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Vorlesung

Optische Übertragungstechnik
– Grundlagen der Höchstfrequenzübertragungstechnik –

Prof. Dr. rer. nat. Dieter J ä g e r

Zentrum für Halbleitertechnik und Optoelektronik

Fachgebiet Optoelektronik

Gerhard-Mercator- Universität

Gesamthochschule Duisburg

Duisburg, April 1999


Inhalt
1 EINLEITUNG UND ÜBERBLICK..............................................................................................................3

2 AUSBREITUNG ELEKTROMAGNETISCHER WELLEN ....................................................................5


2.1 MAXWELLSCHE GLEICHUNGEN.................................................................................................................5
2.2 WELLENGLEICHUNG .................................................................................................................................6
2.3 ENERGIEFLUß IN ELEKTROMAGNETISCHEN FELDERN ................................................................................7
2.4 EBENE WELLEN ......................................................................................................................................10
2.5 STETIGKEITSBEDINGUNGEN ....................................................................................................................11
2.6 REFLEXIONEN .........................................................................................................................................12
3 OPTISCHE WELLEN IN GLÄSERN .......................................................................................................19
3.1 DURCHSICHTIGKEIT VERSCHIEDENER MATERIALIEN...............................................................................19
3.2 STREUUNG ..............................................................................................................................................19
3.3 ABSORPTION ...........................................................................................................................................21
3.4 SPEKTRALER DÄMPFUNGSVERLAUF........................................................................................................21
3.5 DISPERSION.............................................................................................................................................22
3.6 LAUFZEITVERZERRUNGEN ......................................................................................................................25
3.7 LINIENBREITE DER STRAHLUNG ..............................................................................................................28
3.8 NÄHERUNGSFORMELN ............................................................................................................................30
4 DIELEKTRISCHE WELLENLEITER .....................................................................................................33
4.1 PRINZIP DER WELLENFÜHRUNG ..............................................................................................................33
4.2 SCHICHTWELLENLEITER ..........................................................................................................................33
4.3 AUSBREITUNG VON MODEN ....................................................................................................................37
4.4 UNSYMMETRISCHER FILM ......................................................................................................................41
4.5 STREIFENWELLENLEITER.........................................................................................................................42
5 GLASFASERN FÜR DIE OPTISCHE NACHRICHTENTECHNIK ....................................................45
5.1 STUFENFASERN .......................................................................................................................................45
5.2 NÄHERUNG FÜR SCHWACH FÜHRENDE FASERN ......................................................................................53
5.3 FASERN MIT MEHRSTUFENPROFIL ...........................................................................................................56
5.4 GRADIENTENFASERN ..............................................................................................................................57
6 SIGNALVERZERRUNG IN GLASFASERN ...........................................................................................61

7 INTEGRIERTE OPTIK..............................................................................................................................65
7.1 WELLENLEITER .......................................................................................................................................65
7.2 LASERDIODEN .........................................................................................................................................66
7.3 OBERFLÄCHENEMITTER ..........................................................................................................................68
7.4 ELEKTROABSORPTIVER DETEKTOR .........................................................................................................68
7.5 ELEKTROABSORPTIVER MODULATOR .....................................................................................................69
7.6 INTENSITÄTSMODULATOR .......................................................................................................................70
8 LITERATUR................................................................................................................................................71
Einleitung und Überblick 3

1 Einleitung und Überblick


Eine der frühesten Methoden optischer Nachrichtenübertragungstechnik wird aus dem antiken
Griechenland überliefert. In der Tragödie "Agamemnon" wird beschrieben, wie die Nachricht
vom Fall Trojas von Kleinasien bis nach Argos in Griechenland über acht Relaisstationen
gemeldet wurde. Die Informationen wurden dabei durch Feuersignale von einer Station zur
anderen derart übermittelt, daß man heute von der vermutlich ersten digitalen optischen
Nachrichtenstrecke sprechen kann.

In Europa wurden im 19. Jahrhundert ebenfalls optische Nachrichtenübertragungstechniken


verwendet. In Deutschland wurde z.B. die erste optische Nachrichtenstrecke zwischen Berlin
und Koblenz (Distanz: ca. 600 km) in den Jahren 1832-1834 errichtet. Sie bestand aus
61 Signalmasten, an denen je sechs "Arme" angebracht waren. Jeder Arm konnte vier
mögliche Stellungen einnehmen, so daß genau 46 = 4096 Zeichen in Form von Winksignalen
übertragen werden konnten. Man erkannte schnell, daß die Luft als Übertragungsmedium
denkbar ungeeignet war, da z.B. bei Nebel oder starkem Schneetreiben die Sicht von Mast zu
Mast so Stark beeinträchtigt wurde, daß eine fehlerfreie Übertragung der Informationen nicht
mehr gewährleistet werden konnte. Der Betrieb dieser ersten optischen Nachrichtenstrecke
wurde daher bereits im Jahre 1850 wieder eingestellt.

Erst nachdem die Entwicklung von Lasern erste Erfolge brachte und um 1970 die erste
brauchbare Glasfaser als Übertragungsmedium hergestellt werden konnte, gewann die
optische Nachrichtenübertragungstechnik wieder mehr an Bedeutung.

Abbildung 1: Aufbau einer optischen Nachrichtenübertragungsstrecke.

Die heutige optische Nachrichtentechnik basiert auf dem in Abb.1 dargestellten Prinzip.
Hierbei werden elektrische Signale, die z.B. aus codierten Pulsen bestehen, durch Leucht-
(LED) oder Laserdioden (LD) in optische Signale umgewandelt, in einer Glasfaser über zum
Teil weite Strecken übertragen und durch Photodetektoren (PD) wieder in elektrische Signale
umgewandelt. Da es sich bei der Glasfaser um ein dielektrisches Übertragungsmedium
handelt, spielen äußere elektrische Störfelder keine Rolle, da sie keine Einwirkung auf die zu
übertragenden Signale haben.
4 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Gegenüber der herkömmlichen Nachrichtentechnik hat diese Form von Signalübertragung


aufgrund der hohen Trägerfrequenzen optischer Wellen den Vorteil einer hohen Bandbreite.
Weiterhin können mehrere Signale parallel, d.h. gleichzeitig (z.B. Wellenlängenmultiplex-
verfahren), übertragen werden, da sie sich gegenseitig nicht beeinträchtigen.

Die Vorlesung beschäftigt sich mit den Grundlagen, den Bauelementen und Subsystemen der
optischen Nachrichtentechnik. Nach einer kurzen Abhandlung der theoretischen Grundlagen,
wird zunächst auf die Ausbreitungseigenschaften von optischen Wellen in Gläsern
eingegangen. Danach wird die Ausbreitung optischer Wellen in den für die optische
Nachrichtentechnik wichtigsten Übertragungssystemen beschrieben. Im Anschluß daran
werden einige spezielle optoelektronische Bauelemente vorgestellt.

Bemerkung

Dieses Manuskript, das ständig überarbeitet und ergänzt wird, dient ausschließlich als
vorlesungsbegleitender Text. Zum Verständnis sind Kenntnisse der Maxwellschen Theorie
und der Wechselwirkung von Licht mit Materie sehr von Nutzen.

Obwohl bei der Erstellung des Skriptes und der späteren Durchsicht auf eine fehlerfreie
Darstellung geachtet wurde, sollte das Manuskript kritisch gelesen werden. Abweichend vom
Inhalt des Skriptes wird die Vorlesung auch auf weitere aktuelle Themen eingehen.

Duisburg, im April 1999


Ausbreitung elektromagnetischer Wellen 5

2 Ausbreitung elektromagnetischer Wellen

2.1 Maxwellsche Gleichungen

Die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen - und damit von Licht1 - wird durch die
Maxwellschen Gleichungen geschrieben. Sie lauten in allgemeiner Schreibweise:

r
r r ∂B
∇× E = − , (1)
∂t

r
r r ∂D r
∇× H = + J, (2)
∂t

r r
∇⋅ B = 0, (3)

r r
∇⋅ D = ρ . (4)

r
Hierbei sind alle Größen als reell anzusehen. Sie sind abhängig vom Ort r und von der Zeit t,
r r
z.B. E ( r , t ) . Die Gleichungen (1) bis (4) reichen jedoch nicht zur vollständigen Beschreibung
der Ausbreitung des Lichtes in Materie aus, da der Einfluß des Mediums, in dem sich das
elektrische und magnetische Feld ausbreitet, nicht berücksichtigt ist.

Ergänzend schreiben wir als Materialgleichungen

r r
D = ε rε 0 E , (5)

r r
B = µr ⋅ µ0 ⋅ H , (6)

r r
J =σ ⋅E. (7)

wobei harmonische Zeitabhängigkeiten der Form

r r 1 r r r∗ r
4
E ( r , t ) = E ( r )e jω t + E ( r )e − jω t
2
9
1
Anmerkung: Zur Vereinfachung wird die elektromagnetische Strahlung, die in der optischen
Nachrichtentechnik von Bedeutung ist, oft als Licht bezeichnet; auch wenn die Schwingungsfrequenz oder
Wellenlänge nicht im sichtbaren Teil des Spektrums liegen.
6 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

betrachtet werden. Bei den Größen ε , µ und σ handelt es sich im Falle eines anisotropen
verlustbehafteten Materials um Tensoren. Führt man des weiteren die Polarisation

r r r
P = (ε r − 1)ε 0 E = χ eε 0 E (8)

und die Magnetisierung

r r r
M = ( µ r − 1) H = χ m H (9)

ein, so lassen sich die Gleichungen (5) und (6) umschreiben:

r r r
D = ε0 E + P, (10)

r
B = µ0( H + M ) . (11)

Die Gleichungen (5) bis (11) gelten nur für einzelne Fourier-Komponenten im
Frequenzbereich (s. Seite 5). Die Feldgrößen sind jetzt komplexe Zeiger, die sowohl vom Ort
als auch von der Frequenz abhängig sind.

2.2 Wellengleichung

Zur Herleitung der Wellengleichung bildet man z.B. die Rotation von Gleichung (1):

r r r r ∂ r r r
∇ × ( ∇ × E ( r , t )) = − ( ∇ × B( r , t )) . (12)
∂t

Setzt man voraus, daß es sich bei dem betrachteten optischen Medium um einen
unmagnetischen Werkstoff (µ r = 1) handelt, so gilt für die Rotation von Gleichung (1), unter
Benutzung von Gleichung (6):

r r r r ∂ r r r
∇ × (∇ × E ( r )) = − ( ∇ × B( r )) . (13)
∂t
Ausbreitung elektromagnetischer Wellen 7

Berücksichtigt man nun die Gleichungen (2), (6) und (7), so folgt aus Gleichung (13):

r r r r ∂ r r
∇ × ( ∇ × E ( r )) = − µ 0 ( ∇ × H ( r ))
∂t
∂ rr ∂
= − µ  J (r ) +
r r 

2

∂ t
0
∂t 2
D( r )

und schließlich

r r r r r r
∇ × ( ∇ × E ) = ω 2 µ 0ε r ε 0 E ( r ) − jωµ 0σ E ( r ) . (14)

Für die linke Seite von Gleichung (14) gilt allgemein:

r r r rr r r r
∇ × (∇ × E ) = ∇∇ E − ∇ 2 E .

Somit läßt sich Gleichung (14) nach geeigneter Umformung schreiben als:

r r r rr r r r r
∇ 2 E ( r ) − ∇∇ E ( r ) + (ω 2 µ 0ε r ε 0 − jωσµ 0 ) E ( r ) = 0 . (15)
144424443
=ω 2 µ 0ε eff ε 0 = k 2

In Medien, in denen ρ = 0 und ε r eine ortsunabhängige skalare Größe ist, ist der zweite Term
auf der linken Seite von Gleichung (15) zu vernachlässigen, und es gilt die Beziehung:

r r r r r
∇2 E( r ) + k 2 ⋅ E( r ) = 0 . (16)

Diese Beziehung wird auch homogene Helmholtz-Gleichung genannt. Sie gilt bei gleichen
Annahmen auch für reelle Feldgrößen, sofern die Materialparameter konstant sind.

2.3 Energiefluß in elektromagnetischen Feldern

Zur Beschreibung des Energieflusses in elektromagnetischen Feldern betrachte man ein


infinitiesimales Volumenelement dV. Für die in diesem Volumenelement verbrauchte
elektrische Leistung gilt die Beziehung:

rr
δW = JE . (17)
8 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Setzt man in die Vektorbeziehung

r r r r r r r r r
∇( E × H ) = H ( ∇ × E ) − E (∇ × H )

die Gleichungen (1) und (2) ein, so erhält man nach geeigneter Umformung:

r r
r r r r ∂B r ∂D
δW = −∇( E × H ) − H −E . (18)
∂t ∂t

Mit den Materialgleichungen (5) und (6) folgt aus Gleichung (18):

r r ∂ 1  r 1 r 
δW = −∇( E × H ) −
∂t 2 
µ r µ 0 H 2 + ε rε 0E 2 .
2  (19)

Die Dielektrizitätszahl εr und die Permeabilität µ r seien hierbei frequenzunabhängige reelle


Größen. Führt man noch die Energieflußdichte

r r r
S =E×H

ein und interpretiert den zweiten Term auf der rechten Seite von Gleichung (19) als die
Ableitung der im Volumenelement dV gespeicherten elektromagnetischen Energie Wem, so
folgt letztendlich:

rr ∂ rr
−δW = ∇S + Wem = − JE . (20)
∂t

Gleichung (20), die in ihrer Form eine Kontinuitätsgleichung darstellt, beschreibt den
Energiefluß in einem elektromagnetischen Feld für reelle Feldgrößen. Dieser
Energieerhaltungssatz läßt sich für komplexe Feldgrößen formulieren, indem man, ausgehend
r*
von den Maxwellschen Gleichungen in komplexer Schreibweise, die Gleichung (1) mit H
r
und die konjugiert komplexe Gleichung (2) mit E multipliziert.

Dies liefert zunächst:

r∗ r r ∂ r r∗ r r∗
H ( ∇ × E ) = − B ⋅ H = − jωµ r µ 0 H ⋅ H ,
∂t
Ausbreitung elektromagnetischer Wellen 9

bzw.

9  
r r r∗ ∂ r ∗ r∗ r r∗ r r r
4
E ∇× H =
∂t 
D + J E = − jωε r ε 0 E E + J ⋅ E .

Die Differenz dieser beiden Gleichungen liefert:

r* r r r r r r* r r * r* r
H ( ∇ × E ) − E ( ∇ × H * ) = − jωµ r µ 0 H ⋅ H + jωε r ε 0 E ⋅ E − J E

und somit den Energieerhaltungssatz für komplexe Feldgrößen:

r r r∗ r r∗ r r∗ r∗ r
4 9 4
∇ ⋅ E × H = jω ε r ε 0 E ⋅ E − µ r µ 0 H ⋅ H − J E . 9 (21)

Die Größen ε r und µ r sind hier skalare Größen. Führt man die zeitlich gemittelte Energie-
flußdichte als komplexen Poynting-Vektor

r 1 r r∗
S = E×H
2

ein, so kann Gleichung (21) auch als Leistungsbilanz interpretiert werden:

0 5
P = 2 jω W m − W e + PVerluste . (22)

Hierbei sind We und Wm die im dem Volumenelement dV gespeicherten elektrischen bzw.


magnetischen Energien:

JI JI
r r* r r∗
1
We = Re
4 V
D ⋅ E dV
1
bzw. Wm = Re
4
L V
B L
⋅ H dV .

Die Verlustleistung PVerluste berechnet sich aus:

PVerluste =
1
2
I
V
σ
r r∗
E : ?
⋅ E dV + Im W e + Im W m . : ?
10 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

2.4 Ebene Wellen

Unter der Voraussetzung, daß εr und σ ortsunabhängige skalare Größen sind, gilt für eine
ebene Welle, die sich in einem Medium mit µ r = 1 ausbreitet, der Ansatz:

r r jω t − j kr rr r ∗ − jω t + j kr rr
4
E ( r , t ) = E 0e + E 0e 9 (23)

r
3 8 r
Hierbei ist k = k x , k y , k z der Wellenvektor und r = ( rx , ry , rz ) der Ortvektor. Betrachtet man
r
0 5
eine in x-Richtung polarisierte Welle mit E 0 = E x ,0,0 die sich in z-Richtung ausbreitet:
r
2 7
k = 0,0, γ , so gilt für die elektrische Feldstärke dieser Welle:

r
J
E x ( r , t ) = Re E x e
jω t − j γ z
.L
Die Helmoltz-Gleichung liefert für den Ausbreitungskoeffizienten γ die Dispersionsrelation:

γ 2 = ε eff ω 2 µ 0ε 0

mit

γ = β − jα * , α = 2α *

Hierbei ist α * der auf die Amplitude bezogene Absorptionskoeffizient und β der Phasen-
koeffizient. Aus dem Induktionsgesetz

r r r
∇ × E = − jω B ,

r
folgt für das zum elektrischen Feld zugehörige Magnetfeld H = 0, H y ,0 : 3 8
γ
Hy = Ex .
jωµ 0

Daraus folgt unmittelbar die sogenannte Feldwellenimpedanz zu:

Ex jωµ 0
Z= = .
Hy γ
Ausbreitung elektromagnetischer Wellen 11

4 9
In verlustfreien Medien α ∗ = 0 gilt:

jωµ 0 ωµ 0 µ0
Z= = = .
jβ β ε rε 0

Führt man noch den Brechungsindex n, mit

n = εr

ein, so folgt daraus:

1 µ0 1
Z= = Z0 , mit Z0 ≈ 377Ω .
n ε0 n

Für ein verlustfreies Medium ist die Feldwellenimpedanz somit eine rein reelle Größe. In der
Optik werden anderseits Verluste durch einen komplexen Brechungsindex entsprechend

n = n − jκ

berücksichtigt. Für den negativen Imaginärteil κ des komplexen Brechungsindexes gilt dann
die Beziehung:

4πκ
α= .
λ

Dieser Extinktionskoeffizient κ erfaßt somit die Absorption im verlustbehafteten Medium.


Für ein verlustfreies Medium ist κ und somit auch α gleich Null, und sowohl der Brechungs-
index n als auch die Feldwellenimpendanz Z sind reelle Größen.

2.5 Stetigkeitsbedingungen

Setzt man voraus, daß bei einem Übergang einer Welle über eine Grenzfläche zweier Medien
mit unterschiedlichen Materialeigenschaften keine Oberflächenladungen und -ströme auftreten
r r r r
und zerlegt E , D, H und B in ihre Tangential- und Normalkomponenten, so müssen die
r r r r
Tangentialkomponenten von E und H und die Normalkomponenten von D und H stetig
sein. Diese Randbedingungen bestimmen die Reflexion und die Transmission an der
Grenzfläche zweier Medien.
12 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

2.6 Reflexionen

Reflexion bei senkrechtem Einfall


Zur Beschreibung der Reflexionen an einer ebenen Grenzfläche zweier Medien mit den
Brechungsindizes n1 und n2 betrachte man eine linear in x-Richtung polarisierte Welle, die
senkrecht auf die Grenzfläche auftrifft.

Abbildung 2: Reflexionen bei senkrechtem Einfall.

Die Stetigkeit der tangentialen E- und H-Felder verlangt:

Ei + Er = Et (24)

und

n1 E i − n1 E r = n 2 E t . (25)

Hierbei sind:

E i : E-Feld der einfallenden Welle,


E r : E-Feld der reflektierten Welle,
E t : E-Feld der trasmittierten Welle.

Das Verhältnis zwischen den elektrischen Feldern der reflektierten und der einfallenden
Wellen wird Amplitudenreflexionsfaktor genannt. Für die komplexe Größe folgt aus den
Gleichungen (24) und (25):

E r n1 − n 2 H
r= = =− r . (26)
Ei n1 + n 2 Hi

Der komplexe Amplitudenreflexionsfaktor ist somit ein Maß für die Reflexion an der
Grenzfläche zweier Medien mit unterschiedlichen Brechungsindizes.
Ausbreitung elektromagnetischer Wellen 13

Analog dazu läßt sich der komplexe Amplitudentransmissionsfaktor definieren:

Et 2 n1
tE = = , (27)
E i n1 + n 2

beziehungsweise

Ht 2n1
tH = = . (28)
H i n1 + n 2

Für den Fall, daß beide Medien einen unterschiedlichen Brechungsindex aufweisen, besitzen
diese Medien auch eine unterschiedliche Feldwellenimpedanz. Analog zu Gleichung (25) gilt
die Relation:

Ei Er Et
− = . (29)
Z1 Z1 Z 2

Mit Gleichung (24) folgt daraus:

Ei + Er =
Z2
Z1
0
Ei − Er , 5
bzw. mit Gleichung (26) und nach geeigneter Umformung:

Z 2 − Z1
r= . (30)
Z1 + Z 2

Aus Gleichung (30) ist unmittelbar ersichtlich, daß bei Medien mit Z1=Z2 keine Reflexion an
der Grenzfläche auftritt.

Schräger Einfall: TE-Welle


Betrachtet man eine Welle, die senkrecht zur Einfallsebene2 polarisiert ist, so steht das
elektrische Feld senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Welle. Fällt diese sogenannte TE-
Welle, die nur eine Komponente in ξ -Richtung besitzt, unter dem Winkel Θ i auf eine
Grenzfläche zweier verlustfreier Medien ( κ = 0 ), so wird die Welle sowohl reflektiert als
auch gebrochen (siehe Abb. 3).

2
Die Einfallsebene wird durch die Grenzflächennormale und den Wellenvektor aufgespannt.
14 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Abbildung 3: Reflexion und Brechung beim schrägen Einfall.

Aus den Stetigkeitsbedingungen folgt unmittelbar:

Ei + Er = Et (31)

und

Ei n1 cos Θ i − Er n1 cos Θ r = Et n2 cos Θ t . (32)

Mit dem Reflexionsgesetz Θ i = Θ r folgt aus Gleichung (32) die allgemeine Beziehung

Er n1 cos Θ i − n2 cos Θ t
= =r. (33)
Ei n1 cos Θ i + n2 cos Θ t

Das Brechungsgesetz fordert n1 sin Θ i = n2 sin Θ t so daß für cosΘ die Beziehung

cos Θ t = 1 − sin 2 Θ t
(34),(35)
= 1 − ( n1 / n2 ) sin Θ i
2 2

gilt. Wenn n1 kleiner als n2 ist, so wird der Ausdruck unter der Wurzel nicht negativ, und es
ergeben sich reelle Werte für cosΘ t .
Ausbreitung elektromagnetischer Wellen 15

Totalreflexion: TE-Welle
Betrachtet man Gleichung (33), so erkennt man, daß der Ausdruck Er/Ei für cosΘ t = 0 , d.h.
für Θ t = 90° gerade gleich Eins wird. Dies bedeutet, daß die einfallende Welle nicht in das
Medium eindringt. Der Cosinus des Winkels Θ t wird genau dann Null, wenn gilt:

n2
sin Θ i = sin Θ c = < 1.
n1

Der Winkel Θ c wird als kritischer Winkel oder als Grenzwinkel der Totalreflexion
bezeichnet. In Abb. 4 ist der Grenzwinkel der Totalreflexion für den Übergang von Licht aus
einem Medium mit n1=3.6 in ein optisch dünneres Medium (n2 < n1) aufgetragen.

Abbildung 4: Grenzwinkel der Totalreflexion.

Für den Fall, daß der Einfallswinkel Θ i größer als der Grenzwinkel Θ c ist, wird

n12 2
cos Θ t = − j 2 sin Θ i − 1
n2

rein imaginär, und man erhält eine evaneszente Welle in Transmission. Aus Gleichung (33)
folgt hierbei:

Er n1 cos Θ i + j n1 sin Θ i − n2
2 2 2
= .
Ei n cos Θ − j n 2 sin 2 Θ − n 2
1 i 1 i 2

Ei und Er haben somit die gleiche Amplitude, unterscheiden sich jedoch in der Phase. D.h., bei
der Totalreflexion einer TE-Welle an einer Grenzfläche von einem optisch dichteren Medium
zu einem optisch dünneren Medium tritt ein Phasensprung auf, und man schreibt:

Er = Ei e2 jΦTE
16 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

mit

n12 sin 2 Θ i − n22


tan ΦTE = .
n1 cos Θ i

Die Auswertung der Feldgleichungen liefert im Medium 2 eine abklingende Welle. Die
Eindringtiefe dieser evaneszenten Welle berechnet sich zu:

λ
δ= .
2π n12 sin 2 Θ i − n22

Die minimale Eindringtiefe δ min ergibt sich bei Θ i = π / 2 :

λ
δ min = .
2π n12 − n22

Je größer die Brechzahldifferenz ist, desto kleiner wird die minimale Eindringtiefe. Weisen
beide Medien die gleiche Brechzahl auf, ist die Eindringtiefe unendlich. Die Berechnung der
Transmission für den Fall Θ i ≥ Θ c liefert:

Et 2 n1 cos Θ i
= (37)
Ei n cos Θ − j n 2 sin 2 Θ − n 2
1 i 1 i 2

und damit

2
Et 4 n12 cos 2 Θ i
= . (38)
Ei
2
n12 − n22

Aus Gleichung (38) erkennt man, daß | Er | mit wachsenden Einfallswinkel Θ i rasch abnimmt.
Bei Θ i = π / 2 ist | Er | gerade gleich Null. Dies bedeutet, daß die Eindringtiefe sowohl von
der Brechzahldifferenz als auch von der Größe des Einfallwinkels abhängig ist.

Schräger Einfall: TM-Welle


Betrachtet man eine ähnliche Geometrie wie in Abb. 3 und setzt nun voraus, daß das
elektrische Feld in der Einfallsebene liegt, so steht das magnetische Feld senkrecht dazu.
Ausbreitung elektromagnetischer Wellen 17

Die magnetischen Feldvektoren stehen senkrecht zur Ausbreitungsrichtung des resultierenden


Feldes (transversal magnetische Welle). Die Stetigkeit der Tangentialkomponenten des
E-Feldes erfordert:

Ei cos Θ i − Er cos Θ r = Et cos Θ t . (39)

Darüber hinaus gilt:

n1Ei + n1Er = n2 Et . (40)

Mit dem Reflexionsgesetz folgt aus Gleichung (39) und (40) unmittelbar:

cos Θ t
Ei − Er = Et ,
cos Θ i
n cos Θ t
Ei − Er = ( Ei + Er ) 1 ,
n2 cos Θ i
Ei − Er n1 cos Θ t
=
Ei + Er n2 cos Θ i

und letztlich nach geeigneter Umformung

Er n1 cos Θ t − n2 cos Θ i
= . (41)
Ei n1 cos Θ t + n2 cos Θ i

Berücksichtigt man noch Gleichung (34) bzw. (35), so folgt aus Gleichung (41):

Er n2 cos Θ i − n1 n2 − n1 sin Θ i
2 2 2 2
= . (42)
Ei n 2 cos Θ + n n 2 − n 2 sin 2 Θ
2 i 1 2 1 i
18 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Abbildung 5: Intensitätsreflexionsfaktor als Funktion vom Einfallswinkel am Beispiel des


Übergangs von einem Material mit n1=3,6 in Luft.

Abb. 5 zeigt den Verlauf des Intensitätsreflexionsfaktors RTM=|Er / Ei|2 für TM-Wellen und für
TE-Wellen als Funktion des Einfallwinkels Θ i am Beispiel eines Übergangs von einem
Medium mit n1 = 3,6 in ein Medium mit n2 = 1. Man erkennt, daß der Refexionsfaktor für
TM-Wellen stets kleiner als der Reflexionsfaktor für TE-Wellen ist.

Bei dem sogenannten Brewster-Winkel Θ B , der als

n2
tan Θ B =
n1

definiert ist, wird RTM gerade gleich Null. Dies bedeutet, daß der gesamte Energiefluß durch
die Grenzfläche hindurchgeht. Diese Tatsache nutzt man beim Bau von Polarisatoren und der
Realisierung reflexionsfreier Oberflächen bzw. Grenzflächen aus. Zu beachten ist noch, daß
bei Lichtbündeln endlichen Durchmessers eine sogenannte Goos-Haenchen-Verschiebung
auftritt.

Ist der Einfallswinkel Θ i größer als der kritische Winkel Θ c , so entsteht wiederum
Totalreflexion. Der entsprechende Phasensprung ergibt sich zu:

n12 n12 sin 2 Θ i − n22


tan ΦTM = 2 .
n2 n1 cos Θ i
Optische Wellen in Gläsern 19

3 Optische Wellen in Gläsern

3.1 Durchsichtigkeit verschiedener Materialien

Tabelle 1 gibt einen Überblick über einige Materialien und deren optische Transmissions-
eigenschaften.
Material α in dB/km z0 = 3 / α in m
Fensterglas 50000 0,06
optisches Glas 3000 1
dichter Nebel 500 6
Stadtluft 10 300
Glasfaser 0,1 30 ⋅103
Tabelle 1: Optische Materialien und deren optischen Eigenschaften.

Bemerkenswert ist z.B., daß der Dämpfungskoeffizient von herkömmlichem Fensterglas


einhundert mal größer ist, als der von dichtem Nebel. Die Strahlungsleistungsdichte von
Licht, das sich durch Fensterglas ausbreitet, hat sich nach einer Eindingtiefe von nur z0 = 6cm
um die Hälfte reduziert. Im Vergleich dazu, reduziert sich die Strahlungsleistungsdichte in
Glasfasern erst nach 30 km um 50%. Optische Signale können somit in Glasfasern über
mehrere hundert Kilometer übertragen werden, ohne daß sie notwendigerweise verstärkt
werden müssen.

3.2 Streuung

Amorphe Stoffe, d.h. Stoffe ohne kristalline Ordnung, weisen mikroskopische Bereiche auf,
die sich durch ihre Brechzahl unterscheiden. Optische Wellen, die sich durch ein solches
Medium ausbreiten, werden gestreut.

Abbildung 6: Strahlungsfeld eines Hertzschen Dipols.


20 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Zur Beschreibung der Auswirkungen dieser Störungen wird angenommen, daß die
Brechzahlschwankungen klein sind und daß die Korrelationsreichweite dc sehr viel kleiner ist
als die Wellenlänge λ = λ 0 / n der optischen Welle. Betrachtet man ein kleines
Volumenelement dc3 , so kann die Brechzahl mit nur einer kleinen Abweichung vom
Mittelwert als konstant angenommen werden. Zur Berechnung der Strahlung, die in diesem
Würfel von der durchgehenden optischen Welle gestreut wird, führt man eine effektive Quelle
für die Brechzahlabweichung ein. Das Strahlungsfeld dieses Hertzschen Dipols ist
rotationssymetrisch zur Polarisationrichtung der primären optischen Welle (siehe Abb.6).

Für die Strahlungsleistungsdichte gilt allgemein:

S = S 0 sin 2 ϑ .

Betrachtet man mehrere dieser unkorrelierten Strahler, so geht die Leistung, mit der diese
Würfel strahlen, der durchlaufenden optischen Welle nahezu vollständig verloren. Die
Leistungsdichte der optischen Welle nimmt gemäß

∆S 8π 3 2
4 9
2
= − 4 n − n d c3S
2
(43)
∆z 3λ

ab. Hierbei ist S die Leistungsdichte der optischen Welle und ∆S die Leistung pro Fläche, die
die optische Welle durch die Streuung auf der Strecke dc verliert. Das Produkt aus der
2 7
2
mittleren quadratischen Abweichung der Brechzahl von der mittleren Brechzahl n 2 − n 2 mit
dem Volumenelement dc3 ist gleich dem Streuvolumen der Strahler. Für die sogenannte
Streudämpfung gilt:

05
aR λ =
α 1µm
λ4
, λ in µm .

Die Proportionalität zu λ−4 kennzeichnet die Rayleigh-Streuung an Streukörpern, deren geo-


metrische Abmessungen klein gegen die Wellenlänge sind. Für verlustarme Gläser gilt:

dB
α 1µm = 0,4L1,3
km

Für Quarzglas gilt beispielsweise α 1µm = 0.63 dB / km .


Optische Wellen in Gläsern 21

3.3 Absorption

Neben der Streudämpfung kann es bei der Ausbreitung von Licht durch Materie zur
Wechselwirkung der optischen Wellen mit gebundenen und/oder freien Elektronen kommen.
Es werden hierbei nur solche Zustände angeregt, deren Anregungsenergie gleich der
Photonenenergie Wph = hc/ λ ist. Freie Ladungsträger absorbieren breitbandiger, während
gebundene Elektronen zu resonanzartiger Absorption führen. Optisch transparente
Materialien, wie z.B. Quarzglas, rufen aufgrund der hohen Anregungsenergie der gebundenen
Elektronen Absorptionskanten erst bei ultravioletter Strahlung hervor. Durch die regellose
Molekularstruktur amorpher Stoffe entstehen sogenannte Ausläufer dieser Resonanzlinien, die
noch eine schwache Absorption im Sichtbaren zu Folge haben.

3.4 Spektraler Dämpfungsverlauf

In Abb. 7 ist der Dämpfungsverlauf eines mit Germaniumoxid dotierten Quarzglases gezeigt.
Hierbei ist neben dem spektralen Verlauf der Rayleighdämpfung der Verlauf der Dämpfung
eingezeichnet, die durch Absorption hervorgerufen wird.

Abbildung 7: Spektraler Dämpfungsverlauf eines mit Germaniumdioxid dotierten Quarzglases.

Dieser Abbildung ist zu entnehmen, daß im Bereich von 1.5-1.6 µm die niedrigsten Werte
gemessen werden. Die relativ hohe Dämpfung, die in diesem Bereich noch gemessen wird, ist
22 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

auf OH-Verunreinigungen zurückzuführen. Man ist heute in der Lage, die OH-
Verunreinigungen auf unter 10-9 cm-3 zu reduzieren.

3.5 Dispersion

In reinem Quarzglas ( α ≈ 0.2 dB/km) können Signale über weite Strecken übertragen werden,
ohne stark geschwächt zu werden. Diese Signale bestehen aus endlich breiten Spektren, die
zum einen durch die Lichtquelle und zum anderen durch die Signalmodulation hervorgerufen
werden. Jede spektrale Komponente des Signals pflanzt sich mit der Phasengeschwindigkeit

ω c
v ph = =
β n

fort. Das Signal pflanzt sich hingegen mit der Gruppengeschwindigkeit

dω c n
vg = |ω 0 = ; n ′ =
dβ n′ λ ∂n
1+ 0 ⋅
n ∂λ 0

fort. Der Gruppenindex n’ stellt die Gruppenlaufzeit der optischen Welle relativ zur Laufzeit
im Vakuum dar. In Folge der Dispersion ist die Gruppengeschwindigkeit ungleich der
Phasengeschwindigkeit (siehe Abb. 8).

Abbildung 8: Dispersionsdiagramm.
Optische Wellen in Gläsern 23

In der optischen Nachrichtentechnik werden unter Dispersion alle Vorgänge verstanden, die
zu einer Streuung der Signallaufzeit führen. Dispersion im klassischen Sinn wird deshalb auch
als chromatische Dispersion bezeichnet. Die Sellmeier-Formel liefert für die chromatische
Dispersion:

n λ0
2
1 6 = 1+ ∑ 2
i λ
Ai λ20
− λ 2
. (44)
0 i

Sie stellt eine Näherung für Resonanzeffekte dar. Zur Herleitung einer physikalischen
Beschreibungsform betrachte man das Modell eines harmonischen Oszillators. Für den Ansatz
gilt allgeimen:

mx&& + bx& + Dx = qE t . 05 (45)

Hierbei ist

p = q⋅x

das Dipolmoment und

P = Np = Nqx (46)

die Polarisation. Formt man Gleichung (45) geeignet um und führt noch die
Relaxationsfrequenz ω R sowie die Resonanzfrequenz ω 0 mit

ω R = b / m bzw. ω 0 = D / m

ein, so erhält man

x + ω R x& + ω 20 x =
&&
q
m
05
Et . (47)

Bei harmonischer Anregung mit

1
E(t ) = E (ω ) e jω t + e − jω t
2
24 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

und dem Ansatz

1
x( t ) = x (ω ) e jω t + e − jω t
2

erhält man:

q 1
x(ω ) = E (ω ) ,
m ω 0 − ω + jωω R
2 2

bzw. mit Gleichung (46):

Nq 2 1
P(ω ) = Nqx (ω ) = ⋅ 2 E (ω ) . (48)
m ω 0 − ω 2 + jωω R

Für die Polarisation P(ω ) gilt allgemein:

P(ω ) = ε 0 χ (ω ) E (ω ) .

In Gleichung (48) eingesetzt und nach χ (ω ) aufgelöst, erhält man:

Nq 2 1
χ (ω ) = ⋅ 2 = n2 − 1 .
mε 0 ω 0 − ω + jωω R
2

Somit gilt im Gebiet der normalen Dispersion ( ω R << ω << ω 0 ):

Nq 2 1
n = 1+
2
⋅ ,
mε 0ω 0 1 − ω
2

ω0

bzw. mit ω 0 = 2πc / λ R :

Nq 2 1
n = 1+
2
⋅ . (49)
mε 0ω 20 1 − λ R
λ

Vergleicht man Gleichung (49) mit der Formel nach Sellmeier, so erkennt man, daß
Gleichung (44) Gültigkeit besitzt, wenn sich unterschiedliche Resonanzen addieren.
Optische Wellen in Gläsern 25

3.6 Laufzeitverzerrungen

Zur Beschreibung der Laufzeitverzerrung, die in Folge von Dispersion auftritt, betrachtet man
eine homogene ebene Welle, die sich in einem dispersiven Medium ( ε r = n 2 , µ r = 1 )
ausbreitet. Die Intensität dieser Welle, die als Signalträger dienen soll, berechnet sich zu:

1 2
I= E / Z.
2

Die Frequenz der optischen Welle sei die Trägerfrequenz des Signals. Das Signal selbst sei
durch die Amplitude der Welle gegeben:

a( t ) = E( t ) / 2Z .

Die Intensität des Signals ist somit über das Betragsquadrat

2
I = a( t )

gegeben. Am Eingang der Übertragungsstrecke wird das elektrische Feld durch den Ausdruck

E( t ) = 2Z ⋅ a( t )

beschrieben. Der Momentanwert des elektrischen Feldes am Eingang lautet:

; 0 5@
E ( t ) = Re E t .

Mit den spektralen Komponenten des Eingangssignals, die durch die Fouriertransformierte
; @
von a (t ) exp jω T t dargestellt werden, läßt sich die Eingangswelle als Fourierintegral
schreiben. Es gilt:

I
+∞
jω T t 1
a ( t )e = A(ω )e jω t dω .
2π −∞
26 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Jede spektrale Komponente dieses Signals wird auf der Strecke L durch das Medium um
< A ; @
exp −α * L gedämpft und um exp − jβL in der Phase gedreht. Die Welle am Ausgang der
Übertragungsstrecke wird durch die Überlagerung aller spektralen Komponenten gebildet.
Man schreibt:

I
+∞ ∗
jω T t 1
b( t )e = A(ω )e jωt e − ( a + jβ ) L
dω .
2π −∞

Wenn α * und die Brechzahl n unabhängig von der Frequenz sind, so gilt für den Phasen-
koeffizienten:

ω ω
β= =
v ph v g

und schließlich für das Fourierintegral der Ausgangswelle:

 
 
I
L
−α ∗ L +∞ jω t −
05
b t e jω T t =
e

A(ω )e
vg

−∞
 
  jω t − L

 
∗ L
= e −α L a t −
vg
e .
vg

In dispersionsfreien Medien ist die Ausgangswelle gegenüber der Eingangswelle nur um L/vg
< A
zeitlich verzögert und um exp −α * L gedämpft. Das Signal wird somit erst dann verzerrt,
wenn α * und n frequenzabhängig sind. Es soll nun angenommen werden, daß sich das Signal
a(t) nur langsam im Vergleich zur Trägerfrequenz ändert. Unter dieser Voraussetzung
konzentrieren sich die spektralen Komponenten A(ω ) auf einen engen Frequenzbereich ω T ,
in dem die ohnehin schwache Frequenzabhängigkeit von α * zu vernachlässigen ist. Eine
Taylorentwicklung für β (ω ) bei ω = ω T liefert:

dβ 1 d 2β
β = βT + |ω T ⋅(ω − ω T ) + | (ω − ω T )2 .
2 ωT
dω 2 dω

Damit ergibt sich für die Ausgangswelle das Fourierintgral:

 ω L 
 
I
−α ∗ L +∞ j ωt − T
05
b t e jω T t =
e

Bd 0ω 5e vp
dω (50)
−∞
Optische Wellen in Gläsern 27

mit

0 5 0 5 !
B d ω = A ω ⋅ exp −
1
2
1
jτ ′ L ω − ω T 6 "#$ ⋅ exp − j1ω − ω 6τ L .
2
T

Dabei ist

dβ 1
τ= =
dω v g

die Laufzeit pro Länge. Die Ableitung von τ beschreibt die chromatische Dispersion:

d 2β
τ′= .
dω 2

Aus Gleichung (50) geht hervor, daß das Ausgangssignal gegenüber dem Eingangssignal um
exp( −α ∗ L ) gedämpft und um −ω T L / v p in der Phase gedreht wurde. Das Spektrum B d (ω )
hat sich gegenüber dem Spektrum des Eingangssignals A(ω ) um t = τ L zeitlich verzögert
und wurde in der Modulation um die chromatische Dispersion τ ′ verzerrt.

Diese Verzerrung soll am Beispiel einer gaußförmigen Impulsmodulation der Trägeramplitude


untersucht werden. Hierbei gilt allgemein:

a ( t ) = 2 / ( t 0 π ) ⋅ e −2 ( t / t 0 ) .
2

Der Faktor (2 / t 0 π )1/ 2 normiert den Impuls so, daß

I 05
+∞
a t dt = 1
−∞

ist. Für das Fourierspektrum des trägerfrequenten Gaußimpulses gilt:

A(ω ) = π t0 exp −(ω T − ω )2 t0 2 / 8 .

Das Intensitätsspektrum dieser Gaußfunktion besitzt eine Bandbreite von

∆ω = 4 / t0 mit t0: Impulsdauer.


28 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Zu den Zeiten t = ± t 0 / 2 beträgt die Intensität gerade noch das 1/e-fache der Spitzenintensität.
Für die Ausgangswelle ergibt sich somit:

 2(t − τ / L) + j;ω @"#



jω T t 2e −α L 2
= ⋅ exp − T t − ψ (t ) .
! t + (4τ ′ L / t ) $
b( t )e 2 2
π [t02 + ( 4τ ′ L / t ) ]
0
2
0 0

Die Amplitude des Ausgangssignals ist - wie die des Eingangssignals - gaußförmig. Bei der
Übertragung des Singals ist hier lediglich eine Impulsverbreiterung und eine Verringerung der
Amplitude aufgetreten.

3.7 Linienbreite der Strahlung

Wie im vorangegangenen Abschnitt schon erwähnt wurde, besteht die optische Strahlung aus
einem endlich breiten Spektrum. Dies basiert auf der Tatsache, daß bei der Modulation der
optischen Welle Seitenbänder entstehen. Aber auch ohne Modulation weisen optische Signale
ein endlich breites Spektrum auf. Man spricht hierbei von Emissionslinien mit einer gewissen
Linienform und einer endlichen Linienbreite, die durch Mangel an Kohärenz in der Strahlung
entsteht. Gewöhnliche Lichtquellen, wie z.B. Leuchtdioden, liefern aufgrund vieler
voneinander unabhängiger Elementarprozesse (hier: strahlende Rekombination) inkohärente
Strahlung. Laser hingegen erzeugen über stimulierte Emission nahezu kohärente Strahlung.
Das durch stimulierte Emission generierte Photon hat dieselbe Frequenz, Phasenlage und
Richtung wie das den Prozeß anregende Photon. Im Laserresonator werden somit nur
bestimmte Eigenschwingungen angeregt. Die Feldverteilung der Abstrahlung solcher
Eigenschwingungen ist mit der einer ebenen homogenen Welle vergleichbar. Ihre Frequenz
besteht aus einer schmalen Linie bei der Resonanzfrequenz der jeweiligen Laser-
Eigenschwingung. Zeitliche Schwankungen der Resonatorparameter des Lasers führen zu
einer Verbreiterung der Linien. Man spricht hierbei auch von partieller Kohärenz.

Breitet sich ein solches partiell kohärentes Signal, das durch einen Gaußimpuls
intensitätsmoduliert wurde (Impulsdauer t0, Emissionsbandbreite B), in einem dispersiven
Medium aus, so besitzt dieses Signal nach einer Länge L - im Falle linearer Dispersion τ ′ L -
eine Impulsbreite von:

t1 = t02 + ( 4τ ′ L )2 ( t0−2 + t k−2 ) . (51)

Die Zeitkonstante tk wird als Kohärenzzeit des Trägers bezeichnet. Führt man die Abkürzung

1 1
∆t = 4τ ′ L + (52)
t02 t k2
Optische Wellen in Gläsern 29

ein, so läßt sich für die Impulsbreite t1 auch schreiben:

t1 = t02 + ∆t 2 .

Die Bandbreite des partiell kohärenten Trägers berechnet sich zu:

1 1
∆ω = 4 + .
t02 t k2

Abb. 9 zeigt t1 nach Gleichung (51) in Abhängigkeit von t0 für verschiedene Emissions-
bandbreiten B. Wie aus dieser Abbildung zu ersehen ist, nimmt die Ausgangsimpulsbreite für
B = 0 THz zunächst mit wachsendem t0 ab, bis bei t 0 = 2 τ ′ L ein Minimum mit:

t min = 8τ ′ L + ( 4τ ′ L / t k )2

auftritt.

Abbildung 9: Ausgangsimpulsbreite t1 als Funktion von t0.

Für t > 2 τ ′ L ist die Ausgangsimpulsbreite gleich der Eingangsimpulsbreite. Mit


wachsendem B wird die Ausgangsimpulsbreite größer. Infolge der partiellen Kohärenz ist die
Ausgangsimpulsbreite t1 für B >> 0 und t0 < t1 zunächst unabhängig von t0, bis sie mit t0
linear ansteigt.
30 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

3.8 Näherungsformeln

Für die Impulsverbreiterung gilt nach Gleichung (52):

∆t = τ ′ L∆ω .

Meist ist jedoch die Wellenlängenbreite ∆λ statt der Frequenzbreite ∆ω vorgegeben. Mit

∆λ = − λ20 ∆f / c

folgt daraus in erster Näherung:

∆t = L M∆λ .

Der Koeffizient M wird als Materialdispersionskoeffizient bezeichnet. Für ihn gilt:

λ 0 d 2n
M= 2πcτ ′ / λ20 = .
c dλ20

Zur Berechnung der Materialdispersion reicht es oft aus, eine vereinfachte Sellmeier-Formel
heranzuziehen. Diese besteht aus zwei Termen gemäß:

WeWd W12
n −1 = 2
2
− .
W0 − W 2 W 2

Der erste Term auf der rechten Seite dieser Gleichung erfaßt die elektronische
Polarisierbarkeit und der zweite die atomare oder molekulare Polarisierbarkeit. Im einzelnen
sind:

We : effektive Übertragungsfrequenz elektrischer Zustände,


Wd : Oszillatorstärke elektronischer Schwingungszustände,
Wl : Oszillatorstärke molekularer Schwingungszustände.

In Tabelle 2 sind die Dispersionsparameter für verschiedene Silikatgläser zusammengetragen.


Optische Wellen in Gläsern 31

SiO2 B2O3 GeO2 P2O5 We Wd Wl


Molare Zusammensetzung in % in eV
100 - - - 13,30 14,62 0,127
86,7 13,3 - - 12,95 14,16 0,136
86,5 - 13,5 - 12,51 14,49 0,120
90 - - 10 13,27 15,16 0,120
Tabelle 2: Dispersionsparameter von Silikatgläsern.

Die molekulare Zusammensetzung der einzelnen Gläser wurde hierbei in Prozent angegeben.
Für den Materialdispersionskoeffizienten M läßt sich eine Zahlenwertformel gemäß:

1 6
M λ 0 ≈ 1,54 ⋅104
Wd
We3 ⋅ n ⋅ λ30
− 2,17 ⋅ 103 2 λ0
Wl
n
(53)

aufstellen. Hierbei sind die Dispersionskoeffizienten We,Wd und Wl in eV und λ 0 in µm


einzusetzen. Somit gilt:

ps
M =
km ⋅ nm

Abb.10 zeigt den Verlauf des Materialdispersionskoeffizienten für reines Quarzglas.

Abbildung 10: Materialdispersion von reinem SiO2.

Nach Gleichung (53) wird M λ bei 16


Wd
λ min = 1,63 ⋅ 4
We3Wl2
32 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

gerade gleich Null. Für reines Quarzglas liegt diese Nullstelle bei:

λ min = 1,28µm .
Dielektrische Wellenleiter 33

4 Dielektrische Wellenleiter
Bevor am Beispiel von TE-Moden eine exakte und vollständige Beschreibung der Wellen-
ausbreitung in Schichtwellenleitern erfolgt, soll zunächst das Prinzip der Wellenführung in
dielektrischen Wellenleitern vorgestellt werden. Im Anschluß daran werden kurz spezielle
Eigenschaften solcher Strukturen besprochen.

4.1 Prinzip der Wellenführung

In Abb. 11 ist der prinzipielle Aufbau eines optischen Wellenleiters gezeigt. Hierbei ist der
eigentliche Wellenleiter, der als dünner, transparenter Film mit der Brechzahl n2 ausgebildet
ist, in ein Substrat mit der Brechzahl n3 eingebettet.

Abbildung 11: Prinzipieller Aufbau eines optischen Wellenleiters.

Eine solche Anordnung dielektrischer Medien, die sich in einem Umgebungsmedium mit dem
Brechungsindex n1 befindet, erlaubt die gezielte Führung von Lichtwellen in integriert opti-
schen Schaltungen. Dies setzt voraus, daß die Lichteinkopplung in den Film des Wellenleiters
derart erfolgt, daß an den Grenzflächen Film/Substrat und Film/Umgebungsmedium
Totalreflexion auftritt. Totalreflexion kann aber nur dann auftreten, wenn die Brechzahlen des
Substrats und des Umgebungsmediums kleiner sind als die des Films, wenn also gilt:

n2 > n1, n3.

4.2 Schichtwellenleiter

Um einen anschaulichen Zugang zur Wellenführung in dielektrischen Wellenleitern zu


erhalten, betrachte man die in Abb. 12 gezeigt Anordnung isotroper, verlustfreier Dielektrika.
34 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Abbildung 12: Schichtwellenleiter

Bei diesem sogenannten Schichtwellenleiter ist der eigentliche Film mit der Dicke d sowohl in
y- als auch in z-Richtung beliebig weit ausgedehnt, so daß die mathematische Behandlung der
Wellenausbreitung wesentlich vereinfacht wird.

Über die geometrische Optik kann zunächst eine notwendige Bedingung für die Führung
ebener Wellen in einer solchen Anordnung gefunden werden. Hierzu betrachte man den in
Abbildung 13 gezeigten Filmwellenleiter.

Abbildung 13: Filmwellenleiter mit Film-, Raum und Substratwelle.

Damit die optische Welle vollständig im Film geführt wird und nicht als Raumwelle und oder
als Substratwelle verloren geht, muß sowohl an der Grenzfläche (n1, n2) als auch an der
Grenzfläche (n2, n3) Totalreflexion auftreten.

Es muß also gelten:

n1
sin Θ c = < 1,
n2

bzw.:

n3
sin Θ ′c = <1
n2
Dielektrische Wellenleiter 35

Koppelt man Licht an der Stirnseite des Films unter dem Winkel ϑ 0 ein, so folgt für den
Winkel ϑ im Inneren des Films:

n0 sin ϑ 0 = n2 sin ϑ .

Damit nun der Winkel Θ kleiner ist, als der Grenzwinkel der Totalreflexion an der
Grenzfläche n1, n2 bzw. der Winkel Θ ′ kleiner ist als der Grenzwinkel an der Grenzfläche n2,
n3, muß für den Einfallswinkel gelten:

n0 sin Θ 0 = n22 − n12 = AN .

Die Größe AN wird numerische Apertur des Films genannt. Je größer die Brechzahldifferenz
und damit die numerische Apertur des Filmwellenleiters ist, desto größer ist der maximale
Einstrahlwinkel, bei dem ausschließlich Filmwellen angeregt werden.

Die Lösungen der Wellengleichung

r r
05 r r
05 ω
∆E r + k 2 E r = 0, mit k = n = k0 n
c

stellen wellenförmige, periodische Felder dar, die sich in z-Richtung ausbreiten. Somit kann
ein Lösungsansatz gemäß

05 0 5 :
r r r
E r = E x , y exp − jβz ?
gewählt werden. Da die Felder darüber hinaus keine y-Abhängigkeit zeigen, erhält man eine
Wellengleichung der Form:

∂2 r
905
r
∂ x2
E ( x ) + k 2 2
0 n4− β 2
E x = 0.

Diese Wellengleichung gilt für alle drei Bereiche mit:

k 2 = k 02 ni2 − β 2 , mit i = 1, 2, 3; β = const. für alle i

Je nachdem ob k 02 ni2 − β 2 positiv oder negativ ist, besitzt das elektrische Feld in der Schicht
mit ni eine periodische bzw. exponentielle Abhängigkeit in x-Richtung.
36 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Für den Fall, daß

k02 n22 − β 2 > 0,


k02 n12 − β 2 < 0,
k02 n32 − β 2 < 0

ist, liegt eine Wellenausbreitung vor, bei der sich die optische Leistung auf die Schicht mit der
Brechzahl n2 konzentriert.

Die Filmwellen werden an den Grenzflächen des Film totalreflektiert. Dabei bildet sich eine
stehende Welle in transversaler Richtung aus, und die einzelnen Teilwellen, die durch die
Totalreflexion enstehen, überlagern sich zu einem einheitlichen Gesamtfeld, welches sich in
z-Richtung ausbreitet (siehe Abbildung 14).

Abbildung 14: Wellenfront im Filmwellenleiter.

Dies ist genau dann der Fall, wenn die gesamte transversale Phasenverschiebung φ ges einer
Teilwelle auf ihrem Weg zwischen zwei Totalreflexionen an Substrat- und Deckschicht ein
ganzahliges Vielfaches von 2π ist. Hierbei setzt sich φ ges aus dem transversalen Anteil

1
φ x = 2d n1k0 sin Θ 6
und den Phasensprüngen φ 2 , φ 3 zusammen, die bei der Reflexion an den Grenzflächen
auftreten. Es gilt somit für die gesamte transversale Phasenverschiebung:

1 6 1 6
φ ges = −2k0 n1 sin Θ + φ 2 n1, n2 , Θ + φ 3 n1, n3 , Θ .

Diese charakteristische Gleichung für Filmwellenleiter ist nur für diskrete Werte von Θ
erfüllt. D.h., es können nur Wellen im Film geführt werden, die sich unter einem dieser
Winkel ausbreiten.
Dielektrische Wellenleiter 37

4.3 Ausbreitung von Moden

In diesem Abschnitt soll eine exakte und vollständige Beschreibung der Wellenausbreitung in
Schichtwellenleitern am Beispiel von TE-Moden erfolgen. Hierzu betrachte man das System
der Rotationsgleichungen der Maxwellschen Gleichungen in Komponentenschreibweise
gemäß:

∂E y ∂Ez
− + = − jωµ 0 H x ,
∂z ∂y
∂ Ez ∂ Ex
− + = − jωµ 0 H y ,
∂x ∂z
∂Ex ∂ E y
− + = − jωµ 0 H z .
∂y ∂x

Analog dazu gilt:

∂H y ∂Hz
− + = − jω n 2 ε 0 E x ,
∂z ∂y
∂Hz ∂Hx
− + = − jω n 2 ε 0 E y ,
∂x ∂z
∂Hx ∂H y
− + = − jω n 2 ε 0 E z .
∂y ∂x

Da der Schichtwellenleiter beliebig weit in y-Richtung ausgedehnt sei (siehe Abb. 12), und
TE-Moden ein rein transversales elektrisches Feld in y-Richtung besitzen, vereinfacht sich das
System der Gleichungen hier zu:

∂Ey
− = − jωµ 0 H x ,
∂z
∂Ey
= − jωµ 0 H x ,
∂x
∂Hz ∂Hx
− + = − jω n 2 ε 0 E y
∂x ∂z

Ein Lösungsansatz der Form

r
0 5 05 ;
E x, z = E x exp − jβ z , @
38 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

bzw.

r
0 5 05 1
H x, z = H x exp − jβ z 6
ermöglicht die Durchführung der Ableitung ∂ / ∂z :

jβ E y = − jωµ 0 H x , (54)

∂Ey
= − jωµ 0 H z , (55)
∂x

∂Hz
− jβH x = jω n 2ε 0 E y . (56)
∂x

Setzt man die Gleichungen (54) und (55) in Gleichung (56) ein, so folgt daraus:

∂2Ey
∂x 2 4 9
+ k02 n 2 − β 2 E y = 0.

Bestimmt man über diese Wellengleichung Ey, so sind die Komponenten des magnetischen
Feldes über die Gleichungen (54) bis (56) festgelegt:

β0 ε0
Hx = − E , (57)
k0 µ 0 y,

bzw.

j ε0 ∂ E y
Hz = ⋅ . (58)
k0 µ0 ∂ x

Der Lösungsansatz der Wellengleichung lautet:

%K A exp −q0 x − d 5 für d ≤ x ≤ ∞,


0 x5 = &B cos( hx ) + C sin0hx 5 für 0 ≤ x ≤ d ,
K' D exp0 px5 für − ∞ ≤ x ≤ 0.
Ey
Dielektrische Wellenleiter 39

Hierbei sind:

q = β 2 − k02 n1 ,
p = β 2 − k02 n32 ,
h = k02 n02 − β 2 .

Aus den Stetigkeitsbedingungen für Ey und Hz an der Stelle x=0 und x=d unter der
vereinfachenden Annahme eines symmetrischen Wellenleiters mit:

n1 = n3 , bzw. p = q

folgt:

0 5
tan hd =
2 ph
h2 − p2
. (59)

Mit

β 2 = k02 n22 − h 2 = k02 n12 + p 2

folgt aus Gleichung (59):

0 5
tan hd = 2 h
4
k02 n22 − n12 − h 2 9
4 9
(60)
2h 2
− k02 n22 − n12

In Gleichung (60) sind die Materialparameter als bekannt anzusehen, so daß eine Relation
h(k0) resultiert.

Damit der Wurzelausdruck auf der rechten Seite von Gleichung (60) reell bleibt, muß gelten:

n2 > n1

und

4
h 2 ≤ k02 n22 − n12 = h02 9
40 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

D.h., wenn die Brechzahldifferenz n2 - n1 klein ist, so muß h kleine Werte annehmen, und
umgekehrt. Eine Gleichung vom Typ

a − x2
tan x = 2 x 2
2x − a

besitzt bei x = ± a / 2 eine Polstelle und bei x = ± a eine Nullstelle. Desweiteren gilt:

2x
lim tan x = − .
x→0 a

Ein Vergleich mit Gleichung (60) liefert:

Polstelle: 4
h = k0 1 / 2 n22 − n12 9
Nullstelle: h = k0 n22 − n12

und

d →0
0 5
lim tan hd = −
k0
2h
n22 − n12
.

Abbildung 15: Graphische Lösung von Gleichung (60).

In Abbildung 15 ist die graphische Lösung von Gleichung (60) gezeigt. Die Schnittpunkte der
Graphen ergeben die Lösungen dieser Gleichung. Es sind somit mehrere diskrete Lösungen
möglich (TEm-Wellen mit der sogenannten Modenzahl m = 1, 2,…). Für kleine Werte von d
bzw. h0 reduziert sich die Anzahl der Lösungen, bis schließlich nur eine Lösung existiert
(Monomoden-Betrieb). Die Moden-Zahl m wächst mit zunehmendem d bzw. mit
zunehmendem h0.
Dielektrische Wellenleiter 41

4.4 Unsymmetrischer Film

In Abb. 16 ist das normierte Phasenmaß

β 2 / k02 − n12
B=
n22 − n12

eines symmetrischen Wellenleiters (n1 = n3) als Funktion der normierten Frequenz

V = k0 d n22 − n12 ∝ ω (61)

für Hm- und Em-Moden schematisch dargestellt.

Abbildung 16: Normiertes Phasenmaß B als Funktion von V (n1=n3).

1 6
Schon bei kleinen Werten von V V < π ist der Grundmode H0 ausbreitungsfähig. Mit
1 6
wachsender Wellenzahl k0 bzw. wachsendem V V > π nimmt die Anzahl ausbreitungs-
fähiger Moden zu. Wählt man entweder die Wellenleiterdicke d oder die Brechzahldifferenz
n2-n1 genügend klein, so daß V gemäß Gleichung (61) kleiner wird als π , so spricht man von
einem einmodigen Wellenleiter oder dem sogenannten Monomode-Wellenleiter.

Im Falle eines unsymmetrischen Wellenleiters (n1>n3) verschieben sich die Phasenkurven zu


niedrigeren Werten (siehe Abb. 17).
42 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Abbildung 17: Normiertes Phasenmaß B als Funktion von V (n1>n3).

Dabei ist der Parameter

n32 − n12
A= 2
n2 − n32

ein Maß für die Asymmetrie des Wellenleiters. Im Gegensatz zu den symmetrischen
Wellenleitern weist jetzt auch der Grundmode eine untere Grenzfrequenz auf, unterhalb derer
keine Wellenführung mehr möglich ist.

Beim Entwurf eines asymmetrischen Monomoden-Wellenleiters muß man daher die


Wellenleitergeometrie so optimieren, daß der H1-Mode nicht mehr geführt wird und der
Grundmode aber noch oberhalb seiner Grenzfrequenz liegt.

4.5 Streifenwellenleiter

Die gezielte Strahlenführung verlangt neben der vertikalen auch eine seitliche Begrenzung des
Wellenleiters. In Abb. 18 sind mögliche Ausführungsformen sogenannter planarer
Streifenleiter gezeigt. Die Brechzahlen rings um das als Streifen ausgebildete, lichtführende
Medium seien so gewählt, daß an allen Grenzflächen zum Umgebungsmedium Totalreflexion
auftritt.
Dielektrische Wellenleiter 43

Abbildung 18: Ausführung von Streifenwellenleitern.

Die so in dem Streifen geführten Lichtwellen weisen eine Feldverteilung auf, die sowohl in x-
als auch in y-Richtung stehende Wellen bilden. Das Gesamtfeld eines Modes setzt sich somit
in komplizierter Weise aus sechs Feldkomponenten zusammen. Bei geringen Brechzahl-
unterschieden zwischen Streifen und Umgebungsmedium sind die Transversalkomponenten
jedoch i.a. linear polarisiert (s.u.).

x y
Abbildung 19: Elm - und Elm - Moden niedrigster Ordnung.

Verwendet man als Kennzeichnungsmerkmal der linear polarisierten Transversalkomponenten


r
die Hauptpolarisationsrichtungen des transversalen E -Feldvektors, so bezeichnet Elmx die in
x-Richtung polarisierten Moden. Entsprechend bezeichnet Elmy die in y-Richtung polarisierten
Moden. Dabei geben die ganzzahligen Indizes l und m die Anzahl der Knoten der im Streifen
stehenden Wellen in x- bzw. y-Richtung an.

In Abb. 19 sind beispielsweise die sechs niedrigsten Moden eines in x-y-Richtung


ausgebildeten Streifenleiters gezeigt. Da beim Streifenleiter die Wellengleichung in Form
einer i.a. nicht separierbaren partiellen Differentialgleichung auftritt, ist die exakte Berech-
44 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

nung der Phasenkoeffizienten und Feldverteilungen der Moden mit einem sehr großen
Rechenaufwand verbunden. Selbst numerische Integration der partiellen Differentialgleichung
erfordert die Anwendung komplizierter Verfahren, wie z.B. das der finiten Elemente. An
dieser Stelle sei nur auf geeignete Literatur verwiesen.
Glasfasern für die optische Nachrichtentechnik 45

5 Glasfasern für die optische Nachrichtentechnik


In diesem Kapitel sollen kurz die gebräuchlichsten Lichtwellenleiter für die optische
Nachrichtentechnik vorgestellt werden. Darüber hinaus soll die Ausbreitung der optischen
Signale in den Fasern genauer untersucht werden werden.

5.1 Stufenfasern

Die Stufenfasern bestehen aus einem homogenen Faserkern mit einer einheitlichen Brechzahl
nk. Dieser Faserkern ist von einem Mantel umgeben, der eine niedrigere Brechzahl nm besitzt.
Das Brechzahlprofil weist somit eine Stufe auf (Stufenfaser). Zum Oberflächenschutz und zur
Steigerung der mechanischen Festigkeit wird die Faser meist noch mit einer Beschichtung
versehen, die oft auch absorbierend wirkt. In Abb. 20 ist der Längsschnitt einer solchen Faser
gezeigt.

Abbildung 20: Aufbau einer Stufenfaser sowie deren Brechzahlverlauf.

Bedingung für die Führung der optischen Welle in der Faser ist, daß der Ausbreitungswinkel
Θ der Strahlung kleiner ist, als der Grenzwinkel

1
Θ c = arccos nm nk 6
der Totalreflexion an der Kern-Mantel-Grenzfäche. Hierzu muß der Einfallswinkel Θ c der
optischen Welle kleiner sein, als der Akzeptanzwinkel

Θ ec = arcsin 4 nk2 − nm2 / n0 9


der Faser. Der Sinus des Akzeptanzwinkels wird numerische Apertur der Faser genannt:

AN = sin Θ ec = nk2 − nm2 , mit n0=1.


46 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Der Brechungsindex n0 des Umgebungsmediums wird in der optischen Nachrichtentechnik


praktisch immer als Eins vorausgesetzt.

In der Abb. 20 sind drei verschiedene Wellen eingezeichnet. Je nach Einfallswinkel


unterscheidet man bei diesen sogenannten meridionalen Strahlen zwischen Kernwellen,
Mantelwellen und Strahlungswellen. Letztere treten komplett aus der Faser aus und werden
deswegen auch als Leckwellen bezeichnet. Die Mantelwellen hingegen werden an der äußeren
Grenzfläche des Mantels zurück in die Faser reflektiert und pflanzen sich weiter in der Faser
fort. Sowohl die Strahlungswellen als auch die Mantelwellen sind für die optische
Signalübertragung unerwünscht. Sie entstehen oft auch durch Streuung der Kernwellen an
Inhomogenitäten des Glases oder Geometriestörungen der Faser.

Abbildung 21: Einfaches Modell einer Stufenfaser.

Neben den meridionalen Strahlen gibt es auch optische Wellen, die sich schraubenförmig um
die Faserachse ausbreiten und somit keinen Schnittpunkt mit ihr besitzen. Solche Wellen
werden als nichtmeridionale Strahlung oder auch als Helixstrahlung bezeichnet. Auch bei
dieser Art von Strahlung können nur dann Kernwellen enstehen, wenn deren
Ausbreitungswinkel kleiner ist, als der Akzeptanzwinkel Θ c der Faser.

Als eigentliche Signalträger dienen also nur die Kernwellen. Sie sollen im Folgenden genauer
untersucht werden. Hierzu betrachte man das einfache Modell einer Stufenfaser aus
Abb. 21.Der Kern mit nk vom Radius sei in einem unbegrenzten Mantel mit nm eingebettet. Zu
erwarten ist, daß sich eine homogene Welle, die sich in z-Richtung ausbreitet, auf ihrem
schraubenförmigen oder meridionalen Wege im Kern zu stehenden Wellen in Umfangs- und
radialer Richtung überlagern.
Glasfasern für die optische Nachrichtentechnik 47

Zur genaueren Beschreibung betrachte man die Maxwellschen Gleichung in


Zylinderkoordinaten:

1 ∂  r ∂  + 1 ∂ "#
! r ∂ r  ∂ r  r ∂ϕ
+ ki2 E zi ( r , ϕ ) = 0 .
$
2 2
(62)

Hierbei sind:

ki2 = k02 ni2 − β 2

und ni =
%&n k für r ≤ a
'n m für r > a
mit i = k , m.

Als Lösungsansatz für die z-Komponente des elektrischen Feldes der optischen Welle im Kern
eignet sich das Produkt:

cos qϕ 
E zk = AE J q ki r1 6 sin 
qϕ 
(63)

mit der Amplitude AE des elektrischen Feldes und der Besselfunktion Jq(kir) der ganzzahligen
Ordnung q. Für die Lösung der z-Komponente des elektrischen Feldes der optischen Welle im
Mantel läßt sich analog zu Gleichung (62) der Ansatz:

cos qϕ 
1
E zm = BE K q jki r 6 sin 
qϕ 
(64)

angeben. Die Funktion Kq(jkir) ist die modifizierte Hankelfunktion. Sie klingt nur dann in
radialer Richtung ab, wenn:

km = k02 nm2 − β 2

rein imaginär ist. Dies ist genau dann der Fall, wenn gilt:

β > k 0 nm .

Kernwellen sind somit nur dann möglich, wenn ihr Phasenmaß β größer ist, als die Wellen-
zahl im Mantel.
48 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Wie für die z-Komponente des elektrischen Feldes lassen sich in Analogie zu den
Gleichungen (63) und (64) Lösungsansätze für die z-Komponente der magnetischen
Feldstärke finden. Aus den kartesischen Komponenten Ez und Hz können die Komponenten in
zylindrischen Koordinaten Hr und Hϕ berechnet werden. Hierbei gilt es die Stetigkeits-
bedingung zu erfüllen. Um des Ergebnis übersichtlicher und universell darstellbar zu
gestalten, führt man ein:

u = kk a = a k02 nk2 − β 2 =$ transv. Phasenmaß im Kern , (65)

v = jkma = a β 2 − k02 nm2 =$ transv. Dämpf.maß im Mantel , (66)

V = k0a nk2 − nm2 = k0aAn =$ Faserparemeter . (67)

Es gilt somit:

V 2 = u2 + v 2 .

Als abhängigen Faserparameter für die Wellenausbreitung führt man den Phasenparameter B
mit

N 2 − nm2
B= 2 (68)
nk − nm2

ein, wobei N = β / k0 als effektive Brechzahl für die jeweilige Kernwelle bezeichnet wird.
Mit der Einführung dieser Parameter erhält man die charakteristische Gleichung der
Eigenwelle gemäß:

3Y + X 84
q q nk2Yq + nm2 X q 9 q2 N 2
= 4 2,
u B
(69)

wobei

05
J q′ u
u J 0u5
Yq =
q
Glasfasern für die optische Nachrichtentechnik 49

und

05
K q′ v
v K 0v5
Xq =
q

ist. Gleichung (69) enthält die drei Unbekannten u, v und β , wobei u und v über die
Gleichungen (65) bis (67) mit β zusammenhängen. Da Gleichung (69) in Yq quadratisch ist,
erhält man eine Lösung der Form:

nk2 + nm2 n +n  2

 2n X 
2 2
q2 N 2
Yq = − Xq m
 +
k m
.
4 u B9
q
2 nk2 2
k nk2 2 2

Mit

0 5± q
J q ±1 u
uJ 0u5 u
Yq = ± 2
q

und

nm2 u2 − nk2 v 2
N =2
u2 + v 2

folgt schließlich:

J±q u0 5=mn −n 2 2
q 1 1   1 + n  +  n − n
2 2 2 
X 
2

J 0u5
uX q + − u q 2 2 + 2
   u n v   2n 
k m m k m
2 2 2 2 2 q .(70)
q 2n k u u v k k

Diese Gleichung hat für Eigenwellen einer bestimmten Umfangsordnung q nur noch die
Unbekannten u und v.

Für Wertepaare von u und v ergibt sich für

V 2 = u2 + v 2
50 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

und damit

 v 2
B=
V  .

Abbildung 22: Graphische Lösung von Gleichung (69) für q=2.

In Abb. 223 sind die graphischen Lösungen der Gleichung (69) für q=2 gegeben. In der oberen
Hälfte sind die positiven äste von J1(u)/J2(u) eingezeichnet und in der unteren Hälfte die
negativen Äste von J3(u)/J2(u). Außerdem erscheint für q=2 und nk/nm=1 die rechte Seite von
Gleichung (69) für konstante Werte von v mit den positiven Ästen in der oberen Hälfte und
mit den negativen Ästen in der unteren Häfte. Die Eigenwellen, die zu den Schnittpunkten in
der oberen Hälfte gehören, werden HEqp-Wellen genannt, während die Eigenwellen zu
Schnittpunkten in der unteren Hälfte EHqp-Wellen genannt werden.

Hierbei sind:

q : die Umfangsordnung
p : die radiale Ordnung.

Die radiale Ordung p zählt die Schnittpunkte mit wachsendem u.

3
Quelle: H.-G. Unger, Optische Nachrichtentechnik, Teil I, Hüthig Buch Verlag, Heidelberg.
Glasfasern für die optische Nachrichtentechnik 51

In Abb. 23 ist das Phasenmaß B über V aufgetragen. Für große Werte von V geht B gegen
Eins. Dies ist genau dann der Fall, wenn die effektive Brechzahl N gleich der Brechzahl nk des
Kerns ist (siehe Gl.(60)).

Abbildung 23: Dämpfungsmaß als Funktion von V.

Mit dem vorher Gesagten gilt somit:

Eine ebene Welle wird nur dann im Faserkern geführt, wenn gilt:

nk k 0 ≥ β > nm k 0

Aus Gleichung (71) folgt unmittelbar, daß für B=0 das transversale Dämpfungsmaß v gleich
Null werden muß. Die optische Welle kann sich somit in radialer Richtung unendlich weit
ausbreiten.

Die HE11-Welle ist die Grundwelle der Stufenfaser. Jede Faser mit noch so dünnem Kern und
noch so kleiner Brechzahldifferenz führt diese Grundwelle bei noch so großer Wellenlänge.
Bei kleinen Werten von V ist aber auch das Querdämpfungsmaß v der HE11-Welle sehr klein,
so daß sich ihre Felder sehr weit in den Mantel ausdehnen. Eine Abschätzung für das
Querdämpfungsmaß liefert die Beziehung:

 2 − C −~ n + n
2 2
05
J0 V
 v ⋅
05
k m
ln 2
.
2n m VJ1 V

Gleichung (72) läßt erkennen, daß V in die Größenordnung von Eins kommen muß, damit v
merkliche Werte annimmt und die HE11-Mantelfelder einigermaßen quergedämpft werden.
Für nk/nm ≥ 1 muß V > 0,8 sein, damit v > 0,1 wird. Höhere Moden, hier mit q=0, p=1
ergeben sich erst für V > 2,405. Für

0,8 < V < 2,405


52 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

wird daher effektive Einwellenausbreitung erreicht. Wegen der Axialsymmetrie ihrer Felder
nehmen Eigenwellen mit q=0 einen Sonderfall ein. Dies sind keine hybriden Wellen mit Ez-
und Hz-Komponenten, sondern sie haben nur eine Feldkomponente in Ausbreitungsrichtung.

Abbildung 24: Feldbild der E01-Welle.

In Abb. 24 ist das Feldbild der E01-Welle gezeigt. Die durchgezogenen Linien kennzeichnen
die elektrischen Feldlinien, während die gestrichelten Linien die magnetischen Feldlinien
kennzeichen.

Abbildung 25: Feldbild der H01-Welle.

Letztere bilden konzentrische Kreise in der Querschnittsebene der Faser (TM-Welle), während
die elektrischen Feldlinien Schleifen in der Meridianebene darstellen. An der Kern-Mantel-
Grenze sind die elektrischen Feldlinien gebrochen; denn Er springt dort wegen der Stetigkeit
der dielektrischen Verschiebung im umgekehrten Verhältnis der quadratischen Brechzahlen,
während Ez stetig steigt. Die Feldlinienen der H01-Welle sind in Abb. 25 gezeigt. Wie oben
kennzeichnen die durchgezogenen und die gestrichelten Linien die Feldlinien des elektrischen
bzw. magnetischen Feldes. Hier bilden jedoch die elektrischen Feldlinien konzentrische
Kreise in der Querschnittsebene (TE-Welle). Die magnetischen Feldlinien bilden hier
Schleifen in Meridianebene, die aber ohne Brechung durch die Kern-Mantel-Grenze gehen.

Zum Vergleich mit den Feldlinien axialsymmetrischer Eigenwellen niedrigster Ordnung, zeigt
Abb. 264. das Feldbild der HE11-Grundwelle.

4
Quelle: H.-G. Unger, Optische Nachrichtentechnik, Teil I, Hüthig Buch Verlag, Heidelberg
Glasfasern für die optische Nachrichtentechnik 53

Abbildung 26: Feldbild der HE11-Grundwelle.

Sie stellt - wie alle anderen nicht axialsymmetrischen Eigenwellen - eine hybride Welle dar.
Ihre Gestalt gleicht der einer HE11-Welle in runden Hohlleitern. Für V > 2,405 führt die Faser
neben der HE11-Welle zuerst noch die H01- und die E01-Welle. Optische Signale können sich
in diesen verschiedenen Eigenwellen ausbreiten, und Interferenz zwischen den Wellentypen
kann die Signalübertragung beeinträchtigen. Stufenfasern mit V < 2,405 führen nur die
Grundwelle und heißen deswegen auch einwellige oder Monomode-Fasern.

5.2 Näherung für schwach führende Fasern

Zur Vermeidung innerer Spannungen, die z.B. aufgrund thermischer Effekte auftreten können,
sollten Faser-Kern und -Mantel die gleichen thermischen bzw. mechanischen Eigenschaften
besitzen. Aus diesem Grund werden Kern und Mantel aus nahezu gleichen optischen
Materialien gefertigt. Sie haben somit auch nahezu gleiche Brechzahlen, und der Grenzwinkel
der Totalreflexion an der Kern-Mantel-Grenze ist nur sehr klein. Die Folge ist, daß
unterschiedliche Moden etwa gleich lange Wege haben, d.h. es tritt kaum Dispersion auf.

In Stufenfasern, bei denen die Brechzahldifferenz sehr viel kleiner ist als die Brechzahl des
Fasermantels

1n k 6
− nm << nm ,

werden nur Strahlen im Kern geführt, die einen kleinen Winkel mit der Faserachse
einschließen. Die über die Totalreflexion mit ihnen verbundenen Mantelfelder sind nur
schwach quergedämpft. Für diese sogenannten schwach führenden Stufenfasern gilt wegen
− nm für die HEqp-Wellen die charakteristische Gleichung
nk ~

u Jq u 0 5 = vK 0v 5
0u5 K 0v5
q
(73)
J q −1 q −1
54 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

und für die der EHqp-Wellen

nJ q + 2 u 0 5 = vK 0v5 .
q+2
J q +1 0u5 K 0v5 q +1
(74)

HEqp- und EHq-2,p-Wellen sind somit in schwach führenden Stufenfasern näherungsweise


miteinander entartet. Liegt der Phasenkoeffizient in dem für diese Fasern nur schmalen
Bereich von

nm k 0 < β < nk k 0 ,

so folgt aus Gleichung (65) bzw. (66)

u << βα bzw. v << βα .

Dies bedeutet, daß die transversalen Feldkomponenten im Kern und im Mantel überwiegen,
und somit die Kernwellen nahezu transversal elektromagnetisch sind (TEM-Wellen). Setzt
man voraus, daß die Brechzahldifferenz zwischen Kern und Mantel genügend klein ist, so ist
jede HEl+1,p-Welle mit der EHl-1,p-Welle gleicher Ordnungszahlen l und p praktisch
vollständig entartet. Jede Linearkombination dieser Wellen bildet dann eine Eigenwelle der
Faser. Überlagert man eine HEl+1,p-Welle mit der Amplitude AE=1 mit einer EHl-1,p-Welle mit
der Amplitude AE=-1, so liefert dies die charakteristische Gleichung linear polarisierter
Eigenwellen schwach führender Fasern (LP-Wellen):

J l +1 u05 J u
= − l −1 .
05
K l +1 v05 K l −1 v 05
Hierbei gibt p die radiale und l die azimutale Ordnung an. Diese LPl,p-Wellen, die wegen ihrer
einheitlichen und einfachen Polarisation meist von Laserquellen angeregt werden, zerfallen
bei der Ausbreitung entlang der Faser schon nach sehr kurzer Laufstrecke in die HEl+1,p-Welle
und die EHl-1,p-Welle. Generell läßt sich also feststellen:

Die näherungsweise Entartung von verschiedenen Eigenwellen in schwach


führenden Lichtwellenleitern besteht in der Praxis nur über kurze Faserlängen.
Glasfasern für die optische Nachrichtentechnik 55

Abbildung 27: Überlagerung von Grundwellen zu einer LP11-Welle.

Bei der Überlagerung einer HEl+1,p-Welle mit AE = 1 mit einer EHl-1,p-Welle mit AE = 1
entsteht eine LPl,p-Welle mit einem elektrischen Transversalfeld in y-Richtung. Jede LPl,p-
Welle mit l > 0 kommt in vier verschiedenen Typen vor. In Abb. 27 ist gezeigt, wie sich zwei
in x-Richtung polarisierte LP11-Wellen aus der Überlagerung der eigentlichen Grundwellen
ergeben. Die LP11-Welle mit cos (l ϕ ) entsteht danach durch die Überlagerung der
HE21-Welle mit der E01-Welle und die LP11-Welle mit sin ( lϕ ) aus der HE21-Welle und der
H01-Welle.

Abb.28 zeigt die Intensitätsverteilung über den Faserquerschnitt sowie die Richtung des
elektrischen Feldes (durchgezogene Pfeile) und die des magnetischen Feldes (gestrichelte
Pfeile) der vier LP11-Wellen mit unterschiedlicher Feldverteilung und Polarisation.

Abbildung 28: Vier Typen der LP11-Welle.

Ist die azimutale Ordnung l gleich Null, so ergibt sich ein Sonderfall für die LP-Wellen. Da es
keine EH-Wellen mit negativer Umfangsordnung gibt, ist die LP0p-Welle identisch mit der
eigentlichen HE1p-Welle. Die HE11- bzw. die LP01-Welle stellt somit die Grundwelle der
Faser dar. Ebenso wie alle anderen HE1p-Wellen bzw. HE0p-Wellen kommt sie aber nur in
zwei orthogonalen Polarisationen vor, die allerdings vollkommen entartet sind. Nur wenn der
Kern nicht rund oder die Brechzahl nicht einheitlich in radialer Richtung sind, können die
beiden Polarisationen dieser Wellen verschiedene Phasenkoeffizienten haben. Diesen Effekt
nutzt man bei der Herstellung polarisationserhaltender Fasern aus.
56 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Abbildung 29: Phasencharakteristik von LPl,p-Wellen.

Abb. 29 zeigt die Phasencharakteristik von LPl,p-Wellen bzw. von den in ihnen enthaltenden
HEl+1,p- und EHl-1,p-Wellen. Für die LP01- bzw. HE11-Welle läßt sich für den Phasenparameter
von Monomodenfasern die analytische Näherung

2
u01
1− B −
~
1 + 1u − 16
4
01
4
+V 4  2

angeben.

5.3 Fasern mit Mehrstufenprofil

Die bisher besprochenen Stufenfasern werden meist noch mit einer Beschichtung versehen,
die als mechanischer Schutz und zur Absorption von Mantelwellen dient. Diese Beschichtung
besitzt im allgemeinen eine andere Brechzahl als der Kern und der Mantel der Faser. In
Abb. 30 sind Brechzahlprofile solcher Fasern gezeigt.
Glasfasern für die optische Nachrichtentechnik 57

Abbildung 30: Brechzahlprofile für Merstufenfasern.

Wie in Abb. 30 (a) gezeigt, besitzt die Hülle der Faser eine kleinere Brechzahl als der Kern.
Neben diesem normalen Doppelstufenmodell kann aber auch

nk > nm < nh W-Profil, Abb. 30(b),

bzw.

nk > nm < nh Ringprofil, Abb. 30(c)

gelten. Sowohl das W-Profil als auch das Ringprofil haben günstige Eigenschaften in der
Grundwellendispersion (s.a. Abschnitt 5.4).

5.4 Gradientenfasern

Die Stufenfaser stellt nur ein idealisiertes Modell dar. Stufen im Brechzahlprofil, wie sie in
den vorangegangenen Abschnitten vorgestellt wurden, kommen in der Praxis i.a. gar nicht
vor. Bei der Herstellung der Fasern verwaschen diese Stufen z.B. durch Stoffdiffusion, die bei
der notwendigen Erhitzung der Faser unvermeidbar ist.

In Stufenfasern mit einer großen Anzahl von Moden (vielwellige Fasern) können Signale
durch Dispersion stark verzerrt werden. Um diese Signalverzerrungen zu vermeiden, werden
Fasern benötigt, bei denen die Brechzahl von einem maximalen Wert auf der Faserachse
radial allmählich abfällt. Das Brechzahlprofil und der Ausbreitungsweg eines Meridianstrahls
in einer sogenannten Gradientenfaser ist in Abb. 31 skizziert.
58 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Abbildung 31: Gradientenfaser mit Meridianstrahl.

Dabei wandert die Strahlung auf dem Meridianstrahl abseits der Faserachse schneller als in
deren Nähe. Der Laufstreckenunterschied gegenüber einem Strahl, der genau auf der
Faserachse wandert, kann somit kompensiert werden, so daß die Laufzeit beider Strahlen
gleich ist.

Die geometrische Optik liefert bei der Beschreibung von Gradientenfasern eine analytische
Lösung. In Abb. 32 ist die Querschnittsprojektion eines Strahls in einer solchen Faser gezeigt.

Abbildung 32: Querschnittsprojektion.

Der Strahl verläuft dabei in einem Ring zwischen ri und ra, den er im Normalfall nicht verläßt.
Es ist so, als ob er an den Grenzen des Rings totalreflektiert wird.

Damit Strahlen in der Faser geführt werden, und nicht als Leckwellen verloren gehen, müssen
sie sich zu selbstkonsistenten Feldverteilungen von Eigenwellen überlagern. Bei dieser
Überlagerung müssen sich sowohl in azimutaler als auch in radialer Richtung stehende
Wellen bilden.

Ausgehend von der charakteristischen Gleichung für Eigenwellen

I
ra
05  l
ri

n 2 r k02 − β 2 − l 2 r 2 dr = p −
2π (76)
Glasfasern für die optische Nachrichtentechnik 59

erhält man ein Brechzahlprofil n(r) indem man Werte für den Ausbreitungsvektor k, für das
Phasenmaß β und für die Umfangsordnung l vorgibt, das Phasenintegral auswertet und so die
radiale Ordnung p erhält. Für ein Brechzahlprofil mit maximaler Brechzahl nk auf der
Faserachse und einer Mantelbrechzahl nm läßt sich schreiben

05
n 2 r = nk2 1 − 2∆f r a ,1 6 (77)

Hierbei sind

∆ : relative Brechzahldifferenz,
a : Profilradius,
0 5
f r / a : Profilfunktion.

Für die relative Brechzahldifferenz gilt allgemein:

nk2 − nm2
∆= .
2nk2

Für Fasern, bei denen die Brechzahl des Mantels nk sehr viel größer ist als die
Brechzahldifferenz nk - nm, ergibt sich die maximale relative Brechzahldifferenz zu

nk − nm
∆= .
nk

Die Profilfunktion f(r/a) wächst von f(0)=0 auf f(1)=1 an und behält diesen Wert für r ≥ a

1 6 %&'10
f r a =
für r = 0
für r ≥ a.

Führt man noch den Wellenleiterparameter mit

V = k0a nk2 − nm2 = nk k0a 2∆

und den Phasenparameter mit

B=
1β k 6 0
2
− nm2
nk2 − nm2
60 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

ein, so ergibt sich aus Gleichung (76) die charakteristische Gleichung für Kernwellen von
Gradientenfasern gemäß

 p − 1 π = 1 I 1 6
 2 a
ra
ri
V 2 [1 − f r a − B] − la r 2 dr . (78)

Nimmt man beispielsweise eine parabolische Profilfunktion mit

%K1r a6
f 1r a 6 = &
2
für r ≤ a
K'1 für r ≥ a

an, so ergibt sich eine Lösung von Gleichung (78) zu

0 5 V4 + 1 −2 l .
p = 1− B (79)

Daraus läßt sich der Phasenparamter B von Eigenwellen mit den Ordnungszahlen l und p
direkt als Funktion des Parameters V der Faser berechnen. Bei B=0 liegt die Grenze für die
Führung von Eigenwellen. Für diesen Fall folgt aus Gleichung (79):

V 1− l
p= + = pc . (80)
4 2

Bei vielwelligen Gradientenfasern ist der Faserparameter V sehr viel größer als Eins. Das
Wellenprofil der Eigenwellen entspricht dem von LPl,p-Wellen. Zu jedem Paar von
Ordnungszahlen l, p gehören vier Eigenwellen, die den je zwei Polarisationen für HEl+1,p- und
EHl-1,p-Wellen entsprechen. Für l = 0 gehören auch im Gradientenprofil zu jeder radialen
Ordnung p nur zwei Eigenwellen. Die Gesamtzahl der Eigenwellen (Modenzahl), die eine
Faser mit einem parabolischen Brechzahlprofil führt, ist M = V2/4.
Signalverzerrung in Glasfasern 61

6 Signalverzerrung in Glasfasern
In Kapitel 3 wurden die Hauptursachen für die Signaldämpfung (Absorption, Rayleigh-
streueung) und für die Signalverzerrung (chromatische Dispersion) besprochen, die aufgrund
von Materialeffekten hervorgerufen werden. Darüberhinaus können Signalverzerrungen durch
Wellenleiterdispersion und Laufzeitstreuung verschiedener Moden insbesondere in viel-
welligen Fasern (Modendispersion) auftreten.

Zur Beschreibung der Wellenleiterdispersion betrachte man eine schwach führende Faser, wie
sie im Kapitel 5 vorgestellt wurde. Für die Gruppenlaufzeit pro Faserlänge einer optischen
Welle mit dem Phasenparameter β gilt allgemein:

1 dβ 1 dβ
τ= = =
v g dω c dk0

mit

4
β = k0 nm2 + nk2 − nm2 B . 9
Bei der Ableitung von β nach k0 muß berücksichtigt werden, daß sowohl die Brechzahl nk des
Faserkerns als auch die Brechzahl nm des Fasermantels von k0 abhängen, so daß für die
Gruppenlaufzeit pro Faserlänge die Beziehung

τ~

1
c

! 1
nm′ + nk′ − nm′ 6 0 5 "#$
d VB
dV
(81)

gilt. Die Ableitung der Brechzahl n nach k0 wird als Gruppenindex bezeichnet. Für ihn gilt
allgemein

dn
n′ = n − λ 0 .
dλ 0

In Gleichung (81) beschreibt der erste Summand nm′ c die Grundlaufzeit in der Faser. Die
Laufzeiterhöhung gegenüber nm′ , die durch die höhere Brechzahl im Kern auf dem Zick-Zack-
Umweg im Strahlenbild entsteht, wird durch den zweiten Term beschrieben. Diese
Laufzeiterhöhung wird durch den Differentialquotienten d(VB)/ dV bestimmt.

In Abb. 33 ist der sogenannte Laufzeitfaktor d(VB)/ dV von LPl,p-Wellen in schwach


führenden Stufenfasern graphisch als Funktion des Faserparameters V für verschiedene Ord-
62 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

nungszahlen l und p dargestellt. Beim jeweiligen Grenzwert V = Vc einer LPl,p-Welle ist v = 0


und:

0 5 %&
d VB 0 für l = 0, 1
'1 6
=
dV 2 1−1 l für l > 2.

Alle LP0p- und LP1p-Wellen einschließlich der Grundwellen haben an ihrer Grenze V = Vc die
Laufzeit einer homogenen, ebenen Welle im Mantelstoff. Alle anderen Wellen haben an
dieser Grenze eine längere Laufzeit. Bei l >> 1 mit d(VB)/dV ≤ 2 nähert sich die Laufzeit
dem Wert:

1 6
τ = 2nk′ − nm′ / c .

Dagegen wird für V >> Vc der Laufzeitfaktor d(VB)/ dV ≤ 1. Weit oberhalb ihres Grenz-
wertes breitet sich jede Welle mit der Kernlaufzeit

τ = nk′ / c .

aus. Fasern, die einen Faserparameter haben, der sehr viel gößer als Eins ist, können sehr viele
Eigenwellen im Kern führen. Sogenannte Multimoden-Fasern besitzen einen V-Wert, der im
Bereich zwischen 75 und 250 liegt.

Abbildung 33: Laufzeitfaktor von LPl,p-Wellen.


Signalverzerrung in Glasfasern 63

Optische Wellen mit höchster Umfangsrichtung und niedrigster radialer Ordnung besitzen die
längste Lauftzeit pro Faserlänge

τ max =
1
c
1 6
nm′ + 2 nk′ − nm′ (1 − 1 / V .

Die kürzeste Laufzeit haben Wellen mit niedrigster Umfangsordnung:

τ min = nk′ / c .

Daraus ergibt sich eine maximale Laufzeitdifferenz gemäß:

∆τ = τ max − τ min =
1
c
1 6
nk′ − nm′ (1 − 2 V ).

Für V << 1 sowie für nk = nk′ und nm = nm′ wird:

nk − nm
∆τ = .
c
Integrierte Optik 65

7 Integrierte Optik
Ein Vorteil der monolithischen Integration von Lasern und Photodetektoren zusammen mit
Transistoren, Spulen, Kondensatoren und Widerständen ist z.B., daß parasitäre Kapazitäten
und Induktivitäten minimiert werden können. Darüber hinaus fördert der Aufbau kompletter
Schaltungen auf einem Substrat eine preiswerte und zuverlässige Massenproduktion. In
diesem Kapitel werden einige Bauelemente vorgestellt, mit denen integriert-optische
Schaltungen aufgebaut werden können.

7.1 Wellenleiter

Die Verbindungen zwischen den einzelnen Bauelementen in solchen Schaltungen werden mit
den im Kapitel 4 diskutierten dielektrischen Wellenleitern hergestellt. In Abb. 34 ist z.B. ein
Wellenleiter gezeigt, bei dem Ti auf ein LiNbO3-Substrat aufgedampft und anschließend
durch Erhitzung (T = 1060°C) in das Substrat diffundiert wurde.

Abbildung 34: Wellenleiter mit eindiffundiertem Ti-Streifen.

Die Brechzahldifferenz zwischen dem 0,5 - 1µm tiefen Streifen und dem Substrat liegt bei
etwa ∆n = 0,01. Eine solche Anordnung besitzt eine Dämpfung von α = 0,46 dB / cm .

Nutzt man den sogenannten Plasmaeffekt (Reduzierung des Brechungsindex durch freie
Ladungsträger) bei der Herstellung eines Wellenleiters aus, so vereinfacht sich die
Technologie wesentlich. Bringt man beispielsweise eine Si-Schicht mit nur einem
Epitaxieschritt auf ein n+-Si-Substrat auf, so besitzen die beiden Schichten aufgrund der
unterschiedlichen Dichten freier Ladungsträger einen unterschiedlichen Brechungsindex. Eine
lokale Änderung der Dichte freier Ladungsträger und damit des Brechungsindex ließe sich
auch durch eine Ionen- bzw. Protonen-Implantation erzielen.

Durch Aufbringen eines Schottky-Metallkontaktes auf ein rückseitig metallisiertes Substrat


und durch Anlegen einer Sperrspannung bildet sich unter dem Metallkontakt eine Zone aus,
die an freien Ladungsträgern verarmt (siehe Abb. 35).
66 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Abbildung 35: Querschnitt durch eine Schottky-Leitung.

Eine solche Anordnung hat den Vorteil, daß durch Variation der angelegten Spannung die
Ausbreitung des Lichtes in der Sperrschicht moduliert werden kann.

Die Realisierung eines Wellenleiters durch Heterostrukturen mit ternären Halbleitern, wie es
in Abb. 36 schematisch gezeigt wird, hat den Vorteil, daß die Brechzahldifferenz zwischen
den Schichten durch die Zusammensetzung der ternären Halbleiter gezielt eingestellt werden
kann.

Abbildung 36: Wellenleiter aus ternären Halbleiterschichten.

Die einzelnen Schichten werden epitaktisch aufgewachsen. Die für die Führung der optischen
Wellen notwendige seitliche Begrenzung der lichtführenden Schicht läßt sich durch Abätzen
und Realisierung eines Stegs bewerkstelligen.

7.2 Laserdioden

Die in Abb. 37 gezeigte Laserdiode besteht im wesentlichen aus einem pn-Übergang, wobei
die mittlere p-GaAs-Schicht die aktive Zone bildet. Diese aktive Zone kann als vollständig
versenkter Streifen eines Wellenleiters angesehen werden.
Integrierte Optik 67

Abbildung 37: pn-Übergang einer Laserdiode.

Der für Laserdioden notwendige Spiegel wird oft als Bragg-Spiegel zusammen mit der
Laserdiode integriert. Eine sogenannte DBR-Laserdiode (distributed Bragg reflector) ist in
Abb. 38 schematisch dargestellt.

Abbildung 38: DBR-Laserdiode.

Hierbei ist die aktive Zone wie bei einer herkömmlichen Laserdiode als indexgeführter
Streifenleiter ausgebildet. Das in dieser Zone emittierte Licht wird an den periodischen
Grenzflächen zurückreflektiert. Eine solche Anordnung besitzt den Vorteil, daß sie sich relativ
einfach zusammen mit anderen Bauelementen zu einer komplexen Schaltung integrieren läßt.

Eine weitere Möglichkeit ist, die aktive Zone direkt als Bragg-Gitter auszubilden (siehe
Abb. 39). In solchen Strukturen entsteht eine verteilte Rückkopplung, so daß man diese
Laserdioden auch als sogenannte DFB-Laserdiode (distributed feedback) bezeichnet.

Abbildung 39: DFB-Laserdiode.


68 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Um diese periodischen Grenzflächen herzustellen, bedarf es jedoch aufwendiger Verfahren;


denn nachdem die GaAs-Schicht epitaktisch auf das AlGaAs aufgewachsen wurde, muß erst
durch ein geeignetes Ätzverfahren die periodische Grenzfläche hergestellt werden. Danach
wird durch einen weiteren Epitaxie-Schritt die obere AlGaAs-Schicht aufgebracht.

Alle genannten Laserdioden sind sogenannte indexgeführte Laserstrukturen, bei denen die
Wellenführung durch Einbringen der aktiven Zone in einen Wellenleiter erfolgt.

7.3 Oberflächenemitter

Oberflächenemittierende Laserdioden mit Vertikal-Resonator haben zahlreiche interessante


Eigenschaften. Sie zeichnen sich z.B. durch einen großen longitudinalen Modenabstand und
eine kleine Strahldivergenz aus. Dies setzt jedoch voraus, daß die Dicke der aktiven Schicht
sehr klein, und somit die effektive Länge des Resonators sehr gering ist. Es sind hochreflek-
tierende Resonatorspiegel erforderlich, um kleine Schwellenströme zu bekommen.

Abbildung 40: Oberflächenemittierende Laserdiode.

Bei der in Abb. 40 gezeigten oberflächenemittierenden Laserdiode wurden zwei Bragg-


Reflektoren, die sich durch eine hohe Reflektivität auszeichen, als Resonatorspiegel
verwendet. Bei den heute realisierten oberflächenemittierenden Lasern bestehen die
Resonatorspiegel aus fünf bis zehn Schichten der Dicke λ /4.

Die Bauform dieser Laserdioden erlaubt darüberhinaus eine einfache monolithische


Integration zweidimensionaler Laserdiodenarrays. Sie stellen somit eine Lichtquelle für die
zweidimensionale optische Signalerzeugung und -verarbeitung dar.

7.4 Elektroabsorptiver Detektor

In einem Halbleiter kann es durch Anlegen eines elektrischen Feldes zu einer Verkippung der
Bandkanten und somit zu einer Änderung der fundamentalen Absorption kommen (Franz-
Keldysh-Effekt). In Abb. 41 ist der Absorptionskoeffizient α über der Wellenlänge λ aufge-
tragen.
Integrierte Optik 69

Abbildung 41: Absorptionskoeffizient in Abhängigkeit des angelegten elektrische Feldes.

Man sieht, daß durch das angelegte elektrische Feld die Absorption für eine bestimmte
Wellenlänge erhöht werden kann. Durch die Verkippung der Bandkanten wird der effektive
Bandabstand geringer, so daß sich die Absorptionswahrscheinlichkeit für Photonen, deren
Energie kleiner ist als der eigentliche Bandabstand, erhöht. Es tritt eine sogenannte Blau-
Verschiebung der Kennlinie auf.

Abbildung 42: Elektroabsortiver Detektor.

Durch eine geeignete Wahl der Vorspannung an ein Bauelement wie es in Abb. 42 gezeigt ist,
kann das Licht, das in dieses Bauelement einfällt, vollständig absorbiert werden. Man spricht
hierbei von einem elektroabsorptiven Detektor. Über die Vorspannung kann der Arbeitspunkt
des Detektors eingestellt werden.

7.5 Elektroabsorptiver Modulator

In Abb. 43 ist ein als Wellenleiter ausgebildeter elektroabsorptiver Modulator gezeigt. Ohne
Anlegen einer Spannung passiert das Licht den Wellenleiter nahezu ungedämpft. Wie bei den
elektroabsorptiven Detektoren wird durch Anlegen eines elektrischen Feldes eine Band-
verkippung erzielt. Über die Variation der Spannung kann die Absorption bzw. die Dämpfung
des Wellenleiters und somit die transmittierte Lichtleistung moduliert werden.
70 OPTISCHE ÜBERTRAGUNGSTECHNIK

Abbildung 43: Elektroabsortiver Modulator.

7.6 Intensitätsmodulator

In Abb. 44 ist die Aufsicht auf ein sogenanntes Mach-Zehnder-Interferometer gezeigt. Das
Licht, das eingangsseitig in das Bauelement eingestrahlt wird, teilt sich zu gleichen Teilen in
die beiden Zweige auf. Durch Anlegen unterschiedlicher Spannungen an diese Zweige erfährt
das Licht eine relative Phasenänderung.

Abbildung 44: Mach-Zehnder-Interferometer.

Beträgt der Phasenunterschied des Lichtes in den beiden Zweigen ∆φ = ( 2n + 1)π so löscht
sich das Licht am Ausgang durch Interferenz aus. Die Intensität des Lichtes am Ausgang kann
also durch die angelegte Spannung gezielt eingestellt und/oder variiert werden.
Integrierte Optik 71

8 Literatur
[1] H.-G. Unger: "Optische Nachrichtentechnik", Studientexte Elektrotechnik, Teil 1,
Hüthig-Verlag, Heidelberg 1990, 2. Auflage.

[2] K.J. Ebeling: "Integrierte Optoelektronik", Springer-Verlag, Berlin 1989.

[3] G. Grau: "Optische Nachrichtentechnik", Springer-Verlag, Berlin 1981.

[4] M. Börner, R. Müller, R. Schiek und G.Trommer: "Elemente der integrierten Optik",
Teubner Studienskript, Stuttgart 1990.

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