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BRAUWELT | WISSEN | Gärung und Lagerung

Richtiges
Hefemanagement
Schlüssel zur Bierqualität | Auf den ersten Blick scheinen ■■ Gärungsnebenprodukte;
■■ Diacetyl-Reduktion;
die Handhabung und die Rolle der Hefe in der Brauerei einfach: ■■ Autolyseneigung;
Die Hefe vergärt die Zucker der Würze, stellt dabei Alkohol und ■■ Stressresistenz.
Die Kenntnis über die Eigenschaften
CO2 her, kann geerntet und wiederverwendet werden. Bei näherer und die Zusammenhänge mit der richtigen
Betrachtung ist der Sachverhalt jedoch deutlich komplexer und Handhabung des jeweiligen Hefestamms ist
ein wichtiger Baustein der häufig zitierten
beeinflusst die Bierqualität viel entscheidender, als vielfach ange- Braukunst.
nommen. In Wirklichkeit stellen die Handhabung und das richtige
Flokkulationsverhalten
Verständnis für die Hefe ein Spiegelbild der Bierqualität dar. Jeder Hefestamm hat ein anderes Flokkula-
tionsverhalten und beeinflusst daher maß-
ZumVerständnis dieser Zusammen- Aufbewahrung und Behandlung vor der geblich das Absetzverhalten der Hefe. Dies
hänge ist es wichtig, sich als Brauer immer Wiederverwendung. Die lückenlose mikro- wiederum stellt, je nach technologischer
wieder zu vergegenwärtigen, dass die Hefe biologische Überwachung aller dieser Berei- Ausstattung der Brauerei, Vor- bzw. Nach-
ein lebender Organismus ist, der nicht wie che ist eine Grundvoraussetzung und sollte teile dar. So kann für eine Brauerei mit Pro-
eine Maschine funktioniert. Ebenso wie bei heute in jeder Brauerei eine Selbstverständ- pagationsanlage, Zentrifuge und ZKGs eine
uns Menschen hängen der Zustand und lichkeit darstellen. Hefe mit etwas mehr Staubhefe-Charakter
das Verhalten der Hefe maßgeblich von von Vorteil sein, da Gärung und Reifung
den Umgebungsbedingungen ab. Für die lEigenschaften der Hefe deutlich schneller und sicherer ablaufen.
Umgebungsbedingungen der Hefe sind wir Die wichtigsten Eigenschaften der Hefe, Dagegen kann dieselbe Hefe in einer
Brauer verantwortlich. Dies nennen wir die sowohl die Ansprüche an deren Hand- Brauerei mit Hefe-Wiederverendung, lie-
Hefemanagement und bezeichnen damit habung festlegen als auch die Bierqualität genden Lagertanks und klassischem Filter
das Handling der Hefe in verschiedenen Be- maßgeblich beeinflussen, sind folgende: Probleme bereiten. Wie etwa zu viel Hefe im
reichen der Brauerei. ■■ Flokkulationsverhalten; Lagertank ohne eine Möglichkeit des Hefe-
Wie aus Abbildung 1 ersichtlich wird, ■■ Gäreigenschaften; Abzugs mit der Folge von typischen Auto-
zählen zum Hefemanagement viele un-
terschiedliche Bereiche der Brauerei: von
der Auswahl und Aufbewahrung des Hefe-
stamms, über die Vermehrung der Hefe, die
Anstell-Technik, die Gär-, Reifungs- und
Lagerführung, die Hefeernte sowie deren

Autor: Dr. Michael Zepf, Mitglied der Ge-


schäftsleitung – Geschäftsbereich Genuss-
akademie, Doemens Academy GmbH, Grä-
felfing
Abb. 1 Bereiche des Hefemanagements

260 Brauwelt | Nr. 10 (2018)


Gärung und Lagerung | WISSEN | BRAUWELT

lyse-Problemen wie geringer Schaumhalt-


barkeit und schlechter Alterungsstabilität.
Darüber hinaus können Filtrationsproble-
me durch zu viel Hefe, sowie Beta-Glucan-
Ausscheidungen der Hefe aufgrund einset-
zender Autolyse auftreten.

Gäreigenschaften
In Bezug auf die Gäreigenschaften sind
sowohl der Verlauf der Gärung (Gärge-
schwindigkeit und Differenz des theoretisch
erreichbaren Endvergärungsgrades zum
tatsächlich erreichten Gärkellervergä-
rungsgrad) als auch die Ansprüche an die
Gärführung (minimale Anstelltemperatur,
Bereich der möglichen/optimalen Haupt-
gärtemperatur) abhängig vom Hefestamm.

Gärungsnebenprodukte
Die Bildung der Gärungsnebenprodukte be-
stimmt maßgeblich das Bieraroma und ist
neben der Gärführung hauptsächlich vom
Hefestamm abhängig. Ohne den richtigen Abb. 2 Hefepopulation mit jungen und alten Hefezellen
Hefestamm ist es bei vielen Bierstilen un-
möglich, den typischen Charakter zu erlan- handlung und dem Alter der Hefe abhängig. Denn die Resistenzen gegenüber bestimm-
gen. Als Beispiele seien hier ein bayrisches Alte Hefezellen können bereits innerhalb ten Stressfaktoren sind abhängig vom He-
Weißbier, ein belgisches Tripel oder Saison weniger Tage zur Autolyse neigen. Junge festamm und dem Zustand der Hefe.
sowie ein englisches Bitter genannt. und frisch propagierte Zellen können dage-
Während der Gärung produziert die Hefe gen viele Jahre (!) nahezu ohne Nährstoffe lResümee
das antioxidativ wirkende SO2, welches als überleben, wie die Tatsache zeigt, dass ein- Als Grundmaxime des Hefemanagements
eines der entscheidenden Einflussfaktoren zelne Hefezellen auch noch nach Jahrzehn- gilt es daher, die Aktivität der Hefe möglichst
auf die Flavour-Stabilität gilt. Die Bildung ten aus Bierflaschen mit Flaschengärung hoch zu halten, denn junge und aktive He-
von SO2 schwankt sehr stark, je nach ver- rekultiviert werden können. fezellen sind sowohl gärkräftiger als auch
wendetem Hefestamm, Gärführung (An- deutlich resistenter gegenüber Stress und
stellkonzentration, Belüftung und das Pro- Stressexkretion Autolyse. Wie in Abbildung 2 deutlich zu er-
zedere des Auffüllens eines Gärtanks mit Von den bei der Autolyse ausgeschiedenen kennen ist, sind die Hefezellen mit weniger
mehreren Suden) sowie der Vorbehandlung Hefeinhaltsstoffen sind insbesondere Fett- Sprossnarben (= jünger und aktiver) kleiner
der Hefe. säuren, Proteinasen und Aminosäuren zu und daher auch leichter. Sie bleiben daher
erwähnen, da sie nachhaltig die Schaum- länger in Schwebe.
Diacetyl-Reduktion und Flavour-Stabilität verschlechtern. Die Dies bestimmt und erklärt alle Maß-
Die Fähigkeit zur Diacetyl-Reduktion sowie gleichen Stoffgruppen werden von der He- nahmen des Hefemanagements, wie die
der Reduktion vieler weiterer Carbonyl-Ver- fe allerdings auch durch Stress (Alkohol, Hefepropagation, eine limitierte Anzahl
bindungen macht die Hefe zum Schlüssel Druck, Scherkräfte und Nährstoffmangel) der Wiederverwendung von Lagerhefe, die
für die Reifung des Bieres. Auch diese Eigen- abgegeben. Wenn auch im Ergebnis iden- möglichst kurze und kalte Aufbewahrung
schaft ist maßgeblich vom ausgewählten tisch, hat dies nichts mit Autolyse zu tun der Erntehefe, die ausreichende Belüftung
Hefestamm und dem Zustand der Zellen und wird als Stressexkretion bezeichnet. der Würze zur Aktivierung des aeroben
abhängig, da die Aufnahme der Carbonyle Auf der einen Seite lässt sich Stress für die Stoffwechsels der Hefe, die möglichst voll-
in die Zelle und deren Reduktion jeweils von Hefe während der Gärung nicht vollständig ständige Durchmischung der Hefe beim An-
Enzymen bewirkt wird. verhindern, andererseits liegt die Stressin- stellen sowie das Abziehen alter abgesetzter
tensität sehr wohl in der Hand des Brauers. Hefe aus dem Konus.  n
Autolyseneigung
Der Übergang vom Leben zum Absterben
von Hefezellen ist ein sehr unterschiedlich
langer Zeitraum, in dem die Hefe zur Selbst-
Qualität gesucht?
auflösung und damit der Ausscheidung von für Vorträge, Präsentationen,
Zellinhaltstoffen an das Bier neigen kann. Meetings, Kundengespräche...
Diese als Autolyse bezeichnete Eigenschaft www.brauwelt.de – Brau-Archiv
ist aber extrem vom Hefestamm, der Vorbe-

Brauwelt | Nr. 10 (2018) 261

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