1. Allgemeines
Bei der Konstruktion von technischen Systemen, wie Maschinen, ist die Verbindung von Bauteilen
notwendig. Verbindungen sind eine Klasse von Maschinenelementen, die den Kraftfluss zwischen
Bauteilen im Betrieb sicherstellen und dabei jegliche Relativverschiebung zwischen diesen Bauteilen
unterbinden. Solche Verbindungen müssen so ausgelegt, d.h. dimensioniert, werden, dass alle
Beanspruchungen mit der notwendigen Sicherheit aufgenommen werden können. Durch Verbindungen wird
eine ‚optimale’ Aufteilung – hinsichtlich Werkstoffwahl, Fertigungs- und Montagetechnik – von Baugruppen
in Bauteile ermöglicht. Erst durch diese ‚optimale’ Aufteilung können überhaupt wirtschaftliche
Gestaltungselemente von Produktionsvarianten (wie Baukastentechnik, Plattformstrategien), Zerlegen von
Produkten für den Transport, Leiten bzw. Isolieren und Abdichten ermöglicht werden.
Verbindung
M T
Bauteil 1 Bauteil 2
N
V
Man unterscheidet nach der Art des kraftschlüssigen Prinzips folgende Verbindungen:
F F F F F
F
Stoffsc hlüssig Formsc hlüssig Reibsc hlüssig
Bild A2 Verbindungsarten
Stoffschlüssige sind solche Verbindungen bei denen die Bauteile durch ‚Ineinanderschmelzen’ oder
Diffusion oder Adhäsion (Oberflächenhaftung), gegebenenfalls über Zusatzstoffe, miteinander verbunden
sind. Zu diesen Verbindungsarten gehören insbesondere die Schweiß-, Löt- und Klebverbindungen. Die
Verbindung wird als fester Körper betrachtet und wird hinsichtlich der Beanspruchung mit den Methoden der
Festigkeitslehre bemessen. Dabei sind die Festigkeits- und Verformungseigenschaften der Bauteile und der
Zusatzstoffe und die Beanspruchbarkeit der ‚Fügezone’ während und nach der Fertigung (Stichworte:
Gefügeänderung durch Wärmeeintrag, Eigenspannungen) zu beachten. Diese Verbindungen bilden
zusammen mit den formschlüssigen Niet-, Press- und Schrumpfverbindungen die unlösbaren
Verbindungsarten.
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Formschlüssig sind solche Verbindungen bei denen die Kräfte und Momente durch Flächenpressungen
übertragen werden. Zu diesen Verbindungsarten gehören Stift-, Niet- Bolzen, Profilwellen- und
Passfederverbindungen. Zu beachten bei diesen Verbindungsarten sind die Steifigkeit der Bauteile und
Formschlusselemente, die Vorspannung der Fügepartner und die Lastsaufteilung auf die einzelnen
Kontaktflächen.
2. Stoffschlüssige Verbindungen
Im Wesentlichen handelt es sich bei den stoffschlüssigen Verbindungen – wie unter Abs. 1 erläutert – um
Schweiß-, Löt- und Klebverbindungen.
Schweißen: Der Vorgang, bei dem die Bauteile (Werkstoff) unter Anwendung von Wärmeenergie und/oder
Druck derart vereinigt werden, dass sich ein kontinuierlicher innerer Aufbau der verbindenden Werkstoffe
ergibt. Schweißzusätze, dessen Schmelztemperatur von gleicher Größenordnung ist wie die der
Grundwerkstoffe, können zugeführt werden. Das Ergebnis des Schweißens ist die Schweißnaht.
Löten: Hartlöten, Weichlöten und Fugenlöten sind Fügeprozesse, bei dem der Werkstoff mit Hilfe eines
Zusatzes (Lot) verbunden werden und der diese Werkstoffe benetzt. Das Lot hat eine niedrige
Schmelztemperatur als die zu fügenden Werkstoffe. Die Grundwerkstoffe schmelzen nicht. Flussmittel
und/oder eine schützende Atmosphäre kann benutzt werden. Die Bildung erfolgt über Diffusionsvorgänge
zwischen Grundwerkstoff und dem Lot.
Kleben: Es werden gleiche oder unterschiedliche Werkstoffe durch eine artfremde Substanz (Kleber,
Zwischenschichten) untereinander verbunden, ohne dass sich die Werkstoffe verändern. Dabei wird die
Adhäsion (Oberflächenhaftung) zwischen Klebstoff und Fügeteil als Haftung ausgenutzt. Das Kleben hat
große Bedeutung für das Verbinden von glatten, großflächigen und unterschiedlichen Werkstoffen.
Die Bezeichnung Schweißtechnik bildet den Oberbegriff für die Fertigungsprozesse Schweißen, Löten,
Kleben, thermisches Trennen, Schneiden, etc.
3. Schweißverbindungen
Schweißverbindungen sind besonders geeignet zur Übertragung von Kräften und Momenten, zum
kostengünstigen Verbinden bei entsprechenden Fertigungsprozessen, bei Einzelstücken und bei
Kleinserien, bei hohen Temperaturen und bei Anforderungen der Dichtheit. Sie sind
instandhaltungsfreundlich.
Als Nachteile seien genannt: Schrumpfung und Verzug, Eigenspannungen, Gefügeänderungen mit Gefahr
des Sprödbruches oder Entfestigung, Rissneigung, Notwendigkeit der Qualifikation. Schweißen vor Ort
sowie nachträgliches Richten sind teuer und zeitintensiv, vor dem Schweißen sind Vorarbeiten notwendig
(Zeit- und damit Kostenfaktor).
Nun einige (weitere) Begriffe zum Schweißen, die in der DIN 1910 zu finden sind.
Schweißbad: Durch das Wärme- bzw. Energieeinbringen beim Schweißen in der Schweißzone verflüssigter
Werkstoff.
Schweißgut: Nach dem Schweißen erstarrter Werkstoff, bestehend aus Grundwerkstoff oder
Schweißzusatzwerkstoff und Grundwerkstoff.
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Schweißnaht: Bereich der Schweißverbindung, in dem das Werkstück oder die Werkstücke am
Schweißstoß vereinigt sind. Die Schweißnaht besteht aus Grundwerkstoff und/oder Schweißzusatzstoff.
Wärmeeinflusszone (WEZ): Bereich des fest gebliebenen Grundwerkstoffes, der durch die beim
Schweißen eingebrachte Energie thermische Gefügeänderungen erfahren hat.
Unbeeinflusster Grundwerkstoff: Bereich des Grundwerkstoffes, der durch die beim Schweißen
eingebrachte Energie keine Gefügeänderungen erfahren hat.
Bild A3 Schweißverbindung
Verbindungsschweißen: Dadurch entsteht eine unlösbare Verbindung zwischen zwei oder mehr
Werkstücken (Unterschied zum Auftragschweißen).
Auftragschweißen: Durch Schweißen hergestellte Beschichtung. Sie besteht aus aufgetragener Schicht,
(ggf.) Schmelzlinie, Wärmeeinflusszone (falls thermische Gefügeveränderungen vorhanden) und
unbeeinflusstem Grundwerkstoff. Dient der Panzerung, Plattierung von Bauteilen, Beseitigung von
Verschleißstellen.
4. Schweißprozesse
Schmelzschweißen: Die Bauteile werden durch örtlich begrenzten Schmelzfluss ohne Anwendung von
Kraft mit oder ohne Zusatzwerkstoff vereinigt. Der Energieträger wirkt von ‚Außen’ (z.B. Lichtbogen). Man
unterscheidet zwischen Handschweißen (m), teil mechanisiertes (t), voll mechanisiertes (v) und
automatisches Schweißen (a). Bsp. Gasschweißen, Lichtbogenschweißen, Unterpulverschweißen,
Schutzgasschweißen (MAG, MIG, WIG), Laserschweißen, Elektronenstrahlschweißen.
Pressschweißen: Die Bauteile werden unter Anwendung von Kraft ohne oder mit Schweißzusatz mit oder
ohne örtliche Erwärmung vereinigt. Die Erwärmung kann z.B. durch den elektrischen Strom erfolgen. Bsp.
Widerstandspunktschweißen, Rollennahtschweißen, Abbrennstumpfschweißen, Reibschweißen, Licht-
bogenbolzenschweißen (mit Hub-, Spitzen- oder Ringzündung).
Wahl des Schweißprozesses: Wird vom Konstrukteur zusammen mit dem Fertigungsingenieur (z.B.
Schweißfachingenieur) unter Berücksichtigung der technischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten getroffen.
Wichtige Aspekte dabei sind: Stückzahl, Güteanforderungen, Schweißnahtart, Zugangsmöglichkeit,
Betriebseinrichtungen, Werkstoff und Dicke der Werkstücke.
In der Literatur (z.B. Bild 6-3 in [1]) findet man Tabellen, die Entscheidungshilfen bei der Auswahl des
Schweißprozesses geben. Dabei wird der Werkstoff und der Dickenbereich der zu verbindenden Bauteile
berücksichtigt. Komplizierter ist es, wenn es sich um Kombinationen verschiedener Werkstoffe handelt. In
solchen Fällen und falls Erfahrungen fehlen sind Verfahrensprüfungen unabdingbar.
Beim Schweißen treten ausgehend von der Schweißnaht, sowohl bei der Erwärmung als auch bei der
Abkühlung der Bauteile, Verformungen (Ausdehnung und Stauchung) auf. Durch die Nachbarbereiche der
Schweißnaht werden jedoch diese Verformungen mehr oder weniger stark behindert. Im Bauteil entstehen
sog. Eigenspannungen, d.h. Spannungen die im Gleichgewicht sind. Die Größenordnung diese Spannungen
kann die Streckgrenze des Materials erreichen. Als Konsequenz dieser Vorgänge entstehen Änderungen der
Querschnittsform, sog. Verzug und Verwerfungen. Man unterscheidet – bezogen auf die Schweißnaht –
Längsschrumpfungen (0,1 bis 1,0 mm je m Naht), Querschrumpfungen (0,3 bis 0,8 mm) und
Winkelschrumpfungen (3° bis 7°).
Qu
ers
c hr g
um
p pf un
fu n m
g hru
sc
ngs
Lä
Winkelsc hrumpfung
Bild A7 Mögliche Nahtschrumpfungen
Bei gutem Formänderungsvermögen des Bauteils (ausreichendes plastisches Vermögen) können die
Schweißeigenspannungen, die den Lastspannungen zu überlagern sind, abgebaut werden. Dies ist gegeben
bei sog. zähen Werkstoffen und wenn keine mehrachsigen (Zug-)Spannungszuständen vorhanden sind. Bei
überwiegend ruhender (d.h. statischer), einachsiger Belastung sind bei den allgemeinen Baustählen S 235
und S 355 diese Voraussetzungen gegeben. D.h., hier spielen die Eigenspannungen bei der Bemessung
dieser Bauteile keine Rolle. Bei dynamischer Belastung (z.B. bewegte Teile des Maschinenbaus, Kranbau)
haben bei zähen Werkstoffen (und Zusatzstoffen) und bei schweißgerechter konstruktiver Ausbildung die
Eigenspannungen einen geringen Einfluss auf die Tragfähigkeit. Vorsicht ist aber geboten bei starker
Kerbwirkung (Kerbfälle) und ungünstiger konstruktiver Ausbildung. Schließlich bei mehrachsiger (Zug-)
Beanspruchung, tiefen Temperaturen, hohen Belastungsgeschwindigkeiten ist die Gefahr von sog.
Sprödbrüchen (Bruch ohne Vorankündigung) gegeben.
5. Schweißbarkeit
Werkstoff
(Sc hweißeignung)
Schweiß-
barkeit
Konstruktion Fertigung
(Sc hweißsic herheit) (Sc hweißmöglic hkeit)
Beim Schweißen eines Bauteils muss seine Schweißbarkeit (DIN 8528, Ausg. 1973) beachtet werden. Die
Schweißbarkeit eines Bauteils (aus metallischem Werkstoff) ist vorhanden, wenn die Verbindung
(Stoffschluss) durch Schweißen mit einem gegebenen Schweißverfahren bei Beachtung eines geeigneten
Fertigungsablaufes erreicht werden kann. D.h., die erforderliche Belastbarkeit ist bei ausreichender
Sicherheit unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit gegeben. Zu beachten sind die örtlichen Eigenschaften der
Schweißung und deren Einfluss auf die Konstruktion.
Die Schweißbarkeit hängt von drei Einflussgrößen ab: Werkstoff, Konstruktion und Fertigung.
Schweißeignung ist gegeben, wenn aufgrund der werkstoffgegebenen chemischen, metallurgischen und
physikalischen Eigenschaften eine den gestellten Anforderungen entsprechende Schweißung hergestellt
werden kann (Ziel: Reduzierung der werkstoffbedingten Faktoren)
(konstruktionsbedingte) Schweißsicherheit ist gegeben, wenn das Bauteil mit den verwendeten
Werkstoffen aufgrund seiner konstruktiven Gestaltung unter den vorgesehenen Betriebsbedingungen
funktionsfähig bleibt (Ziel: Reduzierung der konstruktionsbedingten Faktoren bei der Werkstoffauswahl). Sie
ist abhängig von der konstruktiven Gestaltung (Kraftfluss im Bauteil, Anordnung der Schweißnähte,
Werkstoffdicke, Kerbwirkung, Steifigkeitsunterschied) und dem Beanspruchungszustand (Art und Größe der
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5.1 Schweißeignung
Die Beurteilung der Schweißeignung erfolgt in erster Linie über die chemische Analyse des Werkstoffs.
Aber auch die Zähigkeit des Werkstoffs (Kerbschlagbiegeversuch) wird herangezogen.
Bei unlegierten Stählen (z.B. allgemeine Baustähle nach DIN EN 10025 oder DIN EN 10028) hängt die
Schweißeignung vom Kohlenstoffgehalt ab. Bis zu einem C-Gehalt von 0,22 % spricht man von guter
Schweißeignung (SE), darüber von bedingter Schweißeignung. Stähle mit C-Gehalten > 0,5 % gelten als
nicht schweißgeeignet (für Schmelzschweißprozesse). Der höhere C-Gehalt führt beim Schweißen (wegen
schnellem Abkühlen) zur Aufhärtung (infolge sog. Martensitbildung). Deshalb müssen bei solchen Stählen
(mit C-Gehalt > 0,22 %) Zusatzmaßnahmen vor / während / nach dem Schweißen (wie z.B. Vorwärmung)
eingeleitet werden. Selbst bei Stähle mit C-Gehalten < 0,22 % müssen bei Dicken > 20 mm
Zusatzmaßnahmen (z.B. Vorwärmung) getroffen werden.
Begleitelemente wie Si, P, S, Mn, etc. beeinflussen die Schweißeignung erheblich. So gelten Stähle mit Si-
Gehalte < 0,1 % als unberuhigt vergossen und sind – wegen der sog. Seigerungszonen – problematisch
beim Schweißen. Dagegen sind Stähle mit Si-Gehalten zwischen 0,1 % und 0,8 % beruhigt vergossen und
gut schweißgeeignet. Ab Si-Gehalten > 0,8 % treten Aufhärtungen auf, die Schweißeignung nimmt ab.
Als weiteres Begleitelement, welches die Schweißeignung und die Festigkeitseigenschaften positiv
beeinflusst sein das Mangan (Mn) genannt. Mn-Gehalte > 0,6 % führen (auch) zu beruhigt vergossenen
Stählen. Bei Feinkornstählen beträgt der max. Mn-Gehalt 1,6 %. Aluminium (Al) beeinflusst im Allgemeinen
die Eigenschaften vom Stahl positiv. Phosphor (P) und Schwefel (S) sind bezüglich der Schweißeignung
kritisch zu betrachten. Es gibt obere Grenzwerte (ca. 0,05 % P und S) für diese Begleitelemente. Stickstoff
(N)-Gehalte von ca. 0,01 % sollten bei unlegierten Stählen wegen der Schweißeignung nicht überschritten
werden. Sauerstoff (O2) führt zur Versprödung. Gleiches gilt für den Wasserstoff (H2) vor allem bei höheren
C-Gehalten (Wasserstoff induzierte Risse).
Bei niedrig legierten Stählen kann zur Beurteilung der Schweißeignung auch das sog. (neue)
Kohlenstoffäquivalent (CEV) herangezogen werden:
% Mn % Cr % Mo %V % Ni % Cu % Si % P
CEV [%] % C { }
6 5 15 4 2
Im Allgemeinen beeinflussen außer dem Werkstoff die Massen und Form (d.h. Geometrie) des Bauteils
sowie die vorhandenen Fertigungs- und Betriebsbedingungen seine Schweißeignung. So führt eine
steigende Werkstoffdicke und Festigkeit (bei sonst gleichen Bedingungen) zur Reduktion seiner
Schweißeignung (Grund: Kaltrissgefahr steigt). Mittels sog. ZTU-Schaubilder (Zeit-Temperatur-
Umwandlungs-Schaubilder erstellt für eine genaue vorliegende Werkstoffzusammensetzung) kann die
Schweißeignung zuverlässig beurteilt werden. Über das sog. t 8/5 – Konzept (nach dem SEW 088 – Stahl-
Eisen-Werkstoffblatt) können die Parameter für eine zuverlässige Schmelzschweißung ermittelt werden.
Warmgewalzte, unlegierte und niedrig legierte Baustähle (nach DIN EN 10025): Warmgewalzte
Baustähle (unlegierte Baustähle, normalgeglühte/normalisierend gewalzte schweißgeeignete
Feinkornbaustähle, thermomechanisch gewalzte schweißgeeignete Feinkornbaustähle, wetterfeste Stähle
und Stähle mit höherer Streckgrenze im vergüteten Zustand). Man unterscheidet Grundstähle (BS) und
Qualitätsstähle (QS). Die Norm enthält nur Stähle für den allgemeinen Stahlbau (Hauptsymbol S) und
Maschinenbaustähle (Hauptsymbol E). Man unterscheidet die Gütegruppen JR, JO, J2, K2, wobei die
Güteeigenschaften nach dieser Reihenfolge sich verbessern. Die Gütegruppen geben die Zähigkeit an
(gemessen an die Kerbschlagarbeit bei bestimmter Temperatur). Mögliche Desoxidationsarten sind FN:
beruhigter Stahl G2, FF: vollberuhigter Stahl G3/G4, FU: unberuhigter Stahl G1 ist nicht mehr zulässig. Im
Allgemeinen kann man bei diesen Stählen (außer den Stählen S 185, E 295, E 335 und E 360 – da keine
Anforderungen an die Zusammensetzung der Begleitelemente festgelegt sind) von einer allgemeinen
Schweißeignung ausgehen. Bei den Feinkornstählen (z.B. S 460 N - normalisierend / M –
thermomechanisch / Q – wasservergütet) ist die Schweißeignung bei Beachtung von Randbedingungen
auch gegeben (Stichwort: Wasserstoff induzierte Risse, Kornvergrößerung).
Unlegierte und legierte Druckbehälterstähle (nach DIN EN 10028): Unlegierte und legierte warmfeste
Stähle, schweißgeeignete, normalgeglühte Feinkornbaustähle, nickellegierte kaltzähe Stähle,
schweißgeeignete, thermomechanisch gewalzte Feinkornstähle, vergütete schweißgeeignete
Feinkornbaustähle und nichtrostende Stähle. Unlegierte Stähle sind generell schweißgeeignet. Durch
Zugabe von Legierungselementen singt die Schweißeignung bis zur vollen Uneignung ab. Viele der
unlegierten Baustähle aus der DIN EN 10025 sind auch hier zu finden, jetzt allerdings mit dem
Hauptsymbol P für den Anwendungsbereich Druckbehälter (z.B. P 235 GH als unlegierte Qualitätsstahl).
Dazu kommen die legierte Edelstähle (z.B. 16Mo3, 18MnMo4-5, X10CrMoVNb9-1). Auch die
Feinkornbaustähle aus der DIN EN 10025 sind hier zu finden, die als N - normalgeglüht, M -
thermomechanisch gewalzt oder Q - (wasser-)vergütet vorliegen können (z.B. P 460 NH/M/Q). Nickellegierte
kaltzähe Stähle, also für den Tieftemperaturbereich, sind z.B. 11MnNi5-3, X7Ni9.
Vergütungsstähle (nach DIN 10083) sind Maschinenbaustähle, die zum Härten geeignet sind und im
vergüteten Zustand gute Zähigkeit aufweisen. Bei geringem C-Gehalt (wie bei C22, 25CrMo4, 28Mn6) ist die
Schweißeignung gegeben. Bei höheren C-Gehalten (jedoch bis C < 0,6%) ist nur mit beschränkter
Schweißeignung zu rechnen und Zusatzmaßnehmen sind erforderlich.
Einsatzstähle (nach DIN EN 10084, ersetzt DIN 17210) eignen sich zur Herstellung einsatzgehärteter
Maschinenteile. Sie sind wegen der Legierungselementen nur beschränkt schweißgeeignet (z.B. 20MnCr5,
17NiCrMoS6-4, 20NiCrMo2-2)
Hoch legierte Stähle (legierte Edelstähle) werden je nach den Legierungselementen als nichtrostende,
warmfeste, hitzebeständige und kaltzähe Stähle eingesetzt. Es wird nach ihrer Gefügeausbildung (Cr- & Ni-
Äquivalent) unterschieden in ferritische, austenitische und martensitische Stähle (Stichwort: Schäffler-
Diagramm). DIN EN 10088 behandelt einige dieser Stähle. Generell ist bei diesen Stählen von einer
eingeschränkte Schweißeignung (Zusatzmaßnahmen sind erforderlich und Besonderheiten sind zu
beachten) bis zur vollständigen Uneignung (nicht schweißbar) auszugehen.
Nichteisenmetalle: Aluminium und viele seiner Legierungen sind unter Schutzgas schweißbar. Die
Besonderheiten wegen der Oxidschicht sind bei der Wahl des Schweißprozesses (z.B. WIG oder MIG) zu
beachten. Auf eine mögliche Entfestigung der nicht aushärtbaren und kaltumformten Aluminiumlegierungen
der Festigkeitswerte bis zum Zustand ‚weich’ sei hier hingewiesen. Auch aushärtbare Al-Legierungen
verlieren ihre Festigkeit (durch Wachsen oder Wiederauflösen von Phasenausscheidungen). Ausnahme sind
die selbstaushärtenden Legierungen vom Typ AlZnMg. Legierungen mit Kupfer, Blei oder Wismut sind
mittels Schmelzschweißprozessen nicht schweißgeeignet. Eine Alternative bietet allerdings das
Reibschweißen. Es kann bei vielen artfremden und allgemein ‚schwierigen’ Schweißverbindungen eingesetzt
werden. Titan zählt bekanntlich auch zu den Leichtmetallen, weist aber schon im unlegierten Zustand etwa
gleiche Festigkeitswerte wie Stahl auf und besitzt eine gute Korrosionsbeständigkeit. Man unterscheidet
Reintitan (Ti 99,5) und sog. α-, β- und α+β-Legierungen. Reintitan und Titan-α-Legierungen besitzen eine
gute Schweißeignung; die restlichen Titan-Legierung dagegen eine eingeschränkte bis schlechte
Schweißeignung. Beim Schweißen ist ein guter Schutz gegen die Atmosphäre (O2, N, H2) unabdingbar.
Kunststoffen: Nur thermoplastische Kunststoffe sind mit oder ohne Zusatz schweißbar.
Zusatzmaßnahmen, wie Druckeinwirkung während des Schweißvorganges sind notwendig.
Schweißstoß: Bereich in dem die Teile durch das Schweißen vereinigt sind bzw. werden.
Stoßart: Ist bestimmt durch die konstruktive Anordnung der Teile zueinander, d.h. die gegenseitige Lage der
zu verbindende Bauteile. Im folgenden Bild ist die Stoßart mit einer kurzen Erläuterung enthalten (nicht zu
verwechseln mit Nahtart!).
Nahtart: Wird bestimmt durch den Schweißstoß (Stoßart) und durch die Art und den Umfang der
Vorbereitung. (Stumpfnaht: Teile liegen in einer Ebene; Kehlnaht: Teile liegen in zwei Ebenen rechtwinklig
zueinander und bilden eine Kehlfuge, die geschweißt wird; Sonstige Naht: wenn eine Zuordnung als
Stumpf- oder Kehlnaht nicht möglich ist)
Folgende Faktoren haben einen Einfluss auf die Fugen- bzw. Schweißnahtvorbereitung:
Werkstoff
Position
Schweißprozess
Zugänglichkeit
Werkstoffdicke
Möglichst geringe Wärmezufuhr (Schweißnahtvolumen reduzieren)
Fugenform
Trennprozess
Schnittgenauigkeit
Für die I-Naht (Parallelnaht) und die HY-Naht (Halbe Y-Naht) sind im folgenden Bild die Fugenformen mit
den Bezeichnungen angegeben.
Fugenlänge Öffnungswinkel
Öffnungsweite
Stirnfläche
Fugenflanke
Stirnlängskante
Obere werkstück- Stirnfläche
fläche
Werkstück-
seitenkante
Werkstückdicke
Obere
Fugenhöhe=
werk-
stück-
fläche
Werkstück- Untere Werkstück-
seitenfläche fläche
Steghöhe Untere Werk-
Fugenhöhe= stückfläche
Stirnseitenkante
Werkstoffdicke Schweißbadsicherung
Stirnflächenabstand Stegstärke Verbleibend: Beilage
Stegabstand Nicht verbleibend: Unterlage
Die entsprechende Fugenform zusammen mit den Bezeichnungen für eine (typische) Kehlnaht ist im Bild zu
finden.
Kehlflanke
Öffnungswinkel
Stirnflächenabstand
Werk-
stückdicke
Tatsächliche
Sollnahtdicke Nahtdicke Wirksame
(Istnahtdicke) Nahtdicke : a - Mass
Gesamt-
Nahtwinkel nahtdicke
Nahtbreite
Nahtlänge
Nahtoberfläche
mit Schuppung
Nahtüberhöhung durchgeschweißt
Sollnahtdicke
tatsächliche Tatsächliche
: a - Mass
Nahtdicke Nahtdicke Wirksame
Gesamt- (Istnahtdicke) Nahtdicke
Wurzel- dicke
überhöhung
Gesamt-
nahtdicke
Wurzelbreite
Soll-
nahtdicke
Außerdem lässt sich die Stumpfnaht leichter zerstörungsfrei (mittels Ultraschalls oder Durchstrahlung)
prüfen. Allerdings ist bei der Ausführung von Stumpfnähten (wegen der Nahtvorbereitung) i.d.R. mit höheren
Herstellungskosten gegenüber Kehlnähten zu rechnen.
Bei den Kehlnahtverbindungen muss bei der Beurteilung der Schweißnaht und (später) bei den
Berechnungen der Unterschied zwischen Gesamtnahtdicke und tatsächlicher Nahtdicke (Ist-Nahtdicke)
beachtet werden. Die Kehlnaht wird unterschieden in einseitig und beidseitig verschweißt.
Gesamt-
Nahtdicke Wirksame Nahtdicke
a - Mass:
Tatsächliche
Sollnahtdicke Nahtdicke
(Istnahtdicke)
Abgesehen von ‚dünnen’ Schweißnähten, die einlagig (sl) ausgeführt werden, müssen dickere Nähte in
mehreren Lagen (ml, d.h. mehrlagig) aufgebracht werden. Im folgenden Bild ist die Bezeichnung für eine
mehrlagige Kehlnaht und eine mehrlagige Stumpfnaht (mit Gegenlage) zu sehen. Die Füll-Lagen werden
auch als Zwischenlagen bezeichnet. Jede Lage kann aus einer oder mehreren Schweißraupen bestehen.
Von entscheidender Bedeutung für die Schweißverbindung ist die korrekte Ausbildung der Wurzellage, d.h.
der ersten zu schweißenden Raupe in der ersten Lage.
Einbrand
Raupenübergang
Decklage aus
Schenkellänge mehreren Raupen
Decklage aus
mehreren Raupen
Wurzeleinbrand
Bild A14 Lagenaufbau bei Kehtnaht und Stumpfnaht (als DV-Naht) [2]
Unter Berücksichtigung der bereits genannten Faktoren, die die Schweißnahtvorbereitung beeinflussen, gibt
das nächste Bild eine empfohlene Nahtvorbereitung für das Lichtbogenhandschweißen nach DIN EN
ISO 9692-1 wieder.
Bild A15 Empfolene Schweißnahtvorbereitung für E-Schweißen (nach DIN EN ISO 9691-1) [2]
7. Gütesicherung - Bewertungsgruppen
Schweißnähte können Unregelmäßigkeiten aufweisen. DIN EN ISO 6520-1 unterscheidet sechs Gruppen
von Unregelmäßigkeiten:
Gruppe 1: Risse
Gruppe 2: Hohlräume
Gruppe 3: Feste Einschlüsse
Gruppe 4: Bindefehler / ungenügende Durchschweißung
Gruppe 5: Form- und Maßabweichungen
Gruppe 6: Sonstige Unregelmäßigkeiten
Zur (objektiven) Bewertung der Gütequalität wurden sog. Bewertungsgruppen eingeführt. Die
Unregelmäßigkeiten einer Schweißnaht werden hinsichtlich der gestellten Anforderungen in drei
Bewertungsgruppen eingeteilt:
B (hohe)
C (mittel)
D (niedrig)
Hohe Anforderungen sind logischerweise auch mit hohen Kosten verbunden! Deshalb ist dieser Aspekt vor
der Ausführung einer Schweißverbindung mit den Beteiligten zu klären. DIN EN 25817 gibt die
Zulässigkeitsgrenzen (d.h. Gruppe B, C und D) für Lichtbogenschweißungen (an Stahl ≥ 3 mm) an.
Entsprechende Regelwerke gibt es für andere Schweißverbindungen. Im geregelten Bereich wird direkt
Bezug zu diesen Normen genommen; im ungeregelten Bereich ist dies mit dem jeweiligen Auftraggeber zu
vereinbaren. Im Regelfall sollte man von der Gruppe C ausgehen. Bei hoher dynamischer Beanspruchung,
bei voller Ausnutzung der Festigkeitswerte, bei hohen Sicherheitsanforderungen sollte man die Gruppe B
zugrunde legen. Auch die Festlegung noch höherer Toleranzgrenzen gegenüber Gruppe B ist vorstellbar.
Die Gruppe D sollte bei sehr geringen Anforderungen angewandt werden. Hinsichtlich der Festlegung von
allgemeinen Toleranzgrenzen für Schweißkonstruktionen sei an dieser Stelle auf die DIN EN ISO 13920
hingewiesen. Dort sind vier Toleranzklassen für Längen- & Winkelmassen (A bis D) und vier
Toleranzklassen für Geradheit, Ebenheit & Parallelität (E bis H) vorgegeben.
Die symbolische Darstellung soll alle notwendigen Angaben über die jeweilige Naht enthalten ohne die
Zeichnung (z.B. durch Anmerkungen) zu überlasten oder sie mit einer zusätzlichen Darstellung (wie Schnitt)
zu versehen. Die symbolische Darstellung hat folgenden Aufbau:
Grundsymbol, welches ergänzt werden kann durch
Zusatz- und Ergänzungssymbole
Angabe der Masse
einige ergänzende Angaben (insbesondere bei Werkstattzeichnungen), wie z.B. Schweißprozess,
Bewertungsgruppe, Schweißposition, Zusatzstoffe, Hilfsstoffe
Es ist i.d.R. sinnvoll, um die Zeichnung nicht zu überladen, in zusätzlichen Dokumenten weitere Angaben
(wie Einzelheiten der Nahtvorbereitung) oder Festlegungen zu treffen. In diesen Fällen genügt ein Verweis in
der Zeichnung. Nur bei ‚einfachen’ Zeichnungen ist es sinnvoll diese Angaben direkt in der technischen
Zeichnung aufzunehmen.
Die zeichnerische Darstellung des Symbols für den Schweißstoß wird durch ein Bezugszeichen hergestellt.
Es besteht aus einer Pfeillinie (je Stoß) und einer Bezugs-Volllinie mit der zugehörigen parallelen Bezugs-
Strichlinie (für die Gegenseite). Der Pfeil zeigt auf die Seite des Stoßes hin.
Bild A16 Darstellungsart (links) und Beispiel (rechts) mit symbolischer (und zeichnerischer)
Darstellung einer V-Naht
Die Lage der Pfeillinie ist vor allem bei einseitigen Nahtvorbereitungen von Bedeutung (wie z.B. HV-Naht,
HY-Naht). Damit wird das Bauteil angezeigt an dem die Nahtvorbereitung vorgesehen ist. Wenn das Symbol
auf der Seite der Bezugs-Volllinie steht, erfolgt die Naht (genauer gesagt die Nahtoberfläche) auf der
Pfeilseite des Stoßes. Wenn das Symbol auf der Seite der Bezugs-Strichlinie steht, erfolgt die Naht
(Nahtoberfläche) auf der Gegenseite des Stoßes. Bei symmetrischen Nähten entfällt die Strichlinie.
Auf den folgenden Seiten sind die Grundsymbole, die zusammengesetzte Symbole für symmetrische Nähte
(Auswahl) und die Zusatzsymbole nach DIN EN 22553 angegeben. Auch die Anwendung der
Zusatzsymbole in Kombination mit dem Grundsymbol ist dargestellt.
Bild A22 Zusammengesetzte Symbole für symmetrische Nähte (links) und Zusatzsymbole (rechts)
Bild A24 Darstellung einer Ringsum-Naht (links) und die Baustellennaht (rechts)
Als allgemeine Regel gilt, dass jedem Nahtsymbol eine bestimmte Anzahl von Massen zuzuordnen ist.
Dabei werden die Hauptquerschnittsmasse links des Symbols (also vor dem Symbol) und eine eventuelle
Längenangabe rechts des Symbols (also nach dem Symbol) eingetragen. Die Angabe von weiteren Massen
ist zulässig.
Bild A25 Eintragungungen (vor / nach dem Symbol für die Schweißnaht
Das Mass, welches den Abstand der Naht zum Werkstückrand (bzw. Kante) festlegt, wird direkt in der
Zeichnung angegeben und erscheint somit nicht in der Symboldarstellung. Falls eine Längenangabe (nach
dem Symbol) fehlt, bedeutet dies eine durchgehende Naht. Falls nicht anders angegeben sind die
Stumpfnähte durchgeschweißt. Bei Kehlnähten ist die Angabe der Schweißnahtdicke als a-Mass (gängigere
Darstellung) oder der Schenkellänge als z-Mass zwingend erforderlich. Falls ein tieferer Einbrand
vorzusehen ist, erfolgt zusätzlich die Angabe des sog. s-Masses (z.B. s8a6). In einem solchen Fall ist eine
Verfahrensprüfung notwendig!
Bei Bedarf können in der symbolischen Darstellung weitere Angaben stehen, die am Ende der Bezugslinie
hinter einer ‚Gabel’ stehen müssen. Dort sind Angaben zum Schweißprozess, zur Bewertungsgruppe, zur
Arbeitsposition, zu Zusatzstoffen, etc. möglich. Als Beispiel sei eine V-Naht mit Gegenlage gezeigt.
Es gibt sieben mögliche Schweißpositionen. Sie werden bezeichnet mit PA bis PG. Am einfachsten werden
Stumpfnähte in der Position PA (Wanne) und Kehlnähte in der Position PB (horizontal-vertikal) ausgeführt.
9 Schweißgerechtes Konstruieren
Als allgemeines Prinzip bei dem Entwurf von Konstruktionen ist die Sicherstellung der erforderlichen
Belastbarkeit und Gebrauchstauglichkeit bei ausreichender Sicherheit unter Berücksichtigung auch
wirtschaftlicher und ggf. auch ästhetischer Gesichtspunkte. Bei der Erstellung moderner Konstruktionen im
Maschinenbau ist die Schweißtechnik ein wesentlicher Bestandteil. Um schweißgerechte und somit
wettbewerbsgerechte Konstruktionen erstellen zu können, müssen sowohl die Vorteile als auch die
Nachteile der Schweißtechnik ausreichend beachtet werden. Leider ist das schweißtechnische Fachwissen
in vielen Konstruktionsabteilungen lückenhaft. Die Folge ist der Entwurf von unnötig teuren und nicht
beanspruchungsgerechten Konstruktionen.
Der Begriff der Schweißbarkeit mit den drei Hauptaspekten Schweißeignung (Werkstoff), Schweißsicherheit
(Konstruktion) und Schweißmöglichkeit (Fertigung) wurden bereits im Abs. 5 vorgestellt. Im Folgenden wird
der Aspekt der Schweißsicherheit, also die konstruktive Gestaltung unter Berücksichtigung des
Beanspruchungszustandes erläutert. Es werden 12 Grundregeln der Gestaltung geschweißter
Konstruktionen vorgestellt, um die o.g. Anforderung zu erfüllen. Diese Regeln erstammen langjährigen
Erfahrungen bei dem Entwurf von Maschinenbauelementen.
Gleich Eingangs sei betont, dass es nicht immer sinnvoll sein kann eine Konstruktion als
Schweißkonstruktion in jedem Fall zu entwerfen. Die konkurrierenden Verfahren der Verbindungstechnik und
Fertigung mit den Vor- und Nachteilen sollte der Konstrukteur kennen, um das geeignete auswählen zu
können. Die Vor- und Nachteile der Schweißtechnik wurden bereits im Abs. 3 erwähnt. Es sei darauf
hingewiesen, dass die Ursachen von Schäden an geschweißten Konstruktionen nicht – wie man zunächst
vermuten würde – an Werkstofffehlern oder Fertigungsfehlern zu suchen ist, sondern bei über 70% der Fälle
in der nicht schweißgerechten Konstruktion liegen. Nur 20% dieser Fehler liegen in der Fertigung und die
restlichen 10% im Werkstoff.
Prüfungen verzichten und ‚spezifische’ Prüfungen (d.h. Abnahmeprüfzeugnisse 3.1 oder 3.2)
fordern. Die Anforderungen in den Werkstoffnormen (wie z.B. DIN EN 10025) stets beachten.
Steife
H R
GRUNDREGEL 11. Zeichnungen mit allen notwendigen Details sorgfältig und gewissenhaft anfertigen.
Das technische Regelwerk hinsichtlich der Darstellung genau befolgen.
GRUNDREGEL 12. Bei der Erstellung der Zeichnung Fertigungsablauf berücksichtigen und notwendige
Prüfungen für die Schweißnähte (wie UT oder RT) nicht vergessen (Stichwort: Zugänglichkeit).
Bei Y-Nähten sollte der Steg mind. 2 bis 3 mm bis max. ca. 10% der
Bleckdicke (Obergrenze bei dickeren Blechen) betragen. Bis ca. 30 mm wählt man i.d.R.
(beanspruchungsabhängig) HY-Nähte, danach Y-Nähte (bis ca. 130 mm). Bei hoher Beanspruchung
sind symmetrische Nähte (wie DHY- bis ca. 60 mm bzw. DY-Nähte bis ca. 200 mm) zu bevorzugen.
Stets dünne Bauteile an dicke Bauteile verschweißen und nicht umgekehrt!
Unter Beachtung dieser Grundregeln sind nunmehr die Voraussetzungen für ein beanspruchungs- und
schweißgerechtes Konstruieren gegeben. Bei dem Entwurf einer geschweißten Konstruktion treten zwar
wiederkehrende Elemente auf, dabei ist aber stets im Auge zu behalten, dass bei jeder Aufgabe die
Kreativität des Konstrukteurs aufs Neue gefordert ist. Es darf nicht vergessen werden, dass das Finden der
‚besten’ Lösung ein in mehreren Stufen ablaufender Optimierungsprozess ist.
An einigen aus [1] entnommenen Gestaltungsbeispielen sollen die vorgestellten Grundregeln angewandt
werden. Damit soll das ‚Gefühl’ für gelungene Schweißkonstruktionen vermittelt werden. Aus diesem Grund
werden schweißtechnisch günstige und ungünstige Beispiele nebeneinander gezeigt.
Fd Rd
Dieser ‚Vergleich’ kann prinzipiell sowohl auf der Ebene der Schnittgrößen als auch auf der Ebene der
Spannungen erfolgen. Eine Schweißnaht wird im allgemeinen Fall durch folgende Kraftgrößen resp.
Spannungen belastet:
,N
┴ ┴
,N
a
z
z ,Q
┴ ┴
a
z
z
Es sind die Normalspannung parallel zur Naht σII, die Normalspannung quer zur Naht σ┴, die
Schubspannung parallel zur Naht τII und die Schubspannung quer zur Naht τ┴. Die entsprechenden
Kraftgrößen sind die Normalkraft parallel zur Naht NII, die Normalkraft quer zur Naht N┴, die Querkraft
parallel zur Naht QII und die Querkraft quer zur Naht Q┴. Die Normalspannung σII bzw. Normalkraft NII hat
i.d.R. nur eine untergeordnete Bedeutung und darf bei den Berechnungen vernachlässigt werden. Bei
kombinierter Beanspruchung wird die Vergleichsspannung σv=√σ┴ +3(τ┴ +τII ) (auf der Basis der
2 2 2
w,v 2 3 * ( II2 2 )
Fw N 2 QII2 Q2
Nun geht es darum auf der einen Seite die Beanspruchung (Fw,d bzw. σw,v,d) und auf der anderen Seite die
Beanspruchbarkeit (Rd bzw. σw,R,d) zu ermitteln. Die Ermittlung der Beanspruchung (Fd) wird mit den
bereits bekannten Verfahren der Statik und Festigkeitslehre durchgeführt. Dabei wird folgendermaßen
vorgegangen: Für die Einwirkungen (F) werden charakteristische Werte (Fk) ermittelt. Es wird unterschieden
zwischen ständigen Einwirkungen (Gk), veränderlichen Einwirkungen (Qk) und außergewöhnlichen
Einwirkungen (FA,k). Im nächsten Schritt werden daraus unter Beachtung der Teilsicherheitsbeiwerte γF und
ggfs. noch der Kombinationsbeiwerte ψ die Bemessungswerte der Einwirkungen ermittelt:
Fd F Fk
Da sich ein Bauteil i.d.R. mehreren Einwirkungen ausgesetzt ist, sind Einwirkungskombinationen nach dem
folgenden Schema zu bilden:
Ständige Einwirkungen G und alle ungünstig wirkende, veränderliche Einwirkungen Qi (i=1 …n)
n
Fd F , G Gk F , Q Q1, k F ,Q i Qi , k
i2
mit den Teilsicherheitsbeiwerten γF,G = 1,35 und γF,Q = 1,5 sowie dem Kombinationsbeiwert ψi = 0,9.
Falls die ständigen Einwirkungen günstig wirken ist γF,G = 1,0 zu setzen.
Ständige Einwirkungen G, alle ungünstig wirkende, veränderliche Einwirkungen Qi (i=1 …n) und
eine außergewöhnliche Einwirkung FA
n
Fd F , G Gk F ,Q Q1, k F ,Q i Qi , k F , A FA
i2
mit den (neuen) Teilsicherheitsbeiwerten γF,G = γF,Q = γF,A =1,0 sowie dem Kombinationsbeiwert
ψi=0,9.
Mit den Methoden der Statik werden aus den Einwirkungskombinationen unter Beachtung des statischen
Systems die Schnittgrößen (im allgemeinen Fall: N, Vy, Vz, Mx, My, Mz) ermittelt. In einem nächsten Schritt
werden mit Hilfe der Festigkeitslehre die Spannungen berechnet. Die Tabellen auf den nächsten Seiten (aus
[3]) stellen die bekannten Zusammenhänge dar.
Die Ermittlung der Beanspruchbarkeit (Rd) erfolgt prinzipiell aus den charakteristischen Größen der
Widerstandswerte (Rk) durch Division durch den Teilsicherheitsbeiwert γM.
Rk
Rd
M
Der Teilsicherheitsbeiwert beträgt – abhängig vom Nachweis (siehe weiter) – γM0 = 1,0; γM1 = 1,1 und
γM2 = 1,25. Die charakteristischen Werte der Festigkeiten fy,k und fu,k können dem Regelwerk entnommen
oder den 5%-Faktilen der zugehörigen Werkstoffkennwerten ReH und Rm gleichgesetzt werden. Die
Tabelle C1 (Tabelle 3.1 aus DIN EN 1993-1) im Anschluss an die Zusammenstellung der Formeln der
Festigkeitslehre gibt charakteristische Werte für Walzerzeugnisse wieder.
DIN EN 1993, kurz EC 3, ist die Grundlage der Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten unter
vorwiegend ruhender und nicht vorwiegend ruhender Beanspruchung. Sie hat mehrere Teile und gilt
zusammen mit den zugehörigen sog. Nationalen Anhängen (NA). In diesen Anhängen werden auf nationaler
Ebene Parameter festgelegt, sog. NDP (Nationaly Determined Parameters). Darüber hinaus enthalten diese
Nationalen Anhänge auch ergänzende Festlegungen, sog. NCI (Non-contradictory Complementary
Information), die auch wieder nur national gelten. Im Rahmen dieser Vorlesung sind primär die Normenteile
1-1 (allgemeine Bemessungsregeln) und 1-8 (Bemessung von Anschlüssen) von Interesse. Aber auch die
Normenteile 1-9 (Ermüdung) und 1-10 (Stahlsortenwahl im Hinblick auf Bruchzähigkeit und Eigenschaften in
Dickenrichtung) sind zu beachten. Es sei erwähnt, dass diese Norm resp. Normenteile (in Verbindung mit
dem jeweiligen Nationaler Anhang) zusätzlich zur Bemessung von Schweißverbindungen auch viele
konstruktive Details angibt. Auf folgende Details sei hier hingewiesen:
Grenzwerte für Kehlnahtdicken: Bei Querschnittsteilen der Dicke t ≥ 3 mm sollten die folgenden
Grenzwerte für die Schweißnahtdicke a eingehalten werden:
lrech l 2a
Rechnerische Schweißnahtdicke a: Das a-Mass ist für die verschiedenen Ausführungen gemäß
den Tabellen auf den folgenden Seiten festzulegen (Tabelle aus alter Norm DIN 18800-1). Bei
anderen Ausführungen ist sinngemäß zu verfahren.
Rechnerische (effektive) Schweißnahtlänge leff: Sie ist gleich ihrer geometrischen Länge zu
setzen. Bei Kehlnähten ist der rechnerische l-Wert gleich der Länge der Wurzellinie zu setzen. I.d.R.
ist aber von der gesamten Schweißnahtlänge l der 2-fache Betrag der wirksamen Nahtdicke
abzuziehen
leff l 2 a
Hinweis: Zur fehlerfreien Ausführung des Nahtanfangs und Nahtendes werden An- und
Auslaufbleche empfohlen. Dann entfällt dieser Abzug (von 2 x a-Mass).
Minimale rechnerische Kehlnähte: Sie dürfen erst (rechnerisch) berücksichtigt werden, wenn
6,0 a
l
30mm
Lange Schweißnahtlängen l: Bei langen Anschlüssen (l > 150 a) ist eine Abminderung der
Beanspruchbarkeit mit dem Beiwert βLw zu berücksichtigen.
a l
Schnittgrößen in der Schweißverbindung zu übertragen.
Aw i i
i
II QS
I a
Hinweis: Bei unterbrochener Naht ist der errechnete Wert mit dem Faktor (e+l) / l zu erhöhen.
Es gibt zwei Verfahren zum rechnerischen Nachweis von Kehlnähten, das vereinfachte Verfahren und
das sog. richtungsbezogene Verfahren (genaueres Verfahren).
Vereinfachtes Verfahren
Die einwirkenden Kraftgrößen Normalkraft quer zur Naht N┴, Querkraft quer zur Naht Q┴ und
Querkraft parallel zur Naht QII werden zu einer Resultierenden Fw,d (durch vektorielle Addition)
zusammengefasst.
Hinweis: Die Normalkraft parallel zur Naht NII spielt eine untergeordnete Rolle und wird – wie bereits
erwähnt – vernachlässigt.
fu / 3
Fw, d Rw, d mit Rw, d a l
Nachweis:
w M 2
Dabei sind
fu die Zugfestigkeit der Werkstoffe (siehe Tab. C1 auf Seite C6)
βw der Korrelationsbeiwert (siehe nachfolgende Tabelle)
γM2 = 1,25 der Teilsicherbeiwert von Schweißnähten
Formal kann natürlich dieser Nachweis auch auf Spannungsebene erfolgen unter Beachtung der
‚Normalspannung‘ quer zur Naht σ┴, der ‚Schubspannung‘ quer zur Naht τ┴ und der
‚Schubspannung‘ parallel zur Naht τII, wie folgt:
fu / 3
w,d 2 2 II2 w,d
w M 2
Alternativer Nachweis:
Hinweis: Die so ausgewiesenen Werte σ┴, τ┴ und τII sind aus mechanischer Sicht keine Spannungen,
sondern ‚reine‘ Rechengrößen!
Tabelle C6 Korrelationsbeiwert βw
Richtungsbezogene Verfahren
Bei diesem Verfahren werden die drei Spannungen, d.h. die Normalspannung σ┴, die
Schubspannung τ┴ und die Schubspannung τII, auf der Bezugsebene (der Schweißnaht) ermittelt.
Die Bezugsebene (der Schweißnaht) liegt in der Winkelhalbierenden der Kehlnaht (siehe Bild auf der
Folgeseite). Dieses Verfahren liefert i. allg. größere Tragfähigkeiten gegenüber dem vereinfachten
Verfahren.
fu
w,v 2 3 * ( 2 II2 ) w, d
Nachweis:
w M 2
0,9 fu
und
M2
Seite: C15 Stand: 05.10.2015
Hochschule Konstanz - Vorlesung Konstruktionslehre 4 – Schweißverbindungen
N N
v, w 2
leff a 2 leff a
Infolge Normalkraft N (bzw. N┴)
Q Q
v, w 2
leff a 2 leff a
Infolge Querkraft Q┴
Q// Q
// v , w // 3
leff a leff a
Infolge Querkraft Q//
Hinweis: Die Normalkraft parallel zur Naht NII spielt wieder eine untergeordnete Rolle und wird
folglich vernachlässigt.
Ausführungsklasse EXC 2 (nach DIN EN 1090-2) 10% der Stumpfnähte erfassen muss, sei an dieser Stelle
besonders hingewiesen. Andernfalls ist die Ausnutzung der Nähte (auf 50% bei EXC 2) zu reduzieren.
Nicht durchgeschweißte Stumpfnähte können als Kehlnähte mit tiefem Einbrand betrachtet werden und sind
statisch nachzuweisen.
Sonstige Schweißnahtverbindungen
Die DIN EN 1993-1-8 kennt auch Schlitznähte (zum Verschweißen der Flanken von Schlitzen),
Lochschweißungen (zum Schließen mittels Schweißens von Löchern, auch von Langlöchern) und
Hohlkehlnähte (zum Verbindung z.B. von Stäben an Vollquerschnitten).
Exzentrisch belastete, einseitige Kehlnähte oder einseitige nicht durchgeschweißte Stumpfnähte sollten
vermieden werden. Problematisch bei solchen Ausbildungen ist der Zug in der Nahtwurzel.
Die Ausführung von Schweißnähten erfolgt nach DIN EN 1090-2. Dort sind alle technische Regeln
aufgelistet, die bei der Ausführung (von Stahltragwerken) zu beachten sind. Wichtig ist zunächst die Wahl
der sog. Ausführungsklasse. Es existieren 4 Ausführungsklassen, EXC 1 (elementare
Qualitätsanforderungen), EXC 2 (Standard-Qualitätsanforderungen) sowie EXC 3 / EXC4 (umfassende
Qualitätsanforderungen). Die Festlegung der Ausführungsklasse, die bauteilbezogen erfolgen kann,
bestimmt den Umfang der erforderlichen Maßnahmen für die Ausführung. I.d.R wird die EXC 2 gewählt; dies
soll (unter Beachtung des Regelwerkes) in Abstimmung mit dem Auftraggeber erfolgen. In den
Seite: C17 Stand: 05.10.2015
Hochschule Konstanz - Vorlesung Konstruktionslehre 4 – Schweißverbindungen
umfangreichen Anhängen dieser Ausführungsnorm (DIN EN 1090-2) sind praktische ‚Checklisten‘ und
weitere Erläuterungen zur Ausführung enthalten, die die Arbeit mit der Norm erleichtern. Die allgemeinen
Konformitätsanforderungen für die (tragenden) Bauteile sind in Teil 1 dieser Norm (DIN EN 1090-1)
enthalten. Die Konformität beinhaltet auch die notwendige Kennzeichnung (CE-Kennzeichnung) der
Produkte.
b S σ 1
Wurzel-
a 1 y y σ 2
punkt AW1
1
2
tF
a 2 a 2
M AW2 3
2
X X
y
y1
y2
X
y3
X
V
3
Schwerachse a Schwer-
y5
3
des Gesamt- achse der
hS
a 5
querschnitts 3 Schweißnaht-
y4
tS anschluss- 3
flächen
AW3
y
4 σ 4
y
Wurzellinie
a) b) c) d) e)
Die Ermittlung der Spannungen in den Schweißnähten erfolgt für eine gegebene Beanspruchung (hier: Q
resp. V und M) – wie bereits erwähnt – mit den Methoden der Festigkeitslehre. In unserem Fall handelt es
sich um die Schweißnahtspannungen σ┴ infolge M und τII infolge Q (nach dem vereinfachten Verfahren).
Bei Anschlüssen mit doppelsymmetrischen I-Profilen, die durch eine Normalkraft N, Querkraft Q (oder V)
und Moment M beansprucht werden, darf vereinfacht die Normalkraft und das Moment allein den Flanschen
(mit FFl= N/2 ± M/hf, hf: Schwerpunktanstand der Flansche) und die Querkraft dem Steg zugewiesen werden.
σ N σ M
AW F Flansch
N/2 M/hf
AWS
M
V N hF
V
Steg
N/2 M/h f
AWF Flansch σ M
a) b) c) d)
Dynamische Beanspruchung
Die bereits vorgestellten Berechnungsgrundlagen gingen von statisch beanspruchten Bauteilen aus. Krane,
Kranbahnen, Bauteile des Maschinenbaus und Druckbehälter erfahren dagegen dynamische
Beanspruchungen. Diese Beanspruchungen, die zu einer Ermüdung der Konstruktion führen können,
müssen natürlich bei der Dimensionierung der Bauteile berücksichtigt werden. So kommt es für die
Schweißverbindung zum bereits vorgestellten Spannungsnachweis ein Betriebsfestigkeitsnachweis hinzu.
Der Grund dafür liegt in der Erkenntnis, dass häufige Lastwechsel bei weit geringer Beanspruchung zum
Bruch führen können, als dies bei vorwiegend ruhender Einwirkung der Fall ist. Ausgehend von Fehlstellen
im Bauteil, die Kerben darstellen, beginnen Anrisse, die fortschreiten. Ab einer Größe dieser Fehlstellen tritt
ein Bruch der Restfläche schlagartig, verformungslos und ohne weitere Vorankündigung ein. Diese Bruchart
wird Dauerbruch bzw. Ermüdungsbruch genannt.
Je nach Anwendungsgebiet sind unterschiedliche Regelwerke bei der Bemessung und Konstruktion von
dynamisch beanspruchten Bauteilen zu beachten. Die folgende, unvollständige Auflistung soll einen ersten
Überblick verschaffen:
Für Krane: DIN 15018-3 (Fahrzeugkrane, 11/1984),
DIN 15019-1 (09/1979) und DIN 15019-2 (06/1979)
Für Kranbahnen: DIN EN 1993, Teil 6 (12/2010) mit NA
Für Türme, Maste und Stahlschornsteine: DIN EN 1993, Teil 3-2 (12/2010) mit NA
Im Schienenfahrzeugbau: DS 95201 der DB AG
Im Maschinenbau (nicht geregelter Bereich): FKM-Richtlinie (2012, Herausgeber:
Forschungskuratorium Maschinenbau)
Im Druckbehälterbau: AD 2000 – Merkblätter, Reihe B und S (für statische und dynamische
Berechnungen)
Im Folgenden wird auf den Maschinenbau (bzw. Schienenfahrzeugbau) eingegangen; wobei hier nur die
allgemeine Vorgehensweise bei den Festigkeitsnachweisen vorgestellt wird. In der Regel wird die
spannungserhöhende Wirkung von schwingenden Bauteilen sowie die nicht erfassbaren dynamischen
Beanspruchungen durch einen sog. Anwendungsfaktor (Erhöhungsfaktor) KA erfasst. Bei kurzen Nähten (l ≤
15a) muss i.d.R. sicherheitshalber ein Abzug infolge der Endkrater berücksichtigt werden. Dieser Abzug darf
bei vorhandenen An- und Auslaufblechen entfallen. Somit beträgt die rechnerische Nahtlänge leff
leff l 2 a
Periodische Beanspruchungen: Bei einem sinusförmigen Verlauf der dynamischen Anregung und daraus
resultierenden, auch sinusförmigen Spannungsverlauf (an einer bestimmten Stelle einer Schweißnaht)
bezeichnet man die Oberspannung mit σo und die Unterspannung mit σU. Als Schwingbreite Δσ wird die
Differenz zwischen Ober- und Unterspannung bezeichnet (Δσ = σo – σU = 2 * σA), die Amplitude σA ist die
Hälfte der Schwingbreite und der Mittelwert aus diesen beiden extremen Spannungswerte (σo, σU) ist die
Mittelspannung σm. Das Grenzspannungsverhältnis beträgt R = min |σ| / max |σ|, wobei min |σ| dem Betrag
nach kleinster Spannungswert und max |σ| dem Betrag nach größter Spannungswert ist.
Bei einer einfachen Beanspruchung infolge einer sinusförmigen Schnittgrößen S wird unter Beachtung des
Anwendungsfaktors KA (siehe Tabelle auf Seite C25), des Mittelwertes Sm und der Amplitude Sa der obere
und untere Wert der Schnittgröße So und Su ermittelt:
So S m K A S a
Su S m K A S a
Erläuterung: sign(min|M|) bzw. sign(max|M|) bedeutet, dass der dem Betrag nach kleinster bzw. größter
Wert M mit seinem jeweiligen Vorzeichen einzusetzen ist.
Das nächste Bild zeigt die verschiedenen Arten der Beanspruchung im Spannungs-Zeit-Verlauf mit Angabe
des Grenzspannungsverhältnisses R.
Kurzzeitfestigkeit und von einer vorwiegend ruhender Belastung. Nächstes Bild zeigt einen typischen
Verlauf des Zeitfestigkeitsdiagramms mit den jeweiligen Bezeichnungen.
Bei den Dauerschwingversuchen (d.h. Wöhlerlinie) wird in jedem Lastspiel der jeweils volle
Spannungsausschlag angegeben. Dies entspricht aber bei einer dynamischen Beanspruchung meistens
nicht der Realität. In der Regel ist mit einer völlig regellosen Folge von Spannungen unterschiedlicher Höhe,
Häufigkeit und Reihenfolge zu rechnen, die im sog. Spannungskollektiv dargestellt werden.
Solche Spannungskollektive bilden die Grundlage heutiger Betriebsfestigkeitsnachweise, denn sie geben
die Schwingfestigkeit des Materials unter den Wirklichkeitsbedingungen an. Diese sog. Betriebsfestigkeit
ist abhängig von
Spannungskollektiv
Spannungsverhältnis
Kerbfall der Konstruktion
Werkstoff (untergeordnete Bedeutung)
Kerbfälle: In den Normen sind sog. Kerbfallkataloge enthalten. Diese Kerbfallkataloge sind abhängig vom
Anwendungsbereich (siehe weiter, Seite C25 ff).
Nachweise im Maschinenbau: Die Ermittlung der Spannungen erfolgt - wie bisher - mit den bekannten
Verfahren der Festigkeitslehre. Die Vorgehensweise entspricht dem vereinfachten Verfahren der DIN EN
1993-1-8.
Es ist nachzuweisen, dass:
w, w, zul
bzw. w, // w, zul
Die dargestellten κ-Werte (sie entsprechen den R-Werten) der Tabelle kennzeichnen wieder die
Beanspruchungsbereiche (κ=1 entspricht der statischen Festigkeit!). Die Kerbfälle werden abhängig von der
Kerbschärfe in Gruppen eingeteilt. Die Linien A bis F gelten für Normal- und Vergleichsspannungen, wobei
Seite: C23 Stand: 05.10.2015
Hochschule Konstanz - Vorlesung Konstruktionslehre 4 – Schweißverbindungen
von A bis F die Kerbschärfe steigt. Die Linien G und H gelten für Schubspannungen. Bei Wanddicken über
10 mm sind die zulässigen Spannungen mit dem Dickenbeiwert β nach folgender Tabelle abzumindern.
In den Bildern auf den folgenden Seiten sind Beispiele für eine Zuordnung der Schweißverbindungen zu den
Linien A bis H aus DS 952 zu finden.
Bei zusammengesetzter Beanspruchung ist – wie bei der statischen Ermittlung – der Vergleichswert σW,V
(jetzt aber nach neuer Formel) zu bilden.
Wieder darf der Vergleichswert nicht mit der Vergleichsspannung für Bauteile (gemäß der
Gestaltänderungshypothese) verwechselt werden!
v 2 3 2
Bei zusammengesetzter Beanspruchung kann auch statt der Berechnung eines Vergleichswertes eine
Überlagerung der Teilbeanspruchungen nach folgender Formel (Interaktionsbeziehung) erfolgen.
II
( )2 ( ) 2 1,0
w, zul . w, zul .
Zu beachten ist, dass bei dynamischer Beanspruchung und starker Kerbwirkung die zulässigen
Schweißnahtspannungen fast unabhängig von der statischen Festigkeit sind und folglich ein hochfester
Werkstoff gegenüber einem mit geringer Festigkeit keine wesentlichen Vorteile mehr bietet. Dieser wichtige
Aspekt darf bei dem Entwurf von dynamisch beanspruchten Bauteilen nicht vergessen werden!
Die folgende Tabelle enthält Angaben zum Anwendungsfaktor KA, der zur Berücksichtigung des
dynamischen Einflusses benutzt wird (So/u = Sm +/- KA • Sa, vgl. Seite C20).
11 Übungsaufgaben
11.1 Geschweißter Anschluss eines Knotenbleches
Schnittgrößen: N = V = 212,1 kN
Querschnittswerte: Aw = 30,0 cm
2
Vergleichswert: σw,v = 100,0 N/mm < 360 / (0,8 * 1,25 *√3) = 207,8 N/mm
2 2
τ┴ = 50 N/mm
2
Vergleichsspannung: σw,v = 158,1 N/mm < 360 / (0,8 * 1,25) = 360,0 N/mm
2 2
Also: Erhöhung der Beanspruchung nach dem richtungsbezogenen Verfahren um 10% gegenüber dem
vereinfachten Verfahren möglich!
Schnittgrößen: V = F = 400 kN
M = 64 kNm
Querschnittswerte: Aw = 60,0 cm
2
Iw = 18000 cm
4
Vergleichswert: σw,v = 125,8 N/mm < 360 / (0,8 * 1,25 *√3) = 207,8 N/mm
2 2
τ┴ = 75,4 N/mm
2
Vergleichsspannung: σw,v = 190,0 N/mm < 360 / (0,8 * 1,25) = 360,0 N/mm
2 2
Also: Erhöhung der Beanspruchung nach dem richtungsbezogenen Verfahren um 15% gegenüber dem
vereinfachten Verfahren möglich!
Sy = 6720 cm
3
Vergleichswert: σw,v = τ// = 106,5 N/mm < 360 / (0,8 * 1,25 *√3) = 207,8 N/mm
2 2
Schnittgrößen: Vz = F = 13,5 kN
My = 4,86 kNm
Querschnittswerte: Iw,y = 500,8 cm
4
Vergleichswert: σw,v = 103,95 N/mm < 360 / (0,8 * 1,25 *√3) = 207,8 N/mm
2 2
τ┴ = 72,7 N/mm
2
Vergleichsspannung: σw,v = 148 N/mm < 360 / (0,8 * 1,25) = 360,0 N/mm
2 2
Also: Erhöhung der Beanspruchung nach dem richtungsbezogenen Verfahren um 22% gegenüber dem
vereinfachten Verfahren möglich!
Hinweis: Die auf der nächsten Seite angegeben Querschnittswerte Iy,w und Sy,w betrachten Sie als gegeben!
(Die angegebene Literatur ‚Stahl im Hochbau, Band I, Teil 2’ braucht nicht besorgt werden)
Aus Literatur!
Vergleichswert: σw,v = 181,1 N/mm < 360 / (0,8 * 1,25 *√3) = 207,8 N/mm
2 2
Bauteil 2
Bauteil 1
1. Aufgabe:
Eine möglichst optimale Naht zwischen den Bauteilen 1 und 2 ist zu
entwickeln.
Dabei dürfen die Bauteile allerdings nur in Längsrichtung (nicht in
Querrichtung) verschoben werden.
Hinweise:
1. Es gibt keine symbolische Darstellung für die zu entwickelnde Nahtform!
2. Die Beanspruchung der Bauteile ist dynamisch, d.h. einfache Kehlnähte
sind hier nicht ausreichend!
2. Aufgabe:
Eine Optimierung der Verbindungen zwischen den Bauteilen ist
vorzunehmen. Dabei dürfen die Bauteile nur verlängert und verkürzt (aber
nicht quer verschoben) werden. Geben Sie soweit möglich die symbolische
Darstellung der Verbindungen an.
Hinweis:
Die Beanspruchung der Bauteile ist dynamisch, d.h. einfache Kehlnähte sind
hier nicht ausreichend!
3. Aufgabe:
Ermitteln Sie die Querschnittswerte A (Fläche) & I (Trägheitsmoment) der
folgenden Schweißverbindung