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Pharmazeutische Technologie
und Biopharmazie
5. Parenterale Arzneiformen
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Technische Universität München
Einleitung
• Parenterale Arzneiformen werden unter Umgehung des
Magen-Darm-Trakts (par enterum) gegeben.
• Da sie also nicht im Magen einer Keimreduktion
unterliegen, müssen sie steril sein.
• In der Regel handelt es sich um flüssige Arzneiformen.
• Einen geringeren Teil nehmen die festen Implantate ein.
• An parenterale Arzneiformen werden mehr und strengere
Anforderungen als an andere Arzneiformen gestellt.
– Sterilität
– Verträglichkeit, d.h. meist Isotonizität
Parenterale Arzneiformen
• Injectabilia
– Sterile Zubereitungen zur Injektion
– Kleine Volumina (1-20ml), die auf einmal gespritzt werden
– Lösungen, Suspensionen oder Emulsionen
• Infundibilia
– Sterile Zubereitungen zur Infusion
– Große Volumina (>100ml), die langsam infundiert
werden („Tropf“)
– Lösungen oder Emulsionen
• Implantate
– Feste, halbfeste oder flüssige Zubereitungen, die implantiert werden
• Pulver zur Herstellung von Injektionszubereitungen
– werden vor Gebrauch aufgelöst
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Technische Universität München
Anforderungen an
parenterale Arzneiformen
• Sterilität
• Pyrogenfreiheit
• Gute Verträglichkeit
– Isoton
– Angepasster pH-Wert
– Frei von partikulären Verunreinigungen
• Stabilität
Hilfstoffe
• (Siehe Lösungen)
• Lösungsmittel
– Wasser, wässrige Puffer, einige Öle
• Kosolventien
– Ethanol, Propylenglykol, Glycerol
• Lösungsvermittler
– Tenside
• Komplexbildner
– EDTA, etc.
• Isotonisierungsmittel
– NaCl, Glucose, etc.
• Viskositätserhöher
– Hydroxyethylcellulose, Dextrane
• Konservierungsmittel
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Herstellverfahren
• Mechanistisch siehe Lösungen, aber...
• ...aufgrund der Sterilität müssen viele
Zusatzvorbereitungen getroffen werden:
– Die Keimzahl der Ausgangsstoffe muss gering sein,
• also evtl. vorher sterilisieren.
– Der Arbeitsbereich muss keimfrei sein, also
• Reinraum
• Laminar Flow-Werkbank
• Isolator,...
– Die Packmittel müssen steril sein, also vorher sterilisieren.
– Der Keimeintrag durch das Herstellungspersonal muss minimal
sein, also spezielle Kleidung, Handschuhe, Mundschutz, etc.
Eingangskontrolle der
Wirk- und Hilfsstoffe
Entkeimungsfiltration
Sterilisation
Verpackung
Qualitätsendkontrolle
Herstellgeräte
• siehe Lösungen
• Edelstahlkessel
– Materialqualität
– Reinigbarkeit
• CIP / SIP
– Installation
• Titankessel
– Für biotechnologische Produkte,
die auch Spuren von Eisen nicht vertragen
Isotonie
• Bedeutet, dass Zubereitungen isoosmotisch zu Blut- und
Gewebeflüssigkeiten sind.
• Essentiell bei i.v.-Gabe
• Hyper- oder hypoosmotische Zubereitungen schädigen
die Erythrozyten, reizen das Gewebe.
• Hämolyse
– Austritt des roten Blutfarbstoffs
aus den Erythrozyten
• Bestimmung der Isotonie
– Gefrierpunktserniedrigung -0,52°C
Euhydrie?
• pH-Wert des Bluts liegt bei 7,3 – 7,45
– Puffersysteme des Bluts
Infusionen dürfen nicht
• Kohlensäure / Hydrogencarbonat gepuffert werden, weil
• Primäres / sekundäres Phosphat sonst die pH-
• Hämoglobin / Oxyhämoglobin Stabilisierung des Bluts
• Plasmaproteine gestört wird.
• Isohydrie
– Einstellung genau auf den physiologischen pH
– Für Infusionen
• Euhydrie
– Bestmögliche Angleichung des pH
– Für kleine Injektionsvolumina wird ein Kompromiss zwischen Stabilität
und Verträglichkeit gesucht.
– i.v. à pH 3,0 – 10,5
– i.m. à pH 4,0 – 9,0
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Viskosität
• Bei Injektionen und vor allem bei Infusionen darf die
Viskosität nicht zu hoch werden, weil
– es sonst bei der Injektion zu Schmerzen kommen kann.
– sich die Zubereitung sonst nicht gut mit den physiologischen
Flüssigkeiten mischt.
• Dementsprechend können Zubereitungen mit erhöhter
Viskosität auch zur Wirkungsverlängerung eingesetzt
werden.
– Intramuskulär
– Subcutan
Partikelfreiheit
• Keine Partikel in den Zubereitungen!
– Außnahme: Parenterale Suspension (subcutan, intramuskulär)
• Nicht während der Herstellung..!
• Nicht während der Lagerung..!
• Auch nicht während der Injektion!
– Mischen mit physiologischem pH und Elektrolyten...
– Limitiert den Einsatz von Kosolventien!
Konservierung
• Wenn Injektionsvolumen <15ml
• Wenn nicht in die Gehirn- oder Rückenmarksflüssigkeit
• Nur wenige Konservierungsmittel:
– P-Hydroxybenzoesäureester
– Benzylalkohol
– Phenylquecksilbersalze
– Chlorkresol
Sterilität
• Definitionen
– Steril bedeutet „Frei von vermehrungsfähigen Keimen“
– Sterilisiert bedeutet „erfolgreich durch ein Sterilisationsverfahren
gegangen“
– Sterilisation bedeutet das Abtöten aller Mikroorganismen und
Inaktivieren aller Viren
– SAL / Kontaminationsrate ist die realistisch akzeptable Rate an
unsterilen Einheiten nach einer Sterilisation à 10-6
– Desinfektion bedeutet, dass man einen Gegenstand in den
Zustand versetzt, dass er nicht mehr infizieren kann (in der
Pharmazie meint man sowohl die Inaktivierung von pathogenen
und nicht-pathogenen Keimen)
Aseptischer Prozess
• Bei thermolabilen Wirkstoffen, die nicht im Endbehältnis
sterilisiert werden können
• Jeder einzelne Verfahrensschritt muss zur Abreicherung
der Keimzahl beitragen, damit das Endprodukt steril ist.
• Sterilisierte Geräte
• Sterilisierte Hilfsstoffe
• Konservierte oder keimreduzierte Wirkstoffe
• Entkeimungsfiltration
• Reinraumklasse A
• Laminar Flow
• Minimaler Personalkontakt à Isolatortechnik
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Technische Universität München
Autoklavierung / Dampfsterilisation
• „Referenzverfahren“ in der Pharmakopoe für sterile
Zubereitungen
– Andere Verfahren (T und t) dürfen gewählt werden, wenn eine
gleichwertige Wirksamkeit nachgewiesen wird.
• Behandlung mit gespanntem Wasserdampf 121°C,
2x105 Pa, 15min
• Testkeim / Bioindikator ist Geobacillus
stearothermophilus
– Sporen des Keims mit pH-Indikator in Ampulle
• Overkillverfahren
– D121°C = 1,5 min à F = 9 * 1,5 = 13,5 min
– Zum Vergleich: D121°C von Clostridium botulinum = 0,2min
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Technische Universität München
Entkeimungsfiltration
1. Filtrieren der Lösung durch einen Filter mit Porengröße 0,22µm
oder 0,2µm
– Bioindikator Brevundimonas diminuta
– Kein Schutz vor Viren und Mykoplasmen
• Ultrafilter oder Adsorptionsfilter können geeignet sein
2. Feinerer Filter mit 0,1µm Porengröße und Indikatorkeim
Hydrogenophaga pseudoflava
Hitzesterilisation
• Behandlung mit trockener Hitze bei 160°C und mind. 2 Stunden
• Für Materialien, die nicht feucht (mit Wasserdampf) sterilisiert
werden dürfen, vor allem für Pulver, Packmittel und Instrumente.
• Bei der Angabe der Sterilisationszeit müssen die Aufheizzeit, die
Abkühlzeit, sowie die Ausgleichzeit (Wann hat das Sterilisationsgut
die benötigte Temperatur?) von der Prozesszeit abgezogen werden.
– Gilt auch bei Autoklavierung
• Sichtindikator
– Klebeband, dass bei Hitze Streifen bekommt
• Bioindikator Bacillus atrophaeus var. niger
– D160°C = 100s
– D180°C = 30s
Gassterilisation
Ausweichverfahren, wenn Dampf und Hitze nicht angebracht sind.
1. Behandlung mit Wasserstoffperoxyd und Peressigsäure
– Zerfallen zu Wasser und Essigsäure
2. Behandlung mit Ethylenoxyd
– In Europa für Arzneimittel nicht mehr zugelassen.
– Nur für Kunststoffeinweggeräte
3. Behandlung mit Formaldehyd
– Nur in Ausnahmefällen
• Bioindikatoren
– Formaldehyd und Ethylenoxyd à Bacillus atrophaeus var. Niger
– Wasserstoffperoxyd und Peressigsäure à Geobacillus stearothermophilus
• Desorption des Gases ist problematisch.
• Zersetzung des Sterilisiergutes durch Gas muss geprüft werden.
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Technische Universität München
Strahlensterilisation
• Behandlung mit β-Strahlen von
Elektronenbeschleunigern oder
γ-Strahlen von 60Co oder 137Cs
mit 25kGy
• Bioindikator Bacillus pumilis
– D = 3kGy
• Ausweichverfahren, wenn alle anderen Verfahren nicht
geeignet sind.
• Hohe gesetzliche Auflagen
• In der Regel nur für medizinische Einmalartikel,
chirurgische Implantate oder Nahtmaterial,
Diagnostika, Verbandstoffe
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Pyrogene
• Pyrogene können Fieber erzeugen.
• Endotoxine
– Zellwandbestandteile gramnegativer Bakterien
– Phosphorylierte Polysaccharide mit Lipoidkomponente
• Bakterien, Pilze, Viren
– Erzeugen auch Fieber, aber in höheren Dosen
• Zinkverbindungen aus Gummi- und Kunststoffverschlüssen,
Eisenionen, Kupferionen, einige Arzneistoffe
– Können auch Fieber erzeugen
• Pyrogene werden nicht mit den üblichen Sterilisationsverfahren
inaktiviert oder entfernt, sondern durch...
• Entpyrogenisierung
– Mehrstündige Autoklavierung
– Trockene Hitze 200°C, 1h oder 250°C, 30min
Testkeime Testmedien
• Staphylococcus aureus • Caseinpepton-Sojapepton-
– Eiterkeim Agar
– Grampositiv, aerob - S. aureus, E. coli, P. aeroginosa
• Pseudomonas • Sabouraud-Dextrose-Agar
aeroginosa - C. albicans, A. niger
– Gramnegativ, anaerob • Flüssiges Thioglykolat-
• Eschericha coli Medium
– Gramnegativ, fak. anaerob - Meist anaerobe (auch aerobe)
• Candida albicans Bakterien
– Hefe • Sojapepton-Caseinpepton-
• Aspergillus niger Medium
– Schimmelpilz - Aerobe Bakterien und Pilze
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Zugelassene Technische Universität München
Biotechnologische Produktion
• Einbringung von Keimen (außer den kultivierten) vermeiden
à wie Sterilproduktion à „monoseptische Produktion“
• Materialien
– Edelstahl (1.4404, 1.4435)
– Titan
• Produktionsschritte
– Fermentieren (Upstream)
– Aufreinigen (Downstream)
• Separieren, chromatographieren, einengen, dialysieren, flitrieren
– Abfüllen (bei Flüssigprodukten) oder Trocknen (bei festen
Produkten)
Biotechnologische Produktion
• Kessel in ähnlichen Dimensionen wie für andere
Liquida
• Meist keine orale Gabe möglich, daher in der Regel
parenterale Arzneiformen mit sterilem Endprodukt
Parenterale Applikation
• Warum?
• Wohin?
• Spezielle (strenge) Anforderungen an diese Arzneiformen
• Herstellung von Parenteralia
Pyrogene