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Das 100-jährige Jubiläum des Deutschen Werkbundes im Jahr 2007 und der sechzigste

Geburtstag ihrer Neugründung nach dem Nationalsozialismus in Form von Landes-


werkbünden sind Anlass für ein ehrgeiziges Projekt: die zukünftige Werkbundsied-
lung Wiesenfeld. Auf einem ehemaligen Kasernengelände im Münchner Stadtbezirk
Schwabing West sollen 45.000 Quadratmeter Geschossfläche für „Wohnen im weiteren
Sinne“ entstehen, je zur Hälfte frei finanziert und öffentlich gefördert.

Zu diesem Zweck hat die Stadt München das Grundstück der ehemaligen Luitpold-
Kaserne, die vom Ende des 19. Jahrhunderts bis zur Schließung in den 1990er Jahren
dort untergebracht war, an die Bauherren veräußert; es handelt sich dabei um sieben
gemeinnützige und freie Wohnungsbauunternehmen sowie einen Gewerbeinvestor.

„Island Plan“ – urbanes


Das Gelände wird künftig nach einer Gartenanlage mit dem beschaulichen Namen
Wohnen in verstreut Wiesenfeld benannt, die sich im 18. Jahrhundert auf dem angrenzenden Olympia-
angeordneten Punkt-
häusern gelände befand. Nicht von ungefähr erinnert der Name Wiesenfeld an Weißenhof,
meint Michaela Busenkell. Doch bei der ersten Werkbundsiedlung im 21. Jahrhun-
dert geht es ihrer Meinung nach nicht wie in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung,
die vor genau 80 Jahren im Rahmen der Ausstellung „Die Wohnung“ entstand,
nur um musterhafte, neue Wohnkonzepte auf der grünen Wiese. Neben Wohnex-
perimenten stehen heute vor allem ein neues Stadtverständnis und die Räume, die
zwischen den Häusern die soziale Matrix herstellen, im Mittelpunkt.

Der Entwurf
in einem landschaftlichen Kontinuum als compact small [...] . Es gibt unterschiedliche Höhen, wechselnde Fluchtli-
units, als Einheiten, die sich in Höhe, Volumen und Aus- nien, und die Raumkategorien ‚privat‘, ‚gemeinschaftlich‘,
prägung unterscheiden. Nach einem raffiniert ausgeklügel- ‚öffentlich‘ gehen ineinander über [...] . Diese ‚weiche Ord-

des Zwischenraumes
ten Ordnungsmuster stehen etwa vierzig Wohngebäude in nung‘ ist vielleicht eher eine ostasiatische Ordnung, aber
einer dispersen Konfiguration, die zum städtischen Umfeld es geht mir nicht um den Gegensatz zwischen westlich und
durchlässig bleibt und keine geschlossene Grenze ausbil- asiatisch, zwischen starr und weich, und vor allem nicht
det wie bei einer traditionellen Blockrandbebauung. Die darum, das eine als negativ und das andere als positiv
Zufahrten der Tiefgaragen befinden sich unmittelbar an zu bezeichnen. Eine Stadt kann verschiedene Ordnungen
Die Werkbundsiedlung Wiesenfeld den Flanken, um den Autoverkehr im Inneren des Gebietes
zu minimieren; die Straßen auf dem Gelände sind nach
haben, das macht sie reich.“3

in München von Kazunari Sakamoto Ost-West ausgerichtet. Die Topologie des Entwurfs entspricht einer fließenden
Landschaft, in der vertikale Wohnbauten und eine hori-
Sakamotos Ansatz basiert auf einer offenen Lebensumge- zontale Sekundärstruktur aus unterschiedlichen Freiflä-
bung, die unterschiedliche Lebensstile, Haushaltsformen, chen zueinander gefügt sind. Sakamoto spricht von seinem
Text: Michaela Busenkell Familien, Herkunft, Wohn- und Arbeitsformen aufneh- Prinzip als designing the distance – der Entwurf des Zwi-
men soll. Großmaßstäbliche Häuser, so wie sie in vielen schenraumes. Jedes Wohnhaus bildet mit dem zugehörigen
„Der Begriff ‚Werkbundsiedlung‘ steht für zukunfts- Architekten gelöst wird, lautet die lapidare Antwort man- Stadtentwicklungsprojekten geplant werden, bilden seiner privaten Freiraum ein individuelles Volumen – eine Insel
weisende Experimente im Wohnungsbau und Maßstab cher Kritiker des Siegerentwurfes. Doch diese Kritik greift Ansicht nach harte Barrieren im städtischen Gefüge und – inmitten des „öffentlichen Feldes“. Die Flächen zwischen
setzende Architektur“, war in der Wettbewerbsausschrei- zu kurz und wird der Planung von Kazunari Sakamoto verhindern Offenheit und Freiheit in den sozialen Bezie- den Gebäuden dienen als „flexible Leerräume“ und bilden
bung zur Werkbundsiedlung Wiesenfeld zu lesen. Und nicht gerecht, der die Jury nach einer Überarbeitungs- hungen. „Das ist das Gegenteil der Durchdringung, die eine veränderliche und im Verlauf der Zeit bewegliche Ma- Lageplan (Ausschnitt):
weil es auch um mehr als Programm, Dichte, Abstands- phase schließlich mit seinem island plan, ein Konzept mit ich mir vorstelle. In meinem Entwurf für die Werkbund- trix, welche die Wohnturminseln umspült: die heterogenen Die Werkbundsiedlung
f lächen und Grünordnung geht, wurden die Vorgaben Punkthäusern, überzeugen konnte. „Die Realisierung der siedlung verweben sich städtischer Raum und Wohnraum. Flächen der „flexiblen Leerräume“ können verschiedene Wiesenfeld besteht aus
ca. vierzig Wohnhäusern
der Ausschreibung vom Werkbund mit Bausteinen für städtebaulichen Planung von Sakamoto ist für die Bau- Die eine Lebenswelt ist von der anderen nicht zu tren- Aktivitäten von privat bis öffentlich aufnehmen, sich den
1 Horst Haffner, Werk- mit einem durchdachten
eine Leitlinie ergänzt, die dem je ne sais quoi des Bay­ herrn, die Stadt München und den Werkbund eine absolute nen, sie öffnen sich füreinander und vermitteln auch den Aktivitäten der Nutzer anpassen und immer wieder neu de- Freiraumkonzept. Die
bundsiedlung Wiesenfeld, erischen Wohnungsbaus zuträglich sein sollen. Als Herausforderung, da eine ganze Reihe von gewohnten Menschen das Gefühl, offen und frei sein zu können. Vor finiert und gestaltet werden. Alles ist möglich: ein privater
München, in: Urban De- Straßen an den Flanken
sign 1, München 2006 Stichworte seien genannt: Ökologie, Soziologie, Demogra- Regelungen – wie beispielsweise Abstandsflächen und einem riesigen Baukörper ist der Raum nicht so offen. Vor Garten, ein Garten für eine Hausgemeinschaft, öffentlicher entlasten das Gelände
phie, Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit, Marktaspekte, Förderbestimmungen – direkt auf dem Prüfstand stehen.“1 einer Mauer würde man sich nicht so frei fühlen.“2 Freiraum für alle. vom Autoverkehr.
2 „Weiche Ordnung“ Baugesetzgebung, Vielfalt der Typologien, Flexibilität und Doch hinsichtlich der Aufgabenstellung zur „Zukunft des Private Gemeinschaftsgärten oder Höfe sind jeweils
– Kazunari Sakamoto Variabilität der Grundrisse und Programme; Nachbar- Wohnens in der Stadt“ ist es mehr als wünschenswert, dass Der Eindeutigkeit der europäischen Städte mit ihren individuell mit Abstand zum Gebäude situiert; die privaten
im Gespräch mit Lisa schafts- und Generationennetze, soziale Infrastruktur; gerade die vorschriftsmäßigen Grundlagen der Planung bestimmten Raumgrenzen setzt Sakamoto eine andere Freiflächen sind flexibel in ihrer möglichen Verbindung
Diedrich und Michaela Barrierefreiheit, Gender Mainstreaming, Nutzungsva- sowie der Planungsprozess an sich neu gedacht werden, Struktur entgegen; er verwebt eine bekannte Ordnung mit bzw. Abgrenzung zum öffentlichen Grünraum. Rückzug
Busenkell, in: Werkbund-
heft 4, Juli 2006 riabilität, Individualisierung der Wohnung, wirtschaft- ebenso wie die Lebensräume. einer anderen, die komplex und vielschichtig ist. Der Ge- oder Abgrenzung sind ebenso Teil der Freiheit wie Kon-
liche und nachhaltige Bau- und Konstruktionsmethoden, danke der Beziehung zwischen den Teilen und dem Ganzen tinuität und Offenheit. Die Kombination verschiedener
3 Ebd. Offenheit für soziale Veränderungen, Partizipation der Der „Inselplan“: Public field, flexible entstammt der japanischen Kultur, wenngleich der Entwurf Raumtypen ist es, die Sakamotos Meinung nach die Stadt
künftigen Bewohner. void, compact small units nach Sakamotos Auffassung nicht originär japanisch, bereichert. „So, wie ich ihn (den Raum) in meinem Ent-
Und wie entwirft man, wenn man sich auf drei Un- Auf den ersten Blick erscheint der island plan wie ein sondern eher unabhängig von einer spezifischen Kultur ist wurf dargestellt habe, lässt er viele Ausprägungen zu. Er
bekannte – Wohnen, Zukunft, Stadt – einlässt, um eine oszillierendes, in Bewegung befindliches Bild einer Über- und zeitgenössischem Gedankengut entspringt. Im Zu- kann so oder so benutzt werden. Wir können gar nicht alle
weitere, vierte Variable zu entwickeln? Man lässt mög- lagerung von Landschaft und Stadt. Sakamoto organisiert sammenspiel mit der europäischen Tradition bezeichnet er Nutzungen voraussehen. Und wenn hier einst große Feste
lichst vieles offen, damit es später von den ausführenden verschiedene Freibereiche und individuelle Punkthäuser seine Ordnung als „weicher, plastischer, weniger festgelegt stattfinden sollen, dann haben wir den Raum zwar viel-
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leicht nicht ausdrücklich dafür vorgesehen, aber er lässt und andererseits muss er sie mit anderen besprechen. Und Bei allen drei Haustypen der Werkbundsiedlung ergibt
sich ohne Weiteres dafür nutzen.“4 das schafft Beziehungen, zwischenmenschlich zuerst, aber sich in Relation zu der kleinen Grundfläche der Häuser eine
dann auch räumlich.“8 große Fassadenfläche, die einen starken Kontakt zur Umge-
Das Erdgeschoss bildet dabei die Schnittfläche zwischen bung erlaubt. Auch kleinere Wohnungen haben mindestens
Innen- und Außenraum, hier durchdringen sich Quartiers­ In der Vielfalt der Räume und ihrem Verhältnis zueinander zwei Fassadenseiten. „Städtisches Wohnen bedeutet für
öffentlichkeit und halböffentliche oder private Bereiche. sieht Sakamoto ein Potenzial, um den Menschen das Ge- mich, einen Raum innerhalb dieses städtischen Umfeldes
Sakamoto hat im Erdgeschoss außer Wohnungen mit Grün- fühl von Freiheit zu vermitteln. Die von ihm entworfenen zu bewohnen. Dort soll man fühlen, dass man mitten in der
höfen insbesondere Nutzungen für gemeinschaftliche Zwe- Einzelbaukörper in einem weichen, fließenden Raum gehen Stadt wohnt, in einem Wohnraum zwar, aber mittendrin.
cke oder Dienstleistungen wie Läden, Ateliers, eine Galerie, auf verschiedene Weise reichhaltige Beziehungen mit ihrer Als Architekt kann ich räumliche Lösungen anbieten, die
ein Café, kleine Büros, Werkstätten oder erweiterte Heim- Umgebung ein – von der Stadt zum Quartier, zum Haus, dieses Gefühl vermitteln. Ich kann Öffnungen schaffen
arbeitsplätze integriert. Ebenso können die Erdgeschossflä- zur Wohnung und wieder zurück. „Für die Menschen, die und sehr direkte Bezüge vom Innenraum zum Außenraum
chen der Gebäude in das Freiraumkonzept mit einbezogen diesen Raum durchwandern, ist es ein Raumkontinuum herstellen. Ich kann Zugänge so platzieren, dass man vom
werden, indem sie sich öffnen und mit dem Außenraum und eine Raumvielfalt zugleich. [...] In solch einem Raum städtischen Freiraum direkt in den Wohnraum tritt. Die
verbinden. János Kárász spricht in diesem Zusammenhang entsteht das Gefühl, überall durchblicken zu können, Beziehung von drinnen nach draußen muss ganz stark sein,
vom Erdgeschoss in Latenz: „Das Erdgeschoss ist die Zone immer wieder etwas anderes zu sehen, verschiedene Dinge ganz direkt.“12
städtebaulicher Innovation, wenn man sie als Zwischen- zu erleben. Dem Körper bieten sich mehr Freiheiten – des
raum sieht. Für sie gilt es, neue Perspektiven zu entfalten, Sehens, des hindurch Laufens, des Teilnehmens. Diese Vision oder Utopie?
[…] als Freiraum mit wechselnder Weite und wechselndem körperlichen Freiheiten wirken sich wahrscheinlich auf den Während zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Deutsche
Horizont, als Überlagerung verschiedener Nutzungen und Geist aus. Sie machen den Geist wahrscheinlich freier.“9 Werkbund als Reaktion auf die Industrialisierung ge-
optional bespielbare räumliche Hülle. [...] Im Verhältnis gründet wurde und folgerichtig die bekannten Werk-
vom tendenziell Privaten zum tendenziell Öffentlichen Entgrenzung: Erde, Baum, Himmel bundsiedlungen wie Weißenhof, Breslau oder Brünn in
steckt das eigentliche Entwicklungspotenzial. Hier gärt es, In der Planung der Werkbundsiedlung Wiesenfeld staffelt der Auseinandersetzung mit ihr entstanden, sind es heute
diese Zone liegt gleichsam in Inkubation.“5 Sakamoto die Höhe der Wohngebäude nach drei unter- gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Faktoren, die
schiedlichen Niveaus, die er ‚Erde‘, ‚Baum‘ und ‚Himmel‘ in ihrem Zusammenspiel Veränderungen der Lebens- und
Verhandlungsräume nennt. Die Begriffe drücken die enge Beziehung zwischen Wohnformen bedingen. Der Bayerische Werkbund griff den
Die komplexe Kleinteiligkeit des öffentlichen Raumes in dem Raumsystem des Hauses und dem ihn umgebenden Aufruf zum „Neuen Wohnen“ unter diesen aktuellen Bedin-
Verbindung mit einer gemeinschaftlichen Nutzung der Frei- oder Grünraum aus: Wer unten wohnt, hat mehr Be- gungen wieder auf und suchte einen Entwurf, der über die
Erdgeschosszone ist so angelegt, dass sie flexibel verän- zug zur Erde und ist in das Umfeld eingebettet. Je höher die bestehenden Gesellschafts- und Bauformen hinausweist.
dert und entsprechend den Erfordernissen der jeweiligen Häuser sind, desto mehr Weite haben sie um sich. In dieser Sakamoto hat auf diese Herausforderung mit einer sozi-
Nachbarschaft weitergebaut werden kann. „Dieser Gedanke Differenz sieht Sakamoto grundsätzlich unterschiedliche alen und architektonischen „Latenz“ in seinem Entwurf
provoziert und verlangt von den Stadt- und Hausbewoh- Vorstellungen vom sozialen Sein, die er in Architektur geantwortet. Handelt es sich dabei um eine Vision oder eine
nern eine Gemeinschaftsdisziplin, die sie nur über sich übersetzen möchte, um einen reichhaltigen Lebensraum Utopie? Der Begriff „Utopia“ hat seinen Ursprung bekannt-
selbst gegebene Verbindlichkeiten und Regeln einlösen anzubieten. lich im Wortspiel mit den englischen Homophonen „Utopia“
können. Damit sind andere Verhaltensweisen und darüber Die niedrigen Gebäude auf Erd-Niveau mit anvisiertem und „Eutopia“, was im Griechischen sowohl „Nichtort“ als
hinaus soziale Experimente gefordert: neben einem hohen Nutzungsmix in den Erdgeschossen haben direkten Bezug auch „glücklicher Ort“ bedeutet. Es muss sich zeigen, ob Beispiel für die Zu-
Gemeinschafts- und Bürgersinn die Pflege von Verant- und unmittelbaren Zugang zu den Außenräumen, Gärten, die Auslober und Beteiligten des Wettbewerbes es schaffen, sammensetzung eines
wortlichkeit und Ausgleich zur Entwicklung der sozialen Freiflächen. In den mittelhohen Ebenen des Baum-Niveaus den Entwurf als „glücklichen Ort“, als visionäres Beispiel niedrigen Hauses:
Stabilität zwischen den zukünftigen unterschiedlichen setzen sich die Wohnungen mit hängenden Terrassen in die umzusetzen oder ob er zu jenen unerreichbaren „Nichtor- 3 Geschosse mit 3-4
Einheiten. Im 1. und
Bewohnerschichten des neuen Stadtquartiers.“6 Baumkronen fort; sie orientieren sich nach verschiedenen ten“ gehört, von denen es in der Architekturgeschichte 2. OG befinden sich 2
Seiten, ohne von den direkten Nachbarn einsehbar zu sein. bereits so viele gibt. Maisonette Wohnungen,
Bereits mit der Involvierung von zwölf Architekturbüros Ganz oben auf Himmel-Niveau öffnet sich der Blick auf das Sakamoto eröffnet den Menschen und ihren unter- im EG gibt es Wohn-
zur Realisierung der Werkbundsiedlung beginnt die Not- Stadtpanorama und in die Weite der Landschaft bis zum schiedlichen Lebensformen einen Raum, der wiederum der ungen, Home Office
wendigkeit, Raumproduktion als soziale Verhandlung zu Olympiapark. Aneignung der Bewohner bedarf, um sich in seiner Vielfalt oder Mischnutzung mit
begreifen. „Vorhin habe ich gesagt, ein Raum wird reich- entwickeln zu können. Alles, was Sakamoto sich für das max. 2 Einheiten.
haltiger, je mehr Beziehungen vorhanden sind. Das kann Um in den Wohnungen Offenheit und Privatsphäre in eine zukünftige Leben in der Werkbundsiedlung wünscht, brau-
ich architektonisch verstehen, aber auch zwischenmensch- dialektische Spannung zu bringen, sieht Sakamoto einen chen die Beteiligten schon jetzt, um sich auf das „Andere“ 8 Ebd.
lich. Beziehungen entstehen aus der Zusammenarbeit. Ich kompakten Erschließungskern vor und ermöglicht damit einzulassen. Kommunikation, Gemeinschaftssinn, Freiheit,
erwarte, dass die Architekten und Landschaftsarchitekten freie Grundrissgestaltung. Verschiedene Aufteilungen Offenheit, Flexibilität, weiche Ordnung, Aktivität, Bewe- 9 Ebd.
den Entwurf für das Stück Stadt gemeinsam weiterentwi- vom open-plan-Apartment bis zur kleinteiligen Familien- gungsraum, Elastizität, Ent-Grenzung. Die Überschreitung
ckeln. Gerade weil noch soviel offen ist, alle Räume noch wohnung sollen möglich sein, um den unterschiedlichen des Gewohnten ist notwendig, damit ein anregender Ort 10 Kazunari Sakamo-
to, Häuser – Poetik im
flexibel ausgestaltet werden können, ist es nötig, dass die Lebensstilen, Nutzungen und Außenraumbezügen mit entsteht. Ein Möglichkeitsraum, an dem wir uns selbst
Alltäglichen, Katalog zur
Planer sich austauschen, aufeinander Rücksicht nehmen, architektonischen Mitteln zu entsprechen. „Meine Suche erfinden können. gleichnamigen Ausstel-
unterschiedliche Statements formulieren und sie disku- nach einer Architektur des freien Raums dient dem Ziel, lung, Pinakothek der
tieren. Ich sehe es als große Chance dieses Entwurfs, eine für die Wohnung als alltäglichste Form des Raumes eine Moderne, München 2004
neue Planungskultur entstehen zu lassen, die mehr auf das neue Alltäglichkeit zu gewinnen“, schreibt Sakamoto. Denn
4 Ebd. 11 Thomas Daniell, Das
Himmelniveau: Blick Miteinander setzt, auf die Beziehungen, architektonische nach seinem „Gefühl birgt das Alltägliche immer noch ein
über München durch die Vertrauen bewahren,
5 János Kárász, Erdge- und geistige.“7 weiteres Freiheitspotenzial in sich.“10
Doppelfassade. in: Kazunari Sakamoto,
schoss in Latenz, Vortrag So wie die Außenräume der Werkbundsiedlung in Häuser – Poetik im All-
im Rahmen des 7. Werk-
Baumniveau: Zwischen
Nicht nur die Planungskultur kann von diesem Ansatz ihrer differenzierten Kleinteiligkeit ein variables Muster täglichen, a.a.O.
bundtages, in: Werkbund- profitieren; Verhandlungsräume existieren auch als soziale darstellen, sind auch die einzelnen Wohngebäude und
den Bäumen bilden
heft 4, Juli 2006 Praxis im Alltag des Bewohnens und müssen dort gestärkt die Wohnungen offen für individuelle Ausgestaltung und 12 „Weiche Ordnung“
ausgreifende Balkone
großzügige Freiflächen. werden. Sakamoto befürwortet es, wenn die Bewohner die Veränderung. Die Integration des Variablen und Verän- – Kazunari Sakamoto
6 Bernd Meyerspeer, im Gespräch mit Lisa
Deutscher Werkbund e.V., Räume in Besitz nehmen, beispielsweise an der Fassade derlichen hat Sakamoto bereits an japanischen Siedlungen
Erdniveau: Die vorgese- Diedrich und Michaela
Distanz und Nähe – Der individuelle Veränderungen vornehmen, sie farblich anders vorgenommen: „Eine solche Kompositionsmethode, bei Busenkell, a.a.O.
hene Nutzungsmischung
Inselplan mit schlanken
generiert eine öffentliche
gestalten. Die Veränderungen im öffentlichen Raum gehen der einzelne Elemente möglicherweise weniger bedeuten
Wohnhäusern für die für ihn mit Kommunikation und Beziehung einher: „Aber als das Gesamtmaß an Variation, lässt Verwitterung und
ebenerdige Zone.
Werkbundsiedlung die Leute müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie mit die unvermeidliche Ansammlung von Gerümpel zu, ohne
7 Weiche Ordnung“
anderen in Beziehung stehen und ihre Wünsche diskutie- dadurch die ursprüngliche Gestaltungsabsicht zu beein-
– Kazunari Sakamoto im ren müssen, bevor sie sie umsetzen. Wie soll ich das nen- trächtigen – sie vermag diese vielleicht sogar zu bestär-
Gespräch, a.a.O nen, vielleicht ‚sozialer Individualismus‘? Einerseits hat ken“, schreibt Thomas Daniell über das Siedlungsprojekt
jeder seine eigenen Vorstellungen, möchte sie ausdrücken, Common City Hoshida von 1992.11
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Plan des gesamten Gelän- Zwischenräume erlauben
des der Werkbundsiedlung gute Aussicht und Ori-
Wiesenfeld mit Grund- entierung und erzeugen
rissen: Die individuellen ein Sicherheitsgefühl im
Punkthäuser sind mit öffentlichen Raum.
flexiblen Freibereichen zu Die Bewohner haben Zu-
einem landschaftlichen gang sowohl zu ebenerdi-
Kontinuum organisiert. gen privaten Freiräumen
Der Schnitt zeigt die als auch zu Dachgärten.
vermeintlich zufällige Die oberen Geschosse von
Verteilung der unter- höheren Gebäuden besit-
schiedlich hohen Punkt- zen eine Doppelfassade,
häuser. Eine ausgefeilte die sich großzügig nach
Organisation stellt jedoch außen öffnet.
eine Durchlässigkeit
zum städtischen Umfeld
sicher.

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