Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
Pharmazeutische Technologie
und Biopharmazie
4. Flüssige Arzneiformen
1
Technische Universität München
Einleitung
Physikalische Form flüssiger Arzneiformen
• Lösungen
• Suspensionen
• Emulsionen
Mikrobiologischer Status
Mögliche Applikationsorte
• Ohrentropfen
• Nasentropfen
• Augentropfen
• orale Lösungen, z.B. Hustensäfte
• Injektionslösungen
• dermale Lösungen, z.B. Desinfektionslösungen
Suspension Emulsion
Zweiphasiges Mehrstoffgemisch
Zweiphasiges Mehrstoffsystem
mit flüssigem Suspensionsmittel
mit zwei flüssigen Phasen
und suspendiertem Feststoff
Gibbsches Phasen-Gesetz
F=C–P+2
Oberflächenspannung
• Nach innen gerichtete Kraft an
der Oberfläche von Wasser,
die dazu führt, dass Wasser
nach der minimalen
Grenzfläche nach außen strebt.
• Die Oberflächenspannung
wirkt der Benetzung von
Feststoffen durch Wasser
entgegen.
• Einheit: N/m (oder J/m2)
– Wasser 72,75 mN/m
Benetzung
• Young-Gleichung zur Berechnung des
Benetzungswinkels
(σ solid − γ solid / liquid )
cos Θ =
σ liquid
Θ < 90°
Θ = 0° Θ = 180°
Θ = 90° Θ >90°
Kolloide
• Kolloide lassen sich von echten Lösungen durch die Größe der
Teilchen abgrenzen.
Disperse Systeme
bestehen aus:
• Diskontinuierliche
disperse Phase
• Kontinuierliches
Dispersionsmittel
• Einteilung
– Dispersionskolloide
– Assoziationskolloide
– Molekülkolloide
Kolloidtypen
Elektrochemische
Doppelschicht
• Alle dispergierten
Teilchen weisen eine
Oberflächenladung auf.
• Durch Gegenionen im
Medium wird die
Ladung kompensiert.
• Fast alle Oberflächen
sind negativ geladen.
– Hydrathülle von
Anionen
• Oberflächenladung
selbst kann nicht
gemessen werden.
– Zeta-Potential
Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie, Dr. Caren Sönnichsen, 4. Flüssige Arzneiformen 16
Technische Universität München
Zeta-Potential
• Messbares Potential als
Maß für die
Oberflächenladung eines
Teilchen.
DLVO-Theorie
• Kombination aus
Abstoßungs- und
Anziehungskräften (Van-
der Waals)
• Ermöglicht gezieltes
Verständnis zur
Stabilisierung von
Kolloiden
• Zusatz von geladen
Teilchen zum
Dispersionsmedium zur
Stabilisierung oder
Flockung
• Ostwald-Reifung
– Durch Temperaturschwankungen lösen
sich kleine Teilchen auf, größere
wachsen durch Rekristallisation des
gelösten Anteils.
• Sedimentation
– Ablagerung von Teilchen am Boden
• Flotation / Aufrahmen
– Ablagerung von Teilchen an der
Oberfläche
Tenside
• Oberflächenaktive Substanzen, die eingesetzt werden,
– um die Löslichkeit des Arzneistoffs in Wasser zu erhöhen,
– um die Suspension von festen Bestandteilen zu verbessern,
– um die Spreitung der Lösung am Applikationsort zu verbessern.
• Synonyme
– Emulgatoren, Netzmittel
• Eigenschaften
– Hydrophiler und hydrophober Molekülteilà Anlagerung an Grenzflächen
Tensidaufbau
• Lipophile Bausteine
Tensidaufbau
• Stark hydrophile Bausteine
Tensidaufbau
• Schwach hydrophile Bausteine
Tensidaufbau
• Verbindungsstücke
Tensidtypen
• Nichtionische Tenside
– Fettsäureester
– Fettsäureether
– Polyethylenglykolether
• Ionische Tenside
– Kationische Tenside
• Vor allem als Konservierungsmittel
verwendet
– Anionische Tenside
• Waschaktive Substanzen
Tensidtypen (II)
• Amphotere Tenside
– Lecithin
• Stoffgemisch aus
Phospholipiden, z.B.
Phosphatidylcholin
– Betain
– Sultain
HLB-Wert
• Definition nach Griffin
– 1/5 des in Prozent ausgedrückten hydrophilen Anteils des
Tensidmoleküls (gilt nur für nichtionische Tenside):
⎛ M hydrophober _ Anteil ⎞
HLBGRIFFIN = 20 • ⎜1− ⎟
⎝ M Gesamtmolekül ⎠
Solubilisation
Trinkwasser
• lösliche Verunreinigungen
– Mineralsalze
– organische Verbindungen
• partikuläre Verunreinigungen
– Partikel aus org. und anorg. Material
– abgestorbenes Zellmaterial
– vermehrungsfähige Keime (max. 100 KbE/ml)
• Temporäre Härte
– Salze, die beim Kochen durch CO2-Austritt ausfallen:
– [Ca(HCO3)2 à CaCO3 ê+ H2O + CO2é ]
• Permanente Härte
– Bleiben beim Kochen in Lösung
– Chloride, Nitrate, Sulfate, Silikate
• Härtegrade ( 1°dH entspricht 10 mg CaO/l)
Gereinigtes Wasser
• Muss aus Trinkwasser hergestellt werden.
• Reinigungsschritt
– Ionenaustausch
– Umkehrosmose
– Elektroentionisierung
– oder Destillation
• Keimarm
– 102 Keime pro ml sind zugelassen, daher wird in der Apotheke
gereinigtes Wasser nach der Reinigung (s.o.) 5 min. aufgekocht und
darf dann nur 24 h in keimarmen, verschlossenen Behältnis gelagert
werden.
• Weiterhin wird auf Leitfähigkeit (≤4,1µS/cm), Schwermetalle,
Nitrate und oxidierbare Substanzen getestet.
• Für die Herstellung von nicht-sterilen Zubereitungen (z.B. Cremes,
Lösungen)
Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie, Dr. Caren Sönnichsen, 4. Flüssige Arzneiformen 34
Technische Universität München
x
pH-Wert 7,2 5,0
Ionen
Hochgereinigtes Wasser
• Für die Herstellung von Arzneimitteln mit hoher
biologischer Qualität
– Dialyselösungen
– Reinigung von Geräten bei biotechnologischen Prozessen
• Muss aus Trinkwasser hergestellt werden.
• Reinigungsschritt
– Doppel-Umkehrosmose mit Ultrafiltration oder
– Elektroentionisierung
• Leitfähigkeit und Keime
– Reinheit wird während des Herstellungsprozesse kontrolliert
– Keimarm, pyrogenarm
Wasseraufbereitung
Lösungen
40
Technische Universität München
Definitionen
• Lösen
– molekulardisperse Verteilung von einem festen oder gasförmigen
Stoff in einer flüssigen Akzeptorphase
• (Sättigungs-)Löslichkeit
– bei Sättigung vorliegendes Verhältnis von der Masse der gelösten
Substanz zum Volumen des Lösungsmittels bei einer gegebenen
Temperatur (à Endzustand)
• Lösungsgeschwindigkeit
– Geschwindigkeit der Massenabnahme des Bodensatzes.
– Die Lösungsgeschwindigkeit steigt unter anderem mit erhöhter
Feststoffoberfläche und Bewegung des Lösungsmittels
Lösungsgeschwindigkeit
Lösungsgeschwindigkeit
dM CS − C
Noyes-Whitney-Gleichung = D⋅ A⋅
Entwickelt aus dem ersten Fickschen Gesetz,
dt h
für einzelne, runde Partikel
Nernst-Brunner-Gleichung dC D ⋅ A CS − C
= ⋅
Konsequen
(Mehr und
zen: dt V h
schneller )
Volumen v umrühren
ergrößern (hê), M: Masse der Substanz
Lösungsve (cê), t: Zeit
rmittlerzug
Temperatu abe (c é), D: Diffusionskoeffizient
r erhöhen s A: benetzbare Oberfläche der Substanz
Benetzung / Viskositä
ermögliche t verringer Cs: Sättigungslöslichkeit der Substanz
Gelöstes a n (A n (Dé),
bfü é ) , C: aktuelle Konzentration der Lösung
Poröse Par hren (cê), h: Dicke der Diffusionsschicht
tikel, Partik V: Volumen der Lösung
.... erhöhe el mahlen..
n die Lösu .(Aé)
ngsgeschw
indigkeit!
Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie, Dr. Caren Sönnichsen, 4. Flüssige Arzneiformen 44
Technische Universität München
Lösungsmittel in Arzneiformen
• Wasser
• Ethanol-Wasser-Gemische hydrophil
– 90% (V/V) und 80% (v/v) sind gebräuchlich
• Öle
– Mandelöl, Olivenöl, Rizinusöl, Sesamöl
• Wachse
– Isopropylpalmitat, Isopropylmyristat, Oleyloleat
hydrophob
• Dickflüssiges Paraffin
– MG 300-400 Da, 110-230 mPas
• Dünnflüssiges Paraffin
– MG ca. 250-300 Da, 25-80 mPas
Quelle: Geadiessel.com
Suspensionen
53
Technische Universität München
Suspensionen
• Zweiphasengemisch fest/flüssig
• Thermodynamisch instabil
• Grobdispers
• Flüssig (Abgrenzung zur Paste)
• Destabilisierung durch
– Aggregation
– Sedimentation
• Redispergierung vor Gebrauch muss möglich sein
Behinderte Sedimentation
• Geflocktes System
• Lockeres Sediment
• Klarer Überstand
Emulsionen
59
Technische Universität München
Emulsionen
• Emulsionen sind flüssige Zweiphasengemische aus
einer hydrophilen und einer hydrophoben Phase
• Thermodynamisch instabil
• Grobdisperses System mit Tröpfchengrößen von
500nm – 100 µm (1 – 30µm)
• Stabilisierung der Phase durch Emulgatoren
– Nur Quasiemulsionen enthalten keine Emulgatoren
• Applizierbar oral, dermal, parenteral
– Steril oder unsteril
• Abgrenzung zur Creme über die Viskosität
• Handelsbezeichungen
– Lotion, Lotio, Milch
Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie, Dr. Caren Sönnichsen, 4. Flüssige Arzneiformen 60
Technische Universität München
Wasser, Fett,
Feststoff
(3 Phasen)
Einfache Emulsion
Multiple Emulsion
62
Phasenvolumen- Technische Universität München
verhältnis
geringes Innenvolumen;
gleichmäßige Verteilung der
• P<<1 Tröpfchen,
Viskosität wird durch
die äußere Phase bestimmt, z.B. Milch
steigendes Innenvolumen, pseudoplastische Systeme, z.B.
• P≤1
kosmetische Emulsionen
Modellrechnung
Dispersitätsgrad und Grenzflächenenergie
Menge Öl: 10 g
Dichte Öl: 0,85 g/cm³
Volumen Öl: 11,76 cm³
Grenzflächenspannung: 32,5 J/cm²
DG
D [µm] A [cm²] Anzahl Ages [cm²] Energie [kJ]
[cm-1]
100 0,00314 2246893 7058,82 600 229,41
200 0,01257 280862 3529,41 300 114,71
400 0,05026 35.108 1764,71 150 57,35
600 0,11310 10.402 1176,47 100 38,24
800 0,20106 4.388 882,35 75 28,68
1000 0,31416 2.247 705,88 60 22,94
Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie, Dr. Caren Sönnichsen, 4. Flüssige Arzneiformen 64
Technische Universität München
Stearinsäure 6 15
Cetylalkohol - 15
Wollwachs 8 10
Pflanzliche Öle ca.5 ca. 10
Flüssiges Paraffin 5 12
Bienenwachs 4 12
Emulsionshilfsstoffe
• (Siehe Lösungen)
• Hydrophile Phase
– Wasser, Alkohole, Polyole
• Hydrophobe Phase
– Öle, Wachse, (Fette)
• Emulgatoren
– Tenside
– Wollwachs
– Wollwachsalkohole
• Konsistenzgeber
– Gelbildner (Polymere)
Emulsionsherstellung: Methoden
• Lösungsmethode
(englische Methode)
– Alle lipophilen Bestandteile werden
geschmolzen und gelöst (60-80°C).
– Alle wässrigen Bestandteile (inkl.
Emulgator) auf die gleiche
Temperatur bringen.
– Ölige Phase in wässrige unter
Rühren einarbeiten (mechanische
Dispergierung).
Emulsionsherstellung: Methoden
• Suspensionsmethode (Kontinentalmethode)
– Wie Lösungsmethode, aber
– Emulgator wird in der Phase dispergiert, in der er sich schlechter
löst.
– Beim Zugeben der wässrigen Phase löst er sich nach und nach.
– Phaseninversion
• Kaltemulgierung
– Ohne Temperaturerhöhung
– Wenn alle Bestandteile flüssig und gut ineinander löslich
Dissolverscheibe
Ultra-Turrax
• Homogenisatoren
Aggregation Koaleszenz
Einzel- Aggregierte Koaleszierte
tröpfchen Verteilung Tröpfchen der Aggregate Tröpfchen
Aggregation Koaleszenz
Emulsion
• Einflussfaktoren – Phasenvolumenverhältnis
– Tröpfchengröße der inneren – Art und Menge des
Phase Emulgators
– Dichteunterschied zwischen – Ladungszustand der
den Phasen dispersen Phase
– Viskosität der äußeren Phase – Lagerbedingungen
– Herstellungsverfahren
Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie, Dr. Caren Sönnichsen, 4. Flüssige Arzneiformen 72
Technische Universität München
Begriffbestimmungen
• Haltbarkeit
– Spezifikationsgerechte Qualität des Arzneimittels bis
zum Ende der vom Hersteller festgelegten Laufzeit.
Die Qualität des Arzneimittels wird dabei durch den
… und die mikrobiologischen Eigenschaften
bestimmt.
• Konservierung
– Produkt über einen genügend langen Zeitraum bei
den vorhandenen Bedingungen mikrobiologisch
unverändert erhalten
• Konservierungsmittel
– Stoffe, die Mikroorganismen hemmen oder töten, gut
verträglich mit Anwendungsort und Zubereitung
Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie, Dr. Caren Sönnichsen, 4. Flüssige Arzneiformen 76
Chlorhexidin Technische Universität München
Konservierungsmittel HN
HN
NH Cl
OH
• Wirkungsart NH
HN
– keimhemmend (CH2)6 CH3
– keimtötend HN H
N
Cl
• Wirkspektrum HN N
H
Cl
HN CH2OH
– Welche Keime sind zu erwarten?
– Bakterien (grampositiv, gramnegativ), Pilze, Hefen?
• Einsatzkonzentration Hg-C-
• Wirkbereich
• Stabilität
Hg
Konservierungsmittel müssen immer mit Art und Menge deklariert werden!
OH
Wirkmechanismus von
Konservierungsmitteln
• Permeabilität der Zellmembran wird erhöht à toxisch
für Zelle
– Quartäre Ammoniumverbindungen
• Alkylierung von Zellkernbestandteilen
– Chlorverbindungen
• Koagulation von Eiweißen
– Phenole
• Komplexbildung mit SH-Gruppen
– Hg-Verbindungen
Kresol 0,3
p-Chlor-m-Kresol 0,02
PHB-Methylester 0,18
PHB-Propylester 0,02 schwach
wirksam
Phenoxetol 1,0
Chlorbutanol 0,5
Benzylalkohol 1,0
Sorbinsäure 0,2 unwirksam
Phenylquecksilbernitrat 0,001
Thiomersal 0,02
Benzalkoniumchlorid 0,01
Chlorhexidin 0,01
Imidazolidinylharnstoff 0,5
Wirkungsminderung bei
Konservierungsmitteln
• Adsorption an / Migration ins Packmittel
– Verteilungskoeffizient
• Adsorption an suspendierte Hilfsstoffe
• Abwanderung in die lipophile Phase
– Verteilungskoeffizient
– Ungenutzer Anteil!
• Bildung von Salzen oder Komplexen mit anderen
Rezepturbestandteilen
• Chemische Zersetzung
Beispiel
• Migration ins Packmittel
% Verlust in Packmitteln aus
Konservierungsmittel
(Konzentration in %) PVC PE
Flüssige Arzneiformen
Konservierung