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8 Brennstoffzellen

Mit Brennstoffzellen lassen sich Wasserstoff sowie Erdgas und andere Kohlenwasser-
stoffe (z.B. Benzin, Methanol) oder Biogas elektrochemisch direkt in elektrische
Energie umwandeln. Gegenüber Wärmekraftmaschinen, die den Umweg über die
mechanische Energie nehmen, ergeben sich höhere Wirkungsgrade, und dies ohne
rotierende Teile und entsprechende Lärmemissionen. Bereits fur kleine Leistungen
lassen sich Wirkungsgrade von 5 0 6 0 % erreichen, was mit konventioneller Technik
nur mit Kombianlagen im 10- 100 MW-Bereich möglich ist. Die Umweltbelastung
bei Verwendung von Erdgas ist wegen des höheren Wirkungsgrads und der anders-
artigen Verbrennung (kein Ruß, keine Stickoxide, keine unverbrannten Kohlenwasser-
stoffe) geringer als bei konventionellen thermischen Kraftwerken. Die CO,-Emissio-
nen können durch Erhöhung des Wasserstoffanteils weiter reduziert werden.
Die Technik entwickelt sich weiter, aber hat die Wirtschaftlichkeitsgrenze noch
nicht erreicht. Es ist jedoch absehbar, dass sich ihr im Laufe der nächsten Jahrzehnte
breite Einsatzgebiete für mobile und stationare Anwendungen öffnen werden.

8.1 Aufbau und Typen


Den grundsätzlichen Aufbau einer Brennstoffzelle zeigt Abb. 8.1. Sie besteht wie eine
Batterie aus Anode, Kathode und Elektrolyt. Die poröse Anode wird vom Brenngas
(H„ CO, CH, ), die Kathode von Lufi durchströmt. Der Elektrolyt ist gasdicht, lässt
also eine unmittelbare Verbindung von Brennstoff und Sauerstoff nicht zu. Durch
Ionen werden die Elektronen von der Kathode K zur Anode A transportiert, wobei die
Ionenart vom verwendeten Elektrolyt abhängt.
Fünfßrennstoffzellen-Familien sind bekannt und befinden sich in Entwicklung. Sie
unterscheiden sich in erster Linie durch den Elektrolyt. Nach absteigender Zellen-
temperatur geordnet, sind dies:

Verbraucher
: Abgase
Brennstoff

I
- I

Abb. 8.1. Autbau der Brennstoffzelle


Keramik-Zelle (SOFC Solid Oxide Fuel Cell), - 800°C:Als Elektrolyt wird eine
keramische Schicht aus Zirkonoxid verwendet. Der Luftsauerstoffwird kathoden-
seitig durch Aufnahme von zwei Elektronen zu 0 ' ionisiert, kann somit als Ion
den Elektrolyt durchdringen, wird auf der Anodenseite durch Elektronenabgabe
wieder neutralisiert und leitet die Oxidationsreaktion ein. Die Zelle kann auch
direkt mit Erdgas, Propan oder Biogas betrieben werden.
Karbonat-Zelle(MCFC Molten Carbonate Fuel Cell), 650°C:Als Elektrolyt wird
eine Karbonatschmelze (meist Lythium- und Kaliumkarbonat) verwendet. Als Ion
dient das Karbonat-Ion CO,,-. Für dessen Neubildung wird die Luft mit CO,
angereichert. Auf der Anodenseite zerfallt es durch Elektronenabgabe in CO,
und Sauerstoff, welcher den Brennstoff oxidiert. Als Brennstoffe können Was-
serstoff und CO verwendet werden.
Phosphorsaure-Zelle (PAFC Phosphor Acid Fuel Cell), 200°C: Als Elektrolyt
wird verdünnte Phosphorsäure verwendet. Brennstoff ist Wasserstoff, der aufder
Anodenseite sein Elektron abgibt und als Wasserstoffion H' den Elektrolyt
durchquert, auf der Kathodenseite ein Elektron wieder aufnimmt und vom
Luftsauerstoff oxidiert wird. Die Luft darf kein CO enthalten.
Kunststof-Zelle (PEFC Polymer Electrolyte Fuel Cell), 80°C:Als Elektrolyt wird
eine Kunststofffolie verwendet, die sich wie eine Säure verhält. Als Ion dient
wiederum das Wasserstoffion H' (Vorgänge wie PAFC).
Alkali-Zelle (AFC Alkaline Fuel Cell), 70°C: Als Elektrolyt wird verdünnte

OH- entstanden aus der Reaktion H,O + 0 -


Kalilauge verwendet. Den Elektronentransport übernehmen die Hydroxylionen
2 O H . Die Oxidationsreaktion
erfolgt auf der Anodenseite mit reinem Wasserstoff. Die Luft darf kein CO,
enthalten.
Alle funf Brenstoffzellentypen können mit Erdgas betrieben werden, wobei alle,
außer der SOFC und der MCFC, dieses zuerst in Wasserstoff oder Wasserstoff + CO
umwandeln müssen. Diese Umwandlung ist sehr aufwendig (auch was den Platzbedarf
betrifft, bis 60% des Bauvolumens). Eine gute Übersicht dazu gibt Abb. 8.2.

Flüssige verdampien
Brsnnsioffe

I
80°C BaPC

Erdgas sik
800°C

Erdgas ganz
- 803% 440%

Erdgas
CO-Rest
snibrnen
umwandeln
L I l I

803% 650°C 2m4C 80Y: 70%

Abb. 8.2. Aufbereitung von Erdgas für die funf Brennstoffzellen-Typen [8. I ]
8.2 Prinzip und Modell 407

Den AFC-Familien werden heute nur begrenzte Zukunftsaussichten eingeräumt


[&I]. Die PEFC ist für mobile Anwendungen von Interesse und wird vor allem von
der Autoindustrie weiterentwickelt. Neben den fünf erwähnten Familien wäre noch
die Direkt-Methanol-Brennstoffzelle DMFC zu erwähnen, die direkt (ohne Reformer)
mit Methanol betrieben werden kann (Arbeitstemperatur ähnlich wie PEFC). Ihre
Aussichten sind noch ungewiss.
Für sfationare Energieanwendungen sind vor allem die PAFC, die MCFC und die
SOFC prädestiniert. Die Phosphorsaure-Brennstoffielle ist am weitesten entwickelt,
bereits heute kommerziell verfügbar (z.B. 200 kW PC25C von ONSI) und für
bestimmte Applikationen wirtschaftlich. Die Keramik-Brennstoffielle befindet sich
noch in der Entwicklung, besitzt jedoch das größte Entwicklungspotential. Im
Abschn. 8.3 werden diese beiden Brennstoffzellen näher betrachtet.

8.2 Prinzip und Modell


8.2.1 Elektrochemische Grundlagen
Für die Energieumwandlung wichtigste chemische Reaktionen sind
H, + 0 . 5 0 , ---
CO + 0 . 5 0 , --- H,O
CO,
CH4 + 2 0 , +-- CO, + 2H,O
Die damit verbundene spezifische Enthalpieänderung Ah beträgt bei Normaldruck für
H, : 120 MJ/kg, für CO: 10 MJIkg und für CH, : 50 MJlkg. Die Temperatur wirkt sich
nur geringfügig auf diese Werte aus (leichte Zunahme bei H?, für Näheres s. [8.2],
Standard enthalpy change). Bei einem Massenfluss von m kgls ist die verfügbare
chemische Leistung

Von der Enthalpie Ah kann nur diefreie Enthalpie Ahf (Gibbs-Potential) in elektri-
sche Energie umgewandelt werden [8.4], [8.5]. Diese ist definiert durch
Ah, = Ah - TAs [Wslkg], (8.3)
worin As die spezifische Entropieänderung darstellt (s. Anhang I. 1). Die entsprechen-
de maximale elektrische Energie ist W „ = q, Ah,, wobei:

mit F = Faradaysche Konstante = 9.6485. lo4 [Aslmoi] (8.4)


M = Mol-Masse [kglkmoi]
n = Anzahl ausgetauschte Elektronen (Wertigkeit)
E = EMK (Leerlaufpannung) [U
m = MassenJuss [kgls] .
408 8 Brennstoffzellen

Abb. 8.3. Freie Enthalpie Ah, in Abhängigkeit von der Temperatur

Der Wirkungsgrad V, berücksichtigt, dass vor allem bei tiefen Temperaturen die mit
Katalysator erzwungene Reaktion über mehrere Schritte verläuft, von denen nur der
erste zur Spannungsbildung beiträgt. Die Leerlaufspannung entspricht somit nicht
dem Gibbs-Potential (bei tiefen Temperaturen, z.B. PEFC-Zelle, ist q, = 0.8).

P„ = E I stellt die innere elektrische Leistung der Zelle dar. Die freie Enthalpie für
die drei wichtigsten Reaktionen (GI. 8.1) ist in Abb. 8.3 dargestellt (berechnet aus
[8.2]). Aus G1. (8.4) lässt sich die EMK E bestimmen

mit n = 2 für H? und CO und n = 8 für CH,. Für die Methan-Reaktion folgt z.B. bei
25"C, E = 1.06 .q, [V], für die H, -Reaktion E = 1.23 . q, [V]. Durch Serieschaltung
von Brennstoffzellen zu einem Brennstoffiellen-Stapel kann die für praktische
Anwendungen notwendige Leerlaufspannung erzielt werden.
Die effektiv an den Elektroden verfügbare Spannung U ist bei Belastung der Zelle
wegen des inneren Spannungsabfalls kleiner als die EMK. Dies hat zur Folge, dass
die effektiv erhaltene elektrische Leistung weiter reduziert wird

mit qo = theoretischer Leerlauf-Wirkungsgrad, q, = Spannungs-Wirkungsgrad. In


Abb. 8.4 ist der theoretische Leerlauf-Wirkungsgrad in Abhängigkeit der Zellen-
temperatur für die drei Reaktionen Gln. (8. I ) dargestellt [8.2]. Auffallend ist der gute
Wirkungsgrad der Methan-Reaktion. Wird schließlich berücksichtigt, dass der
Brennstoff nicht zu 100 % genutzt wird, d. h. dass die effektiv umgewandelte che-
mische Leistung P„, = U, P, kleiner ist als die gelieferte chemische Rruttoleistung P,
mit U,= Brennstoff-Nutzungsgrad (fuel utilization factor < I), folgt
8.2 Prinzio und Modell 409

Abb. 8.4. Theoretischer Wirkungsgrad in Abhängigkeit von der Temperatur

8.2.2 Lineares Modell


Wird in erster Näherung angenommen, der innere Widerstand der Zelle sei un-
abhängig vom Strom, gilt
E - R I RI
'lu =
E ='-E-
Wird der Strom durch die Leistung ersetzt, folgt aus den Gln. (8.4)-(8.6) der Span-
nungs- Wirkungsgrad

mit p,: auf die Kurzschlussleistung bezogene innere elektrische Leistung. Die Kurz-
schlussleistung P, wurde, wie in der Energieversorgungstechnik üblich, als Produkt
von Kurzschlussstrom und Leerlaufspannung definiert. Werden alle Leistungen auf
die Kurzschlussleistung bezogen, folgt für den Gesamtwirkungsgrad q des
Brennstoffzellen-Stapels und die bezogene elektrische Ausgangsleistung p

Abbildung 8.5 zeigt diese beiden Größen in Abhängigkeit von der inneren elektri-
schen Leistungp,. Die maximale Ausgangsleistung wird dann erhalten, wenn P„ =
0.5 P„ dann ist P , = 0.5 P„ = 0.25 P,. Bei dieser Maximalleistung beträgt allerdings
der Wirkungsgrad des Brennstoffzellen-Stapels nur q = 0.5 q, q, u f . Die ökono-
mische Optimierung des Systems fuhrt in der Regel zu einem Auslegungspunkt
entsprechend einer Leistung P„ < 0.5 P,, wobei der Stapel-Wirkungsgrad 50% oder
mehr betragen wird.
4 10 8 Brennstoffiellen

Abb. 8.5. Typischer Verlauf von Leistungen und Wirkungsgrad von Brennstoffzellen:
p, = P„&, = innere Leistung, ph = P,/Pk = Bruttoleistung (chemisch),
p = P,Jt>, = elektr. Ausgangsleistung. q = Wirkungsgrad des Brennstoffzellen-Stapels,
qn= Anlagenwirkungsgrad, A = Auslcgungspunkt (Beispiel, q = 50%. 45%)

Für kleinere Belastungen steigt theoretisch der Wirkungsgrad der Brennstoffzelle


an, d.h. die Brennstoffzelle hat prinzipiell ein gutes Teillastverhalten. Bei zu klein
werdender Last wirkt sich allerdings der Energiebedarf der Hilfseinrichtungen, wie
Pumpen, Gebläse, Steuerung usw., der praktisch unabhängig von der Belastung ist,
ungünstig aus, wie der in Abb. 8.5 gestrichelt eingezeichnete zu erwartende Anlagen-
wirkungsgrad q, zeigt.

8.3 Brennstoffzellen für stationäre Anwendungen

8.3.1 Phosphorsäure-Brennstoffzelle (PAFC)


Den Grundaufbau einer PAFC-Anlage zeigt Abb. 8.6. Da die Zelle ein H,-reiches
Gasgemisch verlangt (ohne CO), muss dieses im Reformer mit Wasserdampf aus
Erdgas gewonnen werden. Die Reform-Reaktion liefert H, und CO. In zwei folgen-
den Stufen wird das CO zu CO, oxidiert und dieses teilweise ausgeschieden. Der
Wasserstoffwird an der Anode ionisiert und durchquert als H -Ion den Elektrolyt, um
schließlich an der Kathode zu Wasser oxidiert zu werden. Abgas ist Wasserdampf
und CO,.
Die Zellentemperatur beträgt 200°C. Die heute erreichbare Leistungsdichte ist 1.3
kW/m2 und dürfte bis etwa 2 kW/m2 gesteigert werden können. Die PAFC-Brenn-
stoffzelle ist die am weitesten entwickelte und erprobte Technik. Kommerziell werden
Anlagen ab 1 kW angeboten. Die größte bis heute gebaute Anlage hat eine Leistung
von 1 1 MW (Japan). Für kleine Anlagen wird Wasserstoff als Brennstoff eingesetzt,
8.3 Stationäre Anwendungen 411

4 CO Brennstoffzelle
Luft

Aufbereitung

Brenner

Wärmetauscher
mit H20
H2O-Abscheider
Abgas ¢=-- -

Abb. 8.6. Basissystem einer PAFC-Anlage [8. I ]

da die aufwendige Erdgasumwandlung erst für Leistungen über 100 kW wirtschaftlich


wird. Die Investitionen liegen für eine 200 kW-Anlage bei 3300 £/kW, die Betriebs-
rechnung sieht aber dank der hohen Benutzungsdauer von mehr als 8000 hla günstig
aus.

8.3.2 Keramik-Brennstoffzelle (SOFC)


Vom Aufbau her stellt die SOFC-Zelle das einfachste Konzept dar (Abb. 8.7). Dank
der hohen Betriebstemperatur von 800°C kann das Erdgas (oder andere Kohlen-
wasserstoffe) direkt an der Anode in wasserstoff und Kohlenmonoxid umgewandelt
werden. Zur Beschleunigung der Reaktionen wird es teilweise im Vorreformer
aufbereitet. Der kathodenseitig ionisierte Sauerstoff 02-
durchdringt den aus Zirkon-
oxid bestehende Elektrolyt und oxidiert anodenseitig die Brennstoffe.

Brennstoffzelle i\ A A Luft~
Lufterhitzer

I ~orreformer A

Wärmetauscher

Abgas
-s
Abb. 8.7. Basissystem einer SOFC-Anlage [8.1]
41 2 8 Brennstoffzellen

Die hohe Temperatur der Abgase erlaubt eine Wärmeauskopplung für die ver-
schiedensten Anwendungen oder den Betrieb der Anlage als Blockheizkraftwerk. Die
SOFC-Brennstoffzelle befindet sich noch in der Entwicklung, bis jetzt sind lediglich
Prototypen bis 100 kW in Betrieb. Obwohl viele technologische Probleme noch zu
lösen sind und die Wirtschaftlichkeitsgrenze noch nicht erreicht ist, dürfte sie wegen
ihrer Einfachheit und hoher Leistungsdichte (heute ca. 6 kW/m2, im Labor bis 19
kW/m2 nachgewiesen) sowie des hohen Wirkungsgrades (Anlagenwirkungsgrad über
50%) eine vielversprechende Zukunft haben.

8.3.3 Systemtechnik
Ähnlich den Photovoltaikanlagen erzeugen Brennstoffzellenanlagen einen Gleich-
strom, der für kleine Anwendungen direkt verwendet und für größere Anwendungen
im Inselbetrieb oder bei Netzkopplung (Abb. 8.8) mittels Wechselrichter in Wechsel-
strom umgewandelt wird. Der Wechselrichter, dem sich ähnliche Probleme wie bei
der Photovoltaik stellen (Abschn. 7.5), bietet die Möglichkeit, innerhalb bestimmter
Grenzen auch die Blindleistungsabgabe- oder -aufnahme zu regulieren.
Neben der bereits erwähnten Anwendung der SOFC-Zelle als Blockheizkraftwerk, die
zu Brennstoffnutzungsgradenvon 80% führen kann, ist auch die Kombination mit der
Mikrogasturbinentechnik interessant. Die heißen Abgase der Brennstoffzelle werden
mit Drücken von 3–4 at fir den Betrieb einer nachgeschalteten Gasturbine genutzt
(Abb. 8.9). Versuchsanlagen bis 1 MW sind geplant.

Abb. 8.8. Prinzipieller Aufbau einer netzgekoppelten Brennstoffzellenanlage

Luft
a b
Filter

Turbine Verdichter
DC SOFC-
G
AC Aggregat
Strom- Mikrogasturbine
um-
wandler
Abgase
Wärme-
tauscher/
Brennstoff-
Entfernung vorwärmung
Erdgas

Abb. 8.9. Hybridsystem SOFC-Mikrogasturbine


(mit freundlicher Genehmigung Siemens Westinghouse, [8.3])

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