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Seminararbeit Analyse I Neo-Riemann Veit Vergara

Analyse des Liedes „Auf der Donau“


von Franz Schubert
unter Zuhilfenahme Neo-Riemannischer
Methodik
„Auf der Donau“ (Op.21, 1 / D 553) ist eine von 47 Vertonungen der Gedichte Johann
Mayrhofers, welche Schubert auch ebendiesem gewidmet hat. Mit der Entstehung im April
1817 lässt es sich ca. in die Mitte Schuberts Gesamtwerkes einordnen.

Die Komposition wurde in der Tonart Es-Dur (bzw ab Takt 29 fis-moll) für „eine Bassstimme
mit Begleitung des Pianoforte“ notiert.

Formanalyse

Das Werk lässt sich grob in eine 3-teilige Liedform mit angehängtem Schlussteil einordnen.
Teil a erstreckt sich dabei von Takt 1 bis Takt 21. Teil b endet dann nach 16 Takten in Takt 37
und schließt mit a‘ an, einer modifizierten Reprise des Anfangs, der als 19 Takte lang bis
einschließlich Takt 56 definiert werden kann. Die Coda erstreckt sich schließlich bis zum
finalen Takt 66.

Im ersten Teil (a) erweist sich eine Strukturierung in zwei separate Abschnitte als sinnvoll.
Die Linie ziehe ich dabei in Takt 13: Vor Allem begründet durch die harmonische
Entwicklung, die hier deutlich aus dem vorhergehenden Schema ausbricht und in
Kombination mit der veränderten Begleitfigur ein deutlich anderes Stimmungsbild erzeugt.
Bemerkenswert finde ich den Einschub des Taktes 21. Dieser lässt sich formell schwierig in
die Teile davor (a) sowie danach (b) einordnen, da diese jeweils eine gerade Anzahl von
Takten umfassen und u.A. aus diesem Grund eine innere Geschlossenheit bzw.
Vollständigkeit ausstrahlen; jedoch ist er harmonisch sowie motivisch mit beiden Teilen eng
verknüpft.

Teil b erweist sich als recht stetig durchlaufend, und trotz des Vorzeichenwechsels in Takt 29
lässt sich auch in Kombination mit dem Höreindruck kein deutlicher Bruch feststellen, der
eine Untergliederung sinnvoll erscheinen ließe. Der leere Takt 37 ergänzt Teil b auf 16 Takte.
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Auch diese Zahl würde einen Zusammenhang mit traditionellen Phrasenstrukturen und
Unterteilungen nahelegen, der sich aber nicht bestätigt. Auf die weitere Bedeutung dieser
Generalpause soll später eingegangen werden.

Teil a‘ gestaltet sich ähnlich wie sein Bezugspunkt a. Strukturell unterscheidet sich lediglich
die Länge seines ersten Abschnitts, die sich auf 10 statt 12 Takte erstreckt. Der zweite
Abschnitt umfasst wieder 9 Takte.

Die Coda umfasst die restlichen Takte 57 bis 66.

Harmonische, Melodische und Motivische Analyse (in Zusammenhang mit


dem Liedtext)

Das Stück beginnt harmonisch mit einer unstrittigen Etablierung der Tonart Es-Dur durch
ganztaktig wechselnde Tonika- und Dominantklänge in Grundstellung. Auch vorgestellt wird
hier das sehr markante Begleitmuster: Die in linker und rechter Hand alternierenden
Sechzentelbewegungen (Abb.1) erinnern stark an den sanften Wellengang eines Flusses, und
erzeugen in Verbindung mit der Harmonie und dem langsamen Tempo eine sehr ruhige
Grundstimmung. In den dominantisch gestalteten Takten „berührt“ die Melodik in der linken
Hand jeweils ein ces1; dieses suggeriert die Moll-Subdominante as-moll und fügt der
Eröffnung des Liedes eine leichte Melancholie hinzu.

Abb.1: Eröffnendes Begleitmodell

Die Bassstimme steigt in Takt 4 ein und fügt sich melodisch konfliktfrei in die
zugrundeliegenden Dreiklänge. Auch rhythmisch wird durch kleine Sechzentel-Verbindungen
der Zusammenhang zur Begleitung hergestellt (Abb.2). Man könnte also den Gesang
symbolisch als den Kahn, der auf den Wellen treibt, verstehen; dieser Zusammenhang wird
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vor Allem interessant, wenn man die absteigende Sexten in den Takten 6 und 8 (Abb. 2)
folglich bereits als Andeutung des „Untergangs“ deutet, der das Stück konkludieren wird.

Abb.2: Sechzentel-Auftakte und absteigende Sexten in der Melodiestimme, Takte 1-11

Von Es-Dur in Takt 5 ausgehend folgt eine Pachelbel-Sequenz mit leichten Modifikationen:
In Takt 6 wird von der sich eigentlich ergebenden g-moll-Harmonie das b zum h alteriert,
welches in Verbindung mit dem folgenden As-Dur-Akkord wiederum eine Reminiszenz an as-
moll erzeugt. In Takt 11 wird die Tonika Es-Dur mit kleiner Septime zur Zwischendominante
umgewandelt, wodurch sich die temporäre Tonika As-Dur sowie folgend deren 2. Stufe b-
moll ergibt (anstelle von B-Dur in der ursprünglichen diatonischen Sequenz). Der ab Takt 13
beginnende Abschnitt entfernt sich harmonisch nun völlig aus dieser diatonisch zu
rechtfertigenden Umgebung. Stattdessen zeichnet sich in den ganztaktig jeweils tiefsten
Tönen der linken Hand eine Basslinie ab, die als neuer Bezugspunkt und tragendes
kompositorisches Prinzip in diesem Teil gesehen werden kann (Abb.3).
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Abb.3: chromatisch geprägte Linie in der Begleitung, Takte 12-17

Nachdem sich ab G-Dur in Takt 8 durch Verwendung von Akkordumkehrungen bereits eine
stetig ansteigende diatonische Linie ergibt, entwickelt sich diese ab Takt 12 zu einer
chromatischen Linie, die sich wellenartig von Des bis Fes bewegt und wieder nach Es
absteigt. Anschließend bewegt sie sich in Ganztönen nach Ces. Harmonisch betrachtet
gestaltet sich diese Passage entsprechend sehr chromatisch und diatonisch-funktional nicht
eindeutig deutbar. Daher möchte ich diese in einem Tonnetz betrachten:

Abb.4: Tonnetz für die Takte 12-18

Die gestrichelte graue Linie stellt den verminderten Septakkord dar, der von b-moll, das
harmonisch noch mit dem vorhergehenden Teil verbunden ist, in den chromatischen Teil
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überleitet. Der rot markierte es-moll-Akkord ist nur fiktiv vorhanden: er ergibt sich grafisch
aus der Verbindung der restlichen Akkorde, kommt aber nicht real im Stück vor. Er zeigt aber
durch seine deutliche Verknüpfung mit den anderen Harmonien, dass sich in dieser Passage
bereits deutlich von Es-Dur entfernt wird, wodurch der Weg für die Modulation nach Ces-
Dur geebnet wird.

Der Schritt vom Des, das als Bass des Terz-Quart-Akkordes von Ges7 fungiert, nach Ces
begründet die neue temporäre Tonika Ces-Dur und das Verweilen in dieser bis Takt 20. Das
wellenartige Begleitmuster vom Anfang ist im Verlauf des gesamten a-Teiles immer weiter
nach unten ‚gesunken‘ und schließlich im Bass als Teil der chromatischen Linie
‚angekommen‘. Die tiefen Läufe in Kombination mit den Tremoli, die ab Takt 13 in der
rechten Hand die Harmonien ausfüllen und den chromatisch geprägten Harmoniewechseln,
zeichnen ein dunkles und fatalistisches Bild. Auch hier lässt sich motivisch also wieder
vielfach der Untergang erkennen; er ist somit durch Vorausdeutung bereits omnipräsent.
Auch die Gesangsmelodie unterstützt den Stimmungswandel ab Takt 13 durch einen etwas
veränderten Duktus. Dieser ist gezeichnet durch kurze, von punktiertem Rhythmus geprägte
und von Viertelpausen getrennten Phrasen, die sich relativ kleinschrittig bewegen. Um den
in den Takten 13 bis 17 vorhandenen Wandel quasi zu „bestätigen“, wird dieser Duktus in
Takt 18 f. von Sextsprüngen abgelöst, die gemeinsam mit der Wiederaufnahme eines
Durtonika-Dominant-Pendels wie zu Beginn den Zuhörer ‚in Sicherheit‘ wiegen, gleichzeitig
aber nach wie vor die Vorausdeutung des Untergangs enthalten. Die „geistergleich“
rauschenden Tannenwälder werden also vorerst nicht weiter kritisch betrachtet, und das
„Herz im Busen“ erfreut sich der Flussfahrt mit beeindruckender Umgebung.

Takt 21 bildet nun mit as-moll den Anschluss an die folgende Dominante Es7 im ersten Takt
des b-Teils, während er die Begleitung der vorausgehenden Takte beibehält. Somit dient er
als ambivalentes Bindeglied; der Kahn treibt quasi ohne Unterbrechung in das Folgende.

Teil b zeichnet sich sofort durch die veränderte Begleitung aus: abwechselnd Basstöne in der
linken und Akkordfragmente in der rechten Hand im konstanten Sechzentelrhythmus, die
sich zusammen jeweils zu Taktbeginn zu einer vollen Harmonie ergänzen (Abb.5). Jeweils zu
Taktende leitet ein tiefer Triller in der linken Hand zum nächsten Takt und ggf. zur nächsten
Harmonie über. Die Begleitung wirkt jetzt stark rhythmisch und energischer, weniger
fließend als zuvor. Betrachtet man wieder die tiefsten Töne der linken Hand, erkennt man
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wiederum eine chromatische Linie, die sich vom G in Takt 22 bis zum Cis in Takt 29 erstreckt.
Harmonisch ist diese Linie nun harmonisch unmittelbar durch eine Quintfallsequenz
verbunden: G dient als Terz eines Dominant-Quintsext-Akkordes, der sich zu einem As-Dur-
Sekundakkord auflöst. Dieser wird wiederum zu einem Des-Dur Sextakkord aufgelöst und
über einen Ges-Dur-Sekundakkord nach Ces-Dur weitergeführt. Der nachfolgende gisØ-
Septakkord unterbricht den Quintfall; das D im Bass erweist sich als Vorhalt zu Cis, woraus
sich ein Cis7-Dominantseptakkord ergibt. Dieser führt nach 2 Takten mit eingeschobenem h 56
(im kadenziellen Zusammenhang zur moll-Subdominante umgedeuteter gisØ-Septakkord) mit
einer perfekten Kadenz nach fis-moll.

Abb.5: Formteil b mit veränderter Begleitung und Chromatik in der linken Hand, Takte 22-35

In dieser Tonart wird den restlichen Teil b, also bis Takt 37, verweilt. Der Wechsel in diese
Tonart durch Unterbrechung des Quintfalls wird rein optisch zudem deutlich durch den
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Wechsel der Vorzeichen in Takt 29. Die Melodie im Gesang nimmt den Rhythmus aus Takt 13
unmittelbar wieder auf (Abb.6/7). Dies zeigt die Verbindung der Takte 13-17 zu diesem
neuen Teil und bestätigt wiederum den Bruch in Takt 13, der nun (auch in Kombination mit
den chromatischen Harmonieverbindungen) als Vorausdeutung auf den b-Teil verstanden
werden kann. Sehr markant ist in der Melodie der alterierte Ton Fes, der als Teil des
verminderten Akkordes über b (in der Begleitung) als Gleitton dient. Diese Chromatik als
Ersatz für ein dominantisches Pendel, wie es im Stück vielfach vorkommt, erlaubt ein
einigermaßen stabiles Verweilen auf dem Akkord, ohne jedoch Es als Tonika zu suggerieren,
und deutet bereits eine gewisse ‚Unsicherheit‘ an. Symbolisch gerät der Kahn in eine
stärkere Strömung, deren Richtung zunächst unklar und wechselhaft erscheint. Unterstützt
wird dieses Bild wiederum vom Text: „Denn der Menschen Werke sinken all“ greift wieder
die Thematik des Sinkens/Untergehens auf. Diese überträgt sich zunehmend deutlich von
reiner Beobachtung aus der Umwelt oder leichter melodischer Andeutung als unmittelbarer
Bezug zu dem dahintreibenden Kahn.

Abb.6: Rhythmische Motivik im Gesang, Takte 13-14


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Abb.7: Wiederkehr des rhythmischen Motivs, Takte 22-24

Die nachfolgenden Fragen „Wo ist Thurm? Wo Pforte?“ etc. sind jeweils mit einem
Quartsprung symbolisiert, der den marschartigen, punktierten Rhythmus unterstützt und
einen herausfordernden, eindringlichen Charakter verleiht. Danach bewegt sich die Melodie
in einen gebrochenen verminderten Dreiklang, der sich mit nachgereichtem Grundton Cis
(abgesehen von der Begleitung) als verkürzter Dominantseptakkord erweist, und mündet in
einem fis-moll-Pentachord, der in energischem punktierte-Sechzentel-Rhythmus bis zum Cis,
dem höchsten im Lied erreichten Ton, aufsteigt (s. Abb.5). Im nun erreichten fortissimo
verdeutlicht noch ein „Wo?“ auf ebendiesem Ton die Eindringlichkeit der Fragen des
lyrischen Ichs, bevor es in Takt 34 mit dem tiefoktavierten „Wo?“ die Hoffnung auf
Antworten verliert. Harmonisch werden diese unbeantworteten Fragen durch einen Wechsel
von fis-moll und Cis-Dur dargestellt, wobei aber meistens auf der Dominante verweilt wird
und diese letztendlich in Takt 37 (Generalpause!) ohne Auflösung ins ‚Nichts‘ läuft.

In Takt 38 beginnt Teil a‘ als moll-Reprise des Anfangs mit der gleichen ‚Wellenbegleitung‘,
die nun aber diatonisch in fis-moll bleibt (Abb.8). Die Begleitung wird diesmal außerdem nur
einen Takt lang eingeführt; durch die Etablierung am Anfang ist eine erneute lange
Einführung nicht mehr nötig. Dies verkürzt a‘ auf 10 Takte im Vergleich zu den 12 Takten von
a.

Abb.8: Moll-Reprise der „Wellenbegleitung“

Nach 4 Takten Dominant-Tonika-Bewegung beginnt eine Pachelbel-Sequenz auf D-Dur;


diesmal also nicht ausgehend von der Tonika, sondern vom Gegenklang der Tonika fis-moll.
Da die folgende Fortschreitung wiederum der vom Anfang entspricht (inklusive
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angedeuteter moll-Subdominante und Terzalteration des vierten Sequenzgliedes), kann D-


Dur hier als temporäre Tonika verstanden werden. Dabei ist das halbtönige Verhältnis zum
Anfang (Es-Dur/D-Dur) interessant: Die Sequenz bewegt sich nach wie vor in Dur, scheint
aber insgesamt chromatisch „gesunken“ zu sein. Nach 5 Takten wird sich bereits vom Vorbild
a entfernt. Nach dem erreichten G7 in Takt 46 wird wieder auf den vorherigen Fis-Dur-
Akkord zurückgekehrt, und die rechte Hand bedient sich einer chromatischen Abwärtslinie,
die nun zum ersten Mal in solch exponierter Weise erscheint (Abb.9).

Abb.9: chromatische Abwärtslinie

Die folgende Passage von Takt 48 bis 54 ist wieder geprägt von der Basslinie, die lediglich aus
Chromatik und Abwärtssprüngen besteht: Fis (Takt 47) – Fisis – Gis – Eis – Fis – D – Cis (– Cis).
Harmonisiert wird diese mit einem Wechsel aus Quintfällen und Terzfällen. Diese Passage
möchte ich entsprechend des zweiten Abschnittes von Teil a wiederum im Tonnetz
darstellen:
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Abb.10: Tonnetz für die Takte 47-54

Hierbei zeigt sich interessanterweise, dass die Harmonien sich zum größten Teil um die Töne
Fis und Cis bewegen, die das Rahmenintervall für die abschließende Harmonie fis-moll
bilden. Die scheinbar eher chromatische Harmonik bleibt also stets diatonisch verankert.

Takt 54 führt mit einem Oktavsprung in der Melodiestimme von cis1 nach cis und einem
anschließenden Quartsprung nach fis (Bassklausel!) in die fis-moll-Harmonie, die bis zum
Ende präsent bleibt A (Abb.11). Diese klauselartigen Sprünge erinnern stark an die Motivik in
Teil a und seiner Reprise, in denen auch jeweils größere Abwärtssprünge durch kleinere
Bewegungen in Gegenrichtung in die nächste Harmonie ‚aufgefangen‘/ausgeglichen wurden.
Die Sprünge nehmen jetzt aber eine stark maximierte Ausdehnung an, was als Mittel zur
Effektsteigerung für die Ausdeutung des Wortes „Untergang“ verstanden werden kann. Im
Klavier wird die Textstelle durch wiederholte fis-Oktaven in der Oberstimme sowie
chromatische Läufe in Ober- und Unterstimme unterstützt (Abb.11). Die chromatischen
Linien ergeben durch ihren Sext-Abstand in Verbindung mit dem wiederholten fis-eine Kette
von Harmonien, die sich größtenteils im kadenziellen Bereichen von fis-moll bewegen. Das
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letzte Wort wird jetzt noch zweimal wiederholt, jeweils mit motivischer Verbindung zu den
Sechzentel-Auftakten der ersten gesungenen Takte (Abb.11); das erste Mal mit einem
Tonleiterausschnitt aus fis-melodisch-moll, der wie ein letzter Versuch wirkt gegen die
allgemeinen Abwärtsbewegungen und die manifestierte moll-Umgebung anzukämpfen.
Dieser Versuch erweist sich mit der finalen Abwärtsbewegung in fis-moll als vergeblich.
Textbezogen liegt hier das Bild eines untergehenden Schiffes nahe, das nach dem Kippen
noch den Bug aus dem Wasser streckt, bevor es vollständig im Wasser verschwindet. Die
finalen 6 Takte gestalten sich durch in der linken Hand abwechselnd arpeggierte fis-moll-
und gis°7-Akkorde, die sich über dem Pedalton Kontra-Fis bewegen, der den tiefsten Ton im
gesamten Stück darstellt. Die rechte Hand spielt dazu die entsprechenden Akkorde im
Wechselrhythmus (vgl. Teil b) und endet mit einer Fermate und einem abschließendem
Kontra-Fis im pianissimo.

Abb.11: Konklusion der motivischen Ebenen

Symbiose von Musik und Text

„Auf der Donau“ stellt eine unglaublich sorgfältig gearbeitete Textbearbeitung durch
Schubert dar. Das zugrundeliegende Gedicht wird dabei nicht einfach auf musikalischer
Ebene imitiert, sondern ihm werden völlig neue Dimensionen hinzugefügt. Die Musik
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bereitet einerseits den Text vor: Bereits am Anfang wird der Wellengang der Donau
musikalisch gezeichnet, um dem Text bzw. dem Sänger das Einsteigen in die vorhandene
Szenerie zu ermöglichen. Die Musik leitet auch in neue Textabschnitte über, wie z.B. der
Übergang zwischen Teil a und b zeigt. Sie bildet einen unmittelbaren Zusammenhang
zwischen verschiedenen Szenarien, der allein durch den Text so noch nicht gegeben war. Die
Musik reagiert umgekehrt aber auch direkt auf den Text. So kommentiert sie beispielsweise
die „geistergleich“ rauschenden Wälder mit ähnlich ungreifbar ‚rauschenden‘
Harmoniewechseln, oder den Untergang mit chromatischen Abwärtsbewegungen. Dadurch
ergibt sich ein beachtlich dynamisches Wechselspiel zwischen Musik und Text, dass die
Grenzen zwischen Vorlage und Bearbeitung verschwinden lässt und eine völlig neue Einheit
bildet. Eine solch gekonnte Symbiose sollte meiner Ansicht nach immer ein grundlegendes
Anliegen von Textvertonungen sein, um auszuschließen, dass die Musik wie überflüssiges
Nachzeichnen der ohnehin vorhandenen Informationen erscheint.

Quelle der Partitur:

IMSLP10596-SchubertD553_Auf_der_Donau.pdf, Zugriff über


https://imslp.org/wiki/Auf_der_Donau,_D.553_(Schubert,_Franz) am 26.01.2020, 00:28

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