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48 P e t e r M u n r o : Einige Votivstellen an Wp wiwt [88.

Band

A r1 i l

PETER Ml'NRO

Einige Votivstellen an WpwBwt


Hierzu Tafeln III—VI

Nachdem Wainwright 1922 im sog. Salkhana-Grab in Siut etwa 600 Stelen entdeckt und Lacau
eine kurze vorläufige Beschreibung des Materials gegeben hatte 1 , schien dieser bedeutende Fund
lange Jahre hindurch in Vergessenheit geraten. Erst in jüngster Zeit hat Brunner unsere Auf-
merksamkeit wieder geweckt durch die Veröffentlichung einer in jeder Hinsicht eigenartigen Stele
des British Museum (BM 1632), die er mit einiger Sicherheit als zu dieser Gruppe gehörig ausweisen
konnte 2 .
Auch wenn die Stelen zum größeren Teil unlesbar sein bzw. überhaupt keine Inschriften tragen
sollen3, muß es sich in der Gesamtheit um ein Material handeln, das für die Kultgeschichte von
Siut, auch für die Namensforschung und die Epigraphie aufschlußreich ist. Lohnend erscheint
die Bearbeitung auch im Hinblick auf das noch wenig erschlossene Gebiet der Provinzialkunst, zu-
mal dann, wenn es sich bewahrheiten sollte, daß die Stücke sich kontinuierlich über den langen
Zeitraum von der 18. bis zur 26. Dynastie verteilen 4 .
Die große Masse der Stelen, von denen nach Lacau 247 Exemplare Weihungen an Wp wiwt dar-
stellen, befindet sich heute im Kairiner Museum, ist einer eingehenden Prüfung jedoch nicht zu-
gänglich*.
Um so mehr erscheint es gerechtfertigt, einige Stelen, die wahrscheinlich von Wainwright's
Fund abgezweigt wurden, schon jetzt bekanntzumachen. Es handelt sich um sieben Stücke, die
ehemals in einer Kairiner Privatsammlung standen. Der Besitzer stellte mit traditioneller Lie-
benswürdigkeit die Photographien zur Verfügung und gestattete die Prüfung der Originale, wofür
ihm hier noch einmal aufrichtig gedankt sei.
Zur gleichen Denkmälergattung gehören sodann vier weitere Stelen des British Museum, die
inhaltlich zwar den oben genannten Stücken entsprechen, aber schon lange vor der Öffnung des
Salkhana-Grabes nach London kamen: BM 873, 891, 896 und 1430e.
Wahrscheinlich direkt dem Salkhana-Fund entnommen ist dagegen die Stele BM 1725. Sie
gelangte 1930 in das Museum und wurde bereits einmal von Hall kurz veröffentlicht 7 . Da diese Ver-
öffentlichung schwer zugänglich ist, sei das Stück mit Erlaubnis des British Museum hier noch ein-
mal abgebildet.

') Comptes-Rendus de l'Académie des Inscriptions et Belles-Lettres (1922), p. 379/80; vgl. auch W a i n -
w r i g h t , A SAB 28 (1928), p. 175/6; R. M o s s , J E A 19 (1933), p. 33; S o t t a s , A S A E 23 (1923), p. 34.
*) B r u n n e r , M D I K 16 (1958), p. 5ff.
3
) Mr. G. A. Wainwright war so freundlich, mir brieflich über seinen Fund noch einmal zu berichten. Er
schreibt u. a. : „. . . the vast majority are only little stamped out, or rather moulded, terra cotta things — a
few inches high — with no inscriptions but scarcely any of them were exactly reproductions of any other'".
Zu einem solchen Stück aus Ton vgl. u. Nr. 7.
4
) Die mir bisher bekannten Stücke gehören allerdings, mit Ausnahme von BM 896 (s. u.) in die Ramessiden-
zeit.
5
) Kleine Photographien von zwei solchen Stelen konnte ich im Journal d'Entrée unter Nr. 85933/4 kurz ein-
sehen. Abzüge liegen mir jedoch nicht vor, so daß die Stücke hier nicht behandelt werden können.
·) Kurz beschrieben aber nicht abgebildet im Guide, Sculpture 1909. BM 873, 891 und 896 sind am 11. bzw.
12. Juni 1907 registriert und demnach wohl zusammen gefunden und verschickt worden. Uber die Fundum-
stände ist nichts bekannt. Wir können nur vermuten, daß nicht nur im Salkhana-Grab selbst, sondern auch in
seiner Umgebung weitere Stelen aufgestellt gewesen sind, die ohne größere Grabungen aufzufinden waren.
Für die Publikationserlaubnis, die Photographien von BM 873 und 891 sowie für mehrere Auskünfte bin ich
Mr. I. E. S. Edwards und Mr. T. G. H. James zu größtem Dank verpflichtet.
') H a l l , British Museum Quarterly V (1930), p. 18, pl. IX c.
1962] P e t e r M u n r o : E i n i g e V o t i v s t e l l e n an Wp ι»·:α·ί 49

I.
B e s c h r e i b u n g der S t e l e n :
Die Stelenfläche zeigt im Prinzip die gleiche Darstellung: Eine oder mehrere Personen stehen
oder knien preisend vor Wp \v;wt und bringen ihm Opfer dar. Hinter der Standarte des Gottes
oder um sie herum sind frei laufende Caniden dargestellt. Diese können auch allein Gegenstand der
Verehrung sein. Kurze Inschriften geben die Namen des Gottes und der Stifter an.

Nr. 1 ( T a f . 111) : Rotbrauner Sandstein; 37.ô X 25 cm. An der rechten Kante unten fehlt ein
schmales Stück. Die Oberfläche des Steines ist so stark abgerieben, daß das ohnehin feine, flach
eingeritzte Bild und die Inschriften nur bei seitlicher Beleuchtung sichtbar werden.
Die Stelenfläche teilt sich in zwei Register. Oben überweist der Stifter zusammen mit seinem
Sohn den Gabentisch an Wp wiwt, Hathor und eine Gruppe von zehn Caniden. Im unteren Regi-
ster folgen zwei weibliche und fünf männliche Personen — die Familie des Stifters.
Das Standbrett der Standarte des Gottes läuft aus in einen aus dem àdéd entwickelten Wulst
und trägt außerdem zwei nebeneinander zu denkende Uräen. Wp wiwt ist mit einem durch eine
Kugel (als Wiedergabe des Knotens ?) angedeuteten Halsband geschmückt. Der Stifter trägt über
dem breiten, dreieckigen noch einen herzförmigen Schurz; die übrigen Männer haben nur den
dreieckigen Schurz, der letzte — offenbar noch ein Kind — ein enges, nicht mehr bestimmbares
Kleidungsstück. Die Frauen erscheinen in langen, durchsichtigen Gewändern und tragen Salbkegel
und Blume auf dem Kopf. Nur sie und der Stifter haben Perücken.

Die Inschriften:
Äußerste linke Kolumne des umrahmten Schriftfeldes: \ J jjä§

Fortsetzung links daneben, nicht umrahmt: ^ | (sie)

Vor der Göttin : ? ΞΞΞΓ ?


O l ' I l U û '
Die Epitheta sind so gut wie unlesbar. Ob unter nb. t noch ein Zeichen stand oder die Spuren nur
Kratzer sind, bleibt offen. Die beiden oberen Zeichen der 2. Kolumne mögen immerhin ^ dar-
t I ' J

stellen, das gewöhnlich als ύ^Ω erscheint, von Gauthier 1 midn gelesen wird und einen Platz
ΑΛΛΛΛΑ
bei Siut bezeichnet, der unter der Herrschaft der Hathor stand 2 . Merkwürdig bliebe dann freilich
der direkte Anschluß von ρ Λ tS.wj. Eine seltene Schreibung von mSdn — | legt darum
den Gedanken nahe, daß gar nicht p.t, sondern © ^ zu lesen ist und auch die folgenden Striche
noch zum Ortsnamen gehören.

Uber dem Stifter : - w ^ I—I | (j (j | λ^λλλ ^ ^ r " ^ ^ ^ !j ^ 4

1. Sohn: ? 1 ^,,Τ,^Ι;

1.Tochter: (sic!) V ^ j g ^ D l

2. T o c h t e r : ^ * — V ^ . ^ T á O I

') Gau t h i e r , Diet, géograph. III, p. 26.


2 ) Belege: C h a s s i n a t - P a l a n q u e , Nécropole d'Assiut passim u. Gauthier, op. cit.
3 ) C h a s s i n a t - P a l a n q u e , op. cit. p. 231.

4) Die Lesung des Namens ist zweifelhaft; ob einfach nur Ddjhrj?


s ) Der Name Pi wnS (der „Schakalswolf") erscheint häufiger im N R ; vgl. R a n k e NW. p. 194, 3. Er steht

hier ganz eindeutig in Beziehung zum Ortsgott. Vgl. auch die Namen des 5. Sohnes und der 2. Tochter.

50 P e t e r M u il ro : Einige Votivstellen an Wp u" n-t [88. Band

3. S o h n : ^ i • (?) T s *
ΛΛΛΛΛΛ JÜPS· I \\Y\\\\

I
4. S o h n :
raía-
5. S o h n : ^ I

6. S o h n : ι ΛΛΛΛΛΛ
•ci

N r . 2 ( T a f . I I I ) : K a l k s t e i n ; 36 X 27 cm. Die Darstellungen sind ziemlich tief, teilweise sehr


detailliert und mit einiger Akkuratesse eingeschnitten.
Der Stifter räuchert dem Gott auf der S t a n d a r t e ( Wp wiwtsni./, shm
ti.wj) und überweist ihm einen Opfertisch. E r trägt einen dreifach gelegten Schurz, darüber den
herzförmigen Schurz, einen Halskragen und eine Perücke.
Eine Eigenheit der Wp wiwt-Standarte bildet die große ^«-Hieroglyphe neben dem Tier auf dem
Standbrett, die zweifellos auf das Epitheton sm' .j zu beziehen ist. Da auch auf Nr. 4 (s. u.) ein
Zweig in Verbindung mit dem Emblemtier erscheint, könnte es sich um die bildliche Übertragung
einer wirklich in d a s S t a n d b r e t t gesteckten Pflanze handeln.
Sieben frei laufende Caniden sind hinter der Standarte dargestellt 2 .

N r . 3 ( T a f . 111) : K a l k s t e i n ; die Maße waren nicht mehr feststellbar. Die rechte K a n t e der Stele
ist stark geschrägt; Darstellungen und T e x t sind sauber eingeschnitten.
Die Inschrifft l a u t e t :

Der Stifter h a t — entsprechend seinem priesterlichen A m t — einen kahlen Schädel ; er trägt


eine Schärpe und einen Schurz mit fächerförmigem, gefaltetem Vorderteil. Auf dem Opfertisch
ist neben der V a s e und zwei Broten eine Reihe weiterer Gaben durch einen umrahmten Halbkreis
angedeutet.
Drei der vier Caniden sind mit dicken Leibern dargestellt.

N r . 4 ( T a f . I I I ) : Poröser K a l k s t e i n ; 20 X 15 cm. Erhaltungszustand und technische Aus-


führung sind so minderwertig, daß ζ. B . die (heute abgebrochene) Inschrift nur noch erraten werden
konnte:

Die Stifterin t r ä g t eine Perücke mit Salbkegel und ein langes Gewand. Die Wp wiwt-Standarte
steckt in einem K a s t e n , vermutlich dem Traggestell für Prozessionen.
Besonderheiten der Darstellung sind der Palmenzweig (?) über der S t a n d a r t e und die vier Cani-
den: sie sind nicht wie üblich frei laufend sondern liegend dargestellt 4 .

N r . 5 ( T a f . I V ) : K a l k s t e i n ; 23,5 X 19 cm. Die Darstellung wirkt hölzern und ungelenk, die


Schriftzeichen sind äußerst flüchtig eingeschnitten und teilweise zerstört:

là^i-v^i-^Mion'Tn'-ki-fri'à
·) Zum N a m e n Èdj vgl. R a n k e N W . I., p. 323, 10. Auch er scheint sich auf den Ortsgott zu beziehen: vgl.
Éd. als Bezeichnung des Schakalgottes auf der S t a n d a r t e .
2) Zur Form der Standlinien vgl. Abschnitt II.

3 ) Der N a m e ist nicht ganz k l a r ; vgl. jedoch ähnliche F o r m e n : R a n k e , N W . I, 114, 3 u. 5.

4) Vgl. dazu Abschnitt II.


TAFEL III

Nr. 3 Nr. 4
T A F E L IV

Nr. 7 BM 873
1962] P e t e r Mu η ro : Einige Votivstellen an Wp Λ>·ΛΊ 51

Der Stifter trägt einen kurzen Schurz, seine Frau ein langes Gewand und eine Perücke mit einer
Blume. In den Händen hält sie eine Vase mit langem Hals und ein rundliches Gefäß.
Auf dem Opferständer liegen Fleischstücke ( ?), darauf steht eine flache Schale mit Henkeln. Die
Strichelung darüber soll wohl aufsteigenden Weihrauch andeuten.
Die Standarte hat ein größeres sdéd und einen Uräus. Anstelle der sonst üblichen Caniden steht
ein großer Blumenstab hinter dem Standartenschaft.

Nr. β (Taf. IV) : Kalkstein: 24 χ 17.5 c m : auf dem Körper des Mannes sind noch rote Farb-
spuren zu sehen. Die Zeichnung ist roh und unproportioniert, der Text nachlässig eingraviert und
heute teilweise unlesbar:

Der Stifter erscheint entgegen der Regel auf der linken Bildhälfte. E r ist als Web-Priester bar-
häuptig, trägt den dreieckigen Schurz und hält ein Räuchergerät.
Die Standarte des Wp w;wt hat keinen Schaft. Am Hals des Emblemtieres scheint ein Band an-
gedeutet zu sein. Ein freilaufender Canide mit dickem Leib in geduckter Haltung befindet sich
direkt unter dem Standbrett.

Nr. 7 (Taf. IV) : Gebrannter Ton; 19 X 13 cm. Der Körper des Mannes, die Tiere, der Wimpel
am Standbrett und dieses selbst zeigen Spuren roter Farbe; die übrigen Teile waren gelb bemalt.
Die Qualität der Darstellung ist mittelmäßig. Von den Inschriften sind nur Teile der Epitheta des

Gottes plastisch erhalten: ^ tja | [ j·

Hinter dem Schaft der Wp wiwt-Standarte sind sechs laufende Caniden abgebildet.
Auch hier steht der Stifter auf der linken Bildseite. Die Umkehrung — bei allerdings nicht seiten-
verkehrten Schriftzeichen — kann in diesem Fall als Spiegelbild erklärt werden, das sich beim
Abdruck einer „normal" ausgerichteten Schablonendarstellung in eine Tonfläche ergab. Die über
'die Ränder der Schablone gedrückten, mitgebrannten Tonreste sind links noch gut erkennbar.
Das Stück ist als Beispiel für eine in Massen billig herstellbare Votivstele interessant (vgl. aber
Einleitung Anm. 3). Treten nur die den Gott bezeichnenden Hieroglyphen plastisch hervor, so
beruht das wohl nicht auf Zufall: Sie waren als unveränderliche Devise in die Schablone einge-
graben, während der Name des jeweiligen Stifters erst beim Kauf mit Tinte bzw. Farbe eingesetzt
wurde.

BM 8 7 3 ( T a f . IV) : Kalkstein; 51 X 24 cm. Die nackten Körperteile des Mannes sind rot, die
Perücke schwarz und Teile der Standarte gelb bemalt, die Umrußlinien sorgfältig geschnitten.
Der Stifter — mit dreieckigem, steifem Schurz, Hemd und Perücke — kniet ΛΌΓ der Wp wiwt-
Standarte. Sie hat ein stark eingerolltes sdsd und einen großen Uräus. Unter ihrem Standbrett,'vor
und hinter dem Schaft, erscheinen je zwei Caniden.
Merkwürdig ist das Fehlen jeglicher Inschrift; keinerlei Spuren weisen auf einen mit Tinte auf-
getragenen Text. Gleichsam anstelle des Textes füllen insgesamt 59 kleine Caniden die 9 Zeilen
unterhalb des Bildfeldes (vgl. Widderstele, Anhang).

BM 8 9 1 ( T a f . V) : Kalkstein; 27,5 X 20 cm. Die Darstellungen sind deutlich aber ohne großes
Geschick, die Hieroglyphen sehr flüchtig, teilweise unlesbar oder entstellt eingeritzt.
Der Stifter (mit dreieckigem Schurz, Hemd und Perücke) bringt keinen Opfertisch sondern einen
hohen Blumenstab dar (vgl. Nr. 5). Die Standarte mit auffallend dickem Schaft und großem Uräus
steckt in einem Tragkasten. Hinter dem Schaft erscheinen wieder vier laufende Caniden.
Eine zweizeilige Inschrift unter dem Bildfeld besagt:
P „ -k y KSSKi
52 P e t e r M u n r o : Einige Votivstellen an Wp wiivt [88. Band

„Eine Weihung dess/ciO-Offiziers 1 der jw' ./-Truppe 2 des Pharao — er lebe, sei heil und gesund — 3
Mj4. Sei mir gnädig, Wp wBwt 5 zu Deinem Hause."

Die Beischrift liber dem Spender wiederholt (neben dem Gottesnamen) die ersten Worte des
Weihetextes:

é l U l ^ S — 3 ' "ή

BM 8 9 6 ( T a f . V ) : Kalkstein; 33 χ 23,5 cm. Die Räuchergefäße zwischen den Caniden, zwei


Brote und die Blumen sind gelb, die Perücken, Augen und Einzelteile der Kleidung schwarz, die
Schurze weiß und alle übrigen Teile braunrot ausgemalt.
Die Fläche gliedert sich in drei Register. Im untersten stehen eine Frau und ein Mann mit lang-
stieligen Blumen vor einem Opfertisch, auf dem Brote, Fleisch und eine Räucherschale liegen. Die
Frau trägt eine schwere lange Perücke und offenbar nur einen engen Rock, der Mann eine kurze
Haarkappe und einen breiten, kurzen Schurz. Inschriften fehlen.
Das Opfer richtet sich an vier laufende Caniden, die plump gezeichnet aber deutlich dem Wp
wiwt nachgestaltet sind. Sie stehen paarweise, einander anblickend, in den oberen Registern, je-
weils antihetisch um ein Räuchergefäß geordnet (vgl. BM 1430).

BM 1 4 3 0 ( T a f . V) : Kalkstein; 53,5 X 35 cm; keine Farbspuren. Die Fläche ist aufgeteilt in ein
geräumiges Feld und fünf schmale Streifen darüber. Unten knieen, nach rechts gewendet und die
Hände preisend erhoben haltend, drei Personen vor einem Opfertisch. Die Inschrift bezeichnet den
Stein als
8 ^ ® eine Weihung des Stallobersten des Herrn der beiden Länder
ΛΛΛΛΛΛ I ^ 1 ) ΜΛΜ* Τ C_1

Hnsw.
Die beiden anderen Personen sind:
I ^ p * ^ ^fj ' seine Schwester ( = Ehefrau), die Hausherrin Ti wr(. t) selig und

c^j ^ ^ ^ I] ^ ' seih Sohn, Schatzhausschreiber des Herrn der beiden Länder
Hrj selig.
Die Männer tragen kurze Perücken und breite, steife Schurze, der Stalloberst außerdem einen
herzförmigen Schurz. Die Frau mit langer Perücke und weitem Gewand hält in der Linken ein
Bügelsistrum (kein 'wA-Zeichen!).
Empfänger des Opfers sind zehn Caniden, in fünf Registern wie auf BM 896 paarweise anti-
thetisch um ein brennendes Räuschergefäß geordnet, dargestellt. Sie haben ungewöhnlich plumpe
Leiber, spitze Gesichter, nach hinten gelegte, überlange Ohren und kurze Beine und erinnern damit
allenfalls an Füchse. Die fünfmal wiederholte Inschrift bezeichnet sie jedoch ausdrücklich als
Wp wBwt.

BM 1 7 2 5 ( T a f . V) : Kalkstein, 29,5 X 24,2 cm; keine Farbspuren.


Vor der Wp wiwt-Standarte und fünf frei laufenden Caniden stehen ein Mann und seine Frau. Die
Beischrift lautet:

') Belege und Varianten vgl. W B . IV. p. 319 u. 17 ; vgl. auch die Variante in der Bildbeischrift.
) Vgl. W B . I, p. 5 1 , 1 1 ; besonders als Besatzungstruppe im Ausland belegt.
2

3 ) Die im Guide, Sculpture, 1909 p. 246, E x h . Nr. 915 vorgeschlagene Lesung „die Schakale des Pharao" er-

übrigt sich, da sie syntaktisch nicht einzuordnen ist und — wesentlicher — sowohl das t vor n i wie das ' unter jw
unberücksichtigt läßt. Auch handelt es sich bei dem Stifter wohl nicht um einen Toten; vgl. dazu Abschn. III.
4 ) Vgl. R a n k e , NW. I, p. 145, 23: männl. Name ^ ^ (j (j.
) Die Zeichen sind mir unverständlich. Die Phrase dürfte aber etwa den Sinn ,,. . . der ich gekommen bin'"
5

gehabt haben.
1962] P e t e r M u n r o : Einige Votivstellen an Wp tv/ivf 53

Die Frau des Stifters hält ein brennendes Räuchergefäß und eine große Traube. Die Figur ist
unvollständig, die Füße sind versehentlich nicht eingeritzt. Der Stifter bringt den Göttern mit
der Linken eine Schale auf hohem Fuß dar und gießt mit der Rechten Harz bzw. Weihrauch aus
einer Phiole auf das schon brennende Opfer aus Fleisch und Broten. Dieses liegt auf einem breiten,
gefäßförmigen Opferständer.

Schließlich ist auf eine Stele des Berliner Museums hinzuweisen 1 . Sie zeigt den Stifter — mit
herzförmigem Schurz und Perücke — wiederum links vor fünf kurzbeinigen, ungewöhnlich dicken
Caniden. Wp wiwt auf der Standarte selbst fehlt. Die Beischrift nennt den Stifter:

Die oben beschriebenen Einzelzüge, die Wiedergabe der menschlichen Figur mit großer Gewand-
fläche und verhältnismäßig zarten Gliedmaßen, der Zeichen- und Schriftstil sowie die Art der
Flächengliederung machen es sicher, daß die sieben Kairiner Stelen und BM 873, 1430 und 1725
sowie die Berliner Stele in der Ramessidenzeit entstanden sind.
Lediglich BM 896 ist vielleicht später anzusetzen. Zu dieser Vermutung führt der Vergleich des
Stückes mit einer Stele Scheschonq I I I (oder IV) aus der Oase Dachla 2 , der es hinsichtlich der
Schneidetechnik, der Struktur der Figuren, des Gesichtsschnittes (Schnitt der Augen!), der Ge-
wandwiedergabe (vgl. besonders die Gestaltung des Schurzsaumes) und der Figurensyntax ähnelt.
Der Vergleich beider Stücke erscheint trotz der immerhin großen Entfernung der Fundorte von-
einander durchaus berechtigt, da Siut über den arabisch so benannten „Pfad der Vierzig (Tage)" bis
in die jüngste Zeit hinein d a s Bindeglied zwischen den Oasen Charga und Dachla und dem Nil-
tal bildete. Handwerker vor allem aus Sjut dürften also für die Oasen gearbeitet haben.
Eine genauere Datierung von BM 896 wird allerdings erst möglich sein, wenn einmal der ganze
Fund zugänglich ist.

Gemessen an den Ergebnissen, die Brunners Bearbeitung der Londoner Stele BM 1632 erbrachte
und die von einer Veröffentlichung des Gesamtfundes zu erwarten sind, bietet das hier vorgelegte
Material wenig. Damit erübrigt sich vorläufig auch eine ins Einzelne gehende Auswertung. Trotz-
dem sei auf zwei Fragen hingewiesen, die sich bereits bei der Betrachtung dieses spärlichen Mate-
rials stellen.
II.

Bei der Besprechung der die Wp wSwt-Standarte umgebenden oder sie teilweise ganz ersetzenden
Caniden beschränkte Brunner 3 sich auf die Feststellung, daß einige Tiere offenbar als weiblich ge-
kennzeichnet seien. Gleichzeitig verweist er auf ähnliche Vielheiten heiliger Tiere, auf Schlangen
um die Meret Seger in Deir el Medine und Ibisse auf Stelen aus Hermopolis. Im übrigen sei der
Befund jedoch noch ungeklärt. Eine Antwort auf die Frage nach der Bedeutung der Tiere erscheint
mir dennoch möglich.
Die neuen Beispiele bestätigen zunächst, was schon BM 1632 erkennen ließ : die Caniden unter-
scheiden sich in den meisten Fällen formal klar vom Wp wiwt auf der Standarte. Nicht nur pflegen
die Leiber der frei dargestellten Tiere dicker zu sein; auch die Beine sind grundsätzlich „geöffnet"
und die Hälse — beim Emblem gewöhnlich hoch aufgereckt 4 — kürzer und gedrungener wieder-
gegeben. Die beim Standartentier stark gespannte Körperhaltung ist bei den Caniden durch eine

') Vgl. B o n n e t , Bilderatlas Nr. 50 ohne Angabe der Nr. und sonstiger Einzelheiten. Der jetzige Aufbewah-
rungsort ist mir unbekannt.
2 ) Oxford 1894. 107b; vgl. die Abbildung S p i e g e l b e r g , R E C . X X V , p. 194/6. 3 ) B r u n n e r op. cit. p. 8.

4 ) Was sich sogar in einem bisher einmal belegten Epitheton ausdrückt : „mit hohem Hals" ; vgl. ZÄS 85 (1959)

1. Heft p. 64.
P e t e r Μη u r o : Einige Votivstellen an Wp ιΐ'-ιΐΊ [88. Bandi

eher geduckte, schleichende Haltung ersetzt. Diesem Befund stehen in unserem Material jedoch
drei wichtige Ausnahmen gegenüber.
Auf Nr. 2 ersetzt die einfache Standlinie der Tiere (ausgenommen beim untersten) eine Linie
mit vorn aufgebogenem, verdickten Ende. Fehlt zwar der Schaftansatz, so dürfte dennoch diese·
Gestaltung durch die bildliche Wiedergabe des Standbrettes der Wp «rcii-Standarte mit dem
sdsd angeregt worden sein.
Ein anders ausgedrückter Versuch, Emblem und Begleittiere einander äußerlich ähnlich zu
zeichnen, wird auf Nr. 1 sichtbar. Die Caniden haben zwar wie üblich die geöffnete Beinstellung,
ihre Leiber sind jedoch strichartig dünn, also dem des Emblemtieres ganz entsprechend gegeben.
Umgekehrt hat dieses einen betont kurzen Hals.
Den dritten Hinweis liefert Nr. 4, wo die Caniden liegend dargestellt und damit dem Bild de»
Anubis nachgestaltet sind. Wp wiwt und Anubis aber wurden, wie hinlänglich bekannt, gemeinsam
in Siut verehrt — abgesehen davon, daß sie ursprünglich wohl überhaupt zwei nur äußerlich ver-
schiedene Formen der gleichen Macht darstellen 1 .
Diese vereinzelten Hinweise erhalten schließlich eine schlagende Bestätigung auf BM 1430, wo
die unförmigen Caniden fünfmal expressis verbis als Wp wiwt bezeichnet werden, während die
eigentliche Standarte überhaupt nicht erscheint.
Damit ergibt sich, daß grundsätzlich E m b l e m - und B e g l e i t t i e r e als i d e n t i s c h empfunden
wurden, Erscheinungsformen derselben Macht waren.
Es fragt sich andererseits, was gegenüber den genannten Ausnahmefällen die sonst so deutliche
Verschiedenheit in der Gestaltung bedingte. Der Vergleich beider Kategorien hatte ja, um es noch
einmal zusammenzufassen, ergeben:
Während das Emblemtier in jeder Beziehung „abstrahiert, idealisiert" wirkt, indem die charak-
teristischen Eigenschaften des Caniden — Schnelligkeit, Wachsamkeit — und seine typischen
physischen Merkmale — lange Beine, der auf die Fersen hängende Schwanz, schmaler Leib mit
eingezogenen Flanken, schlanker Hals und spitzer Kopf — übersteigert und zu einem in der Natur
so gar nicht vorkommenden Wesen „addiert" werden, ist die Wiedergabe der Begleittiere betont
naturalistisch. In ihnen erkennt man die — freilich teilweise ganz degenerierten — n a t ü r l i c h e n
V o r b i l d e r des Emblems.
Das nur ausnahmsweise überbrückte Nebeneinander der beiden Gestaltungsweisen kann nun
vielleicht als Spiegelbild dessen verstanden werden, was die Künstler im Tempelbezirk mit eigenen
Augen vor sich sahen : auf der einen Seite die Standarten des Wp wiwt, deren Aussehen durch ur-
alte Traditionen wesentlich festgelegt war, auf der anderen Seite ein Rudel von männlichen und
weiblichen Tieren, die sich in (etwa durch Kreuzung bedingten) Einzelzügen unterschieden, in
ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Caniden aber doch eine gewisse Einheit bildeten.
Stellte man solche Gruppen von Caniden immer wieder zusammen mit der Standarte dar, so
kann darüber hinaus vielleicht angenommen werden, daß es sich um Tempeltiere handelt, die im
Bezirk des Heiligtums gehalten und als lebende Abbilder des Wp wiwt verehrt wurden 2 .

') Vgl. dazu u. a. H e l c k , Archiv orientálni 18 (1950), p. 127.


2
) Es ist vielleicht kein Zufall, wenn die Begleittiere gerade auf Stele Nr. 1 am weitesten abstrahiert erschei-
nen. Trotz mancher Nachlässigkeit in Einzelheiten macht die Stele als Ganzes gegenüber den anderen E x e m -
plaren doch einen weniger provinziellen Eindruck. Sie könnte von einem Künstler gearbeitet sein, der eine ge-
wisse Schulung in der Residenz bzw. in einem der traditionellen Zentren der Kunst erhalten hatte. Soweit man
bislang übersehen kann -— doch das wäre durch gründliche Untersuchungen noch genau zu belegen — g e s t a t t e t
die offizielle Kunst sich kaum die Darstellung „zufälliger" Einzelzüge, die nicht durch den Kanon erfaßt und in
festgelegte Formen gebracht sind. Die Provinzkunst dagegen scheint solche „Freiheiten" eher durchgehen zu
lassen, wie ja auch die singuläre Darstellung auf BM 1632 andeutete. So m a g es dem Künstler der Stele Nr. I
geradezu „unschicklich" vorgekommen sein, die lebenden Caniden einfach so wiederzugeben, wie er sie in Wirk-
lichkeit sah.
Sollte im übrigen die vorgeschlagene Deutung der Begleittiere richtig sein, so ergäbe sich eine weitere Be-
stätigung für die sich allmählich durchsetzende Ansicht: alle Versuche, die Vorbilder der einzelnen, in Namen
TAFEL V

BM8D1 BM 896

BM 1430 BM 1725
T A F E L VI

Widder-Stele Kairo
19621 P e l t · r jM u η r o : Einige Votivstellen an IF ρ «•: ι vt oo

E i n e solche D e u t u n g bleibt freilich h y p o t h e t i s c h , solange sie nicht durch S a c h f u n d e (etwa


a r c h i t e k t o n i s c h e Reste), durch Titel und Inschriften direkt b e s t ä t i g t wird. Zwar ist die Heilig-
h a l t u n g ganzer Tiergruppen, in denen m a n sich die Gottheit verkörpert d a c h t e , in A n s ä t z e n
s p ä t e s t e n s seit der 18. D y n a s t i e 1 , in w e i t e m U m f a n g für das s p ä t e Ä g y p t e n durch a u s g e d e h n t e Tier-
friedhöfe bezeugt 2 , doch steht der Beweis, d a ß es sich dabei um B e s t a t t u n g e n regelrechter T e m p e l -
tiere handelt, aus. Nicht einmal für T u n a el Gebel ist der e i n d e u t i g e N a c h w e i s zu erbringen, d a ß
d i e gartenartige A n l a g e t a t s ä c h l i c h der A u f n a h m e von heiligen Ibissen g e d i e n t hat 3 .
Z u g u n s t e n der vorgeschlagenen D e u t u n g kann jedoch der B e f u n d in M e m p h i s (und für die
p t o l e m ä i s c h e Zeit in A r m a n t ) angeführt werden, wo. w e n i g s t e n s seit d e m N R durch die B e i s e t z u n -
g e n in Saqqara nachweisbar, zwar nicht eine ganze Herde aber d o c h j e w e i l s ein einzelner Stier
als lebende E n t s p r e c h u n g des A p i s gehalten wurde. D a m i t erscheint es g r u n d s ä t z l i c h gerecht-
fertigt. die A n n a h m e ähnlicher K u l t f o r m e n auch für Siut w e n i g s t e n s als A r b e i t s h y p o t h e s e auf-
rechtzuerhalten.
B e s c h r ä n k t e m a n sich in Siut nicht auf ein einzelnes Tier sondern gab d e m G o t t ein g a n z e s
R u d e l lebender Tiere bei, so k o n n t e m a n sich dabei auf längst v o r g e z e i c h n e t e , alt überlieferte Kult-
b e s t ä n d e berufen.
B e k a n n t l i c h tritt in ausführlichen Darstellungen des S e d f e s t e s Wp w3wt z u s a m m e n m i t einer
A n z a h l gleichförmiger S t a n d a r t e n auf. Bei Niuserre in A b u Gurob sind e s vier 4 , in Soleb e b e n f a l l s
vier® und in B u b a s t i s vier bis sechs Caniden-Standarten®. D o r t e r s c h e i n t a u ß e r d e m die merk-
w ü r d i g e K o n s t r u k t i o n einer m o n u m e n t a l e n Wp w i w i - S t a n d a r t e , an deren S c h a f t Caniden empor-
klettern 7 . E i n e v e r w a n d t e K o n s t r u k t i o n ist im Hibis-Tempel d a r g e s t e l l t : drei Caniden s t e h e n auf
e i n e m S t a n d b r e t t 8 . In Soleb und B u b a s t i s aber ist die H a u p t s t a n d a r t e a u s d r ü c k l i c h als „ H e r r v o n
S i u t " bezeichnet. D a m i t dürfen wir unterstellen, d a ß hier ein Bild vorliegt, w i e es sich ähnlich
a u c h im K u l t v o n S i u t darbot*.
E i n sehr viel älterer, schriftlicher H i n w e i s auf Canidengruppen u m Wp wiwt dürfte in d e n
T i t e l n des H'pdfi e n t h a l t e n sein. Dieser Gaufürst v o n S i u t n e n n t sich u. a. :

und Attributen unterschiedenen Canidengötter zoologisch genau zu bestimmen, sind müßig, weil eine ent-
sprechende Scheidung auf ägyptischer Seite gar nicht vorliegt. Spricht man nicht mehr von Wolf, Schakal,
Schakalswolf und Hund sondern einfach von Caniden, so wäre das nicht Ausdruck unserer Unfähigkeit, „hin-
ter die Kulissen zu sehen" und ordnend zu trennen; es entspräche vielmehr dem Wesen, einer schon ursprüng-
lichen Regellosigkeit des Dargestellten selbst.
Dann stellt sich allerdings die Frage, warum Griechen und Römer ziemlich konsequent an der Trennung von
ll'p wiwt und Anubis nach Wolf und Hund festhielten (am deutlichsten ausgedrückt in den Stadtnamen Lykon-
polis und Kynopolis), von neuem. Ist die Lösung etwa in einer der ägyptischen vollkommen entgegengesetzten
Denkweise zu suchen, die das sorglose Vermischen nur ähnlicher aber nicht identischer Phänomene einfach
nicht akzeptieren konnte und ihnen darum eine nachträgliche Ordnung a u f p r ä g t e ?
') Vgl. B o n n e t , Reallexikon p. 815/6: ein im Kanal ertrunkener Ibis wird sorgsam beigesetzt; Steinsarg mit
beigesetzter Katze.
2
) Vgl. E b e r s , Cicerone II, p. 163: Reste einbalsamierter „ H u n d e " und „Schakale" in der Nekropole von
Siut; P e e t , Cemeteries of Abydos II, p. 99ff. und Archeol. Report 1910/11, p. 4/5: Canidenmumien römischer
Zeit in Abydos. Zum Problem allgemein vgl. H o p f n e r , Tierkult, Einleitung und passim.
3
) Vorläufig muß also auch Rees' Behauptung (Pauly-Wissowa, X I I I , 2311), das Salkhana-Grab habe als
,,Bestattungsplatz der heiligen Wölfe von der 18. Dynastie a n " gedient, als unbewiesen gelten, auch wenn sie der
oben vorgetragenen Deutung entgegenkommt.
4
) Vgl. v. B i s s i n g - K e e s , Reheiligtum II, pl. 11, Nr. 27; die Vierzahl kann zufällig sein; sie kann sich aber
gerade in dieser noch relativ alten Quelle auf die Errichtung von Wp wswt-Standarten auf den vier Mauerecken
als zentralen Akt des Herrschaftsantrittes beziehen; vgl. dazu ZÄS. 86 (1961), Heft 1, p. 67ff.
5
) LD. III, 85c; vgl. außerdem LD. Text 5, p. 238, Register 2: Fries mit Caniden- und Falkenstandarten.
«) Ν a v i l i e , Festival-Hall, pl. II, Nr. 11; pl. IX, Nr. 12; pl. X I I I , Nr. IV.
7 8
) N a v i l l e , op. cit., pl. IX, Nr. 7, 8. ) Metropol. Mus., The Temple of Hibis, pl. 33.
9
) Dabei interessiert uns hier nicht, ob dieses Kultgut ursprünglich dort entstand oder, was viel wahrschein-
licher ist, erst relativ spät dorthin übertragen wurde.
56 P e t e r M u n r o : Einige Votivstellen an Wp w:wt [88. Band

„der die b-.wNhn schmückt und die Leiber der Schakale, der Götter, die Horus geleiten, aus-
stattet" 1 .
III.
Das Bedürfnis, die Gottheit im lebenden Tier mehr als im Kultbild anzubeten, ist, wie Bonnet
vermutet 2 , zunächst in den Schichten geringerer sozialer Stellung wach geworden. Diese Annahme
würde sich in unseren Stelen — legen wir die oben vorgeschlagene Deutung der Begleittiere zu
Grunde — bestätigen. Ihre Stifter bekeleideten, mit Ausnahme des Besitzers von BM 1430, keiner-
lei oder doch nur untergeordnete Stellungen.
Mehrere von ihnen sind außerdem, wie die Tracht, der für die Uniform des späteren NR typische
herzförmige Schurz, erkennen läßt, Soldaten. Der Stifter auf BM 891 bezeichnet sich sogar als
Offizier kleineren Ranges in der jw'./-Truppe des Pharao. Erscheint diese Truppe aber vornehm-
lich als Besatzung im Ausland, so könnte der Weihspruch des Mannes „sei mir gnädig, Wp wiwt1'
geradezu wie ein Gebet vor dem Auszug ins Feld anmuten.
Nach dem zu urteilen, was die Denkmäler bislang erkennen ließen, war Wp wiwt (als eine der
Erscheinungsformen des Königs) nur in frühester Zeit eine Macht, die „leibhaftig" im Kampf auf-
t r a t , wirklich dem König voran in die Schlacht zog. Zwar sprechen fast alle ihn betreffenden Texte
in Phrasen des Kämpfens, des Wütens unter den Rebellen und Feinden. Dennoch handelt es sich
in den Zusammenhängen, wo diese Texte vorkommen — im Bereich des Totenrituals, der Osiris-
Mysterien und im Tempelkult — nur mehr um ein rituelles S p i e l . Dabei ist es schwer nachzu-
zuprüfen, wie weit die Standarte nur noch ein zur Ausstattung, zur „Kulisse" gehöriges und um
der Tradition willen übernommenes Symbol darstellte, wie weit man an die Wirksamkeit des
Gottes noch wirklich glaubte.
In keiner der vergleichsweise realistischen Schlachtdarstellungen des NR jedenfalls erscheint die
Standarte als Feldzeichen vor dem König oder der Mannschaft. Allenfalls beruft sich ein Gaufürst
der ersten Zwischenzeit in Siut darauf, bei der Vertreibung der Feinde „nach den Plänen des
Wp w?wt" gehandelt zu haben 3 .
»Was dagegen Wp wSwt in seiner Stellung als Stadtgott von Siut angeht, so dürfte man ihm hier
eine umfassende Wirksamkeit in a l l e n Situationen des Daseins zugeschrieben haben, ohne daß
dabei der kriegerische Aspekt irgendwie im Vordergrund stand.
Es wäre nun aufschlußreich zu wissen, ob der Stifter der Stele BM 891 tatsächlich in Siut be-
heimatet war oder aber aus einem anderen Teil des Landes kam.
Im ersten Falle könnte man seinen Worten nicht mehr unterstellen, als daß sie ein Gebet zu
G o t t schlechthin (hier zufällig in der Gestalt des Wp wiwt erscheinend) darstellen. Dieses Gebet
könnte sich auf eine im Kriege entstandene Notlage beziehen, genau so gut aber jedes andere An-
liegen betreffen.
Ein für die Geschichte des Gottes neuer Aspekt ergäbe sich jedoch, wenn es sich bei der Stele um
die Weihung eines nicht aus Siut stammenden oder dort ansässigen Soldaten handelte. Der Text
lieferte dann vielleicht einen Hinweis darauf, daß Wp wiwt nicht nur als Stadtgott in Siut, als
Wegbereiter des Osiris (und des Toten überhaupt) in Abydos und als Begleiter des jeweiligen Got-

*) Urk. VII, p. 56,18 f; ob hier Standarten oder steinerne Figuren der hockenden bi.tv mit Canidenköpfen
oder aber, was ich für am wahrscheinlichsten halte, beide Gattungen gemeint sind, steht dahin. Im übrigen kann
man fast mit Sicherheit annehmen, daß fallweise die lebenden Caniden als „bs.w Nhn" bezeichnet wurden,
selbst wenn sie zu der Vielheit der Standarten eine unmittelbare, bewußt gezogene Verbindung nicht gehabt,
sondern diese nur ein anregendes Vorbild abgegeben haben sollten.
Zum Auftreten von lebenden „Hunden" in Isis-Prozessionen der Spätzeit vgl. D i o d o r , Biblioth. histor. I. 87
(bei H o p f n e r , Fontes, p. 128), von zwei „Wölfen" in einer kultischen Handlung: Herodot II, 122 (bei H o p f -
ner, Fontes, p. 25). Daß Herodots Erzählung nicht bloße Fabelei darstellt und der beschriebene Ritus wahr-
scheinlich auf eine Kernszene beim Herrschaftswechsel zurückgeht, kann hier nicht ausführlich dargelegt werden.
2
) Reallexikon p. 816.
3
) B r u n n e r , Siut-Texte p. 28, 25, 2.
1962] P e t e r Munro : Einige Votivstelien an Wp α·:ιΐ·ί 57

tes in den verschiedenen Tempeln, sondern zeitweilig auch als eine Art „ S c h u t z p a t r o n " im
ägyptischen Heer Verehrung genoß.
Daß diese, an die ursprüngliche Bedeutung des „Wegeöffners" anknüpfende Vorstellung gerade
in der Ramessidenzeit wieder hervorträte, wäre wohl kein Zufall. Sie fiele in die unruhige Periode
zahlreicher Kriege, in denen Erfolg und Sieg Ägyptens durchaus nicht mehr garantiert waren wie
etwa noch zur Zeit der frühen 18. Dynastie.
Der Gedanke bleibt freilich, auch wenn er einleuchtend erscheint, ganz hypothetisch, so lange
er sich nur auf die (obendrein vieldeutige) Aussage einer einzigen Stele stützt. Es bleibt abzuwarten,
ob das noch unveröffentlichte Material weitere Anspielungen enthält, die sich in dieser Richtung
deuten lassen.
Anhang.

Im gleichen Zusammenhang sei noch auf drei Stelen hingewiesen, die zwar anderen Göttern ge-
weiht, thematisch aber den Wp M'itvi-Stelen eng verwandt sind.
L o n d o n U n i v e r s i t y C o l l e g e 1 4 4 0 3 (Taf. V I ) : Kalkstein; 23,5 X 1 9 c m ; die Körperteile
zeigen noch rote Farbspuren 1 .
Die Stelenfläche gliedert sich in ein Giebelfeld — ausgefüllt mit der geflügelten Sonnenscheibe
und den von ihr herunterhängenden Uräen — und ein großes Bildfeld. Der Stifter 4 trägt eine
Perücke mit Salbkegel und Blumen, über dem kurzen Schurz ein langes durchsichtiges Gewand
mit weiten Ärmeln. Außer einem Opferständer bringt er ein Pflanzenbündel dar. Empfänger der
Weihung sind hier, in ihrer Stellung im Bild ganz den Wp wiwi-Figuren vergleichbar, zwei Ibis-
Standarten, beide als
^^©^ Thot, Herr von Hermopolis
bezeichnet. Damit dürfte auch der Herkunftsort der Stele gegeben sein. Ihre Datierung in die
Bubastidenzeit scheint mir sicher. Von den ramessidischen Siut-Stelen unterscheidet sich das Stück
deutlich durch das Giebelfeld, das von der Darstellung getrennt ist, und durch die Art, in der die
Blume über dem Opferständer wiedergegeben ist. Die große Blüte ist weit geöffnet, der Stiel hängt
senkrecht herab. Beide ikonographischen Elemente kommen natürlich auch früher vor, sind jedoch
besonders charakteristisch für spätägyptische Totenstelen 8 . Haartracht und Gewandformen finden
sich schließlich nahezu identisch auf der Serapeum-Stele Louvre IM 3697 aus dem 3. Jahr des
Pamai (um 770 v. Chr.)

BM 9 2 7 (Taf. VI) : Kalkstein; 31 X 27 cm; keine Farbspuren 4 .


Die Fläche ist vollkommen ausgefüllt mit 23, nach links blickenden, frei laufenden Ibissen in
5 Registern. Der Stifter ist weder genannt noch abgebildet. Das aller Wahrscheinlichkeit nach aus
Hermopolis stammende Denkmal kann auf Grund des Figurenstils und der Schneidetechnik in die
Ramessidenzeit datiert werden.

M u s e u m K a i r o Nr. ? (Taf. V I ) : Die vorliegende, m. WT. unveröffentlichte Photographie be-


findet sich in den Archiven des Museums, doch fehlen jegliche Daten. Da auch das Original z. Zt.
nicht zugänglich ist, ließen sich Journal d'Entrée-Nr., Maße und Fundumstände nicht fest-
stellen.
Das gerundete Stelenfeld zeigt keine betonte Trennung in Bild- und Giebelabschnitt. In der
rechten oberen Ecke steht unter der Sonnenscheibe (mit angewinkelten Flügeln) ein größerer Wid-

*) Für die Erlaubnis, das Stück hier veröffentlichen zu dürfen, danke ich Prof. Arkell herzlich. Die Fundum-
stände sind unbekannt.
2
) Die Beischrift ist auch am Original nicht mehr zu entziffern.
s
) Vgl. dagegen die Darstellung der Blume auf Nr. 2 und 3.
4
) Die Photographie wird mit freundlicher Erlaubnis von Mr. Edwards veröffentlicht; vgl. dazu die Ibis-
Stele aus Hermopolis, MDIK. 2, pl. 34 a.
58 W o l f g a n g S c h e n k e l : Direkter und indirekter ..Genitiv' [88. Band

der vor einem Opfertisch. Dem eingerollten Gehörn nach kann nur das heilige Tier des Amun ge-
meint sein. Anstelle der zu erwartenden Stifterfigur steht rechts vor dem Tisch ein kleinerer Wid-
der. Neben und unter der Szene folgen zunächst 10 Reihen mit etwa 100 dem größeren Tier nach-
gebildeten. nach rechts blickenden Widdern, dann noch β Reihen mit flüchtig eingeschnittenen,
liegenden Tieren der gleichen Gattung (etwa 85 Exemplare): drei weitere finden sich am oberen
Bildrand.
Die Darstellung erinnert in ihrer Anonymität also sowohl an BM 873 wie an BM 927. Dem Stil
nach gehört die Stele in die Ramessidenzeit. Darüber hinaus halte ich es für möglich, daß auch
sie aus dem Salkhana-Fund stammt, der mehrere Amun geweihte Stücke enthielt 1 .

WOLFGANG SCHENKEL

Direkter und indirekter „Genitiv"


A. Allgemeines
Die Grammatiken kennen im Ägyptischen einen ,.Geniti\". und zwar in zwei Formen: als direk-
ten und als indirekten „Genitiv". Vgl. E r m a n , ÄG 4 §§ 213—218a: L e f e b v r e . GEC 2 §§ 140—
153; G a r d i n e r , EG 3 §§85—86; E d e l , AäG §§318—331; E r m a n . NäG 2 §§ 200—215 (Das Neu-
ägyptische wird im folgenden nicht berücksichtigt.)
Der direkte ,,Genitrv" ist dadurch gekennzeichnet, daß das ..Rectum" unmittelbar neben dem
„Regens" steht, der indirekte dadurch, daß „Regens" und „Rectum" durch die Nisbe nj usw. ge-
trennt sind, deren Form sich nach dem „Regens" richtet.
Eine Begründung dafür, warum diese verschiedenen Konstruktionen beide mit dem gleichen
Terminus „Genitiv" gefaßt werden, bieten die Grammatiken nicht. Man hat deshalb den Ver-
dacht, daß der „Genitiv" in der Hauptsache aus der Notwendigkeit der Übersetzung in europäische
Sprachen sein Dasein fristet. Wenn man bedenkt, daß auch in diesen Sprachen der Terminus
„Genitiv" ganz Verschiedenes bezeichnet, so ist für den ägyptischen „Genitiv" dringend eine
Überprüfung erforderlich.
Es ist also die Frage zu stellen, ob im Ägyptischen die s p r a c h l i c h e Kategorie eines „Genitivs"
existiert, d. h. ob die beiden von den Grammatiken als ..Genitiv" zusammengefaßten Konstruk-
tionen aus dem formalen Aufbau des Ägyptischen als eine enger zusammengehörige Einheit abzu-
leiten sind, die sich klar gegen Anderes abhebt. Diese Frage kann grundsätzlich nur zum Teil ge-
löst werden, weil bestimmte Tatbestände des Ägyptischen, die hier von Wichtigkeit sind, nicht
bekannt sind: eine eventuelle Kasusbildung mit Endvokalen in ältester Zeit wäre in der Schrift
nicht erkennbar; schwerwiegender noch ist die Unkenntnis der Intonation, weil bereits durch sie
allein sprachliche Kategorien sich voneinander abheben können. Zweitens ist zu betonen, daß eine
Herausarbeitung der sprachlichen Kategorien, die dem „Genitiv" der Grammatiken zugrunde
liegen, nur innerhalb einer formalen Analyse des gesamten Satzbaus zur nötigen Klarheit gebracht
werden kann. Der folgende Versuch, die beiden „Genitive" gegen andere Spracherscheinungen
und unter sich selbst abzugrenzen, kann daher nur eine Eingrenzung sein, die einige Merkmale
hervorhebt.

') Vgl. B r u n n e r , op. cit. p. 10 bzw. die dort angegebene Literatur. In gewisser Weise ein Gegenstück zu
dieser Darstellung zeigt ein Stelenfragment in Uppsala (P. L u g n , Ausgew. Denkmäler Schweden, pl. IX, 12, das
fehlende Stück befindet sich m. W . im Museum von Florenz), auf dem noch sechs schräg hintereinander ange-
ordnete Gänse zu erkennen sind. Mit Sicherheit handelt es sich um die dem Amun heiligen Gänse.

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