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Transkulturelle Kommunikation (StEOP-VO)

Univ.-Prof. Mag. Dr. Cornelia


Zwischenberger

Folienpaket 5:
Translation als transkulturelle Kommunikation: Translatorische Berufsfelder

Zentrum für Translationswissenschaft


01. & 05. Dezember 2022
Berufsfelder der Translation

§ Welche translatorischen Berufsfelder kennen Sie bzw.


können Sie benennen?

§ Was assoziieren Sie damit?

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Translatorische Berufsfelder

§ Generell rechtlich ungeschützte Berufsbezeichnungen

§ Freiberuflich oder im festangestellten Verhältnis (bspw. bei


int. Organisationen, Unternehmen, Übersetzungsagenturen)

§ Erste Ausbildungsstätten seit den 1940er Jahren (Wien: 1943


als Institut für Dolmetschausbildung, Graz: 1946 als Institut
für Auslandskunde, Innsbruck: 1946)

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Konferenzdolmetschen/Geschichte

§ Ende von Französisch als Lingua Franca nach 1. Weltkrieg

§ Pariser Friedenskonferenz/Entstehung int. Organisationen


(Völkerbund mit Englisch und Französisch; ständige int.
Gerichtshof und int. Arbeitsorganisation (ILO)

§ Erste Tagung der ILO in Washington im Herbst 1919


§ dort das Dolmetschen eine Notwendigkeit

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Konferenzdolmetschen/Geschichte

§ Dolmetscher getestet für den Völkerbund


§ Paul Mantoux (Pariser Friedenskonferenz), Antoine Velleman

§ Die Voraussetzungen:
§ Exzellente aktive Beherrschung des Französischen & Englischen
§ Außersprachliches Wissen und Fachwissen
§ Wissen über die Organisation
§ Öffentliches Reden und psychologische und moralische Stärke

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Konferenzdolmetschen/Geschichte

§ Dolmetschmodus: Konsekutivdolmetschen

§ Konsekutivdolmetschen vs. Simultandolmetschen?

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Exkurs: Dolmetschmodi

§ Chuchotage

§ Relaisdolmetschen

§ Retour-Dolmetschen

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Entwicklung des
Simultandolmetschens

§ Zwischenkriegszeit

§ Andre Kaminker (1934: Dolmetschung Rede Hitlers für frz.


Rundfunk)

§ Leon Dostert

§ Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse
§ EN, FR, RU, DT

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Nürnberger Prozesse

§ „Feuertaufe für das Simultandolmetschen“

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Nürnberger Prozesse

eine Zeitzeugin:

https://www.youtube.com/watch?v=flMgCYBueBI

Ramler, Siegfried (2010): Die Nürnberger Prozesse:


Erinnerungen des Simultandolmetschers Siegfried Ramler.
Frankfurt: Peter Lang.

→ komplette Durchsetzung des Simultandolmetschens

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Übersetzen und Dolmetschen für die
EU

§ Römische Verträge 1957 (Gründung der EWG und Euratom)


§ Mittlerweile 24 Amtssprachen
§ Translation nach dem Muttersprachenprinzip
§ Generaldirektion Übersetzung der Europäischen Kommission
§ Volltextübersetzungen, Zusammenfassungen, redaktionelle
Nachbearbeitung von Maschinenübersetzungen usw.; IATE (Inter-
Active Terminology for Europe)-Datenbank

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GD Dolmetschen (SCIC)

§ Ca. 135.000 Dolmetschtage/Jahr bei ca. 50-60 Sitzungen/Tag


§ 300-400 FreiberuflerInnen/Tag
§ Voraussetzungen für die Arbeit:
§ Abschluss als KD oder anderer Hochschulabschluss und Erfahrung als
KD
§ Drei C-Sprachen für die dt. Kabine
§ Bestehen eines Akkreditierungstests; Akkreditierung für alle
Institutionen

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Translation als Sprache Europas

https://www.youtube.com/watch?v=aRFAnByXNoU

§ Zu welchem Anlass fand eine erste Vergrößerung des SCIC


statt?
§ Wann war die bis dato größte Erweiterungsrunde der EU?
§ Was ist „Remote Interpreting“?
§ Welche Nachteile werden beschrieben?

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Translation als Sprache Europas

§ Dolmetschen in der deutschen Kabine:


https://www.youtube.com/watch?v=-hKufxTAvrQ

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Berufsvertretung/Professio-
nalisierung

§ Österreich:
§ Universitas Austria

§ International spezifisch für KD:


§ AIIC (*1953)

§ National spezifisch für KD:


§ VKD in Deutschland (*2003)

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Professionalisierung

§ Prototypisch ein Fünf-Phasen-Prozess (Wilensky 1965):


§ Einer Beschäftigung kann auf Vollzeitbasis nachgegangen werden
§ Formale Ausbildung
§ Berufsverbände
§ Streben nach rechtlichem Schutz
§ Übernahme eines Ehrenkodex

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Translation bei Gericht

§ Allgemein gerichtlich beeideter und gerichtlich zertifizierter


Dolmetscher = rechtlich geschützt

§ vs. ad hoc beeidete/r DolmetscherIn

§ Rechtsgrundlage:
§ Sachverständigen- und Dolmetschergesetz (SDG) aus dem Jahre 1975

§ Dolmetschen in beide Richtungen

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Translation bei Gericht

§ Eintragungsverfahren:
§ Ansuchen um Eintragung in die Liste beim/ bei der PräsidentIn des
Gerichtshofes 1. Instanz
§ Verband ÖVGD spielt bei Verfahren Rolle; Sprach- und Fachkenntnisse
werden geprüft.
§ Zertifizierungskommission:
• Vorsitzender (VertreterIn der Justiz)
• Sprach-Sachverständige/r
• SprachprüferIn für die jeweiligen Sprachen
§ Einschlägige Ausbildung + 1 Jahr (vormals zwei Jahre Praxis) bzw. drei
Jahre (vormals fünf Jahre Praxis) bei Fehlen einer Ausbildung

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Translation bei Gericht

§ National:
§ Österreichischer Verband der Gerichtsdolmetscher (ÖVGD) (*1920 in
Wien)

§ International:
§ EULITA (European Legal Interpreters and Translators Association,
*2009 in Antwerpen)
§ = Dachverband

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Literaturübersetzen

§ Wege in den Beruf:


§ 60% der LiteraturübersetzerInnen arbeiten Teilzeit (VdÜ)
§ Gibt keinen klassischen Weg in den Beruf
§ Probeübersetzungen und CV an Verlag
§ Übersetzungen in Feuilletons von Zeitungen oder Literaturmagazinen

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Literaturübersetzen - Arbeitsprozess

§ Lesen des Textes (Sich-Aneignen des Textes)


§ Besseres Kennenlernen der/des AutorIn (andere Werke,
Rezensionen, Abhandlungen, bestehende Übersetzungen
usw.)
§ Recherche (oft auch profundes Fachwissen)
§ Mailinglisten (Diskussionforum für literarische
ÜbersezterInnen (U-litfor) + Kontakte zu KollegInnen

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Literaturübersetzen - Arbeitsprozess

§ Textanalyse (lexikalische, stilistische Elemente, kultureller


Kontext)
§ Erstellen der ersten Rohfassung
§ Überarbeitung(en)
§ Einholen von Meinungen von außen
§ Arbeit mit LektorInnen

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Berufsvertretungen

§ Verband deutschsprachiger Übersetzer literarischer und


wissenschaftlicher Werke (VdÜ)
§ Interessensgemeinschaft von Übersetzerinnen und
Übersetzern literarischer und wissenschaftlicher Werke
§ Normverträge

§ Arbeitsauftrag: Suchen Sie min. 1-2 translationswiss. Werke,


die übersetzt wurden (Sprachenrichtung egal)

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Literaturübersetzen

§ https://www.youtube.com/watch?v=eC1DN0ooPMs

§ Was ist gemeint mit „ÜbersetzerInnen als AutorInnen zweiter


Klasse“?

§ Was hat es mit Neuübersetzungen auf sich? Wozu werden


diese angefertigt?

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Intralinguale Translation

§ Drei Arten von Translation nach Jakobson ([1959]/2000:114):

§ Interlingual translation or translation proper is an interpretation of verbal


signs by means of some other language
§ Intersemiotic translation or transmutation is an interpretation of verbal
signs by means of signs of nonverbal sign systems.
§ Intralingual translation or rewording is an interpretation of verbal signs
by means of other signs of the same language.
§ = Transferprozess

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Was gehört zur Translationswissen-
schaft?

§ „translational turn“ (Bachmann-Medick ²2007, 2009)


§ Metapher „kulturelles Übersetzen“ &
§ weitere Formen des Translationskonzeptes (vielfach ohne dabei Bezug
auf die Translationswissenschaft und „translation proper“ zu nehmen)

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Formen der intralingualen
Translation

§ ExpertInnen-LaiInnen-Kommunikation („Leichte Sprache“)


§ Untertitelung für Gehörlose
§ Kindergerechte Sprache
§ Zusammenfassungen
§ Neuübersetzungen auf der Basis einer existierenden
Übersetzung

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Leichte Sprache

§ Woher kommt „Leichte Sprache“?


§ Welche Regeln gibt es beim Übersetzen in Leichte Sprache?
§ Wie funktioniert der Übersetzungsprozess?

§ https://www.youtube.com/watch?v=fZK3cp3Ss0U

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Schreibdolmetschen/Schrift-
dolmetschen

§ in der Regel für hörbeeinträchtigte und taube KlientInnen, die


eine Lautsprache als Muttersprache haben.

§ Intralingual: gesprochen à geschrieben (simultan)

§ häufig im Gesundheitsbereich, Bildungsbereich usw.


eingesetzt

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Schreibdolmetschen/Schrift-
dolmetschen

§ in Österreich erst 2010 erster Ausbildungskurs/im Vergleich


dazu in skandinavischen Ländern seit den 1970er/1980er
Jahren

§ https://www.youtube.com/watch?v=UqKuxm1WG6o

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Online kollaborative Translation/1

§ Online kollaborative Translation (Jimenez-Crespo 2017)


§ Translation Crowdsourcing
§ Wikipedia-Translation
§ Online Fantranslation:
• Fansubing
• Fandubbing
• Scanlation
• Translation hacking

§ Organisiert (Institution, Unternehmen) vs. selbst-organisiert

§ Web 2.0

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Online kollaborative Translation/2

§ Online kollaborative Translation als prototypische Form


transkultureller Kommunikation!?

§ Online kollaborative Translation als Metakonzept?


§ Konkurrenz: Community Translation, Volunteer Translation, Social
Translation usw.

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Online kollaborative Translation/3

§ Qualitätssicherung?

§ Translationseinheit: String (Wort oder Phrase)

§ Welche Implikationen hat dies für die professionelle


Translationspraxis und Ausbildung?

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Crowdsourcing: allgemein

§ In der Kreativindustrie aber auch der Hightech- und


Pharmaindustrie usw. eingesetzt:
§ Threadless
§ InnoCentive

§ The wisdom of the crowd:


• “Understanding diversity is imperative to understanding collective
intelligence, and collective intelligence is an essential ingredient in one
of the primary categories of crowdsourcing: the attempt to harness
many people’s knowledge in order to solve problems or predict future
outcomes or help direct corporate strategy.” (Howe 2008: 133)

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