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1.

0 Heterogenität
1.1 Definition

Brügelmann 2001: Heterogenität ist die Zuschreibung von Unterschieden aufgrund von Kriterien, deren
Bedeutung von sozialen Normen und persönlichen Interessen abhängig ist.

Lang et al (2010) Voraussetzungen:

 Relativität

 Partialität

 Konstruiertheit

 Wertneutralität

1.2 Dimensionen von Heterogenität (Speck-Hamdan 2009)

 Geschlecht

 Alter

 Lerndispositionen

 Sprache

 Special needs

 Migrationsstatus

 sozioökonmischer STatus

 Religion

1.3 Chancen und Herausforderungen Heterogenität


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Chancen (Speck-Hamdan 2009) Herausforderungen (Sturm 2016)
• Kooperatives lernen und soziales Lernen: • Heterogenität kann zur Exklusion/zum
- Lernen durch Ausdruck und Erforschung Anderssein führen (Studien Inklusion):
unterschiedlicher Gedanken und Erfahrungen in Klassenklima, Versagenserlebnisse
der Gemeinschaft • unterschiedliche Erwartungen der Eltern
-unterschiedliche Ressourcen der Gruppe nutzen, an den*die Lehrer*in bezüglich Erziehung und
Verständnis vertiefen, Urteile schärfen, Wissen Bildung aufgrund vom Erziehungsstil oder
erweitern, andere Meinungen akzeptieren und kulturellem/sozialen Hintergrund
eigene unterstreichen, Diskutieren,... • unterschiedliche häusliche Unterstützung
- Helfersysteme/peer tutoring: stärkere und Förderung der Kinder
Schüler*innen erklären schwächeren • erhöhte Anforderungen und Belastungen
Schüler*innen den Unterrichtsstoff → beide an die Lehrkraft
Seiten profitieren davon • differenzierte und individualisierte
- stärkere Schüler*innen: Unterrichtsgestaltung nötig (Werning 2008)
Verantwortungsbewusstsein schwächere
Schüler*innen: Hemmung für Bitte um Hilfe ist
nicht so groß wie bei Lehrkraft
• Interkulturelles Lernen:
-Austausch über verschiedene Sprachen,
Religionen, Bräuche, Sitten, Feste, Essen
- Horizonterweiterung → unverzichtbare
Voraussetzung für das Leben in einer
globalisierten Welt
- Erziehung zur Toleranz → Verschiedenheit
gelten lassen und nicht andere zwingen, gleich zu
denken, fühlen und handeln
- Schule als Schonraum der Begegnungen
- es gibt nicht nur eine Möglichkeit, eine Aufgabe
zu lösen → Kinder wissen, dass es
unterschiedliche Wege gibt
• Einbringen von Begabungen
 Persönlichkeitsentwicklung

1.5 Empirische Forschungslage

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1.5.1 Leistung

 Kluczniok et al (2014): Schon bei Einschulung große Unterschiede

 Breite Varianz und Unterschiede in der weiteren Entwicklung (SCHOLASTIK)

1.5.2 Alter

 Nur bedingt altershomogene Klassen, hohe Spanne von bis zu 2 Jahren

1.5.3 Geschlecht

 IGLU 2016: Mädchen bessere Leistung, ansteigend, besseres Leseselbstkonzept

 TIMSS: Jungen bessere Leistung, besseres Selbsstkonzept

1.5.4 Migrationshintergrund

 Ca. 28 % haben Migrationshintergrund

 IGLU 2016: 17% sprechen kaum Deutsch daheim -> ein Jahr Rückstand im Schnitt

 Eltern in Deutschland vs Eltern im Ausland geboren: noch stärkerer Unterschied

 TIMSS 2019: o.Mh. bessere Leistungen

1.5.5 Familiärer Hintergrund

 signifikante Unterschiede in der Lesekompetenz zwischen Schüler*innen aus günstigen und


ungünstigen sozialen Lagen

 drei Indikatoren zum internationalen Vergleich: Anzahl der Bücher im Haushalt, Berufsstatus
der Eltern und Bildungsniveau der Eltern

 Rückstand: ein Jahr

1.5.6 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf (Klemm, 2013)

• Schuljahr 2011/2012: bundesweit rund 6,4% der Kinder als förderbedürftig eingeschätzt

• davon 75% in sonderpädagogischer Einrichtung und 25% in einer Regelschule → entspricht einer
Inklusionsquote von 1,6 % aller Kinder

• größerer Lernzuwachs bei Beschulung in Regelschulen, insbesondere mit dem


Förderschwerpunkt Lernen (Wocken 2007)

• auch für Schüler*innen ohne Förderbedarf kein Nachteil, sondern v.a. im Bereich des sozialen
Lernens neue Chancen (Preuss-Lausitz 2000)

Studie zu Auswirkungen von Heterogenität

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• altershomogene Zusammensetzung bewirkt in Jahrgangsklassen zumindest im personalen
Entwicklungsbereich keine stärkere Einheitlichkeit als die Akzeptanz bei größerer Heterogenität

• im heterogenen Kontext sind mehr variierende Anregungsbedingungen für die


Persönlichkeitsentwicklung enthalten → Überforderung bei wenigen Schüler*innen, aber Chancen für
die Mehrheit und v.a. für schwache Schüler*innen

• vor allem die Selbständigkeit entwickelt sich im heterogenen Kontext und auch das soziale Lernen
profitiert davon

• deutliche Entwicklungsunterschiede zugunsten der Mädchen → homogene Bedingungen fördern das


Auseinanderdriften zwischen den Geschlechtern eher

• schwache Schüler*innen (einschließlich Integrationskinder) profitieren eher von heterogenen


Bedingungen und daran gekoppelten schulorganisatorischen

2.0 Differenzierung
2.1 Definition:

„Differenzierung bezeichnet alle Maßnahmen schul- und unterrichtsorganisatorischer Art, die zur
Förderung von Schülern und Schülerinnen oder von Lerngruppen aufgrund unterschiedlicher Neigungen,
Begabungen, Interessen, Schwächen und Stärken unter Berücksichtigung des jeweiligen
Entwicklungsstandes ergriffen werden, was zu einer Individualisierung des Unterrichtsbeiträgt.“

(Saalfrank 2012, S.66f.)

2.2 Arten der Differenzierung (Klafki 1994)

2.2.1 Äußere Differenzierung:

Maßnahmen im institutionellem Rahmen, bei denen Schüler nach irgendwelchen Kriterien in Gruppen
aufgeteilt und räumlich getrennt unterrichtet werden -> Annahme: homogene Gruppen sind effektiver
als heterogene

Drei Dimensionen: interschulisch (Schulformen), intraschulisch (Leistungskurse, Fördermaßnahmen),


Profilbildung (Neigung und Wünsche)

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2.2.2 Innere Differenzierung/Binnendifferenzierung: alle Maßnahmen, die innerhalb einer Klasse oder
Lerngruppe vorgenommen werden

 Verschiedene Angebote innerhalb der Klasse

 Unterscheidung in Fundamentum (Stoff für alle Schüler) und Additum (zusätzliche Vertiefung
nicht für alle)

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- Voraussetzungen:

Feststellung individueller Lernvoraussetzungen der SuS (personaler, sozialer, kognitiver und


instrumentaler Entwicklungsstand) -> daraus Schlüsse für die Unterrichtsgestaltung ziehen

Methoden zur Diagnose: Beobachtung und Notation, Befragung, Intelligenztests, Soziogramm, Kind-
Umfeld-Analysen, Schulleistungsdiagnostik

Formen der inneren Differenzierung (Storch 2007):

 Inhaltlich

 Methodisch

 medial

Anforderungen an die LK/SuS (Bönsch, 2015)

LK SuS
- Offenheit ggü. SuS und Unterrichtsplanung à - Beherrschen der Arbeitstechniken
flexibel und angemessen auf Schwierigkeiten und - Kenntnis verschiedener Lernstrategien
Lernprobleme einzelner SuS reagieren
- Wissen und Anwendungen von
Differenzierungsmöglichkeiten
- Kenntnis der individuellen Leistungsstände
- Wechsel der Lernbereiche
- motivierende Lernanlässe bieten
- Verfügbarkeit über variantenreiches Material
- keine Stigmatisierungen
- Sozialformen, Themenbearbeitung usw. muss
mit des SuS gelernt und eingeübt werden
- Schülerzentrierung à Spielraum geben für
Eigeninitiative, Selbsttätigkeit,
Selbstverantwortung

Grunsätze (Kaiser 2007):

1. Gemeinsamer Inhalt

2. Lernfortschritte für alle

3. So viel Differenzierung, dass alle Kinder angemessen lernen können

4. Einbettung in den gemeinsamen Unterricht

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5. Kinder mit LS brauchen besondere Unterstützung

Differenzierungsformen (Kaiser 2007)

Differenzierung nach stofflichem Umfang Umfangreiche und schnelle Aufgaben


D. nach Lern- und Arbeitstempo Keine Langeweile oder Überforderung, Z.B.
Stationenarbeit oder Wochenplan
Fördert Selbsteinschätzung
Schwierigkeitsgrad Aufgaben in unterschiedlichen Schwierigkeiten,
mit und ohne Lösungshilfen, aber meist
Differenzierung von oben
Didaktische Differenzierung Unterschiedliche Lernziele, Aufgabenauswahl
speziell nach Förderbedarf
Dialogische Differenzierung Vorstellungen der Kinder im Mittelpunkt, eigene
Aufgabenauswahl
Leistungsdifferenzierung Am häufigsten, je nach Leistungsniveau Aufgabe
Differenzierung nach Sozialform Bei Gruppenarbeit:
 Leistungsbezogene D:
aufgabenverschiedene/arbeitsteilige
Gruppenarbeit
 Neigungsdifferenzierung:
Gruppeneinteilung und Auswahl der
Aufgaben durch Schülerinnen
 Zum Zweck sozialer Interaktion: Lehrer
wählt aus
Partnerarbeit: Tandem aus starken und
schwachen Schülern
Einzelarbeit: Lernniveau entsprechende
Aufgaben, sollen Neugier wecken und
Lernkapazität sowie Lerntempo berücksichtigen
Lernorte Klassenzimmer, Fachzimmer, Nebenraum,
außerschulische Lernorte

Chancen und Grenzen (Wiater 2001)

Chancen Grenzen
Grundbestand an Wissen und Können für alle Didaktisch:
Hilft laut Hattie besonders bei starken und  Bestimmung von Fundamentum und
mittelstarken SuS Additum schwierig
Behebung von Lernrückständen  Schereneffekt (Additum)
Chancengerechtigkeit  Hohe pädagogische Kompetenz
notwendig
Individuelles Lernen gefördert, soziales Lernen, Organisatorisch: hoher mehraufwand
keine emotionale und soziale Diskriminierung, Grenzen bei Materialien, Rümulichkeiten, Zeit
keine schichtspezifische Auslese
Diagnostisch: Voraussetzung genaue
Lernstandsdiagnose, Wissen über Entwicklung

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und Umfeld, hohe pädagogisch-diagnostische
Kompetenz nötig
Selbstkompetenz, Selbsterfahrung, Motivational: äußere Differenzierung führt
Selbstkonzept dazu, dass schwache Schüler benachteiligt
Berücksichtigung individueller Interessen werden
undNeigungen Negatives Selbstbild bei Zuweisung in
Erfolgserlebnisse wenn Aufgaben auf eigenem schwächere Gruppen
Niveau
Hilfsbereitschaft, soziales Lernen
Möglichkeit alternativer Leistungsbewertung Leistungsbeurteilung: Feststellung von
Einzelleistung in Gruppenarbeit schwierig
Vergleichbarkeit schwierig
Kriterialie Bezugsnorm führt zu Versagen
schwacher Schüler
Spezifisch bei homogenen Gruppen:
Fehleinschätzungen, Konkurrenzdruck, soziale
Abgrenzung

2.3 Forschungsstand

Hattie-Studie 2009:

 Äußere Differenzierung (0,12)

 Binnendifferenzierung nach Leistung (0,16)

 Lernen in Kleingruppen (0,49)

Die Hattie-Studie verweist insgesamt auf die Bedeutung der Tiefenmerkmale des Unterrichts (z.B.
Unterrichtsqualität, kognitive Anregung, Lehrer-Schüler-Beziehung, Feedback usw.). Diese haben
generell einen höheren Einfluss als Oberflächenmerkmale, wie Binnendifferenzierung, äußere
Differenzierung oder finanzielle Ausstattung. Dennoch können Rahmenbedingungen wie Differenzierung
und Individualisierung dafür sorgen, dass positive Unterrichtsmerkmale eher umgesetzt werden. Diese
wirken demnach nicht für sich selbst, wohl aber in Verbindung mit weiteren tiefergehenden Merkmalen

3.0 Individualisierung
3.1 Definition

 Individualisierung = „didaktische Orientierung an der Lern- und Leistungsfähigkeit des Einzelnen.“


(Tenorth/Tippelt, 2007)

 Individualisiertes Lernen= Lernform, bei der jeder nach eigenen Fertigkeiten, Fähigkeiten und
Interessen mit unterschiedlichen Methoden und Medien plant, organisiert und strukturiert. Dies
wird beispielsweise im Offenen Unterricht angestrebt (ebd.)

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 Abgrenzung zu Differenzierung: Differenzierung nicht zwangsläufig auf Individuum, sondern auf
merkmalsbezogene Gruppierungen in der Lerngruppe bzw. Klasse bezogen (Bohl et al. 2012)

 Abgrenzung offener Unterricht: nicht immer Mitbestimmungsmöglichkeit des Lernenden

3.2 Anforderungen bei Individualisierung (Klippert 2010, Saalfrank 2012)

Lehrer SUS
 Diagnostische Erfassung der Kentnisse, Selbststeuerungskräfte
Fähigkeiten, Interessen ->
Fördermaßnahmen für schwache ,
Enrichementmaßnahmen für starke,
hochbegabte
Ausrichtung an übergeordnetem Lehragngsziel Selbstvertrauen
Öffnung von Unterricht sinnvoll (Freiarbeit, Tages
oder Wochenplan)
Pädagogisches Vorvertrauen
Bereitstellunf passender Lernangebote
Individuelle Begleitung während des Lernens

Brügelmann 2011

Differenzierung von oben: Individualiserung von Unten:


jedem Schüler andres AB -> nicht nur organisatorische,
Schritt in richtige Richtung, sondern auch inhaltliche und
aber lehrerzentriert methodische Öffnung

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3.3 Phasen eines individualisierenden bzw. differenzierenden Unterrichts (Maras 2020)

1. Einführungsphase

2. Arbeits- und Produktionsphase

3. Präsentations und Auswertungsphase

4. Dokumentationsphase

3.4 Individuelle Förderung vs Gemeinsames Lernen (Benkemann 2009)

Individuelle Förderung: wichtig, um jedem optimalen Lernprozess zu ermöglichen und diesen in der
individuellen Entwicklung zu beeinflussen -> hohes Maß an eigenständigem Arbeiten

Aber: im Extremfall nur Interaktion zwischen Lehrkraft und Kind -> einseitige Abhängigkeit (ungleiche
Beziehung)

 Ermöglichen des wechselseitigen Kind-Kind Lernens

 Potenzial des kooperativen Lernens nutzen: Entwicklung wechselseitiger sozialer Anerkennung,


Respekt, Moral, soziale Kompetenz und Fertigkeiten

 Verhinderung von Isolation und Ausgrenzung

 Übernahme verschiedener Rollen (Helfer und Lernender): positiv für Selbstkonzept

 Studien belegen positive Auswirkungen kooperativen Lernens

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2.5.Wirksamkeit von Individualisierung (Lipowsky/Lotz 2015, 155-206)

• extreme und weitgehende Individualisierung ist keine Problemlösung der Wahl

• Gefahr, dass v.a. schwächere Schüler*innen nicht entsprechend gefördert werden und dass effektive
und vertiefte Lernprozesse in sozialen Kontexten nicht genutzt werden → Austausch mit Mitschülern und
anderen Bezugspersonen

• inhaltliche und fachliche Unterstützung der Schüler in individualisierten und schülerorientierten


Phasen nicht immer gegeben → sonst Überforderung von Lehrpersonen

• kognitive Entlastung der Lehrpersonen durch eine sorgfältige Unterrichtsvorbereitung → Festlegen von
konkreten Zielen der Individualisierungs- und Differenzierungsmaßnahmen

• Individualisierung und Differenzierung als Mittel zum Leistungsausgleich v.a. für schwächere
Schüler*innen → Gefahr: Lehrer*innen bemühen sich eher um diese und konzentrieren sich zu sehr auf
leistungsschwächere Schüler*innen

• Maßnahmen der Individualisierung können aber auch dazu führen, dass schwächere und stärkere
Schüler entsprechend ihrer Voraussetzungen und ihres Potenzials gefördert werden

→ schülerorientierte Unterrichtsformen sind vor allem in Kombination mit Merkmalen lernwirksamen


Unterrichts wirksam

→ Individualisierung ist vor allem dann wirksam, wenn sie langfristig angelegt wird

→ es kommt auf die Art der Umsetzung von Individualisierung (und Differenzierung) an

Gestaltung von Individualisierung in jahrgangsheterogenen Klassen (pape 2016)

Grundlegende Planungsaspekte • breitere Wahrnehmung der Lehrpläne bei Lehrkräften


• Lerngegenstände werden weniger auf einen Jahrgang bezogen,
sondern stärker im Kontinuum aller Grundschuljahrgänge gesehen
• es findet eher eine individuenbezogene als eine klassenbezogene
Differenzierung statt → jahrgangsbezogene Differenzierung als
unzureichend anerkannt
• Lehrkräfte erkennen die Aufgabe zwischen individueller Arbeit
und dem gemeinsamen Austausch über den Lerngegenstand
Lehrgangsförmiger Unterricht • Kritik an Arbeit mit Wochenplänen und Differenzierung durch
Zusatzaufgaben
• Lösung durch individualisierte Wochenpläne → jedoch viel
Arbeitsaufwand → noch effektiver ist eine Stufung der Lehrwerke
und die Konzeption von Lehrwerksplänen
Weitere • Projektunterricht wird eher vernachlässigt
Unterrichtsarrangements • Notwendigkeit von niveaudifferenziertem Material für freies
Arbeiten und Lern-werkstätten in jahrgangsgemischten Klassen

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4.0 Offener Unterricht
(im Allgemeinen wo nichts anderes steht Munser-Kiefer 2014)

4.1. Begriffsbestimmung

 Der Begriff „Offener Unterricht“ lässt sich nicht einheitlich definieren.

 Es gibt weder eine einheitliche Theorie über den offenen Unterricht noch eineeinheitliche
Terminologie.

Definition (Wallrabenstein 2001)

Offener Unterricht als Sammelbegriff für unterschiedliche Reformansätze in vielfältigen Formen


inhaltlicher, methodischer und organisatorischer Öffnung mit dem Ziel eines veränderten Umgangs mit
dem Kind auf der Grundlage eines veränderten Lernbegriffs

4.2 Systematisierung von offenem Unterricht (Peschel 2009)

• organisatorische Offenheit: Inwieweit können die Schüler*innen selbst über Rahmenbedingungen des
Lernens – wie die Sozialform oder die Zeit – bestimmen?

• methodische Offenheit: Inwieweit können die Schüler*innen selbst über ihren Lernweg bestimmen?

• inhaltliche Offenheit: Inwieweit können die Schüler*innen selbst über den Lernstoff, über die
Lerninhalte bestimmen?

• soziale Offenheit: Inwieweit können die Schüler*innen selbst über Aspekte des sozialen Miteinanders –
beispielsweise in Bezug auf die Kommunikationsregeln – bestimmen?

• persönliche Offenheit: Inwieweit werden die Schüler*innen als gleichberechtigt gegenüber der
Lehrperson angesehen?

4.3 Begründung offener Unterricht

o Lernpsychologische Sicht: Konstruktivismus: Lernen = aktiv-konstruierender, selbstgesteuerter Prozess;


Kontextgebunden, Ko-Konstruktion, Möglichkeit selbstgesteuertes (Re-)Konstruieren

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o Motivationspsychologische Sicht: Selbstbestimmungstheorie Deci & Ryan (1993): Optimale Passung des
Lehrangebots => Kompetenzerleben, Ko-Konstruktion => soz. Eingebundenheit und Wahlfreiheiten =>
Autonomie (Hartinger, 2005)

o Entwicklungspsychologische Perspektive: begrenzte Vorerfahrungen => Handlungsorientierte


Beschäftigung mit Gegenstand (=> anspruchsvollere Operationen besser möglich: Siegler, 2001)

o Pädagogische Perspektive: Soziale Ko-Konstruktion => Persönlichkeitsentwicklung; Hauser, 1995:


Interessensförderung => individ. Interesse = zentraler Bestandteil der Identität Pestalozzi:
Persönlichkeitsentw. = wichtig für „Leben lernen“

4.4 Formen offener Unterricht

Organisationsformen:

 freie Arbeit: bestimmter Zeitrahmen, Impulsaufgaben/ eigene Fragen

 Stationenlernen: unterschiedliche Wahlfreiheit (Lernzeit, Sozialform, Aufgabenwahl, …)

• Offenes Stationenlernen: Reihenfolge & Zeit frei wählbar, alle Aufgabentypen denkbar

• Geschl. Stationenlernen: vollständig strukturierte Aufgaben, Reihenfolge & Zeit gegeb.

• Stationenlauf: Lerneinheiten im Raum verteilt, SuS an Stationen

• Buffetmodell: SuS holen Aufgaben an Platz o Lernwerkstatt: Sonderform des Buffetmodells:


päd. Zielsetzung, inhaltlich strukturierter als Freiarbeit => Forschendes Erarbeiten von
Lerninhalten (Hagstedt, 2004): reflektierte Erfahrungen ermöglichen o Wochenplanarbeit:
Aufgabeninhalte unabhängig voneinander, versch. Fächer,

 Lernwerkstatt: Sonderform des Buffetmodells: päd. Zielsetzung, inhaltlich strukturierter als Freiarbeit
=> Forschendes Erarbeiten von Lerninhalten (Hagstedt, 2004): reflektierte Erfahrungen ermöglichen

 Wochenplanarbeit: Aufgabeninhalte unabhängig voneinander, versch. Fächer, Fokus:


Zeitmanagement (Zeitfenster im Stundenplan => bearbeiten von Pflicht- und Wahlaufgaben)

Formen des Wochenplans (Knauf 2009)


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• geschlossen: vorgegebene Pflichtaufgaben mit Fundamentum und Additum

• differenziert: Pflicht-, Wahl- und Zusatzaufgaben

• individuell: ein Plan für jedes Kind

• offen: individuelle Aufgaben wählen

4.5 Empirische Befunde offener Unterricht

Brügelmann 2005 Förderlich für Persönlichkeit und Einstellung


Hanke 2005 Art und Weise der Realisierung wichtig
Hattie 2009 Kaum Effekt -> hängt von Umsetzung und damit
Lehrkraft ab

4.6 Faktoren der Wirksamkeit

Effektive Nutzung der Lernzeit Schwierig für schwache SuS in offenem Unterricht
-> deshalb instruktionsorientierte Phasen
(Hinführung und Reflexionsphase im Plenum)
Kognitive Aktivierung und Strukturierung Häufig niedrigeres kognitives Niveau
 Lehkraft muss mit herausfordernden
Aufgaben konfronitieren, kognitive
Konflikte schaffen und über Lernprozess
reflektieren lassen
 Scaffolding Maßnahmen können
Effektivität steigern (vergleichen und auf
andere Kontexte übertragen)
 Einheitlich strukturierte Lernumgebung
für schwache Kinder hilfreich
Positives Fehlerklima und individuelles Feedback Einfaches Feedback (richtig/falsch) zeitnah, aber
geringer Effekt
Elaborierendes Feedback (Verständnis der
Aufgabe, Lösungsweg, Ergebnis) sehr positive
Effekte

5. Kooperatives Lernen
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5.1 Begriffsklärung

„Unter kooperativem Lernen werden all jene Lernarrangements verstanden, die zur Bewältigung einer
Lernaufgabe eine koordinierte und ko-konstruktive Aktivität im wechselseitigen sozialenAustausch
verlangen (Renkl 2008).“

• ohne ständigen Input oder prozessbegleitende Kontrolle durch die Lehrperson

• Ziel = individueller Lernerfolg des Einzelnen

• kooperativer Gruppenunterricht mehr als Gruppenarbeit: Lerngruppe wird dabei in mehrere bewusst
heterogen zusammengesetzte Kleingruppen aufgeteilt; Arbeitsaufgaben werden so gestellt, dass alle
Mitglieder bei der Bearbeitung aufeinander angewiesen sind (positive Interdependenz) und nur
gemeinsam eine Lösung gefunden werden kann

5.2 Chancen (Martschinke/Kopp 2014)

 Soziokulturelle Perspektive: gegenseitiges Erklären und Vorwissen einbringen -> Erreichung der
Zone proximaler Entwicklung

 Soziokonstruktivistische Perspektive: Aufeinandertreffen verschiedener Perspektiven

 Situierte Kognition: Kooperation in Gemeinschaft als Teil einer natürlichen Lernsituation

 Perspektive des kognititiven Elaborations- und Metakognitionsansatz: Wissen wir inerder


Kooperationsphase durch Rechtfertigung des eigenen Vorgehens sowie der eigenen Sichtweisen
angereichert

5.3 Formen (Martschinke/Kopp 2014)

 Stamm- und Expertengruppen

 Think-Pair-Share

 Strukturierte Kontroverse (eher höhere Jahrgangsstufen)

5.4 Bedingungen erfolgreichen kooperativen Lernens (Martschinke/Kopp 2014)

 Aktive Partizipation aller SuS

 Lernerfolge für Kooperationsskripts

 Vorteile für Expertengruppen (zusätzliche Informationen)

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 Zusammensetzung der Gruppe (Qualität des Lernprozesses abhängig von Anzahl und
Zusammenstellung der Gruppe, kleine Gruppe: weniger Störungen. Große Gruppe: angeregterer
Austausch)

6.0 Inklusion
6.1 Definition:

 Hinz, 2006: „Inklusion ist ein Ansatz, der auf Basis von Bürgerrechten argumentiert, sich gegen
jede gesellschaftliche Marginalisierung wendet und allen Menschen das gleiche Recht auf ind.
Entwicklung und soz. Teilhabe ungeachtet ihrer persönlichen Unterstützungsbedürfnisse
zugesichert sehen will.“

 Integration (Heimlich 2022):

Integration meint so viel wie Herstellung einer Einheit, Einbeziehung oder auch Eingliederung.

 Sonderpädagogischer Förderbedarf (KMK 1994)

Sonderpädagogischer Förderbedarf ist bei Kindern und Jugendlichen anzunehmen, die in ihren
Bildungs-, Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten so beeinträchtigt sind, daß sie im Unterricht der
allgemeinen Schule ohne sonderpädagogische Unterstützung nicht hinreichend gefördert
werden können.

Inklusion im Bildungsbereich bedeutet (Markowetz, 2015)

- uneingeschränkter Zugang

- vorbehaltslose Zugehörigkeit zu allen Bildungseinrichtungen

- selbstverständliche Möglichkeit zur Teilhabe an allen Angeboten der Bildungsanbieter/des soz. Umfelds

- auf Bildungsbedürfnisse aller Menschen so eingehen, dass jeder Mensch eine möglichst qualitativ

hochwertige Bildung erfahren kann

- Jede Person ist ein selbstverständliches Mitglied der Gemeinschaft

6.2 Rechtliche Grundlage:

 UN-Behindertenrechtskonvention Artikel 24 (unterzeichnet 2007, in Kraft seit 2009) -> inklusives


Schulsystem auf allen Ebenen

 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen:

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Art. 2: Inklusiver Unterricht
Artikel 30b: Inklusive Schule

6.3 Organisationsformen Inklusion (Ratz/Brunhuber 2020)

 Kooperationsklasse

 Partnerklasse

 Offene Klasse

 Einzelinklusion

 Inklusive Schule/Schulprofil Inklusion

 Tandemklasse

6.4 Merkmale eines inklusiven Unterrichts (Ametsbichler 72020)


bei einem inklusiven Unterricht handelt es sich um einen Unterricht, …
1. der die individuellen Zugänge zu den Lerninhalten berücksichtigt
2. in dem ein hohes Maß an Selbsttätigkeit für alle Schüler*innen realisiert wird
3. der für alle Lernenden klar, verständlich und transparent ist
4. der sowohl mehr Lehrer- als auch mehr Schülerhilfe ermöglicht

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5. der von den Grundelementen des offenen Unterrichts wie Freiarbeit, Spiel, Morgenkreis, Wochenplan,
Projekte geprägt ist
6. der aber ebenso lehrerzentrierte Elemente wie Klassenunterricht, Regeln und Rituale enthält
7. in dem das kooperative Lernen in heterogenen Lerngruppen gezielt gefördert wird

6.5 Chancen und Grenzen

Chancen Grenzen
- Recht auf Selbstbestimmung, Teilhabe und - Primäre Orientierung an SuS mit zusätzlichem
Akzeptanz für alle/Akzeptanz von Vielfalt Förderbedarf
und Anerkennung des Verschiedenen - Vergleichbarkeit und Ehrgeiz gehen verloren
- Konsequente und zwingende Individualisierung (durch Verzicht auf Leistungsfeststellung)
des Unterrichts - Ausschließliche Verwendung der individuellen
- Minimierung von Diskriminierung und Bezugsnorm
Benachteiligung - Ende der spezialisierten Förderschulkonzeption
- Chancengerechtigkeit - Entprofessionalisierung der Förderung
- Inklusive Schulen sind qualitativ besser, da - Besuch der allgemeinen Schule ist nicht für
sie sich konsequenter an den Bedürfnissen alle SuS besser (große Schülerzahl, häufiger
der Kinder ausrichten und Heterogenität als Lehrerwechsel,..)
Ressource sehen - Erschwert ohnehin schwierigen Unterricht
- Überwindung aller Unterscheidungen oder zusätzlich
Etikettierungen - Spezifische Ausbildung von LK und mehr
- Selbstständiges Arbeiten Personal
- Berücksichtigung der Lernausgangslagen - Inklusion als hochkomplexer Prozess à
- Mehrpädagogenprizip: Qualitätssicherung, konstruktive
Überlastungsvermeidung Zusammenarbeit auf allen Ebenen
- SuS mit Förderbedarf erhalten eher einen - Teilhabe in allen Lebensbereichen nicht erfüllt
qualitativen Schulabschluss und Ausbildung (Zugang zum GYM bleibt vielen SuS verwehrt)
- Umstellung muss von oben erfolgen
- 2-Gruppen-Theorie: Kinder werden in der
Praxis etikettiert und stigmatisiert
- neue Theorien, Praktiken, Methoden müssen
entwickelt werden

6.6 Empirie

„Wo lernen Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf besser?“ (Kocaj et al. 2014)

• Schüler mit SPF, welche in einer Regelschule unterrichtet werden, haben in allen untersuchten
Bereichen eine höhere Leistung erzielt als jene in der Förderschule

• Kinder mit SPF in der Regelschule: Lernzuwachs von ungefähr einem halben Schuljahr im Bereich M
und Lesen und fast einem ganzen Schuljahr im Bereich Zuhören (im Vergleich zur Förderschule)

• vor allem Kinder mit FS Lernen profitieren von Besuch einer Regelschule

„Soziale Ausgrenzung von Schülern mit SPF und niedrigen Schulleistungen im gemeinsamen U“
(Huber/Wilbert 2012)

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Fragestellung: Inwiefern findet soziale Ausgrenzung als Folge erhöhten Förderbedarfs und geringer
Schulleistungen im gemeinsamen Unterricht statt?

 Integrationsstatus nimmt mit zunehmendem Förderbedarf signifikant ab, auch die gefühlte soziale
Integration

• erhöhtes Ausgrenzungsrisiko für Kinder mit SPF

• auch Zusammenhang mit subjektiver Sicht der Kinder → Gefühl des Angenommenseins durch Lehrkraft
nimmt ebenso mit zunehmendem SPF ab

• 53% der Schüler*innen mit hohem FB abgelehnt

• 22% der Schüler*innen mit geringem FB abgelehnt es gibt aber auch Kinder, die trotz hohem
Förderbedarf in der Klasse akzeptiert sind

• zum Teil erhebliche Schwankungen → in 55 % der Klas-sen kein Zusammenhang feststellbar

7.0 Übergänge, Schuleingang, Anfangsunterricht


1. Definitionen

Übergänge
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Tillmann 2013
Lebensereignisse in allen Feldern menschlicher Existenz; deutliche Zäsur statt gemächlicher
Wechsel (vgl.: Welzer1993: =sich überblendende Wandlungsprozesse)
Griebel/Niesel 2015
Chancen: KompetenzerwerbVgl. Risiko von frustranen Bewältigungsversuchen EA
 Selbstwertgefühl, Belohnungsaufschub, Kommunikation/Konfliktlösung, Identität
Hanke 2011 Hanke 2011
Vertikale Übergänge Horizontale Übergänge
 KiGa-Schule primär/sekundär-Beruf…  Schule-Hort-Betreuung…

Transition (Leitmotiv soziologischer und sozialpsychologischer Forschung)


Fthenakis 1999 Griebel & Niesel 2017
T. = LE; die Bewältigung von Diskontinuitäten auf
Verarbeitung und Bewältigung des mehreren Ebenen erfordern, intensiviertes
Lebensereignisses, nicht LE selbst macht es zur Lernen anregen und als bedeutsame
Transition biographische Erfahrungen von Wandel in
Identitätsentwicklung wahrgenommen werden

Anschlussfähigkeit
 Pädagogische Nutzung von Diskontinuitäten als Entwicklungsanregung (Hanke 2011)
Schuleingangsdiagnostik
Kammermeyer 2014
 Pädagogisch-psychologische Theorien, Modelle und Methoden, um Maßnahmen in Schule
vorbereiten und begründen zu können
 Inklusion: Verzicht auf Begriff „Schulfähigkeit“
Kammermeyer/Martschinke 2018
 Nicht mehr OB Einschulung (Selektion), sondern mit welchen Fördermaßnahmen erfolgreich

Entwicklungsaufgabe (EA) Kritisches Lebensereignis


Aufgabe in bestimmter Lebensperiode mit
Glück/Erfolg bzw. Unglück, gesellschaftliche
Aktuelle Lebenssituation änderndes,
Ablehnung und Probleme bei Bewältigung
Anpassungs- und Bewältigungsmaßnahmen
späterer Aufgaben (Havighurst 1948)
erzwingendes Lebensereignis (Hacker 2014)
Schulwechsel EA (Wessels/Morgenroth 1999)
Schulwechsel (Pekrun/Helmke 1993)
Bsp.: Geschlechterrollenidentifikation,
soziale Kooperation, Selbstbewusstsein

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Schulreife
Kammermeyer/Martschinke 2018
 Überholt (Basierend auf Theorie Kern, 1951)
Alter = Kompatible Entwicklungsphase
Abwarten statt Förderangebote
1.8 Schulfähigkeit (Ersetzt Schulreife)
 1980er: (Nicht-)Vorhandensein bestimmter, relativ stabiler Kompetenzen & Persönlichkeitsmerkmale
(Burgener-Woeffray 1996)
Schuleingangsdiagnostik=Selektion
Kammermeyer 2014
 Relativierung (SF förderbar) des absoluten SF-Begriffs durch Paradigmenwechsel
EntwicklungspsychologieLerntheoretische Sicht

Ökologisch-systemisches Schulfähigkeitsmodell: 4 Teilkomponenten (Nickel, 1980er)


Schüler
Schule
Blair/Raver 2015:
Struktur,
Einstellung
Anforderungen, Kognition & Motorische Körperliches
Sprachentwicklung zum
Lernbedingungen esE Entwicklung Wohlbefinden
Lernen
Ökologie
(Vor-)Schulische & Gesellschaft
häusliche Lernwelt
 Schulfähigkeit Aufgabe KiTa & GS (Kammermeyer/Martschinke 2018)

IFP Transitionsmodell (Griebel/Niesel 2004)

Familienentwicklungspsychologischer Ansatz für Eintritt/Übergang Bildungssystem


Beispiel Theoretische Grundlagen Entwicklungsaufgaben(Griebel/Niesel 2015)
(Griebel/Niesel 2015) Schüler Eltern
Kontrollverlust
Individuelle Kompetenzaufbau Konfrontation mit
Kritische Lebensereignisse (Filipp)
Ebene Identitätsänderung gesellschaftlichen
Erwartungen
Neue Bezugspersonen
Interaktionale Beziehungsaufbau
Bindungsqualität (Ainsworth) Akzeptanz Beziehung Kind-
Ebene Rollenzuwachs
Lehrer
Integration Schule &
Familie als Lebensbereiche Integration Schule &
Kontextuelle Ökologische Konzept der SF
Curriculumswechsel Familie & Arbeit als LB
Ebene (Nickel) (Elementarpädagogik- Organisation Tagesablauf
Lehrplan)
Rollen (Griebel/Niesel 2017)
Erzieher/Lehrer Kinder und Eltern
Einfluss auf, aber nicht durchmachen von Transition Empfänger und aktive Mitgestalter von
Professionelles Erleben: Verantwortung für Maßnahmen/Veränderungen
Übergänge der Kinder und Eltern Doppelrolle Eltern
 Pädagogische Einrichtungen: Förderauftrag Transitionskompetenz [=Möglichkeit Individuum,
Übergänge erfolgreich zu bewältigen (Bartnitzky 2009)]
21
Transition Aufgabe aller Beteiligten (Ko-Konstruktion)
 Transition als Prozess
 Soziale Basiskompetenzen relevanter als „schulnahe“ kognitive Kompetenzen
Neudefinition Schulfähigkeit (Fuchs 2016)

Schuleingangsdiagnostik (Kammermeyer 2014)

Traditionell: Selektion durch Grundleistungstests


Heute: Prämisse für Verwirklichung „Recht auf individuelle Förderung“ (Deutsche UNESCO-Komission
2009)
Kieler Einschulungsverfahren

Pro Con
Berücksichtigung aller Teilkomponenten „Schulfähigkeit“ Revisionsbedürftig
(Vgl. Nickel)  Subjektivität
 Anamnese mit Gesprächen (Eltern/Erzieher), Lehrkraft sehr
Beobachtungen KiTa, Tests (DESK 3-6 R; KISTE) bedeutsam
Große Akzeptanz

Übergang KiTa-GS

Schule KiTa
Wildgruber/Griebel 2016 Krenz 2006
 Persönlichkeitsentfaltung  Primär soziales Lernen
 Kompetenzförderung (Lernkompetenz/-  Förderung und Entfaltung kindlicher Persönlichkeit
bereitschaft, Wissen) nach Kerncurricula (soziale/ sprachliche Kompetenz, Selbstvertrauen…)
 Vorbereitung auf weiterführende Schule/ LLL  Uneinheitliches Bildungsangebot
Individualisierung leitendes Prinzip, aber Erziehungs-/ und Bildungsauftrag unterschiedlich (KMK/JMK 2009)
Veränderungen Übergang (Krenz, 2006)
Neue Bezugspersonen Lehrer als einzige Bezugsperson statt Erziehern
Spielerische WeltLernwelt
Andere Organisation/Zielsetzung Bedürfnisunterdrückung (Bewegung)
Fremdbestimmtes Arbeiten & Tagesplan
Wieder Jüngste
Rollenwechsel Korrektur der Selbsteinschätzung durch
Leistungsbewertung

Anfangsunterricht
Sonderstellung und spezifische Aufgabe innerhalb Primarstufenpädagogik (Denzel 1961)
Hacker 2014
 Hinführung Kulturtechniken
 Gestaltung/Bewältigung Übergang von intuitivem zum schulischen Lernen
 Altersgemäße Förderung
 Antworten geben auf zunehmende Entwicklungsheterogenität
Keine klassische SF-Feststellungen & Zurückstellungen
22
Herstellung SF in der Schule
Neue Schuleingangsstufe
(Engere Verzahnung, z.B. jahrgangsübergreifender Unterricht, halbjährliche Einschulung,
individuelle Verweildauer)
 Förderung Selbstkonzeptentwicklung
Aufbau Schulisches Selbstkonzept über Zugehörigkeitsgefühl, Autonomiegefühl, Erfolgsgefühl
(Martschinke 2005)

Erfolgreicher Übergang
Bewältigungsart mit großem Einfluss auf spätere Transitionen in Bildungsbiographie (Griebel/Niesel
2013). Lernergebnisse bei Schulbeginn hängen mit späteren Lernleistungen zusammen
(Wildgruber/Griebel 2016)
Erfolg (Wildgruber/Griebel 2016) Maßnahmen (Lingenauber 2008)
Aktivitäten mit
Zugehörigkeitsgefühl & gute soziale Beziehungen Kinder Eltern Beiden
Lernfortschritte Voraussetzungen (Hanke 2011)
Selbstwirksamkeit erlebt Kompetenzen der pädagogischen Fachkraft
Interessen, Motivation, Lebensbejahend Institutionsinterne Kooperation
Institutionsübergreifende Kooperationen

Weitere Initiativen für positiven Übergang:


 Organisatorisch
Schuleingangsstufe (KMK 1997)
 Curricular
Zeitgemäßes BildungsprofilWahrnehmung der Rolle als erste Bildungsstufe (Fthenakis 2004)
 Personal
Individuelle Förderung

Anschlussfähigkeit
KMK/JFMK 2009: gemeinsame Grundsätze und Handlungsempfehlungen zum erfolgreichen ÜbergangKontinuität im
Bildungsprozess

Stärkung Selbstvertrauen Individuelle


& Wertschätzung eigener Begleitung des
Inhaltlich Förderung in ihrer individuellen Lebenssituation
Kompetenzen in beiden Entwicklungs- und
Systemen Bildungsprozesses

Organisatorisch Einbeziehung/ Begleitung Nutzung Verbindliche Abstimmung der Kennenlernen&


Eltern Schuleingan Kooperationsv jeweiligen frühpäd. Wertschätzen
gsdiagnosti ereinbarungen und schulischen Akteure beider
23
k Bildungskonzepte Systeme
Mögliche Schulbesuche Vor-
Begleitung Schulanfänger durch 2/3 Klässler
Kooperationen Nachbereitung
Didaktisch-methodische Umsetzung der Bsp. Sprachparcours (Bremer TransKiGs 2009)
individuellen Begleitung Hör/ und Lauschübungen für KiTa angeleitet von Schulkindern
Moderne Legastenieforschung: Lesefähigkeit abhängig von zb. Aufmerksamkeit, Gedächtnis,
Notwendigkeit:
phonologische Bewusstheit (Marx 2004)
Folgerungen für Kooperation (Hacker 2014)
Informative
Herstellen inhaltlicher
Einbindung aller Beteiligter (Erz,L,E,K) Frühdiagnose/-förderung Schulvorbereitung
Anschlussfähigkeit
für Kinder/Eltern
Gemeinsame Fort- und Gemeinsame
Gemeinsame Elternarbeit Gemeinsame Organisation
Weiterbildung Projekte

Unterstützung der Schüler


Erkenntnisse:
 Wichtigste Faktoren: Positive Beziehungen zu anderen SuS; Angst vor Konflikt mit älteren
SuS/Lernanforderungen (Margett 2013)SuS-Erfahrung einbeziehen (Dockett/Perry 2005)
 Jungen & SuS mit Migrationshintergrund bei Übergang weniger erfolgreich (Murray 2014)
 Beratungsangebote KiTa-GS von 89% der Eltern wahrgenommen (Projekt FIS, 2006-2009)
Übergang Primar-Sekundarstufe
(Schaupp 2012)
 Gestaltung ko-konstruktiver Elemente von Personen (Engagement) vor Ort abhängig
 Inhaltliche & methodisch-didaktische Anschlussfähigkeit Schulartabhängig (MS: Akzent auf
Kooperation + selbstständigen Arbeiten am passendsten, RS/GYM eher traditionell)
 Vgl. Transitionsmodell Griebel/Niesel 2017 [S: Individuell: höheres Arbeitstempo; interaktional:
Lösung bisheriger und Knüpfung neuer Bindungen; kontextuell: Fachlehrer]
Rechtlicher Rahmen
 Gesamtdurchschnittsnote D, M, HSU
o GYM 2,33
o RS 2,66
 Bewertung Lern-, Sozial-, Arbeitsverhalten
Eventuell 3tägiger Probeunterricht, mündl. + schriftliche Leistungserhebung in D,M (mind. eine 3, Rest
4)
Übertrittsraten (Bayerns Schulen in Zahlen 2018/19)
Seit 2011/12 relativ stagniert
 GYM ca. 40%
 MS ca. 30% (mehr als RS)
 RS ca. 30%
Lehrerurteil basierend auf kriterienorientierter Prognoseleistungsgerechter als Elternwunsch
basierend auf Prestige und Hoffnungen (Sartory, 2011)
Kritik an frühem Übergang

24
 Mangelnde Bildungsgerechtigkeit: Schulwahl in DE stärker von Elternhaus abhängig als
anderswo, Migrationshintergrund besonders benachteiligt (PISA nach Reiss et al. 2019)
Schaupp 2012
 Psychische Belastung: Kinder unter Druck, 90% Eltern: RS Minimum für Erfolg
 Homogenisierende Schulform: Gleiche Kognitive Voraussetzungen:
Entwicklung GYM +++, RS++, MS+
Schwierigkeiten bei Übergang (Hacker 2001)

Organisationsänderung Veränderung sozialer Handlungsroutinen


Höherer Leistungsdruck (Selbstbild!)
Oft Notenverschlechterung (Eder 1995)
Neue Bezugspersonen Trennung von bisherigen Freunden
Fachlehrkräfte
Doppelte Belastung Pubertät Veränderung des Kindes
Ablösung Eltern, Bedeutungszunahme Peers
Vgl. Transitionsmodell Griebel/Niesel 2017

Notwendige Ressourcen (Wiater 2009)

Kind Konstitution, Lernfähigkeit, -bereitschaft, Interessen, Ausdauer, Temperament…


Umwelt Interesse der Bezugspersonen an Entwicklung, Tagesgestaltung/Lebensumfeld,
Bildungsverständnis Familie
Sozial Peers, Familienbeziehung, außerschulische Bezugspersonen
Schulisc Förderangebote, Wahlpflichtkurse, Lehrkräfte
h

Schulartencharakteristika (KM Bayern 2020)


 MS:
o Klassenlehrerprinzip
o Bildungsangebot für Berufsorientierung, Allgemeinwissen, Persönlichkeit
o Bei 2,66/Aufnahmeprüfung M-Zweig (Mittlere Reife) nach 6. Klasse möglich10 Klassen
o Abschluss Abschluss MS, Quali, [Mittlere Reife]
 RS:
o Fundierte Allgemeinbildung, berufsvorbereitende Bildung
o Mittlere Reife in verschiedenen Ausbildungsrichtungen durch Wahlpflichtfächer
o Weiterbildung an BFS, FS, FOS, BOS, GYM
 GYM:
o Breite, vertiefte Allgemeinbildung
o Allgemeine Hochschulreife

Positive Übergangsgestaltung
Kooperationsformen  Hospitationen und Unterricht durch wfsLK in GS/umgekehrt
25
(Gewöhnung, Austausch Methoden)
(Koch 2008)  Tage der offenen Tür
 Thematisierung Schulwechsel in GS
 Abschlussfest
Relevante Punkte laut LK  Regelmäßige Elterngespräche
(Hanke 2011)  Sozialtraining für neuen Schulkontext
 Thematisierung übergangsspezifischer Ängste im U.
Begleitung Kinder/Eltern  Thematisierung der zukommenden Aufgaben
(Faust 2014)  Umfassende Beratung Eltern
Maßnahmen nach  Systematisches Kennenlernen der (Klassen-)Lehrer
Übergang (Hanke 2011)  Gemeinsame Unternehmungen (Schulhaus erkunden)

Interessante Studien
 LOGIK-Studie, (Schneider 2008)
o Positivere Lernentwicklung regulär eingeschulter Kinder vs. zurückgestellte
[CAVE: Ältere Schulanfänger mit besserem Start und besseren Leistungen (Murray 2014)]
o Kompetenzunterschiede Rechtschreiben von frühe GS bis junges Erwachsenalter
konstant
 BiKS-Längsschnittstudie (Faust/Kratzmann/Wehner 2013)
o Vorschulische Förderung kann affektiv-emotionale Entwicklung bei Lernfreude und
Anstrengungsbereitschaft verbessern
o Persönlichkeits- und Verhaltensprobleme ohne signifikante Veränderung bei Übertritt in
GS
 KILIA-Studie (Martschinke/Kammermeyer 2009)
o Kein Absinken Selbstkonzept in erster Klasse
o Beste Entwicklung bei Berücksichtigung Selbstbestimmung, soziale Eingebundenheit,
Kompetenzerleben
 Sally Peters 2010
o Klare Verbindung zw. Zugehörigkeitsgefühl, Wohlbefinden und
LernprozessenVertiefung LPZ erst bei wohlfühlen möglich
 Gary W. Ladd et al. 2006
o Misslungene Übergänge mit negativen Folgen für Schulverlauf
 Griebel/Niesel 2004: Zusammenfassung hilfreicher Kompetenzen versch. Studien
o Resilienz
 Optimismus
 starkes Selbstwertgefühl
 positive Einstellung zu Schule
o Sozio-emotionale Kompetenzen
 Hilfsbereitschaft
 Emotionsverständnis
 Selbstkontrolle

26
27
 Wildgruber/Griebel 2016 Einflussfaktoren auf Ebenen, versch. Studien

Kind  Hohe Zusammenhänge mengen- und zahlbezogenes Vorwissen KiGa


und M-Leistung bis Ende GS
 Anderer kultureller Hintergrund= schwierigerer Start
 Fluide Intelligenz Prädikator für Schulleistungen

Familie  Zuversichtliche Leistungserwartung ggü. Kind als selbsterfüllende


Prophezeiung
 Besserer SES= Bessere Lern-/ Entwicklungsbedingungen = Bessere
Kompetenzen und Leistungen
 Viele Geschwister: Negativ (Ressourcen innerhalb Familie); Positiv
(soziale Ressourcen)

KiTa und Schule  Dauer und Qualität Bildungs-/Betreuungsangebot KiTa mit


Auswirkungen auf kindliche Entwicklung (Anders 2013)
 Negative Beziehungserfahrung KiTaProbleme Schule
 Niedrige Interaktionsqualität LK-KindProbleme Stressregulation
 Größter Effekt auf akademische Entwicklung (Ahtola et al. 2011)
 Abstimmung und gemeinsame Entwicklung lokalen Bildungsplans
Schule/KiTa
Weitergabe schriftlicher Infos über S (Erziehungsplan,
Entwicklungsportfolio)
Umfeld  Gemeinden mit besseren frühkindlichen
Förderprogrammen/BetreuungsangebotenKinder öft als SF eingestuft
 Ebd.: Herstellung Anschlussfähigkeit oft Engagement der LK überlassen.
Vertiefung Individualisierung, Differenzierung und methodische Öffnung nötig

 STRESS (Reinders et al. 2014)


o Höhere Stressbelastung in Bayern durch bindende Übertrittsregelung statt -empfehlung
in Hessen
o Höhere Stressbelastung bildungsferne Familien
o 50% Kinder durch Übertrittsverfahren belastet (28% Hessen)
 Herwartz-Emden 2010
o Kinder mit MH wesentlich nachteiligere Empfehlungsverteilung
Wirksamkeit flexibler Schuleingangsphase hinsichtlich IFP (Bayr. Staatsmin. Bildung und Kultus etc.,
2014)
Ziele:

Ebene SuS Grundlegende sprachlichen mathematische und methodische


Kompetenzen
Positives Selbstkonzept
Ebene LK Weitere Entwicklung der didaktisch-methodischen Kompetenz für
individuelle Förderung
Ebene Schulentwicklung Anpassung schulisches Angebot an Entwicklung durch flexible
Verweildauer
28
Prävention von Brüchen im Bildungsprozess durch Vernetzung mit KiTa
Elternperspektive Elternzufriedenheit
Stetige Intensivierung und qualitative Verbesserung Kooperation GS-KiTa
Deutliche Reduktion zurückgestellter Kinder

Praktisches Beispiel für Wochenplan in ersten Schulwochen jahrgangsgemischten Klassen (Speck-


Hamdan, 2014)

29
9.0 Unterrichtsqualität
9.1 Definition

Unterricht = Unterricht ist „eine Form systematischen pädagogischen Handelns, die darauf abzielt,
Lernenden ein Verständnis von Lerninhalten („Gegenständen“) zu vermitteln, damit zugleich in
unterschiedlich (fachliche) Modi des Denkens und Handelns einzuführen, den Erwerb fachlicher und
fächerübergreifender Kompetenzen zu fördern und Bildung – als Aneignung von Kultur und als Entfaltung
einer mündigen Persönlichkeit – zu ermöglichen.“ (Klieme 2019)

Unterrichtsqualität = Unterrichtsqualität wird verstanden als die „Gesamtheit der empirisch


beobachtbaren Merkmale des Unterrichtsgeschehens, die nachweislich mit einer Entwicklung der
Lernenden einhergehen, im Sinne der Realisierung von Bildungs- und Erziehungszielen.“ (Klieme 2019)

9.2 Unterscheidung von Sicht- und Tiefenstrukturen für die Beschreibung von Unterricht
(Kunter/Trautwein 2013)

Sichtstrukturen Tiefenstrukturen
 beziehen sich auf alle Unterrichtsmerkmale,  beziehen sich auf die Qualität der
die auch Außenstehenden durch Auseinandersetzung der Lernenden mit den
Beobachtung leicht zugänglich sind Lerninhalten
 liefern Rahmen für Unterrichtsprozesse  und die Qualität der Interaktion zwischen den
 Organisationsmerkmale des Unterrichts handelnden Personen
 Unterrichtsmethoden  Umgang mit Lernzeit und Störungen
 Sozialformen  Grad der kognitiven Anregung
 Intensität der inhaltlichen
Auseinandersetzung
 individuelle Förderung und Unterstützung
 Qualität der Rückmeldung

→ die vorliegenden Sichtstrukturen und die Qualität der Tiefenstrukturen variieren weitgehend
unabhängig voneinander

→ die Sichtstrukturen geben zwar einen Rahmen für die Unterrichtsgestaltung vor, doch wenn es darum
geht, die Lernerfolge der Schüler*innen zu klären, sind die Tiefenstrukturen wesentlich entscheidender

30
9.1 Modelle Unterrichtsqualität

9.3.1 Merkmale guten Unterrichts nach Hilbert Meyer 2004

1. klare Strukturierung
2. hoher Anteil echter Lernzeit
3. lernförderliches Klima
4. inhaltliche Klarheit
5. sinnstiftendes Kommunizieren
6. Methodenvielfalt
7. intelligentes Üben
8. individuelles Fördern
9. transparente Leistungserwartungen
10. vorbereitete Umgebung

9.3.1 Basisdimensionen der Unterrichtsqualität (Drechsel/Schindler 2019)

1. Klassenführung

„Die Basisdimension Klassenführung beschreibt, inwiefern die Lehrperson für einen strukturierten,
klaren und störungspräventiven Unterricht sorgt, um maximal mögliche Unterrichtszeit zur
Auseinandersetzung mit Lerninhalten zu gewährleisten.“ (Weinert, 1996)

Schlüsselfunktionen:
 Regel und Normen
 Management von Lernzeit
 Lernförderliches Klassenklima

Techniken:
 Allgegenwärtigkeit und Überlappung
 Reibungslosigkeit und Schwung
 Gruppenmobilisierung
 Abwechslung und Herausforderung
 Disziplinierungsmaßnahmen → letzte Maßnahme!

2. Kognitive Aktivierung

„Kognitive Aktivierung bezeichnet all diejenigen Maßnahmen, welche die Lehrperson unternimmt, um
die Schülerinnen und Schüler zur aktiven und tiefergehenden Auseinandersetzung mit Lernmaterialien
anzuregen.“ (Klieme et al., 2016)

31
Techniken:
 Strukturiertheit
 Aufgabenformate und Experimente
 Lehrerfragen
 Fehlerkultur

3. Konstruktive Unterstützung

„Die Basisdimension Konstruktive Unterstützung fasst zusammen, inwiefern Strukturen im


Klassenzimmer implementiert sind, welche Schülerinnen und Schülern für ihr Lernen Hinweise,
Begleitung und Hilfestellungen geben.“ (Klieme et al., 2006)

Formen der konstruktiven Unterstützung:

32
10. Leistungserhebung und -bewertung
Begrifflichkeiten
Def. Leistung (Wiater 2002):

„Leistung ist der Prozess oder das Ergebnis einer individuellen, ganzheitlichen Arbeit, die zielgerichtet mit
Anstrengung verbunden oder vom Können abhängig ist und die nach einem Gütemaßstab beurteilt werden
kann.“

Def. Schulleistung (Zumhasch 2014):

Schulleistungen als Ergebnis planmäßig intendierter Lehr- und Lernprozesse

Leistungsbeurteilung = Leistungsfeststellung + Leistungsbewertung

Prinzipien von Leistung (Jürgens 1998)

Leistung ist…

- norm- und zweckgebunden


- anlage- und umweltbedingt
- produkt- und prozessorientiert

Leistungsprinzip / geschichtlicher Hintergrund


- entstand im 19. Jahrhundert im Rahmen aufstrebender Demokratisierung
- Leistung als Möglichkeit für erfolgreichen Lebensweg auch ohne adelige Herkunft
- Leistungsprinzip in Schule eingedrungen
- Bewertung der Leistung  Zuweisung des Platzes in Gesellschaft
- Kritik des Leistungsprinzips in Schule
o Beeinträchtigung des sozialen Lernens
o Leistungsdefizite  negatives Selbstbild

Ablauf von Leistungen in Schule


Ablauf nach Zumhasch (2014)

Ablauf nach ISB (2017)

Differenzierung von Leistungserhebung und ähnlichen Begriffen soll verdeutlicht werden:

33
- Feststellung des Lernstands: LK verschafft sich Überblick über indiv. Lernvoraussetzungen, Wissen und
Können; keine Benotung!; zu Beginn von Lerneinheit, kann mündlich oder d. schriftliche Tests und
Beobachtungen umgesetzt werden, Beispiele: Weißblattmethode, „Das weiß ich schon über“
- Lernsituation und Leistung: gute Lernaufgaben (prozessbezogen, offen, schüleraktiv) bieten Einblicke in
Leistungsstand der Klasse
- Leistungsbeobachtung: Schüler zeigen in verschiedenen Situationen Leistungen und Kompetenzen, die in
Bezug zu einer bestimmten Kompetenzerwartung stehen und von LK bewusst wahrgenommen werden
- Leistungsdokumentation: LK macht Aufzeichnungen hinsichtlich Beobachtungen, Schülerprodukte werden
herangezogen (z.B. Bearbeitung von Lern- und Übungsaufgaben aus Unterricht), Instrumente wie
Portfolios und Lerntagebücher besonders geeignet
- Dialogische Leistungsrückmeldung: Transparenz der Kriterien für Leistungsdokumentationen,
Leistungsrückmeldung geschieht individuell in einer Gesprächssituation (beratend), Formen und Hilfen:
Lerngespräche, mündliche Rückmeldungen, Selbsteinschätzungsbögen + Lehrereinschätzung,
Lerntagebuch
- Leistungserhebung: in geplanten Situationen anhand vorher festgelegter Kriterien und Anforderungen
Leistungen konkret erhoben, Anforderungen ergeben sich aus Unterricht und orientieren sich an
Lehrplanvorgaben  Schülern bekannt, kann mündlich, schriftlich oder praktisch stattfinden, auch
mehrdimensionale Schülerprodukte (Portfolio) als Teil der Leistungserhebung, Ergebnisse der
Leistungserhebung können sowohl als Lernstandserhebung für weitere U-Planung und individuelle
Förderung als auch zur Leistungsbewertung genutzt werden, dienen der Leistungsdokumentation
- Leistungsbewertung: orientiert sich an den Kompetenzerwartungen des LehrplanPLUS. Kriterien sind
Schülern bekannt, findet nur in Situationen statt, in denen sie von dieser Bewertung wissen; Zur
Leistungsbewertung wird ein kriterienorientierter Maßstab angelegt und die erbrachten Leistungen
werden in diesem Maßstab eingeordnet  mündet in verbaler Beschreibung der Bewertung bzw.
Ziffernote
- Zeugnisse
- Evtl. Leistungsmessung: Probearbeiten und Lernzielkontrollen streben hohe Qualität bei Art der
Fragestellungen und Bepunktung der Bewertung an

Rechtliche Grundlagen

Leistungsbeobachtung und -dokumentation


- wesentliche Bestandteile eines kompetenzorientierten Unterrichts
- eignen sich als Grundlage für Gespräche mit Kindern / Eltern
Grundlage: Diagnostische Kompetenz

34
Formen der Leistungsbeobachtung

 Alle Beobachtungen
dienen der weiteren
Unterrichtsplanung
und -organisation, aber
auch der Rückmeldung
an Eltern und Kind,
also dem
kontinuierlichen,
gemeinsamen Blick auf
den Lernstand.

Leistungsfeststellung
Funktionen (Heller 1984)

- gesellschaftlich: Effizienzsicherung der Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems


- didaktisch: Kontroll- und Selbstkontrollfunktion; Disziplinierungsfunktion
- Selektions- und Entscheidungsfunktion: Zuweisung zu weiterführenden Schulen,
unterschiedlichen Gruppen
Möglichkeiten zur Leistungserhebung

35
Qualitätskriterien für Leistungserhebungen (ISB 2017)

Zielrichtung: Unterscheidung in Prozess- und Produktorientierung (Zumhasch 2014)

36
Kritik der traditionellen Beurteilung (Produktorientierung)

- nur Betrachtung des Lernergebnisses, nicht aber Prozess der Aneignung (SuS erbringen auch
Leistung während Auseinandersetzung mit Lerngegenstand, diese Leistungen müssen
berücksichtigt werden)
- pädagogisch zweifelhaft (Prüfungsangst, Konkurrenzdenken)  nachteilige Auswirkungen auf
Entwicklung der Schülerpersönlichkeit
- Förderauftrag leidet unter gesellschaftlicher Funktion der Leistungsbeurteilung (Selektion)
Folgen/Erfordernis neuer Prüfungskultur (Brügelmann 2011)

- bewusster Umgang mit Heterogenität und deren Folgen (z.B. Individualisierung) erfordert
Überlegungen zur differenzierten Lernbegleitung und Leistungsbeurteilung
- keine bezugsgruppenorientierte Norm, sondern kriteriale Norm (Orientierung an Lernzielen) und
individuelle Norm
- Umdenken von einem vorwiegend „ergebnisorientierten“ Leistungsbegriff zu einem
dynamischen Verständnis von schulischer Leistung notwendig
- Erweiterter Leistungsbegriff = pädagogische Leistungskultur

37
- Pädagogischer Leistungsbegriff berücksichtigt
o fachlich-inhaltlich (Wissen, Urteilen, Vernetzen)
o methodisch-strategisch (Visualisieren, strukturieren)
o sozial-kommunikativ (zuhören, argumentieren, kooperieren)
o persönlich (realistisches Selbstbild entwickeln, etc.)  verbale Beurteilung
Aber: pädagogischer Leistungsbegriff ist sehr unscharf und höchstens Modifikation des gesellschaftlichen
Leistungsbegriffs

Leistungsbewertung
Grundsätze

- Arbeiten ausschließlich in Unterricht erledigt


- Kriterien im Vorfeld offengelegt und erläutert
- angemessener zeitlicher und inhaltlicher Umfang
Bezugsnormen (Zumhasch 2014)

-
r

ein individueller Bezugsnorm ist nicht realistisch, da Schulen und LK einem zunehmenden
Rechtfertigungsdruck ausgesetzt sind (Evaluationsverfahren, Vergleichstests, Abschlussprüfungen)
- sinnvoll und transparent  Orientierungen an individueller und kriterialer Bezugsnorm
- Auswahl der Bezugsnorm wird von LK vorgenommen und der Situation und den Voraussetzungen
und Bedürfnissen der Schülerschaft angepasst (Sacher, 2014)
Zensurengebung

38
Noten

- Zentrales Instrument der Leistungsbeurteilung


- Traditionelle Notengebung gründet auf Annahme, anhand eines einheitlichen, amtlich
vorgegebenen Klassifikationsschemas mit bekannten sechs Stufen inter- und intraindividuelle
Leistungsunterschiede oder Leistungsveränderungen sachgerecht abbilden zu können
Funktionen der Notengebungen: (Zielinski, 1974)

- Rückmeldefunktion (für L und Schüler)


- Berichtsfunktion (Eltern, Schüler)
- Anreizfunktion
- Selektionsfunktion
- Zuteilungsfunktion
- Chancenausgleichsfunktion

pro contra
- Verständlichkeit - Gefahr einer frühzeitigen Etikettierung
- Vergleichbarkeit - Ungenaue Messqualität
- Eindruck der Objektivität - Keine Berichtsfunktion, die ganzen
- Noten als Übertrittskriterium Menschen in Blick nimmt
- Vorbereitung auf Beurteilung in - Lerninteresse stärker an Noten als an U-
Gesellschaft (Allokation) Inhalten orientiert
- Klare Information und momentaner
Zustandsbericht

Verbalgutachten / Verbalbeurteilungen (Zumhasch 2014)

- differenzierte Informationen zu allen Lernbereichen, zum Arbeits- und Sozialverhalten


- Benennung von Stärken und Schwächen
- Aufzeigen der Lernentwicklung  Ermutigung
- Transparenz hinsichtlich Anforderungen

Pro Contra
- Blick auf individuelle - hoher Zeitaufwand
Leistungsentwicklung und -fortschritte - Eltern präferieren Notenzeugnisse mit
- Nicht nur rückblickende Bewertung, auch Kommentaren, auch wegen schwerer
Anregungen möglich  auch Hinweise Verständlichkeit von Verbalbeurteilungen
zum Weiterlernen / Fördermöglichkeiten (Fehlinterpretationen)
- Sowohl prozess- als auch produktbezogen - häufig pauschale Formulierungen und
- für leistungsschwache SuS: nicht so Muster
offensichtlich wie Noten - anfällig für Beurteilungsfehler
- Umstände unter denen Leistung zustande
gekommen ist, können transparent
gemacht werden

Empirie

39
Valtin 2002: NOVARA = Noten- oder Verbalbeurteilung? Akzeptanz, Realisierung und Auswirkungen

- Mehrheit der Kinder


o will kein Notenzeugnis
o wünscht sich Ziffernzeugnisse mit schrftl. Kommentaren und / oder Elterngesprächen 
möchten keine „Kopfnoten“, sondern Beurteilungstext
- Eltern
o schätzen Noten verbunden mit erläuternden Kommentaren (konkrete Hinweise zu
Lernstand und zu weiterer Förderung)
o Noten werden objektiver als verbale Beurteilung eingeschätzt
- LK: mehr Grundschul- und Förderschullehrer befürworten ausformulierte Beurteilungen als LK
von Realschule oder Gymnasien

- in Verbindung mit offenen U-Formen kann Bewertung der individuellen Lernprozesse in


heterogenen Lerngruppen differenzierter gestaltet werden

alternative Formen der Leistungserhebung


- im offenen Unterricht Mit- und Selbstbestimmung im Vordergrund, SuS sollen auch an
Leistungsbewertung beteiligt werden (z.B. Bewertungskriterien mitentwickeln, Selbst- und
Mitbewertung durchführen, Schüler erstellen eigenen Bewertungsbogen und bewerten sich
anhand diesen selbst)
- Bewertung von einzelnen Leistungen in Gruppenarbeit schwierig
- einheitliche Bewertungsmaßstäbe bei unterschiedlicher Förderung führt zu unterschiedlichen
Ergebnissen  Versagen der schlechten Schüler bei kriterialer Norm
Lerntagebuch (Rehle & Thoma)

- Schüler denken mehr über eigenes Lernen nach, steuern dieses besser
- Schüler bearbeiten über längeren Zeitraum v.a. offene Aufgabenstellungen  Einblick in
Lernstand
- zu bestimmten Fach, Lernbereich eines Fachs oder auch fächerübergreifend angelegt, Beispiel
zum Fach HSU: „Das weiß ich über Zähne“
- SuS beobachten und dokumentieren regelmäßig ihr Lernverhalten, ihre Lernstrategien und
kommentieren und beurteilen diese  Reflexion des eigenen Lernens/der eigenen Leistung
- Funktion für SuS:
o Raum und Zeit für eigene Gedanken, Übung zum Schreiben und Formulieren, freie
Gestaltung (Kind kann je nach Möglichkeiten zeichnen oder schreiben)

40
o SuS lernen Arbeitsprozesse zu reflektieren, persönliche Dimension des Lernens wird
sichtbar, aktive Haltung der Lernenden zu ihren Lernprozessen  Selbstbeurteilung/-
einschätzung
- Funktion für LK:
o Einblick in individuelle Verstehens- und Lernprozesse und aktuellen Lern- und
Leistungsstand des Kindes; Erkenntnisgrundlage für Unterrichtsgestaltung
o flexibles Begleiten des weiteren Lernwegs möglich
- Struktur
o Wochenziele, Tagesreflexion mithilfe von Smileys einschätzen
o abschließendes Klassengespräch mit gemeinsamer Reflexion über die zuvor festgelegten
Ziele: „Welche Konsequenzen ziehe ich daraus?“
- kann als Basis für Lerngespräch dienen
Portfolio

Erklärung Portfolio

- zielgerichtete, geordnete und planmäßig angelegte Sammlung von Schülerarbeiten


- Zweck: Gelerntes wird dokumentiert  aus ihnen geht Lernfortschritt, Bemühungen,
Entwicklungen und Leistung hervor
- Lernende können sich in gewissen Rahmen selbst an Auswahl der Inhalte und
Bewertungskriterien für Portfolio beteiligen
- Integration der Selbstreflexion
- SuS lernen im Rahmen eines gemeinsamen Themas und gemeinsamer Aufgabenstellung
- Teams besprechen gemeinsam Aufgabe und verschiedene Lösungsmöglichkeiten, beraten sich
gegenseitig und geben auch Rückmeldung zu den Entwürfen der Mitschüler
- innerhalb des Rahmens entstehen individuelle und aussagekräftige Schülerproduktionen 
dienen individueller Leistungsrückmeldung an Kind und Eltern, ermöglichen sowohl Vergleich mit
Kompetenzerwartungen des Lehrplans (als kriterialer Bezugsnorm) als auch Vergleich mit
anderen Schülern der Lerngruppe (als sozialer Bezugsnorm)
- Interessen der Kinder deutlich und Lernprozess durch selbstreflexive Aufgaben durch Lernenden
selbst betrachtet
Übersicht über die

- fachlichen und überfachlichen Themen und Lernziele


- Zielvereinbarungen (zwischen LK und SuS)
- Dokumentationen der Fremd- und Selbstbeurteilung
- Portfolios entstehen nicht (oder nur teilweise) als Antwort auf eine fremdgesetzte Forderung,
d.h. sie erfordern einen veränderten Unterricht (geöffneten Unterricht) (Winter, 2004)
- Leistung entsteht in einem Prozess, bereits während der Erarbeitung gibt es Elemente der Kon-
trolle und Bewertung im Dialog (Winter, 2004)
Struktur

strukturierende und ordnende Elemente; unterrichtliche Pflichtdokumente, zusätzlich freiwillig


erstellte Dokumente, Kommentare und schriftliche Reflexion von SuS

Ziele

41
Ziel = eigenständige und eigenverantwortliche Einschätzung der Leistungsfähigkeit durch SuS, diese
gelangen so zu einem realistischen Selbstbild (Hattie-Bezug?)

- Förderung von individuellem, selbstbestimmten, persönlich bedeutsamen Lernen


- Förderung von Reflexions- und Selbsteinschätzungsfähigkeit
- Lernerfolg für alle Schüler (Verminderung des Versagensrisikos)
- Weiterentwicklung von Unterricht
Beurteilung

- durch Noten/Wortgutachten/Kriterien-/Kompetenzraster
- mögliche Bewertungskriterien bereits im Vorfeld transparent festlegen
- Bewertungskriterien, die am besten in Bewertungsbogen festgehalten werden, können sich
sowohl auf Prozess der Erstellung des Portfolios beziehen als auch auf fertiges Produkt, können
inhaltliche Kriterien ebenso wie Gestaltung oder Zusammenarbeit in Gruppe behandeln
Pädagogischer Nutzen (Kretschmann, 2004)

- mehrschrittiges Arbeiten entspricht Lebenswirklichkeit


- Eigenverantwortung für eigenen Lernprozess übernehmen
- regt zu eigenständiger Auseinandersetzung mit Thema an
- Nachdenken über eigenes Arbeitsverhalten und Optimierung des eigenen Lernverhaltens
- pädagogisch sinnvolle Grundlage für Leistungsbewertungen
- Entwicklungsdokumentation (die Lernfortschritte anzeigt)
Gelingensbedingungen für Portfolioarbeit (Korth 2015)

- Ebene der Lernenden: Vertrautheit mit offenen Arbeitsformen, Selbststeuerungsfähigkeiten


- Ebene der Unterrichtsführung: genügend Freiraum für eigene Entscheidungen, Transparenz und
Klarheit im Hinblick auf Ziele, Inhalte und Anforderungen, Führen reflexiver Gespräche,
differenzierte Rückmeldung der LP über die im Portfolio erbrachte Leistung, grundsätzliche
Offenheit des Lernprozesses
Ablauf eines Portfoliounterrichts (Häcker 2011 in Anlehnung an US-amerikanische Modelle)

Vorteile

- prozess- und produktbezogen


- nachvollziehbar/transparent
- Kombination aus kriterialer und individueller Bezugsnorm  selbst kleine Lernfortschritte
können dokumentiert und positiv bewertet werden (positive Motivationseffekte)
- bei herkömmlicher Leistungsbewertung steht nur noch die Interpretation der Leistung zur
Verfügung, beim Portfolio werden Originalarbeiten den Adressaten (Eltern) direkt vorgelegt
 gezielte Auswahl der Arbeiten (SuS können mitentscheiden)
- SuS erfahren beim Präsentieren der Ergebnisse Anerkennung und Wertschätzung
Nachteile
42
- hoher Zeitaufwand, Gütekriterien nicht gut erfüllt
Empirische Ergebnisse „Portfolioarbeit aus der Perspektive von Schüler/innen und Lehrer/innen –
Entwicklung, Erprobung und Auswertung eines Konzepts zur Umsetzung von Portfolioarbeit in der GS“
(Korth 2015)

- ermöglicht Verbindung der U-Merkmale Offenheit und Strukturierung


- methodisch durch seine vielfältigen Arbeitsweisen einen hohen Lern- und Kompetenzzuwachs
- lässt sich problemlos mit einer Kompetenzorientierung des Unterrichts verbinden → Erwerb von
anwendungsbezogenem Wissen und Verknüpfung von Wissen und Können
- Förderung selbstständigen und kooperativen Lernens

→ Portfolioarbeit fußt auf einem Menschenbild, welches jeden Menschen als einzigartiges Individuum
mit je eigenen Stärken, Schwächen, Vorlieben, Interessen und Bedürfnissen berücksichtigt, gleichzeitig
aber auch auf das Gelingen von Gemeinschaft in einer echten Lerngemeinschaft und authentischen
Lernpartnerschaft zwischen Lernenden und Lehrenden zielt

Alternative Formen der Leistungsrückmeldung


Formen dialogischer Leistungsrückmeldung (ISB 2017)

- Vergleichende Schulnoten als kritisch zu betrachten, wenn Heterogenität der SuS als Chance
gesehen werden soll  Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der SuS nehmen in
kompetenzorientierten Unterricht hohen Stellenwert ein
- Diagnostische Leistungsrückmeldung zeige, dass
o Anstrengungen der Kinder wahrgenommen werden
o unterstützen positive Einstellung zum Lernen
o stärken Selbstvertrauen in eigene Leistungsfähigkeit und Verantwortung der Kinder für
eigenen Lernfortschritt
- Aspekte einer dialogischen Leistungsrückmeldung
o konkrete Vorschläge für weiteres Lernen geben
o vorliegende Leistungen auf Selbst- und Fremdeinschätzung überprüfen
o Stärken und Lernbedarf des Kindes rückmelden
Lernentwicklungsgespräch

- zielführendes Element einer dialogischen Leistungsrückmeldung


- würdigt persönliche Entwicklung des Kindes mit individuellen Stärken und Lernbedarf
- Grundschulen in BY seit Schuljahr 14/15 Möglichkeit, Zwischenzeugnis in Klassen 1-3 durch
dokumentiertes Lernentwicklungsgespräch zu ersetzen (KM)
- Entscheidung trifft jede GS in eigener Zuständigkeit, Eltern entscheiden – bei Ablehnung des
Angebots erhalten SuS Zwischenzeugnis
- Im Rahmen eines vierjährigen Schulversuchs erprobt, sowohl von LK als auch Eltern sehr positiv
beurteilt
- Aufzeigen des Sozialverhaltens (Kommunikation, Kooperation, Konfliktverhalten, etc.) und des
Lern- und Arbeitsverhaltens (Interesse, Kommunikation, Konfliktverhalten)
- Dienen Leistungsreflexion
- Ziel: Stärkung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft von GS und Elternhaus

43
- Durchführung: SuS reflektieren und bewerten (über-)fachliche Kompetenzen, findet außerhalb
von Unterrichtszeit statt, max. Gesprächsdauer: 30 Minuten

Lerntagebuch

siehe oben

Spannungsfeld der Individualisierung und Standardisierung


Herausforderung für GS

Entwicklungsbiographie eines jeden Schülers normierte Erwartungen


mit Ermöglichung individuelle Bildungsprozessen der Gesellschaft gerecht optimal
zu fördern werden

Standardisierung:

- Folge internationaler Vergleichsstudien (PISA, TIMSS, IGLU) mit weltweit standardisierter


Schulleistung
- wichtiger Beitrag zur systematischen Beobachtung von Bildungssystemen, öffnet Blick für
Stärken/Schwächen des eigenen Schulsystems
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- PISA-Schock 2000: schlechte Leistungen führen zu Umdenken  Grundbildung, zentrale
Kompetenzen  Bildungsstandards
o Greifen allgemeine Bildungsziele auf, benennen Kompetenzen, die SuS bis zu bestimmter
Jhgst. an zentralen Inhalten erworben haben sollen
o Verbindliche Vorgaben für LK: formuliert auf mittlerem Anforderungsniveau
o 4 Teilbereiche: muttersprachliche Kompetenzen, Kompetenzen einer Fremdsprache,
mathematische Kompetenzen, naturwissenschaftliche Kompetenzen
Kritik:

- Lernvoraussetzungen der SuS sehr unterschiedlich  für schwächere SuS: Erfüllung der
Standards aussichtslos
- teaching to the test
- Ausschluss der Individualisierung von Lehr-/ Lernprozessen und Leistungsanforderungen
- mangelnde Partizipation der Kinder an Zielen
Ansprüche von Standardisierung und Individualisierung

- Mindest-Standard-Konzept der Grundbildung, sollen von allen Kindern erreicht werden


- auch KMK betont Persönlichkeitsentwicklung
- did. Umgang: um päd. sinnvoll zu handeln – die widersprüchlichen Prinzipien von
Individualisierung und Standardisierung in Beziehung setzen und ausbalancieren z.B.
Differenzierung (Prengel 2007)
und Standardisierung in Beziehung setzen und ausbalancieren, z.B. Differenzierung (Prengel, 2007)

neue Lernkultur und Leistungsbeurteilung im Offenen Unterricht


neue Lernkultur (Sacher)

- lernen = aktiv (absichtsvoll und reflexiv)


- lernen kann angeregt, aber nicht von außen gesteuert werden
- Merkmale: Selbststeuerung, soziale Einbettung, Situiertheit, Vernetzung
 Vielfältige Wege, um Leistungen zu diagnostizieren
 Keine einheitlichen Anforderungen und Kriterien
 Individualität berücksichtigt
- Grundlagen: Reformpädagogik, neues lernpsychologisches Verständnis (Kognitivismus)
o Kognitivismus in Verbindung mit Konstruktivismus: Lernen erfolgreich, wenn es aktiv und
selbstgesteuert, persönliche Bedeutungskonstruktionen ermöglicht, unterstützende
Lernsituation + Lernumfeld hat
- Bedeutung für Unterricht:
o Lernen als aktiver und konstruktiver Prozess
o Verknüpfung von neuem Wissen mit Vorwissen
o Individuelles Lernen immer in soziale Prozesse eingebettet
o Erwerb von Wissen im Austausch mit Umwelt / Interaktion mit anderen
o Kooperative Lernformen: Vertiefung / Festigung von Wissen, unterschiedliche
Sichtweisen, Gespräche, Meinungen
Beispiel: Schülerselbstbeurteilung

- Unverzichtbarer Bestandteil der Leistungsdiagnose in neuer Lernkultur

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- Erziehungs-/Bildungsziel des mündigen Menschen impliziert mündigen Lernen
(Selbstorganisation und Selbstbestimmung)
- Möglichkeiten: Wochenplan, Freiarbeit, Lernen durch Lehren, handlungsorientierter Unterricht,
fächerübergreifend, Portfolio
- Formen:
o Bezogen auf Lernergebnis/Lernprozess
o Bezogen auf konkrete Aufgaben / allgemeine Selbstbeurteilung
o Vorausschauende, begleitende, nachfolgende Beurteilung
o Wichtig: produktive Aufarbeitung von Fehlern
- Beteiligung der SuS erhöht Transparenz und Akzeptanz des Bewertungsverfahrens  positiv für
Leistungsentwicklung
- Beteiligung der SuS an Formulierung und Aufstellung von Bewertungskriterien

Leistungsbeurteilung im Offenen Unterricht (Bohl 2004)

- SuS können an Leistungsbewertung (von mündlichen/schriftlichen Tests) beteiligt werden, z.B.


Bewertungskriterien mitentwickeln, Selbstbewertung/Mitbewertung durchführen
- Problem: Leistungsbeurteilung wird noch heute aus Phasen des offenen Unterrichts
herausgenommen und verbleibt meist in traditionellen U-Formen  Frage nach
alltagstauglichen Modellen der Leistungsfeststellung /-bewertung
- Wichtig:
o Transparenz
o Orientierung am indiv. Lern- und Entwicklungsprozess (Fortschritte, Stärken)
o Orientierung an sozialer Dimension (wechselseitige Beziehung zwischen ind. Leistung
und gemeinsamer Arbeit)
o Orientierung am Grundsatz der Ermutigung: Lernfreude und Arbeitsbereitschaft stärken

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Umsetzung im Unterricht

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