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Fragenkatalog: spracherwerbstheoretische Grundlagen

Welche anderen wissenschaftlichen Disziplinen knüpfen an die Sprachlehrforschung an?


 Fremdsprachendidaktik, Soziolinguistik, Sprachenpolitik, Psycholinguistik, Korpuslinguistik, andere
Subdisziplinen der Linguistik (Morphologie, Morphosyntax, Lexik, Syntax, Semantik, Phonologie, Phonetik,
Pragmatik, Textlinguistik)
Welche nicht natürlichen (künstlichen) Sprachen kennst du?
 Computersprachen
 Plansprachen (z.B. Esperanto)
 Pidginsprachen (Sprachen, die sich als vereinfachte natürliche Mischsprache durch den Sprachkontakt zweier
Sprachen ergeben  es gibt keine L1-Sprecher:innen)
 Kreolsprachen (sobald es L1-Sprecher:innen einer Pidginsprache gibt)
Was ist der Unterschied zwischen Varietät, Einzelsprache und Dialekt?
 Varietät: zentrale Beschreibungseinheit im Bereich der Soziolinguistik einer Einzelsprache
 Einzelsprache: Summe der Varietäten, die von den Sprechern selbst und/oder den umgebenden
Sprachgemeinschaften als zugehörig zu einer Einzelsprache gerechnet werden
 Dialekt: bezieht sich im deutschsprachigen Raum meist auf eine Non-Standard-Varietät, die in einem
bestimmten Gebiet gesprochen wird
Bis zu welchem Alter beim Erwerb spricht man von bilingualem Spracherwerb?
 ist in der Forschung umstritten
 spätestens ab 7 Jahren gibt es Unterschiede im Spracherwerb
 aktuell spricht man von bilingualem Spracherwerb, wenn der Sprachkontakt zu beiden Sprachen vor dem
Alter von 2 Jahren erstmals stattfindet
Wie hat sich die Sprachlehrforschung historisch entwickelt?
 Erste Ansätze Ende des 19.JH
 1940er systematische Erforschung des Fremdsprachenunterrichts
 1960er erste methodenorientierte Studien im angloamerikanischen Raum
o Fremdsprachenlehre im Primarbereich
o Forschungen zu bilingualer Schulausbildung in Kanada
 ab 70er Jahren erste Forschungen im deutschsprachigen Bereich
Wie hat sich die Sprachlehrforschung in Deutschland entwickelt?
 erstes DaF-Lehrwerk aus dem 15.JH: „Sprachbuch Meister Jörgs“ für italienische Kaufleute
 2. Hälfte 16. JH deutsche Grammatiken (meist auf Latein)
 seit 1951 werden Goethe-Institute gegründet
 Ende der 1960er: „Sprachzentren“ (Studienstandorte für ausländische Studierende)
 1969: erster DaF Lehrstuhl in Leipzig, dann 1975 in Hamburg und dann München und Bielefeld
 1976: Seminar für Sprachlehrforschung an der Ruhr-Universität Bochum
 1978: Studienfach Sprachlehrforschung an der Universität Hamburg
 Seit 1981: Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts
 seit 1990: Zeitschrift für Fremdsprachenforschung
Wie hat sich die Sprachlehrforschung in Österreich entwickelt?
 ab 1774 Schulpflicht in Ö (Maria Theresia)
 Mehrsprachigkeit: Elementarschulunterricht meist in der jeweiligen Landessprache, aber Deutschunterricht an
weiterführenden Schulen
 Erste Professur für "deutsche Sprache und Beredsamkeit" 1753 an der Uni Wien
 1922: Gründung der "Wiener Internationalen Hochschulkurse" (u.a. Deutschkurse)
 1961: Gründung des OeAD
 1970er-Jahre: Arbeitsmigration
 Ab 1980ern: Wahl- und Freifächer in DaF/DaZ an Unis und PHs, 1990 erster DaF-Studiengang in Graz, 1993
Lehrstuhl in Wien, 1995 in Graz
Erkläre die Begriffe Hypothese, Theorie und Modell!
 Hypothese:
o im Alltag + Forschung: Idee oder Vermutung, von der man annimmt, sie könne durchaus stimmen,
obwohl es keine absoluten Beweise dafür gibt
o in der Forschung: bestimmte Art der Vermutung, und zwar eine Aussage über die Zusammenhänge
zwischen zwei oder mehr Variablen
 Theorie: Besteht aus mehreren miteinander verbundenen Hypothesen, die einen komplexen
Gegenstandsbereich erhellen
 Modell: Abbild der Wirklichkeit bzw. einer Theorie (häufig vereinfacht/verkürzt), wird oft graphisch
dargestellt
Welche Eigenschaften sollten Theorien vertreten?
 logische Überprüfbarkeit
 empirische Überprüfbarkeit
 Operationalisierbarkeit der Begriffe und Variablen
 Objektivität der Experimente, die die Theorie überprüfen
 Wiederholbarkeit der Experimente
Was sind Probleme in der Sprachlehrforschung?
 Wiederholbarkeit
 Beobachterparadoxon
o Halo-Effekt: Menschen sagen Erwartetes/Erwünschtes
o Hawthorne-Effekt: Leistungssteigerung, wenn man weiß, dass man beobachtet wird
 Erwartungen der Forschungsgruppe: Forschende möchten ihre Theorien/Hypothesen gern bestätigen
Was ist der Unterschied zwischen analytisch und holistisch?
 analytisch
o top down
o Überprüfen von Hypothesen
o experimentelles Vorgehen
o quantitative Forschung
 holistisch
o bottom up
o Aufstellen von Hypothesen
o ethnographisches Vorgehen
o quantitative Forschung
Welche ethnographischen Methoden kennst du?
 Tagebücher, Think-aloud-Protokolle, rekonstruktive Interpretation, Einholen subjektiver Theorien
Was sind die Gütekriterien experimenteller Forschung?
 Objektivität, Reliabilität, Validität, (Repräsentativität)
Was sind die Ziele des INPUT-Projekts?
 untersucht den Einfluss der Familie auf den L1-Spracherwerb
 untersucht den Einfluss von Bildungs- und Sozialstatur auf den L1-Erwerb
 untersucht den Einfluss durch Betreuungspersonal im Kindergarten auf L2-Erwerb
 untersucht die Input-Situation in Wiener Kindergärten allgemein
Was sind die Probleme bei spontansprachlichen Erhebungen bzw. bei sprachlichen Tests/Experimenten?
 besonders bei seltenen sprachlichen Phänomenen können durch spontansprachliche Erhebungen meist nicht
genügend Daten für eine umfassende und aussagekräftige Analyse generiert werden
 bei Tests hingegen ist die Situation sehr unnatürlich, was besonders LSES-Proband:innen einschüchtert und
die Fehleranfälligkeit erhöht
  Methodenvielfalt ist wichtig!!!
Was waren Vietors Forderungen für den Fremdsprachenunterricht?
 gesprochene vor geschriebener Sprache  Konzentration auf fremdsprachliche Sprechfertigkeiten
 induktives Lernen (bottom up, vom Besonderen zum Allgemeinen, von Beispielen ausgehend zu den Regeln)
 untergeordnete Rolle der Grammatik
 Schulgrammatik soll deskriptiv sein
 Prinzip der Einsprachigkeit (im Unterricht)
 Lernerzentriertheit
 linguistische Kenntnisse sollen im Unterricht berücksichtigt werden
Was sind die Besonderheiten an Holybands Schulen?
 lernerfreundliche Atmosphäre
 Einsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht
 Dialoge aus dem Alltagsleben und zur Lernsituation
 halbphonetische Schrift  Fokus auf gute Aussprache
Was sind die Besonderheiten an Webbes Ansatz?
 Grammatik wird durch die Verwendung der Fremdsprache gelernt
 Fähigkeit, unterschiedliche Stile zu erkennen (=Registerdifferenzierung) ist wichtig
 auditives Gedächtnis ist wichtig
 Wort-für-Wort-Übersetzungen sind unsinnig, dafür Übersetzung in syntaktischen Segmenten
Was sind die Leitgedanken von Comenius zum Fremdsprachenunterricht?
 Schüler müssen Realität erleben, bevor fremdsprachliche Begriffe damit verbunden werden können (Betonung
des Inhalts gegenüber der Form)
 Inhaltliche Progression von Texten nach Ordnungsprinzip
 Phonologie: Laute der Fremdsprache werden mit Tierlauten in Verbindung gebracht
Nenne die wichtigsten Begriffe zum Strukturalismus!
 Begründer Ferdinand de Saussure (ca. 1916)
 Langage, Langue, Parole
 Betonung der synchronen Perspektive (davor Diachronie vorherrschend)
 Auswirkungen auf Fremdsprachenunterricht: Notwendigkeit, Sprache als geschlossenes formales System zu
beschreiben und das Sprachenlernen durch die Erkenntnis inhärenter Beziehungen und Zusammenhänge zu
strukturieren und systematisieren
Charakterisiere Wortfeldtheorien!
 Unterscheidung von Wortform und Wortinhalt
 Organisation eines Lexikons: Zuordnung von Lexemen zu Wortformen und Bedeutungen; Wörter mit
ähnlichen Bedeutungen bilden Wortfelder:
o Synonymie (sorgsam/vorsichtig):
o Unterordnung (Essen – Spaghetti)
o Überordnung (Spaghetti – Essen):
o Gleichordnung (Spaghetti – Ravioli)
 Mentales Lexikon (s. z.B. Aitchison 2012): Art der Vernetzung ist entscheidend für Verfügbarkeit und
Angemessenheit ihrer Verwendung -> Schemata sind mit konventionalisierten sprachlichen Mitteln verknüpft,
die bei Aktivierung des Schemas rasch abgerufen werden können (z.B. Restaurant "zahlen bitte!")
 Für komplexe Wörter: Speicherung in Wortliste oder Anwendung von Wortbildungsregeln? -> Principle of
Maximization of Opportunity (Libben 2010: beides! So viel Speicherung UND Regeln wie möglich und nötig
Aus welchen Subtheorien besteht die Natürlichkeitstheorie?
 Präferenztheorie der universellen Markiertheit
o geringe Markiertheit = hohe Natürlichkeit: Plurale mit Suffix (diagrammatisch, länger als Singulare,
daher besonders natürlich)> Plurale mit Umlaut (metaphorisch, weniger natürlich) > Nullplurale
(nichtikonisch, unnatürlich)
 Subtheorie der typologischen Adäquatheit
o Sprachtypen sind konsistente Antworten auf Natürlichkeitskonflikte (flektierend-fusionierende
Sprachen wie Deutsch tendieren zu Binarität und Indexikalität, vernachlässigen aber konstruktionelle
Ikonizität, morphotaktische und morphosemantische Transparenz; agglutinierende Sprachen wie
Türkisch tendenziell umgekehrt)
 Subtheorie der sprachspezifischen Systemadäquatheit
o Produktivität (welche Flexions- oder Wortbildungsklassen können neue Elemente, z.B. Fremdwörter,
aufnehmen?)
 Fremdsprachenunterricht: Natürlichkeitstheorie hilft bei der Identifizierung sprachlicher Formen und
Konstruktionen, die von LernerInnen entweder wegen ihrer Natürlichkeit leicht zu lernen sind oder die ihnen
wegen mangelnder Natürlichkeit besonders schwerfallen
Was sind die Grundlagen des Nativismus/Generativismus?
 Begründer: Noam Chomsky
 Generative Grammatik: SprecherInnen einer Sprache können mit endlichen Mitteln eine unendliche Menge
von Sätzen produzieren
 Theorie des L1-Erwerbs -> tw. für L2-Erwerb übernommen/adaptiert: Alle Kinder sind fähig, ihre (wie auch
immer geartete) Muttersprache zu lernen -> angeborene Universalgrammatik bzw. angeborenes
Sprachlernmodul
 Betonung der Kompetenz (langue) gegenüber der Performanz (parole)
 Neuere Version "Minimalist Program": alle Sprachen basieren auf demselben System grammatischer
Prinzipien, Unterschiede bestehen durch unterschiedlich gesetzte Parameter
 Probleme: Reduzierung auf formale Aspekte, keine Berücksichtigung tatsächlicher Sprach(erwerbs)daten
bzw. des sozialen Kontexts, unklare Definition von Modulen
Was sind die Grundlagen des Kognitivismus?
 1930er: Gestaltpsychologie: Menschen nehmen Beziehungen zwischen Dingen/Situationen wahr und bringen
sie mit schon vorhandenen Kenntnissen in Zusammenhang -> "Gestalt", die Altes und Neues integriert
 Jean Piaget: Theorie der kognitiven Entwicklung des Kindes: Assimilation (außen -> innen: Aufnahme neuer
Informationen), Akkommodation (innen -> außen): Änderung von Verhaltensmustern zum Meistern neuer
Situationen); Entwicklungsstadien:
o sensomotorische Periode (0–2 Jahre), Kind unterscheidet zwischen dem Selbst und der Welt
o prä-operationale Periode (2–7 J), frühe vorbegriffliche (2-3 J) und eine perzeptuelle, intuitive Phase
(4–7 J): widersprüchliche Konzepte von Mengen und Größen
o konkret-operationale Periode (7–11 Jahre): Kind wird zunehmend unabhängig von der unmittelbaren
Wahrnehmung, d.h. es kann sich Objekte vorstellen, räumlich, zeitlich, vor- und rückwärts denken.
o formal-operationale Phase, (11–15 Jahre), in der sämtliche abstrakten, geistigen Vorgänge und
Aktivitäten des Erwachsenen gemeistert werden.
 Zusammenhänge Sprechen/Denken: Sprechtätigkeitstheorie (Wygotski), Sapir-Whorf-Hypothese (starke
Version = Determinismus: Sprache bestimmt Denkkategorien, schwache Version = Relativismus: Sprache
kann Weltsicht der Sprecher beeinflussen)
Was sind die Lernprinzipien des Behaviorismus?
 Vertreter: Skinner (Nur das Beobachtbare soll untersucht werden)
 Gewohnheitsprinzip
 Verstärkungsprinzip
 Vereinfachungsprinzip
 Chomskys Kritik u.a: Mensch kann unendlich viele Äußerungen bilden (Spracherwerb/-verwendung nicht
durch Stimuli voraussagbar)
Was ist die Sprechakttheorie?
 Begründer: Sprachphilosoph John Austin, Weiterentwicklung durch John Searle
 Sprechen = Handeln, Äußerungen schaffen eine neue Realität
 3 Teilhandlungen (Austin)
o Lokutionärer Akt (das Aussprechen einer Äußerung)
o Illokutionärer Akt (gleichzeitiges Realisieren von Intentionen, Wünschen und Gefühlen)
o den perlokutionären Akt (die dadurch erreichte psychologische Wirkung der Äußerung auf den Hörer)
 Haupttypen von Sprechakten
o Assertiva/Repräsentativa (vermuten, behaupten)
o Direktiva (bitten, auffordern)
o Kommissiva (versprechen, ankündigen)
o Expressiva (sich bedanken, sich entschuldigen, bedauern)
o Deklarativa (taufen, den Krieg erklären)
 discourse completion task: kurze Situationsbeschreibung, dann Leerzeile, in die der zu elizitierende Sprechakt
einzusetzen ist
Welche Variablen spielen in den SES mit rein?
 Bildungsniveau der Eltern, Prestige der elterlichen Berufe, Familieneinkommen, soziales Netzwerk,
Ernährung, Wohnfläche, Verkehrslärm, Luftverschmutzung, Zugang zu Gesundheitsvorsorge und
Kinderbetreuung, …
Inwiefern kann man direkte, indirekte, elliptische Aufforderungen äußern?
 Imperative, Infinitive mit imperativischer Bedeutung, durch Fragen und Aussagen, elliptische Aufforderungen
häufig als Verstärkung einer vorangegangenen Aufforderung
Was sind die Ergebnisse der Studie zum SES-Effekt bzgl. direktiver Sprechakte?
 nur einen einzigen signifikanten SES-Effekt bei den Kindern (LSES-Kinder verwenden weniger assertive
Sprechakte), nicht jedoch bei den Eltern (auch nicht bei assertiven Sprechakten)
 Innerhalb der direktiven Sprechakte finden sich jedoch sehr wohl signifikante Unterschiede, und zwar
vorwiegend bei den Eltern
o Die zentrale Hypothese, dass LSES-Eltern einen stärker verhaltenssteuernden Erziehungsstil pflegen,
während HSES-Eltern zu einem konversionsanregenden Erziehungsstil tendieren, wurde anhand
unserer Daten zu direktiven Sprechakten bestätigt: LSES-Eltern verwenden signifikant mehr
Aufforderungen, aber signifikant weniger echte Fragen als HSES-Eltern
o Die Kinder zeigen dieses Muster (noch) nicht: LSES-Kinder stellen ähnlich viele Fragen wie HSES-
Kinder, obwohl sie diese viel seltener hören, und HSES-Kinder produzieren ähnlich viele
Aufforderungen wie LSES-Kinder. Dieses Ergebnis reflektiert eher die allgemeinen kindlichen
Grundbedürfnisse als eine Orientierung am elterlichen Input.
 Innerhalb der Aufforderungen sind die Ergebnisse relativ komplex und auch stark abhängig von der
jeweiligen normalisierenden Variablen
o LSES-Eltern zeigen eine starke Präferenz für Aufforderungen unter allen Sprechakten, die am
stärksten bei direkten Aufforderungen war, doch wenn alle Sprechakte als normalisierende Variable
inkludiert werden, findet man bei indirekten direktiven Sprechakten keinen SES-Effekt
o Hingegen findet man sehr wohl einen SES-Effekt, wenn alle Aufforderungen als normalisierende
Variable inkludiert werden: In diesem Fall gebrauchen LSES-Eltern signifikant mehr direkte
Aufforderungen und signifikant weniger indirekte Aufforderungen als HSES-Eltern.
o Insgesamt bevorzugen LSES-Eltern also Aufforderungen ganz stark (innerhalb aller Sprechakte), und
da insbesondere direkte Aufforderungen. HSES-Eltern bevorzugen hingegen insgesamt echte Fragen,
doch wenn sie Aufforderungen verwenden, sind diese häufiger indirekt als direkt.
Was weißt du zur Diskurs-/Konversationsanalyse?
 Äußerungen finden stets in einem gewissen Kontext statt
 die beiden Begriffe werden oft gleichgesetzt, Diskursanalyse ist etwas weiter gefasst (kann sich auch auf
schriftliche Texte beziehen, während Konversationen nur mündlich stattfinden)
 Untersuchung aufeinanderfolgender Beiträge in einem Gespräch
 Wichtige Kategorien:
o Sprecherwechsel (Turn-taking)
o konventionalisierte Gesprächsmuster zu Beginn und am Ende von Gesprächen
o Organisation von Einheiten in Nachbarpaare (z.B. Gruß – Grußerwiderung)
 Einfluss auf Spezifizierung von Lehr- und Lernzielen im Fremdsprachenunterricht
 Verwendung der DA als Methode zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts
Was ist die Usage-based-Theory?
 sprachliches Wissen wird durch einen induktiven, Bottom-up-Lernprozess erworben
 wichtigster Vertreter: Tomasello
 Kinder sind mit zwei Arten kognitiver Fähigkeiten ausgestattet: intention-reading und pattern-finding
 Wichtig für frühen L1-Erwerb: joint attention
 Gegen Poverty-of-Stimulus-Argument von Chomsky ("Kind hört in seinem Input nicht alle möglichen
Strukturen seiner Sprache und kann daher nur dank einer angeborenen Universalgrammatik überhaupt
Sprache erwerben"): Komplexere Strukturen lassen sich fast immer in einfachere Strukturen zerlegen, die das
Kind sehr wohl häufig hört
 -> Frequenzen sind wichtig, Input ist wichtig (diese Theorie ist auch sehr relevant für das INPUT-Projekt, um
SES-Unterschiede zu erklären)
Erkläre das Schemamodell nach Köpcke basierend auf der Usage-based-Theory!
 Ein Schema ist "eine ausdrucksseitige Gestalt, der eine spezifische Regelhaftigkeit in dem Sinne anhaftet, daß
sie ein bestimmtes Konzept, hier das der Mehrzahlhaftigkeit, wiederholt ausdrucksseitig repräsentiert".
 "Schemata sind dynamische und nicht endgültig fixierte Strukturen, die nur mit mehr oder weniger großer
Wahrscheinlichkeit verläßliche Hinweise auf die durch sie signalisierte Funktion bereitstellen."

 Signalstärke (cue strength) setzt sich aus Salienz, Frequenz, Signalvalidität, Ikonizität zusammen
o Signalstärke von einsilbigen Substantiven mit finalem Plosiv und Artikel der oder das sehr hoch für
Singular (z. B. das Brett) -> prototypischer Singular
o Signalstärke von mehrsilbigen Substantiven mit finalem -(e)n und Artikel die sehr hoch für Plural (z.
B. die Blumen) -> prototypischer Plural
 Anwendung auf Pluralerwerb in der L2 Deutsch
Beschreibe die Sprachdynamiktheorie!
 Sprachdynamik = „Wissenschaft von den Einflüssen auf die sich ständig wandelnde komplexe Sprache und
von den sich daraus ergebenden stabilisierenden und modifizierenden Prozessen“
 „Sprachliche Veränderungsprozesse entstehen, weil Sprecher(-Gruppen) in Interaktion mit anderen Sprechern
bzw. Sprechergruppen, die über andere linguale System- und Register-Kompetenzen verfügen, entsprechend
ihren Zielen kognitive, in der Regel unbewusste Optimierungsstrategien anwenden“
 Dichotomie Synchronie/Diachronie ist obsolet; zentral hingegen ist der Begriff der Synchronisierung:
o Mikrosynchronisierung: Abgleich der individuellen Kompetenzen in der Einzelinteraktion 
Modifizierung und Stabilisierung individuellen sprachlichen Wissens
o Mesosynchronisierung: Folge von gleichgerichteten Synchronisierungsakten, die Individuen in
Situationen personellen Kontaktes vornehmen  Ausbildung von gemeinsamem
situationsspezifischem sprachlichen Wissen
o Makrosynchronisierung: Synchronisierungsakte, mit denen Mitglieder einer Sprachgemeinschaft sich
an einer gemeinsamen Norm ausrichten -> die Grenzen gemeinsamer Makrosynchronisierungen
definieren die Grenzen des dynamischen Systems Einzelsprache
 Besonders wichtig ist dabei das Prestige der jeweiligen Sprache oder Varietät.
 Diese Synchronisierungen sind auch Basis für den Sprachwandel.
Was versteht man unter kommunikativer Kompetenz?
 wichtigster Vertreter: Dell Hymes
 U.a. von Sprechakttheorie und Generativismus beeinflusst
 Wichtiges Lernziel im Fremdsprachenunterricht: LernerInnen sollten nicht nur grammatikalisch korrekte
Sätze, sondern auch kommunikativ angemessene Sätze (abhängig von Faktoren wie Hörer, Kontext, Register,
Diskursthema etc.) bilden können.
 Kommunikative Kompetenz (kommunikative Fähigkeiten, individuell verschieden) ≠ Kommunikative
Performanz (Strategien, mit denen Kompetenz umgesetzt wird)
 Sprachliche Kompetenz ein Teil der kommunikativen Kompetenz (außerdem sind noch strategische,
soziokulturelle Kompetenz, Handlungskompetenz und Diskurskompetenz wichtig)
Was ist die (Complex) Dynamic Systems Theory?
 Baut auf Dynamic Systems Theory aus der Mathematik auf und arbeitet mit komplexen statistischen
Modellen, die auch kleine Veränderungen/Anpassungen geeignet abbilden können
 Wichtige Vertreter: Larsen-Freeman, Bot, van Geert, van Dijk
 Führt häufig Einzelfallstudien zum L1- oder L2-Erwerb durch, diese aber über lange Zeiträume mit vielen
Messzeitpunkten
 Festgestellt wurden u.a.
o Abhängigkeit von den Bedingungen am Anfang der Studie (unterschiedliche Motivation,
unterschiedliche Sprachbegabung etc.)
o Abhängigkeit von internen (z.B. Motivation) und externen (z.B. LehrerIn, Umwelt) Ressourcen
o Nonlinearität der Entwicklung (manchmal wird viel gelernt, manchmal wenig)
o Veränderung durch interne Reorganisation (Selbstorganisation) und Interaktion mit der Umwelt
Erkläre das Competition Modell!
 Lernen = Interaktion zwischen allen Subkomponenten während der Prozesse der Competition und der
Resonance
 Resonanz: Durch inneres Sprechen bzw. Denken in der L1/L2 üben Kinder/LernerInnen die jeweilige Sprache
 Cues: Signale/Zeichen, die einer Form eine Bedeutung zuordnen. Bei der Sprachproduktion stehen
verschiedene Formen miteinander in Wettbewerb, die eine bestimmte Funktion ausdrücken können; beim
Sprachverständnis einer bestimmten Form konkurrieren verschiedene Funktionen/Interpretationen
miteinander. Je nach Signalstärke ("cue strength") wird dann die Auswahl getroffen (s. a. Köpcke 1993: hohe
Signalstärke für deutschen -(e)n-Plural: ist hochfrequent, (e)n drückt sehr häufig Plural aus und selten etwas
anderes -> wird im L1- und L2- Erwerb häufig früh erworben)
 Arenen betreffen die sprachlichen Ebenen, die beim Formulieren bzw. Aufnehmen einer sprachlichen
Nachricht betroffen sind
 Speicher ("storage") im Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis für Wörter, morphosyntaktische Strukturen etc.
 Chunking: Chunk = Block sprachlicher Information
 Codes: unterschiedliche Sprachen/Varietäten
Was ist typisch für den Konstruktivismus?
 durch Piaget beeinflusst
 Lernerautonomie
 Radikaler Konstruktivismus: Kognitiver Prozess des Spracherwerbs ist hermetisch abgeschlossen und liegt
jenseits jeder äußeren (auch didaktischen) Einflussnahme
 Kritik (Wolff 2002, Edmondson 2002): kognitive Isolation entspricht nicht der Realität, didaktische
Bemühungen und Verantwortlichkeiten werden in der radikalen Version des Ansatzes ad absurdum geführt
Beschreibe den soziokulturellen Ansatz!
 Durch Wygotskis Lerntheorie beeinflusst
 zwei Prozesse besonders wichtig
o Mediation: Wie vermitteln kulturelle Faktoren zwischen Menschen, ihrer physischmateriellen
Umgebung und ihrer mentalen Welt? Interaktion mit soziokulturellen Faktoren ist unabdingbar
o Internalisierung: Aneignung von Inhalten über die Interaktion mit anderen Menschen und über den
Umgang mit kulturellen Werkzeugen (Artefakten, wie z.B. Sprache) -> zuerst vermittelt, dann von
den LernerInnen verinnerlicht (internalisiert) -> Imitation ist dabei ein wichtiges Hilfsmittel
 Einheit von Theorie und Praxis (Lehren/Lernen im Unterricht kann durch theoretische Konzepte gesteuert und
bereichert werden): explizite oder implizite Hilfestellungen der Lehrenden oder anderer LernerInnen; wenn
LernerIn damit nichts anfangen kann, ist er/sie noch nicht in der Phase der nächsten Entwicklung -> wichtig:
nicht demotivieren.
Was versteht man unter language socialization?
 mit dem soziokulturellen Ansatz verwandt
 durch sprachbezogene anthropologische Forschungen beeinflusst
 Betonung von sprachlich-kulturellen Verhaltensnormen, die LernerInnen als "Novizen" internalisieren sollen
 Zentrale Frage: Wie werden Lernende durch die Fremd- oder Zweitsprache in neue Gruppen (z. B. im Beruf,
im Sprachkurs, in einer Gastfamilie) hineinsozialisiert?
 Fokus auf Probleme von Macht und Ungleichheit sowie auf Identitätskonstruktionen in mehrsprachigen und
multikulturellen Arbeitsplätzen und institutionellen Umgebungen
Was sind die Fakten zur Complexity Theory?
 Von (Complex) Dynamic Systems Theory beeinflusst
 Variation zwischen LernerInnen ist wichtiges Charakteristikum der individuellen Entwicklung in der L2
 „Entwicklung“ ist wichtiger als „Erwerb“
 Zentrale Forschungsfrage: Wie ist das Verhältnis zwischen überindividuell gültigen Regularitäten und rein
individuellen Mustern in der L2-Entwicklung?
 Gestützt durch Migrationsforschung und Mehrsprachigkeitsforschung (individuelle Sprachprofile von
LernerInnen)
Was bietet der Ansatz der Identitätskonstruktion?
 Geprägt durch Ansätze aus den Erziehungswissenschaften
 Erwerb der Zweit- oder Fremdsprache ist ein Prozess der Identitätskonstruktion
 LernerInnen aktivieren gleichzeitig verschiedene Identitäten, die sich mit der Zeit verändern
 "Imagined Communities": LernerInnen stellen sich vor, mit ihren "Imagined Identities" dazuzugehören.
Was versteht man unter Sprachlernen als Entwicklung interaktionaler Kompetenz?
 Integration konversationsanalytischer Ansätze in Erklärungen, wie LernerInnen Fremdsprachen lernen
 Lernen einer Fremdsprache erfolgt in der sozialen Interaktion: LernerInnen suchen und finden in alltäglichen
unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Interaktionen Sinn.
 Wichtig sind dabei Partner- und Gruppenarbeiten, - interaktionen, -diskussionen zwischen LernerInnen.
 Auch Nutzung anderer Sprachen, die LernerInnen beherrschen, wird empfohlen, z.B. für positiven Transfer
Beschreibe den soziokognitiven Ansatz!
 Von der kognitiven Linguistik beeinflusst, mit starker Betonung der Interaktion und des "Embodiment"
(Zusammenarbeit von Geist, Körper und Welt, auch körperliche/nonverbale Anpassung an
GesprächspartnerInnen, gegenseitiges Anlächeln etc., s. Atkinson 2011, 2014)
 L2-Erwerb: ökologischer Prozess der kontinuierlichen Anpassung an die Umgebung (Bedingungen der
Umgebung müssen mitberücksichtigt werden)
Wie unterscheiden sich die linke und die rechte Gehirnhälfte?
 linke Gehirnhälfte:
o analytisches Denken
o viele Sprachfunktionen
o verbales Gedächtnis
o intellektuelles Denken
o logische Zusammenhänge
o abstraktes Denken
 rechte Gehirnhälfte:
o synthetisches Denken
o Interpretation von Metaphern
o visuelles Gedächtnis
o intuitives Denken
o affektive Zusammenhänge
o konkretes Denken

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