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Anwendungstechnologie Aluminium
Friedrich Ostermann
Anwendungstechnologie
Aluminium
123
Professor Dr.-Ing. Friedrich Ostermann
Aluminium Technologie-Service, Meckenheim
ostermann@aluminiumtechnologie.de
Autor und Verlag danken der TRIMET ALUMINIUM AG, Essen, für die Unterstützung der
Drucklegung dieses Buches.
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der
Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funk-
sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in
Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Ver-
vielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9.
September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig.
Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.
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springer.de
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1998, 2007
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch
berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne
der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von
jedermann benutzt werden dürften. Sollte in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften
oder Richtlinien (z. B. DIN, VDI, VDE) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden sein, so kann
der Verlag keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen. Es empfiehlt
sich, gegebenenfalls für die eigenen Arbeiten die vollständigen Vorschriften oder Richtlinien in der
jeweils gültigen Fassung hinzuzuziehen.
Satz: Marianne Schillinger-Dietrich, Berlin
Herstellung: LE-TEX Jelonek, Schmidt & Vöckler GbR, Leipzig
Einbandgestaltung: WMXDesign, Heidelberg
Gedruckt auf säurefreiem Papier 68/3180/YL – 5 4 3 2 1 0
Vorwort zur 2. Auflage
*)
z.B. Hirsch, J. (Hrg.): Virtual Fabrication of Aluminium Products. Microstruc-
tural Modeling in Industrial Aluminium Production. Weinheim: Wiley-VCH
Verlag, 2006
VI Vorwort zur 2. Auflage
Ich hoffe, daß das Buch dazu beiträgt, über den fachlichen Diskurs hin-
aus die Faszination der Beschäftigung mit diesem Werkstoff auf Lehrende,
Lernende und im Beruf stehende Ingenieure auszustrahlen. Das Potential
des Werkstoffs ist keineswegs ausgeschöpft, und phantasievolle Kreativi-
tät, Nutzung und Fortentwicklung der Aluminium-Anwendungstechnolo-
gien werden den Erfolg bei heutigen und künftigen Produkten gewährlei-
sten.
Mein herzlicher Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen, die durch In-
formationen, Diskussionen und Bildmaterial zu diesem Buch beigetragen
haben, Herrn Gerd Bulian für das fachkritische Lesen des Manuskriptes
sowie meiner Frau für ihre Geduld, Ermutigung und liebevolle Unter-
stützung.
Tabellenverzeichnis................................................................ XVII
1 Einführung...................................................................... 1
1.1 Der Wettbewerb der Werkstoffe in den Märkten ....................... 1
1.2 Innovationsgrundlagen .................................................... 3
9 Strangpressen................................................................... 435
9.1 Strangpreßverfahren ....................................................... 436
9.2 Grundformen von Profilen und Werkzeugen............................ 439
9.3 Strangpreßbarkeit von Aluminiumlegierungen ......................... 440
9.4 Prozeßkette im Strangpreßwerk .......................................... 444
9.5 Strangpreßgerechte Profil- und Werkzeuggestaltung................... 446
9.6 Gestalten von Strangpreßprofilen ........................................ 450
9.6.1 Funktionalitätsgruppen ............................................ 450
9.6.2 Konstruktionen mittels Profilverbindungen ..................... 452
9.7 Sonderverfahren des Strangpressens von Aluminium .................. 455
9.7.1 Strangpressen nach dem „Conform“-Verfahren ................ 455
9.7.2 Hydrostatisches Strangpressen ................................... 455
9.7.3 Verbundstrangpressen............................................. 456
9.7.4 Warmbiegen von Profilen beim Preßvorgang................... 456
21 Sonderwerkstoffe............................................................... 717
21.1 Aluminiumpulvermetallurgie ............................................. 717
21.1.1 Herstellen von Legierungspulvern ............................... 717
21.1.2 Kompaktieren von Pulvern zu Formteilen....................... 720
21.1.3 Sprühkompaktieren................................................ 722
21.1.4 PM-Legierungen ................................................... 724
Inhalt XV
Literatur............................................................................. 803
Sachverzeichnis..................................................................... 871
Tabellenverzeichnis
1.2 Innovationsgrundlagen
Bild 1.2.1 Ausschnitt aus einem Artikel in der Familienzeitschrift „Die Garten-
laube“ aus dem Juli-Heft des Jahres 1893, in dem auf das wirtschaftliche Recyc-
ling von Altaluminium hingewiesen wird
Für vertiefendes Studium ist die im Text erwähnte Literatur in einer ak-
tuellen, nach Kap. geordneten Literatursammlung am Ende des Buches zu-
sammengestellt. Darüber hinaus sei auf eine Reihe von frei zugänglichen
Internetdatenbanken hingewiesen2, die zum Inhalt dieses Buches ergän-
zende Informationen über metallkundliche und anwendungstechnische As-
pekte bieten.
2
Das Ausbildungsprojekt AluMatter: www.aluminium.matter.org.uk, und das
anwendungsorientierte Aluminium Automotive Manual: www.eaa.net/aam.
8 1 Einführung
Bild 2.1.1 Dyna Panhard 1954 mit selbsttragender Blechkarosserie aus Alumi-
nium
Während in den 70-, 80-er und auch noch in den 90-er Jahren die Moto-
rentechnik erhebliche Fortschritte bei der Treibstoffbedarfsminderung
machte und dadurch der Leichtbau, der gewöhnlich mit höheren Kosten
verbunden ist, immer wieder nachrangig wurde, haben die zunehmenden
Treibstoffpreise, die Gewichtszunahme der Fahrzeuge im vergangenen
Jahrzehnt und die Emissionsgesetzgebungen in Europa und den USA den
Leichtbau in den Vordergrund gerückt. Vor allem Sicherheits-, Qualitäts-
und Komfortverbesserungen der Fahrzeuge haben eine Gewichtsspirale
ausgelöst, die beispielhaft für den VW-Golf in Bild 2.1.2 dargestellt ist.
Ähnliche Verhältnisse gelten für alle Fahrzeugtypen und -klassen interna-
tionaler Hersteller.
Gleichzeitig hat sich die Automobilindustrie im Jahr 1998 verpflichtet,
den CO2-Ausstoß bis zu den Jahren 2008 und 2012 von derzeit ca. 180 bis
200 g/km auf 140 bzw. 120 g/km zu reduzieren, s. Bild 2.1.3. Dieses Ziel
ist nach dem gegenwärtigen Stand der Technik nur durch erhebliche Ge-
wichtsreduzierung der Fahrzeuge erreichbar. Änderungen der Antriebs-
technik mit geringeren CO2-Emissionen, wie Hybrid- und Gasantriebe,
Wasserstoffantrieb bzw. Brennstoffzellen, sind teilweise noch Zukunftsvi-
sionen, führen in der Regel aber ebenfalls zu höheren Fahrzeuggewichten
mit entsprechenden Einschränkungen der Fahrdynamik oder erfordern
stärkere Motorisierung. Die Notwendigkeit des Leichtbaus wird durch die-
se Entwicklungen nicht überflüssig.
12 2 Märkte und Anwendungen
Bild 2.1.2 Gewichtsentwicklung des VW-Golf zwischen 1975 und 2003 auf Basis
einheitlicher Motorleistung (Quelle: v. Zengen, EAA)
Bild 2.1.3 Selbstverpflichtung der Automobilindustrie aus dem Jahr 1998 zur Re-
duzierung des CO2-Ausstoßes (CEC: Europäische Kommission, ACEA: Dach-
verband der Europäischen Automobilhersteller) (Quelle: IKA, RWTH Aachen)
Kolben
Kolben in Benzin- und Dieselmotoren sind extremen thermischen Bela-
stungen ausgesetzt, die durch Spitzentemperaturen des Gases im Brenn-
raum von 1800 bis 2600 °C und beim Auslaß von 500–800 °C gekenn-
zeichnet sind. Sie müssen einem Gasdruck bis zu 75 bar in Benzinmotoren
und bis zu 180 bar und mehr in turbogeladenen Dieselmotoren widerste-
hen. Die Wärmelast wird durch die Kolbenringe und durch die Öl-Spritz-
14 2 Märkte und Anwendungen
Zylinderköpfe
Zylinderköpfe sind ebenfalls hohen mechanischen und thermischen Bean-
spruchungen ausgesetzt. Die Betriebstemperaturen erreichen 260 °C in Ot-
tomotoren und höhere Temperaturen in Dieselmotoren. Hohe RT-Fe-
stigkeit und hoher Kriechwiderstand bei Betriebstemperatur sind gefordert,
um optimale mechanische Bearbeitbarkeit, Formbeständigkeit und Dich-
tigkeit der Zylinderkopf-Zylinderblock-Fuge zu gewährleisten. Der Wech-
sel von Temperatur und mechanischer Belastung während des Betriebs
führt zu thermomechanischer Werkstoffermüdung, weshalb – anders als
bei Kolben – eine gewisse Duktilität des Materials erforderlich ist (Sehito-
glu et al. 2002, Feikus 2001, Loeprecht et al. 2000).
Die Komplexität der Zylinderkopfformen hat durch die moderne Viel-
ventil- und Ventilsteuerungstechnik erheblich zugenommen, was die Be-
anspruchung des Materials speziell im brennraumseitigen Bereich des Zy-
linderkopfes weiter steigert. An die Gußlegierungen und Gießverfahren
werden daher hohe Anforderungen gestellt, die neben den genannten Ei-
genschaften ein gutes Formfüllungsvermögen und Erstarrungsverhalten
sowie eine porenarme Gußqualität gewährleisten müssen.
2.1 Aluminium im Automobilbau 15
Aluminiummotorblöcke
Der Einsatz von Aluminium in Motorblöcken erlaubt – ähnlich wie bei Zy-
linderköpfen – eine Gewichtseinsparung bei den Gehäusen bis zu 50% ge-
genüber den Ausführungen in Grauguß. Zudem werden Kompatibilitäts-
probleme zwischen Zylinderkopf und Motorblock infolge unterschiedlicher
thermischer Ausdehnung gegenstandslos. Die kompakte Bauweise moderner
Motoren erfordert eine sehr gute und gleichmäßige Wärmeableitung über die
engen Brücken zwischen den Zylindern. Die Temperaturbeständigkeit des
Materials muß bis mindestens 150 °C – im Bereich der Kurbelwellenlage-
rung bis 200 °C – gewährleistet sein. Von besonderer Bedeutung sind An-
forderungen an den Verschleißwiderstand der Zylinderlaufflächen.
3
Die normgerechten Bezeichnungsweisen von Legierungen und Werkstoff-
Zuständen sind in Abschn. 3.4 dargestellt.
2.1 Aluminium im Automobilbau 17
Wärmetauscher
Aluminiumwärmetauscher haben in fast allen Automobilen den Buntme-
tallwärmetauscher aus Kostengründen und wegen der ca. 50-prozentigen
Gewichtseinsparung verdrängt. Sie dienen in vielfältiger Weise zum Ma-
nagement der Wärme im Motor, Getriebe und Fahrgastraum. Hierzu gehö-
ren Wasserkühler, Ölkühler und Ladeluftkühler sowie Verdampfer, Ver-
dichter und Heizerkern der Klimaanlage. Die überwiegende Zahl solcher
Aggregate werden durch Rohr/Rippen- bzw. durch Profilrohr/Rippen-Kon-
struktionen dargestellt. Kühlmittel- oder luftführende Rohre, häufig mit
inneren Lamellen zur Unterstützung laminarer Strömung, sind über Kopf-
und Bodenbleche mit den Kühlmittelkästen aus glasfaserverstärktem Po-
2.1 Aluminium im Automobilbau 19
Typ AlZn1 (EN AW-7072), s. Bild 5.2.7 – aufgebracht, die durch die stär-
kere Elektronegativität als Opferanode zum Schutz des Kernmaterials –
z.B. EN AW-3003 (Al Mn1Cu) – dienen und den Korrosionsangriff auf
weniger kritische Bereiche lenken, s. Bild 2.1.9. Weitere Angaben zur
Elektronegativität enthält Abschn. 5.2.4.
In den letzten Jahren wurden sog. „Long Life Alloys“ für Wärmetau-
scher entwickelt, die durch eine ausgewogene Kombination von Hartlot,
Legierungszusammensetzung und Gefügeaufbau des Rohrmaterials in Ab-
stimmung mit den thermischen Prozeßparametern des Hartlötvorgangs ei-
ne mindestens fünffache Lebensdauer unter den korrosiven Betriebsbe-
dingungen ergeben. Auch hier dient eine abgestimmte Elektronegativität
des endgültigen Gefüges zur Verbesserung des Korrosionsverhaltens des
Werkstoffsystems (Miller et al. 2000).
Ein Beispiel für die Verwendung von Blechformteilen ist der Hinter-
achshilfsrahmen der S-Klasse Modelle von DaimlerChrysler in Bild
2.1.12. Die Blechformteile bestehen aus 2,5 bis 3,5 mm dickem Warm-
walzmaterial der Legierung EN AW-5454-0/H111, wiederum durch MIG-
Schweißen zusammengefügt. Auch hier wird bei einem Rahmengewicht
von 12,5 kg eine Gewichtseinsparung von 40 % gegenüber einer Stahlaus-
führung realisiert.
24 2 Märkte und Anwendungen
Bild 2.1.15 Vergleich der Merkmale von PKW-Rädern nach verschiedenen Her-
stellungstechnologien. Vergleichsbasis: 6Jx15 ET45 Radlast 550kg (Quelle: Otto
Fuchs Metallwerke, 1996)
Aus der Sicht der Werkstofftechnologie können künftig auch die Ent-
wicklungen von Bremsscheiben aus partikelverstärktem Aluminium von
Interesse werden, s. Abschn. 21.2, da sie ebenfalls die ungefederten Mas-
sen und den Verschleiß deutlich vermindern helfen.
Auch der intensivere Einsatz von technischen Kaltfließpreßteilen im
hochbeanspruchten Fahrwerksbereich ist denkbar. In einer Reihe von
Fahrzeugmodellen wird seit Jahren erfolgreich die Lenkungsgelenkwelle
aus Kaltfließpreßteilen – s. Kap. 11 – aus der Legierung EN AW-6351-T6
eingesetzt, s. Bild 2.1.16. Die komplexen Formgebungsmöglichkeiten von
Aluminiumlegierungen mit mittleren bis hohen Festigkeiten durch Kalt-
fließpressen erlauben das Einsparen von Einzelteilen bei mehrteiligen
Stahlkomponenten und somit von Fertigungsgängen.
2.1 Aluminium im Automobilbau 27
Neben Antrieb und Fahrwerk ist der Karosseriebau der Bereich, bei dem
der Leichtbau mit Aluminium die größte absolute Gewichtsminderung am
Fahrzeug erreichen kann: gegenüber der Stahlausführung von ca. 300 bis
350 kg lassen sich Einsparungen von ca. 35 bis 40 %, entsprechend 100 bis
140 kg erzielen. Die heutige Verwendung von Aluminium im Karosserie-
bau kann man grob unterteilen nach dem Einsatz
− als bewegliche Anhängeteile (Türen, Hauben, etc.)
− als feste Anschraubteile (Stoßfänger, Kotflügel, etc.) und
− in der Struktur des Rohbauwagenkastens.
Anhängeteile
Hauben und Türen sind selbsttragende, steife Bauteile, deren metallische
Elemente aus mehreren Schalen und Rahmen oder Aggregateträgern zu-
sammengesetzt sind. Insbesondere Motorhauben werden bei zahlreichen
Klein-, Mittel- und Großserienfahrzeugen zur Gewichtsreduzierung des
Vorderwagens in Aluminiumbauweise ausgeführt. Beispiel einer Motor-
haube für ein Großserienfahrzeug zeigt Bild 2.1.17.
An die Werkstoffe für Innen- und Außenschale werden unterschiedliche
Anforderungen gestellt. Außenbleche müssen nach der Umformung voll-
kommen fließfigurenfrei sein und in den stärker verformten Randbereichen
28 2 Märkte und Anwendungen
noch mit engen Radien falzbar sein. Außerdem erfordert die notwendige
Beulsteifigkeit eine möglichst hohe Festigkeit von > 200 N/mm². Aus Stei-
figkeitsgründen entspricht die Blechdicke etwa dem 1,45-fachen Wert ei-
ner vergleichbaren Stahlblechdicke, s. Kap. 20. Gegenüber der Außen-
schale wird die Innenschale stärker verformt und vom Material eine gute
Streckziehbarkeit gefordert. Die Gewichtseinsparung gegenüber der Stahl-
ausführung beträgt knapp 50%, – etwa 5 bis 10 kg/Stück je nach Hauben-
größe. Als Karosserieblechlegierungen kommen die in Tabelle 2.1.5 aufge-
führten Legierungen zum Einsatz.
Bild 2.1.18 Innenteil der Fronttür des Audi A8 (D3) (Quelle: Wagon plc)
Anschraubteile
Als „Anschraubteil“ ist vor allem das Stoßfängersystem zu nennen, das bis
zu mittleren Geschwindigkeiten von 16-18 km/h den gesamten Energie-
verzehr eines Zusammenstoßes bewältigen muß. Die Verwendung von A-
luminium beim Stoßfängersystem hat einerseits den Vorteil der Ge-
wichtsreduzierung, andererseits aber auch des höheren elastischen Verhal-
tens, das zur Schadensminderung und auch zur Insassen-schützenden Mil-
derung der Stoßbeschleunigung (g-Wert) beiträgt, s. Abschn. 20.1. Das
energieverzehrende System besteht im wesentlichen aus dem Stoßfänger-
balken und den Befestigungselementen einschließlich sog. „Crashboxes“
bzw. hydraulischer oder Schaum-Stoßverzehrelemente. Stoßfängerbalken
werden als Blechformteil sowie auch als Strangpreßprofil ausgeführt, bei
letzterem häufig mit geschlossenem Querschnitt.
Die Anwendung von Strangpreßprofilen hat den Vorteil, daß die Mate-
rialverteilung den Anforderungen entsprechend vorgenommen werden
kann. Andererseits muß das stranggepreßte Profil über der Wagenbreite
der Wagenstruktur angepaßt werden und unterschiedliche Steifigkeits-
merkmale aufweisen. Stranggepreßte Stoßfängerbalken werden daher einer
z.T. starken Umformung unterzogen, s. Abschn. 13.1. Als Legierungen für
stranggepreßte Stoßfänger werden überwiegend höherfeste AlZnMg-Le-
gierungen verwendet. Für Stoßfängerprofile mit Mehrkammerquerschnit-
ten werden wegen der besseren Strangpreßbarkeit auch AlMgSi-Legie-
rungen eingesetzt. Eine Auswahl von Strangpreßlegierungen für Stoß-
fänger enthält Tabelle 2.1.6. Die Stoßfänger werden warmausgehärtet
eingesetzt, wobei der spezielle Zustand T6, T7 den Anforderungen jeweils
angepaßt wird.
Rohbauwagen
Die Art der Verwendung von Aluminium in der Rohbauwagenstruktur ist
abhängig von der Seriengröße, da bei Klein- und Mittelserien die Investi-
tionen in den Werkzeug- und Vorrichtungsbau anderen Kostenkriterien un-
terliegen als bei Großserienfertigungen. Die Konstruktionskonzepte müs-
sen sich daher an der beabsichtigten Seriengröße ausrichten. Die höchsten
Investitionskosten entstehen bei Blechformteilen und setzen daher eine
Großserienfertigung voraus. Auch Gußteile aus Dauerformen (Druckguß,
Schwerkraftkokillenguß) erfordern eine mittlere Seriengröße. Die ver-
gleichsweise geringsten Werkzeugkosten fallen bei Profilkonstruktionen
an, sofern nicht durch zusätzliche Formgebung und Toleranzreduzierungen
weitere Werkzeugkosten (z.B. für das Innenhochdruckumformen) entste-
hen.
Man kann daher eine grobe Einteilung der Konstruktionskonzepte der-
gestalt vornehmen, daß bei Kleinserien vorzugsweise Profilkonstruktionen,
bei Mittelserien Mischkonstruktionen aus Profilen und Formgußteilen und
bei Großserien überwiegend Blechkonstruktionen verwendet werden. Die-
se Konstruktionskonzepte betreffen die in der Regel nicht sichtbare Trag-
struktur des Vorderbaus und der Fahrgastzelle ohne Anbauteile. Bei allen
drei Konzepten werden die Formgebungsmöglichkeiten so weit wie mög-
lich ausgeschöpft, um die Teilezahl zu minimieren und so den Fü-
geaufwand gering zu halten.
Bild 2.1.20 Rohbauwagenstruktur des Ferrari 599 GTB Fiorano, SOP Okt. 2005
(Quelle: Alcoa)
Ähnlich wie beim A2 wurde beim A8 der zweiten Generation (D3, SOP
2002), s. Bild 2.1.22, durch die Verwendung großer funktionsintegrierter
Formgußteile die Teilezahl weiter reduziert und ein auf etwa 85% erhöhter
Automatisierungsgrad der Rohbaufertigung erreicht. Die Fügetechnik
schließt Stanznieten, MIG- und Laserstrahlschweißen sowie Laser-MIG-
Hybridschweißen, und Rollenfalzen mit Kleben der Anhängeteile ein. Das
Audi-AFS®-Konzept führt zu über 40% Gewichtseinsparung gegenüber
einer vergleichbaren Stahlausführung. Ausführliche Beschreibungen der
Konstruktion und Fertigung des A8(D3) findet man u.a. in (Ruch 2002,
Mayer 2002, Venier 2002, Koglin 2002, Bangel 2003, von Zengen 2003).
Bild 2.1.22 Rohbauwagen des Audi A8 der zweiten Generation (D3) in photo- und
computergraphischer Darstellung mit Angabe der wichtigsten Materialarten
(Quelle: Audi AG)
34 2 Märkte und Anwendungen
Bild 2.1.24 Innenansicht der Rohkarosserie des Audi-TT bestehend aus Stahl-
blechformteilen im Heckbereich (im Vordergrund, dunkler) und der Aluminium-
Spaceframe-Struktur mit aussteifenden Blechelementen (hellere Elemente)
Aluminium hat sich durch das geringe Gewicht von Komponenten (leichte
Handhabbarkeit, weniger Personal), seine Witterungsbeständigkeit und de-
korativen Oberflächenbeschichtungen für Bordwände (Profilsysteme), La-
debordwände (Profilschweißkonstruktionen), für Pritschenaufbauten und
Kofferaufbauten (Blech / Profilsysteme / Schichtverbunde) mit Ausrüstun-
gen für die Ladungssicherung seit Jahrzehnten im Nutzfahrzeugbau etab-
liert. Darüber hinaus gehören Druckluftbehälter, Treibstofftanks sowie Un-
terfahrschutz und Stoßfänger aus Aluminium zur Standardausrüstung.
Auch geschmiedete und gegossene Räder werden zur Gewichtsreduzierung
und – wegen der exakteren Laufeigenschaften – zur Schonung der Berei-
fung eingesetzt.
Leichtbau mit Aluminium im Nutzfahrzeugbau beruht vor allem auf den
gesetzlichen Beschränkungen der zulässigen Achslasten – und damit der
Zuladungsgrenzen – und künftig sicherlich auch auf möglichen Treibstoff-
einsparungen und Minderungen des CO2-Ausstoßes. Der Leichtbaugewinn
kann je nach Größe und Art des Fahrzeugs zwischen 0,5 bis 2,5 t betragen.
42 2 Märkte und Anwendungen
Die Erhöhung der Nutzlast durch Leichtbau des Fahrzeugs ist von erhebli-
cher wirtschaftlicher Bedeutung besonders für bestimmte Fahrzeugtypen,
wie Tank- und Silofahrzeuge, s. Bild 2.2.1 und Schüttguttransporter, die
regelmäßig oder häufig die Zuladungsgrenzen ausnutzen müssen. Die hö-
heren Investitionskosten für Leichtbaufahrzeuge, Auflieger und Anhänger
amortisieren sich dadurch in wenigen Jahren.
Für den flexiblen Bordwandaufbau von Nutzfahrzeugen haben sich in
der Vergangenheit zahlreiche Profilsysteme eingeführt. Einige Beispiele
solcher Bordwandsysteme zeigt Bild 2.2.2 mit verschiedenartigen Lösun-
gen der Profilverbindungen. Die Wanddicke der Systemprofile beträgt üb-
licherweise 25 oder 30 mm. Als Profilwerkstoffe werden je nach Bean-
spruchungskategorie die in Tabelle 2.2.1 angegebenen Legierungen
verwendet.
Je nach Bauart finden bei Tank- und Silofahrzeugen entweder die frei-
tragende Bauweise oder die Bauweise mit Tanks auf einem Fahrgestell-
rahmen („Brücke“) Anwendung. Im letzteren Fall einer Aluminiumrah-
menkonstruktion besteht der Langträger aus einem Doppel-T-Träger, der
jedoch am sog. „Schwanenhals“ in der Profilhöhe verjüngt ist. Die alumi-
niumgerechte Herstellung dieses Trägers ist eine Schweißkonstruktion aus
zwei Strangpreßprofilen bestehend aus einem Ober- und Untergurt, wobei
das untere T-Profil durch einen Biegevorgang dem Verjüngungsverlauf
angepaßt ist, s. Bild 2.2.3. Das untere T-Profil enthält bereits die integrier-
te Nut und Schweißkantenvorbereitung für die Schweißverbindung. Die
Lang- und Querträgerprofile werden üblicherweise in den Legierungen EN
AW-6005A oder EN AW-6082 ausgeführt.
Bild 2.2.4 Luftfederstützen und Radnaben für Lastkraftwagen (Quelle: BPW Ber-
gische Achsen KG)
Tanks aus Baustahl, die nicht zusätzlich durch eine Doppelhülle geschützt
sind, Mindestwanddicken von 5 und 6 mm bei Tankdurchmessern bis zu
1,80 m bzw. über 1,80 m. Für Tanks aus anderen Werkstoffen muß eine
äquivalente Wanddicke t1 in Abhängigkeit von Zugfestigkeit Rm,1 und
Bruchdehnung A1 der verwendeten Werkstoffe nach der folgenden empiri-
schen Beziehung errechnet werden:
2
⎛ Rm , 0 × A0 ⎞ 3
t1 = t 0 × ⎜⎜ ⎟
⎟ (2.2.1)
R ×
⎝ m ,1 1 ⎠ A
wobei t0 die Wanddicke und Rm,0 und A0 die Zugfestigkeit und Bruchdeh-
nung des Referenzwerkstoffs bedeuten. Als Grundlage gilt die Vorstellung
ausreichender Arbeitsaufnahme (Verformungsenergie) beim Unfall bzw.
Umstürzen eines beladenen Tankfahrzeugs.
Für einige Aluminiumtankwerkstoffe sind nach Gl. (2.2.1) die äquiva-
lenten Wanddicken in Tabelle 2.2.2 aufgeführt und mit Stahlwerkstoffen
verglichen, wobei Baustahl mit einer Zugfestigkeit Rm,0 = 370 MPa und ei-
ner Bruchdehnung A0 = 27% als Referenzwerkstoff dient. Die äquivalente
Wanddicke darf in keinem Fall die absolute Mindestwanddicke nach Ta-
belle 2.2.3 unterschreiten, die die frühere Berechnungsgrundlage war.
Bild 2.3.3 Einfluß der Integralbauweise mit Großprofilen auf die Entwicklung von
Baukosten, Fertigungszeit und Wagengewicht im Vergleich zur üblichen Stahl-
bauweise (Aluminium-Zentrale 1992)
Bild 2.3.5 Mittelwagen des ICE-1 und Struktur des Wagenkastens aus Groß-
strangpreßprofilen, 1990. Bodenprofil (unten links) und C-Kanal-Befestigung (un-
ten rechts)
Bild 2.3.7 Innenansicht des ICE-2 Rohbauwagens (links), Kopfwagen des ICE-3
(rechts)
Die Einführung der Großprofiltechnik ging einher mit der Einführung der
Legierung EN AW-6005A-T5 (AlMgSi(A)). Die reduzierten Festigkeits-
anforderungen führten im weiteren Entwicklungsverlauf zur Legierung EN
AW-6106-T5 (AlMgSi0,5Mn). Neben diesen Strangpreßlegierungen wer-
den im Schienenfahrzeugbau noch weitere Legierungen und Halbzeug-
formen verwendet, die für untergeordnete oder für spezielle, höhere An-
forderungen sowie für Walz-, Schmiede- und Gußmaterialien eingesetzt
werden. Sie sind in der nachfolgenden Übersicht zusammengestellt. Alle
zugelassenen Legierungen sind schweißgeeignet.
Für konstruktiv erforderliche dickwandige Querschnitte und insbeson-
dere dort, wo eine Anhäufung von Schmelzschweißnähten nicht vermieden
werden kann, wurde vielfach die Legierung EN AW-7020-T5 (AlZn4,5
Mg1) eingesetzt, die nach dem Schweißen im Bereich der Wärme-
einflußzone wieder aushärtet und daher hohe statische Festigkeitswerte
bietet. Wegen der Neigung dieser Legierung zu Schichtkorrosion in der
nicht thermisch nachbehandelten Wärmeeinflußzone und wegen der in der
Wagenreinigung verwendeten aggressiven Reinigungsmittel waren z.B.
beim Bx-Wagen Korrosionsschäden aufgetreten, die durch aufwendige Re-
Konstruktion und Legierungswechsel beseitigt werden mußten. Darüber
hinaus sollte diese Legierung wegen der schlechteren Preßbarkeit mög-
lichst nur in Form von offenen Profilquerschnitten verwendet werden. Die-
52 2 Märkte und Anwendungen
Weitere Leichtbaupotentiale
Die Integralbauweise mit Großstrangpreßprofilen hat jedoch zu Einbußen
im erzielbaren Leichtbaugrad geführt, der sich gegenüber der Blech-Ge-
rippe-Bauweise von 30–35 % auf 25–30 % im Verhältnis zu Stahlausfüh-
rungen verringert hat. Die Gründe hierfür liegen in den gegenüber der
Blech-Gerippe-Bauweise schwereren Integralprofilen, in den Grenzen der
Strangpreßtechnik, der eingesetzten Schweißtechnik sowie bei den heute
verwendeten Methoden des Festigkeitsnachweises und in den geltenden
Lastannahmen. Die Ausschöpfung der vorhandenen Leichtbaupotentiale
hängt daher sowohl von der Weiterentwicklung der Werkstofftechnik, als
auch der konstruktiven Bemessungsmethoden, der Lastannahmen und der
Fertigungstechnologien ab, insbesondere auf dem Gebiet geschweißter
Profilkonstruktionen.
Weitere Impulse für die Erhöhung des Leichtbaugrades geschweißter
Aluminiumprofilkonstruktionen im Schienenfahrzeugbau können von fer-
tigungstechnischen Verfahrensentwicklungen geschweißter Verbindungen
erwartet werden. Die Erfahrung, daß die Schwingfestigkeitseigenschaften
von Schweißverbindungen an Aluminiumkonstruktionswerkstoffen kaum
von den Eigenschaften des Grundwerkstoffs beeinflußt werden, läßt ver-
muten, daß Eigenspannungen und geometrische Imperfektionen die Ver-
bindungsfestigkeit stärker beeinflussen als die werkstofflichen Einfluß-
faktoren. Folglich ist zu erwarten, daß durch verbesserte Schweißverfah-
ren, die die Kerbwirkungen reduzieren, und durch Nachbehandlungen der
Schweißnaht auch günstigere Schwingfestigkeitswerte erzielt werden. Pro-
blematisch ist sicherlich die Einführung zuverlässiger Werte für verbes-
serte Eigenschaften nachbehandelter Schweißverbindungen in die entspre-
chenden Regelwerke. Wegen der zusätzlichen Kosten solcher Nachbe-
handlungen wird man sie nur dort einsetzen, wo der Gewinn an Sicherheit
bzw. an Werkstoffausnutzung entsprechend groß ist.
Perspektiven für den wirtschaftlichen Aluminiumeinsatz im Schienen-
fahrzeugbau ergeben sich aus der Doppeldraht-MIG-Schweißtechnik, der
Laserstrahlschweißtechnik und auch aus der weiteren Entwicklung des
FSW-Reibschweißens von Profilstößen (Midling et al. 1994), – ein Ver-
fahren, mit dem verzugsarme Verbindungen mit hoher Schweißnahtgüte
und ohne Zusatzwerkstoff an aushärtbaren AlMgSi-Werkstoffen erreicht
werden können (s. Kap. 19). Dort, wo man aus preßtechnischen Gründen
56 2 Märkte und Anwendungen
1)
GL AW-6082 AlSi1MgMn T6/T651 T6 T6
_ 1) _
GL AW-6106 AlMgSiMn T6
1)
Die Eigenschaften dürfen auch durch Abschrecken an der Presse erzielt werden
5
Gebaut aus dünnem Eisenblech, bevor mit der J4 der Duralumin-Leichtbau be-
gann.
62 2 Märkte und Anwendungen
nik an der TH Aachen, die entscheidenden Schritte zur heute noch grund-
legenden Werkstofftechnologie des Flugzeugbaus.
Bild 2.5.1 Flugzeugbau in den 30er Jahren. Rohbau der Ju52, Junkers-Werke,
Dessau (Quelle: Pletschacher 1989)
Bild 2.5.2 Vordere Rumpfzelle des Airbus A380 (Quelle: Airbus Ind.; Corus Alu-
minium, Koblenz)
Bild 2.5.3 Aus hochfester dicker Walzplatte gefrästes Strukturteil (Quelle: Corus
Aluminium Koblenz)
Bild 2.5.4 gegeben. Die L-T Probenlage ergibt gewöhnlich die höchsten,
die S-L Probenlage die geringsten Bruchzähigkeitswerte.
Nach dem Sektor Transport und Verkehr ist das Bauwesen der zweitwich-
tigste Anwendungsbereich für Aluminiumprodukte geworden. Dafür gibt
es mehrfache Gründe: die sehr gute Witterungsbeständigkeit, eine breite
Palette von dekorativen organischen und anorganischen Oberflächenbe-
schichtungen, niedrige Instandhaltungskosten, gute Verarbeitbarkeit – vor
allem auch aus der Sicht des Handwerks – und nicht zuletzt die außerge-
wöhnlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Strangpreßtechnik. Nicht von
ungefähr ist daher der Bausektor für die Strangpreßwerke der wichtigste
Abnehmermarkt. Fensterrahmen, Türen und Fassadenelemente stellen die
Hauptanwendungsgebiete dar. Blechanwendungen findet man in der Form
von walzblanken oder oberflächenveredelten, walzgeprägten oder rollge-
formten Flächenelementen als Dach- und Wandverkleidung im Industrie-
bau und behördlichen Objektbauten, aber auch an Kulturbauten. Ein Bei-
68 2 Märkte und Anwendungen
Bild 2.6.1 Imperial War Museum, Manchester. Entwurf: Büro Daniel Libeskind,
Berlin. Die sog. „Earth Shards“ sind mit Aluminium verkleidet. Projektleiter: Ar-
chitekt Martin Ostermann. Fertigstellung: 2002 (Foto: F. Ostermann)
den wird bei geforderter Tragfähigkeit die Blechdicke durch ein Optimum
zwischen Stützlänge und Flächengewicht bestimmt. Außer den in Tabelle
2.6.1 angegebenen Legierungen und Zuständen ist der Einsatz weiterer
Legierungen und Werkstoffzustände möglich, sofern für die Produkte eine
entsprechende Zulassung durch das DIBt erwirkt wurde.
2.7.2 Elektrotechnik
Bild 2.7.3 Verbundstromschiene aus Aluminium und Stahl (Quelle: Fa. Alcan-
Singen)
2.7.3 Verpackung
sichere Fertigung muß gewährleistet sein, damit die Forderungen von ma-
ximal 3 ppm Ausfallrate beim Abfüller erfüllt werden können.
3.1.1 Gefügematrix
Aluminium besitzt wie alle Metalle einen kristallinen Aufbau und hat ein
kubisch flächenzentriertes (kfz) Raumgitter. Das bedeutet, die Atome sind
in der Elementarzelle so angeordnet, daß sie die Ecken eines Würfels bil-
den mit einem Atom in der Mitte jeder Würfelfläche, Bild 3.1.1. Die kfz
Gitterstruktur ist bei allen Temperaturen unterhalb der Solidustemperatur
stabil, eine Allotropie wie bei Eisen und Titan gibt es nicht.
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 81
Gefügematrix kfz-Kristallgitter
Gitterfehler Leerstellen,
Versetzungen,
Stapelfehler,
Kleinwinkelkorngrenzen,
Korngrenzen,
Phasengrenzen
Mischkristall Legierungselemente auf Gitterplätzen (Substitutionsmisch-
kristall),
Elemente auf Zwischengitterplätzen (elementarer Wasser-
stoff)
Primärphasen Intermetallische Phasen von Verunreinigungs- und Legie-
rungselementen aus dem Erstarrungsprozeß beim Strangguß
und Formguß
Sekundärphasen Intermetallische Phasen aus thermischen Behandlungen
– disperse Kornfeinungsphasen (Cr-, Mn-, Zr-, Ti-haltige
Phasen)
– Ausscheidungsphasen
a) kohärente Phasen (Cluster, Guinier-Preston Zonen)
b) teilkohärente, metastabile Phasen
c) inkohärente Gleichgewichtsphasen
Ausscheidungs- an Legierungselementen verarmte Zonen an Korngrenzen,
freie Zonen Primärphasen oder stabilen Sekundärphasen
Fasergefüge durch Warmumformung gestreckte Körner
Textur kristallographische Vorzugsorientierung der Körner, z.B.
Würfeltextur
Anschmelzungen durch Überhitzung entstandene, lokale Anschmelzungen,
vorzugsweise an Korngrenzen und Korngrenzentripelpunk-
ten
Poren durch Leerstellen-Cluster oder übersättigt gelösten Wasser-
stoff
Karbide, Oxide Einschlüsse aus der Elektrolyse und aus dem Gießprozeß
Tabelle 3.1.2 Übersicht über Art und Zahl der aktivierbaren Gleitsysteme von me-
tallischen Werkstoffen, nach (Dieter 1961)
Kristall- Metall (Beispiele) Gleitebenen Gleitrichtungen Zahl der bei
gitter RT aktiven
Gleitsysteme
krz α-Fe, V, Nb, Ta, {110},{112}, <111> 48
Cr, Mo, W {123}
kfz Al, Cu, Ni {111} <110> 12
3.1.2 Gitterfehler
Reinaluminium nur wenige Stunden, wird jedoch bereits durch sehr ge-
ringe Gehalte an Legierungselementen behindert. Andererseits kann ein
Leerstellenüberschuß durch eine kurzzeitige Erwärmung auf mittlere Tem-
peraturen (200 bis 250 °C) verringert werden.
Besonders wirksam ist Magnesium infolge des großen Unterschieds der
Atomradien von Magnesium und Aluminium. Bereits in geringen Mengen
von z.B. 0,2 Gew.-% in binären Al-Mg Legierungen (Panseri et al. 1958)
wird infolge der Bildung von Magnesium/Leerstellen-Komplexen mit ho-
her Bindungsenergie die Ausheilung von Leerstellen bei Raumtemperatur
fast vollständig unterdrückt. Mg/Leerstellen-Komplexe sind relativ stabil
und lösen sich erst bei höheren Temperaturen oberhalb 100 °C auf (Panseri
1958).
Leerstellen ermöglichen das Klettern von Versetzungen bei Temperatu-
ren über 180-190 °C. Die Auflösung der Mg/Leerstellen-Komplexe dürfte
die Ursache für die deutliche Entfestigung von Al-Mg-Legierungen ober-
halb von 100 °C sein (Altenpohl 1961). Außerdem verursacht die Wech-
selwirkung zwischen Mg, Leerstellen und Versetzungen die Lüdersdeh-
nung und den Portevin-LeChatelier-Effekt (dynamische Reckalterung) bei
AlMg-Legierungen, welche in Abschn. 3.2.3 ausführlicher behandelt wer-
den.
Leerstellen steuern die Kinetik der Ausscheidungsprozesse über den
Diffusionsprozeß sowie bei der Bildung von Clustern und GP-Zonen,
wenn sie zu deren Aufbau notwendig sind. In diesem Fall werden Leer-
stellen in Clustern und GP-Zonen gebunden und bei deren Auflösung wie-
der freigesetzt. Ob Leerstellen für die Keimbildung von Ausscheidungen
erforderlich sind, hängt vom jeweiligen Legierungssystem und vom Legie-
rungsgehalt ab.
Leerstellenverarmung in Korngrenzennähe kann zur Ausbildung aus-
scheidungsfreier Zonen führen, wenn Leerstellen für die Keimbildung der
Ausscheidungsphasen erforderlich sind.
Die wesentliche Funktion von Leerstellen bei den Ausscheidungspro-
zessen und ihre empfindliche Wechselwirkung mit Legierungsatomen, und
Spurenelementen ist von eminenter Bedeutung für die Entwicklung ther-
mischer Prozesse und für die Legierungsentwicklung.
chen Schubkräfte ist ein Maß für die Festigkeit bzw. den Verformungswi-
derstand des Metalls oder der Legierung.
Kristallographisch unterscheidet man Stufenversetzungen und Schrau-
benversetzungen. In vereinfachter Weise kann man sich eine Stufenverset-
zung gedanklich durch Einschieben einer zusätzlichen halben Gitterebene
ins Kristallgitter vorstellen, wie Bild 3.1.2 schematisch zeigt. Das Fußende
dieser Halbebene erzeugt eine Verzerrung des umgebenden Raumgitters
und stellt damit einen Ort höherer innerer Energie dar. Im Durchstrah-
lungselektronenmikroskop erscheinen Versetzungen infolge ihrer elasti-
schen Störfelder als Kontrastlinien, s. z.B. Bild 3.1.5. Den Betrag der Ver-
zerrung nennt man Burgersvektor. Eine Schraubenversetzung macht aus
den Kristallebenen eine kontinuierliche Schraubenfläche. Ein in sich ge-
schlossener Versetzungsring besteht aus Segmenten von Stufenversetzun-
gen und von Schraubenversetzungen.
Bild 3.1.4 Stapelfolge der dichtest gepackten Ebene im kfz Gitter: ABC. Nach je-
der dritten Schicht folgt wieder eine Schicht in der ursprünglichen Lage A
88 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen
1 µm 1 µm
Kleinwinkelkorngrenzen (Subkorngrenzen)
3.1.3 Korngrenzen
σy = σ0 + kd-1/2 (3.1.1)
gibt die Abhängigkeit der Fließgrenze (σy) von der Korngröße d an, wobei
σ0 die Ausgangsspannung ist, die hauptsächlich durch innere Reibung
(Peierls-Spannung) des Materials bestimmt wird. Der Koeffizient k stellt
den Grad der Abhängigkeit der Fließspannung von der Korngröße dar. A-
luminium und seine Legierungen haben im Vergleich zu Stahl eine deut-
lich geringere Abhängigkeit der Fließgrenze von der Korngröße. Bild 3.1.7
illustriert diese Korngrößenabhängigkeit der Fließspannung (bei 1,7%
Dehnung) für eine Reihe von AlMg-Legierungen (Rossig 1971, Hirsch
1997). Tabelle 3.1.4 enthält einige Angaben zu Aluminiumwerkstoffen im
Vergleich zu Stahl. In der geringeren Korngrößenabhängigkeit der Fließ-
grenze von Aluminium äußert sich das ausgeprägte Quergleitverhalten in-
folge seiner hohen Stapelfehlerenergie.
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 93
3.1.4 Mischkristallbildung
Hauptlegierungselemente
Die Aufgabe der Legierungselemente Si, Mg, Mn, Cu und Zn ist die Fe-
stigkeitssteigerung durch Mischkristallverfestigung und – bei ausschei-
dungshärtenden Legierungssystemen – durch Teilchenhärtung.
Begleitelemente
Sonderlegierungselemente
Die Elemente Ti, B, Zr, Cr, V und Sc dienen zur Kornfeinung und Kon-
trolle der Rekristallisation, Ni wird in Verbindung mit Fe und anderen Le-
gierungselementen zur Verbesserung der Warmfestigkeit genutzt. Bi, Pb,
Sn werden zur Verbesserung des Spanbruchs bei Zerspanungslegierungen
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 99
Bleisprödigkeit
Es sei an dieser Stelle auf das Phänomen der „Bleisprödigkeit“ hingewie-
sen, das bei Pb-Gehalten von > 30 ppm (>0,003 Gew.-%) in AlMgSi-Le-
gierungen auftreten kann (Guttmann et al. 1983, Quantin et al. 1986, Le-
wandowski et al. 1992). Derartige Verunreinigungen durch Pb können bei
längerer Beanspruchung bei Temperaturen um 100 °C in AlMgSi-
Legierungen interkristalline Rißbildung auslösen, s. Beispiel in Bild
3.1.11. Blei hat bei niedrigen Temperaturen eine extrem geringe Löslich-
keit. Als Rißbildungsursache wird die Segregation von Pb an AlFeSi-, Al-
FeMnSiCr- und Mg2Si-Phasen angesehen, wo durch Benetzung der Grenz-
flächen zwischen Phasen und Matrix mit Pb Rißkeime entstehen. Da diese
Phasen bevorzugt an Korngrenzen auftreten, wachsen die Rißkeime unter
den gegebenen Beanspruchungen zu interkristallinen Anrissen. Die Tole-
ranzgrenze für Verunreinigungselemente wird in den EN Legierungsnor-
men mit maximal 500 ppm je Element angegeben und gilt folglich auch
für Pb-Gehalte in AlMgSi-Legierungen. Diese Grenze liegt damit weit
über der Toleranzgrenze von 30 ppm Pb für die Vermeidung von Bleisprö-
digkeit in AlMgSi-Legierungen mit Ausnahme der Legierungsvarianten
EN AW-6351A, EN AW-6061A und EN AW-6082A.
3.1.6 Sekundärphasen
Mit Sekundärphasen werden solche Phasen bezeichnet, die erst durch eine
Wärmebehandlung des Gußbarrens (Hochglühung) oder des Halbzeugs
entstehen und sich durch Entmischung einer übersättigten, festen Lösung
bilden. Man unterteilt in zwei Arten von Sekundärphasen: die thermisch
weitgehend stabilen Dispersionsphasen und die löslichen Ausscheidungs-
phasen in aushärtbaren Legierungen.
Dispersionsphasen
Die bei der Barrenhochglühung entstehende Dispersion von Al3Fe, Al6Mn,
Al7Cr und Al3Zr sowie von ternären Modifikationen (z.B. Al12Mn3Si in
AlMgSi-Legierungen und Al12Mg2Cr in AlZnMgCu-Legierungen) sind
thermisch sehr stabil, was sich auch in einer äußerst geringen Löslichkeit
dieser Legierungselemente bei hohen Temperaturen äußert, s. Bild 3.1.9.
Die Partikel haben eine Größe von 0,02 bis 0,5 µm, sind mit Ausnahme
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 101
Ausscheidungsphasen
Bild 3.1.12 Kopie aus dem Laborbericht von Alfred Wilm „Einfluß von Tempe-
raturen von 400 bis 560°Cels. auf Härte von Aluminium-Magnesium-Legierungen
mit verschieden hohem Magnesium-Gehalt. 5 Tage gelagert“ (AlCu4Mg-Le-
gierungen mit 0,5 bis 2,5 % Mg) (Haas 1937)
Die Kinetik der Zonenbildung ist von der Bildungsenthalpie, der Umge-
bungstemperatur, vom Grad der Übersättigung an Legierungselementen
und Leerstellen und von der Diffusionsgeschwindigkeit der betreffenden
Legierungselemente abhängig. Der Temperaturbereich für die Kaltaushär-
tung wird definiert durch die ausschließliche Bildung von Clustern und
GP-Zonen während der Auslagerungsdauer und erstreckt sich je nach Le-
gierungssystem bis auf etwa 80 bis 100 °C. Bei höheren Temperaturen lö-
sen sich die GP(I)-Zonen auf bzw. wachsen auf Kosten nicht wachstums-
fähiger Zonen und wandeln sich dabei in die nächst stabileren Formen, d.h.
(GP(II)-Zonen und teilkohärente Ausscheidungen, um. Wenige Minuten
nach dem Abschrecken beginnt die Cluster- und Zonenbildung bei RT-
Auslagerung, die Härtesteigerung wird nach ca. 30 Minuten deutlich meß-
bar. Die Aushärtung nimmt zunächst schnell, dann (nach etwa einem Tag)
immer langsamer zu. Der Kaltaushärtungsprozeß kann jedoch jahrelang
andauern. Mit empfindlichen Messungen (z.B. Positronenspektroskopie)
werden selbst nach mehreren Jahren immer noch Änderungen in der Zu-
sammensetzung der GP(I)-Zonen gemessen. Auch eine meßbare Festig-
keitszunahme wird noch nach vielen Jahren beobachtet.
Für die Cluster- und GP(I)-Zonenbildungen sind Leerstellen erforder-
lich, um die Verzerrungsenergie zwischen GP-Zone und Mischkristallgit-
ter zu reduzieren und die Diffusion der Legierungselemente zu beschleuni-
3.1 Gefügebausteine der Aluminiumwerkstoffen 105
gen, woraus sich ein Einfluß auf die Abschreckempfindlichkeit und Aus-
scheidungskinetik ableiten läßt.
Die Kaltaushärtung erreicht nicht so hohe Festigkeitseigenschaften wie
die Warmaushärtung, bietet aber höheres Verfestigungsvermögen (n-Wert,
Rm/Rp0,2-Verhältnis) und höhere Zähigkeit und Verformbarkeit. Bei plasti-
scher Verformung werden Cluster und GP(I)-Zonen von Versetzungen ge-
schnitten. Die blockierende Wirkung der Teilchen in den aktiven Gleitebe-
nen wird dadurch verringert, wodurch sich die weitere Versetzungsbewe-
gung vorzugsweise in den aktivierten Gleitebenen konzentriert, was einem
quasi-planaren Gleitverhalten entspricht.
Bei der Warmaushärtung bilden sich je nach Höhe der Auslagerungs-
temperatur metastabile Phasen, deren Zusammensetzung und Struktur zu-
nehmend der jeweiligen Gleichgewichtsphase entsprechen. Das erreich-
bare Härtemaximum wird durch die Anzahl, Größe und Verteilung der
Ausscheidungsphasen bestimmt. Je nach Legierungsart wird das Härtema-
ximum vorwiegend durch kohärente GP(II)-Zonen (z.B. AlMgSi-Legie-
rungen) oder teilkohärente Übergangsphasen (z.B. AlZnMg(Cu)-Legie-
rungen) erzeugt. Die Ausscheidungsprozesse und Ausscheidungsfolgen
sind überaus komplex, da die Abschreckgeschwindigkeit nach Lösungs-
glühen und eine eventuelle Zwischenlagerung bei Raumtemperatur die
Ausscheidungskinetik und die Ausscheidungsfolge erheblich beeinflussen
können. Die allgemeine Ausscheidungsfolge bei der Warmaushärtung
kann wie folgt angegeben werden:
Rückbildungsglühung
Durch kurzzeitiges Glühen von kalt- oder warmausgehärtetem Material
kann die Härte wieder teilweise oder ganz bis auf die Härte des abge-
schreckten (W-) Zustands zurückgeführt werden und auf diese Weise die
Umformeigenschaften verbessert werden. Da solche Stoßglühbehandlun-
gen nur kurze Zeiten im Bereich von Sekunden oder wenigen Minuten be-
anspruchen, können solche Behandlungen durchaus in den Produktions-
ablauf, z.B. durch Induktionsheizung mit Luft-/Wasserabschreckung, inte-
griert werden. Glühtemperatur und -zeit hängen vom vorliegenden Aus-
scheidungszustand (T4 oder T6) ab und sind so zu wählen, daß die Lös-
lichkeitsgrenze der Aushärtungsphase (z.B. Cluster und GP(I) Zonen im
T4-Zustand) überschritten wird und die Ausscheidung stabilerer Aushär-
108 3 Legierungsaufbau, Wärmebehandlung, Normen
Thermomechanische Aushärtungsbehandlung
Ausscheidungsfreie Zonen
Textur
Anschmelzungen
Eine Überhitzung des Gefüges bei Glühprozessen kann zu örtlichen
Anschmelzungen führen, die das Gefüge zerstören und die mechanischen
Eigenschaften erheblich beeinträchtigen. Anschmelzungen lassen sich
durch nachträgliche Wärmebehandlungen nicht mehr beseitigen. Die Ge-
fahr von Anschmelzungen bei thermischen Behandlungen ist besonders
groß bei höherfesten, aushärtbaren Legierungen. Anschmelzungen begin-
nen in Trippelpunkten von Korngrenzen und folgen weiter den Korngren-
zen. Da alle technischen Aluminiumlegierungen eutektisch erstarren, und
da die eutektische Temperatur (s. Tabelle 3.1.6) die niedrigste Solidustem-
peratur des Legierungssystems ist, sollten Wärmebehandlungen nur unter-
halb dieser Temperaturschwelle durchgeführt werden, da Restseigerungen
im Gefüge nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Korngrenzen-
anschmelzungen können in der Übergangszone von Schmelzschweiß-
nähten zum Grundwerkstoff auftreten (s. micro-fissuring, Kap. 16). Auf-
treten und Ausmaß solcher Korngrenzenanschmelzungen sind legierungs-
und herstellungsabhängig und wirken sich besonders bei grobkörnigem
Gefüge auf die mechanischen Eigenschaften aus.
3.1.8 Poren
3.1.9 Oxideinschlüsse
Aluminiumoxid, Al2O3, hat einen Schmelzpunkt von 2050 °C und ist mit
einem spezifisches Gewicht von 3,9 g/cm³ etwa 60% schwerer als die
Aluminiumschmelze. Die Oxidhaut einer Aluminiumschmelze ist extrem
dünn und zäh. Oxidpartikel sind gegenüber der Schmelze inert. Beim Bar-
ren- und Formguß wird die Oxidhaut und der Oxidgehalt der Schmelze
durch Glasfasernetze und Filter zurückgehalten. Dennoch läßt sich nicht
völlig vermeiden, daß Oxidflitter in die Schmelze gelangen, aufgrund des
höheren spezifischen Gewichtes herabsinken und bei der Erstarrung als
Fremdpartikel in das Gefüges eingebaut werden können. Die Qualitätssi-
cherung des Gefüges verlangt eine Begrenzung von Menge und Größe der
Einschlüsse, wie in Bild 3.3.4 dargestellt ist (s.a. Abschn. 3.3.1, Schmelze
und Schmelzereinigung).
Bild 3.2.1 Einfluß von Kaltverformung durch Walzen auf die Festigkeitseigen-
schaften von Al99,5 (EN AW-1050A-0) mit Angaben der Verfestigungszustände
H12 bis H19. Nach (Lenz et al. 1970)
3.2.2 AlMn-Legierungen
Bild 3.2.3 MnAl6-Dispersion mit einer Teilchengröße von etwa 0,1 µm in Legie-
rung AlMn1Mg1Cu (Elektronenmikroskopische Durchstrahlungsaufnahme)
3.2 Aufbau und Wärmebehandlung der Knetwerkstoffe 117
3.2.3 AlMg(Mn)-Legierungen
Naturharte AlMg(Mn)-Legierungen
Die Festigkeitssteigerung beruht auf Mischkristallverfestigung durch Ma-
gnesium. Die maximale Löslichkeit von Mg in Aluminium im festen Zu-
stand beträgt bei 450 °C 17,4 Gew.-% (Mondolfo 1976). Die Löslichkeit
reduziert sich mit abnehmender Temperatur und beträgt bei 230 °C ca.
3,2% und bei Raumtemperatur 1,9 Gew.-% (Hansen et al. 1958, Mondolfo
1976), s. Bild 3.1.9. Trotz dieser starken Temperaturabhängigkeit der Sol-
vuskurve wird bei den handelsüblichen AlMg(Mn)-Legierungen keine
Ausscheidungshärtung beobachtet. Der α-Mischkristall steht im Phasen-
gleichgewicht mit der β-Phase Mg5Al8. Ihr Schmelzpunkt ist 450 °C
(Hatch 1983). Die Erstarrung erfolgt eutektisch. Die Diffusion von Magne-
sium in Aluminium ist äußerst träge, so daß bei normalen Erstarrungsbe-
dingun