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3 Rotierende elektrische Maschinen
3.1 Allgemeines
Unter dem Begriff elektrische Maschine versteht man ein Gerät, welches mit Hilfe magnetischer 1
Felder Energie überträgt.
 Der Transformator als ruhende elektrische Maschine dient zur Übertragung elektrischer
Energie zwischen mehreren Spannungsniveaus (s. Kapitel 2 und 3).
 Rotierende elektrische Maschinen wandeln elektrische Leistung in mechanische Leistung um
und umgekehrt.
Nach Kapitel 2 entstehen durch magnetische Felder Kräfte, die auf bewegte Ladungen (Ströme)
wirken. Elektrische Maschinen basieren daher immer auf Anordnungen, in denen ein
stromführender Leiter einem magnetischen Feld ausgesetzt wird. Das Feld kann durch eine Spule
oder einen Permanentmagneten erzeugt werden.
Nach dem Wirkprinzip unterteilt man die rotierenden elektrischen Maschinen in
 Gleichstrommaschinen: Das magnetische Feld steht weitgehend fest im Raum.
 Drehfeldmaschinen (auch Drehstrommaschinen genannt): Das magnetische Feld dreht sich um
die Rotationsachse der Maschine. Drehfeldmaschinen werden in zwei Untergruppen eingeteilt:
 Asynchronmaschinen (mechanische Drehzahl und Felddrehzahl unabhängig voneinander)
und
 Synchronmaschinen (mechanische Drehzahl entspricht der Felddrehzahl).
Die mögliche Baugröße reicht vom mW- (Informations- und Unterhaltungselektronik) bis zu
knapp 1 GW-Bereich (Kraftwerksgeneratoren). Die Leistung einer elektrischen Maschine bezieht
sich üblicherweise auf die Ausgangsleistung:
 Als Leistung eines Motors bezeichnet man die mechanische Leistung2.
 Als Leistung eines Generators bezeichnet man die elektrische Leistung.
 Eine mechanische Scheinleistung ist nicht definiert. Der Leistungsfaktor cos gibt immer das
Verhältnis aus elektrischer Wirk- und Scheinleistung wieder.

3.1.1 Typschild und Leistungsangaben


Wird im Zusammenhang mit rotierenden elektrischen Maschinen von Leistung gesprochen ist
meistens die Ausgangsleistung gemeint. Dabei gilt im Allgemeinen, dass bei Motoren meist die
abgegebene mechanische Ausgangsleistung und bei Generatoren die abgegebene elektrische
Ausgangsleistung gemeint ist. Kleinmotoren, wie z. B. Staubsauger oder Kfz.-Hilfsantriebe,
stellen dabei eine Ausnahme dar, da bei diesen aus Marketinggründen die aufgenommene
elektrische Leistung angegeben wird.
Im Bild 3.1 ist Beispielhaft das Typenschild einer Asynchronmaschine aus dem Kraftwerk Berlin
Moabit dargestellt. Dabei wird mit 𝑃 = 5000 𝑘𝑊 die elektrische Nennleistung angegeben, mit
der der Generator dauerhaft betrieben werden kann.

1
Theoretisch kann auch eine Übertragung auf Basis elektrischer Felder erfolgen; aufgrund der geringen
Energiedichte des elektrischen Felds verwendet man praktisch nur magnetische Felder.
2
Bei Kleinmotoren oft falsch bezeichnet: Aus Marketinggründen (z. B. Staubsauger, Elektrowerkzeuge) gibt man
die aufgenommene elektrische Wirkleistung an. Hier wird davon abgesehen.

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Bild 3.1: Typenschild einer Drehstrom-Asynchronmaschine im Kraftwerk Berlin-Moabit.


(https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Drehstrom-Asynchronmaschine&oldid=157883686)

3.2 Gleichstrommaschine
Gleichstrommaschinen wurden in der Anfangszeit der Elektrotechnik als Generatoren eingesetzt
(Siemens: dynamoelektrisches Prinzip).
Nach 1890 setzte sich der Drehstrom in der Energieübertragung durch. Da dieser
Synchrongeneratoren benötigt, verschwanden die Gleichstromgeneratoren weitgehend.
Heute werden Gleichstrommaschinen vorwiegend im Bereich kleiner Leistung bis 1 kW eingesetzt
(z. B. in Kraftfahrzeug-Hilfsantrieben und als Universalmotor in Haushaltsgeräten).
Bezogen auf den feststehenden Teil der Maschine (Stator oder Ständer) steht das magnetische Feld
im Raum. Die Bezeichnung Gleichstrommaschine rührt daher, dass diese im stationären Betrieb 3
statorseitig mit zeitlich konstanten Strömen arbeitet.
3.2.1 Aufbau und grundsätzliche Wirkungsweise
Bild 3.2 zeigt den grundsätzlichen Aufbau einer Gleichstrommaschine. Dargestellt ist eine
sogenannte zweipolige Maschine mit je einem magnetischen Nord- und Südpol. Die Polpaarzahl
beträgt p = 1. Es sind auch höhere Polpaarzahlen möglich, bei denen sich mehrere Nord- und
Südpole auf dem Umfang abwechseln 4.

3
Stationärer Betrieb bedeutet bei einer rotierenden Maschine, dass sowohl Drehzahl als auch Drehmoment zeitlich
konstant bleiben.
4
Magnetische Monopole existieren physikalisch nicht, d. h. Nord- und Südpol treten immer paarweise auf.

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Joch
magn. Fluss
Stator
Ankerleiter mit
Stromrichtung

Welle
Wickelköpfe der
Kommutator Ankerwicklung

Rotor (Anker)
Polschuh Wickelköpfe der
Erregerwicklung
Erregerwicklung
Querschnitt Längsschnitt
Bild 3.2: Zweipoligen Gleichstrommaschine (Schraffur: weichmagnetische Teile)

Der Stator besteht aus Joch, Polschuhen und Erregerwicklung (auch Feldwicklung, Index f). Der
Gleichstrom If in der Erreger- oder Feldwicklung (Index f) mit der Gesamtwindungszahl wf erzeugt
einen magnetischen Fluss, der sich über Statorjoch, Polschuhe, Luftspalt und Rotor schließt.
Der gegenüber dem Stator drehbar gelagerte Rotor (Anker, Index a) besteht aus einem
weichmagnetischen Zylinder, in den mehrere Spulen in axialen Nuten eingebettet sind. Jede Spule
weist einen Hin- und einen Rückleiter (Ankerleiter) sowie zwei Wickelköpfe auf. Bezogen auf den
Stator hat der Ankerstrom immer dieselbe Richtung. Bei Drehung des Rotors müssen daher die
Spulenanschlüsse entsprechend umgeschaltet werden. Diese Umschaltung wird Kommutierung
genannt und bei der Gleichstrommaschine durch einen mechanischen Umschalter bewerkstelligt,
der mit der Drehung des Rotors geschaltet wird (Kommutator). Die Spulenenden werden daher
auf den Kommutator geführt.
Drehrichtung

Bürste

Ia Ia

Isolation
Lamelle
Ankerspulen
Bild 3.3: Aufbau und Funktionsweise des Kommutators

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Bild 3.3 zeigt die Funktionsweise des Kommutators: Die mit dem Anker rotierenden Lamellen
bestehen aus einer Kupferlegierung. Sie werden mit Hilfe von Schwalbenschwänzen in eine
Isolationsschicht eingebettet. Jedes Ende einer Ankerspule wird mit einer Lamelle verbunden.
Statorseitig liegen auf dem Kommutator Bürsten aus „Kohle“ (Graphit-Kupfer-Gemisch) auf. Die
Bürsten übertragen den Ankerstrom auf den rotierenden Anker.

3.2.2 Vereinfachte Berechnung der Gleichstrommaschine


3.2.2.1. Erregerkreis
lFe
i/p

da


hn
hj
Umlaufweg
a: mag. Feldlinien im Querschnitt b: Auswahl eines Umlaufwegs und Abmessungen
Bild 3.4: Zur Berechnung des Erregerkreises

Zur Berechnung des Erregerkreises geht man von einem vereinfachten Feldverlauf aus: Die
Feldlinien sind in Bild 3.4a dargestellt. Es wird der in Bild 3.4b eingezeichnete Umlaufweg
entlang der Feldlinien gewählt.
Vereinfachend wird ideal weichmagnetisches Eisen (unendlich große magnetische Leitfähigkeit
Fe  , keine Sättigung) angenommen. Damit wird die magnetische Feldstärke im Eisen HFe  0.
Die magnetische Feldstärke H im Luftspalt ist nun betragsmäßig konstant und radial gerichtet.
Mit diesen Voraussetzungen wird das Durchflutungsgesetz für den Erregerkreis aufgestellt:
wf  I f  H  2   (3.1)
mit den Größen:
H: magnetische Feldstärke im Luftspalt (nur radiale Komponente vorhanden)
wf: Windungszahl der Erregerwicklung
If: Erregerstrom
: Luftspaltlänge
Die Auflösung nach H ergibt:
w I
H  f f (3.2)
2 
Im Luftspalt herrscht die Permeabilität von Luft 0. Damit ergibt sich die magnetische Flussdichte
zu:
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wf  I f
B  0  H   0  (3.3)
2 
Der Flussdichtevektor zeigt immer in radiale Richtung (s. Bild 3.4a). Durch Multiplikation der
(gekrümmten) Fläche eines Polsegments AP mit der gleichgerichteten Flussdichte B kann nun der
magnetische Fluss pro Pol bestimmt werden:
w I   da
 P  B  AP  0  f f   i   lFe (3.4)
2  2 p
mit
0 : Permeabilität des Luftspalts
B : Induktion im Luftspalt (nur radiale Komponente vorhanden)
d a: Ankerdurchmesser
i: Polbedeckungsfaktor (gibt an, wieviel vom Umfang pro Pol durch den Polschuh bedeckt
wird; üblicherweise gilt i  2/3)
lFe: axiale Länge des weichmagnetischen Teils der Maschine

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3.2.2.2. Induzierte Spannung
Das von der Erregerspule erzeugte Feld steht - ^
B 1
von Stator aus gesehen - fest im Raum. Die Luft-
B(1)
spaltinduktion B(1) verläuft über dem Um- i  (statorbezogen)
fangswinkel rechteckförmig (Bild 3.5 oben). p
Wenn der Anker mit konstanter Drehzahl n ro-
tiert, bewegt sich eine beliebige Ankerspule mit
konstanter Umfangsgeschwindigkeit unter dem Sp (rotorbezogen)
Feld durch. Die Winkelposition des Hinleiters ei-
ner Spule beträgt dann Sp = 2 nt 5. Der zuge-
hörige Fluss ändert sich dabei abschnittsweise li- P
near. Daraus kann die induzierte Spannung in ei-
ner Windung einer Spule u i,Wdg unter Berücksich- Wdg(Sp) Sp
tigung der Polbreite i bestimmt werden. Nach
dem Induktionsgesetz folgt mit der Anker-
Umfangsgeschwindigkeit va = nda der ûi,Wdg
Maximalwert der induzierten Spannung:
dΦSp v ui,Wdg(Sp) Sp
ûi ,Wdg    B  αi  lFe  a
dt 2 p
(3.5)
π  da  n Bild 3.5 Induktions-, Fluss- und
 B  αi  lFe   ΦP  n Spannungsverlauf
2 p
Die gesamte induzierte Spannung des Ankers kann aus der Zahl der Spulen und deren Schaltung
(Parallel/Reihe) ermittelt werden. Mit den wicklungsabhängigen Größen Gesamtzahl der
Ankerleiter (Hin- und Rückleiter aller Spulen) z, Polpaarzahl p und Zahl paralleler Ankerzweige
a erhält man die Gesamt-Windungszahl aller Spulen k = zp/a. Damit ergibt sich die gesamte
induzierte Spannung Ui des Ankers:
pz pz
ûi   ûi,Wdg   P  n  k  P  n (3.6)
a a
Der Kommutator sorgt durch die Umschaltung der Ankerspulen dafür, dass an den Bürsten immer
eine konstante Spannung anliegt, die der maximalen induzierten Spannung entspricht:
U i  ûi  k   P  n (3.7)
Die induzierte Spannung Ui verläuft proportional der Drehzahl n und dem Erregerfluss P der
Maschine.

3.2.2.3. Drehmoment
Das innere Drehmoment Mi, d. h. das magnetisch über den Luftspalt übertragene Drehmoment,
wird am einfachsten aus der inneren Leistung im Ankerkreis ermittelt. Als innere Leistung Pi wird
die Leistung bezeichnet, die abzüglich der ohmschen Verluste im Ankerkreis über den Luftspalt
übertragen wird. Sie beträgt unter Berücksichtigung des im Ankerkreis fließenden Stromes Ia:
Pi  U i  I a (3.8)

5
Eigentlich müsste noch ein Winkel 0 für t = 0 addiert werden, der aber für die weitere Erklärung ohne Belang ist.

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Da die innere Leistung mit der mechanischen Leistung (einschließlich Reibung) übereinstimmt,
kann das Drehmoment der Maschine angegeben werden:
P Pi U I k
M i  mech   i a   P  Ia (3.9)
2 π n 2 πn 2 πn 2 π
Das Drehmoment Mi verläuft proportional zum Ankerstrom Ia der Maschine.

3.2.3 Ersatzschaltbild und Verluste


Bisher wurde nur die elektromechanisch umgesetzte Leistung der Gleichstrommaschine betrachtet
(induzierte Spannung, Drehmoment). Nun soll noch kurz auf die Verluste eingegangen werden.
Die Anker- und die Erreger-Wicklungen weisen jeweils einen ohmschen Widerstand (Ra bzw. Rf)
und eine Induktivität (La bzw. Lf) auf.
Unter Berücksichtigung dieser Größen erhält man das allgemeine elektrische Ersatzschaltbild der
Gleichstrommaschine (Bild 3.6).
Ia If

Ra Rf Uf

Ua La

Lf
Ui

Bild 3.6: Elektrisches Ersatzschaltbild der Gleichstrommaschine

Zusätzlich sind vor allem bei kleinen Maschinen noch folgende Verluste zu berücksichtigen:
 Ummagnetisierungsverluste im Anker
Vom Anker aus gesehen wird eine Gleichstrommaschine mit einem Wechselfeld beaufschlagt.
Daher wird der Anker ähnlich wie Transformatoren zur Reduktion von Wirbelstromverlusten
aus einzelnen axial geschichteten Blechen aufgebaut. Dennoch treten im Anker induktions-
und frequenzabhängige Ummagnetisierungsverluste PV,Fe auf.
 Mechanische Verluste
Lager-, Bürsten- und Luftreibung sowie der Lüfter erzeugen mechanische Verluste.

3.2.4 Permanenterregte Gleichstrommotoren


In Gleichstromnetzen (z. B. Automatisierungstechnik, Kraftfahrzeuge) kommen häufig
permanenterregte Gleichstrommaschinen zur Anwendung.
Dabei werden verschiedene Typen von Permanentmagnetmaterialien eingesetzt. Sie unterscheiden
sich in den Kosten, den magnetischen Eigenschaften und den möglichen Betriebstemperaturen.
Tabelle 10.1 gibt aktuelle Werte zu den wichtigsten Materialien für Maschinen an. Ein Magnet mit
einem hohen Energieprodukt ist teurer als eine mit einem niedrigen).

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Material Remanenz- Koerzitivfeld- Energiepro- zulässige Be- energiebezogene
induktion Br stärke Hc dukt BH max triebstemperatur Kosten
T kA/m kJ/m3 °C $/J
Ferrit: 0,43 250 34 250 0,75
(BaO, SrO)
Selten-Erd: 1,45 1100 400 200 4,40
NdFeB
Tabelle 10.1: Permanentmagnet-Materialien

Für die Zukunft werden technisch noch bessere Magnettypen erwartet.


 Die Remanenzinduktion Br tritt mit leichter Reduktion im Luftspalt auf (B  80 % Br).
 Die Koerzitivfeldstärke Hc gibt die Entmagnetisierungsfestigkeit gegenüber externen Feldern
(z. . durch die Rückwirkung des Ankerstroms) an.
 Das Energieprodukt BH max stellt die maximal erreichbare Energiedichte im 2. Quadranten der
Hysteresekurve (s. Kapitel 2) und damit ein Maß für die Verwendbarkeit in Motoren dar.
Der Anker der meisten permanenterregten Gleichstrommaschinen weist den bekannten Aufbau
wie bei der elektrisch erregten Gleichstrommaschinen auf (Bild 3.7).
i
mittlere
Magnetfläche Stator
Anker

da


hm
Joch hj
(Weicheisen) Permanent-
Magnet lFe

Bild 3.7: Zweipolige permanenterregte Gleichstrommaschine

Der Stator enthält jedoch schalenförmige Permanentmagnete anstelle der Erregerpole. Diese
werden radial aufmagnetisiert, so dass sich die Luftspaltflussdichte B ergibt. Durch Multiplikation
von B mit der gekrümmten Magnetfläche AP ergibt sich der Polfluss P. Es wird eine mittlere
Fläche im Magneten mit dem Durchmesser d mittel = d a + 2 + h m angenommen:
π  d mittel  lFe
 P  B   i  (3.10)
2 p
mit
B: Luftspaltinduktion
lFe: axiale Länge des Ankers und der Magnete
i: Polbedeckungsgrad

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Aus dem Polfluss P ergibt sich die induzierte Spannung Ui wie bereits bei den elektrisch erregten
Gleichstrommotoren analog zu (3.6):
pz
Ui  k   P  n   P  n (3.11)
a
Das Drehmoment M ergibt sich analog zu (3.9):
k  P 1 pz
M  Ia     P  Ia (3.12)
2  2  a
Die wesentlichen Unterschiede zu elektrisch erregten Gleichstrommotoren bestehen darin, dass
 keine Erregerverluste auftreten und dass
 der Erregerfluss durch die Konstruktion festgelegt ist.

3.2.5 Betriebskennlinien der Gleichstrommaschinen


Unter dem Begriff Betriebskennlinie versteht man die Abhängigkeit der Drehzahl vom
Drehmoment (bzw. umgekehrt) unter bestimmten Randbedingungen, z. B. konstanter Spannung
an Erreger- und/oder Ankerkreis. Die Betriebskennlinien hängen bei Gleichstrommaschinen von
der Ausführungsart und der Verschaltung der Wicklungen ab.
3.2.5.1. Betriebskennlinien der permanenterregten Gleichstrommaschine
Das Ersatzschaltbild der permanenterregten Ia
Gleichstrommaschine kann aus dem
allgemeinen Ersatzschaltbild abgeleitet
werden. Der Permanentmagnet ersetzt die Ra
Erregerspule und wird durch ein breites Recht-
eck mit einem weißen und einem schwarzen
Teil-Rechteck symbolisiert. Ua La
Die Maschine soll zunächst an einer
konstanten Ankerspannung Ua betrieben
werden. Ui

Bild 3.8: Ersatzschaltbild der permanenterregten


Gleichstrommaschine
Ein Maschenumlauf ergibt für den Ankerkreis:
U a  Ra  I a  U i  Ra  I a  k  P  n (3.13)
Die Gleichung (3.12) wird nach dem Strom Ia umgestellt und in die Gleichung (3.13) eingesetzt:
2π
Ua   Ra  M  k  P  n (3.14)
kP
Bei der Belastung M = 0 stellt sich die so genannte Leerlaufdrehzahl n0 ein.
U
n0  a (3.15)
kP
Die Drehzahl-Drehmomentkennlinie verläuft als Gerade:

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2 
n  n0   Ra  M (3.16)
 kP 
2

Beim zulässigen Ankerstrom IaN (begrenzt durch die Erwärmung) stellt sich das Drehmoment M N
ein. I. A. gilt RaaN << Ui. Daher weist die Kennlinie n(M) im normalen Betriebsbereich eine
geringe Steigung auf.
Kurzzeitig kann mit höherem als dem Bemessungsstrom bzw. -drehmoment gefahren werden.
Dabei wird ausgenutzt, dass es eine gewisse Zeit (einige Minuten) dauert, bis die Maschine ihre
Betriebstemperatur erreicht hat. Dies wird bei Kleinmotoren zum Anlauf mit dem Strom IaK
genutzt (üblicher Index: K für „Kurzschluss“):
Ua
I aK  I a n 0  Ia Ui 0  (3.17)
Ra
k  P Ua
MK   (3.18)
2π Ra
Größere Maschinen benötigen zur Begrenzung des Anlaufstroms entweder einen Vorwiderstand,
der zum Anlauf in den Ankerkreis geschaltet wird, oder eine Ankerspannungsquelle mit variabler
Spannung.

n0
nN

I < -IN |I| < IN I > IN


M
-MN MN MK
Generator Motor
n>0 n>0
M<0 M>0
Bild 3.9: Betriebskennlinien der permanenterregten Gleichstrommaschine bei konstanter
Ankerspannung Ua

Bei Drehzahlen n > n0 gilt Ia < 0, d. h. die Maschine arbeitet als Generator. Die mechanische
Leistung P = Ia . Ui wird negativ: Es muss mechanische Leistung an die Welle geliefert werden.
Die Drehrichtung der Maschine wird im Wesentlichen vom Vorzeichen von Ua bestimmt. Sie kann
daher durch Vertauschen der Anker-Anschlussklemmen umgekehrt werden.
Bei Variation der Ankerspannung ändert sich nach (3.15) die Leerlaufdrehzahl proportional zur
n 2π
Ankerspannung: n0 ~ Ua. Die Steigung der Kennlinie   Ra nach (3.16) bleibt
M  kP 
2

konstant. Die Kennlinien werden also parallel verschoben (Bild 3.10). Eine Erhöhung der
Ankerspannung über die Bemessungsspannung UaN ist aus isolationstechnischen Gründen
normalerweise nicht zulässig. Daher kann die Drehzahlkennlinie nur nach unten verschoben
werden. Die geringste mögliche Leerlaufdrehzahl ergibt sich bei Umkehr der Spannung auf

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Ua = -UaN mit n0(-UaN) = -n0(UaN), d. h. die Maschine dreht gleich schnell in umgekehrter
Richtung.
n

n0
nN UaN
n0´ = a  n0
Ua = a  UaN
M
-MN MN
Bild 3.10: Betriebskennlinien der permanenterregten Gleichstrommaschine bei konstanter
Ankerspannung Ua

Zur verlustarmen Spannungsverstellung kommen leistungselektronische Stellglieder zum Einsatz.


Die Ankerinduktivität La wird hierbei zur Glättung des Stroms mit genutzt.
 Bei reinem Motorbetrieb und einer Drehrichtung wird vorzugsweise ein Tiefsetzsteller mit
Ua,mittel = aU V verwendet. Meist wird als Versorgungsspannung U V die Bemessungsspannung
der Maschine UaN gewählt.
 Bei Motor- und Generatorbetrieb und/oder Drehrichtungsumkehr wird ein
Vierquadrantensteller benötigt: Die Maschine wird dazu zwischen die Mittelanschlüsse zweier
Zweiquadrantensteller geschaltet.

3.2.5.2. Fremderregte Gleichstrommaschine


Unter einer fremderregten Gleichstrommaschine versteht man eine Maschine, bei denen Anker-
und Erregerwicklung getrennt mit Spannung versorgt werden. Die Erregerwicklung wird hier mit
F bezeichnet und der Index f verwendet. Üblicherweise liegen Anker-Bemessungsspannung UaN
und Erreger-Bemessungsspannung UfN ähnlich hoch.
Das Ersatzschaltbild entspricht Bild 3.6 mit getrennten Erreger- und Ankerkreisen. Die
Spannungen Ua und Uf können bis zur Bemessungsgrenze frei eingestellt werden: -
UaN  Ua  UaN, -UfN  Uf  UfN.
Die Kennlinien bei konstantem Erregerstrom If gleichen denen der permanenterregten Maschine.
Für diesen Betriebsfall spricht man vom Ankerstellbereich, weil nur die Ankerspannung Ua
verstellt wird.
Bei der fremderregten Maschine kann über die Erregerspannung Uf auch der Erregerstrom If und
somit der Erregerfluss P reduziert werden. Damit steigt nach (6.20) die Leerlaufdrehzahl n0 an.
n 2π
Auch die Steigung   Ra wird nun größer, d. h. die Kennlinien sind stärker geneigt
M  kP 
2

(Bild 3.11). Dieser Betriebsbereich wird als Feldschwächbereich bezeichnet. An der


Bemessungsgrenze des Ankerstroms IaN stellt sich unabhängig von der Drehzahl eine konstante
Leistungsabgabe ein.

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n

Ua = UaN, If < IfN


n0
nN Ua = UaN , If = IfN

Ua < UaN , If = IfN


M
-MN MN
Bild 3.11: Betriebskennlinien der fremderregten Gleichstrommaschine bei variabler
Ankerspannung Ua und variabler Feldspannung Uf

Die fremderregte Gleichstrommaschine war bis vor einigen Jahrzehnten der wichtigste
drehzahlverstellbare Antrieb und wurde bis in höchste Leistungsklassen (z. B. Walzwerke mit
mehreren MW Einzelantriebsleistung) eingesetzt. Heute ist sie bei Neuinstallationen weitgehend
von Drehstrommaschinen verdrängt worden.
3.2.5.3. Nebenschlussmaschine
Bisher wurden Anker- und Erregerwicklung als getrennte Kreise betrachtet. Die beiden
Wicklungen können jedoch auch miteinander verbunden werden.
Als Nebenschlussmaschine bezeichnet man eine Gleichstrommaschine, bei der Anker- und
Erregerwicklung parallel geschaltet sind. Sie müssen daher die gleiche Bemessungsspannung
aufweisen. Die Kennlinie ähnelt der der fremderregten Maschine.
Nebenschlussmaschinen waren vor allem im vorletzten Jahrhundert maßgeblich an der
Verbreitung der Elektrotechnik beteiligt (das dynamoelektrische Prinzip war die maßgebliche
technische Errungenschaft für den Aufstieg der Fa. Siemens). Bis in die 50er Jahre des 20.
Jahrhunderts wurde sie noch in drehzahlverstellbaren Antrieben eingesetzt, wird aber heute
praktisch nicht mehr produziert.

3.2.5.4. Reihenschlussmaschine
Wenn Anker- und Erregerwicklung in Reihe geschaltet werden, I
spricht man von einer Reihenschlussmaschine6 (Bild 3.12). In
diesem Fall wird die Erregerwicklung mit d (statt f) bezeichnet. Ud Ra
In diesem Falle gilt IaN = IdN. Um die Verluste in der Erreger-
wicklung gering zu halten, wird diese mit kleiner Windungszahl U Rd La Ua
und entsprechend großen Leiterquerschnitt ausgeführt. Ui
Unter Vernachlässigung der Sättigung ist der magnetische Fluss Ld
proportional dem Erregerstrom. Nach Gleichung (3.2) folgt mit
I = Id = Ia: Bild 3.12: Gleichstrom-Reihen-
schlussmaschine
p  z 0  wd  i  π  da  lFe
kP     I d  k  k´ I (3.19)
a 2  2 p

6
In der älteren Literatur findet man auch noch die Bezeichnung Hauptschlussmaschine.

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Da aufgrund der Reihenschaltung gilt, kann die Maschengleichung für den gesamten Kreis
aufgestellt werden:
U  k P  n   Ra  Rd   Ia  k  k´ n  I d   Ra  Rd   I a   k  k´ n  Ra  Rd   I (3.20)
Die Drehmomentgleichung (3.9) kann ebenfalls umgeschrieben werden:
k  P k  k´ I d k  k´ 2
M  Ia   Ia  I (3.21)
2 π 2π 2π
Um die Betriebskennlinie zu ermitteln, wird nun noch der Strom aus den Gleichungen (3.20) und
(3.21) eliminiert:
k  k´ U2
M  (3.22)
2  π  k  k´ n  Ra  Rd 2
In der Drehmoment-Drehzahl-Kennlinie (3.22) steht die Drehzahl quadratisch im Nenner. Die
Drehzahl sinkt also unter Belastung merklich ab, d. h. die Maschine reagiert „weich“ auf die Last
(Bild 3.13).
n

n1N

0
0
M
M1 N 2

Bild 3.13: Betriebskennlinien der Gleichstrom-Reihenschlussmaschine bei U = const.

Durch Variation der Spannung im Bereich 0 < U  UN kann die Drehzahl-Drehmoment-Kennlinie


verschoben werden (Bild 3.14).
n

n1N

Variation U
0
0
M
M1N 2

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Bild 3.14 Betriebskennlinien der Gleichstrom-Reihenschlussmaschine bei variabler
Spannung

Gleichstrom-Reihenschlussmaschinen weisen einige Besonderheiten auf:


 Reihenschlussmaschinen können nur in einem Quadranten der M-n-Ebene als Motor betrieben
werden. Eine Drehrichtungsumkehr kann nur durch Umpolen der Anker- oder
Erregerwicklung erfolgen. Der generatorische Betrieb der Reihenschlussmaschine ist nicht
möglich, da die Kennlinie instabil wird.
 Bei fehlender Belastung steigt die Drehzahl der Reihenschlussmaschine stark bis in
unzulässige Bereiche an. Aus diesem Grund dürfen Reihenschlussmaschinen nur unter Last
betrieben werden. Bei Kleinmaschinen reichen häufig die Reibungsverluste zur
Drehzahlbegrenzung aus.
Gleichstrom-Reihenschlussmaschinen in der eben beschriebenen Form werden heute kaum noch
eingesetzt. In der Vergangenheit hatten sie vor allem als Antriebe für Bahnfahrzeuge Bedeutung.

3.2.6 Wechselstrom-Kommutatormaschine
In Gleichung (3.22) tritt die Spannung nur quadratisch auf. Daher ist die Betriebskennlinie
unabhängig von der Polarität der Spannung. Eine Reihenschlussmaschine kann daher auch an
Wechselspannung betrieben werden. Man bezeichnet sie dann als Wechselstrom-Kommutator-
maschine7. Bei dieser Maschine muss der Erregerkreis in jedem Fall geblecht ausführt werden, um
die Eisenverluste zu begrenzen. Es gelten dieselben Gleichungen wie bei der Gleichstrom-
Reihenschlussmaschine.
Gleichung (3.23) beschreibt die magnetische Belastung der Maschine:
^ w I
B  2  0  d d (3.23)
2 
mit
B Induktion im Luftspalt (Spitzenwert)
Id Erregerstrom (Effektivwert)
In Gleich- wie in Wechselstrom-Kommutatormaschinen begrenzt die magnetische Sättigung den
Spitzenwert der Flussdichte. Da der Effektivwert bei Gleichstrom dem Spitzenwert (Ieff,= = î=), bei
Wechselstrom jedoch dem 1 2 -fachen Spitzenwert ( I eff,~  î~ 2 ) entspricht, liefert eine
Wechselstrom-Kommutatormaschine immer eine kleinere Leistung als eine gleich große Gleich-
strommaschine. Die Windungszahl der Erregerwicklung wird bei Wechselstrom-Kommutator-
maschinen normalerweise um den Faktor 1 2 kleiner als bei einer gleich großen
Gleichstrommaschine für dieselbe Spannung gewählt.
Ohne Berücksichtigung der Sättigung gilt wegen P(t) ~ if (t) für die Leistung:
pi  t   ui  t   ia t   k P t   ia t  ~ I d I a cos    I d ,I a   1  cos  2t   (3.24)
Die innere Leistung pulsiert mit doppelter Speisefrequenz. Die Leistung wird maximal, wenn die
Ströme id und ia in Phase liegen. Daher werden Wechselstrom-Kommutatormaschinen nur in

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Der häufig zu findende Begriff Universalmotor ist irreführend, da dieselbe Maschine nur unter großen
Zugeständnissen sowohl an Wechsel- als auch an Gleichspannung betrieben werden kann.

Skript zur Vorlesung Grundlagen der Elektrotechnik (Service)


Technische Universität Berlin 3-15
Fakultät IV- Elektrotechnik und Informatik
Reihenschlussausführung gebaut und dadurch Gleichphasigkeit der Ströme in jedem
Betriebspunkt erreicht.
Wechselstrom-Kommutatormaschinen wurden bis zur Einführung der Halbleiter-Stromrichter als
Antriebe in Wechselstrombahnen eingesetzt 8. Heute haben Universalmotoren eine große
wirtschaftliche Bedeutung bei Haushaltsgeräten und Elektrowerkzeugen.
Eine Verstellung der Drehzahl kann über leistungselektronische Steller erfolgen (so genannte
Phasenanschnittsteuerungen, s. Spezialveranstaltungen).

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Die heute noch übliche Sonderfrequenz von 16,7 Hz bei vielen Vollbahnen ist auf spezielle Eigenschaften der
Wechselstrom-Kommutator-Maschine zurückzuführen

Skript zur Vorlesung Grundlagen der Elektrotechnik (Service)

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