ist auf die Bildung von teilkohärenten Al12Mg2Cr
176 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Dispersoiden gegenüber den kohärenten Al3Zr Dispersoiden zurückzufüh-


ren. Die Cr-haltigen Dispersoide fördern die Entmischung der zur Aus-
härtung notwendigen Legierungsbestandteile (Mg, Zn, Cu).

Bild 3.2.40 C-Kurven für Bleche aus den Legierungen AA7075-T6 und AA7050-
T76 . Sie geben die Temperatur-Zeit-Grenze für einen 5-prozentigen Abfall der
maximal erreichbaren Dehngrenze an. Nach (Staley 1973)

Bild 3.2.41 C-Kurven für Profile aus Legierung EN AW-6060 (Al MgSi), nach
(Lynch 1971)
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 177

Ein Vergleich der C-Kurven in Bild 3.2.40 mit der in Bild 3.2.41 zeigt,
daß gegenüber den hochfesten Legierungen die Strangpreßlegierung EN
AW-6060 (Al MgSi) deutlich weniger abschreckempfindlich ist, so daß
Profile bei der Herstellung direkt aus der Strangpreßhitze an der Presse ab-
geschreckt werden können. Häufig reicht ein Luftgebläse zum Erreichen
der notwendigen Abkühlgeschwindigkeit, jedoch muß je nach Profilform
und Wanddicke gegebenenfalls die Abkühlwirkung durch ein Luft-Was-
ser-Gemisch oder eine sog. Wasserwelle erhöht werden.
Bei ungenügender Abschreckgeschwindigkeit im kritischen Tempera-
turbereich bilden sich vorzeitige Ausscheidungen vor allem an Korngren-
zen, die zu einer Veränderung des Korrosionsverhaltens (Anfälligkeit für
interkristalline Korrosion) und zu einer Beeinträchtigung der Bruchzähig-
keit (Anfälligkeit für Korngrenzenbruch) führen können. Ein Beispiel für
die Belegung von Korngrenzen mit Ausscheidungen infolge zu langsamer
Abschreckung zeigt Bild 3.2.42 für die Preßlegierung EN AW-6060 (Al
MgSi). Weitere Informationen um Abschreckverhalten von AlMgSi-Legie-
rungen siehe auch Abschn. 3.2.5.

Bild 3.2.42 Korngrenzenausscheidungen in Preßprofilen der Legierung EN AW-


6060 (Al MgSi) durch zu langsame (Bild links) und richtige Abschreckung (Bild
rechts) bei der Wärmebehandlung an der Strangpresse (Quelle: Alcan-Singen)

Die kritische Abschreckgeschwindigkeit Vkrit wird häufig dadurch defi-


niert, daß die genormten Festigkeitswerte erreicht werden müssen. Für ei-
nige Legierungen ist Vkrit in Tabelle 3.2.3 angegeben. Allerdings sind mit
der Einhaltung der angegebenen Abschreckgeschwindigkeiten zwar die ge-
forderten Festigkeitswerte gewährleistet, jedoch nicht unbedingt ein opti-
males Eigenschaftsprofil. Festigkeitseigenschaften und Härte reagieren
nicht so empfindlich auf beginnende Korngrenzenausscheidungen, wie
Duktilität, Korrosions- und Schwingfestigkeitseigenschaften. Untersu-
chungen an Flachbiegeproben aus Legierung EN AW-6005A zeigen,
178 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

daß durch Wasserabschreckung (ca. 6000 °C/Min.) gegenüber Luftab-


schreckung (130 °C/Min.) die Biegewechselfestigkeit um fast 30% erhöht
wurde, wogegen die Festigkeitswerte um kaum 10% anstiegen und schon
bei Luftabschreckung über den genormten Mindestfestigkeitswerten lagen
(Bomas 1981), vgl. hierzu auch die Ausführungen in Abschn. 3.2.5.

Tabelle 3.2.3 Kritische Abschreckgeschwindigkeit im Temperaturbereich zwi-


schen 400 und 290 °C für verschiedene Legierungen (Literaturauswertung).
Legierung Kritische Abschreckge-
schwindigkeit Vkrit
[°C/Minute]
EN AW-2024 6000
EN AW-6060 60
EN AW-6005A 130
EN AW-6061 670
EN AW-6082 680
EN AW-7020 40
EN AW-7075 6000

Die Abschreckgeschwindigkeit ist abhängig von der Temperatur des


Abschreckmittels (z.B. bewegte oder ruhende Luft, Wasser, Luft-Wasser-
gemisch, Glykol/Wassergemisch), dem Wärmeübergang zwischen Metall-
oberfläche und Abschreckmittel und der Materialdicke (Verhältnis von
Oberfläche zu Volumen), s. Bild 3.2.43. Das Leidenfrost’sche Phänomen,
die Bildung von Dampfblasen an der heißen Metalloberfläche, verhindert
eine gleichmäßige direkte Wärmeabführung an das Abschreckmedium,
was bei dünnwandigen Blechen und Profilen zu beulenartigen Verwerfun-
gen führen kann, bei dickeren Teilen zu ungleichmäßigen Eigenschaften.
Glykol im Wasser entmischt sich an der Metalloberfläche und führt zu ei-
ner gleichmäßigeren, allerdings langsameren Wärmeübertragung.
Durch die unterschiedliche Abschreckempfindlichkeit der Legierungen
sind bei sonst gleichen Abschreckbedingungen die erhaltenen Eigenschaf-
ten unterschiedlich stark abhängig von der Materialdicke. Die Abschreck-
empfindlichkeit spielt daher besonders bei dicken Materialquerschnitten
eine wichtige Rolle, die in der Regel durch Zerspanen bearbeitet werden.
An Stirnabschreckproben nach W. E. Jominy (DIN EN ISO 642:2000-01)
kann nach abgeschlossener Aushärtung der Härteverlauf über der Proben-
achse ausgehend von der wasserabgeschreckten Stirnfläche gemessen wer-
den, s. Bild 3.2.44. Durch Kalibrierung der Probenachse mit der Ab-
schreckgeschwindigkeit lassen sich mit den Härteverläufen in Verbindung
mit Bild 3.2.43 Aussagen über die zu erwartenden Festigkeitseigenschaf-
ten in Abhängigkeit von der Materialdicke machen.
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 179

Bild 3.2.43 Mittlere Abschreckgeschwindigkeit im kritischen Temperaturbereich


zwischen 400° und 290 °C in Abhängigkeit von der Materialdicke bei Verwen-
dung von kaltem und warmen Wasser, Glykol-Wassergemisch, stehender und be-
wegter Luft (Auswertung verschiedener Literaturquellen)

Bild 3.2.44 Schematischer


Versuchaufbau der Stirnabschreck-
probe mit 30 mm Durchmesser

Gleichzeitig kann man über die Messung der elektrischen Leitfähigkeit


die Abhängigkeit vorzeitiger Entmischung von der Abschreckgeschwin-
digkeit beobachten und Korrosionsuntersuchungen durchführen. Für einige
Standardlegierungen sind die Härte- und Leitfähigkeitsverläufe in Bild
3.2.45 dargestellt. Man erkennt, daß die elektrische Leitfähigkeit z.T. emp-
findlicher auf die Abschreckgeschwindigkeit reagiert als die Härte.
180 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Bild 3.2.45 Abschreckempfindlichkeit von Legierungen gemessen mit der Stirn-


abschreckprobe (Jominy-Test). Hierbei wurde ein 30 mm dicker Zylinder direkt
nach dem Lösungsglühen mit einem Wasserstrahl an einer Stirnseite abgeschreckt
und nach dem Abkühlen kalt- oder warmausgehärtet. Die Probe wurde danach ent-
lang der Zylinderachse geteilt und ausgehend von der Stirnseite das Härte- und
Leitfähigkeitsprofil gemessen

Eigenspannungen, Verzug, Volumenänderungen

Schnelle Abkühlung bzw. Abschrecken von der Glühtemperatur sind die


Ursache für z. T. erhebliche Eigenspannungen im Halbzeug oder Bauteil.
Durch das Schrumpfen der oberflächennahen Bereiche beim Eintauchen in
das Abschreckmittel entstehen dort Zugspannungen, die zu geringfügigen
plastischen Verformungen führen können. Nach Abkühlen auch des Werk-
stücksinneren ergeben sich dadurch Druckeigenspannungen an der Ober-
fläche und Zugeigenspannungen im Werkstückinneren. Bild 3.2.46 zeigt
eine Beispiel für den Eigenspannungsverlauf über der Plattendicke einer
hochfesten Legierung nach dem Abschrecken in unterschiedlichen Medien
und anschließender Warmauslagerung bei 120 °C.
Thermische Eigenspannungen in Halbzeugen oder Bauteilen verursa-
chen Verzug oder unkontrollierte Formtoleranzen beim Zerspanen. Die
Beherrschung niedriger Eigenspannungen ist daher besonders bei Bautei-
len wichtig, an denen spanende Bearbeitung vorgenommen werden sollen.
Der Abbau von Eigenspannungen geschieht vorzugsweise auf mechani-
schem Wege durch Recken oder Stauchen mit einer bleibenden Dehnung
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 181

von 1 bis 3%. Einbußen an Duktilität durch zu hohen Reckgrad sollten je-
doch vermieden werden.

Bild 3.2.46 Eigenspannungen in 30 mm dicken Aluminiumplatten der Legierung


EN AW-7075-T6 nach dem Abschrecken in verschiedene Abschreckmedien und
anschließendem Warmaushärten. Messung der Eigenspannungen durch einseitiges
Abarbeiten des Materials (Ostermann et al. 1975)

Als Beispiel sei auf Strukturbauteile im Flugzeugbau verwiesen, die aus


hochfesten Legierungen in Form von dicken Walz- oder Schmiedeplatten
durch spanende Formgebung hergestellt werden. Wegen des hohen Zer-
spanungsvolumens und der Einhaltung äußerst enger Formtoleranzen ist
die möglichst vollständige Eigenspannungsfreiheit Voraussetzung für den
Einsatz. Bild 3.2.47 zeigt beispielhaft den Einfluß des Reckgrades auf die
Resteigenspannungen einer hochfesten Walzplatte für den Flugzeugbau.
Nach dem Recken kann bei warmauszuhärtenden Legierungen ein zu-
sätzlicher thermischer Abbau von Eigenspannungen durch die Warmaus-
härtung erfolgen. Übliche Warmauslagerungstemperaturen bis 180 °C rei-
chen jedoch normalerweise allein nicht aus, um Eigenspannungen während
der Auslagerungszeit ausreichend zu beseitigen. Bei abgeschreckten und
nicht gereckten Halbzeugen kann der Spannungsabbau durch Warmausla-
gerung jedoch Einfluß auf die Formstabilität haben. Der thermische Span-
nungsabbau ist abhängig von der Legierungszusammensetzung, wie aus
den Meßergebnissen in Bild 3.2.48 hervorgeht. Hierbei handelt es sich um
182 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Bild 3.2.47 Abhängigkeit der Resteigenspannungen vom (Gesamt-) Reckgrad für


beim Spannungsarmrecken einer hochfesten Walzplatte aus Legierung AA7050.
HOKOTOL ist ein Markenname der Fa. Corus, Koblenz

Bild 3.2.48 Abbau thermischer Eigenspannungen in Reinaluminium und AlMg-


Legierungen nach Abschrecken von 450°C in Eiswasser und einer einstündigen
Auslagerung bei verschiedenen Temperaturen zwischen 100° und 250°C. Daten-
übertrag nach (Hoffmann 1985)

Rundproben aus naturharten AlMg-Legierungen, bei denen der Entspan-


nungsprozeß nicht durch Ausscheidungen verändert wurde. Die Proben
wurden von 450°C auf 0°C abgeschreckt und anschließend 1 h bei Tempe-
raturen zwischen 100° und 250°C geglüht (Hoffmann 1985, Vöhringer
1987). Die Daten lassen sich vermutlich annähernd auf andere, auch aus-
härtende, Legierungen übertragen.
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 183

Durch die Veränderung des Gehaltes an im α-MK gelösten Legierungs-


elementen während des Wärmebehandlungszyklus kann es zu geringen po-
sitiven und negativen volumetrischen Veränderungen kommen, die dila-
tometrisch meßbar sind (Hatch 1984, Hunsicker 1980). Die Ursache liegt
in den unterschiedlichen Atomradien der verschiedenen Legierungs-
elemente im Verhältnis zum Atomradius des Aluminiums, s. Tabelle 3.1.5.
Die dilatometrischen Änderungen betragen weniger als 0,1 % und sind da-
her für die allermeisten praktischen Fälle ohne Belang.
Wichtiger können bei der Warmauslagerung von Bauteilen die reversi-
blen Dimensionsänderungen durch den thermischen Ausdehnungskoeffi-
zient sein, s. Tabelle 4.1. Für Bauteile, die aus verschiedenen Werkstoffen
zusammengesetzt sind, entstehen durch die unterschiedlichen Wärmeaus-
dehnungskoeffizienten Spannungen, die u.U. bleibende Deformation nach
sich ziehen.

Kalt- und Warmaushärten

Im Anschluß an das Abschrecken erfolgt die Kalt- oder Warmauslagerung.


Die Bedingungen für die Warmauslagerung sind abhängig von der jeweili-
gen Legierung. Bei einigen Legierungen (AlMgSi und AlZnMg(Cu)) ist
sowohl die Lagerzeit zwischen Abschrecken und Warmauslagern als auch
die Aufheizgeschwindigkeit auf die Warmauslagerungstemperatur für das
Erreichen optimaler Eigenschaften wichtig. Für einige aushärtbare Legie-
rungen enthält Tabelle 3.2.4 Angaben für Temperaturen, Zeiten und Ab-

Tabelle 3.2.4 Angaben zur Wärmebehandlung einiger aushärtbarer Konstrukti-


onslegierungen
Legierung EN AW- Lösungs- Ab- Zwischenlage- Auslagerung
glühtempe- schreck- rung bei Raum-
ratur °C medium temperatur Temperatur, °C Dauer, h
2017(A) AlCu4MgSi(A) 505 ± 5 Wasser --- RT 120
2024 AlCu4Mg1 495 ± 5 Wasser --- RT 120
2014 AlCu4SiMg 505 ± 5 Wasser unkritisch 160 ± 5 11 ± 1
6060 AlMgSi 510 ± 10 Luft unkritisch 165 ± 5 10 ± 2
6005A AlSiMg(A) 530 ± 10 Luft/ keine 165 ± 5 10 ± 2
Wasser
6082 AlSi1MgMn 530 ± 10 Wasser keine 165 ± 5 10 ± 2
6061 AlMg1SiCu 530 ± 10 Wasser keine 165 ± 5 10 ± 2
7020 AlZn4,5Mg1 465 ± 5 Luft *) 3 Tage, altern. 1. Stufe: 90 - 100 8 - 12
max. 20°C/h 2. Stufe: 140 - 160 16 - 24
Aufheizung
7075 AlZn5,5MgCu 465 ± 5 Wasser max. 20°C/h 1. Stufe: 115 - 125 12 - 24
Aufheizung 2. Stufe: 165 - 180 4- 6

*) Abkühlen dünner Bleche und Profile nicht schneller als 30 °C/min


184 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

schreckmedien zum gesamten Wärmebehandlungszyklus. Es sei an dieser


Stelle auf die detaillierten Ausführungen zum Ausscheidungsverhalten der
verschiedenen Legierungssysteme in den Abschn. 3.2.4–3.2.6 hingewie-
sen.

Nachweis des Wärmebehandlungszustands

Der Nachweis des gewünschten Wärmebehandlungszustandes ist in der


Praxis nicht immer leicht und eindeutig zu erbringen. Grundsätzlich eignen
sich dafür die Ermittlung der mechanischen Werte des genormten Zugver-
suchs sowie die Prüfung der Härte und der Vergleich mit den in den Werk-
stoffnormen angegebenen Mindestwerten. Die Härteprüfung ist ein einfa-
ches und schnelles Hilfsmittel, jedoch mit gewissem Unsicherheiten ver-
bunden, da die Härtemessung mit zahlreichen Effekten behaftet ist (Verfe-
stigungsverhalten, Wirksamkeit des Spannungszustands, Warmverfor-
mungsgefüge oder rekristallisiertes Gefüge, Grobkornlage, Textur), die im
Zugversuch keine so gravierende Rolle spielen. Bild 3.2.49 enthält empiri-
sche Daten für hochfeste Aluminiumlegierungen und für die Gruppe der
AlMgSi-Legierungen, mit deren Hilfe von Härtemessungen auf die vorlie-
gende Zugfestigkeit geschlossen werden kann.
Weitere Hilfsmittel zur Bestimmung des Werkstoffzustandes sind die
Prüfung der elektrischen Leitfähigkeit (z.B. mit einem Wirbelstrom-Test-
gerät) und metallographische, lichtmikroskopische Untersuchungen mit
verschiedenen Ätzmethoden.

Bild 3.2.49 Beziehung zwischen Brinellhärte und Zugfestigkeitseigenschaften von


warmausgehärteten Aluminiumlegierungen
3.3 Legierungsaufbau und Wärmebehandlung von Gußlegierungen 185

3.3 Legierungsaufbau und Wärmebehandlung


von Gußlegierungen

Wegen der exzellenten Formgebungsmöglichkeiten stellen Formgußteile


aus Leichtbauwerkstoffen, insbesondere aus Aluminiumlegierungen, ein
erhebliches Potential für den Leichtbau dar. Dabei werden Formgußteile
zunehmend für Komponenten verwendet, die hohe mechanische Bean-
spruchungen und Sicherheitsaufgaben (Schwingfestigkeits- und Crash-Be-
anspruchung) erfüllen müssen.
Der Legierungsaufbau der Aluminium-Gußlegierungen unterscheidet
sich in erheblicher Weise von dem der Knetlegierungen, weil als wesentli-
che Anforderung eine gute Gießbarkeit erfüllt werden muß. Für die Gieß-
barkeit als Legierungsmerkmal sind gutes Fließvermögen, Formfüllungs-
vermögen sowie Warmrißbeständigkeit maßgebend. Diese Merkmale
spielen beim Stranggießen eine weitaus geringere Rolle als beim Gießen
von Formteilen mit meistens komplexer Formgestalt und unterschiedlichen
Wanddicken. Aus diesen Gründen können die meisten Knetlegierungen
nicht für Formgußteile verwendet werden.
Die Gebrauchstauglichkeit und Qualität von Formgußteilen wird im we-
sentlichen von der Schmelzequalität, vom Gießverfahren, von der Gestalt
des Gußteils und letztlich von der Güte des Gußgefüges bestimmt, das sich
beim Erstarren der Schmelze in der Gußform ausbildet. Jeder der genann-
ten Faktoren unterliegt wiederum den Einflüssen einer Reihe von z.T. ge-
genseitig abhängigen Parametern, deren reproduzierbare Einstellung und
Kontrolle schwierig sind. Formgießen ist zwar der „schnellste Weg von
der Schmelze zum gebrauchsfertigen Teil“, jedoch nicht der einfachste. In
der Tat muß man eingestehen, daß es kein „fehlerfreies“ Gußteil gibt. Der
Anwender muß sich mit der Zulässigkeit von Gußfehlern auseinanderset-
zen und gemeinsam mit dem Gießer die Fehlerart, -größe und -lage festle-
gen, bei der die Gebrauchstauglichkeit des Gußteils gewährleistet sein soll.
Für die Auswahl geeigneter Gußlegierungen und Gießverfahren muß
daher ein gewisses Maß an Grundkenntnissen beim Anwender vorausge-
setzt werden. Aus diesem Grunde sollen im folgenden einige Grundlagen
des Gießprozesses herausgearbeitet werden, die für die Gebrauchstaug-
lichkeit eines Gußteils maßgebend sind:
• Schmelze und Schmelzereinigung
• Erstarrungsvorgang
• Gußfehlerquellen bei der Erstarrung.

Die zahlreichen Gießverfahren und ihre charakteristischen Merkmale wer-


den in Kap. 7 eingehender dargestellt und miteinander verglichen.
186 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

3.3.1 Schmelze und Schmelzereinigung

Die Schmelzezubereitung im Schmelzofen dient der Vorbereitung des


Gießvorgangs und der Einstellung der gewünschten Legierungszusammen-
setzung durch Gattierung der verschiedenen Legierungselemente. Der
Schmelzvorgang selbst bedeutet den Verlust der kristallinen Gitterstruktur
nach Überschreiten der Schmelztemperatur des Grundwerkstoffs, wodurch
die Packungsdichte der Atome geringer ist als in der ursprünglichen Kri-
stallstruktur. Das Schmelzen führt daher zu einer Volumenzunahme, die
legierungsabhängig ist und bei Reinstaluminium (99,99 %) 7,1 % beträgt.
Die Aluminiumschmelze wird in Tiegelöfen, Drehtrommelöfen, Herd-
öfen oder Induktionsöfen zubereitet, die mit Gas, Öl oder Strom beheizt
werden. Bilder 3.3.1 bis 3.3.3 illustrieren schematisch den Aufbau der häu-
figsten Schmelzofentypen. Eingesetzt werden unlegiertes oder legiertes
Blockmetall in Masseln oder flüssig angelieferte Legierungen sowie Kreis-
laufmaterial aus der Gießerei (Barrenabschnitte, Angüsse, Steiger, Fehl-
güsse etc.) und aus der Weiterverarbeitung. Man unterscheidet Hüt-
tenlegierungen (aus Primärmetall erzeugte Legierungen), hüttenähnliche
Legierungen (Sekundärlegierungen mit geringem Eisengehalt und Pri-
märmetallanteilen) und Sekundäraluminiumlegierungen (aus Neuschrotten
und Altschrotten erzeugte Legierungen).
Infolge der hohen Affinität des Aluminiums zum Sauerstoff überzieht
sich die Schmelze mit einer dichten Oxidschicht, die bei der Temperatur
des Metallbades sehr zäh ist. Wegen des geringen Dichteunterschieds zwi-

Bild 3.3.1 Herdofen mit Abschmelzbrücke


3.3 Legierungsaufbau und Wärmebehandlung von Gußlegierungen 187

Bild 3.3.2 Flammofen mit Vorherd

Bild 3.3.3 Trommelofen

schen Oxid und Schmelze besteht die Gefahr, daß Oxidhäute in die
Schmelze eingetragen und im Schwebezustand gehalten werden. Der
Oxidgehalt der Schmelze steigt außerdem durch Umfüllen des Metalls in
Warmhalteöfen und beim Vergießen.
Das Eintragen von Oxiden beim Umschmelzen der Gießereiumlauf-
schrotte kann in Herdöfen durch eine Abschmelzbrücke (Bild 3.3.1) oder
durch Einschmelzen in einem Vorherd (Bild 3.3.2) reduziert werden.
Durch die Badbewegung bei Drehtrommelöfen können wegen der Zähig-
keit der Oxidhäute Gaseinschlüsse ins Schmelzbad eingezogen werden, an
188 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

denen andere schwebende Verunreinigungen anhaften. Diese schwimmen


beim Abstehen der Schmelze auf, haften an der Oxidschicht und bilden mit
ihr zusammen die sogenannte Krätze. Durch die Verwendung von
schmelzflüssigem Salz wird der Metallgehalt der Krätze reduziert (Bild
3.3.3). Die Salzschlacke wird periodisch abgezogen und der Wiederaufbe-
reitung zugeführt.
Die Reduzierung des Gehaltes an nichtmetallischen Verunreinigungen
(Oxide, Boride und Karbide sowie Spurenelemente Ca., Sr und P) und des
Wasserstoffgehaltes der Schmelze ist daher für die Qualität des Gußstücks
äußerst wichtig. Die frühere Praxis der Schmelzereinigung mit Chlorgas-
spülung wird heute aus Umweltgründen nicht mehr verwendet. Bei diesem
Prozeß setzt sich das Chlor in heftiger Reaktion mit dem Aluminium zu
gasförmigem Aluminiumchlorid um, das als feine Blasen an die Oberflä-
che auftreibt. Der übersättigte Wasserstoff in der Schmelze diffundiert in
die Gasbläschen wegen des dort herrschenden geringeren Wasserstoffpar-
tialdrucks und kann so entweichen. Heute verwendet man statt dessen als
Spülgase Stickstoff oder Inertgase (Argon), die durch rotierende Düsen in
feiner Verteilung am Tiegelboden in die Schmelze eingeblasen werden
(z.B. mit dem SNIF-Verfahren).
Durch die Spülgase wird aber nicht nur der Wasserstoffgehalt reduziert,
sondern infolge der Haftung der Gasbläschen an Schwebeteilchen werden
auch nichtmetallische Verunreinigungen, wie z.B. Oxide und Boride, ver-
ringert. Letztere stammen vorwiegend aus umgeschmolzenen Kreis-
laufschrotten, bei denen Kornfeinungsmaßnahmen mit Titanborid (TiB)
vorgenommen wurden.
Schmelzereinigende Wirkung hat auch das mehrstündige Abstehen der
Schmelze in Warmhalte- und Gießöfen, wobei sich die schwereren
Schwebstoffe am Boden der Wanne sammeln und die leichteren Stoffe zur
Oberfläche auftreiben.
Als weitere Maßnahmen werden üblicherweise Durchlauffilter für die
Schmelzefiltration verwendet, wobei die Schmelze durch ein poröses Ke-
ramikfilter fließt und die Schwebteilchen an der Oberfläche der Filterporen
anhaften. Letztlich werden unmittelbar beim Abguß vor dem Einlauf der
Schmelze in die Kokille oder Form glaskeramische Filtergewebe eingelegt,
wodurch die Oxidhäute der Schmelze, die sich in der Rinne zwischen Ofen
und Gießstation gebildet haben, festgehalten werden.
Die Größenverteilung der aus der Schmelze stammenden Einschlüsse
kann man experimentell bestimmen und in Schaubildern quantitativ erfas-
sen, s. Bild 3.3.4. Die eingezeichnete Qualitätsgrenze gibt Hinweise auf to-
lerierbare Größen und Mengen von Einschlüssen.
3.3 Legierungsaufbau und Wärmebehandlung von Gußlegierungen 189

Bild 3.3.4 Qualitätsgrenze für Einschlüsse von Oxiden, Boriden und Karbiden in
Aluminiumguß. Typ „A“: Einschlüsse aus der Elektrolyse, Typ „B“: Einschlüsse
durch Kornfeinen und Schmelzebehandlung beim Schmelzen, Typ „C“: Ein-
schlüsse durch Fehler bei der Schmelzezufuhr beim Strangguß (Quelle: Buxmann
1994)

3.3.2 Erstarrungsvorgang (Kristallisation)

Die Eigenschaften eines Gußteils werden bestimmt vom Aufbau des Gefü-
ges, das sich bei der Erstarrung der Schmelze in der Gußform einstellt. Die
Art des Gefüges ist abhängig von der Legierungszusammensetzung, dem
gewählten Gießverfahren, der Gußteilform, der Art der Formfüllung, vom
Formfüllungsverhalten der Schmelze und den thermophysikalischen Ge-
setzmäßigkeiten der Kristallisation, die unter nichtstationären, z. T. insta-
bilen Verhältnissen abläuft. Das Verständnis für den Erstarrungsablauf bil-
det die Grundlage für die Beurteilung der Qualität des Gußgefüges und
somit der Bauteileigenschaften. Da der Erstarrungsvorgang in den grund-
legenden Aluminiumlegierungssystemen eutektisch erfolgt, ist die Be-
trachtung des Erstarrungsvorgangs anhand von binären, eutektischen Pha-
sendiagrammen hilfreich, s. Bild 3.3.5.

Keimbildung und Keimwachstum

Der Erstarrungsvorgang beginnt mit dem Unterschreiten der Liquidustem-


peratur TL der Legierungsschmelze infolge Wärmeableitung durch die
Wand der Gußform (Kokille, Sandform). Die Bildung von Kristallkeimen
190 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

geschieht bei einem bestimmten Grad der Unterkühlung und nimmt mit
zunehmender Unterkühlung zu. Wenn die Keime sich durch Cluster-Bil-
dung von Atomen in der Schmelze bilden, spricht man von homogener
Keimbildung. Dieser Vorgang ist thermodynamischer und statistischer Na-
tur und läßt sich kaum durch Parameterkontrolle steuern. Durch Hinzu-
fügen von kleinen Fremdstoffpartikeln (z.B. TiB) mit hohem Schmelz-
punkt geschieht die Keimbildung an diesen in der Schmelze schwebenden
Teilchen (Kornfeinung). Dies ist der Prozeß der heterogenen Keimbildung.
Der Kornfeinungszusatz wird in Drahtform in die Schmelze unmittelbar in
der Gießrinne eingeleitet. Die Kristallkeime wachsen bei weiter abneh-
mender Schmelzetemperatur, bis sie das Volumen der Schmelze ausfüllen
und aneinander stoßen. Die Kontaktfläche zwischen den Kristallen stellt
die Korngrenze dar. Die Zahl der Keime bestimmt die Größe der Gußkör-
ner. Ein feinkörniger Guß benötigt also eine hohe Keimzahl.

Bild 3.3.5 Binäres, eutektisches Phasendiagramm. Darstellung der Mengenver-


hältnisse (Hebelarmgesetzmäßigkeit) und der Legierungskonzentration der Pha-
senanteile bei Erstarrung im Phasengleichgewicht

Entsprechend dem binären, eutektischen Phasendiagrammen in Bild


3.3.5 scheidet aus der Legierungsschmelze mit der Zusammensetzung C0
bei Abkühlung unter die Liquidustemperatur TL der aluminiumreiche
α-Mischkristall mit der Zusammensetzung kC0 aus. Der sog. Verteilungs-
3.3 Legierungsaufbau und Wärmebehandlung von Gußlegierungen 191

faktor k bezeichnet das Konzentrationsverhältnis des Legierungselements


in der festen (CS) zur flüssigen Phase (CL): k = CS/CL. Bei weiterer Ab-
kühlung auf die Temperatur T reichert sich die Konzentration im erstarrten
Kristall auf CS an, liegt jedoch noch niedriger als die Ausgangskonzentra-
tion C0 . In der verbleibenden Restschmelze erhöht sich demnach die Le-
gierungskonzentration auf den Wert CL . Bezeichnet man die Mengenan-
teile von fester und flüssiger Phase mit fS bzw. fL , muß die Summe der
Anteile der Legierungselemente im erstarrten Volumenanteil, CS⋅fS , und
im flüssigen Restvolumen, CL⋅fL , der Gesamtkonzentration der Legie-
rungselemente C0 gleich sein:

CS⋅fS + CL⋅fL = C0

Da fS + f L = 1

C0 − CL
wird fS =
C L − CS

C0 − CS
bzw. fL = .
C L − CS

Bezeichnet man die Differenzen im Zähler und Nenner mit L1 = (C0 –


CL), L2 = (CL – CS) und L3 = (C0 – CS), so erhält man das Hebelarmgesetz
für das Phasengleichgewicht:
Mengenanteil fester Phase fS = L1 / L2 und
Mengenanteil flüssiger Phase fL = L3 / L2 .
Mit abnehmender Temperatur erhöht sich der erstarrte Anteil und der
Schmelzeanteil nimmt ab, bis beim Unterschreiten der Solidustemperatur
TS der Erstarrungsprozeß beendet ist. Man sieht, daß bei eutektischer Er-
starrung der an Legierungselementen ärmere α-Mischkristall in eine Rest-
schmelze hineinwächst, die sich zunehmend mit Legierungselementen ü-
ber die Ausgangskonzentration C0 hinaus anreichert. Diese Anreicherung
an den Kristallgrenzen wird mit Kristallseigerung oder auch Kornseige-
rung bezeichnet.
Der vorstehende Erstarrungsprozeß im Phasengleichgewicht setzt vor-
aus, daß zwischen Beginn der α-MK-Bildung und der vollständigen Er-
starrung ein ständiger und vollständiger Konzentrationsausgleich im α-MK
stattfindet. Unter realen Bedingungen – und insbesondere unter gezielt
192 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

schneller Abkühlung – wird dieser diffusionsgesteuerte Konzentrations-


ausgleich nicht erreicht. Die Folge ist, daß die durchschnittliche Zusam-
mensetzung des erstarrten α-MK geringer ist, als der Ausgangs-konzentra-
tion C0 entspricht, und die zuletzt erstarrende Restschmelze deutlich ange-
reichert ist und infolgedessen ein größeres Schmelzintervall besitzt. Diese
Zusammenhänge kann man im Ungleichgewichts-Phasendiagramm des
Bildes 3.3.6 erläutern.

Bild 3.3.6 Erstarrung


im Phasenungleichge-
wicht

Die Vorstellung ist, daß in der Mitte des α-MK nur eine geringe Erhö-
hung der Legierungskonzentration während der Erstarrung stattfindet, was
die starke Neigung der α-MK/(α-MK + S)-Phasengrenze („M“) andeutet.
Während des Kristallwachstums wird unterstellt, daß die Oberflächenzone
des α-MK temperaturabhängig die jeweilige Zusammensetzung entspre-
chend der Gleichgewichtsphasengrenze („R“) annimmt. Damit entspricht
die durchschnittliche Konzentration des α-MK etwa der Phasengrenze
„D“. Bei der eingezeichneten Ausgangszusammensetzung C0 ist die Erstar-
rung nicht bei der Solidustemperatur TS beendet, sondern bei der tieferen
Temperatur TS’. Die Restschmelze hat eine deutlich höhere Konzentration
an Legierungsbestandteilen. Bei noch schnellerer Erstarrung kann die So-
lidustemperatur TS’ die eutektische Temperatur unterschreiten.
Die vorstehende Darstellung beschreibt die Vorgänge bei der Erstarrung
homogener Knetlegierungen, die aufgrund des dynamischen Ungleichge-
wichts zu einem heterogenen Gußgefüge führen. Grundsätzlich sind aber
die Vorgänge bei den überwiegend heterogenen Gußlegierungen identisch.
Die Ausscheidung der stabilen Gleichgewichtsphase aus der Rest-
schmelze ist ebenfalls ein thermisch aktivierter Prozeß von Keimbildung
und Keimwachstum. Je schneller die Erstarrung erfolgt, um so feiner sind
3.3 Legierungsaufbau und Wärmebehandlung von Gußlegierungen 193

die ausgeschiedenen Partikel und um so günstiger sind die Duktilitätsei-


genschaften des Produktes.
Grundsätzlich gibt es verschiedene Wachstumsformen von Kristallen in
der Schmelze, jedoch geschieht das überwiegende Kristallwachstum in den
eutektisch erstarrenden Aluminiumlegierungen in dendritischer Form
(griechisch dendros = Baum), wie schematisch in Bild 3.3.7 dargestellt ist.
Deutlich ist die Dendritenstruktur auch in dem Schliffbild einer AlSi12-
Gußlegierung zu erkennen, s. Bild 3.3.8.

Bild 3.3.7 Zusammen-


hang zwischen
Dendriten, Gußkorn,
Primär- und Sekundär-
dendritenarmabstand

Bild 3.3.8 Gußgefüge nach Kokillenguß einer nicht veredelten AlSi12-Legierung.


Die hellen Bereiche sind die dendritisch gewachsenen α-MK-Kristalle, die dunk-
len Nadeln bzw. Plättchen bestehen aus primärem Si
194 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Das dendritische Wachstum der Kristallkeime ist eine Folge von Wach-
stumsinstabilitäten und kristallographischer Vorzugsrichtungen beim Kri-
stallwachstum. Die Instabilität der Erstarrungsfront ist eine Folge des
mangelnden Konzentrationsausgleichs und des sich daraus ergebenden
Konzentrationsgradienten, der lokal zu einer konstitutionellen Unterküh-
lung führt. Die Zusammenhänge sind in Bild 3.3.9 schematisch dargestellt.
Vor der Erstarrungsfront wird eine Zone mit hohem Konzentrationsgra-
dienten „vorhergeschoben“. Diesem Konzentrationsprofil konstitutionell
zugeordnet ist ein Profil für die Liquidustemperatur. Ist der tatsächliche
Temperaturgradient in der Schmelze vor der Erstarrungsfront geringer als
dem Profil der Liquidustemperatur entspricht, wird die Schmelze konstitu-
tionell unterkühlt.

Bild 3.3.9 Entstehung der konstitutionellen Unterkühlung vor der Erstarrungsfront

Der Grad der effektiven konstitutionellen Unterkühlung ist abhängig


vom Verteilungskoeffizienten k = CS/CL , vom Diffusionskoeffizienten des
Legierungselementes im flüssigen Aggregatzustand und vom Temperatur-
gradienten vor der Erstarrungsfront. Bei einem steilen Temperaturgra-
dienten der Schmelze vor der Erstarrungsfront wird der Grad der Unter-
kühlung geringer als bei einem flachen Gradienten. Der Grad der konstitu-
tionellen Unterkühlung der Schmelzzone vor der Erstarrungsfront hat Aus-
wirkungen auf die Morphologie der Erstarrung, wie in Bild 3.3.10
schematisch angezeigt wird. Mit zunehmendem Grad der Unterkühlung
wird die Erstarrungsfront instabiler, und es bildet sich eine zunehmend
rauhwandige Erstarrungsform aus, überwiegend mit dendritischer Ausbil-
dung.
3.3 Legierungsaufbau und Wärmebehandlung von Gußlegierungen 195

Bild 3.3.10 Übergänge in der Erstarrungsmorphologie (nach (Campbell 1994)

Eine glattwandige Erstarrungsmorphologie erhält man bei hochreinem


Aluminium (Verteilungskoeffizient k = 1). Mit zunehmendem Legierungs-
gehalt bildet sich der rauhwandige bis schwammartige Erstarrungstyp her-
aus. Bei bestimmten Legierungstypen beobachtet man auch eine breiartige
Erstarrungsmorphologie, die durch Keimbildung innerhalb der Schmelze
gekennzeichnet ist, wogegen die glattwandige und rauhwandige Erstarrung
vorzugsweise von der Form- oder Kokillenwand ausgeht. Durch Verede-
lungszusätze (Sr) kann sich auch bei hochlegierten Schmelzen ein glatt-
wandiger Erstarrungstyp herausbilden.
Der Dendritenarmabstand (DAS, gemessen wird der Sekundärdendri-
tenarmabstand) ist ein eindeutiges Maß für die Erstarrungsgeschwindig-
keit, s. Bild 3.3.11. In doppellogarithmischer Auftragung ergibt sich ein li-
nearer Zusammenhang zwischen DAS und Erstarrungsgeschwindigkeit
bzw. Erstarrungszeit. Ein geringer DAS-Wert ist Voraussetzung für ein
feines, gleichmäßiges Gefüge und damit maßgebend für gute Duktilität
und Zähigkeit des Formgußteils. Ein solch eindeutiger Zusammenhang
zwischen Gußkorngröße und Erstarrungsgeschwindigkeit besteht dagegen
nicht, da für die Ausbildung des Gußkorns bei heterogener Erstarrungs-
weise die vorhandene Keimzahl ebenfalls von Einfluß ist.
Die Abzeichnung der Dendriten im Korngefüge ist die Folge der Anrei-
cherung der Zwischenräume zwischen den Dendriten mit Legierungs- bzw.
Verunreinigungselementen beim Erstarrungsprozeß. Die ungleichmäßige
Konzentrationsverteilung der Fremdelemente bezeichnet man als Kornsei-
gerung und führt zu mehr oder minder groben Ausscheidungen im Eutek-
tikum an den Dendriten- und Korngrenzen, s. Bild 3.3.8.
196 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Bild 3.3.11 Einfluß der Erstarrungszeit auf den Dendritenarmabstand DAS und die
Gußkorngröße bei AlCu5,4 (Quelle: Campbell 1994)

3.3.3 Erstarrungsfehler

Während des Erstarrungsprozesses laufen neben den vorstehenden Phasen-


änderungen und -ausbildungen weitere Vorgänge ab, die wesentlich die
Qualität des Gußteils beeinflussen können. Hochwertige Gußteilqualität ist
gekennzeichnet durch ein möglichst feinkörniges, gleichmäßiges und dich-
tes Gefüge und durch Freiheit von Lunkern, oxidischen Einschlüssen,
Schrumpf- und Gasporosität sowie von Rissen. Das Bild 3.3.12 faßt die
möglichen Fehlerarten zusammen.

Bild 3.3.12 Systematik der Erstarrungsfehler in Formgußteilen


3.3 Legierungsaufbau und Wärmebehandlung von Gußlegierungen 197

Schrumpfung und Schwindung bei der Erstarrung

Als Schrumpfung werden die lineare Kontraktion der Schmelze zwischen


Gießtemperatur und Erstarrungspunkt TS und die bei der α-MK-Bildung
stattfindende Volumenkontraktion bezeichnet, s. Bild 3.3.13. Die Volu-
menkontraktion α von unlegiertem Aluminium zwischen Liquidus und So-
lidus beträgt 7,1% (gegenüber 4,2% bei Magnesium und 3,2% bei Eisen).
Legierungszusätze können die Volumenkontraktion verringern (bis auf et-
wa 4%). Silizium als wichtigstes Legierungselement in Gußlegierungen er-
fährt eine Volumenzunahme bei der Erstarrung und kompensiert teilweise
die hohe Volumenkontraktion des Aluminiums.

Bild 3.3.13 Temperaturabhängigkeit der Schrumpfung bei der Erstarrung einer


Legierung (TS Solidustemp., TL Liquidustemp. α Volumenkontraktion)

Das durch Schrumpfung verursachte Volumendefizit wird beim Gieß-


prozeß durch Nachspeisen kompensiert, vorausgesetzt daß alle Bereiche
des Gußteils noch nicht durch vorerstarrte Schmelze blockiert sind. Durch
die Gestaltung des Gußteils sollten örtliche Materialanhäufungen in entle-
genen Partien vermieden werden. Solche Bereiche lassen sich durch Si-
mulationsrechnungen des Erstarrungsprozesses heute finden und können
gegebenenfalls durch geänderte Anschnittechnik beseitigt werden. Den-
noch ist die Produktionskontrolle auf Lunker (z.T. röntgenographisch) bei
hochwertigen Teilen erforderlich.
Es gibt verschiedene Arten von Erstarrungslunkern. Man spricht von
Einfallstellen und Außenlunkern sowie von Innenlunkern und Mikrolun-
kern im Gußteilinneren, s. Bild 3.3.14. Außenlunker sind vorherrschend
bei Legierungen, die eine tragfähige Randschale bilden. Bei nicht genü-
gend tragfähiger Randschale bilden sich Einfallstellen. Breites Erstar-
198 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

rungsintervall und breiartige Erstarrungsmorphologie begünstigen die Bil-


dung von Mikrolunkern.
Die infolge des Schrumpfungsprozesses im Werkstück auftretenden
Spannungen können u.U. zu Warmrissen führen, insbesondere bei warm-
rißempfindlichen Legierungen.

Bild 3.3.14 Systematik der Arten von Lunkern bei Formgußteilen

Wasserstoffgehalt und Porenbildung

Die Wasserstofflöslichkeit in Aluminium nimmt von ca. 1cm³/100g bei


Gießtemperatur auf ca. 0,05 cm³/100g im festen Metall bei Erstarrungs-
temperatur sprunghaft um den Faktor 20 ab, s. Bild 3.3.15. Der übersät-
tigte, atomar gelöste Wasserstoff in der Aluminiumschmelze kann zu H2-
Molekülen rekombinieren und sich als Blasen (Poren) ausscheiden, wenn
die Oberflächenenergie zur Erzeugung der Blasenoberfläche überwunden
wird. Die Porenbildung erfolgt daher vorzugsweise an bereits vorhandenen
inneren Oberflächen, z. B. an den Grenzflächen zwischen Metallmatrix
und oxidischen Verunreinigungen oder Ausscheidungen, während des Er-
starrungsprozesses. Die Reduzierung des Wasserstoffgehaltes der Schmel-
ze und des Gehaltes an nichtmetallischen Verunreinigungen ist für die
Qualität des Gußstücks eine wichtige Voraussetzung, s. Kapitel Schmelze
und Schmelzereinigung (oben). Gleichfalls ist es auch beim Gießvorgang
selbst notwendig, zusätzliche Wasserstoff- und Gasaufnahme zu vermei-
den, die z.B. durch Feuchtigkeit des Formstoffes oder der Schlichte an der
Formoberfläche verursacht werden können.
3.3 Legierungsaufbau und Wärmebehandlung von Gußlegierungen 199

Bild 3.3.15 Wasserstofflöslichkeit von Aluminium in schmelzflüssigem und festen


Zustand. Im Vergleich zu Eisen ist die Löslichkeit von Wasserstoff im festen Zu-
stand sehr viel geringer, jedoch begünstigt der größere Löslichkeitssprung beim
Liquidus-Solidus-Übergang die Porenbildung bei Aluminium

Warmrißbildung und -vermeidung


Warmrisse entstehen im späten Stadium des Erstarrungsprozesses, wenn
nur noch ein Bruchteil an Restschmelze zwischen den erstarrten Gußkör-
nern vorhanden ist und gleichzeitig Dehnungen aus dem Schrumpfprozeß
auf diese Restschmelzezonen wirken. Eine typische Warmrißbruchfläche
ist in Bild 3.3.16 wiedergegeben.
Die Modellvorstellung über diesen Warmrißprozeß ist in Bild 3.3.17
dargestellt und zeigt die Bedeutung der verfügbaren Menge an Rest-
schmelze und ihres Fließvermögens für die Entstehung bzw. Vermeidung
von Warmrissen. Eine günstige Warmrißbeständigkeit zeigen demnach
solche Legierungen, die bei relativ geringem Erstarrungsintervall über eine
große Menge von Resteutektikum verfügen, das wegen des guten Fließ-
vermögens Spalte oder Anrisse im Gefüge ausheilen kann (s. auch
Schweißrissigkeit, Kap. 15).
Die Entstehung von Warmrissen ist immer auch eine Frage der Bauteil-
gestalt. Besonders Materialverdickungen mit zeitlich verzögerter Erstar-
rung sind Ausgangsbereiche für Warmrisse. Abhilfe kann deshalb durch
Umgestaltung des Gußteils und durch örtliche Kühlung der Gußform ge-
schaffen werden. Niedrigere Schmelztemperaturen und Kornfeinungszu-
200 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

sätze sind weitere verfahrensbedingte bzw. metallurgische Gegenmaßnah-


men.

Bild 3.3.16 Typische Erscheinungsform einer Warmrißbruchfläche. Sandguß Al-


Si7Mg0,5 (Quelle: Campbell 1994)

Bild 3.3.17 Modellvorstellung über die Entstehung von Warmrissen. 1) Aus-


gangszustand: hexagonale Körner umgeben von Schmelzefilm (Eutektikum), 2)
Streckung des Gefüges führt zu abgeschlossenen Flüssigkeitstaschen, 3) weitere
Streckung öffnet einen Riß (Quelle: Campbell 1994)

3.3.4 Fließ- und Formfüllungsvermögen

Das Fließvermögen wird gekennzeichnet durch die Viskosität der Schmel-


ze beim Abgießen und ist abhängig von der Schmelzetemperatur sowie
vom Gehalt an Legierungselementen und Verunreinigungspartikeln, z.B.
Oxiden, in der Schmelze. Das Fließvermögen ist weiterhin abhängig vom
3.3 Legierungsaufbau und Wärmebehandlung von Gußlegierungen 201

Erstarrungstyp der Schmelze, s. oben. Legierungen mit eutektischer Zu-


sammensetzung und reines, unlegiertes Aluminium verhalten sich be-
sonders günstig. Das Fließvermögen wird als Auslauflänge einer Schmelze
in einer besonderen Prüfform gemessen. Als Beispiel ist das Spiralform-
Verfahren in Bild 3.3.18 dargestellt.

Bild 3.3.18 Schematische Darstellung des Spiralform-Verfahrens zur Prüfung des


Fließvermögens einer Schmelze

Unter Formfüllungsvermögen versteht man die Eigenschaft von


Schmelzen, den Formhohlraum komplett auszufüllen und konturengenau
abzubilden. Das Formfüllungsvermögen wird in besonderen Prüfkokillen
(Kalotten- oder Bolzenprobe) gemessen, indem man die Abbildung eines
definierten Spaltes ausmißt. Das Formfüllungsvermögen ist im wesentli-
chen abhängig von der Oberflächenspannung der Schmelze, von der Er-
starrungsmorphologie (s. oben) und von der Abkühlgeschwindigkeit der
Schmelze. Die Oberflächenspannung kann durch Dotieren der Schmelze
mit Na oder Sr deutlich herabgesetzt werden, wodurch das Formfüllungs-
vermögen verbessert wird.

3.3.5 Aluminium-Gußlegierungen

Für die Herstellung von Gußstücken steht eine breite Palette genormter
Legierungen sowie zahlreicher Sonderlegierungen zur Verfügung, um ge-
wünschte Eigenschaften zu erzielen. Die chemische Zusammensetzung der
genormten Gußlegierungen und die Eigenschaften von Gußstücken – her-
gestellt mit den verschiedenen Standard-Gießverfahren – sind in der DIN
EN 1706 enthalten. (Diese Norm ersetzt die frühere nationale Norm DIN
1725, Teil 2). Diese Norm enthält weiterhin die Zuordnung der Legierun-
gen zu den verschiedenen Gießverfahren sowie vergleichende Angaben
202 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

über die Gießbarkeit und andere Eigenschaften, wie Bearbeitbarkeit, Kor-


rosionsbeständigkeit, Anodisierbarkeit und Polierbarkeit, und über physi-
kalische Eigenschaften, wie Wärmeausdehnung und elektrische und ther-
mische Leitfähigkeit.
Die Bezeichnungsweise der Gußlegierungen und Gußstücke sowie die
Definition der Wärmebehandlungszustände ist in der DIN EN 1780, Teile
1 bis 3, geregelt (siehe hierzu Angaben in Abschn. 3.4.3). Die Aluminium-
gußlegierungen können in Legierungsgruppen unterteilt werden, die in Ta-
belle 3.3.1 mit den wichtigsten Legierungsvertretern und Merkmalen die-
ser Gruppen aufgelistet sind.
Die für den Fahrzeugbau gebräuchlichsten Legierungen betreffen die
Gruppen AlSi, AlSiMg und AlSiCu. Legierungen für Sandguß, Kokillen-
guß und Feinguß sind in der Zusammensetzung identisch. Demgegenüber
unterscheiden sich die Druckgußlegierungen in der Regel durch einen hö-
heren Eisengehalt, s. Tabelle A.2.1.

Tabelle 3.3.1 Typische Aluminiumgußlegierungen und ihre Zuordnung zu be-


stimmten Legierungsgruppen und Eigenschaftsprofilen

Legierungsgruppen
AlSi AlSiMg AlSiCu AlMg AlCu AlZnMg
AlSi12 AlSi10Mg AlSi9Cu3 AIMg9 AlCu4Ti AlZn5Mg
AlSi12(Cu) AlSi10Mg(Cu) AlSi6Cu4 AlMg5 AlCu4TiMg AlZn2MgSi
AlSi11 AlSi9Mg AlSi17Cu4Mg AlMg3 AlZn10Si8Mg
AlSi7Mg AlSi18CuNiMg
AlSi5Mg
dünn- aushärtbar gute Bearbeit- korrosions- korrosions- aushärtend
wandige barkeit beständig beständig ohne Lösungs-
Teile glühen
dekorativ
sehr gute gute bis gute - anodisierbar dekorativ dekorativ
Gießbarkeit sehr gute Gießbarkeit anodisierbar anodisierbar
Gießbarkeit polierfähig

polierfähig

Das wichtigste Legierungselement in Gußlegierungen ist das Halbmetall


Silizium, das wesentlich die Gießbarkeit begünstigt. Während die maxima-
le Löslichkeit von Si im α-Mischkristall 1,65 % beträgt, enthalten Gußle-
gierungen Si-Gehalte zwischen 3 und 20%. Die eutektische Zusammenset-
zung im binären System Al-Si ist 12,6% Si, s. Bild 3.3.19. Je nach Si-
Gehalt unterteilt man die AlSi-Legierungen in hypoeutektische (< 11% Si),
eutektische (11–13% Si) und hypereutektische (> 13% Si) Legierungen.
3.3 Legierungsaufbau und Wärmebehandlung von Gußlegierungen 203

Bild 3.3.19 Al-Si-Gußlegierungen im binären Al-Si-Phasendiagramm

AlSi-Legierungsgruppe

AlSi-Legierungen werden auf Hüttenmetallbasis erschmolzen und besitzen


bei mittleren Festigkeiten gute Bruchdehnungs- und Zähigkeitswerte auf-
grund hoher Reinheit. Die Korrosionsbeständigkeit in der Witterung ist
sehr gut, in Meerwasserumgebung gut. Gußteile sind nicht aushärtbar und
werden im Zustand F verwendet. Das typische Gußgefüge einer eutekti-
schen AlSi12-Kokillengußlegierung ist heterogen aufgebaut und besteht
aus dendritisch erstarrtem α-Mischkristall und primären Si-Nadeln bzw. –
Plättchen, s. Bild 3.3.8.
AlSi(Cu)-Legierungen werden auf Basis von Sekundärlegierungen er-
schmolzen und haben gegenüber AlSi-Legierungen gewisse Einschrän-
kungen in de Bruchdehnungs- und Zähigkeitswerten. Durch den Cu-Gehalt
ist die Korrosionsbeständigkeit unter aggressiven Umgebungsbedingungen
eingeschränkt.

AlSiMg-Legierungen

AlSiMg-Gußlegierungen, Beispiel AlSi7Mg0,3 (bzw. Mg0,6), sind aus-


härtbare Legierungen, die durch Lösungsglühen, Abschrecken und Warm-
aushärten (Zustand T6) höhere Festigkeiten erreichen als im Gußzustand
„F“. AlSiMg-Legierungen besitzen gute Festigkeitseigenschaften und je
nach Gießverfahren und Reinheitsgrad auch gute Bruchdehnungs- und Zä-
higkeitswerte. Die Gußstruktur ist gekennzeichnet durch Dendriten umge-
ben von Si-Eutektikum. Im Eutektikum werden weitere feinere Phasen er-
204 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

kannt: AlSi/Mg2Si/(FeMg3Si6Al8 – Fe2SiAl8) (Chinesenschrift). Die Aus-


scheidungsfolge bei der Wärmebehandlung ist analog zu der von AlMgSi-
Knetlegierungen:
αübers  Cluster  GP-Zonen  β’’  β’ (Mg2Si-hcp)  β (Mg2Si-
fcc).
Die T6-Wärmebehandlung wird z.B. für Al Si7Mg0,3 (EN AC-42100)
wie folgt durchgeführt: Lösungsglühen bei 525°-540°C/6-18h, Abschre-
cken in Wasser bei ≤ 70°C, Aushärten bei 140°–170°C/6–12h. Häufig wird
ein „stabilisierter Zustand“ gewählt durch Warmauslagern bei 200°C/7h.
Das Härtemaximum wird allerdings bei 200°C bereits in etwa 3h erreicht.
Die üblichen langen Lösungsglühzeiten von 6 – 18h bei 540°C können
allerdings bei veredelten Legierungen (s. unten) deutlich verkürzt werden.
Die Einformung der feinen Si-Nadeln im Eutektikum beginnt bei 540–
550°C bereits nach wenigen Minuten nach Erreichen der Metalltemperatur.
Bei langen Glühzeiten vergröbern die Si-Partikel, so daß eine Glühzeit von
15–30 Minuten für das fast vollständige Erreichen der Festigkeits- und
Duktilitätseigenschaften ausreichend erscheint (Zhang et al. 2002, Ogris et
al. 2002).
AlSiMg(Cu)-Legierungen werden auf Sekundäraluminiumbasis er-
schmolzen. Daher muß mit Einschränkungen der Zähigkeitswerte und des
Korrosionswiderstands gerechnet werden.

AlSiCu-Legierungen
Diese Legierungsgruppe wird ebenfalls auf Sekundäraluminiumbasis er-
schmolzen und gehört zu den am häufigsten und am vielseitigsten verwen-
deten Gußlegierungen. AlSiCu-Legierungen sind grundsätzlich kalt- und
warmaushärtbar und besitzen aufgrund des Cu-Gehaltes gute Warmfestig-
keitseigenschaften. Die hochlegierten, z.T. mit Ni-Zusäzten versehenen
Legierungsvarianten werden für den Motoren- und Kolbenguß verwendet.
Durch die Warmaushärtung erreichen diese Legierungen mittlere bis hohe
Festigkeitswerte, die Bruchdehnungs- und Zähigkeitswerte sowie die Kor-
rosionsbeständigkeit unter aggressiven Umgebungsbedingungen sind ein-
geschränkt.

AlMg-Gußlegierungen
AlMg-Gußlegierungen werden bevorzugt dort eingesetzt, wo hohe Korro-
sionsbeständigkeit, z.B. im Schiffbau und für Fassadenverkleidungen, ge-
wünscht werden. Für dekorative Anodisierung eignen sich nur Legierun-
gen mit geringem Mg-Gehalt (bis ca. 2,5 Gew.-% Mg). Bei mittleren
Festigkeitswerten besitzen diese Legierungen gute Bruchdehnungs- und
3.3 Legierungsaufbau und Wärmebehandlung von Gußlegierungen 205

Zähigkeitseigenschaften. Die Gießbarkeit ist jedoch vergleichsweise ein-


geschränkt.
Als eine firmenspezifische Variante sei auf die Druckgußlegierung
AlMg5Si2Mn (Magsimal 59®) hingewiesen, die im Gußzustand „F“ ver-
wendet wird und sich bei guten Festigkeits- und Bruchdehnungswerten für
Crash-beanspruchte, dünnwandige Schweißkonstruktionen eignet.

AlCu-Gußlegierungen

AlCu-Gußlegierungen, z.B. Al Cu4TiMg (EN AC-21000) und Al Cu4Ti


(EN AC-21100), bieten die höchsten Festigkeitswerte und werden auf Hüt-
tenmetallbasis erschmolzen, um die geforderten Bruchdehnungs- und Zä-
higkeitswerte zu erfüllen. Diese Legierungen neigen beim Guß zur Warm-
rissigkeit und werden nur in den Aushärtungszuständen T4 bzw. T6
verwendet. Die T4-Wärmebehandlung erfolgt z.B. für Sandgußstücke aus
Legierung EN AC-21000 durch Lösungsglühen bei 525 ± 5°C/12–24h,
Abschrecken in Wasser bei ≤ 70°C und RT-Auslagerung > 3d. AlCu-
Gußlegierungen werden vor allem im Flugzeugbau verwendet (s. z.B. DIN
EN 2721).

AlZnMg-Gußlegierungen

AlZnMg-Gußlegierungen müssen als Spezialwerkstoffe betrachtet werden,


die bei guten Festigkeitswerten und Korrosionseigenschaften vor allem
wegen ihrer dekorativen Anodisierfähigkeit eingesetzt werden. Aufgrund
der relativen Abschreckunempfindlichkeit sind Gußstücke aus den
AlZnMg-Legierungen, z.B. Al Zn5Mg (EN AC-71000), selbstaushärtend
aus der Gießhitze (Zustand T1), neigen aber zur Warmrißbildung und ha-
ben folglich eine geringere Gießbarkeit als AlSi(Mg)-Legierungen.

Einfluß erhöhter Eisengehalte


Eisengehalte in Sand- und Kokillengußteilen vermindern die Duktilität, so
daß ein maximaler Fe-Gehalt von 0,20% angestrebt wird. In AlSi-
Legierungen bilden sich bei der Erstarrung β-Al5FeSi Nadeln oder Plätt-
chen, die die Bruchzähigkeit vermindern, s. Bild 3.3.20. Die Größe dieser
Partikel ist abhängig von der Erstarrungsgeschwindigkeit bzw. dem Dend-
ritenarmabstand (DAS) und entspricht bei höheren Fe-Gehalten etwa dem
4–6-fachen DAS. Erhöhte Eisengehalte von 0,5% bis zu maximal 1,3%
werden vor allem bei Druckgußlegierungen verwendet, um das Kleben des
Gußteils an der Kokilllenwand zu vermindern und so die Gußteiloberflä-
che und die Kokillenstandzeit zu verbessern.
206 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Bild 3.3.20 AlFeSi-„Nadeln“ in einem Kokillengußteil aus Al Si12 mit ca. 1% Fe


(Quelle: Alcan)

Veredelung des Gußgefüges

Das aus dem (Rest-) Eutektikum erstarrende Silizium hat die Form von
Nadeln oder Plättchen, die die Duktilität des Gußteils beeinträchtigen. Die
Morphologie der Si-Partikel kann auf verschiedene Weise verbessert wer-
den:
− Verfeinerung durch hohe Erstarrungsgeschwindigkeiten
− Verfeinerung durch Homogenisierungsglühung (sofern das Gußgefüge
nicht zu grobzellig ist, z.B. DAS ≤ 50 µm)
− Verfeinerung durch Spurenelemente Na, Sr, Sb und P.

Durch Zugabe von geringsten Mengen von Natrium (z.B. 50 ppm), Sb, P
oder Sr vor dem Abguß wird bei Al-Si- und AlSiMg-Gußlegierungen eine
sehr feinkörnige, teilweise faserige Ausbildung der Siliziumkristalle im er-
starrten Eutektikum erreicht, s. Bild 3.3.20. Die Wirkung besteht in einer
Behinderung der Keimbildung der Si-Phase in der Restschmelze, wodurch
die eutektische Temperatur herabgesetzt wird und die Si-Ausscheidung aus
einer starken Übersättigung und Unterkühlung erreicht wird. Die Verede-
lungswirkung des Natriums ist gegenüber Strontium zeitlich sehr kurz. Die
beschriebene Schmelzeveredelung mit Na oder Sr verwendet man bei Ko-
killen- und Sandguß, nicht jedoch bei Druckguß. Durch die Veredelung
des Gußgefüges erhöht sich die Duktilität bis um das 3-fache.
3.3 Legierungsaufbau und Wärmebehandlung von Gußlegierungen 207

Bild 3.3.21 Gefüge einer mit 0,005% Na veredelten AlSi12-Legierung (vergl. Bild
3.3.7) (Quelle: Campbell 1994)

3.3.6 Verarbeitungs- und Anwendungshinweise

Eigenspannungsabbau
Eigenspannungen in Gußteilen entstehen entweder durch die Erstarrungs-
schrumpfung und Schwindung in der Gußform oder durch den Abschreck-
vorgang nach dem Lösungsglühen von aushärtbaren Legierungen. Der Ei-
genspannungszustand kann durch nachfolgende spanende Bearbeitung zu
störendem Verzug der Teile führen. Eine Verminderung der Eigenspan-
nungen nach dem Lösungsglühen kann durch das Abschrecken in warmem
Wasser (80–90 °C) oder durch abschreckverzögernde Zusätze zum Wasser
(z.B. Glykol) erreicht werden. Die Warmaushärtung sollte weiterhin bei
möglichst hohen Auslagerungstemperaturen (z.B. Legierung AlSi7Cu
0,5Mg; T > 210 °C) geschehen und eine gewisse Überalterung in Kauf ge-
nommen werden (Feikus et al. 2004). Abhängig von Legierungszusam-
mensetzung, Bauteilgestalt und Prozeßeinrichtung besteht auch die Mög-
lichkeit, den Lösungsglühvorgang durch schnelle Entnahme des Gußteils
aus der Form und rasche Abkühlung zu ersetzen. Nach anschließender
Warmaushärtung (Zustand T5) kann man eine günstige Kombination von
Festigkeitswerten und Eigenspannungen erzielen (Feikus et al. 2004).

Spanbarkeit
Die Spanbarkeit der Gußlegierungen ist abhängig vom Grad der Härte.
Hinsichtlich der Spanform und Klebneigung an der Werkzeugschneide
verhalten sich härtere Legierungen günstiger. Mit zunehmendem Silizium-
gehalt nimmt der Werkzeugverschleiß aufgrund der harten Si-Partikel im
Gefüge zu, so daß bei hohen Si-Gehalten mit Hartmetallwerkzeugen gear-
208 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

beitet werden muß. Angaben zum Zerspanen von Gußlegierungen findet


man in Kap. 14.

Schweißbarkeit
Die Schmelzschweißbarkeit mit MIG- und WIG-Verfahren von Kokillen-
und Sandgußteilen aus den Legierungsgruppen AlSi, AlSiMg und AlSiCu
ist gut bis sehr gut, sofern der Gasgehalt gering gehalten wird. Herkömm-
liche Druckgußteile lassen sich wegen des hohen Gasgehaltes normaler-
weise nicht schmelzschweißen. Druckgußteile, die mit Sonderverfahren −
wie VACURAL, PORAL, Squeeze-Casting und Thixo-Casting − herge-
stellt wurden, können wegen des wesentlich geringeren Gasgehaltes
durchaus gut geschweißt werden. Die Schweißzusatzwerkstoffe für das
MIG- und WIG-Schweißen von Gußwerkstoffen sind weitgehend art-
gleich. Sie sind in DIN EN 18273 Ausgabe 5-2004 (ehem. DIN 1732) ge-
normt.

Anodisierbarkeit

Kokillenguß- und Sandgußteile aus Legierungen der Gruppen AlMg und


AlZnMg sind bei geringem Si-Gehalt dekorativ anodisierbar. Ausgehärtete
Teile aus AlSiMg-Gußlegierungen sind bei geringer Schichtdicke ebenfalls
dekorativ anodisierbar. Dagegen haben Anodisationsschichten auf AlSi-
Gußlegierungen ein dunkles, unansehnliches Erscheinungsbild und dienen
nur technischen Zwecken.

Korrosionsverhalten

AlMg-Gußlegierungen haben im Meeresklima eine gute Witterungsbe-


ständigkeit. Die Korrosionsbeständigkeit von AlSi- und AlSiMg-Legie-
rungen mit geringem Cu-Gehalt (Cu < 0,05 %, sogenannte „Hüttenlegie-
rungen“ aus Primärmetall) ist gut bis befriedigend. Weitere Vergleichsan-
gaben zum Korrosionsverhalten s. Tabelle 5.3.3 in Kap. 5. Die unbe-
arbeitete Gußhaut verhält sich häufig günstiger als spanend bearbeitete
Flächen unter sonst gleichen Korrosionsbedingungen.

Festigkeitseigenschaften

Wegen des großen Einflusses des Gießverfahrens, der örtlich unterschied-


lichen Erstarrungsbedingungen, der Wanddicke und der Qualität der
Schmelze ist die Angabe der Legierungszusammensetzung und des Wär-
mebehandlungszustandes für die Definition der Festigkeitseigenschaften
des Gußteils nicht ausreichend. Die mechanischen Eigenschaften von Guß-
3.4 Einführung in die Normen über Aluminiumlegierungen 209

legierungen werden daher immer unter Bezug auf das verwendete Gießver-
fahren auf der Grundlage getrennt gegossener Referenzproben angegeben.
Die im Anhang in den Tabelle A.2.2.a bis A.2.2.d enthaltenen Angaben
über Mindestwerte von Gußteilen der in Deutschland vorwiegend verwen-
deten Gußlegierungen entsprechen den neuen Europanormen DIN EN
1706. Unter günstigen Verhältnissen können die Gußteileigenschaften
deutlich über den angegebenen Grenzwerten liegen.

3.3.7 Gießgerechte Gestaltung

Für die Qualität eines Gußteils ist neben der richtigen Wahl von Legie-
rung, Schmelzebehandlung und Gießverfahren auch die gießgerechte Ge-
staltung des Bauteils und der Gießform entscheidend. Durch die Gestal-
tung des Teils muß der Erstarrungsvorgang so geführt werden, daß keine
Schmelzebereiche von erstarrtem Material eingeschlossen werden. Die Er-
starrung soll demnach möglichst gerichtet erfolgen, d.h. in Richtung der
Speiser oder Anschnitte. Zusätzliche Speiser oder Anschnitte, die an Stel-
len mit Materialanhäufungen angebracht werden müssen, erhöhen die
Menge des Kreislaufmaterials und den Bearbeitungsaufwand. Örtliches
Kühlen der Gußform erhöht die Formkosten und den Kontrollaufwand.
Bei der Auslegung des Formgußteils müssen weiterhin Schwindmaße,
Aushebeschrägen, Auswerferaugen (Druckguß), Bearbeitungszugaben und
Aufnahmepunkte für die Bearbeitung berücksichtigt werden. Ihre Größen
und Anordnungen hängen teilweise von den gewählten Legierungen und
Gießverfahren ab.
Teilebereiche, die besonders hohen Ansprüchen bezüglich Festigkeit,
Zähigkeit und Fehlerfreiheit genügen müssen, sind genau festzulegen und
so auszulegen, daß entsprechende Prüfungen (z.B. Röntgenprüfungen)
durchgeführt werden können.
Eine Reihe von Fachschriften gibt Anregungen und Beispiele für gieß-
gerechtes Gestalten von Formgußteilen (Wenk 2000, Johnen et al. 2001,
Annon.: Aluminium Merkblatt W3., Motz 1980, VDS 1988). Darüber hin-
aus gibt es heute EDV-Programme, mit denen der Erstarrungsablauf bei
einem gegebenem Formgußteil simuliert und optimiert werden kann.

3.4 Einführung in die Normen über Aluminiumlegierungen

In der globalen Wirtschaft sind akzeptierte Normen die Grundlage für die
Kommunikation. Wie in anderen Wirtschaftsbereichen wurden in der Ver-
gangenheit von den nationalen Normengesellschaften der verschiedenen
210 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Industriestaaten eigene nationale Normenwerke entwickelt, die auch die


Aluminiumwerkstoffe und die daraus hergestellten Halbzeuge und Produk-
te betrafen. Beim grenzüberschreitenden Handel war es notwendig, für die
Vergleichbarkeit der Bezeichnungen und Eigenschaften umfangreiche
Werkstoffschlüssel anzulegen, z.B. den Aluminium-Schlüssel (Datta
2002). Der heutige globale Charakter des europäischen Marktes verlangte
jedoch nach einem gemeinsamen Normensystem, das gemäß dem
Beschluß der Mitglieder des Gemeinsamen Marktes im Jahr 1985 nationa-
le europäische Normensysteme ersetzen sollte. Für die Entwicklung euro-
päischer Normen wurde das Comité Europeén de Normalisation (CEN)
geschaffen, dessen Technisches Komitee CEN/TC-132, Sekretariat
AFNOR, Frankreich, die Aufgabe übernahm, harmonisierte europäische
Aluminiumnormen zu entwickeln. Eine wichtige Grundlage ist das europä-
isch einheitliche Bezeichnungssystem der Aluminiumwerkstoffe. Die aus
Anwendersicht wichtigen Aluminium-Normen sind in Anhang A3 aufge-
listet.

Hinweis: Die Normen unterliegen laufenden Veränderungen und


Anpassungen durch die entsprechenden Normenausschüsse. Die
in diesem Buch angegebenen Normen entsprechen den letztgülti-
gen Ausgaben zur Zeit der Bearbeitung dieser Auflage. Im An-
wendungsfall muß sich der Benutzer jedoch vom letztgültigen
Stand der benutzten Normen überzeugen.

3.4.1 Einführung in die Bezeichnungssysteme


der Aluminiumwerkstoffe

Wegen der bewährten Übersichtlichkeit und Flexibilität des Bezeich-


nungssystems für Aluminium-Knetlegierungen wurde das 1954 von der
nordamerikanischen Aluminum Association (AA) begründete Bezeich-
nungssystem übernommen, das bereits 1970 auf internationaler Ebene
durch die International Organisation for Standardization (ISO) eingeführt
wurde (ISO/DIS 209). Allerdings sind nicht alle in der europäischen Indu-
strie erzeugten und verarbeiteten Aluminium-Knetlegierungen durch EN
Normen gedeckt, sondern nur im AA Register enthalten. Andererseits
werden einige AA-Legierungen nicht im EN Register geführt. Das inter-
nationale Legierungsregister wird von der Aluminum Association (AA)
Washington, D.C. (USA) unter dem „Registration Record of International
Alloy Designations and Chemical Composition Limits for Wrought Alu-
minum Alloys“ verwaltet. Grundsätzlich werden – soweit möglich – in
diesem Buch die neuen EN-Bezeichnungen verwendet.
3.4 Einführung in die Normen über Aluminiumlegierungen 211

Für Gußwerkstoffe wurde ein eigenständiges europäisches Bezeich-


nungssystem entwickelt, das mit dem AA-Gußlegierungssystem nicht
verwandt ist, womit aber wohl eine gewisse Systematik in Analogie zum
System für Knetlegierungen hergestellt werden sollte.
Die Bezeichnung der Zusammensetzung von unlegiertem und legiertem
Aluminium geschieht nach zwei verschiedenen Verfahren: dem numeri-
schen Bezeichnungssystem und dem Bezeichnungssystem mit chemischen
Symbolen. Letzteres erlaubt die Angabe der nominellen Konzentration der
Hauptlegierungsbestandteile und somit einen Bezug zur Legierungszu-
sammensetzung, ist jedoch durch die unterschiedlichen Praktiken in ver-
schiedenen nationalen und internationalen Normen nicht immer eindeutig.
Das numerische Bezeichnungssystem hat demgegenüber den Vorteil ein-
deutiger Zuordnung zur Legierungszusammensetzung und sollte vorzugs-
weise benutzt werden.
Für die Bezeichnung der Werkstoffzustände wurde ebenfalls das AA
Bezeichnungssystem weitgehend übernommen, da es eine größere Flexi-
bilität aufweist als die traditionelle DIN-Bezeichnungsweise. Dabei mußte
jedoch der häufig hilfreiche, in der alten DIN-Bezeichnungsweise vorge-
sehene Hinweis auf die Mindestzugfestigkeit (z.B. F32 entspricht einer
Mindestzugfestigkeit von 320 N/mm²) aufgegeben werden.
Die nachfolgenden Schilderungen der Bezeichnungsweisen für Legie-
rungen und Werkstoffzustände sind als kurzer Überblick über die Syste-
matik gedacht und beziehen sich auf die gängigsten Legierungen und Zu-
stände, geben jedoch die relevanten Normen nicht umfassend wieder, so
daß für eine vollständige Referenz auf die entsprechenden DIN EN Nor-
men verwiesen werden muß.
Das international verwendete Bezeichnungssystem unterscheidet zwi-
schen Knetlegierungen [DIN EN 573] und Gußlegierungen [DIN EN
1780]. Knetlegierungen sind solche Legierungen des Aluminiums, die mit
dem Stranggußverfahren zu Barren oder Bändern gegossen und aus-
schließlich für die Herstellung von Walz-, Preß- und Ziehfabrikaten ver-
wendet werden. Demgegenüber werden Gußlegierungen aufgrund ihrer
besseren Formfüllungseigenschaften und Warmrißunempfindlichkeit aus-
schließlich für die Herstellung von Formgußstücken eingesetzt.
Die normgerechte Bezeichnung umfaßt nacheinander folgende Ele-
mente:
− die Vorsilbe EN, gefolgt von einem Zwischenraum;
− den Buchstaben A für Aluminium;
− einen Buchstaben, der die Erzeugnisform bezeichnet:
− W für Knetlegierungen
− C für Gußstücke;
212 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

− (darüber hinaus werden B für unlegiertes und legiertes Aluminium


− in Masseln und M für Vorlegierungen verwendet)
− einen Bindestrich;
− vier Ziffern (bei Knetlegierungen) und fünf Ziffern (bei Gußlegierun-
gen) zur Definition der Legierungszusammensetzung bzw. das chemi-
sche Symbol Al gefolgt von den Symbolen der Hauptlegierungsele-
mente und deren mittlere nominelle Zusammensetzung in Gew.-%.

Die unterschiedliche Bezeichnungsweise der Knet- und Gußlegierungen


sowie deren Werkstoffzustände machen die folgende getrennte Darstellung
für Knet- und Gußlegierungen erforderlich.

3.4.2 Bezeichnungssystem für Knetlegierungen und deren


Werkstoffzustände

Die gültige Norm für die Legierungsbezeichnung, chemische Zusam-


mensetzung und Erzeugnisformen von Aluminium und Aluminium-Knet-
legierungen ist die europäische Norm DIN EN 573 (s. Anhang A3). Sie er-
setzt die Bezeichnungsweise nach den ehemaligen nationalen DIN Normen
1712, 1725, 1732 und 8513.
Die erste der vier Ziffern in der Bezeichnung bezeichnet die Legie-
rungsgruppe, die durch ein oder mehrere Hauptlegierungselemente ge-
kennzeichnet ist. Die Legierungsgruppen unterscheiden sich darüber hin-
aus hinsichtlich Aushärtbarkeit bzw. Nichtaushärtbarkeit (letztere werden
auch als „naturhart“ bzw. kaltverfestigende Legierungen bezeichnet).

Gruppe Legierungstyp Legierungsbeispiel Aushärtbarkeit


1XXX Reinaluminium EN AW-1050A nicht aushärtbar
2XXX AlCu EN AW-2024 aushärtbar
3XXX AlMn EN AW-3003 nicht aushärtbar
4XXX Al Si EN AW-4046 nicht aushärtbar
5XXX Al Mg EN AW-5182 nicht aushärtbar
6XXX Al MgSi EN AW-6082 aushärtbar
7XXX Al ZnMg EN AW-7020 aushärtbar
8XXX Sonstige EN AW-8011A nicht aushärtbar
9XXX nicht verwendet

Die letzten beiden Ziffern sind charakteristisch für die jeweilige Legie-
rung bzw. geben in der Gruppe 1XXX den Reinheitsgrad des unlegierten
Aluminiums an (z.B. Al99,5 = 1050, Al99,7 = 1070). Die zweite Ziffer be-
zeichnet Modifikationen (1...9) der ursprünglichen Legierung oder einen
höheren Reinheitsgrad.
3.4 Einführung in die Normen über Aluminiumlegierungen 213

Wenn ein Unterschied in der Verwendung oder in der Zusammenset-


zung der ursprünglichen Legierung gegenüber der AA-Spezifizierung vor-
liegt, wird ein Buchstabe zur Kennzeichnung einer nationalen Legierungs-
variante ergänzt (z.B. „A“ für „allgemeine Verwendung“, häufiger jedoch
für eine europäische Variante: EN AW-6005A).
Die chemischen Zusammensetzungen der Aluminiumknetlegierungen
enthält DIN EN 573-3. Die wirtschaftliche und qualitativ einwandfreie
Verarbeitung der Legierungen zu Walz- und Preßprodukten stellt beson-
dere Anforderungen an die Legierungszusammensetzung. Daher sind nicht
alle Legierungen gleichermaßen für die verschiedenen Arten von Halbzeug
geeignet. Die lieferbaren Erzeugnisformen und Legierungen sind für ver-
schiedene Anwendungsgebiete in DIN EN 573-4 aufgelistet.
Die Werkstoffzustände für Knetlegierungen sind durch das Bezeich-
nungssystem in DIN EN 515:1993 eindeutig festgelegt, das nachfolgend
auszugsweise wiedergegeben ist. Unabhängig vom verwendeten Be-
zeichnungssystem für die chemische Zusammensetzung (numerisch oder
mit chemischen Symbolen) wird in DIN EN 515 der Werkstoffzustand
durch eine Kombination von Buchstaben und Ziffern bezeichnet. Dieses
System entspricht dem bewährten amerikanischen System, welches auch in
ISO übernommen wurde.
Die Zustandsbezeichnung wird durch einen Bindestrich an die Legie-
rungsbezeichnung angehängt.
Beispiele: EN AW-3004-H14, EN AW-6082-T6
Die Werkstoffzustände für nicht aushärtbare Knetlegierungen werden wie
folgt bezeichnet:
Bez. Bedeutung
-F Herstellungszustand ohne festgelegte Festigkeitsgrenzwerte
-O weich (geglüht, auch warmumgeformt mit gleichen Festigkeitsgrenzwer-
ten)
-H kaltverfestigt auf eine gewünschte Festigkeit, eventuell in Verbindung
mit einer thermischen Behandlung zum Erreichen bestimmter Eigen-
schaften. Der H-Zustand muß immer durch mindestens zwei angehängte
Ziffern gekennzeichnet sein, die folgende Bedeutung haben:
1. Ziffer nach dem H:
Bez. Bedeutung
-H1X kaltverfestigt auf die gewünschte Festigkeit (ohne weitere thermische
Behandlung, X = Grad der Verfestigung)
-H2X kaltverfestigt über die gewünschte Endfestigkeit hinaus und rückgeglüht
auf das Festigkeitsniveau des vergleichbaren H1X-Zustands (zur Verbes-
serung der Verformbarkeit)
214 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

-H3X kaltverfestigt und stabilisiert durch thermische Behandlung bei einer


niedrigen Temperatur zur Vermeidung von Entfestigungsvorgängen bei
Raumtemperaturlagerung, gilt insbesondere für Legierungen der Gruppe
5XXX.
-H4X kaltverfestigt und einbrennlackiert, wodurch eine teilweise Entfestigung
des kaltverfestigten Zustands und damit gleichzeitig eine gewisse Ver-
besserung der Verformbarkeit eintritt.
2. Ziffer nach dem H:
Bez. Bedeutung
-HX2 1/4-hart
-HX4 1/2-hart
-HX6 3/4-hart
-HX8 4/4-hart
-HX9 extrahart (gültig nur für H19, entspricht einer Festigkeit von mindestens
10 MPa über der des Zustandes H18)
Die Ziffern 1, 3, 5, 7 werden für Zwischenzustände verwendet.
3. Ziffer nach dem H:
Bez. Bedeutung
-H111 geringfügig kaltverfestigt (z.B. durch Richten) nach dem Weichglühen
(Festigkeitsgrenzwerte wie für den Zustand O)
-H112 warmumgeformtes Material mit Festigkeitsgrenzwerten (vgl. Zustand F)
-H116 spezieller Zustand von AlMg-Legierungen mit ≥ 4 % Mg für verbesserte
Korrosionsbeständigkeit.
Die Werkstoffzustände für aushärtbare Knetlegierungen werden wie folgt be-
zeichnet:
Bez. Bedeutung
-T1 abgeschreckt von der Warmformungstemperatur und kaltausgelagert
-T2 abgeschreckt von der Warmformungstemperatur, kaltverfestigt und
kaltausgelagert
-T3 lösungsgeglüht, kaltverfestigt und kaltausgelagert
-T4 lösungsgeglüht, abgeschreckt und kaltausgelagert
-T5 abgeschreckt von der Warmformungstemperatur und warmausgelagert
-T6 lösungsgeglüht, abgeschreckt und warmausgelagert
-T7 lösungsgeglüht, abgeschreckt, warmausgelagert und überhärtet
-T8 lösungsgeglüht, kaltverfestigt und warmausgelagert
-T9 lösungsgeglüht, warmausgelagert und kaltverfestigt
Weitere Ziffern haben folgende Bedeutung:
-TX2 beim Verbraucher lösungsgeglüht aus dem F-Zustand und kalt- oder
warmausgelagert (z.B. T62)
-TX51 gereckt vor dem Auslagern zum Entspannen
3.4 Einführung in die Normen über Aluminiumlegierungen 215

-TX52 gestaucht vor dem Auslagern zum Entspannen


-TX54 gereckt und gestaucht vor dem Auslagern zum Entspannen.

Varianten der Zustände T6 und T7 betreffen den Grad der Warmaushär-


tung bzw. Überhärtung, der sich in Festigkeitswerten entsprechend Bild
3.4.1 auswirkt. Der Zustand T66 bezeichnet den voll warmausgehärteten
Zustand, der mit besonderer Prozeßkontrolle höhere Festigkeitseigen-
schaften als T6 liefert. Für weitere Werkstoff- und Zwischenzustände wird
auf die Norm DIN EN 515 verwiesen.

Bild 3.4.1 Varianten der T6 und T7 Werkstoffzustände nach DIN EN 515: 1993

3.4.3 Bezeichnungssystem für Formgußlegierungen,


Gießverfahren und für die Werkstoffzustände
von Formgußteilen

Für die Bezeichnung von Formgußstücken und Gußlegierungen (und auch


für Masseln und Vorlegierungen) ist die neue europäische Normung ge-
genüber der internationalen mit der DIN EN 1780:2002 eigene Wege ge-
gangen. Für Gußstücke, Masseln und Vorlegierungen gilt ein
Bezeichnungssystem mit fünf Ziffern in bedingter Anlehnung an das 4-
ziffrige Bezeichnungssystem für Knetlegierungen.

Unlegiertes Aluminium (1XXXX):


Die 1. der fünf Ziffern des Bezeichnungssystems ist die Zahl 1 (wie im
Falle von Knetaluminium für Aluminium mit einem Mindestmas-
senanteil von 99,00 % und mehr).
Die 2. der fünf Ziffern des Bezeichnungssystems ist die Zahl 0.
Die 3. und 4. Ziffer bezeichnen den minimalen Aluminiumgehalt in
Prozenten. Dies sind die beiden gleichen Ziffern, wie die Ziffern rechts
hinter dem Komma für den minimalen Aluminiumgehalt in Prozenten,
wenn dieser auf 0,01 Prozent genau ausgedrückt wird.
216 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

Die 5. Ziffer ist:


-0 für unlegiertes Aluminium in Masseln entsprechend Tabelle 1
(allgemeine Anwendungen) in EN 576;
-1, -2, ... für unlegiertes Aluminium in Masseln entsprechend
Tabelle 2 (spezielle Anwendungen) in EN 576.

Beispiel: AB-10970 für Al 99,97 in Masseln.

Gußlegierungen:
Bei einer bestimmten Legierung weisen Masseln und Gußstücke die
gleiche numerische Bezeichnung auf.
Die 1. der fünf Ziffern der Bezeichnung gibt das Hauptlegierungsele-
ment der Legierungsgruppe an:

Gruppe Hauptlegierungselement

2XXXX Kupfer
4XXXX Silizium
5XXXX Magnesium
7XXXX Zink
8XXXX Zinn
9XXXX Vorlegierungen

Die 2. der fünf Ziffern bezeichnet den Legierungstyp:

Legierungstyp Beispiel Aushärtbarkeit

21XXX Al Cu EN AC-21100 (Al Cu4Ti) aushärtbar


41XXX Al SiMgTi EN AC-41000 (Al Si2MgTi) aushärtbar
42XXX Al Si7Mg EN AC-42100 (Al Si7Mg0,3) aushärtbar
43XXX Al Si10Mg EN AC-43000 (Al Si10Mg(a)) aushärtbar
44XXX Al Si EN AC-44200 (Al Si12(a)) nicht aushärtbar
45XXX Al Si5Cu EN AC-45000 (Al Si6Cu4) teilweise aushärtbar
46XXX Al Si9Cu EN AC-46000 (Al Si9Cu3(Fe) nicht aushärtbar
47XXX Al Si(Cu) EN AC-47000 (Al Si12(Cu)) nicht aushärtbar
48XXX Al SiCuNiMg EN AC-48000 (Al Si12CuNiMg) nicht aushärtbar
51XXX Al Mg EN AC-51100 (AlMg3(a)) nicht aushärtbar
71XXX Al ZnMg EN AC-71000 (Al Zn5Mg) aushärtbar

Die 3. Ziffer ist willkürlich und bezeichnet die spezielle Legierungszu-


sammensetzung in dieses Legierungstyps.
Die 4. Ziffer ist im allgemeinen 0.
Die 5. Ziffer ist immer 0 für die CEN-Legierungen (jedoch nie 0 bei
den AECMA-Luftfahrtlegierungen).
3.4 Einführung in die Normen über Aluminiumlegierungen 217

Ähnlich wie bei Knetlegierungen spielt die Verarbeitungstechnologie, das


Gießverfahren, eine wichtige Rolle für die Verwendbarkeit der ver-
schiedenen Gußlegierungen und in der Definition der Eigenschaften des
Formgußteils. Zur vollständigen Bezeichnung wird daher auch die Angabe
des Gießverfahrens benötigt, das durch einen der Legierungsnummer fol-
genden Buchstaben gekennzeichnet wird:
S – Sandguß
K – Kokillenguß, Niederdruckkokillenguß
D – Druckguß
L – Feinguß
Sandguß:
Gießverfahren, bei dem Flüssigmetall in eine Sandform gegossen und
zur Erstarrung gebracht wird.
Kokillenguß:
Gießverfahren, bei dem Flüssigmetall in eine Metallkokille gegossen
wird und erstarrt.
Niederdruckkokillenguß:
Gießverfahren, bei dem Flüssigmetall in eine Metallkokille gegossen
und unter niedrigem Druck (üblicherweise 0,7 bar) zur Erstarrung ge-
bracht wird.
Druckguß:
Gießverfahren, bei dem Flüssigmetall in eine Metallkokille gegossen
und unter hohem Druck (üblicherweise 700 bar) zur Erstarrung ge-
bracht wird.
Feinguß:
Gießverfahren, welches durch die folgenden beiden Prozeßstufen ge-
kennzeichnet ist:
− Herstellung einer Keramikform mit Hilfe eines Modells aus Wachs
oder aus einem thermoplastischen Kunststoff, welches während die-
ses Prozesses verlorengeht;
− Eingießen des Metalls in diese Keramikform.

Der Werkstoffzustand, der eine eventuell am Gußteil vorgenommene


Wärmebehandlung angibt, ist eine weitere wichtige Angabe für die Defi-
nition der Eigenschaften eines Formgußteils. Die Bedingungen der Wär-
mebehandlungen lehnen sich an die Zustandsbezeichnungen für Knetlegie-
rungen an und sind wie folgt definiert:

Bez. Bedeutung
F Gußzustand (Herstellungszustand)
0 Weichgeglüht
218 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

T1 Kontrollierte Abkühlung nach dem Guß und kaltausgelagert


T4 Lösungsgeglüht und kaltausgelagert (wo anwendbar)
T5 Kontrollierte Abkühlung nach dem Guß und warmausgelagert oder überaltert
T6 Lösungsgeglüht und vollständig warmausgelagert
T64 Lösungsgeglüht und nicht vollständig warmausgelagert (Unteralterung)
T7 Lösungsgeglüht und überhärtet (warmausgelagerter, stabilisierter Zustand)

Beispiel für die normgerechte Bezeichnung für ein Kokillengußstück aus der Gußlegierung
42100, lösungsgeglüht und warmausgelagert: DIN EN 1706 AC-42100KT6.

Die chemische Zusammensetzung und mechanischen Eigenschaften von


Gußstücken enthält DIN EN 1706:1998, wobei die mechanischen Eigen-
schaften als Mindestwerte angegeben sind, die an getrennt gegossenen
Probestäben erreicht werden müssen.

3.4.4 Halbzeugnormen

Technischen Lieferbedingungen, Grenzwerte der mechanischen Eigen-


schaften und der Form- und Maßtoleranzen sind in Halbzeugnormen fest-
gelegt. Aufgrund besonderer Anforderungen bei verschiedenen Produkt-
oder Anwendungsbereichen, z.B. bei Bauprofilen aus Legierungen EN
AW-6060 und EN AW-6063 mit engeren Toleranzen (EN 12020), Werk-
stoffen in Kontakt mit Lebensmitteln (EN 601, EN 602), Schienfahrzeug-
(EN 13981) und Schiffsbauwerkstoffen (EN 13195), sowie bei Alu-
miniumwerkstoffen für Druckgeräte (EN 12392), wurden zusätzlich zu den
Normen für Standardhalbzeug spezielle Produktnormen erarbeitet. Eine
tabellarische Übersicht der gültigen Normen enthält Anhang A.3.

3.4.5 Garantierte und typische Eigenschaften

Um die Einhaltung von garantierten Eigenschaftswerten zu gewährleisten,


müssen Halbzeuge nachweislich in der Zusammensetzung den genormten
Legierungsgrenzen entsprechen. Das Lieferzeugnis (z.B. Werkszeugnis
oder Abnahmeprüfzeugnis nach EN 10204) enthält einen entsprechenden
Vermerk oder die Angabe der tatsächlichen Analyse der Charge bzw. des
Lieferloses. Die werksinternen Analysentabellen enthalten engere Legie-
rungsgrenzen, als der Norm entspricht. Hiermit wird sichergestellt, daß mit
den vorhandenen Fertigungseinrichtungen und den festgelegten, internen
Fertigungsabläufen die vorgeschriebenen und dem Kunden zugesagten Ei-
genschaften reproduzierbar eingehalten werden.
Zwischen Hersteller und Verarbeiter werden normgerechte Festigkeits-
werte vereinbart, die im Bedarfsfall losweise geprüft und im Lieferzeugnis
3.4 Einführung in die Normen über Aluminiumlegierungen 219

festgehalten werden. Diese garantierten Mindestwerte dienen als Grund-


lage für die Konstruktion und Berechnung, wofür gegebenenfalls auch ga-
rantierte Festigkeitswerte für Schweißverbindungen erfüllt sein müssen.
Die garantierten Mindestwerte sind das Ergebnis statistischer Qualitäts-
kontrollen einer genügend großen Zahl von Fertigungslosen und berück-
sichtigen die normale Streuung.
Je nach Art der Herstellung, Legierung und Werkstoffzustand besitzen
die Halbzeuge eine mehr oder weniger ausgeprägte Textur, die je nach La-
ge im Verhältnis zur hauptsächlichen Umformrichtung eine Anisotropie
der Festigkeits- und Dehnungseigenschaften verursacht. So werden bei
Walzhalbzeugen die Abnahmewerte quer zur Walzrichtung und bei
Strangpreßprofilen in Preßrichtung bestimmt. Die Abnahmewerte liegen
jedoch üblicherweise so hoch über den Mindestwerten, daß letztere auch in
den anderen Richtungen erreicht werden.
Die Festigkeitseigenschaften sind darüber hinaus abhängig vom Durch-
knetungsgrad und dem daraus resultierenden Gefüge sowie bei aushärtba-
ren Legierungen von der Abschreckempfindlichkeit. Daher spielt die Ma-
terialdicke eine Rolle bei den genormten Festigkeitsgrenzwerten, was in
den entsprechenden Halbzeugnormen berücksichtigt ist.
Gegenüber den Mindestwerten bezeichnen die „typischen“ Werte die
Mittelwerte von vergleichbaren Fertigungslosen, und diese liegen deshalb
deutlich höher. Mittelwerte oder typische Werte reflektieren das eigentli-
che Verhalten des Werkstoffs besser als die garantierten Mindestwerte, da
die Abhängigkeit der Bruchdehnungswerte von der Werkstoffestigkeit
richtig wiedergegeben wird, jedoch sind die typischen Werte nicht für
rechnerische Nachweise in den Regelwerken und Vorschriften zugelassen.
Da typische Werte nicht in die Halbzeugnormen aufgenommen wurden,
sind sie für häufig vorkommende Legierungen in Anhang A1.2 zusam-
mengestellt.
Der Hersteller gewährleistet weiterhin die normgerechte Einhaltung der
Formtoleranzen der Halbzeuge. Sind im Einzelfall engere Toleranzen er-
forderlich, muß dies zwischen Lieferant und Abnehmer vereinbart werden.
Sondervereinbarungen verursachen gewöhnlich höhere Kosten und Preise.
Die vorstehenden Ausführungen zu den garantierten Eigenschaften be-
ziehen sich nur auf Knetmaterial. Bei Gußlegierungen ist die Einhaltung
von mechanischen Mindestwerten außer vom Gießverfahren vor allem
vom Gußteil selbst abhängig. Die legierungsspezifischen Festigkeitsanga-
ben für Gußlegierungen gelten daher für mitgegossene Probestäbe und
können folglich nur als Orientierungswerte verwendet werden.
220 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen

3.4.6 Legierungsauswahl – frei oder eingeschränkt?

Für viele zivile Anwendungsbereiche ist die Wahl der Knet- und Gußlegie-
rungen frei und richtet sich nach den Bedürfnissen des Anwenders hin-
sichtlich der geforderten Eigenschaften und Produktformen. Ihr Einsatz
und ihre Verarbeitungsergebnisse unterliegen ausschließlich der Produkt-
verantwortung und -haftung der Verarbeiters. Zu bevorzugen sind daher
genormte EN-Legierungen, die über den einschlägigen Metallhandel oder
direkt vom Hersteller mit Abnahme- oder Prüfzeugnissen nach DIN EN
10204:2005 normgerecht bezogen werden können. Sofern es die Anwen-
der von Großserienprodukten – z.B. Automobilindustrie – oder die Pro-
dukt- und Marktstrategie des Herstellers erfordern, werden unter den
Normbezeichnungen oder auch unter speziellen Markenbezeichnungen
Legierungsvarianten mit auf den Anwendungsfall zugeschnittenen beson-
deren Eigenschaftsverbesserungen angeboten. Im Bedarfsfall sind entspre-
chende Informationen direkt vom Hersteller anzufordern.
Andererseits gibt es eine Reihe von Anwendungsgebieten mit besonde-
ren Sicherheitsansprüchen, für die die Legierungsauswahl durch entspre-
chende Regelwerke eingeschränkt wird. Zu diesen „geregelten“ Anwen-
dungsbereichen zählen
− Luftfahrtindustrie
− Schienenfahrzeugbau
− Schiffbau
− Nutzfahrzeugbau (Gefahrguttransport)
− Bauwesen
− Wehrtechnik
− Druckbehälterbau und Druckleitungen
− Nahrungsmittelindustrie
− u.a.

Der Leser wird auf die entsprechenden Angaben in den einschlägigen Re-
gel- oder Normenwerken verwiesen.
4 Physikalische Eigenschaften

4.1 Physikalischen Eigenschaften des Aluminiums

Die physikalischen Eigenschaften des Aluminiums sind neben der schüt-


zenden Oxidschicht die eigentliche Grundlage seiner ungewöhnlich viel-
fältigen Verwendbarkeit. Wenn aus der Sicht des Konstrukteurs vor allem
die geringe Dichte des Werkstoffs heraussteht, so sind – häufig unbewußt
– verschiedene weitere physikalische Eigenschaften maßgebend an der
Produktqualität oder Funktionsweise beteiligt.

Tabelle 4.1.1 Physikalische Eigenschaften von Reinaluminium Al99,99 bei 20 °C


Eigenschaft Maßzahl Einheit
Ordnungszahl 13
Gitteraufbau kubisch flächenzentriert
Gitterkonstante 0,40496 nm
Atomradius 0,1431 nm
Dichte 2,6989103 kg/m3
Elastizitätsmodul 66,6 kN/mm2
Schubmodul 25,0 kN/mm2
Querkontraktionszahl
(Poissonsche Zahl), ν 0,35 ---
Mittlerer linearer Wärmeausdehnungs-
koeffizient zwischen 20 °C und 100 °C 23,610-6 1/°C
Wärmeleitfähigkeit 235 W/m⋅K
Schmelztemperatur 660,2 °C
Volumenabnahme flüssig/fest 7,1 %
Lineare Schwindung
zwischen 660 °C und 20 °C 1,85 %
Schmelzwärme 390 kJ/kg
Siedetemperatur 2470 °C
Verdampfungswärme 11,4 MJ/kg
Verbrennungswärme 31 MJ/kg
Spezifische Wärme bei konst. Druck, cp 0,89 kJ/kg⋅K
Aktivierungsenergie der Selbstdiffusion 120 kJ/mol
Elektrische Leitfähigkeit 37,67 m/Ω⋅mm²
Spezifischer elektrischer Widerstand 26,55 nΩ. m
Magnetische Suszeptibilität 0,6210-9 m³/kg
222 4 Physikalische Eigenschaften

Einige physikalische Eigenschaften sind abhängig von der Reinheit


bzw. Legierungszusammensetzung. Sie werden für die verschiedenen Le-
gierungen im Anhang A.1.3 und A.2.3 aufgelistet. Als Grundlage dienen
die physikalischen Eigenschaften des reinen Aluminiums (Reinheitsgrad
99,99%), die nachfolgend in Tabelle 4.1.1 aufgeführt sind. Viele der in
dieser Tabelle enthaltenen Eigenschaften sind abhängig von Temperatur
und Druck. Angaben hierzu findet man in verschiedenen Standardwerken,
z.B. (Kammer 2002, Hatch 1984). Für die meisten anwendungstechnischen
Fälle spielt die Druckabhängigkeit physikalischer Eigenschaften jedoch
praktisch keine Rolle.
Im folgenden werden einige wichtige physikalische Eigenschaften von
Aluminium mit denen von anderen Gebrauchsmetallen verglichen.

4.1.1 Dichte

Die Dichte von Aluminium ist etwa 1/3 derjenigen vieler anderer Ge-
brauchsmetalle mit Ausnahme von Titan und Magnesium. Durch Legie-
rungsbildung wird die Dichte nur geringfügig (+3%, –2%) verändert. Eine
Ausnahme sind Aluminium-Lithium-Legierungen, deren Dichte um etwa
15% geringer sein kann. Aus anwendungstechnischer Sicht ist weniger die
Gewichtsbasis als die Volumenbasis für den Werkstoffvergleich wichtig.
Auf das gleiche Gewicht bezogen bietet nur Magnesium ein größeres
nutzbares Metallvolumen als Aluminium, wie in Bild 4.1.1 dargestellt ist.

Bild 4.1.1 Metallvolumen pro Einheitsgewicht von verschiedenen Gebrauchsme-


tallen
4.1 Physikalischen Eigenschaften des Aluminiums 223

4.1.2 Elektrische Leitfähigkeit

Die elektrische Leitfähigkeit von 99,99% reinem Aluminium bei Raum-


temperatur ist 63,8% des International Annealed Copper Standard (IACS).
Gewichtsbezogen ist jedoch die elektrische Leitfähigkeit von Aluminium
etwa doppelt so hoch wie die von Kupfer, s. Bild 4.1.2. Aus diesem Grun-
de werden Hochspannungsleitungen seit langem nur noch in Aluminium
ausgeführt. Die elektrische Leitfähigkeit ist sowohl von der Zusammenset-
zung als auch vom Wärmebehandlungszustand abhängig. Deshalb wird die
elektrische Leitfähigkeitsmessung dazu verwendet, bei einigen aushärtba-
ren Legierungen den Wärmebehandlungszustand zu überprüfen.

Bild 4.1.2 Elektrische Leitfähigkeit von Metallen in absoluten und gewichtsbezo-


genen Werten

4.1.3 Magnetische Eigenschaften

Aluminium und seine Legierungen sind sehr schwach paramagnetisch, d.h.


sie werden von einem Magneten nur sehr schwach angezogen. Die magne-
tische Suszeptibilität von Reinaluminium bei Raumtemperatur ist 0,6210-9
[m³/kg]. Gegenüber ferromagnetischen Metallen (Fe, Ni, Co und deren
Legierungen) mit einer magnetischen Suszeptibilität bis zu 1⋅105 ist Alu-
minium praktisch als unmagnetisch anzusehen. Legierungsbeimengungen
ändern diesen Wert nur geringfügig. Die unmagnetischen Eigenschaften
des Aluminiums werden z.B. für die Abschirmung empfindlicher elektro-
nischer Geräte genutzt.

4.1.4 Wärmeleitfähigkeit

Die Wärmeleitfähigkeit von Aluminium und seinen Legierungen wird in


Bild 4.1.3 mit der anderer Metalle verglichen. Gewichtsbezogen ist sie
doppelt so hoch wie die Wärmeleitfähigkeit von Kupfer. Aluminium eig-
224 4 Physikalische Eigenschaften

net sich daher in besonderem Maße für Wärmeaustauscher in Fahrzeugen,


aus wirtschaftlichen Gründen aber auch in stationären Anlagen. Die hohe
Wärmeleitfähigkeit führt auch dazu, daß durch die Abführung bzw. Ver-
teilung der Wärme aus lokalen Quellen die Temperaturbelastung des Bau-
teils gering ist. Dieser Vorteil wird z.B. bei Fahrzeugrädern, Zylinderköp-
fen und Kolben sowie bei Kühlkörpern in der Elektronik genutzt. Anderer-
seits werden dadurch beim Schmelzschweißen höhere Stromstärken erfor-
derlich.

Bild 4.1.3 Vergleich der Wärmeleitfähigkeit von Aluminium und anderen Metal-
len im Verhältnis zu Kupfer (links) und in gewichtsbezogenen Werten (rechts)

4.1.5 Reflexions- und Emissionseigenschaften

Das Strahlungs-(Emissions-)vermögen eines Stoffes beschreibt die Inten-


sität, mit der dieser Stoff seine eigene Wärme ausstrahlt. Aufgrund des
Kirchhoffschen Gesetzes ist ein niedriges Strahlungsvermögen mit einem
hohen Reflexionsvermögen für Licht, Wärme und alle andere elektroma-
gnetische Strahlung verbunden, was gleichzeitig eine geringe Absorption
der Strahlungsenergie bedeutet. Metallblankes Aluminium reflektiert etwa
75% des Lichtes und 90% der Wärmestrahlung. Das Strahlungsvermögen
des gleichen Aluminiumteils ist gering, d.h. es beträgt weniger als 10% des
„schwarzen Körpers“ bei gleicher Temperatur und Umgebung. Der
Wärmeinhalt eines warmen Aluminiumkörpers wird also vergleichsweise
langsam an die Umwelt abgegeben.1
Das Reflexionsvermögen der Oberfläche von reinem Aluminium kann
durch Polieren und chemisches Glänzen noch erheblich gesteigert werden.
Mit einer dünnen Anodisierschicht (< 3 µm Dicke) versehen wird die ge-

1
Wegen fehlender Anlauffarben und der geringen Wärmeabstrahlung ist beim
Berühren von Aluminiumwerkstücken mit großer Vorsicht vorzugehen.
4.2 Physikalische Eigenschaften von Aluminiumoxid 225

richtete Reflexion (Spiegelreflexion) größer als 84% und das Gesamtrefle-


xionsvermögen größer als 99% der einfallenden Strahlung.
Das Emissionsvermögen wird durch anodische Oxidation erheblich ver-
größert, was z.B. bei der Herstellung von Kühlkörpern für die Elektronik
genutzt wird. Farblose Anodisierschichten haben je nach Verfahren ein
Emissionsvermögen von 35 bis 65% des Wertes für den schwarzen Kör-
per, schwarz gefärbte Anodisierschichten erreichen einen Emissionswert
von bis 95%, s. Angaben in Bild 4.1.4.

Bild 4.1.4 Strahlungseigenschaften von Aluminiumoberflächen

4.2 Physikalische Eigenschaften von Aluminiumoxid

Durch Reaktion mit dem Sauerstoff der Luft bildet sich auf der blanken
Metalloberfläche eine festhaftende Schicht aus Aluminiumoxid, die das
Aluminium vor weiterer Oxidation schützt. Abgesehen von dieser Schutz-
wirkung hat die Oxidschicht Auswirkungen auf das Verhalten bei ver-
schiedenen Verarbeitungs- und Anwendungsprozessen. Die Kenntnis eini-
ger physikalischer Grunddaten des Aluminiumoxids sind daher wichtig.
Aufbau und Verhalten der Oxidschicht unter chemischen bzw. Witte-
rungsbedingungen sind in Abschn. 5.2 beschrieben. Die chemische Zusam-
mensetzung entspricht der Formel Al2O3. Die natürlich entstandene
Schicht hat eine amorphe Struktur.
226 4 Physikalische Eigenschaften

Tabelle 4.2.1 Physikalische Eigenschaften von Aluminiumoxid


Eigenschaft Maßzahl Einheit
Dichte 3,98 g/cm3
Schmelzpunkt 2053 °C
Siedepunkt 2980 °C
Bildungsenthalpie 1590 kJ/mol
Wärmeausdehnungskoeffizient 8 . 10-6 1/°C
Wärmeleitfähigkeit 20 - 30 W/m⋅K
Elektrische Durchschlagsfestigkeit 20 - 30 V/µm
5 Korrosionsverhalten von Aluminium

5.1 Allgemeine Grundlagen

Mit dem Begriff Korrosion bezeichnet man die chemische Reaktion me-
tallischer Werkstoffe mit ihrer Umgebung. Mit Ausnahme der Edelmetalle
sind alle Metalle solchen chemischen Reaktionen ausgesetzt und verändern
dadurch ihre Oberfläche. Ein Korrosionsschaden ist nach DIN EN ISO
8044:1999 jedoch nur dann eingetreten, wenn die Korrosionserscheinun-
gen zu einer Beeinträchtigung der Funktion des Bauteils geführt haben. Im
allgemeinen handelt es sich beim Korrosionsprozeß um örtlichen oder flä-
chenhaften Angriff der Metalloberfläche in aggressiver feuchter Umge-
bung oder in wäßrigen Medien, denen das Bauteil ständig oder zeitweise
ausgesetzt ist. DIN EN ISO 8044:1999 weist daraufhin, daß die Bemühun-
gen darauf gerichtet sein sollen, nicht die Korrosion selbst – was in vielen
Fällen nicht möglich ist –, sondern einen Korrosionsschaden durch vor-
sorglichen Korrosionsschutz zu verhindern. Zu den Aufgaben des Korrosi-
onsschutzes gehört es, das Korrosionsverhalten des Werkstoffs und Bau-
teils in seinem Anwendungsbereich und über seiner Gebrauchsdauer zu
ermitteln und die entsprechenden Maßnahmen hinsichtlich der Wahl eines
Werkstoffs, seiner Behandlung sowie der konstruktiven und fertigungs-
technischen Verarbeitung unter dem Gesichtspunkt des Korrosionsschut-
zes zu ergreifen.
Die Prüfung des Korrosionsverhaltens geschieht nach festgelegten und
weitgehend standardisierten Prüfmethoden. Die Auswahl der geeigneten
Prüfmethode ist abhängig von der zu prüfenden Korrosionsart und vom
jeweilig beabsichtigten Einsatzgebiet. Anwendungsbereiche, wie Flug-
zeugbau, Schiffbau, Automobilbau und Bauwesen schreiben spezifische
Prüfmethoden vor. Angesichts der Vielzahl der Prüfvorschriften und
Prüfmethoden wird auf eine umfassende Beschreibung hier verzichtet und
auf die einschlägigen Normen- und Regelwerke sowie auf andere ein-
schlägige Literatur verwiesen, z.B. (Kammer 2002). Nur in Einzelfällen
werden verwendete Korrosionsprüfverfahren als Referenz zur Vervollstän-
digung der Information über bestimmte Korrosionsthemen herangezogen.
228 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

5.1.1 Einflüsse auf das Korrosionsverhalten


Um eine Konstruktion, ein Bauteil oder eine Baugruppe im Hinblick auf
Korrosionsbeständigkeit auszulegen, muß man die Einsatzbedingungen
und das Korrosionsverhalten des gewählten Werkstoffs möglichst genau
kennen sowie die notwendigen konstruktiven und fertigungstechnischen
Maßnahmen zur Vermeidung von Korrosionsschäden ergreifen.
Zahlreiche Einflußfaktoren bestimmen die Korrosionsbeständigkeit von
metallischen Werkstoffen, Bauteilen und Baugruppen, die man in umge-
bungsbedingte, werkstoffseitige und konstruktiv und fertigungsbedingte
Faktoren einteilen kann:
1. Korrosionsbedingungen: Art des Korrosionsmediums, z.B. Chloridge-
halt, pH-Wert – Sauerstoffgehalt des Korrosionsmediums – Dauer der
Einwirkung, Trockenphasen, Temperatur – Bewegung des Korrosions-
mediums, Erosion, Kavitation
2. Werkstoffseitige Faktoren: Passiv- bzw. Oxidschicht, Beständigkeit,
Leitfähigkeit – Legierungselemente – Gefüge und Ausscheidungszu-
stand - Kaltumformgrad – Oberflächenbeschaffenheit
3. Konstruktive und fertigungstechnische Faktoren: Spalte – Hohl-
räume, „Wannen“ ohne Drainage – Kontakt mit Fremdmetallen, me-
chanische Verbindungen – Schweißverbindungen – mechanische Bear-
beitung – Überzüge, Beschichtungen.
Die meisten Korrosionsschäden lassen sich vermeiden, wenn man bei
der Werkstoff- bzw. Legierungswahl, bei der Konstruktion und Fertigung
die aufgeführten Einflußfaktoren in ihren Auswirkungen überprüft und
sinnvoll berücksichtigt.
In welchem Maße Vorkehrungen für den Korrosionsschutz getroffen
werden müssen, ist zunächst von den zu erwartenden Korrosionsbedingun-
gen und den gestellten Anforderungen während der Lebensdauer des Pro-
duktes bzw. des Betriebs des Gerätes abhängig. Dabei ist zu berücksichti-
gen, daß sich die Einsatzbedingungen bzw. die Umgebungsbedingungen
während er Lebensdauer eines langlebigen Produktes ändern können. Auch
ist zu berücksichtigen, ob das Produkt, Gerät oder die Konstruktion regel-
mäßig gewartet oder inspiziert werden.
Für die Beurteilung des Korrosionsverhaltens von Bauteilen ist neben
zahlreichen anderen Einflußgrößen die genaue Definition des Korrosions-
mediums von entscheidender Bedeutung. Aber genau hierin liegt auch die
Schwierigkeit der Beurteilung, wenn es um das reale Verhalten von Bau-
teilen, z.B. eines Schienen- oder Straßenfahrzeugs, geht. Die Raffung der
realen Langzeitwirkung von aggressiven Umgebungsbedingungen durch
kurzzeitige Labortests kann aus diesem Grunde nur Anhaltswerte liefern.
5.1 Allgemeine Grundlagen 229

Aus dem gleichen Grunde ist auch der Vergleich der Korrosionsbeständig-
keit von verschiedenen Werkstoffen durch Labortests mit großen Unsi-
cherheiten behaftet.
Die aggressive Wirkung von Chloriden in wäßrigen Korrosionsmedien
ist jedoch unbestritten. Chloridionen im Elektrolyten schwächen oder
durchdringen die schützende, passivierende Oberflächenschicht, bringen
das Metall in Kontakt mit dem Elektrolyten und setzen so den Korrosi-
onsmechanismus in Gang. In der Korrosionsforschung wird deshalb künst-
liches Meerwasser als ein genormtes Korrosionsmedium für vergleichende
Zwecke herangezogen.
Von besonderer Wichtigkeit ist also die möglichst genaue Beurteilung der
Betriebsbedingungen, denen das Produkt ausgesetzt ist. Selbst wenn die
primären Umgebungsbedingungen als nicht kritisch eingestuft werden, kön-
nen z.B. durch aggressive Reinigungsmittel Korrosionsschäden verursacht
werden. Dies gilt insbesondere immer dann, wenn durch unzweckmäßige
Konstruktion Ansammlungen von Reinigungsmitteln stattfinden und da-
durch die Trockenphase verkürzt bzw. ganz ausgeschaltet wird. Der Kapil-
larwirkung von engen Spalten ist dabei besonders Rechnung zu tragen.
Eine ebenso häufige Ursache für Korrosionsschäden ist die Nichtbe-
achtung der Regeln zur Vermeidung von Kontaktkorrosion mit Fremdme-
tallen, die gegenüber dem Grundwerkstoff „edleren“ Charakter haben.
Dies gilt insbesondere für Aluminiumkonstruktionen, wenn sie mit ande-
ren metallischen Konstruktionswerkstoffen zusammengefügt werden. Da
eine solche Mischbauweise eher die Regel als die Ausnahme ist, muß man
der Vermeidung von Kontaktkorrosion bereits bei der Konstruktion und
Werkstoffwahl besondere Beachtung schenken. Eine nachträgliche Behe-
bung dieser Schadensursache ist meistens sehr kostspielig.
Werden die Bauteile beschichtet, so ist es zur Vermeidung von Korrosi-
onsschäden wichtig, daß die Vorbehandlung und der Schichtaufbau den
einschlägigen Regeln und Richtlinien entsprechen. Dieses gilt unabhängig
davon, ob durch die Beschichtung eine dekorative oder schützende Wir-
kung erreicht werden soll. Eine ungenügende Beachtung dieser Regeln
kann bei Aluminium zu größeren Schäden führen, als wenn man des Bau-
teil unbeschichtet belassen hätte.

5.1.2 Korrosionsverhalten von Aluminium in Freibewitterung


und Meerwasser
Ungeschütztes Aluminium hat in der Witterung unter sehr unterschiedli-
chen Klimabedingungen eine gute Korrosionsbeständigkeit, wie verschie-
dene Beispiele belegen: Spitze des Washington Monuments aus dem Jahr
1884, gegossene Erosstatue am Piccadilly Circus (1893), Dach der Kirche
230 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

St. Gioacchino in Rom (1897). Sogenannte „seewasserbeständige“ Legie-


rungen werden seit Jahrzehnten im Schiffbau verwendet. Bild 5.1.1 zeigt
das Korrosionsverhalten verschiedener, ungeschützter Aluminiumlegie-
rungen bei einer Auslagerung über 10 Jahre in natürlichem Meerwasser
(Godard 1967). Man erkennt, daß die Korrosionsbeständigkeit von der Le-
gierungszusammensetzung abhängig ist. Bei der Legierung 6061-T6 wirkt
sich der nominelle Cu-Gehalt von 0,25% korrosionsfördernd aus, obwohl
der Gewichtsverlust über dem langen Auslagerungszeitraum absolut gese-
hen noch gering ist. Der parabolische Verlauf des Korrosionsprozesses bei
den Aluminiumlegierungen deutet auf eine mit der Zeit abnehmende Kor-
rosionsrate bzw. zunehmende Passivierung der Oberfläche hin.

Bild 5.1.1 Korrosionsverhalten verschiedener Aluminiumlegierungen in natürli-


chem Meerwasser. Auslagerungsort Harbor Island, N.C. (Godard 1967)

In Bild 5.1.2 ist das Witterungsverhalten von unlegiertem Aluminium,


Kupfer, Blei und Zink während einer 10-jährigen Freibewitterung an ver-
schiedenen Standorten in den USA dargestellt (Godard 1967). Aufgetragen
ist die aus Gewichtsverlustmessungen errechnete durchschnittliche Korro-
sionsrate an den unterschiedlichen Standorten.
Obwohl die grundlegenden elektrochemischen Reaktionen des Korrosi-
onsmechanismus bei allen Metallen gleich sind, kann sich das Korrosions-
verhalten der verschiedenen Metalle in wesentlichen Punkten unterscheiden.
Metalle, wie Aluminium oder Chrom/Nickelstähle, die eine festhaftende,
schützende Oxidschicht haben oder eine Passivschicht bilden, neigen zu loch-
förmigen und selektiven Korrosionserscheinungen in chloridhaltigen Medien
wie Meerwasser. Obwohl Zink an der Atmosphäre eine dichte Schutzschicht
entwickelt, zeigt es in Meerwasser flächenhafte Korrosion. Auch unlegierte
Stähle neigen allgemein zu flächenhaftem Korrosionsabtrag.
5.1 Allgemeine Grundlagen 231

Bild 5.1.2 Durchschnittliche Korrosionsrate von Metallen in unterschiedlichen


Atmosphären errechnet aus Gewichtsverlustmessungen (Godard 1967)

Beim Vergleich der Korrosionsrate verschiedener Metalle ist also zu be-


rücksichtigen, ob der Korrosionsvorgang selektiv, z.B. lochförmig, oder
flächenhaft abläuft. Dies gilt insbesondere bei Vergleichen an Hand von
üblichen Gewichtsverlustmessungen. Gewichtsverlustmessungen an Alu-
minium, das zu selektiver und lochförmiger Korrosion neigt, sind − wie
Bild 5.1.3 zeigt − nur bedingt aussagefähig. Zur Beurteilung müssen bei
solchen Legierungen, die zu selektiver Korrosion neigen, zusätzlich me-
tallographische Prüfverfahren herangezogen werden.

Bild 5.1.3 Einfluß des Meßverfahrens auf die maximale Korrosionstiefe von
Al99,0 nach langjähriger Witterungsbeanspruchung an verschiedenen Auslage-
rungsorten (Godard 1967)
232 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

5.2 Oxidschicht und Korrosionsmechanismus


des Aluminiums

Aluminium bildet eine schützende, festhaftende Oxidschicht. Das Korrosi-


onsverhalten von Aluminium wird daher im wesentlichen durch die Wir-
kung der verschiedenen Einflußfaktoren auf die Beständigkeit eben dieser
Oxidschicht bestimmt.

5.2.1 Aufbau und Bedeutung der Oxidschicht

An Luft überzieht sich metallisch blankes Aluminium spontan mit einer


dünnen, dichten und festhaftenden Schutzschicht von sehr geringer Elek-
tronen- und Ionen-Leitfähigkeit. Dadurch wird die Oberfläche passiviert.
Dies ist der Grund dafür, daß Aluminium ein bemerkenswert korrosions-
beständiges Metall ist, obwohl es zu den Metallen mit hoher Reaktions-
energie gehört, s. Normalspannungsreihe der Metalle, Tabelle 5.4.1.
Der Aufbau einer an feuchter Luft bei Raumtemperatur gebildeten
Oxidschicht mit einer typischen Dicke von 0,005 bis 0,01 µm ist schema-
tisch in Bild 5.2.1 dargestellt. Sie besteht aus zwei Teilschichten, einer na-
hezu porenfreien Sperrschicht und einer wasserhaltigen, porösen Deck-
schicht.

Bild 5.2.1 Schematischer Aufbau der Oxidschicht des Aluminiums

Die Wachstumsrate der Deckschicht wird durch Feuchtigkeit und er-


höhte Temperatur gefördert. Sie nimmt mit der Zeit ab. Die bei niedrigen
Temperaturen amorphe Struktur der Deckschicht nimmt bei höheren Tem-
peraturen mehr und mehr kristallinen Charakter an („Böhmitschicht“) mit
entsprechend größerer chemischer, elektrischer und mechanischer Resi-
stenz. Bei Warmformgebung und Glühbehandlung entstandene Deck-
schichten reagieren daher häufig anders als mechanisch oder chemisch be-
5.2 Oxidschicht und Korrosionsmechanismus des Aluminiums 233

arbeitete Oberflächen. Typische Oxidschichtarten und -dicken, die durch


verschiedene Behandlungen entstehen, sind in Tabelle 5.2.1 aufgelistet
(Meißner 1993).

Tabelle 5.2.1 Typische Oxidschichtdicken von Aluminium


Art der Oxidschicht Dicke
Natürliche Oxidschicht auf Reinaluminium oder AlMg- 1–3 nm
Legierungen (unter 300 °C gebildet)
Natürliche Oxidschicht auf Reinaluminium (über 300 °C bis 30 nm
gebildet)
Natürliche Oxidschicht auf AlMg-Legierungen (über bis 3000 nm
300 °C gebildet)
Chemisch hergestellte Oxidschichten bis 5 µm
Sperrschicht bei Anodisierschichten 0,25 bis 0,75 µm
Anodisierschicht (Schwefelsäure-Prozeß) 5–30 µm
Hartanodisierschicht 25 bis 150 µm

Die Oxide von Legierungselementen und Gefügebestandteilen (z.B.


Ausscheidungsphasen) werden in die Oxidschicht mit eingebaut (Misch-
oxide) und können das mechanische, chemische und elektrochemische
Verhalten verändern. Daraus ergeben sich folgende, für die Verarbeitung
und Verwendung von Aluminium wichtige Schlußfolgerungen:
1. Unter normalen Umgebungsbedingungen gelagertes Aluminium besitzt
immer eine schützende Oxidschicht.
2. Zusammensetzung, Dicke und elektrische Widerstand der Oxidschicht
sind abhängig von der Legierungszusammensetzung und vom Herstel-
lungsprozeß des Halbzeugs oder Gußteils sowie von Lagerungs- und
Verarbeitungsbedingungen.
3. Um definierte Oberflächenzustände zu erzielen, wie sie für die Haftung
von organischen Beschichtungen und von Klebstoffen erforderlich sind,
ist immer eine mechanische, chemische oder elektrochemische Ober-
flächenvorbehandlung erforderlich.
4. Der Oberflächenwiderstand ist eine der Ursachen für die gegenüber
Stahl geringere Standzeit von Punktschweißelektroden.
5. Unter kritischen Umgebungsbedingungen ist die Korrosionsbeständig-
keit des Aluminiums von der Legierungszusammensetzung abhängig, s.
Bild 5.1.1 und Tabelle 5.3.3.
234 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

6. Durch Legierungszusätze von z.B. Si kann sich die Oberflächenfarbe


ändern.

5.2.2 Verstärkung der natürlichen Oxidschicht

Die Beständigkeit der Oxidschicht läßt sich durch verschiedene Behand-


lungsverfahren verbessern. Ein vergleichsweise einfaches Verfahren ist die
Erzeugung einer Böhmitschicht durch kochendes Wasser oder Wasser-
dampf. Dadurch entsteht auf der Aluminiumoberfläche eine wasserhaltige
Oxidschicht (AlOOH), die sog. Böhmitschicht, die eine 10- bis 100-fache
Dicke der natürlichen Luftoxidschicht erreicht. Durch Dampfbehandlun-
gen bei über 100 °C können Schichtdicken von 0,7 bis 2 µm erzielt wer-
den. Diese Schichten sind farblos oder milchig, weitgehend porenfrei, to-
xikologisch völlig unbedenklich und im pH-Bereich zwischen 3,5 und 9
recht beständig. Für die Böhmitierung eignen sich Reinaluminium und Cu-
freie Knetlegierungen. Voraussetzung für gute Korrosionsbeständigkeit ist
die Verwendung von destilliertem und entionisiertem Wasser. Die Böhmit-
schicht wächst mit überhitztem Dampf bei 120 bis 150 °C zunächst sehr
rasch, für dickere Schichtdicken ist jedoch eine längere Behandlungsdauer
von bis zu 24 Stunden erforderlich (Hufnagel 1988).

5.2.3 Beständigkeit der Oxidschicht

Die Aufrechterhaltung der schützenden Wirkung der Oxidschicht ist die


Grundlage des Korrosionsschutzes. Örtliche Verletzungen durch mechani-
sche oder chemische Einwirkungen müssen nicht unbedingt einen dauer-
haften Korrosionsschaden erzeugen, sofern die Oxidschicht nur vorüber-
gehend angegriffen und eine erneute Schichtbildung durch die Betriebsbe-
dingungen erlaubt wird.

Selbstheilung bei mechanischen Verletzungen

Verletzungen der Oxidschicht durch Kratzer, Steinschlag etc. führen nicht


zur Beeinträchtigung der chemischen Beständigkeit, da sich die metall-
blanke Oberfläche spontan wieder mit einer schützenden Oxidschicht ü-
berzieht, wie in Bild 5.2.2 zu erkennen ist. Bild 5.2.2 zeigt Ergebnisse von
potentiostatischen Messungen der Stromdichte einer Probe aus Legierung
AlMg2Mn0,8 in künstlichem Meerwasser. Bei Polarisation im Pas-
sivbereich verursacht eine Beschädigung der Oberfläche nur eine kurzzei-
tige Reaktion des Metalls mit dem Meerwasser, bevor sich erneut eine
schützende Oxidschicht bildet (Huppatz et al. 1989).
5.2 Oxidschicht und Korrosionsmechanismus des Aluminiums 235

Bild 5.2.2 Summenstromdichte-Potentialmessungen bei AlMg2Mn0,8 (EN AW-


5049) in Meerwasser mit mechanischer Verletzung der Oxidschicht. Selbstheilung
im Passivbereich (Huppatz et al. 1989)

Löslichkeit des Oxidfilms

Die Löslichkeit des Oxidfilms in stark sauren Medien (Ausnahme: kon-


zentrierte Salpetersäure und Essigsäure) und in stark basischen Medien
(Ausnahme Ammoniumhydroxid) führt bei dauerhafter Einwirkung zu flä-
chenhaftem Metallabtrag, s. Bild 5.2.3. In diesen pH-Bereichen ist die
Verwendung von Aluminium nur sehr bedingt möglich.

Bild 5.2.3 Beständigkeit der Aluminiumoxidschicht gegenüber Säuren und Lau-


gen bei unterschiedlichen pH-Werten (Hollingsworth et al. 1989)
236 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

Im pH-Bereich zwischen 4,5 und 8,5 ist die Oxidschicht weitgehend un-
löslich, s. Bild 5.2.3. Korrosion durch flächenhaften Metallabtrag bleibt
vernachlässigbar gering. Allerdings können in diesem Passivbereich lokale
Korrosionserscheinungen, wie Lochkorrosion, durch elektrochemische
Prozesse verursacht werden, wenn das Ruhepotential anodisch verschoben
wird. Dies kann durch im Mischkristall gelöste Legierungselemente ge-
schehen, die elektropositiver als Aluminium sind (s. Spannungsreihe, Ta-
belle 5.4.1), durch heterogene Gefügebestandteile (z.B. Primärphasen, die
an der Oberfläche angeordnet und gegenüber dem Mischkristall elektropo-
sitiver sind (s. Tabelle 5.3.1) oder durch in die Oberfläche eingedrungene
metallische Fremdpartikel (Schleifstaub, Bremsstaub) ausgelöst werden.
Bezüglich der chemischen Beständigkeit von Aluminium gegenüber
zahlreichen Agenzien außer den hier betrachteten Medien gibt es umfang-
reiche tabellarische Informationsquellen, die weitgehend auf den DE-
CHEMA Werkstofftabellen basieren, s. z.B. (Kammer 2002, S. 459–487.

5.2.4 Korrosionsmechanismus

Der Korrosionsmechanismus bei Metallen wird hauptsächlich durch elek-


trochemische Prozesse bestimmt. Für den Korrosionsprozeß ist der Kon-
takt von Ionen-leitenden Medien (Elektrolyt) mit dem Elektronen-leiten-
den Metall erforderlich. An der Phasengrenze zwischen Metall und Elek-
trolyt findet der Austausch von Elektronen unter den Reaktionspartnern
statt, s. Bild 5.2.4.

Bild 5.2.4 Elektrochemischer Korrosionsmechanismus bei Aluminium


5.2 Oxidschicht und Korrosionsmechanismus des Aluminiums 237

Wird ein Aluminiumatom, Al3+, durch Kontakt mit dem Elektrolyten


aus dem Metallgitter herausgelöst, so läßt es seine drei Valenzelektronen,
3e-, im Metallgitter zurück. Diesen metallauflösenden Reaktionsschritt
(Oxidationsschritt) bezeichnet man als anodische Teilreaktion:

Algitter  Al3+ + 3e– (5.2.1)

Dabei kommt es zu einem Gleichgewichtszustand, falls nicht durch eine


kathodische Teilreaktion Elektronen aus dem Metall aufgenommen wer-
den, und damit das Gleichgewicht gestört wird. In neutralen, sauerstoff-
haltigen Elektrolyten kann diese Kathodenreaktion durch Reduktion des
gelösten Sauerstoffs ausgelöst werden:

4e- +O2 + 2H2O  4OH– (5.2.2)

Bei einer Aluminiumoberfläche aus technisch reinen Legierungen sind


die Orte der kathodischen Teilreaktion meistens an der Oberfläche lie-
gende intermetallische Phasen mit elektropositiverem Potential, z.B.
Al3Fe, Si oder Al2Cu, s. Tabelle 5.3.1. Das im Elektrolyten gelöste Alu-
miniumatom Al3+ reagiert mit dem Hydroxidion OH– unter Bildung und
Abscheidung von schwerlöslichem Aluminiumhydroxid Al(OH)3. Die Ge-
schwindigkeit des Korrosionsprozesses wird im wesentlichen durch den
Zutritt von Sauerstoff bestimmt. Die Bruttoreaktion beim Korrosionspro-
zeß von Aluminium in einem neutralen, belüfteten, wäßrigen Elektrolyten
ist dann folgende:

2Al + 3/2O2 + 3H2O  2Al(OH)3 (5.2.3)

In sauren Medien geschieht die Metallauflösung über folgende Reakti-


onsschritte:
+ + –
Al + 4 H2O  Al (OH)2 + 2H3O + 3 e (5.2.4)
+ –
2H3O + 2 e  H2 + 2H2O (5.2.5)

und ist gekennzeichnet durch die Entwicklung von Wasserstoff. Die Brut-
toreaktion in saurem Elektrolyten entspricht:

2Al + 6H2O  2Al(OH)3 + 3H2 (5.2.6)

In chloridhaltigen, sauren Lösungen kann die Metallauflösung durch die


Zwischenreaktion
238 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

– –
Al3– + 3Cl + 3e–  AlCl3 + 3e (5.2.7)
beschleunigt werden, wobei jedoch das Reaktionsprodukt AlCl3 in wäßri-
ger Umgebung nicht beständig ist und in Al(OH)3 umgesetzt wird:
+ –
AlCl3 + 6 H2O  Al(OH)3 + 3 H3O + 3 Cl (5.2.8)
Dieser Schritt führt zu einer Senkung des pH-Wertes – ein Vorgang, der
vor allem in sauerstoffveramten engen Spalten beobachtet wird, s. Abschn.
5.4.5, und auch für die Beschleunigung des Rißfortschritts unter Korrosi-
onseinfluß verantwortlich gemacht wird, s. Abschn. 5.4.7.
Die anodischen und kathodischen Teilreaktionen laufen zwar an der
Phasengrenze Metall/Elektrolyt ab, sie müssen jedoch nicht unbedingt an
derselben Stelle der Oberfläche stattfinden. Anoden und Kathoden können
an der Oberfläche unterschiedlich verteilt sein und ergeben dadurch ein un-
terschiedliches Erscheinungsbild der Korrosion:
− gleichmäßige Verteilung  gleichmäßiger Flächenabtrag
− heterogene Verteilung  Lochkorrosion, selektive Korrosion.
Lochkorrosion und selektive Korrosion an bestimmten Gefügeelemen-
ten stehen in Zusammenhang mit den schützenden Oxidschichten, die in
technischen Legierungen durch heterogen verteilte Gefügeelemente mit
unterschiedlich elektrochemischem Charakter geschwächt sein können
(siehe Bild 5.2.1). Gleichmäßiger Flächenabtrag findet bei Aluminium im
pH-Bereich zwischen 4,5 und 8 praktisch nicht statt, siehe Bild 5.2.3. Die
Beständigkeit von anodisch verstärkten Oxidschichten in freier Bewitte-
rung ist selbst unter kritischen Umgebungsbedingungen (Seeklima, Indu-
strieklima) sehr hoch, jedoch wird eine Oxidschichtdicke von 20 bis 30 µm
empfohlen.

5.2.4 Freie und kritische Korrosionspotentiale


Beim Kontakt eines Metalls mit einem Korrosionsmedium (Elektrolyten)
entsteht an der Phasengrenze Metalloberfläche/Elektrolyt ein chemischer
Korrosionsangriff infolge von Oxidation des Metalls durch ein im Elek-
trolyten enthaltenes Oxidationsmittel, z.B. gelösten Sauerstoff (s. Gl.
(5.2.2)) bzw. dissoziierten Wasserstoff (s. Gl. (5.2.3)). Entsprechend der
dabei entstehenden Reaktionsenthalpie ergibt sich eine elektromotorische
Kraft (EMK), die als Potential gegenüber einer Referenzelektrode gemes-
sen werden kann. Die Meßmethodik ist in Bild 5.2.5 dargestellt, s.a. DIN
50919:1984.
5.2 Oxidschicht und Korrosionsmechanismus des Aluminiums 239

Bild 5.2.5 Messung des


„freien Korrosions-
potentials“

Der Wert des Korrosionspotentials ist von kinetischen Faktoren, wie


Elektrolytwiderstand, Diffusionswiderstand in Elektrodennähe und Wider-
stand einer evtl. vorhandenen Passivschicht, abhängig und damit zeitab-
hängig. Unter ansonsten stationären Bedingungen stellt sich nach einiger
Zeit ein konstanter Potentialwert ein, der als „freies Korrosionspotential“
oder „Ruhepotential“ UR bezeichnet wird. Ein Beispiel für den Verlauf des
freien Korrosionspotentials zu Beginn des Korrosionsvorgangs ist in Bild
5.2.6 dargestellt.

Bild 5.2.6 Verlauf des freien Korrosionspotentials von Aluminiumkarosserie-


blechlegierungen in belüftetem Meerwasser bei 22 °C (Quelle: W. Huppatz und V.
Brücken, VAW AG, Bonn)

Das Auftreten von Lochkorrosion ist unter den jeweiligen Korrosions-


bedingungen durch ein kritisches Grenzpotential UD gekennzeichnet
(„Durchbruchspotential“). Durch den Kontakt mit Fremdmetallen oder
durch ein von außen aufgebrachtes Fremdpotential kann die Lage des frei-
240 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

en Korrosionspotentials verschoben werden („Mischpotential“). Ver-


schiebt sich das Mischpotential in anodische (positive) Richtung bis in die
Nähe des Grenzpotentials für Lochfraß UD oder darüber hinaus, so muß
mit Lochkorrosion gerechnet werden. Verschiebt sich das Mischpotential
dagegen in kathodische (negative) Richtung, ergibt sich eine kathodische
Schutzwirkung gegen Lochkorrosion.
Wie die Tabelle 5.2.2 zeigt, haben fast alle Aluminiumknetlegierungen
ein annähernd gleiches kritisches Grenzpotential für Lochfraß (Meerwas-
ser: von -750 bis -730 mV); eine Ausnahme bilden Zn-haltige Alumini-
umlegierungen (Huppatz et al. 1989, VG 81 249, Teil 2:1991, Reker et al.

Tabelle 5.2.2 Lochfraß-Potentialwerte von Aluminiumlegierungen


Werkstoff UD [mV (GKE)]
Al 99,5 (EN AW-1050A) - 750 .. - 730
Al 99,99 (EN AW-1199) - 750 .. - 730
Al Mg3 (EN AW-5754) - 750 .. - 730
Al Mg4,5Mn0,7 (EN AW-5083) - 750 .. - 705
Al MgSi-T5 (EN AW-6060) - 740 .. - 730
Al Si1MgMn-T6 (EN AW-6082) - 750 .. - 730
Al Mg1SiCu-T6 (EN AW-6061) - 740 .. - 730
Al Zn4,5Mg1-T5 (EN AW-7020) - 825 .. - 820
Al Zn1 (EN AW-7072) - 840 .. - 820
Zinkschicht - 1130 .. - 995

Bild 5.2.7 Einfluß einer Plattierschicht aus AlZn1 (EN AW-7072) auf dem Kern-
material AlMn1Cu (EN AW-3003) bei Korrosionsangriff. Bild oben: ohne Plattie-
rung (Vergrößerung: 1000-fach). Bild unten: 10% Plattierschichtdicke dient als
kathodischer Schutz für das Kernmaterial (Vergrößerung 200-fach) (Quelle: Alcan
(vorm. Alusuisse))
5.2 Oxidschicht und Korrosionsmechanismus des Aluminiums 241

1991). Die Legierung EN AW-7072 wird fast ausschließlich als Plattier-


werkstoff verwendet und kann elektropositiveren Aluminiumlegierungen
einen gewissen kathodischen Schutz geben oder das Lochwachstum be-
hindern, s. Bild 5.2.7. Hiervon wird beispielsweise bei der Herstellung von
Wasserkühlern Gebrauch gemacht, indem der Korrosionsangriff vornehm-
lich auf die funktionsmäßig unkritischeren Flächen gelenkt wird.

5.2.5 Stromdichte-Potentialkurven

Der elektrochemische Metallabtrag ist proportional zur Dichte des Korro-


sionsstroms i (in µA/cm²) der anodischen (metallauflösenden) Teilreak-
tion, Gl. (5.2.1). Bei potentiostatischen Messungen des Korrosionsvor-
gangs wird jedoch immer gleichzeitig der Strom für die kathodische
Teilreaktion („Sauerstoffreduktion“, Gl. (5.2.2)) gemessen. Die Ergebnisse
werden in sog. „Summenstromdichte-Potentialkurven“ aufgetragen und
kennzeichnen das Korrosionsverhalten eines Metalls in dem jeweiligen E-
lektrolyten, s. Bild 5.2.8. Metalle mit „passivem“ Verhalten gegenüber ei-
nem Korrosionsmedium zeigen ausgehend vom Loch-Durchbruchs-
potential UD in kathodischer Richtung ein ausgeprägtes Plateau. In diesem
Potentialbereich sind die Metalle beständig gegen Lochkorrosion. Auf der
anodischen Seite von UD steigt der Korrosionsstrom und damit die Korro-
sionsgeschwindigkeit exponentiell an.

Bild 5.2.8 Summenstromdichte-Potentialkurve von Al99,5 gemessen in belüfteter


5%-NaCl-Lösung (Strobl 1989)
242 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

5.3 Einfluß der Legierungselemente

5.3.1 Bedeutung der Gefügestruktur


Die Hauptlegierungselemente in Aluminiumlegierungen sind: Mg, Si, Mn,
Zn, Cu, Fe, Cr. Je nach Konzentration und Wärmebehandlungszustand
können sie sowohl im Mischkristall gelöst als auch in Form von heteroge-
nen Gefügebestandteilen (Ausscheidungen, intermetallische Phasen) vor-
liegen. Bei AlSi- und AlSiMg-Gußlegierungen tritt zudem Silizium metal-
lisch als Partikel im Gefüge auf. Die Legierungselemente beeinflussen das
chemische Verhalten je nach Art, gelöster Menge, ausgeschiedener Phase
und Verteilung im Gefüge auf unterschiedliche Weise.
Entscheidend für die Beeinflussung des chemischen Verhaltens sind die
Wirkungen der Legierungsbeimengungen auf
− den Aufbau der Oxidschicht, s. Bild 5.2.1,
− die Ausdehnung des Passivbereichs im jeweiligen Elektrolyten,
− die Potentiallage (Ruhepotential) beim praktischen Einsatz des Alumi-
niumwerkstoffs im umgebungsbedingten Elektrolyten,
− den Potentialunterschied zwischen Ausscheidungsphasen und dem um-
gebenden Mischkristall, siehe Tabelle 5.3.1.

Intermetallische Phasen im Gefüge können „edler“ als der umgebende


Mischkristall sein und so das Potential in anodische, d.h. positive, Rich-
tung verlagern. Sie begünstigen somit bei zunehmendem Anteil das Auf-
treten von Lochkorrosion. Sie können jedoch auch „unedler“ oder neutral
gegenüber der Aluminiummatrix sein und haben dann Auswirkungen auf
das Korrosionsverhalten, wenn sie an der Metalloberfläche liegen und die
Beständigkeit der Oxidschicht beeinträchtigen. Tabelle 5.3.1 listet die Po-
tentialwerte für metallische und intermetallische heterogene Gefügebe-
standteile auf, die je nach Zusammensetzung in Aluminiumlegierungen
auftreten können (Voßkühler et al. 1961).
Liegen die Ausscheidungen als zusammenhängende Ausscheidungs-
säume an den Korngrenzen vor, kann dies zu interkristalliner Korrosion
führen. Al-Mg Legierungen mit Magnesiumgehalten über 3% bilden bei
längerer Lagerung bei Temperaturen über 80 °C solche zusammenhängen-
den Ausscheidungssäume aus Al8Mg5, wodurch eine Neigung der Legie-
rung zu interkristalliner Korrosion entsteht. Durch eine Stabilisierungsbe-
handlung kann ein nicht zusammenhängendes, perlschnurartiges Aus-
scheidungsgefüge erzeugt werden mit verbesserter Beständigkeit gegen
interkristalline Korrosion, s. Abschn. 3.2.3.
Korrosionserscheinungen, wie z.B. Lochkorrosion, im pH-Bereich zwi-
schen pH 4,5 und pH 8,5 haben ihren Ursprung in der Oxidationswirkung
5.3 Einfluß der Legierungselemente 243

des Korrosionsmediums. Legierungselemente bzw. Ausscheidungsphasen


können die Oxidationsreaktion fördern, weil an ihnen der Sauerstoff des
wäßrigen Elektrolyten zu Hydroxidionen (OH−) reduziert wird, s. Abschn.
5.2.3 und Bild 5.2.4.

Tabelle 5.3.1 Elektrochemische Potentialwerte intermetallischer Phasen in Alu-


miniumlegierungen (Voßkühler et al. 1961)
Legierungselement Gefügebestandteil Potential [mV(GKE)]
pH 7,5 pH 4,5
Fe Al3Fe −580 −660
Mn Al6Mn −880 −800
Mn + Fe Al6(Mn, Fe) −830 −800
Mg Al8Mg5 −1380 −1090
Si Si −500 −580
Si + Fe Al12Fe3Si −720 −720
Mg + Si Mg2Si −1230 −1240
Cu Al2Cu −620 −620
Cu −230 −260
Werte bei pH 4,5 in 3 % NaCI, bei pH 7,5 in künstlichem Meerwasser gegen gesättigte
Kalomelelektrode (GKE) gemessen

5.3.2 Korrosionsbeständigkeit

Unter den üblichern Witterungs- und Korrosionsbedingungen besitzt sehr


reines Aluminium die höchste allgemeine Korrosionsbeständigkeit. Verun-
reinigungselemente und Legierungselemente verringern – je nach Einfluß
auf die elektrochemischen Reaktionen und auf die Konsistenz der Oxid-
schicht – die Korrosionsbeständigkeit. Tabelle 5.3.2 gibt einen Überblick
über die Wirkungen der wichtigsten Legierungselemente Kupfer, Magne-
sium, Mangan, Silizium und Zink sowie Eisen als Verunreinigungselement
auf die Korrosionsbeständigkeit:

Tabelle 5.3.2 Wirkung wichtiger Legierungselemente auf die allgemeine Korrosi-


onsbeständigkeit
Element Wirkung
Kupfer vermindert die Korrosionsbeständigkeit mehr als alle anderen Legierungs-
elemente
Eisen vermindert die Korrosionsbeständigkeit. Für höchste Beständigkeit sollte
der Eisengehalt möglichst niedrig gehalten werden
Magnesium hat einen günstigen Einfluß auf die Korrosionseigenschaften
Mangan hat einen geringen positiven Einfluß auf die Korrosionsbeständigkeit
Silizium hat einen geringen negativen Einfluß auf die Korrosionsbeständigkeit
Zink hat nur einen geringen Einfluß auf die Korrosionsbeständigkeit unter den
meisten Umgebungsbedingungen
244 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

Allgemeines Korrosionsverhalten von Knetlegierungen

− Reinstaluminium: Hochreines Aluminium (Al 99,9) zeigt bei weitem die


beste Korrosionsbeständigkeit. Die Beständigkeit nimmt demgegenüber
jedoch durch Verunreinigungen in technisch reinen Legierungen ab.
− Al-Mn: Die Al-Mn Legierungen haben sehr gute Korrosions- und Wit-
terungsbeständigkeit und können ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen
für Außenanwendungen verwendet werden.
− Al-Mg(Mn): Im allgemeinen haben die Al-Mg und Al-Mg-Mn Legie-
rungen die beste Korrosionsbeständigkeit unter den Aluminiumle-
gierungen. Bei Legierungen mit mehr als 3% Mg hat der Herstellungs-
prozeß einen merklichen Einfluß auf das Langzeitverhalten in korrosi-
ven Umgebungen, sogar bei normalen Temperaturen. Bzgl. Legierungen
mit mehr als 3% Magnesiumgehalt siehe Abschn. 5.3.1 und Abschn.
3.2.3.
− AlMgSi: Die Korrosionsbeständigkeit dieser Legierungsgruppe hängt
vom Legierungsgehalt an Silizium ab. Niedrig legierte Werkstoffe ha-
ben eine gute bis sehr gute Beständigkeit, höhere Legierungsgehalte und
Siliziumüberschuß können die Beständigkeit beeinträchtigen und eine
Neigung zu interkristalliner Korrosion erzeugen, s. auch Abschn. 5.4.2.
Für AlMgSiCu-Legierungen mit Cu-Gehalten über 0,3% siehe Al-Cu-
Mg-Legierungen.
− Al-Cu-Mg: Legierungen, die größere Anteile an Kupfer (>0.3%) enthal-
ten, sind weniger korrosionsbeständig in aggressiven Meeres- oder In-
dustrieklimaten und sollten nicht ohne adäquate Schutzmaßnahmen
verwendet werden.
− Al-Zn-Mg: Bei dieser Legierungsfamilie ist die Verarbeitungspraxis,
besonders die Wärmebehandlungen und die Zusammensetzung der Le-
gierung, von kritischer Bedeutung für das Korrosionsverhalten. Al-Zn-
Mg-Legierungen können sowohl empfindlich für Spannungsrißkorro-
sion als auch für Schichtkorrosion sein.
− Al-Zn-Mg-Cu: Legierungen, die Zn, Mg und Cu enthalten, sind in ih-
rem Korrosionsverhalten der Al-Cu-Legierungsgruppe ähnlich und er-
fordern ebenfalls Schutzmaßnahmen in korrosiver Umgebung. Bei
dickeren Querschnitten neigen sie aufgrund der hohen Abschreck-
empfindlichkeit zu interkristalliner Korrosion.

Allgemeines Korrosionsverhalten von Gußlegierungen

Korrosion von Aluminiumformgußteilen ist normalerweise ein geringeres


Problem als bei Walzprodukten, da wegen der gewöhnlich größeren Quer-
schnitte ein gewisser Oberflächenangriff toleriert werden kann. Außerdem
5.3 Einfluß der Legierungselemente 245

ist die gereinigte, unbearbeitete Gußoberfläche („Gußhaut“) i.A. korrosi-


onsbeständiger als das Kernmaterial.
− Al-Mg-Gußlegierungen haben eine sehr gute allgemeine Korrosionsbe-
ständigkeit und können in Meeresklima verwendet werden.
− Al-Si-Gußlegierungen, kupferfrei und insbesondere solche auf Primär-
aluminiumbasis, haben in der Witterung und in neutralen Wässern all-
gemein gute Korrosionsbeständigkeit.
− Al-Cu- und Al-Si-Cu-Legierungen erfordern unter korrosionsgefähr-
denden Einsatzbedingungen einen Oberflächenschutz.

Tabelle 5.3.3 enthält qualitative Angaben für eine vergleichende Bewer-


tung der Korrosionsbeständigkeit verschiedener Aluminiumlegierungen
untereinander. Die Bewertung der Beständigkeit in Tabelle 5.3.3 gilt für
ungeschützte Bauteile in chloridhaltiger Umgebung (Meerwasser, Streu-
salze) und beruht auf einer allgemeinen Erfahrungsgrundlage. Die Bewer-
tung gilt nur für die Gruppe der Aluminiumwerkstoffe untereinander und
kann nicht für vergleichende Aussagen gegenüber dem Verhalten anderer
Metalle herangezogen werden.

Tabelle 5.3.3 Vergleich der Korrosionsbeständigkeit gegen Lochkorrosion (LK),


interkristalline Korrosion (IK) und Spannungsrißkorrosion (SpRK) in chloridhalti-
ger Umgebung in den angegebenen Werkstoffzuständen
Legierungsbezeichnung nach DIN EN Beständigkeit gegen die Korrosionsarten
Loch-Korro- Interkristalline Spannungsriß-
sion Korrosion korrosion
EN AW-1199 Al 99,98 ausgezeichnet n.a. n.a.
EN AW-1050A Al 99,5 sehr gut n.a. n.a.
EN AW-5049 Al Mg2Mn0,8 sehr gut n.a. n.a.
EN AW-5754 Al Mg3 sehr gut gut n.a.
EN AW-5182 Al Mg4,5Mn0,4 sehr gut gut gut
EN AW-6060 Al MgSi-T6 sehr gut gut n.a.
EN AW-6005A Al SiMg(A)-T6 gut gut n.a.
EN AW-6082 Al Si1MgMn-T6 mittel mittel n.a.
EN AW-6061 Al Mg1SiCu -T6 gut mittel n.a.
EN AW-6016 Al Mg0,4Si1,2-T4 mittel mittel n.a.
EN AW-2017A Al Cu4MgSi(A)-T4 mäßig mäßig mittel
EN AW-2024 Al Cu4Mg1-T4 sehr mäßig mäßig mittel
EN AW-7020 Al Zn4,5Mg1-T6 mittel gut mittel
EN AW-7075 Al Zn5,5MgCu-T6 sehr mäßig mäßig mäßig
EN AC-42100 Al Si7Mg gut mittel n.a.
EN AC-43000 Al Si10Mg mittel mittel n.a.
EN AC-44200 Al Si12 mittel mittel n.a.
EN AC-46000 Al Si9Cu3 sehr mäßig mäßig n.a.
EN AC-51100 Al Mg3 sehr gut gut n.a.
EN AC-51300 Al Mg5 sehr gut gut n.a.
n.a. = nicht anfällig
246 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

5.4 Erscheinungsformen der Korrosion bei Aluminium


und seinen Legierungen

Die Erscheinungsformen der Korrosion bei Aluminium und Aluminiumle-


gierungen sind abhängig von Legierungsgehalt und Werkstoffzustand, so-
wie von der Art des Halbzeugs und seinen Abmessungen. Generell zählen
zu den typischen Erscheinungsformen die Lochkorrosion, interkristalline
Korrosion, Schichtkorrosion und Spannungsrißkorrosion. Flächenhafte
Abtragung ist wegen der Schutzwirkung der festhaftenden Oxidschicht nur
dann gegeben, wenn diese Schutzwirkung bei niedrigen oder hohen pH-
Werten aufgehoben wird.

5.4.1 Lochkorrosion (LK)

Elektrolytischer Metallabtrag in neutralen oder sauren Medien an einzel-


nen Oberflächenstellen erzeugt Löcher mit einer Tiefe, die in der Regel
größer als der Lochdurchmesser ist („Lochfraß“). Eine typische Ausbil-
dung von Lochkorrosion an Aluminiumlegierungen zeigt Bild 5.4.1. Im
Gegensatz dazu verursachen alkalische Medien eine flachere Art des An-
griffs, die als Muldenkorrosion bezeichnet wird, s. Bild 5.4.2.
Für Lochkorrosion bei Reinst- und Reinaluminium sowie bei Cu-freien
und Zn-freien Guß- und Knetlegierungen ist das Grenzpotential annähernd
gleich, s. Tabelle 5.2.1. Es liegt bei Benetzung mit chloridhaltigem Was-
ser, z.B. Meerwasser, etwa zwischen -750 bis -730 mV (GKE). Das heißt,
die Aluminiummatrix weist in solchen Wässern legierungsunabhängig na-

Bild 5.4.1 Beispiel für die Erscheinungsform von Lochkorrosion bei Aluminium-
legierungen: AlMg3, Rohr, Querschliff, ungeätzt (Quelle: Hydro Aluminium
Deutschland GmbH (vorm. VAW AG))
5.4 Erscheinungsformen der Korrosion 247

Bild 5.4.2 Beispiel für die Erscheinungsform von Muldenkorrosion bei Alumini-
umlegierungen: AlMg4,5Mn0,7, angegriffen durch alkalisches Medium, Quer-
schliff, ungeätzt (Quelle: Hydro Aluminium Deutschland GmbH (vorm. VAW
AG))

hezu die gleiche lokale Löslichkeit auf. In der Praxis können sich dennoch
große Unterschiede im Korrosionsverhalten ergeben, weil außer dem
Reinheitsgrad insbesondere die ausgeschiedenen intermetallischen Phasen
in der Aluminiummatrix oder an den Korngrenzen einen ungünstigen Ein-
fluß ausüben.
Lochkorrosion kann auch durch einen Schwermetall-Niederschlag auf
der Oberfläche oder durch in die Oberfläche eingebettete Eisenpartikel
(z.B. Schleifstaub) ausgelöst werden.
Die Löcher sind mit dem Korrosionsprodukt Al(OH)3 gefüllt. Da
Al(OH)3 sehr voluminös ist, erscheinen an den Lochstellen sogenannte
„Ausblühungen“, die einen stärkeren Korrosionsangriff vortäuschen, als
der tatsächlichen Lochtiefe entspricht. Al(OH)3 ist in Wasser unlöslich und
haftet am Lochboden. Das Lochwachstum nimmt dadurch mit der Zeit ab,
entsprechend etwa einem parabolischen Zeitgesetz (l = Lochtiefe, K =
Konstante, t = Zeit):
1
l = K ⋅t 3 (5.4.1)
Vergleiche hierzu auch die Kurvenverläufe in Bild 5.1.1.
Der Lochboden ist anodisch. Bei hoher Lochzahl nimmt der kathodische
Oberflächenbereich ab; das Lochwachstum wird dadurch gebremst. All-
gemeine Erfahrung besagt, je größer die Lochzahl, desto geringer ist meist
die Lochtiefe. In diesem Sinne können geringe Cu-Gehalte von etwa 0,3%
sich positiv auf das Lochkorrosionsverhalten auswirken, da dadurch die
Lochzahl erhöht wird. Die Erfahrungen mit Legierung AA6061, die zu den
Traditionswerkstoffen in den USA zählen, scheinen dies zu bestätigen.
248 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

Die in Korrosionsversuchen übliche Messung des Gewichtsverlustes


gibt bei Vorliegen von Lochkorrosion oder selektiver Korrosion kein aus-
reichendes Bild über das Maß des Korrosionsangriffs. Solche Messungen
müssen daher durch metallographische Untersuchungen ergänzt werden, in
denen die maximale Angriffstiefe, der korrodierte Flächenanteil und die
Lochzahldichte bestimmt werden, s. Bild 5.1.3.

Vermeiden von Lochkorrosion:

− durch anodische Oxidation (Eloxieren). Allerdings ist hierbei zu beach-


ten, daß die künstlich verstärkte Oxidschicht den gleichen Angriffsme-
chanismen unterliegt wie die natürliche Oxidschicht. So werden deko-
rative Eloxalschichten z.B. durch Berührung mit feuchten alkalischen
Baustoffen, wie abbindendem Zementmörtel, erheblich angegriffen und
müssen während der Abbindephase geschützt werden (Franqué et al.
1986).
− durch Beschichten nach entsprechender Vorbehandlung mit organischen
Polymeren,
− durch kathodischen Schutz mittels galvanischer Anoden, z.B. durch
Zink-Unterlegscheiben zur Kompensation des Einflusses von nichtro-
stendem Stahl auf Aluminium.

5.4.2 Selektive Korrosion (SK)

Selektive Korrosion ist eine Korrosionsart, bei der bevorzugt bestimmte


Gefügebestandteile, wie Ausscheidungen an Korngrenzen, den Korrosi-
onsprozeß steuern. Selektive Korrosion ist der Oberbegriff für Korrosions-
formen wie interkristalline Korrosion und Schichtkorrosion.

Interkristalline Korrosion (IK)

Interkristalline Korrosion (IK) ist eine spezielle Erscheinungsform selekti-


ver Korrosion, die entlang der Korngrenzen verläuft. Interkristalline Kor-
rosion ist ein selektiver Korrosionsangriff auf Ausscheidungen an Korn-
grenzen oder in korngrenzennahen Bereichen, wenn die Ausscheidungen
ein niedrigeres Lösungspotential aufweisen als die Aluminiummatrix. Die
Neigung des Werkstoffs zu IK ist demnach vorrangig eine Folge der Le-
gierungszusammensetzung und der Herstellungsbedingungen. Typische
Beispiele interkristalliner Korrosion bei verschiedenen Legierungen zeigen
die folgenden Bilder. In beiden Fällen ist die Ursache eine Sensibilisierung
des Gefüges durch thermische Behandlung.
5.4 Erscheinungsformen der Korrosion 249

Bild 5.4.3 Beispiel für interkristalline Korrosion bei AlMg4,5Mn0,7 nach Sensi-
bilisierung durch Glühen bei 450°C, 30 Min, Abschrecken in Wasser und nachfol-
gende 3-monatige Lagerung bei 100 °C. Längsschliff, geätzt in 10%-ige H3PO4
(Quelle: Hydro Aluminium Deutschland GmbH (vorm. VAW AG))

Bild 5.4.4 Beispiel für interkristalline Korrosion bei AlCu4MgSi(A) nach Sensi-
bilisierung durch ungenügende Abschreckgeschwindigkeit bei der Lösungsglühbe-
handlung. Querschliff, geätzt in 10%-iger H2SO4 + HF (Quelle: Hydro Aluminium
Deutschland GmbH (vorm. VAW AG))

Weitgehend unempfindlich gegen interkristalline Korrosion sind niedrig


legierte Werkstoffe, wie Al 99,5, Al Mn, Al Mg (Mg < 3 %), Al MgSi0,5.
Siliziumüberschuß verursacht in höher legierten AlMgSi-Werkstoffen eine
gewisse Empfindlichkeit gegen interkristalline Korrosion. Die IK-Emp-
findlichkeit wird gefördert durch ungenügende Abschreckgeschwindig-
keiten nach dem Lösungsglühen, z.B. beim Abkühlen an der Strangpresse
oder in dicken Materialquerschnitten.
Auf ausreichende interkristalline Korrosionsbeständigkeit ist insbeson-
dere dann zu achten, wenn das Bauteil schwingender Beanspruchung un-
terworfen wird, da die Korrosionsstellen scharfe Kerben darstellen können.
250 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

Ein Beispiel für Lochkorrosion mit Tendenz zu selektivem Korrosionsan-


griff bei einer AlMgSi-Legierung zeigt das Bild 5.4.5.

Bild 5.4.5 Lochkorrosion mit Tendenz zu interkristalliner Korrosion an Strang-


preßprofilen aus Legierung EN AW-6005A-T5 (Quelle: M. Reiter)

Vermeiden von interkristalliner Korrosion


− Interkristalline Korrosionsanfälligkeit ist eine Eigenschaft, die mit der
Schwächung von Korngrenzen durch Ausscheidungen intermetallischer
Phasen in Zusammenhang steht. Durch sachgerechte Wärmebehandlung
kann diese Anfälligkeit vermieden oder stark vermindert werden. Wäh-
rend bei AlMg-Legierungen mit Mg-Gehalten über 3% eine weitge-
hende Heterogenisierung notwendig ist, müssen aushärtbare Legierun-
gen möglichst optimal nach dem Lösungsglühen abgeschreckt werden.
Außerdem ist bei der letzteren Gruppe von Legierungen zu beachten,
daß eine fertigungsbedingte, nicht vollständig durchgeführte Warmaus-
härtung die Neigung zu interkristalliner Korrosion verstärken kann. Bei
dickwandigem Halbzeug aus abschreckempfindlichen Legierungen ist
eine interkristalline Korrosionsanfälligkeit kaum zu vermeiden.
− Das Auftreten von interkristalliner Korrosion kann durch dauerhafte
Oberflächenschutzmaßnahmen gemildert werden (Anodisieren, Be-
schichten, kathodischer Schutz).

Schichtkorrosion
Schichtkorrosion ist eine schichtartig verlaufende, selektive Korrosion, die
je nach Art der Legierung transkristallin oder interkristallin und in sensi-
blen Bereichen vorzugsweise in Ebenen parallel zur Walzebene verläuft.
Das flächenhafte Aufblättern entsteht durch die sich bildenden Korrosi-
onsprodukte.
Kaltausgehärtete AlZnMg-Legierungen neigen zu transkristalliner
Schichtkorrosion entlang von ehemaligen Seigerzeilen, s. Bild 5.4.6. Diese
Legierungen sollten daher ausschließlich im warmausgehärteten Zustand
verwendet werden. Schichtkorrosionsgefährdet sind insbesondere die
5.4 Erscheinungsformen der Korrosion 251

Wärmeeinflußzonen von Schweißverbindungen an AlZnMg-Legierungen,


sofern diese nicht nachträglich einer T6-Warmauslagerung (z.B. 120°C/
24h) ausgesetzt werden.

Bild 5.4.6 Beispiel für Schichtkorrosion bei AlZn4,5Mg1 im kaltausgehärteten


Zustand (EN AW-7020-T4). Vermeidbar durch Warmaushärtung. Längsschliff
ungeätzt (Quelle: Hydro Aluminium Deutschland GmbH (vorm. VAW AG))

Schichtkorrosion bei Cu-haltigen Knetlegierungen der Gruppen 7xxx


und 2xxx ist eine schichtförmig verlaufende interkristalline Korrosions-
form. Sie kann je nach Dicke und Art des Halbzeugs bei Legierungen der
Gruppe 2xxx durch rasches Abschrecken nach der Lösungsglühung bzw.
bei 7xxx-Legierungen durch überhärtende Warmauslagerung vermieden
werden, s. Bild 5.4.7.

Bild 5.4.7 Beispiel für Schichtkorrosion bei AlZnMgCu-T6. Vermeidbar durch


T76-Warmauslagerung. Längsschliff, geätzt in Kellerlösung (Quelle: Hydro Alu-
minium Deutschland GmbH (vorm. VAW AG))
252 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

5.4.3 Spannungsrißkorrosion (SpRK)

Spannungsrißkorrosion (SpRK) ist eine Korrosionsart, bei der oft ohne


sichtbare Korrosionserscheinungen unter gleichzeitiger und andauernder
Einwirkung von mechanischer Spannung und aggressiven Medien ein ver-
formungsloser, interkristalliner Bruch auftritt (vergleiche auch Bild 6.3.8).
Spannungsrißkorrosion kann bei AlZnMg-, AlCuMg-, AlMg- und AlLi-
Legierungen auftreten, ist aber vornehmlich ein Versagensphänomen bei
Legierungen der Gruppe AlZnMg(Cu). Durch geeignete Wärmebehand-
lungen kann das Problem vermieden werden. Bei Cu-freien AlZnMg-Vari-
anten wirkt sich nach dem Lösungsglühen eine langsamere Abschreckung
an Luft verbunden mit einer Warmaushärtung bei Temperaturen von 135°
bis 145 °C günstig aus, s. Bild 5.4.8.

Bild 5.4.8 Einfluß der Abschreckgeschwindigkeit und Aushärtung auf die Span-
nungsrißkorrosionsempfindlichkeit von AlZn4,5Mg1 (7020). Prüflösung: 2%
NaCl, pH3, CrVI-haltig (Gruhl et al. 1968, Gruhl et al. 1974). Der Chromatzusatz
behindert die Bildung von Korrosionsprodukten auf Aluminium

Bei AlZnMgCu-Legierungen ist eine zweistufige Aushärtung bei 120°


und 165°C bzw. eine Überhärtung in den Zustand T73 zu empfehlen (s.
einschlägige Behandlungshinweise in den Regelwerken und Normen der
Luftfahrt, z.B. DIN 29850). Die Messung der elektrischen Leitfähigkeit
gibt Hinweise auf einen SpRK-sicheren Zustand bei dieser Legierungs-
gruppe. Bei einer Leitfähigkeit von 22 m/Ωmm² steigt die Lebensdauer
5.4 Erscheinungsformen der Korrosion 253

sprunghaft an, s. Bild 5.4.9. Der SpRK-beständige Zustand T73 entspricht


einer Leitfähigkeit von 23 m/Ωmm², entsprechend DIN EN 2004:1993.

Bild 5.4.9 Einfluß von Aushärtungsbehandlungen auf die Spannungsrißkorrosi-


onsempfindlichkeit von Walzplatten aus AlZn5,5MgCu (EN AW-7075). Prüflast
325 N/mm², Plattendicke 65 mm, ST-Richtung, Prüflösung: 2% NaCl, pH3, CrVI-
haltig (Gruhl et al. 1974)

Die infolge der Überhärtung bei erhöhten Aushärtungstemperaturen re-


duzierten Festigkeitswerte haben Untersuchungen ausgelöst, mit speziellen
Aushärtungszyklen die SpRK-Beständigkeit von AlZnMg(Cu)-Legierun-
gen ohne signifikanten Verlust an Festigkeit zu verbessern. Solche kom-
plexeren Aushärtungsbehandlungen schließen Rückbildungs-, Abschreck-
und Wiederaushärtungsbehandlungen innerhalb des üblichen T6-Aushär-
tungsprozesses ein. Detailliertere Angaben dazu findet man in Abschn.
3.2.6 Rückbildungsglühen.
Spannungsrißkorrosion ist nicht notwendigerweise verbunden mit dem
bei üblichen Korrosionserscheinungen verantwortlichen Prozeß der anodi-
schen Metallauflösung, sondern vielmehr ein Phänomen der Wasserstoff-
versprödung kritisch orientierter Korngrenzen, auf die Zugspannungen mit
einer gewissen Mindesthöhe wirken. Der Wasserstoff bildet sich durch
chemische Reaktion mit dem feuchten Umgebungsmedium an der Ober-
fläche und diffundiert in die unter Zugspannung stehenden Korngrenzen
mit erheblicher Geschwindigkeit. Die Sensibilität der Korngrenzen für
Wasserstoffversprödung ist jedoch abhängig von der Legierungszusam-
mensetzung und dem Werkstoffzustand. Unlegiertes Aluminium und zahl-
254 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

reiche Legierungsgruppen sind völlig unempfindlich gegen Spannungsriß-


korrosion, vgl. Tabelle 5.3.3.
Außerdem ist ein nicht rekristallisiertes Warmverformungsgefüge weni-
ger empfindlich als rekristallisiertes Gefüge. Stranggepreßte (und warm-
ausgehärtete) Profile aus AlZnMg-Legierungen mit Wanddicken über etwa
4 mm sind deshalb gegen SpRK weniger empfindlich als rekristallisiertes,
dünnwandiges Kaltwalzmaterial. Bei Warmwalzplatten mit einer ausge-
prägten Kornorientierung in Walzrichtung ist die kurze Querrichtung (ST-
Richtung) besonders SpRK-empfindlich. Bei Beanspruchungen in Quer-
richtung, insbesondere in kurzer Querrichtung von Walzmaterial, sollte
immer auf ausreichende SpRK-Beständigkeit geachtet werden. Grobkorn-
zonen an der Oberfläche von Schmiede- oder stranggepreßten Teilen sind
im Hinblick auf SpRK-Beständigkeit möglichst zu vermeiden. Beim Ab-
scheren oder Stanzen SpRK-empfindlicher Legierungen können sich in-
folge der an der Schnittkante herrschenden Zugspannungen in Höhe der
Streckgrenze Risse parallel zur Walzoberfläche oder Strangpreßoberfläche
bilden. Ausgehend von diesen Beobachtungen wurde eine für die schnelle
Überprüfung der SpRK-Empfindlichkeit sehr praktische Prüfmethode ent-
wickelt (Gruhl et al. 1967).
Selbst bei geringer Nominalbeanspruchung eines Bauteils aus SpRK-
empfindlicher Legierung können Eigenspannungen und Kerbspannungen
SpRK-Brüche auslösen. Beispiele für die Ausbildung eines SpRK-Bruchs
bei Halbzeugen aus AlZnMg-Legierungen sind in den Bildern 5.4.10 und
5.4.11 dokumentiert. Man erkennt deutlich, daß rekristallisiertes Gefüge
und insbesondere Grobkorngefüge anfälliger sind als langgestrecktes Fa-
sergefüge.

Bild 5.4.10 Beispiel für Spannungsrißkorrosion bei AlZnMg-Legierungen (7020)


mit interkristallinem Bruchverlauf in rekristallisiertem Gefüge. Längsschliff geätzt
in Kaliumdichromat (Quelle: Hydro Aluminium Deutschland GmbH (ehem. VAW
AG))
5.4 Erscheinungsformen der Korrosion 255

Bild 5.4.11 Beispiel für Spannungsrißkorrosion bei AlZnMg-Legierungen


(AlZnMg1,5, Basis Al99,9)) mit interkristallinem Bruchverlauf in rekristallisierter
Grobkornzone. Längsschliff geätzt in Kaliumdichromat (Quelle: Hydro Alumi-
nium Deutschland GmbH (ehem. VAW AG))

5.4.4 Interkristalline Korrosion unter Spannung


Bei Legierungen der Gruppe AlCu (2xxx) kann ein der SpRK bei
AlZnMg-Legierungen ähnlicher Korrosionsbruch auftreten und zwar ins-
besondere immer dann, wenn nicht optimale Abschreckbedingungen oder
zu große Materialdicken vorliegen, s. Bild 5.4.12. Hierbei handelt es sich
jedoch um interkristalline Korrosion, deren Kinetik durch die gleichzeitige
Wirkung von Zugspannungen beschleunigt wurde. Die interkristalline
Bruchfläche ist typischerweise mit Korrosionsprodukten belegt. Druck-
spannungen in der Oberfläche − erzeugt z.B. durch Kugelstrahlen − wirken
sich in diesem Falle günstig aus.

Bild 5.4.12 Beispiel für interkristalline Korrosion unter Spannung. Legierung Al-
Cu4SiMn (EN AW-2014-T6). Querschliff, ungeätzt (Quelle: Hydro Aluminium
Deutschland GmbH (vorm. VAW AG))
256 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

5.4.5 Spaltkorrosion

Spaltkorrosion entsteht infolge unzureichenden Zutritts von Luftsauerstoff


(ungenügende Belüftung) in den Spalt, der durch Kapillarwirkung begün-
stigt mit dem wäßrigen Korrosionsmedium gefüllt ist. Im Spaltgrund ver-
ringert sich die Sauerstoffkonzentration gegenüber dem Spaltausgang. Da-
durch bildet sich ein Belüftungselement. Durch die höhere Sauerstoffkon-
zentration am Spaltausgang herrscht dort die kathodische Teilreaktion, da-
gegen im sauerstoffarmen Inneren des Spaltes die metallabtragende anodi-
sche Teilreaktion vor. Als Folge der Protolyse der Aluminiumionen wird
durch die Bildung von sog. Oxoniumionen (H3O+) der pH-Wert im Spalt-
grund verringert, s. auch Abschn. 5.2.3. Bei der Metallauflösung im sauren
Elektrolyten findet eine H2-Entwicklung statt. Im Spaltgrund wird durch
den niedrigen pH-Wert und die eingewanderten Chloridionen die Repassi-
vierung verhindert.
Spaltkorrosion tritt in konstruktions- oder fertigungsbedingten Spalten
mit kritischen Spaltbreiten von etwa 0,02 bis 0,5 mm bei fast allen Metal-
len auf, auch bei Paarungen Metall/Kunststoff.
Das kritische Grenzpotential für Spaltkorrosion Usp ist dem Grenzpo-
tential für Lochkorrosion UD vorgelagert, d.h. die Gefahr von Spaltkorro-
sion gegenüber einem Lochkorrosionsangriff steigt, je größer der Unter-
schied der beiden Grenzpotentiale ist. Dies trifft besonders für rostfreie
Stähle zu, wie Meßwerte aus einer Versuchsserie in chloridhaltigem
Trinkwasser (Reiter et al. 1993) zeigen, bei denen das freie Korrosions-
potential UR im Spaltkorrosionsbereich liegt. Beispiel: Rostfreier Stahl
1.4003, die gemessenen Potentialwerte in chlorhaltigem Wasser sind UD =
ca. + 0,3 V (GKE), UR = ca. + 0,075 V (GKE) und Usp = ca. + 0,03 V
(GKE), s. Bild 5.4.13.
Wie die Untersuchungen (Reiter et al. 1993) weiter zeigen, sinkt wegen
Ansäuerung des Elektrolyten im Spalt beim untersuchten rostfreien Stahl
das Korrosionspotential nach längerer Auslagerungsdauer auf ca. -0,36
V(GKE) ab, d.h. der Stahl wechselt vom passiven in den aktiven Zustand.
Vermutlich wird durch das mangelnde Sauerstoffangebot im Spalt eine
Repassivierung des Stahls verhindert.
Aluminium verhält sich demgegenüber günstiger: die Grenzpotentiale
für Spalt- und Lochkorrosion liegen dicht beieinander und unter vergleich-
baren Bedingungen sind flächenbezogenen Massenverluste und auch die
Angriffstiefe im Spalt geringer als beim rostfreien Stahl. Beispiel: Legie-
rung EN AW-6005A (AlSiMg(A) (Bild 5.4.14): UD = ca. – 0,57 bis – 0,56
V (GKE), Usp = ca. – 0,59 bis – 0,58 V (GKE), UR = ca. – 0,59 V (GKE).
5.4 Erscheinungsformen der Korrosion 257

Bild 5.4.13 Spaltkorrosionsverhalten von rostfreiem Stahl 1.4003 in Cl-haltigem


Wasser (Reiter et al. 1993)

Bild 5.4.14 Spaltkorrosionsverhalten von AlSiMg(A) 6005A-T6 in Cl-haltigem


Wasser (Reiter et al. 1993)

Das freie Korrosionspotential sinkt beim untersuchten Aluminiumwerk-


stoff im Laufe der Zeit auf Werte um – 0,70 V(GKE), d.h. in den Passivbe-
reich, wie die in Bild 5.4.15 dargestellten Ergebnisse zeigen. Der Spaltkor-
rosionsangriff nimmt demnach mit der Zeit ab. Das Erscheinungsbild der
258 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

Spaltkorrosion bei Aluminium ist loch- und muldenförmige Korrosion mit


vergleichsweise geringer Tiefe.

Bild 5.4.15 Verlauf des freien Korrosionspotentials von Legierung 6005A in


chlorhaltigem Wasser (Reiter et al. 1993)

Vermeiden von Spaltkorrosion:


− Für korrosionskritische Fälle sind Spalte konstruktiv und fertigungstech-
nisch zu vermeiden oder mit dauerelastischen Dichtmassen zu füllen
bzw. abzudichten.

5.4.6 Kontaktkorrosion

Fast immer und unausweichlich werden Aluminiumbauteile mit Kompo-


nenten oder Verbindungsmittel aus anderen metallischer Werkstoffen ver-
bunden, und damit besteht grundsätzlich die Gefahr von Kontaktkorrosion
– sog. galvanische Korrosion. Wenn zwei oder mehrere Metalle unter-
schiedlicher Stellung in der Spannungsreihe, s. Tabelle 5.4.1, in metalli-
schem (d.h. elektrisch leitendem) Kontakt bei gleichzeitiger Benetzung mit
einem Elektrolyten stehen, bildet sich eine Potentialdifferenz, die zu ano-
discher Auflösung des „unedleren“ Metalls führt. Voraussetzung für das
Entstehen von Kontaktkorrosion ist also ein Elektronen- und Ionen-
leitender Kontakt zwischen Metallen mit unterschiedlicher Potentialdiffe-
renz) in Gegenwart eines wäßrigen Elektrolyten.
Die Normalspannungsreihe ergibt sich aus theoretischen Berechnungen
des Gleichgewichtspotentials bei der Umwandlung eines Metallatoms in
sein Ion, z.B. Al  Al3+ + 3e-, berücksichtigt aber nicht den beim Korrosi-
onsvorgang stattfindenden Stoffumsatz und die Wirkung von passivieren-
den Schutzschichten.
5.4 Erscheinungsformen der Korrosion 259

Die in Tabelle 5.4.1 aufgeführten „praktischen Spannungsreihen“ be-


rücksichtigen dagegen das Verhalten von Werkstoffpaarungen in zwei ty-
pischen Umgebungen, nämlich chloridfreies, leicht saures Regen- und
Schwitzwasser und neutrales Meerwasser, und gehen zurück auf die Mes-
sungen von Elze (Elze 1959). Die praktische Spannungsreihe kann unter
Berücksichtigung der Werte für das jeweilige Lochfraßpotential Hinweise
auf die Korrosionsgefährdung von Metallkombinationen geben. Dabei
muß man jedoch berücksichtigen, daß unter praktischen Bedingungen die
sich einstellenden Potentiale bzw. Potentialdifferenzen von zahlreichen
Faktoren abhängen:
− Sauerstoffgehalt des Elektrolyten (Kontakte zwischen Aluminium und
„edleren“ Metallen, wie Kupfer etc., sind viel weniger problematisch,
wenn kein Sauerstoff im Elektrolyten enthalten ist.),
− Zusammensetzung, Konzentration, pH-Wert des Elektrolyten,
− Flächenverhältnis zwischen Anode und Kathode,
− Belüftung des Elektrolyten und der Elektroden, Temperatur.

Tabelle 5.4.1 Spannungsreihe ausgewählter Metalle, nach (Elze 1959)


„Normalspannungsreihe“1) Praktische Spannungsreihen 2)
in Wasser mit in künstl. Meerwasser mit
pH 6 3) pH7,5
Metall mV Metall mV Metall mV
Kupfer + 340 Titan (+136) Nickel +1
Blei - 126 Messing MS63 +100 Messing MS63 -32
Zinn - 140 Kupfer +95 Kupfer -35
Nickel - 230 Nickel +73 RF Stahl 1.4301 (-90)
Eisen - 440 RF Stahl 1.4301 (-129) Titan (-156)
Zink - 763 Aluminium (-214) Blei -304
Titan -1630 Hartchrom (-294) Hartchrom (-336)
Aluminium -1660 Zinn Sn98 (-320) Stahl (-380)
Magnesium -2370 Blei 99,9 (-328) Aluminium (-712)
Stahl -395 Zink (Feinzink) -851
Zink (Feinzink) -852 Zinn -845
Magnesium4) -1460 Magnesium4) -1335
1
) theoretisches Potential bezogen auf das Standardpotential ∆E0 = 0 der Wasserstoffreaktion H2 -->
2H+ + 2e–
2
) gemessenes Potential im jeweiligen Elektrolyten bezogen auf die gesättigte Kalomelelektrode
(GKE)
3
) bewegtes, luftgesättigtes, chloridfreies Wasser mit Phthalatpuffer bei 25 °C als Modell für Regen
und Schwitzwasser
4
) Elektron AM503 (0,25% Al, 0,20% Zn, 0,75% Mn) Werte in (..) unter Berücksichtigung der Passi-
vierungsschicht

Zur Beurteilung der Wahrscheinlichkeit und der Intensität des Auftre-


tens von Kontaktkorrosion sind folgende Faktoren wichtig:
260 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

− Temperatur der Umgebung, der Kontaktpartner, etc.


− Größe der Potentialdifferenz zwischen den Kontaktpartnern gemessen
unter relevanten Versuchsbedingungen (s. Tabelle 5.4.1). Der anodi-
sche (elektronegativere) Partner ist korrosionsgefährdet. Die Erfahrung
lehrt, daß Kontaktkorrosion dann auftreten kann, wenn eine Potential-
differenz von mindestens 100 mV zwischen den Kontaktpartnern be-
steht.
− Die Höhe des elektrischen Widerstands zwischen den Kontaktpartnern.
Je höher der Widerstand desto geringer die Gefahr von Kontaktkorro-
sion.
− Vorhandensein eines Elektrolyten mit entsprechender Aggressivität und
Leitfähigkeit. Auch das Auftreten von Schwitzwasser ist zu berück-
sichtigen, das durch Ansammlung von Schmutz (z.B. Streusalz) aggres-
sive Elektrolytwirkung entwickeln kann.
− Dauer der Einwirkung des Elektrolyten. Ein vollständiges Abtrocknen
durch ausreichende Belüftung ermöglicht die Erneuerung der schützen-
den Deckschicht auf Aluminium.
− Flächenverhältnisse der Kontaktpartner bestimmen u.a. die Stromdichte
(Summenstromdichte der anodischen und kathodischen Teilreaktionen)
der elektrochemischen Reaktion. Günstig wirkt sich ein kleines Flä-
chenverhältnis des „edleren“ zum „unedleren“ Kontaktpartner aus.
Für eine Bewertung günstiger oder ungünstiger Metallpaarungen können
auch die Summenstromdichte-Potentialkurven für die entsprechenden
Metalle herangezogen werden, sofern sie in vergleichbaren Elektrolyten ge-
messen wurden. Stromdichte-Potentialkurven, gemessen in 5%-NaCI-Lö-
sung, sind für einige Werkstoffe im Bild 5.4.16 angegeben (Strobl 1989).
Bei der Paarung zweier Metalle mit unterschiedlichem freien Korrosi-
onspotential stellt sich ein Mischpotential ein, bei dem der anodische Net-
tostrom des „unedleren“ Partners gleich dem kathodischen Nettostrom des
„edleren“ Partners ist, um die Bedingung der Elektroneutralität zu erfüllen.
Unter Berücksichtigung der Flächenverhältnisse der Kontaktpartner läßt
sich aus den jeweiligen Kurvenpaaren die Höhe des anodischen Korrosi-
onsstroms und die Lage des Mischpotentials errechnen. Für gleiche Flä-
chenanteile der Kontaktpartner im Elektrolyten können die Werte direkt
aus den Diagrammen entnommen werden, siehe eingetragene Strompfeile
im Bild 5.4.16. Um die Gefahr von Kontaktkorrosion bei gegebener Me-
tallpaarung so gering wie möglich zu halten, sollte deshalb die Oberfläche
des „edleren“ Partners gegenüber der des „unedleren“ Partners möglichst
klein sein. Eine qualitative Bewertung der Gefahr von Kontaktkorrosion
von Aluminium und Aluminiumlegierungen mit anderen Metallen in ver-
schiedenen Klimaten und Wässern enthält Tabelle 5.4.2 (Kucera 1980).
5.4 Erscheinungsformen der Korrosion 261

Bild 5.4.16 Summenstromdichte-Potentialkurven für Aluminium, Zink, Stahl und


18/8CrNi-Stahl gemessen in belüfteter 5% NaCl-Lösung (Strobl 1989)

Tabelle 5.4.2 Bewertung von Kontaktkorrosionsgefahr von Aluminium in ver-


schiedenen Korrosionsumgebungen
Kontaktpartner Land- Industrie- Meeres- Frisch- Meerwas-
klima klima klima wasser ser
Chrom 1 1 2 (2) (3)
Blei 0 0 3 (2) 3
Gußeisen 0 1 2 1 3
Kohlenstoff 1 2 3 (3) 3
Kupfer 1 3 3 3 3
Magnesium & Legierungen 0 1 2 1 2
Messing 1 3 3 3 3
18/8CrNi-Stahl 0 1 2 2 3
Stähle (C-Stahl, niedrig legiert) 1 1 3 2 3
Titan & Legierungen 0 1 2 2 3
Weichlot 1) 1 2 3 (2) 3
Zink & Legierungen 0 0 0 0 0
1)
= bleihaltige Lote vermeiden, zinkhaltige Lote vorziehen, Flußmittel entfernen
Bewertungskriterien:
0 = keine oder nur sehr geringe zusätzliche Korrosion
1 = geringe bis mäßige zusätzliche Korrosion
2 = erhebliche zusätzliche Korrosion; Korrosionsschutz gewöhnlich notwendig
3 = starke zusätzliche Korrosion; Kontakt vermeiden; Korrosionsschutz notwendig
262 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

Vermeiden von Kontaktkorrosion

− Zink schützt im allgemeinen Aluminium kathodisch und wird bevor-


zugt angegriffen. Geeignete Kontaktpartner für Aluminium sind daher
verzinkte Stahlteile (Blechteile, Schrauben, Muttern, Unterlegscheiben
etc.). Voraussetzung für gutes Langzeitverhalten ist eine genügend di-
cke Zinkschicht (mindestens 50 µm).
− Unter normalen Bedingungen (periodische Trockenzeiten zur Repassi-
vierung) ist auch der Kontakt zwischen Edelstahlteilen (z.B. Schrau-
ben) und Aluminium ungefährlich. (Flächenverhältnisse beachten)
− Unter günstigen Bedingungen (gute Belüftung, Lage am Bauteil, gerin-
ges Flächenverhältnis) ist sogar der Kontakt zwischen Messing und A-
luminium problemlos. Beispiel: Messingfittings an offenliegenden, un-
geschützten Aluminium-Dieseltanks für LKW.
− Kohlenstoff (Graphit) greift Aluminium an. Zu vermeiden sind graphit-
haltige Schaumgummidichtungen. Dies gilt auch bei lackierten Alumi-
niumteilen, z.B. PKW-Türen und -Deckel. Verletzung der Lackschicht,
z.B. durch Steinschlag, führt zu einem ungünstigen Flächenverhältnis
und dadurch zu Korrosionserscheinungen an der Schadstelle.
− Oberflächenschichten (z.B. Wachs, Öl, Grundierung, Lackierung) ver-
hindern oder verzögern den Zutritt des Elektrolyten zum Metall und
damit die Kontaktkorrosion.
− Bevorzugt sollte der „edlere“ Kontaktpartner durch eine nicht leitende
(organische) Beschichtung vom Elektrolyten isoliert werden. Im umge-
kehrten Fall ist an Beschädigungen der Beschichtung des unedleren
Partners mit verstärktem Korrosionsangriff zu rechnen (Flächenver-
hältnis).
− In kritischen Fällen sollten beide Kontaktpartner voneinander elektrisch
isoliert werden (Kunststoffzwischenschicht etc.). Allerdings ist darauf
zu achten, daß kein Nebenschluß stattfindet.
− Verbindungselemente (Schrauben etc.) zur Verbindung von unter-
schiedlichen Metallen (z.B. von Stahl mit Aluminium) sollten aus dem
„edleren“ Metall, bevorzugt mit aluminierter Oberfläche sein.
− Spalte, Sacklöcher, sogenannte „Wannen“ etc. an den Kontaktstellen soll-
ten konstruktiv und fertigungstechnisch vermieden werden, um der An-
sammlung von Elektrolyt vorzubeugen. Notfalls sind Entwässerungslöcher
vorzusehen und Spalte mit dauerelastischen Massen auszufüllen.
− Bei besonders ungünstigen Verhältnissen, z.B. bei nicht vermeidbarer,
dauerhafter Benetzung mit Elektrolyt in Dauertauchzonen kann man
auf den Korrosionsschutz durch spezielle Opferanoden zurückgreifen.

Hinweis: Anodisieren ist kein geeigneter Schutz gegen Kontaktkorrosion.


5.4 Erscheinungsformen der Korrosion 263

5.4.7 Korrosionsermüdung

Bekanntlich zeigen metallische Werkstoffe unter Vakuumbedingungen


günstigere Schwingfestigkeitseigenschaften als unter üblichen Laborluft-
bedingungen. Als Ursache dafür gilt die Passivierung von metallblanken
Gleitstufen, die an der Oberfläche durch mikroplastische Vorgänge infolge
der mechanischen Beanspruchung hervorgerufen werden, durch die Reak-
tion mit Luftsauerstoff. Damit sind die Gleitvorgänge nicht reversibel und
führen schließlich zur Anrißbildung. Schwingungsbrüche unter Einwir-
kung von Umgebungseinflüssen haben daher erwartungsgemäß einen
transkristallinen Charakter (Hatch 1984).
Unter gleichzeitiger Einwirkung korrosiver Umgebungsbedingungen
wird der Korrosionsangriff verstärkt, so daß die Anrißbildung beschleunigt
und die Lebensdauer verkürzt wird. Die mechanischen und chemischen
Einflußfaktoren wirken jedoch nicht nur additiv, sondern verstärken sich
gegenseitig durch mechanische und thermische Aktivierung. Die bei der
Korrosionsermüdung ablaufenden mechanischen und chemisch-elektro-
chemischen Prozesse unterliegen unterschiedlichen Zeitgesetzen und sind
darüber hinaus von der Legierungszusammensetzung, dem Werkstoffzu-
stand, von der Aggressivität des Korrosionsmediums, z.B. vom pH-Wert,
von Naß- und Trockenzeiten sowie von der Mittelspannung abhängig. Seit
einigen Jahren wird auch zumindest für das Rißfortschrittsverhalten unter
Korrosionseinfluß eine Wasserstoffaufnahme und -versprödung innerhalb
der plastischen Zone vermutet.
Die Ermittlung von Gesetzmäßigkeiten der Korrosionsermüdung ist bis-
her an den komplexen Einflußfaktoren gescheitert, die vor allem die Fre-
quenzabhängigkeit der Anrißbildung und des Rißfortschritts betreffen so-
wie die mögliche Überlagerung von zusätzlichem Rißfortschritt bei
spannungsrißkorrosionsempfindlichen Legierungen bzw. Legierungszu-
ständen. Neuere Untersuchungen des Rißfortschrittsverhaltens und Er-
kenntnisse über Wasserstoffabsorption während des Korrosionsermü-
dungsprozesses führen jedoch zu einem besseren Verständnis und in Zu-
kunft sicherlich auch zur Berechenbarkeit der Lebensdauer von schwing-
beanspruchten Konstruktionen unter Korrosionseinfluß.
Für die Beurteilung des Einflusses von Korrosion auf das Schwingfe-
stigkeitsverhalten ist es sinnvoll, zwei unterschiedliche Gesichtspunkte zu
berücksichtigen:
− den Einfluß von Vorkorrosion auf die Schwingfestigkeit und
− das Schwingfestigkeitsverhalten unter korrosiven Umgebungsbedin-
gungen.
264 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

Der erstere Fall ist für die Beurteilung der Tragfähigkeit und (Rest-) Le-
bensdauer von alten Bauteilen und Strukturen unter normalen Einsatzbe-
dingungen wichtig. Für den Grad der Vorschädigung durch Vorkorrosion
spielt die Korrosionsbeständigkeit des Werkstoffs/Bauteils die ausschlag-
gebende Rolle.
Der zweite Fall betrifft alle Bauteile und Strukturen, bei denen die unge-
schützte Metalloberfläche während der Betriebsbeanspruchung korrosiven
Umgebungsbedingungen ausgesetzt sind. Chemische und mechanische
Einflüsse wirken gleichzeitig und beeinflussen sich gegenseitig. Die
Schwingfestigkeit wird üblicherweise durch die Lage der Wöhlerkurve
von glatten, gekerbten oder geschweißten Probestäben beschrieben. Es hat
sich aber herausgestellt, daß für die Beurteilung der Einflüsse von Korro-
sion auf die Lebensdauer eines Bauteils auch das Rißfortschrittsverhalten
zu berücksichtigen ist, das im Verhältnis zum Wöhlerverhalten unter-
schiedlich starke, gar keine oder sogar gegensätzliche Auswirkungen der
Umgebungsbedingungen zeigt.

Einfluß von Vorkorrosion


Eine Vorkorrosion von unbelasteten Komponenten durch chloridhaltige
aggressive Medien erzeugt in der Regel einen Lochkorrosionsangriff oder
einen interkristallinen Korrosionsangriff, falls das Material empfindlich für
diese Korrosionsarten ist. Es ist zu erwarten, daß mit Bezug auf die Ta-
belle 5.3.3 Werkstoffe mit mittlerer und mäßiger Korrosionsbeständigkeit
ein ungünstigeres Verhalten zeigen als solche mit guter Korrosionsbestän-
digkeit.
Es ist bekannt, daß Korrosionsnarben durch ihre Kerbwirkung das Ni-
veau der Wöhlerkurve von ungekerbten Proben senken bzw. deren Le-
bensdauer dramatisch verkürzen, wobei die Kerbwirkung von der Korrosi-
onsbeständigkeit des Werkstoffs und der Intensität des Korrosionsangriffs
abhängt. Die ungünstige Wirkung interkristalliner Angriffsstellen ist zwei-
fellos größer als die von geringfügiger Lochkorrosion. Bild 5.4.17 zeigt
dieses Verhalten am Beispiel von ungekerbten und gekerbten (Kt = 3) Um-
laufbiegeproben aus zwei stranggepreßten Legierungen EN AW-6082-T6
und EN AW-7075-T6 mit unterschiedlicher Korrosionsbeständigkeit. Bei
der Cu-haltigen, hochfesten AlZnMgCu-Legierung sinkt die Schwing-
festigkeit durch Vorkorrosion von ungekerbten Proben auf das Niveau von
gekerbten, nicht vorkorrodierten Proben, insbesondere bei hohen Last-
wechselzahlen. Dagegen ist der Einfluß der Vorkorrosion bei der mittelfe-
sten, Cu-freien AlMgSi-Legierung nur gering. Die Tatsache, daß die Lage
der Wöhlerkurve gekerbter Proben aus der hochfesten Legierung EN AW-
7075-T6 durch Vorkorrosion nur unwesentlich verringert wird, kann man
5.4 Erscheinungsformen der Korrosion 265

auf die geringere Zufallshäufigkeit einer Maximalschädigung durch Vor-


korrosion im engen Kerbradius der Probe zurückführen. Bei größeren
Kerbradien (Kt = 2,4) wurde auch bei einer ähnlich hochfesten Legierung
(AA 7178-T6) eine größere (ca. 40%) – wenn auch im Vergleich zu unge-
kerbten Proben (ca. 60%) geringe – Abminderung der Langzeitfestigkeit
durch Vorkorrosion festgestellt (Schäfer 1988). Es ist demnach festzu-
halten, daß die Verminderung der Lebensdauer bzw. der Schwingfestigkeit
durch Vorkorrosion bei glatten Probestäben deutlich dramatischer ausfällt
als bei gekerbten Probestäben. Die gleiche Aussage gilt nicht nur für den
Grundwerkstoff, sondern auch für geschweißte Proben.

Bild 5.4.17 Umlaufbiegeversuche an ungekerbten und gekerbten (Kt = 3) Proben


ohne und mit Vorkorrosion (Pü = 50 %). a) Legierung ENAW-7075-T6, b) Legie-
rung ENAW-6082-T6. Die Proben wurden drei Monate lang im Wechseltauchver-
such nach DIN 50907 in einer 3,5% NaCl-Lösung vorkorrodiert (Ostermann et al.
1978)
266 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

Wegen des zunehmend flacheren Verlaufs der Wöhlerkurven bei hohen


Lastspielzahlen läßt sich der Einfluß der Vorkorrosion bei langer Lebens-
dauer nicht mehr sicher darstellen. Bei Kleinprobenversuchen ist für die
Lebensdauer in diesem Bereich die Anrißbildung maßgebend. Zuverlässi-
gere Abschätzung der Lebensdauer von gealterten Bauteilen und Struktu-
ren bietet dagegen die Analyse des Rißbildungs- und Rißfortschrittsver-
haltens. Solche Messungen an vorkorrodierten, gekerbten (Kt = 3,05) Pro-
ben aus Legierung EN AW-7075-T6 zeigen, daß die Lebensdauer bei N >
106 LW etwa 10-fach und bei längeren Lebensdauern bis zu 100-fach ver-
ringert wurde, wobei die untersuchten Proben sowohl Lochkorrosion als
auch interkristalline Korrosion aufwiesen (Wang et al. 2003). Weiterhin
wurde festgestellt, daß bei gleicher Spannungsintensität, ∆K, die Rißfort-
schrittsgeschwindigkeit von kurzen Rissen (0,1–1 mm) größer war als die
von langen Rissen, was jedoch bei der gleichen Legierung auch ohne Vor-
korrosion beobachtet wurde (Lankford 1982) und keinen Rückschluß auf
eine Vorschädigung zuläßt, s. a. Abschn. 6.4.3 Kurzrißproblematik. Die
größere Rißfortschrittsgeschwindigkeit von kurzen gegenüber langen Ris-
sen gilt auch im Grenzbereich bei niedrigen Spannungsintensitäten, dem
sog. Schwellbereich der Spannungsintensität. Die um etwa 20% ver-
minderte Schwelle der Spannungsintensität, ∆K0, ist wohl mit der durch
Vorkorrosion verursachten höheren Kerbwirkung zu erklären. Bei höhe-
rem ∆K, zwischen 5 und 10 MPa m1/2, wurde bei vorkorrodierten Proben
ein Übergang des Bruchverhaltens von kurzen zu langen Rissen festge-
stellt. In diesem Übergangsbereich scheint die Rißfortschrittsgeschwindig-
keit – vermutlich wegen des Zusammenwachsens einer größeren Zahl von
Kurz- und Nebenrissen – sogar um etwa 50 % niedriger zu sein als bei
nicht vorkorrodierten Proben.
Demnach ist festzustellen, daß eine Vorkorrosion die Anrißbildung be-
schleunigt, wodurch die Lebensdauer besonders bei hohen Lastspielzahlen
deutlich verringert wird. Die Ursache beschleunigter Rißbildung wird auf
die Kerbwirkung von Korrosionsnarben bzw. auf interkristallinen Korrosi-
onsangriff zurückgeführt. Die gleiche Ursache kann zweifellos auch für
den durch Vorkorrosion etwas reduzierten ∆K0-Wert verantwortlich ge-
macht werden. Davon abgesehen wurde kein wesentlicher Einfluß der
Vorkorrosion auf das Rißfortschrittsverhalten beobachtet.
Die je nach Legierung und Werkstoffzustand empfindliche Einbuße der
Schwingfestigkeit durch Vorkorrosion kann daher am besten durch eine
wirksame, korrosionsschützende Beschichtung vermieden werden. Nach-
weislich ist auch ein kathodischer Schutz sowohl bezüglich der Schwing-
festigkeit als auch des Rißfortschrittverhaltens von Aluminiumkomponen-
ten sehr wirksam (Schütz 1995, Bogar et al. 1972).
5.4 Erscheinungsformen der Korrosion 267

Schwingfestigkeitsverhalten unter Korrosionseinfluß

Bei gleichzeitiger Einwirkung aggressiver Medien wird durch den Ermü-


dungsprozeß sowohl bei der Anrißbildung als auch beim Rißfortschritt lau-
fend frische Metalloberfläche dem Korrosionsmedium ausgesetzt. Dabei
hängt der Grad der Schädigung von der Aggressivität des Mediums, der
Größe der bei jedem Lastwechsel freigelegten Oberfläche sowie von der
Lastfrequenz, d.h. der Einwirkungsdauer, ab. Von besonderer Bedeutung
für den Schädigungseinfluß ist daher auch die wirkende Mittelspannung,
da bei hoher Mittelspannung (hoher R-Wert) die Rißöffnung und damit der
Zutritt des Korrosionsmediums zeitlich verlängert wird (Schütz 1995).
Außerdem führt die Belegung der Rißflanken mit Korrosionsprodukten zu
einer vorzeitigen Rißschließung (Gasem et al. 2000). Konsistente Aussa-
gen über die Korrosionsermüdung einer Legierung lassen sich daher nur
machen, wenn bei Wöhlerversuchen oder Rißfortschrittsmessungen in ei-
nem bestimmten Korrosionsmedium sowohl die Prüffrequenz als auch die
Lastamplitude oder die Spannungsintensitätsamplitude und die Mittel-
spannung (R-Wert) berücksichtigt werden.
Wegen der Bedeutung für den Flugzeugbau wurde vor allem das Riß-
fortschrittsverhalten von hochfesten Legierungen unter Korrosionseinfluß
seit den frühen 1960-er Jahren untersucht (Forsyth 1963, Pelloux 1969).
Man stellte fest, daß sowohl die Rißfortschrittsgeschwindigkeit als auch
der Charakter der Bruchfläche durch Prüfung im Vakuum, an Luft und in
korrosiven Medien jeweils unterschiedlich war. Die bei der Prüfung an
Luft beobachteten Rastlinien waren im Vakuum nicht vorhanden und
wechselten ihren Charakter von duktilen Rastlinien zu spröden Rastlinien
bei der Prüfung unter Korrosionseinfluß bzw. beim Wechsel von kathodi-
scher zu anodischer Polarisierung. Die vorherrschenden Bruchebenen und
Bruchrichtungen waren {100} und <110>, die sich jedoch bei duktilem
Rißfortschritt aus Scherverformungen auf komplementären Gleitebenen
und bei sprödem Rißfortschritt aus spaltbruchartigem Aufreißen der {100}
Ebenen mit nur geringen Anzeichen von Scherverformungen ergaben. Zu
erwähnen ist, daß das sprödbruchartige Verhalten vor allem bei den hoch-
festen 7xxx Legierungen in den Zuständen T6 und T7 beobachtet wurde.
Anders als die Wirkung auf die SpRK-Beständigkeit hat eine Überalterung
(T76, T73) keinen wesentlichen Einfluß auf das Rißfortschrittverhalten un-
ter Korrosionseinfluß; unterschiedliche Ergebnisse in der Literatur lassen
sich auf den Einfluß unterschiedlicher Prüffrequenzen zurückführen (Ga-
sem et al. 2000).
Eingehende Untersuchungen (Trockels et al. 1996, Nocke et al. 2000)
der Legierung EN AW-6013-T6 (AlMg1Si0,8CuMn) ergaben, daß bei
Prüfung an Luft die Rißfortschrittsgeschwindigkeit kaum frequenzab-
268 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

hängig ist und sich auch in entionisiertem Wasser (bei 20 Hz gemessen)


nur geringfügig erhöhte, s. Bild 5.4.18. Das gleiche Verhalten ergab sich
bei der Prüfung in einer basischen NaCl-Lösung (pH11). In annähernd
neutraler (pH6) als auch stark saurer NaCl-Lösung (pH1) erhöhte sich da-
gegen die Rißfortschrittsgeschwindigkeit erheblich, wobei eine Span-
nungsrißkorrosionsempfindlichkeit bei der betrachteten Legierung ausge-
schlossen werden kann (Nocke et al. 2000).

Bild 5.4.18 Einfluß der Umgebungsbedingungen auf die Rißfortschrittsgeschwin-


digkeit da/dN in Abhängigkeit von ∆K für Legierung EN AW-6013-T6. Gemes-
sen an Blechproben mit 1,6 mm Dicke mit Mittenanriß bei R = 0,1 und 20 Hz
Prüffrequenz, nach (Nocke et al. 2000)

Diese Ergebnisse deuten daraufhin, daß der Schädigungsmechanismus


auf der gleichzeitigen Reaktion der Chloridionen und der Wasserstoffre-
duktion an der frisch gebildeten Rißfläche – s. Abschn. 5.2.3 – beruht, wo-
durch eine Absorption von Wasserstoffatomen ins Metallgitter ermöglicht
und dadurch eine Versprödung des Materials in der plastischen Zone vor
der Rißspitze verursacht wird. Bei Abwesenheit von Chloridionen im E-
lektrolyten (Prüfung in entionisiertem Wasser) wurde zwar eine Wasser-
stoffbildung, jedoch nur ein geringfügiger Einfluß auf die Rißfortschritts-
geschwindigkeit beobachtet. Offenbar stellt die Reaktion von Chloridionen
mit der Metalloberfläche bzw. beim Prozeß der anodischen Auflösung in
sauren Elektrolyten die notwendige Voraussetzung dar, um die Wasser-
stoffabsorption auszulösen.
5.4 Erscheinungsformen der Korrosion 269

Bei konstanter Lastfrequenz und pH-Wert im leicht sauren Bereich (pH


6) nähert sich die Rißfortschrittsgeschwindigkeit bei hohen ∆K-Werten
den Verhältnissen bei Raumluft an. Der Übergangsbereich zwischen Um-
gebungsempfindlichkeit und -unempfindlichkeit ist frequenzabhängig und
verschiebt sich zu höheren ∆K-Werten mit abnehmender Frequenz. Dieses
Verhalten deutet daraufhin, daß die Reaktionen, die zur Versprödung füh-
ren, zeitabhängig sind, und daß bei hohen Frequenzen nicht ausreichend
Zeit für den Versprödungsmechanismus zur Verfügung steht. Die Ge-
schwindigkeit, mit der sich ein neuer Oxidfilm in einer 3,5% NaCl-Lösung
auf der frischen Rißoberfläche bildet, wird nach (Nocke et al. 2000) auf
etwa 2 nm/s geschätzt, d.h. bei einer Expositionszeit von weniger als 0,1 s
kann sich keine vollständige Passivschicht bilden und folglich sich der
Korrosionseinfluß nicht auswirken. Die kritische Wasserstoffkonzentration
vor der Rißspitze benötigt etwa 0,02 s, d.h. bei Lastfrequenzen über 50 Hz
wird eine kritische Wasserstoffkonzentration nicht erreicht.
Auch bei sehr niedrigen Frequenzen (entsprechend etwa drei Lastwech-
seln pro Tag ) geht die Empfindlichkeit der Legierung EN AW-6013-T6 in
chloridhaltiger Umgebung offenbar auf das Niveau von Raumluft zurück.
Vermutlich ist die katalytische Wirkung der Chloridreaktion für die Was-
serstoffabsorption nur von kurzer Dauer. Bei spannungsrißkorrosionsemp-
findlichen Legierungen, z.B. EN AW-7075-T6, können jedoch in diesem
Frequenzbereich andere Verhältnisse erwartet werden.
Die höchste Umgebungsempfindlichkeit der Rißfortschrittsgeschwin-
digkeit wurde bei den Untersuchungen an Legierung EN AW-6013-T6 bei
Prüffrequenzen zwischen 0,1 und 1 Hz gemessen (Nocke et al. 2000). Es
ist zu vermuten, daß dieser Prüfbereich auch für Wöhlerversuche unter
korrosiven Umgebungsbedingungen die besonders kritischen Bedingungen
erfaßt.
Obwohl die an Legierung EN AW-6013-T6 dargestellten Grundmecha-
nismen grundsätzlich auf die anderen Aluminiumlegierungssysteme über-
tragbar sein sollten, lassen sich bisher keine sicheren quantitativen Gene-
ralisierungen über die Wirkungen von aggressiven Umgebungsbedingun-
gen auf das jeweilige Ermüdungskorrosionsverhalten machen. Dies scheint
unter anderem damit zusammenzuhängen, daß das Bruchverhalten unter
verschiedenen Umgebungsbedingungen sehr unterschiedlich sein kann. So
wurde neben den zuvor genannten Brucharten bei der kommerziellen Le-
gierung 7175-T651 bei niedrigen Spannungsintensitäten ∆K interkristalli-
nes Bruchverhalten beobachtet, das bei höheren Spannungsintensitäten in
transkristallinen Bruch überging. Es wird dabei vermutet, daß das interkri-
stalline Bruchverhalten durch den bevorzugten Wasserstofftransport ent-
lang von Korngrenzen und der sprödbruchartige transkristalline Bruch
durch Wasserstoffdiffusion entlang von Versetzungen bestimmt wird.
270 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

Voraussetzung für das interkristalline Bruchverhalten bei niedrigem ∆K


ist, daß im Bereich der verhältnismäßig kleinen plastischen Zone Korn-
grenzen vom mehrachsigen Spannungszustand erfaßt werden. Ist die
Korngröße größer als die plastische Zone, wird bei niedrigem ∆K kein in-
terkristalliner, sondern sprödbruchartiger transkristalliner Bruch beobach-
tet (Gingell et al. 1997). Einen ähnlichen Übergang von interkristallinem
zu transkristallinem Rißfortschrittsverhalten fand man bei Schweißverbin-
dungen aus einer Cu-freien AlZnMg-Legierung in Abhängigkeit von ∆K,
da/dN und der Prüffrequenz (Kotsikos et al. 2000). Daß der interkristalline
Bruchmodus besonders bei sehr niedrigen Prüffrequenzen vorherrschte,
läßt sich mit dem Einfluß der SpRK-Empfindlichkeit der Legierung erklä-
ren.
Bei der AlMgSiCu-Legierung EN AW-6013-T6 treten sowohl an Luft
als auch unter Korrosionseinfluß neben dem Hauptriß zahlreiche feine Se-
kundärrisse auf, wobei die Zahl und Gesamtlänge dieser Sekundärrisse bei
Korrosionsermüdung deutlich zunehmen. Sekundärrisse werden auch bei
der Legierung EN AW-7075-T6, aber nicht bei der Legierung EN AW-
2024-T3/T4 festgestellt (Nocke et al. 2000, Zamponi 2002). Weiterhin ist
bemerkenswert, daß bei der AlCuMg-Legierung EN AW-2024-T3/T4 mit
Ausnahme von anodisch polarisierten Proben (Pelloux 1969) kein spröd-
bruchartiges Verhalten unter den üblichen Korrosionsbedingungen auftritt,
was sich auch in deutlich niedrigeren Rißfortschrittsgeschwindigkeiten ge-
genüber den anderen hochfesten Legierungsarten äußert.
Eine Ursache dafür scheint zu sein, daß die Legierung EN AW-2024-
T3/T4 im Vergleich zur Legierung EN AW-6013-T6 duktiler ist und sich
bei gleicher Spannungsintensitätsamplitude eine größere plastische Zone
an der Rißspitze bildet. Eine höhere Umgebungsempfindlichkeit des Riß-
fortschritts wird auch mit ausgeprägterem planaren Gleitverhalten in Ver-
bindung gebracht (Starke et al. 1989), das bei der warmausgehärteten Le-
gierung EN AW-6013-T6 gegenüber der Legierung EN AW-2024-T3/T4
zu einer stärkeren Lokalisierung der Gleitvorgänge führen dürfte. Als wei-
tere Ursachen des günstigeren Verhaltens der Legierung EN AW-2024-
T3/T4 unter Korrosionsumgebung wird ein stärkeres anelastisches Verhal-
ten1 vermutet (Zamponi 2002).
Mit Hilfe der Positronenspektroskopie wurde zudem festgestellt, daß
unter NaCl-Umgebung die durch Wasserstoff gebundenen Punktdefekte
(Leerstellen) bei beiden untersuchten Legierungen weit über die plasti-
schen Zonen hinaus diffundieren. Diese Beobachtung ist dadurch möglich,

1
Langsamere Anpassung der Dehnung an die aufgebrachte Spannung durch eindiffundierte Wasser-
stoffatome, die die elastische Gitterverzerrung vermindern. Das anelastische Dehnungsverhalten
der Legierung EN AW-6013-T6 unter gleichen Bedingungen war deutlich geringer.
5.4 Erscheinungsformen der Korrosion 271

daß durch die Bindung von interstitiell gelöstem Wasserstoff an Leerstel-


len deren Beweglichkeit gebremst wird. Die Bindung von interstitiell gelö-
stem Wasserstoff an Leerstellen ist bei RT jedoch nicht stabil genug, so
daß beide bei der nachfolgenden Lagerung ausheilen können und die be-
einflußte Zone dann etwa auf die Größe der eigentlichen plastischen Zone
zurückgeht (Zamponi 2002). Auch dieser Prozeß ist von kinetischer Natur.
Insgesamt stellt sich die Abhängigkeit der Anrißbildung und des Riß-
fortschritts von den Umgebungsbedingungen als ein sehr komplexes Pro-
blem dar, dessen Modellierung aufgrund des derzeitigen Kenntnistandes
noch sehr schwierig ist. Auch wäre es wünschenswert, die Untersuchungen
auf solche Legierungen zu übertragen, die in anderen Anwendungsberei-
chen konstruktive Verwendung finden. Insgesamt allerdings scheinen die
Auswirkungen der Ermüdungskorrosion auf die Lebensdauer von Bautei-
len aus Aluminiumknet- und -gußlegierungen unter realen Betriebslasten-
spektren nicht so dramatisch zu sein, wie die Prüfung von Proben unter
konstanten Belastungsamplituden vermuten lassen (Heuler et al. 2002).

Einfluß von Beschichtung und Pigmenten auf die Korrosions-


ermüdung
Die chemisch/elektrochemischen Reaktionen bei der Rißbildung und beim
Rißfortschritt können in gewissen Grenzen durch Schutzschichten bzw.
durch Additive zu den Elektrolyten oder durch kathodische Schutzmaß-
nahmen beeinflußt werden. Untersuchungen an der hochfesten Legierung
EN AW-7075-T76 mit Chromat-, Phosphat- und Carboxyladditiven (z.B.
Zitrate) zu neutralen und sauren NaCl-Lösungen haben gezeigt, daß der
Rißfortschritt im frühen Stadium und bei niedrigen ∆K-Werten erheblich
verlangsamt werden kann (Liu et al. 2002, Liu et al. 2003). Man kann er-
warten, daß dieser Effekt sich auch in der Anrißphase positiv auf die Le-
bensdauer auswirkt, d.h. die Schwingfestigkeit gegenüber Korrosionsein-
flüssen weniger empfindlich wird. In wieweit sich die an bestimmten Le-
gierungen gewonnenen Ergebnisse auf andere Legierungen übertragen
lassen, sollte jedoch zuvor eingehend untersucht werden.

5.4.8 Reibkorrosion

Reibkorrosion ist eine Sonderform von Korrosion, bei der in Abwesenheit


von korrosiven Medien unter trockenen Umgebungsbedingungen ein
Stoffumsatz an der metallischen Oberfläche stattfindet, der durch gering-
fügige Relativbewegungen zweier aneinander gepreßter Oberflächen ent-
steht. Charakteristisches Merkmal ist eine schwarze Verfärbung an der
Korrosionsstelle, die aus extrem feinkörnigen Aluminiumoxid besteht. Die
272 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

Mikrotopographie der Oberfläche zeigt dann eine starke Zerklüftung, die


offenbar Ausgangsorte für die Ermüdungsrißbildung darstellt.
Reibkorrosion kann durch Erschütterungen beim Transport gestapelter
Teile und Halbzeuge entstehen, wobei polierte Oberflächen besonders
empfindlich sind. Anodisch oxidierte Oberflächen sind dagegen weniger
empfindlich.
Bei mechanischen Verbindungen, wie Schraub- und Nietverbindungen,
die auf Lochleibung ausgelegt und schwingender Beanspruchung ausge-
setzt sind, kann die Schwingfestigkeit der Verbindung durch Reibkorro-
sion stark erniedrigt werden. Der Effekt ist um so größer, je höher die Fe-
stigkeit des Grundwerkstoffs ist. Vorgespannte Schraubverbindungen, bei
denen ein Gleiten der Fügeteile an der Verbindungsstelle vermieden wird,
verhalten sich wesentlich günstiger. Reibkorrosionsgefährdet sind auch
Kegelsitze und Klemmsitze, die für hochbeanspruchte Verbindungen im
Fahrwerksbereich typisch sind. Bei der Montage eingebrachte Gleitmittel
verringern das Auftreten von Reibkorrosion.

5.4.9 Filiformkorrosion

Filiformkorrosion ist eine Korrosionserscheinung bei organisch beschich-


teten, metallischen Oberflächen. Das fadenförmige Unterwandern der Be-
schichtung durch Korrosionsangriff hat dieser Korrosionserscheinung ih-
ren Namen gegeben. Der Mechanismus ähnelt dem der Spaltkorrosion. Der
Korrosionsvorgang entsteht an Fehlstellen oder Schwachstellen der Be-
schichtung, an denen Chloride mit der metallischen Oberfläche reagieren
und ein Korrosionselement bilden können, das die Beschichtung unter-
wandert. Durch Sauerstoffverarmung am Fadenkopf entsteht die Anode.
Das Auftreten von Filiformkorrosion ist unabhängig vom Lacksystem
(Pulver- oder Flüssiglack) und unabhängig vom Applikationsverfahren
(Stückbeschichtung, Bandbeschichtung). Die Beständigkeit gegen Fili-
formkorrosion kann durch entsprechende Verbesserungen der Prozeßtech-
nik in der Vorbehandlungsstufe und der Qualitätskontrolle erhöht werden
(Pietschmann et al. 1993/1994).

5.5 Beispiele für korrosionsgerechtes Konstruieren

Die folgenden Beispiele sind als Anregungen für korrosionsgerechtes Ge-


stalten von Bauteilen und Konstruktionen zu betrachten. Sie sollen als
Checkliste verstanden werden, um Konstruktionslösungen auf die mögli-
che Gefahr von Korrosionsschäden zu überprüfen. Für die Beurteilung von
5.5 Beispiele für korrosionsgerechtes Konstruieren 273

Korrosionsgefahren sind zusätzlich die im Abschn. 5.1 genannten Einfluß-


faktoren zu berücksichtigen.

Verhindern von Feuchtigkeitsansammlungen

Ansammlungen von Feuchtigkeit kann man durch Drainage bzw. durch


Vermeiden von Wannen verhindern, s. Bild 5.5.1. Man beachte, daß auch
in Innen- und Hohlräumen Feuchtigkeitsansammlungen durch Schwitz-
wasserbildung auftreten können.

Bild 5.5.1 Konstruktives Verhindern von Feuchtigkeitsansammlungen

Schwitzwasserniederschlag an kalten Oberflächen ist in der Regel kein


Problem, solange anschließend durch Belüftung eine längere Trocken-
phase möglich ist. Problematisch können Stützen und Befestigungspunkte
bei isolierten Rohrleitungen, Tanks, Containern und Transportfahrzeugen,
die warme Füllgüter enthalten, sein, s. Bild 5.5.2. Die Schwitzwasserkon-
densation läßt sich an solchen Wärmebrücken durch Isolierung vermeiden.

Bild 5.5.2 Vermeiden von Schwitzwasserkondensation durch Isolierung von


Wärmebrücken
274 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

(Höglund, T.; Kosteas, D.; Lundberg, S.: Special Design Issues, TALAT
Lecture 2205, 1994).

Vermeiden von Spalten

Spalte entstehen meistens an Fügestellen und Verbindungen. Bei der Ver-


wendung von stranggepreßten Bauelementen, kann man Spalte durch Ver-
ringerung der Auflageflächen reduzieren, in dem die Auflagefläche profi-
liert wird, s. Bild 5.5.3. Häufig sind weniger konstruktiv als fertigungs-
bedingte Spalte die Ursache für Spaltkorrosionserscheinungen. Die Dar-
stellungen in den Bildern 5.5.4 und 5.5.5 machen auf solche Fälle
aufmerksam und geben Anregungen zu deren Vermeidung.

Bild 5.5.3 Vermeiden von Spalten an Verbindungs- und Fügestellen in Profilkon-


struktionen durch Ausnutzung der Gestaltungsmöglichkeiten von Strangpreßpro-
filen. (Höglund et al. 1994)

Bild 5.5.4 Beispiele für fertigungsbedingte Spalte und Anregungen zur Vermei-
dung von Spaltkorrosion bei flüssigkeitsdichten Schraubverbindungen: a) keine
porösen oder absorbierenden Dichtungswerkstoffe verwenden und b) Dichtungen
möglichst genau zuschneiden
5.5 Beispiele für korrosionsgerechtes Konstruieren 275

Bild 5.5.5 Schweißverbindungen mit Spalten: a) Spalte bei Stumpfstößen infolge


mangelhafter Durchschweißung und Nahtüberhang sowie b) bei Überlappstößen,
c) Stumpfstöße möglichst einseitig oder beidseitig voll durchschweißen, d) Spalt
abdichten oder mit Gegenlage versehen. (Höglund et al. 1994)

Vermindern der Kontaktkorrosionsgefahr


Kontaktkorrosionsgefahr ist ausgeschlossen, wenn die beiden Kontaktpart-
ner von einander isoliert sind und der elektrische Kontakt zwischen den
unterschiedlichen Metallpartnern vollständig unterbrochen ist. Eine isolie-
rende Dichtung allein ist jedoch nicht ausreichend, falls über Verbin-
dungselemente oder angeschlossene Komponenten ein Nebenschluß be-
steht. Bei komplexen Konstruktionen, z.B. im Schiffbau, ist ein Neben-
schluß allerdings nicht immer so offensichtlich wie in Bild 5.5.6 bei-
spielhaft dargestellt.

Bild 5.5.6 Elektrische Isolierung der Kontaktpartner zur Vermeiden von Kontakt-
korrosion mit und ohne Nebenschluß. Verbindung „A“ verursacht Kontaktkorro-
sion, Verbindung „B“ vermeidet Kontaktkorrosion (Gazapo 1994)

Bei Metallpaarungen soll das Flächenverhältnis des edleren Partners


zum unedleren Partner möglichst gering sein. Bild 5.5.7 zeigt beispielhaft,
daß die Verwendung einer Aluminiumschraube in einem Stahlteil den Kor-
rosionsangriff bei der Schraube verstärkt. Eine Stahlschraube in einem
Aluminiumteil ist dagegen weniger kritisch, da die Korrosionsstromdichte
auf dem Aluminiumteil geringer ist. Das Beispiel läßt sich auf andere me-
276 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

chanische Fügelemente (Nieten, Stanzmuttern, etc.) analog übertragen. Für


die mechanische Verbindung von Aluminiumteilen sollten möglichst
werkstoffgleiche Fügeelemente verwendet werden oder alternativ Fügee-
lemente mit neutralen oder kathodischen Schutz bietenden Beschichtungen
versehen sein.

Bild 5.5.7 Vermeiden von ungünstigen Flächenverhältnissen bei Metallpaarungen.


Beispiel für den Einfluß des Flächenverhältnisses zwischen Anode und Kathode
auf die Korrosionsstromdichte. Eine Verringerung der aktiven Oberfläche des ed-
leren Partners z.B. durch Beschichten vermindert zusätzlich die Gefahr von Kor-
rosion. (Gazapo 1994)

Im Beispiel in Bild 5.5.8 wurde eine Schutzleiste aus rostfreiem Stahl


mit Stahlschrauben an einer beschichteten Aluminiumkonstruktion befe-
stigt und führte bereits nach kurzer Zeit zu erheblichen Korrosionsschäden
mit Lackunterwanderung ausgehend von den Befestigungslöchern (kleine

Bild 5.5.8 Kontaktkorrosionsschaden an der beschichteten Aluminiumunterkon-


struktion durch die Befestigung einer Schutzleiste aus rostfreiem Stahl (ungünsti-
ges Flächenverhältnis zwischen Edelstahlleiste und Befestigungslöchern im Alu-
minium) (Molle et al. 1986)
5.5 Beispiele für korrosionsgerechtes Konstruieren 277

Kontaktfläche im Aluminiumteil gegenüber der großen Oberfläche des


Stahlteils). Eine Isolierung des Aluminium gegenüber der Stahlschraube
oder zumindest gegenüber der Edelstahlleiste hätte den Schaden verhin-
dert.
Die Befestigung von Aluminium- mit Stahlkonstruktionen ist besonders
im Schiffbau kritisch und bedarf besonderer Maßnahmen. Bild 5.5.9 zeigt
eine kontaktkorrosionssichere Schraubverbindung für korrosionsgefähr-
deten Einsatz, indem die Kontaktstellen vollständig voneinander isoliert
sind. Zusätzlich zur elektrischen Isolierung der Füge- und Verbindungs-
teile können die Widerstände beim Ionentransport im Elektrolyten durch
Vergrößerung der Entfernung zwischen den metallblanken Kontaktstellen
mit Hilfe von Dichtmassen vergrößert werden.

Bild 5.5.9 Beispiel für eine korrosionssichere Schraubverbindung für korrosions-


gefährdeten Einsatz (Höglund et al. 1994)

Bei Verbindungen von Rohrleitungen aus Kupfer und Aluminium kann


eine Isolierung an den Verbindungsstellen nicht ausreichend sein, wenn
die Strömung der Flüssigkeit vom Kupfer- zum Aluminiumrohr gerichtete
ist und dadurch die Gefahr von Cu-Niederschlag im Aluminiumrohr be-
steht, s. Bild 5.5.10. Bei umgekehrter Strömungsrichtung ist eine solche
Verbindung unproblematisch.
Bei dauernder Feuchtigkeitseinwirkung ist ein kathodischer Schutz
durch Anbringen von Opferanoden oder durch Fremdstrom möglich, wo-
durch der gefährdete Teil der Konstruktion in den Passivbereich polarisiert
wird. Bild 5.5.11 zeigt Opferanoden an einem Aluminiumbootsrumpf zur
Abschirmung gegen galvanische Ströme verursacht durch den Buntmetall-
propeller. Für den kathodischen Schutz von Aluminium wurden besondere
Opferanodenwerkstoffe entwickelt.
278 5 Korrosionsverhalten von Aluminium

Bild 5.5.10 Kontaktkorrosion in Rohrleitungen aus Aluminium und Kupfer durch


ungünstige Strömungsrichtung der Leitungsflüssigkeit. (Höglund et al. 1994)

Bild 5.5.11 Beispiel für Opferanoden an einem Aluminiumbootsrumpf (Bouet-


Griffon et al. 1993)
6 Mechanische Eigenschaften

Bei der Wahl der Legierung und der Halbzeugart für den jeweiligen An-
wendungsfall sind neben der Beurteilung der Verarbeitungseigenschaften,
wie Verformbarkeit, Schweißbarkeit und Zerspanbarkeit, sowie des Korro-
sionsverhaltens unter den beabsichtigten Einsatzbedingungen vor allem die
Kenntnis der Festigkeits- und Duktilitätseigenschaften von Bedeutung. Die
letzteren beiden Eigenschaften bestimmen sowohl die Auslegung des Bau-
teils als auch das Umformverhalten und das Verhalten unter Mißbrauch
und Crash.
In diesem Kapitel wird zunächst auf die Ermittlung der Festigkeitsei-
genschaften eingegangen und die Stoffgesetze betrachtet, die das Verhal-
ten der Aluminiumlegierungen bei plastischer Verformung beschreiben.
Weiterhin wird der Begriff der Duktilität behandelt, der für die Verarbei-
tung und für die Bauteilsicherheit eine entscheidende Rolle spielt. Wenn
auch die Duktilität mit verschiedenen Kennwerten ausgedrückt wird, so ist
letztlich der Bruchvorgang entscheidend, der durch das Gefüge, die plasti-
sche Vorgeschichte und den Spannungs- und Dehnungszustand beeinflußt
wird. Der duktile Bruchvorgang durch Zugbeanspruchung („Modus I“)
wird gemeinhin als Folge von Lochbildung und Lochwachstum in dem
überbeanspruchten Werkstoffvolumen verstanden. Die Duktilität als
Grenzmaß der plastischen Verformbarkeit wird – neben den Einflüssen des
Spannungs- und Dehnungszustandes – allerdings durch Gefügeparameter
beeinflußt und ist dadurch abhängig von den Herstellungsbedingungen und
dem Werkstoffzustand. Auf diese Werkstoffeinflüsse wird besonders ein-
gegangen.
Schließlich wird das Verhalten unter zyklischer Beanspruchung be-
trachtet, das für Leichtbaukonstruktionen große Bedeutung hat. Die Me-
chanismen des Ermüdungsvorgangs und -bruchs werden ebenfalls unter
dem Gesichtspunkt der Gefügeeinflüsse behandelt mit dem Ziel, Auswir-
kungen von Werkstoffzustand und Verarbeitungsbedingungen, z.B. durch
mechanische Bearbeitung und Schweißen, auf das Schwingfestigkeitsver-
halten verständlich zu machen.
280 6 Mechanische Eigenschaften

6.1 Statische mechanische Kennwerte

Festigkeit und Verformbarkeit eines Werkstoffs sind abhängig vom Span-


nungs- und Dehnungszustand der jeweiligen Beanspruchungsart. Es ist da-
her üblich, die grundlegenden Festigkeitseigenschaften bei einem defi-
nierten Spannungszustand zu beschreiben, wozu der einachsige Zugver-
such dient. Zugleich erhält man aus dem Zugversuch Aussagen über das
Verfestigungsverhalten des Werkstoffs, d.h. über die Abhängigkeit des
Verformungs- oder der Fließspannung vom Verformungsgrad. Zur Extra-
polation der Fließspannung auf größere Verformungsgrade und zur Über-
tragung auf mehrachsige Beanspruchungszustände können weitgehend
werkstoffunabhängige Berechnungsansätze herangezogen werden.

Festigkeitswerte
Grundlage für die Festigkeitsermittlung ist das (quasi-statische) Span-
nungs-Dehnungsdiagramm des Werkstoffs, das an genormten Zugprobe-
stäben und nach genormten Durchführungsbestimmungen ermittelt wird
[DIN EN 10002-1]. Als charakteristische Festigkeitsmerkmale werden
daraus die 0,2% Dehngrenze, Rp0,2, und die Zugfestigkeit, Rm, bestimmt, s.
Bild 6.1.1, die bei einer bleibenden Dehnung von 0,2% bzw. bei Höchst-
last aus dem Last-Verlängerungsdiagramm durch Bezug auf die Aus-
gangsabmessungen der Probe, Querschnitt F0 und Meßlänge L0, ermittelt
werden.

Bild 6.1.1 Definitionen im Spannungs-Dehnungsdiagramm für Aluminiumwerk-


stoffe

Da Aluminiumlegierungen – mit Ausnahme von AlMg-Legierungen –


keine ausgeprägte Streckgrenze (Lüdersdehnung) haben, wird die Dehn-
6.1 Statische mechanische Kennwerte 281

grenze Rp0,2 als Bemessungskennwert bei einer 0,2% bleibenden Verfor-


mung gegenüber dem rein elastischen Verhalten ermittelt. Dieses „Setzen“
kann für die Stabilität von Druckstäben bereits kritisch sein. Für Stabili-
tätsrechnungen mit finiten Elementen wird daher das Spannungs-Deh-
nungsgesetz im Bereich und unterhalb der 0,2%-Dehngrenze üblicher-
weise durch das Ramberg-Osgood Werkstoffgesetz dargestellt. Näheres
hierzu s. z.B. (Valtinat 2003). Eine Bestimmung der Stauchgrenze für
Aluminium und seine Legierungen ist unüblich, da Dehngrenze und
Stauchgrenze – anders als bei anderen Strukturwerkstoffen – nahezu iden-
tisch sind, s. Bauschingereffekt, Abschn. 3.1 und 6.4.

Bruchdehnung
Als Maß für die Duktilität dient die Bruchdehnung, A, die sich aus einem
Anteil gleichmäßiger Dehnung der Meßlänge und – nach Erreichen der Ma-
ximallast – einer lokalen Einschnürdehnung zusammensetzt. Dadurch ergibt
sich eine Meßlängenabhängigkeit der Bruchdehnung, die je nach Wahl des
Probestabes als A5 oder A10 (kurzer bzw. langer Proportionalstab nach DIN
50145 (alt)), bzw. als A50 oder A80 (Meßlänge 50 mm bzw. 80 mm nach DIN
EN 10002-1) bezeichnet wird und unterschiedliche Wertangaben beinhaltet.
Durch die Meßlängenabhängigkeit ist die Bruchdehnung folglich kein
grundlegender Duktilitätswert, kann aber als Verformbarkeitsmerkmal für
vergleichende Qualitätsbeurteilung herangezogen werden.
In den einschlägigen Normen über Aluminium und Aluminiumlegierun-
gen – s. Anhang Tabelle A.3 – findet man garantierte Mindestwerte für
0,2-Dehngrenze, Zugfestigkeit und Bruchdehnung der handelsüblichen
Aluminiumlegierungen, Formate und Halbzeuge, die als Grundlage für
konstruktive Berechnungen und für Regelwerke herangezogen werden
müssen. Die Mindestwerte ergeben sich durch Auswertung einer statistisch
signifikanten Anzahl von Prüfungen verschiedenster Chargen, die auch
den Einfluß der Materialdicke und der unterschiedlichen Produktionsab-
läufe bei verschiedenen Herstellern berücksichtigen. Gegenüber den Min-
destwerten sind die Mittelwerte oder „typischen“ Werte aussagefähiger für
das Werkstoffverhalten, da sie die gegenläufige Abhängigkeit von Festig-
keit und Duktilität richtiger wiedergeben. Typische Festigkeitseigenschaf-
ten für zahlreiche handelsübliche Knetlegierungen enthält Tabelle A.1.2
(Anhang).

Gleichmaßdehnung
Die Gleichmaßdehnung, Ag, stellt das Werkstoffverhalten unter definier-
tem einachsigen Spannungszustand dar. Als Werkstoffkennwert für die
282 6 Mechanische Eigenschaften

Verformbarkeit ist die Gleichmaßdehnung deshalb aussagefähiger als die


Bruchdehnung, die die lokale Dehnungskonzentration im Einschnürbereich
unter dem dort herrschenden mehrachsigen Spannungszustand enthält. Der
Wert der Gleichmaßdehnung aus dem einachsigen Zugversuch ändert sich
jedoch mit dem Spannungs- und Dehnungszustand, s. Verlauf der Grenz-
formänderungskurve in Abschn. 6.7.3.
Die Gleichmaßdehnung, Ag, wird entsprechend den Definitionen in Bild
6.1.1 bei Maximallast (dP = 0) erreicht. Moderne Zugprüfmaschinen er-
lauben die automatische, rechnergestützte Auswertung des Zugversuchs
und ergeben zuverlässige Werte für die Gleichmaßdehnung, sofern ent-
sprechende Filter zum Ausgleich von dynamischen Reckalterungserschei-
nungen im Rechnerprogramm vorgesehen sind (Aegerter et al. 2003). Wie
unter Abschn. 6.2 beschrieben ist die Gleichmaßdehnung auch Ausdruck
des Verfestigungsvermögens des Werkstoffs. Die Gleichmaßdehnung er-
reicht bei Aluminiumknetlegierungen höchste Werte in den Zuständen lö-
sungsgeglüht und weichgeglüht und nimmt mit zunehmender Kaltverfesti-
gung und Aushärtung ab.

Brucheinschnürung
Die Brucheinschnürung, Z, wird häufig als grundlegender Duktilitätswert
oder als Maß für die Grenzverformbarkeit des Werkstoffs betrachtet, da sie
die Verformbarkeit im Augenblick des Trennbruchs darstellt. Der Wert der
Brucheinschnürung enthält die Auswirkungen der mikrostrukturellen Vor-
gänge der Bruchbildung und gibt Hinweise auf das Bruchverhalten. Als
Brucharten treten der Einschnürbruch (Tasse-Kegel-Bruch), der Scher-
bruch oder ein Mischbruch beider Arten auf. Für die Aussagefähigkeit und
Vergleichbarkeit der Brucheinschnürung sind die Probenform sowie die
Bruchart und -lage zu berücksichtigen, s.a. Abschn. 6.3. Durch die bei
duktilen Werkstoffen auftretende Einschnürung unterliegen die Bruchme-
chanismen dem Einfluß des Spannungszustands, der zur Probenachse hin
an Mehrachsigkeit zunimmt.
Die Ermittlung der Brucheinschnürung erfolgt durch das manuelle
Ausmessen der Bruchfläche, Fbr, des Zugstabes mit üblicher Meßtechnik,
lichtmikroskopisch oder mit Tastern. Die Brucheinschnürung, Z, errechnet
sich durch Bezug der Querschnittsänderung F0 – Fbr auf den Ausgangs-
querschnitt, F0, nach der Beziehung

Z = (F0 – Fbr)/F0.100 [%] (6.1.1)

Die sog. „wahre“ Bruchdehnung ϕbr errechnet man aus Z als logarithmi-
sche Formänderung wie folgt:
6.1 Statische mechanische Kennwerte 283

ϕbr = ln(1/1-Z) = ln(F0/Fbr) (6.1.2)

Während bei zylindrischen Probenquerschnitten und mäßiger Anisotro-


pie die Ermittlung von Z relativ zuverlässige Meßwerte ergibt, ist bei dün-
nen Flachproben dieser Duktilitätswert mit einer gewissen Meßunsicher-
heit behaftet. Hinzu kommt, daß die Einschnürzone bei Flachproben
normalerweise nicht senkrecht zur Probenachse verläuft, sondern unter ei-
nem Winkel, der theoretisch bei einem isotropen Werkstoff 54,7° beträgt
(Hill 1950, McClintock et al. 1966). Abweichungen vom theoretischen
Winkel lassen auf Textureinflüsse schließen. In der Praxis streuen die
Winkel der Einschnürung bei Flachproben zwischen 52° und 66° (We-
bernig et al. 1986).
Durch Ermittlung der Brucheinschnürung kann man die „wahre“ Bruch-
festigkeit, σbr, bestimmen. Wenn die Bruchlast, Pbr, im Zugversuch mit
ausreichender Genauigkeit ermittelt werden kann, ergibt sich die Bruchfe-
stigkeit („Reißfestigkeit“), Rbr, durch Bezug auf die Bruchfläche Fbr. Al-
lerdings wird die Bruchlast durch den mehrachsigen Spannungszustand er-
höht. Die Korrektur der experimentellen Meßwerte auf den einachsigen
Spannungszustand wird üblicherweise nach dem Vorschlag von Bridgman
(Bridgman 1952) anhand der halbempirischen Formel
Pbr / Fbr
σ br = (6.1.3)
(1 + 2R/rn ) ⋅ ln(1 + rn /2R )

vorgenommen, indem das Verhältnis des Radius des Probenquerschnitts,


rn, zum Radius der Einschnürzone, R, ermittelt wird, s. Bild 6.1.2. Für die
Bridgman-Korrektur ist daher die Ermittlung des kleinsten Einschnürra-
dius, R, erforderlich.

Bild 6.1.2 Bezeichnungsweise zur Korrektur nach Bridgman


284 6 Mechanische Eigenschaften

Kennwerte des Torsionsversuchs


Der Torsionsversuch eignet sich vornehmlich für die Ermittlung von
Fließkurven – s. Abschn. 6.2 –, liefert aber auch zuverlässige Informatio-
nen über die wahre Duktilität des Materials, da bis zum Bruch keine Ein-
schnürung entsteht und deshalb der reine Scherspannungszustand unverän-
dert bleibt. Er wird an Probestäben mit zylindrischer Meßlänge
durchgeführt, s. Bild 6.1.3. Problematisch ist der Gradient der Scherung γ
und Schubspannung τ über dem Probenradius R, dem bei der Auswertung
des Versuchs Rechnung getragen werden muß. Die Scherbruchdehnung
γmax beim Probenbruch bezieht sich auf den Durchmesser der Probe. Nach
Umrechnung über ein Fließkriterium in die Vergleichsdehnung entspricht
sie der „wahren“ Bruchdehnung ϕmax des Materials bei einem Mehrachsig-
keitsgrad T = 0 (s. Abschn. 6.7.1). Der Torsionsversuch ist vor allem dann
sinnvoll, wenn einerseits eine vollständige Fließkurve des Materials be-
stimmt werden soll und andererseits genügende Materialdicke vorliegt
(Schmiedeteile, Strangpreßteile, Platten). Die Torsionsfließkurven eignen
sich besonders für die Berechnung oder Abschätzung des Kraft- und Ar-
beitsbedarfs beim Kaltfließpressen, bei dem hohe Umformgrade auftreten
können, s. Kap. 11. Im Anh. A.1.7 sind Fließkurven für verschiedene Le-
gierungen in unterschiedlichen duktilen Ausgangszuständen dargestellt,
die im Torsionsversuch ermittelt wurden.

Bild 6.1.3 Zur Definition der Größen im Torsionsversuch

Für die Umrechnung von Drehmoment Mt in Schubspannung τ kann der


Ansatz von Ludwik und Scheu (Ludwik et al 1925) gewählt werden

1 ⎡ d Mt ⎤
τ= ⋅ ⎢3M t + γ R ⋅ ⎥ (6.1.4)
2 ⋅ π ⋅ R3 ⎣ dγ R ⎦

mit τ = Schubspannung [N/mm²], R = Radius der Probenmeßlänge, L =


6.1 Statische mechanische Kennwerte 285

Meßlänge der Probe, Mt = Drehmoment [Nm], γR = Scherung bei Radius R


und φ = Verdrehwinkel. Die Scherung γR errechnet sich aus

φ ⋅R 2 ⋅ π ⋅U ⋅ R
γR = = (6.1.5)
L L

mit U = Zahl der Umdrehungen.


Die Umrechnung von Schubspannung τ in Normalspannung kf (Fließ-
spannung) erfolgt mit Hilfe eines geeigneten Fließkriteriums, z.B. der
Schubspannungshypothese von Tresca oder der Gestaltänderungsenergie-
hypothese von v. Mises, s. Abschn. 6.7.1. Der Vergleich der Fließkurven
aus Legierung EN AW-6082-T4 mit der aus dem Zugversuch ermittelten
Fließkurve in Bild 6.1.4 zeigt eine bessere Übereinstimmung mit der nach
v. Mises berechneten Fließkurve. Welches Fließkriterium die bessere
Übereinstimmung mit den Zugversuchsergebnissen liefert, hängt u.a. von
der Legierungszusammensetzung und dem Werkstoffzustand ab.
Die unter reiner Scherung im Torsionsversuch ermittelten „wahren“
Bruchdehnungswerte sind deutlich höher als die Werte aus der Einschnü-
rung im Zugversuch. Tabelle 6.1.1 enthält Vergleichsangaben für ver-
schiedene Aluminiumlegierungen im Zustand weich.

Bild 6.1.4 Fließkurven der Legierung EN AW-6082-T4 (Schmiedeteil) in doppel-


logarithmischer Darstellung ermittelt im Torsionsversuch mit dϕ/dt = 8.10-3 s-1
und ausgewertet nach verschiedenen Fließkriterien sowie im Zugversuch (Rp0,2 =
181 N/mm², Rm = 271 N/mm², Ag = 13,9 %, A5 = 18,2 %, Z = 40 %) mit dϕ/dt =
5.10-4 s-1
286 6 Mechanische Eigenschaften

Tabelle 6.1.1 Wahre Bruchdehnung im Zug- und Torsionsversuch


Legierung Rp0,2 Rm A5 Z ϕBr *)
ϕmax *)
EN AW- [N/mm²] [N/mm²] [%] [%] [–] [–]
1050A-0 62 105 48 95 2,99 3,65
2017A-0 120 206 19,5 57 0,84 1,24
3003-0 77 141 32 84 1,83 3,12
5754-0 78 203 29 81 1,66 1,89
5049-0 80 213 30 53 0,76 2,10
6060-0 65 100 27 77 1,46 2,45
6061-0 44 115 35 63 0,99 1,92
6082-0 84 140 29 70 1,20 2,25
7020-0 76 180 27 51 0,71 1,85
7075-0 82 212 25 45 0,59 1,20
*)
Duktilität im Zugversuch ϕBr = ln(1/(1-Z); Duktilität im Torsionsversuch
ϕ max = γmax /2 (n. Tresca)

6.2 Fließkurve, Verfestigung, Anisotropie, Verformbarkeit

Das plastische Verhalten der Aluminiumwerkstoffe wird bestimmt durch


Verfestigungs- und Entfestigungsvorgänge, s. Abschn. 3.1.2. Beide Pro-
zesse werden entscheidend von der Legierungszusammensetzung und vom
Gefügezustand beeinflußt. Als Ausgangszustand für die Betrachtungen
zum plastischen Verhalten wird üblicherweise der unverformte, rekristalli-
sierter Zustand gewählt, der sich durch eine geringe Anfangsdichte an Ver-
setzungen auszeichnet. Dieser Zustand wird durch Weichglühen oder – bei
aushärtbaren Legierungen – durch eine Lösungsglühung und anschließen-
de Kalt- oder Warmaushärtung erzeugt. Das für das plastische Verhalten
verantwortliche Versetzungsverhalten kann sich jedoch im Weichzustand
deutlich vom Versetzungsverhalten im Aushärtungszustand unterscheiden
und dadurch letztlich auch den Bruchvorgang unter statischen und zykli-
schen Beanspruchungen beeinflussen.
Abgesehen von den zuvor genannten Festigkeits- und Duktilitätswerten
können aus dem Zugversuch zwei weitere Werkstoffangaben entnommen
werden, die für die Beschreibung des plastischen Verhaltens bei größeren
Formänderungen von erheblicher Bedeutung sind, nämlich das Verfesti-
gungsvermögen und die Anisotropie der mechanischen Eigenschaften.
Wegen der größeren plastischen Formänderungen werden Spannungen und
Dehnungen nicht auf die Ausgangsdimensionen (Meßlänge L0 und Meß-
längenquerschnitt F0), sondern auf die momentanen Probenquerschnitte
und -längen (F, L) bezogen und als „wahre“ Spannungen und Dehnungen
(oder Formänderungen) bezeichnet. Die Beziehung zwischen den auf die
6.2 Fließkurve, Verfestigung, Anisotropie, Verformbarkeit 287

Ausgangsdimensionen bezogenen Spannungen, σ = P/F0, und Dehnungen,


ε = (L – L0)/L0, und den „wahren“ Spannungen, σw, und Dehnungen, ϕ,
wurde zuerst (1909) von Ludwik (Ludwik 1909) vorgeschlagen:

σw = σ(ε + 1) (= kf) (6.2.1)

ϕ = ln(ε + 1) (6.2.2)

Die Größen σw und ϕ werden in der Umformtechnik als „Fließspan-


nung“, kf, und als „logarithmische Formänderung“ bezeichnet. Die loga-
rithmische Formänderung ϕ ergibt sich aus der Integration aller auf die
momentane Meßlänge, L, bezogenen Dehnungsinkremente, dL, über der
Gesamtlängenänderung L - L0:
L
dL L
ϕ= ∫ L
= ln
L0
= ln(ε + 1) (6.2.3)
L0

Fließkurve

Durch Umrechnung der Spannungs-Dehnungskurve (σ = f(ε)) über dem


Bereich der Gleichmaßdehnung in die „wahre Spannungs-Dehnungskurve“
erhält man die sog. Fließkurve kf = f(ϕ) des Werkstoffs. Die Beziehung
zwischen Fließspannung und logarithmischer Formänderung kann nähe-
rungsweise durch eine parabolische Funktion ausgedrückt werden:

kf = σ0 + K.ϕ n (6.2.4a)

bzw.

kf = K.ϕ n (6.2.4b)

Hierin bedeuten n der Verfestigungsexponent, σ0 die Fließgrenze bei ϕ = 0


und K eine Konstante („Verfestigungskoeffizient“). Diese P. Ludwik bzw.
J.H. Hollomon zugeschriebenen Fließgesetze bilden sich bei doppelt loga-
rithmischer Auftragung als Gerade mit der Steigung n ab. Der Verfesti-
gungsexponent, n, ist jedoch bei genauerer Analyse über der gesamten
Fließkurve nicht konstant. Der n-Wert wird daher je nach Übereinkunft für
einen bestimmten Dehnungsbereich ausgewertet, z.B. zwischen ε = 5 und
15% plastischer Dehnung oder zwischen ε = 2% und (Ag – 1) %. Zu Ver-
gleichszwecken sollte daher der n-Wert mit dem Dehnungsbereich der
Auswertung gekennzeichnet werden. Empfehlungen für die Auswertung
288 6 Mechanische Eigenschaften

des Verfestigungsexponenten enthält z.B. ISO 10 275. Je nach Alu-


miniumlegierung und Werkstoffzustand ergeben sich n-Werte zwischen
0,05 und 0,4.
Der n-Wert beschreibt das Verfestigungsvermögen des Materials und
beeinflußt die Gleichmaßdehnung, Ag. Unterstellt man der Spannungs-
Dehnungskurve in Bild 6.1.1 das Ludwik-Hollomonsche Fließgesetz, (Gl.
(6.2.4b)), erhält man bei Höchstlast (dP = 0) eine Äquivalenz zwischen n-
Wert und (logarithmischer) Gleichmaßdehnung (Dieter 1961):

P = σw . F (6.2.5)

mit F = momentanem Probenquerschnitt bei Höchstlast P, L = momentaner


Meßlänge, σw = „wahre“ Spannung (Fließspannung, kf) und ϕg = „wahre“
(logarithmische) Gleichmaßdehnung bei Höchstlast gilt:

dP = σw.dF + F.dσw = 0
bzw.

dσw/σw = − dF/F = dL/L = dϕ


bzw.

dσw/dϕ = σw (6.2.6a)

Aus Gl. (6.1.4) und

dσw/dϕ = n.K. ϕn-1

ergibt sich

n = ϕ = ϕg (6.2.6b)

bzw.

Ag = en – 1 (e = Eulersche Zahl) (6.2.6c)

Ein hoher n-Wert entspricht also einer hohen Gleichmaßdehnung, ist


günstig für alle Umformvorgänge und verzögert die plastische Instabilität,
d.h. das Versagen durch Einschnürung und Bruch. Weiche Werkstoffzu-
stände liefern günstige n-Werte. Kaltverfestigungen, auch geringe Verfe-
stigungsgrade, vermindern den n-Wert deutlich. Abgesehen vom Werk-
6.2 Fließkurve, Verfestigung, Anisotropie, Verformbarkeit 289

stoffzustand wird der n-Wert von der Legierungszusammensetzung und


der Korngröße beeinflußt.
Die mathematische Modellierung des Fließgesetzes ermöglicht die Ex-
trapolation der Fließkurve über die Gleichmaßdehnung des Zugversuchs
hinaus, was für höhere Umformgrade sowie für FEM-Rechnungen von
Verformungsprozessen erforderlich sein kann, s. Bild 6.2.1. Die Zuverläs-
sigkeit der Extrapolation setzt jedoch eine möglichst genaue mathemati-
sche Übereinstimmung mit der experimentellen Fließkurve voraus. Unter
den verschiedenen alternativen, aber gegenüber dem Fließgesetz von Lud-
wik-Hollomon komplexeren Funktionsansätzen hat sich der Ansatz von
Voce (Voce 1948) für Aluminiumlegierungen als besonders geeignet her-
ausgestellt, s. Bild 6.2.2.
Bild 6.2.1.a und b zeigt beispielhaft Fließkurven von Walzblechen der
Aluminiumlegierungen EN AW-5754-O und EN AW-6016-T4, wobei die
Zugproben in drei verschiedenen Orientierungen zur Walzrichtung ent-
nommen wurden. Die Fließkurven wurden mit Hilfe der Ludwik-Bezie-
hung extrapoliert.
Wie die Fließkurven in Bild 6.2.1 zeigen, ist das Fließverhalten Orien-
tierungseinflüssen in der Blechebene unterworfen, die auf Textureinfluß
beruhen. Die Intensität des Orientierungseinflusses ist abhängig von der
Legierungszusammensetzung und vom Werkstoffzustand sowie von den
Herstellungsbedingungen (Walzen, Strangpressen, Schmieden). Darüber
hinaus haben Korngröße und -form – globulitisch, gestreckt oder Faserge-
füge – Einfluß auf die Orientierungsabhängigkeit der Fließkurve.

Bild 6.2.1.a
290 6 Mechanische Eigenschaften

Bild 6.2.1.b
Bild 6.2.1 Fließkurven von Blechwerkstoffen der Legierungen a) EN AW-5754-0
und b) EN AW-6016-T4 in verschiedenen Orientierungen zur Walzrichtung. Die
Fließkurven wurden mit Hilfe der Ludwik-Beziehung extrapoliert (Quelle: Keller,
S., Hydro Aluminium Deutschland GmbH)

Bild 6.2.2 Extrapolation der Fließkurve der Blechlegierung EN AW-5754-0 mit


den Fließgesetzen von Ludwik, Hockett-Sherby und Voce. Koeffizienten s. Tabel-
le 6.2.1 (Quelle: Keller, S., Hydro Aluminium Deutschland GmbH)
6.2 Fließkurve, Verfestigung, Anisotropie, Verformbarkeit 291

Tabelle 6.2.1 Koeffizienten der verschiedenen Fließkurvenextrapolationen in


Bild 6.2.2 nach Ludwik, Hockett-Sherby und Voce am Beispiel der Legierung EN
AW-5754-O (Quelle: Keller, S., Hydro Aluminium Deutschland GmbH)
Legierung AlMg3-O/H111
Orientierung 0° zur WR 45° zur WR 90° zur WR
Ludwik φ < φ*: Rp0,2; φ > φ*: kf = K. φn
Rp0,2 MPa 97 93 95
φ* – 0,006 0,006 0,006
K MPa 451,7 432,3 427,7
n – 0,297 0,300 0,293
Hockett-Sherby kf = kfS - (kfS - kf0). exp(-m . φn)
kf0 MPa 89,6 85,9 86,9
kfS MPa 275,7 263,9 264,2
m – 12,15 12,09 12,30
n – 0,938 0,948 0,947
Voce (modifiziert) kf = kf0 + (kf1 + Θ1. φ). (1 - exp(-Θ0. φ/ kf1))
kf0 MPa 91,2 87,0 88,1
kf1 MPa 140,4 134,4 138,6
Θ1 MPa 193,9 186,0 160,5
Θ0 MPa 2829 2616 2641

Von besonderem Interesse für die Beschreibung des plastischen Ver-


haltens ist die sog. „senkrechte Anisotropie“, r. Sie ist definiert als das
Verhältnis der logarithmischen Formänderungen in Breitenrichtung, ϕb,
zur Dickenrichtung, ϕt, eines Zerreißstabes bei einer bestimmten Längs-
dehnung, ϕl , im Bereich der Gleichmaßdehnung:

ϕb
r= (6.2.7)
ϕt

In modernen Prüfmaschinen kann der r-Wert kontinuierlich oder bei be-


stimmten Verformungsgraden ermittelt werden. Prüfbestimmungen enthält
die Norm ISO 10 113. Bei einem Wert von r = 1 liegt isotropes Verhalten
vor. Gut umformbare Aluminiumwerkstoffe liegen meistens in geglühten,
rekristallisierten Zuständen vor, haben allerdings in diesen Zuständen r-
Werte < 1. In diesem Fall ist der Fließwiderstand in Blechdickenrichtung
geringer als in Breitenrichtung, wodurch bei Streckziehvorgängen plasti-
sche Instabilität durch Einschnürung begünstigt wird.
Der r-Wert ist texturabhängig und ändert sich folglich mit der Orientie-
rung in der Blechebene. Er wird daher sowohl in Walzrichtung (WR, 0°),
quer zur Walzrichtung (QR, 90°) als auch unter 45° zur Walzrichtung er-
mittelt. Den mittleren r-Wert, rm, erhält man gemäß
292 6 Mechanische Eigenschaften

r0° + 2 ⋅ r45° + r90°


rm = (6.2.8)
4

Beispiele für die Orientierungsabhängigkeit der senkrechten Anisotropie


zeigt Bild 6.2.3. Kaltverfestigte Legierungen haben allgemein eine stärkere
Orientierungsabhängigkeit als Legierungen in weich- oder lösungsgeglüh-
ten Zuständen. Allerdings hängt der r-Wert stark von den thermo-mecha-
nischen Parametern des verwendeten Walzprozesses ab und ist deshalb
produkt- bzw. herstellerabhängig, vgl. Tabelle A.1.6.

Bild 6.2.3 Senkrechte Anisotropie r in Abhängigkeit von der Orientierung zur


Walzrichtung für verschiedene Legierungen bzw. Werkstoffzustände. Die r-Werte
wurden bei der jeweiligen Gleichmaßdehnung ermittelt. WR = Walzrichtung, QR
= quer zur Walzrichtung

Allgemein ist ein möglichst hoher und gleichmäßiger r-Wert in der


Blechebene für gutes Umformverhalten vorzuziehen. Die Höhe und Ver-
teilung des r-Wertes in der Blechebene hat Auswirkungen auf die Form
der Fließortkurve und kann zur groben Bestimmung der Fließortkurve he-
rangezogen werden. Bei größeren r-Wertunterschieden bilden sich beim
Tiefziehen von Näpfen Zipfel und meßbare Schwankungen in der Wand-
dicke aus. Die Variation des r-Wertes in der Blechebene wird als ebene
Anisotropie, ∆r, bezeichnet und ausgedrückt durch:
6.2 Fließkurve, Verfestigung, Anisotropie, Verformbarkeit 293

r0° − 2 ⋅ r45° + r90°


∆r = (6.2.9)
2

Die ebene Anisotropie ∆r kann positive oder negative Werte annehmen,


wodurch die Lage der Zipfel zur Walzrichtung bestimmt wird. Näheres
hierzu s. einschlägige Fachliteratur, z.B. (Pöhlandt et al. 1990, König et al.
1995). Tabelle A.1.6 (Anhang) enthält r-, rm- und ∆r-Werte sowie die zu-
gehörigen charakteristischen Werte der Fließkurven von einer Reihe ver-
schiedener Aluminiumblechlegierungen.

Verfestigungsverhalten
Verformungsverfestigung ist das Ergebnis von Versetzungsmultiplikation
und der Anordnung der Versetzungen in bestimmten Strukturen. Mit der
Zunahme der Versetzungsdichte und der Reaktion der Versetzungen unter-
einander wird der Fließwiderstand erhöht, gleichzeitig kommt es zu ener-
getisch günstiger Anordnung und gegenseitiger Auslöschung von Verset-
zungen, was sich in einer Abflachung der Fließkurve äußert. Der
Verfestigungsprozeß wird daher zunehmend überlagert von einem dynami-
schen Erholungsprozeß, s. a. Abschn. 3.1.
Über die Evolution des Gefüges im Verlauf der Fließkurve von unle-
giertem und niedriglegiertem Aluminium gibt es relativ gesicherte Vor-
stellungen, mit denen mathematische Modellierungen entwickelt werden
konnten (Zehetbauer 1993, Nes et al. 2002). In Reinaluminium arrangieren
sich bereits bei geringen Verformungsgraden die Versetzungen in einer
Zellstruktur mit diskreter Zellgröße und Versetzungsdichte der Zellwände
sowie mit einer geringen Versetzungsdichte im Zellinneren, s. a. Bild
3.1.6. Die Bildung von Versetzungszellen wird durch Quergleiten von
Versetzungen begünstigt, das bei Aluminium aufgrund seiner hohen Sta-
pelfehlerenergie besonders ausgeprägt ist. Mit zunehmender Verformung
verringert sich die Zellgröße, die Versetzungsdichte im Zellinneren nimmt
zu, bis durch dynamische Erholung ein Sättigungszustand eintritt. Im wei-
teren Verlauf erhöht sich die Versetzungsdichte der Zellwände und die
Mißorientierung zwischen den Zellen nimmt bis zu einem Sättigungswert
von 3–4° zu. Schließlich wandeln sich die Zellwände in konkrete Sub-
korngrenzen um. Der spezifische Vorgang der Umwandlung von Zellwän-
den in Subkorngrenzen ist umstritten, wird aber vermutlich durch Verset-
zungsklettern gesteuert, das durch die Zunahme der Leerstellendichte
begünstigt wird. Abhängig von der Art der Kaltverformung bildet sich bei
hohen Verformungsgraden eine diskrete Verformungstextur heraus.
Durch Zulegieren von substitutionsmischkristallbildenden Elementen,
z.B. in AlMg-Legierungen, wird das Verfestigungsverhalten deutlich ver-
294 6 Mechanische Eigenschaften

ändert, s. Bild 3.2.4. Verantwortlich hierfür ist eine Reihe von Faktoren.
Als wichtigste werden die Bremswirkung der gelösten Fremdatome auf die
Versetzungsbewegung, die Verringerung der freien Weglänge der Verset-
zungsbewegung und das planare Gleitverhalten trotz hoher Stapelfehler-
energie angesehen, wodurch gleichzeitig der dynamische Entfestigungs-
prozeß erschwert wird, Näheres s. Abschn. 3.1.2.
In Gegenwart von Sekundärausscheidungsphasen hängt das Verfesti-
gungsverhalten stark vom Kohärenzgrad und der Stabilität der Partikel ab
(Cheng et al. 2003). Bei vollständiger Kohärenz (Cluster und GP-Zonen
bei der Kaltaushärtung oder bei unvollständiger Warmaushärtung) schnei-
den Versetzungen die Ausscheidungszonen in der Gleitebene und ver-
nichten dadurch deren blockierende Wirkung. Das Verfestigungsvermögen
sollte dadurch abnehmen, was aber im Gegensatz zu dem tatsächlich beo-
bachteten hohen Verfestigungsvermögen nach Kaltaushärtung (T4-Zu-
stand) steht. Deshalb wird vermutet, daß bei der plastischen Verformung
eine dynamische Ausscheidung an Versetzungen verursacht wird, die de-
ren Bewegung behindert und außerdem die dynamische Entfestigung un-
terbindet (Deschamps et al. 1999). Im Kaltaushärtungszustand bzw. bei
Teilaushärtung ist außerdem noch ein deutlicher Grad an Übersättigung
gelöster Fremdatome vorhanden, wodurch der Fließwiderstand erhöht
wird. Möglicherweise kann neben dem Versetzungsschneiden der Aus-
härtungszonen auch die Bindung von eingeschreckten Leerstellen an Clu-
ster und GP-Zonen ein mehr planares Gleitverhalten erzeugen, s. Abschn.
3.1.2, Abschn. „Versetzungszellen“. Die Folge dieser Einflüsse ist ein ho-
hes Verfestigungsvermögen sowie eine hohe Gleichmaßdehnung im Zu-
stand T4.
Mit zunehmendem Aushärtungs- und Entmischungsgrad nehmen diese
Einflüsse ab. Im vollwarmausgehärteten Zustand (T6) ist das Verfesti-
gungsvermögen am geringsten, obwohl die Ausscheidungsphasen noch
schneidfähig sind. Mit dem teilweisen oder vollständigen Verlust der Ko-
härenz bei Überalterung (Zustand T7) wird der Übersättigungsgrad des α-
Mischkristalls gering. Dadurch wird das Quergleitverhalten begünstigt,
was wiederum dazu beiträgt, daß Versetzungen die Ausscheidungspartikel
nun leichter „umgehen“ können. Dieser Vorgang erzeugt zunächst eine
größere Versetzungsdichte, und der Fließwiderstand erhöht sich im frühen
Stadium der Verformung, aber das Verfestigungsvermögen nimmt bei wei-
terer Verformung infolge des frühzeitigeren Einsetzens von dynamischer
Entfestigung ab (Dumont et al. 2003). Ein Anzeichen hierfür ist die häufig
überproportionale Abnahme der Zugfestigkeit im Verhältnis zur 0,2%-
Dehngrenze im Bereich der Überhärtung.
Typisch für die Zunahme der dynamischen Entfestigung in überhärtetem
Material ist auch die verringerte Gleichmaßdehnung, was durch einen
6.2 Fließkurve, Verfestigung, Anisotropie, Verformbarkeit 295

Vergleich der Spannungs-Dehnungskurven in Bild 6.2.4 deutlich wird und


sich auch in dem niedrigeren Verfestigungsexponenten n in Bild 6.2.5 wi-
derspiegelt. Die deutliche Zunahme der Brucheinschnürung Z bzw. der

Bild 6.2.4 Einfluß von Teilaushärtung (Zustand T64), Vollaushärtung (Zustand


T6) und Überhärtung (Zustand T7X) auf die Spannungs-Dehnungskurve für
AlMgSi0,5 (6060)-Legierungen. Während im Verlauf der Aushärtung die Bruch-
einschnürung zunimmt, verringern sich Gleichmaßdehnung und Bruchdehnung

Bild 6.2.5 Einfluß des Aushärtungsverlaufs auf die Abhängigkeit der wahren
Bruchdehnung ϕBr und des Verfestigungsexponenten n von der 0,2%-Dehngrenze
bei der Legierung 7075. Rundproben in Walzrichtung aus 35 mm dicken Walz-
platten (Ostermann 1975)
296 6 Mechanische Eigenschaften

wahren Bruchdehnung ϕBr bei Überalterung steht in Gegensatz zum Ver-


halten der Gleichmaßdehnung oder des Verfestigungsvermögens. Vergli-
chen bei gleicher 0,2%-Dehngrenze nimmt die Duktilität durch Überhär-
tung gegenüber dem kalt- bzw. teilausgehärtetem Werkstoffzustand
erheblich zu. Hierbei handelt es sich um ein generelles Verhalten von aus-
härtbaren Legierungen, wie die Bilder 6.2.5 bis 6.2.7 zeigen. Die höhere
Duktilität von überhärtetem Material als Folge der frühzeitig einsetzenden
und verstärkten dynamischen Entfestigung wird jedoch begleitet durch ei-
ne plastische Instabilität, d.h. die Verformung konzentriert sich zunehmend
auf kleinere Materialbereiche (nicht zu Verwechseln mit Dehnungslokali-
sierung in Gleitbändern) bis zum Eintritt des Bruchs. Man erkennt dieses
Verhalten deutlich an der Spur der Meßlängenmarkierung auf der Probe D
der überalterten Torsionsprobe aus Legierung EN AW-7075 in Bild 6.2.8.
Die vorstehende Betrachtung der Verfestigungs- und Entfestigungsvor-
gänge bei der plastischen Verformung und ihre Abhängigkeit vom vorlie-
genden Feingefüge ist die Grundlage für die richtige Wahl des Werkstoff-
zustands für die Kaltumformung, aber auch für das Verständnis des
Versagensverhaltens bei quasi-statischer, dynamischer und schwingender
Beanspruchung. Die Behinderung des Quergleitmechanismus in AlMg-
Legierungen oder in kalt- bzw. teilausgehärteten Legierungen fördert die
Lokalisierung der Verformung in Gleitbänder und verzögert das Eintreten
dynamischer Erholung. Die Folgen sind ein stärkeres Verfestigungsver-
mögen und eine höhere Gleichmaßdehnung. Umgekehrt verringert ver-

Bild 6.2.6 Einfluß von Aushärtung und Überhärtung auf die Brucheinschnürung
der Legierung AA6061 (AlMgSiCu) im Zugversuch; aus Daten von (Liu et al.
2004)
6.2 Fließkurve, Verfestigung, Anisotropie, Verformbarkeit 297

Bild 6.2.7 Brucheinschnürung Z = (F0 – F)/F0 in Abhängigkeit von der 0,2%-


Dehngrenze bei Kalt- und Warmaushärtung der Legierung AA6111, gemessen im
Zugversuch an 1 mm dicken Blechproben. Punktierte Linien deuten eine lineare
Skalierung für den jeweiligen Aushärtungsbereich an. Nach D.J. Lloyd (Lloyd
2003)

Bild 6.2.8 Torsionsproben (Meßlänge 120 mm, Durchmesser 7 mm) aus Walz-
platten der Legierung EN AW-7075 in unterschiedlichen Aushärtungszuständen.
A: teilausgehärtet bei 120 °C (~T63), B: voll ausgehärtet bei 120 °C (~T6), C:
leicht überhärtet durch Stufenaushärtung 120°/175°C (~T79), D: stark überhärtet
durch Stufenaushärtung 120°/175 °C (~T73). ϕmax entspricht der Vergleichsdeh-
nung beim Probenbruch
298 6 Mechanische Eigenschaften

stärktes Quergleitverhalten das Verfestigungsvermögen, und der Prozeß


der dynamischen Entfestigung beginnt frühzeitiger. Als Folge tritt lokal
plastische Instabilität mit „diffuser“ Dehnungskonzentration (Einschnü-
rung) ein, und die Duktilität (definiert als Brucheinschnürung) nimmt zu.

6.3 Bruchvorgang und Bruchverhalten

Das allgemeine Bruchverhalten von Aluminium und seinen Legierungen


entspricht dem für Metalle mit kfz-Gitter typischen duktilen Verhalten,
d.h. der Bruchvorgang erfolgt nach einer plastischen Verformung und ver-
läuft transkristallin. Die plastische Verformung kann zuvor das Ge-
samtvolumen erfassen oder unmittelbar vor dem Bruch in einer starken
Lokalisierung auftreten. Transkristalliner spröder Spaltbruch tritt bei Alu-
minium wie bei den meisten Metallen mit kfz-Gitter – unabhängig von der
Temperatur – nicht auf. Verformungsarmer, spröder Bruch kann bei stark
heterogenem Gußgefüge auftreten, ist aber bei Knetlegierungen aus-
nahmslos auf interkristalline Bruchform oder Bruchanteile zurückzuführen
und beruht in der Regel auf vermeidbaren Anomalien des Gefüges, z.B. in-
folge von groben Korngrenzenausscheidungen, ausgeprägten ausschei-
dungsfreien Korngrenzensäumen, Spannungsrißkorrosionsempfindlichkeit,
Bleisprödigkeit oder Lotbrüchigkeit (Jiang et al. 2003, Deschamps et al.
2001). Zwischen den duktilen verformungsreichen und verformungsarmen
Bruchformen gibt es jedoch gleitende Übergänge, die neben der Legie-
rungsfestigkeit von zahlreichen Einflußfaktoren bestimmt werden.
Im konkreten Fall ist das Bruchverhalten der Aluminiumwerkstoffe da-
her ein sehr komplexes Thema, da die vorablaufenden plastischen Prozes-
se, der Bruchvorgang selbst und der Energieverzehr beim Rißfortschritt
(Bruchzähigkeit) von zahlreichen Einflußfaktoren abhängig sind:
• vom Spannungs- und Dehnungszustand,
• von Temperatur und Verformungsgeschwindigkeit,
• von der Zusammensetzung sowie vom Makro- und Mikrogefüge und
• vom Verfestigungs- bzw. Aushärtungszustand.

Bei ungünstigem Zusammenwirken dieser Faktoren kann ein quasi-


spröder, verformungsarmer Bruch auftreten. Aus anwendungstechnischer
Sicht wird üblicherweise ein verformungsreicher, energieverzehrender
Bruch gefordert. Sicherheitsteile – z.B. im Fahrwerksbereich – müssen
Mißbrauch durch globale Verformung ertragen können und nicht durch
sprödes Bruchverhalten versagen. Die Kenntnis der vorstehenden Einfluß-
faktoren auf das Bruchverhalten hat daher Bedeutung sowohl für die
6.3 Bruchvorgang und Bruchverhalten 299

Formgebung und Verarbeitung als auch für die Anwendung und das
Einsatzverhalten von Aluminiumbauteilen.
Im folgenden wird zunächst eine Übersicht über die wichtigsten
makroskopischen und mikroskopischen Phänomene des Gewaltbruchs von
Aluminiumlegierungen gegeben, die beim einachsigen Zugversuch auftre-
ten und mit Legierungen, Gefüge und Zustand in Zusammenhang gebracht
werden. Der Zugversuch ist die wichtigste praktische mechanische Werk-
stoffprüfung und die auftretenden Erscheinungen können zumindest quali-
tativ auf andere Beanspruchungsarten, z.B. auf den Biegevorgang oder die
Blechverformung, übertragen werden. Das mechanische und Bruchverhal-
ten unter mehrachsigen Spannungszuständen sowie unter erhöhten Bean-
spruchungsgeschwindigkeiten wird in den Abschn. 6.5 bzw. 6.7 beschrie-
ben. Das Bruchverhalten aus der Sicht der quantitativen, linear-elastischen
und elastisch-plastischen Rißbruchmechanik wird nur am Rande behandelt
und geht über den vorgesehenen Rahmen des Buches hinaus.

Makroskopische Bruchphänomene
Makroskopisch kann das Bruchverhalten der Aluminiumwerkstoffen nach
verschiedenen Bruchtypen unterteilt werden, die sich in unterschiedlichen
Bruchflächenausbildungen an Zerreißproben im normalen einachsigen
Zugversuch darstellen, deren grundsätzliche Merkmale aber auch bei ande-
ren quasi-statischen Bruchzähigkeitsuntersuchungen auftreten. Die ver-
schiedenen Brucharten sind schematisch in Bild 6.3.1 dargestellt:
• Typ A ist der klassische duktile Trennbruch, der sog. Trichter- oder
Tassen-Kegel-Bruch (Cup-and-cone fracture), und wird überwiegend an
Rundproben mit deutlicher Einschnürzone beobachtet. Dieser Ein-
schnürbruch ist makroskopisch gekennzeichnet durch eine innere rauhe
Bruchfläche senkrecht zur Zugrichtung (Richtung der Hauptnormal-
spannung), umgeben von glattflächigen Scherlippen mit ca. 45° Nei-
gung zur Zugrichtung (Richtung der maximalen Schubspannung). Der
Anriß beginnt in Probenmitte der Einschnürzone und breitet sich radial
aus. Als auslösendes Bruchkriterium wird gemeinhin die maximal
ertragbare Normalspannung angenommen. Die Bildung des Scherlip-
penrandes unterliegt einem maximalen Schubspannungskriterium. Beim
Tassen-Kegelbruch handelt sich also um einen Mischbruch, der charak-
teristisch für niedrig legierte und sehr reine Werkstoffe sowie für
warmausgehärtetes und überhärtetes Material mit handelsüblicher Rein-
heit ist, s. Bild 6.3.5.
• Typ B ist der Scherbruch mit ca. 45° Neigung der Scherbruchfläche zur
Probenachse. Dieser Bruchtyp entsteht häufig bei dünnwandigen Proben
300 6 Mechanische Eigenschaften

und nach nur schwacher Einschnürung. Als Bruchkriterium wird die


maximal ertragbare Schubspannung zugrunde gelegt. Der Scherbruch ist
typisch für das Verhalten von mittelfesten naturharten und von kaltaus-
gehärteten bzw. teilausgehärteten Legierungen, s. Bilder 6.3.9 und
6.3.12.
• Typ C entsteht infolge nahezu vollständiger Abgleitung bzw. Einschnü-
rung und beschränkt sich auf Reinstaluminium oder sehr reine, niedrig
legierte Werkstoffe.
• Typ D ist charakteristisch für „sprödes“ Bruchverhalten mit geringer
Dehnung und höchstens geringfügiger Einschnürung. Dieser Bruchtyp
tritt häufig bei sehr heterogenen Gußlegierungen auf oder bei Walzplat-
ten aus hochfesten Legierungen in Dickenrichtung (ST-Richtung). Der
Bruchtyp D ist ein Extremfall des normalen Trennbruchs, Typ A.

Bild 6.3.1 Schematische Darstellung der bei Aluminiumknetlegierungen und Guß-


legierungen vorkommenden Brucharten. Typ „A“: Normalbruch (Tassen-Kegel-
bruch), Typ „B“: Scherbruch, Typ „C“: Abschnürbruch, Typ „D“: Sprödbruch

Der duktile Trennbruch wird durch eine lokale Einschnürung des Mate-
rialquerschnitts eingeleitet. Die Einschnürung beginnt in der Zugprobe bei
Höchstlast und wird durch eine örtliche geometrische oder – bei techni-
schen Werkstoffen – durch eine werkstoffliche Inhomogenität ausgelöst
(Considère 1885, Havner 2004). Nach einem Vorschlag von Considère aus
dem Jahre 1885 beginnt die Einschnürung von Zugproben, wenn die Ver-
festigung σw/dϕ den Wert der Fließspannung σw (wahre Spannung, kf) er-
reicht (s. Abschn. 6.2, Gl. (6.2.6a) σw/dϕ = σw ). Eine geringfügige geo-
metrische oder werkstoffliche Inhomogenität führt dann zu einer
plastischen Instabilität, da das Verfestigungsvermögen die
Querschnittsminderung nicht mehr ausgleicht.
6.3 Bruchvorgang und Bruchverhalten 301

Lokalisierung der plastischen Verformung als Vorstufe


zum duktilen Bruch
Der duktile Trennbruch durchläuft mehrere Stadien. Der Ausgangspunkt
ist bei Beginn der Einschnürung die Lokalisierung der plastischen Verfor-
mung, die auf unterschiedlichen Skalierungsebenen entstehen kann: auf
der mikroskopischen Skala als kristallographisch orientierte Gleitbänder in
einzelnen Körnern, auf der makroskopischen Skala als Scherband über
mehrere Körner und Kornlagen hinweg. Bild 6.3.2 zeigt grobe Gleitstufen
an der Oberfläche der hochfesten Legierung EN AW-7075 auf Reinstbasis
und in handelsüblicher Reinheit. Die Orientierung der intensiven Scher-
bänder über größere Materialquerschnitte hinweg muß nicht explizit mit
der kristallographischen Natur der individuellen Körner in Beziehung ste-
hen, sondern wird durch die makroskopischen Gesetze der Mechanik
(Schmidsches Schubspannungsgesetz) gesteuert. Die Entwicklung solcher
Scherbänder wurde an AlMg-Werkstoffen von Korbel et al. eingehend un-
tersucht (Korbel et al. 1986-a, Korbel et al. 1986-b).

a) b)
Bild 6.3.2 Lokalisierung von Verformung (Gleitstufen und Scherbänder) in der
Einschnürzone von zuvor chemisch polierten Zerreißproben aus Legierung
AlZn5,5MgCu-TMT (7075) in zwei Reinheitsvarianten. a) Legierung auf Rein-
heitsbasis 99,99%, b) technische Legierung (Probenachse vertikal) (Ostermann
1975)

Lochbildung und Lochwachstum


Die Bildung grober Gleitbänder hängt ursächlich mit dynamischer Entfes-
tigung zusammen (s. Abschn. 6.2) und hat in technischen Legierungen ih-
ren Ursprung an eingebetteten intermetallischen Phasen, die durch die Ver-
formung der umgebenden Matrix zertrümmert werden oder deren Bindung
zur Matrix aufgebrochen werden. Hierunter zählen die gröberen Primär-
302 6 Mechanische Eigenschaften

phasen (1–40 µm) und die feineren Sekundärphasen bzw. Dispersionspha-


sen (20 nm–0,2 µm). Die spröden Primärphasenpartikel brechen je nach
Größe, Art und Form bereits bei geringer Kaltverformung. Untersuchun-
gen haben gezeigt, daß bereits nach 5 bis 10 % Verformung etwa 40 bis 50
% aller Primärphasenpartikel in ausgehärteten Legierungen fragmentiert
sind, wobei die gröberen bereits nach 1 bis 2 % Verformung gebrochen
sind (Stone et al. 1974). Für die Intensität des Partikelbruchs spielen die
Legierungsart und -festigkeit eine Rolle. Nach neueren Vorstellungen wird
der Schädigungsprozeß durch die Matrixfestigkeit bestimmt: bei weichen,
niedrig festen Legierungen findet hauptsächlich eine Trennung der Bin-
dung Partikel/Matrix statt, dagegen bei mittel- und hochfesten Legierungen
überwiegend ein Bruch der spröden Partikel (Balasundaram et al. 2003,
Franciosi et al. 2004). Durch weitere Verformung kommt es in beiden Fäl-
len zur Bildung von Hohlräumen und zu deren Wachstum. Das laterale
Wachsen der Hohlräume wird durch einen mehrachsigen Spannungszu-
stand – z.B. im Kern der Einschnürzone einer glatten Zugprobe, im
Einflußbereich von Kerbspannungen oder vor einer Rißfront – beschleu-
nigt. Bei einer ungekerbten oder schwach gekerbten Zugprobe beginnt die
Lochbildung daher in Probenmitte, wo sich innerhalb der Einschnürzone
ein hydrostatischer Zugspannungszustand ausbildet.
Die Hohlraumbildung beginnt bei den gröbsten Partikeln bzw. der größ-
ten Partikelanhäufung. Danach folgt eine Auswahlphase, bei der die je-
weils größte Schädigung durch das Partikelfeld fortschreitet und sich die
Hohlräume zum Trennbruch vereinigen. Je gröber diese intermetallischen
Phasen vorliegen, desto größer sind die Lochdurchmesser und um so frü-
her beginnt das Reißen der dazwischen liegenden Ligamente. Das Reißen
der Ligamente geschieht bei duktilen Werkstoffen durch Abschnüren, bei
hochfesten, weniger duktilen Legierungen auch durch Abscheren entlang
von Gleitebenen, wodurch das Lochwachstum bei weiterer Dehnungszu-
nahme gestört wird, und der Bruch vorzeitig einsetzt.
Als kritische Faktoren für das Lochwachstum haben sich weiterhin die
Form und die Art der Verteilung der Partikel erwiesen. Die Bruchein-
schnürung ist daher nicht nur vom Volumenanteil an intermetallischen
Fremdphasen, sondern auch von der Anordnung und Größenverteilung und
insbesondere von der Zahl der gröbsten Partikel im kritischen Probenquer-
schnitt abhängig. Durch die jeweiligen Warm- und Kaltumformprozesse
bei der Halbzeugherstellung sind die aus der Erstarrungsseigerung stam-
menden Primärphasen zeilenförmig gestreckt, s. Beispiel in Bild 6.3.3. Die
unterschiedliche Anordnung dieser Phasen in den Orientierungsrichtungen
des Halbzeugs oder Bauteils ist Ursache für eine Anisotropie der Bruch-
dehnungs- und Brucheinschnürungswerte in Längs- (L-), Quer- (T- bzw.
TL- oder LT-) und Kurzquer- (ST-) Richtung.
6.3 Bruchvorgang und Bruchverhalten 303

Bild 6.3.3 Längsschliff durch den Faserverlauf eines Schmiedeteils aus Legierung
EN AW-6082-T6 mit zeilenförmiger Anordnung von AlFeSi und Mg2Si Primär-
phasen

Mikroskopisch ist für den duktilen Bruch die Waben- oder Grübchen-
struktur der Bruchfläche charakteristisch, s. Bild 6.3.4a, die makroskopisch
ein rauhes Bruchbild ergibt. Am Grunde der einzelnen Waben kann man
die lochbildenden, z.T. fragmentierten Phasenpartikel erkennen, Bild
6.3.4b.

a) b)
Bild 6.3.4 Stereoelektronenmikroskopische (REM) Aufnahme des duktilen Wa-
benbruchs an Zerreißproben aus einem Schmiedeteil der Legierung EN AW-6082-
T6. Im Innern der Waben sind die teilweise zertrümmerten intermetallischen Pri-
märphasenpartikel erkennbar

Die Grübchengröße ist kennzeichnend für die Größe der Fremdphasen-


partikel, aber auch für die Duktilität der Matrix und die Bruchart. Feinere,
flache und gestreckte Grübchen charakterisieren den Scherbruch von
Scherbändern, da bei der Hohlraumbildung die hydrostatische Komponen-
te gering ist. Sehr feine, etwa 1 µm große Grübchen ergeben sich beim
304 6 Mechanische Eigenschaften

Bruch von Gleitebenen und Gleitbändern auf kristallographisch orientier-


ten Bruchflächen. Bild 6.3.5 zeigt einen solchen Fall bei der hochreinen
und hochfesten Legierung X7075-T6. Gegenüber den technisch reinen
Qualitäten ist die Wabenstruktur der Bruchfläche um mehr als eine Grö-
ßenordnung feiner (Grübchendurchmesser zwischen 0,5 und 1 µm) und
wird wahrscheinlich durch die Lochbildung der wesentlich feineren Dis-
persionsphasen (z.B. Al6Mn, Al7Cr und Al3Zr) bestimmt.

a) b)
Bild 6.3.5 Hochreine und hochfeste Legierung X7075-T6. a) Gleitbandriß an der
Oberfläche in der Nähe der Scherlippe einer Zerreißprobe (Lichtoptische Auf-
nahme). b) Feine Wabenbildung auf den Scherbruchflächen (REM Aufnahme)
(Ostermann 1975)

Mittel- und höherfeste Aluminiumwerkstoffe mit erheblichen Korngren-


zenausscheidungen – z.B. bei höher legierten AlMgSi-Legierungen nach
unzureichender Abkühlung von der Lösungsglühtemperatur – neigen zu
einem Mischbruch mit transkristallinen und interkristallinen Bruchantei-
len. Fraktographisch zeichnen sich auf der Bruchfläche neben duktiler
Wabenstruktur Ausscheidungsphasen auf den glatten Korngrenzenflächen
ab, vgl. Bild 6.3.6.a und b. Bei hochfesten, warmausgehärteten Legierun-
gen und nach Überhärtung nimmt die Neigung zu Korngrenzenbruch zu, s.
Bild 6.3.6.c. Mit zunehmendem interkristallinem Bruchanteil wird die
Brucheinschnürung eingeschränkt.
Ausscheidungsfreie Zonen (AFZ, s. Abschn. 3.1.6) an Korngrenzen be-
gleiten meistens den Prozeß der Korngrenzenausscheidung bei aushärtba-
ren Legierungen und erhöhen ebenfalls den interkristallinen Bruchanteil.
Man findet fraktographisch eine sehr feine flache Wabenstruktur auf den
6.3 Bruchvorgang und Bruchverhalten 305

a) b) c)
Bild 6.3.6 Stereoelektronenmikroskopische Aufnahmen typischer Bruchflächen
von duktilen und spröden Werkstoffzuständen: a) duktiler, fast vollständig trans-
kristalliner Wabenbruch (AlMg1Si0,5Mn0,5-T6), b) verformungsarmer Misch-
bruch mit transkristallinen und interkristallinen Anteilen (AlMg1Si0,5-T6), c) ver-
formungsarmer Mischbruch mit hohen interkristallinen Anteilen (hochfeste
Legierung EN AW-7075-T6) (Quelle der Bilder a. und b. Scharf et al. 1982)

Korngrenzen, s. Bild 6.3.7, ähnlich wie beim Gleitbandbruch. Es handelt


sich hierbei um einen grundsätzlich duktilen, jedoch wegen des geringen
Verformungsvolumens um einen energiearmen Bruchvorgang, der sich
auch negativ auf die Verformbarkeit und die Zähigkeitseigenschaften aus-
wirkt. Die negative Wirkung ausscheidungsfreier Zonen ist um so größer,
je schmaler die Zone und je härter die Kornmatrix ist. Demnach wirkt sich
eine ungenügende Abschreckung nach der Lösungsglühung besonders ne-
gativ auf das Bruchverhalten bei maximaler Warmaushärtung (T6 Zu-

Bild 6.3.7 „Duktiler“ Korngrenzenbruch entlang ausscheidungsfreier Zonen bei


Mn-freier AlMg1Si0,5-T6 Legierung. Das Material für die verwendeten Kerb-
schlagproben wurde lösungsgeglüht und an Luft abgekühlt, wodurch ein relativ
breiter ausscheidungsfreier Saum entlang der Korngrenzen entsteht (Scharf et al.
1982)
306 6 Mechanische Eigenschaften

stand) aus. Bei starker Überhartung (T7 Zustand) nimmt die Matrixhärte
ab, und die Dicke der ausscheidungsfreien, weichen Korngrenzenzonen zu,
was zusammengenommen die Brucheinschnürung verbessert, s. Bilder
6.2.4 bis 6.2.7 in Abschn. 6.2. Der interkristalline Bruchanteil verringert
sich dadurch tendenziell, ist aber deutlich höher als im teilausgehärteten
Zustand bei gleicher Streckgrenze.
Der bei Aluminiumlegierungen untypische spröde, verformungslose
Bruch ist meistens gekennzeichnet durch vollständig interkristalline
Bruchverläufe. Ein Beispiel für diese Versagensart ist der Spannungsriß-
korrosionsbruch von Legierungen der Gattung AlZnMg(Cu), bei dem die
Kohärenz der Körner durch die gleichzeitige Wirkung von Zugspannungen
und eindiffundierendem Wasserstoff aufgehoben wird. Bild 6.3.8 stellt ei-
nen solchen interkristallinen Bruch von einer SpRK-empfindlichen, hoch-
reinen AlZnMg-Variante dar.

Bild 6.3.8. Verformungsloser interkristalliner Sprödbruch bei AlZn5Mg3 (Basis


Al99,9) als Folge von Spannungsrißkorrosion) (Quelle: B. Grzemba, VAW alumi-
nium AG, Bonn)

Der Einschnürbruch
Der Einschnürbruch, Typ A in Bild 6.3.1, entsteht durch Bildung, Wachs-
tum und Koaleszenz der Hohlräume, d.h. durch Einschnüren oder Absche-
ren der Matrixligamente zwischen den Hohlräumen. Die dadurch rauh bis
faserig erscheinende Bruchfläche verläuft senkrecht zur Hauptnormalspan-
nung. Die Bildung der Scherlippen beim Tassen-Kegel-Bruch geschieht in
dem Moment, in dem sich ausgehend von dem inneren Trennbruch inten-
sive Scherbänder unter ca. 45° Neigung bilden, einen kritischen Wert der
Schubspannung überschreiten und unter der Wirkung der Normalspan-
6.3 Bruchvorgang und Bruchverhalten 307

nungskomponente aufreißen. Der kritische Dehnungsbetrag für das Auslö-


sen des Scherbruchs ist abhängig vom Werkstoffzustand und Gefüge sowie
von geometrischen Einflüssen und vom Spannungszustand.
Der Einschnürbruch kennzeichnet den duktilen Trennbruch und herrscht
bei höherfestem, warmausgehärtetem und überhärtetem Material (Legie-
rungen der Gruppen 2xxx, 6xxx, 7xxx) vor. Charakteristisch ist die Loch-
bildung an spröden Fremdphasen, sowie Lochwachstum und Koaleszenz.
Bei der Warmaushärtung und Überhärtung erreicht das Verfestigungsver-
mögen ein Minimum. Nach (Tetelmann et al. 1967) begünstigt geringes
Verfestigungsvermögen das Lochwachstum. Geringere Phasenanteile und
Partikelgrößen, gleichmäßige Verteilung sowie große Partikelabstände
verbessern die Brucheinschnürung. Bei hochfesten, voll warmausgehärte-
ten Legierungen (T6 Zustand) wird das Lochwachstum durch Gleitband-
bruch der Matrixligamente zwischen den Hohlräumen begrenzt. Auch in-
terkristalline Bruchanteile wirken sich beim Einschnürbruch aus und
reduzieren die Brucheinschnürung. Der quantitative Wert der Bruchein-
schnürung reagiert bei vergleichbarer Legierungsfestigkeit und Zustand
sensibler auf die Qualität der Gefügeausbildung als die Bruchdehnung.
Problematisch für die Aussagekraft der Brucheinschnürung ist, daß der
Energieverzehr beim Einschnürbruch sehr unterschiedlich ausfallen kann.
Korngrenzenbruch erfolgt je nach Anteil und Art (vgl. Bilder 6.3.6 und
6.3.7) energiearm und wird durch den Wert der Brucheinschnürung nur
ungenügend angezeigt. Auch der Gleitbandbruch ist energiearm. Außer-
dem fördert ein mehrachsiger Spannungszustand den interkristallinen
Bruchanteil (Pardoen et al. 2003) und evtl. auch den Gleitbandbruchmo-
dus. So ist es möglich, daß trotz normgerechter Bruchdehnung, befriedi-
gender Gleichmaßdehnung und deutlich vorhandener Einschnürung der
Energieverzehr des eigentlichen Bruchvorgangs gering ist und der Riß-
fortschritt in einem Konstruktionsbauteil verformungsarm bis spröde ver-
laufen kann. Der Grund ist, daß der Energieverzehr des lokalen Bruchvor-
gangs durch die Größe der plastischen Zone an der Rißfront bestimmt und
dadurch in seiner Wirkung beim Rißfortschritt vervielfacht wird (Zehnder
et al. 2000).
Bessere Auskunft über den Energieverzehr beim Gewaltbruch gibt daher
die Messung eines Bruchenergiewertes, z. B. durch einen Schlagbiegever-
such oder Kerbschlagbiegeversuch (Scharf et al. 1982), den Aufreißver-
such (Navy Tear Test nach Kahn), s. Bild 6.3.15, oder auch linear-
elastische (KIc, Kc) und elastisch-plastische Bruchzähigkeitswerte, z.B. die
Messung des J-Integrals, letztere allerdings mit einem höheren Prüfauf-
wand. Die Rißzähigkeit, KIc, von 2xxx und 7xxx Legierungen ist bei ver-
gleichbarer 0,2%-Dehngrenze höher für teilausgehärtete Zustände als für
überhärtete Zustände (Develay 1972), in denen diese Legierungen eine
308 6 Mechanische Eigenschaften

deutliche Tendenz zu interkristallinen Bruchanteilen haben (Rosenfield et


al. 1973). Dieses Verhalten würde sich nicht als Schlußfolgerung aus den
höheren Brucheinschnürungswerten im T7 Zustand ableiten lassen, vgl.
z.B. Bild 6.2.5 in Abschn. 6.2.
Im Gegensatz zu warmausgehärteten Legierungen haben kaltausgehärte-
te Legierungen weniger Korngrenzenausscheidungen und geringere Nei-
gung zu interkristallinen Bruchanteilen. Sie sind auch aus diesem Grunde
duktiler bzw. besitzen eine hohe Rißzähigkeit.

Der Scherbruch
Der Scherbruch, Bild 6.3.9, bei Zugproben unter 45° wird ebenfalls durch
Lochbildung und Lochwachstum ausgelöst, die sich nach dem Beginn der
Einschnürung durch Lokalisierung der Verformung in einem kritischen
Scherbandbereich entwickeln (engl. „void sheeting“) (Sarkar et al. 2004,
Bron et al. 2004). Allerdings sind gegenüber dem duktilen Trennbruch bei
vergleichbaren Fremdphasenanteilen und Größenverteilungen der Partikel
die Löcher kleiner und in Abscherrichtung teilweise elliptisch ausgezogen.
Die geringere Wabengröße ist vermutlich mit dem geringeren hydrostati-
schen Spannungszustand und mit der Lokalisierung der Verformung in
dem relativ schmalen kritischen Scherband zu erklären.

Bild 6.3.9 Scherbruch einer Zugprobe aus 2mm dickem Blech der Legierung
AA6111-T4. Die Probe wurde geätzt, um die Scherbandbildung im Korngefüge
sichtbar zu machen (Quelle: Sarkar et al. 2004)

Der Scherbruch ist typisch für das Versagen von mittelfesten naturhar-
ten AlMg-Legierungen, z.B. EN AW-5754-0 und EN AW-5182-0, sowie
von kaltausgehärteten bzw. teilausgehärteten Legierungen und entsteht
nach vergleichsweise hoher Gleichmaßdehnung, Ag, die in diesen Fällen
auf behinderte dynamische Entfestigung zurückgeführt wird (s. Abschn.
6.3 Bruchvorgang und Bruchverhalten 309

6.2). Nachdem die Gleichmaßdehnungsgrenze überschritten ist und die


Einschnürung beginnt, setzt dynamische Entfestigung ein und es kommt
zur Bildung von groben Gleitbändern und von Scherbändern. Bei AlMg-
Legierungen werden durch dynamische Reckalterung (PLC-Effekt, s.
Abschn. 3.2.3) diffuse Scherbänder über dem Probenquerschnitt ausgelöst,
die als werkstoffliche und geometrische Inhomogenität den Einschnürvor-
gang und gleichzeitig den Scherbruch einleiten. Das durch hohe Gleich-
maßdehnung gekennzeichnete höhere Verfestigungsvermögen hemmt zu-
dem Lochwachstum und -koaleszenz (Tetelmann et al. 1967), wodurch das
Scherbruchkriterium als Bruchkriterium bevorzugt wird. Außerdem haben
kaltausgehärtete Legierungen eine geringere Neigung zu interkristallinem
Bruch als warmausgehärtete. Diese Merkmale erklären, daß bei aushärtba-
ren Legierungen im T6- und T7-Zustand der Tassen-Kegel-Bruch, jedoch
im T4-Zustand und bei mittelfesten AlMg-Legierungen der Scherbruch
vorherrschen.
Bei geringerem Volumenanteil von Fremdpartikeln, z.B. in Legierungen
mit reinerer Metallbasis, tritt bei niedrig legierten Werkstoffen der Bruch
als eine vollständige Abgleitung bzw. als Tassen-Kegelbruch mit hoher
Einschnürung ein (Sarkar et al. 2001). Bei aushärtbaren Legierungen im
Zustand T4, z.B. 2024-T4, ist weniger das geringere Partikelvolumen als
der größere Partikelabstand für die verbesserte Duktilität maßgebend, wo-
durch ein größeres Lochwachstum möglich ist, bevor Koaleszenz durch
Abschnüren oder Mikroscherbruch einsetzt (Nakai et al. 2000). In jedem
Fall wird auch in Legierungen mit Scherbruchmodus durch geringere An-
teile an Fremdphasen die Duktilität und Bruchzähigkeit verbessert, s. z.B.
(Staley et al. 1977).

Übergang vom Normalbruch zum Scherbruch


Wenn auch vorstehend die Zuordnung der beiden Brucharten zu Legie-
rungsgruppen und werkstofflichen Zuständen vorgenommen wurde, ist
festzustellen, daß beide Brucharten in ein und demselben Material auftre-
ten können. Teirlinck et al. (Teirlinck et al. 1988) haben gezeigt, daß durch
Überlagerung des Bruchvorgangs mit entsprechend hohem hydrostatischen
Druck der Bruchmodus von einem vollkommen spröden, interkristallinen
Bruch über den verformungsreichen Scherbruch bis zum völlig duktilen,
plastischen Abschnürbruch verändert werden kann.
Wichtige Einflußgrößen, die einen Übergang von einem zum anderen
Bruchmodus verursachen können, sind
− Spannungszustand,
− Primärphasenanteil,
310 6 Mechanische Eigenschaften

− Temperatur und
− Verformungsgeschwindigkeit.

Spannungszustand. Bei scharf gekerbten Zugproben herrscht im Kerb-


grund ein mehrachsiger Spannungszustand. Es entsteht im Kerbgrund zu-
nächst ein Anriß senkrecht zur Hauptnormalspannung. Bei weiterem
Rißverlauf wechselt der Bruchmodus zu einem Scherbruch unter 45°, s.
z.B. (El-Magd et al. 2001). Bild 6.3.10 zeigt schematisch den Übergang
zwischen den beiden Brucharten bei einer scharf gekerbten Flachprobe.
Die Rißfront wechselt dabei aus einem ebenem Dehnungszustand
(Normalbruchfläche) in einen ebenen Spannungszustand (Scherbruchflä-
che). Dieser Übergang ist abhängig vom Verhältnis der Größe der
plastischen Zone im Rißgrund zur Materialdicke. Bei Legierungen der Fe-
stigkeits- und Bruchzähigkeitsklasse EN AW-2024-T4 findet der
Übergang bei einer Materialdicke von etwa 5 bis 10 mm statt.

Bild 6.3.10 Übergang zwischen Normalbruch und Scherbruch am Beispiel einer


scharf gekerbten Blechprobe aus einer mittel- bis hochfesten Legierung (schema-
tisch). REM Bilder zeigen die gröbere und feinere Wabenstruktur in den beiden
Bruchzonen

Primärphasenanteil. Der Gehalt an Primärphasen hat Einfluß auf den


Bruchmodus. Bei niedrigem Partikelgehalt und großem Partikelabstand
überwiegt bei niedrig- bis mittelfesten Legierungen der Einschnürbruch,
bei hohem Partikelgehalt und geringem Partikelabstand der Scherbruch-
6.3 Bruchvorgang und Bruchverhalten 311

modus, wie Untersuchungen an der Legierung AlMg3 mit niedrigem und


hohen Fe-Gehalt zeigen (Sarkar et al. 2001), s. Bild 6.3.11.

Bild 6.3.11 Einfluß von Kaltverformung auf die Brucheinschnürung von 2mm di-
ckem Walzmaterial aus Legierung AlMg3 (AA5754-0) mit unterschiedlichem Fe-
Gehalt nach (Sarkar et al. 2001)

Temperatureinfluß. Bei Temperaturen über 100 °C nehmen die 0,2-


Dehngrenze und das Verfestigungsvermögen ab, der dynamische Entfesti-
gungsprozeß nimmt zu. Gleichzeitig werden aber Bruchdehnung und
Brucheinschnürung durch den stabilisierenden Einfluß der Verformungs-
geschwindigkeit auf die Fließspannung deutlich erhöht, vgl. Abschn. 6.6.
Als Folge ändert sich der bei niedrigen Temperaturen typische Scherbruch
in einen Einschnürbruch. Dieses Verhalten ist in Bild 6.3.12 für die natur-
harte, kaltverfestigte Legierung EN AW-5083-H116 dargestellt (Clausen
et al. 2004), gilt jedoch auch für deren weiche Zustände (Heller 1988).

Bild 6.3.12 Wechsel von Scherbruch zu Einschnürbruch bei unterschiedlichen


Temperaturen bei Legierung EN AW-5083-H116, nach (Clausen et al. 2004)
312 6 Mechanische Eigenschaften

Verformungsgeschwindigkeit. Bei hoher Verformungsgeschwindigkeit


nimmt die Duktilität von Aluminiumlegierungen generell zu. (Eine Aus-
nahme sind einige hochfeste AlZnMgCu-Legierungen). Bei mittelfesten
AlMg-Legierungen geschieht eine signifikante Zunahme der Bruchein-
schnürung allerdings erst bei Verformungsgeschwindigkeiten deutlich über
1 s-1, s. Bild 6.5.7. Gleichzeitig wechselt der Bruchmodus von Scherbruch
zu Einschnürbruch, s. Bild 6.3.13 (Clausen et al. 2004). El-Magd et al. (El-
Magd et al. 2001) und Hooputra et al. (Hooputra et al. 2004) ermittelten
Fließkurven im Hochgeschwindigkeitszug- und -stauchversuch an den Le-
gierungen EN AW-6061-T6, EN AW-6082-T6 und EN AW-7108-T6 und
fanden bei Dehnraten über 25 s-1 nach anfänglich positiver Dehnratenemp-
findlichkeit, s. Abschn. 6.7, eine negative Dehnratenempfindlichkeit bei
höheren Verformungsgraden und damit eine abnehmende Fließspannung,
was sie auf adiabatische Erwärmung durch die plastische Arbeit zurück-
führten. Der Übergang von positiver zu negativer Dehnratenempfindlich-
keit entlangt der Fließkurve scheint abhängig von der Dehngeschwindig-
keit zu sein, d.h. ϕ ≈ > 0,5 bei 30 s-1 und ϕ ≈ > 0,2 bei 100 s-1.

Bild 6.3.13 Wechsel von Scherbruch zu Einschnürbruch durch hohe Dehnge-


schwindigkeit bei Legierung EN AW-5083-H116, nach (Clausen et al. 2004)

Zusammenfassend ist festzuhalten,


• daß die Bruchform (duktiler Trennbruch, Scherbruch) und das Bruch-
verhalten (transkristallin, interkristallin) sowie der Bruchmechanismus
(Lochbildung, Gleitbandbruch) im einachsigen Zugversuch mit unter-
schiedlichen Legierungen und Werkstoffzuständen beobachtet werden
6.3 Bruchvorgang und Bruchverhalten 313

können und wichtige Hinweise für die qualitative Beurteilungen bzgl.


Duktilität und Verformbarkeit geben,
• daß die Duktilitätswerte des einachsigen Zugversuchs aber nicht auf die
Verhältnisse bei mehrachsigen Spannungszuständen übertragbar sind –
hierzu wären Kerbzug- oder Kerbbiegeversuche und elastisch-plastische
Bruchmechanikversuche aussagekräftiger –,
• daß die Einflüsse von Temperatur und Verformungsgeschwindigkeit bei
der Übertragung der unter „normalen“ Bedingungen gemessenen Bruch-
eigenschaften auf praktische Anwendungsfälle berücksichtigt werden
müssen,
• daß die Verwendung von Bruchkriterien (kritische Normalspannung,
maximale Schubspannung, Brucheinschnürung) aus dem Zugversuch
für die FE-Berechnung von Sicherheitskomponenten problematisch ist.

Versagenskriterien
Die Festlegung und Ermittlung des jeweils zutreffenden Versagenskriteri-
ums ist nach den vorstehenden Betrachtungen noch problematisch. Für den
duktilen Trennbruch sind mittlerweile zahlreiche rechnerische Modellie-
rungen verfügbar. Die rechnerischen Ansätze gehen zurück auf die Model-
lierung von Lochbildung und -wachstum von McClintock (McClintock
1968), Gurson (Gurson 1977), Needlemann und Tvergaard (Needleman et
al. 1984, Needleman et al. 1987, Tvergaard 1990), die viele der metallurgi-
schen und mechanischen Einflußgrößen berücksichtigen. Verfeinerungen
durch Berücksichtigung der Partikelform, Größenverteilung, interkristalli-
ner Rißanteile sowie ausscheidungsfreier Zonen wurden entwickelt
(Agarwal et al. 2003, Zehnder et al. 2000, Jain et al. 1999, Pardoen et al.
2003, Dumont et al. 2004, Wen et al. 2005). Die eingehende Behandlung
dieser Thematik geht jedoch über den Rahmen dieses Buches hinaus, und
es wird auf die angegebene Fachliteratur verwiesen.
Für den Fall des Scherbruchs, der bei vielen praktisch eingesetzten, duk-
tilen Aluminiumlegierungen den vorherrschende Bruchmodus darstellt,
gibt es noch deutliche Ambivalenzen. Der Stand der Anwendbarkeit der
verschiedenen Bruchkriterien für die FE-Modellierung nach heutigen De-
sign Codes (ABAQUS, LS-DYNA, PAM-CRASH, CrachFEM) wurde von
Wierzbicki et al. (Wierzbicki et al. 2005) analysiert. Sie untersuchten sie-
ben verschiedene Bruchkriterien und kalibrierten sie durch Untersuchun-
gen an Plattenmaterial der Legierung AA2024-T351. Für mehr Sicherheit
in den Schlußfolgerungen wäre es wünschenswert, die gleichen Untersu-
chungen und Analysen auch an einer mittelfesten Legierung, z.B. EN AW-
5754-0 zu wiederholen.
314 6 Mechanische Eigenschaften

Da viele Leichtbaustrukturen aus dünnwandigen Bauteilen bestehen, ist


die zuverlässige Bestimmung eines Bruchkriteriums mit Flachzugproben
von erheblicher Bedeutung für die FE-Modellierung. Aus diesem Grunde
wurde vorgeschlagen, mit Hilfe der Bruchfestigkeit, Rbr, und der Gleich-
maßdehnung, Ag, – s. Bild 6.1.1 – aus Werten des Spannungs-Dehnungs-
diagramms ein Bruchkriterium, CFS (critical fracture strain), zu berech-
nen, das die „wahre“ Bruchdehnung in Dickenrichtung wiedergibt. Es
wurde dabei angenommen, daß im Bereich der Gleichmaßdehnung die
Dehnungen in Breiten- und Dickenrichtung proportional sind, die „wahre“
Fließspannung und die Breitendehnung nach beginnender Einschnürung
konstant bleiben (Yeh et al. 1999).

⎡R Ag ⎤
CFS = − ln ⎢ br (1 − )⎥ (6.3.1)
⎣ Rm 2 ⎦

mit Rbr, Rm und Ag als Bruchfestigkeit, Zugfestigkeit und Gleichmaßdeh-


nung entsprechend den Definitionen in Bild 6.1.1, Abschn. 6.1.
Eine modifizierte Form unter Berücksichtigung von Breiten- zu Dicken-
einschnürung entsprechend dem Anisotropiewert, r, führt zu folgender Be-
ziehung:

⎡ ⎤
R /R
CFS = − ln ⎢ br m 1 ⎥ (6.3.2)
⎢ − 1+ r ⎥
⎣⎢ (1 + Ag ) ⎦⎥

Beide Beziehungen, Gl. (6.3.1) und (6.3.2), ergeben annähernd die glei-
chen Werte. Bei vernachlässigbarer Anisotropie (r ≈ 1) sowie bei geringem
Wert von Ag (Ag << 1) läßt sich Gl. (6.3.1) aus Gl. (6.3.2) herleiten (Hop-
perstad 2003).
Zur sicheren Ermittlung der nominellen Bruchfestigkeit, Rbr, müssen al-
lerdings besondere Anforderungen an die Zerreißmaschine bezüglich ho-
her Steifigkeit und hoher Meßwerterfassungsfrequenz der Maschinen-
Software gestellt werden. Der errechnete CFS-Wert nach den obigen Be-
ziehungen wird im wesentlichen durch das Verhältnis von Rbr zu Rm be-
stimmt und nur zu einem geringen Teil von der Gleichmaßdehnung Ag.
Experimentelle Ergebnisse zeigen, daß zwischen dem Wert der gemesse-
nen Brucheinschnürung, Z, und dem errechneten CFS-Wert zwar ein gro-
ber Zusammenhang besteht, die gemessene Brucheinschnürung aber in der
Regel deutlich über dem CFS-Wert liegt.
6.3 Bruchvorgang und Bruchverhalten 315

Bild 6.3.14 Gegenüberstellung von Critical Fracture Strain (CFS) und Bruchein-
schnürung für ein Reihe von Aluminiumknet- und Gußlegierungen (aus verschie-
denen Datenquellen)

Zähes Bruchverhalten
Ein stabiler Rißfortschritt ist die Voraussetzung für zähes Bruchverhalten
von Konstruktionen. Man spricht von einem zähen Bruchverhalten, wenn
zur Aufrechterhaltung des Rißfortschritts laufend äußere Arbeit aufge-
bracht werden muß, die sich lokal in Verformungsarbeit in der plastischen
Zone an der Rißspitze oder im Restquerschnitt des Bauteils umsetzt. Es
handelt sich dann um einen stabilen Rißfortschritt, da bei Entlastung der
Rißfortschritt zum Stillstand kommt. Geschieht der Rißfortschritt allein
durch die Umsetzung der im Bauteil und im Spannungsfeld um den Riß
enthaltenen elastischen Energie, handelt es sich um instabilen, spröden
Rißfortschritt. Dabei kann sich der Riß verzweigen, und das Bauteil in
mehrere Bruchstücke zerspringen. Dieser unangenehme Fall kann bei-
spielsweise bei Druckbehältern aus AlMgSi-Legierungen auftreten, wenn
diese einen zu geringen Gehalt an Mn oder an Elementen mit vergleichba-
rer metallurgischer Wirkung und einen hohen Anteil an Korngrenzenbruch
aufweisen.
Die für den Rißfortschritt aufzuwendende Arbeit dient als Maß für die
Beurteilung der Bruchzähigkeit. Im Zusammenhang mit den Methoden der
linear-elastischen und elastisch-plastischen Bruchmechanik können geeig-
nete Kennwerte für die Auslegung bruchsicherer oder betriebsicherer Bau-
teile und Konstruktionen verwendet werden. Im Rahmen dieses Abschnitts
soll das Rißfortschrittsverhalten jedoch nur als Hilfsmittel für die Beurtei-
316 6 Mechanische Eigenschaften

lung der richtigen Werkstoffwahl bzw. für die Qualitätsüberprüfung he-


rangezogen werden.
Eine relativ einfache Methode zur Ermittlung der Rißfortschrittsenergie
als qualitativer Vergleichswert für die Bruchzähigkeit stellt der Aufreiß-
versuch (Navy-Tear-Test nach Kahn) dar, der mit einer gekerbten Norm-
probe durchgeführt wird, die wegen ihrer kleinen Abmessungen aus den
meisten Halbzeugen herausgearbeitet werden kann, s. Bild 6.3.15. Die
Bruchmechanikprüfungen verlangen dagegen meistens wesentlich dickere
und größere Proben, die zudem noch durch einen Schwingungsanriß vor-
geschädigt werden müssen. Bei der Aufreißprobe wird ein Last-Ver-
längerungs-Diagramm aufgenommen, das ausgehend von der Maximal-
kraft in die Bereiche des Rißbeginns und des Rißfortschritts unterteilt wird.
Da der Bereich des Rißbeginns empfindlich auf die Probenpräparation
(Kerbradius) reagiert, wird nur die Fläche der Rißfortschrittsarbeit ausge-
messen. Wenn sich zwischen Anriß und Rißfortschritt der Bruchtyp ändert,
wie in Bild 6.3.10 dargestellt, ist es zweckmäßig, die Rissfortschrittsarbeit
über einer festgelegten Rißverlängerung für Vergleichszwecke zu ermit-
teln.

Bild 6.3.15 Prüfung des Rißfortschrittsverhaltens mit der Aufreißprobe nach Kahn

Eine Übersicht über das Spektrum gemessener Werte der Rißfortschrit-


tenergie mit der Aufreißprobe an Aluminium und seinen Legierungen zeigt
Bild 6.3.16, in dem die Rißfortschrittsenergie gegenüber der entsprechen-
den 0,2%-Dehngrenze des jeweiligen Materials aufgetragen wurde (Kauf-
man et al. 1970).
6.3 Bruchvorgang und Bruchverhalten 317

Bild 6.3.16 Rißfortschrittsenergie von Aluminiumlegierungen, nach (Kaufman et


al. 1970). Aufreißversuch an 1,6 mm dicken Blechproben

Man erkennt zunächst, daß die Gesamtheit der Versuchsdaten sich den
verschiedenen Legierungsgruppen zuordnen lassen. Weiterhin sieht man
den bekannten Zusammenhang zwischen Festigkeit und Zähigkeit, näm-
lich die Abnahme der Rißfortschrittsenergie mit zunehmender Festigkeit,
sofern man die Daten jeweils einer Legierungsgruppe betrachtet. Je weiter
diese Gruppe zu höheren Festigkeitswerten verschoben ist, um so günsti-
ger ist das Produkt aus Rißzähigkeit und Festigkeit. Die günstigste Kombi-
nation von Rißzähigkeit und Festigkeit bieten die AlZnMg-Legierungen
(Gruppe 7xxx). Die schlechteste Kombination gilt für die sehr duktilen un-
legierten Aluminiumsorten sowie für die AlMn-Legierungsgruppe (Gruppe
3xxx). Die AlMg- und AlMgSi-Legierungen (Gruppen 5xxx bzw. 6xxx)
bestreiten das Mittelfeld. Duktilität allein ist demnach kein ausreichendes
Kriterium für zähes Rißfortschrittsverhalten, vielmehr von Bedeutung ist
hohe plastische Verformungsarbeit.
Es wird somit auch deutlich, daß die AlMn-Legierungen und Reinalu-
minium in der Regel nicht zu den bevorzugten Konstruktionslegierungen
zu zählen sind. Sie werden überwiegend für untergeordnete konstruktive
Zwecke sowie für funktionale Anwendungsbereiche, Verpackung, Wär-
metauscher und Behälter der chemischen Industrie verwendet. Betrachtet
man die Gesamtheit der Rißzähigkeitsdaten, so erkennt man auch, daß die
optimalen Zähigkeitswerte im 0,2%-Dehngrenzenbereich von ca. 150 bis
250 N/mm² erzielt werden. Geht man über diesen Bereich hinaus, sollte
man sich Rechenschaft über ausreichende Bruchsicherheit geben.
318 6 Mechanische Eigenschaften

Vergleichende Untersuchungen an unterschiedlich zähen Varianten der


Legierung EN AW-2024-T4 (Bron et al. 2004) mit Kahn-Aufreißproben
und Zugproben mit Mittenanriß nach ASTM E 561:1999 zeigten überein-
stimmende Bruchlagen und -typen sowohl beim Rißbeginn als auch beim
Rißfortschritt. Der qualitativ richtig ermittelte Zusammenhang zwischen
den gemessenen Werten der Kahn-Aufreißprobe und den R- bzw. Kc-
Werten der ASTM-Probe läßt sich möglicherweise durch weitere Model-
lierung des Bruchvorgangs bei Aufreißproben quantifizieren.

6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminium-


werkstoffen

Während Konstruktionen bei statischer Überbeanspruchung durch Beulen,


Knicken, plastische Verformung oder durch Bruch („Gewaltbruch“) versa-
gen können, kann durch wiederholte oder schwingende Betriebsbeanspru-
chungen ein Versagen bereits bei elastischen Beanspruchungen deutlich
unterhalb der makroskopischen Fließgrenze des Materials auftreten. Die
Lebensdauer des Bauteils, d.h. die Anzahl der ertragbaren Lastwechsel bis
zum Eintritt des Versagensfalls, ist dabei abhängig von der Höhe der Be-
anspruchungsamplitude und nimmt mit zunehmender Amplitude ab. Die-
ses als „Materialermüdung“ bezeichnete Verhalten wird ausgelöst durch
örtliche plastische Ereignisse im Oberflächenbereich des Bauteils, die zu
einer Rißbildung führen. Der Begriff „Ermüdung“ ist insofern irreführend,
als die Schädigung des Materials sich nur auf die unmittelbare Randzone
beschränkt und das übrige Materialvolumen praktisch unbeeinflußt ist. Die
Entfernung einer 50 bis 500 µm dicken Oberflächenschicht von schwing-
beanspruchten Proben erhöht die Lebensdauer wieder auf die des ur-
sprünglich ungeschädigten Materials (Raymond et al. 1963), (Mughrabi
1992). Die lokalen Ereignisse, die zur Rißbildung an der Oberfläche füh-
ren, sind daher von besonderem Interesse, s. hierzu auch Korrosionsermü-
dung, Abschn. 5.4.7. Im Bereich höchster und ultrahoher Lebensdauer (N>
107 LW) wurden bei glatten Proben jedoch systematisch auch Rißaus-
gangsorte unterhalb der Oberfläche festgestellt (Pyttel et al. 2006).
Ermüdungsschädigung durch wechselnde Lasten werden häufig ver-
schärft durch örtliche Überbeanspruchung, z.B. an konstruktiven, ferti-
gungs- oder korrosionsbedingten Kerben, sowie durch Unregelmäßigkeiten
einer Schweißnahtausführung, s. Kap. 16. Für die ingenieurmäßige Be-
rechnung der Lebensdauer von Bauteilen oder Konstruktionen unter wech-
selnder oder schwingender Beanspruchung wurden Konzepte und Regel-
werke entwickelt, die in Kap. 20 unter Berücksichtigung konstruktiver
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 319

Maßnahmen behandelt werden. Als Grundlage dafür sollen im vorliegen-


den Kapitel die werkstofflichen Grundlagen der Schwingfestigkeit im
Vordergrund stehen.
Für Berechnungen der Lebensdauer von Komponenten oder Konstruk-
tionen werden einerseits die möglichst genaue Festlegung der Betriebsbe-
anspruchung benötigt und andererseits Angaben für die betreffende Legie-
rung, die die Lebensdauer in Abhängigkeit von der Beanspruchungshöhe
und -art wiedergeben. Hierzu werden sog. Wöhlerkurven an Proben oder
Bauteilen ermittelt, die je nach Beanspruchungsart entweder als span-
nungskontrollierte oder als dehnungskontrollierte Wöhlerkurven ermittelt
werden (benannt nach August Wöhler, 1819–1914, Begründer der
Schwingfestigkeitsprüfung im Eisenbahnwesen).
Wegen der meistens geringen Querschnittsabmessungen der Prüfkörper
wird die im Wöhlerversuch ermittelte Bruchlastwechselzahl hauptsächlich
durch die Anrißbildung bestimmt. Dies gilt besonders im Bereich hoher
Lastwechselzahlen, wo bis zu 99% der Lebensdauer durch die Vorgänge
der Anrißbildung bestritten werden. Bei hohen Spannungsausschlägen und
folglich kürzerer Lebensdauer ist der Anteil der Anrißphase an der Ge-
samtlebensdauer kürzer als bei geringen Spannungsausschlägen und hoher
Bruchlastwechselzahl. Außerdem bilden sich bei höheren Spannungsaus-
schlägen gewöhnlich mehrere Anrisse, von denen sich einige zu einem
Hauptriß vereinigen können.
Bei größeren Bauteilquerschnitten oder Konstruktionen und auch bei
Material mit scharfen Oberflächenkerben kann jedoch weniger die Anriß-
bildung als die Dauer des „stabilen“ Rißfortschritts für die Lebensdauer
ausschlaggebend sein. Neben der Wöhlerkurve ist daher die Ermittlung des
Rißfortschrittsverhaltens für die Lebensdauerberechnung wichtig, die heu-
te üblicherweise auf der Grundlage der linear-elastischen Bruchmechanik
durchgeführt wird, s. Abschn. 6.4.3. Für die Bestimmung der noch erträg-
lichen Größe eines Anrisses in einer Konstruktion (engl. damage tolerant
design) mit Hilfe der Methoden der linear-elastischen und elastisch-plasti-
schen Bruchmechanik geben die Rißzähigkeitseigenschaften der Werk-
stoffe Auskunft. Im Rahmen dieses Buches muß allerdings auf eine einge-
hende Behandlung dieser Thematik verzichtet und der Leser auf die ein-
schlägige Fachliteratur und bestimmte Regelwerke (prEN 1999-1-3: 2005.
Bemessung und Konstruktion von Aluminiumtragwerken, Teil 1-3: Ermü-
dungsbeanspruchte Tragwerke] verwiesen werden

Die Entstehung des Schwingfestigkeitsversagens ist also durch zwei


Stadien gekennzeichnet: die Anrißphase und die stabile Rißfortschritts-
phase, die schließlich in den (instabilen, plötzlichen) Restbruch mündet.
Nach Forsyth wird diese Einteilung des Schwingungsbruchvorgangs als
320 6 Mechanische Eigenschaften

„Stage I“ und „Stage II“ Crack Growth bezeichnet (Forsyth 1962). Die
Unterteilung des Ermüdungsbruchvorgangs in die beiden Stadien ist in so-
fern von Bedeutung, als ihnen unterschiedliche Mechanismen zugrunde
liegen und diese durch die metallurgischen Eigenschaften des Materials,
die Dimensionen des Bauteils, durch die Art der Beanspruchung und die
Lage des Anrisses zur Hauptbeanspruchungsrichtung auf unterschiedliche
und manchmal gegenläufige Weise zum Bruchvorgang und damit zur Le-
bensdauer des Bauteils beitragen.
Bild 6.4.1 illustriert nach Laird schematisch diese Stadienfolge des Er-
müdungsbruchs von Metallen (Laird 1967). Merkmal des Stadium I ist ei-
ne kristallographisch orientierte Rißlage auf Ebenen, die in einem defi-
nierten Zusammenhang mit den primären Gleitsystemen des Materials ste-
hen. Im Stadium II folgt der Riß überwiegend einer Richtung senkrecht zur
Hauptnormalspannung und ist bei duktilen Werkstoffen auf der Bruchflä-
che durch charakteristische Rastlinien gekennzeichnet. Der Übergang vom
Stadium I (Anrißphase) zum Stadium II (Rißfortschritt) ist hauptsächlich
von der Höhe des Spannungsausschlags ∆σ (= 2·σa, σa = Spannungsam-
plitude) bzw. der auf den Anriß wirkenden Spannungsintensität ∆K abhän-
gig, aber auch vom spezifischen, durch das Gefüge beeinflußten Gleitver-
halten.

Bild 6.4.1 Die Stadien des Ermüdungsbruchs nach C. Laird (Laird 1967)

Um das Schwingfestigkeitsverhalten der verschiedenen Aluminiumle-


gierungen und Werkstoffzustände sowie Einflüsse durch Verarbeitungs-
maßnahmen besser einordnen zu können und um eine Verständnisgrund-
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 321

lage für die verschiedenen Lebensdauerberechnungskonzepte zu haben,


werden zunächst in Abschn. 6.4.1 die charakteristischen Merkmale des Er-
müdungsverhalten von Aluminium zusammengefaßt und eine Verbindung
zwischen den zugrundeliegenden Mechanismen und charakteristischen Ge-
fügemerkmalen aufgezeigt.
Die Grundlage der Anrißbildung und des Rißfortschritts bildet das zy-
klische Verformungsverhalten des Werkstoffs, das sich vom quasi-stati-
schen Dehnungsverhalten hinsichtlich der Versetzungsreaktionen unter-
scheidet und üblicherweise durch die zyklische Spannungs-Dehnungs-
kurve dargestellt wird, s. Abschn. 6.4.2. Die zyklische Spannungs-Deh-
nungskurve bildet die Verbindung zwischen der Spannungs- und Deh-
nungswöhlerlinie des Werkstoffs.

6.4.1 Phänomenologie der Ermüdungsschädigung

Das zyklische Verformungsverhalten von Aluminium und seinen Legie-


rungen ist in zahlreichen grundlegenden Untersuchungen an Einkristall-
und Bikristallproben untersucht worden, da sich hierdurch sekundäre Ein-
flüsse von Korngrenzen, Textur, Dispersions- und Verunreinigungsphasen
ausschalten lassen. Die Übertragung dieser Erkenntnisse auf polykristal-
line, technische Legierungen ist jedoch wegen der zahlreichen Einfluß-
faktoren sehr komplex. Es müssen sowohl die Höhe der Spannungs- oder
Dehnungsamplituden als auch die gegebene Legierungszusammensetzung,
Korngröße, Textur, Warmverformungsgefüge, Grad der Vorverfestigung,
Gegenwart verschiedener Gefügeelemente und – bei aushärtbaren Legie-
rungen – der Ausscheidungszustand berücksichtigt werden. Alle diese Fak-
toren haben Auswirkung auf das spezifische Gleitverhalten und auf die Art
von Versetzungsreaktionen, die das örtlich eintretende Ereignis der Anriß-
bildung vorbereiten.
In reinem, unlegiertem Aluminium und in einphasigen Legierungen ist
das zyklische Verformungsverhalten bei niedrigen Dehnungs- oder Span-
nungsamplituden gekennzeichnet durch Reaktionen von Versetzungen mit
Punktfehlern (Leerstellen, Legierungsatome) in den aktiven, primären
Gleitsystemen, bei höheren Amplituden dominiert die Wechselwirkung
zwischen Versetzungen (Chicois et al. 1986). In ausgehärteten Legierun-
gen treten dazu die Versetzungsreaktionen mit den Ausscheidungsphasen
und verändern sich mit dem Ausscheidungszustand (Starke et al. 1989). In
technischen Legierungen werden diese lokalen plastischen Vorgänge in al-
ler Regel durch Primärphasen oder andere Spannungs- oder Dehnungs-
konzentrationen ausgelöst (s. unten). Im folgenden werden die grundsätzli-
chen Vorgänge und die einwirkenden Gefügeeinflüsse betrachtet, um eine
322 6 Mechanische Eigenschaften

qualitative Beurteilung der Auswirkungen von Wärmebehandlungen und


Verarbeitungsschritten zu ermöglichen.

Grundlegende zyklische Verformungsvorgänge in Aluminium und


Aluminiumlegierungen
Unter der Wirkung von wechselnden Zug- und Druckspannungen werden
zunächst diejenigen Gleitsysteme aktiviert, in denen durch günstige Orien-
tierung zur Hauptbeanspruchungsrichtung die kritische Schubspannung für
Versetzungsgleiten überschritten wird. Die dadurch erzeugten Gleitvor-
gänge sind besonders an der freien Proben- oder Bauteiloberfläche wegen
der nur partiellen Verformungsbehinderung ausgeprägt. Die Hin- und Her-
bewegung von Versetzungen durch die Dehnungsumkehr verursacht in der
äußeren Kornlage Versetzungsreaktionen und -vervielfältigung, die in den
aktivierten Gleitebenen dichte Ansammlung von Versetzungsringen, Ver-
setzungsdipolen und Leerstellen hinterlassen. Schließlich kommt es zu
Versetzungsaufstauungen an Hindernissen, wie Versetzungswällen, Korn-
grenzen sowie Dispersions- und Primärphasenpartikeln. Durch die ausge-
prägte Neigung des Aluminiums zum Versetzungsquergleiten werden im
unlegierten und niedrig legierten Werkstoff Versetzungszellstrukturen er-
zeugt, die in Reinaluminium bereits nach ersten Lastwechseln nachweisbar
sind und nach einem geringen Prozentsatz der Bruchlastwechselzahl eine
stabile Größe annehmen. Ihre Abmessungen nehmen in einphasigen Legie-
rungen mit wachsender Dehnungsamplitude ab. Die Zellwände werden mit
zunehmender Zahl von Dehnungswechseln diskreter. Gleichzeitig fördern
die erzeugten Leerstellen das Klettern von Versetzungen und deren ener-
getisch günstigere Anordnung in Subkorngrenzen. Somit finden neben zy-
klischen Verfestigungsvorgängen zunehmend auch dynamische Erho-
lungsvorgänge statt.
Einigkeit herrscht darüber, daß die Anrißbildung durch Erreichen eines
kritischen Zustandes in den zyklisch erzeugten Zellwänden oder Subkorn-
grenzen den grundsätzlichen Schädigungsmechanismus der Materialermü-
dung von unlegiertem, homogenen Aluminium darstellt (Zhai et al. 1996).
Der Bruchverlauf ist demnach grundsätzlich transkristallin.
Mit höherem Legierungsgehalt, z.B. bei mittelfesten AlMg-Legierun-
gen, und besonders bei ausscheidungsgehärteten Legierungen wird die
Versetzungszellbildung dadurch verzögert, daß durch niedrigere Stapel-
fehlerenergie oder durch Versetzungsschneiden von kohärenten Ausschei-
dungen das Quergleiten behindert wird. Es herrscht ein mehr (quasi-)pla-
nares Gleitverhalten vor. Das Schneiden von kohärenten Ausscheidungen
führt zu deren Rückbildung. Der Gleitwiderstand verringert sich, wodurch
die Versetzungsreaktionen in der aktiven Gleitebene zunehmen. Die Kine-
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 323

tik der Versetzungsbewegung in den Gleitbändern wird durch die Interak-


tion von Versetzungen mit gelösten Legierungselementen beeinflußt
(Kaschner et al. 2002). Das Hin- und Hergleiten von Versetzungen in den
aktivierten Gleitebenen erhöht die Versetzungsdichte, verursacht Ver-
festigung und löst Gleitvorgänge in benachbarten Gleitebenen aus, die sich
zu Gleitbändern mit hoher Versetzungsdichte vereinigen, s. die nachfol-
gende Beschreibung des Phänomens der „persistenten Gleitbänder“. In
diesen Gleitbändern laufen zyklische Verfestigungs- und Entfestigungs-
prozesse ab, und man beobachtet eine dafür typische Zellstruktur in diesen
bis zu wenigen µm dicken Gleitbändern (Forsyth 1963, Stubbington et al.
1966). Die Konzentration von Versetzungen in Gleitbändern wird als Vor-
stufe für die Bildung von Schwingungsanrissen angesehen. Die Riß-
ausbreitung erfolgt in den Gleitbändern (Lindigkeit 1979). Der insbeson-
dere bei ausgehärteten Legierungen häufig auch beobachtete interkristal-
line Anriß im Stadium I weist eher auf eine geschwächte Konstitution der
Korngrenzen hin. Auch durch korrosiven Einfluß in diesem Stadium kann
der Rißverlauf interkristallinen Charakter haben.

Persistente Gleitbänder
Anfänglich zyklische Verfestigung mit anschließender Entfestigung wurde
bei zahlreichen Untersuchungen von unverformten Ein- und Vielkristallen
aus Reinaluminium, u.a. von (Snowden 1963, Ryum et al. 1996, Ryum et
al. 1996, El-Madhoun et al. 2003) und aus aushärtbaren AlCu-Legierungen
(Abel et al. I 1966, Abel et alt. II 1966, Morris et al. 1989) im Kurzzeit-
und Langzeitfestigkeitsbereich festgestellt. Die Gleitbänder treten in der
äußeren Kornlage an die Oberfläche und erzeugen Extrusionen und Intru-
sionen, die als „persistente Gleitbänder“ bezeichnet werden (PSB, engl.
persistent slip bands).
Das Auftreten solcher PSB ist jedoch abhängig von Legierungsart, Le-
gierungsgehalt und Werkstoffzustand. Wie bereits erwähnt, entwickelt un-
legiertes, weichgeglühtes Aluminium infolge seines ausgeprägten Quer-
gleitverhaltens sehr schnell eine mehr oder weniger grobe Versetzungs-
zellstruktur, die bereits nach wenigen Lastwechseln abgeschlossen ist. Per-
sistente Gleitbänder sind bei Reinaluminium nicht so ausgeprägt wie bei
Legierungen und werden – wenn überhaupt – erst gegen Ende der Lebens-
dauer beobachtet. Im Gegensatz dazu bilden sich in ausscheidungsgehär-
teten Legierungen ausgeprägte PSB, wie Bild 6.4.2 am Beispiel einer
AlZnMg-Legierung illustriert (Forsyth 1963).
Die Mikrostruktur solcher PSB zeigt eine charakteristische Verset-
zungsstruktur, die durch eine leiternartige Anordnung von parallelen Zell-
wänden beschrieben werden kann. Das Zellinnere ist gefüllt mit unregel-
324 6 Mechanische Eigenschaften

mäßig angeordneten Versetzungen. Während sich die zyklische Verfor-


mung in den PSB konzentriert, weist die umgebende Matrix kaum Ver-
formungsmerkmale auf. Dichte und Intensität der Dehnungskonzentration
in den Gleitbändern sind abhängig vom Ausscheidungszustand. (Für einen
weitergehenden, allgemeinen Überblick über charakteristische Eigen-
schaften und über Reaktionen von Versetzungen und Punktdefekten inner-
halb von persistenten Gleitbändern bei Metallen sei auf die einschlägige
Literatur verwiesen, z.B. (Basinski et al. 1992, Eßmann et al. 1996).

Bild 6.4.2 Lichtmikroskopische Aufnahme von persistenten Gleitbändern auf der


Oberfläche einer ausgehärteten AlZn7,5Mg2,5-Legierung (Quelle: P.J.E. Forsyth,
1963)

Einfluß des Aushärtungszustands auf die Schädigungsentwicklung


Verschiedene Aushärtungszustände (z.B. T4, T6, T7) haben je nach Grad
der Kohärenz der Ausscheidungen unterschiedliche Einflüsse auf das zy-
klische Verformungs- und Schwingfestigkeitsverhalten. In Legierungen
mit kohärenten Ausscheidungen (z.B. T4 Zustand) schneiden Versetzun-
gen die Zonen und lösen diese durch weitere Hin- und Herbewegung auf.
Dadurch verlieren die Ausscheidungen ihre gleitbehindernde Wirkung, die
jedoch durch zunehmende Verfestigung bis zum Erreichen eines Sätti-
gungswertes kompensiert wird. Aus der anfänglich dichten Schar feiner
Gleitbänder entwickeln sich zum Ende der Lebensdauer hin grobe, persi-
stente Gleitbänder. Durch die Rückbildung der GP-Zonen in den Gleitbän-
dern dürfte sich das Gleitverhalten jedoch innerhalb der Gleitbänder dem
des Reinaluminiums angleichen, d.h. die Rückstellkräfte der Versetzungs-
hindernisse sind gering. Diese Vermutung scheint sich durch den ähnlich
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 325

geringen Bauschinger-Effekt von weichgeglühtem Reinaluminium und


von kaltausgehärteten Legierungen zu bestätigen (Abel et al. I 1966, Son-
sino 1983).
Planares Gleitverhalten ist theoretisch verbunden mit stärkeren Rück-
stellkräften an Versetzungshindernissen und bewirkt eine intensivere Re-
versibilität der Versetzungsbewegung, wodurch der Aufbau einer stabilen,
nicht reversiblen Versetzungsstruktur verzögert wird (Starke et al. 1989).
Man erwartet in diesem Fall einen verstärkten Bauschinger-Effekt. Der nur
gering ausgeprägte Bauschinger-Effekt von GP-Zonen-gehärtetem Alumi-
nium steht dazu im Widerspruch und läßt vermuten, daß die Reversibilität
der Versetzungsbewegung in den Gleitbändern durch Versetzungsreaktio-
nen mit den gelösten Legierungselementen eingeschränkt wird. Eine Ana-
logie mit dem planaren Gleitverhalten von Metallen mit niedriger Stapel-
fehlerenergie ist daher problematisch.
Durch Kaltaushärtung (T4 Zustand) entstandene GP(I)-Zonen sind klei-
ner (1–2 nm) und leichter von Versetzungen zu schneiden als durch
Warmaushärtung (T6 Zustand) erzeugte GP(II)-Zonen oder teilkohärente
Ausscheidungen mit Größen von 10–20 nm (s. Abschn. 3.1). Als Folge da-
von ist mit zunehmendem Aushärtungsgrad das zyklische Verformungs-
verhalten durch eine Vergröberung und höhere Versetzungsdichte der
Gleitbänder gekennzeichnet (Clark et al. 1964, Duva et al. 1988). Die He-
terogenität des erzwungenen quasi-planaren Gleitverhaltens hängt vom
Grad der Kohärenz, von der Zonen- oder Partikelgröße und vom Volu-
menanteil ab. Die feine Gleitbandstruktur im T4-Zustand wird mit zuneh-
mender Warmaushärtung gröber. Verschiedene Autoren berichten von
ausscheidungsfreien Zonen in den groben Gleitbändern in warmausgehär-
teten Legierungen, die durch erneutes Aushärten wieder mit Ausscheidun-
gen gefüllt werden können. Die Vergröberung der Gleitbandstruktur, d.h.
die stärkere Lokalisierung der Verformung infolge von Teil- oder Vollaus-
härtung bei der Warmauslagerung ist demnach eher gradueller Natur und
beruht nicht auf einer grundlegenden Änderung des Mechanismus.
Die Auswirkungen auf die Anrißbildung und letztlich auf die Schwing-
festigkeit hängen von der Verteilung, Zahl und Feinheit der sich bildenden
PSB und vom Entfestigungsprozeß innerhalb der PSB ab. Das feinere qua-
si-planare Gleitverhalten von kaltausgehärtetem Material äußert sich in ei-
ner hohen zyklischen Verfestigung und in einer graduellen Entfestigung
vor Beginn der Anrißbildung. Dagegen setzt bei voll warmausgehärtetem
Material die Entfestigung sehr spät ein, löst aber wegen der höheren Ver-
setzungsdichte in den gröberen Gleitbändern eine frühzeitigere plastische
Instabilität aus als bei kaltausgehärtetem Material. Diese plastische Insta-
bilität in den groben Gleitbändern führt dann unmittelbar zur Anrißbil-
dung. Durch volle Warmaushärtung (T66 Zustand) nimmt zwar sowohl die
326 6 Mechanische Eigenschaften

statische Festigkeit als auch die Schwingfestigkeit gegenüber dem kalt-


bzw. teilausgehärteten Material zu, allerdings verringert sich das Verhält-
nis von ertragbarer Schwingfestigkeitsamplitude zur statischen Zugfestig-
keit, z.B. für Legierungen EN AW-6063 und 6082 bei 5x105 LW und R = -
1 von σa/Rm ≈ 0,4 für den Zustand T64 (teilausgehärtet) auf σa/Rm ≈ 0,3 für
den Zustand T66 (Jiang et al. 2003).
Die Instabilität der Ausscheidungen in aushärtbaren Aluminiumlegie-
rungen wird häufig als Begründung für das gegenüber anderen Werkstof-
fen niedrigere Verhältnis der Schwingfestigkeit zur Zugfestigkeit ange-
führt. Bei mechanistischer Betrachtungsweise sind jedoch die kinetischen
Abläufe der Vorgänge von zyklischer Verfestigung und plastischer Insta-
bilität in den Gleitbändern bestimmend für den zeitlichen Beginn der Riß-
bildung und unterliegen den Einflüssen des Gefügezustandes.
Mit dem Verlust der Ausscheidungskohärenz durch Überalterung (T7
Zustand) nimmt die Partikelgröße zu und der Partikelabstand vergrößert
sich (bleibt aber um ein Mehrfaches geringer als der Abstand zwischen den
sog. Dispersionsphasen, s. unten). Der Übersättigungsgrad gelöster Legie-
rungselemente hat sich deutlich verringert. Dichte und Aufstauung von
Versetzungen an den nicht mehr schneidfähigen Ausscheidungsphasen
verstärken sich, die Rückstellkräfte dieser Versetzungshindernisse nehmen
zunächst zu, was sich in einem höheren Bauschinger-Effekt zeigt (Abel et
al. I 1966). Versetzungen werden an den Hindernissen zu verstärktem
Quergleiten gezwungen, wodurch die Versetzungsdichte zunimmt. Nach
Untersuchungen an Al-4%Cu Einkristallen verstärkt sich dadurch anfäng-
lich die Verfestigungsrate (Abel et al. II 1966). Das Verformungsverhalten
wird homogener, und dynamische Entfestigung sowie die Entwicklung
nicht reversibler Versetzungsstrukturen dürften sich beschleunigen. Im Er-
gebnis sollte demnach eine Überhärtung (T7 Zustand) die Anrißbildung
verzögern und sich positiv auf die Lebensdauer auswirken. Schwingfestig-
keitsergebnisse, ermittelt an 150 mm dicken Platten aus Legierung 7050-
T6 und -T7 in ST-Richtung (Lin et al. 1998), scheinen diese Schlußfolge-
rung zu bestätigen, wenn auch die Effekte relativ gering sind. Allerdings
wurden auch gegenteilige Trends gefunden. Diese können damit in Zu-
sammenhang stehen, daß durch Überalterung weichere ausscheidungsfreie
Säume an den Korngrenzen entstehen können oder sich verbreitern, die bei
entsprechend günstiger Lage zur Hauptbeanspruchungsrichtung zusätzli-
che Orte für Dehnungslokalisierung und Anrißbildung darstellen. Da die-
ser Effekt entscheidend durch Rekristallisationsgrad und Korngröße mitbe-
stimmt wird, sind Voraussagen über den Einfluß des Aushärtungszustan-
des auf den Ermüdungsvorgang allein auf der Basis von Versetzungsme-
chanismen problematisch, sondern müssen den tatsächlich vorliegenden
Gefügezustand mitberücksichtigen.
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 327

Einfluß von Dispersionsphasen


Die bei der Barrenglühung entstehenden, thermisch stabilen Dispersions-
phasen in Mn-, Cr- und Zr-haltigen Legierungen bewirken ebenfalls ein
homogeneres Verformungsverhalten. Sie können von Versetzungen nicht
geschnitten, sondern nur umgangen werde. Die in Bild 6.4.2 dargestellten
groben PSB in AlZnMg-Legierungen können durch MnAl6-Dispersionen
sehr stark verfeinert werden, wodurch sich signifikante Verbesserungen
der Lebensdauer ergeben (Kim et al. 1998). Auf gleiche Weise wirken die
Dispersionsphasen in der AlMgSi-Legierung EN AW-6082-T6, wo die
Bildung von groben Gleitbändern wirksam unterdrückt wird (Jiang et al.
2003).

Einfluß von Primärphasen


Eine weitere Ursache für die Entwicklung von lokalen Dehnungskonzen-
trationen stellen spröde, intermetallische Phasen in technischen Legierun-
gen dar, die in ihrem unmittelbaren Umfeld Spannungskonzentrationen er-
zeugen, s. Bild 6.4.6. Auf diese Weise beschleunigen Primärphasen das
Erreichen eines kritischen Gleitbandzustandes und verringern dadurch die
Lebensdauer. Hinzu kommt, daß gröbere Primärphasen durch die vorher-
gehende Warm- und Kaltverformung aufbrechen, die Fragmente durch die
Schwingbeanspruchung sich gegeneinander in der Matrix verschieben und
so zu verschärfter Gleitbandbildung beitragen oder bereits Anrisse dar-
stellen können. Bekanntlich wirken sich feinere, homogen verteilte Pri-
märphasen, die z.B. durch schnellere Erstarrung des Gußvormaterials,
durch höhere Durchknetung bei der Warmumformung oder auf pulverme-
tallurgischem Wege erzielt werden können, sowie geringere Volumenan-
teile an Primärphasen in Legierungen auf reinerer Basis positiv auf die
Schwingfestigkeit oder Lebensdauer aus.

Einfluß von Kaltverfestigung – Bauschinger-Effekt


Die Wirkung einer mechanischen Vorverfestigung auf das zyklische Span-
nungs-Dehnungsverhalten hängt von der Stabilität der erzeugten Verset-
zungsstruktur ab. Alle Metalle zeigen bei Dehnungsumkehr im statischen
Versuch eine mehr oder weniger starke Erniedrigung der Fließgrenze – der
sog. Bauschinger-Effekt. Dieser erstreckt sich über die gesamte Fließkurve
und bedeutet, daß die durch einsinnige Verformung erzeugte Versetzungs-
anordnung bei einer Dehnungsumkehr nicht stabil ist (Haasen 1994). Es
findet eine Versetzungsbewegung in entgegengesetzter Richtung statt, die
eine Umordnung der Versetzungsstruktur ermöglicht. Selbst eine stabile
Sättigungshysterese (s. Abschn. 6.4.2) bedeutet nicht, daß es in einem ge-
328 6 Mechanische Eigenschaften

gebenen Dehnungszyklus keine verfestigenden Versetzungsreaktionen


mehr gibt; es bedeutet nur, daß Bauschinger-Effekt und dynamische Ent-
festigung stark genug sind, um die Verfestigung zu kompensieren (Avery
et al. 1963).
Obwohl die grundlegenden Versetzungsmechanismen bei statischer und
zyklischer Verformung gleich sind, unterscheiden sich die resultierenden
Versetzungsstrukturen deutlich. Bei hohen plastischen Dehnungsamplitu-
den (εa,p > 0,002) entwickeln sich Zellstrukturen, die bei vergleichbarer
plastischer Gesamtdehnung gröbere Dimensionen haben als nach einsinni-
ger, quasi-statischer Verformung (Plumbridge 1970). Versetzungsstruk-
turen in kaltverfestigtem, niedrig legiertem bzw. unlegiertem Aluminium
gleichen sich bei Dehnungsumkehr denen von weichgeglühtem Material
an. Die durch höhere Kaltverformungsgrade erreichte Verfestigung wird
bis zum Erreichen der Sättigungshysterese (s. Bild 6.4.7) weitgehend
rückgängig gemacht. Kaltverfestigte Aluminiumlegierungen unterliegen
daher einer zyklischen Entfestigung.
Ein solches Verhalten ist typisch für naturharte Aluminiumlegierungen.
Die Gegenwart von Dispersionsphasen scheint jedoch das sich einstellende
Versetzungszellgefüge und damit den Grad der Entfestigung zu beeinflus-
sen. Bei Legierungen mit MnAl6-Dispersionen wird ein positiver Effekt
der Kaltverfestigung auf die Schwingfestigkeit oder Lebensdauer erzielt,
wie aus der Lage der Wöhlerkurven der Legierung EN AW-3004
(AlMn1Mg1) in den Zuständen weich und halbhart in Bild 6.4.3 zu ent-

Bild 6.4.3 Einfluß von Kaltverfestigung auf das Umlaufbiegeverhalten unge-


kerbter und gekerbter Proben aus einer AlMn1Mg1-Legierung (AA3004) (n. Al-
coa)
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 329

nehmen ist. Der gleiche Effekt, eine ca. 3-fache Lebensdauersteigerung


durch Kaltverfestigung, wurde auch bei der AlMg4,5Mn-Legierung
(AA5083, Mn-Gehalt des Versuchsmaterials 0,3%) beobachtet, wobei die
Höhe des Kaltverfestigungsgrades zwischen 10 und 70% praktisch keine
Rolle spielte. Bei dem kaltverfestigten Material fanden Laird und Krause
zudem nach anfänglicher zyklischer Entfestigung eine zyklische Verfesti-
gung, die sie auf dynamische Reckalterung durch den Mg-Gehalt der Le-
gierung zurückführten (Laird et al. 1970). Die dynamische Reckalterung
wirkte sich besonders bei hohen Lastwechselzahlen und mit zunehmendem
Kaltverfestigungsgrad deutlich stärker aus als bei weichgeglühtem Mate-
rial und verursachte dadurch ein den ferritischen Stählen analoges Dauer-
festigkeitsverhalten.
Der Bauschinger-Effekt ist bei Aluminiumwerkstoffen allgemein deut-
lich schwächer ausgeprägt als bei Stahlwerkstoffen. Streckgrenze und
Stauchgrenze sind annähernd gleich. Nach Sonsino (Sonsino 1983) ist die
Stauchgrenze einer um 5% gereckten, kaltausgehärteten Legierung Al-
Cu4Mg1-T4 (EN AW-2024) nahezu identisch mit der Stauch- und Streck-
grenze des unverformten Materials. Die Legierung AlCu4Mg1-T4 verhält
sich im unverformten Zustand zyklisch verfestigend, nach einer Kaltver-
formung tritt jedoch eine zyklische Entfestigung ein, wobei die Werte des
unverformten Materials leicht unterschritten werden. Dies wirkt sich im
Kurzzeitschwingfestigkeitsbereich um 10³ Lastwechsel in einer ge-
ringfügig verkürzten Lebensdauer aus.
Verallgemeinernd läßt sich daher feststellen, daß die Schwingfestigkeit
durch eine Kaltverfestigung bei den naturharten, technisch relevanten Le-
gierungen eher positiv beeinflußt wird. Bei aushärtbaren Legierungen tre-
ten gegenüber dem Ausgangszustand durch moderate Kaltverformung kei-
ne gravierenden Veränderungen ein (Pedersen et al. 2004).

Einfluß der Korngröße


Der Korngrößeneinfluß auf das zyklische Verformungsverhalten – ebenso
wie auf die Schwingfestigkeit und auf das Rißfortschrittsverhalten – wird
bestimmt durch diejenigen Schädigungsmechanismen, deren Entwicklung
und Wirksamkeit direkt oder mittelbar mit der Ausdehnung der aktiven
Gleitsysteme (begrenzt durch den Korndurchmesser), mit der Behinderung
von Gleitvorgängen über Korngrenzen hinweg in die benachbarten Körner
(Quergleitverhalten) und mit der Konsistenz der Korngrenzen (Schwä-
chung durch Belegung mit interkristallinen Phasen oder durch Wasser-
stoffversprödung) in Zusammenhang stehen, aber auch mit der Interaktion
zwischen Ermüdungsanrissen und Korngrenzen (kristallographische Kurz-
risse mit Abmessungen der Korngröße). Gemeinhin wird durch Feinkör-
330 6 Mechanische Eigenschaften

nigkeit der Fließwiderstand erhöht, das plastische Verformungsverhalten


homogener und die Duktilität verbessert. Bei Neigung zu interkristallinem
Bruchverhalten kann jedoch eine feinere Korngröße unter Schwingbean-
spruchung negative Auswirkungen haben, wenn die Ausdehnung der pla-
stischen Zone oder des Spannungsfelds eines Ermüdungsanrisses sich über
mehrere Körner erstreckt und die Chancen für eine Rißbildung an ge-
schwächten Korngrenzen sich erhöhen. Es ist auch beobachtet worden, daß
in duktilen Werkstoffen Korngrenzen das Wachsen von Kurzrissen behin-
dern. Der Korngrößeneinfluß auf das zyklische Verhalten und generell auf
das Ermüdungsverhalten von Aluminium und seinen Legierungen ist daher
sehr komplex und muß sehr differenziert betrachtet werden.
In früheren Untersuchungsreihen wurde bei unlegiertem Aluminium und
in spannungskontrollierten Wöhlerversuchen im Bereich der Langzeitfe-
stigkeit kein Korngrößeneinfluß festgestellt (Pelloux 1969), dagegen zeigte
sich im mittleren und kurzen Zeitfestigkeitsbereich (< 105 Lastzyklen) eine
Zunahme der Bruchlastwechselzahl bei feinkörnigem Material (Thompson
et al. 1971). Dieser Effekt wurde entsprechend den Coffin-Manson Ge-
setzmäßigkeiten (s. Abschn. 6.4.4) mit der verbesserten Duktilität des
feinkörnigen Materials erklärt. Im Gegensatz dazu wurde bei neueren Ver-
suchen an technisch reinem Aluminium (Turnbull et al. II 1995, Ryum et
al. 1996) und bei der Legierung AlMg3 (EN AW-5754) (Turnbull et al I
1995) auch ein Korngrößeneinfluß auf die Langzeitfestigkeit entsprechend
der Hall-Petch-Beziehung (s. Abschn. 3.1.3) gefunden. Außerdem scheint
die zyklische Spannungs-Dehnungskurve ebenfalls der Hall-Petch-
Beziehung zu gehorchen (El-Madhoun et al. 2003).
Die nur geringe Korngrößenabhängigkeit der Schwingfestigkeit von un-
legiertem und niedrig legiertem Aluminium wird darauf zurückgeführt,
daß die zyklische Beanspruchung sich vornehmlich in der Bildung von
Versetzungszellstrukturen auswirkt und die Blockierung der Versetzungs-
bewegung in Gleitbändern durch Korngrenzen keine Rolle spielt. Letzteres
kann man jedoch bei solchen Legierungen und Werkstoffzuständen er-
warten, die – wie in Bild 6.4.2 gezeigt – zu mehr planarem Gleitverhalten
neigen. Die Schwingfestigkeit bzw. Lebensdauer von höher legierten und
ausgehärteten Werkstoffen in den Zuständen T4 bis T6 dürften demnach
empfindlicher auf Änderungen der Korngröße reagieren, im überhärteten
Zustand T7 dagegen weniger korngrößenabhängig sein. Es ist außerdem zu
berücksichtigen, daß Korngrößeneinflüsse auf das Schwingfestigkeitsver-
halten häufig durch andere, wirksamere Gefügemerkmale, z.B. Primärpha-
sen, oder durch ausscheidungsfreie Korngrenzensäume (s. oben) überlagert
werden.
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 331

Anrißbildung
Der Übergang von persistenten Gleitbändern zu kristallographisch orien-
tierten Ermüdungsanrissen des Stadium I ist das eigentliche Kernproblem
der Schwingfestigkeitsforschung seit über 50 Jahren. Die Bestimmung von
Anrissen, ihre Lage, Ausdehnung und der Übergang zum Stadium II ist
experimentell äußerst schwierig und nur zeitraubend zu ermitteln. Die An-
rißbildung ist daher Gegenstand verschiedenster Modellvorstellungen über
Bruchmechanismen, die auf Abgleitungsfolgen in konjugierten Gleitebe-
nen an der Oberfläche beruhen, auf der Schwächung der an der Kornober-
fläche austretenden Gleitebenen durch Belegung mit Atmosphärilien wäh-
rend der Reversionsvorgänge oder auf der Erzeugung von Spannungskon-
zentrationen an den Oberflächenkerben der Gleitbandintrusionen. Ermü-
dungsanrisse – auch als Kurzrisse bezeichnet – haben eine Ausdehnung in
der Größenordnung von wenigen µm bis zu Kornabmessungen. Außerdem
durchläuft der Anriß verschieden ausgedehnte innere Spannungsfelder. Es
wird deutlich, daß Anrißbildung und -wachstum von den vorliegenden Ge-
fügezuständen erheblich beeinflußt werden.
Entscheidend ist zweifellos die rein mechanische Ursache des Ermü-
dungsanrisses, da auch im Hochvakuum kein grundsätzlich anderes Ver-
halten gefunden wird, obwohl bekanntlich eine deutliche Verbesserung der
Schwingfestigkeit und langsameres Rißfortschrittsverhalten beobachtet
wird. Einleuchtend ist auch der energetische Ansatz, der von einer kriti-
schen Größe der inneren Energie der Gleitbänder durch Akkumulation von
Kristallfehlern durch die fortdauernden reversiblen und nicht reversiblen
Versetzungsbewegungen ausgeht (Venkataraman et al. 1990). So wurde
durch Positronenspektroskopie festgestellt, daß im Gegensatz zu statischen
Bruchflächen die Rißflanken von Schwingungsrissen eine hohe Konzen-
tration (∼ 4 ppm) von Leerstellen-Clustern enthalten (Egger et al. 2004).
Dieser Befund erklärt vielleicht auch die gelegentlich beobachtete Poren-
bildung im Zusammenhang mit dem Entstehen des Schwingungsanrisses
(Zhai et al. 1995). Der zum Anriß führende Grenzverformungszustand in
den Gleitbändern könnte auch durch einen kritischen Wert des Hysterese-
Energieinhalts ∆σ ·∆ε gegeben sein, und damit ein Bezug zum SWT-Schä-
digungsparameter hergestellt werden, s. Abschn. 6.4.4.
Viele Beobachtungen haben gezeigt, daß der kristallographische Anriß
typischerweise entlang der zyklisch erzeugten Gleitbänder und Subkorn-
grenzen verläuft. Das Beispiel in Bild 6.4.4 zeigt deutlich die kristallo-
graphische Natur des Ermüdungsanrisses im Stadium I bei einer hochfe-
sten AlZnMgCu-Legierung auf Reinstaluminiumbasis, bei der die durch
eine Kaltverformung erzeugten Gleitbänder durch die abschließende
Warmaushärtung mit Ausscheidungen belegt und im Längsschliff durch
Anätzen sichtbar wurden.
332 6 Mechanische Eigenschaften

Bild 6.4.4 Schwingfestigkeitsbruch mit Sekundärriß entlang von Gleitbändern im


Stadium I. Längsschliff mit Sekundärriß. Legierung 7075 (Basis Al 99,99),
stranggepreßt, Zustand lösungsgeglüht, abgeschreckt, stabilisiert 10 min./120 °C,
kaltverformt 15 % und warmausgelagert bei 120 °C bis zum Härtemaximum.
(Quelle: F. Ostermann)

Neben dem kristallographischen Anriß wurde in zahlreichen Studien ein


interkristalliner Anriß beobachtet, der vermutlich auf die hohe Spannungs-
konzentration an den Auftrefforten von PSB an den Korngrenzen, s. Bild
6.4.5, oder auf zyklische Dehnungskonzentration in ausscheidungsfreien
Korngrenzensäumen zurückzuführen ist (Pedersen et al. 2004). Interkri-
stalline Rißanteile treten häufig bei AlMgSi-Legierungen mit Si-Über-
schuß und mit niedrigem Dispersionsgehalt auf (Jiang et al. 2003), aber
auch bei solchen Legierungen, die durch Zusammensetzung und Wärme-
behandlung eine Neigung zu Spannungsrißkorrosion haben, z.B. AlZn
Mg(Cu)-Legierungen nach Kalt- oder Warmaushärtung bei 120 °C. Inter-
kristalline Rißanteile dürften demnach vor allem dann auftreten, wenn die
Korngrenzen durch Ausscheidungsphasen, ausscheidungsfreie Korn-
grenzensäume oder durch umgebungsbedingte Wasserstoffabsorption ge-
schwächt sind. Die Neigung zu interkristallinen Rißanteilen im Stadium I
beschleunigt die Rißbildung und führt folglich zu niedrigeren Schwingfe-
stigkeiten. Untersuchungen von Bomas (Bomas 1981) bestätigen, daß
durch nicht ausreichende Abschreckung nach dem Lösungsglühen bei der
Legierung EN AW-6005A die Schwingfestigkeit deutlich reduziert wird,
s.a. Abschn. 3.2.5.
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 333

Bild 6.4.5 PSB-Anriß erzeugt Korngrenzenanriß in der Legierung EN AW-6063-


T6 nach 1,9x104 Lastwechseln. SEM Aufnahme, [n. K. Pedersen]

In technischen Aluminiumlegierungen entstehen Ermüdungsanrisse im


Gefüge fast immer an Stellen örtlicher Spannungskonzentrationen durch
Gefügeinhomogenitäten. Hierzu zählen bei Knetlegierungen insbesondere
die Primärphasen (s. oben) (Grosskreutz et al. 1969). Bei Gußlegierungen
sind die auslösenden Gefügeinhomogenitäten abhängig vom sekundären
Dendritenarmabstand (DAS, kontrolliert durch die Erstarrungsgeschwin-
digkeit). Bei geringem DAS (< 28 µm) wirken sich in AlSi7Mg die inter-
dendritischen, eutektischen Si-Ausscheidungen aus, bei gröberem DAS vor
allem oberflächennahe Poren und Oxideinschlüsse (Zhang et al. 2000).
Diese Spannungskonzentrationen lösen je nach Kornorientierung weit un-
terhalb der Streckgrenze Gleitvorgänge aus, die schließlich zum Anriß füh-
ren können, s. Bild 6.4.6. Die höhere Schwingfestigkeit von Legierungen,

Bild 6.4.6 Ermüdungsrißentstehung an einer Primärphase in Legierung 2024-T4.


Lichtmikroskopische Aufnahme des Anrißortes (Grosskreutz et al. 1969)
334 6 Mechanische Eigenschaften

die auf reiner Metallbasis mit nur geringem Verunreinigungsanteil von Si


und Fe oder auf Reinstbasis (Al99,99) erschmolzen wurden, belegt diese
Tatsache.
Die Anrißbildung in kommerziellen Knetlegierungen ist seit langem
Gegenstand kontroverser Diskussionen. Manche Autoren gehen davon aus,
daß durch die Knetprozesse der Warm- und Kaltumformung bereits riß-
ähnliche Mikrodefekte – z.B. durch Bruch von Primärphasen – existieren,
die bei Schwingbeanspruchung oberhalb der „Dauerfestigkeitsgrenze“ zum
sofortigen Rißfortschritt führen (Kitagawa et al. 1976, Miller 1993, Halli-
day et al. 2003). Solche Mikrodefekte sollten jedoch im gesamten Materi-
alvolumen verteilt sein, wo sie bei günstiger Orientierung infolge der ho-
hen örtlichen Spannungskonzentration ebenfalls Anrisse verursachen
müßten. Andererseits ist die Rißbildung bei Aluminium und seinen Knet-
und Gußlegierungen immer, auch im Hochvakuum, beschränkt auf die Ma-
terialoberfläche (Bathias et al. 2001) – ein Umstand, der auf die durch die
freie Oberfläche begünstigten Gleitvorgänge als notwendigen Rißbil-
dungsprozeß hindeutet.
Bei Gußwerkstoffen spielt neben der Homogenität des Gefüges die Exi-
stenz von Poren an der Oberfläche oder im oberflächennahen Bereich eine
wichtige Rolle für die Schwingfestigkeit (Sonsino et al. 1991). Dabei er-
folgt die Anrißbildung immer an der größten vorhandene Pore, selbst wenn
im übrigen Querschnitt noch großvolumigere Poren vorhanden sein sollten
(Gao et al. 2004).
Die theoretischen Modellvorstellungen über die Phase der Anrißbildung
werden zunehmend genauer und berücksichtigen auch verschiedene Gefü-
geeinflußfaktoren (Walgraef 2002, Chan 2003, Déprés et al. 2004). Es ist
damit zu rechnen, daß in absehbarer Zeit auch für reale Konstruktions-
werkstoffe der Rißbildungsprozeß und die anfänglichen Rißgrößen für die
weitere bruchmechanische Ermittlung der Lebensdauer von Bauteilen
rechnerisch zugänglich wird.

6.4.2 Zyklisches Spannungs-Dehnungsverhalten

Das zyklische Spannungs-Dehnungsverhalten wird an glatten, ungekerbten


Zugprobestäben ermittelt, indem die Probe mit einer konstanten Zug-
Druck-Dehnungsamplitude εa,t beaufschlagt und der resultierende Span-
nungsausschlag σa gemessen wird, s. Bild 6.4.7.
Beim Durchlaufen eines Dehnungszyklus mit plastischen Dehnungsan-
teilen entsteht eine Spannungs-Dehnungs-Hysterese, die sich nach einer
gewissen Zahl von Dehnungswechseln als Sättigungshysterese herausbil-
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 335

Bild 6.4.7 Veränderung des Spannungsausschlags, σa, bei konstanter Dehnungs-


amplitude εa,t mit der Zahl der Dehnungswechsel für (a) einen zyklisch verfesti-
genden und (b) einen zyklisch entfestigenden Werkstoff

det, s. Bild 6.4.8. Die Gesamtdehnungsamplitude εa,t setzt sich aus dem e-
lastischen, εa,e und dem plastischen Dehnungsanteil εa,p zusammen:

εa,t = εa,e + εa,p (6.4.1)

Der Wert A (σa/εa,t) der Sättigungshysterese ergibt ein Wertepaar der zy-
klischen Spannungs-Dehnungskurve.

Bild 6.4.8 Sättigungshysterese (links) und zügige und zyklische Spannungs-Deh-


nungskurven (rechts) eines zyklisch verfestigenden Werkstoffs
336 6 Mechanische Eigenschaften

Die zyklische Spannungs-Dehnungskurve wird mit sog. dehnungskon-


trollierten Versuchen ermittelt, wobei verschiedene Proben mit unter-
schiedlich hohen, aber konstanten Dehnungsamplituden εa,t beaufschlagt
werden. Alternativ und kostengünstiger kann die gesamte zyklische Span-
nungs-Dehnungskurve auch durch stufenweise Änderung der Dehnungs-
amplitude, dem sog. Incremental Step Test, an einer einzigen Probe ermit-
telt werden (Landgraf et al. 1969). Die zyklische Spannungs-Dehnungs-
kurve unterscheidet sich deutlich von der quasi-statischen Spannungs-
Dehnungskurve des Zugversuchs, die nur mit dem ersten ¼-Zyklus der
Spannungs-Dehnungs-Hysterese identisch ist. Abhängig von der stattfin-
denden zyklischen Verfestigung oder Entfestigung liegt die zyklische
Spannungs-Dehnungskurve über oder unter der statischen Spannungs-
Dehnungskurve. Ein Beispiel für das zyklische Verfestigungsverhalten der
Blechwerkstoffe EN AW-5083-H111 und EN AW-6082-T6 ist in Bild
6.4.9 wiedergegeben. Ob eine zyklische Verfestigung oder Entfestigung
vorliegt, ist abhängig von der Legierung und vom Werkstoffzustand. Nicht
kaltverfestigte Aluminiumlegierungen in geglühten oder ausgehärteten Zu-
ständen verhalten sich zyklisch verfestigend, kaltverfestigte naturharte Le-
gierungen dagegen zyklisch entfestigend (s. oben).

Bild 6.4.9 Zyklische Spannungs-Dehnungskurven von EN AW-5083-H111 und


EN AW-6082-T6. Flachproben 5 mm dick. (nach: C. Sonsino und Morgenstern,
Fh.-Inst. für Betriebsfestigkeit (LBF), Darmstadt, 2003)
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 337

Beim Erreichen der Sättigungshysterese bildet sich eine stabile Verset-


zungsstruktur heraus, deren Dimensionen von der jeweils angelegten Am-
plitude abhängig sind. Typisch für alle naturharten, nicht ausgehärteten
Aluminiumlegierungen ist, daß unabhängig vom Grad der vorherigen
Kaltverfestigung die zyklische Spannungs-Dehnungskurve nahezu iden-
tisch ist. Dieses Verhalten wird wiederum mit der ausgeprägten Neigung
zum Quergleiten von Versetzungen infolge hoher Stapelfehlerenergie des
Aluminiums begründet.
Mit Hilfe der Ramberg-Osgood Beziehung (Ramberg et al. 1943) kann
die Spannungsdehnungskurve im Bereich geringer plastischer Dehnungen
für statische (“zügige”) und zyklische Beanspruchung durch die Beziehun-
gen 6.4.2.a bzw. 6.4.2.b abgebildet werden:
1
σ ⎛σ ⎞ n

zügig: ε = +⎜ ⎟ (6.4.2.a)
E ⎝K⎠

bzw.
1
σa ⎛σ ⎞ n'

zyklisch: ε a,t = +⎜ a ⎟ (6.4.2.b)


E ⎝ K' ⎠

mit n und n’ als Verfestigungsexponenten und K und K’ als Festigkeits-


konstanten, jeweils für die zügige bzw. zyklische Spannungsdehnungs-
kurve. Für die Legierungen EN AW-5083-H111 und EN AW-6082-T6
sind die zugehörigen Werte in Bild 6.4.9 eingetragen.

6.4.3 Rißfortschrittsverhalten

Die Rißausbreitung unter Schwingbeanspruchung ist seit langem Gegen-


stand der Werkstofforschung, weil mit Hilfe der gefundenen Gesetzmäßig-
keiten die Auslegung von Bauteilen und Strukturen sicherer gemacht wer-
den kann und Inspektions- und Wartungsmaßnahmen definiert werden
können. Im folgenden wird das grundsätzliche Rißfortschrittsverhalten von
Aluminiumlegierungen behandelt. Einen wichtigen Einfluß auf dieses
Verhalten haben jedoch die Umgebungsbedingungen, die ausführlich in
Abschn. 5.4.7 – Korrosionsermüdung – beschrieben werden.

Rißfortschrittskurve
Das Rißfortschrittsverhalten kann sehr gut mit den Methoden der linear-
elastischen Bruchmechanik beschrieben werden, da der Rißfortschritt bei
338 6 Mechanische Eigenschaften

einem Spannungsniveau geschieht, bei dem das Bauteil global nur ela-
stisch beansprucht wird. Für die Berechnung des Rißfortschrittverhaltens
werden Angaben über die Rißfortschrittsgeschwindigkeit pro Lastwechsel,
da/dN, in Abhängigkeit von der Schwingbreite der Spannungsintensität ∆K
benötigt, wobei a = Rißtiefe, N = Lastwechsel bedeuten. Die Schwing-
breite der Spannungsintensität ∆K ist abhängig von der Schwingbreite der
auf das rißbehaftete Bauteil wirkenden äußeren Spannung ∆σ = 2·σa und
eine Geometriefunktion Y, die die Rißform und -lage im Bauteil berück-
sichtigt. Für einen elliptischen Anriß in einem unendlich ausgedehnten
Körper ist Y = 1.

∆K = ∆σ ⋅ 2πa ⋅ Y (6.4.3)

Die Geometriefunktion Y ist in einschlägigen Tabellenwerken enthalten


(Rooke et al. 1976, Newman et al. 1983, Murakami 1987). Bruchmecha-
nische Kompakt-Zugprobe, Rißverlauf und daraus abgeleitete Riß-
fortschrittsgeschwindigkeit, da/dN, als Funktion der Schwingbreite der
Spannungsintensität, ∆K, sind in Bild 6.4.10 schematisch dargestellt.

Bild 6.4.10 Schematische Darstellung der Rißfortschrittsprüfung und der ermit-


telten Rißfortschrittsgeschwindigkeit, da/dN, als Funktion der Schwingbreite der
Spannungsintensität, ∆K, bei konstantem R-Verhältnis
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 339

Die Rißfortschrittskurve kann man in drei Teilbereiche unterteilen. Be-


reich I betrifft sehr geringe Rißfortschrittsraten, deren Abhängigkeit von
∆K einem unteren Grenzwert ∆K0 (engl.: threshold stress intensity, ∆Kth)
zustrebt, unterhalb dessen kein Rißfortschritt stattfindet (s. hierzu auch
Abschn. Kurzrißproblematik). Im mittleren Bereich II folgt die Kurve bei
doppellogarithmischer Auftragung einem linearen Verlauf, der nach P. Pa-
ris (Paris et al. 1961) mit der Beziehung Gl. (6.4.4) dargestellt werden
kann:

= A ⋅ (∆K )
da m
(6.4.4)
dN

wobei A eine Konstante und m die Neigung der Tangente darstellt, s. Bild
6.4.10. Der Bereich III kennzeichnet den Bereich zunehmend instabilen
Rißwachstums, das dem Grenzwert der bruchmechanisch definierten Riß-
zähigkeit Kc bzw. KIc beim abschließenden Gewaltbruch zustrebt.
Der Rißfortschritt im Bereich I folgt den kristallographisch orientierten
Gleitbändern korrespondierend mit den Beobachtungen zur Anrißbildung.
Im Bereich II der Rißfortschrittskurve ist die Bruchfläche durch sog. Rast-
linien gekennzeichnet. Das fraktographische Erscheinungsbild der Ermü-
dungsrißfläche im Bereich II ist beispielhaft im Bild 6.4.11 wiedergeben.
Der Rißverlauf ist im allgemeinen transkristallin, kann jedoch bei entspre-
chend gestörter Ausbildung der Korngrenzen oder durch korrosive Ein-
flüsse auch partiell oder vollständig interkristallinen Verlauf nehmen. Die
Bruchfläche im Bereich III ist wie beim statischen Bruch durch Grübchen-
bildung gekennzeichnet.

Bild 6.4.11 Rastlinien im Stadium II eines Ermüdungsbruchs bei der Aluminium-


legierung EN AW-7020-T5
340 6 Mechanische Eigenschaften

Ähnlich wie bei der spannungskontrollierten Wöhlerkurve ist die Lage


der Rißfortschrittskurve abhängig von dem Beanspruchungsverhältnis R =
Kmin /Kmax. Die Ursache dieser Abhängigkeit ist auf den Einfluß der Riß-
schließung beim Entlastungszyklus zurückzuführen, der von der jeweiligen
Mittelspannung abhängig ist. Führt man die experimentelle Ermittlung der
Rißfortschrittskurve mit einem Oberwert der Spannungsintensität Kmax
durch, wird die Rißfortschrittskurve unterhalb des entsprechenden ∆K-
Wertes unabhängig vom R-Wert, s.a. [prEN 1999-1-3:2005]. Zur rechneri-
schen Vereinfachung – und um den Besonderheiten realer Rißfortschritts-
kurven einzelner Legierungen Rechnung zu tragen – wird die Rißfort-
schrittskurve in Sekantenzüge mit den Steigungen mi unterteilt. Durch
abschnittweise Integration der Gl 6.4.4 über der Rißverlängerung (a0 → a)
und durch Ersetzen von ∆K aus Gl. (6.4.3) kann die Lastwechselzahl N für
die Rißverlängerung durch die Schwingbreite der äußeren Beanspruchung
∆σ errechnet werden. Ein Beispiel für die Wirkung des Beanspruchungs-
verhältnisses R auf die Rißfortschrittskurve zeigt Bild 6.4.12 für die
Strangpreßlegierung EN AW-6005A-T6, wobei die Last in Strangpreß-
richtung („L“) wirkt und Rißverlauf quer („T“) dazu verläuft (s.a. die De-
finition der Orientierungen bei Rißzähigkeitsprüfungen in Bild 2.5.4).

Bild 6.4.12 Rißfortschrittskurven für die Strangpreßlegierung EN AW-6005A-T6


(L-T) für die Spannungsverhältnisse R = 0,1 und R = 0,5. Die Datenpunkte sind
dem Eurocode 9 entnommen [prEN 1999-1-3:2005]
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 341

Der Schwellwert ∆K0 ist abhängig vom Spannungsverhältnis, von den


Umgebungsbedingungen und der Prüftemperatur. ∆K0 ist aber auch abhän-
gig vom Gleitverhalten des Werkstoffs. Unlegiertes Aluminium (z.B.
AA1100-0) mit ausgeprägtem Quergleitverhalten hat einen deutlich höhe-
ren ∆K0 -Wert als kaltausgehärtetes Material mit quasi-planarem Gleitver-
halten (z.B. AA2024-T4) (McKittrick et al. 1981). Im Übergang zum Pa-
ris-Bereich, dem Stadium II, schneiden sich jedoch die Rißfortschrittskur-
ven und das Material mit planarem Gleitcharakter hat gegenüber dem
Material mit Quergleitverhalten ein deutlich günstigeres Rissfort-
schrittsverhalten.
In Bild 6.4.13 sind weitere Rißfortschrittskurven verschiedener Halb-
zeuglegierungen dargestellt, für die die Daten ebenfalls dem Eurocode 9
entnommen wurden [prEN 1999-1-3:2005]. Die graphische Übertragung
unterstellt dabei jeweils einen kontinuierlichen Kurvenzug in Analogie zur
üblichen Repräsentation von Rißfortschrittsdaten. Die einzelnen Kurven
unterscheiden sich hauptsächlich im Bereich geringer Rißfortschrittsge-
schwindigkeiten im Schwellbereich, also im Bereich des kristallographi-
schen Rißfortschritts. Die Abweichungen einzelner Datenpunkte von den
kontinuierlichen Kurvenzügen deuten darauf hin, daß im Einzelfall werk-
stoffliche und versuchstechnische Einflußgrößen das tatsächliche Verhal-
ten verändern können, z.B. durch Reaktion mit den Umgebungsbedingun-
gen.

Bild 6.4.13 Rißfortschrittskurven von verschiedenen Halbzeuglegierungen für R =


0,1 und für zwei verschiedene Beanspruchungsrichtungen. Die Datenpunkte sind
dem Eurocode 9 entnommen [prEN 1999-1-3: 2005]
342 6 Mechanische Eigenschaften

Im mittleren Bereich der Rißfortschrittskurve hat sich bei Vergleichen


verschiedener Werkstoffarten herausgestellt, daß die Abhängigkeit da/dN
von ∆K vor allem vom Elastizitätsmodul des Werkstoffs beeinflußt wird
(Schwalbe 1980). Im Vergleich zu Stählen zeigt Aluminium wegen des ge-
ringeren E-Moduls demnach ein schnelleres Rißwachstum bei ver-
gleichbaren Spannungsintensitäten ∆K. Dies bedeutet jedoch nicht, daß
Aluminiumkomponenten gegenüber vergleichbaren Stahlkomponenten ei-
ne geringere Lebensdauer durch das Rißwachstum erfahren müssen. Da
die Bauteile zunächst nach der geringeren Steifigkeit und den niedrigeren
schwingfestigkeitsbedingten Festigkeitswerten dimensioniert werden müs-
sen, sind die den Rißfortschritt bestimmenden Spannungsintensitäten eben-
falls geringer, was im Einzelfall zu niedrigeren Rißfortschrittsgeschwin-
digkeiten des Aluminiumbauteils gegenüber dem Stahlteil führen kann.

Metallurgische Aspekte des Rißfortschritts


Beim Aufweiten eines Risses im Werkstoff bildet sich durch hohe Span-
nungskonzentration im Rißgrund eine plastische Zone aus. Die Ausdeh-
nung rp der plastischen Zone ist abhängig von dem im Rißgrund herr-
schenden Dehnungs- und Spannungszustand, der Spannungsintensität ∆K
und der lokalen Fließspannung und reicht etwa bis zu dem Ort, an dem der
Spannungsabfall die zyklische Dehngrenze Rp0,2’ unterschreitet. Nach
(Knott 1973) kann die Ausdehnung rp der zyklisch erzeugten plastischen
Zone unter ebenem Dehnungszustand an der Rißspitze ausgedrückt werden
durch:
2
⎛ ⎞
⎜ ∆K ⎟
r p = 0,033⎜ (6.4.5)
⎜ R p0,2 ' ⎟⎟
⎝ ⎠

Die Art der Gleitvorgänge, die zur Ausbildung der plastischen Zone füh-
ren, hat ähnlich wie im Stadium I (Anrißbildung) einen Einfluß auf den
Rißfortschritt. Während planares Gleitverhalten die Rißbildung beschleu-
nigt (s. oben), wird im Gegensatz dazu der Rißfortschritt verlangsamt. Die-
ses Verhalten wird besonders bei Versuchsdurchführung im Vakuum deut-
lich, weil – legierungsabhängig – der Umgebungseinfluß auf das Riß-
fortschrittsverhalten den eigentlichen Bruchvorgang überlagert. E.A.
Starke Jr. u. Mitarb. untersuchten teilausgehärtetes und überaltertes Plat-
tenmaterial der Legierung AA7475 mit zwei verschiedenen Korngrößen
(18 µm und 80 µm) unter Laborluft und im Vakuum, s. Bild 6.4.14 (Carter
et al. 1984). Dabei zeigte das teilausgehärtete Material mit grobem, pla-
narem Gleitcharakter günstigeres Rißfortschrittsverhalten als das überal-
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 343

terte Material mit feinerem, homogenerem Quergleitcharakter. Besonders


deutlich wirkt sich der mikrostrukturelle Unterschied zwischen Unter- und
Überalterung im Schwellwertbereich der Spannungsintensität (da/dN zwi-
schen 10-11 und 10-8 m/Zyklus) aus, wie auch Versuche an Luft und im
Vakuum an der Legierung AA7049 bestätigten (Fonte et al. 2001).
Darüber hinaus verhält sich das grobkörnige Material günstiger als das
feinkörnige, vor allem im teilausgehärteten Zustand. Als Ursache wird die
stärkere Reversibilität der Versetzungsbewegung in Legierungen mit pla-
narem Gleitverhalten angesehen, wodurch Versetzungsaufstauungen an
Hindernissen in der plastischen Zone beim Entlastungszyklus eher aufge-
löst werden als in Legierungen mit ausgesprochenem Quergleitverhalten
(Starke et al. 1989). Man nimmt an, daß bei feinkörnigem Material durch
die Blockade der Korngrenzen der planare Gleitcharakter innerhalb der
plastischen Zone sich nicht voll auswirken kann (Lindigkeit et al. 1979),
wogegen bei dem grobkörnigen Material in Bild 6.4.14 die Gleitlängen
etwa der vier- bis fünffachen Ausdehnung der plastischen Zone entspre-
chen. Das Verhältnis von Ausdehnung der zyklischen plastischen Zone zur
Korngröße ist auch bei anderen Werkstoffen mit planarem Gleitcharakter
ein deutlicher Einflußfaktor auf das Rißfortschrittsverhalten (Hornbogen et
al. 1976).

Bild 6.4.14 Rißfortschrittsverhalten der Legierung 7475 in teilausgehärtetem und


überaltertem Zustand mit zwei unterschiedlichen Korngrößen in Laborluft und im
Vakuum mit R = 0,1, nach E.A. Starke Jr. et al. (Carter et al. 1984)
344 6 Mechanische Eigenschaften

Al-Si-Mg-Gußlegierungen verhalten sich grundsätzlich ähnlich wie


Knetlegierungen, allerdings spielt dabei die Homogenität des Gefüges eine
überragende Rolle. Grobe DAS und Si-Partikel bewirken infolge der Riß-
schließeffekte höhere Schwellwerte ∆Kth für Langrisse und geringere Riß-
fortschrittsgeschwindigkeit da/dN im niedrigen ∆K-Bereich (Lados et al.
2006).

Kurzrißproblematik
Das Wachsen eines Ermüdungsanrisses im Stadium I und darüber hinaus
ist abhängig vom Überschreiten eines Schwellwertes der Spannungsinten-
sität ∆K an der Rißfront. Die physikalische Vorstellung dabei ist, daß die
plastischen Gleitvorgänge vor der Rißfront intensiv genug sind, sich über
die blockierenden Wirkungen von Korngrenzen, Phasen, etc. hinaus aus-
zudehnen. Der Schwellwert der Spannungsintensität für den Rißfortschritt
im Übergang von Stadium I zu Stadium II ist jedoch nicht identisch mit
∆K0 – dem sog. Threshold Stress Intensity Wert, ∆Kth –, der mit Hilfe von
Rißfortschrittsmessungen von Langrissen im Stadium II ermittelt wird. Im
Gegensatz zum Rißfortschrittsverhalten von Langrissen zeichnen sich
Kurzrisse dadurch aus, daß sie anfänglich eine hohe Wachstumsgeschwin-
digkeit haben, die mit zunehmender Spannungsintensität ∆K abnimmt,
zum Stillstand kommt oder ein Minimum durchläuft und anschließend in
das „normale“ Verhalten von Langrissen übergeht. Aus diesem unge-
wöhnlichen Verhalten und der Beobachtung, daß Kurzrisse sich wie kurze,
von Kerben ausgehende Risse verhalten, wurde geschlossen, daß Kurzrisse
in einem lokalen inneren Spannungsfeld wachsen, das sich dem durch äu-
ßere Beanspruchung erzeugten Spannungsfeld überlagert. Die Quelle die-
ses inneren Spannungsfeldes können mikrostrukturelle Kerben oder Ver-
setzungsaufstauungen sein sowie die Spannungskonzentration durch Ex-
trusionen und Intrusionen von PSB an einer ungekerbten Oberfläche.
Wächst der Anriß über das innere Spannungsfeld hinaus, wird die äußere
Beanspruchung für den weiteren Rißverlauf maßgebend. Als grundlegen-
des Werkstoffverhalten wird jedoch das Rißfortschrittsverhalten von Lang-
rissen angesehen. Sind Größe und Verlauf der inneren Spannungsfelder
bekannt, läßt sich durch Überlagerung mit der äußeren Beanspruchung das
Rißfortschrittsverhalten der Kurzrisse aus dem Langrißverhalten ermitteln
(Sadananda et al. 1997).

6.4.4 Dehnungs-Wöhlerkurve (ε/N-Kurve)

Die Abhängigkeit der Lebensdauer N von der Dehnungsamplitute εa,t wird


als dehnungskontrollierte Wöhlerkurve bzw. als Dehnungswöhlerlinie be-
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 345

zeichnet und – wie das zyklische Spannungs-Dehnungs-Diagramm – an


ungekerbten Proben, die mit konstanten Dehnungsamplituden beaufschlagt
werden bei R = εa,t,min /εa,t,max = -1 ermittelt. Zur besseren analytischen Aus-
sagefähigkeit der Wöhlerkurven sollte der einzelne Versuch am Ende der
Anrißphase abgebrochen werden. Dehnungsgesteuerte Wöhlerkurven wer-
den vor allem bei Lebensdauerberechnungen im Kurzzeitfestigkeitsbereich
(<104 Lastwechsel) und Zeitfestigkeitsbereich (104 – 106 Lastwechsel) ein-
gesetzt und können vorteilhaft bei Berechnungen der Lebensdauer von ge-
kerbten Bauteilen verwendet werden (s. Schädigungsparameter PSWT und
Kerbgrundkonzept).
Die Gesamt-Dehnungsamplitude εa,t setzt sich aus einem elastischen εa,e
und einem plastischen Dehnungsanteil εa,p zusammen:

εa,t = εa,e + εa,p (6.4.6)

Trägt man εa,t, εa,e und εa,p doppeltlogarithmisch über der Anrißlastwech-
selzahl1 NA auf, erhält man nahezu lineare Abhängigkeiten der Anriß-
lastwechselzahl von den elastischen und plastischen Anteilen der Deh-
nungsamplitude, s. Bild 6.4.15 (Grubisic et al. 1986).

Bild 6.4.15 Dehnungswöhlerkurve mit elastischen und plastischen Dehnungsan-


teilen nach Coffin und Manson. Experimentelle Punkte beziehen sich auf Ver-
suchsergebnisse bei Schmiedematerial aus Leg. EN AW-6082-T6 (Quelle: Grubi-
sic und Lowak, 1986)

1 In der Originalliteratur wird anstelle der Anrißlastwechselzahl NA die Zahl der


Dehnungsumkehrungen Nf verwendet, so daß NA = 2 Nf entspricht.
346 6 Mechanische Eigenschaften

Die „Gradengleichungen“ im log-log-Diagramm lassen sich wie folgt


formulieren:
σ 'f
ε a, e = ⋅ N bA (6.4.6)
E

ε a, p = ε 'f ⋅ N cA (6.4.7)

worin σ’f eine Schwingfestigkeitskonstante, ε’f eine Duktilitäskonstante, E


den Elastizitätsmodul und die Exponenten b, c die Neigungen der beiden
Geraden darstellen. σ’f und ε’f werden üblicherweise auf den ersten ¼ Zy-
klus bezogen, der der statischen Spannungs-Dehnungskurve entspricht. Es
lag daher nahe, den beiden Konstanten die physikalische Bedeutung aus
dem Zugversuch zu geben, wobei σ’f als „wahre“ Bruchfestigkeit und ε’f
als „wahre“ Bruchdehnung angenommen wurde. Letztere ergibt sich aus
der Brucheinschnürung Z im statischen Zugversuch wie folgt:
⎛ 1 ⎞
ε 'f = ln ⎜ ⎟ (6.4.8)
⎝1− Z ⎠
und ist damit identisch mit dem Maß für Duktilität ϕbr, (vgl. Gl. 6.1.2).
Diese Gesetzmäßigkeiten wurden in den 60-er Jahren von Coffin (Coffin
1954) und Manson (Manson 1953/1954) erarbeitet.
Die Kompatibilität zwischen der zyklischen Spannungs-Dehnungskurve,
Gl. (6.4.2b), und der Dehnungswöhlerkurve führt zu einer Beziehung zwi-
schen σ’f und ε’f
n'
σ 'f = K ' ⋅ ε 'f (6.4.9)

und aus den Gln. (6.4.6) und (6.4.7) die Beziehung zwischen den Ex-
ponenten n’, b und c (Morrow 1964)

b
n' = (6.4.10)
c

Bei hohen Lastwechselzahlen NA > 105 wird der plastische Dehnungs-


anteil εa,p an der Dehnungsamplitude εa,t so gering, daß die (logarithmisch)
lineare Abhängigkeit der Anrißlastwechselzahl von der elastischen Deh-
nungsamplitude εa,e maßgebend ist. In diesem Lastwechselbereich sind
Dehnungs- und Spannungswöhlerlinie (S/N-Kurve) identisch, d.h. die
Neigung der elastischen Dehnungswöhlergeraden b und der Spannungs-
wöhlerlinie 1/k sind identisch:
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 347

1
b= (6.4.11)
k
Mit diesen Gesetzmäßigkeiten der Dehnungswöhlerkurve (ε/N-Kurve)
war die Hoffnung verbunden, eine durchgängige Darstellung der (Kurz-
zeit-) Ermüdung ausgehend vom Zugversuch bis hin zur S/N-Kurve zu er-
reichen. Der Vorzug der Dehnungswöhlerkurve ist zudem die scheinbar
geringere Streuung der Einzelwerte gegenüber der S/N-Kurve. Die ε/N-
Kurven von verschiedenen Knet- und Gußlegierungen in Bild 6.4.16
scheinen einen Bezug zur „wahren“ Dehnung εf (= ϕbr) im Zugversuch zu
bestätigen. Im Kurzzeitfestigkeitsbereich sind die duktileren Werkstoffe
den weniger duktilen Werkstoffen überlegen. In Bild 6.4.16 ist aber auch
zu erkennen, daß im höheren Zeitfestigkeitsbereich das ε/N-Verhalten der
kalt- und warmausgehärteten (T4, T6) Werkstoffe günstiger als das von
nicht aushärtbaren Werkstoffen ist. Trotz des quasi-planaren Gleitverhal-
tens, das die Anrißbildung beschleunigen soll, verhalten sich diese Legie-
rungen im hohen Zeitfestigkeitsbereich günstiger, wenn auch nicht im
gleichen Verhältnis der statischen Zugfestigkeiten.
Die Auswertungen der ε/N-Kurven nach Coffin-Manson für eine Reihe
von Knet- und Gußlegierungen enthält Tabelle 6.4.1. Weitere Daten für die
zyklische Spannungs-Dehnungskurve und zugehörige ε/N-Kurven findet
man in der einschlägigen Literatur, z.B. in (Boller et al. 1987).

Bild 6.4.16 Dehnungswöhlerlinien für ausgewählte Knet- und Gußwerkstoffe nach


Literaturangaben, s. Tabelle 6.4.1
348 6 Mechanische Eigenschaften

Tabelle 6.4.1 Werkstoffkennwerte für die zyklische Spannungs-Dehnungskurve


und Dehnungswöhlerkurve verschiedener Legierungen aus Literaturangaben und
Neuauswertung1)
Werk- Zustand Rp0,2 Rm ϕbr Rp0,2' n' E K' σf' εf ' b c Lit.
2)
stoff [Mpa] [Mpa] [Mpa] (+) [Mpa] [Mpa] [Mpa] (-) (-)

1100 H12 97 110 2,09 69 0,159 69050 184 159 0,467 0,092 0,613 [5]
2024 T4 303 476 0,43 421 0,120 70327 888 631 --- (0,109) (0,910) [6]
2024 T4 280 455 0,27 430 0,106 76000 831 724 0,257 0,098 0,901 [7]
5083 H111 175 303 0,39 270 0,0562 74000 392 689 6,28 0,120 1,14 [1]
5083 H111 --- --- 0,33 (222) 0,129 70500 494 451 0,490 0,143 1,110 [3]
6082 T6 303 308 (0,53) 317 0,0351 70000 394 994 199 0,159 1,644 [2]
6082 T6 310 355 0,43 305 0,057 75000 435 489 0,43 0,067 0,78 [4]
6082 T6 348 383 0,61 359 0,046 74550 478 554 5,375 0,068 1,208 [5]
7020 T6 --- --- 0,23 (348) 0,087 69000 598 545 0,347 0,129 1,481 [3]
7075 T6 469 579 0,41 535 0,097 71016 978 745 --- (0,115) (1,185) [6]
7075 T6 498 576 0,12 494 0,07 71900 787 709 0,12 0,056 0,75 [8]
42100 T6 227 265 0,04 233 0,072 75000 364 278 0,04 0,07 0,46 [4]
44100 F 104 168 0,13 122 0,120 76000 257 228 0,13 0,10 0,48 [4]
Aluminium- --- --- --- --- 0,09 --- --- 1,9x 0,28 0,11 0,66 [8]
gruppe Rm
1)
Daten in ( ) neu ausgewertet.
2)
Datenquelle: ([1] Fh.-Inst. LBF 1997; [2] Fh.-Inst. LBF 2002; [3] Kosteas et al. 1989);
[4] Grubisic et al. 1986; [5] Boller et al.; [6] Endo et al. 1969; [7] Wellinger et al. 1971;
[8] Meggiolaro et al. 2004)

Die Ähnlichkeit der ε/N-Kurven verschiedenster Metalle und Legierun-


gen hat dazu geführt, einheitliche, für alle Werkstoffe bzw. Werkstoff-
gruppen gültige Coffin-Manson-Parameter b und c zu definieren, um so
das Verhalten unter zyklischer Dehnungsbeanspruchung vorhersagen zu
können. Gleichzeitig wurden die Parameter σ’f und ε’f durch statistische
Auswertungen mit der Zugfestigkeit Rm bzw. der Einschnürung ϕbr in Be-
ziehung gesetzt, manchmal auch für ε’f ein einheitlicher Wert festgelegt.
In einer neueren Bewertung von 724 Datenreihen von Stählen, 81 von A-
luminium- und 15 von Titanlegierungen und der verschiedenen Schätz-
ansätze (Meggiolaro et al. 2004) wurden mit Hilfe der Median Methode
(statistische Mittelwertbildung) die Eckwerte der Coffin-Manson-Parame-
ter neu angepaßt, s. Tabelle 6.4.1. Darüber hinaus wurden für die S/N-
Kurve die Werte bei 103 und 105 Lastwechsel für die Gruppe der Alumini-
umlegierungen mit 0,82·Rm bzw. 0,45·Rm ermittelt.
Derartige verallgemeinernde Festlegungen sind nützlich für die erste
Abschätzung des Schwingfestigkeitsverhaltens von Komponenten, sollten
aber nicht für endgültige konstruktive Berechnungen zugrunde gelegt wer-
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 349

den, da sie im Zweifelsfall zu nicht-konservativen oder auch zu übermäßig


konservativen Ergebnissen führen können. Darüber hinaus haben solche
einheitlichen Festlegungen den Mangel, daß sie keine Beurteilung erlau-
ben, wie metallurgische Einflußgrößen, z.B. Reinheitsgrad, Ausschei-
dungszustand (T4, T6, T7, etc) und Porosität, das Schwingfestigkeitsver-
halten beeinflussen.
Mit Hilfe der zyklischen Spannungs-Dehnungskurve und der Deh-
nungswöhlerlinie wurde ein sog. Schadensparameter definiert, der insbe-
sondere für die Abschätzung des Wöhlerverhaltens von gekerbten Proben
und Bauteilen anhand der ε/N-Wöhlerkurve von ungekerbten Proben nütz-
lich ist. Der Schadensparameter wurde ursprünglich von Topper, Wetzel
und Morrow vorgeschlagen (Topper et al. 1969), obwohl heute die Be-
zeichnung des Schadensparameters PSWT nach Smith, Watson und Topper
(Smith et al. 1970) üblich ist. Der Schadensparameter PSWT basiert auf der
Neuber-Regel für die nichtlineare Spannungs- und Dehnungsverteilung in
gekerbten Querschnitten und ist im Abschn. 6.4.7 „Einfluß von Kerben auf
die Schwingfestigkeit“ näher erläutert. Der Parameter PSWT ist definiert als
der geometrische Mittelwert aus Spannungs- und Dehnungsamplitude und
Elastizitätsmodul:
PSWT = (σ a ⋅ ε a,t ⋅ E ) 1 / 2 [MPa] (6.4.12)

Bild 6.4.17 Schadensparameter PSWT ermittelt an ungekerbten Zug-Druckproben


bei R = -1 für verschiedene Aluminiumlegierungen. Die neueren Daten für EN
AW-6082 und 5083 beziehen sich auf 5% Spannungsabfall als Abschaltkriterium
und entsprechen etwa der Anrißlebensdauer NA. Für die anderen Daten gilt die
Bruchlastwechselzahl
350 6 Mechanische Eigenschaften

Die Abhängigkeit der Lastwechselzahl NA von der Höhe des Schadenspa-


rameters PSWT folgt einem ähnlichen Verlauf wie die ε/N-Kurve. Beispiele
für einige Aluminiumknetlegierungen enthält Bild 6.4.17. Die Konstrukti-
onslegierungen EN AW-6082-T6 und EN AW-5083-H111 haben einen
deutlich günstigeren Schadensparameter bei mittleren und hohen Last-
wechseln als das sehr duktile, niedrig legierte und kaltverfestigte AA1100-
H12 (Al99,0Cu).

6.4.5 Spannungs-Wöhlerkurve (S/N-Kurve)

Die Abhängigkeit der Anrißlastspielzahl NA von der Spannungsamplitude,


σa (oder von der Schwingbreite der Lastspannungen, ∆σ = 2⋅σa ), wird als
Spannungs-Wöhlerkurve (S/N-Kurve) bezeichnet. Es gelten die Begriffs-
definitionen lt. Bild 6.4.18. Es ist üblich, die gesamte Wöhlerkurve in drei
Teilbereiche einzuteilen:
• Kurzzeitfestigkeit (bis 104 LW)
• Zeitfestigkeit (104 bis 106 LW
• Langzeitfestigkeit (Dauerfestigkeit, über 5·106 LW).

Bei doppellogarithmischer Koordinateneinteilung wird die Wöhlerkurve


im Bereich der Zeitfestigkeit annähernd geradlinig, was die rechnerische
Behandlung erleichtert. Die Zeitfestigkeitsgerade ist bei gegebenem Span-
nungsverhältnis R durch die Steigung 1/k und durch einen charakteristi-
schen Schwingfestigkeitswert, ∆σC / NC , eindeutig gekennzeichnet. Die
Zeitfestigkeitsgerade läßt sich demnach durch folgende Gleichung dar-
stellen:
k
⎛ ∆σ C ⎞
N i = N C ⋅ ⎜⎜ ⎟⎟ (6.4.13)
⎝ ∆σ i ⎠

Für den rechnerischen Nachweis geht man davon aus, daß für den Fall
konstanter Lastamplituden ab einer Lastspielzahl von 5x106 LW die Lang-
zeitfestigkeit („Dauerfestigkeit“) erreicht ist, obwohl Aluminiumlegierun-
gen im allgemeinen keine ausgeprägte Dauerfestigkeitsgrenze haben (Aus-
nahme: verfestigte AlMg-Legierungen mit ausgeprägtem Portevin Le
Chatelier Effekt). Nach Eurocode EC9 [prEN 1999, 1-3:2004] gilt die
Dauerfestigkeitsgrenze ab 5·106 LW definitionsgemäß für konstante Last-
amplituden. Für Betriebsfestigkeitsrechungen mit unterschiedlichen Last-
amplituden gilt die Dauerfestigkeitsgrenze erst ab 1·108 LW, wobei aller-
dings die Zeitfestigkeitsgerade mit einer geringeren Neigung (k2 = k1 + 2)
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 351

zwischen 5·106 LW und 1·108 LW verlängert wird. Auf diese Weise wer-
den auch geringere Spannungsamplituden zur genaueren Lebensdauerbe-
stimmung im Rahmen von Betriebsfestigkeitsrechnungen herangezogen.
Bei Verwendung der in Bild 6.4.18 dargestellten Definitionen und der
doppelt-logarithmischen Auftragungsart der Wöhlerlinie spricht man auch
von normierter Wöhlerkurve, die als Basis für die Aufnahme in Berech-
nungsregelwerke vereinbart worden ist.

Bild 6.4.18 Kenngrößen der Schwingfestigkeit in der Darstellung als Spannungs-


Wöhlerkurve

Generell ist die experimentelle Ermittlung der Schwingfestigkeitsdaten


von spannungsgesteuerten Wöhlerversuchen mit erheblichen Streuungen
behaftet. Bild 6.4.19 zeigt ein Beispiel für die Streuung der Lastspielzahlen
N bei gegebener Schwingbreite ∆σ für Konstruktionslegierungen der
Gruppe Al-Mg-Si-T6 (6xxx). Außer den natürlichen Streuungen der Werte
einzelner Versuchreihen wirken sich hierbei metallurgische Unterschiede,
Probengröße, Oberflächenbeschaffenheit und auch Versuchsdurchführung
(Anriß oder Bruch als Abschaltkriterium) aus.
Voraussetzung für eine zuverlässige Berechnung der Lebensdauer an-
hand einer Wöhlerkurve ist deshalb, daß aufgrund einer genügend großen
Probenzahl einer Versuchsserie eine statistische Auswertung erfolgen
konnte, um für verschiedene Lasthorizonte nicht nur die mittlere Überle-
benswahrscheinlichkeit (Pü = 50%), sondern auch eine sichere Grenze der
Überlebenswahrscheinlichkeit (z.B. Pü = 97,7% entsprechend dem Mittel-
wert abzüglich der 2-fachen Standardabweichung, x -2s) zu ermitteln.
352 6 Mechanische Eigenschaften

Bild 6.4.19 Streubereich der S/N-Wöhlerdaten von 279 ungekerbten Axialproben


der Gruppe AlMgSi im Zustand T6 bei R = 0, nach einer Literaturdatenauswer-
tung von A. Hobbacher (persönl. Mitteilung). Eingezeichnet sind die S/N-Kurve
und die charakteristischen Daten des EC9 für die Gruppe der 5xxx und 6xxx Le-
gierungen unter Berücksichtigung des fatigue enhancement factors fR) = 1,2 (s.
Kap. 20)

Bei der rechnerischen Verwendung der Daten ist darauf zu achten, ob


die angegebenen Lastspielzahlen sich auf einen Anriß oder auf den Bruch
der Probe beziehen. Im Bereich der Kurzzeitfestigkeit spielt der Rißfort-
schritt vom Anriß zum Bruch der Probe eine wesentliche Rolle im Ver-
hältnis zum Langzeitfestigkeitsbereich, wo Anriß- und Bruch-Wöhlerlinien
zusammenlaufen. Ältere Versuchsreihen mit den üblichen Kleinproben be-
ruhen meistens auf dem Bruchkriterium. Neuere Versuchsreihen weisen
dagegen manchmal sowohl die Anrißkurve als auch die Bruchkurve aus.
Die Neigung der Anriß-Wöhlerlinie ist geringer als die der Bruch-Wöhler-
linie (kAnriß > kBruch). Typische Werte für ungekerbte Proben aus Strang-
preßlegierungen 6xxx sind für die Bruch-Wöhlerlinie k = -7 und für die
Anriß-Wöhlerlinie k = -8 bis -9.
Bild 6.4.20 enthält aus neueren Arbeiten Wöhlerdaten für die Legie-
rungen EN AW-6082-T6 und EN AW-5083-H111, und zwar für unge-
kerbte und scharf gekerbte Proben (Morgenstern u. Kotowski 2003). Beide
Legierungen haben ungefähr die gleiche Zugfestigkeit Rm, unterscheiden
sich jedoch erheblich in der Dehngrenze Rp0,2. Gegenüber der ursprüngli-
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 353

chen Darstellung (punktierte Kurven) wurden für die Wöhlerkurven in


Bild 6.4.20 analog zum EC9 der Knickpunkt der Kurven bei ND = 5·106
LW sowie für die ungekerbten Proben die Steigung k = -7 gewählt. Für die
scharf gekerbten Proben der Legierung EN AW-6082-T6 lagen sowohl
Daten über die Bruch-Lastspielzahl als auch über die Anriß-Schwing-
spielzahl vor. Die Steigung der Anrißwöhlerlinie ist mit k* = -5,0 entspre-
chend niedriger als die der Zeitfestigkeitsgeraden für Probenbruch mit k =
-3,2.

Bild 6.4.20 Beispiel für normierte Wöhlerkurven für die Aluminium-Konstrukti-


onswerkstoffe EN AW-6082-T6 und EN AW-5083-H111. Blechdicke 5 mm,
Prüffrequenz f = 30 s-1 (Datenquelle: Morgensten und Kotowski 2003). Punktierte
Linien entsprechen der Datenquelle

6.4.6 Langzeitfestigkeit („Dauerfestigkeit“) von Aluminium-


werkstoffen

Abgesehen vom Flugzeugbau wurden Maschinen- und Ingenieurbaukon-


struktionen früher dauerfest und weitgehend unter dem Gesichtspunkt
vorwiegend ruhender Belastung ausgelegt. Die in Deutschland maßgeben-
den Regelwerke (DIN 4113, DVS 1608 u.a.) gehen deshalb von vorwie-
gend ruhenden Lasten aus und berücksichtigen variable oder zeitabhängige
354 6 Mechanische Eigenschaften

Zusatzbelastungen in den Kennwerten für die zulässigen Beanspruchun-


gen. Der Nachweis ausreichender Langzeitfestigkeit, insbesondere von
Schweißkonstruktionen, wird erbracht durch einen Vergleich der Nenn-
spannungen2 in gefährdeten Bereichen mit den Dauerfestigkeitswerten, σD
bei 107 Lastwechseln, vermindert um Sicherheitsbeiwerte (in der Regel S =
1,5). Die Langzeitfestigkeit („Dauerfestigkeit“), σD, unterstellt unbegrenzt
ertragbare Lastwechsel bei Beanspruchungsamplituden bis zur Höhe von
σD. Die ursprüngliche Vorstellung, daß bei Beanspruchung unterhalb der
„Dauerfestigkeit“ keine Schädigung des Werkstoffs entsteht, wird heute
nicht mehr aufrechterhalten. Man geht vielmehr davon aus, daß bei sol-
chen Beanspruchungen entstandene Risse oder rißähnliche Gefügedefekte
nicht bis zum vollständigen Bruch fortschreiten, sondern durch Korngren-
zen oder andere Gefügeelemente blockiert werden.
Der Begriff „Dauerfestigkeit“ ist historisch geprägt durch das Verhalten
der ferritischen Baustähle, deren Schwingfestigkeit bei Lastspielzahlen ü-
ber etwa 1x106 hinaus konstant ist, d.h. eine entsprechend hohe Lastam-
plitude dauerhaft ertragen werden kann. Heute weiß man, daß dieses Ver-
halten eher die Ausnahme als die Regel ist und daß die Schwingfestigkeit
der Konstruktionswerkstoffe (auch der Stähle) allgemein bei Lastspiel-
zahlen zwischen 106 und 109 weiter abnimmt (Bathias 1999, Bathias et al.
2001). Auch aus diesen Gründen findet die Lebensdauerabschätzung mit
den Methoden der Betriebsfestigkeit zunehmende Anwendung.
Die Langzeitfestigkeit („Dauerfestigkeit“) von Aluminium-Konstrukti-
onslegierungen (definiert z.B. als Schwingfestigkeit bei 107 Lastwechseln)
nimmt mit steigender statischer Festigkeit zu (~ 0,4xRp0,2), gleichzeitig je-
doch auch die Kerbempfindlichkeit, wie im Bild 6.4.21 dargestellt ist. Eine
neuere Datenanalyse findet man in der FKM-Richtlinie von 1999 (Hänel et
al. 1999) mit methodisch geschätzten Wechsel- und Schwellfestigkeiten
unter Zug-Druck-, Biege- und Scherbeanspruchung für alle genormten
Aluminiumlegierungen. Gleichermaßen gültig für Knet- und Gußlegierun-
gen wird die Wechselfestigkeit bei 1·106 LW aus der genormten Mindest-
Zugfestigkeit Rm durch einen konstanten „Wechselfestigkeitsfaktor“ fw,σ =
0,30 errechnet, d.h. σw,z-d = 0,30·Rm , der einer Überlebenswahrscheinlich-
keit von Pü = 97,5% entsprechen soll. Dabei wird als normierte Wöhlerli-
nie eine einheitliche Steigung der Zeitfestigkeitsgeraden von k = 5, sowie

2
Nennspannungen sind die sich aus den äußeren Kräften und Momenten erge-
benden nominellen Spannungen im gefährdeten Querschnitt des Bauteils ohne
Berücksichtigung von spannungserhöhenden Singularitäten, wie Kerben,
Schweißnähten, etc.. Der Nennspannungsnachweis verwendet „zulässige Span-
nungen“ für Kerbfälle, die in entsprechenden Regelwerken oder Richtlinien als
Kerbfallklassen (sog. FAT-Klassen) angegeben sind, s. Kap. 20.
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 355

eine Steigung im „Dauerfestigkeitsbereich“ zwischen 1·106 und 1·108 von


k = 15 angenommen.

Bild 6.4.21 Abhängigkeit zwischen Dauerfestigkeit und statischer Festigkeit von


verschiedenen Aluminiumlegierungen geordnet nach zunehmender 0,2-Dehn-
grenze

Im Vergleich zu Aluminiumwerkstoffen ist bei den Baustählen das Ver-


hältnis von Wechselfestigkeit zur Zugfestigkeit deutlich höher, d.h. nach
FKM-Richtlinie σw,z-d = 0,45·Rm. Dieser Umstand bedeutet jedoch nicht,
daß der erreichbare Leichtbaugrad mit Aluminiumwerkstoffen zu Lasten
der Ermüdungsfestigkeit der Konstruktionen geht. Dies hängt ursächlich
damit zusammen, daß Aluminiumkonstruktionen überwiegend nach Stei-
figkeitsgesichtspunkten ausgelegt werden müssen, infolge dessen die Last-
spannungen geringer sind.

6.4.7 Mittelspannungsempfindlichkeit

Eine Besonderheit der Aluminiumwerkstoffe ist die deutliche Abhängig-


keit der ertragbaren Schwingungsamplituden von der Mittelspannung. Die-
se Mittelspannungsempfindlichkeit, M, wird definiert als Differenz zwi-
schen den ertragbaren Spannungsamplituden bei wechselnder und
schwellender Belastung im Verhältnis zur Mittelspannung bei Schwellbe-
lastung:
356 6 Mechanische Eigenschaften

σ a ( R =−1) − σ a ( R =0 )
M= (6.4.14)
σ m ( R =0 )
wobei
σa = Spannungsamplitude,
σm = Mittelspannung und
R = Spannungsverhältnis σu/σo

Aus dem Spannungsverhältnis R und der Spannungsamplitude σa errechnet


sich die Mittelspannung σm ; sie nimmt mit steigendem R-Wert zu.
Die Mittelspannungsempfindlichkeit steigt mit zunehmender Festigkeit
des Werkstoffs. Trägt man die Mittelspannungsempfindlichkeit gegenüber
der Zugfestigkeit der Werkstoffe auf, erkennt man eine deutlich höhere
Mittelspannungsempfindlichkeit der Aluminiumwerkstoffe gegenüber den
Stahlwerkstoffen, s. Bild 6.4.22. Nach W. Schütz ist die Streubreite von M
etwa ±15% im Lastspielbereich zwischen 105 und 106 und bis zu einem
Kerbspannungsfaktor von Kt = 5,5 unabhängig von der Kerbschärfe. Nach
neueren Untersuchungen an MIG-Schweißverbindungen der Legierungen
AlSi1MgMn-T6 und AlMg4,5Mn0,7-H111 (Morgenstern und Kotowski
2003) ist die Mittelspannungsempfindlichkeit des Grundwerkstoffs, der
WEZ und des Schweißgutes unabhängig von der Lastspielzahl (zwischen
N = 104 und 107 LW) und von der Kerbschärfe (zwischen Kt = 1,0 und
11,2).

Bild 6.4.22 Abhängigkeit der Mittelspannungsempfindlichkeit von der Festigkeit


für verschiedene metallische Werkstoffe (n. W. Schütz und C. Sonsino, Fh.-Inst.
für Betriebsfestigkeit, LBF, Darmstadt)
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 357

Mittelspannungsunempfindlichkeit, d.h. M = 0, würde bedeuten, daß die


ertragbare Spannungsamplitude σa (bei gegebener Bruchlastwechselzahl)
unabhängig von der Mittelspannung σm bzw. unabhängig vom R-Wert ist.
Welchen Einfluß die Mittelspannungsempfindlichkeit auf die Lebensdauer
bei relativ eigenspannungsarmen geschweißten Kleinproben haben kann,
zeigt das Bild 6.4.23. Der Einfluß der Mittelspannung kann die Lebens-
dauer um mehr als eine Größenordnung verändern. Im vorliegenden Bei-
spiel wird dieser Effekt unterhalb von R = 0,25 besonders deutlich.

Bild 6.4.23 Einfluß der Mittelspannung auf die Bruchlastspielzahlen von Stumpf-
schweißverbindungen. Legierungen: EN AW-5251, EN AW-5083 und EN AW-
6082. Datenbasis: BS CP 118

Beim rechnerischen Nachweis der Schwingfestigkeit einer Aluminium-


Konstruktion muß diese R-Abhängigkeit berücksichtigt werden, da eine
unsachgemäße Wahl der Schwingfestigkeitswerte unsichere oder überkon-
servative Konstruktionsauslegung ergeben würde. Bei kompletten Daten-
sätzen in Form von Haigh-, Smith-, Goodman- oder Moore-Kommers-Jas-
per (MKJ)-Diagrammen ist dies implizit enthalten. Ein Beispiel für den
Strangpreßwerkstoff 6005A gibt Bild 6.4.24.
In vielen Fällen liegen Schwingfestigkeitswerte bei reiner Wechselbean-
spruchung, also bei R = -1, vor. Die R-unabhängige Übertragung dieser
Ergebnisse auf Situationen mit positiver Mittelspannung kann unkonser-
vativ sein, wenn die Probekörper für die Wöhlerversuche relativ eigen-
spannungsfrei waren. Diese Situation ist vielfach bei kleinen und dünn-
wandigen Prüfkörpern gegeben. Andererseits möchte man die bei
Schwellbeanspruchung (R = 0) ermittelten Werte auf andere niedrigere
358 6 Mechanische Eigenschaften

Bild 6.4.24 MKJ-Diagramm für die Legierung EN AW-6005A-T6. Kurve A:


Grundwerkstoff bis 10 mm Dicke; Kurve D: MIG-Stumpfschweißnaht, nicht ab-
gearbeitet, ohne Wärmebehandlung nach dem Schweißen. Kurven beruhen auf
Mittelwerten (Pü = 50 %)

Spannungsverhältnisse übertragen können, ohne eine zu konservative Aus-


legung zu riskieren. Näherungswerte erhält man durch Ausnutzen der ge-
ometrischen Beziehungen im Moore-Kommers-Jasper-Diagramm (MKJ),
s. Bild 6.4.25. Der „virtuelle“ R-Wert, Rv, ist definitionsgemäß der Kehr-
wert der Mittelspannungsempfindlichkeit, M. Die strichpunktierte Linie

Bild 6.4.25 Geometrische Beziehungen im MKJ-Diagramm


6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 359

gibt näherungsweise die Höhe der ertragbaren Spannungsamplitude bei unter-


schiedlichen R-Werten an; ihre Neigung kennzeichnet die Mittelspan-
nungsempfindlichkeit M. Diese Darstellung hat Gültigkeit nicht nur für Grund-
werkstoffwerte, sondern auch für verschiedenartige Schweißverbindungen, s.
Bild 20.3.13, und schließt implizit eine weitgehende Unabhängigkeit der Mittel-
spannungsempfindlichkeit M vom Spannungsverhältnis R ein.

6.4.8 Einfluß von Kerben auf die Schwingfestigkeit


Kerben verursachen örtliche Spannungserhöhungen und verringern da-
durch die Schwingfestigkeit des Bauteils. Die Formzahl Kt 3) einer Kerbe
gibt die mit Hilfe der Elastizitätstheorie errechnete, gegenüber der Nenn-
spannung σnenn erhöhte Kerbspannung σmax im Kerbgrund an:
σmax = Kt · σnenn (6.4.15)
Selbst bei elastischer Nennspannung im Kerbquerschnitt wird bei duktilen
Werkstoffen und schärferen Kerben die Fließgrenze im Kerbgrund über-
schritten, wodurch durch Plastifizierung ein Spannungsabbau von σmax auf
σa stattfindet, s. Bild 6.4.26. Im Falle einer Wechselbeanspruchung ent-
spricht σa der Spannungsamplitude und εa,t der Gesamtdehnungsamplitude
im Kerbgrund. Als Fließkurve des Werkstoffs muß dann die zyklische
Spannungs-Dehnungskurve zugrunde gelegt werden (Diagramm rechts im
Bild 6.4.26).
Die Abminderung der theoretischen Kerbspannung durch Plastifizierung
wird durch die Kerbwirkungszahl Kf beschrieben, die durch das Verhältnis
der Dauerfestigkeit des ungekerbten Stabes, σD, zur Dauerfestigkeit des
gekerbten Stabes, σDK, definiert ist:
σD
Kf = , d.h. Kf < Kt (6.4.16)
σ DK
Die Kerbwirkungszahl Kf ist von der Formzahl Kt abhängig. Bild 6.4.27
enthält eine empirisch ermittelte Referenzkurve, die auf Literaturangaben
für einige mittelfeste Konstruktionslegierungen beruht. Mit Hilfe der Refe-
renzkurve kann für eine gegebene Formzahl Kt ein Näherungswert für die
Kerbwirkungszahl Kf entnommen werden. Der Streubereich zeigt aller-
dings an, daß Kf gewissen werkstofflichen Einflußgrößen unterworfen ist,
die vermutlich mit dem Gefügezustand (Aushärtungsgrad, Reinheitsgrad,

3 Für die Bezeichnung der Kerbformzahl wird im folgenden die international üb-
liche Bezeichnung Kt anstelle von αk gewählt. Gleiches gilt für die übrigen Grö-
ßen Kf , Kσ , Kε der Kerbspannungslehre.
360 6 Mechanische Eigenschaften

Bild 6.4.26 Nennspannung σnenn, theoretischen Kerbspannung σmax und durch


Plastifizierung des Kerbgrunds reduzierte Kerbspannung σa durch eine Kerbe mit
Kerbradius ρ (links). Neuber-Regel für den Fall einer elastischen Nennspannungs-
amplitude (rechts)

Textur, etc.) zusammenhängen. Die Referenzkurve gilt für R = -1 und N =


5·106 LW. Für Fälle, in denen die Wöhlerkurven auf Schwingspielzahlen
für den Anriß (z.B. 5% Steifigkeitsabnahme) beruhen, scheint der Kf-Wert
weitgehend unabhängig von der Lastwechselzahl N und daher auch auf
den Zeitfestigkeitsbereich anwendbar zu sein (Morgenstern et al. 2004).
Wenn auch die statistische Sicherheit dieser Aussage noch weiterer Bestä-
tigung bedarf, so ist doch mit einem annähernd konstanten Kf-Wert über
einem größeren Lastwechselbereich (z.B. N > 105 LW) auszugehen.

Bild 6.4.27 Kerbwirkungszahlen Kf in Abhängigkeit von der Formzahl Kt nach


verschiedenen Literaturquellen für die Legierungen AlSi1MgMn (EN AW-6082)
und AlMg4,5Mn0,7 (EN AW-5083)
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 361

Für die Berechnung der Kerbwirkungszahl Kf aus der Formzahl Kt wur-


de das Mikrostützwirkungskonzept entwickelt. Es geht zurück auf den Vor-
schlag von Neuber (Neuber 1936), daß ein hochbeanspruchtes Werkstoff-
element am Kerbgrund durch Einbindung in seine quasi-starre Umgebung
gestützt wird. Durch diese Mikrostützwirkung wird die theoretische linear-
elastische Vergleichsspannung des Werkstoffelementes über einer fiktiven
Strukturlänge ρ* durch eine mittlere Spannung ausgeglichen, wodurch die
Kerbwirkung reduziert wird, s. Bild 6.4.26. Die Höhe dieser mittleren
Spannung im Kerbgrund ergibt sich gegenüber der linear-elastischen Ma-
ximalspannung durch Ersetzen des realen Kerbradius ρ mit einem fiktiv
vergrößerten Kerbradius ρf nach Gl. (6.4.18):
ρf = ρ + s·ρ* (6.4.18)
Die dimensionslose Konstante s richtet sich nach der Belastungsart
(Zug, Biegung, Schub, Torsion), Probenform (Flach- oder Rundprobe) und
der anzuwendenden Festigkeitshypothese (Tresca, von Mises), s. Tabelle
6.4.2.
Die fiktive Strukturlänge ρ* gilt als Werkstoffkonstante und ist daher
abhängig von den Werkstoffeigenschaften, u.a. invers von der Dehngrenze
(Neuber 1968b). Sie wird experimentell an scharf gekerbten Proben ent-
weder nach dem Ansatz von Neuber (Neuber 1968a, b) oder nach Radaj
(Radaj 1995) ermittelt:
⎡ 2 ⎤
ρ ⎛K ⎞
ρ * = ⎢⎜ t ⎟ − 1⎥ nach Neuber (6.4.19)
s ⎢⎜⎝ K f ⎟⎠ ⎥
⎣ ⎦

⎡ 2 ⎤
ρ ⎛ K − 1 ⎞⎟
ρ * = ⎢⎜ t − 1⎥ nach Radaj (6.4.20)
s ⎢⎜⎝ K f − 1 ⎟⎠ ⎥
⎣ ⎦
Einige nach den Ansätzen von Neuber und Radaj ermittelten Werte von
ρ* für die Werkstoffe AlSi1MgMn-T6 und AlMg4,5Mn0,7-H112 aus neu-
eren Untersuchungen (Morgenstern et al. 2004) sind in Tabelle 6.4.3 wie-
dergegeben. Neben Grundwerkstoffwerten (GW) wurden auch Werte für
das Schweißgut (SG) und die Wärmeeinflußzone (WEZ) von MIG-
Schweißnähten gemessen.
Mit dem aus Gl. (6.4.18) ermittelten fiktiven Kerbradius ρf läßt sich nun
für gegebene Kerbradien ρ mit Hilfe von FEM Rechnungen oder mit ana-
lytischen Ansätzen die Kerbwirkungszahl Kf in Analogie zur theoretischen
Formzahl Kt errechnen.
362 6 Mechanische Eigenschaften

Tabelle 6.4.2 Mikrostützwirkungskonstante s nach Neuber


Festigkeitshypothese Zug- & Biegung Torsion und Schub
Flachstäbe mit Rundstäbe mit
Kerben, Löchern umlaufender Kerbe
und Kehlen
Normalspannungs- 2 2 1
hypothese
Schubspannungs- 2 2 −ν 1
hypothese 1 −ν
Gestaltänderungs- 2,5 5 − 2ν + 2ν 2 1
energiehypothese
2 − 2ν + 2ν 2

Tabelle 6.4.3 Ersatzstrukturlängen für einige Konstruktionswerkstoffe

Kt Kf Neuber Radaj
ρ [mm] (FEM) (σD/σDK) ρ* [mm] ρ* [mm]
AlSi1MgMn-T6 GW 0,07 11,2 4,00 0,19 0,30
AlSi1MgMn WEZ 0,07 11,2 4,33 0,16 0,23
AlSi5 SG 0,07 11,2 3,60 0,24 0,40
AlMg4,5Mn0,7-H112 GW 0,15 10,2 4,35 0,27 0,39
AlMg4,5Mn SG 0,15 10,2 3,91 0,35 0,54

Die Ermittlung der Ersatzstrukturlängen erfordert eine hohe Anzahl von


Einzelproben sowie die Erfassung der Anrißlebensdauer bei scharf gekerb-
ten Proben, um über eine ausreichende Wahrscheinlichkeitsanalyse die
Lage der Wöhlerlinien und daraus die Kerbwirkungszahl mit genügender
Genauigkeit zu bestimmen. Immerhin zeigen die Daten in Tabelle 6.4.3 ei-
ne gewisse Konsistenz mit den metallurgischen und mechanischen Eigen-
schaften der untersuchten Legierungen und ihrer verschiedenen Zustände,
obwohl einige Werte um etwa 10% zu hoch erscheinen. Weitere systemati-
sche Untersuchungen der für den praktischen Gebrauch typischen Gefüge-
zustände häufig verwendeter Legierungen bzw. Halbzeuge wären wün-
schenswert für die Verwendung der Ersatzstrukturlänge als Grundlage für
die Abschätzung der Kerbwirkungszahl unterschiedlicher Kerbfälle. Eine
solche Referenzdatenbank würde es erlauben, weitere Erkenntnisse über
den Gefügeeinfluß zu erlangen.
Mit Hilfe der Kerbwirkungszahl Kf läßt sich die Lebensdauer von ge-
kerbten Bauteilen auf der Grundlage von S/N-Kurven oder ε/N-Kurven un-
gekerbter Proben mit guter Zuverlässigkeit abschätzen. Die Berechnung
von Bauteillebensdauern mit Dehnungswöhlerlinien hat den praktischen
Vorteil, daß die Dehnungen in kritischen (Kerb-) Querschnitten eines Bau-
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 363

teils gemessen bzw. rechnerisch oder mit FEM ermittelt werden können,
und über die zyklische Spannungs-Dehnungskurve aus der Deh-
nungswöhlerlinie die zu erwartende Lebensdauer abgeschätzt werden
kann. Dieses Örtliche Berechnungskonzept wird als Kerbgrundkonzept o-
der Kerbdehnungskonzept bezeichnet.
Die Lebensdauerberechnung bei elastisch-plastischer Beanspruchung im
Kerbgrund mit Hilfe von Dehnungswöhlerlinie und zyklischer Spannungs-
Dehnungskurve beruht auf der Neuber-Regel (Neuber 1961):

Kt = (Kσ ⋅ Kε)1/2 (6.4.21)

wobei Kσ = σa /σnenn und Kε = εa,t /εnenn und


σnenn = Nennspannung (Zugkraft/Netto-Kerbquerschnitt)
σa = wahre Kerbspannung im Kerbgrund
εnenn = σnenn /E, wenn die Nenndehnung σnenn im elastischen Bereich ist,
sonst aus zyklischer Spannungs-Dehnungskurve zu entnehmen
εa,t = wahre Dehnung im Kerbgrund.

Bei Schwingfestigkeitsberechnungen wird die Formzahl Kt in Gl.


(6.4.21) durch die entsprechende Kerbwirkungszahl Kf ersetzt.
1/ 2
⎛ σ ε a ,t ⎞
K f = ⎜⎜ a ⎟⎟ (6.4.22a)
⎝ σ nenn ε nenn ⎠

bzw.

K f (σ nenn ⋅ ε nenn ⋅ E ) = (σ a ⋅ ε a ,t ⋅ E )
1/ 2 1/ 2
(6.4.22b)

Wenn bei hohen Lastspielzahlen (ab etwa 105 LW) sich Nennspannun-
gen und -dehnungen im elastischen Bereich befinden, reduziert sich diese
Gleichung zu

K f ⋅ σ nenn = (σ a ⋅ ε a ,t ⋅ E )
1/ 2
(6.4.23)

Gleichung (6.4.22b) bezieht das Nennspannungsverhalten eines gekerb-


ten Körpers auf das tatsächliche Spannungs-Dehnungs-Verhalten des
Werkstoffs an der kritischen Stelle im Kerbgrund. Man kann Gl. (6.4.22b)
auch interpretieren als Index für gleiche Ermüdungsschädigung in einem
gekerbten und ungekerbten Probekörper, d.h. bei R = –1 werden im un-
gekerbten und gekerbten Probekörper Anrisse bei gleicher Schwing-
364 6 Mechanische Eigenschaften

spielzahl erzeugt, wenn Kf··(σnenn·εnenn·E)1/2 für den gekerbten Probekörper


gleich (σa·εa,t·E)1/2 für den ungekerbten Probestab ist. Das bedeutet, daß
gekerbte und ungekerbte Probendaten in der gleichen Wöhlerkurve aufge-
tragen werden können bzw. daß Wöhlerdaten für ungekerbte Proben ver-
wendet werden können, um die Lebensdauer von gekerbten Proben abzu-
schätzen. Nach Smith, Watson und Topper (Smith et al. 1970) wird
(σa·εa,t·E)1/2 als Schadensparameter PSWT bezeichnet, siehe auch Abschn.
6.4.4. Ein Beispiel für Schadensparameter-Wöhlerlinien, die auf der Basis
von Dehnungswöhlerlinien berechnet wurden, zeigt Bild 6.4.17. Mit Hilfe
der Referenzkurve für Kf in Bild 6.4.27 läßt sich damit beispielsweise die
Anrißwöhlerlinie für gekerbte Proben (Kt = 11,2) der Legierung EN AW-
6082-T6 in Bild 6.4.20 rechnerisch ermitteln. Die Ergebnisse sind leicht
konservativ gegenüber den gemessenen Daten.

6.4.9 Wirkung von Eigenspannungen auf die Schwingfestigkeit

Örtlich vorgenommene Kaltverfestigungen, die Druckeigenspannungen in


der Oberfläche erzeugen, haben bei allen Legierungen und Festigkeitsni-
veaus erhebliche Verbesserungen der Schwingfestigkeit oder der Lebens-
dauer zur Folge. Dieser Effekt wird im Flugzeugbau und im Maschinenbau
angewendet, z.B. durch Aufweiten von Löchern („Coining“, auch als Re-
paraturmethode bei vorgeschädigten Löchern), beim Walzen von Gewin-
den, durch Festwalzen, Hämmern oder Kugelstrahlen („Shot Peening“) der
Oberfläche. Untersuchungsergebnisse liegen aus zahlreichen Veröffentli-
chungen vor, u.a. (Speakman 1970, Hirsch et al. 1984, Wagner et al. 1992,
Zhang et al. 2003, Rodopoulos et al. 2004).
Es ist üblich, Eigenspannungen, σe , als Mittelspannungen zu betrachten,
die sich den äußeren Lastspannungen überlagern. Der Grund für die posi-
tive Wirkung von örtlichen Druckeigenspannungen wird in einer Verringe-
rung der Ober- und Mittelspannung um den Betrag der Druckspannung ge-
sehen, wodurch sich die Lebensdauer verlängert bzw. höhere Spannungs-
amplituden ertragen werden können, s. Bild 6.4.25. Da die Mittelspan-
nungsempfindlichkeit mit zunehmender Legierungsfestigkeit steigt, sollten
die positiven Auswirkungen von Druckeigenspannungen auf die Schwing-
festigkeit ebenfalls mit der Legierungsfestigkeit zunehmen. Andererseits
wird Zugeigenspannungen genau die gegenteilige Wirkung zugeschrieben.
Durch den Schrumpfungsprozeß beim Erstarren von Schmelzschweiß-
nähten bilden sich beispielsweise in einer Schweißnaht Zugeigenspan-
nungen aus, die besonders bei dicken Bauteilquerschnitten durch Behinde-
rung des Verzugs wirksam sind. Nach allgemeiner Auffassung führt dann
die Überlagerung von Zugeigenspannungen, σe, und äußeren Lastspannun-
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 365

gen, ∆σ, zu einer örtlich höheren Belastung mit entsprechend negativer


Wirkung auf die Lebensdauer bzw. auf die Höhe der ertragbaren
Spannungsamplitude.
Die Überlagerung von Eigenspannungen und Lastspannungen wird nach
diesen Vorstellungen begrenzt durch die statische oder zyklische Fließ-
grenze des Materials. Beim Überschreiten der Fließgrenze werden die Ei-
genspannungen durch örtliches plastisches Fließen vermindert. Bild 6.4.28
zeigt schematisch, wie bei gegebener Lastamplitude sich eine konstante
Mittelspannung bzw. ein konstanter, positiver R-Wert einstellt, wenn (σe +
∆σ) ≥ Rp0,2 wird. Wenn also mit signifikanten Zugeigenspannungen in ei-
nem Bauteil gerechnet wird, sollte deshalb von einem höheren R-Wert
ausgegangen werden, als den tatsächlichen Beanspruchungen entspricht.
Andererseits zeigen diese Überlegungen, daß Eigenspannungen nur so-
lange wirksam sein können, solange sie nicht durch örtliche oder globale
Plastifizierung sowie durch thermischen Spannungsabbau reduziert oder
beseitigt werden.

Bild 6.4.28 Überlagerung von Zugeigenspannungen und Lastspannungen

Zur Illustration mögen einige Untersuchungsergebnisse von Benedetti et


al. (2004) über die Wirkung und Stabilität von Druckeigenspannungen
durch Kugelstrahlen (Glasperlen 0,15 mm Ø und Almenintensität B60-
10N) von 4 mm dickem stranggepreßten Material der Legierung EN AW-
6082-T5 dienen. Bild 6.4.29 zeigt die positive Wirkung des Kugelstrahlens
auf die Schwingfestigkeit. Die beiden Zeitfestigkeitsgeraden treffen sich
etwa bei 104 LW und bei ∆σ ≈ 270 MPa, was annähernd der statischen
und zyklischen 0,2%-Dehngrenze des Grundwerkstoffs entspricht (Rp0,2 =
280 ± 5 MPa).
Die hierfür verantwortlich gemachten Druckeigenspannungen wurden
röntgenographisch nach chemischem Abtrag von Oberflächenschichten
ermittelt. Bild 6.2.30 gibt den Verlauf der Eigenspannungen mit zuneh-
mendem Abstand von der Oberfläche im Ausgangszustand und nach
366 6 Mechanische Eigenschaften

10000 Lastwechseln bei ∆σ = 248 MPa (entsprechend einer Oberspannung


von σo = 0,9xRp0,2) und R = 0,1 wieder. Druckeigenspannungen existieren
in einer schmalen Oberflächenschicht von ca. 200 µm und werden durch
die (relativ hohe) Schwellbeanspruchung in Oberflächennähe um etwa
10 % vermindert, der etwas tiefer liegende Spitzenwert dagegen bleibt un-
verändert. Die Stabilität der Eigenspannungen bzw. das Ausmaß des Ei-
genspannungsabbaus sind abhängig von der Höhe der Oberspannung bei
Schwellbeanspruchung, aber auch von der Intensität der Kugelstrahlbe-
handlung. Der Abbau der Eigenspannungen bei Schwingbeanspruchung
geschieht im frühen Stadium der Belastung und mündet mit zunehmender
Lastspielzahl in einen stabilisierten Zustand. Eine eingehende Betrachtung
des Eigenspannungsabbaus durch Schwingbeanspruchung wurde u.a. von
Zhuang und Halford vorgenommen (Zhuang et al. 2001).

Bild 6.4.29 Verbesserung der Schwingfestigkeit von EN AW-6082-T5 durch Ku-


gelstrahlen. Vier-Punkt-Biegeprüfung mit R = 0,1. Nach (Benedetti et al. 2004)

Durch Kugelstrahlen wird die Werkstückoberfläche plastisch stark ver-


formt. Dabei können Umformgrade bis zu etwa 40 % erreicht werden
(Zhuang et al. 2001). Die dadurch bewirkte Kaltverfestigung äußert sich in
einer Härtesteigerung, deren Verlauf jedoch eine mindestens doppelt so
große Tiefenausdehnung hat, als der Druckspannungszone entspricht, vgl.
Bilder 6.4.30 und 6.4.31. Die im vorliegenden Fall gemessene Oberflä-
chenhärte entspricht einer Erhöhung der Zugfestigkeit des Grundwerk-
stoffs um ca. 50% und läßt einen hohen Kaltverfestigungsgrad erwarten.
Nach den Schilderungen des zyklischen Spannungs-Dehnungsverhalten in
Abschn. 6.4.2 ist demnach oberflächlich mit einer amplitudenabhängigen
6.4 Schwingfestigkeitsverhalten von Aluminiumwerkstoffen 367

zyklischen Entfestigung zu rechnen, die zum Abbau der Druckeigenspan-


nungen im oberflächennahen Bereich beigetragen haben wird.

Bild 6.4.30 Verlauf der durch Kugelstrahlen erzeugten Eigenspannungen im Ab-


stand von der Oberfläche. Legierung EN AW-6082-T5 (Rp0,2 = 280 MPa, Rm =
300 MPa, A = 13%), Korngröße ~ 200 µm (Benedetti et al. 2004)

Bild 6.4.31 Verlauf der Mikrohärte der Legierung EN AW-6082-T5 im Abstand


von der Oberfläche durch Kugelstrahlen mit Almenintensität B60-10N (Benedetti
et al. 2004)
368 6 Mechanische Eigenschaften

Eine rein mechanische Betrachtung der Wirkung von Druckspannungen


in der Materialoberfläche auf die Schwingfestigkeit bzw. Lebensdauer ist
jedoch nicht hinreichend, um die experimentellen Ergebnisse in Bild
6.4.29 zu erklären. Da Druckeigenspannungen sich besonders im Bereich
hoher Bruchlastwechselzahlen positiv auf die Lebensdauer auswirken,
wird vor allen Dingen die Anrißbildung (Stage I) verzögert. Wirkungen
auf die Rißschließung und folglich verzögerter Rißfortschritt sind nicht
auszuschließen, dürften jedoch geringere Bedeutung für die Lebensdauer
haben. Als wichtigste Ursache wird die hohe Versetzungsdichte in der ge-
strahlten Oberflächenschicht angesehen, durch die die Gleitprozesse be-
hindert werden, die als Vorstufe zur Anrißbildung angesehen werden
(Wohlfahrt 1997). Im Falle der warmausgehärteten Legierung EN AW-
6082-T5 dürfte die zwangsweise Aktivierung zahlreicher Gleitsysteme ei-
ne kritische Gleitbandbildung hinauszögern. Auch aus Untersuchungen an
festgewalzten Proben aus der Legierung EN AW-5083-H112 ist zu schlie-
ßen, daß weniger die Druckeigenspannungen als vielmehr eine möglichst
thermisch und mechanisch stabile Kaltverfestigung der Oberflächenschicht
für die Verbesserung der Schwingfestigkeit verantwortlich sein dürfte (Jui-
jerm et al. 2004).

6.5 Einfluß hoher Dehngeschwindigkeit

Die üblicherweise bei Raumtemperatur „quasi-statisch“ ermittelten me-


chanischen Eigenschaften ändern sich bei hohen Beanspruchungsge-
schwindigkeiten. Während die mechanischen Eigenschaften im Zugver-
such bei Dehngeschwindigkeiten von dε/dt ≈ 1x10-4 [s-1] bestimmt werden,
werden bei hoher schlagartiger Beanspruchung (z.B. beim Crash) Dehnge-
schwindigkeiten von 1 bis etwa 102 [s-1] und darüber hinaus gemessen. Bei
der Zerspanung können Verformungsgeschwindigkeiten von 103 bis zu 105
[s-1] auftreten (Shatla et al. 2001).
Die verschiedenen Aluminiumwerkstoffe reagieren z.T. unterschiedlich
auf derartig hohe Beanspruchungsgeschwindigkeiten. Festigkeitswerte (Rm,
Rp0,2), Fließspannung (kf(ϕ)), Verfestigungsrate (dσ /dϕ, n) und Verform-
barkeitswerte (Ag, A5, Z) werden je nach Legierungsart und Werkstoffzu-
stand sowohl positiv wie negativ verändert. Kenntnisse über den genauen
Einfluß von Dehngeschwindigkeit auf das Fließ- und Bruchverhalten der
Aluminiumlegierungen ist daher von Bedeutung für den Einsatz in Sicher-
heitskomponenten und für die Modellierung des Crash-Verhaltens, aber
auch für die Umform- und Zerspanungstechnik. Darüber hinaus ist die
Empfindlichkeit des Fließverhaltens gegenüber der Dehngeschwindigkeit
6.5 Einfluß hoher Dehngeschwindigkeit 369

auch für das Verständnis des Bruchvorgangs von Bedeutung, da durch die
vorablaufende Lokalisierung der Gleitvorgänge in der Einschnürzone und
in Scherbändern hohe örtliche Scherdehnungsraten entstehen können, und
durch die dort entstehende Umformwärme eine lokale adiabatische Tempe-
raturerhöhung stattfindet, die die dynamische Entfestigung beschleunigt.
Es ist vorab darauf hinzuweisen, daß eine plötzliche Erhöhung der
Dehngeschwindigkeit während eines Verformungsvorgangs – z.B. wäh-
rend eines Zugversuchs – in der Regel eine Erhöhung der Fließspannung
zur Folge hat, s. „Backofen Step-Test“ (Backofen 1964). Dagegen kann
sich die Fließspannung bei kontinuierlichen Verformungsprozessen, die
hier betrachtet werden, unter unterschiedlich hohen Formänderungs-
geschwindigkeiten sowohl positiv als auch negativ verändern.

Einfluß der Dehngeschwindigkeit auf die Fließspannung


Für die meisten Aluminiumwerkstoffe gilt, daß mit zunehmender Formän-
derungsgeschwindigkeit, dϕ/dt = ϕ& , sowohl die Fließspannung kf als auch
die Verfestigungsrate dσ / dϕ zunehmen. Das Fließverhalten in Abhängig-
keit von der Dehnrate wird häufig mit der nachstehenden Beziehung wie-
dergegeben:

k f = C ⋅ ϕ n ⋅ ϕ& m (6.5.1)

mit kf = Fließspannung, C = Werkstoffkonstante, ϕ = Formänderungsgrad,


n = Verfestigungsexponent, ϕ& = Dehngeschwindigkeit und m = Exponent,
der den Grad der Abhängigkeit der Fließspannung (bei gegebenem Ver-
formungsgrad) von der Dehngeschwindigkeit – die sog. Dehnratenemp-
findlichkeit – angibt. Die Konstanten C, n und m sind temperaturabhängig.
Bei konstanter Temperatur und gegebenem Verformungsgrad ϕ ergibt sich
m aus:
⎛ ∂ log k f ⎞
m = ⎜⎜ ⎟
⎟ (6.5.2)
⎝ ∂ log ϕ& ⎠ T ,ϕ

Ein positiver m-Wert bedeutet Erhöhung des Fließwiderstands durch


Zunahme der Dehngeschwindigkeit, ein negativer m-Wert eine Abnahme
des Fließwiderstands. Der m-Wert ist temperaturabhängig und steigt deut-
lich bei höheren Temperaturen, bei denen er zur Stabilisierung des Fließ-
verhaltens beiträgt und die Rolle des abnehmenden Verfestigungsexpo-
nenten n übernimmt, s. Abschn. 6.6.4.
Über einem weiten Bereich der Dehngeschwindigkeiten (von 10-5 bis
etwa 10² [s-1]) ergibt sich bei Aluminiumlegierungen andererseits eine
weitgehend lineare Abhängigkeit der Fließspannung vom Logarithmus der
370 6 Mechanische Eigenschaften

Dehngeschwindigkeit, s. Bilder 6.5.1 und 6.5.2. Dieses Verhalten gilt im


übrigen auch bei höheren Temperaturen (Oosterkamp et al. 2000). In die-
sem Bereich kann die Fließspannungsabhängigkeit kf(ϕ) von der Dehnrate
bei gegebener plastischer Dehnung ϕ nach folgender Beziehung angesetzt
werden:
k f (ϕ ) ≅ k f 0 (ϕ ) + k f 1 (ϕ ) log ϕ& (6.5.3)
Eine weitere allgemeingültige Aussage betrifft den absoluten Grad der
Dehnratenempfindlichkeit m der Fließeigenschaften. Im Gegensatz zu
Stahlwerkstoffen ist der Geschwindigkeitseinfluß bei allen Aluminium-
werkstoffen vergleichsweise gering. Bild 6.5.1 zeigt den deutlich höheren
Geschwindigkeitseinfluß auf die (untere) Streckgrenze eines kohlenstoffar-
men Stahls im Vergleich zur Fließspannung (gemessen bei 18% Scherver-
formung) von AA1100-0 (entspr. EN AW-Al99,0Cu weich). (Die zugrun-
deliegenden Scherspannungs-Scherdehnungswerte können nach v. Mises
in Vergleichsspannungs-Dehnungswerte umgerechnet werden, indem die
Scherspannung mit √3 multipliziert und die Scherdehnung und Scher-
Dehngeschwindigkeit durch √3 dividiert werden.) Oberhalb von 103 bis
104 [s-1] nimmt die Fließspannung von Aluminium deutlich zu, was auf ei-
nen Wechsel der Verformungsmechanismen (visko-plastisches oder adia-
batisches Verformungsverhalten) hindeutet (Lee et al. 2000).

Bild 6.5.1 Abhängigkeit der (Scher-) Fließspannung von der (Scher-) Dehnge-
schwindigkeit für einen kohlenstoffarmen Stahl (Campbell et al. 1970) und für
Aluminium AA1100-0 (entspr. EN AW-Al99,0Cu) (Gilat et al. 2002) bei
Raumtemperatur
6.5 Einfluß hoher Dehngeschwindigkeit 371

Die häufig angetroffene Feststellung, daß die Dehnratenempfindlichkeit


von Aluminium bei Raumtemperatur mit zunehmendem Legierungsgehalt
abnimmt (Green et al. 1970), wird allerdings durch die Daten der Legie-
rungen EN AW-7108-T79 und AW-6005A-T6 (Oosterkamp et al. 2000)
und AW-6005A-T6 (Børvik et al. 2005) in Bild 6.5.2 nicht gestützt. Of-
fensichtlich spielen Legierungsart und Werkstoffzustand eine Rolle.

Bild 6.5.2 Abhängigkeit der Fließspannung (bei angegebenem Verformungsgrad


in %) von der Dehngeschwindigkeit für Reinstaluminium und verschiedene Legie-
rungen. Datenquellen: offene Symbole (Green et al. 1970), volle Symbole
(Oosterkamp et al. 2000), + nach (Børvik et al. 2005)

Einen Sonderfall stellen die AlMg-Legierungen dar, die eine negative


Dehnratenempfindlichkeit besitzen, d.h. bei denen mit zunehmender
Dehngeschwindigkeit der Fließwiderstand sinkt. Dieses Verhalten wird auf
den Mechanismus der dynamischen Reckalterung (PLC-Effekt) zurückge-
führt (Naka et al. 1999, Wagenhofer et al. 1999), s. auch Abschn. 3.2.3.
Bild 6.5.3 zeigt, daß die Fließkurve der Legierung AlMg4,5Mn0,4 (EN
AW-5182-0/H111) mit zunehmender Dehnrate zwischen 0,007 und 250 s-1
leicht abnimmt, jedoch bei gleichzeitiger Zunahme der Bruchdehnung.
Meßwerte der Fließspannung (bei 5% Dehnung) für die verfestigte Le-
gierung AlMg4,5Mn0,7-H116 (EN AW-5083) über einem großen Dehnra-
tenbereich zeigt Bild 6.5.4 (Clausen et al. 2004). Der Dehnrateneinfluß auf
372 6 Mechanische Eigenschaften

die Fließspannung scheint bei dem verfestigtem Material etwas stärker


ausgeprägt als bei dem weichem Material in Bild 6.5.3. Erst bei sehr hohen
Dehngeschwindigkeiten um 103 [s-1] nimmt die Fließspannung wieder
deutlich zu, was auf eine Änderung des plastischen Verformungsmechanis-
mus hindeutet.

Bild 6.5.3 Fließkurven der Legierung EN AW-5182-0/H111 bei unterschiedlichen


Dehnraten, ermittelt im Zugversuch mit Extensiometer bei niedrigen Dehnraten
bzw. mit DMS und Funkenkamera bei 250 s-1 (Quelle: S. Keller, Hydro-
Aluminium, Bonn)

Bild 6.5.4 Meßwerte der Fließspannung für die Legierung EN AW-5083-H116


(AlMg4,5Mn0,7) über einem großen Bereich von Dehnraten bei Raumtemperatur.
Werte in Walzrichtung (Clausen et al. 2004)
6.5 Einfluß hoher Dehngeschwindigkeit 373

Die mit Ausnahme der AlMg-Legierungen positive Dehnratenempfind-


lichkeit der Aluminiumlegierungen erstreckt sich vermutlich aber nur über
einen bestimmten Anfangsbereich der Fließkurve. Hooputra et al. (Hooputra
et al. 2004) und El-Magd et al. (El-Magd et al. 2001) ermittelten Fließkurven
im Stauchversuch bei den ausgehärteten Legierungen EN AW-7108-T6
bzw. EN AW-6082-T6 und EN AW-6061-T6 und fanden bei Dehnraten von
10² [s-1] eine negative Dehnratenempfindlichkeit bei plastischen Stauchgra-
den von ϕ > 0,2. Als Grund vermuten die Autoren die Auswirkung adiabati-
scher Erwärmung in den Scherzonen mit zunehmendem Verformungsgrad,
da die Umformwärme bei den hohen Geschwindigkeiten nicht mehr an die
Umgebung der Scherzonen abgeführt werden kann, und dadurch der dyna-
mische Entfestigungsprozeß beschleunigt wird. Allerdings vertreten Børvik
et al. (Børvik et al. 2005) durch Auswertung von Beschußversuchen die Auf-
fassung, daß Aluminiumlegierungen durch ihre wesentlich höhere Wärme-
leitfähigkeit im Vergleich zu Stählen weniger zu adiabatischer Scherband-
bildung und thermoplastischer Instabilität neigen.

Einfluß von Vorverfestigung auf die Dehnratenempfindlichkeit


Untersuchungen an reinem, unlegierten Aluminium mit verschiedenen
Kaltverformungsgraden bis etwa zum halbharten Zustand haben gezeigt,
daß unterschiedliche Kaltverformungsgrade praktisch keinen Einfluß auf
die Dehnratenempfindlichkeit der Fließspannung bei Dehngeschwindigkei-
ten zwischen 10-4 und 4.103 [s-1] haben (Karnes et al. 1966). Ein Vergleich
der Ergebnisse in den Bildern 6.5.3 und 6.5.4 legt nahe, daß bei AlMg-
Legierungen ein gewisser Effekt der Vorverfestigung auf die Dehnraten-
abhängigkeit der Fließspannung besteht, obwohl die veröffentlichte Da-
tenbasis dürftig ist.

Einfluß der Dehngeschwindigkeit auf die Duktilität


Das Duktilitätsverhalten bei unterschiedlichen Dehnraten ist in den Bildern
6.5.5 und 6.5.6 am Beispiel der Legierung AlSiMg(A) (EN AW-6005A-
T6) wiedergegeben. Das Verhalten stimmt sehr gut mit anderen Untersu-
chungsergebnissen überein (Oeser et al. 2000) und kann als typisch für
AlMgSi-Legierungen angesehen werden. Danach nehmen sowohl die
Bruchdehnung als auch die Brucheinschnürung mit der Dehnge-
schwindigkeit zu. Das gleiche Verhalten wurde auch in den verschiedenen
Zonen von MIG-Schweißverbindungen an der Legierung AlSiMg(A)-T6
mit Schweißzusatzwerkstoff AlMg4,5MnZr festgestellt (Oeser et al. 2000).
AlZnMg(Cu)-Legierungen weichen von diesem Verhalten ab, wie Bild
6.5.7 andeutet. Während die Bruchdehnung A5 von der Dehngeschwindig-
keit annähernd unabhängig ist, wird die Duktilität – gemessen als Bruch-
374 6 Mechanische Eigenschaften

einschnürung – mit zunehmender Dehnrate deutlich geringer, ohne daß


man allerdings von einer Versprödung sprechen kann. Auffallend ist wei-
terhin, daß die Brucheinschnürung im Zustand T7 eine größere Abhängig-
keit von der Dehnrate zeigt als im Zustand T6.

Bild 6.5.5 Spannungs-Dehnungskurven eines ca. 6 mm dicken Strangpreßprofils der


Legierung EN AW-6005A-T6, geprüft in Preßrichtung mit unterschiedlichen Deh-
nungsgeschwindigkeiten. Zugversuche: niedrige Geschwindigkeiten servohydrau-
lisch, hohe Geschwindigkeiten mit Split Hopkinson Bar (Børvik et al. 2005)

Bild 6.5.6 Einfluß der Dehngeschwindigkeit auf die mechanischen Eigenschaften


der Legierung EN AW-6005A-T6 (Quelle: Hydro Aluminium)
6.5 Einfluß hoher Dehngeschwindigkeit 375

Bild 6.5.7 Einfluß der Dehngeschwindigkeit auf die mechanischen Eigenschaften


der Legierung EN AW-7108.70-T6 und T7 (Quelle: Hydro Aluminium)

Die im Bild 6.5.6 unterstellte lineare Abhängigkeit der wahren Bruch-


dehnung ϕbr vom Logarithmus der Dehngeschwindigkeit trifft nicht auf
AlMg-Legierungen zu. Eine deutliche Zunahme der Duktilität tritt erst ab
einer Dehnrate von etwa 0,1 [s-1] auf, wie die in Bild 6.5.8 dargestellten
Ergebnisse zeigen (Clausen et al. 2004).

Bild 6.5.8 Einfluß der Dehngeschwindigkeit auf die wahre Bruchdehnung ϕbr der
Legierung EN AW-5083-H116 bei Raumtemperatur, n. (Clausen et al. 2004).
Schraffur deutet den Streubereich der Meßwerte an
376 6 Mechanische Eigenschaften

Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Duktilität der aushärtbaren


und naturharten Aluminiumwerkstoffe bei Raumtemperatur mit zuneh-
mender Formänderungsgeschwindigkeit zunimmt. Diese Aussage betrifft
die wahre Bruchdehnung ϕbr und wohl auch die Gleichmaßdehnung Ag.
Eine Ausnahme stellt die Legierungsgruppe 7xxx dar. Das Duktilitätsver-
halten ist ein wichtiges Kriterium für den Einsatz dieser Legierungen in
Sicherheitskomponenten, wie z.B. in Crash-energieverzehrenden Bautei-
len. Allerdings ist festzuhalten, daß die veröffentlichte Datenbasis nach
wie vor mangelhaft ist, um außer der allgemeinen Aussage detaillierte
Voraussagen über den Einfluß zahlreicher praktisch bedeutsamer Werk-
stoffparameter, insbesondere über den Einfluß von Zusammensetzung, Ge-
füge und Werkstoffzustand (T4, T6X, T7X) zu treffen. Da die Sicherheits-
komponenten eines Fahrzeuges häufig durch Kaltformgebung einen Grad
an Kaltverfestigung erfahren haben, wäre es weiterhin von Interesse, das
Verhalten von kaltverfestigten Werkstoffen genauer zu ermitteln. Außer-
dem finden sich in der Literatur Hinweise darauf, daß der Spannungs- und
Dehnungszustand die Dehnratenempfindlichkeit erheblich und z.T. im ent-
gegengesetzten Sinn verändern können (Rashkeev et al. 2002).

6.6 Verhalten bei unterschiedlichen Temperaturen

Das mechanische Verhalten von Aluminium und seinen Legierungen bei


tiefen, mäßig erhöhten und hohen Temperaturen hat praktische Bedeutung
in vielen industriellen Anwendungsbereichen, in der Kältetechnik, im Bau
von Flüssiggasbehältern, im Automobilbau, insbesondere im Motoren- und
Fahrwerksbereich, im Pumpen- und chemischen Apparatebau, sowie bei
den äußeren Strukturen von Überschallflugzeugen. Von besonderer Bedeu-
tung sind die Zähigkeits- und Festigkeitseigenschaften bei tiefen Tempera-
turen sowie die Warmfestigkeit und Standzeit unter dauernd einwirkenden
Belastungen (Zeitstandfestigkeit) bei moderaten und höheren Temperatu-
ren. Für die Knetwerkstoffe ist darüber hinaus das verbesserte Umform-
verhalten bei mittleren und hohen Temperaturen eine wichtige Vorausset-
zung für die Formgebung.
Eine Unterteilung in verschiedene Temperaturbereiche ist insofern sinn-
voll, als die vorherrschenden plastischen Verformungsmechanismen sich
gründlich ändern, wobei es allerdings zwischen den Temperaturbereichen
gleitende Übergänge gibt. Bei tiefen Temperaturen bis hin zu Raumtempe-
ratur (RT) und etwas darüber hinaus, entsprechend T/TS < 0,4 mit TS =
Schmelztemperatur [K], herrscht Versetzungsgleiten auf kristallographi-
schen Gleitebenen vor, und die Frage ausreichender Duktilität ist von be-
sonderer Bedeutung. Bei höheren Temperaturen bis etwa 300 °C (0,4
6.6 Verhalten bei unterschiedlichen Temperaturen 377

> T/TS < 0,6) nehmen Diffusionsprozesse zu, die das Klettern von Verset-
zungen sowie eine Instabilität des Ausscheidungsgefüges bewirken kön-
nen, wodurch Kriechvorgänge begünstigt werden und der dynamische Ent-
festigungsprozeß zunehmenden Einfluß auf die Fließspannung und Duk-
tilität gewinnt, s. a. Abschn. 13.2 Halbwarmumformung. Schließlich
verringern hohe Temperaturen im Bereich 0,6 > T/TS < 0,8 den Fließwider-
stand weiter, der Verformungsprozeß wird durch Selbstdiffusion und dy-
namische Rekristallisationsvorgänge kontrolliert, Fließspannung und
Bruchdehnung unterliegen einer zunehmenden Dehnratenempfindlichkeit
und Kriechvorgänge und Plastizität werden durch Korngrenzengleiten be-
herrscht, s. Abschn. 13.3 Superplastizität. Für viele Anwendungsbereiche
im praktisch wichtigen Temperaturbereich oberhalb von RT bis zu etwa
0,5.TS ist daher die Belastbarkeit von Komponenten nicht nur unter dem
Gesichtspunkt der Kurzzeitwarmfestigkeit, sondern auch hinsichtlich aus-
reichender Langzeitstabilität gegen Kriechvorgänge zu überprüfen.
Anders als bei Raumtemperatur, bei der die genormten Festigkeitsanga-
ben auf statistischen Auswertungen beruhen, liegen den Angaben bei tie-
fen und hohen Temperaturen überwiegend nur Auswertungen von indivi-
duellen Versuchsreihen zugrunde. Die nachfolgend berichteten mechani-
schen Eigenschaften sind daher keine Normwerte, sondern als typische
Werte aufzufassen, und sollten daher für konstruktive Berechnungszwecke
nur als Anhaltswerte dienen.

6.6.1 Elastizitätsmodul bei unterschiedlichen Temperaturen

Der Elastizitätsmodul E ändert sich durch Faktoren wie Reinheitsgrad, Le-


gierungszusammensetzung, Kaltumformgrad, Textur und Aushärtungszu-
stand nur in begrenzter Weise, jedoch deutlich mit der Temperatur. Auch
die Art der Meßtechnik ist von Bedeutung. Die in diesem Buch verwen-
deten Angaben beziehen sich auf Auswertungen von quasi-statischen Zug-
versuchen. Für Raumtemperaturwerte des Elastizitätsmoduls findet man
Angaben zu Reinstaluminium in Tabelle 4.1, für Knetlegierungen in
Tabelle A.1.2 (Anhang) sowie für Gußlegierungen in Tabelle A.2.2 (An-
hang). Die Tabellen enthalten ebenfalls Angaben zum Gleitmodul G, der
mit dem Elastizitätsmodul über die Querkontraktionszahl ν verbunden ist:
E
G= (6.6.1)
2(1 + ν )

Der Temperatureinfluß auf den Elastizitätsmodul ist für die meisten


Standardlegierungen annähernd unabhängig von den genannten anderen
378 6 Mechanische Eigenschaften

Einflußfaktoren und kann daher mangels spezifischer Meßwerte nähe-


rungsweise durch einen Relativwert zum Raumtemperaturwert entspre-
chend dem Kurvenverlauf in Bild 6.6.1 angesetzt werden. Eine Ausnahme
ist die 1% Fe- und 1% Ni-haltige warmfeste Legierung AA-2618, deren
Werte in Bild 6.6.1 gestrichelt angegeben ist. Die Legierungen AA2618
bzw. EN AW-2618A beruhen auf der ursprünglichen Legierung RR58, die
für besondere Warmfestigkeitsanforderungen im Antriebbereich (Rolls
Royce) und für die Struktur des Überschallflugzeugs Concord entwickelt
wurde, wo bei Geschwindigkeiten von Mach 2+ Temperaturen bis zu 130
°C in der äußeren Struktur entstehen können (Robinson et al. 2003).

Bild 6.6.1 Einfluß der Prüftemperatur auf den Elastizitätsmodul von Aluminium
und seinen Legierungen. Die Angaben sind Relativwerte bezogen auf den Wert
bei Raumtemperatur, ERT = 100%. Tieftemperaturwerte nach (Angermayer 1992),
Hochtemperaturwerte nach Eurocode 9 [prEN 1999-1-2, 2004]. Gestrichelte Kur-
ve: 2618-T61 nach (Robinson et al. 2003)

6.6.2 Mechanische Eigenschaften bei tiefen Temperaturen

Die mechanischen Eigenschaften von Aluminium und seinen Guß- und


Knetlegierungen werden allgemein bei tiefen Temperaturen günstiger, sie-
he Bild 6.6.2. Diese Aussage gilt für die Festigkeitseigenschaften und mei-
stens auch für die Duktilitäts- und Zähigkeitseigenschaften von Knet- und
Gußlegierungen, siehe Bild 6.6.3 (Kassem 1974). Ein Sprödbruchverhalten
bei Unterschreiten bestimmter Temperaturgrenzen wie bei ferritisch/mar-
tensitischen Stählen gibt es bei Aluminiumlegierungen grundsätzlich nicht.
Bei den sehr hochfesten Legierungen der Gruppe AlZnMgCu, z.B.
Legierung EN AW-7075-T6, beobachtet man eine gewisse Abnahme der
6.6 Verhalten bei unterschiedlichen Temperaturen 379

der Duktilität und Bruchzähigkeit bei tiefen Temperaturen, wie aus den
Bildern 6.6.2 und 6.6.3 zu entnehmen ist.

Bild 6.6.2 Typische Festigkeitseigenschaften einiger Aluminiumkonstruktionsle-


gierungen bei tiefen Temperaturen, nach (Alcoa 1962) und (Mori 1958)

Bild 6.6.3 Verlauf der Bruchzähigkeit von verschiedenen Aluminiumknet- und -


gußlegierungen bei tiefen Temperaturen. Beanspruchung in Walz- bzw. Gießrich-
tung, Rißverlauf in Querrichtung. Nach (Kassem 1974)

Charakteristisch ist die geringere Zunahme der 0,2-Dehngrenze mit ab-


nehmender Temperatur im Vergleich zum Verlauf der Zugfestigkeit. Die-
ses Verhalten ist gleichbedeutend mit einem höheren Verfestigungsvermö-
gen, d.h. einer höheren Gleichmaßdehnung, und erklärt die Zunahme der
380 6 Mechanische Eigenschaften

Bruchdehnung bei tieferen Temperaturen. Ebenso wie die Bruchdehnung


nimmt auch die Brucheinschnürung mit abnehmender Temperatur zu-
nächst zu, allerdings erfolgt bei AlMg-Legierungen bei Temperaturen un-
terhalb von –100 °C eine geringfügige Abnahme der Brucheinschnürung
(Nielsen 1961, Durham 1961). Trotz der geringeren Brucheinschnürung
wurde in bruchmechanischen Untersuchungen an dicken Platten der Legie-
rung AlMg4,5Mn0,7 (EN AW-5083) bei -196 °C eine deutliche Zunahme
der Bruchzähigkeit gegenüber Raumtemperatur nachgewiesen, was gleich-
zeitig auch für entsprechende Schweißverbindungen gilt (Zinkham et al.
1974, S. 462–466, Blauel et al. 1982), vgl. auch Bild 6.6.3.

6.6.3 Mechanische Eigenschaften bei höheren Temperaturen

Warmfestigkeit
Die Warmfestigkeit nach kurzzeitiger Vorwärmung auf die Prüftemperatur
hat Bedeutung bei einer evtl. unbeabsichtigten Erwärmung einer Konstruk-
tion, z.B. im Falle eines Brandes. Maßgebend für die Standsicherheit bei
der erhöhten Temperatur ist die Warmdehngrenze, die in Bild 6.6.4 für
verschiedene Knetlegierungen in Relation zu den RT-Werten dargestellt
ist. Weichgeglühte, verfestigte und stabilisierte (H3X-Zustände) sowie
warmausgehärtete Werkstoffe sind bei kurzzeitiger (1/2 – 2 h) Vorwär-
mung bis etwa 100 °C thermisch praktisch stabil. Bei höheren Temperatu-
ren nehmen die Festigkeitseigenschaften aufgrund von Entfestigungs- und
Überhärtungsvorgängen kontinuierlich ab.

Bild 6.6.4 Kurzzeitwarmdehngrenze von Aluminiumlegierungen. Relativwerte für


Rp0,2 bei zweistündiger Vorwärmung auf die Prüftemperatur, nach [Eurocode
9:2004], Werte für 2219-T6 und 2618-T6 nach (Engström et al. 1993)
6.6 Verhalten bei unterschiedlichen Temperaturen 381

Bei längerer Haltezeit auf Prüftemperatur kommt es bereits bei 100 °C


und zunehmend mit höheren Temperaturen zu einem weiteren Abfall der
Warmfestigkeitseigenschaften. Warmfestigkeitsangaben zu verschiedenen
Legierungen mit einer Vorwärmzeit bis zu 10.000 h findet man u.a. in
(Kammer 2002, Engström et al. 1993 und Kaufman 1999). Von den aus-
härtbaren Legierungssystemen haben die 7xxx Legierungen die geringste
Warmfestigkeit. Die höchsten Warmfestigkeitswerte zeigen die Legierun-
gen AA-2219 und AA-2618, wobei nach Bild 6.6.4 die erstere Legierung
hohe Werte oberhalb von 250 °C und letztere Legierung unterhalb von 250
°C besitzen.
Kriechfestigkeit
Die metallphysikalischen Grundlagen des Kriechprozesses von unlegier-
tem Aluminium (und weiteren einphasigen Metallen) wurden kürzlich ei-
ner gründlichen Quellenanalyse unterzogen und können als weitgehend
gesichert angenommen werden (Kassner et al. 2000). Die unter praktischen
Gesichtspunkten relevanten Kriecheigenschaften – Zeitdehngrenzen und
Zeitstandfestigkeit – von Aluminium-Konstruktionslegierungen sind aller-
dings bisher nicht sehr intensiv untersucht worden. Insbesondere fehlen
Angaben über Zeitdehngrenzen für 0,1 bis 1% Kriechdehnung bei langen
Standzeiten. Zeitstandfestigkeitsangaben für die Knetlegierungen EN AW-
1100, -3003, -3103, -5049, -5056A, -5251, -5454, -5754, -6061, -6063,
und -6082 wurden aufgrund vorhandener Versuchsdaten von Sandström
mit Hilfe verschiedener Methoden (Larsen-Miller, Orr-Sherby-Dorn, Man-
son-Succop, Sud-Aviation) neu interpretiert (Sandström 1993, Sandström
1996). Aus dieser Quelle sind im Bild 6.6.5 beispielhaft Zeitstandfestig-
keitskurven für die Legierungen 3003, 5454, 6082 und 6061 dargestellt.
Die angegebenen Zeitstandfestigkeitskurven haben Mittelwertcharakter,
und die verwendeten Werte sind mit einer Streubreite behaftet. Daher wird
für eine rechnerische Verwendung der Daten auf die Originalquelle ver-
wiesen (Sandström 1996).
Der relativ flache zeitliche Verlauf der Zeitstandfestigkeit der
AlMn1Cu-Legierung EN AW-3003-0 und 3003-H12 weist auf die stabile
Gefügestruktur durch die thermisch stabilen Al6Mn-Dispersionsteilchen
hin, s. Abschn. 3.2.2. Demgegenüber fällt der stärkere zeitliche Abfall der
Zeitstandfestigkeit bei AlMg-Legierungen sowie bei den AlMgSi-Legie-
rungen auf, der auf eine gewisse thermische Instabilität des Gefüges
schließen läßt, s. hierzu Abschn. 3.2.3. Bei den „naturharten“ Legierungen
wirkt sich eine Kaltverfestigung positiv auf die Zeitstandfestigkeit aus und
zwar um so mehr, je thermisch stabiler das Gefüge ist. Bei den mittelfesten
AlMg-Legierungen ist dieser Effekt jedoch auf den Temperaturbereich bis
150 °C beschränkt, vgl. Bild 6.6.5.
382 6 Mechanische Eigenschaften

Bild 6.6.5 Zeitstandfestigkeit von Al1MnCu (EN AW-3003-0 und -H12),


AlMg3Mn-0 und -H14/H34), AlSi1MgCu (EN AW-6061-T6) und AlSi1MgMn
(EN AW-6082-T6), nach (Sandström 1996). Gestrichelte Kurvenabschnitte ent-
sprechen Extrapolationen über experimentelle Datenbasis hinaus

Gegenüber den nicht aushärtbaren Legierungen und den Legierungen


des AlZnMg(Cu)- und AlMgSi-Systems haben die AlCuMg-Legierungen
ein deutlich höheres Warmfestigkeitspotential, s. Bild 6.6.6. Dies gilt vor-
nehmlich für Legierungsvarianten mit erhöhtem Cu-Gehalt, z.B. AA2219
mit 6% Cu, und auch für die Legierung AA2618 bzw. EN AW-2618A mit
reduziertem Cu-Gehalt, aber gleichzeitigem Gehalt von je 1% Ni und Fe,
die als stabile intermetallische Verbindung FeNiAl9 im Gefüge vorliegen.
Die FeNiAl9-Phase verteilt sich auf Partikel-Cluster, die sich auf die inter-
dendritischen Bereiche des Gußmaterials mit Partikelgrößen zwischen
6.6 Verhalten bei unterschiedlichen Temperaturen 383

~1–3 µm erstrecken. Diese Bereiche sind deutlich härter als die umgeben-
de Matrix, in der allerdings auch globulare Partikel von Mg2Si mit etwa
gleicher Partikelgröße vorhanden sind (Robinson et al. 2003). Für die
Warmaushärtung ist die S’-Phase verantwortlich. Der metallphysikalische
Grund für die höhere Warmfestigkeit ist allerdings noch ungeklärt, da Par-
tikelgröße und Verteilung der intermetallischen Verbindungen nicht auf
einen allein wirksamen Orowan-Mechanismus schließen lassen. Der rela-
tiv hohe Volumenanteil an intermetallischen Phasen bewirkt im übrigen
gegenüber den AlCuMg-Standardlegierungen (EN AW-2017, EN AW-
2024) eine niedrigere Bruchzähigkeit und schlechteres Rißfortschritts-
verhalten.
Im Hinblick auf die weitere Entwicklung von Überschallflugzeugen
wurde in den letzten Jahren verstärkt die Entwicklung warmfester, bruch-
zäher Legierungen durch Silberzusätzen zu AlCuMg-Legierungen unter-
sucht (Polmear et al. 1999, Pantelakis et al. 1999, Somoza et al. 2000,
Skrotzki et al. 2001, Lumley et al. 2002, Raviprasad et al. 2003). Durch
den Ag-Zusatz bildet sich in AlCuMg-Legierungen bei der Warmaushär-
tung die thermisch relativ stabile Ω-Phase, die im Gefüge sehr fein verteilt
ist und selbst bei langen Warmauslagerungszeiten ihre Gitterkohärenz bei-
behält (Lumley et al. 2000). Verbesserte Kriecheigenschaften bei hohen
Bruchzähigkeitswerten werden außerdem dadurch erzielt, daß die Keim-
bildung der Ω-Phase während des Kriechvorgangs stimuliert wird, wenn
das Material in teilausgehärtetem Zustand vorliegt (Lumley et al. 2000,
Skrotzki et al. 2001, Lumley et al. 2002, Lumley et al. 2002, Lumley et al.
2003, Lumley et al. 2004).

Bild 6.6.6 Zeitstandfestigkeit von AlCu-Legierungen, dargestellt in Abhängigkeit


vom Larson-Miller Parameter P = T·(20 + log t) mit der Prüftemperatur T in [K]
und der Zeit t in [h], nach (Polmear et al. 1999)
384 6 Mechanische Eigenschaften

Da gerade im unteren Bereich des nutzbaren Temperaturspektrums gesi-


cherte Daten über das Kriechverhalten gefordert werden, ist eine Erweite-
rung der Datenbasis wünschenswert. Auch sollten dabei Verunreinigungs-
effekte aufgeklärt werden, die z.B. durch den vermehrten Einsatz von
Umschmelzmaterial auftreten und das Kriechverhalten negativ beeinflus-
sen können. Bekannt ist die versprödende Wirkung geringer Verunreini-
gungen von Blei (> 20 ppm) in AlMgSi-Legierungen, die sich erst unter
kriechähnlichen Belastungszuständen bei Temperaturen um 100 °C zeigt
und die Standzeit reduziert, s. Bleisprödigkeit Abschn. 3.1. Schon geringe
Mengen von Kupfer in der Legierung (∼ 0,25 Gew.-%) sollen diesen Ver-
sprödungseffekt beheben (Woodward 1995). Es ist nicht auszuschließen,
daß die deutlich günstigeren Kriecheigenschaften der Legierung 6061-T6
gegenüber der Legierung 6082-T6 in Bild 6.6.5 auf diesen Effekt zurück-
zuführen sind.

6.6.4 Umformbarkeitseigenschaften bei höheren Temperaturen

Gegenüber den konstruktionsrelevanten Warm- und Kriechfestigkeiten


spielen für die Warmformgebung bei mittleren und hohen Temperaturen
vor allem ein günstiges plastisches Fließverhalten und – damit zusammen-
hängend – die deutlich erhöhten Duktilitätsgrenzen die wesentliche Rolle.
Man unterscheidet hierbei das sog. Halbwarmumformen bei mittleren
Temperaturen zwischen etwa 150 °C und 300 °C, bei dem noch keine Re-
kristallisationsprozesse auftreten (s. Abschn. 13.2), vom eigentlichen
Warmumformen (Warmwalzen, Strangpressen, Schmieden) bei hohen
Temperaturen zwischen 350 und 550 °C.
Das Fließverhalten bei mittleren und hohen Temperaturen läßt sich
ebenso wie bei RT durch die Gln. 6.5.1 und 6.5.2 darstellen. Allerdings
nimmt mit steigender Temperatur der Einfluß der Verfestigung – gegeben
durch den Verfestigungskoeffizienten n – ab, gleichbedeutend mit der Ab-
nahme der Gleichmaßdehnung Ag, s. Abschn. 6.2, Gl. (6.2.6). Die Span-
nungs-Dehnungskurven in Bild 6.6.7 machen dies deutlich. Dennoch er-
höht sich die Bruchdehnung ganz erheblich im Temperaturbereich der
Halbwarmumformung, wie der Verlauf der Spannungs-Dehnungskurven in
Bild 6.6.7 und die Fließkurven in Bild 6.6.8 belegen. Der Grund hierfür ist
der zunehmende Einfluß des Exponenten m der Formänderungsgeschwin-
digkeit ϕ& (Dehnratenempfindlichkeit). Der m-Wert nimmt mit steigender
Temperatur zu und übernimmt die Funktion des n-Wertes zur Stabilisie-
rung des plastischen Dehnungsverhaltens. Gleichzeitig ändert sich das
Bruchverhalten vom Scherbruch zum Einschnürbruch (Heller 1988), s.a.
Bild 6.3.12 (Clausen et al. 2004).
6.6 Verhalten bei unterschiedlichen Temperaturen 385

Bild 6.6.7 Spannungs-Dehnungskurven der Legierung EN AW-5182-0 bei höhe-


ren Temperaturen im Bereich der Halbwarmumformung. Blechdicke 1 mm, an-
fängliche Dehnungsrate 0,0028 s-1 (Abe 1994)

Bild 6.6.8 Fließkurven der Legierung EN AW-5182-0 bei unterschiedlichen Tem-


peraturen, ermittelt im instrumentierten hydraulischen Tiefungsversuch an Ble-
chen (Dicke ca. 1 mm) mit einer Formänderungsgeschwindigkeit von 0,002 s-1
(Heller 1988)

Die Verbesserung der Umformbarkeit wird im Verhalten der Bruchdeh-


nung A in Bild 6.6.9 besonders deutlich, die bei der Legierung EN AW-
5182-0 mit zunehmender Temperatur auf mehr als das 4-fache des RT-
Wertes ansteigt. Es ist allerdings zu berücksichtigen, daß bei höheren
Formänderungsgeschwindigkeiten dieser positive Effekt der Verformungs-
temperatur geringfügiger ausfällt, s. Bild 6.6.10. Mit steigender Geschwin-
386 6 Mechanische Eigenschaften

digkeit erhöht sich der Fließwiderstand bei gleichzeitiger Abnahme der


Duktilität, wie durch die Fließkurven im Bild 6.6.11 verdeutlicht wird.

Bild 6.6.9 Bruchdehnung A, n-Wert und m-Wert der Legierung EN AW-5182-0


in Abhängigkeit von der Prüftemperatur bei einer konstanten Formänderungsge-
schwindigkeit von 0,002 s-1 (Heller 1988)

Bild 6.6.10 Einfluß von Temperatur und Formänderungsgeschwindigkeit auf die


Bruchdehnung der Legierung EN AW-5182-0 (Heller 1988)

Das in vorstehenden Abbildungen dargestellte Verhalten der Legierung


EN AW-5182-0 gilt analog für andere naturharte Aluminiumlegierungen.
Bei ausgehärteten Werkstoffen ist jedoch je nach Ausgangszustand, Höhe
der Temperatur und der Vorwärmzeit mit einer Minderung der Festig-
keitswerte gegenüber dem Ausgangszustand zu rechnen. Die Duktilitäts-
verbesserungen bei der Verformung im Halbwarmbereich sind besonders
ausgeprägt bei den höher legierten AlMg-Legierungstypen (Heller 1988,
Li et al. 2003).
6.6 Verhalten bei unterschiedlichen Temperaturen 387

Bild 6.6.11 Einfluß der Formänderungsgeschwindigkeit auf die Lage und Aus-
dehnung der Fließkurve der Legierung EN AW-5182-0 bei einer Prüftemperatur
von 300 °C. Fließkurven ermittelt im instrumentierten, hydraulischen Tiefungs-
versuch an Blechen mit ca. 1 mm Dicke (Heller 1988)

Die Warmumformung durch Walzen, Strangpressen und Schmieden er-


folgt bei Temperaturen zwischen 350 und 550 °C. Die für den Halbwarm-
bereich dargestellten Verhaltensweisen der Werkstoffe gelten hier analog.
Mit zunehmender Temperatur nimmt jedoch der Einfluß der Formände-
rungsgeschwindigkeit auf die Lage der Fließkurve zu, wie für weiches, un-
legiertes Aluminiums Al99,5 in den Bildern 6.6.12 und 6.6.13 exempla-
risch dargestellt ist. In doppel-logarithmischer Darstellung ergibt sich
entsprechend Gl. (6.5.1) bei gegebenem Formänderungsgrad ϕ und
konstanter Temperatur T ein linearer Zusammenhang zwischen log kf und
log ϕ& . Bild 6.6.13 illustriert diesen Zusammenhang für Al99,5-0.

Bild 6.6.12 Einfluß von Temperatur und Formänderungsgeschwindigkeit auf die


Warmfließkurven von Al99,5-0 (nach Bühler u.a.)
388 6 Mechanische Eigenschaften

Bild 6.6.13 Abhängigkeit der Fließspannung kf für Al99,5-0 von der Formände-
rungsgeschwindigkeit bei konstantem Formänderungsgrad ϕ = 1,0 und verschie-
denen Temperaturen (nach Bühler u.a.)

Warmfließkurven für verschiedene Aluminiumlegierungen findet man


in der einschlägigen Literatur, z.B. (Kammer 1996, Doege et al. 1986),
u.a., sowie für einige aushärtbare Legierungen im Anhang A.1.8.

6.7 Einfluß des Spannungszustands

6.7.1 Fließbedingungen (Fließhypothesen)

Beim einachsigen Zugversuch setzt Fließen ein, wenn die angelegte Span-
nung σ die Fließspannung kf erreicht, vgl. Abschn. 6.1. Die Bedingung σ =
kf wird als Fließbedingung bezeichnet. Damit bei mehrachsigem Span-
nungszustand Fließen des Werkstoffs eintreten kann, muß eine Kombina-
tion aller Spannungen die Fließspannung kf überschreiten. In diesem Fall
setzt Fließen also nicht schon dann ein, wenn die größte Zug- oder Druck-
spannung erreicht worden ist. Die Voraussetzungen für das Eintreten des
Fließens sind dann gegeben, wenn eine aus den Spannungen des mehrach-
sigen Spannungszustandes berechnete Vergleichsspannung σv den Wert
der Fließspannung kf erreicht:
σv = kf (6.7.1)
6.7 Einfluß des Spannungszustands 389

Zur Ermittlung der Vergleichsspannung σv sind zwei Fließhypothesen


gebräuchlich
• die Schubspannungshypothese nach TRESCA und
• die Gestaltänderungsenergiehypothese nach v. MISES.

Nach der Schubspannungshypothese setzt im Werkstück dann Fließen


ein, wenn die Schubspannung τmax einen kritischen Wert k, die Schubfließ-
grenze des Werkstoffs, erreicht. Betrachtet man den Mohrschen Span-
nungskreis für die Ebene, in der die größte und die kleinste Normalspan-
nung herrschen (σ1 = σmax bzw. σ3 = σmin), so ist die größte an dieser Stelle
im Werkstück auftretende Schubspannung τmax gleich dem Radius des
Mohrschen Kreises, d.h. gleich der Schubfließgrenze k des Werkstoffs, s.
Bild 6.7.1. Definitionsgemäß folgt daraus das allgemeine Fließkriterium
der Schubspannungshypothese: Fließen setzt ein, wenn die Differenz zwi-
schen der größten und kleinsten Hauptnormalspannung (σmax - σmin) = kf
ist.

Bild 6.7.1 Mohrsche Spannungskreise für den allgemeinen Fall σ1 > σ2 > σ3

Aus der Darstellung der Spannungen (σ1 > σ2 > σ3) im Mohrschen
Spannungskreis folgt:

τmax = ½(σ1 – σ3) = k (6.7.2a)

bzw.

τmax = ½(σmax – σmin) = k (6.7.2b)


Nach der Schubspannungshypothese gilt für den Sonderfall des einach-
sigen Zugversuchs (σ1 = σmax, σ2 = σ3 = σmin = 0 ) das Fließkriterium σv =
390 6 Mechanische Eigenschaften

σ1 = 2τmax = 2k = kf. Entsprechend gilt für den Torsionsversuch (σ1 = σmax,


σ3 = σmin = - σ1 , σ2 = 0) σv = 2σ1 = 2τmax = 2k = kf.
Aus der Darstellung in Bild 6.7.1 ist weiterhin zu erkennen, daß die La-
ge des Mittelpunktes des Mohrschen Kreises für die Höhe der maximalen
Schubspannung, d.h. für das Einsetzen des Fließens, unerheblich ist. Dar-
aus ergibt sich auch, daß die mittlere Normalspannung σm

σm = 1
3 (σ 1 + σ 2 + σ 3 ) (6.7.3)

keinen Einfluß auf den Fließbeginn besitzt. Die mittlere Normalspannung


bezeichnet den hydrostatischen Anteil des Spannungszustandes. Der hyd-
rostatische Spannungsanteil, σm, wirkt sich zwar nicht auf den Fließbeginn,
jedoch erheblich auf den Bruchvorgang und die Duktilität aus, s. Abschn.
6.7.4 und Abschn. 6.3.
Gegenüber der Schubspannungshypothese stellt die Gestaltänderungs-
energiehypothese von v. MISES das gesamte Spannungssystem in Rech-
nung. Nach v. MISES setzt Fließen dann ein, wenn die elastische Gestalt-
änderungsenergie einen kritischen Wert erreicht. Mit σ1 > σ2 > σ3 ergibt
sich die Vergleichsspannung σv , bei der Fließen einsetzt, zu:

σv = kf =
1
2 [ ]
(σ 1 − σ 2 )2 + (σ 2 − σ 3 )2 + (σ 3 − σ 1 )2 .
(6.7.4a)
und unter Verwendung der mittleren Normalspannung σm zu:

σv = kf =
3
2 [
(σ 1 − σ m )2 + (σ 2 − σ m )2 + (σ 3 − σ m )2 . ] (6.7.4.b)
d.h. für den Fall des einachsigen Zugversuchs (σ1, σ2 = σ3 = 0) wird σv =
kf = σ1 und für den Torsionsversuch (σ1 = -σ3, σ2 = 0, τmax = σ1) σv = kf =
σ1. √3 = τmax. √3.
Der sog. Mehrachsigkeitsgrad T wird definiert als Verhältnis der mittle-
ren Normalspannung σm zur Vergleichsspannung σv:
σm /σv = T (6.7.5)

Für den Sonderfall des einachsigen Zugversuchs (σ1 , σ2 = σ3 = 0) ergibt


sich ein Mehrachsigkeitsgrad T = σm /σv = 1/3. Eine höhere Mehrachsigkeit
entsteht im Zugversuch in der Einschnürzone, durch den Einfluß von Ker-
ben (T ≈ 0,5 ÷ 1,5) oder vor der Rißfront angerissener Proben (T ≈ 3 ÷ 5).
Für den Fall des Torsionsversuchs (σ1 = -σ3 , σ2 = 0) gilt T = σm /σv = 0.
6.7 Einfluß des Spannungszustands 391

Die Vergleichsformänderung ϕv ist nach der Schubspannungshypothese


die dem Betrag nach größte logarithmische Formänderung und wird als lo-
garithmische Hauptformänderung bezeichnet:

ϕv = {|ϕ1|, |ϕ2|, |ϕ3|}max (6.7.6)

d.h. für den Fall des einachsigen Zugversuchs (ϕ1, ϕ2 = ϕ3 = -ϕ1/2) ist ϕv =
ϕ1 und für den Torsionsversuch (ϕ1 = -ϕ3, ϕ2 = 0) mit der Scherung γmax =
ϕ1 - ϕ3 = 2ϕ1 gilt ϕv = ϕ1= γmax/2.
Nach der Gestaltänderungsenergiehypothese ergibt sich die Vergleichs-
formänderung ϕv aus
2 2
ϕv = ( ϕ1 + ϕ 22 + ϕ32 ) (6.7.8)
3

d.h. für den einachsigen Zugversuch (ϕ1, ϕ2 = ϕ3 = -ϕ1/2) ist ϕv = ϕ1 und


für den Torsionsversuch (ϕ1 = -ϕ3, ϕ2 = 0) mit γmax = ϕ1 - ϕ3 = 2ϕ1 gilt ϕv =
2ϕ1/√3 = γmax/√3.
Weiterhin gilt das Gesetz der Volumenkonstanz:
ϕ1 + ϕ 2 + ϕ3 = 0 bzw. ∑ ϕ = 0 (6.7.9)

6.7.2 Fließortkurven

Der Ort des Fließbeginns unter einem gegebenem räumlichen Span-


nungszustand wird durch werkstoffspezifische Fließflächen definiert. Für
den Fall des ebenen Spannungszustandes (σ3 = 0), der insbesondere für die
Blechumformung von Bedeutung ist, geben sog. Fließortkurven an, bei
welchen Spannungskombinationen von σ1 und σ2 Fließen einsetzt. Fließ-
ortkurven werden experimentell für konstante plastische Dehnungsbeträge,
z.B. εpl = 0,002 entsprechend dem Fließbeginn im einachsigen Zugversuch,
ermittelt.
Für den Sonderfall eines in der Blechebene isotropen Werkstoffs lassen
sich die Fließortkurven nach den Fließkriterien von TRESCA und v.
MISES errechnen und sind in Bild 6.7.2 dargestellt.
Für isotrope Werkstoffe genügt demnach die Fließkurve für die Berech-
nung des Umformverhaltens unter mehrachsiger Beanspruchung. Anders
ist es bei anisotropen Werkstoffen, die durch Texturen und Vorzugsrich-
tungen des Fließwiderstandes in der Blechebene, s. z.B. die Fließkurven in
Bild 6.2.1, gekennzeichnet sind und eine mehr oder minder starke Abwei-
chung von diesen Idealformen zeigen (Banabic 2000). In diesem Fall be-
392 6 Mechanische Eigenschaften

nötigt man die experimentell ermittelte Fließortkurve, die die geometrische


Lage des Fließbeginns genauer festlegt.

Bild 6.7.2 Fließortkurven für den ebenen Spannungszustand (σ3 = 0) eines isotro-
pen Werkstoffs

Für die experimentelle Ermittlung der Fließortkurve von Blechwerkstof-


fen werden verschiedene Prüfverfahren verwendet, s. z.B. (Barlat et al.
1997, Vegter et al. 1999, Green et al. 2004). Einige Versuchsmethoden mit
ihrer idealen geometrischen Lage auf der Fließortkurve sind in Bild 6.7.3
angegeben. Der äquibiaxiale Zugversuch wird mit einer Kreuzprobe
durchgeführt, die gleichzeitig in zwei Achsenrichtungen mit gleicher Deh-
nungsrate gezogen wird. Im Falle einer einachsig wirkenden Zugbeanspru-
chung bei gleichzeitig starrer Einspannung der beiden anderen Achsschen-
kel der Kreuzprobe erhält man die Fließkurve im ebenen Dehnungs-
zustand. Alternativ kann der ebene Dehnungszustand auch in einer
Zugprobe mit kurzer Meßlänge, breiter Schulter und kleinen Übergangsra-
dien erzeugt werden. Der Fließort „reine Scherung“ kann mit einer Zug-
scherprobe bestimmt werden.
Zahlreiche rechnerische Ansätze zur Modellierung der Fließortkurven
von anisotropen Werkstoffen, gekennzeichnet durch den Anisotropiewert
„r“ (s. Abschn. 6.2), wurden in der Vergangenheit auf der Basis des An-
satzes von Hill (Hill 1948) für Aluminiumwerkstoffe weiterentwickelt
(Barlat et al. 1989, Hill 1990). Die Abweichung der experimentell ermittel-
ten Fließortkurve von der für isotrope Werkstoffe (v. Mises) ist für die
rechnerische Simulation von Blechumformprozessen erheblich, wie die
Beispiele in den Bildern 6.7.4 und 6.7.5 zeigen.
6.7 Einfluß des Spannungszustands 393

Bild 6.7.3 Bestimmung der Fließortkurve für den ebenen Spannungszustand durch
einige verschiedene experimentelle Versuchsmethoden

Bild 6.7.4 Experimentelle und theoretische Fließortkurve für 1,2 mm Bleche aus
Legierung AA1145-0 nach Green et al. (2004). Experimentelle Werte für den
Fließbeginn bei εpl = 0,002 und rechnerische Modellierung nach Barlat und Lian
(1989) im Vergleich zum isotropen Fließverhalten nach v. Mises. Relative Meß-
werte in Walzrichtung (Index 0°) und quer zur Walzrichtung (Index 90°)
394 6 Mechanische Eigenschaften

Bild 6.7.5 Experimentelle und theoretische Fließortkurve für Karosseriebleche aus


Legierung EN AW-5182-0 nach Vegter et al. (1999). Experimentelle Werte und
rechnerische Modellierung nach den Methoden von Vegter et al. (1999) und Barlat
et al. (1989)

6.7.3 Grenzformänderung bei ebenem Spannungszustand

Als Grenzformänderung wird in der Umformtechnik die Verformbar-


keitsgrenze bezeichnet, bei der unter den gegebenen Spannungs- und Deh-
nungszuständen plastische Instabilität durch lokales Einschnüren beginnt,
womit in der Blechumformung die Versagensgrenzen vorgegeben sind. Im
einachsigen Zugversuch gilt nach dieser Definition die (wahre) Gleich-
maßdehnung als Formänderungsgrenze. Bei äquibiaxialer Dehnung (z.B.
bei hydraulischer Tiefung) zeigt der gleiche Werkstoff eine deutlich größe-
re, bei ebenem Dehnungszustand eine deutlich geringere Grenzformände-
rung. Diese Zusammenhänge in einem einzigen Diagramm darzustellen, ist
das Verdienst von Keeler (Keeler et al. 1964) und Goodwin (Goodwin
1968). Das Grenzformänderungsdiagramm (GFD) nach Keeler und Good-
win ist für den Fall eines isotropen Blechmaterials schematisch in Bild
6.7.6 dargestellt.
Die Grenzformänderungskurve für Versagen durch lokale Einschnürung
unterstellt für den jeweiligen Umformprozeß einen proportionalen Deh-
nungspfad, d.h. ϕ2/ϕ1 = konst.. Nach Beginn der Einschnürung folgt der
Dehnungspfad jedoch annähernd der Gesetzmäßigkeit ebener Dehnung bis
zum Bruch, d.h. ϕ2 ≈ 0, angedeutet durch den strichpunktierten Dehnungs-
pfadverlauf bis zur Bruchgrenze in Bild 6.7.6. Die experimentelle Be-
stimmung der GF-Kurven für Versagen durch Einschnüren und durch
6.7 Einfluß des Spannungszustands 395

Bruch ist in Abschn. 12.1 näher erläutert. Die Form und Lage der Grenz-
formänderungskurven sind abhängig von der jeweiligen Legierung, Ani-
sotropie, Gefüge und Werkstoffzustand. Der Abstand zwischen den
Grenzkurven für Einschnürung und Bruch ist ein Maß für die plastische
Stabilität des Umformvorgangs und daher auch ein Maß für die Duktilität
des Materials in Abhängigkeit vom herrschenden Dehnungszustand. In der
Nähe gleichmäßiger biaxialer Streckung ist die Einschnürdehnung am ge-
ringsten, bei höher legierten Aluminiumwerkstoffen kann der Bruchvor-
gang sogar ohne nennenswerte Einschnürdehnung auftreten, s. Bilder 6.7.7
und 6.7.8.

Bild 6.7.6 Schematisches Grenzformänderungsdiagramm (GFD) nach Keeler und


Goodwin für ein Blech mit orthotroper Isotropie unter ebenem Spannungszustand
(σ3 = 0). Die Formänderung in Dickenrichtung, ϕ3, ergibt sich aus dem Prinzip der
Volumenkonstanz

Die Grenzkurve für Bruch folgt einem annähernd linearen Verlauf über
dem Gesamtbereich negativer und positiver Nebenformänderungen ϕ2.
Dieser Verlauf wird durch die in Bild 6.7.7 dargestellten experimentellen
Ergebnisse an unlegiertem Aluminium (AA1100-0) und den naturharten
AlMg-Legierungen (AA5182-0) bestätigt. Demgegenüber zeigen kaltaus-
gehärtete Werkstoffe eine komplexere Grenzkurve für Bruch, die der Form
der GF-Kurve für Einschnürung ähnlich ist, s. Beispiel der Legierung
AA6111-T4 in Bild 6.7.8. Der Scherbruch ist allerdings sowohl für
AA5182-0 und AA6111-T4 die vorherrschende Bruchart. Vermutlich sind
für den unterschiedlichen Verlauf der Grenzkurve für Bruch die unter-
schiedlich starken Auswirkungen des Dehnungszustands auf den Verfor-
mungsmechanismus verantwortlich, z.B. durch intensivere Bildung von
396 6 Mechanische Eigenschaften

Bild 6.7.7 Grenzformänderungskurven für den Beginn der Einschnürung und für
Bruch der Werkstoffe AA1100-0 und AA5182-0, n. Takuda et al. (Takuda et al.
2000). Blechdicke 1,0 mm

Bild 6.7.8 Grenzformänderungskurven für den Beginn der Einschnürung und


Bruch des Werkstoffs AA6111-T4 nach Jain et al. (Jain et al. 1999). Blechdicke
0,9 mm
6.7 Einfluß des Spannungszustands 397

Scherbändern, die bei der Legierung AA6111-T4 beobachtet wurden (Jain


et al. 1999). Für die rechnerische Modellierung der Grenzkurve für Bruch
scheint daher ein einheitliches Bruchkriterium, das experimentell be-
stimmbare Anteile verschiedener Bruchkriterien (maximale Zugspannung,
maximale plastische Verformungsarbeit und maximale Schubspannung)
enthält, diesem unterschiedlichen Bruchverhalten Rechnung zu tragen
(Han et al. 2003).
Mit Hilfe neuartiger Röntgentomographie lassen sich zerstörungsfrei die
Keimbildung von Hohlräumen an Phasen und deren Wachstum in ver-
schiedenen Stadien der Verformung ermitteln. Die Ergebnisse an mehreren
Aluminiumlegierungen zeigen, daß die Lochbildung nur schwach, dagegen
das Lochwachstum stark von der Größe der Nebenformänderung ϕ2 – d.h.
vom hydrostatischen Spannungsanteil – abhängt (Maire et al. 2004). Da-
durch erklärt sich die mit zunehmendem ϕ2 abnehmende „wahre“ Bruch-
dehnung ϕbr, s. Bilder 6.7.6–6.7.8.

6.7.4 Einfluß der Mehrachsigkeit auf die Duktilität


Der Mehrachsigkeitsgrad T, vgl. Abschn. 6.7.1, wie er z. B. in der Ein-
schnürzone und im Nettoquerschnitt von gekerbten Zugproben vorliegt,
beeinflußt die Duktilität, ausgedrückt durch die „wahre“ Bruchdehnung
ϕbr, vgl. Abschn. 6.1. Der Spannungszustand in diesem Fall kann nach
Bridgman (Bridgman 1952) annähernd als Funktion des Kerbradius R und
des Radius des Nettoquerschnitts rn (s. Bild 6.1.2) berechnet werden durch:

T = σm/σv. = 1/3 + ln(rn/2R + 1) (6.7.10)

Mit zunehmendem hydrostatischen Spannungsanteil (σm) nehmen die


Zahl der Lochbildungen an Primärphasen sowie vor allem das Lochwachs-
tum zu. Als Folge verringert sich die „wahre“ Bruchdehnung. Liu et al.
(Liu et al. 2005) untersuchten dieses Verhalten an unterschiedlich gekerb-
ten Zugproben von zwei warmausgehärteten Legierungen, einer AlMgSi-
Cu- (entsprechend AA6061) und einer AlCuMg-Legierung. Gleichzeitig
wurden die Primärphasenanteile durch schnelle (~ 100 °C/s, Index „F“)
und langsame (5 °C/s, Index „S“) sowie durch eine extensivere, stufenwei-
se (Index „E“) und normale (Index „T“) Lösungsglühung verändert. Ent-
sprechend änderten sich Festigkeits- und Duktilitätswerte nach der Warm-
aushärtung, wie in Tabelle 6.7.1 wiedergegeben ist. Bild 6.7.9 zeigt die
Meßergebnisse der „wahren“ Bruchdehnung in Abhängigkeit vom Meh-
rachsigkeitsgrad T für beide Legierungen in den verschiedenen Wär-
mebehandlungszuständen. Liu et al. konnten nachweisen, daß die Sensibi-
398 6 Mechanische Eigenschaften

lität der Duktilität in bezug auf die Mehrachsigkeit vom Volumenanteil an


Primärphasen abhängt. D.h., je duktiler der Grundwerkstoff, je geringer
der Primärphasenanteil und je schneller die Abschreckung ist, desto weni-
ger empfindlich reagiert der Werkstoff auf den hydrostatischen Span-
nungsanteil. Ähnliche Einflüsse ergaben sich bei der Bestimmung der
Bruchzähigkeit KIc.

Tabelle 6.7.1 Streckgrenze und “wahre” Bruchdehnung ϕbr einer AlCuMg- und
einer AlMgSiCu-Legierung ermittelt an ungekerbten und gekerbten Zugproben
mit verschiedenen Kerbgeometrien (Liu et al. 2005)
Legierung / Rp0,2 ϕbr gemessen bei einer Mehrachsigkeit T = σm/σv
Behandlung [MPa] ungekerbt 0,54 0,65 0,74 0,86 0,93 1,06
Al-Cu-Mg
EF 353 0,289 0,266 0,229 0,200 0,186 0,178 0,176
TF 298 0,237 0,211 0,162 0,143 0,124 0,116 0,108
TS 258 0,249 0,218 0,150 0,137 0,118 0,100 0,087
Al-Mg-Si-Cu
EF 292 0,341 0,332 0,295 0,272 0,259 0,246 0,228
TF 259 0,275 0,241 0,198 0,178 0,166 0,154 0,133
TS 225 0,288 0,246 0,187 0,172 0,153 0,130 0,108

Bild 6.7.9 Einfluß der Mehrachsigkeit T auf die „wahre“ Bruchdehnung ϕbr bezo-
gen auf die Bruchdehnung bei T = 0,54 für gekerbte Proben der maximal warm-
ausgehärteten Legierungen Al-4,6Cu-0,65Mg-0,22Mn und Al-1,12Mg-0,57Si-
0,25Cu-0,22Cr (AA6061) mit unterschiedlichen Bedingungen bei der Lösungs-
glühung und Abschreckung (s. Text), nach (Liu et al. 2005)
7 Gießverfahren

Der Weg von der Schmelze zum Knetmaterial oder Formgußteil basiert
auf grundlegend verschiedenen Gießmethoden. Vormaterial für das Wal-
zen, Strangpressen oder Schmieden wird heute überwiegend mit dem
halbkontinuierlichen „Wasserguß“-Stranggießverfahren hergestellt. Für die
Herstellung von Kaltwalzband und Drahtvormaterial werden zudem konti-
nuierlich arbeitende Bandgießanlagen verwendet. Aluminiumformgußteile
werden dagegen mit zahlreichen unterschiedlichen Gießverfahren herge-
stellt, die z.T. durch firmenspezifische Varianten noch bereichert werden.
Die mit diesen Verfahren herstellbaren Legierungen unterliegen z.T. ver-
fahrensbedingten Einschränkungen. Die Formgießverfahren unterscheiden
sich darüber hinaus in Bezug auf Gestaltungsfreiheit, Mindestwanddicke,
Gefügequalität, Serientauglichkeit und Wirtschaftlichkeit. Im folgenden
werden die wichtigsten Gießverfahren kurz erläutert und mit einem Ver-
fahrensvergleich abgeschlossen.

7.1 Stranggießverfahren

In den frühen Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts wurde das Ausgangs-


material für die Halbzeugherstellung in Form des Barrengusses erzeugt,
wobei dickwandige Gußeisenkokillen zum Einsatz kamen. Ein Technolo-
gischer Zeitensprung gelang 1936 Walter Roth bei den Vereinigten
Leichtmetallwerken, Bonn, durch die Entwicklung des „Wasserguß“-Ver-
fahrens, s. Patentschrift in Bild 7.1.1. Die Legierungsschmelze wurde da-
bei kontinuierlich in eine kurze, wassergekühlte Ringkokille gefüllt, die
mit einem absenkbaren Fußblock auf dem Gießtisch abgeschlossen wurde.
Im Kontakt mit der kalten, befetteten Kokillenwand erstarrt eine dünne
Schale, die den „Sumpf“ umschließt – s. Schemaskizze in Bild 7.1.2 – und
beim langsamen Absenken des Gießtisches (80 bis 140 mm/min.) und
beim kontinuierlichen Nachspeisen des Kokillenraums über eine Gießrinne
die direkte Berührung zwischen Schmelze und Kühlwasser verhindert.
Die weitere Abkühlung des Barrens erfolgt durch direkten Kontakt zwi-
schen Kühlwasser und Barrenoberfläche.
400 7 Gießverfahren

Bild 7.1.1 Patentschrift des Dr. Walter Roth, VLW, Bonn aus dem Jahr 1936

Auf diese Weise wird gegenüber der früher verwendeten, ungekühlten


Barrenkokille eine schnelle Erstarrung bis zum Blockkern erreicht. Das
Ergebnis ist ein über den gesamten Querschnitt feinkörniger, dichter, po-
ren- und lunkerfreier Barren.
Das Stranggießverfahren nach W. Roth beherrscht heute weltweit die
Aluminiumbarrenproduktion. Natürlich haben weitere Entwicklungen
stattgefunden mit dem Ziel, den Gießablauf wirtschaftlicher zu gestalten
und durch verbesserte Temperaturführung das Gußgefüge zu verfeinern.
Üblich ist ein Keramikaufbau auf der Kokille („Hot Top“), der den Tem-
peraturgradienten reduziert und dadurch zu einem flacheren Sumpf für ein
gleichmäßigeres Gefüge über dem Barrenquerschnitt führt. Weiterhin wird
das notwendige Trennmittel als Öl/Luft-Gemisch zugeführt, um die Wär-
meabfuhr an der Kokillenwand zu verringern und dadurch eine möglichst
dünnere Randschale und eine glatte Oberfläche zu erzeugen. Damit kann
vielfach auf das Abdrehen der Barrenoberfläche von Rundbarren vor dem
7.1 Stranggießverfahren 401

Strangpressen verzichtet werden. Solche Weiterentwicklungen werden un-


ter den Markennamen Airsol-Veil®, Airglide® und AirslipTM vertrieben
(Brockmann 2005).

Bild 7.1.2 Schema des konventionellen Stranggießverfahrens nach W. Roth

Rundbarren als Einsatzmaterial für das Strangpressen oder Schmieden


und Rechteckbarren für das Walzen von Platten, Blechen und Bändern
werden im Mehrfachguß hergestellt, s. Bild 7.1.3. Typische Gießanlagen
für Mehrfachguß arbeiten mit Kokillenbatterien für 12 bis 96 Rundbarren.
Die Gießlängen variieren zwischen 3 und 7 m, in Ausnahmefällen bis zu
10 m. Rundbarrendurchmesser betragen zwischen 75 und 700 mm. Die
größten Walzbarrenformate haben Abmessungen bis etwa 600x2200x8700
mm und ein Gewicht bis zu 30 t. Walzbarrengießanlagen haben eine Ka-
pazität bis zu 90 t pro Abguß.
Alternativ zum Strangguß wird Vormaterial für Bleche und Bänder auch
mit kontinuierlichen Gießanlagen hergestellt (z.B. Hunter-Douglas Twin
Role Caster oder Hazelett Belt Caster). Mit diesen Verfahren wird die
Warmwalzstufe übergangen und das Gießband direkt oder nach einer Ab-
kühlstrecke dem Kaltwalzgerüst zugeführt, s. auch Abschn. 8.1. Vorteile
dieser Verfahren sind neben Kosteneinsparungen – bis zu 60% der Walz-
kosten – die wesentlich schnellere Erstarrung als bei großen Strangguß-
blöcken, die zu einem feineren Gußgefüge führt, besonders im Hinblick
auf Primärphasen. Der bisher bestehende Nachteil ist vor allem die gieß-
402 7 Gießverfahren

technische Beschränkung auf relativ niedrig legierte, naturharte Werkstof-


fe. Eine Erweiterung der Legierungspalette ergibt sich künftig möglicher-
weise mit dem Rheocasting, dem Bandgießen mit halberstarrter Schmelze.

Bild 7.1.3 Mehrfachgießanlage für Rundbarren mit Gießrinnen vor dem Anguß
(Quelle: Gautschi)

7.2 Formgießverfahren

Neben den traditionellen Formgießverfahren, Sandguß, Schwerkraftkokil-


lenguß und Druckguß, wurden in den vergangenen Jahrzehnten zahlreiche
weitere Gießverfahren und Verfahrensvarianten entwickelt und in die Gie-
ßereipraxis eingeführt. Gemeinsames Ziel aller dieser Entwicklungen sind
die Verbesserung der Prozeßsicherheit, der Gußteileigenschaften und die
Erweiterung der Einsatzbereiche unter Berücksichtigung von Mindest-
seriengröße und Herstellkosten. „Rapid Prototyping“ − also die schnelle
serienausführungsähnliche Herstellung von Einzelstücken − ist eine wei-
tere Motivation für die Entwicklung der Gießverfahren.
Grundsätzlich kann man die Gießverfahren in Verfahren mit “verlore-
nen“ Formen und in solche mit Dauerformen einteilen (von Zengen, 1992),
s. Tabelle 7.2.1. Die neueren Verfahrensvarianten der klassischen Sand-,
Kokillen- und Druckgießverfahren sind gekennzeichnet durch Maßnahmen
zur turbulenzarmen Formfüllung und verwenden zur Verbesserung des
7.2 Formgießverfahren 403

Formfüllungs- und Speisungsverhaltens Drücke von weniger als 1 bar bis


zu 100 bar und mehr. Unterdruck (oder „Vakuum“) bei der Formfüllung
soll Gasaufnahme und Oxideinschlüsse verringern. Hohe Drücke sollen
während der Erstarrungsphase das Speisungsverhalten und die Vermei-
dung von Schrumpfporosität unterstützen.

Tabelle 7.2.1 Übersicht über die wichtigsten Formgießverfahren für Aluminium,


nach (von Zengen 1992)
Verlorene Formen Dauerformen
Sandguß Kokillenguß Druckguß
Grünsandguß Schwerkraft- Standard-
(u.a. Cosworth®) kokillenguß druckguß
Kernpaket- Niederdruck- Vakuumdruckguß
Verfahren kokillenguß VACURAL®
Niederdruck- Gegendruckguß „Indirektes“
Sandguß® Precocast® Squeeze-Casting
Vollformguß „Direktes“ PORAL®
Squeeze-Casting
Feinguß Thixoguß

Sandguß

Das Sandgießen erfolgt in hand- oder maschinengeformte ton- oder harz-


gebundene Sandformen aus natürlichen oder synthetischen Formstoffen.
Die Formstoffe werden weniger stark verdichtet als beim Sandgießen von
Gußeisen, damit die Entgasung bei dem geringeren hydrostatischen Druck
der leichteren Aluminiumschmelze gewährleistet ist. Bei den Modellen
müssen deshalb größere Radien vorgesehen werden. Andererseits verhin-
dert die lockerere Verdichtung die Warmrißneigung von empfindlichen
Legierungen. Der Gießvorgang wird im allgemeinen an Atmosphäre ohne
besondere Oxidationsschutzmaßnahmen durchgeführt.
Das Verfahren eignet sich für Kleinserien und besonders für die Proto-
typenherstellung. Wenn die Formen auf modernen Formautomaten mit au-
tomatischer Sanddosierung und Verdichtung hergestellt werden, ist Sand-
guß auch für große Serienproduktion wirtschaftlich (z.B. Cosworth®-
Verfahren“, „Disamatic®“, „Core-Package-System®“). Fachgerecht er-
zeugter Sandguß ist wärmebehandelbar und schweißbar. Wegen der im
Verhältnis zum Kokillenguß langsameren Erstarrung sind die Festigkeits-
werte etwas geringer. Wanddicken sollten über 3 – 4 mm liegen. Bauteil-
größen werden kaum durch Maschinenkapazitäten begrenzt. Ein wichtiger
Vorzug der Sandgießverfahren ist die große Gestaltungsfreiheit. Hinter-
schneidungen, Bohrungen und Formhohlräume sind durch eingelegte
404 7 Gießverfahren

Sandkerne herstellbar. Ein weiterer Vorzug ist die relativ einfache Ände-
rungsmöglichkeit bzw. Anpassung der Geometrie, was insbesondere bei
der Prototypenherstellung wichtig ist. Solche Änderungen verursachen bei
Dauerformen erhebliche Kosten.
Die Sandformherstellung geschieht nach verschiedenen Verfahren, z.B.
dem Seihatsu-Hochdruck-Verfahren, bei dem der in die Form gefüllte
feuchte Sand (Grünsandguß) mit Preßluft durchströmt und danach mecha-
nisch oder hydraulisch verdichtet wird. Anschließend werden – falls erfor-
derlich – die Kerne aus harzgebundenem Sand und evtl. mit einer Kera-
mikschlichte überzogen in die Form gelegt und die Form geschlossen. Bild
7.2.1 gibt einen Eindruck von der Komplexität des Formenaufbaus.

Bild 7.2.1 Sandkernsatz für eine Zylinderkopf-Sandgußform (Rover, Langbridge).


(Campbell 1994)

Verschiedene Sandgießverfahrensvarianten wurden großserientauglich


weiterentwickelt und unterscheiden sich vornehmlich durch die Art der
Formfüllung mit Schmelze und durch die Kontrolle des Erstarrungsab-
laufs. Beim konventionellen Sandguß geschieht die Formfüllung durch
Schwerkraftgießen über den Eingießkanal – analog zum Schwerkraftkokil-
lenguß, s. Bild 7.2.8. Die Schmelze strömt von unten in den Formhohl-
raum. Die Form des Eingießkanals ist so gestaltet, daß beim Eingießen ei-
ne möglichst turbulenzfreie Strömung erreicht wird, um Spritzerbildung zu
vermeiden. Spritzerbildung der dünnflüssigen Aluminiumschmelze ge-
schieht bereits bei Strömungsgeschwindigkeiten von 500 mm/s, was einer
freien Fallhöhe von nur 13 mm entspricht. Die auf den Spritzern gebilde-
ten Oxidteilchen können zu Gefügeinhomogenitäten und zur Minderung
der mechanischen Eigenschaften führen.
7.2 Formgießverfahren 405

Cosworth®-Sandgußverfahren

Das Cosworth®-Verfahren ist ein Niederdruck-Sandgießverfahren, das für


Automobilgußteile und größere Serienstückzahlen entwickelt wurde. Die
Schmelze wird mittels einer elektromagnetischen Pumpe aufwärts in die
Gießform gefördert, s. Bild 7.2.2. Durch programmierbare Steuerung der
Pumpenleistung kann eine der jeweiligen Form angepaßte Formfüllungs-
weise eingestellt werden. Mit der gleichen Formfüllungsmethode arbeitet
auch das DISAmatic®-Verfahren, das sich vom Cosworth®-Verfahren
durch eine kastenlose Sandformherstellung unterscheidet.

Bild 7.2.2 Schema des Cosworth® Niederdruck-Sandgieverfahrens (Quelle J.


Campbell, Birmingham)

Kernpaket-Verfahren (Core-Package-System CPS®)


Das CPS®-Verfahren ermöglicht wie das Cosworth®-Verfahren einen sehr
komplexen Formenaufbau, der sich insbesondere für den Motorengehäu-
seguß eignet, s. Bilder 7.2.3 und 7.2.4. Die Form wird vor dem Abguß mit

Bild 7.2.3 Sandformteile beim CPS®-Gießverfahren (Quelle: Hydro Aluminium


(ehem. VAW))
406 7 Gießverfahren

Bild 7.2.4 Vier-Zylinder-Motorblock, hergestellt mit dem CPS®-Verfahren (Quel-


le: Hydro Aluminium (ehem. VAW))

inertem Gas gespült und die Formfüllung erfolgt im Schwerkraftgießen.


Nach dem Füllen der Form wird der Formkasten um 180° gedreht, so daß
sich das zuerst eingefüllte, kältere Material am Boden des Formhohlraums
befindet, und eine gerichtete Erstarrung erfolgen kann. Auf diese Weise
wird die Nachspeisung gesichert.

Niederdruck-Sandguß®
Mit Niederdruck-Sandgießen® wird ein Sonderverfahren der Honsel-
Werke AG, Meschede, bezeichnet, mit dem dünnwandige, dem Druckguß
ähnliche Gußteile kostengünstig vorentwickelt werden können. Das Ver-
fahren ähnelt dem Cosworth-Verfahren, indem die Form von unten stei-
gend gefüllt wird. Der Füllvorgang ist vom Niederdruck-Kokillengießen
übernommen worden. Mit einem Gasüberdruck (∆p < 1 bar) im Schmelze-
raum des unter der Gießform angeordneten Warmhalteofens wird die
Schmelze in die Form gedrückt, s. Bild 7.2.5. Auch hier kann die Form-
füllung turbulenzarm durch einen der jeweiligen Gußteilform optimal an-
gepaßten und mikroprozessorgesteuerten Druckaufbau vorgenommen wer-
den. Die Aufrechterhaltung des Überdrucks sorgt während der Erstar-
rungsphase für eine Unterstützung der Nachspeisung.
7.2 Formgießverfahren 407

Bild 7.2.5 Schema des Niederdrucksandgießverfahrens der Fa. Honsel AG, Me-
schede

Vollformgießen
Zur Gruppe der Sandgießverfahren mit verlorenen Formen ist auch das
sog. „Vollformgießen“ zu zählen. Es wurde bereits vor fast 40 Jahren be-
kannt (Verfahrenspatent 1958 von H. F. Shroyer), gewinnt aber für Alumi-
nium erst in den letzten Jahren industrielle Bedeutung.
Der Verfahrensablauf ist in Bild 7.2.6 schematisch dargestellt. Das
Werkstück wird als Gießmodell aus expandierbarem Polystyrol (EPS) er-
stellt und mit dem Einguß und Anschnitt, ebenfalls aus Polystyrol, durch
Klebstoff zusammengefügt, mit keramischer Schlichte überzogen und an-
schließend in binderfreiem Sand eingebettet. Durch Vibration des Formka-
stens wird der lose Sand in alle Öffnungen des Modells gefüllt. Beim Ein-
gießen der Schmelze vergast das Polystyrol und entweicht durch den
Schlichtemantel in den Formsand. Der Gießvorgang ist abgeschlossen,
wenn die Schmelze den Hohlraum des EPS-Modells ausfüllt hat und er-
starrt ist.
Mit Hilfe der Klebtechnik lassen sich komplizierte Formen mit Hinter-
schneidungen und Bohrungen in einem einteiligen Gießmodel herstellen.
Kleinere, auch unterschiedliche Gießmodelle können zu Trauben zusam-
mengesetzt werden, so daß der Anteil an Umlaufmetall (Angüsse etc.)
klein gehalten werden kann.
408 7 Gießverfahren

Die Abbildungs- und Maßgenauigkeit ist hoch, vorausgesetzt, daß die


EPS-Modelle durch die Verdichtung im Rüttelprozeß nicht verbogen wer-
den. Aushebeschrägen sind nicht notwendig. Die gießbaren Mindestmaße
für Wanddicken und Bohrungen sind teilespezifisch und hängen entschei-
dend vom Formfüllungsverhalten des Formsandes ab. Die beim Vergasen
abgegebene Wärme muß durch eine höhere Gießtemperatur ausgeglichen
werden. Dadurch steigt allerdings die Gefahr der Gasaufnahme der
Schmelze und der Gasporosität im Gußteil. Die mechanischen Eigen-
schaften von Vollformgußteilen sind ähnlich denen von Sandgußteilen.

Bild 7.2.6 Verfahrensschritte beim Vollformgießen

Feinguß (Wachsausschmelzverfahren)

Beim Feingießen werden in metallischen Dauerformen durch Spritzgießen


Wachsmodelle hergestellt, die zu Trauben montiert und dann durch mehr-
faches Tauchen in einer keramischen Masse mit einem Mantel überzogen
werden, s. Bild 7.2.7. Die Dicke des Mantels beträgt mindestens 7 mm, um
eine genügende Eigenfestigkeit zu erhalten. Die Wachsmodelle werden
ausgeschmolzen; die Form wird gebrannt. In die noch heiße Form wird
abgegossen. Das Verfahren wird vorwiegend für kleinere Gußstücke mit
großer Maßgenauigkeit und hoher Oberflächengüte verwendet. Durch Ein-
satz von Robotern können auch Feingußteile mit größeren Abmessungen
vergossen werden.
7.2 Formgießverfahren 409

Bild 7.2.7 Werkzeuge für die Herstellung von Feingußwachsmodellen (links) und
Tauchbeschichtung der Wachsmodelle mit Keramikschlämme (rechts) (Quelle: J.
Campbell, Birmingham)

Schwerkraftkokillenguß

In der Regel werden als Dauerformen Kokillen aus Gußeisen mit Lamel-
lengraphit oder Warmarbeitsstählen verwendet. Hohlräume, Bohrungen
etc. können durch eingelegte Sandkerne und durch Metallkerne („Schie-
ber“) erzeugt werden, s. Bild 7.2.8. Kokillengußstücke haben gegenüber

Bild 7.2.8 Schema einer Form für den Schwerkraftkokillenguß


410 7 Gießverfahren

Sandguß den Vorteil der wesentlich schnelleren Erstarrung, verbunden mit


einem feineren Gefüge und höheren Festigkeiten, höherer Maßgenauigkeit,
Schweiß- und Anodisierbarkeit. Das Kokillengießen findet breite Anwen-
dung bei der Herstellung von Rädern und Fahrwerksteilen. Beim Schwer-
kraftkokillenguß erfolgt die Formfüllung ausschließlich unter dem Einfluß
der Schwerkraft.

Niederdruck-Kokillenguß

Beim Niederdruck-Kokillenguß wird die Schmelze unter einem geringen


Gas-Überdruck durch ein Steigrohr in die oberhalb der Schmelze angeord-
nete Kokille gedrückt und erstarrt unter diesem Druck, s. Bild 7.2.9. Mit
diesem Verfahren kann in nahezu idealer Weise eine gerichtete Erstarrung
der Gußstücke verwirklicht werden. Die langsame Formfüllung vermeidet
Turbulenzen. Mit dem Niederdruck-Kokillengießverfahren werden PKW-
Räder, Zylinderköpfe und Motorblöcke hergestellt.

Bild 7.2.9 Verfahrensschema des Niederdruck-Kokillengießens

Gegendruck-Kokillenguß

Eine Variante zum Niederdruck-Kokillengießverfahren ist das Ge-


gendruck-Kokillengießen (Firmenbezeichnung „Precocast“), bei dem die
Formfüllung und Erstarrung unter einem Differentialdruck bis etwa 10 bar
erfolgt. Hierbei stehen sowohl die Gießform als auch die Ofenkammer un-
ter Druck. Die Formfüllung erfolgt durch Absenken des Drucks in der
Formkammer. Der Verfahrensablauf ist in Bild 7.2.10 dargestellt. Die Ver-
7.2 Formgießverfahren 411

fahrensvorteile sind geringere Porosität der Gußstücke und damit bessere


mechanischen Eigenschaften. Außerdem sorgen die höheren Erstar-
rungsgeschwindigkeiten für ein feineres Gefüge.

Bild 7.2.10 Ablaufschema des Gegendruck-Gießverfahrens („PreCoCast“)

Druckguß
Beim Druckgießen wird die Schmelze unter hohem Druck und hoher Ge-
schwindigkeit in Dauerformen aus Warmarbeitsstahl gepreßt (eigentlich
gespritzt oder gesprüht). Das Verfahren erlaubt bei hoher Taktfrequenz die
Herstellung komplizierter und dünnwandiger Gußteile mit hoher Maßge-
nauigkeit und glatter Oberfläche. Die Gußstücke erfordern sehr geringe
Nacharbeiten und sind zum Teil einbaufertig. Bei entsprechender Legie-
rungsauswahl – z.B. EN AC-51200 (Al Mg9) – ist eine Oberflächenvered-
lung möglich. Die Einschränkungen in der Formgestaltung sind größer als
beim normalen Schwerkraftkokillenguß, da das Verfahren ohne einlegbare
Sandkerne durchgeführt werden muß. Das Verfahrensschema – horizonta-
ler Kaltkammerguß – ist in Bild 7.2.11 dargestellt.
Für das Druckgießen eignen sich besonders Legierungen der Typen Al-
Si, AlSiCu und AlMg. Zur Vermeidung von „Kleben“ des Gußteils in der
Form wird ein erhöhter Fe-Gehalt verwendet. U.a. aus eben diesem Grun-
de werden vorzugsweise Sekundärgußlegierungen verwendet.
Von Nachteil ist die geringe Duktilität von Druckgußteilen, die sich aus
dem verfahrensbedingt relativ hohen Gasgehalt ergibt. Aus dem gleichen
Grunde sind Schweißen und Wärmebehandeln wegen der Poren- und Bla-
senbildung im allgemeinen nicht möglich. Verbesserungen sind in diesem
Zusammenhang durch Optimierung der Formschlichtung und vor allem
durch das Thixogießen, das Vakuumdruckgießen und das indirekte Squee-
ze-Casting, bei dem eine Nachverdichtung des Gußstückes während der
Erstarrung durchgeführt wird, erreicht worden.
412 7 Gießverfahren

Bild 7.2.11 Schema einer Horizontal-Kaltkammer-Druckgießmaschine

Direktes Squeeze-Casting

Beim direkten Squeeze-Casting − auch Squeeze Forming oder Flüssig-


schmieden genannt − wird die Schmelze in genau dosierter Menge in die
Unterhälfte der Gießform chargiert. Danach senkt sich die Oberhälfte der
Gießform in die Schmelze, wobei ein hoher Druck aufgebracht wird, unter
dem die Schmelze erstarrt. Der Verfahrensablauf ist in Bild 7.2.12 sche-
matisch dargestellt.

Bild 7.2.12 Ablaufschema des direkten Squeeze Casting Prozesses (GKN Squeeze
Forming). Schritt 1: Einfüllen der dosierten Schmelzemenge in die Gießform.
Schritt 2: Schließender Form und Erstarrung unter Preßdruck. Schritt 3: Entfor-
men

Durch die Drucküberlagerung beim Erstarrungsprozeß und die dadurch


erzwungene Nachspeisung wird die Bildung von Lunkern, Schrumpfpo-
rosität und vor allem von Warmrissen vermieden, so daß auch warmriß-
7.2 Formgießverfahren 413

empfindliche Knetlegierungen vergossen werden können. So können mit-


tel- und hochfeste Legierungen vom Typ AlSi1MgMn (EN AW-6082) und
AlZn5,5MgCu (EN AW-7075) erfolgreich gegossen und wärmebehandelt
werden. Beispiele für derartige Teile zeigt Bild 7.2.13. In allen Fällen han-
delt es sich um relativ dickwandige Teile, die in der Form gleichmäßig er-
starren und eine Nachspeisung aus dem vorhandenen Volumen ermögli-
chen. Der hohe Arbeitsdruck setzt robuste, hydraulisch angetriebene Ma-
schinen voraus, die eher den Schmiedepressen als den Gießmaschinen
vergleichbar sind.

Bild 7.2.13 Mit dem direkten Squeeze Casting Verfahren hergestellte Formteile
aus Aluminiumknetlegierungen (Quelle: J. Campbell, Birmingham)

Methodisch verwandt ist das Thixoschmieden, also das Gesenkformen


im halbflüssigen Zustand. Auch mit diesem Verfahren ist es möglich,
Knetlegierungen, z.B. die Legierung DIN EN AW-6082, zu formen und
durch die Einstellung des thixotropen Zustands eine gute Formfüllung bei
niedrigen Pressenkräften zu erzielen (Siegert 2001). Die Voraussetzung ist
eine exakte Temperaturführung bei der Aufheizung in den thixotropen Zu-
stand (Temperaturkontrolle ± 2–3 °C). Informationen zur Thixotropie s.
Abschn. Thixocasting.

Indirektes Squeeze Casting


Das indirekte Squeeze-Casting-Verfahren – auch als UBE-Verfahren be-
kannt – ist von der Maschinentechnik und von den Verfahrensmerkmalen
dem (vertikalen) Kaltkammer-Druckgießverfahren zuzuordnen. Durch
große Anschnitte wird eine genau dosierte Menge Metallschmelze langsam
(ca. 0,5 m/s gegenüber 30 m/s beim konventionellen Druckguß) und lami-
414 7 Gießverfahren

nar in den Formhohlraum gepreßt. Durch den großen Querschnitt des An-
schnitts kann während der Erstarrung nachgespeist werden. Die Erstarrung
erfolgt unter hohem Druck (bis 1150 bar). Auf diese Weise werden poren-
arme und druckdichte Gußstücke hergestellt, die wärmebehandelbar und
schweißbar sind. Bild 7.2.14 zeigt den Verfahrensablauf am Beispiel einer
UBE-Vertikalgießmaschine.

Bild 7.2.14 Ablaufschema (Schritte 1 bis 4) für den indirekten Squeeze Casting
Prozeß (System: UBE)

Es werden hohe Festigkeiten, vor allem auch hohe Bruchdehnungen er-


reicht, so daß sich das Verfahren auch für Sicherheitsteile (Räder, Radträ-
ger, Lenkgehäuse) anbietet. Prinzipiell können mit dem Verfahren auch
Knetlegierungen vergossen werden, bei denen Bruchdehnungen bis 10%
erreicht werden. Die Gußstücke sind dekorativ anodisierbar. Je nach Ma-
schinenbauart sind Gußstücke mit Gewichten bis zu 40 kg herstellbar. We-
gen der hohen Investitionskosten eignet sich das Verfahren nur für große
Stückzahlserien.
Durch Einlagern von Faserwerkstoffen (Al2O3-, Bor-, Siliziumkarbid-,
Stahl-, Kohlenstoff-, Glasfasern u.a.) ist es möglich, Aluminiumgußwerk-
stoffe zu verstärken, d.h. Zugfestigkeit, 0,2%-Dehngrenze, Elastizitätsmo-
dul und Warmfestigkeit zu erhöhen.
Indirektes Squeeze-Casting ist geeignet zur Herstellung von partikel-,
kurz- und langfaser- sowie keramikschaumverstärkten Werkstücken. Die
partielle Verstärkung mit Faservorformlingen ist mit diesem Verfahren
z.B. bei der Muldenrandverstärkung von LKW-Dieselmotorkolben Stand
der Technik.

PORAL
Das PORAL-Verfahren wird auf Horizontal-Kaltkammer-Druckgießma-
schinen durchgeführt, wobei durch langsame, ruckfreie Führung des Gieß-
kolbens eine turbulenzfreie Formfüllung angestrebt wird. Es ist somit dem
7.2 Formgießverfahren 415

UBE-Verfahren verwandt. Auf diese Weise erhält man poren- und gas-
arme Gußstücke, die wärmebehandelbar und schweißbar sind und eine ge-
genüber Schwerkraftkokillenguß deutlich verbesserte Bruchdehnung besit-
zen.

Pore-Free-Verfahren
Eine andere Möglichkeit, Porositäten zu vermindern, besteht darin, den
Formhohlraum mit einer Sauerstoffatmosphäre zu füllen (Pore-Free-Ver-
fahren). Die in Reaktion der Schmelze mit dem Sauerstoff entstehende ge-
ringe Menge an Oxiden wird feinverteilt im Gußstück eingelagert.

VACURAL-Druckguß
Das VACURAL-Verfahren – eine firmenspezifische Entwicklungsvariante
des Vakuumdruckgußverfahrens – wurde gemeinsam von den Firmen
Müller-Weingarten, VAW und Ritter Aluminium entwickelt. Mit diesem
Verfahren in der Variante AVDC (Alcoa Vacuum Die Casting) wurden
und werden vielfältige Strukturteile für den Karosseriebau, z.B. für die
Audi-Spaceframe®-Bauweise hergestellt, s. Bild 2.1.22. Bei dem Verfah-
ren wird die Evakuierung des Formhohlraumes und der Gießkammer wäh-
rend des Formfüllungsvorgangs aufrechterhalten. Dadurch wird die erfor-
derliche Metallmenge über ein Steigrohr aus dem Warmhalteofen in die
Gießkammer gesaugt und die Luft im Formhohlraum sowie die beim Kon-
takt zwischen Schmelze und Formwand entstehenden Gase abgeführt. Der
Gasgehalt des Gußstücks wird dadurch auf Bruchteile der Gehalte her-
kömmlicher Druckgußteile reduziert. Bild 7.2.15 zeigt das Schema einer
VACURAL-Anlage.

Bild 7.2.15 Aufbau einer VACURAL-Gießanlage (Quelle: VAW aluminium AG,


Bonn)
416 7 Gießverfahren

VACURAL-Teile sind wärmebehandelbar und schweißbar und zeichnen


sich bei entsprechender Legierungswahl durch hohe statische und dynami-
sche Festigkeitseigenschaften bzw. durch gute Verformbarkeit und Zähig-
keit aus. Beispiele aus Versuchsgüssen zeigt Bild 7.2.16. Gegenüber den
charakteristischen Vorzügen des herkömmlichen Druckgusses, nämlich
Dünnwandigkeit, Maßhaltigkeit und hohe Produktivität müssen nur ge-
ringe Zugeständnisse gemacht werden. Die Verwendung von Schiebern in
der Form zur Erzeugung von Bohrungen, Durchbrüchen oder Hinter-
schneidungen stoßen allerdings bei der Vakuumtechnik auf Schwierigkei-
ten.

Bild 7.2.16 Duktilitätstests an wärmebehandelten VACURAL-Druckgußteilen aus


AlSi7Mg0,3-F (Quelle: VAW aluminium AG, Bonn)

Thixo-Casting

Eine weitere Sonderform des Druckgießens stellt das Thixogießen dar (Erz
1990, Gabathuler et al. 1992). Thixotropie ist eine Eigenschaft von be-
stimmten, halberstarrten Metallschmelzen, sich bei Abwesenheit äußerer
Kräfte als hochviskoser Festkörper zu verhalten, unter der Wirkung von
Scherkräften aber eine um mehrere Größenordnungen niedrigere Viskosi-
tät anzunehmen. Voraussetzung dazu ist ein globulitisch, nicht dendritisch
vorerstarrter α-Mischkristallphasenanteil von 50 bis 60 %.
Unter dem Begriff „Thixocasting“ – im Gegensatz zu „Thixoforging“ –
wird das Einfüllen eines thixotropen Rohlings in eine geschlossene Guß-
form verstanden. Dagegen wird beim Thixoforging der Rohling in eine
Gesenkformhälfte gelegt und durch Schließen des Gesenks die Bauteil-
form erzeugt. Beide Verfahren werden auch unter dem Begriff „Thixofor-
ming“ zusammengefaßt.
7.2 Formgießverfahren 417

Beim Thixoforming wird ein Vormaterial mit feinem globulitischen


Korngefüge benötigt, bei dem bei Prozeßtemperatur die α-Mischkristall-
phase von angereicherter Restschmelze umgeben ist. Diese Forderungen
an das Ausgangsgefüge für den Thixoformprozeß schränkt z.Zt. die verar-
beitbare Legierungspalette ein. Verarbeitet werden bisher fast ausschließ-
lich Legierungen des Typs AlSi7Mg (A356 und A357), die ein ausrei-
chend großes Erstarrungsintervall besitzen, um den richtigen Festkörper-
anteil der Schmelze zuverlässig einstellen zu können.
Bis zu ca. 50 mm Durchmesser kann geeignetes Vormaterial durch
Strangpressen erzeugt werden. Kostengünstiger und in den Abmessungen
flexibler ist die Herstellung des Vormaterials mit dem Horizontalstrangguß
in Verbindung mit elektromagnetischem Rühren der erstarrenden Schmel-
ze. Bild 7.2.17 zeigt einen Weg zur Herstellung von thixotropem Gußvor-
material auf (Gabathuler et al. 1992).

Bild 7.2.17 Gefüge von Strangguß und Thixogußvormaterial aus Legierung Al-
Si7Mg0,3 (A356) (Quelle: Alusuisse)

Der Verfahrensablauf des Thixocasting ist schematisch in Bild 7.2.18


dargestellt. Es werden zunächst die mit Horizontalstrangguß erzeugten
Barren in Abschnitte entsprechend dem Abgußgewicht geteilt und an-
schließend induktiv auf eine geeignete Temperatur im Solidus-Liquidus-
Phasengebiet erhitzt, so daß sich ein Restschmelzeanteil von ca. 35 % ein-
stellt. Dann wird der thixotrope Bolzenabschnitt in die Füllkammer einer
Druckgußmaschine eingelegt und mit Gießkolbendruck in die Kokille ge-
preßt. Bild 7.2.19 gibt einen Eindruck von der Scherfestigkeit des richtig
vorgewärmten thixotropen Gußmaterials.
Thixogußteile erreichen höhere Bruchdehnungswerte und deutlich hö-
here Schwingfestigkeitseigenschaften als konventionelle Kokillen-, Sand-
418 7 Gießverfahren

und Druckgußteile, s. Bild 7.2.20 (Gabathuler et al. 1993). Wegen der ho-
hen Bruchdehnungen und wegen der statischen und dynamischen Fe-
stigkeiten scheinen Thixogußteile besonders für die Herstellung von Si-
cherheitsteilen geeignet zu sein.

Bild 7.2.18 Gesamtschema des Thixocasting Prozesses (Quelle: Alusuisse)

Bild 7.2.19 Duktilitätskontrolle des vorgewärmten thixotropen Materials (Alten-


pohl et al. 1996)
7.3 Vergleich der Formgießverfahren 419

Bild 7.2.20 Mechanische Eigenschaften von Thixoguß aus AlSi7Mg0,3 im Ver-


gleich zu Kokillen-, Sand- und Druckguß (Gabathuler et al. 1993)

Die geringere Gießtemperatur bietet wirtschaftliche Vorteile, da die


Gießform thermisch weniger belastet wird. Außerdem sind geringere Takt-
zeiten möglich, da weniger Wärme abgeführt werden muß. Druckdichtig-
keit des Gefüges und geringere Aushebeschrägen verringern den Bedarf
für mechanische Nacharbeit. Nachteilig ist der gegenüber der normalen
Gußlegierung höhere Preis für das Thixo-Vormaterial. Ein weiterer Ko-
stenfaktor ist die aufwendigere Qualitätssicherung, da neben der Durch-
strahlungsprüfung eine metallographische Gefügekontrolle hinsichtlich Po-
rosität erforderlich ist. In bezug auf die Gestaltungsmöglichkeiten des
Formgußteils gelten die gleichen Freiheiten und Einschränkungen wie bei
normalen Druckguß.

7.3 Vergleich der Formgießverfahren

Die beschriebenen Grundtypen der verschiedenen Gießverfahren unter-


scheiden sich in einer ganzen Reihe von Merkmalen, so daß jedes Verfah-
ren seine Berechtigung für gegebene Anforderungsprofile hat.
In der Tabelle 7.3.1 sind die verschiedenen Verfahren (mit Ausnahme
des Feingusses) bezüglich wichtiger Kriterien gegenübergestellt. Über die
aufgelisteten Kriterien hinaus gibt es Unterschiede im Hinblick auf die Le-
gierungsauswahl, die bei einigen Verfahren beschränkt sind. Abgesehen
von Thixogußlegierungen sind vor allem die Druckgußlegierungen Ein-
schränkungen unterworfen, die prozeßbedingt sind. Wegen des notwendig
höheren Fe-Gehaltes kommen hier überwiegend Sekundärlegierungen
(„Umschmelzlegierungen“) zum Einsatz. Andererseits kann sich aus den
Anforderungen an das Bauteilverhalten ergeben, daß nur Primäralumini-
umlegierungen mit geringen Verunreinigungen eingesetzt werden können,
Tabelle 7.3.1 Vergleich der verschiedenen Gießverfahren
420
7 Gießverfahren
7.3 Vergleich der Formgießverfahren 421

z.B. für PKW-Gußräder. In den EN-Normen für Gußlegierungen wird die-


sem Umstand bei der Legierungsbezeichnung Rechnung getragen. Im Üb-
rigen sind die zu erwartenden mechanischen Eigenschaften nicht nur legie-
rungsabhängig, sondern auch bauteil- und verfahrensabhängig.
8 Walzen

Fast alle gewalzten Flachprodukte müssen durch Trenn-, Umform-, Füge-


und Oberflächenbehandlungsverfahren bearbeitet werden, um zu einem
gebrauchstauglichen Endprodukt zu werden. Dabei spielen die Werkstoff-
eigenschaften eine herausragende Rolle, die jedoch maßgeblich durch den
Walzprozeß bestimmt werden. Aus anwendungstechnischer Sicht ist daher
ein Grundverständnis für den Walzprozeß notwendig.

8.1 Walzprozeß

Ein Walzwerk besteht in der Regel neben den eigentlichen Warm- und
Kaltwalzgerüsten aus einer Gießerei für Strangguß-Walzbarren, Barrensä-
gen und -fräsen zum Besäumen der Walzbarren und zum Entfernen der
Gußhaut, Öfen zum Homogenisieren der Gußblöcke und zum Anwärmen
auf Walztemperatur, Schopfscheren, Kastenöfen zur Wärmebehandlung
von Coils oder Durchlauföfen zum Wärmebehandeln von Walzbändern
sowie weiteren Adjustageeinrichtungen, Bandreckanlagen, Rollenricht-,
Längs- und Querteilanlagen. Zahlreiche Walzwerke verfügen heute wei-
terhin über Veredlungsbetriebe, in denen die Bänder einer Oberflächenbe-
handlung und -beschichtung in Coil-Coating-Anlagen unterzogen werden.

Warmwalzen

Die Warmwalzstrecke stellt zusammen mit den peripheren Anlagen einen


hohen Investitionsaufwand dar und besitzt eine erhebliche Produktionska-
pazität von z.B. 800.000 Jahrestonnen. Moderne Großwalzwerke verar-
beiten Barren mit Gewichten bis über 30 Tonnen, 8700 mm Länge, 2200
mm Breite und 600 mm Dicke. Größere Barrendicken sind zwar möglich,
führen aber zu ungünstigen Gefügequalitäten (Wortberg 1992). In der
Regel wird die erste Warmwalzstufe in einem reversierenden Vorwalzge-
rüst (Warmwalzquarto, auch Breakdown-Gerüst genannt) vorgenommen.
Die Walzrichtung wird nach jedem Stich umgekehrt, bis die Plattenend-
dicke oder Warmbandenddicke erreicht wird. Warmwalzstichabnahmen
424 8 Walzen

betragen bis zu 30 mm (Scharf 1994). Bei Bandwalzwerken schließt sich


eine Tandemwarmwalzstrecke an, s. Bild 8.1.1.

Bild 8.1.1 Warmbandherstellung mit einem reversierenden Warmwalzquarto und


einem dreigerüstigem Warmwalztandem (Woodward 1994)

Bandgießen

Um die hohen Kapitalbindungs- und Produktivitätsmerkmale moderner


Warmwalzstraßen zu umgehen, werden verschiedene Verfahren des Band-
gießens eingesetzt. Dabei wird ein Gießband in Dicken zwischen 3 und 20
mm erzeugt, s. Bild 8.1.2, das anschließend unmittelbar oder nach Zwi-
schenlagerung mit Kaltwalzgerüsten auf Enddicke abgewalzt wird (Bux-
mann 1994). Bänder und Bleche aus Bandgießanlagen unterscheiden sich
von den mit Warmwalzvorstufe erzeugten Kaltwalzprodukten verfahrens-
bedingt durch eine eingeschränkte Legierungspalette und durch besondere
Eigenschaften, die sich aus dem hohen Übersättigungszustand der Legie-

Bild 8.1.2 Beisiel für den Aufbau einer kontinuierlichen Gießbandwalzstraße


(Woodward 1994)
8.2 Qualitätsmerkmale von Warm- und Kaltwalzblechen 425

rungselemente je nach Dicke des Gießbandes ergeben. Aushärtbare Legie-


rungen und solche mit mehr als 3% Mg-Gehalt lassen sich üblicherweise
nicht auf Gießbandanlagen verarbeiten, so daß derartige Produktionsanla-
gen nur den unteren Festigkeitsbereich von Walzhalbzeug abdecken
können.

Kaltwalzen
Das erkaltete Warmband wird anschließend auf ein- oder mehrgerüstigen
Kaltwalzanlagen entweder reversierend oder kontinuierlich („Konti-Walz-
straße“) in mehreren Stichabnahmen auf Endmaß abgewalzt. Die Jahres-
kapazität einer modernen, zweigerüstigen Kalttandemstraße für Feinband
kann je nach Produktmix zwischen 300.000 und 400.000 jato betragen
(Wortberg 1992). Je nach Legierungszusammensetzung oder Endband-
dicke müssen eventuell Zwischenglühungen vorgenommen werden, um
die erforderliche Verformbarkeit des Materials zu gewährleisten. Bild
8.1.3 zeigt schematisch die Walzenanordnung in einer eingerüstigen bzw.
Tandem-Kaltwalzanlage. Wegen der hohen Walzendrücke werden Quar-
togerüste oder sogar 6-Walzengerüste verwendet, bei denen die
Durchbiegung der im Durchmesser kleinen Arbeitswalzen mit großen
Stützwalzen ausgeglichen wird.

Bild 8.1.3 Kaltwalzstrecke mit reversierendem Kaltwalzquarto bzw. Kaltwalztan-


dem (Woodward 1994)

8.2 Qualitätsmerkmale von Warm- und Kaltwalzblechen

Bezüglich der mechanischen Eigenschaften und Grenzabmaße von Ble-


chen und Bändern aus Aluminium und Aluminiumknetlegierungen wird
auf die einschlägigen Normen verwiesen, s. Anh. A3.
426 8 Walzen

Planlage
Die erreichbaren Planheitstoleranzen und besonders die Dickentoleranzen
sind abhängig vom Fließwiderstand der Legierungen, den Walzbreiten,
den Stichabnahmen und von der Dicke. Das Dickenprofil über der Walz-
breite und die Ebenheit des Bandes wird durch die Beherrschung der me-
chanischen und thermischen Formänderungen der Walzen bestimmt. Der
Walzdruck wird vom Ständer über die Walzenlager auf die Walze und so-
dann auf das Walzgut übertragen und führt zu elastischen Durchbiegungen
der Walzen. Dadurch entstehen konvexe Walzspalte über der Walzbreite,
die zu unterschiedlichen Walzgraden über der Bandbreite führen. Die
Folge sind Unplanheit und Eigenspannungen in der Bandebene, die in
Bild 8.2.1 schematisch dargestellt sind.

Bild 8.2.1 Auswirkungen von Walzendurchbiegung auf die Planlage. Gedanklich


wird das Walzband in schmale Streifen getrennt, die sich entsprechend der unter-
schiedlichen Dickenabnahme in ihrer Länge unterscheiden (Woodward 1994)

Als Gegenmaßnahme verwendet man neben Stützwalzen (Quarto) einen


balligen Schliff der Walzen mit einer Mittenüberhöhung (Bombage). Als
weitere Maßnahme werden Druckzylinder zwischen die Lager der Stütz-
und Arbeitswalzen vorgesehen, s. Bild 8.2.2. Die Temperaturerhöhung
durch die Umformwärme im Walzspalt erzeugt zusätzlich einen „thermi-
schen Ballen“ der Walze, der durch Aufspritzen von Kühlmittelemulsionen
verringert wird.
Die Kontrolle und Regelung dieser Vorgänge während des Walzvor-
gangs ist von entscheidender Bedeutung für die Einhaltung der Planheit-
stoleranzen. Eine direkte, mechanische Banddickenmessung während des
8.2 Qualitätsmerkmale von Warm- und Kaltwalzblechen 427

Bild 8.2.2 Beispiel für Walzprofilregelung durch Biegen der Arbeitswalzen


(Woodward 1994)

Walzvorgangs scheidet bei den hohen Walzgeschwindigkeiten von 1000


bis 2000 m/min aus. Man hilft sich durch indirekte Messung des Band-
druckes über eine Segmentwalze, da verlängerte bzw. verkürzte Bandzo-
nen einen unterschiedlichen Auflagedruck auf die Segmentwalze ausüben.
Die Meßwerte werden auf Bildschirmen sichtbar gemacht und als Stell-
werte zur Regelung der Kühlmittelzufuhr verwendet, s. Bild 8.2.3.

Bild 8.2.3 Automatisches Planheitskontrollsystem. 1: Walzenbiegeregler, 2: Meß-


walze für Bandeigenspannungen, 3: Signalübertragung, 4: Kontrollgerät, 5: Anzei-
ge des Planheitsprofils, 6: Walzenkühlung (Woodward 1994)
428 8 Walzen

Oberflächenbeschaffenheit

Die Oberfläche von Blechen und Bändern kann eine Reihe von Merkmalen
aufweisen, die für die Verarbeitung und für die Gebrauchseigenschaften
Bedeutung haben. Die Oberflächenmerkmale werden ganz wesentlich
durch die Fließvorgänge im Walzspalt bestimmt. Wie in Bild 8.2.4 darge-
stellt ist, gibt es im Walzspalt einen Ort entlang der Kontaktfläche
Walze/Walzgut, an dem die Geschwindigkeit des Walzgutes, vx , der Ober-
flächengeschwindigkeit der Walze, v , gleich ist. Dieser Ort wird als Fließ-
scheide bezeichnet, weil das Walzgut davor mit der Geschwindigkeit v1
langsamer und danach mit v2 schneller als die Walzengeschwindigkeit v
fließt. Die Austrittsgeschwindigkeit v2 ergibt sich aus dem Gesetz der Vo-
lumenkonstanz: v2 /v1 = h1/h2. An dieser Stelle kann es zu Adhäsion von
Aluminium an der Stahloberfläche der Walze kommen („Kleben“). Die
Beschleunigung des Walzgutes zum Auslauf des Walzspaltes hin verur-
sacht bei zu hohen Stichabnahmen unter Umständen schuppenförmiges
Aufreißen der Oberfläche.

Bild 8.2.4 Fließen im Walzspalt. Ausbildung der Fließscheide

Walzöle haben die Aufgabe, für eine zuverlässige Trennung zwischen


Walzgut und Walze und für gleichmäßige Reibungsverhältnisse im Walz-
spalt zu sorgen. Darüber hinaus müssen Walzöle eine gute Selbstreini-
gungswirkung besitzen und beim Glühen rückstandslos verdampfen („fett-
frei Glühen“). Als Walzöle wird Petrol mit bestimmten Additiven verwen-
det. Die Topographie der Walzenoberfläche, z.B. der Walzenschliff, über-
8.2 Qualitätsmerkmale von Warm- und Kaltwalzblechen 429

trägt sich auf die Bandoberfläche und gibt ihr ein anisotropes Reibungs-
verhalten (sog. „mill-finish“ Oberflächen). Durch entsprechend präparierte
Dressierwalzen werden spezielle dekorative und funktionale Ober-
flächenstrukturen erzeugt (s. Abschn. 12.3 Tribologie). Entfettete Bänder
erhalten häufig eine extrem dünne DOS-Sprühschicht von 5 bis 15 mg/m²,
die ein wirkungsvolles Trennmittel gegen Reibschweißdefekte zwischen
den Coil-Lagen darstellt.

Gefügeentwicklung
Das globulitische Korngefüge des Stranggußbarrens wird durch den
Warmwalzvorgang in Dickenrichtung gestaucht und in Walzrichtung ge-
streckt, s. Bild 8.2.5. Dadurch ergibt sich eine Richtungsabhängigkeit der
mechanischen Eigenschaften, denen in den einschlägigen Normenwerken
für Walzprodukte Rechnung getragen wird. Insbesondere bei dicken
Warmwalzplatten wird zwischen der Walzrichtung (L), der Querrichtung
(LT) und der Dickenrichtung (ST) unterschieden, s. Bild 2.5.4. Bruchdeh-
nungs- und Bruchzähigkeitswerte reagieren besonders empfindlich auf die
Orientierung zur Walzrichtung. Dieser Tatbestand hängt hauptsächlich mit
den bei der Erstarrung des Gußbarrens entstandenen Primärphasen zu-
sammen, die durch den Walzprozeß zeilenförmig ausgestreckt werden.

Bild 8.2.5 Prozeßkette der Aluminium-Kaltbandherstellung und die Entwicklung


des Kaltbandgefüges in Bezug auf Korngefüge, Partikelanordnung und Textur (n.
L. Löchte, Hydro Aluminium Bonn)
430 8 Walzen

Im allgemeinen rekristallisiert das warmverformte Gefüge bei den


Warmwalztemperaturen infolge der eingebrachten Verformungsenergie.
Wegen der unterschiedlichen Verformungsgrade und Verformungsge-
schwindigkeiten zwischen Oberfläche und Mitte des Walzgutes kann das
rekristallisierte Korn über der Dicke des Warmbandes unterschiedlich aus-
gebildet sein. Dagegen reichen die Temperaturerhöhungen beim Kaltwalz-
prozeß für eine Rekristallisation nicht aus.
Temperaturführung, Umformgrade und Umformgeschwindigkeit im
Warmwalzprozeß sind neben der Legierungszusammensetzung und der
Barrenhochglühung die wichtigen Parameter, die die Kornorientierung und
Korngröße bestimmen. Die technologischen Eigenschaften von kaltge-
walzten Feinblechen werden dadurch ganz wesentlich mitbestimmt.

8.3 Oberflächenbeschichtete Walzfabrikate

Aluminiumerzeugnisse können durch zahlreiche Oberflächenbehandlungs-


verfahren mit dekorativen und technisch funktionalen Oberflächen verse-
hen werden. Zu den wichtigsten Behandlungsverfahren zählen die anodi-
sche Oxidation (Anodisieren, „Eloxieren“) und die Beschichtung mit orga-
nischen Stoffen. Besonders kaltgewalzte Banderzeugnisse eignen sich für
das Anodisieren und Beschichten im wirtschaftlich arbeitenden und ab-
wasserarmen Banddurchlaufverfahren. Eine derartige Anlage für das
Bandlackieren zeigt Bild 8.3.1.

Bild 8.3.1 Coil-Coating Anlage (Quelle: Alcan Deutschland GmbH)


8.3 Oberflächenbeschichtete Walzfabrikate 431

Die Vorzüge einer Bandbeschichtung gegenüber der Stückbeschichtung


sind vor allem die sehr gut steuer- und regelbare Walzenauftragstechnik
mit nur geringfügigen Übereinsatzmengen an Beschichtungsstoffen (Lack-
ausnutzung 96–98% gegenüber 30–50% bei Stückbeschichtung), die
geringen Umweltbelastungen für Luft (durch thermische bzw. reaktive
Nachverbrennung der Lösungsmittelgase, deren Wärmeinhalt als Prozeß-
wärme genutzt wird) sowie für Wasser (durch den gegenüber Spritzver-
fahren wesentlich verringerten Wasserverbrauch) bzw. der Einsatz von
No-Rinse-Vorbehandlungsverfahren, die das Austragen von Gefahrstoffen
in die Spülkreisläufe vermeiden und die Abwasserbehandlung vereinfa-
chen. Weitere Vorzüge des Bandbeschichtens sind die Flexibilität des Ver-
fahrens, mit der sehr spezifische Anwenderforderungen erfüllt werden
können:
• schneller Wechsel des Beschichtungssystems,
• einseitige und beidseitige Beschichtung des Bandes mit unter-
schiedlichen Beschichtungstypen,
• beidseitige Beschichtung des Bandes mit gleichen Beschichtungstypen,
aber mit unterschiedlicher Dicke,
• beidseitige Beschichtung des Bandes mit unterschiedlichen Farben,
sowie
• Streifenlackierung, wenn die Beschichtung nur in bestimmten Bereichen
der Oberfläche notwendig ist.

Durch die in engen Grenzen steuerbare Vorbehandlung erhält das


Bandmaterial eine gleichmäßige Oberfläche mit definierten Eigenschaften,
die die Voraussetzung für die Haftung organischer Beschichtungen, wie
Lacke und Klebstoffe schaffen und dem Verbund dadurch zuverlässige
mechanische (Steinschlag) und chemische Resistenz (Korrosion) verlei-
hen.
Der Einsatz konversionsbeschichteter Aluminiumbleche und -bänder ist
sinnvoll, wenn die Klebtechnik als bevorzugte Fügetechnik verwendet
werden soll. Konversionsbeschichteter Aluminiumbleche können jedoch
auch schmelz- und punktgeschweißt sowie durch Punktschweißkleben und
entsprechende mechanische Fügetechniken verbunden werden. Die Kon-
vertierung bietet bei der Ziehteilherstellung nur geringfügige tribologische
Vorteile, so daß eine Befettung mit Schmierstoffen, z.B. durch Wachse,
vorgesehen werden muß. Da die Konversionsschicht durch saure oder al-
kalische Entfettungsbäder angegriffen wird, müssen Schmierstoff und
Klebstoff aufeinander abgestimmt werden, wozu besondere Systeme auf
Epoxidharzbasis und entsprechendes Know-how für den Einsatz notwen-
dig sind.
432 8 Walzen

Die Europanorm DIN EN 1396:1997 legt die Anforderungen für band-


beschichtete Bleche und Bänder aus Aluminium und Aluminiumlegierun-
gen im Dickenbereich bis 2 mm für allgemeine Anwendungen fest.

8.4 Verbundhalbzeuge

Unter dem Sammelbegriff „Verbundhalbzeuge“ werden in der Regel stoff-


schlüssige Verbunde von unterschiedlichen Legierungen, Metallen und
von Metallen mit Nichtmetallen verstanden. Es handelt sich dabei im we-
sentlichen um plattiertes Halbzeug, um Schichtverbunde von Walzmaterial
mit organischen Stoffen („Sandwich“) sowie um Verbunde von Walzmate-
rial mit metallischen Kernen, die aus profilierten Bändern, Stegen oder
geschäumten Metallen bestehen können.

Walzplattiertes Halbzeug

Walzplattiertes Halbzeug wird in der Warmwalzstrecke hergestellt, in dem


das Kernmaterial einseitig oder beidseitig mit dem Plattierwerkstoff ge-
meinsam abgewalzt wird. Die Plattierschichtdicke beträgt dabei etwa 3 bis
7 % der Dicke des Kernmaterials. Als Plattierwerkstoffe werden entweder
reine, unlegierte Aluminiumqualitäten oder Legierungen verwendet, die
entweder einen Korrosionsschutz des Kernwerkstoffs bewirken sollen
(z.B. bei kupferhaltigen, hochfesten Luftfahrtblechen, bei Fassadenblechen
oder bei Wärmetauschermaterial) oder den Kernwerkstoff mit einer Lot-
plattierung versehen sollen. Da es sich hierbei in jedem Fall um unter-
schiedliche Aluminiumbasislegierungen handelt, muß durch entsprechende
Temperaturführungen bei der Herstellung und bei der Verarbeitung dafür
gesorgt werden, daß kein diffusionsgesteuerter Konzentrationsausgleich
zwischen Plattierschicht und Kernwerkstoff erfolgt.
Eines der wichtigsten Anwendungsgebiete für lotplattiertes Material ist
die Herstellung von Wärmetauschern, speziell von Wasser- und Ölkühlern
für den Fahrzeugbau. Die Lotlegierung besteht aus einer naheutektischen
AlSi12-Legierung, die für das Hartlöten geeignet ist.

Schichtverbunde mit Kunststoffkern


Aluminium-Kunststoff-Sandwichplatten haben bei gleicher Biege- oder
Beulsteifigkeit ein erheblich geringeres Flächengewicht als massive me-
tallische Plattenelemente und werden daher als Leichtbauwerkstoffe im
Verkehrs- und Transportsektor, in der Architektur sowie bei transportablen
Geräten und Einrichtungen verwendet. Außer den Steifigkeitsvorzügen ist
8.4 Verbundhalbzeuge 433

die Körperschalldämpfung und evtl. auch die Wärmedämmung ein kenn-


zeichnendes Merkmal für die Verwendung derartiger Sandwichplattenele-
mente.
Der Aufbau derartiger Sandwichplatten besteht in zwei Aluminium-
decklagen, zwischen die entweder ein Schaumkern oder ein kompakter
Kunststoffkern – häufig Polypropylen – eingebracht und dabei miteinander
verklebt werden. Die für die Bindung Metall/Kunststoff wichtige Ober-
flächenvorbehandlung erfolgt meistens durch Bandbeschichtungs- oder
Bandanodisieranlagen. Aus diesem Grunde werden derartige Sandwich-
platten häufig gleichzeitig mit einem dekorativen oder funktionalen
Außenfinish versehen.
Die plastische Umformbarkeit derartiger Verbundplatten zu gebogenen
oder gar räumlichen Gebilden ist abhängig von der Dicke des Verbundes
und der Verformbarkeit des Deckschichtmaterials. Das relativ dünne Ver-
bundmaterial HYLITE® der Fa. Hoogovens mit einer Dicke von 1,2 mm
und einem 0,2 mm dickem Deckschichtmaterial aus EN AW-5182-0
benötigt einen Biegeradius von 4–5 mm und kann ähnlich wie massives
Karosserieblech zu Blechformteilen gezogen werden. Für das dickere
ALUCOBOND® der Fa. Alcan-Singen werden z.B. Mindestbiegeradien
von 15xDicke empfohlen. Engere Radien oder andere Formen werden
durch spanende Bearbeitung von Gehrungen vorbereitet. Andererseits sind
für derartige Plattensysteme umfangreiche Zusatzelemente, Beschläge,
Profile und Befestigungsmethoden entwickelt worden, so daß eine relativ
große gestalterische Freiheit besteht.
Die hohe Steifigkeit von Verbundplatten ist ein großer Anreiz für deren
Verwendung in Leichtbaustrukturen für den Transport und Verkehrssektor.
Durch sinnvoll gestaltete Verbindungsschnittstellen zu Profilsystemen ist
man auch in der Lage, Kräfte gleichmäßig in die Plattenflächen einzulei-
ten.
Für den Einsatz im Flugzeugbau wurden von TNO und TU Delft, ver-
schiedene mehrschichtige Aluminium-Faser-Verbundblechwerkstoffe ent-
wickelt: ARALL® (Aramidfaser verstärktes Aluminium) und GLARE®
(Glasfaser verstärktes Aluminium), die sich durch hohe Resistenz gegen-
über Ermüdungsrißfortschritt auszeichnen, s. Abschn. 2.5.

Leichtbauplatten mit Metallkern

Eine Alternative zu den Aluminium-Kunstoff-Sandwichplatten sind die


noch leichteren Leichtbauplatten mit Metallkernen in der Form von Wel-
lenkernen (z.B. METAWELL®) oder Honigwaben (Honeycomb, z.B. ALU-
CORE®), die mit den Deckblechen verklebt sind. Auch Verbundplatten mit
Aluminiumschaumkern zählen zu dieser Kategorie.
434 8 Walzen

Bild 8.4.1 Leichtbauplatten mit Metallkernen: Honeycomb (links), Metawell


(rechts)
9 Strangpressen

Neben dem Formgießen ist das Strangpressen das wirtschaftlichste Form-


gebungsverfahren für Aluminium. Kein anderer Konstruktionswerkstoff
kann durch Strangpressen so günstig und in so komplexe Querschnittsfor-
men geformt werden wie Aluminium und seine Legierungen. Die Gestal-
tungsgrenzen werden jedoch beeinflußt durch
− die Wahl der Legierung (Fließvermögen beim Strangpressen),
− die verfügbare Preßkraft und Auslegung der Strangpresse,
− werkzeugtechnische Gesichtspunkte (Voll- und Hohlprofile) und
− wirtschaftliche Überlegungen (Ausbringung, Menge).
Die Herausforderung besteht für den Konstrukteur darin, möglichst viele
Funktionen durch Integration geeigneter Formenelemente in einem Quer-
schnitt zu vereinigen, um Fertigungsschritte und Fügeoperationen zu ver-
meiden. In diesem Sinne kann das Strangpressen unter die „near net
shape“-Verfahren eingereiht werden.
Durch stranggepreßte Hohlprofile kann man besonders leichte, torsions-
steife Tragstrukturen erzielen. Anders als bei walzprofilierten und rollge-
formten Profilen lassen sich Materialdopplungen und Fügestellen vermei-
den und große Wanddickenunterschiede und Hinterschneidungen erzeu-
gen. Das Material kann im Profilquerschnitt funktionsgerecht verteilt wer-
den. Andererseits ist der Querschnitt über der Preßlänge unveränderlich, so
daß die Integration von Funktionen immer auch unter dem Gesichtspunkt
des Profilgewichtes gegenüber anderen fertigungstechnischen Lösungen
abgewogen werden muß.
Die relativ niedrigen Werkzeugkosten und die hohe Produktionsleistung
des Strangpressens erlauben auch die wirtschaftliche Herstellung von kur-
zen Formteilen durch Abtrennen vom gepreßten Strang mittels Stanzen
oder Sägen, zumal sich Aluminiumlegierungen gegenüber anderen Metal-
len wesentlich günstiger zerspanen lassen.
Eine Voraussetzung für optimales Gestalten von Strangpreßprofilen ist
ein Verständnis für den Strangpreßprozeß, das Fließen des Werkstoffs
durch das formgebende Werkzeug und die Strangpreßeigenschaften der
Legierungen. Unerläßlich ist aber trotzdem die gleichzeitige Abstimmung
mit dem Profilhersteller.
436 9 Strangpressen

Im folgenden wird ein kurzer Überblick über die wesentlichen Merk-


male des Strangpreßprozesses, das Verhalten der Aluminiumwerkstoffe
sowie Hinweise zu prozeßgerechter Profilgestaltung gegeben. Weitere
Details über die Verfahrenstechnik findet man in der einschlägigen Lite-
ratur, z.B. (Bauser et al. 2001)

9.1 Strangpreßverfahren

Konstruktionsprofile werden heute überwiegend im „direkten“ Strang-


preßverfahren hergestellt, bei dem ein auf ca. 450°–500°C angewärmter
Stranggußbolzen mit einem hydraulisch getriebenen Preßstempel durch die
formgebende Matrizenöffnung des Werkzeugs gepreßt wird, s. Bild 9.1.1.
Der austretende Profilstrang wird durch Luftgebläse, Wasser-Luftnebel
oder Wasser („Wasserwelle“) abgekühlt bzw. abgeschreckt und anschlie-
ßend auf einer Reckbank gereckt und erforderlichenfalls gerichtet. Ab-
schließend erfolgen das Zuschneiden des Strangs auf die gewünschte
Länge und danach die gegebenenfalls erforderliche Warmaushärtung.

Bild 9.1.1 Schema des „direkten“ Strangpreßverfahrens (Woodward 1994)

Unter „indirektem“ Strangpressen versteht man ein Verfahren, bei dem


der Preßstempel mit dem Werkzeug gegen den Preßbolzen in den Rezi-
pienten hineingepreßt wird, s. Bild 9.1.2. Der Vorteil besteht in der Ver-
meidung der großen Reibungsverluste zwischen Bolzen und Rezipienten,
so daß die installierte Preßkraft vollständig für den Umformvorgang ge-
nutzt werden kann. Die Temperaturführung ist gleichmäßiger über dem
Strang, was zu gleichmäßiger Gefügeausbildung führt. Der überwiegende
Nachteil besteht darin, daß die maximale Profilgröße (umschriebener
Kreis) im Verhältnis zum direkten Strangpressen – bei sonst gleicher Pres-
senauslegung – geringer ist, da sich das Werkzeug außerhalb des Rezi-
9.1 Strangpreßverfahren 437

pienten befindet. Das indirekte Strangpressen wird vorwiegend zur Her-


stellung schwerpreßbarer Stangen in Bohr- und Drehqualität verwendet.

Bild 9.1.2 Schema des indirekten Strangpressens (Woodward 1994)

Um nahtlose Rohre mit dem Strangpressen herstellen zu können, ver-


wendet man das Verfahren mit stehendem oder mitlaufendem Dorn, der
am Stempel befestigt ist, s. Bild 9.1.3. Der Dorn durchstößt den Preßbol-
zen und bildet zusammen mit der Matrize die Innen- und Außenkontur des
Rohres. Bei größeren Abmessungen der Bolzen und Rohre geht man auch
von einem vorgelochten bzw. Hohlbarren aus. Die Querschnittsgestal-
tungsmöglichkeiten sind gegenüber den anderen Strangpreßverfahren be-
schränkt.

Bild 9.1.3 Schema des Pressens von nahtlosen Rohren mit mitlaufendem Dorn
(Woodward 1994)

Der Grad der in der Werkzeugmatrize erfolgten Umformung ergibt sich


aus dem sogenannten Verpressungsverhältnis, d.h. dem Verhältnis der
Querschnitte des Stranggußbolzens, Fo, und des Profils, F1. Das Gußgefüge
des Bolzens wird entsprechend dem Umformgrad in Preßrichtung ge-
438 9 Strangpressen

streckt. Sofern beim Preßvorgang keine Rekristallisation stattfindet, ergibt


sich somit ein Fasergefüge. Für sehr breite und flache Profile können
rechteckige Preßbolzen verwendet werden. Hierzu muß der Rezipient die
entsprechende Form besitzen und jeweils ausgetauscht werden.

Bild 9.1.4 Definitionen: Bolzenquerschnitt F0, Profilquerschnitt F1 und umschrie-


bener Kreis D0 bei Rundbolzen (Woodward 1994)

Ein typischer Werkzeugaufbau für das direkte Strangpressen ist in Bild


9.1.5 dargestellt. Die hohen Preßdrücke auf die formgebende Matrize wer-
den durch Stützwerkzeug und Druckplatte auf den Gegenhalter übertragen
und verhindern ein elastisches Verbiegen der Matrizenteile und damit zu-
sammenhängende Änderungen der Form- und Lagetoleranzen.

Bild 9.1.5 Typischer Werkzeugaufbau für direktes Strangpressen (Woodward


1994)
9.2 Grundformen von Profilen und Werkzeugen 439

9.2 Grundformen von Profilen und Werkzeugen

Unter dem Gesichtspunkt einer Einteilung der Querschnittsgestaltung nach


preßtechnischem Schwierigkeitsgrad unterscheidet man drei Grundformen:
Vollprofile, Halbhohlprofile und Hohlprofile, s. Bild 9.2.1. Zu den Voll-
profilen zählen Stangen und einfache geometrische Querschnittsformen
ohne eingeschlossene Flächen. Schwierigere Profilformen mit nicht voll-
ständig geschlossenen hohlen Querschnitten werden als Halbhohlprofile
bezeichnet. Vollprofile und Halbhohlprofile werden mit ebenen Flachma-
trizenwerkzeugen gepreßt.

Bild 9.2.1 Drei Grundtypen von Strangpreßprofilen (Woodward 1994)

Hohlprofile haben eine oder mehrere vollständig geschlossene Hohl-


kammern. Die Außenkontur wird wiederum von der Matrize geformt. Für
die Erzeugung der Innenkontur der Hohlprofile benötigt man einen oder
mehrere Dorne, die sich über Brücken auf der Matrize abstützen, wie in
Bild 9.2.2 dargestellt ist.

Bild 9.2.2 Herstellen von Hohlprofilen mit einem Brückenwerkzeug (Woodward


1994)

Der Stranggußbolzen muß sich beim Preßvorgang an diesen Brücken in


mehrere Materialstränge teilen, die sich in den dahinter liegenden Kammern
(„Schweißkammern“) wieder vereinigen und durch die Öffnung zwischen
Dorn und Matrize zum Profil geformt werden. Die Verbindung der
Materialteilstränge erfolgt durch Preßschweißen. Da die Schweißkammern
440 9 Strangpressen

mit Metall gefüllt sind und somit kein Luftsauerstoff Zutritt hat, findet keine
Oxidhautbildung statt. Bei über Brücke gepreßten Hohlprofilen sind die
immer vorhandenen Strangpreßnähte nur durch Gefügeuntersuchungen
sichtbar zu machen. Dennoch ist mit geringeren Bruchdehnungswerten quer
zur Preßnaht zu rechnen. Sind funktionsbedingt hohe Beanspruchungen bei
einem Hohlprofil quer zur Strangpreßrichtung zu erwarten, sollten die
Strangpreßnähte in Bereiche geringerer Belastung verlegt werden. In diesem
Fall ist eine Abstimmung mit dem Halbzeughersteller unumgänglich.

9.3 Strangpreßbarkeit von Aluminiumlegierungen

Die Strangpreßbarkeit ist gekennzeichnet durch den maximal erreichbaren


Umformgrad, den Fließwiderstand bei Preßtemperatur und durch die höch-
ste Austrittsgeschwindigkeit des Strangs aus dem Werkzeug bei gegebener
Querschnittsgeometrie. Die Umformbarkeit der Legierung bestimmt die
Gestaltungsfreiheit des Profilquerschnitts und die herstellbare Mindest-
wanddicke. Die erreichbare Preßgeschwindigkeit ist maßgebend für die
Herstellkosten.
Die Strangpreßbarkeit einer Legierung wird in erster Linie beeinflußt
von der Art und Menge der Legierungselemente. Legierungen mit glei-
chem Festigkeitsniveau bei Raumtemperatur können deutlich unterschied-
liche Fließwiderstände bei Preßtemperatur besitzen. Bild 9.3.1 illustriert
diese Verhältnisse am Beispiel eines offenen Profils mit einem umschrie-
benen Kreis von 220 mm. Die herstellbare Mindestwanddicke ist in Ab-
hängigkeit vom Strangpreßbarkeitsindex für verschiedene Legierungen
dargestellt. Man erkennt, daß die aushärtbaren AlMgSi-Legierungen im
Verhältnis zu den nicht aushärtbaren AlMn und Al99,5 annehmbare Min-
destwanddicken ermöglichen, dabei aber − nach entsprechender Wärme-
behandlung − deutlich höhere Festigkeitseigenschaften bei Raumtempera-
tur haben.
Darüber hinaus haben Profilform, -art und -größe sowie die Art und Ka-
pazität der Presse erheblichen Einfluß auf die erreichbare Ausformung,
Austrittsgeschwindigkeit und erzielbare Mindestwanddicke. Tabelle 9.3.1
enthält Angaben über die Strangpreßbarkeit von genormten Legierungen
unterschiedlicher Festigkeitsklassen. Man erkennt den großen Einfluß der
Legierungszusammensetzung auf die erzielbare Mindestwanddicke. Mit
dem „umschriebenen Kreis“, d. h. mit der Größe des zu pressenden Profils,
wird gleichzeitig die erforderliche Pressengröße und Preßkapazität
festgelegt. Außerdem muß das Verpressungsverhältnis F1/F0, also das
Verhältnis des Profilquerschnitts zum Bolzendurchmesser (bzw. Rezi-
9.3 Strangpreßbarkeit von Aluminiumlegierungen 441

pientendurchmesser) für die Beurteilung der Herstellbarkeit des Profils


berücksichtigt werden.

Bild 9.3.1 Strangpreßbarkeit, Mindestwanddicke und Festigkeit als Kriterien für


die Legierungswahl am Beispiel eine offenen Profils mit dem umschriebenen
Kreis von 220 mm (Stören et al. 1994)

Tabelle 9.3.1 Herstellbare Mindestwanddicken von Profilen aus unterschiedlichen


Legierungen in Abhängigkeit vom umschriebenen Kreis und von der Pres-
senkapazität (Hufnagel 1988)
Legierungsbez. Profil- umschriebener Kreisdurchmesser [mm]
EN AW- typ 1) 25 50 75 100 150 200 250 300 350 400 450
Al 99-99,9 a 0,8 1 1,2 1,5 2 2,5 2,5 3 4 4 5
AlMgSi (6060) b 0,8 1 1,2 1,5 2 2,5 2,5 3 4 4 5
AlMn1 (3103) c 1 1 1,5 2 2,5 2,5 2,5 4 5 5 6
AlMg1 (5005)
AlSi1MgMn (6082) a 1 1,2 1,2 1,5 2 2,5 3 4 4 5 6
b 1 1,2 1,5 2 2 2,5 3 4 4 5 6
c 2 1,5 2 2 3 4 4 5 5 6 6
AlMg3 (5754) a 1 1 1,2 1,5 2 2,5 3 4 4 5 6
AlMg5 (5019) b 1 1 1,2 1,5 2 2,5 3 4 4 5 6
AlCu4MgSi (2017) a 1,2 1,2 1,2 1,5 2,5 3 5 5 6 7 8
AlCu4Mg1(2024)
AlZn5,5MgCu (7075) a 2 2 2,5 3 3 5 6 8 12 12 14
Pressenkapazität 10 25 50 80
[MN] 35
1)
a: Voll- und Halbhohlprofile, b: Hohlprofile mit gleichmäßiger Wanddicke,
c: Hohlprofile mit ungleichmäßiger Wanddicke
442 9 Strangpressen

Die Grenzen des erreichbaren Verpressungsverhältnisses sind abhängig


von der Legierung, der Werkzeugart, Profilform, dem Umformgrad und
von den Reibungsbedingungen im Preßkanal sowie von den Preßbedin-
gungen (Preßgeschwindigkeit und Preßtemperatur). Die Grenzen sind
schematisch im Bild 9.3.2 dargestellt (Breme et al. 1988). Der Steigerung
der Preßtemperatur sind legierungsabhängige Grenzen gesetzt, da es
infolge adiabatischer Aufheizung durch die Umformarbeit im Bereich der
Werkzeugeinlaufkanten zu Anschmelzungen kommen kann, die nicht nur
ein Aufrauhen der Profiloberfläche, sondern auch eine Beeinträchtigung
der mechanischen und chemischen Eigenschaften des Profils zur Folge
haben können.

Bild 9.3.2 Grenzen der Strangpreßbarkeit bei gegebener Maschinenkapazität und


durch Anschmelzungen verursachte Gefügeschädigung (Breme et al. 1988)

Der Metallfluß im Rezipienten und im Preßkanal der Matrize steuert die


Ausbildung des Gefüges im Profil. Bild 9.3.3 gibt einen Eindruck von den
Fließverhältnissen beim Werkzeugeinlauf. Als Folge der Reibung an der
Rezipientenwand und an der Matrize bilden sich Zonen mit hohen Sche-
rungen und „tote“ Zonen aus. An den Einlaufkanten des Preßkanals sind
die Scherungen am größten und führen häufig zu einer rekristallisierten
Randzone an der Profiloberfläche, die auch zu Grobkornbildung neigt (→
siehe auch Mikrorißanfälligkeit beim Schmelzschweißen von AlMgSi-
Legierungen).
Es muß dafür Sorge getragen werden, daß die Werkzeuggravur voll-
ständig gefüllt werden kann, um Untermaße − insbesondere an innenlie-
genden Verrippungen bei Hohlprofilen − zu vermeiden. Diese Forderung
9.3 Strangpreßbarkeit von Aluminiumlegierungen 443

Bild 9.3.3 Metallfluß beim direkten Strangpressen

gilt in besonderer Weise für das Erzeugen optimaler Preßschweißnähte in


den Schweißkammern und den anschließenden Preßkanälen. Die Rei-
bungskräfte an den Laufflächen im Preßkanal und an der Einlaufkante der
Matrize haben einen erheblichen Einfluß auf den Fließwiderstand und die
Preßkräfte. Sie sind somit aber auch für die Steuerung des Metallflusses
nutzbar. Das Anbringen von Brems- und Entlastungsgeometrien (Einlauf-
radien und -schrägen, Freischnitte etc.) dienen dem Werkzeugbauer zur
Optimierung des Preßwerkzeugs, um verwindungsfreie, gerade Profil-
stränge und eine möglichst hohe Preßgeschwindigkeit bei guter Oberflä-
chenrauhigkeit zu erzielen, s. Bild 9.3.4.

Bild 9.3.4 Steuerung des Metallflusses durch Änderungen des Preßkanals


(Woodward 1994)
444 9 Strangpressen

Tabelle 9.3.2 enthält für eine Anzahl von Aluminiumlegierungen


Angaben zum maximalen Verpressungsverhältnis. Gleichzeitig wird für
die verschiedenen Legierungen eine Kenngröße für die „Verpreßbarkeit“
aufgelistet, die als relativer Wert im Verhältnis zur Strangpreßbarkeit der
Legierung 6060 bzw. 6063 (Faktor = 100) angegeben wird.

Tabelle 9.3.2 Strangpreßbarkeit der Aluminiumwerkstoffe (Hufnagel 1988)


Legierungs- Gruppe Mittlere Max. Austritts- Max. Ver- Relative
bezeichnung Preß- geschwindigkeit pressungs- Ver-
temperatur [m/min.] verhältnis preß-
1)
barkeit
2)
EN AW- [°C] A B C F0/F1
Al99,5 1350 1 420 100 80 60 1000 160
AlMn1Cu 3003 1 450 70 60 40 500 120
AlMgSi 6060 2 460 - 480 80 50 40 400 100
AlMg1SiCu 6061 3 450 - 530 15 12 6 200 60
AlZn4,5Mg1 7020 3 480 - 500 12 8 4 200 30
AlMg2Mn0,8 5049 3 450 15 10 5 100 50
AlMg3 5754 3 460 6 5 3 80 60 - 80
AlMg4Mn 5086 4 460 5 4 2 60 25
AlMg4,5Mn 5083 4 430 - 460 3 2 1 50 20
AlCu4MgSi(A) 2017 4 430 4 3 2 60 20
AlCu4Mg1 2024 5 420 2 1,5 1 50 15
AlZn5,5MgCu 7075 5 420 2 1 0,75 60 9
1)
A = Stangen, B = einfache Profile mit gleichmäßiger Wanddicke, C = ver-
wickelte Querschnitte
2)
gegenüber Leg. EN AW-6060; Index nach van Horn, Lang; u.a.

9.4 Prozeßkette im Strangpreßwerk

Die grundsätzlichen Prozeßschritte bei der Herstellung von Strangpreßpro-


filen sind dem Ablaufschema in Bild 9.4.1 zu entnehmen. Die Gefüge-
entwicklung des Profils beim Strangpressen macht deutlich, daß sowohl
die Kornstruktur als auch die Textur legierungsabhängig sind. Durch die
reibungsbedingten hohen Temperaturen im Preßkanal bildet sich eine re-
kristallisierte Oberflächenzone aus, deren Ausdehnung von der Menge der
Dispersionsbildner abhängig ist, s. Abschn. 3.1.6.
Aus wirtschaftlichen Erwägungen strebt der Strangpresser an, die Zahl
der Fertigungsschritte so weit wie möglich zu reduzieren. Die Zahl der
9.4 Prozeßkette im Strangpreßwerk 445

notwendigen Fertigungsschritte ist abhängig vom Legierungstyp und von


den Anforderungen an die Qualität des Profils. Auch unter diesem Ge-
sichtspunkt gilt die Regel: je besser die Strangpreßbarkeit der gewählten
Legierung, desto geringer sind die notwendigen Fertigungsschritte.

Bild 9.4.1 Prozeßkette des Strangpressens von Aluminiumlegierungen (n. K.


Asboell, Hydro Aluminium)

Die Mehrzahl der Konstruktionsprofile wird aus aushärtbaren Legierun-


gen hergestellt. Hierzu zählen insbesondere die Legierungen der AlMgSi-
Gruppe (EN AW-6xxx). Aus Kostengründen wird die Wärmebehandlung
möglichst in den Strangpreßprozeß integriert, um Prozeßschritte einzuspa-
ren. Die Wärme des Strangpreßprozesses wird daher gleichzeitig als Lö-
sungsglühung genutzt, s. schematische Prozeßdarstellung in Bild 9.4.2. Die
Abschreckung erfolgt dann beim Austritt des Profilstranges aus dem
Werkzeug bzw. aus dem Auslauf im Gegenhalter durch ein Luftgebläse.
Intensivere Abschreckung kann man mit einem Luft-Wasser-Gemisch oder
durch Wasserspritzdüsen bzw. mit den Durchlauf des austretenden Profils
durch einen Wasserkasten (sog. „Wasserwelle“) erzielen. Die Wahl der
Abschreckmethode richtet sich nach der Abschreckempfindlichkeit der
Legierung, der Form des Profils und nach den geforderten Festigkeitsei-
genschaften. Je höher der Legierungsgehalt, je komplexer die Profilform
und je höher die geforderten Festigkeitswerte, um schroffer muß die Ab-
schreckung sein.
446 9 Strangpressen

Bild 9.4.2 Temperaturverhältnisse beim Strangpressen (Quelle: Alcan-Singen)

Bei zu geringer Abschreckgeschwindigkeit werden die aushärtenden


Phasen vorzeitig ausgeschieden, wodurch die optimalen Eigenschaften
nicht mehr erreicht werden können, s. Bild 3.2.41. Am geeignetsten für das
Abschrecken an der Presse sind die Legierungen des Typs AlMgSi mit
Festigkeitswerten von Rm ≤ 260 N/mm² und die Legierung AlZn4,5Mg1
(EN AW-7020). Die Legierungen EN AW-6005A und EN AW-6082 sind
ein Grenzfall, bei denen man aufgrund der Profilgeometrie und der Festig-
keitsforderungen gezwungen sein kann, die Wasserwelle zu benutzen. Bei
besonderen Anforderungen an Festigkeit und Zähigkeit wird die Legierung
EN AW-6082-T6 (Rm = 310 N/mm²) einer vollständigen Wärmebehand-
lung unterzogen, bestehend aus Lösungsglühen, Abschrecken und Warm-
auslagerung.
Nach dem Abkühlen des Strangs werden durch Recken die Geradheits-
toleranzen verbessert und − wenn erforderlich − auch die Winkeltoleran-
zen eingestellt. Das Richten ist nach wie vor ein manueller Prozeß, der
zeit- und kostenaufwendig ist. Es ist daher auch aus Kostengründen not-
wendig, die Profilgestaltung und die Werkzeugausführung so zu wählen,
daß bereits nach dem Pressen ein möglichst toleranzgenaues Profil vor-
liegt.

9.5 Strangpreßgerechte Profil- und Werkzeuggestaltung

Eine optimale Profilgestalt zu suchen, ist nicht nur als konstruktive Auf-
gabe zur Erfüllung der Gebrauchseigenschaften und Funktionen zu verste-
hen, sondern auch das Streben nach optimaler Strangpreßbarkeit. Hierzu
kann der Konstrukteur bereits einen erheblichen Beitrag leisten, wenn er
9.5 Strangpreßgerechte Profil- und Werkzeuggestaltung 447

den besonderen Bedingungen des Strangpreßvorgangs, d.h. der Führung


der Metallströme im Werkzeug und der Beanspruchung des Werkzeugs,
Rechnung trägt. Der Führung des Metallstroms durch die Werkzeuggravur
soll möglichst mit geringem Widerstand und mit möglichst gleichmäßig
über der Werkzeugfläche verteiltem Druck geschehen. (Die Vorgänge sind
analog zu den Prinzipien der Strömungslehre).
Daraus ergibt sich die Forderung nach einer Anordnung der Matrizen-
durchbrüche auf eine Weise, daß der Flächenschwerpunkt des Profilquer-
schnitts in Matrizenmitte liegt. Ist wegen ungleichmäßiger Massenvertei-
lung über dem Querschnitt diese Forderung nur ungenügend zu erfüllen,
kann man bei entsprechenden Größenverhältnissen mehrere Stränge sym-
metrisch um die Matrizenmitte anordnen. Im Extremfall arbeitet man auch
mit Entlastungssträngen zum Ausgleich der Massenverteilung über der
Fläche der Matrize. Letzteres ist jedoch unwirtschaftlich, reduziert die
auspreßbare Stranglänge und ist auf das Strangpressen von schwerpreßba-
ren, hochfesten Legierungen beschränkt.
Der Beanspruchbarkeit des Werkzeugs sind hinsichtlich elastischer
Durchbiegung und Bruch Grenzen gesetzt. Wenn auch heute standardmä-
ßig die Werkzeugkonstruktion und -berechnung mit FE-Methoden erfolgt,
so sind doch beim Entwurf des Profils einige einfache Faustregeln hilf-
reich. Beispielsweise sollte bei der Gestaltung von Halbhohlprofilen die
„Zungen“-Länge des U-Profils begrenzt werden, um den Bruch des Werk-
zeugs zu vermeiden, Bild 9.5.1. Bei einfachen U-Profilen muß nach einer
Faustregel die Zungenlänge „l“ kleiner als die dreifache Öffnungsbreite
„b“ (l < 3·b) sein. Bei Öffnungsbreiten von b < 3 mm sollte das “Zun-
genverhältnis” l:b kleiner als 2:1 sein. Bei komplizierteren Quer-
schnittsformen ist die Zungenfläche „A“ auf den dreifachen Wert des
Quadrats der Öffnungsbreite „b“ (A < 3·b² ) zu begrenzen.

Bild 9.5.1 Begrenzung der „Zungen“-Länge und -Fläche bei einem Halbhohlprofil
(U-Profil) (Quelle: Vocational TALAT, Modul B6, 1999)
448 9 Strangpressen

Überall dort, wo es die Funktion nicht verlangt, sind scharfe Ecken und
Kanten zu vermeiden und Radien von 0,5 bis 1 mm vorzusehen. Rippen
sollten sich konisch nach außen verjüngen, s. Beispiel in Bild 9.5.2.

Bild 9.5.2 Gestalten von Strangpreßprofilen: Radien und konische Rippenform


begünstigen die Strangpreßbarkeit des Profils (Stören et al. 1994)

Die folgenden in Bild 9.5.3 illustrierten Gestaltungsregeln, durch die ein


Profil strangpreßgerechter ausgelegt wird, sollten beherzigt werden:

Ein Profil ist dann strangpreßgerecht gestaltet, wenn es


1. eine gleichmäßige Wanddicke und
2. abgerundete, einfache Formen hat,
3. symmetrisch ist,
4. einen möglichst kleinen umschriebenen Kreis und
5. keine tiefen, schmalen Öffnungen hat.

Vorzuziehen ist weiterhin:


6. ein Vollprofil anstelle eines Hohlprofils (niedrigere Werkzeugkosten,
höhere Preßgeschwindigkeit, kleinere Mindestwanddicke),
7. ein Hohlprofil anstelle eines Vollprofils mit tiefen Öffnungen (bessere
Maßhaltigkeit)
8. Verstärken schwacher Eckpunkte (Verzug)
9. Vermeiden von Spitzen (Gefahr von Welligkeit und Rißbildung).
9.5 Strangpreßgerechte Profil- und Werkzeuggestaltung 449

Bild 9.5.3 Neun (9) Regeln zur strangpreßgerechten Profilgestaltung (SAPA


1986)

Kostensenkende Maßnahmen bei der Gestaltung und Herstellung von


Strangpreßprofilen kann man wie folgt zusammenfassen:
Materialkosten einsparen durch:
• möglichst geringes Profilgewicht
− Mindestwanddickenbegrenzung beachten
− Querschnittsform optimieren
− Legierungsfestigkeit abstimmen
• möglichst kleinen umschriebenen Kreis
− Werkzeugkosten sparen
− Mindestwanddicken sind abhängig von der Profilgröße
Fertigungskosten einsparen durch:
• möglichst hohe Preßgeschwindigkeit
− optimale Querschnittsform (offen/hohl/einfach)
− Legierungsfestigkeit abstimmen
− Abhängigkeit von Pressenkapazität
• möglichst geringe Nacharbeit
− optimale Profilform finden, um Richtarbeit zu vermeiden
− an der Presse abschrecken
− nicht zu enge Toleranzen fordern
• möglichst hohe Losgröße
− Mindestliefermenge beachten
450 9 Strangpressen

Bei Beachtung der vorstehenden Regeln wird man auf jeden Fall technisch
und wirtschaftlich günstige Lösungen erhalten.

9.6 Gestalten von Strangpreßprofilen

Eine optimale Strangpreßprofilkonstruktion zeichnet sich dadurch aus, daß


möglichst viel Funktionen im Profilquerschnitt integriert wurden, um Fer-
tigungskosten und Material zu sparen. Gleichzeitig wird eine solche Kon-
struktion auch nur soviel Forderungen an geometrische Toleranzen stellen,
wie unbedingt notwendig, um den Aufwand an Richtarbeit und Nacharbeit
gering zu halten. Angaben zu den Toleranzgrenzen enthalten die einschlä-
gigen Normen DIN EN 755:1997 und DIN EN 12020:2001, s. Anh.
Tabelle A3.

9.6.1 Funktionalitätsgruppen

Bei der fast unbegrenzten Gestaltungsvielfalt von Strangpreßprofilen ist


eine gewisse systematische Einteilung der Formgebungsmöglichkeiten in 6
Funktionalitätsgruppen hilfreich, die in den Bildern 9.6.1 bis 9.6.6 darge-
stellt sind und als Checkliste verstanden werden sollen.

Bild 9.6.1 Funktionalitätsgruppe I: Gestalten von Profiloberflächen (Quelle: R.


Gitter, Alcan-Singen)

Bild 9.6.2 Funktionalitätsgruppe II: Montagehilfen und punktuelle Befestigungen


(Quelle: R. Gitter, Alcan-Singen)
9.6 Gestalten von Strangpreßprofilen 451

Bild 9.6.3 Funktionalitätsgruppe III: Linienförmige Verbindungen (Quelle: R.


Gitter, Alcan-Singen)

Bild 9.6.4 Funktionalitätsgruppe IV: örtliche Verstärkungen (Quelle: R. Gitter,


Alcan-Singen)

Bild 9.6.5 Funktionalitätsgruppe V: statisches Tragverhalten (Quelle: R. Gitter,


Alcan-Singen)

Bild 9.6.6 Funktionalitätsgruppe VI: geometrische Ausformungen (Quelle: R.


Gitter, Alcan-Singen)
452 9 Strangpressen

Eine beispielhafte Integration von zahlreichen Funktionen in eine Pro-


filkonstruktion zeigt Bild 9.6.7. Es handelt sich um den Dachlangträger
eines Schienenfahrzeugwaggons, in dem nicht weniger als 11 verschiedene
Funktionen in der Profilgestaltung verwirklicht worden sind.

Bild 9.6.7 Beispielhafte Integration von verschiedenen Funktionen in die Profil-


konstruktion eines Dachlangträgers im Waggonbau (Quelle: R. Gitter, Alcan-
Singen)

9.6.2 Konstruktionen mittels Profilverbindungen

Durch die Formgebungsmöglichkeiten des Strangpressens kann man


gleichzeitig Verbindungsfunktionen in den Strangpreßprofilquerschnitt
integrieren, wodurch kostengünstige Fügeoperationen erreicht werden.
Diese Möglichkeit kann man wiederum dazu verwenden, Profile mit klei-
nerem umschriebenen Kreis herzustellen und zu verbinden. Dadurch erhält
man geringere Werkzeugkosten und Wanddicken, höhere Preßgeschwin-
digkeiten und engere Toleranzen. Beispiele für solche integrierten Profil-
verbindungen sind in den Bildern 9.6.8 bis 9.6.14 dargestellt.
9.6 Gestalten von Strangpreßprofilen 453

Bild 9.6.8 Konstruktionslösung zur Senkung von Profilkosten und -toleranzen


mittels Profilverbindungen von kleineren und offenen Profilen (Quelle: SAPA
1986)

Bild 9.6.9 Wie 9.6.8, jedoch mit Profilverbindungen, die zusätzliche Verbin-
dungsfunktionen erfüllen (Quelle: SAPA 1986)

Bild 9.6.10 Wie zuvor, jedoch Verbindung kleinerer Profile mit zusätzlichem
Hilfsprofil über Steckverbindung (Quelle: SAPA 1986)
454 9 Strangpressen

Bild 9.6.11 Wie Bild 9.6.8, jedoch mit nicht lösbaren Profilverbindungen durch
Kaltverformen von angepreßten Verbindungselementen (Quelle: SAPA 1986)

Bild 9.6.12 Kostengünstige Verbindungen mittels Schrauben (Quelle: SAPA


1986)

Bild 9.6.13 Profilverbindungen durch lösbaren und nicht lösbare Schnappverbin-


dungen (Quelle: SAPA 1986)

Bild 9.6.14 Lösbare Schnappverbindungen (Quelle: SAPA 1986)


9.7 Sonderverfahren des Strangpressens von Aluminium 455

9.7 Sonderverfahren des Strangpressens von Aluminium

9.7.1 Strangpressen nach dem „Conform“-Verfahren


Beim sogenannten Conform-Verfahren wird der Preßdruck nicht durch
einen Stempel, sondern durch ein Reibrad erzeugt. In einer Nut im Reibrad
wird in Drehrichtung das zu verpressende Ausgangsmaterial, z.B. Gieß-
draht, mit einem Durchmesser von 12 bis 32 mm zugeführt. Ein in die Nut
eingeschwenkter „Druckschuh“ verringert den Nutquerschnitt kontinuier-
lich und sperrt ihn schließlich ganz ab, s. Bild 9.7.1. An dieser Stelle ist
das Strangpreßwerkzeug angebracht, das als offene Matrize für Vollprofile
oder als Brückenwerkzeug für Hohlprofile ausgeführt sein kann. Die Rei-
bung zwischen Nut und zugeführtem Draht führt zur Erwärmung und
gleichzeitig zum Aufbau eines hohen Preßdruckes. Die erzielbaren Ver-
pressungsverhältnisse variieren mit der Legierungszusammensetzung. Bei
Reinaluminium kann man Verpressungsverhältnisse bis 200 : 1 erreichen.
Wesentliche Vorteile des Conform-Verfahrens sind das kontinuierliche
Strangpressen ausgehend von Drahtvormaterial-Coils und die schnelle
Umrüstung auf andere Abmessungen. Wegen des begrenzten Durchmes-
sers des Ausgangsmaterials lassen sich nur Profile mit entsprechend gerin-
gem umschriebenen Kreis herstellen. Anwendungsbeispiele sind dünn-
wandige Rohre für die Wärmetauscherindustrie (Automobilkühler) und
Glasabstandsleisten für die Fensterindustrie.

Bild 9.7.1 Strangpressen nach dem Conform-Verfahren

9.7.2 Hydrostatisches Strangpressen


Das hydrostatische Strangpressen, bei dem der hydrostatische Preßdruck
über einen Öl- oder Wassermantel auf den Preßbolzen ausgeübt wird, hat
456 9 Strangpressen

Vorteile bei der Erzeugung von Verbundwerkstoffen mit unterschiedlichen


Fließeigenschaften. Es spielt aber für die Aluminiumverarbeitung heute
keine bedeutende Rolle. Hydrostatisches Strangpressen wird z.B. für die
Herstellung von Elektrokabelummantelungen (Aluminiumkern mit Kup-
ferummantelung) verwendet.

9.7.3 Verbundstrangpressen

In Sonderfällen wird die Herstellung von Verbunden von Aluminiumpro-


filen mit anderen Werkstoffen direkt in den Strangpreßvorgang integriert.
Ein Beispiel sind Stromschienen für den U-Bahn-Bereich, die einerseits
eine hohe elektrische Leitfähigkeit und andererseits eine hohe Abriebfe-
stigkeit und werkstoffliche Kompatibilität mit den Gleitschuhen der
Stromabnehmer benötigen. Für diesen Anwendungszweck werden Ver-
bundstromschienen aus Aluminiumprofil mit einer Auflage von rostfreiem
Stahl hergestellt, s. Bild 2.7.3. Die Herstellung geschieht auf einer norma-
len Strangpresse, wobei dem Werkzeug − das aus Gründen der unter-
schiedlichen Wärmeausdehnung zwischen Aluminium und Stahl als sym-
metrisches Zweifachwerkzeug ausgeführt ist − durch ein Vorwerkzeug das
Stahlband von außen zugeführt wird. Die Verbindung zwischen Stahlband
und Aluminiumprofil ist eine Preßschweißverbindung, die während des
Strangpreßvorgangs entsteht, und einen guten Stromkontakt zwischen bei-
den Werkstoffpartnern sichert..

9.7.4 Warmbiegen von Profilen beim Preßvorgang

In zahlreichen Fällen, in Sonderheit im Automobilbau, werden gebogene


Strangpreßprofile benötigt, die mit Hilfe verschiedener Biegeverfahren
hergestellt werden, s. Abschn. 13.1.4. Die erreichbaren Biegeradien sind
begrenzt durch die Verformbarkeitsgrenzen des Materials im Anliefe-
rungszustand, der üblicherweise bei aushärtbaren Legierungen der T4-Zu-
stand ist. Die natürlichen Toleranzschwankungen der Fließgrenze des Ma-
terials wirken sich dabei auf die Biegetoleranzen aus, weshalb bei engen
Toleranzforderungen häufig das vorgebogene Profil noch einer Kalibrie-
rung durch Innenhochdruckumformen unterworfen wird. Günstige Tole-
ranzen lassen sich durch Warmbiegen erreichen, was am zweckmäßigsten
direkt an der Strangpresse aus der Preßhitze stattfinden kann, wenn am
Pressenauslauf bestimmte mechanische Vorkehrungen getroffen werden.
In den letzten Jahren haben insbesondere die Entwicklungen einer derarti-
gen Biegetechnik an der Universität Dortmund Aufmerksamkeit gewonnen
9.7 Sonderverfahren des Strangpressens von Aluminium 457

(Kleiner 1999, Klaus et al. 2004). Das Verfahrensprinzip sieht eine mecha-
nische Ablenkung des Strangs nach dem Austritt aus dem Werkzeug vor, s.
schematische Skizze in Bild 9.7.2. Durch Steuerung der Ablenkmechanik
lassen sich grundsätzlich räumlich (3D) gebogene Profile mit unter-
schiedlichen Radien in einem Strang erzeugen.

Bild 9.7.2 Prinzip des Warmbiegens an der Presse nach Kleiner


10 Schmieden von Aluminium

Gesenkschmiedeteile aus Aluminiumknetlegierungen werden in der Luft-


fahrt, im Fahrzeugbau und in vielen anderen Gebieten des Maschinenbaus
vor allem in solchen Anwendungsfällen verwendet, bei denen ein Höchst-
maß an Sicherheit gegen Versagen durch Mißbrauch, durch Stoßbelastung
und durch schwingende Beanspruchung gewährleistet sein muß. Im Auto-
mobilsektor zählen hierzu Fahrwerksteile – wie Räder, Querlenker, Längs-
lenker, Achslager und Naben-, Lenkungs- und Bremsteile. Die hohe Bau-
teilintegrität wird beim Gesenkschmieden dadurch erzielt, daß durch den
Materialfluß im Gesenk ein dichtes Fasergefüge entsteht, das bei richtiger
Auslegung des Schmiedeteils, des Gesenks und des Schmiedeprozesses
höchste mechanische Eigenschaften in Richtung der Hauptbeanspruchun-
gen besitzt. Festigkeit, Bruchdehnung, Zähigkeit und Schwingfestigkeit
sind bei Beanspruchung in der Faserrichtung am höchsten. Beispiele für
Anwendungen im Fahrzeugbau finden sich in den Bildern 2.1.12 und
2.1.13.
Den offensichtlichen Vorteilen des Gesenkschmiedens stehen die Kos-
ten für die Gesenke gegenüber. Zur wirtschaftlichen und gegenüber Stahl
und Aluminiumguß wettbewerbsfähigen Herstellung von Aluminiumge-
senkschmiedeteilen müssen Seriengrößen von etwa 30.000 Stück ange-
strebt werden, da sich in diesem Fall auch die kostensenkende Investition
von verketteten, vollautomatischen Anlagen lohnt.
Die Aufgabe besteht darin, die Formgebungsmöglichkeiten des Schmie-
dens auszuschöpfen, höchste Bauteileigenschaften zu erzielen und dabei
die Herstellungskosten und den Aufwand für die Endbearbeitung mög-
lichst gering zu halten. Um dieses Ergebnis zu erreichen, sind Grund-
kenntnisse über den Schmiedeprozeß, seine Freiheitsgrade und seine Gren-
zen notwendig. Nach wie vor findet man eine der umfassendsten
Darstellungen des Aluminiumschmiedens in der Arbeit von Meyer-
Nolkemper (Meyer-Nolkemper 1979). Weitere spezifische Informationen
einschließlich der garantierten Werkstoffkennwerte von Vorzugslegierun-
gen und konstruktiver Hinweise enthält die Schmiedenorm DIN EN 586,
Teil 1:1997 (Lieferbedingungen); Teil 2:1994 (Eigenschaften); Teil 3:2001
(Toleranzen und konstruktive Hinweise).
460 10 Schmieden von Aluminium

10.1 Prozeß des Gesenkschmiedens

Unter dem Begriff Gesenkschmieden wird eine Gruppe von Verfahren der
Massivumformtechnik verstanden, die wie das Warmwalzen und Strang-
pressen zu den Verfahren der Warmumformung mit dem Verfahrensmerk-
mal „Druckumformen“ gehören, bei denen der bei hohen Temperaturen
niedrigere Fließwiderstand und die höhere Duktilität des Werkstoffs aus-
genutzt werden. Die Formgebung erfolgt in Gesenkformen (gebundenes
Umformen) aus Warmarbeitsstahl, in die ein Gravur zur Erzeugung einer
definierten Werkstückgeometrie eingebracht wurde. Zu den Verfahren des
Gesenkschmiedens zählen das Anstauchen im Gesenk, das Formpressen
ohne Grat und das Formpressen mit Grat, s. Bild 10.1.1. Für die klassische
Herstellung von Aluminiumgesenkschmiedeteilen wird überwiegend das
Formpressen mit Grat eingesetzt. Die für die Formgebung notwendigen
Preßkräfte bzw. Umformarbeit werden in hydraulischen (kraftgebundenen)
Schmiedepressen oder in mechanisch getriebenen (weg- oder arbeitsge-
bundenen) Pressen oder Hämmern aufgebracht.

Bild 10.1.1 Verfahren des Gesenkschmiedens im engeren Sinne: Anstauchen,


Formpressen ohne Grat und Formpressen mit Grat (Lange 1988)

Beim Füllen von Schmiedegravuren kann man folgende 3 Grundtypen


von Vorgängen unterscheiden: s. Bild 10.1.2
1. Stauchen: Verminderung der Ausgangshöhe
2. Breiten: seitliches Verdrängen des Werkstoffs von innen nach außen
3. Steigen: Ausfüllen tiefer Hohlräume.

Alle diese Vorgänge beginnen mit dem Stauchen des Vormaterials. In der
nächsten Stufe legt sich das Material an die formgebenden Gravurwände
10.1 Prozeß des Gesenkschmiedens 461

an, bevor es endlich die gesamte Gravur ausfüllt. Überschüssiges Material


wird in die Gratbahn gequetscht.

Bild 10.1.2 Grundtypen von Vorgängen beim Füllen von Schmiedegravuren


(Lange 1988)

Bzgl. der Fließeigenschaften von Aluminium und seinen Legierungen


bei hohen Temperaturen s. Abschn. 6.6.4 sowie Anhang A.1.8. Die
Schmiedetemperaturen für Aluminium und seine Legierungen liegen zwi-
schen 350 und 500 °C, einem Temperaturbereich, in dem die Fließspan-
nung kf mit zunehmender Temperatur sinkt, aber zunehmend stark von der
Formänderungsgeschwindigkeit ϕ& abhängt. Wenn sich die Formände-
rungsgeschwindigkeit im Temperaturarbeitsbereich um eine Zehnerpotenz
ändert, erhöht sich die Fließspannung etwa um den Faktor 1,25–1,32
(Meyer-Nolkemper 1979).
Bei gegebener Stempelgeschwindigkeit vwz ist die Formänderungsge-
schwindigkeit ϕ& abhängig von der momentanen Dicke h des gestauchten
Werkstoffvolumens. Für den Idealfall des homogenen Stauchens gilt der
folgende Zusammenhang zwischen Stempelgeschwindigkeit und Formän-
derungsgeschwindigkeit:
v wz
ϕ& = (10.1.1)
h
Bei Gesenkschmiedeteilen mit unterschiedlichen Querschnitten in der
Werkzeuggravur ist die Formänderungsgeschwindigkeit – und folglich
auch die Fließspannung – im Werkstück örtlich verschieden hoch. Zum
462 10 Schmieden von Aluminium

Beispiel herrscht in der Gratbahn aufgrund der geringen Dicke eine höhere
Formänderungsgeschwindigkeit als im übrigen Werkstück, die sich in ei-
nem örtlich größeren Fließwiderstand auswirkt und so die Gravurfüllung
begünstigt, vgl. Bild 10.1.1.
Kleine Umformgeschwindigkeiten führen zu geringeren Kräften und
damit zu geringerer Umformarbeit. Das Schmieden mit niedrigen Um-
formgeschwindigkeiten ist deshalb in zweifacher Hinsicht für die Tempe-
raturverhältnisse im Schmiedestück vorteilhaft: die Temperaturzunahme
während das Umformens bleibt gering, und die Zeitspanne zum Tempera-
turausgleich im Werkstück wird größer. Die Umformgeschwindigkeiten
sind so zu wählen, daß keine örtlichen Überhitzungen entstehen, d.h. es
muß genügend Zeit zum Temperaturausgleich während des Umformens
bleiben. Entsprechend der Pressenwahl können die Bär- oder Stößelge-
schwindigkeiten und damit die Umformgeschwindigkeiten in weiten Gren-
zen schwanken. Die Auftreffgeschwindigkeit liegt beim Schmieden in
Hämmern zwischen 5 und 6 m/s. Beim Schmieden in hydraulischen Pres-
sen betragen die Preßgeschwindigkeiten dagegen nur ca. 0,1 m/s, beim
sog. Kriechumformen („Isothermes Schmieden“) noch wesentlich weniger,
um die Fließspannungen klein zu halten. In Hämmern und mechanischen
Pressen werden daher kleinere Schmiedestücke mit einfacher Gestalt aus
gut umformbaren Legierungen geschmiedet. Große, kompliziert gestaltete
Schmiedestücke sowie schwer umformbare Legierungen werden in hyd-
raulischen Pressen geschmiedet.

10.2 Schmiedegesenke

Gesenkarten
Je nach Größe, Form und Stückzahl des Werkstücks kann man zwischen
drei Arten von Gesenken wählen:
• Einfach-Gesenk: Gesenk mit einer einzelnen Gravur
• Mehrfach-Gesenk: mehrere gleiche Gravuren in einem Gesenk
• Mehrstufengesenke: mehrere Umformstufen eines Werkstückes in ei-
nem Gesenk.

Bild 10.2.1 illustriert die Elemente eines Einfach-Schmiedegesenkes, das


aus einem Block aus Warmarbeitsstahl besteht (Lange 1988). Die Gravur
wird durch Spanen, Einsenken, Erodieren oder elektrochemischen Abtrag
gefertigt. Die Oberfläche der Gravur weist nach dem Polieren eine Rauh-
tiefe von ca. 3 µm auf. Durch die im Vergleich zu Stahl fehlende Zunder-
10.2 Schmiedegesenke 463

schicht und niedrigere Fließspannung von Aluminiumwerkstoffen wird die


Gravuroberfläche auf dem Werkstück sehr gut abgebildet.

Bild 10.2.1 Elemente von Schmiedegesenken (Lange 1988)

Gesenkteilung
Die Lage der Gesenkteilung beeinflußt den Stofffluß und damit den Faser-
verlauf des Schmiedestückes sowie die Lage des Schmiedegrates am
Schmiedestück. Häufig muß ein abgewogener Kompromiß gefunden wer-
den, der die z.T. sich widersprechenden Forderungen (Werkzeugkosten ⇔
Werkstückeigenschaften) berücksichtigt. Die Lage der Gesenkteilung
beeinflußt auch die Toleranzen des Schmiedestückes. Vier Gestaltungsre-
geln für die Teilung von Schmiedegesenken sind zu beachten (Erläuterun-
gen s. Bild 10.2.2):
• symmetrische Gesenkteilung: Der Werkstoffaufwand pro Werkstück
wird bei gegebener Seitenschräge am geringsten.
• ebene Teilung: Die Gesenkblockhöhe wird am niedrigsten, die mechani-
sche Bearbeitung wird erleichtert.
• fließgerechte Teilung soll das Fließen des Werkstoffes erleichtern.
• bearbeitungsgerechte Teilung zur Vereinfachung der spanenden Bear-
beitung bzw. des Entfernens des Grates.

Darüber hinaus muß berücksichtigt werden, daß der Schmiedegrat eine


potentielle Schwachstelle für den Fall darstellt, daß in diesem Bereich ho-
he Schwingbeanspruchungen übertragen werden (z.B. durch wechselnde
464 10 Schmieden von Aluminium

oder schwellende Biegespannungen). Die Lage des Schmiedegrates und


damit die Lage der Teilungsebene muß daher auch beanspruchungsgerecht
vorgenommen werden.

Bild 10.2.2 Regeln für die Wahl der Gesenkteilung (Lange 1988)

10.3 Stofffluß und Faserverlauf

Der Stofffluß im Gesenk ist maßgebend für den Faserverlauf und wird
durch die abgestimmte geometrische Vorform des Vormaterials (möglichst
genaue Dosierung in allen Teilbereichen der Gravur), die Fließspannung
und die tribologischen Verhältnisse in den Kontaktzonen geregelt. Bild
10.3.1 illustriert den Stofffluß im geschlossenen Gesenk (ohne Grat) und
im Gesenk mit Gratspalt. Beim Schmieden im geschlossenen Gesenk ver-
bleibt das gesamte Material in der Gravur des Gesenkes und füllt sie voll-
ständig aus. Daraus ergibt sich die Forderung nach einer exakten Masse-
gleichheit zwischen Vormaterial und Fertigteil. Beim Schmieden mit Grat
wird mit einem Übereinsatz von Material gearbeitet, wobei das überschüs-
sige Material in die Gratbahn oder Gratmulde gequetscht wird. Die Geo-
metrie der Gratbahn spielt eine wichtige Rolle bei der Formfüllung und
beeinflußt die Schmiedekräfte. Das Schmieden mit Grat erleichtert die Do-
10.3 Stofffluß und Faserverlauf 465

sierung des Vormaterials, so daß einfachere Vorformen verwendet werden


können.

Bild 10.3.1 Schmieden mit und ohne Grat (Johne 1969)

Besondere Auswirkungen auf den Stofffluß haben die Wahl der Gesenk-
radien und die Gesenkteilung. Bei günstiger Wahl der Radien legt sich der
Werkstoff bei der Umformung an die Rundung der Gravur an und steigt an
der Wand nach oben. Bei zu kleinen Gesenkradien schießt der Werkstoff
bei entsprechenden Umformgeschwindigkeiten über die Rundungen hin-
aus, hebt also von der Gravuroberfläche ab und wird an anderer Stelle
wieder umgelenkt. Die dadurch entstehende Schmiedefalte („Stich“) ist ein
unangenehmer Schmiedefehler, der erst bei der Endkontrolle nach dem
Beizen festgestellt werden kann und das Schmiedestück in aller Regel un-
brauchbar macht. Bild 10.3.2 erläutert, wie die Größe der Abrundungsra-
dien der Gravur den Stofffluß beeinflußt.
Die Auswirkung der Gesenkteilung auf den Stofffluß bei der Formge-
bung ist beispielhaft in Bild 10.3.3 illustriert. Das Bild zeigt, wie der Fa-
serverlauf durch günstigeren Stofffluß bei Verlegung der Teilungsebene
aus der Bauteilmitte an die Werkstückoberkante verbessert werden kann.
Der Ausschnitt der modifizierten Gesenkteilung zeigt einen gleichmäßige-
ren Faserverlauf in der Ausrundung, der in Bereichen hoher Spannungen
günstige mechanische Eigenschaften (insbesondere Schwingfestigkeit) er-
zeugt. Das Anschneiden von Fasern durch spanende Nacharbeit sollte da-
her unter dem Gesichtspunkt guter Schwingfestigkeit in Bereichen hoher
Spannungen vermieden werden.
466 10 Schmieden von Aluminium

Bild 10.3.2 Stofffluß bei verschieden großen Gesenkradien. Entstehen einer


Schmiedefalte (Lange 1988)

Bild 10.3.3 Einfluß der Gesenkteilung auf den Stofffluß (Meyer-Nolkemper 1979)

Reibung und Schmierung


Der Stofffluß und auch die erforderlichen Preßkräfte werden besonders
durch die Reibung in den Kontaktzonen zwischen Werkstück und Gravur-
oberfläche beeinflußt. Die Reibbeiwerte beim Schmieden von Alumini-
10.4 Schmiedelegierungen, Vormaterial, Gefüge und Arbeitsablauf 467

umwerkstoffen sind relativ groß, da Aluminium keine trennende Zunder-


schicht besitzt. Als Schmierstoff werden auf die Gesenktemperatur abge-
stimmte Emulsionen von Graphit in Öl oder in Wasser verwendet.
Ohne Schmierstoff ergeben sich Reibbeiwerte von µ ~ = 0,48 nahe der
Haftreibung (µ = 0,5). Mit Graphit als Schmierstoff liegt µ zwischen 0,06
und 0,15. Die Zahlenwerte gelten unter der Voraussetzung, daß der
Schmierfilm beim Umformen erhalten bleibt. Bei größeren Gleitwegen
können sich höhere Reibbeiwerte einstellen.
Die Neigung der Kontaktfläche zur Stößelrichtung spielt eine Rolle in
der Überwindung der Reibung. Am einfachen Fall des Stauchens eines a-
xialsymmetrischen Zylinders kann man zeigen, daß durch eine leichte Ke-
gelform der Stauchbahn die Reibung fast gänzlich ausgeschaltet wird,
wenn der Tangens des Winkels α der Bodenschräge der Stauchbahn gleich
dem Wert des Reibungskoeffizienten µ ist, vgl. Bild 10.3.4. Auf diese
Weise ist es möglich, Einfluß auf die Fließrichtung des Werkstoffs zu neh-
men.

Bild 10.3.4 Kegelstauchversuch nach Siebel und Pomp (Lange 1988)

10.4 Schmiedelegierungen, Vormaterial, Gefüge


und Arbeitsablauf
Grundsätzlich können alle Aluminium-Knetlegierungen und Gußlegierun-
gen für die Warmformgebung durch Schmieden genutzt werden. Aus tech-
nischen und wirtschaftlichen Gründen werden jedoch meistens nur ausge-
wählte Knetlegierungen für Schmiedezwecke (Vorzugslegierungen, Klasse
A) eingesetzt. Diese Gründe orientieren sich an den technischen und funk-
tionellen Anforderungen in den wichtigen Anwendungsgebieten der Ver-
468 10 Schmieden von Aluminium

kehrstechnik und des Maschinenbaus, wo Formteile mit hohen Sicher-


heitsansprüchen benötigt werden, s. Tabelle 10.4.1.

Tabelle 10.4.1 Typische Schmiedelegierungen und ihre Verwendungszwecke.


Vorzugslegierungen nach DIN EN 573-Teil 4 (2004) und DIN EN 586-Teil 3
(2001)
Legierungsbezeichnung Liefer- Schmied- Anwendungsbereiche
zustand barkeit (Beispiele)
EN AW-5754 Al Mg3 H112 schwer Schiffbau, chem. Apparatebau,
dekorativ anodisierbar
EN AW-5083 Al Mg4,5Mn0,7 H112 schwer Schiffbau, chem. Apparatebau,
hohe Korrosionsbeständigkeit
EN AW-6082 Al Si1MgMn T6 leicht Standardlegierung für den Fahr-
zeug-, Schiff- und Maschinenbau
EN AW-2024 Al Cu4Mg1 T4 schwer hochbeanspruchte Teile im Fahr-
zeug-, Flugzeug- und Maschi-
nenbau
EN AW-2014 Al Cu4SiMg T6 schwer höher beanspruchte Teile im
Fahrzeug-, Flugzeug- und Ma-
schinenbau
EN AW-7075 Al Zn5,5MgCu T6, T73 schwer höchstbeanspruchte Teile im
Flugzeug- und Maschinenbau

Die in Tabelle 10.4.1 enthaltenen Legierungen unterteilen sich in nicht


aushärtbare und aushärtbare Legierungen. Die nicht aushärtbaren Legie-
rungen, AlMg3 und AlMg4,5Mn0,7 werden bevorzugt, wenn Schweißbar-
keit, dekorative Anodisierbarkeit und hohe Korrosionsbeständigkeit gefor-
dert werden. Der warmgeformte Zustand wird mit H112 (s. Abschn. 3.4.2)
bezeichnet und entspricht annähernd dem Zustand „weich“. Eine Festig-
keitssteigerung kann nur durch Verfestigung mit Kaltumformung erreicht
werden (die jedoch wiederum Auswirkungen auf andere Eigenschaften,
wie Bruchdehnung, Korrosionsbeständigkeit und thermische Stabilität ha-
ben kann). Für Konstruktionszwecke werden vorzugsweise aushärtbare
Legierungen verwendet, die durch Warmaushärten (T6- bzw. T73-Zu-
stände) auf hohe und höchste Festigkeitswerte gebracht werden. Eine Aus-
nahme ist die Legierung AlCu4Mg1 (EN AW-2024-T4), die bei hohen Fe-
stigkeitswerten gleichzeitig hohe Duktilitäts- und Zähigkeitsansprüche
erfüllt. Typische mechanisch-technologische Eigenschaften dieser Vor-
zugslegierungen sind in Tabelle A.1.2 (Anhang) enthalten und beziehen
sich auf Eigenschaften in Faser- (L-) Richtung. Für garantierte Mindestfes-
tigkeitseigenschaften wird auf die Norm verwiesen (DIN EN 586: Teil 2).
Weitere Schmiedelegierungen, die nur in begrenzteren Mengen herge-
stellt werden, werden nach DIN EN 586-3:2001 der Klasse B mit nicht
10.4 Schmiedelegierungen, Vormaterial, Gefüge und Arbeitsablauf 469

festgelegten Eigenschaften zugeordnet und sind in Tabelle 10.4.2 aufgelis-


tet. Typische Festigkeitseigenschaften sind (teilweise) in Tabelle A.1.2
enthalten. Garantierte Werte enthalten die Luftfahrt-Werkstoffnormen.
Darüber hinaus wurden gerade für den Automobilsektor spezielle Legie-
rungen entwickelt (Becker et al. 1995/96).

Tabelle 10.4.2 Schmiedelegierungen der Klasse B mit nicht in DIN EN 586-


2:1994 festgelegten (Mindest-)Eigenschaften
Legierungsbezeichnung Lieferzustand Schmiedbarkeit
EN AW-1050A Al 99,5 H112 leicht
EN AW-2011 Al Cu6BiPb T4, T6 schwer
EN AW-2017A Al Cu4MgSi(A) T4 schwer
EN AW-2031 Al Cu2,5NiMg T6 schwer
EN AW-2219 Al Cu6Mn T6 schwer
EN AW-2618A Al Cu2Mg1,5Ni T6 schwer
EN AW-4032 Al Si12,5MgCuNi (F) schwer
EN AW-5019 Al Mg5 H112 schwer
EN AW-5454 Al Mg3Mn H112 schwer
EN AW-6060 Al MgSi T6 leicht
EN AW-6005A Al SiMg(A) T6 leicht
EN AW-6061 Al Mg1SiCu T6 leicht
EN AW-7010 Al Zn6MgCu T6 schwer
EN AW-7012 Al Zn6Mg2Cu T6 schwer
EN AW-7020 Al Zn4,5Mg1 T6 schwer

Schmiedevormaterial, Zwischenformen und Vordosierung


Als Schmiedevormaterial werden sowohl Stranggußbarrenabschnitte als
auch Abschnitte von stranggepreßten Stangen und Profilen verwendet. Im
ersteren Falle liegt ein mehr globulitisches Korngefüge, bei stranggepreß-
tem Ausgangsmaterial dagegen bereits ein Warmverformungsgefüge (Fa-
sergefüge) in Preßrichtung vor. Für das Vormaterial gelten die Normen EN
603-Teil 1-3 (Strangpreßmaterial) und EN 604-Teil 1-2 (Gußvormaterial).
Je nach Form des Schmiedeteils kann es notwendig sein, ausgehend von
den gewöhnlich geometrisch einfachen Formen des Vormaterials Zwi-
schenformen in Vorgesenken und/oder eine Vordosierung des Materials
vorzunehmen, um die Gravur des Gesenkes beim Umformvorgang mög-
lichst durch einen gleichmäßigen Werkstofffluß zu füllen. Diese Vordosie-
rung des Materials wird je nach Teilgeometrie mit einem Vorgesenk er-
reicht, wobei das überschüssige Material in die Gratbahn gequetscht und
abgetrennt wird. In ungünstigen Fällen kann dadurch das Verhältnis von
470 10 Schmieden von Aluminium

unbearbeitetem Rohteilgewicht zu Einsatzgewicht (Ausbringungsverhält-


nis) bis unter 25% fallen. Neuerdings werden auch Stranggußbarren mit
komplexeren Vorformen als Schmiedevormaterial vorgestellt (Sterzl
2004). Sowohl technische als auch wirtschaftliche Erwägungen sind maß-
gebend für die einzuschlagende Fertigungsroute und richten sich zudem
nach der beabsichtigten Fertigungslosgröße.

Schmiedegefüge
Das typische Schmiedegefüge ist ein Warmverformungsgefüge bestehend
aus in Stoffflußrichtung langgestreckten Körnern („Fasern“), die ein
Netzwerk aus Subkorngrenzen (Polygonisationsgefüge) enthalten. Die
Kornstreckung ist abhängig von der Art des Vormaterials (Strangguß- oder
Strangpreßmaterial und vom lokalen Formänderungsgrad. Durch den Ver-
formungsprozeß stellt sich eine Vorzugorientierung des Korngefüges ein,
das sich ähnlich wie beim Strangpressen – s. Bild 9.4.1 – in einer Textur
äußert, die sich in höheren Festigkeitswerten längs zur Faserrichtung aus-
wirkt. Es handelt sich um denselben Effekt, den man bei stranggepreßten
Stangen als „Preßeffekt“ bezeichnet. Bei Gesenkschmiedeteilen unter-
scheidet man daher Längswerte „L“ (parallel zur Faserrichtung) und
Querwerte „T“ (quer zur Faserrichtung). Je nach Kornstreckung ergibt sich
auch eine mehr oder minder starke zeilenförmige Anordnung der Primär-
phasenpartikel, die durch den Umformprozeß teilweise fragmentiert wer-
den, s. Bild 10.4.1.

Bild 10.4.1 Schmiedeteil aus EN AW-6082-T6. Zeilenförmige Anordnung von


(fragmentierten) Primärphasen (links). Kornverlauf um einen Radius (rechts).
Vergröberte Primärphasen durch Ä
tzung nach Murakami

Das angestrebte Fasergefüge kann auch durch Rekristallisationsvorgän-


ge beim Schmiedevorgang beeinträchtigt werden, die – vornehmlich an der
Oberfläche – zur Grobkornbildung führen. Letzteres Phänomen wird her-
10.4 Schmiedelegierungen, Vormaterial, Gefüge und Arbeitsablauf 471

vorgerufen durch die Reibungs- und Schervorgänge zwischen Werkstück


und Gravur und die dadurch verursachte Temperaturerhöhung. Bild 10.4.2
illustriert an einem typischen Beispiel ein derartiges Mischgefüge. Maßge-
bend ist dabei die Umformgeschwindigkeit.
Es besteht also eine recht komplexe Abhängigkeit des Schmiedegefüges
von der geometrischen Form, der Art des Vormaterials, der Legierungszu-
sammensetzung, dem Fließvermögen der Legierung, den Prozeßparame-
tern des Schmiedevorgangs und der Werkzeugauslegung.

Bild 10.4.2 Korngefüge nach Makroätzung im Querschliff eines (spanend bearbei-


teten) Schmiedeteils aus EN AW-6082-T6

Anders als beim Schmieden von Stahl ist das Temperaturintervall zwi-
schen geeigneten Schmiedetemperaturen und der Solidustemperatur bei
Aluminiumlegierungen relativ gering, so daß bei ungenügender Tempera-
turkontrolle die Gefahr von Anschmelzungen und dadurch verursachten ir-
reversiblen Gefügeschädigungen gegeben ist. Andererseits ist das Schmie-
den von Aluminiumwerkstoffen in dieser Hinsicht einfacher als bei den
meisten anderen Werkstoffen. Die Gesenke lassen sich bis auf Umform-
temperatur vorwärmen, ohne daß ihre Warmfestigkeit unzulässig beein-
trächtigt wird. Auf diese Weise kann man eine Abkühlung der Schmie-
destücke beim Umformen verhindern, insbesondere, wenn bei hochfesten
Legierungen und großen Werkstücken langsame Preßgeschwindigkeiten
erforderlich sind („isothermes Schmieden“). Tabelle 10.4.3 enthält An-
gaben zu den Schmelz- und Schmiedetemperaturen der Vorzugslegierun-
gen.
472 10 Schmieden von Aluminium

Tabelle 10.4.3 Schmiede- und Schmelztemperaturbereiche von Schmiedelegie-


rungen (Vorzugslegierungen Klasse A)
Legierungsbezeichnung Legierungstyp Schmelz- Schmiede-
bereich [°C] bereich [°C]
EN AW-5754 Al Mg3 nicht 595 – 645 410 – 460
EN AW-5083 Al Mg4,5Mn0,7 aushärtbar 580 – 640 410 – 460
EN AW-2024 Al Cu4Mg1 500 – 640 400 – 440
EN AW-2014 Al Cu4SiMg aushärtbar 505 – 640 410 – 460
EN AW-6082 Al Si1MgMn 575 – 650 430 – 500
EN AW-7075 Al Zn5,5MgCu 475 – 635 350 – 450

Arbeitsablauf beim Schmieden


Der Arbeitsablauf des Schmiedens in einzelnen Schritten, ausgehend von
Strangguß- oder Strangpreßvormaterial, ist in Bild 10.5.1 dargestellt. Der
Gesamtablauf kann in die Grundabschnitte Formgebung, Wärmebehand-
lung und Kontrolle unterteilt werden.

Bild 10.4.3 Arbeitsablauf beim Gesenkschmieden (Quelle: Alcan-Singen)

Schmiedeteile aus aushärtbaren Legierungen erfordern nach dem


Schmieden eine separate Wärmebehandlung, bestehend aus Lösungsglü-
hen, Abschrecken und anschließender Kalt- bzw. Warmauslagerung. Nach
10.5 Gestalten von Schmiedeteilen 473

dem Abschrecken werden die Teile in einem Kalibrierschlag zwischen 1


bis 3 % kalt gestaucht, um Verzug und Eigenspannungen zu beseitigen.
Die Qualitätskontrolle beginnt bereits bei der Herstellung des Vormate-
rials und schließt die Kontrolle der chemischen Zusammensetzung, von
Gefügefehlern, Oxideinschlüssen und Materialtrennungen ein. Die End-
kontrolle beinhaltet Kontrolle der Maße, der Oberfläche im Hinblick auf
Schmiedefalten und Grobkorn (Makroätzung) sowie der stichprobenartig
ermittelten Festigkeitswerte.

10.5 Gestalten von Schmiedeteilen


Beim Entwurf von Schmiedeteilen müssen gewisse Gestaltungsregeln ein-
gehalten werden, die den Stofffluß und prozeßbedingte Gestaltungsgren-
zen berücksichtigen. Beispielsweise sind Hinterschneidungen nur mit er-
heblichem Werkzeugaufwand zu erzielen. Rippen, Seitenwände und
Bodendicken sowie deren Schrägen und Rundungen unterliegen Beschrän-
kungen, die zusammen mit erzielbaren Toleranzen in DIN EN 586-Teil 3
ausführlich erläutert werden.
Bei der Auslegung von Schmiedeteilen ist darauf zu achten, daß Kerben
und große Steifigkeitssprünge vermieden werden. Dies gilt insbesondere
dann, wenn die Teile Sicherheitsansprüchen und schwingender Beanspru-
chung genügen müssen, was der Regelfall ist. Die in Bild 10.5.1 plakativ
dargestellten Fälle sollen daran erinnern, daß gerade durch die Formge-
bungsmöglichkeiten des Schmiedens konstruktive Kerben vermieden wer-
den können (Lowak et al. 1992).

Bild 10.5.1 Gestalten von Schmiedeteilen für hohe Schwingbeanspruchungen


(Quelle: Otto-Fuchs Metallwerke)

Ein Praxisbeispiel aus der früheren Entwicklung eines Radschwenkla-


gers für einen PKW macht deutlich, welche Bedeutung Kerben in hochbe-
anspruchten Bauteilen für die erzielbare Lebensdauer haben können, s.
474 10 Schmieden von Aluminium

Bild 10.5.2. Dies gilt insbesondere immer dann, wenn solche Kerben durch
spanende Bearbeitung an Paß- und Anlageflächen entstehen, wo die
Schmiedefaser angeschnitten wird. Durch das Entschärfen der konstrukti-
ven und Bearbeitungskerben wurde bei dem dargestellten Bauteil die glei-
che Schwingfestigkeit wie bei dem zu ersetzenden Stahlschmiedeteil aus
hochfestem Ck45 erreicht. Die verwendete Legierung war zunächst eine
hochfeste Legierung des Typs AlZnMgCu0,5, die in der letzten Baustufe
durch die mittelfeste, weniger kerbempfindliche und korrosionsbeständige
Legierung AlSi1MgMn (EN AW-6082-T6) ersetzt wurde. Dabei wurde
gegenüber dem baugleichen Stahlschmiedeteil eine Gewichtsersparnis von
50 % verwirklicht (Ostermann et al. 1978).

Bild 10.5.2 Entwicklungsstufen eines geschmiedeten Aluminiumschwenklagers


(Ostermann et al. 1978)
11 Kaltfließpressen von Aluminium

11.1 Charakteristische Merkmale von Kaltfließpreßteilen

Das Kaltfließpressen von Aluminium und Aluminiumlegierungen ist aus


umformtechnischer und aus anwendungstechnischer Sicht eine hochinte-
ressante Fertigungstechnik mit drei wesentlichen Merkmalen; (1) die große
Formenvielfalt, s. Bild 11.1.1, (2) die nahezu endkonturgenaue Fertigung
von Funktionsflächen und (3) das hohe Ausbringungsverhältnis (häufig
mehr als 85%) von Einsatzgewicht zu Fertigteilgewicht. Obwohl die
Mehrheit der Produktion den Bereich Tuben und Dosen bedient, sind be-
sonders die Herstellmöglichkeiten technischer Fließpreßteile für Anwen-
dungen in der Fahrzeug-, Elektro- und Maschinenbautechnik interessant.
Bild 11.1.2 zeigt als technisch anspruchsvolles Beispiel die Sicherheits-
lenksäulen für den PKW-Bau sowie Anwendungsbeispiele aus dem Be-
reich der Elektrotechnik.

Bild 11.1.1 Formenbeispiele für technische Kaltfließpreßteile aus Aluminium und


Aluminiumlegierungen
476 11 Kaltfließpressen von Aluminium

Bild 11.1.2 Beispiele für Kaltfließpreßteile (a) Sicherheitslenksäulen für den


PKW-Bau (Quelle: Raufoss); (b) in der Elektro- und Elektronikindustrie (Quelle:
Amefo)

Die obigen Formenbeispiele können aus einem Rohling – dem Butzen –


in einem Arbeitsgang durch überwiegend axiale Materialverdrängung in
oder entgegen der Preßrichtung erzeugt werden. Die wichtigsten Gestal-
tungsmerkmale von Kaltfließpreßteilen sind:
• kreiszylindrischer, ovaler oder rechteckiger Querschnitt
• voller oder hohler Querschnitt
• dünne, dicke, abgesetzte oder konifizierte Wände
• voller oder gelochter Boden, 10 bis 25% dicker als die Wand
• Boden mit Flanschen, Ausprägungen, Zapfen, Ohren, Auskehlungen
und Versteifungen
• einfache oder mehrfache Wände
• Wände innen und/oder außen mit versteifenden Rippen
• schraubenförmige Wandrippen und -nuten (nur bis zum Selbsthem-
mungswinkel)
• keine Hinterschneidungen (Ausnahme: durch Querfließpressen)

Die Gestaltungsmöglichkeiten von Kaltfließpreßteilen lassen sich ganz


erheblich erweitern, wenn das Fließpressen im Zusammenhang mit ande-
ren Verarbeitungsverfahren gesehen wird. Hierzu zählen sowohl die span-
enden als auch die umformenden Bearbeitungsverfahren. Ein Beispiel für
die geschickte Kombination von Kaltfließpressen und spanender Drehbe-
arbeitung ist in Bild 11.1.3 dargestellt (Asbøll et al. 1991, Kretz 1992).
Durch Wand- und Bodennuten oder -wulste im fließgepreßten Rohteil las-
11.2 Aluminium für technische Fließpreßteile 477

sen sich in einer Aufspannung bei der Drehbearbeitung Durchbrüche in


Wand und Boden erzielen.

Bild 11.1.3 Seitliche Durchbrüche durch Kombination von Kaltfließpressen und


Drehbearbeitung. (a) Fließpreßteil, (b) nach Zerspanen (Quelle: Kretz, Alutec)

Die Kombination mit spanlosen und spanenden Formgebungsverfahren


bietet eine solche Fülle an Gestaltungsmöglichkeiten, daß der Konstrukteur
und Fertigungstechniker sich herausgefordert fühlen sollte, seine ganze
Phantasie und Kreativität einzusetzen. Mit dem Innenhochdruckumformen
von Kaltfließpreßteilen können z.B. Nebenformelemente (Hinterschnei-
dungen) quer zur Preßrichtung des Fließpreßteils hergestellt werden (Os-
termann 1992, Siegert 1992, Kretz 1992, Schlosser 1992, Kretz 1995),
Schlosser 1995). Durch Halbwarm- und Warmumformen können die
Formänderungsgrenzen der Legierungen deutlich erweitert werden und
ähnlich den Formgußteilen ganze Bauteilgruppen zu einem Bauteil verei-
nigt werden. Der Wegfall von Fügeoperationen und damit verbundenen
Schwachstellen ist vor allem für komplexe Sicherheitsteile von großem In-
teresse.

11.2 Aluminium für technische Fließpreßteile


11.2.1 Vormaterial: Butzen

Das Erreichen einer nahezu einbaufertigen Endform von Kaltfließpreßtei-


len setzt eine präzise Dosierung des Vormaterials voraus. Butzen oder
478 11 Kaltfließpressen von Aluminium

Ronden in Reinaluminiumqualitäten werden aus gewalzten Bändern oder


aus Gießband gestanzt, das mit einem Kalibrierwalzstich mit engen Tole-
ranzen versehen wird. Legierungsbutzen, die nicht nach diesen Verfahren
hergestellt werden können, werden aus Stangenvormaterial gesägt, das ü-
ber Stranggießen und Strangpressen und mit einem abschließenden Kalib-
rierzug erzeugt wird. Spezifikationen über die Beschaffenheit von gestanz-
ten oder gesägten Butzen aus Aluminiumhalbzeug sind der DIN EN
570:1994 zu entnehmen.
Um die Preßkräfte gering, die Werkzeugstandzeiten und das Fließver-
mögen des Werkstoffs hoch zu halten, werden die Butzen in der Regel
durch Weichglühen in einen Zustand geringster Festigkeit gebracht. Dabei
ist gleichzeitig über dem Butzenquerschnitt ein regelmäßiges faseriges o-
der feinkörniges Gefüge anzustreben. Mischgefüge kann durch örtlich un-
terschiedliche Fließeigenschaften zu Form- und Toleranzfehlern am Fließ-
preßteil führen.
Neben den engen Grenzabmaßen und dem fließpreßgeeigneten Werk-
stoffzustand ist die Beschaffenheit der Butzenoberfläche für den
Fließpreßprozeß von erheblicher Bedeutung, da sie als Schmierstoffträger
besondere Ansprüche zu erfüllen hat. Bei den üblichen, hohen Umform-
graden zwischen 50 und 95 % und der dadurch sich entsprechend vergrö-
ßernden Oberfläche muß ein genügendes Schmierstoffangebot vorliegen.
Die Butzenoberfläche wird deshalb durch Scheuern, Strahlen oder Trom-
meln aufgerauht. Bei mittel- bis hochfesten Aluminiumlegierungen und
größeren Umformgraden ist eine Konversionsschicht aus Zinkphosphat,
Kalziumaluminat oder Aluminiumfluorid als Schmierstoffträger notwen-
dig.
Als Schmierstoffe werden verwendet:
• Zinkstearat und -behenat (nicht wasserlöslich)
• Alkaliseifen (wasserlöslich)
• flüssige Schmierstoffe auf Ölbasis (wasserlöslich).

Hauptsächlich aus Umweltschutzgründen sind wasserlösliche Schmier-


stoffe wie Alkaliseifen und flüssige Schmierstoffe auf Ölbasis von Interes-
se. In Konkurrenz zu Zinkstearat und -behenat stehen heute Fabrikate auf
Paraffinbasis mit optimaler Wasserlöslichkeit ohne chlorierte Lösungsmit-
tel und Schwermetallseifen, sowie wasserlösliche, lösemittelfreie Schmier-
mittel auf Alkaliseifenbasis oder flüssige Schmierstoffe auf Ölbasis. Die
Wahl der Art, Menge und Aufbringung des Schmierstoffs wird an anderer
Stelle ausführlich behandelt (Schlosser 1992).
11.2 Aluminium für technische Fließpreßteile 479

11.2.2 Aluminiumlegierungen für das Kaltfließpressen

Grundsätzlich eignen sich zum Kaltfließpressen alle Rein- und Reinst-


aluminiumsorten sowie Aluminiumlegierungen nach DIN EN 573-Teile
1–4:2004. Hinzu kommen eine Vielzahl von Werkslegierungen und Son-
derwerkstoffen für spezielle Anwendungsfälle. Eine Auswahl von natur-
harten und aushärtbaren Legierungen für das Kaltfließpressen mit einer
breiten Festigkeitsskala von 100 bis 600 N/mm²enthält Tabelle 11.2.1.

Tabelle 11.2.1 Fließpreßbarkeit und Verwendbarkeit von Legierungen (nach DIN


EN 573) für das Kaltfließpressen
Legierungsbezeichnung Aushärt- Fließpreß- Verwendungsmerkmale
EN AW- barkeit barkeit 1)
Numerisch Chem. Symbol
1098 Al99,98 naturhart 1 Glänzqualität
1050A Al99,5 naturhart 1
1200 Al99,0 naturhart 1
3103 AlMn1 naturhart 1,8
5310 Al99,98Mg0,5 naturhart 1,5 Glänzqualität
5754 AlMg3 naturhart 2,6
5049 AlMg2Mn0,8 naturhart 2,5
6060 AlMgSi aushärtbar 1,4
6061 AlMg1SiCu aushärtbar 1,7
6082 AlSi1MgMn aushärtbar 1,8
2017A AlCu4MgSi(A) aushärtbar 2,6 nur T4 Zustand verwenden
7020 AlZn4,5Mg1 aushärtbar 1,9 nur T6 Zustand verwenden
7075 AlZn5,5MgCu aushärtbar 2,8 nur T6/T7 Zustd. verwenden
6012 AlMgSiPb aushärtbar 1,8 Pb-Zusatz für Kurzspäne
2007 AlCu4PbMgMn aushärtbar 2,0 Pb-Zusatz für Kurzspäne
2011 AlCu6BiPb aushärtbar 2,6 Pb-Zusatz für Kurzspäne
1)
Vielfaches von kf bei ϕ = 1,0 für EN AW-1050A im Ausgangszustand weich

Rein- und Reinstaluminium sind die weichsten Aluminiumsorten mit


dem größten Formänderungsvermögen, d.h. es können sehr hohe Umform-
grade erzielt werden. Mit zunehmendem Verfestigungsvermögen und stei-
gendem Legierungsgehalt vermindert sich die Umformbarkeit. Tabelle
11.2.1 gibt weiterhin einen qualitativen Überblick über die Kaltfließpreß-
eignung der verschiedenen Legierungen. Die Angaben basieren auf einem
Vergleich der Fließspannungen kf bei einem Umformgrad von ϕ = 1,0 aus
Torsionsversuchen an den verschiedenen Legierungen. Die Zahlenangaben
480 11 Kaltfließpressen von Aluminium

sind ein Vielfaches des entsprechenden Wertes für Reinaluminium Al99,5.


Zahlenwerte >1 bedeuten zunehmend schwierigere Fließpreßbarkeit. Au-
ßerdem wird unter Verwendungsmerkmalen darauf verwiesen, daß einige
Legierungen nur in dem angegebenen Zustand eingesetzt werden sollen (s.
hierzu auch die speziellen Angaben in Kap. 3 und Kap. 5).
Die Festigkeitseigenschaften von Kaltfließpreßteilen aus nicht aushärt-
baren („naturharten“) Legierungen sind abhängig von der Ausgangsfestig-
keit der weich geglühten Butzens und vom jeweiligen Grad der Umfor-
mung, sofern sie keiner thermischen Nachbehandlung unterzogen werden.
Da über dem Längsschnitt des Fließpreßteils die verschiedenen Zonen ges-
taltbedingt unterschiedliche Umformgrade erfahren können, liegt deshalb
im Regelfall ein inhomogener Festigkeitszustand vor. Durch Härtemes-
sungen oder durch eine Analyse der Umformgrade im Teil kann man mit
Hilfe der entsprechenden Fließkurven des Materials grobe Anhaltswerte
über das Festigkeitsniveau (Rp0,2) in den verschiedenen Zonen gewinnen.
Hierzu wird auf die im Anhang A.1.7 enthaltenen Fließkurven bzw. auf
entsprechende andere Literaturquellen (DGM 1987) verwiesen. Tabelle
11.2.2 gibt einige Anhaltswerte für die Festigkeit von kaltverfestigten
Fließpreßteilen aus nicht aushärtenden Legierungen.

Tabelle 11.2.2 Typische Festigkeitseigenschaften von kaltfließgepreßten Teilen


aus nicht aushärtbaren Legierungen
Legierungsbezeichnung Rp0,2 Rm A5 HB
Numerisch Chem. Symbol [MPa] [MPa] [%]
EN AW-1098 Al99,98 80 100 6 30
EN AW-1050A Al99,5 100 120 4 40
EN AW-1200 Al99,0 110 130 4 45
EN AW-3103 AlMn1 145 170 4 50
EN AW-5310 Al99,98Mg0,5 110 140 4 45
EN AW-5754 AlMg3 215 265 4 70
EN AW-5049 AlMg2Mn0,8 210 250 4 70

Fließpreßteile aus aushärtbaren Legierungen, die aus weich geglühten


Butzen hergestellt wurden, müssen einer kompletten Wärmebehandlung
bestehend aus Lösungsglühen, Abschrecken und Kalt- bzw. Warmausla-
gern unterzogen werden, um die vollen Festigkeitsniveaus auszuschöpfen,
s. Abschn. 3.8. Die daraus resultierenden typischen Festigkeitseigenschaf-
ten sind im Anhang, Tabelle A.1.2, enthalten.
Die Lösungsglühung von Fließpreßteilen kann jedoch zu Rekristallisati-
on führen, wobei die Gefahr von Grobkorn zu berücksichtigen ist. Grob-
korn wird vor allem in den Zonen der Zwischenböden erwartet, da hier der
11.2 Aluminium für technische Fließpreßteile 481

Umformgrad in der Regel am geringsten ist. Weiterhin wird durch die Lö-
sungsglühung und das nachfolgende Abschrecken ein Eigenspannungszu-
stand erzeugt, der bei dünnwandigen Teilen zu Verzug führt und Richt-
oder Kalibriervorgänge notwendig machen kann. Verzug kann auch wäh-
rend der nachfolgenden Zerspanung dickwandiger Teile auftreten. Das Ei-
genspannungsniveau wird zwar durch eine Warmaushärtung um ca. 10 bis
30% vermindert, jedoch nicht vollständig reduziert. Bei Fließpreßteilen
aus aushärtbaren Legierungen, bei denen die nach der Wärmebehandlung
vorliegenden Eigenspannungen nicht toleriert werden können, muß man
andere Fertigungswege beschreiten, die nachfolgend beschrieben wird.

11.2.3 Alternative Ausgangszustände für das Kaltfließpressen

Verarbeitung im Zustand „frisch abgeschreckt“


Nach dem Lösungsglühen und Abschrecken liegen aushärtbare Legierun-
gen in einem übersättigten, instabilen Gefügezustand vor, der sich ähnlich
wie der Gefügezustand nach Weichglühen durch niedrige Festigkeitswerte
und hohe Duktilität auszeichnet und für Kaltformgebungen eignet. Gegen-
über dem weichen, stabilen Zustand ist jedoch der Zeitpunkt der Verarbei-
tung von Bedeutung, da der Fließwiderstand nach kurzer Zeit bei Raum-
temperatur deutlich zunimmt und gleichzeitig das Umformvermögen
abnimmt. Die Zunahme des Fließwiderstandes ist eine Folge beginnender
Ausscheidungshärtung, die bei den meisten Aluminiumlegierungen nach
ca. 1 Stunde nach dem Abschrecken einsetzt. Die Geschwindigkeit der
Kaltaushärtung ist jedoch abhängig von der Art und Konzentration der Le-
gierungselemente. Im Vergleich zum weichen Zustand ist der übersättigte,
frisch abgeschreckte Gefügezustand außerdem gekennzeichnet durch ein
etwas stärkeres Verfestigungsvermögen.
Kaltfließpressen im Zustand „frisch abgeschreckt“ ist bei Berücksichti-
gung des Zeitfaktors durchaus eine Alternative zum Verarbeiten im Zu-
stand „weich“. Der Vorzug dieser Fertigungsalternative liegt im Vermei-
den einer Lösungsglühung mit den beschriebenen Problemen des Verzugs,
da nach dem Fließpressen bei einigermaßen homogenen Fließverhältnissen
ein von Eigenspannungen weitgehend freies Fließpreßteil vorliegt. Gleich-
zeitig liegt ein verfestigtes, teilweise faseriges Gefüge vor.
Anschließende Kalt- oder Warmaushärtung verbessert das Festigkeits-
niveau und bei bestimmten Legierungen die Korrosionseigenschaften. Der
Einfluß der Kaltverfestigung auf das Aushärtungsverhalten ist jedoch le-
gierungsabhängig, s. hierzu die Ausführungen in den Abschn. 3.2.4 bis
3.2.6.
482 11 Kaltfließpressen von Aluminium

Die Voraussetzung für diese Fertigungsalternative ist die Notwendigkeit


einer weitgehend verketteten Fertigungslinie, d.h. einer Integration der Lö-
sungsglühbehandlung in den Fertigungsablauf.
Das Fließverhalten lösungsgeglühter und abgeschreckter Aluminiumle-
gierungen in Abhängigkeit von der Lagerzeit wird durch die Torsions-
fließkurven dargestellt, die im Anhang A.1.7 wiedergegeben sind (Oster-
mann 1974).

Verarbeitung im Zustand „stabilisiert“


Die vollen Aushärtungswerte bei der Warmauslagerung nach einer Kalt-
verformung kann man erhalten, wenn das Material nach dem Abschrecken
durch eine kurzzeitige Vorauslagerung bei entsprechenden Temperaturen
„stabilisiert“ wird. Ein stabilisierter Ausgangszustand ist insbesondere für
die mittelfesten AlMgSi-Legierungen von besonderem Interesse, s.
Abschn. 3.2.4, kann aber auch bei anderen Legierungstypen positive Fes-
tigkeitswirkung haben.
Die Erklärung für diesen Stabilisierungseffekt ist darin zu sehen, daß
durch die Teilauslagerung die Keimbildung der für die Warmaushärtung
maßgebenden Ausscheidungsphasen ausreichend stattgefunden hat und
sich somit der Einfluß der Versetzungsanhäufungen infolge der plastischen
Verformung auf die Keimbildung nicht mehr auswirken kann.
Auf diese Weise ist man in der Lage, hochfeste Fließpreßteile mit hoher
Genauigkeit und ohne Verzugsrisiko bei nachfolgender Zerspanung herzu-
stellen.

Verarbeitung im Zustand „kaltverfestigt“


Diesen Ausgangszustand wird man dann berücksichtigen, wenn es sich um
naturharte, nicht aushärtbare Legierungen handelt und man im Fließpreß-
teil eine gewisse Mindestfestigkeit und gleichmäßigere Festigkeitswerte
erzielen möchte. Da die Abhängigkeit des Fließwiderstandes kf vom Um-
formgrad ϕ einer parabolischen Funktion entspricht, wirkt sich nach einer
Vorverfestigung die weitere Umformung nicht mehr so stark härte- bzw.
festigkeitssteigernd aus. Voraussetzung für den Einsatz solcher Ausgangs-
zustände ist die für die gewünschte Formgebung ausreichend verbliebene
Umformbarkeit. Gegenüber dem Warmformgebungszustand sind ver-
festigte Werkstoffzustände durch vorgeschriebene Festigkeitseigenschaf-
ten eindeutig definiert.
11.2 Aluminium für technische Fließpreßteile 483

Verarbeitung im Zustand „warmausgehärtet“

In Sonderfällen kann auch warmausgehärtetes Vormaterial eingesetzt wer-


den. Diese Alternative wird man dann berücksichtigen, wenn sehr hohe
Festigkeitswerte ohne zusätzliche Wärmebehandlung sowie enge Toleran-
zen erreicht werden sollen. Hierfür sind besonders die niedrigfesteren Va-
rianten der Legierungsgruppe AlMgSi (EN AW-6xxx) geeignet, da gute
Gebrauchseigenschaften, insbesondere die Korrosionseigenschaften, auch
nach starker Kaltverfestigung im warmausgehärteten Zustand vorliegen.
Voraussetzung allerdings ist, daß für die Formgebung eine ausreichende
Umformbarkeit, befriedigende Werkzeugstandzeiten und genügende Ma-
schinenkapazität gegeben sind. Die aushärtbaren Legierungen der Gruppen
AlCuMg (EN AW-2xxx) und AlZnMgCu (EN AW-7xxx) sollten aus
Gründen verläßlicher Gebrauchseigenschaften nur in vorgeschriebenen
Aushärtungszuständen verwendet werden.
Man wird diesen Ausgangszustand dann wählen, wenn es sich um kom-
pakte, dickwandige Teile handelt, an die hohe Festigkeits- und Präzisions-
forderungen gestellt werden und eine nachfolgende Zerspanung notwendig
ist. hÄnlich wie bei kaltverfestigtem Vormaterial ist auch das Verfesti-
gungsvermögen warmausgehärteter Legierungen deutlich geringer als in
den weicheren Zuständen „weich“ oder „abgeschreckt“, so daß eine
gleichmäßigere Härteverteilung als Endergebnis vorliegt.

Bild 11.2.1 Einfluß des Verarbeitungszustandes auf Gefüge und Festigkeitswerte


von Kaltfließpreßteilen aus Legierung 6060-T6. a) fließgepreßt im Zustand weich
mit anschließender T6-Wärmebehandlung (Rp0,2/Rm/A5 = 263/296/11); b) fließ-
gepreßt im Zustand T6 (Rp0,2/Rm/A5 = 310/322/6) (Becker 1987).
484 11 Kaltfließpressen von Aluminium

11.3 Fließpreßverfahren

11.3.1 Grundverfahren des Fließpressens

Die Grundverfahren des Fließpressens lassen sich unterteilen


• nach der Richtung des Stoffflusses bezüglich der Wirkrichtung der Ma-
schine in Vorwärts-, Rückwärts- und Querfließpressen,
• nach der Werkstückgeometrie in Voll-, Hohl- und Napffließpressen.

Daraus ergeben sich die Verfahrensvarianten Voll-Vorwärts-, Voll-Rück-


wärts-, Hohl-Vorwärts-, Hohl-Rückwärts- sowie Napf-Vorwärts-, Napf-
Rückwärts- und das Voll-Quer- und das Hohl-Quer-Fließpressen. Die Bil-
der 11.3.1 und 11.3.2 skizzieren diese verschiedenen Verfahren, Abläufe
und Werkzeugelemente. Neben Kombinationen dieser Grundverfahren
können auch Fließpreßverfahren mit anderen Massivumformvorgängen
wie Stauchen, Formpressen, Prägen, Verjüngen und Abstreckgleitziehen

Bild 11.3.1 Werkzeugelemente und Grundverfahren des Fließpressens. (a) Voll-


Vorwärts-, (b) Voll-Rückwärts-, (c) Hohl-Vorwärts-, (d) Hohl-Rückwärts-, (e)
Napf-Vorwärts-, (f) Napf-Rückwärts-Fließpressen. (1) Stempel, (2) Preßbüchse
(Aufnehmer), (3) Werkstück, (4) Auswerfer, (5) Gegenstempel, (6) Dorn (festste-
hend)
11.3 Fließpreßverfahren 485

Bild 11.3.2 Werkzeugelemente und Grundverfahren des Querfließpressens


(a) Voll-Quer-Fließpressen, (b) Napf-Quer-Fließpressen. (1) Stempel, (2) Ober-
preßbüchse, (3) Werkstück, (4) Unterpreßbüchse, (5) Gegenstempel, (6) Dorn

kombiniert werden. Alle Fließpreßverfahren lassen sich sowohl bei Raum-


temperatur (Kaltfließpressen) als auch nach Erwärmen auf eine werkstoff-
und verfahrensspezifische Arbeitstemperatur (Halbwarm-, Warmfließpres-
sen) durchführen.
Die Verfahren unterscheiden sich z.T. erheblich in dem Reibungsanteil
an der Gesamtpreßkraft und in der Homogenität des Stoffflusses. Z. B. ist
der Reibungsanteil beim Vorwärts-Fließpressen durch Reibung zwischen
Butzen und Preßbüchsenwand deutlich größer als beim Rückwärts-Fließ-
pressen (vgl. direktes und indirektes Strangpressen, Abschn. 9.1). Bei den
vier Grundverfahren Voll-Vorwärts-, Voll-Rückwärts-, Hohl-Vorwärts-
sowie Hohl-Rückwärts-Fließpressen bildet sich nach anfänglichem instati-
onärem Materialfluß beim Anpressen ein homogener, stationärer Materi-
alfluß heraus, wie durch das Gitterliniennetz in Bild 11.3.3 dargestellt ist
(Siegert 1995).

Bild 11.3.3 Werkstofffluß beim Voll-Vorwärts-Fließpressen. FEM-Ergebnisse


486 11 Kaltfließpressen von Aluminium

Demgegenüber ist die Verteilung der Formänderung für das Napf-


Rückwärts-Fließpressen deutlich inhomogen, d.h. es handelt sich um einen
instationären Vorgang, s. Bild 11.3.4. Größtwerte für die Formänderung
werden im Bereich der Stempelkante erreicht. Die Formänderungsvertei-
lung über dem Querschnitt beim Quer-Fließpressen ist ebenfalls inhomo-
gen. Die größten Formänderungen treten in der Fließscheide auf. Bei zwei-
seitiger Krafteinleitung fließt der Werkstoff am gleichmäßigsten in die
Nebenformelemente, da keine starren Werkstoffbereiche und schroffen
Geschwindigkeitsgradienten auftreten.

Bild 11.3.4 Inhomogene Formänderungsverteilung beim Napf-Rückwärts-Fließ-


pressen

Interessant in bezug auf die Erweiterung des herstellbaren Formenspekt-


rums sind die Kombinationen mehrerer Grundverfahren des Fließpressens
in einen einzelnen Verfahrensablauf. Unterschieden wird hierbei nach Ver-
fahrenskombinationen, die in zeitlicher Folge gesteuert nacheinander ab-
laufen, und in solche, die gleichzeitig, ungesteuert stattfinden. Bei gesteu-
ert nacheinander ablaufenden Teilvorgängen wird der Werkstofffluß
zwangsweise über die Bewegung der Aktivteile bestimmt.
Für alle Kombinationen gilt, daß bei gleichzeitigem unbehinderten Flie-
ßen die benötigte Kraft kleiner oder höchstens gleich der Kraft für den
Vorgang ist, der die geringere Kraft erfordert (Prinzip des kleinsten Zwan-
ges). Bei unterschiedlichen relativen Querschnittsänderungen εF der Teil-
vorgänge ergibt sich die Gesamtpreßkraft für die Kombination aus dem
Kraftbedarf des Teilvorgangs mit geringerem εF. Der Umformvorgang ist
11.3 Fließpreßverfahren 487

somit selbstregelnd. Es wird zu jedem Zeitpunkt ein Minimum an Um-


formleistung benötigt. (Schlosser 1995)

11.3.2 Werkzeuge für das Kaltfließpressen

Aufgrund der hohen Kosten für Verfahrens- und Werkzeugentwicklung ist


das Fließpressen nur für hohe und mittlere Stückzahlen geeignet. Demnach
müssen die Fließpreßwerkzeuge so ausgelegt sein, daß sie hohe Stand-
mengen erreichen. In der Praxis werden vorwiegend Werkzeugsysteme
eingesetzt, die aus genormten Grundgestellen und den werkstückspezifi-
schen Aktivteilen (Wechselteile) bestehen. Dies sind vor allem Preßstem-
pel, Preßbüchse (meist als Armierungsverband) und Gegenstempel/Aus-
werfer.
Werkzeuge für Aluminium-Fließpreßteile werden vor allem auf Ver-
schleiß beansprucht. Werkzeugbruch spielt beim Fließpressen von Alumi-
nium als Versagenskriterium meist nur bei schwer verpreßbaren, höherfes-
ten Aluminiumwerkstoffen eine Rolle. Die Forderungen nach technischen
Fließpreßteilen aus schwer preßbaren Aluminiumlegierungen sind nur
mit hochbeanspruchbaren, geometrisch schwierigen Werkzeugen zu erfül-
len.
Aufgrund der Belastungen werden von den Werkzeugwerkstoffen Fes-
tigkeit, Härte, Zähigkeit und Verschleißbeständigkeit gefordert. Die Aus-
wahl eines Werkstoffs stellt deshalb immer einen Kompromiß dar. Für
Kaltfließpreßwerkzeuge werden vorwiegend Werkzeugstähle eingesetzt.
Dafür sprechen die geringeren Stoff- und Verarbeitungskosten, die höhe-
ren Zähigkeits- und Zugfestigkeitswerte.
Hartmetalle werden dann vorteilhaft verwendet, wenn hoher Ver-
schleißwiderstand verlangt ist, wie z.B. bei Werkzeugen für große Serien
oder eng tolerierten Werkstücken. In diesem Falle ist eine Armierung der
Hartmetallmatrize erforderlich.

11.3.3 Kraftbedarf beim Kaltfließpressen

Für die Auslegung der Fließpreßwerkzeuge und für die Beurteilung der er-
forderlichen Maschinenkapazität müssen die zu erwartenden Umformkräf-
te bekannt sein. Sie werden bei Verfahren mit quasi-stationärem Stofffluß
mit guter Näherung aus der Fließkurve kf(ϕ), dem Umformgrad εFmax = (F0-
F1)/F0 bzw. ϕmax = ln (F0/F1), dem umzuformenden Materialvolumen V und
dem Umformwirkungsgrad η, der die Reibungsverluste im Werkzeug be-
rücksichtigt, ermittelt. Die Grundverfahren Voll-Vorwärts-, Voll-Rück-
488 11 Kaltfließpressen von Aluminium

wärts-, Hohl-Vorwärts- sowie Hohl-Rückwärts-Fließpressen gehören zu


den Fließpreßverfahren mit quasistationärem Stofffluß, d.h. die Formände-
rungsverteilung im Werkstückquerschnitt ist bis auf örtliche Abweichun-
gen homogen. Für die Ermittlung der Preßkräfte wird die effektive Um-
formarbeit Weff für das umgeformte Volumen V und für den dazu
erforderlichen Stempelweg hst wie folgt berechnet.
Die ideelle Verformungsarbeit Wid, die zum Erreichen des notwendigen
Verformungsgrades ϕmax aufgebracht werden muß, ergibt sich durch Integ-
ration der Fläche unter der Fließkurve bis zum Verformungsgrad ϕmax und
dem umgeformten Volumen V:
ϕ max
Wid =V ⋅ ∫ k f (ϕ ) ⋅ dϕ (11.3.1)
0

bzw. entsprechend dem Ludwikschen Fließgesetz Gl. (6.2.4.b)

k f max ⋅ ϕ max
Wid =V ⋅ (11.3.2)
1+ n

Die tatsächlich aufzuwendenden Umformarbeit Weff erhält man unter Be-


rücksichtigung eines Umformwirkungsgrades η

Wid
η= , (11.3.3)
Weff

der bei Aluminiumlegierungen und bei guten Schmierverhältnissen etwa


0,7 bis 0,8 beträgt (Roczyn 1992). Somit erhält man Weff, woraus sich mit
dem Stempelweg hst und V = hst·F0 ein Wert für die maximale Stempel-
kraft Pst, max errechnen läßt:

Weff k f ,max ⋅ ϕ max 1


Pst ,max = = F0 ⋅ ⋅ (11.3.4)
hst 1+ n η

Wegen der möglichen Ungenauigkeiten mit der Anwendung der Bezie-


hung ϕmax = ln(F0/F1) durch die unterschiedlichen Verformungsgrade im
Boden und in der Wand von Fließpreßteilen kann auch die vereinfachte
Annahme einer mittleren Fließspannung kf,m, aus dem entsprechenden Be-
reich der Fließkurve bereits brauchbare Anhaltswerte für den notwendigen
Kraftbedarf geben:
11.3 Fließpreßverfahren 489

1 F
Pst ,max = F0 ⋅ k f ,m ⋅ ⋅ ln 0 (11.3.5)
η F1

Die Grundverfahren Napf-Vorwärts-, Napf-Rückwärts- als auch das


Quer-Fließpressen gehören zu den Fließpreßverfahren mit instationärem
Stofffluß, wobei vorrangig das Napf-Rückwärts-Fließpressen angewendet
wird. Beim Napf-Rückwärts-Fließpressen wird der Werkstoff durch das
Eindringen des Stempels zuerst axial gestaucht, legt sich dabei radial an
die Preßbüchsenwand an und fließt dann durch den formgebenden Ring-
spalt zwischen Stempel und Aufnehmer entgegen der Stempelbewegung
entlang der Preßbüchsenwand ab. Wegen des inhomogenen Umformvor-
ganges läßt sich der Formänderungszustand nur angenähert nach der Be-
ziehung ϕmax = ln (F0/F1) beschreiben. In der Praxis wird als Vergleichs-
kennwert meistens die relative Querschnittsänderung εF max = (F0 - F1)/F0
herangezogen, sofern keine detaillierte FEM-Berechnung durchgeführt
wird.
Für die Ermittlung des Kraftbedarfs beim Fließpressen gibt es in der
einschlägigen Literatur zahlreiche weitere, teils theoretische, teils empiri-
sche Ansätze, Tabellen und Nomogramme, s. z.B. (Geiger 1988).
12 Aluminiumblechumformung

Im Unterschied zur Massivumformung hat die Blechumformung zum Ziel,


aus einem Flachprodukt ein räumliches Gebilde herzustellen, ohne die
Blechdicke wesentlich zu verändern. Die Formänderung findet daher pri-
mär in der Blechebene unter ebenem Spannungszustand statt.
Die Grundverfahren der Blechumformung sind das Tiefziehen und
Streckziehen sowie das Biegen (Abkanten, Bördeln), bei denen sich
Stauch- und Streckverformungen in der Blechebene bzw. über der Blech-
dicke vollziehen und sich unterschiedliche Dehnungszustände und -abläufe
einstellen. Da Spannungs- und Dehnungszustände die Fließ- und Bruchei-
genschaften des Werkstoffs beeinflussen, ist Umformbarkeit (Tiefziehbar-
keit, Streckziehbarkeit und Biegefähigkeit) als Werkstoffeigenschaft ein
komplexes Thema, s. Abschn. 6.7 und 12.1.
Die notwendigen Umformkräfte werden durch das Werkzeugsystem
(Matrize, Stempel und Niederhalter) in die Werkstückplatine eingebracht
und führen durch die Formänderungen zu Relativbewegungen zwischen
Werkzeug und Werkstück unter unterschiedlichen Anpreßdrücken. Die
dort herrschenden Reibungsverhältnisse werden bestimmt durch die
Grenzflächen- und Gleiteigenschaften von Werkstoff und Werkzeug und
wirken gerade bei Aluminiumwerkstoffen erheblich auf das Umformer-
gebnis, wie in Abschn. 12.2 erläutert wird. Zudem ist der Werkzeugaufbau
und die Pressensteuerung von entscheidender Bedeutung für die Steuerung
des Werkstoffflusses beim Umformvorgang.
Letztlich wird vor und nach dem Umformprozeß ein Trennvorgang
durch Schneiden oder Beschneiden erforderlich, wobei weder ein übermä-
ßiger Grat noch eine Flitterbildung entstehen sollte, um zusätzliche Maß-
nahmen zu vermeiden und um die nachfolgenden Operationen von Ober-
flächenbehandlung und Montage nicht zu beeinträchtigen, s. Abschn. 12.3.
Die vorstehend erläuterte Problemsituation der Blechumformung von
Aluminiumlegierungen wird im folgenden behandelt, ohne auf die heute in
der industriellen Blechformteileherstellung übliche und erprobte FE-Si-
mulation näher einzugehen. Hierzu wird auf die einschlägige Fachliteratur
verwiesen. Das gleiche gilt für Sonderverfahren der Blechumformtechnik
wie Drücken, Innenhochdruckumformung und hydromechanisches Tief-
492 12 Aluminiumblechumformung

ziehen, die jedoch in Sonderfällen für die Aluminiumblechverarbeitung in


Einzel- und Kleinserien durchaus Bedeutung haben können.

12.1 Werkstoffeigenschaften für die Blechumformung


12.1.1 Werkstoffeigenschaften aus Zugversuchen

Eine Reihe von wichtigen Kennwerten für die Blechumformung wird aus
dem Zugversuch gewonnen. Hierzu zählen die 0,2%-Dehngrenze Rp0,2, die
Zugfestigkeit Rm, die Gleichmaßdehnung Ag, die aus dem Spannungs-Deh-
nungsdiagramm ermittelte Fließkurve kf = f(ϕ) mit den Materialkennwer-
ten K und n entsprechend der Ludwik-Holloman Beziehung kf = K·ϕ n (s.
Gl. (6.2.4b)) oder mit dem 4-Parameter Ansatz von Voce, s. Abschn. 6.2.
Durch die jeweils auf bestimmte Anwendungsforderungen abgestimmte
Prozeßkette des Warm- und Kaltwalzens einschließlich der Zwischen- und
Endglühungen erhält das Blechmaterial Texturen, die in der Blechebene
unterschiedliches Fließverhalten bewirken, s. Abschn. 8.2. Diese Anisotro-
pie der Eigenschaften wird durch den r-Wert, der sog. „senkrechten Ani-
sotropie“, gekennzeichnet, der in der Regel unter 0°, 90° und 45° zur
Walzrichtung (WR) in der Blechebene ermittelt und aus dem die mittlere
senkrechte Anisotropie rm nach Gl. (6.2.8) und die ebene Anisotropie ∆r
nach Gl. (6.2.9) berechnet wird. Details der Ermittlung und Bedeutung der
genannten Kennwerte sind in den Abschn. 6.1 und 6.2 beschrieben. Für ei-
ne Reihe von Aluminiumlegierungen sind diese an verschiedenen Chargen
unterschiedlicher Dicken, Werkstoffzustände und Hersteller ermittelten
Werte in Tabelle A.1.6 im Anhang aufgelistet und in Bild 6.2.3 dargestellt.
Ein Vergleich der einzelnen Datensätze reflektiert die Bandbreite der Ani-
sotropie, die sich bei verschiedenen Legierungen, Fertigungsabläufen und
Werkstoffzuständen einstellen können.
Die ebene Anisotropie ∆r kann bei Tiefziehprozessen zu Zipfelbildung
führen, was gleichbedeutend ist mit einer Blechdickenreduzierung und ge-
ringerem Fließwiderstand in Zipfelrichtung. Als allgemeine Feststellung
gilt, daß die Walztextur bei verfestigten Zuständen (H-Zustände) Zipfel in
der 45°-Lage zur WR erzeugt, die Rekristallisationstextur dagegen in
0°/90°-Lage zur WR. Auch der unterschiedliche Fließwiderstand kf in 0°-
und 90°-Lage wirkt auf die Zipfelhöhe. Es gilt, daß bei kf 0° < kf 90° die Zip-
felhöhe h0° > h90° ist und umgekehrt (Yoon et al. 1998).
Der Einfluß der Anisotropie auf die Dehnungsverteilung beim Umform-
prozeß muß bei rechnerischen Modellierungen des Umformprozesses be-
rücksichtigt werden. Mit Hilfe von aluminiumspezifischen Fließkriterien
von Barlat et al. (1997, 2003) und einem kommerziellen FE-Code (z.B.
12.1 Werkstoffeigenschaften für die Blechumformung 493

LS-DYNA, PAM-STAMP) lassen sich Art und Größe der Zipfelbildung


aus den im Zugversuch gemessenen r-Werten (Yoon et al. 1998) bzw. die
Dehnungsverteilung und Rückfederung von komplexeren Ziehteilen mit
guter Genauigkeit vorhersagen (Yoon et al. 2006), wobei in letzterem Fall
allerdings noch die werkstoffspezifische Fließortkurve vorliegen muß, s.
Abschn. 6.7.2.

12.1.2 Werkstoffeigenschaften aus technologischen Prüfungen

Obwohl der einachsige Zugversuch eine Reihe von umformtechnisch rele-


vanten Werkstoffkennwerten ergibt, sind die Verformbarkeitsgrenzen un-
ter den Spannungs- und Dehnungszuständen des Tief- und Streckziehens
bisher nur mit zusätzlichen Annahmen über den Bruchmechanismus und
mit hohem Rechneraufwand daraus zu ermitteln. Aus diesem Grunde sind
für die Durchführung von FE-Simulationen in der Blechumformung, aber
auch für die Beurteilung der Werkstoffeignung und für die betriebliche
Qualitätskontrolle einfache Prüfmethoden erforderlich, die den Technolo-
gien der Blechumformung verwandt sind. Hierzu zählen der Näpfchen-
ziehversuch nach Swift und der Erichsen Tiefungsversuch sowie der Beul-
versuch zur Ermittlung des Grenzformänderungsdiagramms.

Tiefziehprüfung (Näpfchenziehversuch nach Swift)


Beim Näpfchen-Tiefziehprüfung nach Swift werden aus dem zu prüfenden
Blech Ronden mit stufenweise verändertem Durchmesser (D0 = 55, 60, 65,
70 mm) gestanzt und in einer Zieheinrichtung zu einem zylindrischen Napf
mit flachem Boden und mit einem konstanten Stempeldurchmesser von d0
= 33 mm gezogen, s. Bild 12.1.1. Es wird der maximal tiefziehbare Ron-
dendurchmesser D0,max ermittelt, woraus sich durch Bezug auf den Stem-
peldurchmesser d0 das Grenzziehverhältnis βmax = D0,max / d0 ergibt.
Die Niederhalterkraft FN ist so einzustellen, daß in der Umformzone un-
ter dem Niederhalter keine Falten entstehen und andererseits die Stem-
pelkraft möglichst gering gehalten wird. Die Grenze der Tiefziehbarkeit ist
erreicht, wenn gerade noch ein vollständiger Napf gezogen werden kann,
ohne daß ein Anriß im Napfboden auftritt. Faltenbildung und Bodenreißer
begrenzen den Arbeitsbereich für ein optimales Ziehverhalten in Abhän-
gigkeit von der Niederhalterkraft, wie schematisch in Bild 12.1.2 darge-
stellt ist. Voraussetzung ist eine möglichst geringe Reibung zwischen
Ronde, Ziehring und Niederhalter durch ausreichende Schmierung.
494 12 Aluminiumblechumformung

Bild 12.1.1 Näpfchenziehversuch nach Swift für Blechdicken bis 3 mm. D0 =


Rondendurchmesser, d0 = Stempeldurchmesser, t0 = Blechdicke der Ronde, rSt =
Stempelkantenradius, FSt = Stempelkraft, FN = Niederhalterkraft, dm = Matrizen-
durchmesser, rm = Matrizenradius

Bild 12.1.2 Arbeitsbereich für erfolgreiches Napfziehen mit Niederhalter

Als Werkstoffauswahl für gute Tiefziehbarkeit ist ein ausgewogenes


Verhältnis von Festigkeit gegen Bodenreißer und geringem Fließwider-
stand in der Umformzone im Flanschbereich unter dem Niederhalter und
an der Matrizenziehkante anzustreben. Allgemein geeignet sind daher
niedrig- und mittelfeste Legierungen im Zustand verfestigt (H12–H14).
Allerdings haben auch hoch verfestigte Legierungen, z.B. Legierung 3004-
H19 für die Herstellung des Dosenkörpers (s. Bild 2.7.5), gute Tiefzieh-
barkeit und bieten dadurch auch im nicht verfestigten Bodenbereich höhere
Festigkeitswerte. Aus kontinuumsmechanischen Gesichtspunkten wirkt
12.1 Werkstoffeigenschaften für die Blechumformung 495

auch ein hoher r-Wert der senkrechten Anisotropie günstig auf das Grenz-
ziehverhältnis, da der Fließwiderstand in Blechdickenrichtung möglichst
groß gegenüber dem Fließwiderstand in der Blechebene sein sollte. Ein
Blick auf die Blechkennwerte in Anhang A.1.6 macht deutlich, daß der r-
Wert und der für die Zipflichkeit maßgebende ∆r-Wert bei derselben Le-
gierung durch gezielte Einstellung des thermomechanischen Fertigungs-
ablaufs in einem größeren Toleranzbereich eingestellt werden kann. Aller-
dings ist auch festzuhalten, daß der r-Wert von Aluminiumlegierungen im
allgemeinen < 1 beträgt, wogegen Tiefziehqualitäten von Stahlwerkstoffen
durchaus r-Werte deutlich >1 aufweisen können. Im Vergleich zu Stahl hat
die Optimierung des r-Wertes für die Tiefziehfähigkeit eine geringere Be-
deutung; demgegenüber ist einem gleichmäßigen r-Wert im Hinblick auf
geringe Zipflichkeit (∆r → 0), und auf homogenes Dehnungsverhalten in
der Blechebene für gleichmäßige Wanddicken der Vorzug zu geben.
Bei geeigneter Werkstoffwahl sind Grenzziehverhältnisse βmax von 1,8
bis 2,1 im Erstzug erreichbar. Größere Napftiefen können fertigungstech-
nisch durch weitere Folgezüge, durch Stülpziehen oder durch Abstrecken
erhalten werden. Dazu wird auf die einschlägige Literatur verwiesen, z.B.
(Lange 1990).

Tiefungsversuch nach Erichsen


Die Bestimmung der Erichsentiefung IE dient zur Prüfung der Streckzieh-
barkeit eines Blechmaterials. Anders als die Swift Tiefziehprüfung ist der
Erichsen Tiefungsversuch eine genormte Blechprüfung nach DIN EN ISO
20482:2003. Bei dem Tiefungsversuch nach Erichsen wird ein zu prüfen-
der Blechstreifen zwischen dem ringförmigen Niederhalter und der Ma-
trize fest eingespannt, so daß ein Nachfließen verhindert wird, s. Bild
12.1.3. Anschließend wird der Kugelstempel in die kreisförmige Prüfflä-
che des Materials gepreßt und die Tiefung solange fortgeführt, bis ein
Durchriß auf der Kalottenoberfläche sichtbar wird. Die Eindringtiefe des
Stempels (in mm) bis zum Anriß wird als Erichsen-Tiefungswert IE (In-
dice Erichsen) bezeichnet.
Will man die Erichsen-Tiefungswerte zum Vergleich der Umformbar-
keitseigenschaften verschiedener Legierungen, Chargen und Werkstoffe
heranziehen, muß man zwei Einflüsse auf das Prüfergebnis berücksichti-
gen. Zum einen ist die ausreichende Schmierung zwischen Stempel und
Platine von großem Einfluß auf die erzielbare Tiefung. Der in Kuppennähe
entstandene Riß ist ein gutes Indiz für ausreichende Schmiermittelwirkung.
Andererseits ist die Erichsentiefung stark von der Dicke der Platine abhän-
gig. Sie nimmt mit wachsender Blechdicke deutlich zu, vgl. Bild 12.1.4.
Aus dieser Tatsache läßt sich folgern, daß bei Streckziehbeanspruchungen
496 12 Aluminiumblechumformung

mit einer größeren Blechdicke auch ein günstigeres Streckziehergebnis er-


zielt werden kann. (Diese Blechdickenabhängigkeit der Streckziehbarkeit
wird allerdings von manchen Autoren aufgrund von Beulversuchen zur
Bestimmung der LDH – Limiting Draw Height – nicht bestätigt.)

Bild 12.1.3 Prinzipskizze des Erichsen Tiefziehversuchs

Bild 12.1.4 Einfluß der Blechdicke auf die Erichsentiefung verschiedener Legie-
rungen und Werkstoffzustände (nach verschiedenen Quellen)
12.1 Werkstoffeigenschaften für die Blechumformung 497

Die Streckziehbarkeit verschiedener Aluminium- und Stahlwerkstoffe


wurde sowohl mit Erichsentiefung als auch mit dem hydraulischen Tie-
fungsversuch analysiert (Breidohr 1988) und eine einfache empirische
Formel für die Streckziehbarkeit entwickelt, die auf Kennwerten des Zug-
versuchs aufbaut und die Bedeutung des Verfestigungsvermögens und der
Anisotropie für die Streckziehbarkeit hervorhebt. Die Formel für den
Streckziehwert „S“ ist in Bild 12.1.5 angegeben. In der Gewichtung der
Einflüsse auf die Streckziehbarkeit von Aluminiumwerkstoffen überwiegt
das Verfestigungsvermögen den rmin-Einfluß mit 2 zu 1. Dabei ist zu be-
rücksichtigen, daß die Streckziehbarkeit, gemessen im Erichsen-, hydrauli-
schen oder auch mechanischen LDH-Tiefungsversuch, der Verformbar-
keitsgrenze unter äquibiaxialer Dehnung entspricht, bei anderen Deh-
nungsverhältnissen jedoch andere Grenzwerte annimmt, wie das Grenz-
formänderungsdiagramm in Bild 6.7.6 angibt.

Bild 12.1.5 Korrelation von Streckziehwert S mit der hydraulischen und Erich-
sentiefung. Hydraulische Tiefung: Matrizendurchmesser ds = 52 mm; Matrizen-
kantenrundung rz = 4 mm). Zugfestigkeit Rm, 0,2%-Dehngrenze Rp0,2, mittlerer
Verfestigungsexponent nm = (n0° + 2n45° + n90°)/4, Mindestwert der senkrechten
Anisotropie rmin. Nach Breidohr (1988)
498 12 Aluminiumblechumformung

Bild 12.1.4 gibt weiterhin Auskunft darüber, daß der für das Streckzie-
hen günstigste Werkstoffzustand der rekristallisierte, weichgeglühte Zu-
stand ist. Kaltverfestigte Zustände haben eine geringere Streckziehbarkeit.
Auf die Möglichkeit verbesserter Tiefziehbarkeit durch partielle Erwär-
mung der Platine wird in Abschn. 13.2 Halbwarmumformen hingewiesen.
Der hydraulische Tiefungsversuch sowie die Erichsentiefung beanspru-
chen das Material in äquibiaxialer Weise, wodurch sich höhere log. Form-
änderungen als im einachsigen Zugversuch ergeben. Es liegt daher nahe,
die Fließkurve des Blechmaterials mit Hilfe des hydraulischen Tiefungs-
versuchs z.B. nach Panknin (Panknin 1964) oder mit dem Erichsen-Tie-
fungsversuch nach Bauer (Bauer et al. 1992) zu ermitteln. Bild 12.1.6 ent-
hält Beispiele für derart gewonnene Fließkurven im Vergleich zu solchen
aus dem Zugversuch. Besonders auffällig ist die gegenüber dem ein-
achsigen Zugversuch wesentlich größere Formänderung unter äquibiaxia-
ler Beanspruchung für kaltverfestigtes Material am Beispiel der Legierung
AlMg1-H24. Häufig wird kaltverfestigtes Aluminiummaterial zu Unrecht
als „spröde“ bezeichnet. Die unterschiedliche Lage der Fließkurven aus
einachsigen und biaxialen Versuchen wird verursacht durch die Mehrach-
sigkeit beim Tiefungsversuch und durch die Anisotropie des Materials.

.
Bild 12.1.6 Fließkurven ermittelt aus dem hydraulischen Tiefungsversuch (HT)
und aus dem Erichsen Tiefungsversuch (ET) im Vergleich zur Fließkurve aus dem
Zugversuch (ZV) für verschieden Legierungen. Datenquellen: AlSi1,2Mg0,4-T4
nach Siegert et al. (Siegert et al. 1994), Al99,5-0 und AlMg1-H24 nach Bauer
(1992)
12.1 Werkstoffeigenschaften für die Blechumformung 499

Grenzformänderungsschaubilder
Eine Möglichkeit, die Formänderungsgrenzen eines Blechwerkstoffs in
Abhängigkeit verschiedener Dehnungszustände in einem einzigen Dia-
gramm darzustellen, bietet das Grenzformänderungsschaubild nach Keeler
und Goodwin. Das Grenzformänderungsdiagramm, GFD, und der Bezug
zu umformtechnischen Prozessen des Tief- und Streckziehens sowie die
auftretenden Bruchmechanismen sind bereits detaillierter in Abschn. 6.7.3
beschrieben worden; es soll im folgenden im Hinblick auf die experimen-
telle Ermittlung und Anwendungsgesichtspunkte näher erläutert werden.
Im Grenzformänderungsdiagramm wird bei unterschiedlichem Deh-
nungsproporz die Formänderung ϕ in der Blechebene bis zum Moment des
Einschnürbeginns sowie ggf. bis zum Bruch als Kurve in einem Koordi-
natensystem zwischen größter Formänderung, ϕ1, und kleinster Formände-
rung, ϕ2, dargestellt. Zum Erstellen des GFD werden Platinen unter-
schiedlicher Geometrie eingesetzt. Um verschiedene Formänderungszu-
stände zu erreichen, kommen kreisrunde Platinen zum Einsatz und solche
mit halbkreisförmigen seitlichen Aussparungen mit unterschiedlichen Ra-
dien und verschieden breiter Taille. Unterschiedliche Breiten und Aus-
schnittradien der Platinen bewirken verschiedene Spannungszustände in
der Blechebene, die wiederum unterschiedliche Hauptformänderungen ϕ1
und ϕ2 erzeugen. Anschließend wird auf die Blechplatinen ein definiertes
Kreisraster aufgebracht. Die Platine wird fest eingespannt, und mit einem
Halbkugelstempel von etwa 100 mm Durchmesser eine Beule soweit ge-
formt, bis ein Riß auftritt. Der Anriß erfolgt in der Scheitelnähe der Ka-
lotte, da in diesem Bereich die Blechdicke den niedrigsten Wert erreicht.
Nach dem Ausspannen werden die zu Ellipsen verformten Kreisraster in
der Umgebung des Anrisses ausgewertet. Der Ablauf der Prüfung ist
schematisch in Bild 12.1.7 dargestellt.
Als Grenzlinie wird der Beginn der Einschnürung in das Grenzformän-
derungsdiagramm eingetragen. Bild 12.1.8 zeigt zwei Beispiele für Fein-
bleche aus den Karosserieblechlegierungen AlSi1,2Mg0,4 (EN AW-6016-
T4) und AlMg4,5Mn0,4 (EN AW-5182-0/H111). Der praktische Nutzen
des Grenzformänderungsdiagramms ergibt sich aus der Beurteilung von
Umformgraden bei realen Ziehteilen, bei denen in kritischen Zonen zuvor
ebenfalls definierte Kreisraster aufgebracht wurden. Gleichzeitig kann man
bei einem Vergleich der Umformgrade die Sicherheit vor Reißern, d.h. die
Ziehsicherheit beurteilen. Andererseits lassen sich für die FE-Simulation
des Umformvorgangs im Abgleich mit dem GFD die Werkstoffgrenzwerte
entnehmen.
500 12 Aluminiumblechumformung

Bild 12.1.7 Verfahrensschritte bei der Erstellung von Grenzformänderungsschau-


bildern

Bild 12.1.8 Grenzformänderungsschaubilder für die Karosserieblechlegierungen


AlSi1,2Mg0,4 und AlMg4,5Mn0,4. Hauptformänderung in WR

Bei komplexeren oder mehrstufigen Ziehvorgängen gilt jedoch die Ein-


schränkung, daß die Grenzlinie des GFD nur unter der Bedingung zutref-
fend ist, daß der Formänderungsweg (strain path) durch ein konstantes
Verhältnis ϕ1/ϕ2 gekennzeichnet ist, da sich sonst je nach Formänderungs-
weg unterschiedliche Grenzen ergeben. Gleichfalls gilt das GFD nur unter
der Annahme isotroper Eigenschaften (r = 1). Versuchswerte von Blechen
12.1 Werkstoffeigenschaften für die Blechumformung 501

mit anisotropen Eigenschaften sollten daher die Lage der Hauptformände-


rung zur Walzrichtung angeben. Aus Bild 12.1.8 geht hervor, daß für das
Beispiel EN AW-6016-T4 der Minimalwert der Hauptformänderung ϕ1
nicht bei ebener Dehnung (ϕ2 = 0) auftritt, sondern in Richtung der ϕ2-
Achse verschoben ist. Der Grund hierfür kann u.a. in einer Vorverformung
des anisotropen Materials liegen, wie die experimentellen Untersuchungen
von Graf & Hosford (Graf et al. 1993) als plausibel erscheinen lassen.
Auszugsweise sind einige dieser Grenzformänderungskurven mit ihren
Dehnungspfaden nach einer Darstellung von Stoughton und Yoon (Stough-
ton et al. 2005) in Bild 12.1.9 wiedergegeben. Die Komplexität der Ein-
flüsse auf die Grenzformänderungskurve hat dazu geführt, dehnungspfad-
unabhängige spannungsbasierte Grenzformänderungskriterien zu entwi-
ckeln (Stoughton et al. 2005, Butuc et al. 2006).

Bild 12.1.9 Experimentell von Graf und Hosford (1993) ermittelte Grenzformän-
derungskurven des Blechwerkstoffs AA2008-T4 (AlCuMg0,4Si), der entspre-
chend den angegebenen Dehnungspfaden unterschiedlichen Vorverformungen un-
terworfen worden war. Auszugsweise Wiedergabe nach einer Darstellung von
Stoughton and Yoon (2005)

Diese Erkenntnisse bestätigen die früheren Feststellungen von Mü-


schenborn und Sonne (Müschenborn et al. 1975) an Stahlwerkstoffen. Aus
den in Bild 12.1.10 schematisch dargestellten Einflüssen des „strain-path“
502 12 Aluminiumblechumformung

kann man qualitative Hinweise für die Auslegung von Werkzeugen und
Ziehprozessen entnehmen, um ein möglichst gutes Ziehverhalten des
Werkstoffs zu erreichen. Als Beispiel erzielt man gemäß Bild 12.1.10
durch einen anfänglichen Umformschritt mit hohen Tiefziehanteilen (Pfad
ACD) im nachfolgenden Streckziehprozeß wesentlich höhere Gesamtum-
formgrade als umgekehrt (Pfad AEF) (Müschenborn et al. 1975).

Bild 12.1.10 Einfluß des Dehnungspfades auf die Veränderung der Grenzformän-
derungskurve sowie auf die maximal erreichbaren Formänderungen bei der Wahl
verschiedener Formänderungsstrategien nach (Müschenborn et al. 1975)

In Analogie zur Erichsentiefung bzw. zum hydraulischen Tiefungsver-


such ist zu erwarten, daß bei äquibiaxialer Dehnung (ϕ1 = ϕ2) die Grenz-
formänderung dickenabhängig ist. Bei Stahl wird auch für den ebenen
Dehnungszustand (ϕ2 = 0) eine deutliche Dickenabhängigkeit festgestellt,
die jedoch bei Aluminiumwerkstoffen bisher nicht in signifikanter Weise
beobachtet wurde (s. Bemerkung zu LDH oben). Ob hierfür die geringere
senkrechte Anisotropie verantwortlich ist, wurde noch nicht eingehend un-
tersucht.

12.1.3 Biegefähigkeit

Die Biegefähigkeit von Blechen zum Zwecke des Abkantens und des Bör-
delns (bzw. Falzens) stellt hohe Anforderungen an die Duktilität des Mate-
rials. Gefüge, Grundwerkstoffestigkeit, Blechdicke und ggf. Vorverfor-
mung haben erheblichen Einfluß auf die Biegefähigkeit, die als blech-
dickenbezogener Mindestbiegeradius, ri,min/t, (ri = Innenradius und t =
12.1 Werkstoffeigenschaften für die Blechumformung 503

Ausgangsblechdicke) bei gewähltem maximalen Biegewinkel (φ max = 90°


oder 180°) definiert werden kann. Für die Beurteilung der Biegefähigkeit
wird allgemein der Biegefaktor f = ri,min/t für φ max = 90° angesetzt. Biege-
faktoren für unterschiedliche Legierungen, Werkstoffzustände und Blech-
dicken findet man in der Literatur, z.B. (Reiprich et al. 1963, Nielsen
1974, Hufnagel 1984) sowie in anderen Quellen. Zur „Information“ sind
ri,min-Werte für verschiedene Blechdickenbereiche und für φ max = 90°
oder 180° auch in die Normen für Bänder, Bleche und Platten (DIN EN
485-2) übernommen worden. Problematisch ist nach wie vor, daß die ta-
bellierten Daten häufig keine Auskünfte über die tatsächlichen, charakteri-
sierenden Grundwerkstoffeigenschaften enthalten und deshalb nur als An-
haltswerte dienen können und in der Regel sehr konservativ sind.
Demgegenüber enthält Tabelle A.1.6 für zahlreiche Legierungen, relevante
Dicken und Werkstoffzustände Versuchsergebnisse mit Bezug zur Proben-
orientierung (0° und 90° zur WR) und zu anderen Werkstoffdaten und er-
laubt dadurch eine etwas sicherere Beurteilung der Biegefähigkeit von
Vergleichsmaterial.
Wegen der Unsicherheit des Datenmaterials hat es nicht an Versuchen
gefehlt, die Biegefähigkeit auf werkstoffliche Kennwerte zu beziehen, die
eine Interpretation von Gefügeeinflüssen ermöglichen. Es ist naheliegend,
den Biegefaktor mit der Brucheinschnürung im einachsigen Zugversuch in
Verbindung zu bringen. Von Datsko und Yang (Datsko et al. 1960) stammt
der Ansatz für eine 90° Biegung
ri,min C
f = = − 1 für Z < 20% (12.1.1)
t Z
mit Z = Brucheinschnürung in % und C = ≈ 50, bzw. für Z > 20%

f =
ri, min
=
(100 − Z )2 =≈
60
−1 (12.1.2)
2
t 200 ⋅ Z − Z Z

Daß der Biegefaktor f bei duktileren Legierungen grundsätzlich der Be-


ziehung nach Gl. (12.1.2) folgt, wurde u. a. durch Akeret bestätigt (Akeret
1978). Jedoch ist die Genauigkeit der Voraussage gerade in dem techno-
logisch wichtigen Bereich von f < 1 nicht genügend, was darauf schließen
läßt, daß weitere Einflußfaktoren berücksichtigt werden müssen. Ein Fak-
tor könnte die Dickenabhängigkeit des Biegefaktors zumindest für größere
Blechdickenbereiche sein, wie aus verschiedenen älteren Datenquellen
(s. oben) zu entnehmen ist. Nach Messungen der Biegedehnung mit Dehn-
meßstreifen an der Legierung AA6010-T4 bei Dicken zwischen 2 und
5 mm wurden jedoch nahezu identische Vergleichsdehnungswerte bei glei-
504 12 Aluminiumblechumformung

chem bezogenen Biegeradius ri/t und keine Dickenabhängigkeit des kriti-


schen Dehnungswertes gemessen (Ismar et al. 1997). Diese Versuche wur-
den interessanterweise durch kontinuierliches Biegen von Blechstreifen
über eine Kreisevolvente mit abnehmendem Radius vorgenommen, wo-
durch die Probenzahl gegenüber den üblichen Biegeversuchen mit festen
Biegeradien erheblich reduziert werden kann.
Nach Akeret (1978) läuft der Versagensmechanismus beim Biegen von
Aluminiumblechen in vier Stadien ab: 1) Bildung einer Orangenhaut, 2)
Bildung von Riefen parallel zur Biegeachse, 3) Vertiefen vereinzelter Rie-
fen und schließlich 4) Scherbruch beginnend am Grunde des gröbsten Rie-
fentals. Die Bedeutung der anfänglichen Orangenhautbildung für die
Versagensentwicklung wurde auch von Lloyd et al. (2002) hervorgehoben,
die eine Vergrößerung des Biegewinkels für den Fall fanden, daß der Bie-
geversuch unterbrochen und die Oberflächenrauhigkeit vor der Wiederauf-
nahme des Biegeversuchs wegpoliert wurde. Die anfängliche Rauhigkeit
ist die Auswirkung von Kornrotation infolge der plastischen Anpassungs-
prozesse in der äußeren Kornlage und nimmt im Stadium 3 durch die Bil-
dung von intensiven Gleitbändern in den Körnern zu, bis im Übergang
zum Stadium 4 die Kornverwölbungen und Gleitbänder sich zu makrosko-
pischen Scherbändern parallel zur Biegeachse verbinden. Schließlich rei-
ßen einzelne Scherbänder auf und verbinden sich entlang der Biegeachse
zum Anriß (Lloyd et al. 2002). Aus qualitativen Gründen ist die Biegefä-
higkeit auf den Übergang vom Stadium 2 zum Stadium 3 begrenzt. Die
Genauigkeit der Ermittlung eines zulässigen Biegefaktors leidet jedoch
u.a. gerade an der subjektiven Beurteilung dieses Übergangs.
Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, daß reinere, Fe-ärmere Le-
gierungen eine größere Biegefähigkeit besitzen. Außerdem kann bei reine-
ren Legierungen eine höhere Vorverfestigung ohne Einbuße der Biegefä-
higkeit ertragen werden als bei solchen mit üblichem Reinheitsgrad. Nach
Untersuchungen an AA5754 und AA6111 (Sarkar et al. 2000, Sarkar et al.
2001, Lievers et al. 2003, Sarkar et al. 2004) findet bei der Verformung
durch Vorverfestigung und beim Biegevorgang eine bevorzugte Lochbil-
dung an den zahlreicheren und gröberen intermetallischen AlFe-Phasen
statt, die außerdem durch Fragmentierung innere Anrisse bilden können,
s. auch Abschn. 6.3 für weitere Erläuterungen zum duktilen Bruchverhal-
ten. Hierdurch wird die Bildung grober Scherbänder und letztlich deren
Aufbrechen gefördert. Der Bruch verläuft transkristallin, kann jedoch bei
bestimmten Legierungen auch einen erheblichen interkristallinen Anteil
aufweisen (Chien et al. 2004). Erwartungsgemäß wirken sich Volumen
und Größe der Phasenpartikel um so stärker aus, je höher die Grund-
werkstoffestigkeit ist. Die in Walzrichtung zeilenförmig angeordneten
Phasen vermitteln darüber hinaus eine ungleichmäßige Biegefähigkeit in
12.1 Werkstoffeigenschaften für die Blechumformung 505

der Blechebene, die quer zur Walzrichtung geringer als in Walzrichtung


ist. Über diese Gefügemerkmale und den Einfluß einer Vorverfestigung
hinaus ist bei den aushärtbaren AlMgSi-Legierungen eine optimale Ein-
stellung des Kaltaushärtungszustandes T4 eine Voraussetzung für gute
Biegefähigkeit (Lloyd et al. 2002).
Der Biegeprozeß setzt die Zugseite einem ebenen Dehnungszustand (ϕ2
= 0) aus. Ein Bezug zum Grenzformänderungsdiagramm FLD ist aller-
dings problematisch, da infolge der Stützwirkung durch den Dehnungsgra-
dienten über der Blechdicke deutlich mehr Dehnung in der äußeren
Schicht erzeugt wird, als nach dem Verhalten im Zugversuch zu erwarten
wäre. Insbesondere bei duktilen Legierungen bildet sich bei engen Biege-
radien ein diffuser Einschnürbereich aus, bevor durch plötzliche Bildung
von makroskopischen Scherbädern und deren Aufreißen das Versagen ein-
tritt. Betrachtet man jedoch den Unterschied zwischen den Grenzform-
änderungskurven für Einschnürung und Bruch in den Bildern 6.7.7 und
6.7.8 für die Legierungen AA5182-0 und AA6111-T4, so kann man Rück-
schlüsse auf die unterschiedliche Biegefähigkeit der beiden Legierungen
ziehen. Vermutlich beruht der geringe Abstand zwischen GFDEinschnürung
und GFDBruch bei dem Werkstoff AA6111-T4 wenigstens teilweise auf ei-
ner Neigung zu interkristallinem Bruchverhalten.
Die experimentelle Ermittlung von Biegefaktoren kann mit verschiede-
nen Methoden erfolgen. Als Beispiele sind in Bild 12.1.11 das 90°-Biegen
um definierte Biegekantenradien ri durch a) lineare Stempelbewegung und
b) Schwenkbewegung des Biegekopfes schematisch dargestellt. (Auf das
kontinuierliche Biegen mit Kreisevolvente wurde bereits oben hingewie-
sen.) Das Querkraftbiegen nach Bild 12.1.11 (a) ist dem Abkanten in der
Blechumformung verwandt und dient auch als Vorbiegen für das Falzen.
(Die Biegedaten in Tabelle A.1.6 wurden mit dieser Methode erstellt.) Da-
bei muß ein definierter Spalt uz eingehalten werden, der nach Oehler et al.
(1993) aus der empirischen Beziehung

u z = t + 0,02 10 ⋅ t (12.1.3)

errechnet wird. Der Nachteil dieses einfachen Versuchsaufbaus besteht in


der Schwierigkeit, ein sensibles Kraft-Biegewinkel-Diagramm aufzuneh-
men, um den Anrißaugenblick zu erfassen. Die Auswertung erfolgt daher
über visuelle und mit einer gewissen subjektiven Fehlertoleranz behaftete
Beurteilung der äußeren Oberfläche der gebogenen Probe. Beim Schwenk-
biegen, Bild 12.1.11 (b), wie auch bei den in Bild 12.1.12 dargestellten
3-Punkt-Biegeverfahren ist durch geeignete meßtechnische Ausrüstung des
Versuchsaufbaus durch einen definierten Lastabfall – z.B. 7% – der An-
rißbiegewinkel objektiv bestimmbar.
506 12 Aluminiumblechumformung

Der Faltversuch nach DIN 50111 (zurückgezogen) bzw. DIN EN ISO


7438 kann entsprechend Bild 12.1.12 (b) für den Nachweis der Umform-
barkeit bei Blechwerkstoffen gut verwendet werden, wenn gewisse Ver-
fahrensprozeduren, wie beim DC-Bend Test [DaimlerChrysler Prüfanwei-
sung Plättchenbiegeversuch PAPP PWT 4101, Ausg. 03.05.2006]
eingehalten werden.

Bild 12.1.11 Verfahren zur Ermittlung des minimalen Biegeradius ri,min durch a)
lineare Stempelbewegung und b) Schwenkbiegen

Bild 12.1.12 Drei-Punkt-Biegeversuche: a) Biegen im Gesenk, b) Faltversuch


nach DIN 50111
12.1 Werkstoffeigenschaften für die Blechumformung 507

Falzen
Der Falzprozeß erfolgt in Werkzeugen unter Pressen und wird in zwei
bzw. drei Operationen aufgeteilt, s. Bild 12.1.13. In der ersten Operation
werden die Kanten in den Außenradien mit einer 90°-Biegung angestellt
(Abkanten). In einer zweiten Operation werden die Kanten um 45° ange-
kippt (Biegen um 135°, Vorfalzen). In der dritten Operation wird der Falz
zugedrückt (Biegen um 180°, Fertigfalzen).

Bild 12.1.13 Verfahrensablauf beim Falzen

Das Falzen von Aluminiumkarosserieblechteilen ist ein kritischer Bie-


geprozeß, in dem enge Biegeradien gefordert werden. In der Regel erfolgt
das Falzen an dem Außenblech, das aus einer ausgehärteten (T4 Zustand)
Legierung besteht und in den Randzonen durch den vorhergehenden Zieh-
prozeß verfestigt ist.
Ausgehärtete Aluminiumlegierungen weisen gegenüber Stahl ein ande-
res Umformverhalten auf. Die im Zusammenhang mit Stahlblechen ge-
machten Erfahrungen lassen sich daher nur bedingt auf Aluminiumbleche
übertragen. Während bei Stahlblechen der Falz zugedrückt werden kann,
müssen bei bestimmten Aluminiumlegierungen ggf. größere Radien ge-
wählt werden, um Anrisse zu vermeiden. Die Ausbildung des Falzes führt
zum sog. „Tropfenfalz“.
Der Verfahrensablauf des Abbiegens um 90° entspricht, auch bzgl. des
Ziehspaltes, dem Biegevorgang nach Bild 12.1.11.a). Beim Vorfalzen ist
man bestrebt, den Radius, der sich beim vorangegangen Abbiegen ergibt,
beizubehalten. Das Vorfalzen mit einer bei der Stahlverarbeitung üblichen
um 45° geneigten Arbeitsfläche hat sich bei Aluminiumkarosserieblechen
als ungeeignet erwiesen, weil es die Biegedehnung auf den am abgeboge-
nen Schenkel vorhandenen Radius konzentriert und diesen verkleinert
bzw. staucht. Die Arbeitsfläche wird daher mit einem Radius versehen, der
von der Flanschhöhe abhängig ist, s. Bild 12.1.14. Dadurch wird der abge-
bogene Schenkel wie bei einem Bördelvorgang gerundet. Zur Berücksich-
tigung der Rückfederung des Biegeschenkels wird der Stempel mit einer
Einlaufschräge (Winkel β) versehen. Um den Randwulst („Tropfenfalz“)
508 12 Aluminiumblechumformung

beim Fertigfalzen beizubehalten, kann der Stempel mit einer Schräge ver-
sehen werden, deren Winkel α zur Horizontalen je nach Blechdicke und
kleinstzulässigem Innenbiegeradius variiert werden kann.
Zur Sicherung einer abdruckfreien Ausbildung der Falzkante, die in den
meisten Fällen eine Sichtfläche darstellt, muß der Umformvorgang beim
Fertigfalzen im Bereich der Falzkante ungeführt, d.h. ohne Werkzeugkon-
takt, erfolgen. Versuche mit festem Anschlag haben gezeigt, daß beim Fal-
zen entlang einer konvexen Kontur die Falzkante zum Teil stark ange-
staucht wird.

Bild 12.1.14 Verfahrensablauf des Vor- und Fertigfalzens von Aluminiumkarosse-


rieblechen (Quelle: IfU, Univ. Stuttgart)

Durch die bei Aluminiumkarosserieteilen gegenüber Stahlblechteilen


etwa 1,5-fach vergrößerte Blechdicke wirken Sichtfugen zwischen Anbau-
teilen – z.B. zwischen Kotflügel und Türen – breiter als beim Stahlkarosse-
riebau üblich. Das gilt um so mehr, wenn die Biegeeigenschaften des Ma-
terials enge Biegeradien nicht erlauben und sog. Tropfenfalze hergestellt
werden müssen. Die unterschiedlichen Radien sind besonders beim Zu-
sammenbau von Aluminium- und Stahlanbauteilen stilistisch unerwünscht.
Zur Minderung dieser Unterschiede wird der sog. Keilfalz verwendet, der
annähernd die gleichen Fugenverhältnisse gestattet wie beim Stahlkarosse-
riebau, s. Bild 12.1.15. Keilfalz, Normalfalz und Tropfenfalz erfordern je-
doch unterschiedliche Mindestbiegeradien f = ri,min/t von 0,4, 0,6 bzw. 0,8
und stellen daher unterschiedlich hohe Ansprüche an die Duktilität des
Materials, zumal wenn je nach Bauteilart der Bördelbereich zuvor erhebli-
chen Verformungen ausgesetzt wurde. Die notwendige Werkstoffqualität
muß demnach sehr sorgfältig auf die Anforderungen des Falzkonzeptes
sowie auf die Festigkeits- und Steifigkeitsforderungen abgestimmt werden.
Aus diesem Grunde werden heute verschiedene aushärtbare Karosserie-
12.1 Werkstoffeigenschaften für die Blechumformung 509

blechqualitäten der AlMgSi-Gruppe mit annähernd gleichen Festigkeits-


werten angeboten.

Bild 12.1.15 Für Aluminiumkarosserieteile gebräuchliche Falzarten mit unter-


schiedlichen Sichtfugenradien

12.1.4 Rückfederung

Die Höhe der Rückfederung, d.h. die elastische Formänderung bei Entla-
stung nach erfolgter plastischer Formgebung, ergibt sich aus dem Verhält-
nis von Fließspannung zu Elastizitätsmodul des Werkstoffes. Sie wirkt
sich vor allem bei Formgebungen mit Biegeanteilen aus und muß durch
gezielte werkstoff- und werkzeugtechnische Maßnahmen kompensiert
werden. Grundsätzlich nimmt die Rückfederung bei gegebenem Elastizi-
tätsmodul mit der 0,2%-Dehngrenze, Rp0,2, dem Verfestigungsexponenten,
n, der Vorverformung und dem Biegeradius, ri, zu, wie in den Bildern
12.1.16 und 12.1.17 beispielhaft deutlich wird.
Wenn auch der Rechenaufwand noch relativ groß ist, können mit Hilfe
von numerischen FE-Modellierungen Rückfederungen nach Biege- und
Tiefziehprozessen vorhergesagt werden (Lia et al. 2002, Yoon et al. 2002,
Doege et al. 2002, Asnafi 2001). Die Rückfederung kann teilweise oder
gänzlich unterbunden werden, wenn durch einen überlagerten Streckvor-
gang die 0,2%-Dehngrenze im gesamten Biegequerschnitt überschritten
wird. Dies kann z.B. durch einen Gegenhalter beim Abbiegen eines Flan-
sches erreicht werden, wobei das Blech zwischen Stempel und Gegenhal-
ter eingespannt wird, s. Bild 12.1.18. Das Abbiegen mit Gegenhalter bietet
sich vor allem bei gekrümmten Biegelinien an.
510 12 Aluminiumblechumformung

Bild 12.1.16 Einfluß von 0,2%-Dehngrenze, Verfestigungsexponent und Biege-


radius auf die Rückfederung nach 90° Biegung von zwei Karosserieblechlegierun-
gen. Blechdicke t = 1,25 mm, Biegeachse parallel zu WR, keine Vorverformung
(Quelle: IfU, Univ. Stuttgart)

Bild 12.1.17 Einfluß von Biegeradius und 0 bis 15% Vorverformung auf die
Rückfederung von AlSi1,2Mg0,4-T4 mit 1,25 mm Blechdicke nach 90° Biegung.
Schraffur: Grenzbereich für das Auftreten von Scherbändern und Anrissen (Quel-
le: IfU, Univ. Stuttgart)
12.1 Werkstoffeigenschaften für die Blechumformung 511

Bild 12.1.18 Abbiegen mit Gegenhalter. ri = Innenbiegeradius, rSt = Stempelkan-


tenradius, t = Blechdicke

12.1.5 Aluminiumlegierungen für Karosserieanwendungen

Karosserieteile aus Aluminiumblech stehen in dauerndem Wettbewerb mit


Stahlfeinblechen; sie werden nicht nur hinsichtlich ihrer fahrzeugtechni-
schen Funktionen beurteilt, sondern auch in bezug zur Produktivität und
Produktionskosten. Aluminiumkarosseriebleche sind daher durch eine eng
ausgewogene Balance zwischen erforderlichen Festigkeiten und Umform-
barkeiten geprägt. Der heutige Stand der Karosserieblechtechnik ist das
Ergebnis langjähriger Erfahrungen und Optimierungen sowohl in der Her-
stellung als auch in der Konstruktion und Verarbeitung. Wegen dieser be-
sonderen Situation sollen die Karosserieblechlegierungen etwas eingehen-
der beschrieben werden als für die standardmäßigen Halbzeuglegierungen
notwendig erscheint.
Bei den Karosserieblechqualitäten unterscheidet man Aluminiumlegie-
rungen, die zur Bildung von Fließfiguren neigen, und solche, die frei von
diesem Phänomen sind. Die Fließfigurenbildung während der Kaltumfor-
mung läßt sich im Spannungs-Dehnungsschaubild durch den Dehngren-
zeneffekt (Lüders-Dehnung, Fließfiguren Typ „A“) sowie durch Span-
nungssprünge im Verlauf der Fließkurve (Portevin-Le-Chatelier-Effekt,
dynamische Reckalterung, Fließfiguren Typ „B“) feststellen. Die Ursachen
für die Bildung von Fließfiguren sind in Abschn. 3.2.3 behandelt worden.
AlMgMn- und AlMg-Legierungen haben gute Umformbarkeitseigen-
schaften, neigen aber im rekristallisierten, versetzungsarmen Zustand zu
Fließfiguren vom Typ „A“, welche sich nadel- oder flammenförmig über
große Blechbereiche erstrecken können (sog. Lüdersbänder), s. Bild 3.2.9.
Dieses Verhalten ist für dekorative Oberflächenansprüche unerwünscht, da
die Fließfiguren deutlich auf polierten und lackierten Oberflächen in Er-
scheinung treten. Fließfiguren des Typs „A“ lassen sich durch eine ther-
momechanische Behandlung (z.B. Vorverformung durch Nachwalzen oder
Rollenrichten) in Verbindung mit einem etwas gröberen Korngefüge besei-
512 12 Aluminiumblechumformung

tigen; man erhält bedingt fließfigurenfreie, sog. „fließfigurenarme“ (ffa)


Werkstoffqualitäten (internationale Bezeichnung „ssf“ = stretcher strain
free). Auch Fließfiguren vom Typ „B“ zeichnen sich bei Umformgraden
oberhalb von ca. 10% auf der lackierten Oberfläche ab und müssen bei
Sichtteilen vermieden werden. Deshalb sind AlMgMn- und AlMg-
Legierungen für dekorative Anwendungen wie Außenhautteile im Karos-
seriebau in „ffa“- bzw. „ssf“-Qualität nur bedingt geeignet.
Dagegen sind kaltausgehärtete AlMgSi-Legierungen fließfigurenfrei
und genügen den hohen Oberflächenqualitätsanforderungen, sofern das
sog. „Roping“ durch gezielte thermomechanische Herstellungsstrategie un-
terbunden wird. Roping ist eine texturbedingte Oberflächenaufrauhung in
Form von langgestreckten Hügeln und Tälern mit Höhenunterschieden von
10 bis 30 µm und einer Länge von 5 bis 50 mm, die sich bei Verformung
quer zur Walzrichtung ergeben, in Walzrichtung ausgedehnt sind und eine
unregelmäßige Verteilung haben (Baczynski et al. 2000), s. Bild 12.1.19.

Bild 12.1.19 Roping-Erscheinungen an der Walzoberfläche (links), durch Kornät-


zung (Mitte) sowie Roping-freies Material nach Kornätzung (rechts). Legierung
EN AW-6016. RD = Walzrichtung (Quellen: Corus (Bild links) und VAW Bonn)

Tabelle 12.1.1 gibt eine Übersicht über gängige und neuere Karosserie-
blechlegierungen einschließlich einiger vorzugsweise im Ausland einge-
setzter Legierungen (AA6111, AA5022, AA5023) und enthält Bemerkun-
gen über die Fließfigurenneigung und den Anwendungsbereich. In den
frühen Entwicklungsstadien der 70-er Jahre wurden auch aushärtbare Al-
CuMg-Legierungen für den Karosseriebau entwickelt, die im europäischen
und japanischen Automobilbau aus Gründen der mangelnder Kompatibili-
tät mit den nachfolgenden Beschichtungsprozessen bei der Teilefertigung
keine Bedeutung erlangt haben und durch die Legierungsgruppen 2 und 3
verdrängt wurden. Der Vollständigkeit halber seien sie hier erwähnt:
AA2002-T4, AA2008-T4, AA2036-T4, AA2038-T4.
12.1 Werkstoffeigenschaften für die Blechumformung 513

Tabelle 12.1.1 Aluminiumblechlegierungen für den Karosseriebau


Legierungsgruppe Legierungsbez. Fließ- Anwendungsbereiche
EN AW- bzw. figuren (Beispiele)
4)
AA
Gruppe 1: Al99,5 1050A-0 keine Wärmeabschirmung
Gruppe 2: AlMg(Mn,Cr) 5052-0 (ffa) (A), B Karosserieinnenteile
nicht aushärtbar 5754-0 /H111 A , B Karosserieinnenteile
5182-0 /H111 A , B Karosserieinnenteile
5182- ffa keine 6) Innen- u. Außenteile
5)
5019-0/H111 A, B Karosserieinnenteile
AlMg6,5-0 7) A, B Karosserieinnenteile
Gruppe 3: AlMgSi(Cu,Mn) AA6014-T4 1) Keine Struktur- u. Außenteile
aushärtbar 3) AA6501-T4 2) keine Fußgängerschutz
6016-T4 keine Innen- u. Außenteile
AA6022-T4 keine Innen- u. Außenteile
AA6111-T4 keine Karosserieaußenteile
6181A-T4 keine Karosserieinnenteile
Gruppe 4: AlMgCu AA5022 B Innen- u. Außenteile
bedingt aushärtbar AA5023 B Innen- u. Außenteile
1)
Ac-300 sowie Ac-170, Markenbez. der Fa. Novelis;
2)
z.B. Ac-118-T4 (Novelis);
3)
auch in stabilisiertem Zustand T4* lieferbar, z.B. Ac-121-PX (Novelis);
4)
A, B = Fließfigurentyp; ffa = fließfigurenarm (international „ssf“);
5)
Hydro 5919-D, Markenbez. der Fa. Hydro;
6)
in seltenen Fällen, abhängig von Bauteilgeometrie, Fließfiguren Typ B;
7)
in Entwicklung, Fa. Hydro

In den Tabellen 12.1.2 und 12.1.3 wird ein Überblick über die nominel-
len chemischen Zusammensetzungen (Mittel der Grenzwerte der Hauptle-
gierungselemente) sowie über die typischen mechanischen Kennwerte der
häufig in der Automobilindustrie eingesetzten und einiger neu entwickel-
ten Aluminium-Karosserieblechlegierungen gegeben.
Die AlMgSi-Legierungen erfahren bei den üblicherweise abschließen-
den Lackierungen mit Einbrenntemperaturen zwischen 180 und 205 °C
(Gesamtdauer etwa 30 min.) eine Warmaushärtung (Bake-hardening). Zur
Verbesserung der Lagerungsbeständigkeit und der Aushärtungskinetik
wurden besondere stabilisierte Zustände entwickelt (in diesem Buch als
„T4*“ bezeichnet), s. hierzu Abschn. 3.2.5 und Bild 3.2.25.
514 12 Aluminiumblechumformung

Tabelle 12.1.2 Nominelle Zusammensetzung von Aluminiumkarosserieblechle-


gierungen
Bezeichnung Nominelle Zusammensetzung
EN AW- (AA) in Gew.-%
Si Cu Mn Mg Cr V
Gruppe 1: Al99,5 1050A ----- ----- ----- ----- ----- -----
Gruppe 2: AlMg(Mn,Cr) 5052 ----- ----- ----- 2,5 0,2 -----
nicht aushärtbar 5754 ----- ----- 0,2 3,0 0,1 -----
5182 ----- ----- 0,4 4,5 ----- -----
5019 4) ----- ----- 0,3 5,3 ----- -----
AlMg6,5 5) ----- ----- 0,3 6,5 ----- -----
Gruppe 3: AlMgSi(Cu,Mn) AA6014 1) 0,5 ----- 0,1 0,6 ----- 0,1
aushärtbar AA6501 2) 0,4 ----- 0,15 0,4 ----- -----
6016 1,2 ----- ----- 0,4 ----- -----
6116 1,1 ----- ----- 0,4 ----- -----
AA6022 1,2 0,7 0,2 0,6 ----- -----
AA6111 0,9 ----- ----- 0,7 ----- -----
6181A 3) 0,9 0,8
Gruppe 4: AlMgCu AA5022 ----- 0,3 ----- 4,5 ----- -----
(bedingt) AA5023 ----- 0,3 ----- 5,5 ----- -----
aushärtbar
1)
Ac-300/Ac-170; 2) Ac-118; 3) Ecodal 608 = Markenbez. Fa. Novelis;
4)
Hydro 5918-D = Markenbez. Fa. Hydro; 5) in Entwicklung, Fa. Hydro

Tabelle 12.1.3 Typische mechanische Eigenschaften von Aluminiumkarosserie-


blechlegierungen
Bezeichnung Rm Rp0,2 A5 Ag nm rm
EN AW- (AA) [MPa] [MPa] [%] [%] --- ---
Gruppe 1: Al99,5 1050A-0 80 40 40 28 0,25 0,85
Gruppe 2: AlMg(Mn,Cr) 5052-0 190 90 28 24 0,30 0,68
nicht aushärtbar 5754-0 210 100 28 19 0,30 0,75
5182-0 280 140 30 23 0,31 0,75
5182-ffa 270 125 28 20 0,30 0,67
5019-0 290 150 31 24 0,32 0,75
AlMg6,5-0 330 160 32 25 0.31 0.80
Gruppe 3: AlMgSi(Cu,Mn) AA6014-T4 ***) 195 90 25 *) 22 0,28 0,60
aushärtbar AA6501-T4 135 70 25 *) 22 0,26 0,70
6016-T4* 210 100 26 *) 22 0,27 0,60
AA6022-T4 257 148 26 **) 22 0,25 0,67
AA6111-T4 275 160 28 n.b. 0,28 0,56
6181A-T4 235 125 25 22 0,26 0,65
Gruppe 4: AlMgCu AA5022 300 155 30 n.b. 0,29 0,68
(bedingt) AA5023 275 135 30 28 0,30 0,65
aushärtbar
*)
A80mm-Wert, gemessen quer zur WR; **) A50mm; ***) Ac-170-PX („T4*“),
n.b. = nicht bekannt
12.1 Werkstoffeigenschaften für die Blechumformung 515

Blechoberfläche
Die Standardwalzoberfläche von Aluminiumblechen und -bändern ist die
sog. „mill-finish“-Oberfläche mit relativ geringen Rauheitswerten. Sie
wird mit tangential geschliffenen Walzen erzeugt und weist dadurch eine
gerichtete Rauhigkeit auf, die parallel und quer zur Walzrichtung tribolo-
gisch unterschiedliches Verhalten erzeugt. Schmiermittel in den langge-
streckten Rauhigkeitstälern werden unter dem Druck der Werkzeugober-
flächen herausgequetscht, ohne daß sich ein hydrostatischer Druck auf-
bauen kann. Diese Oberflächenstrukturen neigen eher zu Abrieb und Ad-
häsion des Aluminiums am Werkzeug und führen zu einer Richtungsab-
hängigkeit der Reibungskoeffizienten.
Deshalb hat man ähnlich wie bei Stahlfeinblechen besondere Oberflä-
chen mit ungerichteter Rauheit entwickelt. Für die Erzeugung isotroper
Oberflächen werden die Walzen durch Elektroerodieren präpariert und in
einem Dressierstich auf die Bandoberfläche aufgeprägt. Mikrotopogra-
phien der mill-finish und elektroerodierten Walzoberfläche zeigt Bild
12.1.20 am Beispiel der Karosserieblechlegierung AlMg4,5Mn0,4 (EN
AW-5182-0).

Bild 12.1.20 REM-Aufnahmen von Oberflächenfeinstrukturen auf Blechen der


Legierung AlMg4,5Mn0,4-0 (EN AW-5182-0). a) mill-finish, b) erodiert (Quelle:
Hydro Aluminium, ehem. VAW Aluminium AG)

Abgesehen von unterschiedlichen Oberflächenfeinstrukturen werden


Aluminiumbänder und -bleche mit speziellen Beschichtungen geliefert, die
auf die spezifischen Anforderungen des Transports, der Umformung und
weiteren Verarbeitung abgestimmt sind. Hierzu zählen Konversions-
schichten für die Lack- und Klebstoffhaftung sowie Beölung und Trocken-
schmierstoffschichten und ggf. elektrisch leitende und nicht-leitende Pri-
516 12 Aluminiumblechumformung

mer, ohne und mit speziellen Gleitmitteladditiven, die im Coil-Coating-


Verfahren herstellerseits aufgetragen werden.

12.2 Tribologisches Verhalten

Neben den Umformeigenschaften des Werkstoffs spielen die tribologi-


schen Verhältnisse in den Kontaktzonen zwischen Blech und Werkzeug
eine entscheidende Rolle für die Verfahrensgrenzen des Umformprozesses.
Die Reibung in den verschiedenen Kontaktzonen beeinflußt das Fließen
des Werkstoffs im Werkzeug und wird zur Steuerung des Umformvor-
gangs gezielt ausgenutzt.
Das gesamte Tribosystem besteht aus der Blechoberfläche, der Werk-
zeugoberfläche und dem Schmierstoff. Der Schmierstoff verhindert Abrieb
und Verschleiß an den Werkstück- und Werkzeugoberflächen und soll ins-
besondere bei Aluminiumziehteilen Adhäsion an der Werkzeugoberfläche
und Riefen auf der Blechoberfläche vermeiden. Gleichzeitig ist man be-
müht, den Bedarf an Schmierstoff so gering wie möglich zu halten und den
Schmierstoff in die weiteren Prozeßstufen zu integrieren bzw. seine Ent-
fernung ohne Aufwand an Betriebskosten und unbedenklich für die Um-
welt durchzuführen.

12.2.1 Reibungsmechanismus

Die tribologischen Bedingungen bei der Blechumformung lassen sich cha-


rakterisieren durch
• mäßige Geschwindigkeiten in der Relativbewegung zwischen Werk-
stück- und Werkzeugoberfläche,
• allgemein niedrige Drücke in der makroskopischen Kontaktzone,
• relativ große Kontaktflächen zwischen Werkstück und Werkzeug.

Unter solchen Bedingungen können sowohl flüssige und pastöse als auch
trockene Schmierstoffe zur Verringerung der Reibungskräfte zwischen den
Metalloberflächen verwendet werden. Die niedrigen Relativgeschwindig-
keiten erfüllen nicht die Bedingungen für das Auftreten und die Aufrecht-
erhaltung hydrodynamischer Schmierverhältnisse beim Einsatz flüssiger
Schmierstoffe.
Auf der mikroskopischen Ebene aber findet man Zonen, die durch einen
dünnen Schmierfilm getrennt sind, und solche mit direktem metallischen
Kontakt. Das Ausmaß des metallischen Kontaktes hängt von einer Reihe
von Faktoren ab, unter denen die Oberflächenrauhigkeit, die mikrotopo-
12.2 Tribologisches Verhalten 517

graphische Oberflächenstruktur und die Schmiermittelmenge die wichtig-


sten sind.
Im Augenblick der Berührung zwischen der Werkzeugoberfläche und
der weicheren Blechoberfläche beschränkt sich der Kontakt auf wenige
Rauhigkeitsspitzen, die wegen der lokal hohen spezifischen Flächenpres-
sung eingeebnet werden. Dadurch baut sich in dem in den Rauhigkeitstä-
lern eingeschlossenen flüssigen Schmierstoff ein hydrostatischer Druck
auf, wodurch der Druck des Werkzeugs auf die Blechoberfläche übertra-
gen wird. Überschüssiger Schmierstoff wird gleichzeitig aus den Talmul-
den des Rauheitsprofils herausgequetscht, zwischen die abgeflachten Rau-
higkeitsspitzen hindurchgepreßt, und es bildet sich ein dünner Grenzflä-
chenfilm aus, der aus tribochemischen Reaktionsprodukten und anderen
Substanzen besteht (z.B. metallische Seifen).
Während des Ziehvorgangs bauen sich durch die Relativbewegung zwi-
schen Werkzeug- und Blechoberfläche im Grenzflächenfilm zwischen den
abgeflachten Spitzen und der Werkzeugoberfläche Schubspannungen auf.
Reißt der Grenzflächenfilm durch die Relativbewegung der Oberflächen
oder durch zu hohen Druck des Werkzeugs, entsteht direkter metallischer
Kontakt. Es kommt zu Adhäsion des Blechwerkstoffs am Werkzeug in-
folge örtlicher Preßschweißprozesse. Bei weiterer Relativbewegung wer-
den diese metallischen Brücken abgerissen und haften entweder am Werk-
zeug oder brechen als Abriebpartikel los. In diesem Moment ist die
Schmierung zusammengebrochen. Die mechanistischen Vorstellungen der
Reibungsvorgänge sind in Bild 12.2.1 schematisch wiedergegeben (Bal-
bach 1988).

Bild 12.2.1 Reibungsmechanismen beim Ziehprozeß (Quelle: IfU, Univ. Stuttgart)


518 12 Aluminiumblechumformung

Zur Vermeidung oder Minderung metallischer Reibung und von Abrieb


beim Ziehprozeß ist eine Grenzflächenschmierung notwendig und folglich
auch die Aufrechterhaltung eines hydrostatischen Drucks in den Rauhig-
keitstälern der Blechoberfläche. Die EDT-Oberfläche (Bild 12.1.19) mit
einer muldenförmigen, isotropen Oberflächenfeinstruktur für ein ausrei-
chendes Schmierstoffreservoir und mit Aufnahmekapazität für Abriebpar-
tikel ist deshalb der „mill-finish“ Oberfläche vorzuziehen.

12.2.2 Das Tribosystem Blech-Werkzeug-Schmierstoff

Reibungsverhalten des Blechwerkstoffs


Um das Reibungsverhalten zu modellieren und die tribologischen Para-
meter zu ermitteln, sind zahlreiche Prüfverfahren entwickelt worden. Die
meisten dieser Verfahren bauen auf Reibversuchen mit Blechstreifen auf,
die durch zwei Ziehbacken, bestehend aus Niederhalter und Ziehring, hin-
durchgezogen werden. Durch Steuerung und Erfassen der Flächenpressung
und der Durchzugskräfte kann der Reibungskoeffizient errechnet werden.
Streifenziehversuche werden je nach Aufgabenstellung mit oder ohne eine
Umlenkung des Blechstreifens durchgeführt. Die Umlenkung soll das Zie-
hen über eine Ziehkantenrundung simulieren.

Bild 12.2.2 Reibverhalten und Adhäsionsneigung von Karosserieblechlegierungen


im Streifenziehversuch ohne Umlenkung. Mill-finish-Oberfläche, Schmierstoff:
Oest PlatinolV711/80, Ziehgeschwindigkeit vz = 2 mm/s (Mössle 1983)
12.2 Tribologisches Verhalten 519

Bild 12.2.2 zeigt Ergebnisse von Streifenziehversuchen ohne Umlen-


kung an den Blechwerkstoffen EN AW 5052-0, EN AW-5182-0 und EN
AW-6016-T4 mit „mill-finish“-Oberfläche (Mössle 1983). Die Anisotropie
des Reibungsverhaltens senkrecht und parallel zur Walzrichtung wird
deutlich. Man sieht, daß das Auftreten von Kaltverschweißungen unter den
gewählten Bedingungen bereits bei relativ niedrigen Niederhalterdrücken
erfolgt und von der Orientierung der Streifenziehrichtung zur Walzrich-
tung abhängig ist. Weiterhin erkennt man die Abhängigkeit der Ziehkräfte
bei gegebenem Niederhalterdruck von der Orientierung zur Walzrichtung.
Die Streifenziehversuchswerte in Bild 12.2.3 sind ein Beispiel für das
tribologische Verhalten verschiedener Oberflächenpräparationen beim Ka-
rosseriewerkstoff AlSi1,2Mg0,4-T4. Es wird deutlich, daß von Blechen
mit „EDT“ (elektroerodiert) und „Lasertex“ (lasertexturiert) Oberflächen
wesentlich höhere Flächenpressungen ohne Abrieb und Adhäsion ertragen
werden als von Blechen mit „mill-finish“-Oberflächen.

Bild 12.2.3 Einfluß der Oberflächenfeinstruktur auf das Reibverhalten der Legie-
rung Al Si1,2Mg0,4-T4 (EN AW-6016-T4). Schmierstoff Mineralöl M100, Zieh-
geschwindigkeit vz = 100 mm/s. (Quelle: IfU, Univ. Stuttgart)

Werkzeugoberfläche
Für das Ziehen von Aluminiumkarosserieteilen werden die gleichen Werk-
zeugwerkstoffe verwendet wie für die Herstellung von Stahlziehteilen
(Schuler GmbH: 1996) und Werkzeugstahleinsätze als Ziehkanten, Zieh-
leisten und Schneidkanten. Zur Vermeidung von Adhäsionserscheinungen
520 12 Aluminiumblechumformung

soll die Werkzeugoberfläche in kritischen Kontaktzonen eine mittlere Rau-


tiefe von Rz ≤ 1 µm und einen Profilleeregrad von λp ≥ 0,46 (λp = Rp/Rt,
mit Rp = Glättungstiefe und Rt = Rauhtiefe) aufweisen.
Besonders wirksam kann die Adhäsionsneigung von Aluminium und der
Reibbeiwert durch Oberflächenbehandlungen des Werkzeugs beeinflußt
werden. Bild 12.2.4 zeigt Beispiele für die unterschiedliche Adhäsions-
grenze bei verschiedenen Werkzeugoberflächenbehandlungen (Mössle
1983). Plasmanitirieren und PVD- oder CVD-Beschichtungen mit TiN und
VN auf Werkzeugstählen haben sich besonders für die Aluminiumver-
arbeitung als geeignet erwiesen (Podgornik et al. 2006). Auch DLC-
Schichten auf Werkzeugstählen haben ausgezeichnete Anti-Adhäsionsei-
genschaften und hohe Standzeiten selbst bei trockener Reibung (Enke
1997, Taube 1998, Sato et al. 2000). Welche Art der Oberflächen-
behandlung im Einzelfall geeignet ist, richtet sich nach den technischen
und wirtschaftlichen Gegebenheiten, wie z.B. der Größe des Werkzeugs.

Bild 12.2.4 Einfluß der Werkzeugoberfläche auf das Reibverhalten von


AlMg0,4Si1,2-T4 mit mill-finish-Oberfläche. Streifenziehversuch ohne Umlen-
kung, vz = 2 mm/s, Schmierstoff Oest Platinol V711/80 (Mössle 1983)

Schmiermittel
Erfolgreiches Ziehen von Blechformteilen hängt entscheidend von der
Wahl des Schmierstoffsystems und seiner Auftragung auf Blechplatine
und Werkzeug ab. Im Preßwerk geschieht die gleichmäßige und reprodu-
12.2 Tribologisches Verhalten 521

zierbare Befettung der Blechplatine vorwiegend mit dem Walzenauftrags-


verfahren. In besonderen Fällen kann es darüber hinaus notwendig sein,
eine lokale Druckschmierung an kritischen Stellen im Werkzeug selbst
vorzunehmen. Für die Aluminiumblechumformung steht eine große Zahl
von speziellen Schmierstoffen, z.B. auf der Basis legierter Mineralöle, zur
Verfügung.
Ein wichtiger Faktor bei der Auswahl ist die dynamische Viskosität des
Schmierstoffs, die druckabhängig und in besonderer Weise temperaturab-
hängig ist. Messungen der Temperaturverläufe beim Ziehprozeß haben an
der Ziehkantenrundung Temperaturerhöhungen um 10 bis 15 °C ergeben,
die die Viskosität erniedrigen und in kritischen Umformoperationen zu ei-
ner unzureichenden Schmierung führen können.
In Zusammenhang mit Schmierstoffauftrag, Entfernung und Entsorgung
können bis zu 15% Prozeßkosten anfallen. In dem Bemühen, den Schmier-
stoffeinsatz sowie Umweltprobleme zu reduzieren, wurden Trocken-
schmierstoffe eingeführt, die durch Coil-Coating aufgetragen werden. Sol-
che Trockenschmierstoffe sind häufig den herkömmlichen Mineralöl-
schmierstoffen bzgl. des Umformverhaltens überlegen und können durch
Beizbehandlung oder alkalische Entfettung im Verlauf der Weiterbearbei-
tung entfernt werden (Furrer et al. 2001). Auf Borsäure-Trockenfilme als
umweltverträgliche Alternative zu wachsbasierten Trockenschmierstoffen
hat Rao et al. hingewiesen (Rao et al. 2001).

Reibzonen beim Tiefziehen


Die Reibzonen beim Tiefziehen und beim Karosserieteilziehen sind in Bild
12.2.5 schematisch dargestellt. Die Anforderungen an das Reibverhalten in
diesen Reibzonen können je nach Ziehteilart und Umformverfahren sehr
unterschiedlich sein. Beim Tiefziehen wird eine geringe Reibung unter
dem Niederhalter (Zone 1) und an der Ziehringrundung (Zone 2) benötigt,
um die Ziehkräfte zu reduzieren. An der Stempelkante (Zone 3) und Stem-
pelmantelfläche (Zone 4) verlangt man eine möglichst hohe Reibung, um
über den Stempel hohe Kräfte in die Zarge einleiten zu können. Müssen im
Ziehteilboden eines Karosserieteils besondere Bereiche durch Streckziehen
ausgezogen werden, sind an der Stempelstirn (Zone 5) niedrige Reibungs-
werte einzustellen. Zur Steuerung des Werkstoffflusses bei unregelmäßi-
gen Ziehteilen, wie z.B. Karosserieteilen, kann eine höhere Reibung in be-
stimmten Partien des Niederhalters (Zone 6) notwendig sein, die man mit
lokal höherer Flächenpressung oder auch mit Bremswulsten (Ziehsicken
oder Ziehleisten) erzielen kann.
522 12 Aluminiumblechumformung

Bild 12.2.5 Reibungszonen beim Ziehen von Karosserieteilen. (1) Ziehring und
Niederhalter, (2) Ziehringrundung, (3) Stempelkantenrundung, (4) Stempelmantel-
fläche, (5) Stempelstirn, (6) Niederhalter und Bremswulst

Karosserieteile sind gewöhnlich großflächige Blechteile mit relativ ge-


ringen Ziehtiefen, unregelmäßigen Formen und zahlreichen Formenele-
menten. Der Ziehprozeß besteht daher in der Regel aus einer Kombination
aus Tiefzieh- und Streckziehvorgängen, die eine feinfühlige Steuerung des
Materialflusses unter dem Niederhalter notwendig machen. Steuerungs-
möglichkeiten bieten der Platinenzuschnitt, das Schmierstoffangebot,
Bremswulste und die gezielte Einstellung des Niederhalterdrucks. Bild
12.2.6 illustriert die Verwendung von Ziehstäben als Bremswulste und
Abklemmleisten bei einem großflächigen Karosserieblechziehteil.

Bild 12.2.6 Beispiel für die Anordnung und Form von Ziehsicken für ein unre-
gelmäßiges, großflächiges Karosserieblechziehteil (Quelle: IfU, Univ. Stuttgart)

Durch die Anordnung von Ziehsicken ist es möglich, bei komplizierten,


unregelmäßigen sowie auch bei rechteckigen Ziehteilen den Spannungs-
12.2 Tribologisches Verhalten 523

unterschied zwischen Seitenwänden und Eckenbereichen zu verkleinern.


Ziehstäbe und Ziehwülste werden üblicherweise in einer Entfernung von
25 · t ( t = Blechdicke) von der Ziehkante der Matrize angeordnet. Die Be-
sonderheiten des Aluminiumkarosseriewerkstoffs erfordern spezielle Maße
in der Werkzeuggestaltung und im Hinblick auf die Ausführung von Zieh-
stäben und -sicken, s. (Story et al. 1996). Ziehkantenradien der Matrize
sollten zwischen 5 · t und 10 · t betragen. Für Abmessungen und Konturen
der Ziehsicken werden die Abmessungen in Bild 12.2.7 empfohlen.

Bild 12.2.7 Empfohlene Abmessungen für Brems- und Abklemmleisten für das
Ziehen von Aluminiumkarosserieblechteilen (Quelle: Corus Aluminium)

Für die Wirkung der Reibzonen ist neben der Werkzeuganlage auch den
Zieheinrichtungen besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Da sich die
Ziehaufgabe häufig bei bereits vorhandener Presseneinrichtung stellt, ist
für kritische Ziehteile eine optimale Auslegung der Zieheinrichtung auf die
besonderen Ansprüche der Aluminiumblechumformung nur durch Umbau
oder Anpassung zu lösen. Entscheidend ist die Steuerungsfähigkeit des
Niederhalterdrucks über dem Stempelweg, wobei bei großflächigen Zieh-
teilen die Niederhalterkraft über elastische Formänderung oder segmen-
tierten Niederhalter durch eine Vielpunktziehanlage variabel einstellbar
sein sollte. Verschiedene anlagentechnische Lösungen wurden hierzu z. B.
am Institut für Umformtechnik der Universität Stuttgart erarbeitet (Siegert
2006).
524 12 Aluminiumblechumformung

Einfluß der Korngröße auf die Oberflächenwandlung


Infolge der plastischen Verformung und der damit verbundenen nÄderun-
gen der Kristallorientierung innerhalb des Kornverbandes ergibt sich eine
Aufrauhung („Narbigkeit“) der Oberfläche, die mit steigendem Umform-
grad zunimmt und von der Ausgangskorngröße abhängig ist. Bild 12.2.8
zeigt ein Beispiel für diesen Effekt, wobei die Aufrauhung an verformten
Zugproben gemessen wurde, bei denen keine Einebnung der entstehenden
Aufrauhung durch den Kontakt mit einer Werkzeugoberfläche stattfindet
(freie, ungebundene Umformung). Bei gebundener Umformung, wie beim
Ziehen der Blechoberfläche über die Ziehringrundung oder unter dem Nie-
derhalter, wird diese Oberflächenwandlung teilweise wieder eingeebnet.
Auf jeden Fall verändert die Oberflächenaufrauhung die mikrotopographi-
sche Oberflächenstruktur und wirkt sich somit auf die tribologischen Pro-
zesse aus. Je größer die Ausgangsrauhigkeit des Blechs und je geringer die
Korngröße, um so geringer ist dieser Effekt. Die Beurteilung der Wirkung
bestimmter Oberflächentopographien muß daher auch die Gefügestruktur
berücksichtigen.

Bild 12.2.8 Einfluß der Korngröße auf die Oberflächenwandlung bei ungebunde-
ner Umformung im Zugversuch (Mössle 1983)
12.3 Scherschneiden 525

12.3 Scherschneiden

Scherschneiden, Lochstanzen und Beschneiden des Formteils sind feste


Bestandteile der Blechteilformgebung. Die Schnittfläche kann nach VDI-
Richtlinie 2906, Bl. 2, durch die in Bild 12.3.1 dargestellten Kenngrößen
charakterisiert werden, die sowohl für Außen- als auch für Innenschnittflä-
chen gelten (VDI-Richtlinie 2906/2:1994).

Bild 12.3.1 Allgemeine Kenngrößen an Schnittflächen nach DIN VDI 2906/2


(VDI-Richtlinie 2906/2 (1994)): bE, hE Kanteneinzugsbreite und -höhe, hS, hS/t
Glattschnitthöhe, -anteil, hB, hB/t Bruchflächenhöhe und -anteil, bG, hG Schnitt-
gratbreite, -höhe, t Blechdicke

Ziel der Schneidoperation ist es, einen möglichst hohen Glattschnittan-


teil und geringen Grat mit geringer Schneidkraft bzw. Schneidarbeit ohne
Ausbrüche und Flitterbildung zu erreichen. Das Schneidverhalten des
Werkstoffs wird durch Scherfestigkeit, Duktilität und Bruchverhalten, aber
auch durch die Schneidparameter sowie tribologische Aspekte beeinflußt.
Werkzeugseitige Einflußfaktoren, wie Schneidkantenradien, Schneidspalt
und Schnittlinienverlauf, bestimmen vor allem die Spannungs- und Form-
änderungsverhältnisse in der Umgebung des Schneidspaltes und wirken
sich damit auf die Grenzwerte des Formänderungsvermögens des Werk-
stoffs und damit auf den Beginn des Bruchvorgangs aus. An der Schnitt-
kante bildet sich eine Verfestigungszone aus, die eine Härtesteigerung ver-
ursacht, gleichzeitig aber auch Zugeigenspannungen in Blechdickenrich-
tung hinterläßt. Die Summe aller dieser Einflußgrößen bestimmt die Qua-
lität und Eigenschaften der Schnittkante und – wenn die Schnittkante in ei-
nen nachfolgenden Umformprozeß einbezogen wird – auch das Umform-
verhalten des Werkstücks.
526 12 Aluminiumblechumformung

Im Hinblick auf die geforderte Qualität der Schnittfläche unterscheidet


man Normalschneiden, Genauschneiden und Feinschneiden, deren cha-
rakteristische Verfahrensmerkmale bei Aluminiumwerkstoffen nachfol-
gend beschrieben werden.

12.3.1 Trennvorgang beim Normalschneiden

Mit dem Normalschneiden hergestellte Schnittflächen haben einen Glatt-


schnittanteil in der Regel von weniger als 30% der Blechdicke. Die Teile-
genauigkeit entspricht der Toleranzgruppe IT12. Es wird mit relativ gro-
ßen Schneidspalten gearbeitet (uS/t ≈ 10–15%). Gegebenenfalls wird mit
Blechhalter, aber ohne Gegenhalter, geschnitten. Die Schnittflächen eignen
sich üblicherweise nicht als Funktionsflächen.
Zu Beginn des Schneidvorgangs entsteht unter der Schneidenkante eine
Druckzone mit einem hydrostatischen Spannungsanteil, der dem örtlichen
duktilen Verhalten zuträglich ist. Dabei bildet sich der Kanteneinzug, s.
Bild 12.3.1. Im weiteren Verlauf dringt der Stempel in das Werkstück ein
und erzeugt ausgehend von den gegenüberliegenden Schneidkanten plasti-
sche Zonen mit zunehmend intensiver Gleitbandbildung, Bild 12.3.2.

Bild 12.3.2 Scherzone und Anrißbildung beim Eindringen des Schneidstempels in


das Werkstück und Verwölbung des Stanzrestes unter dem Stempel
12.3 Scherschneiden 527

Die Orientierung dieser Scherzonen ist abhängig vom Schneidspalt im


Verhältnis zur Blechdicke, uS/t, sowie von den jeweiligen Schneidkanten-
rundungen an Schneidstempel und Schneidplatte. Bei weiterer Stempelbe-
wegung vereinigen sich die beiden anfänglichen Scherzonen und es entste-
hen Anrisse durch Bruch konzentrierter Gleitbänder. Der Rißfortschritt
geschieht unter gleichzeitig zunehmender Wirkung von Zugspannungen
auf die Anrißflanken als Folge des Biegemomentes aus Schneidkraft und
Schneidspalt. Der Übergang von überwiegend Druckspannungen zu über-
wiegend Zugspannungen entwickelt sich zunächst an der Schneidplatten-
kante (Gouveia et al. 2000).
Untersuchungen des Schneidkraftverlaufs über dem Stempelweg haben
gezeigt, daß das Schneidkraftmaximum – der Übergang von Phase 2 zu
Phase 3 in Bild 12.3.3 – durch plastische Verformung unter den Schneid-
kanten und nicht durch Anrisse bestimmt ist. Die langsame Abnahme der
Schneidkraft während Phase 3 beruht auf der Querschnittsabnahme und
auf zunehmend dynamischer Entfestigung in den intensiven Gleitbändern.
Anrißbildung geschieht im Übergang von Phase 3 zu Phase 4.

Bild 12.3.3 Verlauf der Schneidkraft über dem Stempelweg und Zuordnung zu
verschiedenen Ablaufphasen des Schneidprozesses

Eine eingehende Untersuchung der verschiedenen Einflüsse der Werk-


zeuggeometrie auf das Scherschneiden von Aluminiumblechen der Legie-
rungen Al99,5-0, AlMg3Mn-0, AlMg4,5Mn0,4-0 und AlSi12,Mg0,4-T4
wurde von Hoogen durchgeführt (Hoogen 1999). Numerische Simulation
des Schneidprozesses haben die Bedeutung einzelner Schneidparameter
auf das Schneidergebnis verfeinert und experimentell an Aluminiumlegie-
rungen verifiziert (Pyttel et al. 2000, Shuqin et al. 2002, Hatanaka et al.
2003 (1), Hatanaka et al. 2003 (2), Farzin et al. 2006):
528 12 Aluminiumblechumformung

• Anrisse bilden sich bei engem Schneidspalt uS/t = 0,05 in der Nähe der
beiden Schneidkanten und vereinigen sich entlang einer gemeinsamen
Linie. Bei größerem Spalt uS/t > 0,1 bildet sich der Anriß nur stempel-
seitig und erst nach größerer Eindringtiefe.
• Die maximale Kanteneinzugshöhe hE/t und -breite bE/t sind durch das
Eindringen des Stempels erreicht, sobald die Anrißbildung erfolgt. Sie
nehmen mit der Schneidspaltbreite uS/t zu. Bei geringem Schneidspalt
nehmen hE/t und bE/t nicht mehr zu, sobald der Stempel mehr als 0,2·t
ins Werkstück eingedrungen ist. Bei höherem Verfestigungsexponenten
n des Werkstoffs wird die Einzugsbreite bE/t größer.
• Die Glattschnitthöhe hS/t vergrößert sich überproportional mit enger
werdendem Schneispalt uS/t. Sie hat ihren Höchstwert erreicht, sobald
die Anrißbildung erfolgt. Die Glattschnitthöhe ist kaum abhängig von
der Niederhalterkraft des Blechhalters, sofern vorhanden.
• Die Summe von Glattschnitt- und Kanteneinzugshöhe ist fast unabhän-
gig von der Schneidspaltbreite.
• Der Ort der Anrißbildung hängt ab von den Schneidkantenradien RP, RS
(s. Bild 12.3.1). Bei RP/RS < 0,7 beginnt der Anriß an der Schneidplat-
tenkante, bei RP/RS > 0,7 dagegen an der Stempelkante und bei RP/RS =
0,7 an beiden Stellen gleichzeitig. (Diese Angaben beziehen sich auf
Versuche an Kohlenstoffstahl, wobei auch ein Einfluß der Werkstoffe-
stigkeit auf die Anrißlage postuliert wurde) (Farzin et al. 2006).

Die Grathöhe hG nimmt mit dem Schneidkantenradius und Schneidspalt


zu. Die experimentellen Daten in Bild 12.3.4 beruhen auf Arbeiten von Li
(Li 2000 (1)). Wegen der naturgemäßen meßtechnischen Schwankungs-
breite der Grathöhen wurde hier der experimentelle Kurvenverlauf lineari-
siert dargestellt.
Der Glattschnittanteil nimmt mit zunehmender Festigkeit des Materials
bei ansonsten gleichen Schneidparametern ab. Dabei scheint die A r t der
Festigkeitssteigerung, d.h. ob durch Kaltverfestigung oder Aushärtung,
keinen entscheidenden Einfluß auf das Schneidverhalten zu haben.
Während die üblichen Untersuchungsergebnisse auf Schneidprozessen
mit 90° Stempelbewegung beruhen, untersuchte Li auch den Einfluß von
verschiedenen Schneidwinkeln zwischen 0° und 20° (Li 2000 (1), Li 2000
(2)). Überraschenderweise nimmt die Grathöhe bei gegebenem Schneid-
spalt mit zunehmendem Schneidwinkel deutlich ab und selbst bei „stump-
fen“ Stempelschneidkanten (RS bis 0,5 mm) und Spaltbreiten uS/t um 10%
kann bei 20° Schneidwinkel ein fast gratfreier Schnitt erreicht werden.
12.3 Scherschneiden 529

Bild 12.3.4 Einfluß von Schneidspaltbreite uS/t und Schneidstempelradius RS auf


die Grathöhe hG beim Beschneiden von 1 mm Blech aus Legierung AA6111-T4;
Schneidrichtung 90° zur Blechebene. Nach Daten von Li (2000 (1))

Flitterbildung und -vermeidung


Die Bildung von Flitterpartikeln beim Scherschneiden ist eine kosten-
trächtige Problematik bei der Aluminiumblechverarbeitung, insbesondere
bei weitgehend automatisierter Fertigung. Selbst bei annähernd gratlosem
Schneiden mit engen Schneidspalten und kleinen Schneidkantenradien o-
der unter Schneidwinkeln läßt sich die Flitterbildung bei Aluminiumble-
chen nicht vollständig vermeiden. Golovashchenko hat kürzlich die Flitter-
bildung bei Karosserieblech AA6111-T4 untersucht und den Flitter als ab-
gerissenen Grat des Stanzabfalls beschrieben (Golovashchenko 2006).
Beim Schneidvorgang entsteht dieser Grat durch die stempelseitige An-
rißbildung am Auslauf des Stempelradius, s. Bild 12.3.5, in einer Zone mit
extremem Verformungsgrad infolge des dort herrschenden hydrostatischen
Spannungszustands. Golovashchenko vermutet, daß durch die Rißbildung
der hydrostatisch geprägte Spannungszustand in den ebenen Spannungszu-
stand wechselt mit der Folge, daß die Duktilität in diesem Zipfel erschöpft
ist und beim weiteren Eintauchen des Stempels und Abbiegen des Stanzre-
stes der Zipfel verformungsarm abgerissen wird.
Zur Vermeidung der Flitterbildung wird daher vorgeschlagen, die An-
rißbildung stempelseitig zu verhindern und an der Kante der Schneidplatte
zu forcieren sowie gleichzeitig die Verwölbung des Stanzabfalls zu unter-
binden. Diese Effekte kann man dadurch erzielen, daß mit einem scharfen
Radius (z.B. 0,1 mm) an der feststehenden Schneidkante und einem stump-
530 12 Aluminiumblechumformung

fen Radius an der stempelseitigen Schneide sowie durch einen bewegli-


chen Gegenhalter unter dem Stanzrest gearbeitet wird (Golovashchenko et
al. 2003). Die Untersuchungen haben weiter ergeben, daß eine gute
Schnittflächenqualität und exakte Abbildung der Schneidplattengeometrie
auch bei größerem Schneidspalt erzielt wird, wodurch der Prozeß erheb-
lich verbesserte Fertigungssicherheit gewinnt.

Bild 12.3.5 Vorstufe der Flitterbildung beim Scherschneiden von AA6111-T4


Blech nach Golovashchenko (Golovashchenko 2006)

Flitterbildung durch Adhäsion


Durch den Schneidvorgang wird eine frische metallische Oberfläche er-
zeugt, die zumindest teilweise mit den Werkzeugoberflächen in Kontakt
steht, soweit dieser nicht durch einen Schmierstoffilm behindert wird.
Durch die Schnittstempelbewegung kommt es zu Gleitvorgängen zwischen
Werkstück und Werkzeug an der frischen Schnittkante – ein Vorgang, der
vor allem bei Lochstanzungen zu beachten ist. Die tribologischen Eigen-
schaften der Kontaktflächen und die Adhäsionsneigung der Reibpartner
sind damit ebenfalls von Bedeutung für die Schnittflächenqualität, beson-
ders aber für den Werkzeugverschleiß. Die frische metallblanke Oberflä-
che des äußerst reaktionsfähigen Aluminiums führt zur Adhäsion an der
Stahlstempeloberfläche, sofern dies nicht durch Schmierstoff oder Werk-
zeugoberflächen mit geringer Adhäsionsneigung verhindert wird. Bei wei-
teren Schneidoperationen können sich Adhäsionspartikel lösen und in den
nachfolgenden Umformprozeß eingeschleust werden oder sich im Werk-
zeug ablagern. Als Folge werden die Schnittflächenqualität vermindert und
12.3 Scherschneiden 531

der Verschleiß bzw. die Werkzeugnacharbeit zunehmen. Bei kritischen


Umformoperationen, z.B. beim Aushalsen von Lochstanzungen oder beim
Biegen, können infolge des durch die Eigenspannungen geförderten
Zug/Zug-Spannungszustandes vorzeitig Anrisse an den Schnittkanten auf-
treten.

12.3.2 Genauschneiden

Unter Genauschneiden versteht man Scherschneiden mit einem Glatt-


schnittanteil von mindestens 60% der Blechdicke t unter Einhaltung enge-
rer Toleranzgrenzen von IT9 bis IT11. Charakteristisch für das Genau-
schneiden – im Gegensatz zum Normalschneiden – ist das Schneiden mit
engen Spalten von uS/t ≤ 3%, gerundeter Schneidkante, ebenem Niederhal-
ter und Gegenhalter, s. Bild 12.3.6 (Neugebauer et al. 1996, Schüßler et al.
1991, Jordan 1991). Dazu ist eine zweifach wirkende Maschine erforder-
lich.

Bild 12.3.6 Schematische Darstellung des Genauschneidens mit engem Schneid-


spalt und mit unterschiedlichen Schneidkantenrundungen für das Lochschneiden
mit Außen- oder Innenkontur (Neugebauer et al. 1996)

Durch den engeren Schneidspalt werden die radialen Zugspannungen


und dadurch die Gefahr der Rißbildung in der Scherzone verringert. An-
ders als beim Normalschneiden (aber ebenso wie beim Feinschneiden)
wird mit einer stumpfen Schneidkante gearbeitet, die je nachdem, ob die
Außenkontur oder die Innenkontur glattgeschnitten werden muß, entweder
an der Schneidplatte oder am Stempel angebracht wird (König et al. 1995).
Nach (Neugebauer et al 1996) und (König et al. 1984) wirkt sich die
Schneidkantenrundung positiv auf das Glattschneidverhalten aus, weil die
532 12 Aluminiumblechumformung

örtlichen Formänderungen an den Schnittflächen mit zunehmender


Schneidenrundung abnehmen. Die Größe des Schneidkantenradius wird
mit 5 bis 10% der Blechdicke t angegeben, wobei die größeren Radien bei
höheren Werkstoffestigkeiten verwendet werden sollen (König et al. 1995,
König et al.1984).
Tabelle 12.3.1 enthält Angaben zum erfolgreichen Genauschneiden ei-
niger Aluminiumlegierungen. Allgemein erfüllen Legierungen im Zustand
“weich” die geforderte Schnittflächenqualität beim Glattschneiden. Stark
verfestigte Legierungen (Zustand H18) können dagegen nicht befriedigend
genaugeschnitten werden (Kriterium: Glattschnittanteil mindestens 60%),
ebenso kaltausgehärtete Legierungen, z.B. vom Typ AA6111-T4. Fol-
gende Feststellungen können getroffen werden:
• je höher die Legierungsfestigkeit, desto enger müssen die Schneidspalte
gewählt werden,
• gerade Schnitte erfordern einen engeren Schneidspalt als kreisförmige,
geschlossene Schnitte,
• eine große Schneidkantenrundung an der Schneidplatte begünstigt den
Glattschnitt und das Genauschneiden von Außenformen,
• eine große Schneidkantenrundung am Stempel begünstigt den Glatt-
schnitt und das Genauschneiden von Innenformen,
• der relative Schneidspalt uS/t muß für größere Blechdicken enger ge-
wählt werden.

Tabelle 12.3.1 Versuchsergebnisse zum Einsatz des Genauschneidverfahrens


Legierung EN AW- Zustand Dicke t Schneidspalt Schneidkanten- Literatur
[mm] uS/t rundung [mm]
Al99,5 (1050A) weich (-0) bis 4 ≤ 2% [1, 2]
AlMg3Mn (5754) weich (-0) bis 4 0,4 bis 2 % 0,1 bis 0,5 [3] *)
AlMg4,5Mn0,4 (5182) weich (-0) bis 4 0,4 bis 2 % 0,1 bis 0,5 [3] *)
AlMgSi0,5 (6063) weich (-0) bis 4 0,4 bis 2 % 0,1 bis 0,5 [3] *)
*) Schmierung: Feinschneidöl, handelsüblich, Viskosität 55 cSt
[1] (Schüßler et al. 1991), [2] (Jordan 1991), [3] (Neugebauer et al. 1996)

Die Verfestigung ist unmittelbar an der Schnittfläche am größten und


nimmt mit dem Abstand von der Schnittfläche und vom Schnittgrat zum
Kanteneinzug hin ab. Härtemessungen bei Al Mg4,5Mn0,4 (EN AW-
5182) ergaben an der Gratseite Härtesteigerungen um 100% der Grund-
härte, wie Bild 12.3.7 für weiches und verfestigtes Ausgangsmaterial zeigt.
Demnach werden beim Genauschneiden der Legierung AlMg4,5Mn0,4
(EN AW-5182) die gleichen Verfestigungsverhältnisse beobachtet wie
12.3 Scherschneiden 533

beim Normalschneiden (Neugebauer et al 1998). Der starke Verfesti-


gungsanstieg an der Schnittfläche beschränkt sich bei den gegebenen
Schneidparametern auf eine schmale Zone von ca. 0,2 mm, deren Ausdeh-
nung nahezu unabhängig vom Verfestigungsgrad der Legierung zu sein
scheint.

Bild 12.3.7 Verfestigungstiefe beim Genauschneiden von AlMg4,5Mn0,4-0 und


-H18. Blechdicke 3 mm. Schneidparameter: Schneidspalt 0,025 mm, Stempelkan-
tenradius 0,1 mm, Schneidplattenradius 0,5 mm, Niederhalterkraft 20% der
Schneidkraft

12.3.3 Feinschneiden

Gegenüber dem Genauschneiden wird beim Feinschneiden mit einem noch


engeren Schneidspalt von uS/t = 0,5% bis maximal 1,2% gearbeitet, um ei-
nen 100-prozentigen Glattschnittanteil über der gesamten Schnittfläche
und geometrische Toleranzen im Bereich von IT6 bis IT9 zu erzeugen.
Feinschneiden wird ausschließlich zum Ausschneiden von Formen ange-
wendet.
Das charakteristische Merkmal des Feinschneidverfahrens ist die aus der
Preßplatte (Niederhalter) herausragende Ringzacke, die in das Stanzgitter
des Blechs eingreift und zusammen mit dem Gegenhalterdruck und Stem-
peldruck einen Druckspannungszustand in der Schneidzone hervorruft. In-
534 12 Aluminiumblechumformung

folge des hydrostatischen Spannungszustands in der Scherzone erhöht sich


die Duktilität und die Rißbildung wird behindert.
Nach (Haack et al 1977) sind die nicht aushärtbaren AlMg- und AlMg
Mn-Legierungen im weichen Zustand gut feinschneidbar. Mit steigendem
Kaltwalzgrad, z.B. im Zustand halbhart und hart, nimmt die Fein-
schneidfähigkeit ab. Aushärtbare Legierungen, z.B. AlSi1MgMn (6082)
und AlCu4MgSi (2017A), sind im weichen Zustand gut, jedoch im kalt-
oder warmausgehärteten Zustand nur mit Schwierigkeit feinschneidbar.
Eine eingehende, neuere Untersuchung des Feinschneidens von verschie-
denen naturharten und aushärtbaren Aluminiumlegierungen in Dicken bis
8,3 mm macht deutlich, daß auch höher- und hochfeste Legierungen mit
hohem Glattschnittanteil geschnitten werden können, sofern werkzeugsei-
tig geeignete Anpassungen vorgenommen werden (Fritsch 2002). Dabei
wird auch die Möglichkeit aufgezeigt, die Feinschneidbarkeit zu verbes-
sern, wenn das Material vor dem Schneidprozeß durch Lösungsglühen und
Abschrecken in einen weicheren Zustand versetzt wird. In Tabelle 12.3.2
sind nach (König et al. 1995) einige Angaben zur Feinschneidbarkeit ver-
schiedener Aluminiumlegierungen wiedergegeben sind. Gemäß den in der
zit. Quelle angegebenen Zugfestigkeitswerte wurden die jeweiligen Wär-
mebehandlungszustände interpretiert und ergänzt. Als Grenzen der
schneidbaren Dicken werden maximal 20 mm angegeben.

Tabelle 12.3.2 Feinschneidbarkeit von Aluminiumlegierungen nach (König et al.


1995) und anderen Quellen
EN-AW EN AW- Zustand Rm [N/mm²] A50 [%] Feinschneidbarkeit
*) *) **)
Al99,5 1050A -0/H111 90 (max.) 20 – 35 1
AlMn 3103 -0/H111 130 (max.) 17 – 28 1
AlMg1 5005A -H12/H22 130 2 – 10 2
AlMg3 5754 -H12/H112 210 12 – 18 2
AlMg2Mn0,8 5049 -H112 210 12 – 18 2
AlMg4,5Mn0,8 5083 -H111 275 12 – 16 2
AlSi1MgMn 6082 -T61 280 10 – 12 2
AlCu4MgSi 2017A -T4 390 13 – 15 3
AlZn4,5Mg1 7020 -T6 360 7 – 10 3
*) Mindestwerte nach DIN EN 485-2; abhängig von der Materialdicke
**) Feinschneidbarkeit: 1 = gut; 2 = mittel; 3 = schwierig
13 Sondergebiete der Umformtechnik

Als Sondergebiete der Weiterverarbeitung von Aluminium und seinen Le-


gierungen werden im folgenden einerseits die Bearbeitung von Profilen
und Rohren zu räumlich geformten Bauteilen und andererseits solche Ver-
fahren behandelt, die durch die speziellen Umformbedingungen besonders
hohe Umformgrade ermöglichen. Hierzu gehören die Halbwarmumfor-
mung und die superplastische Umformung. Die unter der Bezeichnung
„Severe Plastic Deformation – SPD“ in jüngster Zeit bekannt gewordenen
Prozesse eröffnen zwar ein Potential an neuartigen Gefügedimensionen, s.
Abschn. 3.1.3, sind aber für praktische Anwendungen noch nicht genügend
entwickelt und daher nicht Gegenstand der folgenden Betrachtungen.

13.1 Weiterverarbeitung von Profilen und Rohren

Die Umformung von Aluminiumprofilen und -rohren ist eine interessante


umformtechnische Herausforderung. Die Gestaltungsfreiheit des über der
Länge unveränderten Profilquerschnitts wird ergänzt durch ebene oder
räumliche Krümmungen der üblicherweise geraden Profil- bzw. Rohrachse
mit Hilfe von Biegeprozessen bei annähernd gleichbleibenden Quer-
schnitten sowie durch örtliche nÄderungen des Querschnitts mittels Stanz-
und Umformvorgängen. Infolge der elastisch-plastischen Spannungs- und
Dehnungsgradienten ergeben sich bei den Umformoperationen Rückfede-
rungen und Eigenspannungsfelder, die häufig einen Kalibriervorgang not-
wendig machen. Abgesehen von den Formgebungsverfahren Biegen, Prä-
gen, Stanzen und örtliches Fließpressen spielt hierbei das Innenhochdruck-
umformen (IHU) eine herausragende Rolle.
Die werkstofflichen Aspekte betreffen die geeigneten Ausgangszustände
für die Weiterverarbeitung. Während Rohre, insbesondere nahtgeschweißte
Rohre aus Walzmaterial, vielfach aus naturharten Legierungen in weich-
geglühten Zuständen bestehen, werden Konstruktionsprofile vornehmlich
aus aushärtbaren Legierungen hergestellt und im teil- oder vollausgehär-
tetem Zustand verformt, um den Aufwand der Wärmebehandlung zu ver-
meiden oder gering zu halten. In diesem Falle müssen der Ausgangszu-
536 13 Sondergebiete der Umformtechnik

stand „stabil“ (lagerfähig) und die mechanischen Eigenschaften innerhalb


enger Grenzen reproduzierbar sein, um die Formtoleranzen nach dem Pro-
zeß einhalten zu können. Wird nach dem Umformvorgang eine Warmaus-
härtung vorgenommen, sind die Aushärtungsparameter unter Berück-
sichtigung des Ausgangszustands und des Umformgrades einzustellen.
Betrifft der kritische Umformprozeß nur einen begrenzten Teil des Profils,
kann durch eine Rückbildungsglühung ein vorübergehend weicherer und
verformbarerer Zustand eingestellt werden. Zu diesem werkstofflichen Ge-
samtkomplex wird auf die Ausführungen in Abschn. 3.2, insbesondere auf
Abschn. 3.2.5 Rückbildung der Kalt- und Warmaushärtung von AlMgSi-
Legierungen, verwiesen.

13.1.1 Biegen und Biegeverfahren

Die Mechanik des Biegens ist in Bild 13.1.1 an einem einfachen Balken-
querschnitt dargestellt und führt zu Querschnittsänderungen und zu Rest-
spannungen (Eigenspannungen). Diesen Restspannungen muß man bei Fe-
stigkeitsrechnungen und bei weiteren Verarbeitungsgängen wie Ausklin-
ken, Zerspanen und Schweißen Rechnung tragen, vgl. Bild 13.1.2. Die
Wahl der Biegeparameter und des Biegeverfahrens, die Legierungsfestig-
keit und der Profilquerschnitt haben entscheidenden Einfluß auf die Ein-
haltung der Toleranzen und auf die Höhe des Verzuges.

Bild 13.1.1 Spannungs-Dehnungsverhältnisse beim Biegen von Profilen


13.1 Weiterverarbeitung von Profilen und Rohren 537

Bild 13.1.2 Verszug durch Lösen von Eigenspannungen beim Ausklinken von ge-
bogenen Profilen

Abgesehen von Querschnittseinschnürung und Bruch bei Überschreiten


der Biegefähigkeit des Profilmaterials sind die Grenzen des Profilbiegens
durch Querschnittsverwölbungen, Beulen und Falten auf der Druckseite
und durch unzulässige Querschnitts- und Wanddickenänderungen gezogen,
wie in Bild 13.1.3 schematisch dargestellt ist.

Bild 13.1.3 Versagensgrenzen beim Profilbiegen: a) Verwölbungen, b) Beulen


und Falten, c) Querschnittsverzerrungen und Wanddickenänderungen

Der Biegeprozeß kann heute mit FE-Modellierungen, z.B. mit den Pro-
grammen ABAQUS oder LS-DYNA, in Bezug auf die elastoplastischen
Vorgänge simuliert werden, und sowohl die Rückfederungen als auch die
örtlichen plastischen Instabilitäten können berechnet werden (Clausen et
al. 2000, Clausen et al. 2001, Utsumi et al. 2002). Der Aufwand ist aller-
dings noch beträchtlich, obwohl im Einzelfall durch die Simulati-
onsrechnungen Parameterstudien zur Prozeßoptimierung durchgeführt
werden können, die ihrerseits auf experimentellem Wege sehr aufwendig
sind.
538 13 Sondergebiete der Umformtechnik

Für die erste Abschätzung der Biegefähigkeit von Strangpreßwerkstof-


fen alternativ zu solchen Simulationsrechnungen können werkstoffspezifi-
sche Biegefaktoren fw verwendet werden, mit deren Hilfe Mindestbiegera-
dien ri, min für 90° Biegewinkel ermittelt werden können, die die Grenzver-
formung vor einer Anrißbildung darstellen (Hufnagel 1988). Für Voll-
oder Hohlprofile mit einer Profilhöhe h > 10 mm und einem Wand-
dicken/Profilhöhe-Verhältnis von t/h ≥ 1/20 ergibt sich der Mindestbiege-
radius ri, min nach der folgenden empirischen Beziehung

ri, min = fw (0,8·h – 2) (13.1.1)

Biegefaktoren fw für einige typische Strangpreßlegierungen enthält Tabelle


13.1.1 (Hufnagel 1988). Sicherheitshalber wird empfohlen je nach Profil-
form und besonders bei Mindestwanddicken t/h ≥ 1/10 von dem 1,5 bis 2-
fachen Wert des errechneten Mindestbiegeradius ri, min auszugehen.

Tabelle 13.1.1 Richtwerte für Biegefaktoren fw von Strangpreßlegierungen in ver-


schiedenen Verarbeitungszuständen
Legierungs-Bez. EN AW- F-Werte1) im Zustand T6 Zulässige Biegefaktoren fw
für den jeweiligen Zustand
Rp0,2 Rm A5 0 (weich) T4 T5/T6
[N/mm²] [N/mm²] [%]
Al MgSi 6060 160 215 12 2,0 4,8 6,2
Al MgSiMn 6106 200 250 10 2,2 5,0 6,2
Al Mg0,7Si 6063 195 245 10 2,2 5,0 6,5
Al SiMg(A) 6005A 225 270 8 2,4 5,0 6,5
Al Mg1SiCu 6061 245 260 9 2,5 5,2 7,0
Al Si1MgMn 6082 260 310 10 2,5 5,3 7,5
Al Zn4,5Mg1 7020 290 350 10 3,0 5,52) 8,02)
1)
Mindestwerte nach Norm
2)
Nur mit zusätzlicher Warmauslagerung empfohlen (Gefahr von SpRK)

Bei Konstruktionsprofilen handelt es sich allgemein um offene und


Hohlprofile mit unterschiedlichen Massenverteilungen und Unsymmetrien
des Querschnitts. Zur Verringerung von Biegetoleranzen und zur Vermei-
dung von vorzeitigem Versagen durch plastische Instabilität müssen Au-
ßenkonturen durch Formwerkzeuge („Biegeschuhe“) sowie Hohlräume
und Hinterschneidungen durch flexible Metall- oder Elastomer-Kerne
beim Biegen gestützt werden. Außerdem kann man den Profilquerschnitt
biegegerechter auslegen, wie die Beispiele in Bild 13.1.4 illustrieren, wo-
13.1 Weiterverarbeitung von Profilen und Rohren 539

bei jeweils günstige und ungünstige Querschnittskonturen gegenüberge-


stellt sind.

Bild 13.1.4 Biegegerechtes Gestalten von Profilen: ungünstige (oben) und gün-
stige (unten) Querschnittsformen (Schnaas 1995). Bei allen dargestellten Beispie-
len liegt die Biegeachse horizontal in der Bildebene

Im Einzelnen handelt es sich um folgende Empfehlungen für die biege-


gerechtere Gestaltung des Profilquerschnitts (vgl. Bild 13.1.4):
1. Um Einfallstellen an ebenen Sichtflächen beim Biegen ohne Stützkern
zu vermeiden, kann man die Wanddicke zur Biegeachse hin verdicken
(A).
2. Der Querschnitt sollte in einer Weise ausgeführt sein, daß die Stütz-
kerne nicht verklemmen und sich nach dem Biegen leicht entfernen las-
sen (B, C).
3. Gegebenenfalls ist es günstiger, den Querschnitt so abzuändern, daß die
Stützkerne von außen eingelegt werden können, anstelle sie in eine
Hohlkammer einzuschieben zu müssen (C).
4. Aus gleichem Grunde kann man versteifende Profilstege vorsehen, die
nach dem Biegen durch Stanzen, oder spanende Bearbeitung entfernt
werden (D).
5. Das Profil sollte möglichst entlang der Biegeachse einen symmetrischen
Querschnitt haben (D, E).
540 13 Sondergebiete der Umformtechnik

6. Auch sollten die Anlageflächen für Stützkerne möglichst eben sein (B,
E).

Die Grundverfahren des Biegens von Profilen und Rohren sind in Bild
13.1.5 dargestellt. Es handelt sich um das 3-Punkt-Biegen, das Gesenkbie-
gen, das Streckbiegen und das querkraftfreie Biegen. In der industriellen
Praxis werden diese Verfahren z.T. kombiniert verwendet.

Bild 13.1.5 Grundverfahren des Profil- und Rohrbiegens

Mit den Verfahren des partiellen Drei-Punkt-Biegens und des Biegens


durch örtliches Stauchen und Strecken kann man bei geeigneten Profil-
querschnitten durch die segmentweise bzw. örtlich eingebrachte Verfor-
mung enge Biegeradien verwirklichen, s. Bild 13.1.6.

Bild 13.1.6 Biegen durch örtliches Umformen: a) Partielles Drei-Punkt-Biegen,


b) Biegen durch örtliches Stauchen oder Strecken (Verfahren der Fa. Eckold)

Das Drei- und Vierrollenbiegeverfahren, s. Bild 13.1.7, wird vorzugs-


weise für das 2D-Biegen von Rohren und Profilen, also für das ebene Bie-
gen, eingesetzt. Diese Verfahren eignen sich für offene und geschlossene,
z.T. komplizierte und unsymmetrische Profilquerschnitte. Für das 3D-Bie-
13.1 Weiterverarbeitung von Profilen und Rohren 541

gen müssen Mehrrollenbiegemaschinen mit Mehrachsenantrieben verwen-


det werden, eignen sich aber nur für das Biegen von Rohren.
Für das Biegen von offenen und geschlossenen Profilen mit komplexen
und unsymmetrischen Querschnitten in ebenen und räumlichen Konturen
wird vorzugsweise das Streckbiegen eingesetzt, da durch die Verlagerung
der neutralen Achse gegenüber dem Rollenbiegen engere Radien ohne
Beulversagen hergestellt werden können. Zu den Verfahrensprinzipien
siehe Bild 13.1.8.

Bild 13.1.7 Ebenes und räumliches Drei- und Mehrrollen-Profilbiegen (Schnaas


1995)

Bild 13.1.8 Profilbiegen mit Streckziehkombinationen für komplexe Profilquer-


schnitte (Schnaas 1995)

Die Entwicklung einer großserientauglichen Biegetechnik für Profile


und Rohre wurde in den vergangenen Jahren durch das Interesse der Au-
tomobilindustrie an Tragrahmenstrukturen erheblich befruchtet. Vollertsen
u. Mitarb. geben einen Überblick über den Stand der Verfahrensentwick-
lung (Vollertsen et al. 1999). Durch die Verbreitung der Innenhoch-
druckumformung wurden Biegeverfahren für das Vorformen von Rohren
und Profilen notwendig, die hohe Produktivität voraussetzen, aber gleich-
zeitig auch minimale Querschnittsänderungen und enge Toleranzen bei
542 13 Sondergebiete der Umformtechnik

den Wanddicken. Hierzu zählen sehr alte Verfahren wie das Preßbiegen in
elastische Formmatrizen (Rubber Pad Bending) (Lee et al. 2003), sowie
neuere Entwicklungen wie das Stoßbiegen im starren Werkzeug (Baudin et
al. 2004) und das Freiformbiegen (Neugebauer et al. 2002, Gantner et al.
2005), das in Bild 13.1.9 dargestellt ist. Bei letzterem Verfahren kann eine
kontinuierliche 3D-Biegeverformung vorgenommen werden, der Mindest-
biegeradius beträgt jedoch etwa das 3-fache des Rohrdurchmessers.

Bild 13.1.9 Schematische Darstellung des Freiformbiegens (Gantner et al. 2005)

13.1.2 Örtliche Querschnittsänderungen

Ein Paradebeispiel für vielfältige örtliche Querschnittsformänderungen


sind Strangpreßprofile für Automobilstoßfänger. Es handelt sich hierbei
um Großserienherstellung, d.h. die Formgebungsprozesse müssen großse-
rientauglich sein. Einige Beispiele für Stoßfängerformen sind in Bild
13.1.10 dargestellt. Zu den häufig verwendeten Bearbeitungsverfahren
zählen:
• Örtlich unterschiedliche Kaltumformung im Biegeprozeß,
• Ausstanzen, Ausklinken, Lochen,
• Prägen,
• Abkanten (von Flanschsegmenten),
• Entgraten sowie gelegentlich
• Materialverdickung durch Kaltfließpressen und Fließlochbohren.

Bei der Stoßfängerherstellung aus den 6xxx und 7xxx Legierungsgrup-


pen wird bevorzugt das Gesenkbiegeverfahren angewendet, gelegentlich
mit zusätzlichen Streckziehoperationen. Gleichfalls werden möglichst
13.1 Weiterverarbeitung von Profilen und Rohren 543

gleichzeitige Präge- und Stanzvorgänge integriert. Lokale Kaltumformung


mit z.T. erheblichen Formänderungsgraden kann besonders dann im Bie-
geprozeß vorgenommen werden, wenn in die Produktionskette ein Lö-
sungsglühprozeß eingeschlossen ist, da das frisch abgeschreckte Material
besonders gut umformbar, aber die Lagerdauer in diesem Zustand kritisch
ist.

Bild 13.1.10 Beispiele für Stoßfängerformen aus stranggepreßtem Vormaterial


(Quelle: Hydro-Aluminium, Raufoss)

Entscheidend ist, daß der Ausgangsquerschnitt des Profils den nachfol-


genden Umformoperationen angepaßt ist. Bild 13.1.11 zeigt ein Beispiel
für einen Stoßfänger mit verschiedenen Querschnittsänderungen über der
Profillänge sowie die Form des Ausgangsprofils.
Ausstanzen (Ausklinken), Lochen, Prägen, Hochstellen und Abkanten
von Flanschsegmenten zeigt Bild 13.1.12 an einem gebogenen Stoßfän-
gerprofil. Außerdem erkennt man verschiedene durch Fließpressen er-
zeugte örtliche Flanschverdickung für Schraublöcher sowie einen fließge-
preßten Zapfen für Montagezwecke. Örtliche Verdickung der Wanddicke
zum Zwecke von Gewindelöchern erzielt man auch durch Fließlochboh-
ren, s. Bild 13.1.13. Die erreichbaren Festigkeitswerte für Schraubverbin-
dungen sind allerdings im Einzelfall zu erproben, da durch die entstehende
Wärme es beim Fließlochbohren zu Entfestigungen des Gefüges kommen
kann, denen man Rechnung tragen muß.
544 13 Sondergebiete der Umformtechnik

Bild 13.1.11 Anpassung der


Biegesteifigkeit eines strangge-
preßten Stoßfängerprofils durch
örtliche Querschnittsänderungen
mittels Kaltumformen. (Quelle:
Hydro-Aluminium, Raufoss)

Bild 13.1.12 Stoßfängerprofil, gebogen und mit diversen Bearbeitungen:


a) Flanschsegment, hochgestellt mit Stanzung und Schraubgewinde, b) Lochstan-
zungen, c) Abkantung, d) und e) durch Fließpressen erzeugt: verdicktes Schraub-
gewinde und Montagezapfen, f) Prägung (Quelle: Hydro-Aluminium, Raufoss)

Bild 13.1.13 Fließlochbohren zur Verstärkung von Profilwanddurchbrüchen


13.1 Weiterverarbeitung von Profilen und Rohren 545

13.1.3 Innenhochdruckumformen

Unter dem Begriff „Innenhochdruckumformen“ (IHU) wird ein Umform-


verfahren für – in der Regel – rohrförmige Ausgangsformteile verstanden,
mit dem die drei Grundformgebungen
• Aufweiten
• Durchsetzen und
• Kalibrieren

vorgenommen werden können (Dohmann et al. 1993). Die Umformkräfte


werden durch gleichzeitige Wirkung eines hydraulischen Innendrucks pi
und einer axialen Umformkraft Fu in das Werkstück eingebracht, bis die
Rohrwandung an der Werkzeugwand anliegt. In Bild 13.1.14 sind diese
Verfahrensvarianten schematisch dargestellt.

Bild 13.1.14 Verfahrensprinzipien Aufweiten, Durchsetzen und Kalibrieren des


Innenhochdruckumformens. Es bedeuten: pi = Innendruck, Fu = Umformkraft und
Fg = Gegenhalterkraft, nach (Dohmann et al. 1993)

Die Steuerung des Verfahrensablaufs wird bestimmt durch die Einhal-


tung von Verfahrensgrenzen, die durch die Abstimmung zwischen Innen-
druck, pi, und Umformkraft, Fu, gesetzt sind. Die Höhe des Innendrucks
darf den Berstdruck nicht überschreiten, die Grenzwerte der Umformkraft
sind einerseits durch den notwendigen Dichtdruck und andererseits durch
Instabilitätskriterien, wie Knicken des Rohres und Faltenbildung gegeben.
Die eingeleiteten Kräfte müssen darüber hinaus die Reibungskräfte kom-
pensieren. Um die Wanddickenreduzierungen beim Aufweiten möglichst
gering zu halten, muß die Stauchkraft, Fu, nahe an der Knicklast gefahren
werden.
In zahlreichen Studien wurde demonstriert, daß der IHU-Prozeß sowie
die Vorverformungsstufen mit Hilfe von FE-Codes (LS-DYNA, PAM-
STAMP) recht zuverlässig simuliert werden können, was heute als uner-
546 13 Sondergebiete der Umformtechnik

läßliche Voraussetzung für die Fertigungsoptimierung angesehen wird, s.


z.B. (Dohmann et al 2004) und (Hartl 2005).
Die mittelfesten, naturharten AlMg-Legierungen, wie z.B. AlMg3,
AlMg3,5Mn und AlMg4,5Mn0,7, können bei genügender Seriengröße als
Schweißrohre für die IHU-Verarbeitung verwendet werden, s. Beispiele in
Bild 13.1.15 und Bild 2.1.11. Schweißrohre haben den Vorteil geringer
Durchmesser- und Wanddickentoleranzen, die enger als die Toleranzfelder
von Strangpreßhohlprofilen sind, setzen aber eine großvolumige Fertigung
voraus. Schweißrohre aus naturharten Legierungen können außerdem im
Zustand weich (0/H111) und in teilverfestigten Zuständen eingesetzt wer-
den, um im verformten Endzustand verschiedene Festigkeitsanforderungen
zu erfüllen.

Bild 13.1.15 Mit Innenhochdruck umgeformte und kalibrierte Rohrelemente (En-


den bearbeitet) aus Schweißrohren der Legierung AlMg3,5Mn für einen ge-
schweißten Hinterachsrahmen (Quelle: BMW AG)

Aushärtbare Strangpreßlegierungen, z.B. AlMgSi (EN AW-6060), sind


dagegen wegen der geringeren Werkzeugkosten weniger an großvolumige
Seriengrößen gebunden und werden zweckmäßigerweise im Zustand T4
(stabilisiert) verformt. Sie haben darüber hinaus den Vorteil, daß durch
entsprechende Gestaltung des Querschnitts komplexere Formen erzeugt
werden können. Die Gestaltungsfreiheit ist allerdings durch die Grenzen
des IHU-Prozesses eingeschränkt. Bild 13.1.16 gibt einige Querschnitts-
beispiele wieder, die für Innenhochdruckumformen geeignet sind. Der Au-
di-A2 Dachlangträger in Bild 2.1.21 ist ein praktisches Beispiel für strang-
gepreßte und IHU-geformte und -kalibrierte Hohlprofile.
Der Dachlangträger in Bild 2.1.21 enthält außerdem mehr als 30 Durch-
brüche, die gleichzeitig bei der IHU-Umformung gestanzt wurden. Beim
Stanzen von Durchbrüchen im IHU-Prozeß unterscheidet man zwischen
aktivem und passivem Stanzen von Durchbrüchen. Die beiden Verfahrens-
13.2 Halbwarmumformen 547

Bild 13.1.16 Strangpreßprofilformen, die für das Innenhochdruckumformen ge-


eignet sind

varianten sind schematisch in Bild 13.1.17 dargestellt. Beim aktiven Loch-


verfahren ist die Stanzkraft unabhängig vom Innendruck, der Stanzrest
fällt in das Werkstück und die stanzbare Lochgröße ist nahezu unbe-
schränkt. Beim passiven Lochen ist die Lochgröße vom verfügbaren In-
nendruck abhängig, die Geometrie des Lochrandes ist genauer als beim ak-
tiven Verfahren, aber für die Entsorgung des Stanzrestes müssen ma-
schinenseitig besondere Vorkehrungen getroffen werden.

Bild 13.1.17 Aktives (links) und passives (rechts) Stanzen von Durchbrüchen
beim Innenhochdruckumformen

Bei der konstruktiven Auslegung von IHU-Teilen ist auf die Grenzen
der Verformbarkeit des Werkstoffs im Verlauf der gesamten Fertigungs-
kette zu achten. Zwischenglühungen bei unzureichender Verformbarkeit
oder nachträgliches Lösungsglühen bergen die Gefahr von Grobkornbil-
dung, weil bei IHU-Formteilen nicht von gleichmäßig hohen Formände-
rungsgraden und homogener Formänderungsverteilung ausgegangen wer-
den kann (Hanicke et al. 1996).

13.2 Halbwarmumformen

Die Duktilität und Umformbarkeit von Aluminiumwerkstoffen nehmen mit


steigender Temperatur erheblich zu, gleichzeitig nimmt der Fließwider-
548 13 Sondergebiete der Umformtechnik

stand ab. Ein deutlicher Effekt wird bereits bei Temperaturen von 150 °C
und darüber hinaus sichtbar. Den Temperaturbereich bis etwa 300 °C be-
zeichnet man umformtechnisch als den Bereich der Halbwarmumformung,
da keine Änderung des Korngefüges durch Rekristallisation stattfindet. Die
Veränderungen des plastischen Verhaltens in diesem Temperaturbereich
sind in Abschn. 6.6.4 erläutert. Charakteristisch ist die Abnahme des Ver-
festigungsvermögens bei gleichzeitiger Zunahme der Dehnratenempfind-
lichkeit. Halbwarmumformen kann sinnvoll dort eingesetzt werden, wo die
Duktilitätsgrenzen bei Raumtemperatur mehrstufige Umformprozesse mit
entsprechend hohen Werkzeugkosten und Fertigungszeiten erforderlich
machen.
Als Werkstoffe für das Halbwarmumformen sind vor allem die natur-
harten Legierungen in weichen oder verfestigten Zuständen geeignet, wo-
gegen bei kalt- oder warmausgehärteten Werkstoffen die Umformwärme
den Ausscheidungszustand verändert und die positiven Einflüsse des Pro-
zesses nicht oder nur ungenügend zum Tragen kommen. Bei den natur-
harten AlMg-Werkstoffen tritt außerdem in diesem Temperaturbereich das
Fließfigurenphänomen des PLC-Effektes nicht mehr auf, s. Abschn. 3.2.3
und Bild 3.2.11, so daß auch Umformteile mit dekorativen Anforderungen
hergestellt werden können.
Halbwarmumformen eignet sich für Umformprozesse wie Fließpressen,
Biegen und Innenhochdruckumformen. Bei letzterem Verfahren stehen als
Druckmedien je nach Betriebstemperatur sowohl Mineralöle als auch Gas
zur Wahl (Hartl 2005). In besonderer Weise wird auch die Tiefziehbarkeit
bei der Blechumformung verbessert und dies um so mehr, wenn durch
Kühlung des Stempels die Tiefziehgrenze durch Bodenreißer hinausge-
schoben wird, s. Bild 13.2.1. Bild 13.2.2 enthält Ergebnisse von Tiefzieh-
versuchen im Halbwarmumformbereich an dem Karosseriewerkstoff EN

Bild 13.2.1 Halbwarmumformen eines quadratischen Doppelnapfes aus Legierung


AA5182-0. Werkzeugaufbau mit beheizter Matrize und Niederhalter und ge-
kühltem Stempel, nach (Abe et al. 1994)
13.3 Superplastische Umformung 549

Bild 13.2.2 Grenzziehverhältnisse von AlMg4,5Mn04 (EN AW-5182-0) beim


Halbwarmumformen in Abhängigkeit von Temperatur und Ziehgeschwindigkeit.
Blechdicke 1 mm (Schmoeckel et al. 1994)

AW-5182-0 bei unterschiedlichen Ziehgeschwindigkeiten (Schmoeckel et


al. 1994). Die Erhöhung des Grenzziehverhältnisses beim Halbwarmum-
formen ist besonders deutlich bei geringen Ziehgeschwindigkeiten, aber
auch bei hohen Ziehgeschwindigkeiten noch von praktischem Interesse.
Beim Halbwarmumformen versagen die üblichen, für Raumtemperatur-
umformung eingesetzten Schmierstoffe. Für die Beherrschung der Rei-
bungsverhältnisse bei erhöhten Temperaturen gibt es u.a. Lösungsansätze
mit MoS2-haltigen Seifen, synthetischem Ester und Mehrschichtlacksy-
stemen. Insbesondere den letzteren wird ein gute Chance für die Halb-
warmumformung von vorlackiertem Aluminiumblechmaterial eingeräumt.

13.3 Superplastische Umformung

13.3.1 Mechanismen und Werkstoffe

Superplastizität ist die Eigenschaft von polykristallinen Metallen, unter


Streckziehbeanspruchung extrem hohe Bruchdehnungen zu erzielen. Es
werden Bruchdehnungswerte von 100 bis 800 %, im Extremfall bis über
2000 % erreicht. Superplastizität im üblichen Sinne beruht auf dem Ver-
formungsmechanismus des Korngrenzengleitens bei hohen Warmformge-
bungstemperaturen T/Ts > 0,7 und geringen Dehnungsgeschwindigkeiten
von 10-5 bis 10-3 1/s (Mukherjee 1979). Trotz zahlreicher Modellvorstel-
lungen scheint der Mechanismus des Korngrenzengleitens noch nicht end-
gültig geklärt. Neuerdings wird kooperatives Korngrenzengleiten in der
550 13 Sondergebiete der Umformtechnik

Form mesoskopischer Scherbänder diskutiert, die demnach keinen kristal-


lographischen Bezug haben (Kaibyshev et al. 2005). Die langsame Form-
änderungsgeschwindigkeit ist Ausdruck (selbst-)diffusionskontrollierter
Mechanismen (d.h. Korngrenzendiffusion und Versetzungsklettern), um
das Korngrenzengleiten zu ermöglichen (Shin et al. 1997). Werkstoffsei-
tige Voraussetzungen sind extrem geringe Korngrößen (2 bis 10 µm Korn-
durchmesser), ein hoher Widerstand gegen Kornwachstum durch fein ver-
teilte Dispersionen und einer Dehnratenempfindlichkeit m ≈ 0,5 entspre-
chend Gl. (6.5.1). Bild 13.3.1 zeigt am Beispiel der Legierung AA7475
den großen Einfluß der Korngröße in Kombination mit der Umformtempe-
ratur und der Formänderungsgeschwindigkeit auf die erzielbare Höhe der
Bruchdehnung (Hirose et al. 1987).

Bild 13.3.1 Einflüsse von Korngröße, Umformtemperatur und Umformgeschwin-


digkeit auf das superplastische Verhalten der Legierung 7475 (Hirose et al. 1987)

Optimale superplastische Fließbedingungen erhält man durch die rich-


tige Kombination von Umformtemperatur und Umformgeschwindigkeit,
die beispielsweise für die Legierung AA7475 entsprechend Bild 13.3.1 bei
515 °C und bei ϕ& = 2 ⋅ 10 −4 s-1 liegen. Bild 13.3.2 läßt erkennen, daß diese
optimalen Fertigungsbedingungen mit der Hochlage des m-Wertes in
Zusammenhang steht.
Die Festigkeitseigenschaften superplastischer Legierungen decken die
Bandbreite mittel- bis hochfester Legierungen ab. Sie sind mit der Aus-
nahme von AA5083SPF den aushärtbaren Legierungsgruppen zuzuweisen
und bedürfen nach der Formgebung in der Regel einer vollständigen Wär-
mebehandlung. Die Erzeugung des extrem feinen Korns beruht auf einer
13.3 Superplastische Umformung 551

Bild 13.3.2 Charakteristische Fließeigenschaften der superplastischen Legierung


7475 bei 515 °C. Einfluß der Dehnrate auf die Fließspannung und den m-Wert.
Beanspruchung parallel zur Walzrichtung (Schmidt 1994)

Sequenz thermomechanischer Fertigungsschritte. Vor der letzten Rekristal-


lisationsglühung müssen sehr hohe Kaltwalzgrade (über 60 bzw. über 80
%) vorgesehen werden. Eine derartige Fertigungsprozedur ist daher bei
Blechen auf den Kaltwalzdickenbereich beschränkt. Die superplastischen
Legierungen enthalten darüber hinaus eine reichere Dispersion an feinen,
thermisch stabilen Ausscheidungen, die das Kornwachstum während des
Umformprozesses behindern müssen. Kornvergröberung würde die super-
plastischen Eigenschaften beim Prozeß vermindern und die Fließspannung
deutlich erhöhen, s. (Carrino et al. 1997).
Die Beschränkung auf geringe Prozeßgeschwindigkeiten der superpla-
stischen Umformung sowie die hohen Arbeitstemperaturen sind ein Han-
dicap für den wirtschaftlichen Einsatz in Großserienfertigungen. Von In-
teresse ist daher die Entdeckung sog. „Hochgeschwindigkeitssuperplastizi-
tät“ (HSRS = High Strain Rate Superplastizity) bei partikelverstärkten
Aluminiumlegierungen (Mishra et al. 1997). Die Dehnraten für superplas-
tisches Verhalten werden dabei auf etwa 10-2 bis 10-1 1/s erhöht. Auf ande-
ren Mechanismen beruht die sog. „Grobkornsuperplastizität“ oder „Quasi-
Superplastizität“ von AlMg-Legierungen (Woo et al. 1997, Yoshida et al.),
die zwar geringere Dehnungen von etwa 250 bis 350% bei einem m-Wert
von 0,3 und Temperaturen um 450 °C, jedoch bei Dehnraten von 10-2 bis
10-1 1/s ergeben. Der Mechanismus beruht anscheinend auf einer dynami-
schen, feinkörnigen Umkristallisation des grobkörnigen Grundmetalls (KG
≈ 100–150 µm) (Soer et al. 2006).
Feinkornsuperplastizität ist auch bei AlMgSc-Legierungen zu erwarten
und läßt sich auch durch sog. Severe Plastic Deformation (SPD) erzeugen.
Derartige Halbzeuge sind aber noch keine Standardware.
552 13 Sondergebiete der Umformtechnik

Eine Übersicht über gängige superplastische Legierungen sowie Anga-


ben zu den Prozeßparametern, Festigkeitswerten und Anwendungshin-
weise enthält Tabelle 13.3.1.

Tabelle 13.3.1 Superplastisch umformbare Aluminiumlegierungen


Legierung / Prozeß- Dehn- Deh- Festigkeitskennwerte Bemerkungen
Handelsname temp. rate nung,
max.
T ϕ& εmax Rp0,2 Rm A5
[°C] [s-1] [%] [N/mm²] [N/mm²] [%]
AA 2004 SPF 450-480 10-3 700 120 200 7 für unkritische
(AlCu6Zr0,4) 300 (T6) 420 (T6) 5 (T6) Bauteile, nicht
Supral 100 für Primär-
struktur
AA 5083 SPF 490-540 10-3 300 150 300 20 für Fassaden-
(AlMg4,5Mn) 490-540 elemente,
Supral 5000 350-450 PKW-Teile,
Formall 545 untergeord-
Suplastal 5083 nete Struktur
AA 7475 SPF 500-540 5⋅10-4 450 520 575 10 Einsatz für
(AlZn5,5MgCu) Primärstruktur
Formall 700 möglich
AA 8090 SPF 510-545 5⋅10-3 600 380 490 -- in Verbindung
(Al -10-2 420 mit Diffusi-
Li2,5Cu1,5Mg1) onsschweißen
Lital

13.3.2 Verfahren der superplastischen Blechumformung

Bei der superplastischen Umformung unterscheidet man die Verfah-


rensvarianten Matrizenumformung und Patrizenumformung wegen charak-
teristischer Formteilmerkmale bezüglich ihres Einsatzes. Sie sind in den
Bilder 13.3.3 und 13.3.4 dargestellt.
Das Matrizenverfahren arbeitet mit einer Negativform. Das Blech ist
während der gesamten Umformung fest im Flansch zwischen oberer und
unterer Druckkammer eingespannt. Ein Nachfließen in den Werkzeugin-
nenraum ist somit unterbunden. Die Umformzone entspricht daher der Pla-
tinenmembranfläche innerhalb des Werkzeugs. In der ersten Phase findet
aufgrund der Gasdruckdifferenz zwischen Ober- und Unterseite der
Blechmembran ein freies Umformen (pneumatisches Tiefen) in Richtung
des geringeren Drucks statt. Mit zunehmender Tiefe kommt es in der zwei-
ten Phase zu Werkzeugkontakten. Die Gasmembran teilt sich auf in Un-
13.3 Superplastische Umformung 553

termembranen. Dies führt zu unterschiedlichen Geschwindigkeitsver-


hältnissen und damit zu einem inhomogenen Werkstofffluß. Ferner kommt
es durch die Reibkontaktzonen zu örtlichen Fließbehinderungen. Die Folge
ist eine ungünstige Wanddickenverteilung. Die Bauteilaußenseite wird
maßgenau abgebildet.

Bild 13.3.3 Schematischer Verfahrensablauf bei der Matrizenumformung

Das Patrizenverfahren arbeitet mit einer Positivform. In der ersten Phase


findet ebenfalls ein freies Umformen (Pneumatisches Tiefen) in Richtung
des geringeren Drucks statt. Beim Erreichen ausreichender Beultiefe wird
in der zweiten Phase die Positivform, der Werkzeugstempel, in die Blase
hineingefahren und der Werkstoff durch Umkehr der Druckrichtung zur
Anlage gebracht. Es kommt erst wesentlich später als bei der Matri-
zenumformung zu Reibkontakten und örtlichen Untermembranen. Die
Folge ist eine günstigere Wanddickenverteilung als bei der Matrizenum-
formung.

Bild 13.3.4 Schematischer Verfahrensablauf einer superplastischen Umformung


nach dem Patrizenverfahren
554 13 Sondergebiete der Umformtechnik

Für die Modellierung der Wanddickenveränderungen, die bei konstruk-


tiven Auslegungen zu berücksichtigen ist, empfehlen sich verschiedene
Modellansätze (Carrino et al. 1997).
14 Spanende Formgebung von Aluminium

Aluminiumwerkstoffe haben allgemein eine ausgezeichnete Zerspanbar-


keit:
• vergleichsweise geringe Schnittkräfte (400–700 N/mm² im Vergleich zu
1500-2500 N/mm² für Stahlwerkstoffe),
• hohe Werkzeugstandzeiten,
• hohe Produktivität durch hohe Schnittgeschwindigkeiten.

Die Entwicklung der Hochgeschwindigkeitszerspanung (HSC, HPC,


HSM)1 hat gerade für die Aluminiumbearbeitung eine große wirtschaftli-
che Bedeutung erlangt, z. B. im Flugzeugbau, im Formen- und Werkzeug-
bau, in der Bearbeitung von Formgußteilen im Motoren- und Getriebebau
sowie im Maschinenbau. Beispiele s. Bilder 2.5.3, 2.7.2 und 14.0.1.

Bild 14.0.1 Maschinenbauteil, hergestellt durch spanende Formgebung aus einer


Walzplatte der Legierung EN AW-7075-T651 (Quelle: Aleris-Koblenz (ehem.
Corus Aluminium))

1
HSC = High Speed Cutting, HPC = High Performance Cutting, HSM = High
Speed Machining)
556 14 Spanende Formgebung von Aluminium

Alle üblichen Verfahren, die zur spanenden Bearbeitung von Stählen


und anderen Metallen geeignet sind, können auch beim Spanen von Alu-
minium angewendet werden. Werkzeuge und Werkzeugmaschinen zur
Aluminiumbearbeitung müssen jedoch eine Anzahl von Anforderungen er-
füllen, um befriedigende Ergebnisse zu erzielen. Insbesondere die benö-
tigten hohen Schnittgeschwindigkeiten erfordern den Einsatz von moder-
nen Schneidwerkstoffen, von Maschinen, die sehr robust sind und u.a. mit
speziellen Hochgeschwindigkeitslagern und Einspannvorrichtungen aus-
gestattet sein müssen. Die Einspannvorrichtungen und Werkzeuge müssen
sehr hohen Zentrifugalkräften bei Drehzahlen bis 50.000 U/min und dar-
über standhalten können.
Bestimmte Regeln, die bei der Aluminiumzerspanung beachtet werden
müssen, haben ihren Ursprung im Prozeß der Spanbildung: ungeeignete
Spanform kann ein zu großes Spanvolumen verursachen; Anhaften von
Aluminium an der Werkzeugoberfläche kann sich negativ auf die Werk-
zeugstandzeit und die erzeugte Oberflächengüte auswirken. Schnittge-
schwindigkeit, Vorschub, Werkzeuggeometrie, Schneidwerkstoffe und
Kühlschmiermittel müssen daher der zu bearbeitenden Aluminiumlegie-
rung und dem Zerspanungsprozeß angepaßt sein.
Die erwähnten Probleme bei der Aluminiumbearbeitung können ver-
mieden werden, wenn man bestimmte Vorsichtsmaßnahmen ergreift, die
unter den folgenden Faktoren zusammengefaßt werden:
• Zerspanbarkeit der zu verwendenden Aluminiumlegierung,
• Auswahl der geeigneten Schneidwerkzeuge,
• Auswahl der geeigneten Werkzeugmaschine,
• Auswahl der geeigneten Prozeßparameter und -bedingungen (Maschi-
neneinstellungen, Schmier- und Kühltechnik, usw.).

Für eine ausführliche Darstellung der Zerspanungstechnik wird auf die


weiterführende Literatur verwiesen, z.B. (Klocke 2006, Tönshoff 2004,
Johne 1984).

14.1 Spanbildung

Die Spanbildung beruht auf einer Scherverformung durch den Eingriff der
Schneidkante des Werkzeugs in das Werkstück mit vorgegebener Schnitt-
tiefe a und Schnittgeschwindigkeit v. Dabei spielen die geometrischen
Verhältnisse (Spanwinkel γ, Freiwinkel α, etc.) des Werkzeugs an der
Schnittstelle eine wesentliche Rolle für die Lage der Scherzone (Scher-
winkel φ), die Schnittkräfte und die Höhe der Scherverformung ϕ. Die
14.1 Spanbildung 557

Verhältnisse bei der Spanbildung sind schematisch in Bild 14.1.1 darge-


stellt und sind in Bild 14.1.2 für Drehbearbeitung einer Aluminium-Guß-
legierung illustriert.

Bild 14.1.1 Schematische Darstellung der Spanbildung (bei Orthogonalschnitt)

Bild 14.1.2 Spanbildung beim Drehen eines Kokillengußstücks aus AlSi10Mg(a).


Glatter Spanablauf bei v = 1000 m/min (links, a); Aufbauschneidenbildung bei v =
25 m/min (rechts, b). Nach Opitz und Beck (Quelle: Johne 1984)

In der schmalen, primären Scherzone treten nach verschiedenen Unter-


suchungen Scherdehnungen in der Größenordnung von ϕ ≈ 1,5–4 und
– abhängig von der Schnittgeschwindigkeit v – Dehnungsgeschwindigkei-
ten zwischen ϕ& ≈ 103 und 106 s-1 auf ( s. hierzu Abschn. 6.9). Unmittelbar
an der Schneidkante des Werkzeugs wird die Schnittkraft eingeleitet und
bewirkt eine Stau- oder Haftzone mit anschließender Gleitzone zwischen
Spanfläche und Werkzeug, s. Bild 14.1.1. Infolge der Verformungsarbeit
entstehen in der primären Scherzone nach Untersuchungen von Jaspers
558 14 Spanende Formgebung von Aluminium

(Jaspers 1999, Jaspers et al. 2002) Temperaturen von 190 °C beim trocke-
nen, ungekühlten Spanen (Drehen) von AlSi1MgMn (EN AW-6082-T6)
und mit den gegebenen Schnittgeschwindigkeiten von 120–480 m/min.
Die Temperatur der Scherzone ist kaum beeinflußt durch Schnittge-
schwindigkeit und Schnittiefe bzw. Spanungsdicke. Allerdings nimmt der
Betrag der Vergleichsdehnung in der Scherzone mit zunehmender Schnitt-
geschwindigkeit oder Schnittiefe ab, wofür als Ursache geringere Reibung
durch (relativ) reduzierte Kontaktlänge zwischen Span und Werkzeug ver-
mutet wird.
Durch den abfließenden Span entwickelt sich in der Stau- und Gleitzone
zwischen Span- und Werkzeugoberfläche Reibungswärme. Bei der Legie-
rung EN AW-6082-T6 wurden Spantemperaturen von 400° bis 500 °C
gemessen (Jaspers 1999). In einer anderen Untersuchung an der höher fes-
ten Legierung AA7075(-T6) wurden bei v = 600 m/min Spantemperaturen
zwischen 500° und 700 °C ermittelt (Müller-Hummel et al. 1995). Scher-
zonen- und Reibungswärme werden überwiegend vom Span sowie über
die Spanfläche vom Werkzeug aufgenommen. Der Wärmefluß in das
Werkstück ist abhängig von den Kühlbedingungen; bei Trockenzerspa-
nung und hohen Schnittgeschwindigkeiten (HSC) beträgt der Wärmefluß
ins Werkstück weniger als 5% der Gesamtwärmeentwicklung (Richardson
et al. 2006). Die Wärmeentwicklung des Prozesses nimmt mit größerer
Schnittiefe und höherer Schnittgeschwindigkeit zu, der Wärmefluß ins
Werkstück und die Spantemperatur durch das größere Spanvolumen je-
doch ab (Jaspers 1999). Insgesamt sind die Temperaturen bei der Alumi-
niumzerspanung aber zu gering, um Ursache für den Verschleiß der ver-
wendeten Schneidstoffe zu sein, der im wesentlichen auf Abrieb durch
Hartpartikel des Gefüges und auf der Bildung von Aufbauschneiden beruht
(Yoshikawa et al. 1999).
Bei der Spanbildung trifft blanke, ungeschützte Aluminiumoberfläche
auf die Werkzeugschneide, wodurch je nach Art des Schneidenmaterials
Haftreibung entstehen kann und die Gefahr der Bildung einer Auf-
bauschneide besteht, wie in Bild 14.1.2b zu erkennen ist. Die Auf-
bauschneide besteht aus relativ hochverfestigtem Material und übernimmt
die Funktion der Schneidkante. Dadurch verschlechtert sich die Qualität
der Oberfläche und die geometrische Exaktheit. Die Bildung von Auf-
bauschneiden kann durch Schmiermittel, größere Spanwinkel und durch
höhere Schnittgeschwindigkeiten vermieden werden. Letztere sollten je
nach Schnittbedingungen und Legierung über einem Grenzwert von v =
40–100 m/min liegen.
Die hohen Temperaturen in der Stau- und Gleitzone können die Solidus-
Temperatur des Aluminiumwerkstoffs überschreiten und damit zu ober-
14.2 Spanformen bei Aluminiumwerkstoffen 559

flächlichen Anschmelzungen im Span führen. Das teigige Material wird in


der Kontaktzone herausgedrückt und bildet, vorzugsweise an der Freiflä-
che des Werkzeugs, einen sog. Scheinspan. Scheinspanbildung tritt bevor-
zugt bei hochlegierten Gußlegierungen mit entsprechend breitem Solidus-
Liquidusbereich auf, s. Angaben in Tabelle 14.4.1. Die Berührung zwi-
schen Scheinspan und Werkstückoberfläche verhindert eine einwandfreie
Oberflächengüte. Die Scheinspanbildung wird durch hohe Schnittge-
schwindigkeiten, aber auch durch den Verschleiß der Werkzeugschneide
begünstigt.

14.2 Spanformen bei Aluminiumwerkstoffen

Das Verhältnis von Spanvolumen zu zerspantem Werkstoffvolumen kann


je nach Spanform um Größenordnungen schwanken. Da die Späne aus
dem Arbeitsraum abgeführt werden müssen, ist die geeignete Spanform
daher ein wichtiges Zerspanbarkeitskriterium. Band- und Wirrspäne sowie
sehr kurze Bröckelspäne sind problematisch, günstiger sind kurze zylindri-
sche Wendelspäne, Spiralwendelspäne und Spiralspäne. Die Spanform ist
abhängig von der Duktilität und Homogenität der Legierung, den Schnitt-
bedingungen und von der Werkzeuggestaltung.
Die Spanform bewegt sich bei Aluminium in weitesten Grenzen. All-
gemein gilt die Grundregel: Je größer Härte und Festigkeit des Alumini-
umwerkstoffes, desto kürzer brechen die Späne. Für die verschiedenen
Werkstofftypen bedeutet dies:
• Reinaluminium und weiche Knetwerkstoffe sind extrem langspanend
und machen meist spezielle Maßnahmen (z.B. Spanleitung und Span-
brecher am Werkzeug) erforderlich.
• Knetwerkstoffe höherer und höchster Festigkeit bereiten im Hinblick
auf die Spanform keine Probleme, sofern die Schnittbedingungen darauf
abgestellt sind.
• Untereutektische Gußwerkstoffe bilden kleine Wendel- und Spiralspäne,
die gleichfalls gut abzuführen sind.
• Eutektische Gußwerkstoffe neigen zu längeren Spänen.
• Übereutektische Gußlegierungen (z.B. Kolbenlegierungen) bilden kurze
Bröckelspäne, die u.U. schwierig abzuführen sind.
• Eine Sonderstellung nehmen in dieser Hinsicht die Automatenlegie-
rungen ein, denen speziell zur Verbesserung des Spanbruchs nied-
rigschmelzende Metalle (z.B. Pb, Bi, Sn) zugesetzt sind.
560 14 Spanende Formgebung von Aluminium

Bei ein und demselben Werkstoff können je nach Schnittbedingungen


und Werkstoffzustand Langspäne oder Kurzspäne entstehen. Dazwischen
gibt es einen Übergang gekennzeichnet als zunehmende Segmentierung
des Spans durch Scherbänder. Scherbandbildung und Scherbruch hängen
u.a. eng mit planarem Gleitverhalten zusammen – vgl. Abschn. 3.1.2 und
Abschn. 6.2, Abschn. Verfestigungsverhalten – und sind daher werkstoff-
abhängig. Bei aushärtbaren Legierungen ist demnach eine Scherbandbil-
dung vorzugsweise bei teilausgehärtetem Material zu erwarten, nicht je-
doch im überhärteten Zustand. In der Tat beobachteten Müller et al.
(Müller et al. 2001) bei Hochgeschwindigkeitszerspanung der hochfesten
Legierung EN AW-7075 Spansegmentierung bei Teilaushärtung und kon-
tinuierlichen Fließspan nach Überhärtung. Der Vollaushärtungszustand
(T6) zeigte ein entsprechendes Übergangsverhalten. Die Bildung von
Scherbändern ist vergleichbar mit demselben Phänomen beim Kaltwalzen
von Aluminium und seinen Legierungen (Duckham et al. 2001). Scher-
bänder beim Kaltwalzen werden bei hohen Dehnungen und Verformungs-
geschwindigkeiten gebildet, die den Verhältnissen in der primären Scher-
zone beim Spanen ähnlich sind.
Die Segmentierung durch Scherbänder wird gemeinhin mit dynamischer
Entfestigung innerhalb des Scherbandes infolge adiabatischer Erwärmung
durch die extrem hohen Verformungsgeschwindigkeiten erklärt. Allerdings
tritt adiabatische Erwärmung bei der Langspanbildung unter gleichen
Schnittbedingungen nicht auf. So wurde bei der Spanbildung von Al-
Si7Mg0,3 (A356) im Gußzustand selbst bei Schnittgeschwindigkeiten von
5000 m/min und unterschiedlichen Schnittbedingungen keine adiabatische
Scherverformung beobachtet (Kishawy et al. 2005).
Voraussetzung für dieses Verhalten ist eine gewisse Homogenität des
Gefüges, wie es bei Knetwerkstoffen und untereutektischen Gußwerkstof-
fen vorliegt. Bei heterogenen Werkstoffen wie z.B. bei übereutektischen
Gußlegierungen entsteht der Spanbruch (Bröckelspan) durch Rißbildung
an den primären Si-Partikeln.
Von den technologischen Parametern hat insbesondere die Werkzeug-
geometrie einen Einfluß auf die Spanform. Bei langspanenden Werkstoff-
typen kann der Spanbruch verbessert werden, wenn die Spanstauchung
mittels eines geringeren Spanwinkels γ vergrößert wird, s. Bild 14.1.3.
Weitere Möglichkeiten, den Spanbruch zu verbessern, bieten Spanleitstu-
fen im Schneidwerkzeug, die dem Span eine zusätzliche Verformung auf-
zwingen.
Der Einfluß von Schnittgeschwindigkeit, Vorschub und Schnittiefe auf
die Spanform kann in Spanformdiagrammen dargestellt werden, in denen
die Bereiche günstiger Spanform gekennzeichnet sind, s. Bild 14.2.2 für
14.3 Aluminiumwerkstoffe für Zerspanungszwecke 561

Bild 14.2.1 Einfluß des Spanwinkels γ auf die Spanstauchung

Bild 14.2.2 Spanformdiagramme für die Legierung EN AW-6082-T6 (nach Lung


und Dammer, 1980)

die Legierung EN AW-6082-T6 (Lung et al. 1980). Das Beispiel macht


deutlich, daß bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Oberflächengüte die
Schnittbedingungen weiter eingeschränkt werden müssen.

14.3 Aluminiumwerkstoffe für Zerspanungszwecke


Knethalbzeuge
Gegossene, gewalzte und geschmiedete Platten aus Knetlegierungen die-
nen als Ausgangsmaterial für die spanende Herstellung von Kunststoffor-
562 14 Spanende Formgebung von Aluminium

men, Werkzeugen für schnellaufende Stanzen und Pressen, Maschinen-


bauelemente und für Strukturteile, letztere vorwiegend für den Flugzeug-
bau. Die Anwendungen im Flugzeugbau nicht eingeschlossen besteht der
überwiegende Anteil der eingesetzten Plattenwerkstoffe aus nicht aushärt-
baren Plattenlegierungen (AlMg3 und AlMg4,5Mn, in Deutschland ca.
60 %), der übrige Anteil verteilt sich auf aushärtbare Legierungen mittlerer
und hoher Festigkeiten. Neben den traditionellen Halbzeuglegierungen
werden zunehmend spezielle Legierungsvarianten angeboten, die beson-
dere Anwendungsbedürfnisse erfüllen müssen. Diese Anforderungen sind
folgende:
− geringe Eigenspannungen,
− gleichmäßige Festigkeitseigenschaften über der Plattendicke,
− thermische Beständigkeit,

sowie dekorative Anodisierbarkeit und Schweißbarkeit. Tabelle 14.3.1 gibt


einen Überblick über Plattenwerkstoffe und lieferbare Abmessungen.

Tabelle 14.3.1 Plattenwerkstoffe für Zerspanungszwecke einiger Plattenhersteller


(n. Herstellerangaben)
Marken- Hersteller Legierungs- Dickenbe- Fertigungsart Merkmal
name basis reich, mm
Fibral Alcan EN AW-5083 150 - 350 warmgewalzt Formenbau
≥ 350 gegossen
Alplan Alcan EN AW-5083 6–120 warmgewalzt Sonderplan
Unidal Alcan EN AW-7019 10–80 warmgewalzt hohe Festigkeit
Certal Alcan EN AW- 6–400 warmgewalzt, ge- hochfest, hohe
7022/7079 reckt od. gestaucht Formstabilität
bzw. geschmiedet
Contal Alcan EN AW-7010 6–110 warmgewalzt Werkzeugbau
Tempral Alcan AA 2039 20–150 warmgewalzt, kalt gutes Kriechver-
gestaucht, T852 halten bis 200 °C
Giantal Aleris EN AW-5083 8–900 warmgewalzt, ge- größte Dicken
gossen
Hokotol Aleris EN AW-7050 8–310 warmgewalzt, ge- hochfest
reckt od. kalt ge-
staucht
Weldural Aleris EN AW-2219 8–500 warmgewalzt, ge- warmfest
reckt od. kalt ge-
staucht

Automatenlegierung
Unter dem Begriff „Automatenlegierung“ versteht man Aluminiumlegie-
rungen, die durch spanbrechende Zusätze von Blei (Pb), Wismuth (Bi) und
Zinn (Sn) ein besonders günstiges Zerspanungsverhalten haben. Es handelt
14.3 Aluminiumwerkstoffe für Zerspanungszwecke 563

sich um mittelfeste Legierungen mit und ohne Kupfergehalte, die zu Stan-


genmaterial durch Strangpressen und anschließendes Kaltziehen auf eng
tolerierte Maße gebracht werden. Als Querschnittsformen werden vor-
zugsweise Rundstangen, aber auch Rechteck- und Sechskantstangen mit
verschiedenen Durchmessern bzw. Schlüsselweiten angeboten. Standard-
legierungen sind EN AW-2007, EN AW-2011, EN AW-2030, EN AW-
6012 mit Bleigehalten bis 1,5 Gew.-%. Die Standardhalbzeuge sind in DIN
EN 754 T.1-6 (gezogene Stangen und Rohre) und DIN EN 755 T. 1–6
(stranggepreßte Stangen, Rohre und Profile) genormt.
In Deutschland überwiegt der Stangenwerkstoff AlCuMgPb (EN AW-
2007) mit einem Anteil von schätzungsweise 65% der Automatenlegierun-
gen. Das Verbot von Pb-haltigen Teilen in Elektro- und Elektronikgeräten
sowie in der Automobilindustrie durch EU-Verordnungen (mit einer Über-
gangsfrist für Teile mit geringerem Bleigehalt von 0,4%) hat zur Ent-
wicklung von bleifreien Bohr- und Drehqualitäten geführt, bei denen Pb
durch Sn und Bi ersetzt wurde, EN AW-2111B, AA 6020, EN AW-6023.
Unter den Markenbezeichnung Stanal2, Ultralloy3, AlEco4 und AlMach4 wer-
den bleifreie Automatenlegierungen angeboten, die eine Alternative zu den
Pb-haltigen Automatenlegierungen der Legierungsgruppen 2xxx und 6xxx
darstellen. Zum Vergleich werden die mechanischen Eigenschaften in Ta-
belle 14.3.2 angegeben.

Tabelle 14.3.2 Mechanische Eigenschaften (Mindestwerte) von Pb-freien Auto-


matenlegierungen
Leg.-Bez. Legierungstyp Zustand Rp0,2 [MPa] Rm [MPa] A5 [%]
STANAL 32 AlMgSiSnBi T6, T651 270 320 11
T8 310 340 8
T9 350 370 4
STANAL 37 AlCuSnBi T6 280 370 10
Ultralloy 60201) AlMgSiCuSn T8 310 324 14
T9 365 379 8
1)
typische Eigenschaften, A50

Gußlegierungen
Die spanende Bearbeitung von Gußstücken stellt insofern besondere An-
forderungen, als einerseits meistens große Stückzahlen, z.B. für Motoren-
teile im Automobilbau mit hohen Anforderungen an Präzision und Ober-
flächenqualität, bearbeitet werden müssen und andererseits die üblicher-

2
Fa. Alcan Dìèín Extrusions GmbH
3
Fa. Alcoa
4 Fa. Corus Aluminium Duffel
564 14 Spanende Formgebung von Aluminium

weise verwendeten Al-Si-Gußlegierungen gegenüber den Knetlegierungen


gefügebedingt höheren Werkzeugverschleiß bzw. geringere Werkzeug-
standzeiten und größere Oberflächenrauhigkeit verursachen können. Der
Wahl des Schneidwerkstoffs und den Schnittbedingungen muß daher grö-
ßere Beachtung geschenkt werden als für die Bearbeitung von Knetle-
gierungen.

14.4 Zerspanbarkeit

Unter dem Begriff „Zerspanbarkeit“ faßt man folgende Eigenschaften zu-


sammen (Johne 1984):
• der Verschleißangriff auf das Werkzeug,
• die erforderliche Schnittkraft,
• die entstehende Spanform,
• die Oberflächengüte der erzeugten Fläche.

Zerspanbarkeit ist mithin ein komplexer technologischer Begriff, der ei-


nerseits die mechanischen Eigenschaften des Aluminiumwerkstoffs be-
rücksichtigt, aber andererseits ursächlich mit der Spanbildung an der
Werkzeugschneidkante und somit mit den Prozeßbedingungen des Zerspa-
nungsvorgangs zusammenhängt. Aufgrund praktischer Erfahrungen kön-
nen Aluminiumlegierungen bezüglich ihrer Zerspanbarkeit in drei Gruppen
eingeteilt werden:
• Knethalbzeuge (in Form von Platten, Strangpreßprofilen, Stangen und
geschmiedeten Werkstücken),
• Automatenlegierungen (hauptsächlich in Stangenform, enthalten Pb, Bi
und Sn),
• Gußlegierungen, insbesondere untereutektische, eutektische und über-
eutektische Al-Si-Legierungen.

Die Aluminiumlegierungen, die zu diesen drei Kategorien gehören, unter-


scheiden sich hinsichtlich der Spanbarkeit erheblich voneinander. Aus die-
sem Grunde wurde es für nützlich und praktisch erachtet, die verschiede-
nen Legierungen in mehrere Zerspanbarkeitsgruppen einzuordnen. Inner-
halb jeder dieser Gruppen weisen die dazugehörigen Legierungen eine
ähnliche Zerspanbarkeit auf, die in Tabelle 14.4.1 stichwortartig erläutert
sind:
Gruppe 1: Knetlegierungen mit geringer Festigkeit (< 300 MPa)
Gruppe 2.1: Knetlegierungen mit höherer Festigkeit (> 300 MPa)
14.5 Werkzeugverschleiß 565

Gruppe 2.2: Automatenlegierungen (Pb-, Bi-, Sn-haltig)


Gruppe 3.1: AlSi-Gußlegierungen mit < 10% Si-Gehalt
Gruppe 3.2: Eutektische Gußlegierungen (~ 12% Si-Gehalt)
Gruppe 3.3: Hypereutektische Gußlegierungen (> 12% Si-Gehalt).

Tabelle 14.4.1 Überblick über die verschiedenen Zerspanbarkeitsgruppen und ihre


Merkmale
Legierungsbeispiele Kennzeichnende
Zerspanungseigenschaften
Gruppe 1: Reinaluminium, Weiche, duktile Werkstoffe, geringe Fes-
Knetwerkstoffe AlMn, AlMg1, AlMgMn tigkeit, keine harten Bestandteile, Kleben
geringer AlMgSi0,5, AlMgSi1 und Schmieren bei der Bearbeitung
Festigkeit im Zustand weich Starke Neigung zu Aufbauschneiden, keine
Scheinspäne
Gruppe 2.1: AlMn, AlMg1 bis AlMg5, Festigkeiten zwischen 300 und 600 N/mm²
Knetwerkstoffe AlMgMn, AlMg4,5Mn bei guten Dehnungswerten. Keine harten
gesteigerter AlCuMg1, AlZn4,5Mg1, Bestandteile (geringe Verschleißwirkung),
Festigkeit AlZnMgCu0,5, AlZnMgCu1,5 geringer werdende Neigung zur Aufbau-
Kaltverfestigt oder ausgehärtet schneidenbildung mit ansteigender Festig-
keit, keine Scheinspäne
Gruppe 2.2: AlMgSiPb, AlCuBiPb, Kurz brechende Späne infolge span-
Automaten- AlCuMgPb brechender Zusätze. Festigkeitswerte 280
werkstoffe bis 380 N/mm². Geringe Neigung zur Auf-
bauschneidenbildung, keine Scheinspäne
Festigkeit bis 250 N/mm²

Gruppe 3.1: AlSi5Cu1, AlSi6Cu4, Festigkeit bis 360 N/mm². Gesteigerte Ver-
Gußwerkstoffe AlSi8Cu3, AlSiCu3 schleißwirkung durch harte Gefü-
bis 10% Silizium AlSi5Mg, AlSi7Mg, gebestandteile und evtl. Einschlüsse. Guter
AlSi9Mg, AlSi10Mg Spanbruch und glatte Oberflächen. Nei-
gung zur Aufbauschneidenbildung ab etwa
5% Si-Gehalt. Gesteigerte Scheinspanbil-
dung
Gruppe 3.2: AlSi12 Geringe Härte des Grundwerkstoffs. Harte
Gußwerkstoffe metallische Gefügebestandteile sowie evtl.
geringer Härte Einschlüsse; große Neigung zur Aufbau-
schneidenbildung und zu Scheinspänen
Gruppe 3.3: AlSi18CuMgNi, Mittlere Festigkeit, hohe Härte, sehr gerin-
Gußwerkstoffe AlSi21CuNiMg, ge Dehnung. Hoher Verschleiß durch sehr
großer Härte AlSi25CuMgNi, harte intermetallische Verbindungen und
AlSi17Cu4FeMg primär ausgeschiedenes Si; große Neigung
zu Scheinspänen und zu Aufbauschneiden-
bildung

14.5 Werkzeugverschleiß
Bei der Aluminiumzerspanung ist Kolkverschleiß (wie er für Stahl typisch
ist) nur bei übereutektischen AlSi-Legierungen zu beobachten. Der Werk-
566 14 Spanende Formgebung von Aluminium

zeugverschleiß durch Aluminiumwerkstoffe erfolgt durch Abrieb an der


Freifläche. Maßgebliches Standzeitkriterium, an dem sich der Verschleiß
objektivieren läßt, ist deshalb die Verschleißmarkenbreite VB. Der Freiflä-
chenverschleiß ist temperaturabhängig und geometrieabhängig und in der
Hauptsache abrasiv verursacht, s. Bild 14.5.1. Man geht heute von einem
max. zulässigen Wert VB = 0,3 mm aus.

Bild 14.5.1 Abhängigkeit des Schneidkantenversatz ∆ vom Keilwinkel β und


Spanwinkel γ bei konstanter Verschleißmarke VB

Hinsichtlich der Verschleißursachen sind der bearbeitete Werkstoff und


die Schnittbedingungen gleichermaßen bedeutsam. Der Einfluß des Werk-
stoffes ist gravierend (König et al. 1983). Bei AlSi-Gußwerkstoffen spielen
Dendritengröße sowie Menge und Größe der harten Si-Phasen (HK 1000
bis 1300) eine herausragende Rolle. Si-Partikel sind übereutektisch ausge-
schiedenes Silizium, s. Bild 14.5.2. Besonders abrasiv wirken platten-

Bild 14.5.2 Siliziumeinschlüsse in übereutektischen AlSi-Legierungen nach un-


terschiedlichen Schmelzebehandlungen (Quelle: Johne, 1984)
14.5 Werkzeugverschleiß 567

förmige, scharfkantige, grobe Einschlüsse, wie sie links im Bild dargestellt


sind. Modifizierte Gefüge mit kleineren und abgerundeten Ausschei-
dungen verursachen weniger Verschleiß. Andere Einschlüsse in der Al-
Matrix durch den Gießvorgang (z.B. Oxide) wirken sich ebenfalls negativ
auf die Standzeit aus. Der Verschleiß ist weiterhin um so größer, je höher
die Festigkeit des Grundwerkstoffes ist, da harte Einschlüsse in einem
weichen Grundwerkstoff leichter ausweichen können. Porosität im Guß-
stück bewirkt durch die Unterbrechung der Spanbildung ebenfalls einen
höheren Verschleiß.
Unter den Einflüssen der Schnittbedingungen auf die Standzeit besitzt
die Schnittgeschwindigkeit die größte Bedeutung. Die Abhängigkeit zwi-
schen Schnittgeschwindigkeit und Standzeit gibt die Taylor‘sche Stand-
zeitgleichung wieder.

T = v k ⋅ C(v ) (14.1)

mit T = Standzeit in min,


v = Schnittgeschwindigkeit in m/min,
C(v) = Standzeit für v = 1 m/min (Konstante),
k = Faktor, der die Steigung der Standzeitgeraden bezeichnet

Diese Gleichung, die im doppelt-logarithmischen System T–v als Ge-


rade darstellbar ist, stimmt mit experimentellen Werten sehr gut überein
(König et al. 1982). Standzeitgeraden geben auch den unterschiedlichen
Verschleißangriff verschiedener Aluminiumwerkstoffe wieder, s. Bild
14.5.3. In der für Kokillenguß-Werkstoffe beispielhaft gezeigten Darstel-
lung lassen sich Knetwerkstoffe nicht darstellen. Bei diesen mißt sich die
Standzeit wegen des geringen Verschleißes nach Arbeitsschichten oder
Tagen. Tatsächlich werden T-v-Kurven für Knetwerkstoffe wegen des ex-
tremen Materialbedarfs üblicherweise nicht ermittelt.
Außer den erwähnten Schnittbedingungen Schneidengeometrie und
Schnittgeschwindigkeit haben Vorschub und Schnittiefe Einfluß auf den
Verschleiß, insbesondere auch die Verwendung von (Kühl-) Schmierstof-
fen und natürlich die Abriebfestigkeit, Härte und Zähigkeit des Schneid-
stoffs selbst. Bild 14.5.3 macht deutlich, daß in der Hochgeschwindig-
keitszerspanung (HSC, HPC oder HSM) mit Schnittgeschwindigkeiten von
> 5000 m/min und Vorschubraten von > 2000 mm/min die Bearbeitung
von Gußwerkstoffen mit Hartmetallwerkzeugen unter Bedingungen der
Trockenzerspanung nicht produktiv ist. Bezüglich der hierfür einzusetzen-
den Schneidstoffe s. Abschn. 14.6 Schneidwerkstoffe.
568 14 Spanende Formgebung von Aluminium

Bild 14.5.3 Standzeiten von Hartmetallwerkzeugen (HM K10) beim Drehen von
Kokillenguß aus unterschiedlichen Legierungen, Vorschub s = 0,08 mm/U,
Schnittiefe a = 1 mm, HM K10, γ = 6°, Trockenzerspanung (nach König und
Erinski, 1982)

14.6 Schneidwerkstoffe für die Aluminiumzerspanung

Für Aluminium geeignete Zerspanungswerkzeuge unterscheiden sich von


denen zur Stahlbearbeitung sowohl im Hinblick auf die einzusetzenden
Schneidstoffe als auch hinsichtlich der Werkzeuggeometrie. Werkzeuge
für Stahlbearbeitung sind für produktive Aluminiumzerspanung nicht ge-
eignet. Schneidstoffe für die Bearbeitung von Aluminium sind in der Regel
folgende:
• Schnellarbeitsstahl (HSS),
• Hartmetall (HM),
• Diamant (MKD, PKD, DLC).

Für die Aluminiumbearbeitung ungeeignete Schneidstoffe sind Kera-


mikwerkzeuge. Zwischen solchen Schneidstoffen und Aluminium
kommt es zu unerwünschten chemischen Reaktionen und/oder che-
misch-physikalischen Vorgängen. Dadurch wird die Härte der Werk-
14.6 Schneidwerkstoffe für die Aluminiumzerspanung 569

zeuge vermindert, was einen schnellen Verschleiß der Werkzeuge zur


Folge hat. Auch CBN-Schneidstoffe (Cubic-Bornitrid) sind für die Alu-
miniumzerspanung infolge hohen Freiflächen- und Schneidkantenver-
schleißes ungeeignet. Für die Feinbearbeitung von untereutektischen
Gußlegierungen sollen jedoch Keramikschneidstoffe aus Si3N4 mit Ytt-
riumoxid vergleichbar gute Ergebnisse wie PKD-Werkzeuge erreichen
(Lopez de Lacalle et al. 2001).

HSS-Stähle
Die Vorteile von Schnellarbeitsstählen bestehen in ihrer Zähigkeit, ihrer
hohen Biegebruchfestigkeit, der einfachen Bearbeitbarkeit und dem gün-
stigen Preis. Aufgrund dieser Eigenschaften können mit diesen Stählen
hohe Spanwinkel – dadurch geringe Schnittkräfte – verwirklicht und dar-
über hinaus insbesondere Spezial- und Formwerkzeuge, Spiralbohrer,
Fräswerkzeuge mit kleinen Abmessungen, Gewindeschneider u.ä. her-
gestellt werden. HSS-Werkzeuge werden hauptsächlich für das Zerspanen
von niedrig legierten, mittelfesten Knetlegierungen (AlMgMn, AlMgSi)
mit konventionellen Schnittgeschwindigkeiten (bis 600 m/min) verwendet.
Einsatzgrenzen stellen hochfeste Knetlegierungen und verschleißende Al-
Si-Gußlegierungen dar. HSS-Werkzeuge eignen sich nicht für die Trok-
kenzerspanung (Nouari et al. 2005). Beschichtungen (Ausnahme: Titanbo-
rid) haben sich nicht bewährt.

Hartmetall
Für das Zerspanen von Aluminium werden überwiegend WC-Co Hartme-
talle der ISO-Anwendungsgruppe K10 verwendet. Die Hartmetallwerk-
zeuge sind mit Wendeschneidplatten ausgerüstet, die zum Drehen, Fräsen,
Bohren, Reiben usw. verwendet werden können. Beschichtete Hartmetall-
werkzeuge haben zunehmende Bedeutung, sofern der Si-Gehalt der Legie-
rung unter 12% liegt. Als Schichtsysteme kommen TiAlN, ohne oder mit
WC/C Beschichtung, DLC-Schichten (DLC = diamond-like carbon) und
Diamant-Schichten zum Einsatz, die durch PVD- bzw. CVD-Verfahren
auf dem Grundkörper abgeschieden werden. Beschichtete Hartmetallwerk-
zeuge sind jedoch für die Zerspanung von übereutektischen Al-Si-Legie-
rungen ungeeignet.
Die einzusetzenden Wendeschneidplatten müssen die für Aluminium
geeignete Geometrie mit großem Spanwinkel (hier 20°) und relativ schlan-
kem Schneidkeil aufweisen, s. Bild 14.6.1.
570 14 Spanende Formgebung von Aluminium

Bild 14.6.1 Fräswerkzeug mit Wendeschneidplatten für die Aluminiumbearbei-


tung (Quelle: Ceratizit)

Diamant
Diamantwerkzeuge eignen sich ausgezeichnet für die spanende Bearbei-
tung von Aluminium, insbesondere in der Hochgeschwindigkeitszerspa-
nung. Diamant ist bei hohen Temperaturen extrem hart und zeichnet sich
beim Kontakt mit Aluminium durch eine hohe chemische Widerstandsfä-
higkeit aus. Monokristalline (natürliche) Diamanten werden für Präzisions-
Spanarbeiten und für extrem glatte Oberflächen („Glanzdrehen“) mit einer
Rauhtiefe von Ra = 0,1 µm verwendet.
Polykristalline Diamanten (PKD) spielen beim Spanen von Aluminium
eine bedeutend größere Rolle als monokristalline Diamanten. Sie sind ko-
stengünstiger und können im Herstellungsprozeß auf die gewünschten
Schneidwerkzeugformen abgestimmt werden. PKD-Werkzeuge werden
hergestellt, indem auf einen aus Wolframkarbid bestehenden Grundkörper
eine dünne Schicht aus Diamanten mit Zwischenschichten aus Co und Si
gesintert wird. Erzielbare Oberflächenrauhigkeiten sind Ra = 0,12–0,25
µm. Die Härte der Diamantschichten kann HV 8000 erreichen. Die Haupt-
anwendungsgebiete für diese Werkzeuge sind Zerspanungsaufgaben, bei
denen ein hoher Verschleiß zu erwarten ist. Bei der Herstellung von Kol-
ben und Motorblöcken aus übereutektischen AlSi-Gußlegierungen haben
sich PKD-Werkzeuge als beste Alternative eingeführt sowie in der HSC-
Zerspanung in hochautomatisierten Anlagen, deren Wirtschaftlichkeit
durch mangelhaft funktionierende Werkzeuge herabgesetzt würde.

14.7 Kühlschmierstoffe

Kühlschmierstoffe üben bei der spanenden Bearbeitung von Aluminium


verschiedene Funktionen aus.
14.7 Kühlschmierstoffe 571

• Als Schmiermittel verringern sie die Reibung zwischen ablaufendem


Span und Werkzeug und reduzieren dadurch die Erwärmung des
Schnittwerkzeugs, den Verschleiß und die Bildung von Aufbauschnei-
den.
• Als Kühlmittel reduzieren sie die Erwärmung des Schnittwerkzeugs und
dadurch gleichfalls den Werkzeugverschleiß.
• Um die dimensionale Gleichmäßigkeit des Werkstücks zu sichern, ist
oft wegen der hohen Wärmeausdehnung von Aluminium eine wir-
kungsvolle Kühlung notwendig.
• Die Applikation von Kühlschmierstoffen unterstützt die Entleerung des
Spanraums und verhindert Schneidkantenbruch und Beschädigung der
Werkstückoberfläche.

Man unterscheidet hinsichtlich der Kühlschmierstoffapplikation


• Vollflutung (Naßzerspanung),
• Minimalmengenschmierung (Trockenzerspanung).

Trockenzerspanung ist zwar das angestrebte Ideal der Aluminium-


zerspanung, wird aber heute noch nicht durch entsprechende Schneistoff-
beschichtungen erzielt. Die Minimalmengenschmierung (MMS) setzt sich
seit einigen Jahren zunehmend und hauptsächlich bei der HSC-Technik
durch. Die Wärmeentwicklung in der HSC-Technik ist geringer als bei
konventioneller Zerspanungstechnik. Bei den extrem hohen Schnittge-
schwindigkeiten der HSC-Technik wird durch MMS eine effektivere
Schmierleistung erbracht, sofern die maschinenseitige Einstellung der Dü-
sen optimal vorgenommen ist. Der Einsatz an Schmierstoff kann bei der
Zerspanung von hochfesten Knetlegierungen um den Faktor 105 verringert
werden (Berky 2000). Gleichzeitig können lebensmitteltaugliche Öle ver-
wendet werden, deren Entsorgung unproblematisch ist. Während bei der
traditionellen Vollflutschmierung sowohl die Werkzeug- als auch die
Werkstückkühlung erreicht wird, bewirkt die Minimalmengenschmierung
keine direkten, sondern indirekte Kühleffekte, indem die Reibungswärme
verringert wird. Der hohe Gasdruck bewirkt darüber hinaus eine effekti-
vere Spanabfuhr aus dem Spanraum. Der maschinentechnische und auch
der programmtechnische Aufwand zur Nachsteuerung der Düsen beim
Zerspanungsprozeß ist allerdings deutlich höher als bei konventioneller
Vollfluttechnik.
Schmier- und Kühlwirkung können durch Öl/Wasser-Emulsionen kom-
biniert werden. Je fetter eine solche Emulsion ist, desto besser ist die
Schmierwirkung. Gelegentlich wird auch auf Spiritus als Kühlmittel zu-
rückgegriffen. Welche Arten von Kühl- und Schmiermitteln beim Spanen
572 14 Spanende Formgebung von Aluminium

von Aluminium verwendet werden müssen, hängt von mehreren Faktoren


ab: von der Art des Materials, der Art des Zerspanungsverfahrens, der Art
der verwendeten Maschinen, Geräte und Werkzeuge und den Arbeitsbe-
dingungen.
Schneidöle werden hauptsächlich bei folgenden Zerspanungsaufgaben
verwendet:
• beim Zerspanen von weichen Knetlegierungen (Gruppe 1),
• bei spanenden Bearbeitungen mit geringen Arbeitsgeschwindigkeiten,
• und bei Bearbeitungsprozessen, die bei niedrigen bis mittleren Ar-
beitsgeschwindigkeiten sehr viel Reibung erzeugen (z.B. beim Ge-
windeschneiden).

Emulsionen mit einem Ölgehalt von ungefähr 7,5% können bei der
Zerspanung verwendet werden, wenn eine Kühlung des Schnittwerkzeugs
erforderlich ist und wenn im Ablauf viel Reibung erzeugt wird (z.B. beim
Bohren und Sägen). Emulsionen mit einem Ölgehalt von maximal 5%
werden verwendet, wenn vor allen Dingen eine Kühlwirkung erzeugt wer-
den muß (z.B. beim Drehen und Fräsen von Werkstücken aus sehr festen
Knet- oder AlSi-Gußlegierungen).
Unter bestimmten Bedingungen ist es möglich, Zerspanungsprozesse
auch ohne die Verwendung von Kühl- und Schmiermitteln durchzuführen,
z.B. wenn Werkstücke aus Aluminiumlegierungen der Gruppen 2 oder 3.1
bei mittleren Bearbeitungsgeschwindigkeiten gedreht und dabei Hartme-
tall- oder Diamantwerkzeuge verwendet werden.

14.8 Oberflächen spanend bearbeiteter Al-Werkstoffe


Oberflächenrauhigkeit
Für Knetwerkstoffe gilt als Grundregel: je höher Festigkeit und Härte des
bearbeiteten Knetwerkstoffes, desto glatter die Schnittfläche.
Bei den Gußlegierungen kommt ein Einfluß des Gefüges hinzu, und
zwar derart, daß harte Gefügeeinschlüsse – wie z.B. Siliziumausscheidun-
gen –, die aus der weicheren Grundmasse herausgerissen werden, eine
größere Schnittflächenrauhigkeit bewirken können.
Der Gesichtspunkt der Reinheit das Materials rückt bei speziellen Auf-
gabenstellungen in den Vordergrund, bei denen Aluminiumteile (Spei-
cherplatten und Kopiertrommeln z.B.) mit extrem glatten Oberflächen bis
Rt < 0,1µm bearbeitet werden. Um das zu erreichen, sind Knetwerkstoffe
erforderlich, die ein äußerst gleichförmiges Gefüge besitzen, das frei von
allen Inhomogenitäten und Verunreinigungen ist.
14.9 Funkenerosive Bearbeitung 573

Von den Zerspanungsparametern ist vor allem die Schnittgeschwindig-


keit von Einfluß. Generell verringert sich mit steigender Schnittgeschwin-
digkeit die Rauhtiefe. Im Bereich hoher Schnittgeschwindigkeiten (> 2000
m/min) oder Drehzahlen spielt allerdings die Maschinensteifigkeit sowie
die Qualität der Werkzeug- und Werkstückhalterung eine zunehmende
Rolle.
Es kommt darauf an, daß der Span durch einen hinreichend großen
Spanwinkel γ, gute Schmierung und eine glatte (polierte) Spanfläche leicht
ablaufen kann. Darüber hinaus gilt, daß eine saubere Schnittfläche mit ver-
schlissenen Werkzeugen nicht zu erzielen ist.

Oberflächenspannungen
Durch den Zerspanungsprozeß werden in der Werkstückoberfläche Eigen-
spannungen erzeugt, deren Art (Zug- oder Druckspannungen) und Höhe
von den Parametern Werkzeuggeometrie, Schnittgeschwindigkeit, Vor-
schubrate und Werkstoffestigkeit abhängen. Der Ursprung der Eigenspan-
nungen liegt entweder in thermischen und/oder mechanischen Einflüssen,
die sich in der tertiären Scherzone (Randstrukturzone in Bild 14.1.1) aus-
wirken. Welche Art von Eigenspannungen sich bei entsprechenden
Schnittbedingungen einstellen, ist noch weitgehend ungeklärt. Es besteht
jedoch die Möglichkeit, daß sich oberflächliche Zugeigenspannungen ein-
stellen, die z.B. die Ermüdungseigenschaften nachteilig beeinflussen kön-
nen (Wyatt et al. 2006). Die Spannungen sind an der Oberfläche offenbar
gering, erreichen aber unterhalb der Oberfläche ein Maximum im Abstand
von 20–40 µm und verringern sich mit weiterem Abstand (El-Axir 2002).
Hochgeschwindigkeitszerspanung scheint eher Druckspannungen in der
Oberfläche zu erzeugen und damit positive Wirkung auf die Schwingfes-
tigkeit zu haben.

14.9 Funkenerosive Bearbeitung

Die funkenerosive Bearbeitung von Aluminium als formgebendes Verfah-


ren (engl.: Electro-Discharge Machining, EDM) gehört ebenfalls wie die
spangebenden Verfahren zu den Formgebungsverfahren durch Materialab-
trag. Der Materialabtrag geschieht durch Funkenbildung in einem engen
Spalt (~5–100 µm) zwischen einer Elektrode und dem Werkstück mittels
gepulsten Gleichstroms. Werkstück und Elektrode sind in ein dielektri-
sches Bad getaucht, das für die Aluminiumbearbeitung aus demineralisier-
tem Wasser mit einem Widerstand von etwa 10·104 Ωcm (Schekulin 1983)
oder aus Kerosin besteht. Durch die Funkenentladung mit einer Impulszeit
574 14 Spanende Formgebung von Aluminium

von bis zu 100 Mikrosekunden entstehen an der Werkstückoberfläche


kurzzeitig Temperaturen bis zu 20.000 °C, wodurch die Oberfläche punk-
tuell aufgeschmolzen und der Werkstoff durch die Turbulenzen des umge-
benden Dielektrikums fortgespült wird.
Man unterscheidet Senk- und Drahterodieren. Beim Senkerodieren wird
die Elektrode als Formwerkzeug in das Werkstück. Je nach Einstellung der
Funkenenergie kann man Schrupp-, Schlicht- und Feinschlichtvorgänge
erzeugen mit entsprechend unterschiedlichen Abtragsraten und Oberflä-
chenrauhigkeiten. Beim Drahterodieren besteht die Elektrode aus Draht,
der unter Zugspannung steht und über eine Spulenführung kontinuierlich
abgezogen wird. Die Schnittfugenkonfiguration wird durch x-y-Steuerung
des Werkstücktisches im dielektrischen Bad erzeugt.
Die EDM-Bearbeitung von Aluminium erlaubt gegenüber Stahl eine
vielfach höhere Abtragsrate. Da keine Kräfte auf das Werkstück übertra-
gen werden, eignet sich EDM vor allem für die Bearbeitung von dünn-
wandigen Bauteilen, z.B. für die Herstellung von engen Spalten, s. Bild
14.9.1, sowie für sehr verschleißfeste Werkstoffe wie SiC-verstärktes
Aluminium-Verbundmaterial (Müller et al. 2001).
Als Elektrodenmaterial wird Kupfer oder Messing verwendet. Der
Elektrodenverschleiß ist gering, dennoch kann ein gewisses Auflegieren
der Werkstückoberfläche durch Kupfer nicht gänzlich vermieden werden.
Ein abschließender Beizvorgang ist daher zu empfehlen.
Das punktuelle Anschmelzen der Werkstückoberfläche legt den Gedan-
ken nahe, die EDM-Bearbeitung gleichzeitig für eine Veränderung der Zu-

Bild 14.9.1 Durch Senkerodieren und anschließendes Beizen hergestellter Schlitz


mit 0,8 mm Breite und 50 mm Tiefe in einem Bauteil aus AlSi1MgMn (EN AW-
6082-T6). Querschliff durch den Schlitzboden, geätzt 1 min. in H2SO4 + HF
14.9 Funkenerosive Bearbeitung 575

sammensetzung der Oberfläche zu nutzen, um bestimmte Eigenschaftsver-


besserungen, z.B. Verschleißfestigkeit, zu erzielen. So ist es durch Überla-
gerung des EDM Prozesses mit Ultraschall und durch Suspension feiner
SiC-Partikel im Dielektrikum gelungen, in einer Oberflächenschicht von
50–80 µm die Härte und Verschleißfestigkeit des Grundwerkstoffs durch
Auflegieren mit Silizium und durch Einbetten von SiC-Partikeln deutlich
zu verbessern (Lin et al. 2001).
15 Oberflächenbehandlung

Unter dem Begriff Oberflächenbehandlung werden Techniken und Verfah-


ren zur Reinigung und zur Veränderung der mechanischen, chemischen
und physikalischen Oberflächeneigenschaften des Grundwerkstoffs gegen-
über dem Herstellungszustand (Halbzeug, Guß) zusammengefaßt.
Dekorative Ansprüche, verringerter Wartungsaufwand und Korrosions-
schutz in kritischen Anwendungsbereichen sind überwiegend die Gründe
für ein Oberflächenbehandlung von Aluminiumbauteilen in der industriel-
len Verarbeitung, obwohl in vielen Anwendungsbereichen Halbzeug- und
Formgußprodukte aus Aluminium und bestimmten Aluminiumlegierungen
wegen der Schutzwirkung der natürlichen Oxidschicht ohne einen zusätz-
lichen Oberflächenschutz verwendet werden können, s. a. Kap. 5, Tabelle
5.4.2.
Durch gezielte Veränderungen der Oberflächeneigenschaften kann das
Anwendungsspektrum erheblich erweitert werden. Auch werden die Be-
triebssicherheit und Lebensdauer von tragenden Bauteilen durch Oberflä-
chenbehandlungen verbessert, wenn Verschleiß und Ermüdung als Ver-
sagensursachen eine Rolle spielen können.
Die Oberflächenbehandlungsverfahren für Aluminium und Alumini-
umlegierungen lassen sich in mechanische, metallurgische, chemische,
elektrochemische und physikalische Verfahren untergliedern, mit denen
notwendige Vorbehandlungen oder gewünschte Endzustände der Werk-
stückoberflächen hergestellt werden können, s. Tabelle 15.0.1.
Der Ausgangszustand der Oberfläche von Rohteilen hängt sehr stark
von der jeweiligen Legierung, der Art des Halbzeugs sowie von den Her-
stellungs- und Verarbeitungsprozessen ab. Die scheinbar gleichmäßige und
häufig metallisch glänzende Rohteiloberfläche ist alles andere als eine ho-
mogene Oxidschicht. Die typische, reale Oberfläche ist mit Crackproduk-
ten und Pigmenten von Walzölen, Fetten und Schmierstoffen aus dem
thermomechanischen Herstellungsgang und aus den Verarbeitungsabläufen
behaftet, enthält eingedrückte metallische und nichtmetallische Fremdpar-
tikel, freigelegte Primärphasen und geometrische Unebenheiten sowie
Kratzer. Die Dicke der natürlichen Oxidschicht ist legierungs- und her-
stellungsbedingt und abhängig von Lagerzeiten und -bedingungen. Derar-
tige Unregelmäßigkeiten bestimmen das chemische, elektrochemische und
physikalische Verhalten des Aluminiumbauteils.
578 15 Oberflächenbehandlung

Tabelle 15.0.1 Oberflächenbehandlungsverfahren für Aluminium und Alumini-


umlegierungen
Oberflächenbehandlungsverfahren
mechanisch metallur- chemisch elektroche- physikalisch
gisch misch
Schleifen Walzplattieren Entfetten Anodisieren Flammspritzen
Gleitschleifen Elektronen- Beizen Farbanodisieren Plasmaspritzen
Honen strahllegieren tÄzen Hartanodisieren Aufvulkanisie-
Bürsten Laserstrahlle- chemisch Galvanisieren ren
Strahlen gieren Glänzen Galvanisieren Naßlackieren
Polieren Chromatieren mit Einlagerung Pulverlackieren
Läppen Phosphatieren plasmachemische Wirbelsintern
Trommelpolie- chem. Nickel Oxidation o./m.
ren Einlagerungen
Glattwalzen elektrol. Glänzen
Hochglanzwal-
zen
Dessinierwalzen
Sprengplattieren

Die Qualität einer dekorativen oder funktionalen Oberflächenbehand-


lung hängt daher entscheidend davon ab, daß zunächst ein definierter
Oberflächenzustand hergestellt wird, der reproduzierbare Ausgangsver-
hältnisse für die weiteren Behandlungsschritte schafft. Die Reinigungsver-
fahren haben daher ein großes Gewicht für jegliche Oberflächenbehand-
lung.
Ein weiterer Schwerpunkt der Oberflächentechnik ist die Haftvermitt-
lung zwischen der metallischen Oberfläche und nichtmetallischen, vor-
nehmlich organischen Beschichtungen. Da alle organischen Schichten
wasserdampfdurchlässig sind, müssen Reaktionen an der metallischen
Grenzfläche zur Vermeidung von Korrosionsprodukten verhindert werden.
Hierzu wird die Oberflächenschicht des Aluminiums durch chemische oder
elektrochemische Oxidation passiviert (Umwandlungs- oder Konver-
sionsschicht) und in Verbindung damit eine mikrotopographische Rauhig-
keit geschaffen, die durch mechanisches Verklammern der organischen
Schichten die Haftung unterstützt. Bestimmte Konversionsschichten (z.B.
Cr(VI)-Gelbchromatierung) können noch einen zusätzlichen, aktiven Kor-
rosionsschutz bewirken.
Die mögliche Art der Vorbehandlung für eine verbesserte Haftung or-
ganischer Schichten auf der gereinigten und entfetteten Oberfläche des
Metalls hängt vom Produkt und den gegebenen Fertigungsbedingungen ab.
Halbzeug- und Großserienfertigung, wie bei Automobilteilen und -karos-
serien, erlauben den Einsatz von anderen Verfahren als Ingenieurbaukon-
struktionen, wie Brücken, Schiffe und Schienenfahrzeuge, oder hand-
15.1 Reinigungsprozeß 579

werkliche Produkte. Dabei sind trotz dieser Unterschiede die Ansprüche an


die Qualität der Beschichtung gleichermaßen hoch. Die Vorbehand-
lungsverfahren müssen diesen unterschiedlichen Gegebenheiten Rechnung
tragen. Bild 15.0.1 gibt eine Übersicht über verschiedene Möglichkeiten
der Oberflächenvorbehandlung als Grundlage für die Lackierung von A-
luminiumbauteilen. Die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Vorbehand-
lungen hinsichtlich Lackhaftung und Korrosionsschutz ist unterschiedlich,
so daß die Art der Grundierung darauf abgestimmt werden muß.

Bild 15.0.1 Alternative Prozeßfolgen für die Vorbehandlung und Beschichtung


von Aluminiumbauteilen

Die Fülle der verschiedenen Oberflächenbehandlungsverfahren für Alu-


minium und Aluminiumlegierungen verbietet eine ausführliche Dar-
stellung im Rahmen dieses Buches. Die nachfolgenden Betrachtungen be-
schränken sich daher auf einige Grundzüge, die der Übersicht dienen und
Verständnis für wichtige Verfahrensschritte wecken sollen, da sie bereits
bei der Entwicklung und Fertigungsplanung von Aluminiumprodukten be-
rücksichtigt werden müssen.

15.1 Reinigungsprozeß

Der Reinigungsprozeß von Aluminiumbauteilen hat die Aufgabe, Ver-


schmutzungen durch Fette, Öle, Wachse oder Polierpasten sowie anhaf-
tende metallische und nichtmetallische Schmutzpartikel („Pigment-
580 15 Oberflächenbehandlung

schmutz“), die aus Rückständen der bei mechanischer Oberflächenbe-


handlung verwendeten Schleif- und Poliermittel bestehen, zu entfernen.
Häufig ist es erforderlich, während des Reinigungsvorgangs auch die na-
türliche Oxidhaut zu entfernen, um bei den folgenden Behandlungsschrit-
ten Störungen zu vermeiden. Ziel des Reinigungsprozesses ist es, eine sau-
bere, wasserbenetzbare Oberfläche zu erzeugen.
Die verwendeten Reinigungsmittel müssen sowohl auf die Art des
Werkstücks (z. B. Gußteil, Preß- oder Walzprodukte) abgestimmt sein und
die Anforderungen der nachfolgenden Oberflächenbehandlungsverfahren
(z.B. Anodisieren, Lackieren) erfüllen. Grundsätzlich muß zwischen Lö-
sungsmittelentfettung und wäßrigen Reinigungsmitteln unterschieden wer-
den (Göhausen 1982, Blecher et al. 1991, Kammer 1996).

Lösungsmittelentfettung
Starke Verschmutzungen der Oberflächen mit Fetten, Ölen und Wachsen
können mit organischen Lösungsmitteln durch Dampfentfettung oder
Tauchentfettung (mit Badbewegung, Spritzen oder Ultraschall) entfernt
werden. Bei der Lösungsmittelreinigung werden verschiedene chlorierte
Kohlenwasserstoffe (Perchlorethylen, Trichlorethylen, Tetrachlorethan)
eingesetzt. Die Pigmentschmutzentfernung ist mit diesen Mitteln aller-
dings unbefriedigend, da die Oxidschicht nicht angegriffen wird. Durch die
verschärfte Umweltgesetzgebung und durch die für den Gesundheitsschutz
notwendigen Aufwendungen ergeben sich für den industriellen Einsatz
deutliche Einschränkungen. Als Alternative haben sich daher die wäßrigen
Reinigungsverfahren durchgesetzt.

Wäßrige Reinigungsmittel
Aluminium ist amphoterisch: es löst sich sowohl in sauren als auch in al-
kalischen Lösungen. Als wäßrige Reinigungsmittel werden daher sowohl
stark alkalische Silikatreiniger, schwach alkalische, inhibierte Reiniger als
auch saure Reiniger verwendet, die jeweils ihre spezifischen Einsatzge-
biete haben. Neutralreiniger, die das Aluminium nicht angreifen, haben nur
Bedeutung für sehr spezielle Einsatzzwecke.
Alkalischen Reiniger bauen auf Natronlauge auf und enthalten nichtioni-
sche und/oder anionenaktive Tenside (Benetzungsmittel), die für die Ent-
fernung von organischen Verschmutzungen verantwortlich sind und die
Oberfläche wasserbenetzbar machen, und anorganische Stoffe („Builder“),
die die chemisch-reaktive Ablösung und Suspendierung des Pigment-
schmutzes in der wäßrigen Reinigerlösung bewirken. Zu den wirksamsten
„Buildern“ zählen die Silikate. Deshalb werden zum Reinigen stark ver-
schmutzter Oberflächen vorwiegend silikathaltige Reiniger verwendet.
15.1 Reinigungsprozeß 581

Da sich sofort eine Aluminiumsilikat-Deckschicht ausbildet, wird trotz


des hohen pH-Wertes von >12 das Aluminium nicht angelöst. Andererseits
können die Silikatschichten auf der Aluminiumoberfläche bei der Weiter-
bearbeitung stören (z.B. durch Verfärbungen beim Anodisieren, durch
Schwankungen des Widerstands beim Widerstandspunktschweißen und
durch Haftungsprobleme beim Kleben). Silikatschichten auf Aluminium
sind nur schwer löslich. Ein saures Dekapieren mit kalter Salpetersäure
oder Salpetersäure/Flußsäure-Gemisch kann dann als Nachbehandlung er-
forderlich werden. Letzteres gilt insbesondere nach dem Entfetten und
Beizen von AlMg- und AlSi-Legierungen.
Störende Silikatschichten können durch die Verwendung von silikat-
freien, schwach alkalischen Reinigern mit Borat/Phosphat-Buildern ver-
mieden werden. Borat inhibiert den Metallangriff. Bei einem pH-Wert
zwischen 9,2 und 9,5 ist der Metallabtrag gering. Der anhaftende Pigment-
schmutz wird durch den dabei entstehenden Wasserstoff „abgesprengt“.
Saure Reiniger sind auf Phosphorsäure aufgebaut. Sie bewirken neben
der Entfettung eine Entfernung von Pigmentschmutz und von Guß- und
Walzhäuten (Oxidschichten), greifen aber die Aluminiumoberfläche nur
unwesentlich an.

Beizen
Aufgrund des nur geringen Oberflächenangriffs der wäßrigen Reini-
gungsmittel werden keine einebnenden Effekte erzielt. Insbesondere für
dekorative Oberflächenbehandlungen durch Anodisieren ist aber eine
gleichmäßige Oberfläche eine Voraussetzung, die einen stärkeren Metall-
abtrag und damit den Einsatz von Beizen erfordert. Alkalische Beizmittel
bauen vorwiegend auf Natronlauge auf, saure Beizmittel auf Salpeter-
säure/Flußsäure-Gemischen, die noch jeweils bestimmte Zusätze enthalten,
um besondere Beizeffekte zu erzielen. Die Wahl des Beizmittels ist legie-
rungsabhängig und richtet sich nach den zu erzielenden, speziellen Ober-
flächeneffekten. Alkalische Beizen werden vorzugsweise bei höheren
Temperaturen verwendet.
Die gebräuchlichste Aluminiumbeizlösung enthält 5 bis 10 % NaOH
(120 bis 200 g/l NaOH in Wasser) und wird mit einer Beiztemperatur zwi-
schen 50 und 70 °C appliziert. Nach dem Beizen muß mit kaltem Wasser
gründlich gespült und anschließend mit kalter 15–20 %-iger Salpetersäure
neutralisiert werden. Beim Beizen kupferhaltiger Legierungen zementiert
das Kupfer als schwarzer Belag während des Beizvorgangs aus, der durch
die Salpetersäurebehandlung wieder aufgelöst wird. Höhere Si-Gehalte der
Legierung (z.B. bei Gußlegierungen) führen zu einem schwer löslichen,
grauen Beizbast, der mit einem Salpetersäure/Flußsäure-Gemisch (z.B. 4
582 15 Oberflächenbehandlung

Teile HNO3 (54%) und 1 Teil HF (70%) entfernt werden muß. Oxid-
schichten auf Legierungen mit höherem Magnesiumgehalt enthalten je
nach Herstellbedingungen einen hohen Anteil an MgO und sind dadurch
mit alkalischen Beizen nicht sicher zu entfernen. In diesen Fällen sind sau-
re Beizen zu verwenden. Für Informationen über eine große Zahl han-
delsüblicher Beizmittel und Spezialbeizen für Aluminium wird auf die ein-
schlägige Literatur verwiesen (Kammer 1996, Aluminium-Zentrale 1984).
Nach dem Reinigen und Beizen ist ein gründliches Spülen in Wasser,
möglichst in entionisiertem Wasser, vorzunehmen und die Bauteile mit
Warmluft zu trocknen. In diesem Zustand ist die Oberfläche sehr reakti-
onsfreudig und empfindlich gegenüber allen korrosiv wirkenden Medien.
Hierzu zählen auch Hautkontakte (Finger Prints), so daß bei der Handha-
bung besondere Vorkehrungen zu treffen sind.

15.2 Vorbehandlung

Konversionsschichten
Zu den für Aluminium geeigneten Vorbehandlungen zählen chromat- und
chromphosphathaltige sowie chromfreie Konversionsschichten, die eine
dünne, amorphe Filmschicht von ca. 1µm auf der zuvor gebeizten Alumi-
niumoberfläche bilden. Die günstigste Kombination von Haftung, Korrosi-
onsschutz und Resistenz gegen Lackunterwanderung bietet die Cr(VI)-
Gelbchromatierung (Blecher 1992). Dort, wo Gesundheits- und Umwelt-
schutzgründe es erforderlich machen, kommen die Cr(III)-Grünchromatie-
rung und chromfreie Konversionsbehandlungen auf Titan- und Zirkonbasis
zum Einsatz. Die genannten Verfahren können als Tauch-, Spritz- und
Roll-Coat- (No-Rinse-) Verfahren appliziert werden. Die schichtbildende
Zinkphosphatierung eignet sich für Aluminium besonders im Fall der
Mischbauweise mit Stahlkomponenten. Die Zinkphosphatierung von Alu-
miniumteilen in Mischbauweise ist nur mit fluoridhaltigen Phosphatierlö-
sungen möglich und wird bevorzugt im Spritzverfahren aufgebracht. Die
schichtbildende Zinkphosphatierung wird nicht im Coil-Coating-Prozeß
appliziert, da der Prozeßablauf einerseits zu langsam ist, andererseits für
die Schichtbildung Fe(II)-Ionen notwendig sind.
Als wirksame Haftvermittler für organische Beschichtung und gleich-
zeitig als Korrosionsinhibitoren haben sich auch unverdichtete, dünne
Anodisationsschichten mit einer Schichtdicke von 2 bis 5 µm erwiesen.
Diese können sowohl im Batch-Betrieb als auch im Banddurchlaufverfah-
ren aufgebracht werden.
15.3 Beschichtungen 583

Mechanische Vorbehandlung
Unter den mechanischen Vorbehandlungsverfahren haben sich vor allem
die Strahlbehandlung mit Korund und eisenarmen keramischen Strahlmit-
teln in Kombination mit einem 2-Komponenten-Epoxid-Primer bewährt
(Gaiser et al. 1982, Ostermann et al. 1992). Die 2-K-Epoxid-Primer enthal-
ten Korrosionsinhibitoren und Filmbildner und passivieren die frische me-
tallische Oberfläche durch chemische Reaktion.
Auch das Schleifen der Oberfläche wird als Vorbehandlung zur Beseiti-
gung der Oxid- und Pigmentschmutzschicht verwendet. Allerdings hat sich
das Schleifen bezüglich der Reinigungswirkung und der Haftvermittlung
als nicht so wirksam wie das Strahlen herausgestellt, da die Gefahr besteht,
durch ungleichmäßiges Arbeiten Schleifmittelreste in die Aluminiumober-
fläche einzugraben, die die Haftung und Korrosionsschutzwirkung der Be-
schichtung beeinträchtigen. Das Auftreten von Schleifgraten an Werk-
stückkanten kann wegen Kantenflucht bei Flüssiglacken zu ungleichmäßi-
gen Schichtdicken führen.
Demgegenüber erzielt man mit Strahlen eine gleichmäßige und optisch
gut zu kontrollierende Oberflächenaufrauhung auch in Bereichen, die mit
der Schleifscheibe nicht zugänglich sind. Die Reinigungswirkung ist gut,
so daß bei „normal“ verunreinigten Oberflächen auf eine Lösungsmittel-
reinigung verzichtet werden kann und nur bei optisch erkennbaren Fett-
und Ölbelägen eine vorherige Entfettung erforderlich ist .

15.3 Beschichtungen

15.3.1 Anodische Oxidation

Mit den verschiedenen Verfahrensvarianten der anodischen Oxidation


kann man in geeigneten Elektrolyten Oxidschichten erzeugen, die im Ver-
gleich zur natürlichen Oxidschicht eine etwa 50- bis 5000-fache Schicht-
dicke aufweisen, s. Tabelle 5.2.1. Diese anodisch erzeugten Oxidschichten
wachsen durch Umwandlung der metallischen Oberfläche durch Reaktion
des Aluminiums mit den Agenzien des Elektrolyten und sind mit dem A-
luminium fest verbunden. Sie besitzen ein größeres Volumen als das um-
gewandelte Metall, d.h. sie wachsen zu etwa einem Drittel der Schicht-
dicke aus der ursprünglichen Metalloberfläche heraus.
Die Anodisierschicht ist aus zwei Schichten aufgebaut: einer dünnen,
dichten Sperrschicht und einer dickeren porösen Deckschicht. Die jeweili-
gen Schichtdicken hängen von der Zusammensetzung des Elektrolyten und
den Betriebsbedingungen ab. Die Sperrschicht ist elektrisch isolierend, so
584 15 Oberflächenbehandlung

daß der elektrische Widerstand mit zunehmender Sperrschichtdicke an-


steigt. Durch chemische Reaktion mit dem Elektrolyten wird diese Schicht
jedoch in die feinporige Deckschicht umgewandelt, wodurch die Sperr-
schichtdicke unabhängig von der Oxidschichtgesamtdicke etwa konstant
bleibt. Wachstum und Umwandlung der Sperrschicht befinden sich in ei-
nem dynamischen Gleichgewicht, das von den Betriebsbedingungen und
der Zusammensetzung des Elektrolyten gesteuert wird. Die Struktur der
anodisch erzeugten Oxidschicht ist bei allen Verfahrensvarianten gleich
und entspricht der Darstellung in Bild 15.3.1. Charakteristisch ist die Zell-
struktur der porösen Deckschicht, die durch einen zusätzlichen Prozeß-
schritt verdichtet werden kann. Für die übliche Schwefelsäure-Anodisie-
rung sind die typischen Dimensionen in Tabelle 15.3.1 angegeben.

Tabelle 15.3.1 Typische Dimensionen von anodischen Oxidschichten im GS-Ver-


fahren (Gazapo et al. 1994)
Porendurchmesser 15 bis 50 [nm]
Porendichte 40 bis 80x109 [Poren/cm²]
Zelldurchmesser 40 bis 53 [nm]
Porosität 15 [%]
Sperrschichtdicke 15 bis 50 [nm]
Deckschichtdicke bis 25 [µm]

Bild 15.3.1 Schematischer Aufbau der anodisch erzeugten Oxidschicht von Alu-
minium (links, Quelle VAW) und elektronenmikroskopische Durchstrahlungsauf-
nahme eines Querschliffs durch eine Anodisierschicht (rechts, Quelle: Alcan)

Verfahrensvarianten
Heute werden anodisch erzeugte Oxidschichten, die für viele Einsatzge-
biete im Bauwesen und Maschinenbau geeignet sind, überwiegend im
15.3 Beschichtungen 585

Gleichstrom-Schwefelsäure-(GS-) oder im Gleichstrom-Schwefelsäure-


Oxalsäure-(GSX-)Verfahren erzeugt. Darüber hinaus gibt es eine Reihe
von Sonderverfahren, die mit Elektrolyten auf der Basis von Borsäure, Zi-
tronensäure, Chromsäure, Oxalsäure oder Phosphorsäure arbeiten. Sie sind
für spezielle Einsatzgebiete entwickelt worden, z.B. für die Herstellung
von Kondensatorfolien oder als Haftgrund zum Kleben von Bauteilen.
Anodisierschichten können mit organischen bzw. anorganischen Farb-
stoffen (Tauchfärbung) oder elektrolytisch in Metallsalzlösung (elektroly-
tische Färbung) gefärbt werden.
Entsprechend dem Korundcharakter des Aluminiumoxids sind die mit
den üblichen Verfahren anodisch erzeugten Oxidschichten hart (200 bis
350 HV) und verschleiß- und abriebfest. Durch einen anschließenden Ver-
dichtungsprozeß in siedendem, entmineralisiertem Wasser erhalten diese
Schichten eine hohe Korrosionsbeständigkeit. Der Unterschied in den
Wärmeausdehnungskoeffizienten von Oxidschicht und Grundmetall – s.
Tabelle 4.1.1 und 4.2.1 – führt beim Erwärmen auf Temperaturen über 80
bis 100 °C zu feinen Rissen in der Schicht, die jedoch die Korrosionsbe-
ständigkeit nicht beeinträchtigen. Die Schwingfestigkeit wird jedoch durch
Anodisieren verringert.
Die anodisch erzeugten Oxidschichten besitzen eine gute elektrische
Isolierfähigkeit, die von der Dicke und von sorgfältiger Verdichtung der
Schicht abhängt. Die Durchschlagspannung variiert je nach Verfahren zwi-
schen 8 und 50 Volt pro µm Dicke. Der spezifische elektrische Widerstand
ist etwa 4x1015 [Ωcm] (Gazapo et al. 1994).
Anforderungen an anodisch oxidiertes Halbzeug mit Schichtdicken über
10 µm enthält DIN 17 611:2000.
Hartanodisieren
Das Hartanodisieren kann bei einer großen Zahl von Knet- und Gußlegie-
rungen angewendet werden. Von den Druckgußlegierungen eignen sich
besonders die hochlegierten magnesiumhaltigen Legierungen vom Typ
AlMg. Gewisse Einschränkungen sind bei Legierungen mit hohen Kupfer-
gehalten zu machen. Hartanodisierschichten werden in speziellen Verfah-
rensvarianten des normalen Anodisierprozesses durchgeführt. Hierzu sind
jedoch geeignete Elektrolyten, geringere Arbeitstemperaturen und höhere
Stromdichten erforderlich. Ein Verdichten der Hartschicht ist nicht not-
wendig.
Hartanodisierschichten haben üblicherweise Schichtdicken zwischen 30
und 80 µm, in Ausnahmefällen bis 200 µm. Gleichmäßige Härtewerte über
der Schichtdicke werden bis zu ca. 550 HV erreicht. Die Gleiteigenschaf-
ten können durch Imprägnieren mit PTFE und anderen Gleitmitteln we-
sentlich verbessert werden.
586 15 Oberflächenbehandlung

Die Maßhaltigkeit und Rauhigkeit der Schicht kann durch Schleifen,


Honen und Läppen verbessert werden. Die Schicht neigt zu Rißbildungen,
die jedoch die ausgezeichnete Korrosionsbeständigkeit nicht mindern,
wohl aber die Schwingfestigkeit herabsetzen können. Abhängig von
Schichtdicke und Legierung ergibt sich eine graubraune bis schwarze Fär-
bung, die im Vergleich zu normalen Anodisierschichten keine dekorativen
Ansprüche erfüllen kann.
Eine Variante der Hartanodisierverfahren ist das plasmachemische Um-
wandeln der Aluminiumoberfläche in einem speziellen wäßrig-organischen
Elektrolyten (KEPLA-Coat®, geschütztes Verfahren der Fa. AHC). Das
durch Funkenentladung zwischen Elektrode und anodisch geschaltetem
Werkstück erzeugte Sauerstoffplasma schmilzt die Oberfläche kurzzeitig
an und wandelt das erschmolzene Metallvolumen in Oxid um. An der
Grenzfläche zum Metall entsteht eine Sperrschicht mit einer darauf auf-
bauenden zunächst porenarmen, dann porenreichen Oxidkeramikschicht,
wobei die Poren gegenüber der Anodisierschicht keine gerichtete Struktur,
sondern vielmehr eine regellose Anordnung haben. Die Schichtdicken lie-
gen üblicherweise zwischen 40 und 60 µm und erreichen maximal 150 µm.
Die Schicht hat gute Verschleißeigenschaften, die durch Imprägnieren mit
PTFE noch verbessert werden können. Der Korrosionsschutz, insbesonde-
re gegenüber Halogene ist gut. Die Schicht soll ein günstigeres Schwing-
festigkeitsverhalten zeigen als alternative Hartanodisierschichten.

15.3.2 Metallische Beschichtungen aus wäßrigen Lösungen

Metallische Schichten können auf Aluminium mit verschiedenen Verfah-


ren aufgebracht werden: durch Walz- und Sprengplattieren (s. Abschn. 8.4
und 19.3), durch Umschmelzlegieren der Oberfläche mit Elektronen- und
Laserstrahlen, durch thermische Spritzverfahren (s. Abschn. 15.3.3) und
durch stromloses oder elektrolytisches (galvanisches) Abscheiden aus
wäßrigen Lösungen.

Stromloses Abscheiden aus wäßrigen Lösungen


Stromloses Abscheiden von Metallschichten auf Aluminium aus wäßrigen
Lösungen wird zur Verbesserung der Verschleißeigenschaften oder als
Zwischenschritt zum elektrolytischen Abscheiden eingesetzt. Das Verfah-
ren eignet sich für das Abscheiden von Nickel, Kupfer, Zinn, Zink sowie
von Silber und Kobalt auf Aluminium. Der Vorteil dieses Verfahrens ist,
daß auch die gleichmäßige Beschichtung von Flächen erreicht wird, die im
„Schatten“ des Spannungsfeldes bei elektrolytischen Verfahren liegen, z.B.
bei Bohrungen und Hinterschneidungen. Durch diese Geometrieunab-
15.3 Beschichtungen 587

hängigkeit und durch gleichmäßige Schichtdicke kann auch eine sehr enge
Dimensionskontrolle bei Bauteilen eingehalten werden. „Chemisch Ver-
nickeln“ ist ein häufig angewendetes Verfahren, das eine Nickel-Phosphor-
Legierung abscheidet, die eine sehr hohe Härte aufweist und gleichzeitig
fast porenfrei ist, wodurch sie eine exzellente Korrosionsbeständigkeit be-
sitzt. Durch Ko-Deposition von SiC- oder PTFE-Partikeln können hohe
Abriebfestigkeit oder günstige Gleiteigenschaften erzeugt werden.
Man unterscheidet das autokatalytische Abscheideverfahren und das
Ionenaustauschverfahren. Beim ersteren werden die gelösten Metallionen
des Beschichtungsmetalls durch ein Reduktionsmittel ausgefällt und schla-
gen sich auf dem „unedleren“ Aluminium nieder. Stromloses Vernickeln
ist ein Beispiel für die autokatalytische Prozeßvariante, mit der beliebig di-
cke Schichten aufgebracht werden können.
Beim Ionenaustauschverfahren wird die Aluminiumoberfläche angelöst
(Oxidationsschritt). Die dadurch im Metall zurückbleibenden Elektronen
bewirken eine Reduktion von gelösten Metallionen und deren Abschei-
dung auf der Aluminiumoberfläche. Gewöhnlich werden Zink und Zinn
mit diesem Verfahren abgeschieden. Es bilden sich dabei nur dünne
Schichten, da die Reaktion aufhört, sobald die Aluminiumoberfläche voll-
ständig bedeckt ist und durch das Ende des Lösungsprozesses keine Elek-
tronen für den Reduktionsschritt mehr zur Verfügung stehen. Vertreter die-
ser Prozeßvariante sind das Zinkat- und das Stannat-Verfahren, mit denen
Zwischenschichten beim elektrolytischen Verkupfern und Verchromen o-
der beim stromlosen Vernickeln erzeugt werden. Diese Zwischenschichten
haben die Aufgaben, die Haftung zu verbessern und die Auflösung von
Aluminium in galvanischen Bädern zu verhindern.

Elektrolytische (galvanische) Verfahren


Zahlreiche Metalle können elektrolytisch auf Aluminium abgeschieden
werden: Chrom (Cr), Nickel (Ni), Kupfer (Cu), Kobalt (Co), Silber (Ag),
Zinn (Sn), Blei (Pb), Cadmium (Cd), Zink (Zn), Gold (Au), Rhodium (Rh)
sowie verschiedene Legierungen dieser Metalle, z.B. Messing, oder in
Verbindung mit anorganischen Dispersionen, z.B. SiC-Partikeldispersio-
nen.
Das Galvanisieren von Aluminium bereitet einige Schwierigkeiten, die
mit der Stellung des Aluminiums in der Spannungsreihe, mit den unter-
schiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten und mit Unterschieden im
Atomradius und Kristallgitter zwischen Substrat und Schichtmetall zu-
sammenhängen. Hinzu kommt der amphotere Charakter des Aluminiums
und seine Reaktionsfreudigkeit mit Sauerstoff. Diese Probleme lassen sich
jedoch beherrschen, wenn mit dem Zinkat- oder Stannatprozeß eine erste
588 15 Oberflächenbehandlung

Zwischenschicht stromlos aufgebracht und der nachfolgende elektrolyti-


sche Prozeß in mehrere Teilschritte aufgeteilt wird, in denen aufeinander
abgestimmte, unterschiedliche Metalle abgeschieden werden (z.B. Alumi-
nium → Zink/Zinn → Kupfer → Nickel → Chrom) (Möller 1994a, Möller
1994b).
Technische Einsatzgebiete galvanisch beschichteter Aluminiumbauteile
sind vor allem in der Elektro- und Elektronikindustrie zu finden, um Kon-
taktierungsprobleme zu lösen oder die Lötbarkeit zu verbessern. Aber auch
die Verbesserung von Abriebfestigkeit (Motorenbau) und vor allem deko-
rative Ansprüche sind Anlaß für galvanische Beschichtungen von Alumi-
nium.

15.3.3 Verschleißfeste Oberflächen durch thermisches Spritzen

Für hochbeanspruchte, verschleißfeste Aluminiumbauteile können Ober-


flächenschutzschichten mit verschiedenen thermischen Spritzverfahren
aufgebracht werden. Hierzu zählen das Flammspritzen, Lichtbogenspritzen
und Plasmaspritzen sowie verschiedene Varianten dieser Verfahren. Als
Beschichtungsmaterial dienen draht- oder pulverförmige metallische Hart-
stofflegierungen und keramische Stoffe, wie Karbide und Oxide. Im Bren-
nerkopf wird der Beschichtungsstoff je nach Verfahren mit unterschiedli-
chen Temperaturen aufgeschmolzen und mit Hilfe von Gasdruck auf die
Substratoberfläche geschleudert, die zur Verbesserung der Haftung zuvor
zweckmäßigerweise durch Strahlen gereinigt und aufgerauht wurde. Ob-
wohl die Brennertemperaturen je nach Verfahren zwischen 1750 und
20000 °C hoch sind, wird aufgrund der Expositionszeit und der guten
Wärmeleitfähigkeit des Aluminiums das Bauteil nur mäßig erwärmt, so
daß keine wesentlichen metallurgischen Zustandsänderungen eintreten und
die Beschichtung lokal aufgebracht werden kann. Die Schichten unter-
scheiden sich je nach Verfahren nicht nur durch die Eigenschaften der je-
weiligen Schichtstoffe, sondern auch durch die Haftfestigkeit, den Oxid-
gehalt, den Grad der Porosität, die Auftragsleistung und die Kosten.

15.3.4 Beschichten mit organischen Stoffen (Lackieren)

Unabdingbare Voraussetzung für eine Beschichtung mit organischen Stof-


fen ist die Einhaltung der unter Abschn. 15.1 und 15.2 beschriebenen Vor-
behandlungen der zu beschichtenden Werkstücke. Bei der anschließenden
Beschichtung ist zu unterscheiden, ob es sich um Flüssiglack- oder Pul-
verbeschichten und um eine Stück-, Elektrotauch- oder Bandbeschichtung
handelt. Die verschiedenen Applikationsverfahren unterscheiden sich nicht
15.3 Beschichtungen 589

von denen für andere Metalle. Die Elektrotauchlackierung und das Coil-
Coating-Verfahren sind allerdings den Großserienfertigungen, z.B. in der
Automobil- bzw. in der Halbzeugherstellung, vorbehalten, s.a. Abschn.
8.3. Bei der Stückbeschichtung verwendet man entweder die elektrostati-
sche Pulverbeschichtung oder konventionelles und elektrostatisches Sprit-
zen mit Naßlacken auf Lösungsmittel- oder Wasserbasis.

Pulverbeschichtung
Bei der elektrostatischen Pulverbeschichtung wird das Beschichtungspul-
ver in der Sprühpistole elektrostatisch aufgeladen und mit Druckluft gegen
das zu beschichtende elektrisch geerdete Teil gesprüht. Das übersprühte
Pulver wird im Kreislauf nahezu vollständig zurückgewonnen und dem
Pulverkreislauf wieder zugeführt. Beim Einbrennen schmilzt das Pulver,
und gleichzeitig tritt eine Vernetzungsreaktion ein, wenn es sich um duro-
plastische Pulver handelt. Die Vorteile der Pulverbeschichtung liegen auf
der Hand: Einsparung von Lösungsmittel und Umweltfreundlichkeit, sowie
leichte Automatisierbarkeit. Für Anwendungen in der Witterung stehen
PUR- und Polyesterpulverlacke zur Verfügung, für Innenanwendungen
bieten sich Epoxidpulver und Epoxid/Polyester-Mischpulver an. Auch
thermoplastische Pulver, z.B. Polyamid und Polyethylen, können mit dem
Verfahren der elektrostatischen Pulverbeschichtung aufgebracht werden.
Thermoplastische Pulver können auch mit dem Wirbelsinterverfahren
aufgetragen werden; hierbei wird das zu beschichtende Werkstück nach
entsprechender Vorbehandlung über den Schmelzpunkt des Kunststoffpul-
vers erwärmt und dann in das aufgewirbelte Pulverbett getaucht. Eine
thermische Nachbehandlung verbessert das Verlaufen des Kunststoffpul-
vers auf dem Werkstück.

Naßlackbeschichtung
Als hochwertige Beschichtungen haben sich reaktionshärtende 2-Kompo-
nenten-Naßlacke bewährt. Sie härten bei Raumtemperatur aus; die Vernet-
zungsreaktion wird bei Temperaturen zwischen 80 und 120 °C beschleu-
nigt.
Für die Beschichtung von Aluminium hat sich das 2-Komponenten-
PUR-System hinsichtlich Witterungsbeständigkeit, Kreidungs- und Che-
mikalienresistenz sehr gut bewährt und wird z.B. in der Außenbeschich-
tung von Aluminiumschienenfahrzeugen eingesetzt, die hohen Beanspru-
chungen über mehrere Jahrzehnte ausgesetzt sind. Alternativ werden auch
reaktionshärtende 2-K-Acrylatsysteme mit vergleichbaren Ergebnissen
eingesetzt.
590 15 Oberflächenbehandlung

Elektrotauchlackierung (ETL)
Bei der Elektrotauchlackierung handelt es sich um ein Abscheiden von
Lackpartikeln mittels elektrischem Strom. Der große Vorteil des Verfah-
rens ist das Umgriffsverhalten, also das Vermögen des Lackes in Hohl-
räume einzudringen und diese zu beschichten. Bei einem elektrisch leiten-
den Hohlkörper verhalten sich die Hohlräume wie Faraday’sche Käfige.
Nach Beschichtung der Außenseite mit einem elektrisch nichtleitenden
Lack gelangen die Feldlinien zunehmend ins Innere der Hohlräume und
führen so zur Lackabscheidung im Inneren. Das anschließende Einbrennen
ergibt eine geschlossene, gleichmäßige Lackschicht.
Die kathodische Schaltung des Werkstücks (kataphoretische Tauchla-
ckierung, KTL) wird bei der Tauchlackierung von Stahl und von Stahl/
Aluminium-Mischbauweisen angewendet. Sie führt dabei allerdings zu ei-
ner um etwa 10% geringeren Schichtdicke auf den Aluminiumflächen. Bei
der anaphoretischen Tauchlackierung (ATL) ist Aluminium als Anode ge-
schaltet. Dabei laufen an der Anode Sekundärreaktionen ab, die nach dem
Einbrennen die Sperrwirkung des Lackes gegen Korrosionsangriffe
verbessern (Blecher 1992).
16 Schmelzschweißen von Aluminium

Das Schmelzschweißen von Aluminiumbauteilen gehört zu den Schlüs-


seltechnologien der Fertigungstechnik. Der Einsatz des Lichtbogenschwei-
ßens von Aluminium unter Schutzgas begann in Deutschland vor gut fünf-
zig Jahren und hat heute das ältere Gasschmelzschweißen in der indus-
triellen Fertigung aus Qualitäts- und Produktivitätsgründen vollständig
verdrängt. Die Entwicklung der mechanisierten Lichtbogenschweißtechnik
für Aluminium hat in Verbindung mit der Strangpreßprofilbauweise den
Durchbruch der modernen Aluminiumleichtbauweise bei Nahverkehrs-
und Hochgeschwindigkeits-Schienenfahrzeugen möglich gemacht. Die
gleiche große Bedeutung hat die Aluminiumschweißtechnik aktuell für den
Leichtbau von Personenkraftwagen, Nutzfahrzeugen und schnellen Kata-
maranschiffen, sowie für die Offshore-Technik erlangt und wird künftig
auch den Flugzeugbau erobern. Insbesondere der im vergangenen Jahr-
zehnt erheblich gewachsene Einsatz von Aluminium in Strukturkompo-
nenten des bisher stahldominierten PKW-Baus hat der Entwicklung der
Aluminiumschweißtechnik entscheidende Impulse gegeben. Die dadurch
ausgelöste Weiterentwicklung der Schutzgas-Lichtbogenschweißverfah-
ren, Laserstrahl- und Elektronenstrahlverfahren sowie die Kombination
von verschiedenartigen Schweißverfahren zu Hybridverfahren haben in
neuerer Zeit die Einsatzbereiche, Verbindungsqualität und Wirtschaftlich-
keit des Schmelzschweißens von Aluminiumknet- und Gußlegierungen
erweitert und verbessert.
Der Schweißprozeß bildet in der Schweißzone ein neues Gefüge und
ändert damit die werkstofflichen Eigenschaften im Bereich der Verbin-
dungsstelle. Abgesehen von den metallurgischen Aspekten werden als
Folge der Erstarrung des Schweißbades und der Abkühlung der Wärmeein-
flußzone Eigenspannungen sowie innere und äußere Unregelmäßigkeiten
erzeugt, die von vielen Prozeß- und Geometrieparametern abhängig sind
und die die Gebrauchseigenschaften – insbesondere die Schwingfestigkeit
– der Schweißkonstruktion bestimmen.
Im Rahmen dieser Ausführungen soll das Schweißen von Aluminium
weniger aus prozeßtechnischer Sicht behandelt werden. Im Mittelpunkt
stehen vielmehr die werkstofflichen Fragestellungen: Wie reagiert der
Werkstoff auf den Schweißprozeß und welche Auswirkungen hat das
592 16 Schmelzschweißen von Aluminium

Schweißen auf das Einsatzverhalten? Antworten auf diese Fragen sind


Voraussetzung für richtige Gestaltung, Auslegung und Ausführung von
geschweißten Aluminiumkonstruktionen, siehe hierzu Kap. 20. Folgerich-
tig wird der allumfassende Begriff „Schweißbarkeit“, der sowohl Werk-
stoff, Konstruktion als auch Prozeßtechnik beinhaltet, im folgenden auf
den Unterbegriff „Schweißeignung“ eingeschränkt. Schweißeignung zeich-
net einen Werkstoff aus, wenn mit diesem Werkstoff Schweißverbin-
dungen mit zu gewährleistenden Eigenschaften zuverlässig hergestellt
werden können. Da die Schweißeignung verschiedener Aluminiumlegie-
rungen aber auch prozeßbedingt unterschiedlich sein kann, sollen gleich-
falls die verschiedenen, für Aluminium einsetzbaren Schmelzschweißver-
fahren kurz erläutert werden.
Zur Einführung in die Aluminiumschweißtechnik allgemein und in die
Praxis des Aluminiumschweißens gibt es eine umfangreiche Fachliteratur
(Krüger 1996, Schoer 2002, Dilthey 2005, Barka 1999, Saunders 1997),
die durch das einschlägige und umfangreiche Normenwerk – s. Anhang,
Tabelle A.4 – noch ergänzt wird.

16.1 Schweißeignung der Aluminiumwerkstoffe

Aluminium und viele seiner Legierungen sind gut schmelzschweißbar. Al-


lerdings ist das Schweißen von Aluminium in vielen Aspekten unter-
schiedlich zu dem von Stahl. Die Ursachen liegen in den unterschiedlichen
thermophysikalischen und metallurgischen Eigenschaften der beiden Me-
talle begründet: s. Tabelle 16.1.1.

Tabelle 16.1.1 Relevante Faktoren für das Schweißen von Aluminium im Ver-
gleich zu Stahl
Relevante Faktoren Aluminium Al2O3 C-Stahl Fe3O4/Fe2O3
Schmelzpunkt, °C 660 2050 1460-1535 1530/1570
Spezifische Wärme, kJ / kg K 0,89 0,45
Schmelzwärme, kJ/kg 390 210
Wärmeleitfähigkeit, J / m s K 230 75
Wärmeausdehnung, 10-6 / K 23,6 5,8 11,5
Dichte, g/cm³ 2,7 3,9 7,85 5,2
Oxidationsneigung hoch --- niedrig ---
Festigkeitsänderung der Naht Erniedrigung --- Erhöhung ---
Verhältnis der Wasserstofflöslichkeit ∼ 20/1 --- ∼ 4/1 ---
von Schmelze zu Festzustand
16.1 Schweißeignung der Aluminiumwerkstoffe 593

Im Einzelnen ergeben sich aus diesen Eigenschaftsunterschieden im


Vergleich zu Stahl folgende Aspekte des Schweißverhaltens von Alumini-
umwerkstoffen:
• Aluminium hat einen sehr viel niedrigeren Schmelzpunkt als Stahl. We-
gen der höheren spezifischen Wärme, höheren Schmelzwärme und hö-
heren Wärmeleitfähigkeit ist allerdings im Vergleich zu Stahl ein ähn-
lich großer Wärmeeintrag für den Schmelzschweißprozeß notwendig.
• Die hohe Wärmeleitfähigkeit von Aluminium bedeutet, daß die Wärme
leicht aus der Schweißzone in den benachbarten Grundwerkstoff ab-
fließt. Demzufolge ist darauf zu achten, daß bei Verbindungsstößen un-
terschiedlicher Dicke genügend Wärme in den dickeren Querschnitt
eingebracht wird, um das Anschmelzen beider Nahtflanken zu errei-
chen, s. Schadensbild einem Wagenkasten des Bx-Wendezugwagens in
Bild 16.1.1.
• Der thermische Ausdehnungskoeffizient von Aluminium ist etwa zwei-
mal so hoch wie der von Stahl. Verstärkt durch die hohe Wärmeleitfä-
higkeit des Aluminiums kann dies zu deutlichen thermischen Abmes-
sungsänderungen beim Erwärmen führen. Folglich muß darauf geachtet
werden, daß die Gesamtkonstruktion nicht übermäßigen Schweißspan-
nungen ausgesetzt wird.
• Aluminium hat eine starke Affinität zu Sauerstoff. Um die Oxidation
des Schweißbades und der Nahtflanken zu vermeiden, ist es nötig, den
Schweißvorgang in einer Atmosphäre inerter Gase wie Argon, Helium
oder Gemischen aus beiden Gasen durchzuführen.
• Der hohe Schmelzpunkt der natürlichen Oxidschicht des Aluminiums
wird im Schweißprozeß nicht erreicht. Geschmolzenes Aluminium ist
daher mit einer zähen Oxidschicht umgeben, die beseitigt werden muß,
um eine metallische Verbindung herzustellen. Die aufgebrochenen
Oxidhäute können rißähnliche Fehlstellen im Gefüge erzeugen, da sie
wegen des höheren spezifischen Gewichtes in das spezifisch leichtere
flüssige Metallbad eingeschwemmt werden.
• Durch die Porosität der Deckschicht (s. Abschn. 5.2) werden Feuchtig-
keit und Verunreinigungen (Öle und Fette) aufgenommen, die mit zu-
nehmender Oxidschichtdicke eine verstärkte Porosität in der Schweiß-
naht verursachen können.
• Während das Schweißen von Stahl gewöhnlich zu einem Festigkeitsan-
stieg in der Schweißnaht und der Wärmeeinflußzone führt, wird Alu-
minium durch Schweißen in der Wärmeeinflußzone (WEZ) entfestigt,
es sei denn, der Grundwerkstoff liegt in einem weichen Zustand vor. Bei
Belastung wird in einer geschweißten Aluminiumkonstruktion örtliche
Verformung zuerst im Bereich der Schweißnaht auftreten, sofern nicht
der Nahtbereich verstärkt wurde.
594 16 Schmelzschweißen von Aluminium

• Die Wasserstofflöslichkeit von geschmolzenem Aluminium nimmt bei


der Erstarrung sprunghaft um den Faktor 20 ab, bei Stählen jedoch nur
um den Faktor 4, s. Bild 3.3.15. Aluminiumschweißnähte neigen des-
halb zu einer stärkeren Gasporosität als Stahlschweißnähte. Um die
Wasserstoffaufnahme beim Schweißprozeß gering zu halten, sind alle
Feuchtigkeitsquellen (Arbeitsatmosphäre, undichte Schweißpistole, ver-
unreinigter Zusatzdraht, Drahtzuführungsrollen und Nahtflanken) auszu-
schalten. Es empfiehlt sich, das Schutzgas mindestens mit einem Tau-
punkt von -60 °C (entsprechend 10 ppm H2O) einzusetzen.
• Eine gewisse Wasserstoffporosität läßt sich beim Aluminiumschweißen
kaum vermeiden, hat aber auf die Verbindungseigenschaften keinen
nachteiligen Effekt – vorausgesetzt, die Porosität überschreitet in Menge
und Größe nicht ein kritisches Maß. Eine schnelle Erstarrung verringert
die Porengefahr, da Porenbildung und -wachstum zeitabhängig sind. Bei
langsamer Erstarrung können die Poren an die Badoberfläche treiben
und entweichen. Besonders bei mittleren Erstarrungsgeschwindigkeiten
muß man fast immer mit einem gewissen Porositätsgrad der Naht rech-
nen. Das Abarbeiten der Nahtüberhöhung kann innenliegende Poren an-
schneiden und zu örtlichen Spannungskonzentrationen führen.

Bild 16.1.1 Schweißnahtriß verursacht durch ungenügendes Aufschmelzen einer


Nahtflanke (Morotini 1986)

Bezüglich ihrer Schweißeignung werden die Aluminiumknetlegierungen


nach DIN EN 1011-4:2001 in Legierungsgruppen mit ähnlicher Schweiß-
16.1 Schweißeignung der Aluminiumwerkstoffe 595

eignung eingeteilt. Die Tabellen 16.1.2 und 16.1.3 enthalten diese Eintei-
lung gekennzeichnet durch Gruppennummern.

Tabelle 16.1.2 Gruppeneinteilung der Aluminiumknetlegierungen bezüglich ihrer


Schweißeignung
Gruppennummer Chemisches Symbol Legierungsnummer
(EN AW-) (EN AW-)
21: Al99,8 1080A
Reinaluminium und Legierungen mit ≤ 1,5% Al99,5 1050A
Verunreinigungs- oder Legierungselementen AlMn1 3103
22.1: AlMg1 5005
Al-Mg Legierungen mit ≤ 3,5% Mg AlMg3 5754
AlMg3Mn 5454
22.2: AlMg4 5086
Al-Mg Legierungen mit 4% ≤ Mg ≤ 5,6% AlMg4,5Mn0,7 5083
23: AlMgSi 6060
Aushärtbare AlMgSi und AlZnMg Legierun- AlMg1SiCu 6061
gen, die eine sorgfältige Kontrolle von AlSi1MgMn 6082
Schweißwärme und Wärmebehandlung oder AlZn4,5Mg1 7020
eine Wärmenachbehandlung benötigen

Tabelle 16.1.3 Gruppeneinteilung der Aluminiumgußlegierungen bezüglich ihrer


Schweißeignung
Gruppennummer Chemisches Symbol Legierungsnummer
(EN AC-) (EN AC-)
23: AlSi5Cu3 45 400
24: AlSi7Mg 42 000
AlSiMg0,3 42 100
AlSi7Mg0,6 42 200
AlSi10Mg (a) 43 000
AlSi9Mg 43 300
AlSi11 44 000
AlSi12 (b) 44 100
AlSi12 (a) 44 200
AlSi12 (Fe) 44 300
AlSi9 44 400
25: AlSi11Cu2 (Fe) 46 100
AlSi7Cu2 46 600
26: AlMg3 (b) 51 000
AlMg3 (a) 51 100
AlMg5 51 300
AlMg5 (Si) 51 400

Beim Schweißen werden die Nahtflanken an der Stelle des Schweißsto-


ßes aufgeschmolzen. Gemeinsam mit dem zugeführten Schweißzusatz-
draht ergibt sich ein Schmelzbad, dessen Zusammensetzung eine Mi-
schung aus den Anteilen und Legierungskomponenten des Grundwerk-
596 16 Schmelzschweißen von Aluminium

stoffs (GW) und Zusatzdrahts darstellt. Die Erstarrung des Schweißgutes


folgt den grundsätzlichen Erstarrungsprozessen, die in Abschn. 3.3.2 aus-
führlich beschrieben wurden. Das Gefüge des Schweißgutes ist überwie-
gend dendritisch mit geringen Dendritenarmabständen infolge schneller
Erstarrung durch den Wärmeabfluß in den Grundwerkstoff. Die Erstar-
rungsgeschwindigkeit läßt sich über die Dendritenarmabstände ermitteln.
Bild 16.1.2 zeigt das Gefüge einer WIG-Schweißnaht im Übergang zum
Grundwerkstoff und läßt die feine Dendritenstruktur sowie einige kleine
Gasporen erkennen.

Bild 16.1.2 Gefüge einer Wolfram-Inertgas-(WIG-)Schweißverbindung an 2 mm


dicken Blechen aus der Legierung AlZn4,5Mg1 (EN AW-7020-T6). Zusatzdraht-
werkstoff AlMg4,5Mn0,7(A) (Al 5183) (Quelle: SLV Berlin-Brandenburg)

Durch die eingebrachte Schmelzwärme entsteht beiderseits der


Schweißnaht im Grundwerkstoff eine erwärmte Zone, in der die Tempe-
ratur von der Schweißbadtemperatur bis auf die Ausgangstemperatur des
Werkstücks abfällt. Das Feingefüge und damit die Eigenschaften des
Grundwerkstoffs ändern sich in dieser Zone je nach Temperaturhöhe und -
einwirkungsdauer, die deshalb als Wärmeeinflußzone (WEZ) bezeichnet
wird. Bild 16.1.3 illustriert schematisch die Strukturelemente einer
Schmelzschweißverbindung.
Die Schmelzgrenze zwischen Schweißgut und Grundwerkstoff ist keine
scharfe Grenze, sondern je nach Legierung eine schmalere oder breitere
16.1 Schweißeignung der Aluminiumwerkstoffe 597

Bild 16.1.3 Schematische Struktur einer Schmelzschweißverbindung: Grund-


werkstoff, Nahtübergangszonen, Wärmeeinflußzonen und Schweißgut mit Poro-
sität

Übergangszone, in der die Korngrenzen partiell angeschmolzen sein kön-


nen. Insbesondere bei den warmrißempfindlichen AlMgSi-Legierungen
kann es dabei zu inneren Korngrenzenöffnungen (engl. micro fissuring) im
Nahtübergang kommen. Bild 16.1.4 zeigt derartige Korngrenzenöffnungen
an einer Metall-Inertgas-(MIG-)Schweißverbindung. Durch die Wahl eines
geeigneten Zusatzwerkstoffs (im betreffenden Beispiel: AlSi5 (Al 4043A))
und durch Vermeidung von Grobkorn in der Fügezone des Profils lassen
sich derartige Korngrenzenanschmelzungen weitgehend vermeiden (Gitter
et al. 1992, Borst et al. 1992, Schwellinger 1993).

Bild 16.1.4 Korngrenzenanschmelzungen im Nahtübergang einer MIG-Schweiß-


naht an einem Profil der Legierung AlSiMg(A) (EN AW-6005A-T6), Zusatzdraht
AlMg4,5Mn0,7(A) (Al 5183)

Die Schweißeignung von Legierungen ist daher eng verknüpft mit der
richtigen Wahl des Schweißzusatzes, meistens in Form von Zusatzdraht.
Die verschiedenen Schweißzusatzlegierungen nach [DIN EN ISO 18273:
2004] sind in Tabelle 16.1.4 aufgelistet und dort in vier Typklassen einge-
598 16 Schmelzschweißen von Aluminium

teilt. Die Typennummern 1 bis 5 stimmen jeweils mit der ersten Ziffer der
Legierungsgruppe überein. Die Auswahl des geeigneten Schweißzusatz-
typs für einen bestimmten Grundwerkstoff oder Werkstoffpaarung ge-
schieht unter den Gesichtspunkten Festigkeit, Korrosionsbeständigkeit
bzw. Schweißverhalten entsprechend den Angaben in Tabelle 16.1.5.

Tabelle 16.1.4 Gruppeneinteilung für Schweißzusatzwerkstoffe


Typ Legierungs- Chemische Anmerkungen
bezeichnung Bezeichnung
Typ 1 Al 1070 Al99,7 Für artgleiche Schweißverbindungen.
Al 1080A Al99,8(A)
Al 1188 Al99,88
Al 1100 Al99,0Cu
Al 1200 Al99,0 Ti verhindert durch Kornfeinung Erstar-
Al 1450 Al99,5Ti rungsrisse in Schweißverbindungen
Typ 2 Al 2319 AlCu6MnZrTi Für artgleiche Verbindungen (AA2219)
Typ 3 Al 3103 AlMn1 Für artgleiche Schweißverbindungen
Typ 4 Al 4009 AlSi5Cu1Mg Bevorzugt für warmrißempfindliche
Al 4010 AlSi7Mg0,4 AlMgSi-Legierungen sowie für AlSi-Guß-
Al 4011 AlSi7Mg0,5Ti legierungen.
Al 4018 AlSi7Mg Typ 4 Schweißzusätze haben gegenüber
Al 4043 AlSi5 Typ 5 Zusätzen geringere Festigkeit und
Al 4043A AlSi5(A) Zähigkeit.
Al 4046 AlSi10Mg Schweißnähte nehmen mit zunehmendem
Al 4047 AlSi12 Si-Gehalt beim Anodisieren eine dunkle
Al 4047A AlSi12 (A) Färbung an.
Al 4145 AlSi10Cu4
Al 4643 AlSi4Mg
Typ 5 Al 5249 AlMg2Mn0,8Zr Für korrosionsresistente Verbindungen so-
Al 5554 AlMg2,7Mn wie für artgleiche Schweißverbindungen.
Al 5654 AlMg3,5Ti Für hohe Dehngrenze und Bruchfestigkeit
Al 5754 AlMg3 sollte ein Zusatzwerkstoff mit einem Mg-
Al 5356 AlMg5Cr(A) Gehalt von 4,5 bis 5% verwendet werden.
Al 5556 AlMg5Mn1Ti Ti, Cr und Zr verhindern durch Kornfei-
Al 5556A AlMg5Mn nung Erstarrungsrisse in Schweißverbin-
Al 5183 AlMg4,5Mn0,7(A)dungen, die unter Schrumpfbehinderung
Al 5087 AlMg4,5MnZr stehen.
Die Rißanfälligkeit hängt stark vom Si- und Mg-Gehalt ab und durch-
läuft einen Höchstwert bei 0,75% Si bzw. 1,3% Mg, s. Bild 16.1.5. Die
aushärtbaren AlMgSi-Legierungen liegen in ihrer Zusammensetzung im
kritischen Bereich. Deshalb werden warmrißgefährdete Legierungen mit
höher legierten, nicht aushärtbaren Zusatzwerkstoffen geschweißt, und
man nimmt den Festigkeitsabfall in der Naht in Kauf. Der Einsatz aushärt-
barer Zusatzwerkstoffe hat sich in der Praxis nicht bewährt.
16.1 Schweißeignung der Aluminiumwerkstoffe 599

Tabelle 16.1.5 Auswahl geeigneter Typklassen von Schweißzusatzwerkstoffen für


eine Verbindung von Werkstoffgruppe „A“ mit Werkstoffgruppe „B“, nach DIN
EN 1011-4:2001 (s. Tabelle 16.1.4) und anderen Quellen
Anmerkung: Wenn Grundwerkstoffe mit >2% Mg-Gehalt mit Zusatztyp AlSi5 oder Al-
Si10 verschweißt werden, versprödet die Naht durch übermäßige Mg2Si-Ausscheidungen.
Solche Verbindungen werden nicht für schwingfeste oder stoßbeanspruchte Konstruktionen
empfohlen. Wenn nicht vermeidbar, sollten AlSi5 oder AlMg5 verwendet werden.

Werk- Bez.-Sy- Regel für die Wahl des Schweißzusatzes in je-


stoff stem dem Kästchen:
„A“ ↓ Zeile 1: höchste mechanische Eigenschaften
21 1xxx 4 Zeile 2: höchster Korrosionswiderstand
1 Zeile 3: günstigste Schweißeignung
4
3xxx 4 4 Typzahlen in () verweisen auf Werkstoffkom-
ohne Mg 1 1/3 binationen, die möglichst zu vermeiden sind (s.
4/3 4 Anmerkung).
22.1 3xxx1) 4/5 4/5 4/5
mit Mg 1/3 1/3 1/3
4 4 4
5xxx1) 4/5 4/5 4/5 4/5
mit Mg 54) 54) / 3 54) / 3 54) / 3
≤3,5% 4/5 4/5 4/5 4/5
22.2 5xxx2) 5 5 5 5 5
mit Mg 5 5 5 5 5
≥4% 5 5 5 5 5
23 6xxx3) 4/5 4/5 4/5 4/5 4/5 4/5
5 5 5 5 5 5
4 4 4 4 4 4
7xxx3) 5 5 5 5 5 5 5
5 5 5 5 5 5 5
5 5 5 5 5 5 5
24/25 AlSi5) 4 4 4 (4) (4) 4 (4 / 5) 4
AlSiCu5) 4 4 4 (4) (4) 4 (4) 4
(Guß) 4 4 4 (4) (4) 4 (4) 4
26 AlMg6) 5 5 5 5 5 5 5 (4 / 5) 5
(Guß) 5 5 5 5 5 5 5 (5) 5
5 5 5 5 5 5 5 (4) 5
Bez.-Sy- 1xxx 3xxx 3xxx1) 5xxx1) 5xxx2) 6xxx3) 7xxx3) AlSi AlMg
stem ohne Mg mit Mg mit Mg mit Mg AlSiCu (Guß)6)
 ≤3,5% ≥4% (Guß)5)
Werkstoff „B“  21 22.1 22.2 23 24/25 26
1)
Grundwerkstoffe mit geringen Mg-Gehalten neigen zu Schweißrissigkeit, s. Bild 16.1.5.
Dies läßt sich durch Druckeinspannung der Nahtstelle sowie durch Schweißzusatz mit
höherem Mg-Gehalt vermeiden.
2)
Unter bestimmten Bedingungen, z.B. durch Lagerung bei Temperaturen > 65°C, können
Legierungen mit >3% Mg anfällig für internkristalline Korrosion und Spannungskorro-
sion werden. Je höher der Mg-Gehalt und / oder je stärker die Kaltverfestigung, desto
stärker ist die Sensibilisierung.
600 16 Schmelzschweißen von Aluminium

3)
Wegen Warmrißneigung nicht für Autogenschweißen (Gasschmelzschweißen) geeignet.
4)
Der Mg-Gehalt des Schweißgutes sollte einen Wert von 3% nicht überschreitet, um eine
Sensibilisierung für interkristalline Korrosion und/oder Spannungskorrosion zu vermei-
den. Deshalb sollten diese Legierungen möglichst mit artgleichem Zusatzdraht ge-
schweißt werden.
5)
Der Si-Gehalt des Schweißzusatzwerkstoffes sollte mit demjenigen des Gußwerkstoffs
so weit wie möglich übereinstimmen.
6)
Der Mg-Gehalt des Schweißzusatzwerkstoffs sollte mit demjenigen des Gußwerkstoffs
so weit wie möglich übereinstimmen.

Bild 16.1.5 Einfluß des Legierungsge-


halts an Magnesium und Silizium auf
die Warmrißempfindlichkeit
(Schweißrissigkeit) nach Pumphrey
u.a.

Um nicht in den Bereich hoher Rißanfälligkeit zu gelangen, sollten ent-


sprechend Tabelle 16.1.6 die Mindestgehalte an Silizium bei Al-Si-
Legierungen 2 % nicht unterschreiten. Der entsprechende Wert für Magne-
sium bei Al-Mg-Legierungen liegt bei 3,5 %. Cu-haltige Legierungen sind
rißanfällig bei Gehalten zwischen 0,3% und 5% Cu. Auch die Cu-freien
AlZnMg-Legierungen, z.B. EN AW-7020, werden nicht artgleich, sondern
mit hoch Mg-haltigem Schweißdraht – empfohlen wird der Zusatzwerk-
stoff Al5087 (AlMg4,5MnZr) – geschweißt.

Tabelle 16.1.6 Einfluß der Legierungsgehalte auf die Schweißrißempfindlichkeit


(nach Pumphrey u.a.)
Legierungssy- höchste Rißempfind- Mindestgehalt für gute kritischer Tempera-
stem lichkeit bei Schweißbarkeit turbereich
AlSi 0,75% Si 2 % Si 660 bis 577 °C
AlMg 1,2 % Mg 3,5 % Mg 660 bis 449 °C
AlCu 3 % Cu 5 % Cu 660 bis 547 °C
AlMgSi 0,5 % Si, 0,3 % Mg; 2 % Si
0,5–0,8 % Si bei 3,5 % Mg
gleichzeitig
0,2–1,2 % Mg
16.1 Schweißeignung der Aluminiumwerkstoffe 601

Zum Ermitteln der Rißanfälligkeit von Aluminiumlegierungen beim


Schweißen werden zahlreiche unterschiedliche Prüfverfahren eingesetzt.
Bei Blechen hat sich besonders der Houldcroft („Fischgrät“)-Test bewährt
(Houldcroft 1990). Er kann mit und ohne Zusatzwerkstoff durchgeführt
werden. Die Probe besteht aus einer Rechteckplatte des zu prüfenden
Werkstoffs mit je 8 beidseitig eingebrachten unterschiedlich tiefen Ein-
schnitten, Bild 16.1.6. Durch die abnehmende Steifigkeit entlang der
Schmelzlinie verringern sich die Schweißspannungen der Schweißnaht.
Die Länge eines Schweißrisses ergibt ein Maß für die Schweißrißanfällig-
keit der Legierung unter den gegebenen Schweißbedingungen. Ein Bei-
spiel für den Einfluß des Schweißzusatzwerkstoffs auf die Rißanfälligkeit
zeigt Bild 16.1.7 anhand der Houldcroft-Probe aus Legierung AA6013-T6.

Bild 16.1.6 Houldcroft-Probe zur Ermittlung der Schweißrißanfälligkeit von


Blechproben

Bild 16.1.7 Houldcroft-Prüfung der Schweißrißneigung von 2,5 mm dicken Ble-


chen der Legierung AA6013-T6. WIG-Schweißung a) ohne Schweißzusatz, b) mit
Schweißzusatz Al5087 (AlMg4,5MnZr), c) mit Schweißzusatz Al4043 (AlSi5)
(Quelle: Krüger, SLV Berlin-Brandenburg)
602 16 Schmelzschweißen von Aluminium

16.2 Eigenschaften von Aluminiumschweißverbindungen

Die Festigkeitseigenschaften der Schweißverbindung werden durch die


Schweißwärme in der WEZ um so stärker verringert, je höher die Kaltver-
festigung oder Aushärtung des Grundwerkstoffs sind. Bild 16.2.1 zeigt
beispielhaft den Verlauf der Festigkeitswerte über der Naht für eine natur-
harte (EN AW-5083) und eine ausgehärtete Legierung (EN AW-6082-T6).

Bild 16.2.1 Festigkeitsverläufe quer zur Schweißnaht von MIG-Schweißverbin-


dungen von verschiedenen Legierungen in den Zuständen 0 (weich), H24 (halb-
hart, rückgeglüht) und T6 (warmausgehärtet) (Quelle: Alusuisse 1989)

AlZnMg-Legierungen. Die Möglichkeit der Festigkeitssteigerung durch


nachträgliche, vollständige Wärmebehandlung ist zwar bei aushärtbaren
Legierungen gegeben, jedoch aus praktischen Gründen häufig nicht mög-
lich. Eine Ausnahme stellen Cu-freie AlZnMg-Legierungen dar, die ein
breites Lösungstemperaturfeld (350°–500°C) und Abschreckunempfind-
lichkeit besitzen, und bei denen die Temperaturverteilung in der WEZ eine
Auflösung und anschließend eine Wiederausscheidung der Aushärtungs-
phasen bei Raumtemperatur oder Warmaushärtungstemperaturen ermög-
licht. Bild 16.2.2 illustriert diese Wiederaushärtbarkeit durch Wärmestoß-
behandlung des Grundwerkstoffs AlZn4,5Mg1 (EN AW-7020). Nach 3
Monaten RT-Lagerung hat die Festigkeit der WEZ das Niveau des
Grundwerkstoffs fast vollständig erreicht. Nur Zonen mit einer Erwärmung
um 250 °C haben eine geringfügige Festigkeitseinbuße, s.a. Tabelle 16.2.1.
Die Wahl des Ausgangszustands (T4, T6, T7) hat Auswirkungen auf die
Gleichmäßigkeit der Verbindungsfestigkeit nach einer abschließenden T6
oder T7 Auslagerung. Untersuchungen an der Legierung EN AW-7108
haben gezeigt, daß Schweißverbindungen an Material im T6 und T7 Zu-
stand im Übergang zwischen Naht und WEZ nach einer nachfolgenden
16.2 Eigenschaften von Aluminiumschweißverbindungen 603

Bild 16.2.2 Wiederaushärtungsverhalten von AlZn4,5Mg1-T6 und AlSi1MgMn-


T6 nach Wärmestoß (4 Min. bei der jeweiligen Temperatur). Die Kurvenzüge
wurden ermittelt a) unmittelbar nach dem Wärmestoß, b) nach 1 Monat RT-Lage-
rung, c) nach 3 Monaten RT-Lagerung und d) nach 16h/160 °C (Quelle: VAW,
Bonn)

Tabelle 16.2.1 Mindestfestigkeitswerte von Grundwerkstoff und Schweißverbin-


dungen der Legierung EN AW-7020-T5 nach 3 Monaten RT-Auslagerung
Zusatzwerk- Grundwerkstoff MIG-Stumpfstoß 1) WIG-Stumpfstoß 2)
stoff
EN AW- Rp0,2 Rm A Rp0,2 Rm Rp0,2 Rm
[N/mm²] [N/mm²] [%] [N/mm²] [N/mm²] [N/mm²] [N/mm²]
5087 / 5119 290 350 8 205 270 205 270
1)
Wanddicke ≤ 15 mm; Wanddicke ≤ 6 mm
2)

Warmauslagerung eine Zone geringerer Festigkeit aufweisen, die durch


Vergröberung der T6- und T7-Ausscheidungen verursacht ist (Nicolas et
al. 2004). Schweißverbindungen an T4 Material zeigten dagegen durch ei-
ne Nachwarmauslagerung gleichmäßig hohe Festigkeitswerte.
Die Legierung EN AW-7020 wird wegen des Wiederaushärtungseffek-
tes gerne dort für Schweißaufgaben eingesetzt, wo hohe statische Festig-
keit gefordert wird, größere Wanddicken vorhanden sind und mehrere
Schweißnähte in einem Punkt zusammenlaufen oder sich kreuzen. Eine
Warmauslagerung (z.B. 120°C/24h) nach dem Schweißen sollte zur Ver-
meidung von Schichtkorrosionsanfälligkeit vorgesehen werden, wenn mit
erheblicher Korrosionsbelastung zu rechnen ist, s. Bild 16.2.3. Dies ist je-
doch von der Objektgröße abhängig und nicht immer durchführbar. In sol-
chem Falle muß eine konstruktive Anpassung oder eine andere Legie-
rungswahl getroffen werden.
604 16 Schmelzschweißen von Aluminium

Bild 16.2.3 Schichtkorrosionsschaden einer AlZn4,5Mg1 Schweißverbindung bei


hoher Korrosionsbelastung (Morotini 1986). Eine Konstruktions- und Legie-
rungsänderung (AlMgSi) brachte Abhilfe

AlMgSi-Legierungen. Anders verhalten sich AlMgSi-Legierungen, bei


denen durch nachträgliche Kaltaushärtung keine signifikante Festigkeits-
steigerung in der WEZ eintritt, s. Beispiel AlSi1MgMn-T6 in Bild 16.2.2.
Durch Warmauslagern nach dem Schweißen ist nur ein geringer Festig-
keitsanstieg erzielbar. Der Festigkeitsgewinn ist größer, wenn der Werk-
stoff im Zustand T4 verschweißt wird. Durch nachträgliches Warmausla-
gern kann man die Schweißnahtfestigkeit auf 70 bis 80 % der Grundme-
tallfestigkeit anheben. Mechanische Eigenschaften von Schweißverbin-
dungen an Legierungen des Schienenfahrzeugbaus enthält Tabelle 2.3.2.
Für AlMgSi-Legierungen hat man die Wahl zwischen AlSi- und AlMg-
Schweißzusatzwerkstoffen, s. Tabelle 16.1.5. Die Art des Zusatzwerkstoffs
hat Einfluß auf die Nahteigenschaften bzgl. Festigkeit und Rißzähigkeit
sowie auf die Fließeigenschaften des Schmelzbades. Bei entsprechender
Wahl optimaler Schweißbedingungen erhält man mit AlSi-Zusatzdraht ei-
ne kerbärmere Ausbildung des Nahtübergangs sowie eine geringere Nei-
gung zu Korngrenzenanschmelzungen im Bereich der Schmelzlinie als mit
AlMg-Zusatzdraht. Bild 16.2.4 enthält Gefügeausschnitte aus dem kriti-
schen Bereich der WEZ nahe der Schmelzlinie von MIG-geschweißten
Stumpfstößen an AlSi1MgMn-Platten unter Verwendung von AlSi5 (Al
4043A) und AlMg4,5Mn0,7(A) (Al 5183) Zusatzdraht (Baur 1995), die
die Neigung zu rißähnlichen Korngrenzenöffnungen bei Verwendung von
AlMg-Zusatzdraht zeigen (s.a. Bild 16.1.4). Dieses Phänomen ist vermut-
lich die Ursache für die gemessene geringere Duktilität der WEZ, s.
„WEZ1“ und „WEZ2“ in Bild 16.2.5. Andererseits ist die Rißinitiierungs-
zähigkeit Ji des AlSi5-Schweißgutes (Ji = 3,5 kJ/m²) deutlich niedriger als
die des AlMg4,5Mn0,7-Schweißgutes (Ji = 5,4 kJ/m²) sowie die der
Grundwerkstoffe (Ji ≈ 10 kN/m²) und der Wärmeeinflußzone in unmittel-
barer Nähe der Schmelzfront (Baur 1995, Baur et al. 1997, Sonsino et al.
16.2 Eigenschaften von Aluminiumschweißverbindungen 605

2001). Auch der Widerstand gegen Rißerweiterung, dargestellt durch die


Rißwiderstandskurven JR(∆a) in Bild 16.2.6, ist für den AlMg-Grund-
werkstoff und das AlMg-Schweißgut deutlich höher als für den AlMgSi-
Werkstoff (gemessen in der schwächeren TL-Richtung) und für das AlSi5-
Schweißgut. Die geeignete Wahl des Schweißzusatzwerkstoffs für AlMg-
Si-Legierungen sollte demnach auf einer kritischen Betriebsanalyse des
jeweiligen Anwendungsfalls beruhen.

Bild 16.2.4 Gefügeausschnitte (Querschliff) der MIG-Schweißnähte an Al-


Si1MgMn-Walzplatten. Schweißzusatzwerkstoff: a) AlSi5, b) AlMg4,5Mn0,7(A)
(Baur 1995)

Bild 16.2.5 Wahre Spannungs-Dehnungskurven ermittelt mit Kleinproben (Meß-


längendurchmesser 2 mm), entnommen parallel zur Schweißnaht einer mehrlagi-
gen DHV-MIG-Naht an 25 mm dicken Walzplatten aus Legierung EN AW-6082-
T6, Schweißzusatzwerkstoff AlSi5 (Bild links) und AlMg4,5Mn0,7(A) (Bild
rechts). GW = Grundwerkstoff, SG = Schweißgut, WEZ1-3 = Wärmeeinflußzonen
ausgehend von der Schmelzlinie (Baur 1995)
606 16 Schmelzschweißen von Aluminium

Bild 16.2.6 Rißwiderstandskurven J(∆a), ermittelt im 3-Punkt-Biegeversuch, von


Proben mit Rißlagen in verschiedenen Gefügezonen von MIG-Schweißverbindun-
gen an 25 mm dicken Walzplatten aus EN AW-6082-T6 und EN AW-5083-0.
Rißlagen: im Grundwerkstoff (GW) in TL-Richtung, in der WEZ (nur Al-
Si1MgMn) sowie im Schweißgut Al 4043(A) und Al 5183 (Baur 1995)

Die verminderte Festigkeit in der WEZ bei ausgehärteten und verfe-


stigten Legierungen steht im Zusammenhang mit der Höhe und Dauer der
Wärmeeinbringung durch den Schweißprozeß und ist deshalb vom ver-
wendeten Schweißverfahren und den eingestellten Schweißparametern ab-
hängig. Je geringer die Wärmeeinbringung („Streckenenergie“), um so
schmaler ist die WEZ und um so geringer ist die Festigkeitseinbuße, wie
die Härteverläufe und Ausdehnung der WEZ am Beispiel der warmausge-
härteten Legierung AlMg1SiCu in Bild 16.2.8 illustrieren.
Andererseits aber kann sich eine schmale WEZ ungünstig auf das Riß-
zähigkeitsverhalten auswirken, wenn damit – bei entsprechender Material-
dicke – ein steiler Gradient der Fließspannung verbunden ist, der die pla-
stische Zone an der Rißspitze einschränkt (Baur et al. 1997).
Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die geeignete Wahl des
Schweißzusatzwerkstoffs (insbesondere für AlMgSi-Legierungen), des
Schweißverfahrens und der Schweißparameter auf einer kritischen Analyse
der Anforderungen des jeweiligen Anwendungsfalls beruhen sollte. Be-
trachtet werden sollten auch die Anforderungen an die Gefügequalität des
Grundwerkstoffs in Verbindung mit den gewählten Schweißparametern,
um ein optimales Verformungs- und Versagensverhalten zu erzielen. Diese
Forderung gilt besonders für den Fall hochdynamischer Beanspruchung
(Oeser et al. 2000).
16.3 Schmelzschweißverfahren für Aluminium 607

Bild 16.2.7 Einfluß der Wärmeeinbringung („Streckenenergie“) auf den Härte-


verlauf und die Breite der WEZ bei der Legierung AA6061-T6, nach Saunders
(1997)

16.3 Schmelzschweißverfahren für Aluminium


Das Schmelzschweißen von Aluminium und seinen Legierungen kann mit
einer Reihe von Verfahren durchgeführt werden. Zu den wichtigsten Ver-
fahren zählen:
• Metall-Inert-Gas (MIG-) und MIG-Impuls-Schweißen
• Wolfram Inert-Gas (WIG-)-Schweißen
• Plasma-MIG- und Plasma-WIG-Schweißen
• Laserstrahl- und Elektronenstrahlschweißen
• Laser-MIG-Hybridverfahren.

Gasschweißen und Metall-Lichtbogenschweißen mit ummantelter Stab-


elektrode werden zwar gelegentlich noch handwerklich, aber kaum indus-
triell eingesetzt.

16.3.1 Schutzgas-Lichtbogenschweißen
Schutzgas-Lichtbogenschweißen ist die gebräuchlichste Schweißmethode,
die bei Aluminium angewendet wird. Es ist kostengünstig auszuführen, er-
zielt hohe Temperaturen, liefert konzentrierte Wärmezufuhr und ist manu-
ell und mechanisiert einsetzbar. Sowohl Gleichstrom- als auch Wechsel-
stromquellen werden verwendet. Als Schutzgase werden Argon und He-
lium bzw. Gemische aus beiden Gasen eingesetzt, um das Schweißbad ge-
608 16 Schmelzschweißen von Aluminium

gen Oxidation zu schützen. Das Inertgas ionisiert und bildet einen Plas-
mamantel um den Lichtbogen, s. Bild 16.3.1.

Bild 16.3.1 Prinzip des Schutzgas-Lichtbogenschweißprozesses

Da Helium einen höheren Ionisationsgrad als Argon erreicht, ist die


Energie seines Lichtbogens größer, und somit liefert Helium höhere Tem-
peraturen. Die Energie des Lichtbogens beeinflußt die Form des Schweiß-
bades. Helium bewirkt tieferes Aufschmelzen, während Argon mehr ein
flaches, aber breiteres Schweißbad erzeugt. Der Nachteil ist, daß Helium
teuer ist und somit nur in Sonderfällen allein verwendet wird.
Um eine Fusion des Metalls und eine akzeptable Schweißnahtqualität zu
erzielen, müssen drei Grundforderungen erfüllt werden, nämlich das Ent-
fernen des Oxidfilms, eine geeignete Wärmeeinkopplung in das Werkstück
und Verhindern neuer Oxidschichtbildung während des Schweißprozesses.
Die Erfüllung dieser Anforderungen wird durch bestimmte Kombinationen
von Stromart und -polung mit dem entsprechenden Schutzgas bzw.
Schutzgasgemisch erzielt, s. Bilder 16.3.1 und 16.3.2.

Bild 16.3.2 Einfluß von Stromart und Schutzgas auf die Lichtbogeneigenschaften
16.3 Schmelzschweißverfahren für Aluminium 609

Grundsätzlich können die Stromarten Gleichstrom und Wechselstrom


verwendet werden:
• Gleichstromlichtbogen mit Pluspolung der Elektrode erzeugt einen E-
lektronenstrom vom Werkstück auf die Elektrode und eine Zer-
trümmerung der Oxidschicht durch Bombardement mit schweren Ar-
und He-Ionen. Die Wärmekopplung ins Werkstück ist gering.
• Gleichstrom-Lichtbogen mit Minuspolung der Elektrode verringert die
thermische Belastung der Elektrode, aber auch die Reinigungswirkung.
Als Schutzgas wird Helium verwendet, dessen hohe Lichtbogenenergie
die Oxidschicht aufbricht. Die Ar-Lichtbogenenergie reicht hierzu nicht
aus.
• Wechselstrom ist ein guter Kompromiß gegenüber diesen beiden Alter-
nativen.

Schutzgase
Für das Schweißen von Aluminium wird als inertes Schutzgas vorwiegend
Argon eingesetzt. In Abhängigkeit vom Verfahren und der Schweißauf-
gabe können jedoch auch Helium oder Argon-Helium-Gemische eingesetzt
werden. Geringe Zugaben von Stickstoff (N2) oder auch Sauerstoff (O2)
kommen ebenfalls zum Einsatz.
Argon eignet sich besonders als Schutzgas, da es schwerer ist als Luft
und somit das Schmelzbad und die Umgebungszone gut abdeckt. Die gu-
ten Schweißeigenschaften von Argon sind hauptsächlich gegeben durch
eine geringe Lichtbogenspannung und eine gute Ionisation der Lichtbo-
genstrecke, was zu guten Zündeigenschaften und einem stabil brennenden
Lichtbogen führt.
Helium ist wesentlich teurer als Argon. Hinzu kommt, daß Helium we-
sentlich leichter als Luft ist, so daß zur Abdeckung des Schweißbereiches
größere Mengen als bei Argon benötigt werden. Durch die wesentlich hö-
here Lichtbogenspannung (bei gleicher Bogenlänge) erhöht sich die Licht-
bogenleistung. Dies bedeutet tieferen Einbrand bzw. höhere Schweißge-
schwindigkeit.
Argon-Helium-Gemische. Um die Vorteile beider Gase auszunutzen,
setzt man vielfach Gemische ein. Handelsüblich sind Ar/He 70:30, 50:50,
30:70. Reines Helium wird seltener eingesetzt, da der sehr „harte“ Licht-
bogen schlecht zündet und nicht stabil brennt. Durch einen Zusatz von He-
lium verbessert man die Einbrandgeometrie und erhöht die Einbrandtiefe
bzw. Schweißgeschwindigkeit.
Schutzgase mit N2 und O2. Zur Leistungssteigerung und zur Verbesse-
rung der Lichtbogenstabilität werden gelegentlich geringe Mengen an N2
und O2 den reinen Schutzgasen bzw. den Gasgemischen zugesetzt. Im
610 16 Schmelzschweißen von Aluminium

Lichtbogen dissoziieren diese aktiven Gase und rekombinieren wieder. Bei


diesem Vorgang wird Rekombinationswärme frei. Damit erreicht man ei-
nen höheren Wirkungsgrad. Bei Verwendung von O2 sollte immer mit ei-
nem Mg-haltigen Draht geschweißt werden, da das im Lichtbogen ab-
dampfende Mg eine größere Affinität zu O2 hat als die Aluminium-
schmelze. Das sich bildende Magnesiumoxid lagert sich als weißer Nie-
derschlag am Brenner ab.

MIG-Schweißen
Beim MIG-Schweißen ist der Zusatzwerkstoff die Elektrode. Die Elektrode
ist gewöhnlich positiv gepolt, und die intensive Hitze, die an der Elektrode
durch den Gleichstrom entsteht, ermöglicht eine hohe Abschmelzleistung.
MIG-Schweißen wird bei Materialdicken über 2–3 mm eingesetzt. Der Zu-
satzdraht wird mit Durchmessern zwischen 0,8 und 2 mm auf Drahtspulen
geliefert und über Drahtführungsrollen dem Schweißbrenner zugeführt.
Die Methode ist schnell und kann automatisiert werden. Der Hauptnachteil
des MIG-Schweißens ist, daß es sich nicht für dünnwandige Werkstücke
unter 2 mm Dicke eignet. Damit es am Nahtende nicht zu Endkrater-
schrumpfrissen kommt, sollte die Stromquelle mit einem automatischen
down-slope-Programm ausgerüstet sein und das Schutzgas noch einige Se-
kunden lang nachfließen.

Bild 16.3.3 Prinzip der MIG- und WIG-Lichtbogenschweißverfahren

Es sind verschiedene Verfahrensvarianten des MIG-Prozesses entwickelt


worden, um die Nahtqualität, Schweißgeschwindigkeiten und andere Ver-
fahrensgrenzen zu verbessern. Eine Variante des MIG-Verfahrens ist das
16.3 Schmelzschweißverfahren für Aluminium 611

MIG-Impuls-Schweißen. Hierbei wird ausgehend von einem niedrigen


Grundstrom ein Stromimpuls überlagert, der einen Tropfenübergang unter-
halb des Schwellwertes für den jeweiligen Drahtdurchmesser verursacht.
Der Tropfenübergang wird durch die Impulsfrequenz und Impulsstromstärke
bestimmt, s. Bild 16.3.4. Die Vorteile dieses Verfahrens sind:
• die Verwendung von dickerem Schweißdraht mit günstigeren Kosten
und sichererem Drahtvorschub,
• geringere Wärmeeinbringung in das Werkstück, dadurch geringere
Werkstückdicke (2 mm) und geringerer Verzug möglich,
• bessere Nahtform und weniger Spritzer,
• gleichmäßiges Durchschweißen ohne Badstützen bis zu Materialdicken
von 5 mm,
• besserer Metallübertrag in schwierigeren Schweißpositionen.
Die Gerätekosten sind etwas höher als für das konventionelle MIG-
Schweißen, jedoch gleichen die Vorteile diesen Nachteil aus.

Bild 16.3.4 Prinzip des MIG-Impulsschweißens

Im Makrogefüge von MIG-Impulsschweißungen wird der Einfluß der


Schutzgasart deutlich. Die höhere Wärmeeinkopplung durch den He-
Lichtbogen führt zu einer breiteren und glatten Naht, s. Bild 16.3.5.

Bild 16.3.5 Makrogefüge und Nahtform von MIG-Impulsschweißungen unter Ar-


gon und Argon/Helium-Gemisch. Grundwerkstoff: AlMg4,5Mn0,7-H111; 2,5 mm
dick; Schweißzusatz: Al5183; Schweißstoß I; Position PA (Quelle: U. Krüger,
SLV Berlin Brandenburg)
612 16 Schmelzschweißen von Aluminium

Plasma-MIG-Schweißen ist eine weitere Verfahrensvariante des MIG-


Schweißens und stellt ein Hybridverfahren zwischen MIG und WIG dar, s.
Bild 16.3.6. Der Zusatzdraht und der Lichtbogen zwischen Draht und
Werkstück werden mit einem Lichtbogenplasma umgeben, das sowohl das
Werkstück als auch den Draht vorwärmt, so daß Kaltstellen am Nahtan-
fang vermieden werden können und die Abschmelzleistung erhöht wird.
Das Verfahren eignet sich für das Schweißen größerer Wanddicken; auch
können noch dickere Bleche mit I-Stoß verbunden werden. Ein weiterer
Vorteil ist die sehr hohe Nahtqualität. Das Verfahren ist wegen der großen
Brennerabmessungen nicht für Handschweißen geeignet; es wird vorwie-
gend für Automatenschweißen bzw. mechanisiertes Schweißen eingesetzt.

Bild 16.3.6 Prinzip des Plasma-MIG-Schweißverfahrens

Das MIG-Mehrdrahtschweißen („Doppeldrahtschweißen“, „Zweidraht-


schweißen“) von Aluminiumwerkstoffen arbeitet mit zwei Zusatzdrähten,
die in geringem Abstand hintereinander angeordnet sind und das gleiche
Schweißbad erhitzen und füllen. Je nach Verfahrensvariante wird mit einer
oder mit zwei separaten, jedoch synchronisierten Stromquellen gearbeitet.
Die Schweißgeschwindigkeit wird um ein Mehrfaches erhöht und unter
günstigen Einsatzbedingungen können Schweißgüte (Porosität), Spritzer-
neigung, Spaltüberbrückbarkeit und Verzug verbessert werden. Die Pro-
zeßkontrolle wird durch ein Stromprogramm für den Anfangs- und Ar-
beitsstrom und für die Endkraterfüllung ergänzt. Die Wirtschaftlichkeit des
Verfahrens muß wegen der höheren Gerätekosten jeweils anwendungsfall-
bezogen ermittelt werden.
Das Laser-MIG-Hybridschweißverfahren ist eine weitere Verfahrens-
entwicklung, die einerseits die Grenzen des Laserstrahlschweißens hin-
16.3 Schmelzschweißverfahren für Aluminium 613

sichtlich Spaltüberbrückbarkeit und Nahtoberfläche und andererseits das


MIG-Verfahren bezüglich Tiefschweißeffekt, Geschwindigkeit und Naht-
qualität verbessert. Das Verfahrensprinzip ist in Bild 16.3.7 skizziert. Das
Laser-MIG-Hybridschweißverfahren wird zunehmend in der Rohbauferti-
gung der Automobilindustrie eingesetzt.

Bild 16.3.7 Prinzipschema des Laser-MIG-Hybridschweißverfahrens

WIG-Schweißen

WIG-Schweißen benutzt eine nichtabschmelzende Elektrode aus Wolfram,


s. Bild 16.3.3. Gewöhnlich wird Wechselstrom verwendet, um Überhit-
zungen der Elektrode zu vermeiden. Wolfram emittiert sehr gut Elektro-
nen, Aluminium hingegen nicht. Aus diesem Grunde erlischt der Lichtbo-
gen beim Nulldurchgang. Um den Lichtbogen zu stabilisieren, muß die
beim WIG-Schweißen verwendete Energiequelle einen Hochfrequenzge-
nerator umfassen. Das WIG-Verfahren kann bei geringeren Werkstück-
wanddicken eingesetzt werden als das MIG-Schweißen. Ein weiterer Vor-
teil ist, daß man es mit oder ohne Schweißzusatz anwenden kann.
Die Schweißnahtqualität (Oberfläche, Einbrandkerben) ist normaler-
weise sehr gut, Poren in der Naht sind weniger problematisch als beim
MIG-Schweißen. Das Verfahren kann für Materialdicken zwischen 0,1
und 25 mm verwendet werden, der gebräuchliche Einsatzbereich aber ist
1–2 mm, manchmal bis 10 mm Wanddicke. Als Schutzgas wird meistens
reines Argon nach DIN EN 439 verwendet. Der Lichtbogen brennt unter
Argon sehr stabil und läßt sich gut zünden.
614 16 Schmelzschweißen von Aluminium

Stromdichte und Wärmeeintrag des Lichtbogens sind beim WIG-


Schweißen geringer als beim MIG-Schweißen. Daher sind auch die
Schweißgeschwindigkeit und die Eindringtiefe beim WIG-Schweißen ge-
ringer. Davon abgesehen erhält man mit dem WIG-Schweißverfahren sehr
gute Schweißnähte mit guter Prozeßkontrolle.
Arbeitet man beim WIG-Schweißen mit Gleichstrom und liegt die
Elektrode am Pluspol, wird eine sehr gute Reinigungswirkung der Naht-
flanken erzielt. Durch die hohe Wärmebelastung der Elektrode kann es je-
doch zu Wolframverunreinigungen des Schweißbades kommen. Dagegen
verteilt sich beim Arbeiten mit normalem Wechselstrom die Wärme zu
50% auf die Elektrode und zu 50% aufs Werkstück. Die Reinigungswir-
kung ist gut; ein Schmelzen der Wolfram-Elektrode wird vermieden.
Wenn man beim WIG-Schweißen mit Wechselstrom Schweißstromquellen
einsetzt, mit denen die Periode der positiven Halbwelle gegenüber der ne-
gativen Halbwelle verändert werden kann, können selbst Aluminiumble-
che mit einer Stärke von nur 0,4mm geschweißt werden.
Stromart, Polarität und Schutzgasart haben Einfluß auf die Nahtgeome-
trie. Im Schliffbild in Bild 16.3.8 zeigt sich der flache und breite Einbrand
beim WIG-Gleichstromschweißen mit Pluspolung unter Argonschutz.
Beim Wechselstromschweißen macht sich das Zumischen von Helium in
einem breiteren Einbrandprofil bemerkbar.

Bild 16.3.8 Makrogefüge von WIG-Schweißungen an 2,5 mm dickem Blech aus


AlZn4,5Mg1-T6 mit Wechsel- und Gleichstrom; Schweißzusatz S-AlMg4,5Mn
(Quelle: U. Krüger, SLV Berlin Brandenburg)

In Tabelle 16.3.1 wird ein Vergleich zwischen drei wichtigen Schweiß-


verfahren für Aluminiumschweißkonstruktionen gezogen.
16.3 Schmelzschweißverfahren für Aluminium 615

Tabelle 16.3.1 Vergleich zwischen gebräuchlichen Schweißverfahren


MIG Plasma-MIG WIG
Kontrolle der Energieeinkopplung gut* ausgezeichnet** sehr gut**
Einbrand hoch kontrollierbar gering
Materialdicke
1 mm nein möglich gut
2 mm schwierig*** gut sehr gut
4 mm sehr gut sehr gut möglich
6 mm sehr gut sehr gut sehr langsam
Nahtqualität gut**** sehr gut sehr gut
Anforderungen an Schweißpersonal gering mittel höher
Gerätekosten moderat hoch moderat
Schweißgeschwindigkeit hoch hoch/sehr hoch niedrig
Manövrierfähigkeit begrenzt niedrig gut
*) abhängig von der Drahtvorschubgeschwindigkeit
**) kann unabhängig von der Drahtvorschubgeschwindigkeit kontrolliert werden
***) besser mit MIG-Impulsverfahren
****) Vermeiden von Poren in der Schweißraupe ist problematisch

Schweißbadstützen

Schweißen mit Schweißbadstützen ist in allen Positionen sinnvoll, um eine


volle Durchschweißung zu erzielen. Die Schweißbadstütze sollte eine Nut
aufweisen, damit ein sicheres Durchschweißen gewährleistet und ein
gleichmäßiger Wurzeldurchhang erzielt wird. Gleichzeitig wird ein Naht-
durchfall verhindert. Bei Blechen heftet man ein entsprechendes kleines
Strangpreßprofil durch Schrittschweißung auf der Unterseite fest. Da diese
Badstützen nicht angeschmolzen werden sollen, spielt die Art der Alumi-
niumlegierung keine Rolle (handelsüblich EN AW-6060). Werden die
Bleche auf einer Unterlage aufgespannt, so kann auch eine wiederver-
wendbare Badstütze aus Kupfer oder rostfreiem Stahl eingesetzt werden.
Bei Strangpreßprofilen, die geschweißt werden, wird die Schweißkanten-
vorbereitung und die Badstütze direkt mitgepreßt, s. Bild 16.3.9.

Bild 16.3.9 Schweißbadstütze mit Positionierhilfe für Längsnähte an einem


Strangpreßprofil aus Legierung EN AW-6005A (Oeser et al. 2000)
616 16 Schmelzschweißen von Aluminium

16.3.2 Strahlschweißverfahren

Zu den Strahlschweißverfahren zählen das Elektronenstrahlschweißen und


das Laserstrahlschweißen. Letzteres wird in besonderem Maße zunehmend
für verbindungstechnische Aufgaben bei der Aluminiumverarbeitung, z.B.
im Automobilbau, eingesetzt.

Elektronenstrahlschweißen

Unter Elektronenstrahlschweißen (EB-Schweißen) versteht man ein


Schmelzschweißverfahren, bei dem die Schweißwärme von einem hochbe-
schleunigten, gebündelten Elektronenstrahl erzeugt wird (Beschleuni-
gungsspannung ca. 180.000 kV). Dieser Elektronenstrahl trifft mit hoher
Geschwindigkeit auf das Werkstück, das sich in der Regel in einer Vaku-
umkammer befindet. Der Elektronenstrahl wird auf die Werkstückoberflä-
che in einem Brennpunkt fokussiert und mit hoher Energiedichte von bis
zu 109 W/cm² in die Werkstückoberfläche eingekoppelt. Auf diese Weise
können sehr tiefe und schmale Schweißnähte hergestellt werden. Z.B.
konnten 150 mm dicke Aluminiumteile in einem einzigen Arbeitsschritt
miteinander verschweißt werden, wobei das Verhältnis zwischen Tiefe und
Breite der Naht 20:1 betrug. Schutzgas erübrigt sich durch das Vakuum.
Das Verfahrensprinzip ist in Bild 16.3.10 dargestellt. Durch Sondervor-
richtungen kann auch mit Schweißzusatzdraht gearbeitet werden. Durch
seine masselose Ablenkungsmöglichkeit kann der Strahl auf einfache Wei-
se gependelt werden. Auf diese Weise ist selbst bei dem schmalen Wirk-
querschnitt des Strahls eine gute Spaltüberbrückung gegeben.

Bild 16.3.10 Verfahrensprinzip einer Elektronenschweißanlage mit Vakuum-


kammer
16.3 Schmelzschweißverfahren für Aluminium 617

Alternativ zum Vakuumschweißen kann Elektronenstrahlschweißen


auch an Luft geschehen (sog. NVEBW – Non-Vacuum Electron Beam
Welding), wobei der Strahl durch mehrere differentielle Druckkammerstu-
fen mit schmalen Öffnungen aus dem Vakuumsystem herausgeführt wird.
In diesem Fall wird die Schweißzone mit Helium geschützt. Da beim Pro-
zeß Röntgenstrahlung freigesetzt wird, muß die Anlage in strahlungssiche-
rem Gehäuse untergebracht sein. Ein Beispiel für die Großserienfertigung
eines NVEBW-geschweißten AlMg3-Modulträgers für den Automobilbau
wird in (Gomes-Buco et al. 1997) beschrieben.
Aufgrund der konzentrierten Schweißwärme und der Form der
Schweißnähte (keine V-Form) ist beim Elektronenstrahlschweißen die
Wärmeeinflußzone extrem schmal und der Verzug minimal. EB-Schwei-
ßen ist für Aluminium nicht nur wegen der schmalen WEZ und der damit
bedingten höheren Festigkeitseigenschaften vorteilhaft, es werden auch
hohe Schweißgeschwindigkeiten bis zu 20 m/min. erreicht (Dilthey, et al.
2000). Zudem sind auch hochfeste Legierungen der 2xxx- und 7xxx-er
Reihe erfolgreich verschweißt worden. Wegen des Mg-Abbrands (Ver-
dampfung) sollten Mg-haltige Legierungen nur mit >3% Mg geschweißt
werden, um Schweißrisse zu vermeiden. Bei hohen Mg-Gehalten besteht
die Gefahr zunehmender Porenbildung.

Laserstrahlschweißen

Beim Laserstrahlschweißen wird die Schweißwärme von einem Strahl aus


gebündeltem monochromatischen Licht beim Auftreffen auf das Werk-
stück erzeugt. Dieses Verfahren ist ähnlich effizient wie das Elektronen-
strahlschweißen, benötigt jedoch keine speziellen Umgebungsbedingun-
gen, wie z.B. Vakuumkammer oder Röntgenstrahlschutz.
Der Laserstrahl wird in einem sog. Resonator erzeugt, über ein Strahl-
führungssystem zu einer Bearbeitungsstation geführt und mit Hilfe einer
Linse oder eines Spiegels auf das Werkstück fokussiert. Die geringe Di-
vergenz der Laserstrahlen ermöglicht eine größere Entfernung des Werk-
stücks von der Laserstrahlquelle als beim Elektronenstrahlschweißen.
Durch die Absorption der infraroten Laserstrahlung an der Werkstückober-
fläche wird örtlich die Strahlenergie in das Werkstück eingekoppelt und
bei genügender Absorption der Strahlenergie der Werkstoff aufgeschmol-
zen. Die Schweißnaht entsteht in der Regel durch Bewegung des Werk-
stücks unter dem Strahl.
Das sog. Tiefschweißen tritt oberhalb einer materialabhängigen
Schwellintensität des absorbierten Strahls ein, wobei der Werkstoff durch
die hohe Strahlungsintensitäten teilweise verdampft und ionisiert. Dabei
bildet sich eine Dampfkapillare vom Durchmesser des fokussierten Laser-
618 16 Schmelzschweißen von Aluminium

strahls (~ 0,5 bis 1 mm), s. Bild 16.3.11. Das Metalldampfplasma in der


Dampfkapillare fördert die Absorption der Strahlenergie und gibt sie an
die umgebende Wand der Dampfkapillare ab. Durch diese Dampfkapillare
kann der Laserstrahl tief in das Werkstück eindringen (Tiefschweißeffekt),
wobei die Einschweißtiefe mit weiter zunehmender Strahlintensität an-
steigt. Beim Tiefschweißen wird die von Schmelze umgebene Dampfka-
pillare durch den Werkstoff geführt. Durch die Vorschubbewegung strömt
ein Teil der Schmelze um die Kapillare herum und erstarrt, während der
andere Teil der Schmelze verdampft und als ionisierter Metalldampf aus
der Kapillare heraustritt.

Bild 16.3.11 Prinzip des Laserstrahlschweißens

Die Absorption des Laserstrahls hängt von der Wellenlänge der Laser-
strahlen, der Oberfläche des Werkstücks sowie von seinen physikalischen
Eigenschaften ab. Das Absorptionsvermögen von Metallen für infrarote
Laserstrahlung ist grundsätzlich sehr gering, hängt jedoch werkstoffspezi-
fisch von der jeweiligen Wellenlänge λ und damit von der Art des Laser-
strahls ab. Stahl absorbiert z.B. die kurzwelligen Strahlen eines Festkör-
perlasers (Nd-YAG: λ = 1,06 µm) zu etwa 30% und die langwelligen CO2-
Laserstrahlen (λ = 10,6 µm) nur zu etwa 10%. Die restlichen Strahlen
werden reflektiert. Aluminium hat insbesondere für CO2-Strahlen ein ge-
ringeres Absorptionsvermögen von nur 2%, für Nd-YAG-Laserstrahlen je-
doch von ca. 14%. Der Absorptionsgrad wird außerdem durch die physi-
kalischen Eigenschaften der Metalloberfläche bestimmt. Technische Ober-
flächen mit hoher Rauhigkeit oder Farb- und Oxidschichten reflektieren
deutlich weniger als polierte Werkstücke.
16.3 Schmelzschweißverfahren für Aluminium 619

Da die kürzere Wellenlänge des Nd-YAG-Lasers von Aluminium besser


absorbiert wird, ist die Schwellenintensität geringer und die Einschweiß-
tiefe größer als von CO2-Laserstrahlen. Andererseits ist wegen der höheren
Wärmeleitfähigkeit und spezifischen Wärmekapazität des Aluminiums ge-
genüber Stahl eine größere Energieeinkopplung erforderlich, wodurch die
Schwellenintensität angehoben wird.
Legierungselemente des Aluminiums, wie Magnesium und Zink, ver-
dampfen bereits bei niedrigeren Temperaturen als Aluminium und verur-
sachen auf diese Weise eine Dampfkapillarenbildung bei niedrigeren auf
den Fokusdurchmesser bezogenen Laserleistungen. Für höher legierte
Aluminiumwerkstoffe gelten deshalb niedrigere Schwellenintensitäten
(Hohenberger et al. 1997).
Im oberen Bereich des Tiefschweißens wird der Laserstrahl zunehmend
durch die stärker werdende Plasmawirkung gestreut und gebremst. Da die
Absorption der infraroten Laserstrahlung im Plasma mit dem Quadrat der
Wellenlänge zunimmt, ist die Abschirmungswirkung bei CO2-Laserstrah-
len bei vergleichbaren Laserleistungen größer als von ND-YAG-Laser-
strahlen. Die Plasmawirkung im oberen Bereich des Tiefschweißens wird
weiterhin durch ein höheres Ionisationspotential des Aluminiums gegen-
über Stahl beeinträchtigt, und führt so zu engeren Prozeßgrenzen beim
Aluminiumschweißen.
Abgesehen von den Werkstoffeigenschaften sowie den Eigenschaften
und der Leistungsflußdichte des Laserstrahls hängt der Tiefschweißprozeß
von der Wahl und Steuerung der Arbeitsgase ab, mit denen die aus der
Dampfkapillare austretende Metallplasmawolke durchmischt werden kann,
um die Prozeßgrenzen zu verschieben. Die Arbeitsgase zeigen aber auch
eine Wechselwirkung mit dem Schweißbad und haben demnach einen Ein-
fluß auf die Schweißnahtqualität, Porosität und Schweißnahtoberfläche
(Behler et al. 1993). Günstig haben sich Mischungen von Argon und He-
lium im Verhältnis zwischen 1 : 1 und 3 : 1 herausgestellt. Höhere Argon-
gehalte führen zu einer verstärkten Absorption des Strahls im Plasma. Eine
optimale Energieeinkopplung wird dann erreicht, wenn das Arbeitsgasge-
misch so eingestellt wird, daß der Prozeß nahe an der Schwelle der Plas-
maabschirmung gefahren wird. Weiterhin kann durch entsprechende Pro-
zeßsteuerung des Lasers − z.B. durch kurzzeitige Unterbrechung der La-
serleistung − die Bildung des Plasmaschirms vermieden werden, um die
Leistungsgrenzen zu höheren Strahlintensitäten zu verschieben (Behler et
al. 1993).
Wie beim herkömmlichen Lichtbogenschweißen ist auch beim Laser-
strahlschweißen der Einsatz von Zusatzdraht sinnvoll. Hierfür gibt es zwei
Gründe. Erstens kann durch die richtige, legierungsabhängige Wahl des
Zusatzwerkstoffs das Auftreten von Rissen bei warmrißempfindlichen Le-
620 16 Schmelzschweißen von Aluminium

gierungen, wie AlSi1MgMn (EN AW-6082), vermieden werden. Zweitens


begünstigt der Zusatzdraht die Spaltüberbrückbarkeit beim Stumpfstoß, die
bei der sehr schmalen Lasernaht ansonsten erhebliche Anforderungen an
die Schweißvorbereitung stellen würde. Spaltbreiten von 0,7 mm sollen
sich problemlos beherrschen lassen, in Grenzfällen auch Spalte bis 1,2 mm
bei einer Fügeteildicke von 2,5 mm. Bei Überlappverbindungen ist ein
Spalt von etwa 10% der Materialdicke wünschenswert, damit die Entga-
sung der Naht im Unterblech gesichert ist. Durch den Tiefschweißeffekt
können Aluminiumwerkstückdicken bis 4mm einlagig mit dem Laser ge-
schweißt werden. Voraussetzung ist der Einsatz von CO2-Hochleistungsla-
sern mit einer Ausgangsleistung von mindestens 5 kW und guter Strahl-
qualität. Nd-YAG-Laser stehen heute ebenfalls mitausreichender Leistung,
z.B. 4,5 kW, zur Verfügung, sind allerdings mit höheren Investitionskosten
belastet. Ein wichtiger Vorteil der Nd-YAG-Laser gegenüber CO2-Lasern
ist die Möglichkeit, den Laserstrahl durch Glasfaserleiter dicht an das
Werkstück heranzubringen, wodurch auch das Schweißen komplizierterer
Geometrien einfacher als mit dem spiegeloptisch geführten CO2-Laser-
strahl möglich ist.
Aufgrund der sehr hohen Leistungs- und Energiekonzentration des La-
serstrahlschweißverfahrens können wesentlich höhere Schweißgeschwin-
digkeiten erreicht werden als bei herkömmlichen MIG-Verfahren. Abhän-
gig von der verfügbaren Laserleistung, der Blechdicke und den eingestell-
ten Schweißparametern können bei mittleren Blechdicken von ca. 2–3 mm
Schweißgeschwindigkeiten bis zu 8 m/min. erreicht werden. Es werden
dabei sehr schmale Schweißnähte mit geringen Wärmeeinflußzonen herge-
stellt werden, wodurch man gegenüber konventionellen Schweißver-
bindungen höhere Festigkeitseigenschaften erhält. Diese Feststellung be-
trifft sowohl statische als auch schwingend geprüfte Festigkeitswerte an
verschiedensten Legierungen (Behler et al. 1989, Behler et al. 1993, Ho-
henberger et al. 1997). Für die Berechnung von laserstrahlgeschweißten
Konstruktionen kann man daher als konservativen Ansatz die entsprechen-
den Festigkeitseigenschaften herkömmlich geschweißter Proben zugrunde
legen. Interessant ist die Beobachtung (Hohenberger et al. 1997), daß la-
serstrahlgeschweißte Verbindungen von Blechen der Legierung Al-
Si1MgMn (6082) durch eine im Fertigungsprozeß nachgelagerte Warm-
aushärtung ca. 90 bis 95 % der Soll-Festigkeitswerte des Grundwerkstoffs
erreichen.
Im Stahlbereich ist das Laserschweißen von sog. „Tailor-Welded
Blanks“ (TWB, Blechplatinen mit zwei oder mehr unterschiedlichen
Blechdicken) seit längerer Zeit Stand der Technik. Aber auch die Übertra-
gung auf Aluminium wurde geprüft und verschiedene Fügeverfahren un-
tersucht (Shakeri et al. 2002). Im Karosserieleichtbau mit Aluminium gibt
16.4 Schweißimperfektionen 621

es seit einiger Zeit erste Anwendungen von TWB (Lamborghini Gallardo).


Die Laserstrahl-Schweißverbindung sowohl von aushärtbaren Legierungen
EN AW-6016-T4 als auch von naturharten Legierungen EN AW-5754-0
und EN AW-5182-0 weisen gute Nahtqualität auf, die beispielhaft in Bild
16.3.12 dargestellt ist und sich bei der Umformung bewährt hat.

Bild 16.3.12 Laserstrahlgeschweißte Naht eines „Tailor-Welded Blank“ aus Le-


gierung EN AW-6016-T4. Die Naht wurde im Monofokus mit Zusatzdraht AlSi12
mit einer Schweißgeschwindigkeit von 3,5 m/min unter Helium-Schutzgas ge-
schweißt (Quelle: Corus, Ijmuiden, NL)

Gegenüber der Einstrahltechnik erlaubt es die Doppelfokustechnik


– entweder aus einer einzelnen oder zwei unabhängigen Strahlquellen –
die Porenanfälligkeit und auch die Spaltüberbrückbarkeit zu verbessern.
Die Porenanfälligkeit konnte darüber hinaus durch verschiedene Oberflä-
chenreinigungsverfahren sowohl bei Knetmaterial als auch insbesondere
bei Gußmaterial deutlich verbessert werden (Haboudou et al. 2003). Durch
Bifokaloptik kann der vorlaufende Strahlanteil als prozeßintegrierte Ober-
flächenreinigung verwendet werden (v. Beren et al. 2004).
Laserstrahlquellen genügender Energieleistung und Strahllenkungsvor-
richtungen sind recht investitionsintensiv. Dennoch setzen sich die Laser-
strahlschweißverfahren in manchen Anwendungsbereichen gegenüber an-
deren Schweißmethoden, insbesondere im Automobilbau und künftig si-
cherlich im Flugzeugbau, durch, s. a. Abschn. 2.5.

16.4 Schweißimperfektionen

Unter Schweißimperfektionen (auch „Ungänzen“) versteht man einerseits


innere Unregelmäßigkeiten, d.h. durch Reaktionen des Werkstoffs auf den
Schweißprozeß entstandene nachteilige Gefügeänderungen (Poren, Ein-
622 16 Schmelzschweißen von Aluminium

schlüsse) bzw. Bindefehler, und äußere Unregelmäßigkeiten, d.h. geome-


trische Abweichungen des Verbindungsstoßes (z.B. Kantenversatz, Ein-
brandkerben). Die systematische Klassifizierung und die erlaubten Gren-
zen der möglichen Abweichungen sind sowohl für die Qualitätssicherung
als auch für die konstruktive Berechnung von großer Bedeutung. Die Un-
regelmäßigkeiten, die bei Schmelzschweißverbindungen an Metallen auf-
treten können, sind in DIN EN 26520 definiert und mit Ordnungsnummern
versehen. Sie werden in 6 Gruppen eingeteilt, s. Tabelle 16.4.1. Einige ty-
pische Beispiele für innere Unregelmäßigkeiten nach DIN EN 26520 sind
schematisch in Bild 16.4.1 dargestellt.

Tabelle 16.4.1 Gruppeneinteilung der Schweißimperfektionen


Fehlergruppen Beispiele
Risse alle Arten (Ausnahme: Mikrorisse); Endkraterrisse
Hohlräume Gaseinschluß; Pore; Porennest; Oberflächenpore
feste Einschlüsse Oxideinschlüsse; Wolframeinschlüsse; Kupferein-
schlüsse
Bindefehler ungenügende Durchschweißung
Formfehler Einbrandkerbe; Nahtüberhöhung; Wurzelüberhö-
hung; Kantenversatz
sonstige Unregelmäßigkeiten schlechte Passung

Bild 16.4.1 Einige Beispiele aus einem Katalog für häufig vorkommende innere
Schweißimperfektionen bei Aluminiumschweißverbindungen (DIN EN 26520)

Poren, Porennester und Porenzeilen werden sowohl durch innere als


auch durch äußere Faktoren verursacht. Der Wasserstoff scheidet sich
während der Erstarrung im Gefüge als Gasporen aus. Dabei umschließt die
Erstarrungsfront die sich bildenden Gasblasen. In der Schweißnaht liegen
16.4 Schweißimperfektionen 623

je nach Erstarrungsmorphologie der Legierung dann die Wasserstoffporen


in gleichmäßiger Verteilung oder kettenförmiger Anordnung vor. Gaspo-
ren im Schweißgut haben gewöhnlich eine runde Form und einen Durch-
messer von ca. 5 bis 10 µm.
Oxideinschlüsse lassen auf unsaubere Kantenvorbereitung und man-
gelnde Reinigungswirkung durch den Schweißprozeß schließen. Wolfram-
und Kupfereinschlüsse entstehen durch Abschmelzungen oder Fragmente
der Elektrode bzw. des Brenners.
Bindefehler können durch ungenügende Durchschweißung entstehen,
z.B. bei Verbindungsstößen mit sehr unterschiedlichen Materialdicken, s.
Bild 16.1.1. Schweißanfang und Endkrater sind häufige Stellen für Risse,
können jedoch durch entsprechende Stromprogramme, Anwärmen oder
Anlauf- und Ablaufstücke vermieden werden.
Formfehler sind geometrische Unregelmäßigkeiten der Schweißverbin-
dung, verursacht durch fertigungstechnische und schweißtechnische Feh-
ler. Ihre Wirkungen äußern sich nicht nur in der Schwächung der stati-
schen Verbindungsfestigkeiten, sondern vor allem durch ihre Kerbwirkung
auf die Schwingfestigkeit der Verbindung.
Die Grenzwerte derartiger Unregelmäßigkeiten sind abhängig von den
Sicherheitsanforderungen und den Einsatzbedingungen sowie von der Hö-
he der tatsächlichen Beanspruchung. Die zulässigen Grenzwerte bedürfen
darum fallweise einer Bewertung. Aus diesem Grund ist die international
gültige Klassifizierung der inneren und äußeren Unregelmäßigkeiten ent-
sprechend DIN EN 26520 (bzw. ISO 6520) in DIN EN 30042 (bzw. ISO
10042) übernommen worden. DIN EN 30042 enthält die Bewertung der
zulässigen Grenzen für die verschiedenen inneren und äußeren Unre-
gelmäßigkeiten nach Einteilung in 3 Beanspruchungs- bzw. Anforde-
rungskategorien: B (= hoch), C (= mittel), D (= niedrig). Empfehlungen
und Entscheidungskriterien für die Bewertung und Auswahl von Bewer-
tungsgruppen enthalten die DVS Merkblätter (DVS 0706:1994) und (DVS
0713:1995), s.a. (Neumann 1993) und (Neumann 1994).
17 Widerstandsschweißen

Das Widerstandsschweißen gehört zu den stoffschlüssigen Verbindungs-


verfahren, bei denen der Stoffschluß an den Verbindungsstellen durch ei-
nen örtlichen Schmelz- und Erstarrungsvorgang erzeugt wird. Aus metal-
lurgischer Sicht muß das Widerstandsschweißen streng genommen den
Schmelzschweißverfahren zugeordnet werden. Zu den bei Aluminium und
seinen Legierungen praktizierten Widerstandsschweißverfahren zählen
Punktschweißen, Buckelschweißen, Rollennahtschweißen und Abbrenn-
stumpfschweißen. Von den Widerstandsschweißverfahren ist das Wider-
standspunktschweißen das für die Blechverarbeitung wichtigste Verfahren
und steht im Mittelpunkt der folgenden Betrachtungen. Seine Bedeutung
im Karosseriebau ist durch die Entwicklung und fertigungstechnische Au-
tomatisierung der mechanischen Fügetechnik in der Vergangenheit zu-
rückgegangen, da die Elektrodenstandzeit für eine automatisierte Ferti-
gungsweise unzureichend war. U.a. scheinen aber neuere Entwicklungen
wie Kupferbandelektroden eine Neubewertung einzuleiten.

17.1 Widerstandspunktschweißen (WPS)

17.1.1 Verfahrensprinzip

Beim Widerstandspunktschweißen entstehen punktförmige Überlappver-


bindungen zwischen zwei oder mehreren Blechen durch den Stromfluß
über zwei Elektroden, die an der Kontaktstelle der Bleche eine Schweiß-
linse erzeugen, s. Bild 17.1.1. Das Verfahren beruht auf der Wärmeent-
wicklung bei Stromdurchfluß infolge des elektrischen Widerstands, der
sich aus Stoff- und Kontaktwiderständen zusammensetzt.
An der Kontaktstelle zwischen beiden Blechen entsteht eine schmelz-
flüssige Zone, die bei der Erstarrung durch den Elektrodendruck unter hyd-
rostatischer Druckspannung steht. Aus diesem Grunde können auch im
Gegensatz zum Lichtbogenschmelzschweißen warmrißempfindliche Le-
gierungen stoffschlüssig verbunden werden, wie das Beispiel der Punkt-
626 17 Widerstandsschweißen

schweißverbindung an der hochfesten Legierung AA7475cl-T76 in Bild


17.1.1 zeigt.

Bild 17.1.1 Makrogefüge im Quer- und Flachschliff durch einen Widerstands-


schweißpunkt an 2 mm dicken Blechen der Legierung AA7475cl-T76 (Quelle: U.
Krüger, SLV Berlin-Brandenburg)

Nach dem Joule’schen Gesetz wird die Schweißwärme QS [W·s] durch


die Stromstärke IS [A] und den Gesamtwiderstand RS [Ω] während der
Schweißzeit tS [s] erzeugt. Die Konstante c entspricht dem Wärmeäquiva-
lent.

QS = c ·I S²· RS ·t S (17.1)

Der Gesamtwiderstand RS an der Schweißstelle setzt sich zusammen aus


den Kontaktwiderständen, den Stoffwiderständen der Elektroden und der
Fügeteile, wie in Bild 17.1.2 dargestellt ist. Der eingestellte Schweißstrom
erzeugt durch jeden dieser Widerstände Wärme und zwar proportional zum
Verhältnis des Einzelwiderstandes zum Gesamtwiderstand. Vor allem die
Kontakt- und Stoffwiderstände der zu verschweißenden Teile sind maßge-
bend für Unterschiede im Punktschweißverhalten zwischen Stahl und
Aluminiumlegierungen.
Der Stoffwiderstand von Aluminium ist um das 2–4-fache geringer als
der von Stahl. Umgekehrt ist die Wärmeleitfähigkeit von Aluminium etwa
3 mal so hoch wie die von Stahl. Für den WPS-Prozeß mit Aluminium be-
deutet dies etwa doppelt so hohe Stromstärken wie beim Stahl-
Punktschweißen gleicher Dicke und die Notwendigkeit extrem kurzer
Schweißzyklen, um den Wärmeabfluß zu beschränken. Entsprechend der
hohen Stromstärken nimmt die thermische Belastung der Elektroden zu.
17.1 Widerstandspunktschweißen (WPS) 627

Bild 17.1.2 Kontakt- und Stoffwiderstände beim Punktschweißen von Stahl und
Aluminium (Leuschen 1992)

17.1.2 Übergangswiderstände der Fügeteiloberfläche

Großen Einfluß auf das Schweißergebnis, insbesondere auf seine Reprodu-


zierbarkeit, üben die Art und der Zustand der Aluminiumoberfläche aus,
die immer mit einer dünnen, dichten und festhaftenden Oxidschicht über-
zogen ist. Die Oxidschicht ist sehr temperaturbeständig, wirkt elektrisch
isolierend und ist daher maßgebend für den Übergangswiderstand. Ihre
Beschaffenheit ist abhängig von der Legierungszusammensetzung, den
vorausgegangenen Glühprozessen und den Lagerungsbedingungen. Glü-
hen in Bundöfen führt trotz Schutzgasatmosphäre zu weniger gleichmäßi-
gen Übergangswiderständen als Glühen im Banddurchlauf. Die Diffusion
von Magnesium bei hochlegierten AlMg-Legierungen in die Oxidschicht
unter Bildung von MgO führt zu einer dickeren Schichtdicke, höherem
Übergangswiderstand und erschwert den Schweißvorgang.
Noch wichtiger als ein möglichst niedriger Übergangswiderstand ist al-
lerdings dessen Gleichmäßigkeit, ohne die eine reproduzierbare Schweiß-
punktqualität in der Serienfertigung nicht einzuhalten ist. In der Regel wird
daher eine mechanische oder chemische Oberflächenvorbehandlung vor
dem Fügen empfohlen. Dabei ist darauf zu achten, daß weder eine stärkere
Oberflächenaufrauhung durch ungeeignete Bürstenqualität, noch eine un-
gewünschte Oberflächenveränderung beim Beizen (Entwicklung von sog.
„Beizbast“) auftritt. Eine Anleitung zum Messen des Übergangswider-
stands enthält das Merkblatt DVS-2929:2001.
Oberflächenvorbehandlungen von Bandmaterial werden zweckmäßi-
gerweise vom Hersteller in entsprechenden Bandveredlungsanlagen
628 17 Widerstandsschweißen

durchgeführt. Werden diese beim Verarbeiter vorgenommen, sind folgende


Vorgehensweisen zu empfehlen:
1. Entfetten mit mild alkalischen Mitteln
2. Spülen (ggf. mehrstufig)
3. Beizen (Phosphorsäure)
4. Spülen (mehrstufig)
5. Trocknen (Heißluft).

Bei sachgemäßer Durchführung der Beizbehandlung wird der Kontakt-


widerstand je nach Legierung und Prozeßparameter bis auf Werte zwi-
schen 3 und 50 µΩ erniedrigt. Eine Zusammenstellung verschiedener
Beizmittel und die Höhe der ermittelten Kontaktwiderstände findet man in
(Eichhorn et al. 1977) oder (Schoer 2002). Die gebräuchlichsten Beizmittel
sind alkalische Lösungen, z.B. 10–20%ige Natronlauge, und Mischsäure;
letztere führt zu schonenderer Behandlung der Oberfläche als Natronlauge;
außerdem ist die genaue Einhaltung der optimalen Beizzeit weniger kri-
tisch (Falkenstein et al. 1981). Ein Beispiel für den Einfluß von mechani-
schen und chemischen Oberflächenvorbehandlungen auf das Punkt-
schweißergebnis zeigt Bild 17.1.3.

Bild 17.1.3 Einfluß der Oberflächenvorbehandlung auf die Punktfestigkeit in Ab-


hängigkeit von der Elektrodenstandmenge. Legierung AlSi1MgMn-T6, Blechdi-
cke 2 mm, Elektrodenkraft 8 kN, Ballenradius 300 mm (Eichhorn et al. 1977)

Grundsätzlich ist es möglich, Aluminiumbleche ohne Oberflächenvor-


behandlung punktzuschweißen, doch ist die Prozeßsicherheit abhängig von
den vorstehend aufgezeigten Voraussetzungen. Aus diesem Grunde sind
Oberflächenbehandlungen dann sinnvoll, wenn keine gleichmäßigen Ei-
genschaften im Anlieferungszustand erwartet werden können.
17.1 Widerstandspunktschweißen (WPS) 629

17.1.3 Elektrodenverschleiß und Elektrodenreinigung

Während des Punktschweißprozesses werden die Blechoberflächen durch


den hohen Elektrodendruck örtlich stark deformiert. Rauhigkeitsspitzen
durchdringen die spröde Oxidschicht und es kommt zu örtlichen Kontakt-
brücken, über die der Schweißstrom fließen kann; durch die Wär-
meentwicklung und weitere Deformation vergrößern sich die Kontakt-
brücken, so daß der Kontaktwiderstand zunehmend zusammenbricht.
Die kombinierte Wärme- und Druckausübung beim Punktschweißen
führt an der Kontaktstelle Elektrode/Blech zur Adhäsion von Al203 und
MgO-Partikeln an der Elektrodenoberfläche sowie von Kupferpartikeln an
der Aluminiumoberfläche. Dadurch erhöht sich der Kontaktwiderstand an
der Übergangsstelle, wodurch die Anlegierungsvorgänge weiter zuneh-
men. Das Anlegieren zeigt sich in einer Dunkelfärbung des Elektrodenein-
drucks auf dem Blech und in Anhaftung von Aluminium an der Elektro-
denspitze. Die zunehmende Erwärmung an der Elektrodenspitze fördert die
Verformung an der Elektrodenarbeitsfläche. Infolge Verbreiterung bzw.
Abflachung nimmt die Stromdichte ab und damit verringert sich der
Punktdurchmesser. Die Punkte knöpfen im Scherzugversuch nicht mehr
aus, sondern scheren in der Berührungsebene der Bleche ab.
Abhilfe schafft ein konsequentes Reinigen der Elektrodenspitze, z.B.
durch Bürsten nach jeweils einer bestimmten Anzahl von Schweißpunkten,
s. Bild 17.1.4. Solche Zwischenreinigungen können auch in robotergeführ-
ten Zangenoperationen automatisch vorgesehen werden.

Bild 17.1.4 Verbesserung der Elektrodenstandzeit durch Zwischenreinigung mit-


tels Bürsten (Quelle: D. Boomer, Alcan)
630 17 Widerstandsschweißen

17.1.4 Schweißeignung von Legierungen


Durch die Druckausübung beim Widerstandsschweißen wird der Heißriß-
bildung entgegengewirkt. Bei den ausscheidungshärtenden Legierungen
AlZnMg(Cu) und AlCuMg ist jedoch u.U. ein spezielles Druckprogramm
zur Vermeidung der Rißbildung erforderlich (s. unten).
Weiterhin kann es beim Widerstandsschweißen zu einer Hohlraumbil-
dung durch Herausspritzen von schmelzflüssigem Material kommen. Diese
Hohlraumbildung im Linsenkern wird insbesondere bei Legierungen mit
höheren Mg-Gehalten, wie z.B. AlMg3, AlMg4,5Mn und AlMgSi, beo-
bachtet, was als Ursache den hohen Dampfdruck von Mg vermuten läßt
(Pirner 1981). Auch dieser Hohlraumbildung läßt sich durch Anwendung
eines Strom- und Druckprogrammes mit erhöhter Nachpreßkraft entge-
genwirken. Solange die Fehler im Bereich der Linsenmitte liegen und ihr
Ausmaß 15...20% des Punktdurchmessers nicht überschreitet, sind sie so-
wohl für das Festigkeitsverhalten als auch für die Korrosionsbeständigkeit
kaum von Bedeutung (Steffens et al. 1971). Unbedingt zu vermeiden sind
dagegen bis an die Blechoberfläche heranreichende Risse, die insbesonde-
re die Schwingfestigkeit und Korrosionsbeständigkeit deutlich vermindern
können.
Fügen durch Punktschweißen in der Blechverarbeitung muß häufig in
kaltverfestigten Bereichen vorgenommen werden. Kaltverfestigung erhöht
geringfügig den elektrischen Widerstand, gleichzeitig aber auch den Ein-
dringwiderstand gegenüber den Elektroden. Somit wirkt Kaltverfestigung
günstig auf die Punktschweißeignung (Leuschen 1992).

17.1.5 Maschinen und Elektroden

Das Widerstandspunktschweißen von Aluminium und seinen Legierungen


erfordert spezielle maschinenseitige Anpassungen gegenüber dem WPS
von Stahl (Hamm 1987):
• Zwei- bis vierfache Stromstärken,
• Schnelle Stromregelung,
• Kurze Schweißzeiten,
• Regelbare Strom-Kraftprogramme,
• Hohe Maschinensteifigkeit (Zangensteifigkeit),
• Dynamisches Nachsetzverhalten.

Bei vergleichenden Untersuchungen zum Einfluß der Stromform wurde


festgestellt, daß bei Wechselstrom wegen der Abkühlpausen während der
Stromnulldurchgänge eine höhere effektive Stromstärke notwendig ist als
17.1 Widerstandspunktschweißen (WPS) 631

beim Gleichstromschweißen (Eichhorn et al 1971). Wegen des sog. Pel-


tier-Effektes, s. Bild 17.1.5, kann sich beim Gleichstromschweißen eine
unsymmetrische Schweißlinsenverlagerung und ein erhöhter Elektroden-
verschleiß auf der Anodenseite ergeben, was bei der Wechselstromschwei-
ßung vermieden wird (Eichhorn et al 1971). Der Peltier-Effekt beruht auf
der großen Potentialdifferenz (2 Volt) zwischen Kupfer und Aluminium in
der elektrochemischen Normalspannungsreihe (s. Tabelle 5.4.1), wodurch
beim Übergang von Elektronen von der Cu-Kathode auf das Al-Blech Pel-
tier-Wärme verbraucht und beim Übergang vom Al-Blech zur Cu-Anode
Peltier-Wärme frei wird. Die Verlagerung der Schweißlinse beim Gleich-
stromschweißen von Aluminium in Richtung der Plus-gepolten Elektrode
kann man beim Schweißen ungleicher Blechdicken ausnutzen (Leuschen
1992).

Bild 17.1.5 Peltier-Effekt beim Gleichstromschweißen von Aluminium

Punktschweißen von Aluminiumwerkstoffen mit Dreiphasenfrequenz-


wandler Schweißmaschinen wird im Flugzeugbau seit vielen Jahren einge-
setzt. Nach vergleichenden Untersuchungen (Singh 1977) bieten diese
nicht nur in anschlußtechnischer sondern auch in schweißtechnischer Hin-
sicht Vorteile gegenüber Einphasen-Wechselstromschweißmaschinen. Die
gleiche Schlußfolgerung ist aus den Versuchsergebnissen in Bild 17.1.6 zu
ziehen. Bei den Standmengenversuchen werden mit einer Frequenzwand-
lermaschine die größeren Elektrodenstandzeiten erzielt. Da hierbei die Po-
lung bei jeder Schweißung wechselt, werden die Elektroden gleichmäßig
belastet und verschleißen dementsprechend langsamer. Mit Zangen und
mechanisch weicheren Maschinen werden schlechtere Ergebnisse erzielt,
obwohl beim Schweißen mit Zange auch vergleichbar gute Ergebnisse er-
zielt werden können, wenn optimierte Verhältnisse gewählt sind.
632 17 Widerstandsschweißen

Bild 17.1.6 Einfluß der Stromart und der Maschinenbauart auf die Elektroden-
standmenge (Leuschen 1992). Werkstoff: AlMg0,4Si1,2, Blechdicke t = 1,25 mm

Um qualitativ hochwertige Punktschweißverbindungen zu erzeugen,


sollte ein Strom-Kraft-Programm verwendet werden, s. Bild 17.1.7. Die
hohe Anfangskraft soll einen guten Kontakt zwischen Elektrode und Blech
herstellen, um den Kontaktwiderstand gering zu halten. Dann wird die
Elektrodenkraft gesenkt während gleichzeitig der Schweißstrom fließt,
wodurch das übermäßige Eindringen der Elektrode in den erweichenden
Werkstoff vermieden wird. Nach Erreichen der maximalen Stromstärke
wird die Elektrodenkraft wieder erhöht, um die Bleche gegeneinander zu
pressen, um Hohlraumbildung und Heißrisse zu vermeiden. Dieser Effekt
ist vor allem bei hochfesten, hochlegierten Luftfahrtlegierungen zweckmä-
ßig. Hierbei ist es wichtig, daß die Elektrodenkraft nach beendetem Strom-
fluß möglichst rasch ansteigt. Wird die erhöhte Nachpreßkraft erst mit
Verzögerung wirksam, wenn der Werkstoff bereits erstarrt und fest gewor-
den ist, so ist eine Verhinderung von Heißrissen und Hohlräumen nicht
immer möglich (Harris 1954). Durch eine erhöhte Nachpreßkraft unmit-
telbar am Ende der Stromzeit läßt sich die Elektrodenstandmenge deutlich
steigern. Erfolgt dagegen die Elektrodenkrafterhöhung erst eine Periode
nach beendeter Stromzeit, so wird keine Standmengenerhöhung beobachtet
(Rivett et al. 1980).
Wegen der kurzen Schweißzeiten und der raschen Erweichung von
Aluminiumwerkstoffen mit zunehmender Temperatur soll das bewegliche
Elektrodensystem erfahrungsgemäß masse- und reibungsarm ausgeführt
werden, damit die Elektrode dem nachgebenden Werkstoff möglichst ver-
zögerungsfrei nachsetzen kann. Dadurch wird die Neigung zur Spritzerbil-
dung und die Anlegierungsneigung verringert.
17.1 Widerstandspunktschweißen (WPS) 633

Bild 17.1.7 Strom/Kraft-Programm für das Widerstandspunktschweißen von Ble-


chen aus Legierung AlCu4Mg1-T351 (AA2024cl), 1,6 + 1,6 mm (Quelle: U. Krü-
ger, SLV, Berlin)

Die Elektroden haben die Aufgabe, Schweißstrom und Elektrodenkraft


auf die Schweißstelle zu übertragen. Um die Anlegierungsneigung und die
Elektrodenspitzendeformation gering zu halten, sind folgende Anforderun-
gen zu erfüllen:
a) Geringer Kontaktwiderstand an der Elektrodenauflagestelle durch ge-
ringe Oberflächenrauhigkeit und Anwendung hoher Elektrodenkräfte.
b) Geringe Eigenerwärmung und Verformung der Elektroden durch große
elektrische und Wärmeleitfähigkeit sowie hohe Warmfestigkeit.

Beim Schweißen von Aluminiumwerkstoffen werden üblicherweise bal-


lige Elektroden empfohlen. Vorteil der balligen Elektrode ist der in der
Anfangsphase erhöhte Druck in Elektrodenmitte, der zu einem sicheren
Zerstören der Oxidhaut führt. Typische Ballenradien für das Schweißen
von Blechdicken zwischen 1 bis 2 mm sind REl = 40 bis 50 mm mit Elekt-
rodendurchmessern DEl = 16 bis 20 mm.
Eine intensive Elektrodenkühlung ist beim Punktschweißen von Alumi-
niumwerkstoffen wegen der hohen Stromstärken von besonderer Wichtig-
keit, um ein frühes Einsetzen von Anlegierung und Elektrodenverformung
zu vermeiden. Die Elektrodenkühlung muß um so wirksamer sein, je grö-
ßer die Punktfolge, d.h. Anzahl der Punkte pro Zeiteinheit ist.
Die Schweißdaten sind so auszuwählen, daß einerseits eine Schweißlin-
se ausreichender Größe erzielt und andererseits ein Spritzen verhindert
wird. Die Einstellparameter sind abhängig von der Stromart, der Elektro-
denform und -art, den Eigenschaften der Schweißmaschine, der Fügeteil-
634 17 Widerstandsschweißen

werkstoffe und -dicke sowie vom Oberflächenzustand. Der Punktdurch-


messer wird durch einen Kopfzugversuch festgestellt, bei dem die Probe
ausknöpft. Der mittlere Durchmesser der so geprüften Schweißpunkte ist
erfahrungsgemäß etwa 10 % größer als der Linsendurchmesser, der jedoch
nur metallographisch festgestellt werden kann. Richtwerte zum Punkt-
schweißen enthält das DVS Merkblatt 2932:1985 Teil 3.

17.1.6 Festigkeitsverhalten von Aluminium-WPS-Verbindungen

Aufgrund der guten elektrischen Leitfähigkeit der Aluminiumwerkstoffe


macht sich die Nebenschlußwirkung durch benachbarte Punkte weitaus
stärker bemerkbar als bei Stahl. Bei Unterschreiten von Mindestwerten für
den Punktabstand bzw. Reihenabstand muß mit einem Festigkeitsabfall der
Schweißpunkte gerechnet werden.
Einschnittige Verbindungen von Blechen gleicher Dicke lassen sich am
günstigsten verschweißen. Bei unterschiedlichen Blechdicken soll das Di-
ckenverhältnis den Wert 3 : 1 nicht überschreiten; die Einstellwerte richten
sich nach dem jeweils dünneren Blech. Zweischnittige Verbindungen las-
sen sich am günstigsten schweißen, wenn das dickste Blech in der Mitte
angeordnet ist und die außen liegenden Bleche gleiche Dicke haben. Mehr
als drei Blechlagen sollten nicht gleichzeitig verschweißt werden. Die
Schweißungen sollten zweiseitig, d.h. mit gegenüber stehenden Elektro-
den, ausgeführt werden, da beim einseitigen Punktschweißen ein starker
Nebenschluß über das elektrodenseitige Blech vorliegt.
Die Punktschweißverbindungen sind möglichst so auszubilden, daß sie
in erster Linie nur Scherkräfte aufzunehmen haben; die ertragbaren Kopf-
zugkräfte betragen in der Regel nur ca. 1/3 der Scherzugkräfte. Kopfzug-
kräfte werden mit der Kopfzugprobe nach DIN 50164:1982 geprüft.
Die Scherzugfestigkeit von Punktschweißverbindungen wird durch
Scherzugversuche nach DIN 50124:1977 ermittelt. Hierbei werden die
Blechteile auf Zug und die Verbindungen auf Scherung beansprucht. Die
Scherfestigkeit von Aluminiumpunktschweißverbindungen nimmt mit der
Festigkeit des Grundwerkstoffes, der Blechdicke und mit dem Punkt-
durchmesser zu. Dabei ist jedoch bei den kaltverfestigten und aushärtbaren
Legierungen vom weichen Werkstoffzustand auszugehen, da im wärme-
beeinflußten Bereich die durch Verfestigung bzw. Aushärtung des Grund-
werkstoffs erreichte Festigkeitssteigerung verloren geht. Für typische Ka-
rosserieblechwerkstoffe ist die Korrelation zwischen dem Punktdurch-
messer und der Scherzugkraft ist in Bild 17.1.8 dargestellt. Um gleiche
Scherzugkraft bei gleicher Blechdicke zu erzielen, ist bei der aushärtbaren
Variante ein größerer Punktdurchmesser vorzusehen.
17.1 Widerstandspunktschweißen (WPS) 635

Bild 17.1.8 Einfluß des Punktdurchmessers auf die Scherzugfestigkeit von


AlMg5Mn (5182-0) und AlMg0,4Si1,2 (6016-T4) (Leuschen 1992)

Diese mit Einpunktproben gewonnenen Daten können jedoch nur als


Anhaltswerte betrachtet werden, da die Mechanik der Einpunktprobe nicht
alle wichtigen Beanspruchungskriterien erfüllt, die in einem Realblechbau-
teil auftreten können. Aus diesem Grund wird das mechanische Tragver-
halten vorzugsweise mit den zwar aufwendigeren, aber aussagefähigeren
H-Scherzug- und H-Kopfzugproben ermittelt, bei denen definierte Bean-
spruchungen unter Scherung und Kopfzug sowohl bei statischer als auch
bei dynamischer Prüfung auf die einzelnen Verbindungspunkte aufge-
bracht werden, s. Bild 17.1.9. Es handelt sich hierbei um bauteilähnliche
Proben, an denen realistische, ertragbare Schnittkräfte an Punktverbindun-
gen bestimmt werden können (Schmid et al. 1993).
Mit Hilfe derartiger Prüfkörper ermittelter Schwingfestigkeitswerte
zeigt Bild 17.1.10 (Rohde et al. 1996). Zusätzlich sind in Bild 17.1.10
Schwingfestigkeitsergebnisse mit der gleichen Probengeometrie für punkt-
geschweißte 2 mm dicke Bleche aus unterschiedlichen Legierungen ange-
geben (Singh et al. Audi AG, 1996). Man erkennt, daß der Legierung-
seinfluß auf die Schwingfestigkeit punktgeschweißter Blechbauteile ver-
gleichsweise gering ist und von anderen Einflußfaktoren, wie der Kerb-
wirkung an den Schweißpunkten, überlagert wird.
636 17 Widerstandsschweißen

Bild 17.1.9 H-Prüfkörper für punktförmige Verbindungen unter Scherzug- und


Kopfzugbeanspruchung

Bild 17.1.10 Scherzugschwellkraftwerte (R = 0,1) von widerstandspunktge-


schweißten, konversionsbeschichteten Karosserieblechlegierungen. Die Punkt-
schweißungen wurden mit einer Gleichstrommaschine geschweißt und hatten ei-
nen Linsendurchmesser von dL ≈ 6 mm. Die statischen Scherzugfestigkeitswerte
von Schweißpunkten an 1,25 mm dicken Blechen der Legierungen 6016-T4 und
5182-0 betrugen 4,2 bzw. 4,8 kN (Rohde et al. 1996)

17.2 Buckelschweißen

Das Buckelschweißen bietet die Möglichkeit, mehrere Schweißbuckel


gleichzeitig mittels eines Elektrodenpaares zu verschweißen. Infolge gro-
ßer Elektrodenauflageflächen sind Stromdichte und Flächenpressung ver-
gleichsweise gering und dementsprechend auch der Elektrodenverschleiß.
17.2 Buckelschweißen 637

Schwierigkeiten beim Buckelschweißen von Aluminiumwerkstoffen er-


geben sich aus der hohen elektrischen und Wärmeleitfähigkeit, die einen
im Vergleich zu Stahl mehrfach höheren Schweißstrom erfordern. Weiter-
hin begünstigt die relativ geringe Warmfestigkeit ein schnelles Rückver-
formen der Buckel, so daß die Stromkonzentration u. U. vorzeitig verlo-
rengeht und das nichtgebuckelte Werkstückteil nicht mehr zuverlässig
aufgeschmolzen wird. Dabei kommt es zu Schmorkontakten und Spritzern
mit als Folge geringerer Punktqualität und möglicher Elektrodenbeschädi-
gung (Eichhorn et al. 1981). Bei der Auswahl der Buckelform ist daher auf
eine möglichst hohe Steifheit zu achten (Eichhorn et al. 1982).
Die Schweißparameter sind so aufeinander abzustimmen, daß eine aus-
reichende Energie bis zum Zurückdrücken des Buckels eingebracht wird.
Als Richtwerte kann man die Angaben für das Punktschweißen zugrunde
legen. Das Buckelschweißen kann sowohl mit Gleichstrom als auch mit
Wechselstrom erfolgen (Leuschen 1992). Im letzteren Fall ist die Wahl op-
timaler Schweißparameter auf ein engeres Feld beschränkt als bei Gleich-
strommaschinen. Bei Verwendung von Gleichstrom ist auf den Peltier-
Effekt zu achten. Dieser gestattet, dem einseitigen Elektrodenverschleiß zu
begegnen (Voraussetzung gleiche Fügeteildicke), indem das mit Buckeln
versehen Blech zur Kathode gewandt verschweißt wird.
Auch zum Aluminiumbuckelschweißen erweist sich die Anwendung ei-
nes Elektrodenkraftprogrammes als vorteilhaft, bei dem durch herab-
gesetzte Vorpreßkraft die Rückverforrnung des Buckels vermindert und
durch hohe Stauchkraft gegen Ende der Schweißung eine günstige Gefü-
geausbildung und ein geringer Fehleranteil erreicht wird (Eichhorn et al.
1981). Ohne Kraftprogramm und gutes Nachsetzverhalten des bewegli-
chen Elektrodensystems sind Hohlraumbildung sowie Rißentstehung in der
Schweißlinse kaum zu vermeiden.
Es hat nicht an Bemühungen gefehlt, die Buckelform aluminiumgerecht
zu gestalten. Die günstigsten Verhältnisse bieten sogenannte „Massivbu-
ckel“, die z.B. durch Schlagen oder spanende Formgebung hergestellt
werden können. Hiermit werden in Vergleich zu geprägten Buckeln güns-
tigere Scherzugkräfte und größere Elektrodenstandmengen erzielt. Die
Verwendung von Massivbuckeln bietet sich besonders bei Fließpreßteilen,
wie z.B. Anschweißmuttern an, wo die Buckel gleichzeitig mit der Bauteil-
formgebung hergestellt werden können. Aufgrund dieser Ergebnisse konn-
ten Vorschläge für die Formgebung von Aluminium-Anschweißmuttern
entwickelt werden (Eichhorn et al. 1982. Beim Kreuzdrahtschweißen, wie
es z.B. zur Herstellung von Drahtgittern aus Aluminium eingesetzt werden
kann, bilden die punktförmigen Überkreuzungsstellen der Drähte eine Art
638 17 Widerstandsschweißen

„natürliche Buckel“ dar. Befriedigende Torsions- und Kopfzugfestigkeits-


werte lassen sich bei Aluminium-Kreuzdrahtschweißungen allerdings nur
in einem engen Bereich für die Einstellparameter erzielen.
18 Mechanisches Fügen

18.1 Merkmale mechanischer Fügetechniken

Mechanisches Fügen von Bauteilen gehört zu den ältesten Ver-


bindungstechniken in der handwerklichen und industriellen Fertigungs-
technik (Grandt 1994). In den vergangenen 30 Jahren haben allerdings
eben diese Fügetechniken eine erstaunliche Entwicklung durchgemacht.
Sie wurden zunehmend interessant dadurch, daß die thermischen, stoff-
schlüssigen Fügeverfahren (Lichtbogenschweißen, Widerstandsschweißen,
Löten, Kleben) bezüglich der hohen Ansprüche an Wirtschaftlichkeit und
Prozeßsicherheit bei Leichtmetallen in der Großserienfertigung Probleme
bereiteten und beschichtete Materialien sowie Mischmetallverbindungen
an Interesse gewannen. Auch stellte sich heraus, daß mechanische Verbin-
dungen häufig bezüglich der Schwingfestigkeitseigenschaften den stoff-
schlüssigen Verbindungen überlegen waren, selbst wenn die statischen
Festigkeitseigenschaften pro Fügestelle geringer waren. Forschung und
Entwicklung auf dem Gebiet der mechanischen Fügetechnik hat das Ange-
bot an Verfahren und Verfahrensvarianten erheblich verbreitert und die
Prozeßtechnik soweit verfeinert, daß eine Reihe von mechanischen Füge-
techniken als prozeßsichere Fertigungstechnik einen festen Platz in der
mechanisierten Großserienfertigung, aber auch in der handwerklichen Ein-
zel- bzw. Kleinserienfertigung erobern konnte.
Um in die Vielfalt der Methoden und Techniken eine gewisse Ordnung
zu bringen, kann man einerseits die Fügeverfahren nach den an die Fü-
geaufgabe gestellten Anforderungen unterteilen (Bauer 1982):
• voll lösbar, z. B. Schrauben, Muttern, Schnappverschlüsse
• begrenzt lösbar, z.B. Quetschverschlüsse, Kerbteile, Stifte
• nicht lösbar, z.B. Schweißen, Löten, Kleben, Nieten, Schrumpfen.

Ein weiteres Ordnungsprinzip ist die Einteilung der Verbindungstechni-


ken nach der Zugehörigkeit zu bestimmten Fertigungstechniken, die für
den eigentlichen Verbindungsvorgang bestimmend sind, z.B. Einteilung
nach Fertigungsverfahren lt. DIN 8593, s. Bild 18.1.1.
640 18 Mechanisches Fügen

Bild 18.1.1 Einordnung von mechanischen Fügetechniken in das Ordnungsschema


der Fertigungsverfahren nach DIN 8593

Unter „Fügen durch Umformen“ finden sich größtenteils die nicht lös-
baren Verbindungstypen. Gewindebolzen und Muttern werden als lösbare
Verbindungselemente in der Gruppe „Schrauben“ eingeordnet. Als Stanz-
nietmuttern und Stanznietbolzen sind diese Fügeelemente jedoch auch in
die Gruppe „Nieten“ einzuordnen. Aufgrund zahlreicher Entwicklungen
von Nietelementen mit Verbindungsfunktionen kann die Gruppe „Nieten“
deshalb sinnvoll weiter unterteilt werden in „Fügen mit Nietelementen“
und „Fügen mit Funktionsträgern“. Beispiele für diese Differenzierung von
Nietelementen enthält Bild 18.1.2 nach einer Übersicht von Hahn und
Mitarb. (Hahn et al. 1996).

Bild 18.1.2 Beispiele für Fügen durch Umformen. Blindniet, Schließringbolzen,


Hohlniet und Stanznietsysteme, Blindnietmuttern- und Bolzen, Stanznietmuttern
und -bolzen, Durchsetzfügesysteme (Hahn et al. 1996)
18.1 Merkmale mechanischer Fügetechniken 641

Das Prinzip der mechanischen Verbindungsverfahren beruht auf Form-


und/oder Kraftschluß. Die Unabhängigkeit vom Stoffschluß zwischen den
Fügeteilen bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Metalle, beschichtete
Werkstoffe und metallische und nichtmetallische Werkstoffe miteinander
zu verbinden.
Überwiegend sind diese Verbindungen den punktförmigen Fügetechni-
ken zuzuordnen, d.h. sie eignen sich mit Ausnahme von Falzen und Bör-
deln nicht für „dichte“ Verbindungen zwischen den zu fügenden Teilen.
Für diese Zwecke können die mechanischen Fügetechniken mit stoff-
schlüssigen Verfahren, wie Kleben, Löten, kombiniert werden. Bei kombi-
nierten Fügeverfahren tritt meistens die Funktion der Verbindungsfestig-
keit der mechanischen Fügeelemente in den Hintergrund zugunsten einer
Montagehilfe bzw. einer Vermeidung von Schälversagen bei Klebverbin-
dungen.
Die Einsatzmöglichkeiten der mechanischen Fügetechniken unterschei-
den sich durch das Kriterium „einseitige“ oder „beidseitige“ Zugänglich-
keit der Fügestelle mit den erforderlichen Maschinen-, Werkzeug- und
Verbindungselementen. Einseitig durchbohrende oder durchsteckbare
Verbindungselemente sind z.B. Blechschrauben, Blindnieten oder Fließ-
bohrschrauben. Die Mehrheit der mechanischen Fügetechniken benötigen
jedoch eine beidseitige Zugänglichkeit, um den Verbindungsvorgang
durchzuführen.
Die notwendigen Kräfte für den einzelnen Fügevorgang sind höher als
die für das Widerstandspunktschweißen benötigten Elektrodenkräfte. Die
Maschinenauslegung muß hierauf abgestimmt werden. Besonders bei Zan-
genausführung der Fügeoperation wird die Ausladung der Zangenarme
durch Steifigkeitskriterien begrenzt und dadurch auch die maximale Lage
der Fügepunkte im Bauteil begrenzt.
Die Reproduzierbarkeit der umformtechnischen Fügeoperationen stellt
hohe Anforderungen an die Mechanik von Werkzeug und Maschine. Auch
die Anforderungen an die Fügeelemente sind zu beachten, wenn vom Fü-
geelement Schneidfunktionen übernommen werden (s. Stanzniet) und
gleichzeitig eine hohe Umformfähigkeit gewährleistet sein muß.
Wie bei allen Umformoperationen sind die Grenzflächenprobleme zwi-
schen Werkzeug und Werkstück zu beachten. Dies gilt vor allem für die
Verfahren des Durchsetzfügens, da hierbei örtlich hohe Umformgrade
erzielt werden und beim Fügen von Aluminiumteilen Adhäsionserschei-
nungen auf den Wirkflächen der Stahlwerkzeuge auftreten können, die die
Lebensdauer der Werkzeuge und die Qualität des Fügepunktes beeinträch-
tigen. Solche Erscheinungen können durch Beschichtungen der Werkzeuge
und durch örtlichen Schmierstoffeintrag wirksam vermieden oder verrin-
gert werden. Schmierstoffe haben andererseits den Nachteil, daß sie den
642 18 Mechanisches Fügen

Beitrag des Kraftschlusses zu der Verbindungsfestigkeit erheblich reduzie-


ren können.
Die vorstehenden Merkmale und Einflußgrößen der mechanischen Fü-
getechniken müssen auch im Hinblick auf die Prozeßfähigkeit der ver-
schiedenen Verfahrensvarianten gesehen werden. Die Qualitätssicherung
greift auf Prozeßdaten zurück, die bei den mechanischen Fügeverfahren –
einmal eingestellt – den charakteristischen Zusammenhang zwischen
Kraft- und Wegverlauf als Steuerungsgröße haben. Störeinflüsse machen
sich deutlich bemerkbar und können durch eine rechnergestützte Prozeß-
datenanalyse und -verarbeitung erfaßt werden.
Letztlich ist darauf hinzuweisen, daß die Hilfsfügeelemente (Schrauben,
Muttern, Nieten ...) beim mechanischen Fügen von Aluminiumbauteilen
häufig nicht aus artgleichem Werkstoff bestehen. Es ist daher den Ge-
sichtspunkten der chemischen und elektrochemischen Verträglichkeit im
weiteren Fertigungsablauf und im Betrieb Rechnung zu tragen. In korrosi-
onskritischen Einsatzfällen sollten diese Hilfsfügeteile mit entsprechender
korrosionsverhindernder Beschichtung verwendet werden.
Um einen Korrosionsangriff zu verhindern, werden Nietelemente einer
Oberflächenbeschichtung unterzogen, wobei fast alle bekannten, für
Trommelware geeigneten Beschichtungsverfahren zur Anwendung kom-
men können. Für das Stanznieten von Aluminiumwerkstoffen werden
heute neben Stahlnieten auch Stanznieten aus Aluminiumlegierungen ein-
gesetzt.

18.2 Durchsetzfügen

Durchsetzfügen ist umformtechnisches Fügen von relativ dünnwandigen


Werkstücken, wobei beide zu fügende Teile örtlich durchgesetzt werden
und durch anschließendes Stauchen und seitwärtiges Fließpressen eine
formschlüssige Verbindung entsteht.
Unter dem Oberbegriff Durchsetzfügen sind verschiedene Verfahrensva-
rianten zusammengefaßt, die durch ihre Herstellerbezeichnungen bekannt
geworden sind. Sie unterscheiden sich in zahlreichen geometrischen De-
tails und in der unterschiedlichen Ausbildung der notwendigen Werk-
zeuge. Bild 18.2.1 stellt eine kleine Auswahl solcher herstellerstellerge-
bundenen Werkzeugsysteme vor.
Abgesehen von der unterschiedlichen Geometrie des durchgesetzten
Fügepunktes unterscheiden sich die Verfahren in solche mit und solche
ohne örtliche Schneidvorgänge. Bild 18.2.2 illustriert diesen Unterschied
18.2 Durchsetzfügen 643

Bild 18.2.1 Auswahl von Standard-Werkzeugsätzen für Durchsetzfügeverfahren.


Handelsnamen: a) Clinch®, b) Druckfügen®, c) Rivet®, d) Tox® (Quelle: LWF,
Univ. Paderborn)

in der Fügepunktausbildung. Zwischen diesen beiden Durchsetzarten gibt


es noch solche, bei denen nur das obere Werkstück nicht geschnitten wird.
Wenn wenigstens ein Fügeteil ohne Schneidanteil gefügt wird, handelt es
sich um eine gas- und flüssigkeitsdichte Durchsetzfügung.

Bild 18.2.2 Durchsetzfügen mit und ohne Schneidanteil (Quelle: LWF, Univ.
Paderborn)

Weiterhin unterscheidet man zwischen einstufigen und mehrstufigen


Durchsetzfügeverfahren. Der einstufige Verfahrensablauf ist in Bild 18.2.3
dargestellt, dabei wird der Fügepunkt in einem einzigen Stempelhub her-
gestellt (z.B. Eckold Druckfügen®). Zunächst werden beide Fügeteile um
die gemeinsame Wanddicke durchgesetzt und bei weiterer Stempelbewe-
gung durch einen Gegenstempel gestaucht. Dadurch entsteht ein Hinter-
schnitt, der den Formschluß ergibt. Es ist ersichtlich, daß die Abstimmung
des Stempelweges und der Werkzeuggeometrie auf die Wanddicke der
644 18 Mechanisches Fügen

beiden Fügeteile in engen Grenzen erforderlich ist. Die Breitung der


durchgesetzten Materialdopplung bzw. die Größe des Hinterschnittes ist
für die Festigkeit des Fügepunktes maßgebend und muß daher zuverlässig
durch enges Tolerieren der Blechdicken und der Werkzeuggeometrie gesi-
chert werden.

Bild 17.2.3 Verfahrensablauf des einstufigen Durchsetzfügens mit Schneidanteil


(Quelle: LWF, Univ. Paderborn)

Gegenüber dem einstufigen Verfahren ist das mehrstufige Verfahren


dadurch gekennzeichnet, daß der Stauchstempel eine von der Matrize un-
abhängige Bewegung macht. Nach dem Durchsetzvorgang wird die Ma-
trize zurückgefahren und der Stauchstempel übernimmt gleichzeitig das
Breiten des durchgesetzten Materials, s. Bild 18.2.4. Durch separates Ein-
stellen der Stempelwege des Schneid- und des Stauchstempels ist man in
Lage größere Blechdickenvariationen mit einem einzigen Werkzeugsatz zu
fügen. Allerdings ist der maschinelle Aufwand entsprechend größer. Ob-
wohl das mehrstufige Durchsetzfügen im Gegensatz zum einstufigen
Durchsetzfügen nur mit einem einzigen Werkzeugsatz für die jeweilige
Fügepunktgeometrie arbeitet, hat sich dieses Verfahren aufgrund des grö-
ßeren Einstellaufwandes in der industriellen Fertigung bisher nicht durch-
setzen können.
Wie Festigkeitsuntersuchungen von Durchsetzfügeverbindungen mit
unterschiedlichem Schneid- bzw. Umformanteil zeigen, erreichen Durch-
setzfügeverbindungen bei statischer und dynamisch stoßartiger Belastung
nicht die Festigkeit einer einzelnen Punktschweißung. Diese Aussage gilt
auch dann, wenn die Scherfläche des Durchsetzfügeelementes vergrößert
wird, s. Bild 18.2.5. Bei schwingender Belastung kann jedoch durch Ver-
minderung des Schneidanteils zugunsten des Umformanteils – d.h. durch
Verminderung der geometrischen Kerbwirkung – die Schwingfestigkeit
18.2 Durchsetzfügen 645

einer Durchsetzfügeverbindung einer Widerstandpunktschweißung überle-


gen sein, s. Bild 18.2.5.

Bild 18.2.4 Verfahrensablauf beim mehrstufigen Durchsetzfügen (Quelle: LWF,


Univ. Paderborn)

Bild 18.2.5 Vergleich der statischen und dynamischen Festigkeitseigenschaften


von Durchsetzfügeverbindungen mit unterschiedlichem Schneidanteil mit den
Eigenschaften von Widerstandspunktschweißungen. Legierung AlMg4,5Mn0,4
(EN AW-5182-0), Blechdicke 1,25 mm (Quelle: LWF, Univ. Paderborn)

Beim Durchsetzfügen ohne Schneidanteil, z.B. beim Tox®-Verfahren,


wird in einem kombinierten Einsenk- und Durchsetzvorgang und einem
Kaltstauchvorgang (wobei das durchgesetzte Werkstoffvolumen gestaucht
wird) eine quasi-formschlüssige Verbindung durch Fließpressen erzeugt.
Der für die Verbindungsfestigkeit relevante Hinterschnitt wird dabei durch
unterschiedliches Fließverhalten des matrizen- und stempelseitigen Füge-
materials gebildet. Der Verfahrensablauf ist am Beispiel der Rund-Tox-
Punktes in Bild 18.2.6 dargestellt. Die Restbodendicke des Fügepunktes ist
ein gutes Kontrollmaß für die reproduzierbare Qualität des Fügeprozesses.
646 18 Mechanisches Fügen

Bild 18.2.6 Verfahrensablauf des einstufigen Durchsetzfügens ohne Schneidanteil


(Quelle: LWF, Univ. Paderborn)

Für das einstufige Durchsetzfügen ohne Schneidanteil sind Werkzeug-


systeme mit und ohne bewegte Matrizen-Teile konzipiert worden. Wäh-
rend beim einstufigen Durchsetzfügen mit bewegten Matrizen-Teilen ein
unterschiedliches Materialfließverhalten der Fügeteile durch das Nachge-
ben der Lamelle erzielt wird, wird diese für die Bildung eines Hinter-
schnittes relevante Effekt beim einstufigen Durchsetzfügen ohne bewegte
Matrizen-Teile durch einen entsprechenden Ringkanal in der Matrize rea-
lisiert, s. Bild 18.2.6.
Vorteil der Matrize ohne bewegliche Teile ist, daß keine Verschleißteile
vorhanden sind. Nachteilig ist, daß sich z.B. bei beöltem Aluminiumblech
in der geschlossenen Matrize ein "hydrostatisches Polster" aufbauen oder
Abriebpartikel ansammeln können, wodurch die Matrize zerstört wird.
Von entscheidender Bedeutung für eine qualitativ hochwertige Durch-
setzfügeverbindung ist das einwandfreie Fixieren der positionierten Teile,
so daß durch die Nachfließbewegung beim Durchsetzfügeprozeß die Posi-
tion der Fügegruppe zueinander nicht verändert wird. Um ein definiertes
Festhalten der Fügeteile zu realisieren, werden angepaßte Niederhaltersy-
steme eingesetzt, die auch die Abstreiferfunktion übernehmen.

18.3 Nieten

Das Nieten ist eines der ältesten Fügeverfahren in der Metallverarbeitung


und dient sowohl für funktionale als auch für strukturelle, kraftübertra-
gende Einsatzzwecke. Als nichtlösbare Verbindungstechnik wurde es seit
den 50-er Jahren in vielen strukturellen Anwendungen durch das wirt-
schaftlichere Schutzgasschweißen und in der Luft- und Raumfahrtindustrie
durch das Widerstandspunktschweißen ersetzt. Erst in jüngster Zeit ist das
18.3 Nieten 647

Nieten durch Entwicklung neuer Nietverfahren und durch die zunehmende


Automatisierung des Nietprozesses als rationelle, hochwertige Fügetech-
nologie wiederentdeckt worden.
Für die Herstellung von Nietverbindungen werden heute vier Arten
von unlösbaren Verbindungselementen verwendet: Vollniet, Blindniet,
Schließringbolzen (Paßniete) und Stanzniet.

18.3.1 Vollniete

Vollniete sind einteilige Verbindungselemente, bei denen durch axiale


Umformung des Nietschaftes das formschlüssige Ausfüllen des Nietloches
und die Herstellung des Schließkopfes erfolgen. Voraussetzung ist eine
Vorlochung sowie die beidseitige Zugänglichkeit der Verbindungsstelle
für das Nietwerkzeug. Die Bezeichnung der Niete erfolgt gemäß der bei
der Nietherstellung angestauchten Form des Setzkopfes (Halbrund-, Flach-
rund-, Linsen- oder Senkniet).
Als Nietwerkstoffe sollten möglichst Legierungen gleichen Typs wie die
zu fügenden Bauteile verwendet werden. Als Aluminiumnietwerkstoffe
werden verwendet (Bez. n. DIN EN 573-3): Al99,5 – AlMn1 – AlMg2 –
AlMg2,5 – AlMg3 – AlMg5 – AlMgSi – AlSi1MgMn – AlCu4MgSi(A).
Bis zu 8 mm Durchmesser sind Aluminiumniete noch verhältnismäßig
leicht kalt schlagbar.

18.3.2 Blindniete

Blindniete sind ein- oder mehrteilige Verbindungselemente, die für das


Fügen nur einseitig zugänglicher Fügeteile verwendet werden können, sich
aber auch in der handwerklichen Fertigung wegen des geringen apparati-
ven Aufwandes für allgemeine Fügeaufgaben in der Blechbearbeitung oder
von dünnwandigen Bauteilen durchgesetzt haben (Grandt 1994).
Blindniete bestehen aus dem eigentlichen Nietkörper (Niethülse) und
einem Hilfsteil (Nietdorn), das beim Fügevorgang die Fügekraft überträgt
und zur Formgebung dient. Für die Aluminiumblechverarbeitung besteht
die Niethülse je nach Festigkeitsklasse aus einer naturharten AlMg-Legie-
rung (typisch: AlMg5 (EN AW-5056)) und der Nietdorn aus Stahl, ggf.
Edelstahl oder einer hochfesten Aluminiumlegierung. Der Arbeitsablauf
des Blindnietvorgangs ist schematisch in Bild 18.3.1 dargestellt. Bei Errei-
chen einer vorbestimmten Zugkraft reißt der Dorn an der Sollbruchstelle
ab. Die Sollbruchstelle liegt dabei entweder am Kopf oder am Schaft. Der
verbleibende Schaft trägt zur Scherbruchfestigkeit des Blindniets bei, muß
jedoch durch separaten Arbeitsgang abgearbeitet werden. Je nach Ausfüh-
648 18 Mechanisches Fügen

rungsart kann der Dornkopf im Niet verbleiben, herausfallen oder gänzlich


durchgezogen werden, wie beim Chobert-Blindniet, s. Bild 18.3.2.

Bild 18.3.1 Schematischer Arbeitsablauf des Blindnietvorgangs am Beispiel des


Pop-Niets (Quelle: LWF, Univ. Paderborn)

Bild 18.3.2 Arbeitsprinzip des Chobert-Blindniet (Quelle: LWF, Univ. Paderborn)

Auch gibt es geschlossene Blindniethülsen, die für dichte Nietverbin-


dungen eingesetzt werden können. Weiterhin werden Blindniete in Längen
hergestellt, die auf bestimmte Blechdickenbereiche abgestimmt sind, und
solche, die einen größeren Klemmbereich abdecken. Nach dem gleichen
Prinzip der Blindniete werden auch Blindmuttern und Blindnietgewinde-
bolzen hergestellt.

18.3.3 Schließringbolzen

Die Gruppe der Schließringbolzen (Paßniete) wird für hochbeanspruchte


Nietverbindungen verwendet. Der Schließringbolzen besteht aus Nietkopf
und Schaft mit vorgegebener Sollbruchstelle und aus einem entsprechen-
18.3 Nieten 649

den Schließring, der mit einem Setzwerkzeug in die Rillen des Bolzen-
schaftes aufgeprägt wird. Die Schließringbolzenelemente bestehen aus
Stahl oder Aluminium (z.B. ENAW-5056A). Der Bolzenschaft wird paß-
genau in die Nietbohrung eingesetzt. Die Nietmontage erfolgt durch Ein-
setzen des Bolzens von einer Seite der zu fügenden Partner und wird durch
ein entsprechendes Werkzeug auf der anderen Seite durch den Schließring
gesichert. Der Arbeitsablauf am Beispiel des Huckbolt® ist in Bild 18.3.3
dargestellt. Die Verbindung ist kraft- und formschlüssig. Der Bolzen steht
unter Vorspannung und wird gegen Scherbruch dimensioniert.

Bild 18.3.3 Arbeitsablauf beim Setzen eines Schließringbolzens (Huckbolt®):


a) Einsetzen des Niets und des Schließrings, b) Zusammenpressen der Fügeteile
mit dem Setzwerkzeug, c) Anformen des Schließrings in die Bolzenschaftrillen, d)
Abreißen des Bolzenschaftes, e) fertige Schließringbolzenverbindung

18.3.4 Stanzniet

Das Stanznieten wird als gemeinsamer Oberbegriff für Nietverfahren ver-


wendet, bei denen die beim konventionellen Nietverfahren notwendige
Vorlochoperation durch den selbststanzenden Schneidvorgang ersetzt
wird. Es sind zwei Arten von Nietelementen, Halbhohlniet und Vollniet,
im industriellen Einsatz, s. Bild 18.3.4. hÄnlich wie bei den Durchsetzfü-
geverfahren sind auch bei den Stanznietverfahren mit Halbhohlniet und
Vollniet verschiedene Systeme unter ihren Herstellerbezeichnungen im
Markt eingeführt. Zu den hier betrachteten Stanznietverbindungen zählen
auch selbststanzende Funktionsteile, wie Stanznietmuttern und Stanzniet-
bolzen, s. Bild 18.1.2. Die Nieteelemente können magaziniert oder lose
dem Setzkopf zugeführt werden.
650 18 Mechanisches Fügen

Bild 18.3.4 Selbststanzende Halbhohl- und Vollniete (Quelle: LWF, Univ. Pader-
born)

Beim Stanznieten mit Halbhohlniet wird das Verbindungselement in ei-


nem ununterbrochenen Fügevorgang durch das stempelseitige Blech ge-
drückt und das matrizenseitige Blech mit Hilfe der Matrize in der Material-
Fließzone plastisch umgeformt, s. Bild 18.3.5. Hierbei erhält der Niet-
schaft im plastisch umgeformten Material der Fügeteile über Kragenbil-
dung seinen Schließkopf. Bei unterschiedlichen Materialdicken wird als
Fügerichtung „dünn in dick“ empfohlen (Bangel 2003). Für die Quali-
tätssicherheit der Verbindung ist eine genaue Abstimmung des Nietele-
mentes und der Werkzeuge auf die jeweilige Fügeaufgabe notwendig.

Bild 18.3.5 Arbeitsablauf beim Halbhohl-Stanznieten (Quelle: LWF, Univ. Pader-


born)

Als Nietwerkstoffe werden überwiegend beschichtete Stahlniete ver-


wendet. Vollstanzniete mit Ringnuten werden jedoch auch als Aluminium-
niete eingesetzt und führen zu einem optisch akzeptablen Ergebnis, wie im
Bild 18.3.6 das Beispiel des Wasserkanals am Heck- und Dachrahmen des
neuen Audi-TT-Modells illustriert. Hierbei wurde das Vollstanznieten mit
18.3 Nieten 651

dem Kleben (hochviskoser Strukturklebstoff) kombiniert (Bangel et al.


2006).

Bild 18.3.6 Aluminium-Vollstanznietverbindungen am Heck- und Dachrahmen


(Wasserkanal) des neuen Audi-TT. Blick auf Vorderwagen durch geöffnetes
Heckfenster

Bild 18.3.7 Stanznietverbindungen an einer Aluminium-Motorhaube (Porsche)


und am Vorderwagen des Audi-TT

In Ganzaluminiumkarosserien hat das Stanznieten das Widerstands-


punktschweißen nahezu verdrängt. Anstelle dessen werden pro Fahrzeug
mehrere tausend Stanznietverbindungen verwendet (Bangel 2003). Zum
Beispiel enthält der Audi A8 (D3) 2400 Stanznietverbindungen. Bild
652 18 Mechanisches Fügen

18.3.7 zeigt Beispiele für den vielfältigen Einsatz des Stanznietens und
anderer mechanischer Fügetechniken an einer Aluminiummotorhaube und
am Vorderbau des Audi-TT, bei dem nicht nur Blech/Blech-, sondern auch
Blech/Profil- und Blech/Guß-Verbindungen mit Stanznieten hergestellt
sind.

18.4 Schraubverbindungen

Als Schraubenwerkstoffe in der Aluminiumverarbeitung werden sowohl


Aluminiumschrauben als auch beschichtete oder rostfreie Stahlschrauben
verwendet. Für Schraubverbindungen gelten grundsätzlich die gleichen
Empfehlungen zur Vermeidung von Korrosionsproblemen wie für Niet-
verbindungen, s. Abschn. 18.1 und Kap. 5. Einen Überblick über geeignete
Arten von Schrauben für Verbindungsaufgaben im Aluminiumleichtbau
gibt Bild 18.4.1. Wegen der bei Blech- und Profilbauweisen häufig anzu-
treffenden geringen Wanddicken sind Einpreßmuttern, Fließlochbohr-
schrauben, Kragenziehen und Federmuttern ebenso wie selbstbohrende
und gewindeformende Schrauben von Interesse.

Bild 18.4.1 Auswahl von Schraubverbindungselementen für Aluminiumleicht-


bauweisen

Von besonderem Interesse ist auch die Verwendung von Fließbohr-


schrauben (FDS®, Fa. Ejot) für die Verbindung von Blechelementen an
Hohlprofilen, die eine nur einseitige Zugänglichkeit des Schraubersystems
erfordert (Großberndt 1992). Bild 18.4.2 illustriert den Ablauf des Fließ-
bohrprozesses mit Gewindeprägung, wobei das äußere Blech vorgelocht ist
mit einem Lochdurchmesser (z.B. 7 mm )Ø, der größer als der Schraub-
endurchmesser (z.B. 5 mm )Øgewählt ist, um die Wulst des Fließlochs
aufzunehmen. Fließbohrschrauben lassen sich auch ohne jegliches Vorlo-
18.4 Schraubverbindungen 653

chen setzen, wobei ein größerer Schraubenkopf mit Hinterschnitt notwen-


dig ist, um den Fließbohrwulst aufzunehmen.

Bild 18.4.2 Ablaufschritte beim Setzen von Fließlochbohrschrauben (FDS®, Fa.


Ejot). Im dargestellten Fall wurde das Oberblech vorgelocht

Das Schraubersystem erfordert Drehzahlen von ca. 5000 U/min und ei-
nen definierten Anpreßdruck beim Fließbohrschritt sowie eine herabge-
stufte Drehzahl beim Gewindeprägen und ein definiertes Drehmoment für
das Anziehen der Schraubverbindung. Das Verfahren wurde maschinen-
technisch für den Robotereinsatz soweit entwickelt, daß es serienmäßig
und prozeßsicher im Automobilbau eingesetzt werden kann (Bangel et al.
2006). Bild 18.4.3 zeigt die Verwendung von Fließlochbohrschrauben in

Bild 18.4.3 Verbindung zwischen Stahlblechformteilen und dem Aluminium-


Spaceframe des Audi-TT mittels Fließbohrschrauben (FDS®, Fa. Ejot)
654 18 Mechanisches Fügen

der Mischbauverbindung zwischen dem Hinterbau in Stahlblechbauweise


und der Aluminium-Spaceframe-Bauweise der Fahrgastzelle des Audi-TT
(SOP 5/2006). Aus Korrosionsschutzgründen kann zusätzlich ein Klebstoff
aufgetragen werden, wobei der Ort der Schraubverbindung frei von Kleb-
stoff gehalten werden muß.
Für die Ausführung von Schraubverbindungen in Aluminium wird auf
ausführliche Beschreibungen in der Literatur verwiesen (Bauer 1982),
(Dick 1973), wo sich auch Hinweise für einzuhaltende Mindestschraub-
tiefen, Flächenpressungen etc. finden. Für mehrfach lösbare Schraubver-
bindungen mit Muttergewinden in massiven Aluminiumbauteilen eignen
sich Schraubeinsätze aus rostfreien Stahlsorten, die außerdem eine gerin-
gere Einschraubtiefe erlauben (Dicke 1974), s. Bild 18.4.4.

Bild 18.4.4 Schraubeinsätze für


Mutterngewinde in Aluminium

Berechnungsansätze für Schraubverbindungen findet man in [Höglund,


www.eaa.net/education/TALAT] sowie in den anzuwendenden Regelwer-
ken des konstruktiven Ingenieurbaus, z.B. DIN 4113. Für vorgespannte
Schraubverbindungen gilt die Regel, daß infolge anfänglichen Kriechens
(„Setzen“) der auf Druck beanspruchten Aluminiumfügeteile ein erneutes
Nachspannen nach einer Zeitspanne von etwa 15 Minuten erforderlich ist.

Bild 18.4.5 Verschiedene Schraubkanäle für Strangpressprofile. a) Verschraubung


auf der Profillängsseite, b) und c) Verschraubung auf der Profilstirnseite
18.5 Festigkeitseigenschaften mechanisch gefügter Verbindungen 655

Eine Besonderheit der Aluminiumbauweise mit Profilen ist die Nutzung


von Schraubkanälen für vielfältige Montage- oder Verbindungszwecke.
Schraubkanäle können für stirnseitige und für längsseitige Verbindungen
verwendet werden, wie die Bilder 18.4.5 und 18.4.6 zeigen. Berechnungs-
ansätze für die Tragfähigkeit derartiger Schraubverbindungen findet man
z.B. in [Höglund, www.eaa.net/education/TALAT], (Linn 1996).

Bild 18.4.6 Schraubkanäle mit unterschiedlichen Schub- und Auszugsfestigkeiten

18.5 Festigkeitseigenschaften mechanisch gefügter


Verbindungen

Die Festigkeitseigenschaften punktförmiger, mechanischer Verbindungen


werden häufig mit den Eigenschaften punktgeschweißter, stoffschlüssiger
Verbindungen verglichen, da letztere in der Blechverarbeitung – insbeson-
dere für tragende Bauteile im Stahlkarosseriebau – die größte Verbreitung
finden. Demgegenüber werden durchsetzgefügte Blechbauteile vor allem
für untergeordnete Bauteile, die keine wesentlichen Trag- oder Sicherheits-
funktionen erfüllen müssen, eingesetzt. Im Karosseriebau mit Aluminium
haben sich jedoch die selbststanzenden Nietverbindungen auch für höher-
beanspruchte Teile durchgesetzt, da sie ähnlich wie die Punktschweißver-
bindungen auch relativ hohe Beanspruchungen unter Kopfzug ertragen,
wogegen bei durchsetzgefügten Verbindungen eine Kopfzugbeanspru-
chung einen Schwachpunkt darstellt und die Festigkeitswerte unter 50%
der Werte einer Punktschweißverbindung herabsinken können.
Eine wichtige Einflußgröße stellt der Zustand der Blechoberfläche dar.
Die trockene, gebeizte Oberfläche neigt beim mechanischen Fügen zu
Adhäsionserscheinungen, die beim Durchsetzfügen die statische Festigkeit
günstig beeinflussen, jedoch die Standzeit der Werkzeuge herabsetzen.
Auch die Mikrotopographie der Oberfläche kann geringfügig positive
Auswirkungen auf die Ausbildung des Fügepunktes haben. Nachteilig
wirkt eine Beölung der Oberfläche auf die Festigkeit, weil dadurch die
656 18 Mechanisches Fügen

Kraftschlußkomponente der Scherzugkraft herabgesetzt wird. Dies gilt


besonders für Durchsetzfügen ohne Schneidanteil, da der Schmierstoff
nicht aus der Umformzone herausgedrückt werden kann. Die Scherfestig-
keit sinkt dadurch auf etwa 50% der fettfreien Oberfläche, jedoch nur auf
90% für Durchsetzfügen mit Schneidanteil.
In zunehmendem Maße besteht Interesse daran, vorbehandeltes Band-
material für die Blechbearbeitung einzusetzen, um chemische Behand-
lungsprozesse aus der mechanischen Fertigungslinie fernzuhalten bzw.
günstigere Verarbeitungseigenschaften zu erzielen. Hierzu zählen Konver-
sionsbehandlungen für nachfolgendes Kleben sowie Primer- und KTL-
Beschichtungen. Bild 18.5.1 zeigt den Einfluß von Konversions- und
Primerbeschichtung auf die Scherzugfestigkeit beim Durchsetzfügen und
Stanznieten im Vergleich zu unbehandelten mill-finish-Proben. Danach
werden die Verbindungsfestigkeiten von durchsetzgefügten und stanzge-
nieteten Blechen aus EN AW-5754-0 durch Konversions- und Primerbe-
schichtungen gegenüber unbehandelten Blechen nicht beeinträchtigt, son-
dern eher verbessert. Chromatierte Bleche zeigen – vermutlich wegen gün-
stigerer Haftreibungsverhältnisse bei der Kraftschlußkomponente – höhere
Festigkeitswerte bei beiden Fügeverfahren. Bei größeren Schichtdicken
(25–30µm) von KTL-Ersatzbeschichtungen wurde ein leichter Festigkeits-
verlust (∼15%) der Stanznietverbindung festgestellt (Bangel 2003). Vor-
aussetzung war allerdings auch eine Anpassung der Stanzniethärte, um
fertigungssichere Verbindungen herzustellen.

Bild 18.5.1 Scherzugfestigkeit von Rund-Clinch- und Stanzniet-Verbindungen in


1 mm dicken Blechen aus EN AW-5754-0 ohne und mit verschiedenen Vorbe-
schichtungen (Quelle: Steimmel, VAW)
18.5 Festigkeitseigenschaften mechanisch gefügter Verbindungen 657

Mechanisch gefügte Verbindungen haben unter Scherbeanspruchung


gegenüber punktgeschweißten Verbindungen Festigkeitsvorteile bei
schwingender Beanspruchung. Dieser Vorteil gilt sowohl für Durchsetz-
fügeverbindungen als auch besonders für Stanznietverbindungen, s. Bild
18.5.2.

Bild 18.5.2 Schwingfestigkeitsverhalten von WPS-gefügten und stanzgenieteten


Verbindungen von Aluminiumkarosserieblechlegierungen (Voelkner et al. 1997)

Wegen der Bedeutung der mechanischen Fügetechnik für vorbeschich-


tete Blechwerkstoffe, wurde auch die Schwingfestigkeit von Stanznietver-
bindungen an mit Primer und KTL-Ersatz vorbeschichteten Blechwerk-
stoffen untersucht (Bangel 2003). Das Beispiel der Legierung EN AW-
5182-0 zeigt Bild 18.5.3. Mit geringen Einschränkungen für die KTL-Be-
schichtung läßt sich demnach kein Einfluß der Vorbeschichtung auf die
Schwingfestigkeitseigenschaften von Stanznietverbindungen feststellen.
Zahlreiche weitere Angaben zu statischen und dynamischen Festigkeits-
eigenschaften von mechanisch gefügten Aluminiumblech- und Alumini-
umprofillegierungen findet man in (Schröder 1992, Schmid 1994) sowie
eine ausführliche Bewertung der mechanischen Fügetechniken in der
Blechverarbeitung im Vergleich zum Widerstandspunktschweißen (Singh
1996).
Die statischen und dynamischen Festigkeitseigenschaften von punktge-
fügten mechanischen Verbindungen lassen sich durch die Kombination mit
einer stoffschlüssigen Klebverbindung erheblich steigern. Die zu erwar-
tenden Festigkeitssteigerungen sind abhängig von der Größe der Klebflä-
che. Bei den im Karosseriebau üblichen Flanschflächen werden die
658 18 Mechanisches Fügen

Schwingfestigkeitswerte z.B. gegenüber reinen Stanznietverbindungen


etwa um den Faktor 2 erhöht. Zum Einsatz kommen pastöse Metallkleb-
stoffe und Klebstoffolien.

Bild 18.5.3 Schwingfestigkeitsverhalten von Stanznietverbindungen an vorbe-


schichtetem Karosserieblech aus Legierung AlMg4,5Mn0,4. Primer: Bonazinc
2000 (Bangel 2003)
19 Sonderverfahren der Fügetechnik

19.1 Rührreibschweißen (Friction Stir Welding / FSW)


Das noch relativ junge Rührreibschweißen (Friction Stir Welding) (Tho-
mas et al. 1992) findet bereits zahlreiche Anwendungen in der industriellen
Praxis. FSW bietet gerade in der Aluminiumverarbeitung Lösungen für
bisherige Verbindungsprobleme und hat eine große Zahl von Forschungs-
und Entwicklungsprojekten angeregt. Die stoffschlüssigen FSW-Verbin-
dungen ohne Zusatzwerkstoffe haben eine hohe Qualität und Zuverlässig-
keit und können selbst mit solchen Legierungen hergestellt werden, die
beim Schmelzschweißen zu Schweißrissigkeit neigen. Neben hochfesten
Aluminiumknetlegierungen wurden erfolgreich auch Gußlegierungen und
selbst Aluminium/C-Stahl-Verbunde hergestellt. Die Anwendungsgrenzen
des Verfahrens liegen in der notwendigen maschinellen Einrichtung und
festen Einspannung, die für viele Fügeaufgaben nicht geeignet sind.
Beim Rührreibschweißen handelt es sich um eine Variante des Reib-
schweißens, also ein mechanischer Verbindungsprozeß, in dessen Verlauf
das Metall nicht auf- oder angeschmolzen wird. Dabei wird ein rotieren-
des, zylindrisches Werkzeug, aus dessen Stirnfläche ein besonders ge-
formter Rührstift (Pin) herausragt, in Nahtrichtung des fest eingespannten
Verbindungsstoßes durch das Material gepreßt. Der Werkstoff wird im Be-
reich der Naht durch Reibungswärme in einen teigigen Zustand versetzt
und verwirbelt. Die Stiftlänge ist geringfügig kürzer als die beabsichtigte
Dicke der Schweißzone, z.B. als die Wanddicke bei einem einfachen
Stumpfstoß. Stiftdurchmesser und Form richten sich nach der beabsichtig-
ten Nahtdicke und der Stoßart (Stumpf-, Überlapp- oder T-Stoß) sowie
nach anderen spezifischen Gesichtspunkten. Der Pin trägt groben Gewin-
degängen ähnliche Rührflügel unterschiedlicher Ausbildung. Die rotie-
rende Schulterfläche des Werkzeugs wird auf die Nahtstelle gedrückt, er-
zeugt einen Teil der benötigten Reibungswärme und ebnet gleichzeitig das
sich vor dem Stift aufwölbende, plastifizierte Material soweit ein, daß man
eine ebene Nahtausbildung mit einem geringen Grat („Lippe“) erhält. Der
Durchmesser der Schulter hängt ab von Parametern, wie Rotationsge-
schwindigkeit, Vorschubgeschwindigkeit, u.a.. Durch die glatte Stahlun-
660 19 Sonderverfahren der Fügetechnik

terlage bei einem Stumpfstoß entsteht eine ebene Wurzelausbildung. Wie


bei anderen Preßschweißverfahren erübrigt sich der Schweißzusatzdraht.
Das Verfahrensprinzip ist aus Bild 19.3.1 ersichtlich.

Bild 19.1.1 Verfahrensschema des Rührreibschweißens (Friction Stir Welding)

Die Naht selbst besteht aus einem thermomechanisch verfeinerten Knet-


gefüge, s. Bild 19.1.2. Die Reibungswärme erzeugt beiderseits der Naht
eine Wärmeeinflußzone (b) mit entsprechenden Wirkungen auf die Festig-
keitseigenschaften der Verbindung. Es schließt sich eine thermomecha-
nisch plastifizierte Zone (c) an, die eine extrem fein rekristallisierte Kern-
zone (d) umschließt. Diese Kernzone ist nicht symmetrisch, sondern zur
vorlaufenden Schulterseite hin gestreckt.

Bild 19.1.2 Gefügezonen einer FSW-Verbindung: a) Grundwerkstoffzustand, b)


Wärmeeinflußzone, c) thermomechanisch plastifizierte Zone, d) fein rekristalli-
sierte Kernzone („Nugget“), im Bild unten in höherer Vergrößerung
19.1 Rührreibschweißen (Friction Stir Welding / FSW) 661

FSW erzeugt eine poren- und fast verzugsfreie Verbindung. Eigenspan-


nungsmessungen (Fratini et al. 2006) an verschiedenen Legierungen er-
gaben in Längs- und Querrichtung oberflächlich leichte Druckspannungen,
die sich unter der Oberfläche ab einer Tiefe von 0,5 bis 1 mm in Zugspan-
nungen umkehrten. Die Höhe der Eigenspannungen ist abhängig von
Drehzahl und Vorschubgeschwindigkeit des FSW-Werkzeugs. Die Zugei-
genspannungen im Querschnitt erreichen jedoch selbst bei FSW-Verbun-
den der hochfester Legierungen AA7050-T74 und AA2024-T3 maximal
20% der 0,2%-Dehngrenze des Grundwerkstoffs (Prime et al. 2006).
Das Verfahren erfordert wegen der hohen Preß- und Vorschubkräfte ei-
ne sehr stabile Maschinenausführung. Das verfahrensbedingte Loch des
Rührstiftes am Ende der Schweißnaht muß mit anderen Mitteln verschlos-
sen werden, sofern kein Auslaufblech vorgesehen ist.
Bedingt durch die notwendige Abstützung der Naht ist auch die Ausbil-
dung der Verbindungsstöße eingeschränkt. Vornehmlich werden Stumpf-
stöße und Überlappstöße verwendet, s. Bilder 19.1.3 und 19.1.4.

Bild 19.1.3 Stumpfstoß-FSW-Verbindungen an a) Blechen mit unterschiedlichem


Penetrationsgrad, b) Platten mit beidseitiger Schweißlage und c) Hohlprofilen

Bild 19.1.4 FSW-Überlappstöße an a) Blechen oder Profilen mit angepreßter


Wurzelstütze, b) und c) Hohlprofilen mit Schiebesitz bzw. mit Wurzelstütze

Die Schweißgeschwindigkeit ist dickenabhängig und beträgt bei Legie-


rungen mittlerer Festigkeitsstufe etwa 0,8 m/min. bei 5 mm bzw. 0,15
m/min. bei 25 mm Wanddicke. Bei Aluminium sind Nahtdicken von 1,2
bis 75 mm verschweißt worden, wobei ab 25 mm Dicke beidseitig nach-
662 19 Sonderverfahren der Fügetechnik

einander geschweißt werden muß. Das Werkzeug unterliegt der Abnut-


zung. Die Lebensdauer entspricht beim Verbinden von 5 mm dickem Al-
Si1MgMn (EN AW-6082-T6) etwa 1000 m Schweißnahtlänge. Höhere
Standzeiten sind durch Maßnahmen der Oberflächenbehandlung des
Werkzeugs zu erreichen.
Die statischen Festigkeitseigenschaften der Verbindung sind gut repro-
duzierbar und liegen deutlich über den Werten vergleichbarer MIG-Ver-
bindungen. Voraussetzung jedoch ist eine vorhergehende Optimierung der
Schweißparameter, d.h. der Werkzeugart und -form, der Dreh- und Vor-
schubgeschwindigkeit und deren Abstimmung auf die Stoßart. Auch eine
Voroxidation der Stoßkanten kann zu Oxideinschlüssen führen (Staniek et
al. 2005). Eine weitere wichtige Voraussetzung bei Stumpfstößen ist die
vollständige Penetration der Fuge ohne Wurzel-(Rest)spalte, s. Bild
19.1.3a. Bei Überlappstößen besteht ein Unterschied der Verbindungsfes-
tigkeit, ob die voreilende Schulterseite auf der belasteten oder unbelasteten
Seite der Überlappung geführt wird (Ericsson et al. 2007). Ein Problem
beim Überlappstoß kann das Hineinziehen der Dopplungsfuge als Materi-
alfalte in die Naht darstellen, wodurch eine rißähnliche Unregelmäßigkeit
gegeben ist. Bild 19.1.5 deutet eine solche Falte einer Verschweißung der
Wurzelstütze an, die unter bestimmten Beanspruchungen als Rißauslösung
oder Rißbeschleuniger wirken kann (James et al 2003).

Bild 19.1.5 Wurzelausbildung eines Stumpfstoßes mit Wurzelstütze (s. Skizze)


beim Rührreibschweißen von 12 mm dickem Strangpreßmaterial der Legierung
EN AW-6005A-T6 (Quelle: SLV Berlin-Brandenburg, Paulinus et al. 2004)

Eine Kalt- oder Warmauslagerung (je nach Legierungsart) nach dem


Schweißen führt zu einer deutlichen Anhebung der Härte- und Festig-
keitswerte der FSW-Verbindung bei aushärtbaren Legierungen, insbeson-
dere bei der Gruppe der AlMgSi-Legierungen. FSW-Verbindungen der
19.1 Rührreibschweißen (Friction Stir Welding / FSW) 663

Legierung EN AW-6082-T4 ergaben nach einer anschließenden Warm-


aushärtung Festigkeitswerte von ca. 90–100% der Grundwerkstoffestig-
keiten, s. Bild 19.1.6 und Tabelle 19.1.1, s. auch (Ericsson et al. 2007).
Dies bedeutet eine erhebliche Steigerung der Verbindungsfestigkeiten ge-
genüber κ = 0,45–0,60 für MIG- oder WIG-Verbindungen der aushärtba-
ren AlMgSi-Verbindungen.

Bild 19.1.6 Härteverlauf über einer FSW-Stumpfstoßverbindung der Legierung


EN AW-6082-T6 (links) und -T4 (rechts) ohne und mit einer nachträglichen
Warmauslagerung von 3h bei 185°C (Quelle: SAPA)

Tabelle 19.1.1 Statische Festigkeitseigenschaften von FSW-Stumpfstoßverbin-


dungen nach verschiedenen Literaturangaben
Leg.-Bez. Grundwerkstoff FSW-Verbindung Anm. 1) κ 2) Literatur
Rp0,2 Rm A5 Rp0,2 Rm A5
EN AW- [MPa] [MPa] [%] [MPa] [MPa] [%]
5083-0 148 298 23,5 141 298 23 1,00 Dawes et al (1995)
5083-H321 249 336 16,3 153 305 22,5 0,91 Kallee et al (2001)
6060-T5 180 210 10 91 188 15 0,90 Midling et al. (1996)
6063-T6 239 259 12 118 180 8 0,70 Backlund et al. (1998)
6082-T4 150 260 23 140 244 19 0,94 Backlund et al. (1998)
6082-T4 285 300 10 +wa 0,98 Backlund et al. (1998)
6082-T5 258 281 12 125 196 10 0,70 Midling et al (1994)
6082-T5 227 250 8 +wa 0,89 Midling et al (1994)
6082-T6 286 301 10,4 160 254 4,9 0,83 Backlund et al. (1998)
6082-T6 274 300 6,4 +wa 1,00 Backlund et al. (1998)
6013-T4 254 336 18 3) 180 280 10 3) 0,83 Palm (2000)
7108-T79 295 370 14 210 320 12 0,86 Midling et al. (1998)
7108-T79 245 350 11 +ka 0,95 Midling et al. (1998)
1)
Nachbehandlung: wa = warmausgehärtet, ka = kaltausgehärtet
2)
Rm-Verhältnis von FSW-Verbindung zu Grundwerkstoff
3)
A50
664 19 Sonderverfahren der Fügetechnik

Gegenüber den Schwingfestigkeitseigenschaften von Schmelzschweiß-


verbindungen werden wegen des homogeneren Gefüges der Naht und we-
gen der geringeren Kerbwirkung und Eigenspannungen deutlich höhere
Werte berichtet, die nach eingehender statistischer Auswertung entspre-
chend dem Eurocode EC9 annähernd die Werte für den Grundwerkstoff
erreichen können (Lomolino et al 2005).

19.2 Reibschweißen

Reibschweißen ist ein Fügeverfahren, mit dem eine stoffschlüssige Ver-


bindung im festen Zustand hergestellt werden kann. Reibschweißverbin-
dungen entstehen durch Reibungswärme und Anpreßdruck eines rotieren-
den Fügeteils gegen ein feststehendes Teil. Es eignet sich daher vor-
zugsweise für solche Bauteile, bei denen mindestens ein Fügepartner eine
massive oder hohle zylindrische Form hat. Hierzu zählen rohrförmige
Komponenten, wie beispielsweise Gelenkwellen, bei denen der Rohrkör-
per mit entsprechenden, geschmiedeten oder fließgepreßten Gelenken ver-
schweißt wird.
Die durch die Reibungswärme der gegeneinander drehenden Fügeteil-
partner erweichte Zone wird durch den abschließenden Axialdruck ge-
staucht, wobei sich der typische Wulst beim jeweiligen Verbindungspart-
ner aufwirft, bevor die innige, stoffschlüssige Verbindung gebildet ist.
Durch dieses Herauspressen des Materials aus der Fügezone sind die Dif-
fusionsvorgänge an der Fügestelle auf extrem kurze Zeit begrenzt. Da-
durch ist die thermische Belastung der Gefüge relativ gering und es ist da-
durch möglich, die Bildung von spröden, intermetallischen Phasen beim
Reibschweißen ungleichartiger Metalle, beispielsweise Stahl und Alumini-
um, auf ein Minimum zu beschränken. Solche Verbindungen sind auch
thermisch bis etwa 300°C stabil (Mechsner et al. 1983). Reibschweißen ist
deshalb eines der wenigen Fügeverfahren, mit denen artfremde metallische
Werkstoffe unmittelbar und stoffschlüssig miteinander verbunden werden
können. Kurze Reibzeiten sind für Aluminium nur in Verbindung mit ei-
nem schnellen Kraftaufbau in der Reib- und Stauchphase sinnvoll.
Für die Festigkeitseigenschaften derartiger Verbindungen mit mittel-
und hochfesten Konstruktionslegierungen ist es entscheidend, die Verfah-
rensparameter Rotationsgeschwindigkeit und Axialdruck zeitlich genau
aufeinander abzustimmen, damit die wärmebeeinflußte Zone klein bleibt,
innerhalb der der Stauchvorgang stattfindet. Die gegenüber Stahl höhere
Wärmeleitfähigkeit der Aluminiumlegierungen und die größere Gefahr des
19.2 Reibschweißen 665

Anschmelzens stellen deshalb beim Reibschweißen von Aluminium be-


sondere Anforderungen an die Steuerung der Reibschweißmaschine.
Generell unterscheidet man zwei Verfahrensvarianten:
1. Reibschweißen mit kontinuierlichem Antrieb
2. Reibschweißen mit Schwungradantrieb.
Reibschweißen mit kontinuierlichem Antrieb ist durch Fremdbremsung
gekennzeichnet, während beim Schwungradantrieb die gespeicherte Rota-
tionsenergie durch Eigenbremsung dem Schweißprozeß zugeführt wird.
Dementsprechend unterschiedlich sind die Drehzahl- und Drehmomenten-
verläufe sowie der zeitliche Stauchkraftverlauf, s. Bild 19.2.1.

Bild 19.2.1 Prinzip des Reibschweißens mit kontinuierlichem Antrieb und mit
Schwungradantrieb (Krüger 1994)

Die Reibschweißeignung von Fügepartnern beruht derzeit noch auf Er-


fahrungen. Reibschweißgeeignet sind auch Aluminiumlegierungen, die
nicht schmelzschweißbar sind. Tabelle 19.2.1 gibt einen Überblick über
Werkstoffe, die erfahrungsgemäß mit Aluminium und seinen Legierungen
durch Reibschweißen verbunden werden können. Voraussetzungen zum
Reibschweißen sind eine ausreichende Festigkeit zur Übertragung von
Axialdruck und Reibmoment sowie eine ausreichende Warmverform-
barkeit. Reines Aluminium ist ein idealer Werkstoff für das Reibschwei-
ßen. Angesichts der Vielzahl von Al-Legierungen und Al-Sinterwerkstof-
fen gibt es hinsichtlich der Schweißeignung jedoch noch zahlreiche
Kenntnislücken.
666 19 Sonderverfahren der Fügetechnik

Die Reibschweißeignung wird u.a. durch folgende metallurgische Fak-


toren eingeschränkt:
• Bildung niedrigschmelzender Phasen oder spröder intermetallischer
Phasen
• Entfestigung ausgehärteter Werkstoffe
• Menge und Verteilung nichtmetallischer Einschlüsse
• Aufhärtungseffekte bei Werkstoffkombinationen.

Tabelle 19.2.1 Reibschweißeignung von Aluminium mit anderen Metallen

Reibschweißversuche an verschiedenen Aluminium- und Stahlwerkstof-


fen zeigen, daß Festigkeiten oberhalb der Streckgrenzen von Aluminium
und Stahl erreichbar sind. Wie die Festigkeitswerte von Reibschweißver-
bindungen von Aluminiumlegierungen mit verschiedenen Stahlsorten in
Bild 19.2.2 zeigen, ist ein Zusammenhang zwischen den Legierungsfestig-

Bild 19.2.2 Zugfestigkeitswerte reibgeschweißter Aluminium-Stahl-Verbindungen


(Reiners et al. 1988)
19.2 Reibschweißen 667

keiten und der Verbindungsfestigkeit nicht erkennbar. Der Bruch solcher


Mischverbindungen erfolgt meistens verformungsarm in der Bindeebene.
Als Ursache dafür sind die unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften
von Stahl und Aluminium und die daraus resultierende Fließbehinderung
an den Grenzflächen in Verbindung mit mehrachsigen Spannungszustän-
den anzusehen. Für zuverlässiges mechanisches Verhalten solcher Verbin-
dungen sollten jedoch die Schweißparameter- und Werkstoffwahl so ge-
troffen werden, daß der Bruch außerhalb der eigentlichen Naht eintritt. Für
schwingend beanspruchte Bauteile sollte vorgesehen werden, den Preßgrat
zur Vermeidung von Kerbspannungen spanend zu entfernen.

Bild 19.2.3 Härteverlauf in der Verbindungszone einer Aluminium-Stahl-Reib-


schweißzone (Reiners et al. 1988)

Bild 19.2.4 Kardanwelle mit Reibschweißverbindungen Al-Al und Al-Stahl


668 19 Sonderverfahren der Fügetechnik

Bei ordnungsgemäß hergestellten Aluminium-Stahl-Mischverbindungen


sollte die Bruchlage bei zerstörender Prüfung immer im Aluminiumteil
liegen. Metallurgisch bedingt stellt sich im Stahlteil an der Verbindungs-
stelle in einem Bereich von 100 bis 200 µm eine Härtespitze ein, s. Bild
19.2.3. Bei den aushärtbaren Al-Legierungen ist mit einem Härteabfall in-
folge Rückbildung ausgeschiedener Teilchen zu rechnen. Der Härteabfall
im Aluminiumteil kann z.T. durch die Materialverdickung infolge des
Stauchvorgangs kompensiert werden. Ein typischer Anwendungsfall für
eine Reibschweißverbindung ist die Kardanwelle aus Aluminiumrohr und
Stahl- oder Aluminiumendstücken, s. Bild 19.2.4.

19.3 Explosivschweißen

Sprengplattieren unterschiedlicher Metalle wird für die Herstellung kom-


pakter Übergangsmetalle verwendet, die z.B. für Schweißverbinder zwi-
schen Aluminium- und Stahlbauteilen verwendet werden. Das Verfahrens-
prinzip ist in Bild 19.3.1 schematisch dargestellt. Der Plattierwerkstoff
wird mit einem Beschleunigungsabstand zum Substrat angeordnet und mit
einer Sprengstofflage versehen, die an einem Ende gezündet wird. Mit
Schockwellen (3000 bis 9000 m/s) werden Drücke bis zu 6 x 104 N/mm²
erzeugt, unter denen die Materialoberflächen beim Aufeinandertreffen pla-
stisch fließen und sich in der Grenzzone mechanisch mischen. Dabei wer-
den die auf den Oberflächen der Werkstücke befindliche Oxidschichten
zertrümmert und aus dem Spalt herausgeblasen. Die wellenförmige

Bild 19.3.1 Schema des Sprengplattierens (Quelle: U. Krüger, SLV Berlin-Bran-


denburg)
19.4 Hartlöten 669

Schockwellenausbreitung bildet sich in der Bindeebene als „Material-


welle“ ab, die im Schliff deutlich nachweisbar ist, s. Bild 19.3.2. Es lassen
sich sogar „Mehrfach-Sprengschweißungen“ erzeugen, d.h. gleichzeitig
mehrere Werkstoffe oder Legierungen mit unterschiedlichen Dicken. Auf
diese Weise werden Zwischenplattierschichten aufgebracht, um bei be-
stimmten Materialkombinationen gute Verbindungseigenschaften zu er-
halten.
Derart hergestellte Verbundbleche aus Aluminium und Stahl werden
häufig im Schiffbau verwendet, um als Übergangsstücke Aluminium-
strukturen mit Stahlstrukturen miteinander verschweißen zu können, z.B.
für die Verbindung von Aluminiumschiffsaufbauten mit dem Stahlrumpf.
Auch Aluminiumflüssiggastanks können auf diese Weise mit dem Schiffs-
rumpf verbunden werden.

Bild 19.3.2 Makrogefüge von Sprengschweißverbindungen zwischen Alumini-


umlegierungen und Stahl mit verschiedenen Zwischenschichten (Quelle: U. Krü-
ger, SLV Berlin-Brandenburg)

19.4 Hartlöten

Löten ist ein stoffschlüssiges Verbindungsverfahren, bei dem im Gegen-


satz zum Schweißen die beiden Fügepartner durch ein schmelzflüssiges
Lot verbunden werden, ohne selbst angeschmolzen zu werden. Das sog.
Hartlöten unterscheidet man etwas willkürlich vom Weichlöten dadurch,
daß die benötigte Prozeßtemperatur über 440°C liegt. Als weiterer Unter-
schied dient beim Hartlöten ein artähnlicher Zusatzwerkstoff (Al-Si-Basis
nach DIN EN 1044:2006 mit Löttemperaturen zwischen 550 und 650 °C),
beim Weichlöten ein artfremdes Lot (Zinn-Zink-Lote nach DIN EN
29454-1:1994 mit Löttemperaturen zwischen 200 und 350 °C). Neuerdings
werden auch höherlegierte Zn-Al-Lote (ZnAl6Cu1,5 und ZnAl15 für Pro-
zeßtemperaturen zwischen 425–450 °C) mit Cäsium-Aluminium-Fluorid
Flußmittel für das Ofenlöten unter N2-Schutzgas untersucht (Grund et al.
670 19 Sonderverfahren der Fügetechnik

2006). Damit kann die Palette der lötbaren Aluminiumlegierungen deutlich


erweitert werden.

Hartlote

Handelsübliche Hartlote basieren auf dem Aluminium-Silizium-System


und enthalten zwischen 7 und 13% Silizium. Der Normentwurf DIN EN
1044:2006 enthält entsprechende Angaben zu den Loten. Eine Zusammen-
stellung von Hartloten wird in Tabelle 19.4.1 gegeben. Die Solidustempe-
ratur entspricht im Fall der binären AlSi-Lote der eutektischen Temperatur
des Systems: 577°C. Das entweder in Form von Draht oder Zwischenlagen
häufig verwendete Hartlot besteht aus der Legierung AW-4047A mit 12%
Silizium und einem Schmelzbereich zwischen 577° und 582°C. Durch Zu-
sätze von Kupfer und Zink werden sowohl die Solidus- als auch die Liqui-
dustemperatur weiter gesenkt. Ein typischer Vertreter dieser Gruppe von
Zusatzmetallen ist die Legierungen AW-4048, die für das Hartlöten von
AlSiCu-Gußlegierungen verwendet werden kann (nicht mehr in dem Ent-
wurf DIN EN 1044:2006 enthalten). Über die aufgeführten Lotwerkstoffe
hinaus gibt es zahlreiche weitere Varianten verschiedener Anbieter. Die
geeignete Legierungsauswahl der Hartlote hängt vom jeweiligen Hartlöt-
verfahren ab.

Tabelle 19.4.1 Legierungen und Schmelzdaten für Aluminium-Hartlote


Leg.-Bez. Legierungselemente [Massenanteil in %] Temperaturbereiche
[°C]
AW- Si Fe Cu Mn Mg Zn Ti Soli- Liqui- Löt-
dus dus bereich
Flußmittellote
4043A 4,5-6,0 0,6 0,30 0,15 0,20 0,10 0,15 577 630 620-645
4343 6,8-8,2 0,8 0,25 – 0,10 0,20 – 577 610 593-621
4045 9,0-11,0 0,8 0,30 0,05 0,05 0,10 0,20 577 591 587-604
4047A 11,0-13,0 0,6 0,30 0,15 0,10 0,20 0,15 577 582 582-604
4145A 9,0-11,0 0,6 3,0-5,0 0,15 0,10 0,20 0,15 521 585 571-604
4048***) 9,3-10,7 0,8 3,3-4,7 0,07 0,07 9,3-10,7 *) 516 560 549-571
Vakuumlote / Schutzgaslote
4004 9,0-10,5 0,8 0,25 0,10 1,0-2,0 0,20 – 554 569 588-604
4104 9,0-10,5 0,8 0,25 0,10 1,0-2,0 0,20 **) 554 569 588-604
*) max. 0,07 Cr; **) 0,02 - 0,20 Bi ; ***) nicht mehr in DIN EN 1044:2006 enthalten
Nach EN 1044 gelten auch die korrespondierenden Lotbezeichnungen: 4043A = AL 101;
4343 = AL 102; 4045 = AL 103; 4047A = AL 104; 4145A = AL 201; 4004 = AL 301; 4104
= AL 302
19.4 Hartlöten 671

Mit Hartloten lötbare Aluminiumlegierungen

Die Zahl der Aluminiumlegierungen, die mit Erfolg hartgelötet werden


können, ist begrenzt. Dies ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß
beim Hartlöten die Schmelztemperatur (Solidustemperatur) des Grund-
werkstoffs oberhalb der Liquidustemperatur des Hartlotes liegen muß. Da-
her ist das Hartlöten von Legierungen der 2xxx-er Reihe und der Cu-
haltigen 7xxx-er Legierungen nicht zu empfehlen. Auch können Alumini-
umlegierungen mit mehr als 2% Magnesium nur unter Schwierigkeiten
hartgelötet werden, da die Oxidschicht dieser Werkstoffe durch Flußmittel
nicht wirksam genug entfernt werden kann. Durch die schnelle Diffusions-
kinetik beim Hartlötprozeß gelangen die Legierungsbestandteile des Lotes
in den Grundwerkstoff. Die Diffusion erfolgt vorzugsweise entlang der
Korngrenzen, verursacht Mischkristallverfestigung und/oder die Ausschei-
dung von nicht erwünschten intermetallischen Phasen, die die mechani-
schen Eigenschaften der Verbindung beeinträchtigen können. Tabelle
19.4.2 listet die Schmelzbereiche und relative Lötbarkeit von einer Reihe
von Aluminiumknetlegierungen. Lotbleche bestehen aus einem Kernwerk-
stoff, der einseitig oder beidseitig mit einer Lotlegierung im Warm- und
Kaltwalzprozeß plattiert wurde, wodurch sich Lotzusatz beim Lötprozeß
erübrigt.

Tabelle 19.4.2 Beispiele für Knetlegierungen mit Angabe zur Lötbarkeit


Legierungsbezeichnung Solidus Liquidus empfohlener relative
Lötbereich Lötbarkeit 1)
EN AW- [°C] [°C] [°C] [–]
1050A Al 99,5 646 657 596-615 A
3003 Al Mn1Cu 643 654 593-615 A
3103 Al Mn1 640 655 593-615 A
3004 Al Mn1Mg1 629 654 582-604 B
5005A Al Mg1 630 650 582-604 B-C
5052 Al Mg2,5 593 649 571-593 C
5056A Al Mg5 575 630 -- D
6061 Al Mg1SiCu 593 652 565-585 B
6063 Al Mg0,7Si 616 652 565-585 A
6951 Al MgSi0,3Cu 616 654 565-585 A
1
) Bewertung: A = gut lötbar mit allen Verfahren; B = lötbar mit allen Verfahren,
erfordert aber besondere Erfahrung; C = lötbar unter Beachtung besonderer
Sorgfalt und Maßnahmen; D = schwierig zu löten
672 19 Sonderverfahren der Fügetechnik

Mit geeigneten Loten können auch einige Gußlegierungen hartgelötet wer-


den. Zu den lötbaren Gußlegierungen zählen
EN AC-42000 AlSi7MgFe
EN AC-42100 AlSi7Mg0,3
EN AC-42200 AlSi7Mg0,6
EN AC-45300 AlSi5Cu1Mg
EN AC-71000 AlZn5Mg.

Der Wärmezyklus des Hartlötprozesses hat Auswirkungen auf die me-


chanischen Eigenschaften des Werkstücks. Die hohen Temperaturen nahe
dem Soliduspunkt führen gewöhnlich zum Weichzustand. Wenn eine Löt-
konstruktion nach dem Lötprozeß schnell abgekühlt werden kann, können
aushärtbare Legierungen durch nachfolgende Kaltaushärtung oder Warm-
aushärtung einen Festigkeitsgewinn erzielen. Typische mechanische Ei-
genschaften von einigen Kernwerkstoffen nach dem Hartlöten sind in Ta-
belle 19.4.3 aufgeführt.

Tabelle 19.4.3 Mechanische Eigenschaften von hartgelöteten Legierungen


Legierungsbezeichnung Rp0,2 Rm A50 Bemerkungen
EN AW- [MPa] [MPa] [%]
3003 Al Mn1Cu 35 95 28 –
3103 Al Mn1 35 95 28 –
3005 Al Mn1Mg0,5 50 120 14 –
5005 Al Mg1 35 105 16 –
3190 1) n. b. 55 130 18 “long life alloy”
3532 1) n. b. 50 120 18 “long life alloy”
6063 Al Mg0,7Si 65 130 13 kaltausgehärtet 2)
6063 Al Mg0,7Si 160 200 10 warmausgehärtet 3)
6951 Al MgSi0,3Cu 65 130 13 kaltausgehärtet 2)
6951 Al MgSi0,3Cu 160 200 10 warmausgehärtet 3)
1
) Modifikationen der Legierung 3005 ( Hoogovens )
2
) nach dem Löten beschleunigte Abkühlung nötig – kaltausgehärtet
3
) nach dem Löten beschleunigte Abkühlung nötig – warmausgehärtet 185°C/4,5h

Lötprozeß und -verfahren


Voraussetzung für das Durchführen des Lötprozesses ist die Benetzungs-
fähigkeit der Lötflächen durch das geschmolzene Hartlot. Infolge der nied-
19.4 Hartlöten 673

rigen Viskosität des flüssigen Aluminiumlotes bei Erreichen der Löttempe-


ratur wird das Lot durch Kapillarwirkung in den Zwischenraum gesaugt
und füllt diesen aus. Die metallische Verbindung der Fügestelle entsteht
durch den diffusionsbestimmten Atomaustausch zwischen Lot und Füge-
teilwerkstoff.
Die Sicherstellung der Benetzungsfähigkeit der Fügeteiloberfläche beim
Lötprozeß ist die eigentliche Herausforderung des Weich- und Hartlötens
von Aluminium. Die Fügeteiloberfläche muß dazu von organischem und
anorganischem Schmutz gesäubert und die festhaftende Oxidschicht vor
oder während des Lötvorgangs beseitigt und ihr Wiederaufbau verhindert
werden. Beim industriellen Lötprozeß geschieht die Reinigung durch Naß-
oder Dampfentfettung und ggf. mit nachfolgender chemischer Behandlung
durch Beizen etc.. Bei handwerklicher Vorgehensweise wird die Oxid-
schicht meistens durch mechanische Behandlung (Bürsten) entfernt. Die
Benetzungsfähigkeit der Oberfläche beim Lötvorgang selbst und die Ver-
meidung des Wiederaufbaus der Oxidschicht bei Löttemperatur wird ent-
weder auf chemischem Wege durch sog. Flußmittel oder durch Schutzgas-
oder Vakuumatmosphäre erreicht. Demnach werden die verschiedenen
Prozesse eingeordnet in
• Löten mit Flußmitteln oder
• Flußmittelfreies Löten unter Schutzgas oder Vakuum.

In der praktischen Umsetzung ergeben sich daraus die folgenden Ver-


fahren:
• das manuelle Flammlöten mit Flußmittel,
• das mechanisierte Flammlöten mit Flußmittel,
• das Ofenlöten mit Flußmittel oder unter Schutzgas,
• das Tauchlöten im Flußmittelsalzbad und
• das Vakuumlöten.

Lotplattierte Bleche finden beim Ofenlöten, Tauchlöten und Vakuumlö-


ten Verwendung. Lötzusatzwerkstoff in Form von Draht oder Zwischenla-
gen werden vornehmlich beim Flammlöten eingesetzt.

Flußmittel

Nach DIN EN 1045:1997 werden für das Hartlöten von Aluminium zwei
Flußmitteltypen unterschieden:
674 19 Sonderverfahren der Fügetechnik

Tabelle 19.4.4 Flußmittel für das Hartlöten von Aluminium nach DIN EN 1045
Flußmitteltyp Wirktemperatur- Inhaltsstoffe Rückstände im
bereich [°C] allgemeinen
FL10 > 500 Hygroskopische Chloride Korrosiv, Flußmittel-
und Fluoride, vor allem rückstände sind zu be-
Lithiumverbindungen seitigen
FL20 > 570 Nichthygroskopische Nicht korrosiv,
Fluoride Flußmittelrückstände
können i.a. bleiben

Flußmittel werden als Paste aus Pulvern zubereitet, auf das Lot und auf
die Fügestelle aufgetragen und schmelzen unterhalb der Solidustemperatur
des Lotes. Hygroskopische, chloridhaltige Flußmittel sind sehr wirksam
und selbst für Legierungen mit 3% Mg geeignet. Problematisch ist die Si-
cherstellung der Entfernung der korrosiven Flußmittelrückstände nach dem
Lötprozeß, die in korrosiver Umgebung aggressiv reagieren. Ein chlorid-
freies, keine Korrosion verursachendes Flußmittel wird unter dem Mar-
kennamen Nocolok® (Alcan) vertrieben. Die Wirksamkeit ist etwas gerin-
ger als von FL10 Flußmitteln. Der Mg-Gehalt der Legierungen sollte auf
0,9% begrenzt sein. Das Nocolok®-Flußmittel wird bei Ofenlötung unter
kontrollierter (trockener) Atmosphäre verwendet (CAB = Controlled At-
mosphere Brazing). Rückstände von nichtkorrosiven Flußmitteln können
auf den Oberflächen von hartgelöteten Metallteilen zurückbleiben, aber äs-
thetisch unbefriedigend sein.

Gestaltung von Lötverbindungen

Bei der Auslegung von Lötverbindungen ist darauf zu achten, daß ein de-
finierter Spalt zwischen den Fügepartnern an der Verbindungsstelle be-
steht, damit der kapillare Verlauf des Lotes unbehindert ist. Empfohlen
wird ein Spalt von 0,05 bis 0,1 mm für Überlappungen bis 6 mm und bis
zu 0,5 mm bei größeren Überlapplängen. Lötverbindungen für das Löten
mit Flußmitteln sollten dergestalt ausgelegt werden, daß die Verbindungs-
flansche einen kleinen Winkel (5° bis 8°) zueinander bilden. Dadurch wird
das Flußmittel leichter durch das eindringende Lot aus dem Spalt gedrängt.
Bei Verwendung von Halterungen aus Eisenwerkstoffen ist zu berücksich-
tigen, daß die Wärmeausdehnung von Aluminium etwa doppelt so groß ist
wie die von Stahl. Durch das Erweichen des Aluminiums bei den hohen
Löttemperaturen ist ein Stützen des Werkstücks für die Formtreue notwen-
dig. Einige typische Lötverbindungen sind in Bild 19.4.1 illustriert.
19.4 Hartlöten 675

Bild 19.4.1 Einige typische Lötverbindungsarten


20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

Das Ziel dieses Kapitels ist, einige Hinweise auf die Besonderheiten des
Aluminiums zu geben, die bei der Gestaltung und beim Auslegen einer
Leichtbaukonstruktion berücksichtigt werden sollten. Dabei wird die Be-
herrschung der allgemeinen Instrumentarien der Konstruktion und Berech-
nung im Maschinenbau bzw. im konstruktiven Ingenieurbau (Stahlbau)
vorausgesetzt. Diese Instrumentarien beruhen jedoch weitgehend auf den
Erfahrungen mit Stahlwerkstoffen und deshalb führt ihre Anwendung ohne
die Berücksichtigung der speziellen Besonderheiten des Aluminiums eher
zu einer Stahlkonstruktion aus Aluminium als zu einer eigenständigen
Aluminiumkonstruktion.
Einige charakteristische Unterschiede von Aluminium- gegenüber
Stahlkonstruktionen sind außer dem geringeren spezifischen Gewicht:
• geringerer Elastizitätsmodul,
• höheres Verhältnis von Festigkeit zu E-Modul,
• höhere Wärmeausdehnung,
• Entfestigung in der Wärmeeinflußzone von Schweißverbindungen,
• Gestaltungsvielfalt mit Strangpreßprofilen und Fließpreßteilen,
• Günstigeres Korrosionsverhalten,
• spezifisch höhere Materialkosten.
Die Regelwerke zur Konstruktion und Berechnung von statisch und dy-
namisch beanspruchten Konstruktionen (z.B. DIN 4113 T.1-3 und prENV
1999 T1-3) geben zwar Auskünfte über regelgerechte Auslegung, Ferti-
gung und Betriebssicherheit, jedoch nicht über aluminiumgerechte Ge-
staltung. Letzteres ist aber der Schlüssel für ein wirtschaftliches, wettbe-
werbsfähiges und wertbeständiges Produkt. Als Beispiel sei auf die Be-
schreibung wirtschaftlichen Leichtbaus von Schienenfahrzeugen in Ab-
schn. 2.2 verwiesen.

20.1 Gestaltungsgrundsätze
Mehr als beim Stahlleichtbau müssen bei der Gestaltung von Aluminium-
produkten die Formgebungs- und Verbindungstechnologien in den Mittel-
678 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

punkt der Überlegungen gestellt werden. Sie stellen den Schlüssel für das
wirtschaftliche Ergebnis, da einerseits die höheren Metallkosten hinge-
nommen werden müssen, andererseits die Formgebungsmöglichkeiten des
Aluminiums in der Warm- und Kaltformgebung, der Zerspanung und beim
Formguß deutliche Vorteile in den Fertigungskosten bieten. In der auto-
matisierten Fertigung können heute nicht nur Kaltbearbeitungsvorgänge
vorgenommen werden, sondern in der Prozeßkette auch thermische Pro-
zeßstufen integriert werden, die das Formgebungspotential durch Wahl ge-
eigneter Werkstoffzustände des Ausgangsmaterials und der Kombination
mit thermischen Prozeßschritten, wie Kleben und Lackieren, erweitern,
ohne Kompromisse in den Werkstoffestigkeiten des Endprodukts eingehen
zu müssen. Ein Beispiel hierzu ist das Bake-Hardening der AlMgSi-Werk-
stoffe, das besonders im Karosseriebau von Bedeutung ist, aber auch für
andere Anwendungsarten geeignet sein kann, s. hierzu die Ausführungen
im Abschn. 3.2.5. Aber auch die Möglichkeiten des Rückbildungsglühens
und der Halbwarmumformung sind bei weitem noch nicht ausgereizt.
Verbindungen zwischen Komponenten sind Kostenfaktoren und stellen
häufig Schwachstellen dar. Ihre zahlenmäßige Reduzierung kann man
durch Ausschöpfen der Formgebungsmöglichkeiten erreichen. Beispiele
hierzu findet man in Abschn. 9.6. Eine häufige Aufgabe ist es, Verbindun-
gen zwischen Rahmenelementen herzustellen, die zudem noch tragende
Funktionen haben. Als Verbindungsverfahren dienen MIG-, WIG- und
Strahlverfahren, die durch den thermischen Einfluß auf das Gefüge der
Komponenten immer eine gewisse Schwachstelle darstellen. Bei entspre-
chender Seriengröße werden Knotenelemente aus Formguß verwendet, die
die kritischen Schnittstellen in weniger beanspruchte Bereiche verlegen
helfen. Weitere Beispiele mit Blech- und Profilformelementen und mit ge-
schickter Ausnutzung der Gestaltungs- und Formgebungsmöglichkeiten
von Strangpreßprofilen sind in den Bildern 20.1.1 und 20.1.2 dargestellt.

Bild 20.1.1 Geschweißte Verbindungsknoten mit Zwischenstück aus a) Profil, b)


Blechschalen und c) ohne Zusatzelemente, dabei ist die gegenseitige Durchdrin-
gung der Profile im Hinblick auf Steifigkeit und Stabilität wichtig (Ruch 1992)
20.1 Gestaltungsgrundsätze 679

Bild 20.1.2 Geschweißter Verbindungsknoten aus Profilen durch Trennen von


Mehrkammerhohlprofilen mit anschließenden Biegen und mit einem zusätzlichen
Stützprofil (Ruch 1992)

Um die Gestaltungsmöglichkeiten von Profilkonstruktionen auszu-


schöpfen, wird auch auf die Ausführungen in Abschn. 9.6 und Abschn.
13.1 hingewiesen.
Im Vordergrund der bisherigen Betrachtungen standen mechanisch-
technologische Gesichtspunkte der Produktgestaltung mit Aluminium. Ge-
gebenenfalls sind aber für die Verwendung des Werkstoffs auch seine be-
sonderen physikalischen und chemischen Eigenschaften – s. Kap. 4 und
5 – maßgebend oder bringen Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Ma-
terialen. Die Kombination solcher physikalischer Eigenschaften, wie hohe
Wärmekapazität und hohe Wärmeleitfähigkeit sind vorteilhaft für Produkte
mit kurzzeitigen Wärmestößen, wie z. B. Bremsscheiben. In Verbindung
mit den hohen Reflektionseigenschaften wird die Wärmeaufnahme durch
Strahlungswärme vermindert, aber im konvektiven Wärmetransfer eine
hohe Transferleistung erzielt. Die paramagnetischen Eigenschaften bieten
empfindlichen Elektronikelementen Schutz vor elektromagnetischen Stö-
rungen. Der gegenüber Stahl etwa doppelt so hohe lineare Wärmeausdeh-
nungskoeffizient α des Aluminiums kann bei Mischbauweise Probleme
verursachen. Die Auswirkungen von Temperaturschwankungen ∆T auf die
Spannungen σT durch behinderte Wärmedehnung α⋅∆T werden allerdings
gemildert durch den niedrigeren Elastizitätsmodul E entsprechend der Be-
ziehung:

σT = E⋅α⋅∆T (20.1.1)
und sind damit etwa 30% niedriger als bei Stahl. Trotzdem können bei ei-
ner Stahl-Aluminium-Mischbauweise bei Temperaturschwankungen nicht
zu vernachlässigende Spannungen und Formänderungen auftreten.
680 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

Besonderes Augenmerk ist auf korrosionsgerechtes Konstruieren zu le-


gen. Trotzdem das günstige Verhalten von Aluminium in dieser Hinsicht
häufig Stahlwerkstoffen überlegen ist, treten immer wieder unvorhergese-
hene Schadensfälle auf, die durch nicht abgestimmte Betriebsbedingungen
verursacht wurden – z.B. durch unüberlegte nÄderungen von Reinigungs-
mitteln –, die aber durch richtige konstruktive Gestaltung hätten vermieden
werden können. Die Vorgehensweise und einige grundlegenden Beispiele
für korrosionsgerechtes Konstruieren findet man in Abschn. 5.1.1 und
Abschn. 5.5.

20.2 Elastizitätsmodul und Leichtbau

Die meisten Aluminiumkonstruktionswerkstoffe haben bezogen auf den


Elastizitätsmodul eine höhere Rp0,2-Dehngrenze als Baustähle, wie aus den
Zahlenbeispielen in Tabelle 20.2.1 hervorgeht. Deshalb stehen häufig bei
der Dimensionierung von Stahlkonstruktionen die Festigkeit und bei Alu-
miniumkonstruktionen die Steifigkeit als Bemessungskriterien im Vorder-
grund.

Tabelle 20.2.1 Vergleich typischer Konstruktionswerkstoffe bezüglich der Be-


messungskriterien 0,2%-Dehngrenze und Elastizitätsmodul E
Material Rp0,2 E Rp0,2/E
[N/mm²] [N/mm²] x 10³
[–]
EN AW-5083-0 125 70 000 1,8
EN AW-5083-H321 220 70 000 3,1
EN AW-6082-T6 260 70 000 3,7
EN AW-7020-T6 290 70 000 4,1
St 42 260 210 000 1,2
St 52 360 210 000 1,7
Beton C 45 28 28 000 1,0
Holz 20 9 000 2,2

Bei der Dimensionierung von Komponenten, die unter reiner elastischer


Zugbeanspruchung stehen, sind die Spannungen im Aluminiumteil bei
gleicher elastischer Dehnungsbeschränkung um den Faktor 3 geringer als
im Stahlteil, s. Bild 20.2.1. In diesem Fall sind die Sicherheiten gegen pla-
stisches Versagen und gegen Bruch bei dem Aluminiumteil deutlich höher
als bei dem Stahlteil. Allerdings sind auf diese Weise auch kaum Ge-
wichtsersparnisse zu verwirklichen. Um einen Leichtbaueffekt zu erzielen,
20.2 Elastizitätsmodul und Leichtbau 681

müssen für das unter reiner Zugbeanspruchung stehende Aluminiumteil


größere elastische Dehnungen zugelassen werden.

Bild 20.2.1 Spannungs-Dehnungsdiagramme für Stahl (St52) und Aluminium (EN


AW-6082-T6)

hÄnlich liegen die Verhältnisse bei Torsionsbeanspruchung dünnwandi-


ger Hohlzylinder, s. Bild 20.2.2. Auch hier lassen sich durch einfache Sub-
stitution von Stahl durch Aluminium bei gleicher Torsionssteifigkeit Mt/ϕ,
Querschnittsform (Um = mittlere Umfangslänge, Am, = mittlerer einge-
schlossener Querschnitt) und Länge nur bedingt Gewichtseinsparungen re-
alisieren, wie die nachstehende überschlägliche Rechnung in Tabelle
20.2.2a zeigt. Durch gestalterische Maßnahmen des Querschnitts, z.B. von
stranggepreßten Hohlzylindern wie in Bild 20.2.2 (unten), kann man je-
doch eine Verwölbung beim Verdrehen behindern und so deutliche
Leichtbaueffekte erzielen.

Bild 20.2.2 Torsionsbeanspruchte dünnwandige Querschnitte und Vollquerschnit-


te sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Torsionssteifigkeit
682 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

Tabelle 20.2.2a Massenverhältnis Aluminium/Stahl von dünnwandigen Hohl-


strukturen unter gleicher Torsionsbeanspruchung

Torsionssteifigkeit: Mt G ⋅ It
=
ϕ l
E 4 ⋅ Am2 ⋅ s
mit G= und I t =
2 ⋅ (1 + ν ) Um
wird: Mt 2 ⋅ E ⋅ Am2 ⋅ s
=
ϕ (1 + ν ) ⋅ l ⋅ U m
ρ St
≈3
Dichteverhältnis ρ Al
Elastizitätsmodul E E St
Poissonzahl =3
E Al
ν St = ν Al = 0,3
notwendige Wanddicke: Mt ESt sAl
bei = konst . → = =3
ϕ E Al sSt
Massenverhältnis Aluminium/Stahl: mAl s Al ⋅ ρ Al 3
→ = = = 1,0
mSt sSt ⋅ ρ St 3

Anders als bei gleichmäßig dünnwandigen Hohlquerschnitten ist bei


Vollquerschnitten unter Torsionsbeanspruchung ein Leichtbaugewinn von
ca. 40 % zu erreichen, wie die folgende Rechnung zeigt:

Tabelle 20.2.2b Massenverhältnis Aluminium/Stahl von vollwandigen Hohl-


strukturen unter gleicher Torsionsbeanspruchung

Mt π ⋅ E ⋅d 4
Torsionssteifigkeit: =
ϕ 64 ⋅ (1 + ν ) ⋅ l
ρ St
≈3
Dichteverhältnis ρ Al
E St
Elastizitätsmodul E =3
E Al
Poissonzahl ν St = ν Al = 0,3
4
notwendiger Durchmesser: Mt E St d Al
bei = konst . → = =3
ϕ E Al d St4
Massenverhältnis Aluminium/Stahl: mAl d Al ⋅ ρ Al
2
3
→ = = = 0,58
mSt d St2 ⋅ ρ St 3
mit d Al = 4 3 ⋅ d St = 1,316 ⋅ d St
20.2 Elastizitätsmodul und Leichtbau 683

Günstiger liegen die Gewichtseinsparungsverhältnisse bei Biegebean-


spruchung. Für einen Biegeträger aus Stahl und Aluminium gleicher Stei-
figkeit sind die Spannungen und Dehnungen und die jeweiligen Sicher-
heiten gegen plastisches Versagen und Bruch in Bild 20.2.3 wiedergege-
ben. Dabei hat der Aluminiumträger ein um 40 % geringeres Gewicht als
der Stahlträger (s. Fall (b) in Bild 20.2.4).

Bild 20.2.3 Spannungen und Dehnungen in Biegeträgern gleicher Steifigkeit aus


Stahl (St 52) und Aluminium (EN AW-6082-T6)

Höhere Gewichtseinsparungen können gegebenenfalls durch eine Opti-


mierung des Aluminiumträgerprofils erreicht werden. Um die gleiche Bie-
gesteifigkeit zu erzielen, muß das Produkt aus E-Modul und Flächenträg-
heitsmoment I für gleichsteife Träger aus Stahl und Aluminium gleich
groß sein:

ESt ⋅ISt = EAl ⋅IAl (20.2.1)

Da ESt / EAl = 3 ist, muß das Flächenträgheitsmoment des Aluminiumträ-


gers verdreifacht werden. Eine Gewichtsoptimierung erreicht man vor al-
lem dadurch, daß wegen

I ∝ b⋅h3 (20.2.2)

die Höhe h des Aluminiumträgers vergrößert und die Wanddicken t und w


möglichst klein gehalten werden, so daß die Querschnittsfläche insgesamt
geringer ausfällt als beim Biegeträger gleicher Höhe, wie die Beispiele in
Bild 20.2.4 zeigen.
684 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

Bild 20.2.4 Abmessungs- und Gewichtsvergleiche bei Trägern gleicher Steifigkeit


aus Stahl und Aluminium (Lundberg 1994)

Die Verringerung von Wanddicken der Trägerelemente bei gleichzeiti-


ger Vergrößerung der Trägerhöhe kann jedoch nicht beliebig vorgenom-
men werden. Die Grenzen werden durch Instabilitätskriterien, d.h. durch
Beulversagen im Druckbereich, oder durch mangelnde Torsionssteifigkeit
gezogen. Bei Trägern gleicher Biegesteifigkeit ergeben sich mit zuneh-
mender Trägerhöhe, h, geringere Querschnittsflächen und somit geringeres
Gewicht, aber auch höhere Biegespannungen und geringere Torsionsstei-
figkeiten. Gleichzeitig wird die zulässige Beulspannungsgrenze kleiner.
Zur Beulstabilisierung des Druckflansches können aussteifende Voll- oder
Hohlrippen oder Wulste in den beulgefährdeten Querschnittbereichen vor-
gesehen werden, wodurch das Trägergewicht allerdings wieder steigt (Ko-
ser 1990). Zu Einzelheiten über Beulkriterien von Aluminiumträgern wird
auf die DIN 4113-1: 2002 verwiesen.
Bei stranggepreßten Profilträgern wirken Hohlkammern im Profilquer-
schnitt positiv auf die Torsionssteifigkeit. Ein konstruktives Optimum er-
reicht man, wenn gleichzeitig die zu Stabilitätszwecken vorgesehenen
Aussteifungen weitere Funktionen, wie Montagehilfen und Befestigungs-
hilfen, übernehmen können. Bild 20.2.5 illustriert die Möglichkeiten der
Biegeträgeroptimierung am Beispiel eines Sattelauflieger-Längsträgers.
Anstelle eines einfachen Doppel-T-Trägers, der für die notwendigen Bie-
geoperationen und Verjüngungen am Schwanenhals ungeeignet und trotz
gleicher Biegesteifigkeit wie der Stahlträger eine wesentlich geringere
Torsionssteifigkeit besitzt, wird der Träger aluminiumgerecht aus zwei
20.2 Elastizitätsmodul und Leichtbau 685

Strangpreßprofilen zusammengesetzt. Durch die Hohlprofilausbildung er-


reicht man nicht nur erheblich verbesserte Torsionssteifigkeit, sondern
auch kostensparende Montagehilfen bei gleichzeitig günstigen Leichtbau-
eigenschaften (Cobden 1994).

Bild 20.2.5 Biegeträgeroptimierung für einen leichten, torsionssteifen Fahrzeug-


rahmen (Cobden 1994)

Bei Blechformteilen und Platten ist man gezwungen, die Blech- oder
Plattendicke aus Gründen der Beulsteifigkeit um ca. 45% zu erhöhen, da

E St
t Al = t St ⋅ 3 ≈ t St ⋅ 3 3 ≈ 1.44 ⋅ t St (20.2.3)
E Al

Daraus ergibt sich ein Gewichtsvorteil für Aluminium von 50% entspre-
chend der Beziehung

∆G G St − G Al ρ ⋅V ρ ⋅t
= = 1 − Al Al = 1 − Al Al (20.2.4)
G St G St ρ St ⋅ VSt ρ St ⋅ t St

∆G ρ E 33 1,44
= 1 − Al ⋅ 3 St ≈ 1 − = 1− ≈ 50% (20.2.5)
GSt ρ St E Al 3 3

wobei t = Blechdicke, E = Elastizitätsmodul, G = Gewicht, V = Volumen,


ρ = spezifisches Gewicht, St = Index Stahl und Al = Index Aluminium.
686 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

Die notwendige Erhöhung der Wanddicken zur Erzielung gleicher Stei-


figkeiten bei Biege-, Druck- und Schubbeanspruchung hat zur Folge, daß
die erforderlichen Festigkeitseigenschaften des Aluminiumbauteils bei
gleicher Tragfähigkeit geringer sein können als die des Stahlteils. Dieser
Umstand wird genutzt, um bei Strangpreßprofilen durch die Wahl geringe-
rer Festigkeiten günstigere Formgebungseigenschaften und damit eine hö-
here Wirtschaftlichkeit zu erreichen.
Wie die vorstehenden Überlegungen zeigen, kann man mit Aluminium
bei gleichen Tragfähigkeitskriterien Leichtbaugewinne von etwa 50% er-
zielen und bei geschickter Auslegung auch gleiche oder sogar höhere Tor-
sionssteifigkeiten erreichen, wie Angaben von Audi zum Aluminium-
Spaceframe-Modell A8 (D3) bestätigen. Andererseits ergibt sich aus die-
sen Betrachtungen auch, daß Leichtbaukomponenten mit Aluminium im-
mer einen größeren Bauraum erfordern, als für Stahlkomponenten notwen-
dig wäre.

20.3 Schweißkonstruktionen

Konstruktive Gestaltung, Berechnung und Fertigung von Aluminium-


schweißkonstruktionen gehören zu den wichtigsten Leichtbauaufgaben.
Auf Grund der Tatsache, daß die überwiegende Zahl der Aluminiumkon-
struktionslegierungen in verfestigten oder ausgehärteten Werkstoffzustän-
den eingesetzt werden, muß man das „Mismatch“ zwischen Grundwerk-
stoff- und Schweißnahtfestigkeit beim rechnerischen Nachweis berück-
sichtigen. Dies gilt in Bezug auf die statische Beanspruchbarkeit, aber
noch viel mehr im Hinblick auf das Verhalten unter schwingender und
Stoßbeanspruchung. Die Notwendigkeit, die Art des Verbindungsstoßes,
dessen Kerbwirkungen und Schweißeigenspannungen berücksichtigen zu
müssen, um die Gebrauchstauglichkeit und Lebensdauer nachweisen zu
können, gehört zu den anspruchsvollen Ingenieuraufgaben, wenn ein opti-
males Leichtbauergebnis erzielt werden soll. Einige aluminiumspezifische
Besonderheiten werden nachfolgend behandelt.

20.3.1 Grundsätze zur Gestaltung von Schweißverbindungen

Eine Besonderheit der Aluminiumschweißverbindungen ist die Entfesti-


gung in der Wärmeeinflußzone. Diese führt zu einem Abfall der Festig-
keitswerte der Schweißnaht gegenüber dem Grundwerkstoff, wenn dieser
im verfestigten oder ausgehärteten Zustand vorliegt, s. Abschn. 16.2.
Tabelle 2.3.2 enthält Mindestwerte für die statischen Festigkeitseigen-
20.3 Schweißkonstruktionen 687

schaften von Grundwerkstoffen und MIG-Schweißverbindungen der zuge-


lassenen Konstruktionslegierungen des Schienenfahrzeugbaus nach DIN
EN 13981-1.
Obwohl die Ausdehnung der Wärmeeinflußzone (WEZ) von solchen
Parametern, wie Wanddicke, Schweißgeschwindigkeit, Streckenenergie
und Schweißverfahren abhängt, wird in den Berechnungsregelwerken (z.B.
DIN 4113, Teil 2) von einer konstanten Breite der Erweichungszone aus-
gegangen, die allerdings zwischen verschiedenen Regelwerken variiert.
Für die statische Berechnung längsbeanspruchter Schweißnähte bei aus-
gehärteten oder kaltverfestigten Legierungen muß der Festigkeitsabfall in
der WEZ mittels einer reduzierten Querschnittfläche [κ ⋅ s ⋅ Breite der
WEZ] berücksichtigt werden. Der Abminderungsfaktor κ errechnet sich
aus

κ = Rp0,2 WEZ / Rp0,2 GW (20.3.1)

mit den Werten Rp0,2 WEZ und Rp0,2 GW für die WEZ und den Grundwerk-
stoff, s. Bild 20.3.1. Zulässige Werte findet man in den einschlägigen Re-
gelwerken, z.B. in DIN 4113-2: 2002.

Bild 20.3.1 Definition der Wärmeeinflußzone von Schmelzschweißverbindungen


für Festigkeitsnachweise von Aluminiumkonstruktionen

Für die Berechnung querbeanspruchter Schweißnähte gelten die zulässi-


gen Werte der WEZ- bzw. der Verbindungsfestigkeit in Zusammenhang
mit den Querschnittsgrößen der Nahtgeometrien (rechnerische Nahtdicke
a), die ebenfalls in den einschlägigen Regelwerken definiert sind.
Um die Auswirkungen der reduzierten Festigkeit der Wärmeeinflußzone
bei Aluminiumschweißkonstruktionen so gering wie möglich zu halten,
688 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

sollte man die Lage der Verbindung in weniger beanspruchte Bereiche der
Konstruktion legen. Die optimale Lage von Quernähten z.B. in einem Bie-
geträger kann man entsprechend Bild 20.3.2 ermitteln.

Bild 20.3.2 Ermittlung der Lage einer Quernaht im Biegeträger ohne Festigkeits-
einbuße durch die WEZ bei einem Abminderungsfaktor von κ = 0,5

Die optimale Lage der Längsnaht in einem Biegeträger sollte möglichst


nahe der neutralen Ebene liegen. Die Berechnung der günstigen Schweiß-
nahtposition ist in Bild 20.3.3 dargestellt.

Bild 20.3.3 Berechnung der optimalen Lage einer Längsnaht im Biegeträger ohne
Festigkeitseinbuße durch die WEZ bei einem Abminderungsfaktor von κ = 0,5

Ein Kastenprofilträger soll aus zwei C-förmigen Profilen hergestellt


werden. Es besteht die Möglichkeit, die Schweißverbindung entweder seit-
lich oder oben/unten vorzusehen, s. Bild 20.3.4. Bei Biegebeanspruchung
über der x-Achse führt die seitliche Lage der Naht kaum zu einer Beein-
20.3 Schweißkonstruktionen 689

trächtigung der statischen Werte, dagegen werden diese durch Lage im


Zug- und Druckgurt um 20% (W) bzw. um 25% (I) reduziert (Koser 1990).

Bild 20.3.4 Auswirkungen der Lage der Schweißnaht bei einem Kastenprofil auf
die Tragfähigkeitskennwerte (Koser 1990)

Um bei den verminderten Festigkeitswerten von Schweißnähten mög-


lichst hohe Werkstoffausnutzung zu erzielen, sind folgende Empfehlungen
(Alusuisse 1991) in der Konstruktion zu beherzigen (vgl. Illustrationen in
Bild 20.3.5):
A. Bei Biegeträgern, Schweißnähte möglichst in die neutrale Zone legen
B. Bei Steifigkeitssprüngen, Nähte möglichst in genügender Entfernung
dazu
C. Dickenabsätze möglichst sanft, um Sekundärspannungen aus exzen-
trischer Anbindung zu vermeiden
D. Behinderung von Verwölbungen bei Torsionsbeanspruchung ver-
meiden.
E. Kraftumlenkung in der Schweißnaht vermeiden
F. Schweißanfang und -ende möglichst von geometrisch bedingten Ker-
ben fernhalten
G. Verringern von Eigenspannungen durch durchlaufende Nähte von
Rand zu Rand
H. Verringern von Eigenspannungen durch Bördeln oder Vorwölben
des einzuschweißenden Teils
I. Bei schwingender Beanspruchung, Kerbwirkung durch sanfte Über-
gänge vermeiden
K. Bei schwingender Beanspruchung, gute Spannmöglichkeiten vorse-
hen, um Heftschweißungen zu vermeiden.
690 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

Bild 20.3.5 Empfehlungen für die Gestaltung von Schweißverbindungen, nach


Alusuisse (1991) Erläuterungen im Text

Am Schweißanfang und Schweißende besteht die Gefahr von Anfangs-


und Endkraterrissen. Für hochbelastete Verbindungen wird man daher Zu-
lagebleche am Nahtanfang und Ende vorsehen, die nach dem Schweißen
abgetrennt werden. Man kann auch die Nahtführung so wählen, daß Naht-
anfang und -ende in eine geringer belastete Zone gelegt werden, wie in
Bild 20.3.6 angedeutet ist. Das nachträgliche Heraustrennen der Anfangs-
und Endstellen ist in Verbindung mit einem gut auslaufenden Radius zwar
aufwendiger, aber sehr wirksam im Hinblick auf gutes Schwing-
festigkeitsverhalten.

Bild 20.3.6 Empfehlung für die Nahtführung aus einer wenig belasteten Stelle bei
hochbelasteten Knotenblechen (Koser 1990)
20.3 Schweißkonstruktionen 691

20.3.2 Eigenspannungen in Schweißverbindungen

Durch die lokale Wärmeeinbringung in die Schweißnaht entstehen Eigen-


spannungen in beträchtlicher Höhe, die zu Verzug führen können und Ein-
fluß auf die Höhe der Beanspruchbarkeit ausüben. Letzteres gilt nach den
Bemessungsregelwerken (Eurocode 9 und IIW-Empfehlungen, s. Abschn.
20.3.3) für den allgemeinen Stabilitätsnachweis und besonders für den
Nachweis ausreichender Schwingfestigkeit geschweißter Konstruktionen
und Bauelemente.
Eigenspannungen in der Schweißverbindung entstehen bei der Abküh-
lung der erhitzten Schweißnaht und Wärmeeinflußzonen (WEZ) infolge
des Wärmeabflusses in den benachbarten kälteren Grundwerkstoff. Die
Behinderung der Schrumpfung des erstarrten Schweißgutes und der WEZ
durch die angrenzenden kühleren Bereiche erzeugt Zugspannungen in der
Naht und Umgebung in einer Höhe, die etwa durch die momentane Warm-
fließgrenze der WEZ begrenzt wird. Im umgebenden Grundwerkstoff ent-
stehen ausgleichende Druckspannungen. In der Verbindungsebene herrscht
bei relativ dünnwandigem Material ein ebener Spannungszustand. Übli-
cherweise werden die Eigenspannungen in Nahtrichtung (σl) und quer zur
Naht (σq) gemessen. Für die Superposition von Längs- und Quereigen-
spannungen und mit äußeren Belastungsspannungen muß eine entspre-
chende Vergleichsspannung ermittelt werden. Es ist üblich, die Schweiß-
eigenspannungen bezüglich ihrer Wirkung auf die Schwingfestigkeit als
Mittelspannungen aufzufassen.
Bild 20.3.7 zeigt beispielhaft Ergebnisse von röntgenographischen
Spannungsmessungen an einer 6 mm dicken Schweißprobe aus AlMg4,5
Mn0,7-H116 (Zinn 1990). Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine
mechanisierte MIG-Impulsschweißverbindung eines starr eingespannten
I-Stoßes mit Deck- und Wurzelgegenlage. Messungen der Eigenspan-
nungen ergaben keine wesentlichen Unterschiede zwischen Ober- und
Wurzelseite. Die Härte in unmittelbarer Umgebung der Schweißnaht ent-
sprach etwa der des Weich-Zustands der Legierung (Rp0,2 ≈ 140 N/mm²).
Die höchsten Zugeigenspannungen werden in Nahtrichtung (σl) gemessen
und entsprechen etwa 0,65·R p0,2. Die Eigenspannungskomponenten quer
zur Nahtrichtung (σq) sind mit etwa 0,4·R p0,2 deutlich geringer. Von der
Mitte des Werkstücks fallen die Zugspannungen zu den Nahtenden konti-
nuierlich ab. Werden quer zur Naht Prüfkörper entnommen (z.B. für Zug-
oder Schwingfestigkeitsversuche) bauen sich die Eigenspannungen nahezu
vollständig ab (Zinn 1990). Der Einfluß von Schweißeigenspannungen
kann demnach nicht mit herausgearbeiteten Prüfkörpern – sog. Kleinpro-
ben – geprüft werden.
692 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

Bild 20.3.7 Eigenspannungen einer MIG-Impuls-Schweißprobe 90x110x6 mm aus


AlMg4,5Mn0,7-H116. I-Stoß. Bild links: Eigenspannungen längs (σl) und quer
(σq) zur Naht in Schweißprobenmitte. Bild rechts: Eigenspannungen entlang der
Naht in 7 mm Abstand von der Nahtmitte (Zinn 1990)

Aus diesem Grunde wurde in den 80-er Jahren begonnen, Eigenspan-


nungsmessungen und Stabilitäts- und Schwingfestigkeitsprüfungen an
Großprobenträgern durchzuführen. Bild 20.3.8 gibt die Ergebnisse von Ei-
genspannungsmessungen von Mazzolani (Mazzolani 1982, Mazzolani
1985) an I-Trägern (Abmessungen: 100x200xL) wieder, die einerseits aus
Plattenabschnitten und andererseits aus Strangpreßprofilen mit Stegblech
geschweißt wurden. Dabei handelt es sich sowohl um nicht aushärtbare als
auch um aushärtbare Legierungen (EN AW-5083, EN AW-6082, EN AW-
7020-T6). Die höchsten Zugeigenspannungen wurden mit 140 N/mm²ge-
messen, was etwa der 0,2-Dehngrenze der erweichten WEZ entspricht. In
Bild 20.3.8b sind die vorteilhaften Veränderungen und Lagen der Eigen-
spannungen in der Profilkonstruktion gegenüber den aus Plattenabschnit-
ten aufgebauten I-Trägern ersichtlich.
Die Untersuchungen von Mazzolani haben auch gezeigt, daß die Eigen-
spannungen im Verhältnis zur 0,2-Dehngrenze des Grundmaterials bei
Aluminiumprofilen deutlich niedriger sind als bei baugleichen Trägern aus
Stahl, s. Bild 20.3.9. Bei Aluminiumprofilen betrug die Höhe der Zugei-
genspannungen maximal 60% der 0,2-Dehngrenze, wogegen bei den
Stahlträgern Zugeigenspannungen in Höhe der Streckgrenze des Grund-
materials bzw. darüber hinausgehende Werte gemessen wurden.
20.3 Schweißkonstruktionen 693

Bild 20.3.8 Eigenspannungen in geschweißten I-Trägern aus Aluminiumlegie-


rungen. (a) Walzmaterial, (b) Strangpreßprofile (Mazzolani 1982)

Bild 20.3.9 Verläufe und Größenordnung der Eigenspannungen in geschweißten I-


Trägern aus Stahl und Aluminium (Mazzolani 1982, Mazzolani 1985)

Weitere Schweißdetails wurden von Kosteas an Großprobenträgern un-


tersucht (Kosteas 1987, Ondra et al. 1992). Die Träger wurden aus Walz-
plattenmaterial aus den Legierungen EN AW-7020-(T6) und EN AW-
5083-(H112) aufgebaut, Schweißzusatzdraht war AL-5183 mit 1,6 mm .Ø
Die industrielle Fertigungsweise sollte die praxisgerechte und fachlich
kompetente Ausführung der MIG-Schweißarbeiten und gleichzeitig die
Übertragbarkeit der Ergebnisse in die Praxis des Ingenieurbaus sichern.
Stichprobenweise ZfP-Prüfungen ergaben keine „signifikanten“ Fehler
(Ondra et al. 1992). Zwei Ausführungen mit verschiedenen Schweißdetails
sind beispielhaft in Bild 20.3.10 gezeigt.
694 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

Bild 20.3.10 Versuchsträger für die Ermittlung von Schwingfestigkeitseigen-


schaften diverser Schweißdetails in praxisgerechter Ausführung (Ondra et al.
1992). (Die angegebenen Detailbezeichnungen sind nicht mit den FAT-Klassen-
bezeichnungen von ERAAS oder des EC9 zu verwechseln)

Schweißeigenspannungen wurden vor den Belastungsversuchen an ver-


schiedenen Schweißdetails mit Hilfe der „Bohrlochmethode“ ermittelt. Die
Meßstellen wurden in Nähe der Nahtübergänge angebracht, und die Span-
nungskomponente in Richtung der Biegeträgerachse (z-Richtung) gemes-
sen. Die Ergebnisse sind in Bild 20.3.11 aufgetragen und zeigen im Rah-
men der Streuung der Meßwerte ähnliche Eigenspannungsniveaus bei bei-
den Legierungen. Die höchsten Werte wurden an Längs- und Quersteifen

Bild 20.3.11 Gemessene Eigenspannungen an verschiedenen Schweißdetails von


Aluminiumversuchsträgern (Poalas et al.1988)
20.3 Schweißkonstruktionen 695

auf den Flanschen gemessen (s. Details D1 und D2) und erreichen fast die
Rp0,2-Grenze der jeweiligen WEZ (Poalas et al.1988). Angaben über den
Abbau dieser Schweißeigenspannungen während der Schwingbelastungs-
dauer sind nicht bekannt. Im übrigen ist man heute in der Lage, Schweiß-
eigenspannungen und Bauteilverzug auf numerischem Wege mit Hilfe ent-
sprechender FE-Simulationsprogramme (Sysweld®, Weld Sim®) zu ermit-
teln. Diese Rechnungen beruhen auf thermophysikalischen und thermome-
chanischen Werkstoffkennwerten (Veneziano et al. 2006). Der Rechen-
aufwand ist allerdings noch sehr hoch.
Zugeigenspannungen betreffen im Nahtbereich ausgerechnet die größte
Schwachstelle der Verbindung und werden daher mitverantwortlich gehal-
ten für die verminderten Ermüdungsfestigkeiten. Überwiegend befindet
sich der Ausgangsort für Ermüdungsbrüche bei MIG-Schweißverbin-
dungen am Nahtübergang zwischen Schweißgut und WEZ, sofern keine
gröberen Wurzelfehler, gröbere Poren, Nahtrückfall oder sonstige Bin-
dungsfehler den Anriß im Schweißgut erzeugen. Bei Nahtüberhöhung er-
gibt zudem ein abnehmender Nahtflankenwinkel und Kerbradius eine ent-
sprechend zunehmende Makrokerbwirkung am gefährdeten Nahtübergang.
Die Überlagerung von Zugeigenspannungen mit den Kerbspannungen
führt am Nahtübergang zu einer örtlich verstärkten Beanspruchung, die
nach Bild 6.4.28 die Streckgrenze überschreiten kann. Wenn also mit si-
gnifikanten Zugeigenspannungen in einem Bauteil zu rechnen ist, wird
deshalb in den Regelwerken von einem höheren R-Wert (z.B. R = 0,5)
ausgegangen, als dem tatsächlichen Spannungsverhältnis durch äußere Be-
anspruchungen entspricht. (Diese Feststellung trifft jedoch nur zu, wenn
während der Beanspruchung kein Eigenspannungsabbau stattfindet.)
Die obigen Vorstellungen und die Sorge, daß durch den Zusammenbau
weitere Eigenspannungen aufgebaut werden könnten, haben dazu geführt,
daß in den Regelwerken des Eurocode 3 (Stahl), Eurocode 9 (Aluminium)
und den IIW-Empfehlungen für Fatigue Design (IIW:2003) sowie weiteren
nationalen Regelwerken (z.B. BS 8118) eine Mittelspannungsunabhängig-
keit der Schwingfestigkeit zugrunde gelegt wurde, die auf einem Span-
nungsverhältnis R = 0,5 beruht. Diese angenommene Mittelspannungsu-
nabhängigkeit ist gerade für Aluminiumschweißkonstruktionen nachteilig,
da Aluminiumlegierungen eine deutlich höhere Mittelspannungsempfind-
lichkeit M (Definition s. Gl. (6.4.14)) als Stahlwerkstoffe besitzen, vgl.
Bild 6.4.22. Für solche Fälle, in denen gesicherte Annahmen über vorhan-
dene oder nicht vorhandene Eigenspannungen vorliegen, erlauben die ge-
nannten Regelwerke einen sog. Bonusfaktor f(R) beim rechnerischen
Nachweis der Schwingfestigkeit von Konstruktionen, die mit niedrigeren
Spannungsverhältnissen R < +0,5 belastet werden. Bild 20.3.12 illustriert
den Bonusfaktor für drei exemplarische Fälle:
696 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

• Fall I: betrifft ungeschweißte Grundwerkstoffe, deren Eigenspannungen


vernachlässigbar gering sind.
• Fall II: trifft auf Konstruktionen zu, deren Eigenspannungen σe bekannt
sind und in einem effektiven R-Wert
2σ e − ∆σ
Reff = (20.3.1)
2σ e + ∆σ
• berücksichtigt werden können.
• Fall III: gilt für eigenspannungsbehaftete Konstruktionen ohne Nach-
weis der Eigenspannungen (kein Bonusfaktor).

Bild 20.3.12 Zur rechnerischen Berücksichtigung der R-Abhängigkeit der


Schwingfestigkeit bei Bauteilen (I) ohne nennenswerte, (II) mit bekannten, mäßi-
gen bzw. (III) mit unbekannten Eigenspannungen (nach EC9)

Der vorstehende Ansatz gilt für die Schwingfestigkeit bei NC = 2·10 6


Lastwechsel. Für andere Lastwechselzahlen wirkt sich der Bonusfaktor
f(R) in einer flacheren Neigung k der normierten Wöhlerkurve (s. Bild
6.4.18) aus, wobei als Ankerpunkt die Schwingfestigkeit bei 1·10 4 LW
angenommen wird. Entsprechend ergibt sich die Abhängigkeit der Nei-
gung k von R wie folgt:

− 2,301
k ( R) = . (20.3.2)
log f ( R ) + log ∆σ ( R =0,5; 2⋅106 ) − log ∆σ ( R =0,5; 104 )

Die Schwierigkeiten oder der erhebliche meßtechnische Aufwand in der


Praxis, Schweißeigenspannungen an Bauteilen oder Konstruktionen zu
messen, führt dazu, bei der Anwendung der vorstehenden Regelungen auf
Schweißkonstruktionen grundsätzlich von einer R-Unabhängigkeit der
Schwingfestigkeit auszugehen und den Bonusfaktor allenfalls für dünn-
20.3 Schweißkonstruktionen 697

wandige, eigenspannungsarme Schweißkonstruktionen (Fall II) oder unge-


schweißte Grundwerkstoffbauteile (Fall I) anzusetzen.
Die Berücksichtigung von Schweißeigenspannungen in den Regelwer-
ken entsprechend den vorstehenden Regelungen ist als pragmatischer, kon-
servativer Ansatz zu betrachten. Allerdings ist der Ansatz mangels ausrei-
chender Versuchsergebnisse bisher nicht überzeugend. Wenn man die
Entwicklung dieser Regelungen anhand der einschlägigen, historischen
Berichterstattung (Kosteas 1992, Maddox 2003) nachvollzieht, so beruht
die R-Unabhängigkeit der Schwingfestigkeit von Schweißverbindungen im
Regelwerk auf der Annahme, daß die geringeren Schwingfestigkeits-
eigenschaften von „Großproben“ (Bauteilen) gegenüber denen von „Klein-
proben“ auf die in Großproben vorhandenen Eigenspannungen zurück-
zuführen sind. Kosteas (Kosteas 1992) erwähnt verschiedene Versuchs-
serien mit Großproben, die aber durchaus eine bis 40% höhere Wechselfe-
stigkeit (R = -1) gegenüber der ertragbaren Schwellfestigkeitsamplitude (R
= 0,1) ergaben, was der für Aluminiumkonstruktionslegierungen typischen
Mittelspannungsempfindlichkeit von M ≈ 0,4 entspricht, s. Kap 6.4.7.
Eine ähnliche Mittelspannungsempfindlichkeit wurde bei einer syste-
matischen Untersuchung mit Kleinproben unterschiedlicher Schweißnaht-
ausführungen gefunden (Nitschke-Pagel et al. 2003). Die in Bild 20.3.13

Bild 20.3.13 R-Abhängigkeit der Spannungsamplitude für 2·10 6 LW verschiede-


ner Schweißverbindungen aus 5 mm dickem Walzblech der Legierung EN AW-
6082-T6 mit Zusatzwerkstoff AL-5183. Stumpfnähte als I-Stoß mit Wurzelge-
genlage. Auswertung von Versuchsdaten der Datenquelle Nitschke-Pagel et al.
(2003)
698 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

dargestellten Daten wurden durch Auswertung der Originaldaten für die


Bruchlastwechselzahl NB = 2·10 6 LW gewonnen. Die Lage der Schwing-
festigkeitsbrüche war immer im unmittelbaren Nahtübergang. Die an die-
sen Stellen gemessenen Eigenspannungen waren mit max. 10 MPa gering.
Die Verminderung der ertragbaren Schwingfestigkeitsamplituden der
Schweißverbindungen gegenüber denen des Grundwerkstoffs beruht of-
fensichtlich auf den Kerbwirkungen des Nahtübergangs und auf den Gefü-
geänderungen in der WEZ.
Die Bedeutung von Schweißeigenspannungen für die Schwingfestigkeit
von Großproben scheint danach überbewertet zu sein. Diese Feststellung
ist um so mehr gerechtfertigt, als zuverlässige Meßwerte über die Kon-
stanz oder den Abbau (bzw. der spezifischen Wirkung) von Schweißeigen-
spannungen während der Schwingbelastung fehlen. Nach Untersuchungen
an Stählen gilt die gleiche Feststellung der Überbewertung auch zumindest
für Stahlsorten unterer und mittlerer Festigkeitsklassen (Nitschke-Pagel
2001). Es gibt sogar Fälle, in denen durch thermischen Abbau von
Schweißeigenspannungen an Aluminiumschweißverbindungen (EN AW-
6063-T6 / AL-4043A) nicht nur keine Verbesserung, sondern eine Ver-
schlechterung der Schwingfestigkeit eintrat (Bertini et al 1998).
Angesichts der überragenden Rolle der Nahtübergangskerben als Anriß-
ort sowie der Beobachtung, daß kerbarme Schweißverbindungen trotz ho-
her Schweißeigenspannungen deutlich höhere Schwingfestigkeiten besit-
zen, ist zu vermuten, daß bei der Fixierung auf die Rolle von Schweißei-
genspannungen die eigentliche oder vorherrschende Ursache für die gerin-
geren Schwingfestigkeiten von geschweißten Großproben übersehen
wurde, nämlich die statistisch größere Zahl von kritischen Imperfektionen
und höheren Kerbspannungen in gefährdeten Querschnitten als in Klein-
proben. Die beste Maßnahme gegen geringe Schwingfestigkeit von
Schweißverbindungen ist daher die Schaffung von kerbarmen Verbindun-
gen in der fertigungstechnischen Ausführung (Nitschke-Pagel 2001) sowie
eine mechanische Nachbehandlung durch Kugelstrahlen o. ä..
Die Bedeutung von thermisch erzeugten Schweißeigenspannungen für
das Schwingfestigkeitsverhalten wirft daher noch eine Reihe von Fragen
auf. Vermutlich besteht ein entscheidender Unterschied in der Wirkung
von lokalen, thermisch erzeugten Schweißeigenspannungen mit erhebli-
chen Spannungsgradienten im Gefüge des gefährdeten Querschnitts ge-
genüber globalen Eigenspannungen sowie von thermisch gegenüber me-
chanisch-plastisch erzeugten Eigenspannungen. Zahlreiche Untersuchun-
gen belegen, daß die Schwingfestigkeit von Schweißverbindungen durch-
aus durch Druckeigenspannungen, erzeugt durch mechanisch-plastische
Nachbehandlung (Kugelstrahlen, Bürsten, Hämmern, Festwalzen), verbes-
sert werden kann (Zinn 1990, Krull 2000, Nitschke-Pagel et al. 2002,
20.3 Schweißkonstruktionen 699

u.v.a.) mehr. Diese Effekte wurden in Abschn. 6.4.9 bereits für unge-
schweißte Grundwerkstoffe beschrieben und darauf hingewiesen, daß die
positive Wirkung von Kugelstrahlen evtl. weniger auf den erzeugten
Druckeigenspannungszustand als vielmehr auf die Kaltverfestigung des
Oberflächengefüges und deren Wirkung auf das schädigungsinduzierende
Versetzungsverhalten zurückzuführen ist. Tveiten et al. (Tveiten et al.
2006) zeigen weiterhin, wie durch einfache mechanische und thermische
Maßnahmen globale Druckeigenspannungen direkt beim Schweißprozeß
einzubringen und dadurch gleichfalls gewisse Schwingfestigkeitsverbesse-
rungen zu erreichen sind.
Weitere grundlegende und zwischen den unterschiedlichen Eigenspan-
nungsarten differenzierende Untersuchungen sind demnach wünschens-
wert, damit einerseits keine Leichtbaugewinne mit Aluminiumschweiß-
konstruktionen verschenkt und andererseits keine unkonservativen Rück-
schlüsse aus unvollständigen Datensätzen gezogen werden. Auch würde
eine genauere Beschäftigung mit den Ursachen der Ermüdungsschädigung
in Schweißverbindungen dazu beitragen, den Gefügeeinfluß genauer zu
definieren und zu kontrollieren sowie die entsprechenden konstruktiven
und fertigungstechnischen Gegenmaßnahmen detaillierter festzuschreiben.

20.3.3 Schwingfestigkeitsnachweis von Schweißverbindungen

Während man bei Konstruktionen aus ungeschweißten Komponenten die


Schwingfestigkeit durch Vermeidung scharfer Kerben oder Steifigkeits-
sprünge optimieren kann, ist die Schwingfestigkeit von Schweißkonstruk-
tionen maßgeblich von der Schweißausführung und von der Gestaltung der
Verbindung abhängig. Abgesehen von Wurzelfehlern bzw. rißähnlicher
Kerbwirkung an der Wurzel bei ungenügender Durchschweißung liegt im
Zusammenspiel mit der Kerbwirkung des Nahtübergangs die schwächste
Stelle im Grundwerkstoff, und zwar im Übergangsbereich zum Schweiß-
gut. Durch die Erweichung in der WEZ, durch den Einfluß des gewöhnlich
nicht artgleichen Zusatzwerkstoffs und durch die Kerbwirkung des Naht-
übergangs spielt die Festigkeit des Grundwerkstoffs keine entscheidende
Rolle mehr. Eine gewünschte Verbesserung der Schwingfestigkeit oder der
Lebensdauer einer Schweißkonstruktion läßt sich daher normalerweise
nicht durch die Wahl eines höherfesten Grundwerkstoffs erreichen. Viel-
mehr wird die Nahtausführung und Nahtgestaltung zum entscheidenden
Faktor.
Für den rechnerischen Nachweis ausreichender Ermüdungsfestigkeit
von Schweißkonstruktionen wurden – und werden – verschiedene Metho-
den und Konzepte entwickelt und in Regelwerken niedergelegt. Die frühe-
700 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

ren und z. T. noch gültigen nationalen Regelwerke fußten auf unterschied-


lichen Erfahrungen aus Anwendungen und Fertigungspraktiken und führ-
ten im Vergleich häufig zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Aus den
Bemühungen seit den 80-er Jahren, auf europäischer Ebene und im inter-
nationalen Rahmen einheitliche Regelwerke zu erstellen, entstanden 1992
die ECCS-Empfehlungen ERAAS (European Recommendation for Alumi-
nium Alloy Structures Fatigue Design) für die ermüdungsgerechte Ausle-
gung von Aluminiumkonstruktionen [ECCS:1992], woraus in Verbindung
mit der britischen Norm BS 8118 [BS 8118:1991] der Eurocode 9 für
Aluminiumkonstruktionen [prEN 1999:2005] (s. Normenliste im Anhang
Tabelle A.3) hervorgegangen ist. Parallel dazu wurden die gemeinsam für
Stahl- und Aluminiumkonstruktionen geltenden Empfehlungen des Inter-
national Institute of Welding [IIW-Doc.:2003] konzipiert. Alle genannten
Regelwerke berufen sich für den rechnerischen Nachweis der Schwingfe-
stigkeit einer Konstruktion oder eines Bauteils überwiegend auf das Nenn-
spannungskonzept sowie zunehmend auf sog. Örtliche Nachweiskonzepte
(Strukturspannungskonzept, Kerbgrund- oder Kerbdehnungskonzept, Mi-
krostützwirkungskonzept und Ersatzlängenkonzept) und die bruchmecha-
nische Methode der Lebensdauerermittlung rißbehafteter Konstruktionen
(„damage tolerant design“). Abgesehen von der letzteren Methode werden
nachfolgend die wesentlichen Merkmale dieser Nachweiskonzepte für
Aluminium beschrieben werden.

Nennspannungskonzept
Als Nennspannung (nominale Spannung) wird die in der Nähe des zu un-
tersuchenden Querschnitts herrschende Spannung (einschließlich globaler
geometrisch verursachter Spannungserhöhungen) durch die äußeren Lasten
bezeichnet, ohne daß örtlich wirksame Spannungserhöhungen durch Ker-
ben, z.B. an einer Schweißnaht, berücksichtigt werden. Es wird ein insge-
samt elastisches Verhalten angenommen. Die in der Nähe des vermuteten
ermüdungsbruchkritischen Querschnitts ermittelte nominale Spannung
σvorh. wird mit dem zulässigen Beanspruchungswert σzul. verglichen, den
man aus einer für dieses Konstruktionsdetail (z.B. Stumpfstoß) geltenden
sowie für den jeweiligen Werkstoff spezifischen Wöhlerkurve erhält. Der
Nachweis ausreichender Schwingfestigkeit ist erbracht, wenn σvorh. ≤ σzul.
ist. Der zulässige Wert σzul berücksichtigt die Streuung der Werkstoffdaten
und gegebenenfalls einen Sicherheitsfaktor. Während in diesem Sicher-
heitsfaktor früher auch die Unsicherheiten der genauen Erfassung der Be-
anspruchungsgrößen enthalten waren, werden heute einerseits für die Be-
anspruchung und andererseits für die Beanspruchbarkeit des Werkstoffs ei-
gene Teilsicherheitsfaktoren verwendet (γL, γM). Je besser die Betriebs-
20.3 Schweißkonstruktionen 701

beanspruchungen bekannt sind und je zuverlässiger die Beanspruch-


barkeitsdaten des Werkstoffs und des Konstruktionsdetails vorliegen, um
so geringere Sicherheitsbeiwerte können verwendet werden (falls überge-
ordnete Regelwerke, Richtlinien und Vereinbarungen nicht anderes vor-
schreiben). So werden Wöhlerkurvendaten für regelgerechte Bemessung
durch statistische Auswertung von Versuchswerten mit einer Überlebens-
wahrscheinlichkeit von 97,5% angegeben und können mit einem Teilsi-
cherheitsfaktor γM = 1 bei entsprechender Sicherheitsstrategie in die Rech-
nung übernommen werden.
Voraussetzung für den Nennspannungsnachweis ist daher, daß eine das
Ermüdungsverhalten des zu berechnenden Konstruktionsdetails abbildende
Wöhlerkurve vorliegt. Die geometrische Singularität wird zusammen mit
den werkstofflichen und fertigungstechnischen Imperfektionen als Kerbfall
klassifiziert, für den eine entsprechende Wöhlerkurve zuvor ermittelt wor-
den sein muß. Es wird deutlich, daß damit allerdings eine erhebliche Da-
tenbasis für die große Vielfalt von Kerbfällen benötigt wird, die in der
praktischen Konstruktionsarbeit vorkommen können.
Der Nennspannungsnachweis wird für dauerfeste („infinite life“) oder
für zeitfeste (Betriebsfestigkeit, „structural durability“, „safe life design“)
Konstruktionen angewendet. In Verbindung mit Hypothesen zur Scha-
densakkumulation (z.B. Palmgren-Miner) durch statistische oder pro-
grammierte Lasthäufigkeiten können mit dem Nennspannungskonzept
Nachweise der Betriebsfestigkeit im mittleren (104–106 LW) und hohen
Lebensdauerbereich (>106 LW) geführt werden.
Für zahlreiche Konstruktionsdetails, die in dem Regelwerk Eurocode 9
[prEN 1999, Pt. 1-3:2004] aufgeführt sind, wurden solche Schwingfestig-
keitsdaten aus Großprobenversuchen ermittelt, die mit einer Überlebens-
wahrscheinlichkeit von 97,7% (entsprechend einer zweifachen Standard-
abweichung vom statistischen Mittelwert x -2s) versehen sind. Jedem die-
ser Konstruktionsdetails ist eine Wöhlerkurve zugeordnet, im doppeltloga-
rithmischen Koordinatensystem als Gerade durch den Festpunkt ∆σC
(„Detailklasse“ oder „FAT-Klasse“) bei NC = 2·10 6 LW und mit der Stei-
gung k (oder m) dargestellt und als normierte Wöhlerkurve bezeichnet
wird, s. Bild 6.4.18. Die Vereinbarungen zur Definition der Dauerfestig-
keit ∆σD bei ND = 5·10 6 LW bzw. zur Langzeitfestigkeit bis 1·10 8 LW, die
in Abschn. 6.4.5 beschrieben wurden, gelten auch für die hier behandelten
normierten Wöhlerkurven für Schweißverbindungen. Auf die Anwendbar-
keit der unterschiedlichen Steigungen im Dauerfestigkeitsbereich (k2 = ∞
und k2 = k1 +2) ab 5ž10 106 LW wurde ebenfalls in Abschn. 6.4.5 hingewie-
sen.
702 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

Die ERAAS-Empfehlungen bauten sich ausschließlich auf der statisti-


schen Analyse des vorhandenen experimentellen Datenpools und der pro-
babilistischen best-fit Gruppierung ähnlicher Datensätze auf, was sich auch
in unterschiedlichen Steigungen der normierten Wöhlerkurven nieder-
schlug (Kosteas 1989). Diese Daten stellten zunächst auch die Grundlage
des EC9 dar. In den neueren Überarbeitungen des EC9 wurden jedoch zu-
sätzliche Anforderungen an die Nahtqualität und die Einhaltung geometri-
scher Vorgaben entsprechend EN ISO 10024:2006 übernommen. In Aner-
kennung der Grenzen der praktisch durchführbaren Qualitätskontrolle –
z.B. durch zerstörungsfreie Prüfung der Nähte – wirkten sich die Zuord-
nungen zu den Qualitätsklassen B („hoch“, mit ZfP-Kontrolle), C („mit-
tel“) und D („niedrig“) in gewissen Veränderungen der ursprünglichen
FAT-Klassen aus. Gegenüber den Angaben des EC9 sind die FAT-Klassen
für Aluminiumdetails im IIW-Code im Durchschnitt noch konservativer
und orientieren sich überwiegend an einem konstanten Verhältnis von
Werten für Stahl/Aluminium von 2,8:1 sowie an der einheitlichen Wöhler-
kurvensteigung von k = 3,0. Als weiterer Unterschied zum EC9 enthält der
IIW-Code Angaben zu einer wesentlich größeren Zahl von „Kerbfällen“,
ähnlich denen für Stahl, sowie neuerdings eine Verschiebung des Ab-
knickpunktes für die Langzeitfestigkeit von 5·10 6 zu 1·10 7 LW. In einer
kritischen Bewertung der Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Regel-
werke und im Vergleich der Vorgaben mit experimentellen Daten kommt
Maddox (Maddox 2003) zu dem Schluß, daß die Vorgaben des EC9 mit
experimentellen Datenreihen die beste Konsistenz bieten.
Die in den Regelwerken EC9 und IIW-Empfehlungen zugrunde geleg-
ten normierten Wöhlerkurven gelten für ein konstantes Spannungsverhält-
nis R = 0,5, da der ungünstigste Fall hoher Eigenspannungen und vorhan-
dener Einbauspannungen unterstellt wird, s. Abschn. 20.3.2. Nach den ge-
nannten Regelwerken sind die aus den normierten Wöhlerkurven entnom-
menen zulässigen Schwingfestigkeitswerte unabhängig vom tatsächlichen
Spannungsverhältnis R zu verwenden, sofern nicht zuverlässige Kennt-
nisse über die Höhe der Eigenspannungen vorliegen und der Bonusfaktor
f(R) in Anspruch genommen werden kann.
Die Bilder 20.3.14 bis 20.3.24 enthalten Berechnungsdaten der ECCS-
ERAAS Fatigue Design Empfehlung [ECCS:1992] und – wo vergleichbar
– solche des EC9. Sie sollen als Orientierung für die Wahl günstiger kon-
struktiver Details dienen. Für die Ausführung von rechnerischen Nachwei-
sen wird jedoch auf die Originaldokumente verwiesen, die noch wichtige
Zusatzinformationen enthalten.
20.3 Schweißkonstruktionen 703

Bild 20.3.14 ERAAS FAT-Klassen für gewalzte und stranggepreßte Halbzeuge


aus den Legierungen EN AW-7020 und EN AW-5xxx und -6xxx. Werte in ( )
nach Angaben des EC9:2005

Bild 20.3.15 ERAAS FAT-Klassen für voll durchgeschweißte Stumpfstöße an


Flachmaterial mit Nahtlage quer zur Beanspruchungsrichtung. Werte in ( ) nach
Angaben des EC9:2005

Ein Vergleich der Detailklassen zeigt die Bedeutung der Kerbwirkung


für die Schwingfestigkeit der Verbindung. In solchen Fällen, in denen die
Schweißnaht mit einem Steifigkeitssprung zusammenfällt, erhält man die
niedrigsten Schwingfestigkeitswerte, vgl. Details E3 bis E7. Auch die grö-
ßere Steigung der Wöhlerlinie bei niedrigen Detailklassen deutet auf eine
schnellere Anrißbildung hin und darauf, daß in diesen Fällen die Lebens-
dauer hauptsächlich durch den Rißfortschritt bestimmt wird.
704 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

Bild 20.3.16 ERAAS FAT-Klassen für voll durchgeschweißte Stumpfstöße an


gepreßten Profilen mit Nahtlage quer zur Beanspruchungsrichtung. Werte in ( )
nach Angaben des EC9:2005

Bild 20.3.17 ERAAS FAT-Klassen für voll durchgeschweißte Stumpfstöße an


Flachmaterial mit Nahtlage quer zur Beanspruchungsrichtung. Längsnähte wurden
zuletzt geschweißt. Werte in ( ) nach Angaben des EC9:2005
20.3 Schweißkonstruktionen 705

Bild 20.3.18 ERAAS FAT-Klassen für Stumpfstöße und Kehlnähte in Längs-


richtung an Profilen und Flachprodukten. Nahtlage längs zur Beanspruchungs-
richtung. Angaben in ( ) nach EC9:2005

Bild 20.3.19 ERAAS FAT-Klassen für Anschweißteile an Steg und Flansch. An-
gaben in ( ) nach EC9:2005
706 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

Bild 20.3.20 ERAAS FAT-Klassen für Längs- und Quersteifen. Angaben in ( )


nach EC9:2005

Bild 20.3.21 ERAAS FAT-Klassen für Kreuzstöße und Verstärkungslaschen. An-


gaben in ( ) nach EC9:2005
20.3 Schweißkonstruktionen 707

Bild 20.3.22 Wöhlerlinien für die ERAAS FAT-Klassen A1 bis A4 mit der Stei-
gung k = 7,0. (Anm.: in Analogie zu EC9 wurde in dieser Abbildung der Ab-
knickpunkt der Dauerfestigkeit für konstante Lastamplituden von 2·10 6 LW auf
5·10 6 LW verschoben)

Bild 20.3.23 Wöhlerlinien für die ERAAS FAT-Klassen B1 bis B4, C1, C2, D1,
D2 und F1 bis F3 mit den Steigungen k1 = 4,32 und k2 = 6,32
708 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

Bild 20.3.24 Wöhlerlinien für die ERAAS FAT-Klassen B5 bis B11 und E1 bis
E8 mit den Steigungen k1 = 3,37 und k2 = 5,37

Den Vorzügen des Nennspannungskonzepts muß eine Reihe von


Schwierigkeiten und Anwendungsgrenzen des Berechnungskonzeptes ge-
genübergestellt werden. In der Praxis ist die richtige Auswahl der Kerb-
fallklasse häufig mit Unsicherheiten verbunden. Gerade bei Aluminium-
konstruktionen mit relativ komplexen Profilquerschnitten ist nicht immer
eine geeignete Kerbfallklasse vorhanden, und der experimentelle Aufwand
für die Ermittlung weiterer Kerbfallklassen ist sehr hoch. Auch sind die in
den gegenwärtigen Regelwerken enthaltenen Werkstoffdaten notgedrun-
gen sehr konservativ und führen häufig zu unnötigen Beeinträchtigungen
der möglichen Werkstoffausnutzung. Die experimentelle Datengrundlage
bezieht sich auf Verbindungen, die mit den Standard-Schweißverfahren
(MIG, WIG) erzeugt wurden. Spezielle Schweißverfahren mit niedrigeren
Kerbwerten – wie das Rührreibschweißen – sind noch nicht berücksichtigt.
Die Verwendung höherer Schwingfestigkeitswerte wird jedoch erlaubt,
wenn ein entsprechender experimenteller Nachweis durchgeführt wurde.
Aus diesen Gründen wurden insbesondere für Schweißverbindungen al-
ternative Berechnungskonzepte, die bereits für Stahlbauanwendungen re-
gelwerksmäßig eingeführt sind, in den letzten Jahren für Aluminium wei-
terentwickelt und verbessert. Neben dem bereits in Abschn. 6.4.8 er-
wähnten „Kerbgrundkonzept“ wird die Anwendbarkeit des Konzepts der
„Mikrostützwirkung“ nach Neuber und Radaj, das Konzept des „fiktiven
Ersatzradius“ sowie des „Strukturspannungskonzepts“ gegenwärtig einge-
hend experimentell und theoretisch untersucht.
20.3 Schweißkonstruktionen 709

Schwingfestigkeitsnachweis nach dem Strukturspannungskonzept


Bei komplexeren Schweißkonstruktionen reichen der Kerbfallkatalog des
Nennspannungskonzepts nicht mehr aus; es können die vielfältigen Aus-
wirkungen geometrisch bedingter Spannungsverteilungen und Belastungs-
arten durch charakteristische Spannungsamplituden ∆σA/NA allein nicht
mehr erfaßt werden. Beim Strukturspannungskonzept werden die herr-
schenden Strukturspannungen in der Nähe der erwarteten kritischen
Bruchstelle der Schweißnaht, dem „Hot Spot“, durch FE-Berechnungen
ermittelt, ohne jedoch die Kerbwirkung der Schweißnahtkerbe selbst in die
Ermittlung einzubeziehen. Über einer vereinbarten Referenzstrecke kurz
vor der Nahtkerbe wird die berechnete oder durch DMS gemessene Struk-
turspannung an der Bauteiloberfläche quasilinear bis zum Hot Spot extra-
poliert. Details der Extrapolation s. z.B. (IIW-Rec. 2003). Als Hot-Spot-
Strukturspannung σhs wird die Hauptspannung quer zur Schweißnaht am
Nahtübergang ermittelt, s. Bild 20.3.25.

Bild 20.3.25 Definition der Spannungen im Strukturspannungskonzept

Für die Berechnung der Lebensdauer oder Schwingfestigkeit der Kon-


struktion wird eine Strukturspannungswöhlerlinie benötigt, die an Flach-
proben mit der entsprechenden Schweißnahtausbildung (meistens Stumpf-
stoß oder Kehlnaht) experimentell ermittelt wird und nur die Kerb-
spannung der Nahtkerbe und keine weiteren Kerbspannungseffekte – z.B.
Steifigkeitssprünge durch Anschweißteile – enthält. Die Berücksichtigung
der Strukturspannung σhs geschieht über eine Strukturformzahl Ks =
σhs/σnenn . Andererseits kann die Strukturspannungswöhlerkurve aus einem
gleichwertigen Referenzfall des Kerbfallkatalogs errechnet werden, s. IIW-
Rec. und EC9:2005.
Die Anwendung des Strukturspannungskonzepts auf Aluminiumkon-
struktionen ist noch in der Entwicklungsphase im Hinblick auf die Zuver-
lässigkeit der Kennwerte. Außerdem ist die Anwendung beschränkt auf
solche Kerbfälle, in denen der gefährdete Querschnitt nicht durch Extra-
710 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

polation der Strukturspannung erfaßt wird, s. Bild 20.3.26. Solche Fälle


betreffen z.B. Wurzelspalte in unvollständig durchgeschweißten Verbin-
dungen (Niemi 1995). Jedoch laufen Bemühungen, das Strukturspan-
nungskonzept auch auf solche Fälle zu erweitern (Kotowski et al 2004),
indem Strukturspannungswöhlerkurven für andere Anrißlagen gemäß Bild
20.3.26 (b) experimentell ermittelt werden. Bild 20.3.27 ist ein Beispiel für

Bild 20.3.26 Bisherige Grenzen der Anwendung des Strukturspannungskonzeptes


auf die Anrißfälle unter (a). Wurzelseitige Anrißlagen (b) sind bisher nicht erfaßt
(Quelle: E. Niemi)

Bild 20.3.27 Strukturspannungswöhlerkurve einer V-Stumpfnaht mit Badstütze.


Grundwerkstoff: Mehrkammerhohlprofil aus EN AW-6005A-T6 mit angepreßter
V-Nahtvorbereitung und Badstütze. Flachproben wurden aus der oberen Profil-
wand entnommen. Die Strukturspannung bezieht sich auf den Nahtübergang (Ko-
towski et al. 2004)
20.3 Schweißkonstruktionen 711

eine Strukturspannungswöhlerkurve einer Stumpfnaht mit fester Badstütze


und wurzelseitigem Anriß, bei der die Schwingbreite auf die Strukturspan-
nung am Nahtübergang bezogen wurde (Kotowski et al 2004).
Der Vorteil des Strukturspannungskonzeptes besteht darin, daß gegen-
über dem Kerbspannungskonzept ein deutlich geringerer Aufwand bei der
Modellierung zu treiben ist und die Strukturspannung durch FE- oder BE-
Berechnung mit verhältnismäßig groben Elementen ermittelt werden kann,
was den Rechenaufwand für Bauteile und Konstruktionen erheblich ver-
kleinert. Bisher erstreckt sich jedoch die Anwendung auf Schweißkon-
struktionen mit verhältnismäßig großen Materialdicken (> 5 mm).

Kerbspannungskonzepte
Das Kerbspannungskonzept auf der Grundlage der Mikrostützwirkung
durch die Neuber’sche Ersatzstrukturlänge ρ* wurde in Abschn. 6.4.8 be-
handelt und kann grundsätzlich auch auf Schweißverbindungen angewen-
det werden. Voraussetzung dazu sind zuverlässige Angaben zur Ersatz-
strukturlänge für die verschiedenen Legierungen und diejenigen Gefüge-
strukturen, die für den Ort der Anrißbildung repräsentativ sind, d.h.
Grundwerkstoff, Wärmeeinflußzonen und Schweißgut. Gleichzeitig muß
eine zutreffende Annahme über den Versagensort getroffen werden.
Der Vorzug des Kerbspannungskonzepts der Mikrostützwirkung liegt
darin, daß die Schwingfestigkeit auch von solchen Anrißorten abgeschätzt
werden kann, die derzeit vom Strukturspannungskonzept nicht erfaßt wer-
den. Verschiedene Untersuchungen in den letzten Jahren zur Anwendung
des Konzepts der Mikrostützwirkung an Schweißverbindungen der Legie-
rungen AlMg4,5Mn0,7 und AlSi1MgMn (Morgenstern et al. 2003) haben
jedoch gezeigt, daß mit dem verwendeten Prüfumfang die Streuung der
darauf aufbauenden Schwingfestigkeitsergebnisse für verschiedene Ver-
bindungsformen noch unbefriedigend ist. Angesichts des für notwendig er-
achteten Prüfaufwandes wird diese Methode daher für die Ingenieurpraxis
nicht empfohlen (Morgenstern et al. 2004, Morgenstern et al. 2006).
Eine alternative Vorgehensweise ist das Kerbspannungskonzept mit ein-
heitlichem fiktivem Ersatzradius ρf. Hierbei werden die örtlich elastischen
Beanspruchungen am versagenskritischen Ort auf der Grundlage der Ela-
stizitätstheorie berechnet und den örtlich ertragbaren Beanspruchungen,
gegeben durch eine einheitliche Wöhlerkurve, gegenübergestellt. Trotz der
Unterschiede in den nach dem Mikrostützwirkungskonzept berechneten
Wöhlerlinien und der Streubreite der Daten wurde in jüngster Zeit vorge-
schlagen, in Analogie zum Stahl auch für Aluminiumkonstruktionen und
-schweißverbindungen einen einheitlichen fiktiven Kerbradius und eine
einheitliche Wöhlerkurve für die Lebensdauerabschätzung zu verwenden
712 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

(Morgenstern et al. 2006). Für Baustähle und verschiedenste Schweißver-


bindungstypen wurde ein einheitlicher fiktiver Ersatzradius ρf = 1 mm als
genügend repräsentativ für das Kerbspannungsverhalten unter Dauer-
schwingbeanspruchung erprobt und festgestellt, daß auch das Verhalten
hochfester Stähle mit einer einzigen gemeinsamen Stahl-Wöhlerlinie, die
vom St37 abgeleitet wurde, genügend genau abgebildet werden kann (See-
ger 1996). Auf der Grundlage verschiedener Versuchsserien mit mindes-
tens 5 mm dickem Material aus den Legierungen AlMg4,5Mn0,7 und Al-
Si1MgMn und mit unterschiedlichen Verbindungsarten wurde die örtliche
Vergleichsspannung im Kerbgrund für verschiedene fiktive Ersatzradien
auf eine gemeinsame Wöhlerlinie zurückgerechnet. Das geringste Streu-
maß der Versuchsdaten für Beanspruchungen mit R = -1 und R = 0 wurde
mit fiktiven Kerbradien von ρf = 0,6 bis 1,0 mm erhalten. Aus einem un-
terstellten Streumaß von Tσ = 1:1,50 wurden für ρf = 1 mm einheitliche
regelwerksfähige Wöhlerkurven mit einer Überlebenswahrscheinlichkeit
von Pü = 97,7% erstellt, die in Bild 20.3.28 wiedergegeben sind. Auch für
Schweißverbindungen an einem Magnesiumwerkstoff wurde ein einheitli-
cher fiktiver Kerbradius ρf = 1 mm gefunden, der die Schwingfestigkeits-
werte der untersuchten Schweißproben mit Dicken von 5 mm befriedigend
abbildet (Karakas et al. 2006).

Bild 20.3.28 Master-Wöhlerlinien (Vorschlag) für die Aluminiumkonstruktionsle-


gierungen AlMg4,5Mn0,7 (EN AW-5083) und AlSi1MgMn-T6 (EN AW-6082)
zur Anwendung des Kerbspannungskonzeptes mit einem fiktiven Ersatzradius von
ρf = 1,0 mm (Morgenstern et al. 2006)

Die Vorgehensweise bei der Anwendung dieses Konzeptes ist, daß die
ermüdungskritischen Nahtübergänge und Wurzelkerben mit einem einheit-
20.3 Schweißkonstruktionen 713

lichen Kerbradius von ρf = 1 mm angenommen werden und unter Berück-


sichtigung der übrigen geometrischen Verhältnisse (z.B. Nahtanstiegswin-
kel) die elastizitätstheoretische Formzahl Kt (ρf = 1 mm) mit den üblichen
analytischen Ansätzen oder mit genügend feinmaschigen FE-Netzen be-
rechnet wird. Über diese Formzahl wird die Wirkung der äußeren Bean-
spruchung mit der ertragbaren Beanspruchung aufgrund der einheitlichen
Wöhlerkurve abgeglichen. Eigenspannungen oder Mittelspannungsemp-
findlichkeit werden wie beim Nennspannungskonzept behandelt.
Die Einfachheit des Kerbspannungskonzeptes mit konstantem, werk-
stoffunabhängigen fiktivem Ersatzradius ist attraktiv. Seine Nützlichkeit,
Zuverlässigkeit und Anwendungsgrenzen müssen sich noch für die Viel-
fältigkeit der Aluminiumkonstruktionen durch weitere Untersuchungen
erweisen.

20.3.4 Nachbehandlung zur Schwingfestigkeitsverbesserung

Die Schwingfestigkeit von Schweißverbindungen läßt sich durch verschie-


dene Nachbehandlungsmethoden über den Schweißzustand hinaus verbes-
sern. Hobbacher (Hobbacher 1991) gibt hierüber einen detaillierten Über-
blick zum damaligen Stand der Technik, der auch heute noch weitgehend
gültig ist. Obwohl im Einzelfall Verbesserungen der Nahtschwingfestig-
keit bis auf Werte des Grundwerkstoffs erzielt wurden, kann man in der
Praxis bei sorgfältiger Verarbeitung eher von einer durchschnittlich 50-
prozentigen Verbesserung ausgehen. Das International Institute of Wel-
ding (IIW) legt in einer Empfehlung (Haagensen et al. 2001) die Rahmen-
bedingungen fest, die für eine Anrechnung der Verbesserung im Rahmen
des IIW-Regelwerks (IIW-Rec. 2003) beachtet werden müssen. Je niedri-
ger die Kerbfallklasse (FAT-Klasse), um so prozentual höher sind die Ver-
besserungen.
In der Praxis werden u. a. folgende Nachbehandlungsverfahren verwen-
det, die zum Ziel haben, einerseits die geometrischen Imperfektionen und
Kerbwirkungen der Naht zu reduzieren und andererseits die Ermüdungsei-
genschaften der Randschicht zu verbessern:

1. Methoden zur Verbesserung des Nahtprofils:


• Spanende Bearbeitung der Schweißnaht (Ausschleifen der Nahtker-
ben)
• Bearbeiten des Nahtübergangs
• Wiederaufschmelzen des Nahtübergangs mit WIG-, Plasma- oder La-
ser-Verfahren
714 20 Einführung in das Konstruieren mit Aluminium

2. Methoden zur Verbesserung der Randschicht (Verfestigung, Oberflä-


chengüte, günstiger Eigenspannungszustand):
• Kugelstrahlen, Nadelhämmern, maschinelles Bürsten
• Festwalzen
• Prägen (Coining)
• Überlasten (Überdehnen).

Die meisten der aufgeführten Methoden zur Nahtverbesserung können


nur dann wirken, wenn die anrißgefährdeten Zonen durch die jeweilige
Maßnahme erreichbar sind, z.B. der Nahtübergang. Verbindungen, die
durch Rißbildung von der Wurzelseite her versagen, sind von diesen Maß-
nahmen ausgeschlossen. Außerdem muß man sich darüber Rechenschaft
ablegen, daß durch die Verbesserungsmaßnahme der Anrißort nicht auf ei-
ne andere Schwachstelle verschoben wird.
Die IIW-Empfehlungen sind experimentell abgesichert und beschränken
sich auf Schweißverbindungen im Wandstärkenbereich von 4 bis 50 mm.
Bei dünnwandigen Bauteilen sind die Verbesserungsgewinne marginal
(Traupe et al. 2002). Die Randschichtbehandlungsverfahren (Kugelstrah-
len, etc.) können im Zeitfestigkeitsbereich nur dann sinnvoll verwendet
werden, wenn die Schwingbreite ∆σ im Nennspannungssystem das 1,5-
fache der 0,2%-Dehngrenze nicht überschreitet, da sonst mit einem Abbau
der günstigen Druckeigenspannungen zu rechnen ist, s. hierzu auch die
Ausführungen in Abschn. 6.4.9 und 20.3.2. Die durch Nachbehandlungs-
verfahren erzielbaren Verbesserungen dürfen nach den IIW-Empfehlungen
nur für die unteren Detailklassen (bis etwa zu ∆σc = 45 MPa) beim
Schwingfestigkeitsnachweis in Anrechnung gebracht werden. Der Bonus
beträgt je nach Nahttyp und Verfahren etwa 1 bis 2 FAT-Klassen im IIW-
System. Gegenüber den IIW-Wöhlerkurven mit konstanter Steigung k = -
3,0 wird in diesem Fall von manchen Autoren ein Drehen der Zeitfestig-
keitsgeraden um den Spannungswert bei 104 Schwingspielen als zutreffen-
der angesehen (Traupe et al. 2002).
Das IIW-Dokument (Haagensen et al. 2001) enthält Anweisungen für
die Ausführung und Qualitätssicherung der verschiedenen Nachbehand-
lungsverfahren. Als Maß für die Reproduzierbarkeit der Nachbehandlung
sollen Almen-Intensitätsmessungen durchgeführt werden. Anweisungen
speziell für die Durchführung des Kugelstrahlens enthält auch die Spezifi-
kation SAE AMS-S-13165:1997 „Shot Peening of Metal Parts“.
Aus der Arbeit von Zinn (Zinn 1990) illustriert Bild 20.3.29 das Verbes-
serungspotential durch Kugelstrahlen und WIG-Nachbehandlung von
MIG- und WIG-Schweißverbindungen.
20.3 Schweißkonstruktionen 715

Bild 20.3.29 Verbesserung der Schwingfestigkeit durch Nachbehandlungsmaß-


nahmen von MIG- und WIG-Schweißverbindungen an 6 mm dicken Blechproben
aus AlMg4,5Mn0,7-0. GW = Grundwerkstoff, WIG = WIG Wechselstrom ge-
schweißt, MIG = MIG Impuls-geschweißt, Index m = mechanisch geschweißt, h =
handgeschweißt, w = WIG-nachbehandelt, k = kugelgestrahlt
21 Sonderwerkstoffe

Die nachfolgend betrachteten Sonderwerkstoffe sind in ihrer wirtschaftli-


chen Bedeutung heute noch nicht mit den Knet- und Gußwerkstoffen zu
vergleichen. Sie werden hier mit einführenden Informationen behandelt,
um werkstoffliche Perspektiven aufzuzeigen, die Aluminium auch für be-
sondere Herausforderungen – höhere Festigkeiten, höchste Warmfestigkei-
ten, geringeres Gewicht und verbesserte Aufprallenergieabsorption – ge-
eignet erscheinen lassen und die unter Umständen sogar eine wirt-
schaftlichere Leichtbaulösung ermöglichen.

21.1 Aluminiumpulvermetallurgie

Die Pulvermetallurgie bietet die Chance, durch neuartige Legierungen die


Anwendungsgrenzen von schmelzmetallurgischen Aluminiumlegierungen
entscheidend zu verändern und in neue Anwendungsgebiete vorzustoßen. Die-
se Feststellung gilt insbesondere für solche Einsatzfälle, die hohe Forderungen
an Temperaturbeständigkeit, Warmfestigkeit und Verschleiß stellen.

21.1.1 Herstellen von Legierungspulvern


Für die Herstellung von pulvermetallurgischen („PM“) Formteilen werden
Legierungspulver verwendet, die prinzipiell auf zwei verschiedenen We-
gen erzeugt werden: 1) durch schmelzmetallurgisches Legieren und 2)
durch mechanisches Legieren.
Bei Legierungssystemen, bei denen die Legierungselemente eine hohe
oder vollständige Löslichkeit im flüssigen Zustand besitzen, geschieht die
Pulverherstellung durch
• Versprühen der Schmelze,
• Gasverdüsen der Schmelze (s. Bild 21.1.1) oder
• andere RSP-Verfahren (Rapidly Solidified Powders), wie „Splat-Coo-
ling“.
Durch diese Verfahren wird ein feines, homogenes Gefüge erzielt, das
mit den herkömmlichen schmelzmetallurgischen Verfahren des Stranggie-
718 21 Sonderwerkstoffe

ßens und des Formgusses nicht erreichbar ist. Ein Maß für die Homogeni-
tät des aus der Legierungsschmelze erstarrten, festen Metalls ist der sekun-
däre Dendritenarmabstand (DAS), der über eine Potenzfunktion mit der
Abkühlgeschwindigkeit in Zusammenhang steht. In doppel-logarithmi-
scher Darstellung ergibt sich entsprechend Bild 21.1.2 eine geradlinige
Abhängigkeit des Dendritenarmabstandes von der Abkühlgeschwindigkeit.
Durch Vakuum-, Gas- und Wasserverdüsen erreicht man gegenüber dem
Stranggußgefüge ein zunehmend homogenes Gefüge. Extrem schnelle Er-
starrungsgeschwindigkeiten erzielt man durch Abschrecken von Schmel-
zetropfen oder eines dünnen Schmelzestrahls auf gekühlten Metallplatten
oder -walzen (sog. „Splats“).

Bild 21.1.1 Pulverherstellung durch Gasverdüsen der Schmelze (Verlinden et al.


1994)

Bild 21.1.2 Abhängigkeit des Dendritenarmabstands von der Abkühlgeschwin-


digkeit von Aluminiumschmelze beim Strangguß und durch Sprühen in verschie-
dene Medien
21.1 Aluminiumpulvermetallurgie 719

Eine Folge dieser hohen Erstarrungsgeschwindigkeiten ist eine entspre-


chende Zunahme der Übersättigungskonzentration an Legierungselemen-
ten, die weit über die Grenzen des thermodynamischen Gleichgewichts
hinausgehen. Tabelle 21.1.1 enthält Anhaltswerte für die Legierungsele-
mente Kupfer, Mangan und Silizium. Es ist leicht vorstellbar, daß durch
die etwa 10-fach erhöhte Übersättigungen mit entsprechenden thermome-
chanischen Folgebehandlungen ungewöhnliche Eigenschaftsprofile erzielt
werden können.

Tabelle 21.1.1 Erhöhung der Löslichkeitsgrenzen von Legierungselementen in


Aluminium durch rasche Erstarrung (Verlinden et al. 1994)
Legierungs- Max. Gleichgewichts- Max. Löslichkeit bei rascher
element löslichkeit [At.-%] Abkühlung [At.-%]
Cu 2,5 (bei 821 K) 18
Mn 0,7 (bei 923 K) 9
Si 1,6 (bei 850 K) 16

Legierungselemente, die in der Aluminiumschmelze keine oder nur eine


geringe Löslichkeit besitzen (z.B. Sauerstoff, Kohlenstoff), werden durch
mechanisches Legieren im festen Zustand zugefügt. Dazu wird atomisier-
tes Pulver in Hochenergie-Kugelmühlen (Attritoren) gemahlen, wobei
durch intensives Aneinanderpressen der feinen Partikel ein Vermischen
der getrennt zugegebenen Legierungskomponenten stattfindet und infolge
kurzer Diffusionswege schon bei niedrigen Temperaturen um 50°C eine
Legierungsbildung eintritt, s. schematischen Ablauf in Bild 21.1.3. Wäh-
rend des Mahlvorgangs in Schlag-, Schwing- oder Rührkugelmühlen ver-
schweißen die Pulverpartikel, brechen auf und verschweißen wieder. Ein

Bild 21.1.3 Mechanisches Legieren von Metallpulvern in Kugelmühlen (Verlin-


den et al. 1994)
720 21 Sonderwerkstoffe

ausgewogenes Verhältnis zwischen Partikelzerkleinern und Partikelver-


schweißen wird durch geeignete organische Mahlflüssigkeiten erreicht.
Mechanisches Legieren wird hauptsächlich für die Herstellung dispersi-
onsgehärteter Legierungspulver verwendet.
Beim mechanischen Legieren kann man durch unterschiedliche Mahlpa-
rameter und durch die Art und Menge von organischen Zusatzstoffen ver-
schiedenartige Pulverpartikelformen und -fraktionen erreichen. Bild 21.1.4
gibt Beispiele für derartige Partikelformen.

Bild 21.1.4 Beispiele für Pulverpartikelformen durch Mahlen in Kugelmühlen:


a)-c) Al99,0 gemahlen mit verschiedenen Schmierstoffen und -mengen (Treverton
et al. 1975), d) und e) Al99,5 dispersionsgehärtet mit 4 Gew.-% Kohlenstoff
(Jangg et al. 1975)

21.1.2 Kompaktieren von Pulvern zu Formteilen

Im ersten Schritt der Herstellung von PM-Produkten wird eine Pulvermi-


schung geeigneter unterschiedlicher Körnung und ggf. unterschiedlicher
Zusammensetzung hergestellt, um günstige Kompaktierungseigenschaften
und die gewünschte Legierungszusammensetzung zu erzielen. Es ist mög-
lich, von unlegierten Pulvern auszugehen und die Legierungsbildung durch
Mahlen und Diffusionsprozesse bei der thermischen Prozeßführung in den
nachfolgenden Fertigungsschritten zu erreichen. Das gilt z.B. für Karbid-
dispersionen in PM-Material, das durch Mahlen von unlegierten Al-Pul-
vern mit Kohlenstoff (z.B. Flammruß) hergestellt wird. Die Dispersions-
härtung entsteht durch Reagieren der C-Dispersion mit der Al-Matrix in
der Stufe der heißisostatischen Verdichtung bzw. der Warmformgebung
(Strangpressen, Schmieden). Elemente, die in Aluminium im schmelzflüs-
sigen Zustand vollständig löslich sind, wird man jedoch in der schmelz-
flüssigen Phase zusetzen und verdüsen.
Weiterhin werden dem Pulver häufig Schmierstoffe beigemischt, um
bessere Verdichtungseigenschaften zu erzielen und die Entformung zu er-
leichtern, und außerdem Bindemittel, um die Festigkeit des kaltkompak-
tierten Grünlings zu steigern. Diese Zusätze entweichen während des Sin-
terns oder während der Aufheizung auf Preßtemperatur.
21.1 Aluminiumpulvermetallurgie 721

Auf das Mischen der Pulverausgangsstoffe folgen die Fertigungsabläufe


zur Kompaktierung von PM-Formteilen, die in Bild 21.1.5 dargestellt sind.
Durch Kaltverdichten werden sog. „Grünlinge“ hergestellt, die nachfol-
gend durch Sintern bei Temperaturen nahe dem Schmelzpunkt und unter
Schutzgasatmosphäre verfestigt werden. Auf mikroskopischer Ebene ent-
steht an den Punktkontakten der Partikel eine stoffschlüssige Halsbildung.
Im Zusammenhang damit ändert sich die Porenform; die Porosität nimmt
bei gleichzeitigem Schrumpfen des Rohlings ab. Schließlich werden die
Restporen durch Kornwachstum bei weiterer Abnahme der Restporosität
isoliert. Die treibende Kraft beim Sinterprozeß ist die Reduzierung der
Oberflächenenergie. Diese relativ niedrige Reaktionskinetik läßt sich
durch reaktionsfördernde Zuschlagstoffe und durch Druckbeaufschlagung
(Drucksintern) verbessern. Beim Sintern mit flüssiger Phase werden Zu-
satzelemente verwendet, die bei der Sintertemperatur flüssig sind und da-
durch den Sintervorgang beschleunigen. Bzgl. der Dichte von Sinterteilen
unterscheidet man je nach Grad der gewünschten Raumerfüllung zwischen
75% bis >95,5% bzw. <73% für Filteranwendungen. Bei Verwendung
aushärtbarer Pulverlegierungen können durch abschließende Wärmebe-
handlungen höhere Festigkeitseigenschaften erzielt werden.

Bild 21.1.5 Mögliche Fertigungsabläufe für die Herstellung pulvermetallurgischer


Fertigteile (Verlinden et al. 1994)

Im Gegensatz zur Herstellung von Sinterteilen ist bei der PM-Weiter-


verarbeitung von schnellerstarrten und durch mechanisches Legieren ge-
wonnenen Pulvern ein zusätzliches Heißverdichten durch Warmumformen
üblich, um ein fast porenfreies, kompaktes Formteil zu erzeugen. Als
722 21 Sonderwerkstoffe

Heißkompaktierungsverfahren kommen das Strangpressen, das Schmieden


sowie heißisostatisches Pressen infrage. Theoretisch kann man das Metall-
pulver direkt (vertikales Pressen) oder nach Sintern bzw. Heißpressen ei-
nes Preßbolzens extrudieren. Jedoch werden Aluminiumpulver fast aus-
schließlich nach Kaltverdichten und Vakuumentgasen im Container
stranggepreßt (Strangpressen im „Mantel“ oder „Hemd“; engl.: canning).
Hierdurch soll der Grad der Oxidation und der Einschluß von Schmier-
mitteln verhindert werden. Das Strangpressen von vorverdichteten PM-
Bolzen geschieht analog dem herkömmlichen Strangpressen. Trotz voll-
ständiger Verdichtung im Rezipienten erreichen die Pulverpartikel ihre
Verbindungsfestigkeit erst beim Extrudieren, da hierfür Diffusionsbin-
dungen zwischen frisch erzeugten Oberflächen infolge von Scherver-
formungen erforderlich sind.
Schmieden ist ein Warmformgebungsprozeß, der sowohl für die voll-
ständige Verdichtung von vorgesinterten oder kaltkompaktierten Vorfor-
men als auch zur weiteren Formgebung eingesetzt wird. Um gleichmäßige
Dichte zu erzielen, werden die Werkzeuge mit Gleitmitteln eingesprüht.
Beim heißisostatischen Pressen wird das Pulver in einem Behälter unter
Vakuum erhitzt und entgast. Der anschließend hermetisch geschlossene
Behälter wird dann bei hoher Temperatur einem hydrostatischen Druck
ausgesetzt. Hierbei handelt es sich um einen relativ langsamen Prozeß.
Nach dem Verdichten wird der Behältermantel mechanisch oder auf che-
mischen Wege entfernt. Der Vorteil des heißisostatischen Verdichtens ist
die vergleichsweise einfache Herstellung komplexer Teileformen. Aller-
dings sind die erzielbaren Formtoleranzen relativ groß.

21.1.3 Sprühkompaktieren

Das Sprühkompaktieren ist eine Verfahrenstechnik, mit der durch Sprühen


verdüster Schmelzetropfen auf eine Substratplatform eine kompakte Vor-
form erzeugt wird, die anschließend durch übliche Warmformgebungspro-
zesse in die endgültige Form gebracht werden. Vor allem das Osprey-Ver-
fahren (Osprey Metals Ltd., UK, heute: Sandvik Osprey Ltd.) sich seit
1974 durchgesetzt. Mit diesem Verfahren können Bänder, Scheiben, Rohre
und Bolzen unterschiedlicher Dicke hergestellt werden. Die Dichte solcher
sprühkompaktierter Teile liegt >97%. Nachfolgend werden die Formate
durch Walzen, Schmieden oder Strangpressen weiterverformt und dabei
verdichtet werden. Beim Osprey-Verfahren geht man üblicherweise von
einer Legierungsschmelze aus. Es ist aber auch möglich, durch Einsprühen
von nicht löslichen Pulverpartikeln oder Elementen eine Kodeposition von
partikelversetzten Verbundwerkstoffen zu erhalten, s. Bild 21.1.6. Die Er-
21.1 Aluminiumpulvermetallurgie 723

starrungsgeschwindigkeiten sind etwas niedriger als im Falle der RS-Pul-


ver, führen aber zu einem homogenen, seigerungsarmen Gefüge mit feiner
Dispersion von Ausscheidungen.

Bild 21.1.6 Osprey-Verfahren des Pulverkompaktierens (Hummert 1996)

Das Verfahren eignet sich auch zur Herstellung von Strangpreß- und
Walzvormaterial in industriellen Abmessungen. Es werden Barren von 150
bis 400 mm Durchmesser hergestellt. Der Aufbau solcher Barrenformate
aus dem Sprühstrahl erfordert eine zuverlässige Regelungs- und Steue-
rungstechnik, damit eine genaue zylindrische Form erreicht werden kann.
Zum Sprühkompaktieren von Aluminiumpulvern sind hohe Mengen an
Gas (N, Ar) erforderlich. Für das Verdüsen benötigt man ein Gas/Metall-
verhältnis von ca. 4–5 Nm³/kg Schmelze. Das Gas/Metallverhältnis beein-
flußt die Werkstoffeigenschaften und den Grad der Metallausbringung.
Trotz dieser Einschränkungen des Prozesses erreicht das Sprühkompaktier-
verfahren eine vergleichsweise günstige Kostensituation.

Durch Ausnutzung der Legierungsmöglichkeiten können die normalen


Werkstoffgrenzen erheblich erweitert werden. Durch Dispersionshärtung
erreicht man hohe Warmfestigkeit bei Einsatz bis zu 450°C, niedrige ther-
mische Ausdehnung durch Zulegieren von bis zu 40 % Silizium, ausge-
zeichnete Verschleißbeständigkeit bei guter Wärmeleitfähigkeit und gerin-
ger Wärmeausdehnung. Seit einigen Jahren werden mit dem Sprühkom-
paktierverfahren und nachfolgendem Strangpressen Zylinderlaufbüchsen
für Aluminiumzylinderblöcke hergestellt, s. Bild 2.4.1 (Annon. 1997). Ei-
724 21 Sonderwerkstoffe

ne neuere Arbeit belegt auch die guten Zeit- und Dauerfestigkeitseigen-


schaften derartiger stranggepreßter Legierungen (el Dsoki et al. 2006).

21.1.4 PM-Legierungen
Angesichts der höheren Fertigungskosten haben PM-Legierungen nur dort
Chancen, wo sie in ihrem Eigenschaftsspektrum die herkömmlichen Guß-
und Knetwerkstoffe deutlich übertreffen. Dies gilt in Sonderheit für
Warmfestigkeit und Verschleißfestigkeit. In beiden Fällen sind teilchenge-
härtete Legierungen überlegen, wenn es sich um harte und unlösliche Dis-
persionen handelt. Die Dispersionshärtung hat gegenüber der Kaltverfesti-
gung (wirksam bis etwa T/Ts = 0,4) und gegenüber der üblichen Ausschei-
dungshärtung (wirksam bis maximal T/Ts = 0,6) bei Einsatztemperaturen
bis 90% der Matrix-Solidustemperatur Ts festigkeitssteigernde Wirkung.
Außerdem verhindern solche Dispersionen in fein verteilter Form weitge-
hend Rekristallisation und Kornwachstum bei hohen Temperaturen, ver-
mitteln also eine thermisch stabile Gefügestruktur. Nach Orowan (Orowan
1948) wirken solche Dispersionen festigkeitssteigernd, wenn die Teil-
chengröße zwischen 0,01 und 1 µm beträgt und der Teilchenabstand etwa
das 5- bis 10-fache der Teilchengröße beträgt. Bis etwa zu einem Teil-
chenvolumenanteil von 20% nimmt die Matrixfestigkeit linear mit dem
Partikelvolumenanteil zu.
Bereits 1926 wurde von E. Schmidt (Schmidt 1926-1, Schmidt 1926-2)
vorgeschlagen, durch Einbringen von feindispersen, nichtmetallischen und
nicht in Aluminium löslichen Teilchen eine Dispersionshärtung vorzu-
nehmen. Diese Überlegungen führten zu der Entwicklung des SAP (Sinte-
red Aluminium Powder) (Altenpohl 1965), bei dem eine sehr fein verteilte
Al203-Dispersion (bis zu 14 Vol.-%) und Legierungszusätze von bis zu 1%
Nickel verwendet wurden. Das oxidhaltige Pulver wurde zur Homogeni-
sierung vermahlen und anschließend stranggepreßt. Die Festigkeitswerte
des SAP waren Rm = 230 bis 370 N/mm² bei RT und R m = 70 bis 130
N/mm²bei 400°C bei gleichzeitig guter thermischer Stabilität des Gefüges.
Die Produktion dieses Werkstoffs wurde jedoch wegen nicht gleichblei-
bender Qualität in Westeuropa eingestellt.
Die Entwicklung der RS-Pulvermetallurgie geht auf die 60-er Jahre zu-
rück und wurde vor allem durch N.J. Grant am MIT, Boston, voran getrie-
ben. Das Verfahren des mechanischen Legierens wurde 1970 von J. St.
Benjamin (Benjamin 1970) patentiert.
Die Entwicklungen in den 70-er Jahren zeigten, daß mit PM-Legierun-
gen neben den höheren Warmfestigkeitseigenschaften auch günstigere
Korrosions- und Schwingfestigkeitswerte zu erzielen waren. Die Ent-
wicklungen von hochfesten PM-Legierungen wurden vor allem in den 80-
21.2 Aluminiummatrix-Verbundwerkstoffe 725

er Jahren in den USA betrieben mit dem Ziel, leistungsfähigere Werkstoffe


für die Luft- und Raumfahrt zu erhalten. Dieser Entwicklung entstammen
die Legierungen AA7090 und AA7091 mit Festigkeitswerten über 600
MPa. Die Bruchzähigkeitswerte der frühen PM-Legierungen blieben zu-
nächst hinter den Erwartungen zurück. Erst die Vakuumentgasung brachte
deutliche Verbesserungen des Zähigkeitsverhaltens.
Die Beimengungen von nicht löslichen Dispersoiden aus Al2O3 und
Al4C3 führen zu thermisch sehr stabilen PM-Legierungen, die allerdings
über den Weg des mechanischen Legierens gewonnen werden müssen. Die
Wirkung der oxidischen und karbidischen Dispersoide in PM-Aluminium
auf die Festigkeits- und Kriecheigenschaften wurden von El-Magd und Ni-
colini untersucht (El-Magd et al. 1997).
Durch schmelzmetallurgisches Legieren und durch zusätzliches mecha-
nisches Legieren erhält man höhere Festigkeitswerte bei Raumtemperatur
und auch bei höheren Temperaturen. Die thermische Stabilität scheint je-
doch gegenüber dem ausschließlich mechanisch legierten PM-Material ab-
zunehmen, obwohl die positive Wirkung der Oxid- und Karbiddispersio-
nen auch bei den höherfesten Legierungspulvern deutlich erkennbar ist
(Kumpfert et al 1990).

21.2 Aluminiummatrix-Verbundwerkstoffe

22.2.1 Grundlagen und Eigenschaften

Die Entwicklung von Metall-Matrix-Verbundwerkstoffen (engl.: metal


matrix composites − MMC) beschäftigt die Metallurgen seit vielen Jahr-
zehnten. Das Ziel ist die Veränderung von Gebrauchseigenschaften über
die Grenzen hinaus, die durch die Schmelz- und Pulvermetallurgie gesetzt
sind, indem durch stoffschlüssige Verbindung von eingelagerten Fremd-
stoffen bestimmte Eigenschaften auf den Grundwerkstoff übertragen wer-
den. Zunächst standen die Faserverbundwerkstoffe im Vordergrund der
Entwicklungen, weil das Festigkeitspotential keramischer oder metalli-
scher Fasern gegenüber monolithischen Metallen besonders attraktiv war.
Die wesentlich höhere Festigkeit von Fasern beruht darauf, daß die defekt-
freie Länge des Kristallgitters mit abnehmendem Querschnitt wesentlich
größer wird. Diese Beobachtung ist das sogenannte „Faserparadoxon“ von
Griffith aus dem Jahre 1921 (Griffith 1921). Wenn die Übertragbarkeit der
Schubspannungen von der Faser auf die Matrix durch eine ausreichende
Bindung zwischen beiden gewährleistet ist, wird die Festigkeit des Ver-
bundes, aber auch das elastische Verhalten und die Wärmeausdehnung,
entsprechend dem Faseranteil deutlich verändert.
726 21 Sonderwerkstoffe

Die Einbettung von Langfasern, Kurzfasern oder Partikeln in die Me-


tallmatrix geschieht mit schmelzmetallurgischen oder pulvermetallurgi-
schen Verfahren. Daraus ergibt sich die Forderung nach thermischer Stabi-
lität des Verbundes, d.h. die Einlagerungsstoffe dürfen in der Metallmatrix
nicht oder kaum löslich sein. Um dies zu erreichen, müssen manche Faser-
typen zusätzlich beschichtet werden. Für Aluminium als Matrixwerkstoff
eignen sich als Verbundpartnerstoffe Aluminiumoxid, Bor, Borkarbid,
Graphitfasern, Nickelaluminide, Siliziumoxid, -karbid, und -nitrid, Titan-
borid und -nitrid, sowie Zirkonoxid und -karbid. Diese Auswahl kann noch
durch einige metallische (Niob, Beryllium, CrNi-Stahl) Verstärkungsstoffe
erweitert werden.
Kurzfaser- und Partikelverstärkungen sind dann interessant, wenn weni-
ger hohe Festigkeitswerte, sondern vielmehr höhere Steifigkeit und Ver-
schleißwiderstand, angepaßte Wärmeausdehnung und höhere Betriebstem-
peraturen verlangt werden.
Der Grad der Verbesserung der Eigenschaften durch eingelagerte End-
losfasern, Kurzfasern und Partikel ist vom Volumenverhältnis abhängig.
Für die Dichte ρ, kann man die Verstärkungseffekte mit der einfachen, li-
nearen Mischungsregel abschätzen:
ρc = Vf •ρ f + (1- Vf) •ρ m (22.2.1)
wobei ρm die Matrixdichte, ρf die Dichte des Verstärkungsmaterials, ρc die
Dichte des Verbundwerkstoffs und Vf der Volumenanteil des Verstär-
kungsmaterials bedeuten. Die lineare Mischungsregel muß jedoch für an-
dere Eigenschaften modifiziert werden, weil sowohl die Form des Verstär-
kungselementes als auch die Bindung und Ausrichtung zur Matrix Einfluß
ausüben.
Diesen Einfluß kann man in einem „Verstärkungswirkungsgrad“ ηf be-
rücksichtigen. Infolgedessen gibt es einen kritischen, unteren Faseranteil
Vf,c, bei dem noch keine Verstärkung wirksam wird. Zum Beispiel gilt für
den Elastizitätsmodul von Verbundwerkstoffen die lineare Mischungsregel
in folgender Form:
Ec = Vf •η f •E f + (1- Vf) •E m (21.2.2)
wobei Ec der Elastizitätsmodul des Verbundwerkstoffs, Em der Elastizi-
tätsmodul der unverstärkten Matrix, Ef der Elastizitätsmodul des Verstär-
kungsmaterials und ηf der Verstärkungswirkungsgrad bedeuten.
Für die wichtige Gruppe der SiC-verstärkten Aluminiumlegierungen
sind daher exemplarisch einige relevante Eigenschaften in Abhängigkeit
vom Volumenanteil Verbundelementes in den folgenden Bildern darge-
stellt.
21.2 Aluminiummatrix-Verbundwerkstoffe 727

Bild 21.2.1 stellt die Wirkung von SiC-Kurzfaseranteil auf den Wärme-
ausdehnungskoeffizient von Al99,5 dar. Die Angaben können näherungs-
weise auf SiC-partikelverstärkte Legierungen und proportional auf andere
Legierungen übertragen werden. Bild 21.2.2 zeigt den Einfluß des Volu-
menanteils von SiC-Whiskern und SiC-Partikeln auf den Elastizitätsmodul
von verstärktem Aluminium und illustriert den Abweichungsgrad von der
idealen Mischungsregel (Verlinden et al. 1994).

Bild 21.2.1 Wärmeausdehnungskoeffizient αc in Abhängigkeit vom Faservolu-


menanteil für Al99,5-SiC Composites

Bild 21.2.2 Elastizitätsmodul von Aluminium in Abhängigkeit vom Volumenan-


teil an SiC-Whiskern bzw. SiC-Partikeln
728 21 Sonderwerkstoffe

Die Abhängigkeiten der Composite-Festigkeit von der Geometrie und


vom Volumenanteil der Verstärkungsarten ist in Bild 21.2.3 am Beispiel
der Legierung 6061 mit SiC-Verstärkung dargestellt (Verlinden et al.
1994). Das Potential der verbesserten Warmfestigkeit durch Faserverstär-
kungen wird in Bild 21.2.4 illustriert.

Bild 21.2.3 Einfluß von Menge und Art der SiC-Verstärkung auf die Zugfestigkeit
der Legierung 6061 (Verlinden et al. 1994)

Bild 21.2.4 Warmzugfestigkeit von Faserverbundwerkstoffen mit unterschiedli-


chen Verstärkungsarten. Borfasern und α-Al2O3-Fasern sind Langfasern, die übri-
gen Kurzfasern (Verlinden et al. 1994)
21.2 Aluminiummatrix-Verbundwerkstoffe 729

21.2.2 Anwendungsbeispiele

Mit der Schmelzinfiltration werden örtliche Faserverstärkungen in Kom-


ponenten von Verbrennungsmotoren hergestellt. Hierbei handelt es sich
um die Verstärkung des Muldenrandes bei Kolben für direkt eingespritzte
Dieselmotoren für Nutzfahrzeuge und Personenkraftwagen. Dabei werden
vorgepreßte Formkörper aus Al2O3-Kurzfasern (ca. 3-4 µm dick und 50-
200 µm lang) in die Gießform eingelegt und mit Hilfe des Squeeze-
Casting-Verfahrens mit flüssiger Legierungsschmelze (z.B. AlSi12Cu
MgNi) getränkt. Neben Verbesserungen in den Härte- und Festigkeitswer-
ten sowie beim Elastizitätsmodul wird vor allem das thermische Ermü-
dungsverhalten verbessert, so daß die Muldenrandtemperatur um ca. 50 °C
erhöht werden kann (Annon. 1995). Ein weiteres Einsatzgebiet betrifft das
gezielte Einbringen von Silizium in die Bereiche der Zylinderlauffläche
von Aluminiumkurbelgehäusen (Köhler 1995), die dort die harte und ver-
schleißarme Tragstruktur der Lauffläche bilden. (Die Metallmatrix wird
nach dem Honen der Zylinderbohrung durch einen tÄzvorgang zurückge-
setzt). In diesem Falle wird die Kurzfaserpreform allerdings nicht zur Ver-
stärkung, sondern lediglich als Träger für das Siliziumpulver verwendet.
Dadurch kann die vergleichsweise teure übereutektische Legierung durch
eine preiswerte Umschmelzlegierung ersetzt werden.
Wie Bild 21.2.3 zeigt, ist die Wirkung der SiC-Partikel auf die Grund-
werkstoffestigkeit vergleichsweise gering im Verhältnis zur Faserverstär-
kung durch Lang- und Kurzfasern aus SiC. Die gleichmäßige Verteilung
von Hartstoffpartikeln in der Aluminiummatrix hat jedoch eine deutliche
Verbesserung der Warmfestigkeit und vor allem des Abriebverhaltens zur
Folge. Wichtig dabei ist die Gleichmäßigkeit der Partikelverteilung im Ge-
füge. Bild 21.2.5 zeigt beispielhaft das Gefüge einer Gußlegierung Al-
Si7Mg mit 20 Vol.-% SiC (Kolsgaard 1994). Hierbei handelt es sich um
SiC-Partikel mit einer Korngröße von 10–20 µm. Neuere Untersuchungen
kommen zu dem Ergebnis, daß eine Partikelgröße von ca. 30 µm günstige-
re Reib- und Verschleißeigenschaften erzeugt als feinere Partikel (Zhang et
al. 2007)
Für den Einsatz in Bremsscheiben sind das Abriebverhalten, ausrei-
chende Warmfestigkeit und hohes Wärmeleit- und Wärmeabstrahlvermö-
gen entscheidend. Das Abriebverhalten ist eine Systemfrage im Hinblick
auf Reibpartner, Tribologie und auf Reibkräfte und Reibdauer. Aussagen
zum Verhalten können daher nur direkte Simulationsversuche machen
(Howell et al. 1995). Für den Einsatz unter den Bremsverhältnissen einer
PKW-Vorderachse wurden die in Bild 21.2.6 dargestellten vergleichenden
Ergebnisse mit Bremsscheiben aus Grauguß und aus 20 Vol.-% SiC-
partikelverstärktem AlSi7Mg erzielt (Stören et al. 1994). Die gegenüber
730 21 Sonderwerkstoffe

der Graugußbremsscheibe höheren Kosten einer SiC-verstärkten Alumini-


umbremsscheibe dürften nach den Ergebnissen durch die fast 10-fache Le-
bensdauer kompensiert werden.

Bild 21.2.5 Gefügestruktur einer mit 20 Vol.-% SiC verstärkten AlSi7Mg-Legie-


rung mit einer Partikelgröße zwischen 10 und 20 µm (Kolsgaard 1994)

Bild 21.2.6 Ergebnisse von Verschleißversuchen an Bremsscheiben aus Grauguß


und aus SiC-partikelverstärktem AlSi7Mg unter Realbedingungen (Quelle: SIN-
TEF)

Bremsen gehören zu den ungefederten Massen. Deshalb sind Ge-


wichtseinsparungen an dieser Stelle von besonderem Interesse. Die Ge-
21.3 Aluminiumschaumwerkstoffe 731

wichte der Bremsscheiben, die den in Bild 21.2.6 dargestellten Ergebnisse


zugrunde liegen, waren 4,5 kg für Grauguß und 1,5 kg für die gegossenen
SiC-AlSi7Mg-Scheiben und entsprechen einer Gewichtseinsparung von
66%. Bild 21.2.7 zeigt u.a. die untersuchten MMC-Bremsscheiben.

Bild 21.2.7 Bremstrommel und Bremsscheiben für PKW aus AlSi7Mg mit 20
Vol.-% SiC-Partikelverstärkung (Quelle: SINTEF)

Ein Kostenfaktor von SiC-verstärkten Werkstoffen ist die spanende Be-


arbeitung, die wegen des hohen Werkzeugverschleißes mit PKD-
Werkzeugen durchgeführt werden muß (Coelho et al 1995). Mit den übli-
chen WC-Werkzeugen werden annehmbare Standzeiten und ausreichende
Oberflächenrauhigkeiten nur bei relativ geringen Schnittiefen und Schnitt-
geschwindigkeiten zwischen 60 und 150 m/min. erzielt (Manna et al.
2003). Positiv wirkt sich dabei überlagerte Ultraschallanregung des Werk-
zeugs aus (Zhong et al. 2006).

21.3 Aluminiumschaumwerkstoffe

Auf der Suche nach leichteren Werkstoffen mit spezifisch hohen Steifig-
keiten stellen metallische Schäume eine interessante Möglichkeit dar.
Gleichzeitig bieten hochporösen Metallschäume eine Erweiterung des Ei-
genschaftsspektrums im Hinblick auf Aufprallenergieabsorption, Schallab-
sorption, Körperschalldämmung und Wärmedämmung sowie auf richtung-
sunabhängiges Verhalten bei Belastung. Im Gegensatz zu Kunststoff-
schäumen zeigen metallische Schäume darüber hinaus Vorteile bezüglich
Festigkeit, Temperaturbeständigkeit und Umweltverträglichkeit.
732 21 Sonderwerkstoffe

21.3.1 Metallschaumherstellung

Herstellungsverfahren von hochporösen Aluminiumschäumen sind seit den


60-er Jahren bekannt. Dennoch haben sich erst in den 90-er Jahren die Ak-
tivitäten zur Entwicklung von industriell praktikablen und kostengünstigen
Herstellungsmethoden und von Konzepten und Verfahren zur Wei-
terverarbeitung verstärkt. Von den verschiedenen Verfahrensmöglichkei-
ten zur Herstellung metallischer Schäume haben die schmelzmetallurgi-
schen und pulvermetallurgischen Verfahren die größte Entwicklungsreife
erlangt und in industriellem Maßstab hergestellt (Heinrich 2003).

Schmelzmetallurgische Metallschaumherstellung

Durch Einblasen von Gasen in eine Aluminiumschmelze wird eine Reak-


tion mit dispergierten keramischen Partikeln (SiC, Al2O3) erzeugt, die zum
Aufschäumen der Schmelze führt. Der Flüssigkeitsschaum wird abgezogen
und durch geeignete Abkühlung in seiner porösen Form konserviert (Ruch
et al. 1991, Lin et al. 1991). Auf diese Weise werden Schaumplat-
tenmaterial und durch Einfüllen in Gußformen Schaumformteile produ-
ziert, s. Bild 21.3.1.

Bild 21.3.1 Querschnitt durch ein auf schmelzmetallurgischem Wege erzeugtes


Schaumformteil

Pulvermetallurgische Metallschaumherstellung

Das pulvermetallurgische Verfahren zur Herstellung von geschäumten Me-


tallen geht von handelsüblichen Pulvern aus Aluminium oder Alumini-
umlegierungen aus, die mit geringen Mengen eines ebenfalls pulverförmi-
gen Treibmittels (z.B. Titanhydrid oder Zirkonhydrid) vermischt werden
(Entwickler: Fraunhofer Inst IFAM, Bremen). Diese Pulvermischung wird
21.3 Aluminiumschaumwerkstoffe 733

z.B. durch direktes Pulverstrangpressen zu einem dichten, aufschäumbaren


Vormaterial verdichtet. Durch eine anschließende Erwärmung des Vorma-
terials auf Temperaturen oberhalb des Schmelzpunktes setzt die Wirkung
des Treibmittels ein. Der Werkstoff expandiert unter Bildung einer hoch-
porösen, geschlossenzelligen Porenstruktur (Baumeister 1990). Durch
Einbringen des schäumfähigen Vormaterials in Formen oder zwischen
Deckbleche aus Aluminium oder anderen Metallen entstehen Formteile
bzw. Sandwichstrukturen mit leichten, geschlossenporigen Schaumkernen
(Hersteller: Alulight International GmbH, Ranshofen).

21.3.2 Eigenschaftsspektrum metallischer Schäume

Die hervorstechendste Eigenschaft geschäumter Metalle ist ihr geringes


spezifisches Gewicht. Pulvermetallurgische hergestellte Aluminiumschäu-
me weisen üblicherweise eine Dichte im Bereich zwischen 0,4 und 1 g/cm³
auf, schmelzmetallurgisch hergestellte Schäume typischerweise im Bereich
zwischen 0,1 und 0,5 g/cm³. Aufgrund ihrer geschlossenporigen Struktur
sind Aluminiumschäume schwimmfähig.
Das plastische Verhalten geschäumter Metalle wird prinzipiell durch die
plastischen Eigenschaften des Grundmetalls und durch den Grad der Poro-
sität bestimmt. Der typische Verlauf der Fließkurve im Stauchversuch ist
aus Bild 21.3.2 zu ersehen und gilt gleichermaßen für andere nichtmetalli-
sche Schäume (Weber 1996). Die Stauchfließkurve der Aluminium-
schäume ist gekennzeichnet durch einen zunächst elastischen Bereich, der
dann in ein ausgedehntes Fließspannungsplateau übergeht, bevor am Ende
des Stauchvorgangs durch den Verdichtungsprozeß die Kurve einen steilen
Verlauf annimmt. Der Beginn des Steilanstiegs ist allein abhängig von der
Schaumdichte. Das Fließspannungsplateau und andere Eigenschaften kön-
nen dagegen zusätzlich durch Legierungs- und Wärmebehandlungsmaß-
nahmen verändert werden.
Die Dichteabhängigkeit der Druckfestigkeit (im Plateaubereich), des
Elastizitätsmoduls und der elektrischen Leitfähigkeit entspricht einem Po-
tenzgesetz der Form (Weber 1996)
y
X s ⎛ ρs ⎞
=⎜ ⎟ , (21.3.1)
X m ⎜⎝ ρ m ⎟⎠

wobei Xs und Xm die jeweilige Eigenschaftsgröße und ρs und ρm die Dichte


des Schaums bzw. des Grundwerkstoffs bedeuten. Der Exponent y wird für
die angegebenen Eigenschaftsgrößen mit 1,5 bis 2 angegeben. Die Wär-
meleitfähigkeit ist um den Faktor 10 bis 20 geringer als die des massiven
734 21 Sonderwerkstoffe

Grundwerkstoffs, der Wärmeausdehnungskoeffizient des Metallschaums


entspricht dem des Grundmetalls (Banhart et al. 1994).

Bild 21.3.2 Typische Spannungs-Stauchungskurven für Aluminiumschaumproben


aus AlSi12 mit unterschiedlichen Schaumdichten

21.3.3 Anwendungsaspekte

Die Verwandtschaft der Struktur und Eigenschaften von Aluminium-


schaumstoffen mit Kunststoffschäumen legt ähnliche Anwendungen nahe,
wobei die herstellungsprozeßtechnischen Gegebenheiten berücksichtigt
werden müssen.
Die schmelzmetallurgisch hergestellten Metallschäume liegen als Roh-
platten oder Formteile vor (Entwickler und Produzent: Alcan/Cymat), aus
denen Sandwichkerne mechanisch herausgearbeitet werden können, die
mechanisch oder durch Klebstoff mit entsprechenden Deckblechen ver-
bunden werden. Formteile können als Einlage in Rohren oder Hohlprofilen
die Biegesteifigkeit oder die Energieabsorption von Crash-Elementen ver-
bessern. Die deutlich verminderte Wärmeleitfähigkeit bietet Vorteile ge-
genüber massivem Material gleicher Masse hinsichtlich des Feuerschutzes
(Schaeffler et al. 2003). Die Legierungsauswahl ist weitgehend beschränkt
auf die SiC-haltige AlSi7-Legierung.
Pulvermetallurgisch durch Heißverdichten, z.B. durch HIP oder Strang-
pressen, hergestellte Halbzeuge werden in Formen oder Formschalen auf-
geschäumt, indem sie bis zum Soliduspunkt des Schaumstoffs erwärmt
werden. Letztere können als schäumfähige Halbzeuge jedoch auch vor
dem Schäumvorgang plastisch verformt werden. Eine weitere Möglichkeit
21.3 Aluminiumschaumwerkstoffe 735

besteht im Walzplattieren schäumfähiger Halbzeugplatten mit Decklagen


aus Standardwalzmaterial zu Hybridhalbzeugen, s. Bild 21.3.3.

Bild 21.3.3 Aluminiumschaum-Sandwichplatten. (Quelle: Alulight International,


Ranshofen)
22 Gewinnung, Recycling, Ökologie

22.1 Primäraluminium

22.1.1 Vorkommen, Bauxiterze

Aluminium ist nach Sauerstoff und Silizium das dritthäufigste Element der
Erdrinde und an ihrem Aufbau mit ca. 8 % beteiligt, s. Tabelle 22.1.1
(Budd 1994). Wegen seiner starken Neigung, mit Nichtmetallen – vor al-
lem mit Sauerstoff – zu reagieren, kommt Aluminium in der Natur nicht in
metallischer Form, sondern nur in Verbindungen vor.

Tabelle 22.1.1 Elementare Zusammensetzung der Erdkruste

Element Anteil in Gew.-% Element Anteil in Gew.-%


Kupfer 0,0001% Magnesium 2,07
Zink 0,004% Kalium 2,58
Schwefel 0,006% Natrium 2,83
Mangan 0,009% Kalzium 3,64
Kohlenstoff 0,009% Eisen 5,06
Phosphor 0,12% Aluminium 8,07
Wasserstoff 0,14% Silizium 27,61
Titan 0,62% Sauerstoff 46,46

Der Rohstoff für die Aluminiumerzeugung ist Bauxit - ein Verwitte-


rungsprodukt aus Kalk- und Silikatgestein, dessen Gehalt an Al203 (Alu-
miniumoxid) häufig über 50% beträgt. Das Bauxiterz ist nach dem Ort Le
Baux in Südfrankreich benannt, wo es 1821 entdeckt wurde. Die Vor-
kommen des überwiegend im Tagebau gewonnenen Bauxits sind etwa zu
90 % auf die Länder des Tropengürtels konzentriert, s. Bild 22.1.1. Haupt-
fördergebiete sind Australien, Westafrika, Jamaika und Brasilien. Die der-
zeit bekannten Vorkommen von ca. 140 Mrd. Tonnen reichen für mehrere
Jahrhunderte. Die Abbauflächen werden rekultiviert und aufgeforstet (An-
non. 1991).
738 22 Gewinnung, Recycling, Ökologie

Bild 22.1.1 Die reichsten Bauxitvorkommen in der Welt (Annon. 1991)

Die Zusammensetzung des Bauxits für die technische Aluminiumge-


winnung entspricht etwa den Angaben in Tabelle 22.1.2 (Hufnagel 1988).
Im Bauxit liegt Aluminium in Form des Trihydroxids (Al(OH)3) oder in
Form des Monohydroxids (AlOOH) vor.

Tabelle 22.1.2 Zusammensetzung des Bauxits

Bestandteil Gew.-%
Aluminiumoxid (Al2O3) 50–55 %
Eisenoxid (Fe2O3) 0–30 %
Siliziumdioxid (Kieselsäure) (SiO2) bis 5 %
Titandioxid (TiO2) bis 2,5 %
Glühverlust 12–25 %
Aluminiumgehalt 20–30 %

Die westlichen Industriestaaten, die über keine oder nur unzureichende


eigene Bauxit-Vorkommen verfügen, haben als Ausweichmöglichkeit rie-
sige einheimische Vorkommen an potentiellen alternativen Aluminium-
rohstoffen aufzuweisen, vornehmlich in Form von Aluminiumsilikaten
(Tone, Steinkohleascheberge, Anorthosit). Die Gewinnung von Alumini-
umoxid aus diesen Armerzen mit 10 bis 20 Masse-% Aluminium, die ein
Rohstoffpotential für die Zukunft darstellen, erfordert eine andere chemi-
sche Prozeßtechnik (saurer Aufschluß) und heute noch höheren Energie-
aufwand und ist daher noch nicht wirtschaftlich.
22.1 Primäraluminium 739

22.1.2 Gewinnungsprozeß

Infolge der starken Neigung des Aluminiums, sich mit Sauerstoff zu ver-
binden, ist die übliche thermische Reduktion mit Kohlenstoff oder durch
wäßrige Elektrolyse nicht möglich. Die Gewinnung von Aluminium aus
Bauxit in industriellem Maßstab beruht auf der Erfindung von Charles
Martin Hall (USA) und Paul L.T. Hérault (Frankreich), die gleichzeitig
und unabhängig voneinander im Jahre 1886 die Patente für den noch heute
üblichen Prozeß der Schmelzflußelektrolyse hinterlegten. Zusammen mit
den Patenten von K.J. Bayer (Österreich) zur Aluminiumoxidgewinnung
aus den Jahren 1887 − 1892 wurde die Grundlage für die lebhafte Ent-
wicklung der industriellen Nutzung des Aluminiumwerkstoffs gelegt.
Die Erzeugung von Aluminium erfolgt in 2 Prozeßstufen:
1. Gewinnung von Aluminiumoxid 1,
2. Reduktion des Oxids zu metallischem Aluminium.

Gewinnung von Aluminiumoxid


Beim sog. Bayer-Verfahren wird der grobstückige Rohbauxit nach einer
Vorzerkleinerung unter Zusatz von Aufschlußlauge gemahlen. Der gemah-
lene Bauxit wird mit Aufschlußlauge mit einer Konzentration von 200–350
g/l Na2O gemischt und in Autoklaven oder in Rohrreaktoren bei 160–
270°C aufgeschlossen. Temperatur, Aufschlußdauer und Konzentration
der Lauge sind von der Art des Bauxits abhängig. Aluminiumoxid geht als
Natriumaluminat in Lösung. Die übrigen Bestandteile des Bauxits (Eisen-
oxid, Titanoxid und Siliziumdioxid) bleiben ungelöst im Rückstand, dem
sog. Rotschlamm.
Nach dem Aufschluß wird die Natriumaluminatlauge mit aus dem
Kreislauf zurückkehrender Waschlauge auf eine niedrigere Alkalikonzent-
ration (100–170 g/l Na20) verdünnt und in Eindicker überführt. Der einge-
dickte Rotschlamm wird anschließend auf Vakuum-Trommelfiltern prak-
tisch alkalifrei gewaschen und abgetrennt.
Die Natriumaluminatlauge wird nach einer Klarfiltration durch Wärme-
tauscher auf ca. 60 °C abgekühlt, in sog. Ausrührern mit Impfstoff (Alu-
miniumhydroxid aus der Produktion) versetzt und „ausgerührt“. Die
Hauptmenge des gelösten Aluminiums fällt als Aluminiumhydroxid aus
und wird über Vakuum-Trommelfilter abgetrennt. Die zurückbleibende
Lauge, die den Rest des gelösten Aluminiums enthält, wird eingedampft
und als Aufschlußlauge wieder verwendet.

1
früher als Tonerde bezeichnet
740 22 Gewinnung, Recycling, Ökologie

Das Aluminiumhydroxid wird sorgfältig gewaschen und anschließend in


Drehrohröfen (Durchmesser bis zu 3 m, Länge bis zu 70 m) oder in Wir-
belbettöfen durch Erhitzen auf 1200–1300 °C zu Aluminiumoxid (Al2O3)
kalziniert. Das Oxid hat einen relativ hohen Reinheitsgrad. Es enthält etwa
0,01–0,02% Fe2O3 und ebensoviel SiO2, daneben etwa 0,5% Na2O. Der
Prozeßablauf des Bayer-Verfahrens ist schematisch in Bild 22.1.2 darge-
stellt. Durch die Verfahrensverbesserungen konnten deutliche Verbesse-
rungen im Energieverbrauch und in den Emissionen erzielt werden. Mo-
derne Oxidwerke haben einen Wärmebedarf von weniger als 10 GJ/t Oxid.

Bild 22.1.2 Prozeßschema des Bayer-Verfahrens zur Aluminiumoxidgewinnung

Gewinnung von Primäraluminium


Die Reduktion des Aluminiumoxids erfolgt bei 950-970° C kontinuierlich
mit dem Prozeß der Schmelzflußelektrolyse, und zwar in einem Elektrolyt,
der aus geschmolzenem Kryolith (Na3AlF6) besteht, in dem 5 bis 7% Al203
gelöst sind. Auf diesem Wege wird der hohe Schmelzpunkt des Al203 von
2050 °C deutlich reduziert.
Die Elektrolyseöfen bestehen aus mit Kohlenstoffsteinen ausgekleideten
Stahlwannen, in deren Böden die Kathodenzuleitungen eingebettet sind, s.
Bild 22.1.3. Das abgeschiedene flüssige Aluminium bildet die Kathode.
Die Anode besteht aus vorgebrannten Blöcken aus Petrolkoks und Pech
und verzehrt sich durch Reaktion mit dem durch die Reduktion freiwer-
denden Sauerstoff zu Kohlenmonoxid (CO) und Kohlendioxid (CO2), dem
sog. Anodengas. In der an Aluminiumoxid verarmenden Kryolithschmelze
wird durch Mittenbeschickung frisches Al203 zugesetzt und gelöst. Das er-
zeugte Metall wird abgesaugt, der Gießerei als Flüssigmetall oder in Mas-
22.1 Primäraluminium 741

selform zugeführt und anschließend zu Gußlegierungen für Formgußteile


oder zu Stranggußlegierungen für Walz- und Preßbarren verarbeitet.

Bild 22.1.3 Querschnitt durch eine moderne Elektrolysezelle mit vorgebrannten


Anoden und Mittenbeschickung

Die charakteristischen Prozeßdaten der Elektrolyse enthält Tabelle


22.1.3. Man sieht, daß der Dichteunterschied zwischen Kryolithschmelze
und flüssigem Aluminium bei den Prozeßtemperaturen nur geringfügig,
jedoch ausreichend ist, um die Trennung zwischen Metallschmelze und
Elektrolyt zu sichern. Der Reinheitsgrad des in der Elektrolyse gewonne-
nen Metalls beträgt bis zu 99,8 %, gegebenenfalls bis zu 99,9 %.

Tabelle 22.1.3 Prozeßdaten für die Aluminiumelektrolyse

Stoffe:
Elektrolyt: Kryolith (Na3AIF6)
Dichte von Kryolith bei 950 - 980 °C: 2,1 g/cm³
Löslichkeit für Al203 bei 950 - 980 °C: ca. 10 %
Al203-Schmelzpunkt: 2050 °C
Al-Dichte bei 950 - 980 °C: ca. 2,35 g/cm³
Anode, Kathode: Kohlenstoff
Stromversorgung:
Zellenspannung: 4 - 4,5 V
Zellenstromstärke: 12,5–15 KWh
Stromverbrauch pro kg Aluminium: bis 350 kA
742 22 Gewinnung, Recycling, Ökologie

Energiebasis der Primäraluminiumerzeugung

Die Kosten für den Elektrolysestrom sind ein wesentlicher Teil der Erzeu-
gungskosten von Primäraluminium. Deshalb ist nicht nur aus Umweltge-
sichtspunkten, sondern vor allem aus wirtschaftlichen Erwägungen die
Senkung des Stromverbrauchs und eine preiswerte Energiebasis für die
Primäraluminiumindustrie von entscheidender Bedeutung. Für die elektro-
lytische Erzeugung von einer Tonne Aluminium aus Aluminiumoxid sind
heute durchschnittlich 13,5 MWh an elektrischer Energie erforderlich.
Noch vor 40 Jahren wurden dafür rund 20 MWh gebraucht. Diese Strom-
einsparung um ein Drittel konnte allein durch Verbesserungen der Prozeß-
technik erreicht werden, obwohl der grundsätzliche Elektrolyseprozeß be-
züglich der Einsatzstoffe und Reaktionen unverändert geblieben ist.
An der Deckung des Energiebedarfs für die Aluminiumerzeugung hat
Wasserkraftenergie in der westlichen Welt einen erheblichen Stellenwert
erlangt. Während Strom aus Wasserkraftwerken zur Deckung des Welt-
energieverbrauchs im Jahre 1988 nur 6,6% beitrug, ist sein Anteil an der
Energieversorgung von Aluminiumelektrolysehütten im Vergleich dazu
auf etwa 61 % beachtlich angestiegen.
Neue Wasserkraftwerke werden meist in entlegenen geographischen
Gebieten errichtet. Der Transport elektrischer Energie per Kabel ist mit
Verlusten verbunden. Da die für die Aluminiumerzeugung aufgewandte
Energie im Metall „gespeichert“ bleibt, kann die gespeicherte Energie über
große Entfernungen verlustfrei transportiert werden. Wegen des hohen
Warenwertes und günstiger Transporteigenschaften spielen die Transport-
kosten keine entscheidende Rolle bei den Metallkosten.

22.2 Sekundäraluminium

Sekundäraluminium wird durch Einschmelzen metallischer Rohstoffe er-


zeugt, die vornehmlich aus Altschrotten (Produkte), Neuschrotten (Fabri-
kationsschrotte) und Krätze (aus dem Gießprozeß) bestehen. Es handelt
sich bei diesen Sekundärrohstoffen für die Aluminiumproduktion allge-
mein um legierte Schrotte – im Gegensatz zum unlegierten Primäralumini-
um. Aus ökologischer und ökonomischer Sicht ist bemerkenswert, daß für
die Aufbereitung zu Sekundäraluminium bis zu 95 % weniger Energie als
zur Primärerzeugung benötigt wird.
22.2 Sekundäraluminium 743

22.2.1 Ressourcen und Verwendung

Sekundäraluminium wird aus Kreislaufmaterial gewonnen, das je nach Ur-


sprung mit anhaftenden organischen und metallischen Fremdstoffen mehr
oder weniger verunreinigt ist, aus vermischten Aluminiumlegierungen be-
steht, aber auch aus sortierten, legierungsreinen Produktionsschrotten ge-
wonnen wird.
Neuschrotte aus der Halbzeugverarbeitung, insbesondere dann, wenn sie
innerbetrieblich angefallen sind, werden meistens dem gleichen Verwen-
dungszweck (Halbzeugherstellung) zugeführt, aber auch wegen der gerin-
geren Legierungsgehalte Schmelzchargen aus hochlegierten Gußschrotten
und Altschrotten zur Verdünnung zugesetzt.
Sekundäraluminium aus der Altschrott- und Krätzeverwertung wird fast
ausschließlich für die Herstellung von Gußlegierungen oder für Desoxida-
tionszwecke in der Stahlerzeugung verwendet.
Ein flächendeckendes Netz von Metallhändlern trägt Aluminiumschrotte
zusammen, sortiert, preßt und klassifiziert diese Schrotte zum Verkauf an
die Sekundäraluminiumhütten. Es gibt 22 verschiedene Schrottklassifikati-
onen, die ein wirtschaftliches und effizientes Arbeiten ermöglichen. Klas-
sifizierende Details sind in der 16-teiligen Euronorm EN 13920-Teil 1-16:
2003 geregelt.
Der hohe Materialwert der Aluminiumschrotte deckt die Logistik- und
Aufbereitungskosten und erlaubt einen wirtschaftlichen Materialkreislauf.
Ein wesentlicher Grund für die hohen Erlöse, die sich für Aluminium-
schrotte im Markt erzielen lassen, ist der große Bedarf der Formgießereien
für Gußlegierungen auf Sekundäraluminiumbasis, die den Gußlegierungen
auf teurerer Primärmetallbasis für viele Anwendungszwecke qualitativ e-
benbürtig sind.

22.2.2 Materialkreislauf („Recycling“)

Am Ende eines Produktlebens steht die Frage nach der Entsorgung. Be-
grenzte Ressourcen von Energie und Materialien, aber auch von Deponie-
raum, machen es notwendig, die Wiederverwendung und Wiederverwer-
tung intensiv zu betreiben. Damit verbunden sind zunehmend wirt-
schaftliche Aspekte, da mit der Wiederverwertung und mit der Depo-
nierung beträchtliche Kosten verursacht werden können. Die Rückführung
von Aluminiumprodukten als Altschrotte ist eine bereits seit über einem
Jahrhundert geübte, wirtschaftliche Praxis, s. Bild 1.2.1. Der hohe Schrott-
preis am Markt macht die Schrottrückführung wirtschaftlich attraktiv und
ist ein wesentlicher Faktor für die Wirksamkeit der Altmetallsammlung
744 22 Gewinnung, Recycling, Ökologie

und für hohe Recyclingquoten von Aluminiumprodukten. Bild 22.2.1 zeigt


vermischte Aluminium-Altschrotte in einer Sekundäraluminiumhütte.

Bild 22.2.1 Vermischte Aluminium-Altschrotte in einer Sekundäraluminiumhütte


(Quelle: VAW IMCO, Grevenbroich)

Der traditionelle Recyclingweg ist die Rückführung der Altschrotte in


Umschmelzwerke zur Erzeugung von Sekundärlegierungen für den Form-
gußsektor. Vermischte Altschrotte müssen zunächst aufbereitet und von
Verunreinigungen und anderen Metallen getrennt werden. Hierzu dienen
Shredderanlagen, Magnetabscheider, Wirbelstromabscheider und
Schwimm-Sink-Anlagen. Die herkömmliche Prozeßkette ist in Bild 22.2.2
dargestellt (Rink 1994). Die Aluminiumfraktion wird zusammen mit Pro-
duktionsschrotten (sortierte Neuschrotte) und gegebenenfalls Krätze aus
den Gießereien im Trommelofen umgeschmolzen und zu speziellen Legie-
rungszusammensetzungen gattiert. In traditionellen, gas- oder ölbefeuerten
Drehtrommelöfen muß wegen der anhaftenden organischen Verunreini-
gungen (Öle, Lacke etc.) unter einer vermehrten Zugabe von Flußmitteln
(Salze) geschmolzen werden. Anfallende Salzschlacke wird heute wegen
hoher Deponiekosten aufbereitet. Filterstäube sind toxische Abfälle, die als
Sondermüll deponiert werden müssen.
Das Recycling lackierter Schrotte erfolgt in besonderen Herdöfen, be-
stehend aus Vorwärmkammer, Vorherd und Hauptherd. In der Vorwärm-
kammer wird das eingesetzte Gut mit rückgeführten Abgasen erwärmt. Im
Vorherd schwelen die organischen Bestandteile ab, und die Schwelgase
werden wegen ihres Heizwertes in den Heizprozeß zurückgeführt. Der
Prozeß arbeitet dadurch mit wesentlich geringeren Mengen an Salzen (ca.
22.3 Versorgungslage in Deutschland 745

25 kg/t Aluminium gegenüber 65 kg/t in Trommelöfen) und günstigen E-


nergiekosten.

Bild 22.2.2 Traditionelles Recyclingschema für Aluminiumaltschrotte

Angesichts der Bedeutung sortenreiner Schrottsortierung muß es das


Ziel von Produktentwicklungen sein, Konstruktion und Werkstoffwahl auf
die späteren Entsorgungsverfahren abzustimmen. Einen hilfreichen Ansatz
zu dieser Vorgehensweise bietet die VDI-Richtlinie 2243 (VDI 2002). An-
dererseits müssen aber auch die metallurgischen Prozesse weiterentwickelt
werden, um energetisch vertretbare Raffinationsprozesse zu entwickeln
und bei größeren Toleranzen für Verunreinigungen aus den Kreislaufpro-
zessen gleichbleibende, hochwertige Qualitätsstandards zu wahren.
Auf eine neuere, umfassende Darstellung des Aluminium-Recycling
durch die Vereinigung Deutscher Schmelzhütten e.V. sei an dieser Stelle
verwiesen (Krone 2000) sowie auf weitere aktuelle Literatur (EAA-OEA
2005).

22.3 Versorgungslage in Deutschland

Die Zeiten, in denen die Versorgung der nationalen Industrie mit Rohalu-
minium eine strategische Bedeutung hatte und die damit beauftragte In-
dustrie in staatlicher Hand war, sind glücklicherweise vorbei. Primäralu-
minium wird heute global gehandelt, was infolge der hohen Energiepreise
in Deutschland zu einem steten Produktionsrückgang und Schließen der
Primäraluminiumhütten geführt hat. Im Jahr 2006 existieren von ehemals
10 nur noch 3 operative Primärhütten, deren Bestand auch wohl nicht als
gesichert gelten kann. Die Versorgung der Halbzeugindustrie mit Primär-
746 22 Gewinnung, Recycling, Ökologie

aluminium (2005: 2,312 Mio. t) muß demnach zu etwa 80% durch Importe
erfolgen, deren Preisstellung durch die Metallbörse (LME) in London be-
stimmt wird. Das Schließen der hocheffizienten und qualitativ anspruch-
vollsten Produktionsstätten im Inland konnte und kann durch langfristige
Kontrakte und internationale Beteiligungen verschmerzt werden, hat je-
doch über die unmittelbare Versorgung hinausgehende Konsequenzen, s.
hierzu die Bemerkungen im Vorwort dieses Buches.
Im rohstoff- und energiearmen Deutschland ist Aluminium-Recycling
ein fester Bestandteil der Versorgung mit Aluminium geworden. Alumini-
umschrotte sind geradezu eine nationale Rohstoffquelle. Die Versorgung
der Gießereiindustrie mit Sekundäraluminium beruht fast vollständig auf
inländischer Produktion (2005: 727 200 t), die fast 25% des Bedarfs an
Rohaluminium (2005: ca. 3,04 Mio. t) bestreitet. Die Problematik dieser
eigenen Versorgung besteht allerdings in der lebhaften industriellen Ent-
wicklung von mächtigen Volkswirtschaften, wie China und Indien, die
noch nicht über genügend eigene Ressourcen an Schrottrückläufen verfü-
gen, wodurch sich globale Schrottströme entwickelt haben, die auch
Rückwirkungen auf die Versorgung im Inland haben werden.

22.4 Ökologische Betrachtungen

22.4.1 Ökobilanzen (Life Cycle Assessment)

Es ist ein Wesensmerkmal von Industriewerkstoffen, daß sie im Gegensatz


zu Naturstoffen durch eine Serie von Prozeßstufen aus minderwertigen
Roh- oder Vorstoffen gewonnen und zu höherwertigen Gebrauchswerk-
stoffen verarbeitet werden. Die natürlich existierenden Ressourcen dieser
Rohstoffe sind begrenzt, sie wachsen nicht nach. Der Abbau der Lagerstät-
ten und der notwendige Transport greifen in die natürliche Umwelt ein,
und die Gewinnungsprozesse emittieren flüchtige, wasserlösliche und feste
Reststoffe und Abfälle, deren Weiterverwendung und Weiterverwertung
unter heutigen Kostengesichtspunkten häufig nicht wirtschaftlich sind.
Auch die für den industriellen Gewinnungsprozeß erforderliche Energie ist
ein wichtiges Kriterium bei der Abwägung zwischen Nutzen-, Ressourcen-
und Umweltfaktoren. Diese Gesichtspunkte gelten insbesondere dann,
wenn es sich beim betrachteten Werkstoff um ein mengenmäßig wichtiges
Gebrauchsmaterial handelt, dessen Produktion, Verarbeitung und Entsor-
gung Auswirkungen haben kann, die für die Umwelt nicht mehr nur loka-
les, sondern globales Ausmaß haben können.
22.4 Ökologische Betrachtungen 747

Unter dem Gesichtspunkt begrenzter Ressourcen ist Aluminium gegen-


über anderen Industriewerkstoffen (Ausnahme Silizium) in einer ver-
gleichsweise günstigen Situation, s. Tabelle 22.1.1. Die Problematik be-
steht jedoch darin, daß die Gewinnung nach den heutigen Verfahren die
Verfügbarkeit preisgünstiger elektrischer Energie voraussetzt, die gerade
in den industrialisierten Ländern eine knappe Ressource ist.
Der Wunsch, einen Werkstoff oder ein Produkt nicht nur nach techni-
schen und wirtschaftlichen Kriterien zu bewerten, sondern auch ökologi-
sche Bewertungsmaßstäbe zu berücksichtigen, hat zur Entwicklung soge-
nannter Ökobilanzen (LCA = Life Cycle Assessment) geführt. Darunter
versteht man die Bestandsaufnahme aller umweltrelevanten Faktoren,
Stoff- und Energieumsätze, die im Zusammenhang mit der Herstellung,
dem Gebrauch und der Entsorgung eines Produktes Auswirkungen auf Bo-
den, Luft und Wasser haben können. Derartige Bilanzen betrachten also
nicht nur den „Input/Output“ auf der Erzeugungsstufe, sondern auch den
Nutzungsteil während des Produktlebens und die Entsorgung am Ende der
Nutzungsphase. Bild 22.4.1 stellt eine Beschreibung des Umfangs und der
Zielsetzung einer Ökobilanz dar (Eyerer et al. 1993).
So sinnvoll die Aufstellung von Ökobilanzen erscheint, so problema-
tisch ist andererseits die Durchführung. Es müssen genaue Rahmenbedin-
gungen und Systemgrenzen festgelegt werden, innerhalb derer eine Bilanz
aufgestellt werden kann. Besonders problematisch wird die Bewertung
einzelner Ergebnisse, da eindeutige, wissenschaftlich fundierte Kenntnisse
der Zusammenhänge mit umweltrelevanten Auswirkungen vorhanden sein
müssen und die Wertmaßstäbe gesellschaftlichen und politischen Strö-
mungen unterliegen und laufend neu definiert werden. Die Erstellung von
Ökobilanzen zum Zwecke von objektiven, belastbaren Aussagen und zu
Vergleichszwecken muß daher unter Einhaltung strikter Regeln und Vor-
schriften erfolgen, die in EN-ISO 14040 internationale Anerkennung er-
langt haben.
Die Verfügbarkeit und Nachvollziehbarkeit der für die Sachbilanz er-
forderlichen, zuverlässigen Daten stellen ein Problemfeld dar. Für die
Aluminiumgewinnung und -verarbeitung sind auf europäischer Ebene sol-
che Datensammlungen erstellt worden. Der Zugang zu diesen Daten ist
über die nationalen Verbände oder die einschlägige Industrie möglich. Ei-
ne Zusammenfassung relevanter Daten in einer Gewichtung der europäi-
schen Industrieverhältnisse enthalten die Tabellen A.5.a-c (Anhang) für
die Oxidgewinnung und die Erzeugung von Primär- und Sekundäralumini-
um (EAA 1996). Die Auswahl der Daten orientiert sich an heutigen Prak-
tiken in Europa und berücksichtigen indirekten Energieverbrauch für die
Bereitstellung und für den Transport. Für Ökobilanzrechnungen muß man
jedoch auf die relevanten, vollständigen Datensätze zurückgreifen. Weitere
748 22 Gewinnung, Recycling, Ökologie

aktuelle Daten und Fakten findet man auf der Website der European Alu-
minium Association (www.eaa.net) sowie in Datenbanken, wie www.gabi-
software.com/ und http://lca.jrc.ec.europa.eu/.

Bild 22.4.1 Drei Dimensionen der ganzheitliche Bilanzierung von Produkten und
Bauteilen: Pflichtenheft, Produktzyklus und Bilanzströme

Unter Umweltgesichtspunkten stellen sich beim Umgang mit dem


Werkstoff Aluminium wegen seines bei der Gewinnung vergleichsweise
hohen Energieverbrauchs in der primären Gewinnungsstufe Fragen nach
dem ökologischen Nutzen von Aluminiumanwendungen, z.B. beim Bau
von Automobilen. Ökologische Bilanzierungen von aluminiumintensiven
Mittelklassewagen ergeben eine ca. 15% höhere Energiebilanz bei der
Herstellung gegenüber einer normalen Stahlkarosserie, jedoch eine deut-
lich positive Bilanz zugunsten des Aluminiumfahrzeugs bei Bilanzierung
über den gesamten Lebenszyklus infolge der Treibstoffeinsparungen. Eine
selbst bei der Herstellung positive Bilanz erhält man durch intensive An-
wendung von Sekundär- anstelle von Primäraluminium (Haldenwanger et
al. 1993). Berücksichtigt werden sollte auch, daß der Restwert am Ende
des Lebenszyklus eines aluminiumintensiven Fahrzeugs ungleich höher als
bei einem Stahlfahrzeug ist.
Reale Stoffkreisläufe führen immer zu Verlusten, die ersatzweise mit
neuen Rohstoffen aufgefüllt werden müssen. Auch müssen die Kreislauf-
materialien mit primären Stoffen „verdünnt“ werden, um die nachteiligen
Wirkungen von im Kreislauf eingetragenen Verunreinigungen auszuschal-
ten. In vielen Fällen können darüber hinaus die Anforderungen an die
Werkstoffqualitäten heute nur durch den Einsatz von reinen, primären
Rohstoffen erfüllt werden. Die Vorstellung von geschlossenen Werkstoff-
22.4 Ökologische Betrachtungen 749

kreisläufen ist also heute noch eine Utopie, für deren Verwirklichung noch
erhebliche technologische Anstrengungen notwendig sind.

22.4.2 Energiefragen der Aluminiumgewinnung

Aus der Beschreibung der Herstellungsverfahren von Primär- und Sekun-


däraluminium, s. Abschn. 22.1 und 22.2, kann zusammenfassend festge-
halten werden, daß folgende drei Energiearten verwendet werden:
− Wärmeenergie (Dampf, Kalzinier-, Schmelz- und Wärmebehandlungs-
ofenheizung)
− elektrische Energie (Elektrolyse; Antriebsenergie)
− fossile Hilfsstoffe als Energieträger (Kathoden- und Anodenkohle,
Walz- und Schmieröle etc.)
Für die Erzeugung von Wärmeenergie wird vorwiegend auf Erdgas,
Erdöl und Kohle als sogenannte Primärenergieträger zurückgegriffen.
Elektrische Energie dagegen ist Sekundärenergie und wird in Kohle-,
Heizöl-, Wasserkraft- und Kernkraftwerken erzeugt. Um eine einheitliche
Energiebetrachtung und Vergleiche des Energieinhaltes verschiedener
Werkstoffe anzustellen, ist es notwendig, die verwendeten Energieformen
in vergleichbaren Energieeinheiten auszudrücken. Es hat sich als zweck-
mäßig erwiesen, die Energieinhalte (Heizwert) der fossilen Brennstoffe
einheitlich in Joule (bzw. SKE = Steinkohleeinheit oder Kcal) auszu-
drücken. Elektrische Energie läßt sich in Wärmeäquivalente umrechnen:
1 kWh = 3600 Joule = 3,6 MJ (bzw. = 860 kcal oder = 0,123 SKE). Die
Umwandlung der Heizwerte fossiler, primärer Brennstoffe in elektrische
Energie in Wärmekraftwerken geschieht jedoch mit Wirkungsgraden von
nur 0,33 bis 0,38; d.h. das Wärmeäquivalent einer kWh, erzeugt aus fossi-
len Brennstoffen, entspricht fast der 3-fachen Primärenergiemenge (10
MJ).
Eine derartige Umrechnung von elektrischer Energie in Primärenergie
ist aber insofern irreführend, als nicht alle Elektroenergie mit fossilen
Brennstoffen erzeugt wird, sondern auch in Kernkraft- und Wasserkraft-
werken. Welcher durchschnittliche Umrechnungswert, bezogen auf den
Anteil fossiler Brennstoffkraftwerke herangezogen wird, hängt von dem
jeweils betrachteten geographischen Gebiet ab. In Gebieten wie z.B. Nor-
wegen, Island, Kanada beruht die Stromerzeugung überwiegend auf Was-
serkraft, während in der Bundesrepublik die Stromerzeugung vorwiegend
auf Braunkohle basiert. Da die Aluminiumhütten immer in der unmittelba-
ren Nähe der Stromerzeugung liegen, sind Zuordnungen zu den Energie-
ressourcen möglich. Gleichzeitig sind die Transmissionsverluste gering.
750 22 Gewinnung, Recycling, Ökologie

Wie in Abschn. 22.3 ausgeführt wurde, ist Deutschland ein Nettoimport-


land für Primäraluminium. Die gleiche Feststellung gilt für das übrige,
westliche Europa, das 35% seines Bedarfs aus der westlichen Welt deckt.
Die Energieressourcen für Produkte aus Primäraluminium, die in Europa
hergestellt werden, verteilen sich nach dem Schlüssel in Tabelle 22.4.1
(EAA 1997). Um den Strombedarf der Elektrolyse in wärmeäquivalenten
Einheiten auszudrücken, ergibt sich aus dem europäischen Ressourcenmix
ein Primärenergiebedarf von 6 MJ für 1 kWh.

Tabelle 22.4.1 Europäisches Energieressourcenmodell für Primäraluminiumpro-


dukte nach EAA (1998: 65% Europa, 35% westliche Welt)

Energieart Anteil für Primäraluminiumerzeugung


Wasserkraft 44,6%
Kernkraft 24,7%
Kohle 20,6%
Erdgas 4,6%
Erdöl 5,5%

Die Schwierigkeiten in der Festlegung eines für die Aluminiumerzeu-


gung einheitlichen Umrechnungsfaktors von elektrischer Energie in Pri-
märenergie ist der Grund für die Vielzahl divergierender und widersprüch-
licher Angaben über den Energieverbrauch. Je nach Argumentationsbasis
kann man jeden beliebigen Wert in der Literatur finden. Man muß daher
die Herkunft der Angaben genau prüfen, will man irreführende Schlußfol-
gerungen vermeiden.
Bei der Erzeugung von Sekundäraluminiumlegierungen durch Um-
schmelzen von Schrotten werden deutlich geringere Mengen an Energie
benötigt, wie die Daten in Tabelle A.5.c (Anhang) zeigen. Die Emissionen
und Mengen der Abfallstoffe sind ebenfalls wesentlich niedriger als bei
der Primäraluminiumerzeugung. Für die in Tabelle A.5.c enthaltenen
Emissionswerte wurden europäische Mittelwerte verwendet (Quelle: EAA,
1996). Sie sind nur als Anhaltswerte für mengenmäßig umweltrelevante
Emissionen anzusehen. Im konkreten Fall sind die Emissionswerte anla-
genbedingt und hängen von dem Stand der installierten Abgasanlagen-
technik und der Temperaturführung im Schmelzprozeß ab. Problematisch
ist die Prozeßführung beim Umschmelzen organisch verunreinigter Schrot-
te, wenn im Verbrennungsraum zu niedrige Temperaturen herrschen, bei
denen das Entstehen von Dioxinen und PAK (polycyclische aromatische
Kohlenwasserstoffe) nicht wirksam unterdrückt werden kann (Knutsson
1992). Moderne Anlagen liegen in diesen kritischen Emissionswerten weit
unter den zulässigen Grenzwerten.
22.4 Ökologische Betrachtungen 751

Der Energiebedarf für die Halbzeugherstellung richtet sich nach der Art
des Halbzeugs, den Produktionsanlagen und Fertigungsabläufen sowie
nach der Art der Legierung. Vorwiegend handelt es sich dabei um die
elektrische Energie für den Betrieb der Produktionsanlagen und um die
thermische Energie für die Wärmebehandlungsprozesse. Für großvolumige
Massenfabrikate gelten dabei günstigere Werte als für Spezialitäten. Als
Orientierungswert kann man von einen Energiebedarf in wärmeäquivalen-
ten Einheiten von etwa 5 bis 12 MJ/kg ausgehen. Für genauere Angaben
bedarf es einer detaillierteren Spezifizierung des Energieressourcenmix
und des Fertigungsablaufs.
Anhang

Tabelle A.1.1. Chemische Zusammensetzung


von ausgewählten Aluminiumknetlegierungen
Tabelle A.1.2. Typische Festigkeitseigenschaften ausgewählter
Aluminiumknetlegierungen
Tabelle A.1.3. Physikalische Eigenschaften ausgewählter
Aluminiumknetlegierungen
Tabelle A.1.4. Korrosionsverhalten und Anodisierbarkeit ausgewählter
Aluminiumknetlegierungen (qualitativ)
Tabelle A.1.5. Verarbeitungseigenschaften ausgewählter
Aluminiumknetlegierungen (qualitativ)
Tabelle A.1.6. Blechkennwerte ausgewählter Aluminiumknetlegierungen
Tabelle A.1.7. Kaltfließkurven ausgewählter Aluminiumknetlegierungen
Tabelle A.1.8. Warmfließkurven ausgewählter Aluminiumknetlegierungen
Tabelle A.2.1. Chemische Zusammensetzung von ausgewählten Gußlegierun-
gen nach DIN EN 1706
Tabelle A.2.2.a. Mechanischen Eigenschaften von gebräuchlichen Legierungen
für Sandgußformteile nach DIN EN 1706
Tabelle A.2.2.b. Mechanischen Eigenschaften von gebräuchlichen Legierungen
für Kokillengußformteile nach DIN EN 1706
Tabelle A.2.2.c. Mechanischen Eigenschaften von gebräuchlichen Legierungen
für Feingußformteile nach DIN EN 1706
Tabelle A.2.2.d. Mechanischen Eigenschaften von gebräuchlichen Legierungen
für Druckgußformteile nach DIN EN 1706
Tabelle A.2.3. Physikalische Eigenschaften und Bearbeitungseigenschaften von
ausgewählten Gußlegierungen
Tabelle A.3. Liste wichtiger Normen für Aluminiumwerkstoffe
(Stand November 2006)
Tabelle A.4. Normen zur Prüfung, Verarbeitung, Anwendung und konstrukti-
ven Berechnung
Tabelle A.5. Stoff- und Energiedaten für die
(a) Oxidgewinnung
(b) Primäraluminiumerzeugung
(c) Sekundäraluminiumerzeugung
754 Anhang

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Anhang 785

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786 Anhang

Anhang A.1.7 Kaltfließkurven von Aluminiumlegierungen

Die folgenden Fließkurven von ausgewählten Aluminiumlegierungen wur-


den mit dem Torsionsversuch bei RT für die Ausgangszustände weich
(Zustand 0) und lösungsgeglüht und abgeschreckt (Zustand W) nach ver-
schiedenen Zwischenzeiten ermittelt (Gobrecht 1971, Ostermann 1974).
Die Eigenschaften des stranggepreßten Ausgangsmaterials sowie die im
Torsionsversuch ermittelten Verfestigungsexponenten nt und maximalen
Umformgrade ϕmax sind in den zugehörigen Tabellen erfaßt.

AlMg2Mn0,8-0

AlMn1Cu-0

Bild A.1.7.1 Fließkurven von EN AW-1050A-0, EN AW-3003-0, EN AW-5049-0


und EN AW-5754-0

Tabelle A.1.7.1 Ausgangswerte für Torsionsfließkurven


EN AW- Chem. Rp0,2 Rm A5 Z nt ϕmax ϕ&
Symbole [N/mm²] [N/mm²] [%] [%] [–] [–] -3
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1050A-0 Al99,5 62 105 48 95 0,25 3,65 8


3003-0 AlMn1Cu 77 141 32 84 0,17 3,12 8
5049-0 AlMg2Mn 0,8 80 213 30 53 0,10 2,10 26
5754-0 AlMg3 78 203 29 81 0,10 1,89 8
Anhang 787

Bild A.1.7.2 Fließkurven von AlMgSi (EN AW-6060) in den Zuständen weich
(0) und abgeschreckt (W)

Tabelle A.1.7.2 Ausgangswerte für Torsionsfließkurven


EN AW- Rp0,2 Rm A5 Z nt ϕmax ϕ&
[N/mm²] [N/mm²] [%] [%] [–] [–] x10-3 s-1
6060-0 65 100 27 77 2,95 26
lösungsgeglüht
+ 0,5 h bei RT 41 118 38 72 2,82 26
+ 1 h bei RT 42 120 36 72 0,16 2,87 26
+ 2 h bei RT 48 127 36 71 2,73 26
+ 4 h bei RT 51 133 34 68 2,62 26
+ 8 h bei RT 55 141 35 65 2,54 26
788 Anhang

Bild A.1.7.3 Fließkurven von AlMg1SiCu (EN AW-6061) in den Zuständen


weich (0) und abgeschreckt (W)

Tabelle A.1.7.3 Ausgangswerte für Torsionsfließkurven


EN AW- Rp0,2 Rm A5 Z nt ϕmax ϕ&
[N/mm²] [N/mm²] [%] [%] [–] [–] x10-3 s-1
6061-0 44 115 35 63 1,92 26
lösungsgeglüht
+ 0,5 h bei RT 53 164 33 54 1,54 26
+ 1 h bei RT 56 165 34 54 0,17 1,55 26
+ 2 h bei RT 55 163 35 55 1,50 26
+ 4 h bei RT 60 165 33 52 1,36 26
+ 8 h bei RT 72 184 30 49 -- --
Anhang 789

Bild A.1.7.4 Fließkurven von AlSi1MgMn (EN AW-6082) in den Zuständen


weich (0), abgeschreckt (W) und T4

Tabelle A.1.7.4 Ausgangswerte für Torsionsfließkurven


EN AW- Rp0,2 Rm A5 Z nt ϕmax ϕ&
[N/mm²] [N/mm²] [%] [%] [–] [–] x10-3 s-1
6082-0 84 140 29 70 0,15 2,25 8
lösungsgeglüht
+ 0,5 h bei RT 113 244 51 54 0,19 1,29 8
+ 1 h bei RT 140 261 48 51 0,17 1,50 8
+ 2 h bei RT 158 284 47 43 0,15 1,67 8
+ 4 h bei RT 174 298 47 40 0,13 1,63 8
+ 8 h bei RT 181 308 47 42 0,13 1,23 8
1)
6082-T4 185 285 17 40 0,18 0,50
1)
Schmiedeteil
790 Anhang

Bild A.1.7.5 Fließkurven von AlSiMgPb (EN AW-6012) in den Zuständen weich
(0) und abgeschreckt (W)

Tabelle A.1.7.5 Ausgangswerte für Torsionsfließkurven


EN AW- Rp0,2 Rm A5 Z nt ϕmax ϕ&
[N/mm²] [N/mm²] [%] [%] [–] [–] x10-3 s-1
6012-0 87 144 30 69 0,17 1,57 4.3
lösungsgeglüht
+ 0,5 h bei RT 111 230 51 55 0,21 1,49 4.3
+ 1 h bei RT 125 246 48 50 0,19 1,38 4.3
+ 2 h bei RT 144 271 48 46 0,17 1,38 4.3
+ 4 h bei RT 166 289 47 43 0,15 1,46 4.3
+ 8 h bei RT 176 297 47 47 0,14 1,47 4.3
Anhang 791

Bild A.1.7.6 Fließkurven von AlCu4MgSi (EN AW-2017A) in den Zuständen


weich (0) und abgeschreckt (W)

Tabelle A.1.7.6 Ausgangswerte für Torsionsfließkurven


EN AW- Rp0,2 Rm A5 Z nt ϕmax ϕ&
[N/mm²] [N/mm²] [%] [%] [–] [–] x10-3 s-1
2017-0 120 206 19,5 57 0,16 1,24 8
lösungsgeglüht
+ 1 h bei RT 197 388 43 15 0,20 1,28 8
+ 2 h bei RT 210 396 45 15 0,18 1,25 8
+ 4 h bei RT 248 425 43 16 0,16 1,11 8
+ 8 h bei RT 278 459 45 18 0,16 1,02 8
792 Anhang

Bild A.1.7.7 Fließkurven von AlZn4,5Mg1 (EN AW-7020)) in den Zuständen


weich (0) und abgeschreckt (W)

Tabelle A.1.7.7 Ausgangswerte für Torsionsfließkurven


EN AW- Rp0,2 Rm A5 Z nt ϕmax ϕ&
[N/mm²] [N/mm²] [%] [%] [–] [–] x10-3 s-1
7020-0 76 180 27 51 1,85 26
lösungsgeglüht
+ 1 h bei RT 53 172 36 56 0,16 2,10 26
+ 2 h bei RT 57 175 37 58 2,05 26
+ 4 h bei RT 70 186 36 60 1,93 26
+ 8 h bei RT 82 206 34 56 1,63 26
Anhang 793

Bild A.1.7.8 Fließkurven von AlZn5,5MgCu (7075) in den Zuständen weich (0)
und abgeschreckt (W)

Tabelle A.1.7.8 Ausgangswerte für Torsionsfließkurven


EN AW- Rp0,2 Rm A5 Z nt ϕmax ϕ&
[N/mm²] [N/mm²] [%] [%] [–] [–] x10-3 s-1
7075-0 82 212 25 45 1,20 26
lösungsgeglüht
+ 1 h bei RT 140 355 24 30 0,15 0,58 26
+ 2 h bei RT 159 365 27 28 0,45 26
+ 4 h bei RT 178 385 26 25 0,40 26
+ 8 h bei RT 210 417 26 22 0,30 26
794 Anhang

Bild A.1.7.9 Fließkurven von AlCu6BiPb (EN AW-2011) in den Zuständen


weich (0) und abgeschreckt (W)

Tabelle A.1.7. 9 Ausgangswerte für Torsionsfließkurven


EN AW- Rp0,2 Rm A5 Z nt ϕmax ϕ&
[N/mm²] [N/mm²] [%] [%] [–] [–] x10-3 s-1
2011-0 51 133 29 68 0,14 1,18 4,3
lösungsgeglüht
+ 1 h bei RT 113 288 57 49 0,15 0,32 4,3
+ 2 h bei RT 113 290 56 45 0,14 0,29 4,3
+ 4 h bei RT 120 293 54 44 0,13 0,27 4,3
+ 8 h bei RT 127 299 56 42 0,13 0,25 4,3
Anhang 795

Bild A.1.7.10 Fließkurven von AlCuMgPb (EN AW-2007) in den Zuständen


weich (0) und abgeschreckt (W)

Tabelle A.1.7.10 Ausgangswerte für Torsionsfließkurven


EN AW- Rp0,2 Rm A5 Z nt ϕmax ϕ&
[N/mm²] [N/mm²] [%] [%] [–] [–] x10-3 s-1
2007-0 81 184 21 51 0,19 1,04 4.3
lösungsgeglüht
+ 1 h bei RT 170 371 41 14 0,22 0,61 4.3
+ 2 h bei RT 201 393 42 15 0,22 0,45 4.3
+ 4 h bei RT 232 435 42 16 0,21 0,39 4.3
+ 8 h bei RT 269 456 44 17 0,23 0,30 4.3
796 Anhang

Anhang A.1.8 Warmfließkurven

Fließspannung in Abhängigkeit von Formänderung, Formänderungsge-


schwindigkeit und Temperatur. Prüfverfahren: Zylinderstauchversuch
(Quelle: Meyer-Nolkemper, 1979)

Bild A.1.8.1 Warmfließkurven der Legierung AlSi1MgMn (EN AW-6082)


Anhang 797

Bild A.1.8.2 Warmfließkurven der Legierung AlCu4Mg1 (EN AW-2024)

Bild A.1.8.3 Warmfließkurven der Legierung AlZn5,5MgCu (EN AW-7075)


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Anhang 819

Tabellen A.5
Stoff- und Energiedaten zur Aluminiumgewinnung

Tabelle A.5.a Stoff- und Energiedaten für die Oxidgewinnung bezogen auf 1910
kg Oxid für 1000 kg Al , europäische Durchschnittswerte (Quelle: EAA, 1996)
Rohstoffe Bauxit 3675 kg
Salz 54 kg
Kalk 170 kg
Energieverbrauch Öl 508,9 kg
Gas 70 kg
Elektrischer Strom (ca. 34% fossil) 588 kWh
Emissionen Staub 14,56 kg
SO2 17,56 kg
NOx 4,29 kg
CO2 1759 kg
VOC 0,6 kg
Abfall Bauxitrückstände („Rotschlamm“) ca. 1054 kg
NaOH 7,8 kg

Tabelle A.5.b Stoff- und Energiedaten für die Produktion von Primäraluminium
bezogen auf 1000 kg Al, europäische Durchschnittswerte (Quelle: EAA, 1996)
Hilfs- und Betriebs- Kohle 440 kg
stoffe (Anode 415 kg + Kathode 25 kg)
AlF3 17,5 kg
Energieverbrauch Elektrischer Strom 15,14 MWh
(davon ca. 34% fossil)
Emissionen in die Staub 1,78 kg
Luft CO2 2358 kg
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SO2 15,38 kg
NOx 0,69 kg
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Abfallstoffe flüssig Schwebstoffe 0,6 kg
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Abfallstoffe fest Kohle 7,6 kg
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Salzschlacke 2,1 kg
820 Anhang

Tabelle A.5.c Stoff- und Energiedaten für die Sekundäraluminiumgewinnung be-


zogen auf 1000 kg Aluminium (europäisches Modell). Quelle: EAA, 1996
Einsatzstoffe Aluminiumschrotte 1116 kg
Legierungselemente 65 kg
Salz 16,7 kg
Silizium, andere Verunreinigungen 46,3 kg
Energie- Elektrischer Strom (ca. 50 % fossil) 287,8 kWh
verbrauch Erdgas 197,15 kg
Schweres Heizöl 14,04 kg
Emissionen in Staub 0,15 kg
die Luft CO2 466,2 kg
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SO2 0,35 kg
Kohlenwasserstoffe 0,09 kg
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NH4 0,02 kg
HF 0,0035 kg
HCl 0,0041 kg
Chlor 0,00049 kg
Phosphine 0,00052 kg
Abfallstoffe fest Filterstäube 9,63 kg
Kugelmühlenstäube 14,54 kg
andere 2,1 kg
Reststoffe Aluminiumoxid 119,36 kg
metallische Rückstände 76,65 kg
Eisenschrott 2,18 kg

Erläuterungen zu Abkürzungen:
PAK = polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe
VOC = volatile organic compounds (flüchtige organische Substanzen)

Anmerkung zu den obigen Tabellen:


Die Zahlen beruhen auf einer Erhebung von 1996. Mittlerweile gelten gün-
stigere Werte.
Literatur

Kapitel 2
Aluminium-Zentrale e.V. (Hrg.): Aluminium im Schienenfahrzeugbau. Sympo-
sium Würzburg 1991. Darmstadt: Hestra-Verlag, 1992
Annon.: Der Leichtmetallanteil im modernen deutschen Personenkraftwagen. Alu-
minium 32 (1956), S. 426–427
Balachov, B.; Kondapalli, S.; Janssen, H.; Dilthey, U.; Lugscheider, E.: Beanspru-
chungsgerechter Verschleißschutz im Aluminium-Formenbau durch Entwick-
lung und schweißtechnische Verarbeitung neuer Legierung. AiF-Nr. 12.489
N/DVS-Nr. 1.030, ISF RWTH Aachen, 2002
Bangel, M.: Fügetechnik im Aluminium-Karosseriebau. In: 15. Fachtagung „Pro-
zeßkette Karosseriebau“, Internationaler Rohbau-Expertenkreis, 19.-21. Febr.
2003, C. Fröhlich, Freiburg, Luckenbachweg 24
Baron, J.J.: Die Aluminiumkarosserie des neuen Dyna. Aluminium 30 (1954), S.
183–194
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Kapitel 20 867

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Sachverzeichnis

Abschreckempfindlichkeit 105, 142, -, Spanbarkeit der Gußlegierungen


175 207, 562, 565
Abschrecken 175 -, Veredelung des Gefüges 206, 207
Abschreckgeschwindigkeit 175 Aluminiumknetlegierungen, Aufbau
Adhäsion 517 112
Adhäsionsneigung 518 -, AlCu(Mg,Si)-Legierungen 131
Aktivierungsenergie für Selbst- -, AlLi-Legierungen 169
diffusion 83 -, AlMg(Mn)-Legierungen 84, 89,
Altschrott 186, 742 117, 129
ALUCOBOND® 433 -, AlMgSi-Legierungen 138, 140
ALUCORE® 433 -, AlMn-Legierungen 115
Aluminium Automotive Manual 13 -, AlSi-Knetlegierungen 169
Aluminiumbarrenproduktion 400 -, AlZnMg(Cu)-Legierungen 157
Aluminiumgewinnung 737 -, mechanische Eigenschaften 807
-, Energiebasis der Primäraluminium- -, physikalische Eigenschaften 814
erzeugung 742 -, Reinaluminium 113
-, Gewinnung von Aluminiumoxid -, Zusammensetzung 804
739 Aluminiummatrix-Verbundwerkstoffe
-, Prozeßdaten 741 (MMC) 725
-, Rohstoffressourcen 737 -, Anwendungsbeispiele 729
-, Schmelzflußelektrolyse 740 -, Eigenschaften 726
Aluminiumgußlegierungen, Aufbau --, Elastizitätsmodul 727
201 --, Wärmeausdehnungskoeffizient
-, AlCu-Gußlegierungen 205 727
-, AlMg-Gußlegierungen 204 --, Warmzugfestigkeit von Faserver-
-, AlSi-Gußlegierungen 203 bundwerkstoffen 728
-, AlSiCu-Gußlegierungen 204 -, Mischungsregel 726
-, AlSiMg-Gußlegierungen 203 -, spanende Bearbeitung 731
-, AlZnMg-Gußlegierungen 205 Aluminiumproduktion 1
Aluminiumgußlegierungen, Eigen- -, Datenbanken 3, 748
schaften 201, 850, 856 -, s. a. Primäraluminium 732
-, Anodisierbarkeit 208, 856 -, s. a. Sekundäraluminium 742
-, Eigenspannungen in Gußteilen -, Weltaluminiumproduktion 2
-, Formfüllungsvermögen 201 Aluminiumpulvermetallurgie 717
-, Gießbarkeit 202 -, Herstellen von Legierungspulvern
-, Korrosionsverhalten 208, 244, 856 717
-, Schweißbarkeit 208, 856 -, mechanisches Legieren 719
872 Sachverzeichnis

-, PM-Legierungen 724 Ausgangszustände für das Kaltfließ-


-, Pulverherstellung durch Gasverdüsen pressen 481
718 -, Zustand frisch abgeschreckt 481
Aluminiumschaum, s. a. Metallschaum -, Zustand kaltverfestigt 482
433, 731 -, Zustand stabilisiert 482
Aluminium-Stahl-Mischverbindungen -, Zustand warmausgehärtet 483
666, 668, 669 Ausscheidungsfolge bei der Kaltaus-
Anisotropie 110, 289 härtung 104
-, der Duktilitätseigenschaften 110, Ausscheidungsfolge bei der Warmaus-
302 härtung 105
-, der Festigkeitseigenschaften 110 ausscheidungsfreie Zonen 81, 84, 109,
Anisotropie der Fließeigenschaften 134, 142
291, 492 Ausscheidungsphasen in aushärtbaren
-, ebene Anisotropie 292, 492 Legierungen 102
-, senkrechte Anisotropie 291, 492, 495 Automatenlegierungen 559, 562, 563
anodische Oxidation 583 Automobilbau 10
-, Hartanodisieren 585 -, Aluminiumanteil im PKW 12
-, Oxidschichtaufbau 232, 584 -, Anhängeteile 27
-, Verfahrensvarianten 584 --, Aggregateträger 29
Anrißphase 319 --, Legierungen für Motorhauben 28
-, Anrißbildung 322, 331 --, Legierungen für Stoßfänger 30
-, Kurzrisse 331 --, Motorhaube 28
Anschmelzungen 81, 111, 174 --, Seitenaufprallschutz 29
Anwendungsmärkte 9 --, Stoßfängersystem 30
-, Architektur und Ingenieurbau 67 --, Stoßverzehrelemente, Crash-Box
-, Automobilbau 10 30
-, Elektrotechnik 74 --, Türen 29, 67
-, Endverbrauch 9 -, Antriebsbereich 13
-, Flugzeugbau 61 --, Kolben 13, 729
-, Maschinen-, Apparate- und Werk- --, Kolbenlegierungen 14
zeugbau 72 --, Motorblock 17, 729
-, Nutzfahrzeugbau 41 --, Motorblocklegierungen 18, 729
-, Schienenfahrzeugbau 46 --, Zylinderkopf 14
-, Schiffbau 58 --, Zylinderkopflegierungen 16
-, Verpackung 75 -, Fahrwerk 23
ARALL® 433 --, Aluminiumräder 24
Architektur 67 --, Hinterachsträger 23
-, bauaufsichtliche Zulassungen 68 --, Lenkungsgelenkwelle 26
-, Dach- und Wandverkleidung 67 --, Querlenker 24
-, Fassadenelemente 67 -, Rohkarosserie 27
-, Fensterrahmen 67 --, Blechbauweise 31
-, Imperial War Museum 68 --, Karosseriebaulegierungen 37
-, Trapezprofile 68, 69 --, Mischbauweise 31, 35
Audi Spaceframe 32 --, Spaceframe 32
Aufheizgeschwindigkeit 164 -, Wärmetauscher 18
Aufreißversuch (Kahn) 307, 316 --, Hartlötprozesse 20, 672
Sachverzeichnis 873

--, Legierungen 21 Blasenbildung 112


--, Long Life Alloys 22 Blechoberfläche 515
Blechumformung 491
Bake-hardening 513 -, Werkstoffe 832
Bandbeschichtung 431 --, Karosserieblechlegierungen 511
Bandgießen 401, 424 -, Werkstoffeigenschaften 492
Bauschinger Effekt 89, 325, 326, 327, --, aus Zugversuchen 492
329 --, Biegefähigkeit 502, 832
Bauwesen, s. a. Architektur bzw. Inge- --, Grenzformänderungsdiagramm
nieurbau 67 499
Beizen 581 --, Grenzziehverhältnisse 495
Beschichten mit organischen Stoffen --, Näpfchenziehversuch nach Swift
588 493
-, Elektrotauchlackierung (ETL) 590 --, Streckziehbarkeit 495, 497
-, Naßlackbeschichtung 589 --, Tiefungsversuch nach Erichsen
-, Pulverbeschichtung 589 495
Beschichtungen 583 --, Zipfelbildung 492
-, anodische Oxidation 583 Bleisprödigkeit 99, 384
-, metallische Beschichtungen 586 Blindniete 647
-, organische Beschichtungen 588 Bohr- und Drehqualitäten 168
Beschichtungsverfahren 578 Bridgman-Korrektur 283
Biegefähigkeit von Blech 502, 832 Bruchdehnung 281
-, Biegefaktor 503, 538, 832 Brucheinschnürung 282
-, DC-Bend Test 506 Bruchmechanik 315
-, Ermittlung von Biegefaktoren 505 Bruchphänomene 299
-, Faltversuch 506 Bruchvorgang und Bruchverhalten
-, Falzprozeß 507 298
-, Versagensmechanismus beim Biegen Bruchvorgang und Bruchverhalten
504 298
Biegefaktor 503, 538, 832 -, Brucharten 299
Biegen von Profilen 536 -, duktiler Trennbruch 299
-, Abschätzung der Biegefähigkeit 538 -, Einschnürbruch 306
-, biegegerechtes Gestalten von Profi- -, Mischbruch mit interkristallinen
len 539 Bruchanteilen 304
-, Mechanik des Biegens 536 -, Scherbruch 299, 308
-, Versagensgrenzen beim Profilbiegen -, Wabenbruch 303
537 -, zähes Bruchverhalten 315
Biegetechnik von Hohlprofilen 39 Bruchzähigkeitswerte 64
Biegeträgeroptimierung 684 Buckelschweißen 636
-, Träger gleicher Steifigkeit 684 Butzen 477
Biegeverfahren des Profil- und Rohr-
biegens 540 Chobert-Blindniet 648
-, Biegen durch örtliches Umformen C-Kurven 175
540 Cluster 102, 135, 144
-, Freiformbiegen 542 CO2-Strahlen 618
-, Streckbiegen 541 Coil-Coating Systeme 40
874 Sachverzeichnis

Core-Package-System® 403 -, Warmfestigkeit 380


Cosworth®-Sandgußverfahren 405 -, Warmfließkurven 388, 846
Critical fracture strain 314 -, Warmumformung 387
-, Zeitstandfestigkeit 381
Dauerfestigkeit 350 Eigenschaften bei tiefen Temperaturen
DC-Bend Test 506 376
Dehngeschwindigkeit 368 -, Duktilität 379
-, Einfluß auf die Duktilität 373 -, Elastizitätsmodul 377
-, Einfluß auf die Fließspannung 369 -, Festigkeitseigenschaften 378
-, s. a. Formänderungsgeschwindigkeit Eigenschaften von Schweißverbindun-
128, 461 gen 602
Dehnrateneffekt 128 Eigenspannungen, Abbau 180, 367
Dehnratenempfindlichkeit 126, 312, -, bei Schwingbeanspruchung 367
369, 371, 384, 548, 550 -, durch Recken und Stauchen 182
-, Einfluß von Vorverfestigung 373 -, durch thermische Nachbehandlung
Dendrit 95 182, 207, 698
Dendritenarmabstand (DAS) 195 Eigenspannungen, Entstehung
-, Einfluß der Abkühlgeschwindigkeit -, beim Abschrecken 180
718 -, beim Biegen 536
Det Norske Veritas 60 -, beim Gießen 207
Dichte 222, 814, 856 -, beim Schweißen 691
Disamatic® 403 -, beim Strahlen 364
Dispersionsphasen 100 -, beim Walzen 426
Doppelfokustechnik 621 Eigenspannungen, Wirkung auf
-, s. Laserstrahlschweißen 618 -, Schwingfestigkeit 364, 366, 696,
Drahterodieren 574 714
Dressierwalzen 429 -, Verzug beim Zerspanen 180, 207,
Druckguß 411 562, 573
duktiler Trennbruch 299 Einschlüsse im Guß 189
Duralumin 61 Einschnürbruch 306
Durchsetzfügen 642 Elastizitätsmodul bei unterschiedlichen
- mit und ohne Schneidanteil 643 Temperaturen 377
Dyna Panhard 10 elektrische Leitfähigkeit 179, 223
dynamische Entfestigung 90, 149, -, Prüfung 184
293, 301, 308, 527, 560 elektrolytische Beschichtungsverfahren
dynamische Reckalterung 123, 125, 587
309, 329, 371 Elektronenstrahlschweißen 616
Elektrotauchlackierung (ETL) 590
ebene Anisotropie 292, 492 Elektrotechnik 74
ECCS-ERAAS Fatigue Design Emp- -, Elektromotoren 74
fehlung 702 -, Hochspannungsleitungen 74
EDT-Oberfläche 515, 518 -, Hochvolt-Ätzfolie 74
Eigenschaften bei höheren Temperatu- -, Stromschienen 74
ren 380 Emaillieren 169
-, Fließverhalten 384 Emissionswerte 750
-, Kriechfestigkeit 381 Endverbrauchsstatistik 9
Sachverzeichnis 875

Energiefragen der Aluminiumgewin- Festigkeitseigenschaften 218


nung 749 -, allgemein 280
Energieressourcen 750 -, bei hohen Dehnraten 370, 374, 375,
ERAAS FAT-Klassen 703 388
Erichsentiefung 495 -, Formenbaulegierungen 74
Ermittlung von Biegefaktoren 505 -, FSW-Schweißverbindungen 663
Ersatzstrukturlänge 711 -, Gußlegierungen 850
Erstarrungsfehler 196 -, hartgelötete Legierungen 672
-, Einfallstellen 197 -, Kaltfließpreßteile 480
-, Einschlüsse 188, 189 -, Knetlegierungen 807, 832
-, Lunker 196 -, Kolbenlegierungen 15
--, Außenlunker 197 -, Kriechfestigkeit 381
--, Innenlunker 197 -, Luftfahrtplattenlegierungen 65
--, Mikrolunker 197 -, mechanische Fügeverbindung 645,
-, Porenbildung 198 655
-, Warmrißbildung 199 -, MIG-Schweißverbindungen 54, 602,
Erstarrungsmorphologie 195 687
-, Dendritenarmabstand (DAS) 195 -, Reibschweißverbindungen Al-St
-, Dendritenstruktur 193 666
-, konstitutionelle Unterkühlung 194 -, Tankbehälterlegierungen 46
Erstarrungsvorgang (Kristallisation) -, Warmfestigkeit 380
189 -, WPS-Verbindung 634
-, Erstarrung im Phasenungleichge- -, zyklische Spannungs-Dehnungswerte
wicht 192 348
-, Eutektische Temperatur 190 Flammofen 187
-, Keimbildung und Keimwachstum Fließbedingungen 388
189 Fließfigurenbildung 511
-, Kornfeinungszusatz 190 Fließfigurentypen 123
-, Kornseigerung 191, 195 Fließgesetz, Ansatz von Voce 289
-, Phasendiagramm 190 Fließkurven 128, 285, 287, 498
-, Qualitätsgrenze für Einschlüsse 189 -, für das Kaltfließpressen 836
-, Restschmelze 191 -, von AlMg-Legierungen 118
Eurocode 9 69, 694, 695, 700-707, Fließlochbohren 543
709 Fließlochbohrschrauben 653
Explosivschweißen 668 Fließortkurven 391, 393, 493
Fließpressen 475, 543
Faltversuch 506 -, s. a. Kaltfließpressen
Falzprozeß 507 Fließspannung 287
-, Keilfalz 508 Fließvermögen, Schmelze 200
-, Normalfalz 508 Fließvorgänge im Walzspalt 428
-, Vor- und Fertigfalzen 508 Flitterbildung und -vermeidung 529
Fasergefüge 81, 110, 470 Flugzeugbau 61
FAT-Klassen 701 -, Airbus A380 62
Feinguß (Wachsausschmelzverfahren) -, Duralumin 61
408 -, Jatho, Karl 61
Feinschneiden 533 -, Junkers, Hugo 61
876 Sachverzeichnis

-, Luftfahrtlegierungen 63 Gießverfahren 217, 399


--, Bruchzähigkeitswerte 64 -, s. a. Formgießverfahren 402
--, Festigkeitseigenschaften 64, 655, -, s. a. Stranggießverfahren 399
663 Gitterfehler 81
-, Wilm, Alfred 61, 102 Gitterkonstante 81
Folien 75, 115 Gitterstruktur 80
Formänderungsgeschwindigkeit 128, Glänzqualitäten 113
461 GLARE® 67, 433
Formänderungsweg (strain path) 500 Glattschnitthöhe 528
Formenbau 72, 74 Gleichmaßdehnung 281
Formgießverfahren 402 Gleitbänder 165, 301
-, Druckgießverfahren 411 -, grobe 325
-, Feinguß 408 -, planares Gleitverhalten 86, 89, 90,
-, im Vergleich 419 105, 149, 294
-, Kokillengießverfahren 403, 449 -, Quergleitverhalten 85, 89, 92, 149,
-, Sandgießverfahren 403 294
-, Thixoguß 413, 416 Gleitsysteme 82
Formzahl Kt 359 Glühblasen 96
Forsmo-Brücke 71 GP-Zonen 102
Freiformbiegen 542 Grathöhe 528
Friction Stir Welding 61, 66, 659 Grenzflächenschmierung 518
Fügen durch Umformen 640 Grenzformänderungsdiagramm (GFD)
funkenerosive Bearbeitung 573 394, 499
Grenzziehverhältnis beim Halbwarm-
Gebrauchseigenschaften, allgemein 2 umformen 549
Gefügebausteine 80 Grobkornbildung 110, 172, 442, 470
Gegendruck-Kokillenguß 410 Grünsandguß 403
Genauschneiden 531 Guinier-Preston-Bagaryatsky-Zonen
Germanischer Lloyd 60 135
Gesenkschmieden 459 Gußkorngefüge 94
-, Prozeß des Gesenkschmiedens 460 Gußphasen 95
--, Arbeitsablauf 472
-, Schmiedegefüge 470 Halbwarmumformen 384, 547
-, Schmiedegesenke 462 -, Grenzziehverhältnis 549
--, Gesenkarten 462 Halbzeugnormen 218, 858
--, Gesenkteilung 463 Hall-Petch-Beziehung 91, 92
-, Schmiedelegierungen 467 Hall-Petch-Konstanten 93
--, Schmiedevormaterial 469 Hartanodisieren 585
-, Stoffluß und Faserverlauf 464 Härteprüfung 184
--, Schmiedefehler 465 Hartlöten 117, 669
--, Reibung und Schmierung 466 -, Eigenschaften von hartgelöteten Le-
Gesenkteilung 463 gierungen 672
Gestalten von Schmiedeteilen 473 -, Flußmittel 673
Gestalten von Schweißverbindungen -, flußmittelfreies Löten 673
690 -, Gestaltung von Lötverbindungen
Gießband 401, 424 674
Sachverzeichnis 877

-, Hartlote 670 -, Vorwärts-, Rückwärts- Querfließ-


-, lötbare Aluminiumlegierungen 671 pressen 484
-, Löten mit Flußmitteln 673 -, Werkstofffluß 485
-, Lötprozeß und -verfahren 672 -, Werkzeuge 487
Hauptlegierungselemente 97 Kaltwalzen 425
Herdofen 186 Karosserieblechlegierungen 511
Hochgeschwindigkeitszerspanung 555 -, Bake-hardening 513
Hüttenlegierung 186 -, Blechoberfläche 515
hydrostatischer Zugspannungszustand --, EDT-Oberfläche 515, 518
302 --, Mill-finish-Oberfläche 515, 518
HYLITE® 433 -, Fließfigurenbildung 511
-, Reibungsverhalten des Blechwerk-
IHU-Stanzen von Durchbrüchen 547 stoffs 518
Imperial War Museum 68 -, Roping 512
Ingenieurbau 67 Keilfalz 508
-, Brückenbau 69 Keimbildung und Keimwachstum 189
-, Forsmo-Brücke 71 Kerben, Einfluß auf die Schwingfes-
-, Schwansbellbrücke 69 tigkeit 359
Innenhochdruckumformen IHU 32, -, Formzahl Kt 359
545 -, Kerbwirkungszahl Kf 359
-, IHU-Stanzen von Durchbrüchen 547 -, Mikrostützwirkung 361, 711
interkristalline Korrosion 123, 177, -, Neuber-Regel 363
248 Kerbfallklassen 701
-, unter Spannung 255 Kerbgrundkonzept 345, 363
interkristalliner Bruch 305 Kerbschlagbiegeversuch 307
interkristalliner Bruchanteil, Einflüsse Kerbspannung 359
auf 141 Kerbspannungskonzept mit fiktivem
intermetallische Phasen 81, 95, 100, Ersatzradius 711
175, 301, 302, 327 Kerbwirkungszahl Kf 359
Internetdatenbanken 3, 7, 13, 80 Kernpaket-Verfahren (CPS®) 405
Kleinwinkelkorngrenzen 91
Jatho, Karl 61 Klettern von Versetzungen 90
Junkers, Hugo 61 Kohärenz von Ausscheidungen 103
Kompaktieren von Pulvern zu Formtei-
Kalt- und Warmaushärten 183 len 720
Kaltaushärtung 104, 133, 144, 183 -, heißisostatisches Pressen (HIP) 722
-, nach Kaltverformung 136 -, Heißverdichten durch Warmumfor-
Kaltfließpressen von Aluminium 475 men 721
-, Ausgangszustände 481 -, Kaltverdichten (CIP) 721
-, Butzen 477 -, Sintern 721
-, Formenbeispiele 475 -, Sprühkompaktieren (Osprey) 722
-, Gestaltungsmerkmale 476 Kondensatorfolien 115
-, Kraftbedarf 487 konstitutionelle Unterkühlung 194
-, Legierungen 479 Konstruieren mit Aluminium 677
--, Fließkurven 836 -, Elastizitätsmodul und Leichtbau 680
-, Schmierstoffe 478 -, Profilkonstruktionen 679
878 Sachverzeichnis

-, Stahl-Aluminium-Mischbauweise Korrosionsermüdung 263


679 -, Einfluß von Beschichtung 271
-, Steifigkeit als Bemessungskriterium -, Einfluß von Vorkorrosion 264
680 -, Frequenzeinfluß 269
--, Biegebeanspruchung 683 -, Rißfortschritt unter Korrosion-
--, Zugbeanspruchung 681 seinfluß 268
-, Verbindungsknoten 678 -, Schwingfestigkeit unter Korrosion-
Kontaktkorrosion 258, 275 seinfluß 267
Konversionsschichten 582 -, Wasserstoffabsorption 268
Kornfeinung 98 korrosionsgerechtes Konstruieren 272,
Kornfeinungsphasen 94 680
Kornfeinungszusatz 190 -, Flächenverhältnis bei Metallpaarun-
Korngrenzen 91 gen 275
Korngrenzenanschmelzungen 54, 111, -, kathodischer Schutz 277
597, 604 -, Kontaktkorrosionsschaden 276
Korngrenzenausscheidungen 134, 142 Korrosionsmechanismus 236
Korngrenzenbruch 141, 177, 305 -, anodische Teilreaktion 237
Korngrenzenöffnungen 54, 597, 604 -, kathodische Teilreaktion 237
Korngrößen 92 Korrosionspotentiale 238
Kornseigerung 191, 195 -, Grenzpotential für Lochfraß 240
Korrosion 227 -, Potentialwerte intermetallischer Pha-
-, Einsatzbedingungen 228 sen 243
--, fertigungstechnische Faktoren -, Stromdichte-Potentialkurven 241,
228 260
--, konstruktive Faktoren 228 Korrosionsverhalten 229
--, werkstoffseitige Faktoren 228 - in Freibewitterung 229
Korrosionsarten 246 - in Meerwasser 229
-, Filiformkorrosion 272 - von Gußlegierungen 244
-, interkristalline Korrosion IK 123, - von Knetlegierungen
177, 248 Krätze 188, 742
-, interkristalline Korrosion unter Kriechfestigkeit 97, 381
Spannung 255 Kristallseigerung 95, 191
-, Kontaktkorrosion 258, 275 Kugelstrahlen, Einfluß 364, 365, 366,
--, Kontaktkorrosionsgefahr 261 714
--, Spannungsreihe ausgewählter Me- Kurzrisse 331
talle 259 Kurzrißproblematik 344
-, Lochkorrosion LK 246 Kurzspanbildung 131
-, Reibkorrosion 271 Kurzzeitfestigkeit 350
-, Schichtkorrosion SK 250
-, Spaltkorrosion 256 Lackeinbrennung 122, 130, 151
-, Spannungsrißkorrosion SpRK 168, Lagerfähigkeit 122, 145
252 Langzeitfestigkeit 350, 353
Korrosionsbeständigkeit 243, 245 Laser-MIG-Hybridschweißverfahren
-, Einfluß von Legierungselementen 612
243 Laserstrahlschweißen 66, 617
-, von Knet- und Gußlegierungen 245 Leerstellen 83, 86, 90, 125
Sachverzeichnis 879

-, -mangel 134 --, Fließlochbohrschrauben 653


Legierungen für das Kaltfließpressen --, Schraubeinsätze 654
479 --, Schraubkanäle 654
Legierungsaufbau 79 -, Schwingfestigkeitsverhalten 657
Legierungsgruppen 97 mehrachsiger Spannungszustand 302
Leichtbaueffekt 680 Mehrachsigkeitsgrad 390
Leidenfrost’sches Phänomen 178 -, Einfluß auf die Duktilität 397
Liquidustemperatur 190 metallische Beschichtungen, s.a.
-, von Gußlegierungen 856 Walzplattieren 586
-, von Knetlegierungen 671, 814 -, elektrolytische (galvanische) Verfah-
Lithium 99, 132 ren 587
Lochbildung und Lochwachstum 301 -, stromlos aus wäßrigen Lösungen
Lochkorrosion LK 246 586
Logarithmische Formänderung 287 -, thermisches Spritzen 588
Lokalisierung der plastischen Verfor- Metallschaum 732
mung 296, 301 -, Eigenschaftsspektrum 733
Löslichkeit wichtiger Legierungsele- Metallschaumherstellung 732
mente 95 -, pulvermetallurgische Herstellung
Löslichkeitsgrenzen metastabiler Pha- 732
sen 148 -, schmelzmetallurgische Herstellung
Lösungsglühen 102, 174 732
Lösungsmittelentfettung 580 METAWELL® 433
Lotplattierung 117, 432 MIG-Impuls-Schweißen 611
Lötzusatzdraht 169 MIG-Mehrdrahtschweißen 612
Lüdersdehnung 123 MIG-Schweißen 610
Ludwik-Hollomonsches Fließgesetz Mikrolegieren 136
288, 492 Mikrolunker 197
Luftfahrtlegierungen 63 Mikroporosität 112
Lunker 196 Mikrostützwirkung 361, 711
Mill-finish-Oberfläche 515, 518
magnetische Eigenschaften 223 Mischbruch mit interkristallinen
Maschinen- und Apparatebau 72 Bruchanteilen 304
Materialkreislauf („Recycling“) 743 Mischkristall 81
mechanische Eigenschaften bei höhe- Mischkristallverfestigung 94
ren Temperaturen 380 Mittelspannungsempfindlichkeit 355,
mechanische Eigenschaften bei tiefen 697
Temperaturen 378
mechanisches Fügen 639 Nachbehandlung zur Schwingfestig-
-, Durchsetzfügen 642 keitsverbesserung 713
--, Festigkeitseigenschaften 645 Napfziehversuch nach Swift 493
-, Nieten 646 -, Grenzziehverhältnisse 495
--, Blindniete 647 -, Napfziehen mit Niederhalter 494
--, Stanzniete 649 Naßlackbeschichtung 589
--, Vollniete 647 Navy Tear Test nach Kahn 307
-, Scherzugfestigkeit 656 Nd-YAG-Laserstrahlen 618, 620
-, Schraubverbindungen 652 Nennspannungskonzept 700
880 Sachverzeichnis

Neuber-Regel 363 -, Emissionswerte 750


Neuschrott 186, 742 -, Energiefragen der Aluminiumgewin-
Niederdruck-Kokillenguß 410 nung 749
Niederdruck-Sandguß® 406 -, Energieressourcen 750
Nieten 646 Orientierungsabhängigkeit der Fließ-
-, Blindniete 647 kurve 289
-, Chobert-Blindniet 648 örtliche Querschnittsänderungen 542
-, Schließringbolzen 648 Osprey-Verfahren 723
-, Stanzniet 649 Oxideinschlüsse 112
-, Vollniete 647 Oxidschicht 232
Non-Vacuum Electron Beam Welding -, s. a. anodische Oxidation 583
617 -, Aufbau 232
Normalfalz 508 -, Beständigkeit 234
Normen, Einführung 209 -, Böhmitschicht 232
-, Bezeichnungssysteme 210 -, Selbstheilung 234
--, für Gußlegierungen 216
--, für Knetlegierungen 211 Peltier-Effekt 631
--, für Werkstoffzustände 213, 217 Persistente Gleitbänder 323, 331, 332,
-, Halbzeugnormen 218, 858 344
normierte Wöhlerkurve 351, 701 Phänomenologie der Ermüdungsschä-
Nutzfahrzeugbau 41 digung 321
-, Aluminiumtankwerkstoffe 45 Phasendiagramm 190
-, Bordwandsysteme 42 physikalische Eigenschaften 221
-, Langträger für Sattelauflieger 43 - von Aluminiumoxid 226
-, Legierungen für Bordwandprofile - von Gußlegierungen 856
43 - von Knetlegierungen 814
-, Luftfederstützen 44 - von Reinaluminium 221
-, Schüttguttransporter 42 planares Gleitverhalten 86, 89, 90,
-, Tank- und Silofahrzeuge 42 105, 149, 294
Plasma-MIG-Schweißen 612
Oberflächenbehandlung 577 plastische Instabilität 300, 325, 394
-, anodische Oxidation 583 plastische Stabilität 86
-, metallische Beschichtungen 586 Plattierwerkstoffe 169, 432
-, organische Beschichtungen 588 PLC-Effekt, s. dyn. Reckalterung 123,
-, Reinigungsprozeß 579 125, 129, 309, 329, 371
--, Lösungsmittelentfettung 580 Polygonisation 91, 172
--, wäßrige Reinigungsmittel 580 PORAL-Verfahren 414
-, Verfahren 578 Pore-Free-Verfahren 415
-, Vorbehandlung 582 Poren 81, 111, 622
--, Konversionsschichten 582 Porenanfälligkeit 621
--, mechanische Behandlung 583 Porenbildung 198
Oberflächenbehandlungsverfahren Portevin-LeChatellier-Effekt 123, 125,
578 309, 329, 371
Offsetplatte 115 Preßeffekt 111, 470
Ökobilanzen (Life Cycle Assessment) Preßtextur, s. Preßeffekt 111
746 Primäraluminium 737
Sachverzeichnis 881

Primärphasen 81, 95, 100, 175, 301, Restschmelze 191


302, 327 Retrogression and Re-Ageing 168
Primärphasenanteil, Einfluß auf Retrogression Heat Treatment 156
Bruchmodus 310 Rißfortschrittsenergie n. Kahn 316
Profilkonstruktionen 679 Rißfortschrittsverhalten 337
Prozeßkette der Kaltbandherstellung -, metallurgische Aspekte 342
429 -, Rastlinien 339
Pulverbeschichtung 589 -, Rißfortschrittskurve 337, 340, 341,
343
Rißzähigkeit 307
Quergleitverhalten 85, 89, 92, 149,
Roping 512
294
Roth, Walter 401
Rückbildungsglühen 103, 107, 137,
Ramberg-Osgood Beziehung 337 141, 151, 155, 162, 165, 536
Recycling 744 Rückfederung 509
-, Materialkreislauf 743 Rührreibschweißen (Friction Stir Wel-
-, Schema für Aluminiumaltschrotte ding) 61, 66, 659
745 -, Festigkeitseigenschaften 663
Reflexions- und Emissionseigenschaf- -, Schweißgeschwindigkeit 661
ten 224 -, Stumpfstöße 661
Reibschweißen 664 -, Überlappstöße 661
-, Aluminium-Stahl-Mischver- -, Verfahrensschema 660
bindungen 666
-, Prinzip 665 Salzschlacke 188
-, Reibschweißeignung 665 Sandformherstellung 404
Reibungsmechanismus 516 Sandguß 23, 403
Reibungsverhalten des Blechwerk- Sättigungshysterese 334
stoffs 518 Scandium 101, 119
-, Adhäsion 517 Schädigungsparameter PSWT 331, 345,
-, Einfluß der Oberflächenfeinstruktur 349, 364
519 Scherbänder 301, s. Gleitbänder
-, Einfluß der Werkzeugoberfläche Scherbruch 299, 308
519 Scherschneiden 525
-, Korngröße und Oberflächenwand- -, Feinschneiden 533
lung 524 -, Genauschneiden 531
-, Oberflächenbehandlungen des -, Normalschneiden 526
Werkzeugs 520 --, Flitterbildung und -vermeidung
-, Reibungsmechanismus 516 529
-, Streifenziehversuche 518 --, Glattschnitthöhe 528
Reibzonen beim Tiefziehen 521 --, Grathöhe 528
Reinaluminium 113 --, Scherzonen 527
Rekristallisation 92 --, Schneidkraftverlauf 527
Rekristallisationsglühen 172 --, Schneidspalt 527
Rekristallisationskeimbildung 92 Scherzonen 527
Rekristallisationstexturen 111 Scherzugfestigkeit 656
Resteutektikum 175, 199 Schichtkorrosion SK 250
882 Sachverzeichnis

Schichtverbunde mit Kunststoffkern -, Schweißzusatzlegierungen 597


432 --, Auswahl geeigneter Schweißzu-
-, ALUCOBOND® 433 satzwerkstoffe 599
-, ARALL® 433 Schmelzschweißverfahren für Alumi-
-, GLARE® 67, 433 nium 607
-, HYLITE® 433 -, Einfluß von Stromart und Schutzgas
Schichtverbunde mit Metallkern 433 608
-, ALUCORE® 433 -, Laser-MIG-Hybridschweißverfahren
-, Aluminiumschaumkern 433, 731 612
-, METAWELL® 433 -, MIG-Impuls-Schweißen 611
Schienenfahrzeugbau 46 -, MIG-Mehrdrahtschweißen 612
-, Blech-Gerippe-Bauweise 47 -, MIG-Schweißen 610
-, Bremsscheiben 56, 729 -, Plasma-MIG-Schweißen 612
-, Integralbauweise 48 -, Schutzgas-Lichtbogenschweißen
- -legierungen 51 607
-, Mittelwagen des ICE-1 49 -, Schweißimperfektionen 621
-, Reparaturerfahrungen 57 --, äußere Unregelmäßigkeiten 622
-, Schweißverbindungen 53 --, innere Unregelmäßigkeiten 621
Schiffbau 58 --, Porenanfälligkeit 621
-, Det Norske Veritas 60 -, Strahlschweißverfahren 616
-, Germanischer Lloyd 60 --, Elektronenstrahlschweißen 616
-, Katamarane 58 --, Laserstrahlschweißen 618
-, Schiffbaulegierungen 60 -, WIG-Schweißen 613
-, Schnellfähren 58 Schmiedefehler 465
-, Seewasserbeständigkeit 61 Schmiedegesenke 462
Schlagbiegeversuch 307 Schmiedegrat 463
Schließringbolzen 648 Schmiedelegierungen 467
Schmelze, Schmelzereinigung 186, Schmiedetemperaturen 471
188 Schmiedevormaterial 469
Schmelzezubereitung 186 Schmiermittel 520
Schmelzschweißen von Aluminium Schneidspalt 527
591 Schraubeinsätze 654
-, Eigenschaften von Schweißverbin- Schraubkanäle 654
dungen 602 Schraubverbindungen 652
-, Schweißeignung der Aluminium- -, Fließlochbohrschrauben 653
werkstoffe 592, 595 -, Schraubeinsätze 654
-, Schweißen von AlMgSi-Legierungen -, Schraubkanäle 654
604 Schrumpfung 197
--, Wahl zwischen Schweißzusatz- Schutzgase 609
werkstoffen 604 Schutzgas-Lichtbogenschweißen 607
-, Schweißen von AlZnMg- Schwansbellbrücke 69
Legierungen 602 Schweißbadstützen 615
--, Wiederaushärtungsverhalten 603 Schweißeignung der Aluminiumwerk-
-, Schweißrißanfälligkeit 598 stoffe 592, 595
--, Ermitteln der Rißanfälligkeit Schweißen im Schienenfahrzeugbau
601 53
Sachverzeichnis 883

Schweißen von AlMgSi-Legierungen -, Stadienfolge des Ermüdungsbruchs


604 320
Schweißen von AlZnMg-Legierungen -, zyklische Verformungsvorgänge
602 322
Schweißimperfektionen 621 Sekundäraluminium, s. a. Recycling
Schweißkonstruktionen 69, 686 742
-, Biegeträger 688 -, Materialkreislauf („Recycling“)
-, Eigenspannungen in Schweißverbin- 743
dungen 691 -, Ressourcen und Verwendung 743
-, Gestaltung von Schweißverbindun- -, Versorgungslage in Deutschland
gen 690 745
-, Grundsätze zur Gestaltung 686 Sekundärausscheidungen 95
-, Nachbehandlung zur Schwingfestig- Sekundärlegierungen 186, 742
keitsverbesserung 713 Sekundärphasen 81, 100
Schweißrißanfälligkeit 598, 600 Selbstdiffusion 83
Schweißzusatzlegierungen 597 Senkerodieren 574
Schwerkraftkokillenguß 409 senkrechte Anisotropie 291, 492, 495
Schwindung 197 Severe Plastic Deformation 93, 551
Schwingfestigkeit von Schweißverbin- Solidustemperatur 191
dungen 695 - von Gußlegierungen 856
-, Detailklassen (FAT-Klassen) 701 - von Knetlegierungen 671, 814
-, Nahtübergangskerben als Anrißort Sonderlegierungselemente 97
698 Sonderverfahren des Strangpressens
-, R-Abhängigkeit 697 455
-, R-Unabhängigkeit 696 -, Conform-Verfahren 455
Schwingfestigkeitsnachweis 699 -, hydrostatisches Strangpressen 455
-, Kerbspannungskonzepte 711 -, Verbundstrangpressen 456
-- der Ersatzstrukturlänge 711 -, Warmbiegen beim Preßvorgang 456
-- mit fiktivem Ersatzradius 711 Spaltkorrosion 256
-, Nennspannungskonzept 700 Spanende Formgebung 555
--, ECCS-ERAAS Fatigue Design -, Aluminium für Zerspanungszwecke
Empfehlung 702 561
--, ERAAS FAT-Klassen 703 --, Automatenlegierungen 559, 562
--, FAT-Klasse (Detailklasse) 701 --, Gußlegierungen 563
--, IIW-Empfehlungen 700 --, Pb-freie Automatenlegierungen
-, Strukturspannungskonzept 709 563
Schwingfestigkeitsverhalten 318 --, Plattenwerkstoffe für Zerspa-
-, Einfluß des Aushärtungszustands nungszwecke 562
324 -, Kühlschmierstoffe 570
-, Einfluß von Dispersionsphasen 327 --, Emulsionen 572
-, Einfluß von Kaltverfestigung 327 --, Minimalmengenschmierung 571
-, Einfluß der Korngröße 329 -, Oberflächenrauhigkeit 572
-, Einfluß von Primärphasen 302, 327 -, Oberflächenspannungen 573
-, persistente Gleitbänder 323, 331 -, Schneidwerkstoffe 568
-, Phänomenologie der Ermüdungs- -, Schnittgeschwindigkeit 567
schädigung 321 -, Spanbildung 556
884 Sachverzeichnis

--, Bildung von Aufbauschneiden -, Roth, Walter 401


558 Strangpressen 435
--, Spantemperaturen 558 -, Mindestwanddicke 440, 441
-, Spanformen 559 -, Prozeßkette im Strangpreßwerk 444
--, Scheinspanbildung 559 -, Sonderverfahren 455
--, Spanformdiagramm 560 -, Strangpreßbarkeit 440, 442, 444
-, Werkzeugverschleiß 565 -, Strangpreßnähte 440
-, Zerspanbarkeit 555, 564 -, Verfahren 436
Spannungs-Dehnungsdiagramm 280 -, Verpressungsverhältnis 437
Spannungsreihe der Metalle 259 -, Werkzeugaufbau 438
Spannungsrißkorrosion SpRK 163, Strangpreßlegierungen 30, 43, 52, 61,
168, 252 70, 74, 807
Spannungszustand 310, 388 -, für Bordwandprofilsysteme 43
-, Fließbedingungen 388 -, für Konstruktionen nach DIN 4113
-, Fließortkurven 391, 393, 493 70
-, Gestaltänderungsenergiehypothese -, für Schienenfahrzeuge 52
390 -, für Schiffbau 61
-, Grenzformänderungsdiagramm -, für Stoßfänger 30
(GFD) 394, 499 -, für Stromschienen 74
-, Mehrachsigkeitsgrad 390 Strangpreßprofile 435
-, Schubspannungshypothese 389 -, Beanspruchbarkeit des Werkzeugs
Sprengplattieren 668 447
Spritzerbildung beim Gießen 404 -, Biegefaktoren 538
Squeeze-Casting, direktes 412 -, Biegen von Profilen 540
Squeeze-Casting, indirektes 413 -, Großstrangpreßprofile 48
Stabile Rißfortschrittsphase 319 -, Grundformen von Profilen 439
Stabilisierungsglühung 122, 151 -, Profilkonstruktionen 31, 679
Stabilität der Ausscheidungsphasen -, Profil- und Werkzeuggestaltung
129 446, 450
Stabilität der Kaltverfestigung 122 -, Profilverbindungen 452
Stadienfolge des Ermüdungsbruchs -, umschriebener Kreis 436, 438, 441
320 Streckbiegen 541
Stahl-Aluminium-Mischbauweise 679 Streckziehbarkeit 495, 497
Stanzniet 649 Streifenziehversuche 518
Stapelfehler 87 Stromschienen 74
Stapelfehlerenergie 87 Strukturspannungskonzept 709
Steifigkeit als Bemessungskriterium Stufenabschreckung 151
680 Stufenauslagerung 106
Steuerung des Niederhalterdrucks 523 Subkörner 172
Stirnabschreckproben 178 Subkorngefüge 110
Stoßglühung 156, 166 Subkorngrenzen 91
Strahlschweißverfahren 616 superplastische Umformung 549
Stranggießverfahren 399 -, charakteristische Fließeigenschaften
-, Aluminiumbarrenproduktion 400 551
-, Gießband 401, 424 -, Feinkornsuperplastizität 551
-, Ringkokille 399 -, Grobkornsuperplastizität 551
Sachverzeichnis 885

-, Hochgeschwindigkeitssuperplastizi- VACURAL-Druckguß 415


tät 551 Verbindungsknoten 678
-, Mechanismen und Werkstoffe 549 Verbundhalbzeuge 432
-, superplastische Legierungen 552 Verfestigung 86
-, Verfahren superplastischer Umfor- Verfestigungsexponent 287
mung 552 Verfestigungsverhalten 293
-, werkstoffseitige Voraussetzungen Verformungsgeschwindigkeit 312
550 Vergleich zwischen Schweißverfahren
SWT-Schädigungsparameter 331, 345, 615
349, 364 Verpackung 75
-, Aluminiumdose 76
Tailor-Welded Blanks 620 --, Aufreißdeckel 76
Taylor-Struktur 90 --, Hohlnietbefestigung 77
Teilkohärenz von Ausscheidungen 103 -, flexible Verpackungen 75
Temperatureinfluß 311 -, Folien 75, 115
Textur 81, 111 -, starre Verpackungen 75
Thermisches Spritzen 588 Versagenskriterien 313
thermomechanische Aushärtungsbe- Versagensmechanismus beim Biegen
handlung 108, 165 504
Thixo-Casting 416 Versetzungen 84
Thixoschmieden 413 Versetzungsdichte 86
Tiefziehprüfung (Näpfchenziehversuch Versetzungshindernisse 89
nach Swift) 493 Versetzungszellen 89
Torsionsversuch 284 Vollformgießen 407
tribologisches Verhalten 516 Vollniete 647
-, Reibungsverhalten des Blechwerk- Volumenkontraktion 197
stoffs 518 -, Nachspeisen 197
Tribosystem Blech-Werkzeug- -, durch Schrumpfung 197
Schmierstoff 518 -, durch Schwindung 197
-, Brems- und Abklemmleisten 523 volumetrische Veränderungen 183
-, Reibzonen beim Tiefziehen 521 Vorwärts-, Rückwärts- Querfließpres-
-, Schmierstoffe 520 sen 484
--, Trockenschmierstoffe 521
Trockenschmierstoffe 521 Wabenbruch 303
Trommelofen 187 wahre Bruchdehnung 282, 286
Tropfenfalz 508 wahre Bruchfestigkeit 283
typische Festigkeitseigenschaften 281 Walzen 423
-, Bandbeschichtung (Coil Coating)
Überhärtung, Einfluß auf Gleitverhal- 431
ten 294 -, Dressierwalzen 429
Überhärtung, Überalterung 106, 147 -, Kaltwalzen 425
Überlebenswahrscheinlichkeit 351 -, Oberflächenbeschaffenheit 428
Umformbarkeit bei höheren Tempera- -, Planlage 426
turen 384 -, Plattierwerkstoffe 432
Unterbrechung der Warmauslagerung -, Prozeßkette der Kaltbandherstellung
107 429
886 Sachverzeichnis

-, Warmwalzen 423 -, thermomechanische Behandlungen


walzplattiertes Halbzeug 432 155
Walzprozeß 423 -, Warmaushärtung 146
Walztexturen 111 --, Rückbildung
Warmaushärtung 105, 134, 146 -, Zwischenlagerungseffekt 149
- nach Kaltverformung 137 Wärmeeinflußzone 596
- von AlMgSi-Legierungen 146 Wärmeleitfähigkeit 223
Warmbandherstellung 424 Wärmetauscher 18, 117
Wärmeabschirmbleche 114 -, Hartlötprozesse 20, 672
Wärmebehandlung 79, 170, 204 -, Legierungen 21
-, Abschrecken 175 -, Long Life Alloys 22
--, Abschreckempfindlichkeit 175 Warmfestigkeit 380
--, elektrische Leitfähigkeit 179, Warmfließkurven 388, 846
184, 223 Warmrißbildung 199
--, kritische Abschreckgeschwindig- Warmumformung 110, 387
keit 177 Warmwalzen 423
--, Leidenfrost’sches Phänomen Wasserstoff 95
178 -, Wasserstoffabsorption 268
--, Stirnabschreckproben 178 -, Wasserstoffgehalt 198
-, Aufheizgeschwindigkeit 164 -, Wasserstofflöslichkeit 95, 112, 198
-, Entfestigungsglühen 171 -, Wasserstoffporen 198
-, Glühblasen 96 Weichglühen 172
-, Kaltaushärtung nach Kaltverformung Weiterverarbeitung von Profilen und
136 Rohren 535
-, Kalt- und Warmaushärten, Angaben -, Biegen von Profilen 536
183 -, Fließlochbohren 543
--, volumetrische Veränderungen -, örtliche Querschnittsänderungen
183 542
-, Lösungsglühen 102, 174 Werkstofffluß beim Fließpressen 485
-, Retrogression and Re-Ageing 168 Werkstoffzustand, Bezeichnung 213,
-, Rückbildungsglühen 137, 141, 162 217
-, Stoßglühen 156, 166 Werkzeugbau 72
-, thermomechanische Behandlungen Werkzeuge für das Kaltfließpressen
165 487
-, Warmaushärtung nach Kaltverfor- Widerstandspunktschweißen 625
mung 137 -, Buckelschweißen 636
-, Weichglühen 172 -, Elektrodenverschleiß und Elektro-
Wärmebehandlung von AlMgSi- denreinigung 629
Legierungen 138 --, Elektrodenstandmenge 632
-, Abschreckempfindlichkeit 142 --, Zwischenreinigungen 629
-, Bake-Hardening 151, 153 -, Festigkeitsverhalten 634, 636
-, Kaltaushärtung 144 -, Kontakt- und Stoffwiderstände 627
--, Rückbildung 155 -, Maschinen und Elektroden 630
-, Retrogression Heat Treatment 156 --, Gleichstromschweißen 631
-, Stabilisierungsglühen 151 --, Strom-Kraft-Programm 632
-, Stufenabschreckung 151 --, Wechselstromschweißen 630
Sachverzeichnis 887

-, Oberflächenvorbehandlung 627 WPS-Elektrodenverschleiß 629


--, Einfluß auf die Punktfestigkeit WPS-Maschinen und Elektroden 630
628
-, Schweißeignung von Legierungen zähes Bruchverhalten 315
630 Zeitfestigkeit 350
-, Verfahrensprinzip 625 Zeitstandfestigkeit 381
WIG-Gleichstromschweißen 614 Zellwände 89
WIG-Schweißen 613 Zipfelbildung 492
- mit Wechselstrom 614 Zwischenlagerungseffekt 106, 139,
Wilm, Alfred 61, 102 141, 149
Wöhlerkurve 344 zyklische Verformungsvorgänge 322
-, Dehnungs-Wöhlerkurve (ε/N-Kurve) -, grobe Gleitbänder 325
344, 347, 348 -, persistente Gleitbänder 323, 331,
-, Kurzzeitfestigkeit 350 332, 344
-, Langzeitfestigkeit (Dauerfestigkeit) zyklisches Spannungs-Dehnungs-
350, 353 verhalten 334
-, normierte Wöhlerkurve 351, 701 -, Ramberg-Osgood Beziehung 337
-, Spannungs-Wöhlerkurve (S/N- -, Sättigungshysterese 334
Kurve) 350 -, zyklische Entfestigung 328
-, Zeitfestigkeit 350 -, zyklische Spannungs-
WPS-Eignung von Legierungen 630 Dehnungskurve 336
WPS-Elektroden 633 -, zyklische Verfestigung 325, 336

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