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Die Hetäre in der griechischen und römischen
Komödie | Ulrike Auhagen
Texte intégral
1 In der Mittleren Komödie1 setzt sich verstärkt eine Tendenz
fort, die wohl bei Pherekrates ihren Anfang genommen
hatte: Komödien werden nach Hetären benannt; aus der
großen Zahl von Titeln läßt sich erschließen, daß die Hetäre
in der Mese eine bedeutende Rolle gespielt hat. Aufgrund der
sehr fragmentarischen Überlieferungist es allerdings nur
stark eingeschränkt möglich, konkrete und detaillierte
Aussagen über diese Figur zu treffen. Neben wenigen von
Hetären gesprochenen Textpassagen gibt es zahlreiche
überwiegend kurze Bemerkungen über sie; da meistens aber
der Kontext fehlt, ist schwer zu sagen, wie diese zu werten
sind. Auch ist es kaum möglich, wegen der Kürze der
Fragmente zwischen pauschalen (Vor-)Urteilen gegen eine
gesellschaftliche Schicht und individuell auf einzelne
Charaktere zugeschnittenen Äußerungen zu unterscheiden.
Bei den vielen bekannten Hetärennamen, die in den
Komödientiteln oder in einzelnen Fragmenten vorkommen,
besteht außerdem grundsätzlich die Schwierigkeit zu
entscheiden, obhistorische Figuren gemeint sind oder fiktive
Personen. Da über die Handlungsstrukturin vielen Fällen
bestenfalls spekuliert werden kann, ist auch der Stellenwert
der Hetäre innerhalb der Handlung ungeklärt.
2 Die Untersuchung der Hetäre in der Mittleren Komödie
gliedert sich in drei Teile: In einem ersten Schritt wird ein
Überblick gewonnen über die zahlreichen Komödien, deren
Titel von Hetärennamen gebildet werden. In einem zweiten
Schrittwerden die Aussagen über Hetären untersucht,
drittens die Fragmente, in denenmöglicherweise Hetären
selbst zu Wort kommen.
Alexis
4 Alexis werden neun Hetärenkomödien zugeschrieben: Der
erste Teil des Doppeltitels ’Αγωνὶς ἢ ‛Ιππίvσκος ist ein
Hetärenname,3 der zweite Teil bezieht sich wohlauf ein
Schmuckstück;4 nach Arnott ist dies ein Hinweis auf ein
“recognitiontoken”.5 Damit könnte es sich um eine
Anagnorisis-Komödie handeln: Wenn daszutrifft, könnte
entweder Agonis wiedererkannt werden oder die Hetäre bei
der Anagnorisis behilflich sein.
5 Auch die Komödie ’Ισοστάσιον6 ist laut Meineke7 nach einer
Hetäre benannt.8 Nach Arnott könnte der Name interpretiert
werden als “an ellipsis of ἰσοστάσιον μύρον (literally
‘perfume of equal weight/value’)”.9 Er führt die historische
Hetäre Stagonion an, deren Name aus der Kosmetik entlehnt
ist (Athen. 13, 586 b).
6 Der Titel ’Οπώρα ist im Katalog der Hetärenkomödien bei
Athenaios überliefert(13, 567 c). Zum einen bezeichnet er
eine Jahreszeit, den Spätsommer, die Erntezeit,10 zum
anderen bedeutet er ‚Ertrag‘, ‚Frucht‘: Das ließe sich
entweder auf die ‚Ernte‘ der Hetäre beziehen, die ihre Freier
schröpft,11 oder aber auf die Hetäreselbst, die eine ‚reife
Frucht‘ für ihre Kunden darstellt.12 Arnott überlegt, ob essich
bei der Protagonistin um eine “caricature of a real person”,
um eine “deglamorisationof the goddess who symbolised the
fruit harvest”13 oder um eine “personaficta in a plot of
unknown type” handelt.14 Er verweist auf den von Ailianos
verfaßten fiktiven Briefwechsel (epist. 7 und 8) zwischen
dem Bauern Derkyllosund “a greedy hetaira Opora who
rejects his advances”:15 Ailianos nehme seine fiktiven
Briefschreiber aus der Komödie, in diesem Fall eben aus
Alexis’ ’Οπώρα.
7 Während aus diesen drei Komödien Fragmente erhalten
sind, die Äußerungen vonoder über Hetären enthalten,
geben die Reste der anderen sechs Hetärenstücke des Alexis
wenig Aufschluß über die jeweilige Titelheldin oder die
Struktur der Handlung: Ob der Titel Λαμπάς16 (‚Fackel‘,
‚Leuchte‘) etwas über Eigenschaften oder Auftreten dieser
Hetäre verraten soll, ist völlig ungewiß:17 Mit dem
Flackerneiner Fackel könnte man einerseits ‚Lodern‘ oder
‚Leidenschaft‘ assoziieren, aberauch etwas Verzehrendes,
Zerstörerisches, Unstetes, Gefährliches. Bechtel18 führtzur
Veranschaulichung eine sehr ironisch gefärbte Partie bei
Lukrez, rer. nat. 4 an; ab Vers 1141 geht es um die in amore
mala. In diesem Zusammenhang heißt es:at flagrans,
odiosa, loquacula Lampadium19 fit (4, 1165). Mit dem ersten
Teil des Titels Δορκὶς20 ἢ Ποππύζουσα21 wählt Alexis einen
der typischen Hetärennamen, die oft von Tierarten abgeleitet
werden: Δορκίς dürfte mit δορκάς verwandtsein (‚Reh‘,
‚Gazelle‘); als Eigenname kommt Δορκάς bei Lukian, mer.
dial. 9 vor.22 Der Titel Παλλακή23 weist auf eine ‚ Konkubine‘
als offensichtlich wichtige Figur des Stückes hin. Ob der Titel
Παννυχὶς ἢ ῎Εριθοι eine Hetäre meint,24 istebenso wie bei
der bereits angeführten Komödie ’Ιπνòς ἢ Παννυχίς des
Pherekrates25 umstritten; immerhin erscheint der Name bei
Lukian, mer. dial. 9 als Hetärenname. Die beiden Titel
Πολύκλεια26 und Χορηγίς27 sind nach Athenaiosals Namen
von Hetären belegt.
Antiphanes
8 Athenaios 13, 555 a überliefert eine Anekdote (bei Kassel /
Austin als test. 8), diezwar vielleicht nicht wahr, aber
bezeichnend ist:28 Antiphanes habe einmal Alexanderdem
Großen eine seiner Komödien vorgelesen, und der König sei
überhauptnicht begeistert gewesen. Der Dichter habe
geantwortet, daß derjenige, dem seine Stücke gefallen, oft
ἀπò; συμβολῶν gespeist haben und noch öfter περὶ ἑταίρας
Schläge ausgeteilt und empfangen haben müsse. Athenaios
gibt als Quelle Lykophronvon Chalkis’ Werk Περὶ κωμῳδίας
an;29 selbst wenn eine solche Begegnungzwischen
Antiphanes und Alexander nie stattgefunden haben sollte,
kann man sich fragen, wie Lykophron darauf gekommen ist:
Er könnte die Anekdoteaus der Wirkung der Stücke
erschlossen haben; sie gibt damit vielleicht ein Urteilüber
den Charakter von antiphanischen Komödien ab: deftig,
derb, turbulent, nah am Leben (des Symposions). Manches
davon läßt sich in den Fragmenten wiederfinden: Es sind
Reste von Alltags- und Symposionsszenen erhalten.
Folgende Komödien sind nach Hetären benannt: Mit dem
Titel Μαλθάκη,30 abgeleitet vondem Adjektiv μαλθακóς =
μαλακóς (‚zart‘, ‚weich‘), wird wohl auf das äußere
Erscheinungsbild der Hetäre angespielt, vielleicht auf ihre
‚zarte Haut‘.31 Daseinzige Fragment (146 K./A.) könnte auf
eine Hetäre zielen; es enthält eine Aufzählungmehrerer
Verben, die Körperpflege, Schminken und Ankleiden
betreffen:Jemand redet wohl über die Toilette einer Hetäre,
vielleicht der Titelheldin.32 Der Titel Μέλιττα33 ist wieder ein
sprechender Name: Sowohl die Bedeutungen
‚Biene‘(‚bienenfleißig‘; es könnte auf das Fliegen von Blüte zu
Blüte angespielt sein, washäufig wechselnde Liebhaber
impliziert) als auch ‚ Honig‘ (‚honigsüß‘) passen. Auch der
Name Νεοττίς (‚Küken‘) ist typisch für eine Hetäre.34
Breitenbachschließt aus der Tatsache, daß neben Antiphanes
auch Eubulos und Anaxilas eine Νεοττίς geschrieben haben,
es werde auf eine bestimmte Frau dieses Namens oder
Beinamens in allen drei Komödien angespielt.35 Das bleibt
Spekulation. Der Hetärenname der Titelheldin der Komödie
Χρυσίς bezeichnet zumindest in Komödiender Nea wohl
immer ‚die gute Hetäre‘;36 Rückschlüsse auf ihren Charakter
bei Antiphanes lassen die Fragmente aber nicht zu; inwiefern
also in diesem Stückvielleicht eine vormenandrische ἑταίρα
χρηστή vorgekommen sein könnte, istganz unsicher.37 Das
Fragment 224 K./A. deutet wieder auf eine
Alltagssituationhin: Jemand klagt darüber, daß vier
Flötenspielerinnen und ein Dutzend Köche bezahltwerden
müßten. Nach Gulick handelt es sich um folgenden Kontext:
“a manis complaining of his son’s extravagance in giving a
dinner.”38 In diesen Symposions-Kontext dürften Hetären
gehört haben: Vielleicht waren die Kosten, die sie
verursachten, ein Thema. Außerdem sind die Komödientitel
“Αντεια,39 Φιλῶτις40 und Λαμπάς,41 die auf Hetären
hindeuten, überliefert.
Eubulos
9 Unter den sich auf Hetären beziehenden Titeln dürfte
Κλεψύδρα42 der markantestesein: Von diesem Stück ist
außer dem sprechenden (Bei-)Namen (‚Wasseruhr‘)nichts
überliefert, der bei Athenaios 13, 567 c-d folgendermaßen
erklärt wird: οὕτω δ’ ἐκλήθη αὕτη ἡ ἑταίρα, ἐπειδὴ; πρòς
κλεψύδραν συνουσίαζεν ἕως κενωθείη. Diese Betonung der
Liebesdienste nach der Uhr spricht für Geschäftstüchtigkeit.
Inder Komödie dürfte es anschauliche Beispiele dafür und
vielleicht auch Proteste der Liebhaber dagegen gegeben
haben. Bei Athenaios wird direkt im Anschluß erwähnt,der
richtige Name der Hetäre sei Μητίχη gewesen.43 Ob sie in
Eubulos’Komödie eine Rolle spielte oder eine fiktive Figur
mit dem Beinamen Κλεψύρα ausgestattet war, ist fraglich.
Weitere Eubulos-Komödien tragen häufige Hetärennamen:
Er schrieb eine Νάννιον,44 wie Antiphanes und Anaxilas eine
Νεοττίvς,45 wie Pherekrates und Alexis eine Παννυχίς,46
Πλαγγών47 und Χρύvσιλλα.48
Weitere Dichter
10 Von Timokles sind zwei Titel überliefert, die wohl auf eine
Hetäre weisen: Δρακóvτιον49 könnte ein sprechender Name
sein (δρακóντειος – ‚drachenartig‘; als Deminutivum zu
δράκων: ‚kleiner Drache / kleine Drachin‘). Νέαιρα ist der
Nameeiner berühmten Hetäre; inwiefern es aber in der
Komödie um diese historische Personging, ist fraglich.50 Auf
die ebenso bekannte historische Lais spielt Epikrateswohl
mit dem Titel ’Αντιλαίvς an.51 Von Anaxilas ist eine Νεοττίς,
von Amphis eine ’Οπώρα,52 von Axionikos eine Φίvλιννα53
und von Ephippos eine Φιλύρα54 überliefert.
[...]
[...]
18 Mit αὐτòν (1) dürfte ein junger Mann gemeint sein, die
Worte könnten von dessen Vater an einen Sklaven oder
Freund des Sohnes gerichtet sein, der darauf achten soll, daß
dieser nicht in die Hände einer Hetäre fällt.60
Charakteristisch ist die Metapherdes Fallenstellens und
Einfangens (ἐμπεσεῖν, 1; ἐμπλέκουσι, 4).
19 Ein unzufriedener Liebhaber scheint in Alexis’ ’Οπώρα (fr.
170 K./A.) zu sprechen:61 ἐρρέτω μέλαιν’ ’Οπώρα∙ πᾶσι γὰρ
χαρίζεται. Das Fragment ist als Sprichwort bei Makarios 4, 3
überliefert.62 Das Attribut μέλαινα bezieht sich wohl aufdie
Haut der Hetäre: Edmonds erklärt: “the blackness of
mortifying flesh”.63 Der Sprecher verflucht eifersüchtig, daß
sie auch anderen ihre Gunst schenkt, wie der Vorwurf πᾶσι
[...] χαρίζεται64 zeigt.
20 Im einzigen Fragment aus Epikrates’ Χορóς (8 K./A.) scheint
ein Mann seinem Ärger in ähnlicher Weise Luft zu machen:
Er klagt, eine Kupplerin (κατάρατος μαστροπóς) habe ihn
beschwindelt, weil sie geschworen habe, ‚sie‘
(offensichtlichdie vermittelte Hetäre) sei eine παρθένος, ein
πῶλος ἀδμής;65 statt dessen habe sie sich als eine μυωνιαv
entpuppt: Das ‚Mäusenest‘66 erklärt Ailianos, nat. hist. 12,
10, der das Fragment überliefert, folgendermaßen: ἐς
ὑπερβολὴν δὲ λαγνιστάτην αὐτὴν εἰπεῖν ἠθέλησε μυωνιὰν
ὅλην ὀνομάσας.
Profitgier
21 Um die Profitgier geht es konkreter in Timokles’ Νεvαιρα.
Das einzige erhaltene Fragment (25 K./A.) läßt zwar keine
Rückschlüsse auf die Titelheldin zu, enthält aber
Äußerungen über eine andere Hetäre, Phryne (2). Es klagt
offenbar ein abgewiesener Freier, der enttäuscht darüber ist,
daß er, der sie noch aus den Anfangszeitenihrer Karriere
kenne, von ihr nicht mehr empfangen werde, nachdem sein
Vermögen durch die Besuche bei ihr aufgezehrt sei:67
ἀλλ’ ἔγωγ’ ὁ δυστυχὴς
πᾶσιν ἐπιβουλάς.
‚Kostengünstigere‘ πóρναι
34 Als Reaktion auf Kritik an den kostspieligen Hetären lassen
sich einige Äußerungen über ‚kostengünstigere‘ πóρναι
(Prostituierte in einem Bordell) einordnen: Indem einzigen
erhaltenen Fragment zu Eubulos’ Παννυχίς (fr. 82 K./A.)
preist wohl ein Bordellbesitzer85 seine Damen an, die er
παλευτρίας (‚Lockvögel‘)86 nennt, und schließt mit einem
Hinweis auf die geringeren Belastungen (1-7):
[...] τὰς ϕλῳδοὺς κερμάτων παλευτρίας,
[...]
[...]
Charakterliche Eigenschaften
44 Ganz anders verhält es sich mit einer Äußerung im (einzigen)
Fragment aus der ‛ϒδρία des Antiphanes (210 K./A.):
Jemand berichtet über einen Mann, der eine Hetäre
kennengelernt und sich in sie verliebt habe (210, 1-4); dabei
wird ihr gutter Charakter ausdrücklich hervorgehoben (5-7):
οὗτος δ’ ὃν λέγω
45 Diese Hetäre sei eine attische Bürgerin (αjστῆς, 4), die aber
ohne ‚Beschützer‘ und Verwandte (ἐρήμου δ’ ἐπιτρóπου καὶ
συγγενῶν, 4) sei.96 Aber das eigentlich Herausragendeist die
Beschreibung ihres Charakters: ἦθóς τι χρυσοῦν πρòς
ἀρετὴν(5). Die letzten beiden Verse untermauern dies,
indem sie mit dem Doppelsinn von ἑταίρα spielen: Sie sei
‚wirklich eine Freundin‘, während ihre Kolleginnen durchihr
Benehmen diesem Attribut zuwider handelten. Durch die
Bemerkung wird zugleichauch das Ungewöhnliche und
Untypische der Figur betont.
46 Nach Rambelli sind die Verse dem Prolog entnommen.97
Wenn das zutrifft,spricht einiges dafür, daß in diesem
Fragment der tatsächliche Charakter der Hetäreals
Information für die Zuschauer beschrieben wurde und daß
sie eine nicht unbedeutende Rolle im Stück hatte. Es ist
bemerkenswert, daß sie Attribute einer ἑταίρα χρηστή trägt,
welche eigentlich erst bei Menander in der Neuen
Komödieauftaucht. Inwieweit dieser Typus innerhalb des
Stückes aber ausgebildet war, istunsicher, weil nur das eine
Fragment überliefert ist.98 Die Erwähnung des guten
Charakters der Hetäre und der Hinweis, daß sie attische
Bürgerin ist, könnten daraufhindeuten, daß am Ende eine
Anagnorisis gestanden hat.99 Nesselrath warnt im
Zusammenhang mit diesem und den im folgenden zitierten
Fragmenten vor der Annahme, „daß die χρηστή (oder ἀστεία
oder κοσμία) ἑταίρα in der Mittleren Komödie schon eine
häufige oder gar typische Erscheinung war.“100 In bezug auf
die ‛ϒδρία erwägt er, daß sie am Ende von Antiphanes’
Schaffenszeit steht, „d.h.schon im Vorfeld der neuen
Komödie“.101
47 Der Typ der ‚ guten‘ Hetäre könnte auch in Anaxilas’ Νεοττίς
eine Rolle gespielthaben: In fr. 21 K./A. unterhält sich ein
Mann mit einem anderen über das Mädchen,das er
kennengelernt hat. Der überlieferten Passage vorangegangen
ist wohleine lobende Schilderung ihres Verhaltens. Sein
Gesprächspartner legt zunächstallgemein fest, wann eine
Hetäre den Namen ἑταίρα – im ursprünglichen Wortsinn–
verdiene (21, 1-4):
ἐὰν δὲ τις μέτρια † καὶ λέγουσα
προσηγορεύθη.
ἁπλῆ τις.
4. Zusammenfassung
58 Aus der Vielzahl der Komödientitel, die Hetärennamen
enthalten, ist abzulesen,daß diese Figur bei den Dichtern der
Mittleren Komödie beliebt war. Gleichwohlist von den
meisten Stücken nur der Titel überliefert. Daß die
Namensgeberin alshandelnde Person auf der Bühne
erschien, ist anzunehmen; wie diese Rollen jeweilsaussahen,
bleibt im dunkeln. Vielen dieser Titel entsprechen Namen
von Hetären, die im 4. Jahrhundert wirklich gelebt haben;
dennoch bleibt unklar, ob inden Stücken diese historischen
Personen oder statt dessen fiktive Figuren, die‚typische‘
Hetärennamen der Zeit tragen, auftreten.
59 Die überwiegende Zahl der angeführten Fragmente enthält
Äußerungen über Hetären, in nur wenigen kommen diese
selbst zu Wort. Die Bemerkungen über siesind fast alle
negativer Natur: In pauschalen Verurteilungen oder auch in
konkreten Fällen wird überwiegend die rücksichtslose
Gewinnsucht angeprangert, die reiche Liebhaber in den
finanziellen Ruin treibt. Alt gewordene Hetären werden
verspottetob ihrer Trunksucht und ihrer Bemühungen, die
Spuren des Alters durch übertriebene Schminke zu
überdecken. Nur fünf Fragmente enthalten ‚positive‘
Äußerungen, wovon sich allerdings drei auf äußerliche
Eigenschaften oder Verhaltensweisenbeziehen: dezente
Tischmanieren (Eubulos, Καμπυλίον), zarte Blicke
(Philetairos, Κορινθιαστής) und das Aufheitern betrübter
Liebhaber (Ephippos, ’Εμπολή). Nur zwei Fragmente haben
anscheinend positive Eigenschaften zum Inhalt (Antiphanes,
‛ϒδρία und Anaxilas, Νεοττίς); wie das Anaxilas-Fragment
zuwerten ist, bleibt fraglich, denn das einzige andere für die
Komödie überlieferte Textstück enthält eine Schimpftirade
auf Hetären. Das ‛ϒδρία-Fragment könnte eine ‚objektive‘
Aussage enthalten, wenn es, wie vermutet wurde, aus dem
Prolog stammt. Ob eine solche Hetäre – wenn sie denn
tatsächlich eine Vorläuferin der ἑταίρα χρηστή ist – ein
Einzelfall war oder ob ihr singuläres Auftreten Zufall
derÜberlieferung ist, kann nicht beantwortet werden.
60 Die vier Fragmente, in denen Hetären wohl selbst zu Wort
kommen, sind überwiegend für ein Urteil über deren
Verhalten oder charakterliche Eigenschaften nicht
aussagekräftig: Allein Antiphanes’ Πρóβλημα zeigt
möglicherweise eine geistreiche Hetäre beim Symposion.
61 Für keine der überlieferten Komödien ist es möglich, die
Äußerungen über Hetären an deren tatsächlichem Auftreten
oder Verhalten zu messen bzw. zu ‚überprüfen‘,da für keine
Aussagen von ihr und über sie innerhalb desselben Stücke
süberliefert sind. Das macht die Bewertung dieser Urteile so
schwer: Bei negative Äußerungen ist nicht klar, ob sie
‚objektiv‘ sind oder ob sie vor allem der Enttäuschung oder
Rachsucht eines abgewiesenen, vielleicht finanziell
ruinierten Liebhabers entspringen, während den Zuschauern
eine ganz anders handelnde Figur vor Augen geführt wurde.
Ebenso können positive Kommentare dem Stadium
einer‚ersten Verliebtheit‘ entstammen, während das
Publikum bereits den ‚wahren‘ Charakter der Figur erkennen
konnte. Der Kontext fehlt jeweils völlig.
62 Es bleibt noch zu fragen, welchen Stellenwert allgemein die
spärlichen Erkenntnisseüber Hetären „innerhalb des großen
Trümmerfeldes der Mittleren Komödie“haben: Wie
Nesselrath gezeigt hat, tauchen bestimmte Szenen, die mit
der Vorbereitungund Durchführung eines Symposions zu tun
haben, immer wieder auf. Oftstehen sie nicht einmal in
einem besonders engen Zusammenhang mit der
Handlungdes jeweiligen Stückes.111 In diesen Kontext von
Alltagsszenen lassen sichviele der angeführten Hetären-
Fragmente einordnen: das ‚Organisieren‘ von (exquisiten)
Speisen, das Thema ‚kostbare Kleidung und Schmuck‘, das
Schimpfen über Hetären, die zu diesen Zwecken ihre
Liebhaber ‚ausbeuten‘. Solche Gespräche, beidenen
Vorurteile und Schimpftiraden, aber vielleicht auch lobende
Worte über Hetären ausgetauscht wurden, können im
Vorfeld von oder auch bei Symposien stattgefunden haben.
Derartige ‚ Einlagen‘ dürften als unterhaltsam empfunden
wordensein. Unter diesen Aspekt lassen sich
selbstverständlich nicht alle Fragmente einordnen, auch ist
damit noch nichts über die Handlungsstruktur der jeweiligen
Komödie gewonnen.
63 Welches Gewicht auch immer die Figur der Hetäre in der
Mittleren Komödie hatte: In den angeführten Fragmenten ist
deutlich geworden, daß ein breites Spektrum von Facetten
gezeigt wurde, die zum Teil aus der Alten Komödie
übernommen wurden: die geldgierige, reich gewordene
junge Hetäre, die arme junge Hetäre, die alt gewordene
(trunksüchtige, häßliche) Hetäre und vielleicht die junge
‚gute‘ Hetäre. Letztere wird in der Neuen Komödie einen
wichtigen Stellenwert haben, aber auch die reiche,
geldgierige Hetäre wird wohl weiter eine Rolle spielen.
Notes
1. Allgemein zum Begriff der Mese, zur Abgrenzung von Archaia und Nea
sowie zur Datierung der einzelnen Dichter vgl. Nesselrath 1990.
2. Vgl. die Aufzählung bei Nesselrath 1990, 319 Anm. 97 und
ausführlicher Breitenbach 1908, 128-141.
3. Vgl. Sud. α 335: ’Αγωνίς: ὄνομα ἑταίρας. Vgl. auch Breitenbach 1908,
135. Nach Arnott 1996a, 52 ist es unklar, “whether the Suda reference
was to a real-life hetaera or to Alexis’ title”.
4. Liddell / Scott / Jones erklären den Begriff als Deminutivum von
ἵππος; es sei ein “ornament for the head”.
5. Arnott 1996a, 52; vgl. bereits Webster 1960, 171. Die Fragmente
verraten darüber nichts.
6. Gulick, VI, 1937, 67 übersetzt “Fair Measure”.
7. Meineke, III, 1840, 422. Vgl. auch Bechtel 1902, 118-119 und
Breitenbach 1908, 135-136.
8. Edmonds, II, 1959, 417 Anm. b glaubt nicht an einen Spitznamen einer
bestimmten Hetäre: “perhaps more likely a colloquial term for the
species, as it were ‘ersatz-wife’”. Vgl. dazu Arnott 1996a, 268 Anm. 1:
“The idea is ingenious, but fails for lack of evidence.”
9. Arnott 1996a, 268.
10. Dazu vgl. Bechtel 1902, 128. Vgl. auch Breitenbach 1908, 136, der
Belege für (eine) reale Person(en) dieses Namens anführt.
11. Eine Illustration dieser ‚landwirtschaftlichen‘ Metapher bieten die
Worte des Sklaven Parmeno über die Hetäre Thais in Terenz’ Eunuchus,
in denen sie als nostri fundi calamitas (Eun. 79) bezeichnet wird.
12. So wird es von Gulick, VI, 1937, 65 Anm. d gedeutet (‘ripe fruit’).
13. In diesem Zusammenhang verweist Arnott 1996a, 497 auf die
stumme Figur Opora in Aristophanes’ Frieden, “where she combines the
functions of goddess [...], bride for Trygaios [...] and hetaira/harlot”. Ob
hier ein Rückgriff auf Aristophanes vorliegt, ist unklar.
14. Arnott 1996a, 497.
15. Arnott 1996a, 498.
16. Als Beleg dafür, daß es sich um den Namen einer Hetäre handelt, läßt
sich Athenaios 13, 583 e anführen, der verschiedene bei Aristophanes
von Byzanz vergessene Hetären aufzählt, u.a. eine Λαμπάς. Arnott 1996a,
357 weist darauf hin, daß Athenaios keine Angaben über Alter oder
Herkunft mache; deshalb ergebe sich die Frage: “was she a real person or
just a character in a play, perhaps Alexis’ or Antiphanes’ Λαμπάς?”
17. In dem einzigen Fragment (128 K./A.) geht es um Verschwendung;
Arnott 1996a, 357 erklärt es “with reference to her [sc. the hetaira’s]
impoverishment of a young man in love with her” (357).
18. Bechtel 1902, 122.
19. Sowohl die hier zitierte Lukrez-Ausgabe von Bailey (Lucreti De rerum
natura libri sex, rec. C. B., Oxonii 21922) als auch die meisten anderen
verstehen Lampadium als Eigennamen und schreiben den Begriff
deshalb groß, anders Brown 1987c, 290. Es scheint sich hier aber um
einen Hetärennamen zu handeln, der im Textzusammenhang nicht der
einzige ist: Vier Verse zuvor fällt der Begriff dorcas (von Bailey allerdings
klein geschrieben), der bei Lukian, mer. dial. 9 als Hetärenname
vorkommt. – Es ist in diesem Zusammenhang nicht ganz uninteressant,
daß Domenicucci 1981 erwogen hat, das Vorbild für die Verse 4, 1160-
1169 sei ein Fragment aus Alexis’ ’Ισοστάσιον (fr. 103 K./A., vgl. unten S.
69; zu anderen potentiellen Vorbildern bei Platon und Theokrit vgl.
Brown 1987c, 128-132), in dem ausführlich über die ‚Korrektur‘
körperlicher Nachteile bei jungen Hetären berichtet wird.
20. Zum Namen vgl. Bechtel 1902, 87 und Breitenbach 1908, 135.
21. Edmonds, II, 1959, 399 übersetzt “Dorcis or Madam Smack-Lips”. Zu
dem Doppeltitel vgl. Arnott 1996a, 178: “Alexis’ titular heroine is likely to
have been a hetaira. Whether it was she or some other female character
who popped her lips, is uncertain.”
22. Die Fragmente geben für die Hetärenthematik (und auch überhaupt)
wenig Hilfe, fr. 59 K./A. gehört in einen Symposionszusammenhang,
“where hetairai would not be out of place” (Arnott 1996a, 178).
23. Zu παλλακή vgl. oben das Kapitel ‚Begriffsbestimmung ἑταίρα und
meretrix‘. Von Diphilos ist der Titel Παλλακίς überliefert (vgl. unten S.
129).
24. Nesselrath 1990, 319 Anm. 97 ordnet die Komödie unter diejenigen
ein, die „[e]inigermaßen sicher auf Hetären zu beziehen sind“; nach
Arnott 1996a, 516 hingegen bezieht sich der Titel auf “one of the night
festivals in Attica where the participants were entirely or predominantly
women, and [...] free girls were raped under the cover of darkness”. Er
folgert, die Handlung könnte “a conventional type of New-Comedy
intrigue revolving round the consequences of such a rape” gebildet
haben; die Fragmente allerdings helfen überhaupt nicht weiter: Sie
betreffen überwiegend einen Koch.
25. Vgl. oben S. 54.
26. Vgl. Athenaios 14, 642 c: ἑταίρας δ’ ὄνομα Πολύκλεια. Vgl. auch
Arnott 1996a, 556: “most probably a persona ficta in a conventional type
of intrigue plot; no real-life courtesan with this name is known”. Das
einzige erhaltene Fragment gehört wohl in den Bereich ‚Symposion‘ und
hat einen Parasiten als Sprecher (Nesselrath 1990, 315), bietet aber keine
Aufschlüsse über die Titelheldin.
27. Nach Arnott 1996a, 727-728 könnte der Titel auf zwei Arten gedeutet
werden: “It could be the name of a woman, possibly (but not necessarily
[...]) a hetaira [...]. Alternatively χορηγίς could be a female χορηγóς”. Für
einen Hetärennamen spricht sich Nesselrath 1990, 319 Anm. 97 aus.
Bechtel 1902, 67 verweist auf Athenaios 13, 577 c, der eine Hetäre dieses
Namens erwähnt, die mit dem Athener Aristophon befreundet gewesen
sein soll. Nach Breitenbach 1908, 165 ist es aber nicht wahrscheinlich,
daß sie gemeint ist. Das einzige Fragment hilft nicht weiter.
28. Nesselrath 1990, 20 Anm. 60 hält sie für eine „bemerkenswerte
Anekdote“, Mangidis 2003, 19 bezweifelt sie.
29. Fr. 13 Strecker.
30. In Menanders Sikyonios tritt eine Hetäre dieses Namens auf, vgl.
dazu unten das entsprechende Kapitel.
31. Vgl. Bechtel 1902, 45.
32. Vgl. Breitenbach 1908, 128-129.
33. Nach Kassel / Austin, II, 1991, 392 „meretricis nomen vel cognomen“.
Vgl. Auch Bechtel 1902, 98-99 und Breitenbach 1908, 129. Zu ähnlichen
Beinamen für Hetären vgl. Athenaios 13, 583 e.
34. Zu diesen von Tieren abgeleiteten Namen vgl. Bechtel 1902, 86-89.
Vgl. Auch unten S. 64 zur Νεοττίς des Eubulos und S. 76 zur Νεοττίς des
Anaxilas.
35. Breitenbach 1908, 130.
36. Vgl. Blume 1974, 13 Anm. 24.
37. Vgl. aber unten S. 74-75 die Bemerkungen zu Antiphanes’ ‛ϒδρία, in
der eine ‚gute Hetäre‘ vorgekommen sein könnte.
38. Gulick, II, 1928, 282.
39. Vgl. Mangidis 2003, 161: „Es ist [...] sehr wahrscheinlich, daß sich
der Titel auf die namhafte athenische Hetäre Anteia bezieht, die in
Komödienstücken der ersten Hälfte des 4. Jhs. oft vorkommt.“ Vgl. auch
oben S. 54 zur ῎Αντεια des Eunikos oder Philyllios.
40. Vgl. Breitenbach 1908, 130: „Nomen meretricis se esse ipse declarat
titulus“. Eine gleichnamige Hetäre gibt es in Terenz’ Hecyra, vgl. unten
das entsprechende Kapitel, und bei Alkiphron, epist. 4, 9, 4.
41. Vgl. oben S. 61 zur gleichnamigen Komödie des Alexis. Das einzige
erhaltene Fragment 135 K./A. gehört wohl in eine Symposionsszene.
42. Vgl. auch Bechtel 1902, 27 und Breitenbach 1908, 131.
43. ὡς ’Ασκληπιάδης εἴρηκεν ὁ τοῦ ’Αρείου ἐν τῷ περὶ Δημητρίου τοῦ
Φαληρέως συγγράμματι, τò κύριον αὐτῆς ὄνομα ϕάσκων εἶναι Μητίχην.
Vgl. dazu Hunter 1983, 141: “We do not know why this courtesan was
mentioned in a work on Demetrius of Phalerum, but it is quite
conceivable that her career covered the later stages of Eubulos’ working
life and the earlier part of Demetrius’ life”.
44. Zum Titel vgl. Hunter 1983, 152.
45. Vgl. oben S. 63 zur Νεοττίς des Antiphanes und unten S. 76 zur
Νεοττίς des Anaxilas. Hunter 1983, 160 kombiniert die Fragmente aus
allen drei Komödien dieses Titels, obwohl das “normally quite
illegitimate” sei, und baut sie zu einer Anagnorisis-Handlung zusammen.
Zum Hetärennamen merkt er an: “it belonged to no famous hetaera
known to us.”
46. Vgl. oben S. 54 zur gleichnamigen Komödie des Pherekrates und 62
des Alexis, wo auf die Bedeutung des Titels eingegangen wird. Nach
Hunter 1983, 175 war ‚Pannychis‘ entweder “the name of a woman,
presumably a hetaira”, oder das Stück “represented or referred to a
παννυχίς, a largely female festival, at which, however, men might be
present”. Vgl. auch unten S. 72 zu dem einzigen Fragment aus Eubulos’
Παννυχίς , in dem ein Bordellbesitzer seine Damen anpreist.
47. Vgl. Hunter 1983, 178: “Πλαγγών was the name of a famous hetaera
of the second half of the fourth century”; der Name fällt auch bei
Anaxilas, fr. 22 K./A. (zu diesem Fragment vgl. unten S. 66-67) und bei
Timokles, fr. 27 K./A. (zu diesem Fragment vgl. unten S. 71). Nach Kassel
/ Austin, V, 1986, 240 könnte die dort erwähnte Hetäre auch bei Eubulos
gemeint sein. Schiassi 1951, 232 und andere bringen Eubulos’ Titelheldin
mit einer historischen, bei Ps.-Demosthenes, or. 39 und 40 Πρòς
Βοιωτóν erwähnten Plangon in Verbindung, “but this must be considered
very doubtful indeed” (Hunter 1983, 179): In diesen Reden würden
keinerlei “dubious activities in Plangon’s past or present” erwähnt.
Πλαγγών ist allerdings auch der Name von freien Athenerinnen, wie z.B.
in Menanders Samia. Das alles ist unsicher, es ist kein Fragment
erhalten.
48. Vgl. Meineke, I, 1839, 367, ähnlich Edmonds, II, 1959, Anm. g und
Hunter 1983, 214. Bei Athen. 10, 436 f wird eine Hetäre dieses Namens
erwähnt, die mit Perikles und Ion befreundet gewesen sein soll. Das
einzige Fragment enthält eine Verfluchung der Ehe, in der auch
mythologische Heldinnen aufgezählt werden; esspricht wohl ein
enttäuschter (Ehe-)Mann, ein Hetärenbezug ist nicht erkennbar.
49. Vgl. auch Breitenbach 1908, 168, der auf Anaxilas, fr. 22, 3 (K./A.)
verweist, in dem eine Hetäre unter anderem mit einer ‚wilden Drachin‘
(δράκαιν’ ἄμεικτος) verglichen wird, vgl. dazu unten S. 66-67. Das
einzige erhaltene, immerhin 19 Verse lange Fragment aus der
Δρακóντιον läßt keine Rückschlüsse darüber zu; es handelt von einem
Parasiten.
50. Nach Hartmann 2002, 193 ist das Stück „vom Prozess gegen Neaira
inspiriert, der um 340 in Athen stattfand“. Zu diesem Prozeß vgl. oben S.
15.
51. Ob der Titel aber, wie Hartmann 2002, 192 meint, auf den Prozeß
gegen diese Hetäre anspielt, erscheint sehr fraglich: ’Αντιλαίς deutet,
wenn man den Nominativ ernst nimmt, eher auf eine ‚Gegenfigur‘ zu Lais
hin als auf ein Spiel mit dem Redentitel Κατὰ Λαίδος, den Athenaios 13,
592 e überliefert.
52. Es ist kein Fragment erhalten, zur Bedeutung des Titels vgl. oben S.
60-61 zur ’Οπώρα des Alexis.
53. Vgl. oben S. 55 zur Φίλιννα des Archaia-Dichters Hegemon und
Breitenbach 1908, 119. Das einzige erhaltene Fragment zielt allgemein
auf die Weinseligkeit der Frauen (fr. 5 K./A.): γυναικὶ δὴ πίστευε μὴ
πίνειν ὕδωρ. Ob dies im Zusammenhang mit einer dem Alkohol
zugetanen Hetäre gesagt wird, ist unklar.
54. Daß es sich bei dem Titel um einen Hetärennamen handelt,
überliefert Athenaios 7, 286 e. Nach Meineke, I, 1839, 353 handelt es sich
bei der Titelheldin um dieselbe Hetäre, die Lysias bei Athenaios 13, 586 e
erwähnt: Φιλύρα γέ τοι ἐπαύσατο πορνευομένη ἔτι νέα οὖσα.
55. Nach Gow 1965, 8 handelt es sich wie bei dem Hetären-Katalog in
Timokles’ ’Ορεσταυτοκλείδης um “perhaps rather typical hetaera-names
without reference to individuals”.
56. Vgl. dazu allgemein Waser 1894, 73, der im Anschluß auf Anaxilas
verweist: „So kommt Charybdis, seltener auch Skylla, schon früh auf als
Bezeichnung für habgierige Hetären“.
57. Das einzige andere für die Komödie erhaltene Fragment (21 K./A.)
enthält hingegen eine positive Äußerung über eine Hetäre, dazu unten S.
76.
58. Nach Webster 1970b, 63 warnt ‘a pedagogue or father’ einen jungen
Mann.
59. Vgl. Nesselrath 1990, 322.
60. Vgl. Meineke, III, 1840, 631-632.
61. Vgl. auch Arnott 1996a, 501: “the words suit a hetaira’s rejected
lover”.
62. Für eine Zuweisung dieses Sprichwortes zu Alexis’ Komödie vgl.
Arnott 1996a, 498-499.
63. Edmonds, II, 1959, 453 Anm. f. Vgl. auch Arnott 1996a, 501: “‘dark-
complexioned’”.
64. Vgl. Arnott 1996a, 501: “the standard denunciation of hetairai and
promiscuous women”.
65. Vielleicht liegt hier eine Homerparodie, zumindest eine -anspielung
vor: Od. 6, 109 wird Nausikaa als παρθένος ἀδμής bezeichnet.
66. Ein ähnliches, auch mit der ‚Wollust‘ von Mäusen spielendes Bild
wird im einzigen Fragment von Philemons Παροινóς (65 K./A.) benutzt,
das bei Ailianos im Anschluß zitiert wird, vgl. dazu unten S. 126-127.
67. Der gleiche Vorwurf wird in Aristophons ᾿Ιατροvς mit einer
pointierten Wendung pauschal auf alle Hetären angewandt (4 K./A.): αἱ
τῶν ἑταιρῶν γὰρ διοπετεῖς οἰκίv∙/ γεγóνασιν ἄβατοι τοῖς ἔχουσι μηδὲ ἕν.
68. Vgl. auch Breitenbach 1908, 136-138.
69. Zur historischen Phryne vgl. oben S. 14-15.
70. Dieses Motiv hatte Aristophanes im Ploutos durchgespielt und auf
die Hetären-Thematik ausgedehnt, vgl. dazu oben das entsprechende
Kapitel.
71. Sinope wird auch bei Anaxilas, fr. 22, 12 (dazu siehe oben S. 67), Lyke
und Nannion bei Timokles fr. 27, 2 (dazu unten S. 71) erwähnt.
72. Vgl. Webster 1970b, 63.
73. “the metaphor goes back to Homer Il. 18.367, Od. 16.379” (Arnott
1996a, 275).
74. Vgl. Webster 1970b, 63 und Arnott 1996a, 268.
75. Diesen Zusammenhang legt jedenfalls Athenaios 13, 570 b nahe, der
das Zitat folgendermaßen einleitet: τῶν οὖν μεγαλομίσθων ἑταιρῶν
ἀποτρέπω σε, γραμματικώτατε, διóτι etc.
76. Vgl. Gulick, VI, 1937, 79 Anm. e.
77. Lais wird auch in Anaxandrides’ Komödie Γεροντομανία zusammen
mit anderen Hetären genannt (9 K./A.). In diesem Fragment unterhalten
sich wohl Männer über ihre ehemaligen Geliebten. Über Lais heißt es:
ἡμέτερον ἦν παίγνιον (9, 3).
78. Hetären werden allgemein mit reichlichem Alkoholgenuß in
Verbindung gebracht (zu Beispielen in der Archaia siehe oben
Pherekrates’ Κοριαννώ): In einem Fragment aus Alexis’ Ταραντῖνοι heißt
es über die Hetäre Nannion (225 K./A.): Νάννιον δὲ μαιvνεται / ἐπὶ τῷ
Διονύσῳ. Dies wird auch in dem erklärenden Zusatz bei Athenaios 13,
587 b, der das Fragment zitiert, betont: κωμῳδῶν αὐτην ὡς μέθυσον. Aus
Eubulos (incert. 122 K./A.) ist ein Wortspiel um alten Wein, alte und
junge Männer und Hetären überliefert: ἄτοπóν γε τòν μὲν οὖνον
εὐδοκιμεῖν ἀεὶ / παρὰ ταῖς ἑταίραις τòν παλαιóν, ἄνδρα δὲ / μὴ τòν
παλαιóν, ἀλλὰ τòν νεώτερον. Der Kontext fehlt, Sprecher ist vielleicht ein
enttäuschter (alter?) Liebhaber.
79. Nach Webster 1970b, 63 gehört dieses Fragment in folgenden
Kontext: “someone warns a young hetaira of the fate in store for her”.
80. Gow 1965, 8 gibt zu bedenken: “the names are perhaps rather typical
hetaeranames without reference to individuals.”
81. Vgl. Meineke, I, 1839, 432: „haud levis oboritur suspicio, ut apud
tragicos poetas Orestem a Furiis propter parricidium, ita in Timoclea
fabula Autoclidem propter puerorum amores a meretricibus acerrime
fuisse vexatum“.
82. Vgl. auch Hunter 1983, 192: “the aged and painted women [...] are
hetaerae who have passed their time; these may be the garland-sellers
themselves or they may be a second group contrasted with the garland-
sellers.”
83. Spott über die zu dick aufgetragene weiße Schminke hatten auch die
alten, wie Hetären agierenden Frauen in Aristophanes’ Ekklesiazusen zu
ertragen, vgl. oben S. 45. Hunter 1983, 192 verweist auf Plautus, Most.
274-281, wo die Dienerin Scapha die Pseudo-Hetäre Philematium vor
den Folgen von zuviel Salben, Parfum und Schminke warnt und als
abschreckendes Beispiel vetulae, edentulae, quae vitia corporis fuco
occulunt (275), anführt.
84. Für einen Vergleich Hetäre – Ehefrau, der zu Ungunsten letzterer
ausfällt, vgl. Unten S. 74 ein Fragment aus Philetairos’ Κορινθιαστής (5
K./A.).
85. Vgl. Nesselrath 1990, 323-324.
86. Vgl. auch Hunter 1983, 176, der auf Plautus, Asinaria 215-225
verweist, wo die lena Cleareta sich in bezug auf ihr Geschäft desselben
Bildes bedient: auceps sum ego, / esca est meretrix, lectus inlex est,
amatores aves (Asin. 220-221). Zur Asinaria vgl. unten das
entsprechende Kapitel.
87. Vgl. den Kontext bei Athenaios 13, 569 a, der das Fragment zitiert:
ἐπιτιμᾷ δὲ καὶ Ξέναρχος ἐν Πεντάθλῳ τοῖς παραπλησίως σοι βιοῦσιν καὶ
ἐσπουδακóσι περὶ τὰς μεγαλομίσθους ἑταίρας καὶ τὰς ἐλευθέρας τῶν
γυναικῶν [...].
88. Auch aus der Neuen Komödie ist ein Fragment überliefert, in dem
ein Bordellbesitzer seine kostengünstigen Damen anpreist (Philemon,
’Αδελφοί, 3 K./A.; dazu Nesselrath 1990, 324).
89. Das geht aus dem Kontext bei Athenaios 8, 363 c hervor, der das
Fragment folgendermaßen einleitet: περὶ ἑταίρας δέ τινος λέγει: [sc.
Ephippos].
90. Vgl. Wehrli 1936, 40: „daneben tritt aber jetzt das Mädchen auf, das
mit den Jünglingen auf freundschaftlichem Fuße steht [...]. Man rühmt
[...] die zarte Hilfsbereitschaft, mit der es den betrübten Liebhaber
aufzurichten sucht“.
91. Zum Titel vgl. Hunter 1983, 131.
92. Vgl. auch Hunter 1983, 134.
93. Vgl. auch Hunter 1983, 134.
94. Die Verse 2-3 des Fragmentes 5 K./A. entsprechen dem aus
Philetairos’ Κορινθιαστής stammenden Fragment 8 K./A.
95. Als Beispiel dafür, daß der Vergleich Hetäre – Ehefrau auch einmal
zum Nachteilersterer ausfallen kann, dient das oben S. 71-72 zitierte
Fragment aus Eubulos’ Στεϕανοπώλιδες (97 K./A.).
96. Zu Hetären, die Bürgerinnen sind, vgl. auch Lipsius, II, 1908, 480-
481 und Hartmann 2002, 188: „dies war aber eher die Ausnahme.“
97. Vgl. Rambelli 1957, 186, der dafür stilistische Argumente liefert (186-
189).
98. Nesselrath 1990, 322, der auch die besondere Stellung dieses
Fragmentes hervorhebt, gibt zu bedenken, daß andererseits „das
Hetärenlob noch ganz im Stadium einer ersten wundersamen
Verliebtheit gesprochen“ sein konnte, „der Zuschauer mochte da
vielleicht schon besser Bescheid wissen als der Veliebte und sich über
diesen Kontrast amüsieren“. Dagegen spricht, daß hier nicht der
Verliebte zu Wort kommt, sondern von einem dritten über ihn
gesprochen wird (οὗτος δ’ ὃν λέγω, 210, 1).
99. Vgl. Rambelli 1957, 190 und Webster 1970b, 77: “It seems very likely
that she was recognised and possible that the hydria contained
recognition tokens as well as dowry.” Gegen die Hydria als Behältnis für
Wiedererkennungszeichen spricht sich Rambelli 1957, 190 aus; er nimmt
einen Schatz an, der den verstorbenen Eltern des Mädchens gehört habe
und der als Mitgift fungiere.
100. Nesselrath 1990, 322. Ganz abwehrend gegenüber dem Gedanken
einer ‚guten Hetäre‘ ist Mangidis 2003, 23, der pauschal urteilt: „Die
spärlichen positiven Bezeichnungen der Hetären sind auf augenblickliche
Emotionen der Protagonisten zurückzuführen (vgl. Antiph. Frg. 210).“
101. Nesselrath 1990, 322. Rambelli 1957, 190 betrachtet die von ihm
postulierte Anagnorisis als «un piccolo anello della catena che lega la
μέση alla νέα».
102. Vgl. oben S. 66-67.
103. Nesselrath 1990, 320.
104. Zum Titel vgl. oben Anm. 54.
105. Vgl. auch Edmonds, II, 1959, 121; Hunter 1983, 180 vermutet als
Sprecher einen Sklaven, einen Parasiten oder eine Hetäre. Nesselrath
1990, 321 wirft die Frage auf, „ob diese Sprecherin als Hetäre oder eher
als πóvρνη zu bezeichnen war“.
106. Hunter 1983, 180; Nesselrath 1990, 321: „vielleicht noch in der
Exposition des Stücks“.
107. Nesselrath 1990, 320.
108. Nesselrath 1990, 320. Vgl. auch allgemein Hartmann 2002, 166:
„Ein besonders beliebter Zeitvertreib beim Gelage waren seit alter Zeit
Rätsel (griphoi), die auf unterschiedlichem Niveau aufgegeben werden
konnten und sowohl geistreichen, lustigen oder obszönen Inhalts sein
konnten.“
109. Nesselrath 1990, 320. Vgl. auch oben S. 13-14 zum Symposion als
dem Rahmen schlechthin für den Auftritt von Hetären.
110. In diesen Zusammenhang paßt auch das einzige überlieferte
Fragment aus Antiphanes’ ’Αλιευομένη (27 K./A.): Offensichtlich eine
Kupplerin bespricht mit Dorias, offensichtlich einer Hetäre oder Sklavin,
das ‚Angebot‘ und erläutert anscheinend auf witzige Weise, welche
Hetäre sie für welchen Kunden vorgesehen hat: Sowohl die in ihrem
Dienst stehenden Hetären als auch die potentiellen Freier werden durch
Fischnamen umschrieben.
111. Nesselrath 1990, 338-339.
© C.H.Beck, 2009