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Lungenfunktion lig
a

Spirometrie
Atemmuskel-
funktion

ISBN 3-87185-364-X Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle

Umschlag ist 2-farbig (HKS 44K und Gelb) angelegt.


Empfehlungen der Deutschen
Atemwegsliga zur Spirometrie
C.-P. Criée, D. Berdel, D. Heise, P. Kardos, D. Köhler, W. Leupold,
H. Magnussen, W. Marek, R. Merget, H. Mitfessel, M. Rolke,
S. Sorichter, H. Worth und H. Wuthe

Einleitung Definition
Die Spirometrie ist eine einfache, Unter Spirometrie versteht man die
schnelle, nichtinvasive und preisgünsti- Messung von Lungenvolumina am
ge Untersuchung zur Messung von Mund. Sie kann kontinuierlich zur Mes-
Lungenvolumina und Atemstromstär- sung der Ventilation oder mittels will-
ken. Ihr besonderer Wert liegt in der kürlicher Atemmanöver zur Bestim-
Diagnostik der sehr häufigen obstrukti- mung definierter Volumina und
ven Ventilationsstörung und der Fähig- Atemstromstärken erfolgen. Die Mes-
keit, deren therapeutische Beeinfluß- sungen erfolgten früher mit einem
barkeit zu objektivieren. In diesem Glocken- bzw. Trockenspirometer,
Sinne dient sie zur Festlegung des heutzutage wird gewöhnlich ein Strö-
Schweregrades obstruktiver Atmungs- mungs- bzw. Volumensensor verwen-
erkrankungen und zur Beurteilung von det.
Therapie, Krankheitsverlauf und Pro-
gnose. Aussagen über andere Störun-
Folgende Fragen kann die Spirome-
gen der Lungenfunktion, wie Gasaus-
trie beantworten:
tausch oder Funktion der Atempumpe,
– Liegt eine Atemwegsobstruktion
sind nicht bzw. nur sehr eingeschränkt
vor?
möglich. So können Patienten mit
schwerster Ateminsuffizienz eine nor- – Ist eine nachgewiesene Atemwegs-
male Spirometrie aufweisen. Mit der obstruktion teilweise oder sogar voll-
Spirometrie wird daher zwar ein sehr ständig reversibel (Reversibilitätstest
mit Bronchodilatatoren)?
wichtiger, aber eben nur ein Teil der ge-
samten Lungenfunktion erfaßt. – Liegt eine relevante Verringerung der
Lungenvolumina vor?

Erscheinungsjahr: 2006 Indikationen


Prof. Dr. Criée, Ev. Krankenhaus
Gö.-Weende, Abt. Pneumologie,
– Dyspnoe (anfallsartig, unter Belastung,
Beatmungsmedizin/Schlaflabor, intermittierend)
37120 Bovenden-Lenglern – Husten und/oder Auswurf
2 Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga

– Screening (Gesundheitsuntersu- Daten gelten für 37 °C und 100% relati-


chung) ve Feuchte beim gegebenen Luftdruck.
– Tabakkonsum Exspiratorische Lungenvolumina und
– Verdacht auf Erkrankungen von Strömungen werden demzufolge direkt
Atemwegen, Lunge, Herz, knöcher- erfaßt, während inspiratorische Grö-
nem Thorax, Wirbelsäule, Skelett- ßen, für die die ATP-Umgebungsbe-
muskulatur dingungen gelten (ATP = ambient
– Verdacht auf Erkrankungen der temperature pressure) auf BTPS korri-
Atempumpe (Atemzentrum, zugehö- giert werden müssen. Ein Spirometer
rige Nerven und Muskeln) muß mit einfachen Mitteln durch Kali-
– Verlaufsbeobachtung bronchopul- brierung überprüfbar sein. Erforderlich
monaler Erkrankungen ist die tägliche Kalibrierung, wobei das
– Therapiekontrolle bronchopulmona- Kalibriervolumen (= Pumpenhub von 1
ler Erkrankungen – 3 Liter) mit einem Fehler von unter
– arbeitsmedizinische Überwachung 0,5% bestimmt werden muß (Ausnah-
(z.B. Staubexposition, Rettungswe- me: Spirometer, die auf der Ultra-
sen) schall-Laufzeitmessung basieren). Eine
– präoperative Diagnostik Überprüfung der Kalibrierung ist zu-
sätzlich durchzuführen, wenn trotz gu-
ter Mitarbeit des Untersuchten und
nach Überprüfung der persönlichen
Kontraindikationen Daten ein Ergebnis trotz Austausch der
Sensorik bzw. Reinigung des Systems
– Spannungspneumothorax
nicht plausibel erscheint. Sinnvoll ist
– akuter Herzinfarkt
auch die gelegentliche Überprüfung der
– akute innere Blutung
Kalibrierung anhand der bekannten
Lungenvolumina eines Mitarbeiters.
Die Ergebnisse der Kalibrierung sind in
Meßprinzip einem Gerätebuch zu dokumentieren.

Üblicherweise werden heute offene


Spirometer auf der Basis der Pneumota-
chographie verwendet, Glocken- bzw. Meßparameter
Trocken-Spirometer sind technisch
überholt. Bei der Pneumotachographie Man unterscheidet zwischen stati-
wird der flußproportionale Druckabfall schen und dynamischen Lungenvolu-
an einem definierten Widerstand ge- mina. Unter den statischen Lungenvo-
messen und daraus in Analogie zum lumina versteht man Lungenvolumina,
Ohm’schen Gesetz der Atemfluß be- deren Meßwerte nicht vom zeitlichen
stimmt. Anschließend wird durch Inte- Ablauf des Spirogramms abhängen,
gration des Flusses über die Zeit das z.B. Vitalkapazität (VC). Unter dyna-
Atemvolumen berechnet. Sämtliche mischen Lungenvolumina versteht man
Parameter sind auf BTPS-Bedingungen Lungenvolumina, deren Meßwerte
(BTPS = body temperature pressure vom zeitlichen Verlauf abhängig sind
saturated) normiert, d.h. die erhobenen z.B. Einsekundenkapazität (FEV1). Da
Spirometrie 3

Tab. 1. Spirometrische Parameter.

Parameter Definition Symbol Einheit

Inspiratorische Atemvolumen, welches IVC (Synonym: l


Vitalkapazität nach kompletter VC in)
Exspiration maximal
eingeatmet werden kann
Forcierte Atemvolumen, welches FVC l
Vitalkapazität nach kompletter
Inspiration forciert
maximal ausgeatmet
werden kann
Forciertes Atemvolumen, welches FEV1 l
exspiratorisches nach maximaler
Volumen in 1 Se- Inspiration forciert in der
kunde, Einsekun- ersten Sekunde
denkapazität ausgeatmet werden kann
Relative Einsekun- Forciertes FEV1/IVC* %
denkapazität, exspiratorisches Volumen
Tiffeneau-Index in 1 Sek., ausgedrückt in
% der inspiratorischen
Vitalkapazität
Maximaler Spitzenfluß bei maximaler PEF l × s–1**
exspiratorischer exspiratorischer
Spitzenfluß, Anstrengung
“Peak flow”
Maximaler ex- Maximale Atemstrom- MEF50%, l × s–1
spiratorischer Fluß stärke nach Ausatmung Synonym FEF50%
bei 50% der FVC von 50% der FVC
Maximaler ex- Maximale Atemstrom- MEF25%, l × s–1
spiratorischer Fluß stärke nach Ausatmung Synonym FEF75%
bei 25% der FVC von 75% der FVC

*im angloamerikanischen Sprachraum wird häufig FVC statt IVC verwendet


**im Peakflow-Meter Angabe in l × min–1

offene Spirometer primär die Atem- Vitalkapazität (VC)


stromstärke messen, können zusätzlich
zu den Lungenvolumina problemlos Die Vitalkapazität (VC) ist die Volu-
auch spezielle Atemstromstärken be- mendifferenz, die am Mund zwischen
stimmt werden (Abb. 1). Die wichtig- vollständiger Inspiration (zur Totalka-
sten Parameter sind in Tabelle 1 aufge- pazität TLC) und vollständiger Exspi-
führt. ration (zum Residualvolumen RV) ge-
messen werden kann. In Deutschland
und einigen europäischen Ländern wird
4 Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga

sie als “inspiratorische Vitalkapazität” stromstärke gegen das Lungenvolumen


IVC bestimmt. Aus normaler Ruheat- (Fluß/Volumen-Kurve) (Abb. 1). Diese
mung heraus wird langsam bis zum RV Darstellung sollte routinemäßig ge-
ausgeatmet und anschließend zügig – wählt werden.
aber nicht forciert – bis zur TLC einge- Bei dem forcierten Exspirationsma-
atmet. In Großbritannien und Nord- növer sind 2 Phänomene zu berücksich-
amerika wird die Vitalkapazität auch tigen:
während einer langsamen (“relaxed”) – Die Anstrengungsabhängigkeit (“ef-
Exspiration vom TLC-Niveau aus mit fort-dependence”): Bei maximaler
ansteigender Anstrengung am Exspira- exspiratorischer Anstrengung sind
tionsende (EVC), in der Regel aber die maximalen exspiratorischen
während einer forcierten Exspiration Atemstromstärken durch die Kom-
(FVC) gemessen. Bei gesunden Pro- pression der Atemwege häufig ge-
banden besteht keine systematische ringer als bei submaximaler An-
Differenz zwischen IVC und EVC, nur strengung, was sich insbesondere bei
bei obstruktiven Lungenerkrankungen Patienten mit obstruktiver Ventilati-
kann die IVC größer sein als EVC und onsstörung auswirkt. Da aber die
FVC; EVC ist in der Regel größer als Atemstromstärken bei submaximaler
FVC. Anstrengung schlecht reproduzierbar
sind, wird das maximal forcierte Ma-
növer bevorzugt.
– Die Zeitabhängigkeit (“time-depen-
Dynamische Lungenvolumina dence”): Bei langsamer Inspiration
und maximale exspiratorische mit langer Pause vor der forcierten
Atemstromstärken Exspiration vom TLC-Niveau aus
sind die Atemstromstärken und die
Als forcierte Exspiration wird das FEV1 bis zu 25% geringer als bei
Manöver bezeichnet, bei dem der Pro- schneller Inspiration ohne Pause vor
band zügig bis zur TLC einatmet und der forcierten Exspiration. Die höhe-
sofort danach mit maximaler Anstren- ren Flüsse bei forcierter Exspiration
gung über mehrere Sekunden bis zum ohne Pause nach der Inspiration kom-
Residualvolumen ausatmet. Die maxi- men durch die viskoelastischen Ei-
male Muskelkraft soll dabei “schlagar- genschaften der Lunge nach voraus-
tig” und nicht allmählich aufgebaut gegangener Dehnung zustande, aber
werden. Wird die forcierte Exspiration auch durch eine bessere Aktivierung
verzögert begonnen, sollte der Versuch der Exspirationsmuskulatur. Es wird
wiederholt werden. Bei diesem – auch daher eine zügige Inspiration mit nur
Tiffeneau-Test genannten – Manöver kurzer Pause (< 1 Sek.) mit anschlie-
werden das exspirierte Volumen in der ßender forcierter Exspiration emp-
ersten Sekunde (forciertes Exspirati- fohlen. Dies ist wichtig zu beachten,
onsvolumen, FEV1) sowie die maxima- da die unterschiedliche Ausführung
len exspiratorischen Atemstromstärken des Manövers beim Bronchodilata-
bestimmt. Dabei wird sowohl das Volu- tionstest zu falsch-positiven oder
men gegen die Zeit aufgetragen (Volu- falsch-negativen Ergebnissen führen
men/Zeit-Kurve), als auch die Atem- kann.
Spirometrie 5

Parameter zur Erfassung der 3. Maximale exspiratorische Flüsse


forcierten Exspiration bei x % der Vitalkapazität (FEFx% bzw.
MEFx%):
1. Einsekundenkapazität, forciertes Trägt man in die Fluß/Volumen-Kur-
exspiratorisches Volumen in der ersten ve die Volumengrenzen ein, bei der je-
Sekunde (FEV1): Das Volumen, wel- weils ein Viertel der forcierten Vitalka-
ches nach maximaler Inspiration mittels pazität ausgeatmet wurde, so kann man
forcierter Exspiration in der 1. Sekunde an diesen Stellen die zugehörigen maxi-
ausgeatmet werden kann, wird als (ab- malen Atemstromstärken ablesen: Auf
solute) Einsekundenkapazität (FEV1) diese Weise erhält man Werte für die
bezeichnet. Die Einsekundenkapazität maximalen exspiratorischen Flüsse
in Prozent der Vitalkapazität wird MEF75, MEF50 und MEF25 (jeweils be-
Tiffeneau-Index oder relative Einse- zogen auf den Prozentsatz der FVC, der
kundenkapazität genannt. In Deutsch- dann noch ausgeatmet werden kann!).
land und Frankreich wird üblicherweise In der neuesten amerikanisch-europäi-
die inspiratorische Vitalkapazität IVC schen Empfehlung wird die maximale
in den Nenner gesetzt, hingegen im exspiratorische Atemstromstärke
nordamerikanischen Raum zumeist die (MEF) als FEF (forced expiratory flow)
forcierte Vitalkapazität FVC. angegeben. Der Index ist das Volumen,
welches bereits ausgeatmet ist, so ist
2. Spitzenfluß (PEF): Der Spitzen- z.B. FEF75 nach dieser Empfehlung
fluß PEF (Peak Expiratory Flow) ist die identisch mit der oben definierten
maximal erreichbare Atemstromstärke MEF25. Es wird auch nicht mehr emp-
bei forcierter Exspiration. Er kann an fohlen die Volumengrenzen anhand der
der Fluß/Volumen-Kurve unmittelbar inspiratorischen Vitalkapazität festzu-
abgelesen werden. Das Meßergebnis legen. Die maximalen exspiratorischen
hängt wie bei allen Atemstromstärken Flüsse sind sehr empfindliche Indikato-
stark von der Mitarbeit der Patienten ab. ren für jede Art von Veränderungen in
den kleinen Atemwegen. Der Bezug auf
Da der PEF gut mit dem Schweregrad
die jeweilige FVC schmälert allerdings
der obstruktiven Ventilationsstörung ei-
ihre Verwendbarkeit für die Beurtei-
ner asthmatischen Erkrankung korre-
lung des bronchodilatatorischen Effek-
liert, wird er zur Verlaufs- bzw. Thera-
tes. Bei Patienten nach Transplantation
piekontrolle genutzt. Hierzu mißt der
kann ein im Verlauf abnehmender
Patient mit Hilfe eines Peakflow-
MEF25-Wert (FEF75-Wert) ein Hin-
Meters mehrmals täglich den PEF zu
weis auf eine Abstoßungsreaktion sein.
Hause, insbesondere bei akuter Atem-
not oder Instabilität der Erkrankung. Es Die mittlere maximale (forcierte) ex-
ist zu beachten, daß Peakflow-Meter spiratorische Atemstromstärke, die
ihre Meßergebnisse in L × min–1 und zwischen 25 und 75% der forcierten Vi-
nicht in L × s–1 anzeigen. Außerdem ist talkapazität ausgeatmet wird, wird als
das Atemmanöver bei alleiniger Be- MMEF oder FEF 25 – 75% bezeichnet.
stimmung des PEF nicht identisch mit Dieser Parameter gilt als sehr sensibel
der oben beschriebenen forcierten Ex- zur Erkennung einer beginnenden
spiration über mehrere Sekunden. Atemwegsobstruktion, ein Vorteil ge-
6 Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga

Abb. 1. Mobilisierbare und nicht mobilisierbare Lungenvolumina, sowie maximale


exspiratorische Flüsse. Linke Bildhälfte: Volumen/Zeit-Kurve. Rechte Bildhälfte: Fluß/
Volumen-Kurve.

genüber der Bestimmung von FEF50 Die Inspiratorische Kapazität (IC) ist
oder FEF75 (bzw. MEF50 oder MEF25) das Volumen zwischen FRC und TLC
ist aber nicht belegt. (Abb. 1). Nach mehreren Atemzügen
und stabilem endexspiratorischen Volu-
Das Volumen, welches bei einer for- men erfolgt die zügige maximale Einat-
cierten Inspiration vom Residualvolu- mung bis zur TLC. Es sollte der Mittel-
men in 1 Sekunde eingeatmet wird, wird wert aus 3 Manövern zur Auswertung
als FIV1 bezeichnet. Dieses forcierte kommen. Die inspiratorische Kapazität
Inspirationsvolumen in 1 Sekunde be- ist ein direktes Maß zur Abschätzung
trägt bei gesunden Probanden ca. 95% der Lungenüberblähung, ihre Vermin-
der inspiratorischen forcierten Vitalka- derung auf unter 25% der TLC ist mit
pazität. Dieses Volumen ist ein Maß für einer ungünstigen Prognose verbun-
die inspiratorisch wirksame Obstrukti- den. Sie wird auch zur Abschätzung ei-
on und für die inspiratorisch wirksame ner Änderung der FRC durch Pharma-
Muskelkraft. Es ist kein Standardpara- ka oder Belastung genutzt.
meter der Spirometrie.
Spirometrie 7

Durchführung der Tab. 2. Kriterien für eine repräsentative


Untersuchung forcierte Exspiration.

– Der Patient sollte beengende Klei- Reproduzierbarkeitskriterien:


dungsstücke ablegen. Die Differenz zwischen größtem und
– Die Messung wird im Sitzen durch- zweitgrößtem Wert darf bei
geführt, da sich alle Normalwerte auf – FEV1 nicht mehr als 5% betragen*
die sitzende Position beziehen. – FVC nicht mehr als 5 % betragen*
– PEF nicht mehr als 10 % betragen
– Die Nase wird mit einer Nasenklem-
me luftdicht verschlossen. *Bei FVC < 1 l darf die Differenz nicht mehr
als 100 ml betragen.
– Der Patient nimmt das Mundstück
vor dem Pneumotachographen zwi- Akzeptanzkriterien:
schen die Zähne, die Zunge liegt un-
Der maximale exspiratorische Spitzenfluß
ter dem Mundstück. (“Peakflow” PEF) soll innerhalb von 120 ms
– Nachdem einige Male ruhig ein- bzw. erreicht werden (steiler Anstieg).
ausgeatmet wurde, wird er aufgefor- – Keine Artefakte (Husten, Glottisschluß,
dert, langsam pressend maximal aus- Leckagen, vorzeitige Beendigung,
unterschiedliche Anstrengung).
zuatmen. Danach erfolgt eine zügige – Die Exspiration ist erst beendet, wenn
vollständige Inspiration zur Bestim- der kontinuierliche Fluß unter 0,1 l × s–1
mung der inspiratorischen Vitalkapa- abgesunken ist.
zität.
– An dieses Manöver schließt sich nach
einer möglichst geringen Pause (un-
ter 1 sec) eine forcierte maximale Ex-
spiration an. Der Patient muß dazu Kriterien für eine akzeptable
angehalten werden, das minimale Durchführung der Messung
bzw. das maximale Lungenvolumen
(also erst RV, dann TLC und wieder Die Akzeptanzkriterien sind in Tabel-
RV) wirklich zu erreichen. Um das le 2 zusammengestellt.
RV bei langsamer und vor allem bei Das jeweilige Exspirationsmanöver
forcierter Exspiration möglichst gut ist korrekt beendet, wenn der kontinu-
zu erreichen, kommt es darauf an, so ierliche Fluß unter 0,1 l × s–1 abgesun-
lange wie möglich auszuatmen, bis ken ist. Andere Zeitkriterien, wie z.B.
ein deutliches Plateau im zeitlichen eine Exspiration von mindestens 4 Se-
Volumenverlauf sichtbar wird. Dies kunden, sind z.B. für Kinder und Pati-
fällt vor allem Patienten mit einer enten mit Lungengerüsterkrankung
obstruktiven Ventilationsstörung nicht möglich und sollten nicht verwen-
schwer. det werden.
Um die Reproduzierbarkeit (auch
“repeatability”, also “Wiederholbar-
keit” genannt) – und damit die Güte der
Mitarbeit – bestimmen zu können, müs-
sen mindestens 3 Versuche durchge-
führt werden, wobei sich die Ergebnisse
der besten 2 Versuche für FEV1 und
8 Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga

FVC um weniger als 5% (bei einer FVC


< 1 l weniger als 100 ml) und für PEF
um weniger als 10% unterscheiden dür-
fen. Hohe Reproduzierbarkeit ist trotz
guter Mitarbeit nicht erreichbar, wenn
durch die forcierten Manöver ein “Spi-
rometer-Asthma” induziert wurde. Die-
se Komplikation ist bei 2 – 3 Versuchen
selten, die Wahrscheinlichkeit steigt
Abb. 2a.
aber mit der Zahl der Versuche, weil
jede forcierte Exspiration eine Art von
Provokationstest darstellt: Mehr als 4
forcierte Exspirationen sind nicht sinn-
voll. Verstöße gegen die Akzeptanzkri-
terien müssen dokumentiert werden
(soweit möglich automatisch von der
Meß-Software) und die vom Untersu-
cher abgeschätzte Güte der Mitarbeit
Abb. 2b. muß auf dem Untersuchungsprotokoll
notiert werden (Muster in Tab. 3).

Auswertung
Die höchsten Werte für IVC, FEV1
und FVC werden aus allen Manövern
ermittelt, die die o.g. Akzeptanz- und
Reproduzierbarkeitskriterien erfüllen.
Abb. 2c. Die maximalen exspiratorischen Atem-
stromstärken werden aus der optisch
Abb. 2. Reproduzierbarkeitskriterien. besten Fluß/Volumen-Kurve bzw. aus

Tab. 3. Dokumentation Mitarbeit und Technische Qualität.

Mitarbeit Technische Qualität

Einwandfrei Messung fehlerhaft


Gut Messung ohne relevante Fehler
Eingeschränkt wegen mangelndem Verständnis Messung noch brauchbar
Eingeschränkt wegen Hustenreiz Messung teilweise fehlerhaft
Eingeschränkt wegen Angst Messung mit großen Fehlern
Eingeschränkt wegen mangelnder Kraft
Eingeschränkt wegen Schmerzen
Eingeschränkt wegen mangelnder Bereitschaft
Spirometrie 9

Abb 3a. Abb. 3c.

Abb. 3b. Abb. 3d.

Abb. 3e.
Abb. 3. Fehlerzeichen.

der mit der größten Summe aus FEV1 graphisch. Die graphische Darstellung
und FVC bestimmt. Wahrscheinlich muß jederzeit eine erneute Formanalyse
wird die “beste” Kurve durch die höch- ermöglichen.
ste Summe von FVC, FEV1 und 1/3 × Nicht empfohlen wird die sogenannte
PEF beschrieben, dies ist jedoch nicht Hüllkurve. Dabei werden die Fluß/Vo-
validiert. lumen-Kurven am Ausgangspunkt der
Diese Kurve ist numerisch und gra- forcierten Exspiration (TLC) überein-
phisch zu dokumentieren. Um auch die andergelegt und die Maximalkurve
Reproduzierbarkeit zu dokumentieren, konstruiert, die Maximalflüsse werden
bieten sich 2 Möglichkeiten an: Man dann von der Maximalkurve abgelesen.
notiert die Reproduzierbarkeit nume- Die Maximalkurve ist daher eine kon-
risch oder/und man dokumentiert alle struierte, fiktive Kurve, die nie geatmet
akzeptablen Fluß/Volumen-Kurven wurde.
10 Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga

Tab. 4. Regressionsgleichungen (EGKS-Werte) für Lungenvolumina und exspirato-


rische Atemstromstärken für Erwachsene im Alter von 18 – 70 Jahren.

Mittelwert-Gleichung 1,64 × RSD

Männer IVC (l) 6,10 KG – 0.028 A – 4.65 ± 0.92


FVC (l) 5.76 KG – 0.026 A – 4.34 ± 1.00
FEV1 (l) 4.30 KG – 0.029 A – 2.49 ± 0.84
PEF (l × s–1) 6.14 KG – 0.043 A + 0.15 ± 1.99
FEF50% = MEF50% (l × s–1) 3.79 KG – 0.031 A – 0.35 ± 2.17
FEF75% = MEF25% (l × s–1) 2.61 KG – 0.026 A – 1.34 ± 1.28
FEV1/VC(%) –0.18A + 87.21 ± 11.8

Frauen IVC (l) 4.66 KG – 0.024 A – 3.28 ± 0.69


FVC (l) 4.43 KG – 0.026 A – 2.89 ± 0.71
FEV1 (l) 3.95 KG – 0.025 A – 2.60 ± 0.62
PEF (l × s–1) 5.50 KG – 0.030 A – 1.11 ± 1.48
FEF50% = MEF50% (l × s–1) 2.45 KG – 0.025 A + 1.16 ± 1.81
FEF75% = MEF25% (l × s–1) 1.05 KG – 0.025 A + 1.11 ± 1.13
FEV1/VC(%) –0.19A + 89.10 ± 10.7

KG = Körperlänge in m, A = Alter in Jahren


Zwischen 18 und 25 Jahren wird in die Sollwertgleichung das Alter 25 eingesetzt. Die
5. Perzentile errechnet sich durch Subtraktion von 1,64 × RSD (residuale Standard-
abweichung) vom errechneten Mittelwert (z.B. ist der untere Grenzwert für IVC bei Männern:
Mittlere IVC – 0,92 l)
Sollwerte für Kinder in: Lindemann H., W. Leupold: Lungenfunktionsdiagnostik bei Kindern.
Kohlhammer, Stuttgart 2003.

Normalwerte einer Irrtumswahrscheinlichkeit von


unter 5%. Anders ausgedrückt weisen
Die gebräuchlichsten Normalwerte weniger als 5% der gesunden Bevölke-
sind von der European Respiratory rung einen Wert unterhalb der 5. Per-
Society (ERS) zuletzt 1993 publiziert zentile auf. Die 5. Perzentile wird
worden. Es handelt sich um die soge- durch Subtraktion von 1,64 × RSD (re-
nannten EGKS (Europäische Gesell- siduale Standardabweichung, Restvari-
schaft für Kohle und Stahl)-Werte. Die anz) vom errechneten Sollwert ermittelt
Regressionsgleichungen zur Berech- (Tab. 4). Somit sind aber auch bis zu 5%
nung des Sollwertes sind in Tabelle 4 der unterhalb des Normbereichs liegen-
angegeben, die Streuung ist im Wesent- den Werte nicht krankheitsbedingt.
lichen auf die lockere Korrelation zwi- Auch kann ein im Normbereich liegen-
schen Körperlänge und Lungenvolu- der Wert pathologisch sein, so kann z.B.
men zurückzuführen. Werte unterhalb eine im Normbereich liegende Vitalka-
der 5. Perzentile des Frequenzspek- pazität durch einen Lungengerüst-
trums der in der Referenzpopulation ge- prozess von einem zuvor deutlich höhe-
messenen Werte, also des “Normalbe- rem Wert reduziert worden sein oder
reichs”, gelten als pathologisch mit eine im Normbereich liegende FEV1
Spirometrie 11

durch einen Bronchodilatationstest an- Tab. 5a. Obstruktive Ventilations-


steigen. Patienten können eine klinisch störung.
manifeste COPD aufweisen, obwohl
ihre spirometrischen Werte noch im Definition
Normbereich liegen. Darum sollte man FEV1 / IVC < 5. Perzentile des Sollwertes.
den individuellen Verlauf der Kenngrö-
Schweregrade
ßen der Lungenfunktion verfolgen, um
I leicht FEV1 > 70% Soll
beurteilen zu können, ob die erhobenen II mäßig FEV1 60 – 69% Soll
Werte für den individuellen Patienten III mittelschwer FEV1 50 – 59% Soll
noch normal oder schon pathologisch IV schwer FEV1 35 – 49% Soll
sind. V sehr schwer FEV1 < 35% Soll

Der spirometrische Schweregrad der


obstruktiven Ventilationsstörung
stimmt nicht mit dem Schweregrad der
Bewertung der Spirometrie Erkrankung, z.B. Asthma oder COPD,
überein (s. Tab. 5b,c)
Mittels Spirometrie können unter-
schiedliche Ventilationsstörungen Differentialdiagnosen
nachgewiesen und quantifiziert wer- – Asthma bronchiale
– COPD
den. Problemlos gelingt dies für die ob-
– Bronchiektasie
struktive Ventilationsstörung, für die – Cystische Fibrose (Mukoviszidose)
restriktive Ventilationsstörung aller- – Silikose
dings nur mit erheblichen Einschrän- – Stenose im Bereich der großen
kungen. Atemwege (cave: Tumor)
– Lungenparenchymerkrankungen mit
Obstruktion (z.B. Sarkoidose)
1. Obstruktive Ventilationsstörung

Eine obstruktive Ventilationsstörung


ist durch eine Verminderung des alters- ter, die die Beurteilung des klinischen
abhängigen Tiffeneau-Index (FEV1/ Schweregrades von Asthma und COPD
IVC) auf Werte unterhalb der 5. Perzen- bestimmen. So sind z.B. bei Asthma
tile definiert. Dabei ist in der Regel auch auch die Symptomatik tagsüber und
die absolute Einsekundenkapazität nachts sowie die PEF-Schwankungen
kleiner als der Normalwert. Charakte- zu berücksichtigen. Selbst bei präbron-
ristisch ist die Abnahme der maximalen chodilatatorisch gemessener normaler
exspiratorischen Atemstromstärken. Spirometrie kann somit ein mittel-
Der spirometrische Schweregrad der schweres persistierendes Asthma vor-
obstruktiven Ventilationsstörung ergibt liegen, wenn der Patient nächtliche
sich aus der Einschränkung der FEV1, Anfälle hat (Tab. 5b). Bei der Schwere-
ausgedrückt in Prozent des Sollwerts gradeinteilung der COPD wird die post-
(Tab. 5a). Er muß nicht mit dem klini- bronchodilatatorische FEV1 gewählt,
schen Schweregrad der Erkrankungen um die chronische (scheinbar irreversi-
wie COPD oder Asthma übereinstim- ble) Lungenfunktionseinschränkung
men. Außerdem sind die Spirometrie- als Grundlage der Beurteilung heranzu-
daten nur ein Teil der Surrogatparame- ziehen, aber es werden auch die Blutga-
12 Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga

Tab. 5b. Schweregrade bei unbehandeltem Asthma (Erwachsene).

Symptome nächtliche FEV1 oder PEF


tagsüber Symptome

4 Dauersymptome häufig £ 60% vom Sollwert


schwergradig eingeschränkte PEF-Variabilität > 30%
persistierend körperliche Aktivität,
hohe Intensität +
Variabilität

3 täglich > 60 – 80% vom Sollwert


mittelgradig 1mal/Woche PEF-Variabilität 20 – 30%
persistierend

2 > 1mal/Woche > 2mal/Monat ³ 80% vom Sollwert


geringgradig < 1mal/Tag PEF-Variabilität 20 – 30%
persistierend

1 < 1mal/Woche £ 2mal/Monat ³ 80% vom Sollwert


intermittierend dazwischen PEF-Variabilität < 20%
asymptomatisch

Ein einziges Kriterium eines höheren Schweregrades ist bereits ausreichend, den Patienten
dem höheren Schweregrad zuzuordnen.
Für die Beurteilung des Schweregrades des Asthmas sollte die prädilatatorische FEV1
gemessen werden. Berechnung der zirkadianen PEF-Variabilität: Geringster PEF-Morgen-
wert bei Messungen über 7 Tage in % des PEF-Bestwertes.

Tab. 5c. Schweregrade der COPD.

Schweregrad Charakteristik
IV (sehr schwer) – FEV1/VC < 70%
– FEV1 < 30% Soll
oder FEV1 < 50% Soll und chronische respiratorische
Insuffizienz*
III (schwer) – FEV1/VC < 70%, 30% £ FEV1 < 50% Soll
mit/ohne chronische Symptome (Husten, Auswurf)
II (mittelgradig) – FEV1/VC < 70%, 50% £ FEV1 < 80% Soll,
mit/ohne chronische Symptome (Husten, Auswurf)
I (leichtgradig) – FEV1/VC < 70%, FEV1 > 80% Soll,
mit/ohne Symptomatik (Husten, Auswurf)

*Respiratorische Insuffizienz: PaO2 < 60 mmHg ± PaCO2 > 50 mmHg unter Raumluft
Die Schweregradeinteilung erfolgt anhand der nach akuter Bronchodilatation gemessenen
FEV1-Werte (postdilatatorische FEV1) in % vom Soll bei stabiler COPD.
Spirometrie 13

se berücksichtigt (Tab. 5c). Häufig ist Salbutamol in 4 separaten Dosen) bzw.


die Vitalkapazität aufgrund einer zu- vor und frühestens 30 Minuten nach In-
sätzlich bestehenden Lungenüberblä- halation eines schnell wirksamen Anti-
hung vermindert, wobei aber die Totale cholinergikums (z.B. 160 mg Ipratropi-
Lungenkapazität (TLC) normal oder er- umbromid). Ein Anstieg der FEV1 um
höht ist. Erkrankungen, die mit einer mehr als 200 ml und um mindestens
obstruktiven Ventilationsstörung ein- 15% des Ausgangswertes belegt die
hergehen, sind in Tabelle 5a aufgeführt. (Teil-) Reversibilität der Bronchialob-
Stenosen in den oberen Atemwegen struktion. Die Messung der Reaktion
(z.B. tumorbedingte Trachealstenosen der Atemwegsobstruktion auf Bron-
oder Stimmbandparesen) können zur chodilatatoren ist vor allem zur Diffe-
Plateaubildung in der Fluß/Volu- rentialdiagnose zwischen Asthma und
men-Kurve führen, d.h. große Atem- COPD notwendig: Je höher der Grad
ströme werden regelrecht gekappt. Bei der Reversibilität, umso wahrscheinli-
begründetem Verdacht auf eine zentrale cher ist die Diagnose Asthma bronchia-
Atemwegsstenose (Mundstück? Ge- le. Bei COPD wird die nach Inhalation
bißposition? Stridor!) sollte nicht nur von Bronchodilatatoren bestimmte
die forcierte exspiratorische, sondern FEV1 zur Schweregradeinteilung ver-
auch die forcierte inspiratorische Fluß/ wendet. Bei der Beurteilung der Rever-
Volumen-Kurve bestimmt werden, die sibilität ist auf die vorausgegangene
ebenfalls eine Limitierung der Spitzen- Karenz von Bronchodilatatoren zu ach-
flüsse zeigt. Da die Strömungshinder- ten (kurzwirksame Beta-Mimetika und
nisse oft mechanisch instabil sind, sind Anticholinergika 4 Stunden, langwirk-
die Fluß/Volumen-Kurven dann aller- same Beta-Mimetika und retardierte
dings schlecht reproduzierbar. Bei dem Theophyllinpräparate 12 Stunden,
optischen Eindruck einer exspiratori- langwirksame Anticholinergika 48
schen Plateaubildung in der Fluß/Volu- Stunden).
men-Kurve muß an einen Tumor oder
Stenose im Bereich der großen Atem-
wege gedacht werden! Bei der numeri- 2. Restriktive Ventilationsstörung
schen Dokumentation einer extrathora-
kalen Stenose sind folgende Quotienten Eine restriktive Ventilationsstörung
hilfreich: MIF50/MEF50 < 1,0, FEV1/ ist durch eine Behinderung der norma-
PEF > 10,0, FEV1/FEV0.5 > 1,5. Aller- len Lungenausdehnung charakterisiert.
dings ist zu beachten, dass die Sensitivi- Definiert ist sie durch eine Verminde-
tät dieser Konstellationen sehr gering rung der Totalkapazität, die allerdings
ist. spirometrisch nicht gemessen werden
Reversibilitätstest mit Bronchodi- kann. Eine verminderte Vitalkapazität
latatoren: Wird eine obstruktive Ven- alleine kann nicht den Nachweis einer
tilationsstörung vermutet, sollte ein restriktiven Ventilationsstörung erbrin-
Bronchodilatationstest durchgeführt gen. Wenn der FEV1/IVC-Quotient nor-
werden. Die Messungen der FEV1 erfol- mal oder erhöht ist, darf man allerdings
gen vor und 15 Minuten nach Inhalation bei einer verminderten Vitalkapazität
eines schnell wirksamen Beta-2-Sym- eine restriktive Ventilationsstörung ver-
pathomimetikums (z.B. bis zu 400 mg muten. Der spirometrische Schwere-
14 Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga

Tab. 6. Restriktive Ventilationsstörung.

Definition
TLC < 5. Perzentile des Sollwerts

Schweregrade
I leicht IVC > 70% Soll
II mäßig IVC 60 – 69% Soll
III mittelschwer IVC 50 – 59% Soll
IV schwer IVC 35 – 49% Soll
V sehr schwer IVC < 35% Soll

Differentialdiagnosen
a) pulmonal b) extrapulmonal
Diffuse Lungenparenchym- Pneumothorax
erkrankungen Atemmuskelschwäche (z.B. neuro-
Silikose muskuläre Erkrankungen, Myopathien,
Pneumonie Steroide, Hyper/Hypothyreose etc.)
Pneumonitis Kyphoskoliose
Cystische Fibrose (Mukoviszidose) instabiler Thorax
Bronchiektasie Pleuraerguß, -schwarte
Linksherzinsuffizienz Zwerchfellparese
(oft mit Obstruktion) Adipositas

c) Zustand nach Pneumektomie

grad der restriktiven Ventilationsstö- flow kaum erniedrigt und die Fluß/
rung ergibt sich aus der Einschränkung Volumen-Kurve exspiratorisch kon-
der IVC, ausgedrückt in % des Soll- kavbogig verformt. Beim Zustand nach
werts (Tab. 6). Sie ist ein pathophysio- Pneumektomie liegt eine restriktive
logisch sinnvolleres Maß, die behinder- Ventilationsstörung vor, wobei die Stei-
te Lungenausdehnung auszudrücken, figkeit der verbliebenen Lungenhälfte
als die FEV1, die ja ein Parameter der normal ist. Bei extrapulmonaler Re-
dynamischen Exspiration ist. Natürlich striktion ist die Lungenausdehnung
ist aber bei einer verminderten IVC trotz normaler Lunge, z.B. durch Atem-
auch die FEV1 erniedrigt. muskelschwäche oder Thoraxdeformi-
Man unterscheidet prinzipiell eine tät, vermindert. Dabei ist die Fluß/Volu-
pulmonale von einer extrapulmonalen men-Kurve kleiner und nicht verformt.
Restriktion, die jeweiligen Ursachen Zur Diagnostik der Atemmuskelschwä-
sind in Tabelle 6 zusammengefaßt. Die che als Ursache einer Restriktion ist die
pulmonale Restriktion ist durch eine Bestimmung der maximalen Inspirati-
vermehrte Steifigkeit (verminderte onskraft notwendig (siehe Empfehlun-
Compliance) der Lunge bedingt. Daher gen der Deutschen Atemwegsliga zur
ist die “Entleerung” der Lunge bei for- Messung der inspiratorischen Muskel-
cierter Exspiration durch die erhöhte funktion). Die Einteilung des Schwere-
Retraktionskraft beschleunigt, der Peak grades findet sich in Tabelle 6. Auch
Spirometrie 15

Abb. 4a. Abb. 4d.

Abb. 4b. Abb. 4e.

Abb. 4c. Abb. 4f.


Abb. 4. Krankheitszeichen.

hier muß nicht der Schweregrad der ster Hypoxie bei Lungenfibrose
Ventilationsstörung mit dem Schwere- lediglich eine leichte restriktive Venti-
grad der Erkrankung übereinstimmen. lationsstörung aufweisen.
So können z.B. Patienten mit schwer-
16 Empfehlungen der Deutschen Atemwegsliga

Abb. 5.

3. Differentialdiagnose bei zwischen den Differentialdiagnosen


verminderter Vitalkapazität Restriktion vs. Lungenüberblähung
und sollte wegen dieser Ungenauigkeit
Eine verminderte Vitalkapazität ist nicht mehr verwendet werden. Wenn
bei verminderter Totalkapazität Aus- z.B. bei einer restriktiven Ventilations-
druck einer restriktiven Ventilations- störung bei Lungengerüsterkrankung
störung, bei normaler oder erhöhter der FEV1/IVC-Quotient durch gleich-
Totalkapazität ist sie Folge einer Lun- zeitig bestehende Obstruktion (z.B. bei
genüberblähung. Erfahrungsgemäß ist Sarkoidose II und III) vermindert ist,
bei einer obstruktiven Ventilationsstö- sollte eine simultan bestehende restrik-
rung mit einem FEV1/IVC-Quotienten tive und obstruktive Ventilationsstö-
unter 55% die Verminderung der Vital- rung diagnostiziert werden (Abb. 5).
kapazität fast immer durch eine Lun-
genüberblähung bedingt. Der früher
häufig verwendete Terminus “kom- Danksagung
binierte Ventilationsstörung” für die
Kombination aus eingeschränktem Graphiken aus www.spiro-web
FEV1/IVC-Quotienten und verminder- Card.de. Wir danken Frau Dr. U. Butt
ter Vitalkapazität unterschied nicht für die redaktionelle Bearbeitung und
Spirometrie 17

Frau Barbara Criée für die graphische fizienz, immunsuppressiver oder


Bearbeitung. zytostatischer Therapie) wird an-
schließend entweder ein frischer
Pneumotachograph verwendet bzw.
Literatur können Einwegfilter entsprechend
den Empfehlungen der Geräteherstel-
Diese Empfehlungen wurden an die ler verwendet werden. Damit wird ein
offiziellen gemeinsamen Empfehlun- verläßlicher Schutz gegen Bakterien
gen der American Thoracic Society und und Viren gewährleistet, ohne daß die
der European Respiratory Society Meßergebnisse in relevantem Aus-
(ATS/ERS Task Force: Standardisation maß beeinträchtigt werden.
of lung function testing, Eur. Respir. J.
Zum Schutz des Personals und der
26: 2005) angeglichen. Allerdings wur-
nachfolgenden Patienten sollte nach je-
de für die Schweregradeinteilung der
der Untersuchung eines Patienten u.a.
restriktiven Ventilationsstörung nicht
eine sorgfältige Reinigung und Desin-
die FEV1 sondern die IVC verwendet
fektion der Hände erfolgen.
(s.Text).
Eine weitere Sicherheitsmaßnahme
besteht darin, Messungen an infektiö-
Anhang I: sen Patienten am Schluß der Lungen-
Hygieneempfehlungen funktionsuntersuchungen innerhalb ei-
nes Tages bzw. im Krankenzimmer
Insbesondere bei Verwendung von durchzuführen.
Geräten, bei denen auch inspiratorische
Atemmanöver durchgeführt werden, Damit ergeben sich folgende Mini-
sind Vorsichtsmaßnahmen zu beachten, malanforderungen:
da der Patient u.U. direkt gefährdet ist: – Demontage von Nasenklemme,
– Bei Ausstattung mit beheiztem Pneu- Mundstück und gegebenenfalls
motachographen-Sieb ist davon aus- Krümmer nach jedem Patienten, bei
zugehen, daß die meisten Keime in- unbeheiztem Pneumotachographen
nerhalb kurzer Zeit abgetötet werden. wird dieser ebenfalls demontiert
Wenn Nasenklemme, Mundstück (bzw. das stattdessen eingesetzte wi-
und Krümmer nach jeder Messung derstandsarme Einwegfilter).
gewechselt werden, ist das Risiko ei- – Sorgfältige Reinigung und Desinfek-
ner Infektion mit pathogenen Keimen tion der Hände (Kontamination!).
zu vernachlässigen. Bei unbeheizten – Montage von Krümmer, neuem
Systemen sollte nach jedem Patienten Mundstück und Nasenklemme (bzw.
sicherheitshalber der gesamte Meß- des neuen Pneumotachographen oder
kopf gewechselt oder der Einsatz von Einwegfilters).
Atemfiltern erwogen werden. – Je nach Räumlichkeit und Untersu-
– Bei erhöhtem Risiko (Hepatitis B chungsaufwand kann eine Lüftung
oder C, Mukoviszidose, offener Lun- des Lungenfunktionslabors nach je-
gen-Tuberkulose, AIDS, Immunde- dem Patienten sinnvoll sein.

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