10.

1 Lebendig berichtet -
Eine Reportage erschließen und beschreiben
Den Text lesen und verstehen
Kopenhagen
Blaupause für die Fahrradstadt
Breite Wege , Garagen, grüne Welle: Die Dänen
erziehen die Bürger ihrer Hauptstadt mit Privi-
lecien zu Radlern - und haben Erfolg damit.
Von Kai Stnttmatter 16.01.2019
Eisblauer Himmel. Wolken wie h1ngetuplt , die
sich Irn Wa,ser unter uns spiegeln Und diese
Brücke über den Hafen ganz fur un~ allein- ein
Skateboarder, Pme Radlerin . die sich ein knall - ilber das Wetter! Ka bel! war bis vor Kurzem als
rotes Cello auf den Rür ken geschnallt hat, und Umweltbürgermeister zuständig fü r die Fahr-
wir auf unseren 81ll1gr;Jdern au, China 1. .. 1 radpol1l1 k, Jetzt leitet er „Copenhagenize". Und
Und Jetzt das hier· die Cykelslangen. eine sich Juch er sagt nun den Satz, den ich zuletzt als
uber das Meer schldngclnde neue Brucke allein kleines Kind so oft zu hören bekam wie die letz-
fur Rad ler und FuRganger. unter uns die Svm-
ten Woc hen in Kopenhagen: . Es gibt kein
merschw1mmbcrken fur die Hafensr l1win1rrer
'>Chlechtes Wetter. Es gibt nur schlechte Klei
Uber uns eine Mowc. Sie ;egell . wir schwrben
du11gI" Nein, fügt er dann hinzu, die Kopenha -
An solt hen ldgen wundert einen nicht. dass die
g~ner radelten nicht aus Überzeugung und
Red..ikt1on des . Lonely Planet • Kopenhagen vor
nicht wegen eines sc hlechten Umweltgewi, ·
Kur, em 1ur sehenswertesten Stadt der Welt
sens „Sie radeln ganz einfach deshalb, weil es
kurte. Fatmadhauµtstadt dl'r Welt l';t ~Ie auch
heute die schnellste und bequemste Möghch-
wieder: 1. 1 In Kopenhagen radeln demnach
ke1 11~t. hier vorwärtszukommen." [ ... ]
m1ttlerwe1le 62 Prozent der ßurger Jeden Tag
TJL'>ächlich. Die grüne Welle für Radler. Die
zur Arbeit oder zur Schule. nur mehr 9 Prozent
Ampeln, die ein paar Sekunden früher auf Grün
fahren mit dem Auto.
schalten als bei den Autos. Die breiten Radwe-
Es g1ot auch andere Tage, Jetzt un W1nler sowie-
ge Die Haltelinien an den Kreuzungen, die für
so. Tage, wo einem der Regen von vorn ins
die Fahrradfahrer Jeweils ein paar Meter vor
Gesicht pe1t~ hl Und der Wind, Himmel, der
den Autos hegen, damit die rec hts abbiegenden
Wind. M1tschre1ben geht erst e111ma1viele Minu-
ten lang nicht, als man klamm vom Fahrrad Lkw-Fahrer stets die Radler im Blick haben. Die
steigt und dann ins Buro von Morten Kabel! Kreisverkehre, die teils in konzentrischen Rin-
stakst, die Finger starr vor Katte. Erste Frage gen angelegt sind. der knallblaue äußere Rifll
al~ Wie um alles in der Welt schatten Sie das. gehört dann den Rad lern . All das genieBI
die Kopenhagener aufs Fahrrad zu setzen? Klar. man , wenn man draußen vorn Flughafen kom-
die Stadt 1st nach , die Distanzen sind klein _ mend Richtu ng Innenstadt fährt und dabei dell
II
Weg über die Cykelslangen nimmt. Erst knapp
•er Jahre alt ist die Fahrradbrücke und schon
ine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Kommunen. In deutschen Städten, sagt er, fuh-
;tadt. 3000 Räder am Tag prophezeiten die le er sich auf Gehsteigen und Radwegen oft
'laner der Brücke 2014, mittlerweile sind es an nicht sicher. .Das Erste, was du tun musst:
nanchen Tagen 24000. Und das Beste: Sie ist Du musst das Radfahren sicher machen. So,
dass sich auch kleine Kinder und Alte wohlfüh-
1ur eine von 16 schon gebauten oder bald fer- IOO
len auf den Wegen .• Das Wichtigste dafür sei
1gzustellenden Brücken, die allein Radlern und
die physische Trennung von Straße, Radweg
'ußgängern gehören. Und wenn man auf der
und Gehsteig, etwa mit eigenen Bordsteinen.
inderen Seite der Brücke das große Einkaufs-
.Wir Dänen sind eigentlich schreckliche Ver-
zentrum Fisketorvet erreicht, dann ist das Erste,
kehrsteilnehmer", sagt er. •Wir sind Anarchis-
Nas dort auffällt, die Einfahrt zur Fahrradgara-
ten, erwarten aber von allen anderen, dass sie
""
r,e: kein klappriges Hintertürchen, sondern ein
sich an die Regeln halten.• Da seien auf den
zwei Stockwerke hoch knallblau angepinseltes
Asphalt gepinselte rote oder gelbe Linien zur
Tor direkt neben dem Eingang zur Mall, das
Trennung keine Lösung: ,.Man muss Autos,
r dhrräder, hierher!" schreit. Eine Reparatur- Fußgänger und Radler physisch voneinander no
wPrkstatt g1bt's auch in der Garage, außerdem trennen. Das braucht Platz. Aber ich kenne
Werkzeug zum Selberrepaneren. Hamburg, Leipzig und München: Ihr habt den
Platz, ihr müsst ihn euch nur nehmen!"
„Das Erste, was du tun musst: Du musst das In g~wisser Weise ist Kopenhagen mittlerwei-
Radfahren sicher machen.w le Opfer seines eigenen Erfolgs. Wenn auf zen- 11')
..) . Der Unterschied zu anderen Stadien 1st tralen Straßen am Tag 45000 Radfahrer un-
1E:lleicht. dass wir eine Vision hatten", sagt Ma- terwegs sind, dann sind auch die breiten
e Kästrup, die in der Stadtverwattung das dänischen Radwege schlicht zu schmal: Fahr-
Jhrradreferat leitet. Kopenhagen entschied radstaus sind heute Alltag an manchen Stellen.
hon vor mehr als einem Jahrzehnt, dass es •Wir müssen weiter ausbauen", sagt Marie 1/C
ne . nachhaltige• Stadt werden wolite: Bis ~strup . •Und wir brauchen auch viel mehr
,m Jahr 2025 möchte die Stadt C02-neutral Fahrradgaragen.•
n. 1. .. ] •Wandel wird einem nie geschenkt", Die gute Nachricht sei, sagt Morten Kabel!, dass
O<I Marie Kästrup: Der Raum, den die Fahrrä- das Rad nicht nur die effizienteste, sondern für
r bekamen - 375 Kilometer separate Fahr- die Stadt auch d,e billigste Investition sei . • Ko- "'
tdwege bis heute, zum Teil doppelt oder gar penhagen hat in all den Jahren 280 Millionen
·e1Mal so breit wie in Deutschland -, musste Euro in die Fahrradinfrastruktur investiert•, sagt
um Teil den Autofahrern genommen werden. er.• Das ist zufällig genau die Summe, die uns
'Jenn es aber der schnellste und zuverlässigste eine drei Kilometer lange Autoumgehung im
Weg zum Ziel ist, sagt Marie Kästrup, dann kön- Norden Kopenhagens gekostet hat.• l\'}
,e man die Mehrheit leicht überzeugen. Wann immer ihn ein Bürgermeister irgendwo
Autofahrer und Radler lieben beide ihre Frei- auf der Welt frage, wie Kopenhagen sich all die
Investitionen ins Fahrrad leisten konnte, sei sei-
heit. Aber als Radler hast du die Kontrolle über
ne Antwort stets dieselbe: •Wie kannst du dir es
deine Fahrt, während die Autos oft im Stau ste-
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leisten, das nicht zu tun?" • l l\
hen: Du entscheidest, wann du ankommst.·
(Süddeutsche Zeitung)
Morten Kabel! reist um die Welt, berät andere
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lest. de n Text aufmerksam durch. Beschreibt, wie in eurer Stadt/eurem Landkreis die Radfahrer
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rucksicht'1gt werden. Benennt die Unterschiede zu Kopenhagen.
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