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AK Stadt ArbeitnehmerInnen-

Interessen
im urbanen Raum

Schwerer Start für Junge

Wohnen Die Suche einer Bleibe gestaltet sich für junge Menschen recht kompliziert SEITE 6
Mietrecht Konkrete Hilfe durch neue AK Beratung SEITE 12
Housing Eine Europäische Bürgerinitiative sammelt Unterschriften für leistbares Wohnen SEITE 14

NR 01/2019
Rollsplitt kalt warm

Kurzzeitvermietungen I

Wohnungsvermittlungsplattformen wachsen
rasant, auch in Wien. Mittlerweile sind sie eine fixe
Größe in der Tourismuslandschaft und werden für
den Wohnsektor zunehmend zum Problem.
Anfangs meist von Privaten angeboten, die ihre
Vereinbarung Stadt Wien, AK Wien und ÖGB Wohnung kurzfristig oder nur zum Teil an Touris­
tInnen vermieteten, änderte sich das in letzter Zeit
Abkommen für die Zukunft deutlich. Ein beträchtlicher Anteil der Wohnungen
wird mittlerweile nicht nur temporär vermietet,
Mit dem „Bündnis für ein wachsendes Wien“ sondern dauerhaft. Dieser steht dem regulären
werden Schritte gesetzt, um die positive Ent­ Wohnungsmarkt dann nicht mehr zur Verfügung.
wicklung der Stadt voranzutreiben. Wien hat deshalb in der Bauordnungsnovelle
Die Eckpunkte des Abkommens sind Wirtschaft, reagiert und verbietet die kurzfristige gewerbliche
Arbeit, Digitalisierung, Lernen, Wohnen und Nutzung einer Wohnung für Beherbergungs­
Leben in der Stadt. Wien soll ein qualitätsvoller zwecke, wenn diese in einer Wohnzone liegt.
Wirtschaftsstandort sein, wer hier arbeitet, muss
von seinem/ihrem Lohn auch leben können. Die Wienerinnen
Neben der Bildungs- und Arbeitsmarkt-Politik und Wiener sind
sind der Wohnungsmarkt und das Zusammen­ der Motor für die
leben in der Stadt wichtige Anliegen. wirtschaftliche Ent­
Mit sogenannten Leuchtturmprojekten wollen wicklung der Stadt. Kurzzeitvermietungen II
Stadt Wien, AK und ÖGB gemeinsam aktiv Arbeitnehmerinnen
werden. Dazu gehören ua die intensive Um­ und Arbeitnehmer Die Stadt konterkariert sich mit aktuellen Wid­
setzung der neuen Widmungskategorie Geför­ sollen nicht von mungsänderungen selbst. Gerade in den attrak­
derter Wohnbau. Ebenso soll die Mehrfachnut­ der digitalen Welle tiven Innenbezirken werden die bestehenden
zung von Sportanlagen und Freiflächen in den überrollt werden, Wohnzonen reduziert und weggewidmet. Die
Schulen sowie die Nutzung von öffentlichem sondern auf ihr Wirksamkeit der neuen Regelung in der Bau­
Raum in dicht bebauten Stadtteilen intensiviert surfen können.“ ordnung wird damit – kaum eingeführt – gleich
werden. Am 20. März unterzeichneten Bürger­ Renate Anderl, wieder außer Kraft gesetzt. Das davon ausge­
meister Ludwig, AK Präsidentin Anderl und ÖGB AK Präsidentin hende Signal ist unverständlich, denn es braucht
Präsident Katzian die Vereinbarung. strengere Regelungen für Wohnungsvermitt­
Stadt Wien, AK Wien
Download: wien.arbeiterkammer.at/interessenvertre­ und waff haben mit
lungsplattformen. Neben Melde- und Genehmi­
tung/meinestadt/sozialestadt/Buendnis_fuer_das_ dem „Digi-Winner“ ein gungspflichten, Kontrolle und Durchsetzung der
wachsende_Wien.html ­Förderprogramm Steuer­pflicht und dem Schutz der Hausmitbe­
geschaffen, um Wiene­ wohnerInnen muss es das Ziel der Stadt sein,
rinnen und Wiener mit
bis zu 5.000 Euro Fortbil­
den leistbaren Wohnungsbestand langfristig zu
dungs-Förderungen für sichern. Es gilt die neuen Regelungen der Bau­
den digitalen Wandel fit ordnung zu nutzen und nicht auszuhebeln.
zu machen.

Impressum: Medieninhaber und Herausgeber AK Wien, Prinz-


Fotos: Lisi Specht (1), maximmmmum, Erwin Schuh, fotolia

Eugen-Straße 20–22, 1040 Wien E-Mail stadt@akwien.at Telefon


01/501 65-13047 Redak­tion Mag. Thomas Ritt (Leitung),
Jakob Fielhauer MitarbeiterInnen dieser Ausgabe DI Christian
Pichler, Mag Christian Resei, Mag Walter Rosifka, Mag Lukas Tockner
Redaktionssekre­tariat Alina Andritsch 01/501 65-13047
Lektorat Christine B
­ runner Konzeption und Produktion Jakob
Gratis-Abo der Zeitschrift AK Stadt: Fielhauer, www.fielhauer.at Coverfoto rawpix Druck und H ­ erstellung
Druckerei Walla GmbH, 1050 Wien ISSN 2227-9415
E-Mail stadt@akwien.at Offen­legung gemäß Mediengesetz, Par. 25 wien.arbeiterkammer.at/
oder Tel 01/501 65-13047 impressum.htm; AK Stadt thematisiert relevante Kommunal­themen für
­Wiener ArbeitnehmerInnen.
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­ einung,
Sie erreichen uns In der AK Stadt ver­öffentlichte Artikel müssen nicht notwendi­
wien.arbeiterkammer.at/meinestadt unter stadt@akwien.at gerweise die Meinung der AK Wien wiedergeben.

wien.arbeiterkammer.at/meinestadt AK Stadt · Seite 2


Kosten für einen Radl-Check* in Wien

Bei der Aus-
wahl einer Fahr­
mittleres großes Service radwerkstätte
Service zählt nicht nur
59–99 € der Preis.
­Wichtig ist es,
69–199 € auch den Leis­
tungsumfang zu
29–60 € ­vergleichen,

* ohne Material
kleines
Service dieser kann
stark variieren. Editorial

Fahrradservice auf dem Prüfstand Hangover nach


Die Saison kann beginnen ­Betongoldrausch
Von Thomas Ritt, Leiter Abteilung
Die AK Wien hat die Preise von 22 Wiener Fahrrad­ Kommunalpolitik der AK Wien
werkstätten erhoben. Die Ergebnisse: Kleines Service
29 bis 60 Euro. Umfang: Kontrollen auf Verkehrs­ Die, die sich jetzt erstmals am Woh­
sicherheit, Überprüfung des Luftdruckes der Reifen, nungsmarkt umschauen, haben es
Schmierung der beweglichen Teile. Mittleres Ser- besonders schwer. Sie kommen in eine
vice 59 bis 99 Euro. Umfang: zusätzlich zum kleinen Situation, die durch ein starkes Bevöl­
Service: Zentrierung des Laufrades, Reinigen von kerungswachstum geprägt ist. Zusätz­
Bremsen und Schaltung. Großes Service 69 bis 199 lich spürt man noch immer die Aus­
Euro. Neben den Leistungen des kleinen und mittleren wirkungen der Krise von 2008 – jede
Service kommen noch Spezialreinigungen hinzu. Menge Kapital sucht wegen niedriger
Zinsen attraktive Anlagemöglichkeiten.
Von Betongold ist in Anlageprospekten
zu lesen – die Vergoldung des Betons
Pilotprojekt erfolgt dann über die Miete. Da Grund
und Boden nicht beliebig vermehrbar
Vorrang für RadlerInnen! ist, treibt diese Goldsuche die Boden­
Trotz Rotlicht rechts abbiegen – das erlaubt der grüne preise hinauf und verdrängt so geför­
Pfeil. An einigen Kreuzungen sollen künftig aus­ derten Wohnbau. Beides zusammen
schließlich RadfahrerInnen diesen Vorteil nutzen führt zu höheren Mieten im privaten
können. In neun deutschen Städten – Bamberg, An manchen Kreuzung Wohnungsmarkt und zu längeren War­
Darmstadt, Düsseldorf, Köln, Leipzig, München, dürfen RadfahrerInnen tezeiten bei geförderten Wohnungen.
nun bei Rot rechts
Münster, Reutlingen und Stuttgart – soll die Einfüh­ abbiegen In dieser Situation gibt es tatsäch­
rung des grünen Pfeils nur für RadfahrerInnen nun lich Menschen, die nach mehr Markt
getestet werden. Dafür werden diese Ampelpfeile an den Kreuzungen mit dem schreien. Die Ergebnisse so einer Politik
Zusatz „Nur Radverkehr“ versehen. Mit dem Pilotversuch des Deutschen Bundes­ kann man sich in München, Paris,
amts für Straßenwesen soll untersucht werden, ob eine Beschränkung der Rege­ London … anschauen. Eine Wohnung
lung auf den Radverkehr die Verkehrssicherheit erhöht. Im Jahr 2020 soll dann über in der Stadt zu finden, ist dort für Nor­
eine mögliche Anpassung der Straßenverkehrsordnung entschieden werden. malverdienende unmöglich geworden.
Die Menschen, die die Stadt eigentlich
am Leben halten, werden verdrängt
Privater Zugriff auf Wasser und müssen extrem weite Arbeitswege
auf sich nehmen. So eine Stadt ist wie
Wassernot ohne Not eine Monokultur, und das rächt sich.
Die französische 5.000-Seelen-Gemeinde Vittel ist für ihre Manchmal sogar ganz unmittelbar.
gleichnamige Wasserquelle weltberühmt. Der Zugang der Wenn dann niemand mehr zum Putzen
BewohnerInnen zu Wasser ist allerdings beschränkt, denn der kommt, die Busse fährt oder im Kran­
Lebensmittelgigant Nestlé besitzt die Wasserrechte. Täglich kenhaus die Infusion wechselt, merken
werden von Nestlé zwei Millionen Flaschen abgefüllt. Doch sogar die größten Marktfans mit den
stellte man schon in den 90er-Jahren fest, dass zu viel Wasser teuersten Wohnungen, dass die Stadt
verbraucht wird. Der Grundwasserspiegel ist in den vergan­ der Reichen so wenig wie der freie
genen 40 Jahren um rund zehn Meter gesunken. Da der Kon­ Wohnungsmarkt funktioniert. Gegen
zern aber nicht auf sein Geschäft verzichten will, wurde jetzt den Hangover des Betongoldrausches
eine andere Lösung gefunden – der Bau einer Wasser-Pipe­ wird dringend eine große Dosis geför­
line. Sie soll künftig die eigentlich wasserreichen Orte Vittel, derter Wohnbau empfohlen.
Contrexéville und Bulgnéville mit Trinkwasser aus 15 Kilome­
tern Entfernung versorgen.

AK Stadt · Seite 3wien.arbeiterkammer.at/meinestadt


Rollsplitt

Interview

Danach werden die Figuren wieder aufgestellt


Seitdem er zwölf ist, spielt er jeden Tag ein bis zwei Stunden Schach. Wie auf dem Brett
besetzt Christian Srienz von den Wohnpartnern auch heute das Zentrum – den Hof des Gemeinde­
baus. Dort begegnet er Menschen, die gemeinsam nicht nur Figuren in Bewegung setzen.

Was raten Sie einem Ahnungslosen wie mir,


wie sollte man eine Schachpartie eröffnen? Es
gibt mehrere Eröffnungsprinzipien. Die Beset­
zung des Zentrums des Schachbrettes steht
dabei im Mittelpunkt. Das erreiche ich, indem ich
den Bauern vorm König zwei Felder nach vorne
schiebe. Damit ist ein Bauer im Zentrum, der
gleichzeitig die Felder rundherum kontrolliert.

Ist es egal, ob ich den Bauern vor der Dame


oder vor dem König nehme? Nein, es tobt seit
Jahrhunderten der Streit darüber, was besser ist.
Nehme ich den Bauern vor dem König, beginne
ich ein offenes, schnelles Spiel, mit dem Bauern
vor der Dame ein geschlossenes, also ein lang­
sames Spiel.

Beginnen wir langsam. Die Wohnpartner


bieten in Zusammenarbeit mit dem Wiener
„Kodex
Es gehört zum
der Spielen auch Ältere mit? Wir sehen, dass die
Schachverband Schachspielen im Gemein- Wohnpartner, Kinder nicht nur im Hof, sondern auch mit der
debau an. Warum? Der Grund dafür ist, dass wir dass man sich Mama oder dem Papa spielen. Es ist ein genera­
bemerkt haben, dass die Leute beim Schach­ vor der Partie in tionsübergreifender Sport.
spielen abseits der üblichen Konfliktfelder zu uns die Augen sieht,
kommen. Ich habe deshalb das Projekt ins Leben sich die Hand Wie war das bei Ihnen, haben Sie mit den Eltern
gerufen, heute sind wir ein gesamtes Team. gibt, eine gute gespielt? Bei mir war es der Großvater. Mit zwölf
Partie wünscht.“ oder 13 bin ich dann in einen Verein gegangen.
Was macht ihr dabei genau? Hauptsäch­ Christian Srienz Seitdem spiele ich täglich ein bis zwei Stunden.
lich spielen wir draußen im Hof, da kommen
zuerst die Kinder. Aber so schaffen wir es, mit Kann man das Projekt auch so interpretieren,
den anderen BewohnerInnen ins Gespräch zu dass es eine Kompensation für andere Kon-
kommen. Beispielsweise gibt es eine Sache, die flikte ist? Uns ist das Spiel das Wichtigste. Wir
ist immer wieder schön zu sehen: Die Älteren müssen nach einheitlichen Regeln spielen, es
haben das Vorurteil, dass die Gschrappen nicht gelten zwar die internationalen Regeln, aber
ordentlich deutsch sprechen, frech und laut sind schlussendlich musst du dir ausmachen, nach
usw. Dann kommen wir dazu, und plötzlich sind welchen Regeln gespielt wird. So bekommt man
die Kinder ruhig und spielen konzentriert Schach. dann auch mit, dass wir nach einheitlichen
Das kriegen die Erwachsenen mit und sehen: Der Regeln spielen müssen, sonst wird es schwierig.
Bursch, das Mädel kann auch ruhig sitzen, spricht
gut deutsch und ist echt nett. Das verändert Christian Srienz ist fach­ Schafft nicht schon die Tatsache, jemanden
schon sehr viel, weil über das Schachspielen die licher Mitarbeiter des matt setzen, also schlagen zu wollen, Prob-
Wohnpartnerteams 1, 2,
Jungen auch Respekt von den Alten bekommen. 8, 9, 20. Das Ziel ist das leme? So brutal die Sprache auch klingt, es geht
nachbarschaftliche
­Mit­einander, die Wohn­
um Holzfiguren. Darüber hinaus wird dem/der
zufriedenheit und die GegnerIn auch Respekt gezollt. Es gehört zum
Lebens­qualität im Wiener
Die Stimmung ist bei uns meis- Gemeindebau zu ver­ Kodex der Wohnpartner, dass man sich vor der
tens sehr gut. Die Leute kommen bessern. Wohnpartner Partie in die Augen sieht, sich die Hand gibt, eine
ist ein Angebot des
und erzählen ihre Geschichte, so Wohnservice Wien der gute Partie wünscht, nach dem Spiel wieder die
bekommen wir mit, wo es Prob- Stadt Wien. Hand gibt und alle Figuren wieder aufstellt. Dann
www.wohnpartner.at
leme und Wünsche gibt. beginnt wieder eine neue Partie. o

wien.arbeiterkammer.at/meinestadt AK Stadt · Seite 4


Hitzetage und Tropennächte in Wien

Großes Potenzial für Dachbegrünung Kommentar

Cannelloni-Blick
Hitzetage in Wien 1955–2017 Nur 5 Prozent der Dächer in Wien
(mind 30 °C) sind begrünt

45
5250 Hektar Dachflächen
40

35

30

25

Quelle: ZMAG – Klimaabteilung | Stadt Wien


20

15
Christian Pichler
10 Abteilung Kommunalpolitik der AK Wien
5
Abseits der medialen Aufmerksamkeit
1955

2003

2015
2017

eines prominenten Standorts am


Heumarkt wird in der Stadt weiterhin
gebaut. Auch Hochhäuser. Basierend
Wie unterschiedlich Hitze in einer Stadt verteilt sein kann, zeigte die Nacht des 28. August auf dem Hochhauskonzept der Stadt
2017. Die Wetterstation Hohe Warte maß neun Grad Celsius, während das Thermometer in Wien stellt sich aber die Frage: Treffen
der Inneren Stadt auf 28 Grad kletterte. Die Ursachen für die Wetterkapriolen: nicht nur die diese entstehenden „Cannelloni“ nur
Höhenlage oder Frischluftschneisen spielen dabei eine Rolle, sondern durch das schlechte den Geschmack der InvestorInnen oder
Verhältnis grüner und versiegelter Fläche entstehen Wärmeinseln. Auch die Hitzetage sind sie Ausdruck eines zeitgemäßen
steigen seit 1955 kontinuierlich an – damals gab es einen, 2017 ganze 38, 2015 waren es Wohnwunsches?
sogar 42 Tage. Begrünung, Regenwassermanagement oder Versickerungs­flächen können Viele der in den letzten Jahren ent­
die Hitze lindern. In Wien gibt es dazu zwar Ansätze, es ist aber noch nicht der Standard. standenen Bauten über 35 Meter – die
Laut einer Erhebung sind nur fünf Prozent der Dächer Wiens begrünt. Bei 5250 Hektar Mindesthöhe für einen Wolkenkratzer in
Dachflächen – das entspricht der Fläche von Favoriten und Simmering zusammen – ist das Wien – sind im freifinanzierten Segment
Potential zur Begrünung enorm. Wien braucht noch mehr klima­wirksame Maßnahmen, um entstanden. Das Ziel der Verwertbarkeit
die Lebensqualität zu halten. ist schnell ablesbar: Es zeigt sich an
den schematischen Grundrissen, der
Monofunktionalität und des einge­
schränkten Kreises an potentiellen
Rekommunalisierungen NutzerInnen. Der Ausblick mag toll
sein und bis zum Schneeberg reichen,
Berlin kauft Wohnungen leistbarer – weil geförderter Wohnbau
zurück – entsteht jedoch woanders.Vorgaben
der Stadt wie beispielsweise die
Berlin erwirbt im April 1.800 Privatwohnungen. Diese gleichzeitige Schaffung von Mehrwert
wurden in den 90er-Jahren von der Stadt an einen bayri­ für die Öffentlichkeit, gilt es konsequent
schen Investor verkauft. Doch der Investor investierte einzufordern und die Zielvorstellungen
bis vor Kurzem nicht. Erst nach 20 Jahren ließ er die
Plattenbausiedlung Schritt für Schritt energetisch
 Müllmänner im
Stadtteil Çankaya in
umzusetzen. Das betrifft die Abdeckung
eines zeitgemäßen Wohnbedürfnisses
sanieren. Das Ergebnis waren erhöhte Mieten, es gab Ankara haben in ihrer ebenso wie die bauliche Flexibilität und
aber keine Energie­kostenersparnis, da die Sanierung Freizeit eine Bibliothek Veränderbarkeit für geänderte Lebens­
nicht fachgerecht erfolgt ist. Nach längeren Verhand­ eingerichtet. Sie befindet situationen, die nachhaltige Leistbarkeit,
lungen konnte sich Berlin nun mit dem Eigentümer auf sich im Betriebshof der die Entwicklung multifunktionaler Pro­
einen Kauf einigen. Die Übernahme städtischer Woh­ Müllabfuhr und ist jekte uvm. Die Schaffung von wenigen
nungen ist ein gutes Geschäft für private Investoren. So öffentlich zugänglich. Sozialwohnungen, die gemessen an der
veräußerte 2004 die Stadt Berlin 60.000 Wohnungen an Etwa 20.000 Bücher, Projektdimension im Promillebereich
die „Deutsche Wohnen“ die entweder wegge­ liegt, ist zu wenig. Auch wenn sich in
um 405 Millionen Euro. Die worfen oder gespendet der öffentlichen Diskussion alles um
„Deutsche Wohnen“ veran­ wurden, befinden sich den Canalettoblick dreht, sollte man
schlagt für diese Woh­ in dieser Bibliothek. sich mit den vielen mehr oder weniger
nungen derzeit einen Jetzt bauen die Müll­ schmackhaften Canelloni intensiver
Buchwert von sieben Milli­ männer einen alten auseinandersetzen. Die Stadt will ja
arden Euro. Berlin überlegt, Müllwagen zu einer rol­ schließlich funktionierende Stadtteile
einen Teil dieser Woh­ lenden Bibliothek um. mit sozialer Durchmischung.
nungen zurückzukaufen. o

AK Stadt · Seite 5wien.arbeiterkammer.at/meinestadt


Thema
Wohnen für Junge
AK Studie

Schwierige ­Wohnungs­suche
für die U35
Teuer, befristet, keine Maklerinfos. Eine private Wohnung zu mieten wird
immer mehr zum Luxus. Besonders kompliziert ist es für alle, die zum ersten
Mal eine Wohnung suchen. Von Thomas Ritt

Eine Wohnung in der Stadt zu finden wird nungen sich nur jene leisten können, die über ein
immer komplizierter. Eine Befragung von 503 überdurchschnittlich hohes Einkommen ver­
jungen WienerInnen zeigt: Am Wohnungsmarkt fügen. Gerade für Familien und Menschen unter
wird es eng. Das gilt ganz besonders für die 25 Jahren bietet der Gemeinde- und Genossen­
unter 35-Jährigen. Das Institut für empirische schaftsbau die richtige Alternative. In Summe
Sozialforschung (ifes) führte im Auftrag der AK sind unter allen Befragten 59 Prozent in eine
Wien eine Befragung von 503 jungen Wiene­ Gemeinde- oder Genossenschaftswohnung
rInnen durch. Interviewt wurden MieterInnen, die gezogen. Im Detail betrachtet, haben 28 Prozent
innerhalb der vergangenen fünf Jahre eine Woh­ eine Wohnung im Gemeinde- und 31 Prozent in
nung in Wien neu angemietet oder einen befris­ einem Genossenschaftsbau angemietet. In eine
teten Mietvertrag verlängert haben. Das durch­ private Mietwohnung sind 41 Prozent der jungen
Nicht nur hohe Preise schnittliche Haushaltseinkommen lag bei rund Wienerinnen und Wiener gezogen. Nur ein Drittel
machen die Wohnungs-
2.800 Euro netto im Monat. dieser privaten Mietwohnungen liegt im Altbau
suche zum Problem,
sondern teilweise auch (vor 1945 errichtet), wo Mietrechtsgesetz und
die schlechte Qualität Die Ergebnisse der Studie Richtwertsystem anzuwenden sind.
Für sechs von zehn Haushalten war es eher
schwierig oder sehr schwierig, eine passende Wenig Alternativen für Familien mit Kindern
Wohnung zu finden. Die große Mehrheit (84 Pro­ Insbesondere Familien mit Kindern ziehen weit
zent) sagt: Die hohen Preise am Wohnungsmarkt überwiegend in eine Gemeinde- oder gemein­
haben ihre Suche erschwert. Dafür verantwort­ nützige Wohnung. Von den befragten Haushalten
lich ist – gab mehr als ein Drittel (36 Prozent) der mit Kindern haben sich mehr als drei Viertel
Betroffenen an – die schlechte Qualität vieler (77 Prozent) für eine „öffentliche“ Mietwohnung
Wohnungen, und etwa ein weiteres Drittel (34 entschieden. Gerade die Jüngsten bis maximal
Prozent) macht die hohen Maklerprovisionen für 25 Jahre beziehen besonders häufig eine
die mühsame Wohnungssuche verantwortlich. Gemeindewohnung. Das zeigt, dass „öffent­
Im Konkreten zeigt sich, dass private Mietwoh­ liche“ Mietwohnungen dabei unterstützen,
flügge zu werden. Sie bieten jungen Familien ein
stabiles und gesichertes Wohnen. Das bestätigt
auch, dass genügend „öffentliche“ Mietwoh­
Zusammenfassung nungen gerade für die Existenzgründung sehr
Fotos: Andrey Popov – adobe stock, Erwin Schuh, Jaob Fielhauer

Bald zwei Drittel der Befragten einer AK Studie geben an, dass wichtig und nötig sind. Ein durch Befristung
es kompliziert war, eine passende Wohnung zu finden. Die erzwungener Wohnungswechsel ist das Letzte,
Ursache dafür: Private Wohnungen sind für junge Mietende zu was eine junge Familie brauchen kann.
teuer. Auch die schlechte Qualität sowie zu hohe Maklerprovisi­
onen haben die Suche erschwert. Deutlich günstiger zu haben Die Kosten spielen für Junge ebenso eine große
sind Gemeinde- oder Genossenschaftswohnungen. Der gemein­ Rolle. Durchschnittlich haben sie rund 72 Qua­
nützige Wohnbau muss daher rasch vorangetrieben werden. Eine dratmeter in ihrer Wohnung zur Verfügung. Eine
Reform des Mietrechts und wirksame Maßnahmen gegen private Mietwohnung dieser Größe kostet kalt,
Mieten­wucher braucht es, damit Wohnen für Junge leistbar ist. also mit Betriebskosten und Umsatzsteuer,

wien.arbeiterkammer.at/meinestadt AK Stadt · Seite 6


 Familien ziehen
überwiegend in
eine Gemeinde-
oder gemein­
ohne Warmwasser, Strom und Heizung, über nützige Woh­ wenden. Haushaltseinkommen über 4.000 Euro
790 Euro pro Monat. Bei den Gemeindewoh­ nung, weil sie hingegen sind mit nicht einmal einem Viertel
nungen beträgt die Bruttomiete 540 Euro pro eine für private (22 Prozent) durch die Mietkosten belastet. Wer
Monat – um 32 Prozent weniger als im privaten Wohnung fast die Hälfte seines Einkommens für das
Segment. Für Genossenschaftswohnungen – keinen unbefris­ Wohnen ausgeben muss, wobei nicht einmal die
mit den meist anteiligen Finanzierungsbeiträgen teten Mietver­ Heizung oder das Internet mitgerechnet ist, hat
– müssen im Schnitt knapp 600 Euro pro Monat trag bekommen die Grenze des finanziell Erträglichen weit über­
bezahlt werden, um ein Viertel weniger als im schritten. Auch wegen hoher Mietkosten müssen
privaten Segment. viele bei anderen Ausgaben sparen. Konkret
bedeutet das: Der überwiegende Teil der
Wenig Einkommen, hohe Mietkostenbelastung befragten ArbeitnehmerInnen kann die Wohnung
Die Miete einer privaten Altbauwohnung ver­ zwar heizen – lediglich für ein Prozent ist das oft
schlingt durchschnittlich 33 Prozent des monat­ gar nicht möglich. Eine Woche Urlaub im Jahr ist
lichen Netto-Haushaltseinkommens. Bei den aber nur mehr für zwei Drittel der Befragten prob­
Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen lemlos möglich. Bei unerwarteten Ausgaben
sind es nur 28 Prozent. Das verfügbare Ein­ sieht das schon anders aus: Nur jede und jeder
kommen nach den Mietkosten ist im geförderten zweite Befragte kann die Rechnung zahlen, wenn
Segment demnach um über fünf Prozent höher. beispielsweise die Waschmaschine kaputt wird.
Das sind Durchschnittswerte, es zeigt sich aber
erwartungsgemäß: Wer weniger verdient, bei der Gemeindewohnungen nützen allen
oder dem geht ein Großteil des Einkommens Den günstigsten Wohnraum gibt es bei der
allein für die Miete drauf. Gemeinde. Obwohl die Befragten dort nur über
Bei einem Netto-Haushaltseinkommen bis zu unterdurchschnittliche Einkommen verfügen, ist
1.800 Euro müssen MieterInnen im Schnitt bald die Mietkostenbelastung, also der Anteil der
die Hälfte (47 Prozent) für die Bruttomiete auf­ Miete am Gesamthaushaltseinkommen, nicht
höher als bei Genossenschaftswohnungen und
Die Hauptursache für die um fünf Prozentpunkte geringer als im privaten
schwere Wohnungssuche der Segment. Hier zeigt sich erstens, wie wichtig die
Mag Thomas Ritt
unter 35-Jährigen sind die ist Ökonom und Leiter
Gemeindewohnungen sind, um die allgemeinen
hohen Preise am privaten der Abteilung Kommunal­ Wohnkosten erträglich zu halten, und zweitens,
­Wohnungsmarkt politik der AK Wien. dass die Gemeindewohnungen sozial treff­ à

AK Stadt · Seite 7wien.arbeiterkammer.at/meinestadt


Thema
Wohnen für Junge
AK Studie:
AK Studie: Private Mietverträge für junge WienerInnen zu teuer
Private Mietverträge
sicher vergeben werden. Andersherum gesagt: für junge
Wohnen WienerInnen zu teuer
im Zinshaus
Lebten viele Gutverdienende im Gemeindebau,
würde deren Anteil der Miete am Haushaltsein­
kommen noch deutlicher darunter liegen als bei
den BewohnerInnen eines Gemeindebaus.

AK Verträge
Unsicherheit durch befristete Studie: 33 % 64 % 70 %
Zu den hohen privaten PreisenPrivate 33 Mietverträge
kommt %vermehrt fürdurchschn.
des junge
64 % WienerInnen zuhaben
Haushalts- teuer nur einen
70 % wurden vom Makler
einkommens verschlingt eine befristeten Mietvertrag nicht über Mietzins-
Unsicherheit hinzu. Zwei vondes drei
durchschn. Haushalts-
befragten Mie­ haben nur einen wurden vom Makler
private Wohnung (ø 4,4 Jahre) obergrenzen informiert
terInnen (64 Prozent), dieeinkommens verschlingt
in eine private eine
Miet­ befristeten Mietvertrag nicht über Mietzins-
private Wohnungeinen (ø 4,4 Jahre) obergrenzen informiert
wohnung gezogen sind, haben lediglich
befristeten Mietvertrag. Im Schnitt sind die Miet­
verträge auf 4,4 Jahre befristet – bei einer ähnli­
chen Erhebung aus dem Jahr 2003 lag die
durchschnittliche Befristungsdauer 33 %immerhin 64 % 70 %
noch bei fünf Jahren. des Fastdurchschn. Haushalts-
drei Viertel der haben nur einen wurden vom Makler
Befragten (72 Prozent),einkommens
die einenverschlingt eine befristeten Mietvertrag nicht über Mietzins-
befristeten 84 %
(ø 4,4 Jahre)
36 %
obergrenzen informiert
34 %
private Wohnung
Mietvertrag unterschrieben haben, 84 % beklagten, „Die Miete ist
36 % „Schlechte Qualität
34 % „Die Maklergebühr
dass eine passende Wohnung „Die nicht unbefristet zu hoch“ der Wohnung“ ist zu hoch“
Miete ist „Schlechte Qualität „Die Maklergebühr
zu bekommen war. zu hoch“ der Wohnung“ kaum Familienist zu hoch“in eine private Mietwohnung
Befristungen sind nach wie vor ein großes Pro­ ziehen. Teuer und fast immer befristet – wer
blem und bedeuten für die MieterInnen mehr Durchschnittliche Miete bei 72 kann
m2 und wer
Anteil derwill in so am
Mietkosten einer Wohnsituation
Haushaltseinkommen
(private und geförderte Wohnungen)
Unsicherheit, langfristiges Planen wird zum Kinder großziehen?
Durchschnittliche Miete bei 72 m2
Anteil der Mietkosten am Haushaltseinkommen
Wunschdenken. Kommt es zu einer Vertrags­ (private und geförderte Wohnungen)

verlängerung, ist man der oder dem Vermie­ 84 % € 790


36 % Hohe Maklergebühren, wenig Information
34 %
-25 %
tenden hinsichtlich möglicher Mieterhöhungen
€ 790
„Die Miete ist €„Schlechte
600 Qualität Neben„Die Preisen und Befristungen ist das Thema
Maklergebühr
-32 %
de facto ausgeliefert. Da wundertzues nicht, -25
hoch“ %
dass der Wohnung“ MaklerInnen fürist zu 47die
hoch“ % jungen Wohnungssuchenden
22 %
€ 600 € 540
-32 % ein wichtiges Thema. MaklerInnen argumentieren
47 % 22 %
€ 540 gerne, dass es gerecht sei, von der Mieterin, dem
■ private Mietwohnung
Durchschnittliche Miete bei 72 m■2 GenossenschaftsbauAnteil der Mietkosten am Mieter bezahlt
Haushaltseinkommen zu werden, obwohl
Haushaltseinkommen
sie von Vermie­
Haushaltseinkommen
Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen
■ private Mietwohnung ■ terInnen
(private und geförderte Wohnungen)
Gemeindebau beauftragt
bis 1.800 werden.
Euro Ihr Argument:
über 4.000 Euro Sie
■ Genossenschaftsbau Haushaltseinkommen Haushaltseinkommen
würden ja auch die Interessen der MieterInnen
Für viele Familien sind die priv

Günstiger und unbefristet


■ Gemeindebau bis 1.800 Euro über 4.000 Euro
Sie ziehen in eine Gemeinde-
€ 790 wahrnehmen. Die Realität ist aber, vorsichtig aus­
-25 %
gedrückt, etwas komplexer.
€ 600 Sample 503 WienerInnen bis 35 Jahre, IFES im Auftrag der AK Wien, 2019
Der durchschnittliche Zins einer privaten Wohnung ist mit 47 -32 % 790 % 22 %
Euro deutlich höher als €Sample
im540 503 WienerInnen bis 35 Jahre, IFES im Auftrag der AK Wien, 2019
Genossenschaftsbau, in dem die Miete MaklerInnen, die eine private Altbauwohnung
bei 600 Euro liegt. Vergleichsweise am niedrigsten sind die Kosten vermitteln, schweigen meist über die Mietzins­
im Gemeindebau – mit■540 Euro
private sind sie durchschnittlich um ein
Mietwohnung begrenzung, obwohl es sich um eine wesent­
■ Genossenschaftsbau Haushaltseinkommen Haushaltseinkommen
Drittel billiger als bei Privaten, und
■ Gemeindebau unbefristet sind sie auch! bis 1.800 Euro liche Information
über 4.000 Eurofür künftige MieterInnen Für viele han­
Familien sind die priva
Sie ziehen in eine Gemeinde- o
delt. Sieben von zehn gaben an, dass sie vom
Durchschnittliche Miete bei 72 m2
Sample: 503 WienerInnen bis 35 Jahre, Ifes im Auftrag der AK Wien, 2019

Makler, von der Maklerin nicht über Mietgrenzen


informiert wurden – ein Viertel konnte sich nicht
Genossenschaftsbau Sample 503 WienerInnen bis 35 Jahre, IFES im Auftrag der AK Wien, 2019
private Wohnung Gemeindebau mehr daran erinnern. Dennoch: Obwohl nur vier
600 Euro 790 Euro 540 Euro
Prozent von MaklerInnen auf Mietzinsgrenzen
-25 % hingewiesen wurden, wussten fast 80 Prozent
-32 % über die gesetzlichen Begrenzungen der Miete in
privaten Altbaumietwohnungen Bescheid.
Von jene jungen WienerInnen, deren Wohnungs­
suche sich eher oder sehr schwierig gestaltete,

Befristete Mietverträge sind am


Foto: Daniel Ernst – adobe stock

Für viele junge Familien sind private Mieten zu privaten Wohnungsmarkt ein
teuer. Für sie ist eine Gemeinde- oder Genossen- großes Problem. Langfristiges
schaftswohnung die bevorzugte Wahl. Planen wird damit unmöglich, die
Unsicherheit steigt

wien.arbeiterkammer.at/meinestadt AK Stadt · Seite 8


Kommentar

Zielscheibe Gemeinde­
wohnungsmieterInnen

Walter Rosifka
Abteilung Kommunalpolitik der AK Wien

Laufende Einkommensüberprüfungen
bei Mietenden von Wiener Gemein­
dewohnungen sollen nach Meinung
mancher die soziale Treffsicherheit
und den fairen Interessenausgleich
 Nur vier Pro­ im sozialen Wohnbau sicherstellen.
beklagte ein Drittel (34 Prozent) teure Maklerpro­ zent der Befragten Da fragt man sich, warum zuallererst
visionen. Bei jenen hingegen, die schließlich in wurden von die einkommensschwächste Bevölke­
eine private Mietwohnung zogen, hatte für mehr ­MaklerInnen auf rungsgruppe unter Generalverdacht
als die Hälfte (52 Prozent) die Maklerprovision Mietzinsgrenzen steht, SozialschmarotzerInnen zu sein.
ihre Suche erschwert. Die Forderung der im ­privaten Altbau Wäre die Forderung nach Sicherstel­
AK Wien, eine Regelung der Gebühren im Mak­ hingewiesen. lung der Gerechtigkeit im sozialen
lergesetz zu verankern, erweist sich daher als
AK Studie: Trotzdem wussten Wohnbau tatsächlich seriös gemeint,
sinnvoll. Demnach sollen die Erstauftragge­ fast 80 Prozent müsste man die wiederkehrende
Private Mietverträge für junge WienerInnen
benden, also im Regelfall die Vermietenden, die
zu teuer
darüber Bescheid Überprüfung der Familieneinkommen
Gebühren bezahlen. In Deutschland gilt das bei jeder Art der Wohnbauförderung
schon seit Juni 2015. durchführen. Das gilt besonders bei
der Förderung von Wohneigentum
Einschneidende Maßnahmen sind notwendig und beim geförderten Einfamilienhaus
Der private Wohnbau kann beim Thema leist­ – beim klassischen „Häuslbauer“. Dort
barer Wohnraum kaum einen Beitrag leisten. Das trifft das lebenslange Profitieren von
lässt sich 33weltweit
% 64 %
in den Städten beobachten, 70 % der Wohnbauförderung viel mehr zu.
des durchschn. Haushalts- haben nur einen wurden vom Makler
wo der private Wohnungsmarkt das Sagen hat. Warum werden nicht zuerst Förde­
einkommens verschlingt eine befristeten Mietvertrag nicht über Mietzins-
In London, München und anderen
private Wohnung Metropolen
(ø 4,4 Jahre) obergrenzen informiert rungssysteme wie in Salzburg hinter­
werden breite Bevölkerungsgruppen aus der fragt, bei denen man mehr als 30.000
Stadt vertrieben, weil die Mieten zu teuer sind. Euro aus Steuermitteln geschenkt
Nicht nur, dass das aus sozialer Sicht ein Skandal bekommen kann, wenn man eine
ist, es ist auch ein wirtschaftlicher Humbug. Wohnung oder ein Haus um 500.000
Euro und mehr kauft? Und warum
Wien hat mit seinen relativ vielen Gemeinde- und erhalten Bestverdiener und professio­
Genossenschaftswohnungen eine im internatio­ nelle Immobilienanleger Sanierungs-
84 % hervorragende Ausgangsbasis.
nalen Vergleich 36 % AK Studie:
34 % Fördermittel in beträchtlicher Höhe,
Diese „Die Miete ist
kommt „Schlechte Qualität
aber durch Spekulation immer Private Mietverträge
„Die Maklergebühr für völlig
jungeohne WienerInnen
Prüfung ihreszu teuer
Einkom­
zu hoch“
mehr unter Druck. Ohne einschneidende der Wohnung“ Maß­ ist zu hoch“ mens?
nahmen wird sich die Situation nicht verbes­ Wenn man die Schlagworte soziale
sern. Deshalb hat die AK ein Paket geschnürt, Treffsicherheit und fairer Interes­
dasDurchschnittliche
auf mehrerenMieteEbenen
bei 72ansetzt,
m2 um Wohnen
Anteil der Mietkosten am Haushaltseinkommen senausgleich im sozialen Wohnbau
(private und geförderte Wohnungen)
günstiger zu machen. So fordert die AK etwa im ernst nimmt, gibt es viel effektivere
Rahmen der kommenden Steuerreform einen Ansatzpunkte als den Gehaltscheck
€ 790
Wohnbonus. Demnach können zehn Prozent der im64 Gemeindebau; der ja auch erst bei
-25 % 33 % % 70 %
Wohnkosten
€ 600 (maximal 500 Euro pro Haushalt) des durchschn. Haushalts- zukünftig
haben abzuschließenden
nur einen Mietver­
wurden vom Makler
-32 %
von der Lohn- bzw. Einkommenssteuer47abge­ % einkommens22 %verschlingt eine trägenMietvertrag
befristeten eingeführt werden könnte.
nicht über Mietzins-
€ 540
setzt werden. à private Wohnung (ø 4,4 Jahre) obergrenzen informiert

■ private Mietwohnung
AK Stadt · Seite 9wien.arbeiterkammer.at/meinestadt
Haushaltseinkommen Haushaltseinkommen
■ Genossenschaftsbau
bis 1.800 Euro über 4.000 Euro Für viele Familien sind die privaten Mieten zu teuer.
■ Gemeindebau
Sie ziehen in eine Gemeinde- oder Genossenschaftswohnung.
Thema
Wohnen für Junge

Die AK Forderungen für leistbares Wohnen

Das Fünf-Punkte-Programm
Die Mieten für neu angemietete private Wohnungen
sind in den vergangenen Jahren heftig gestiegen.
­Deshalb hat die Arbeiterkammer ein Maßnahmenpaket
geschnürt, damit Wohnen für alle leistbar ist.

1. Steuerlicher Wohnbonus dies müssen die befristeten


mit sozialer Staffelung Mietverträge abgeschafft
Im Rahmen der geplanten werden, außer bei Eigenbedarf
­Steuerreform sollen zehn für VermieterInnen.
Prozent der Wohnkosten von der
Lohn- und Einkommenssteuer 3. Weg mit Maklerprovision
abgesetzt werden können, für MieterInnen
höchstens aber 500 Euro. Bei Eine entsprechende Regelung
einem Jahreseinkommen unter­ muss im Maklergesetz verankert
halb der Einkommenssteuer­ werden, wonach nur die Erstauf­
grenze von 11.000 Euro soll der traggebenden provisionspflichtig
Wohnbonus als Steuergutschrift sind. Im Regelfall sind es die Ein neues Mietrecht soll für private Woh­
ausbezahlt werden. Bei hohen VermieterInnen, die ihre nun­gen wirksame Mietzinsobergrenzen defi­
Einkommen zwischen 60.000 Wohnung vermieten möchten. nieren und Zu- und Abschläge begrenzen.
und 90.000 Euro jährlich schleift Das gilt in Deutschland schon Befristete Mietverträge müssen, außer bei
sich der Absetzbetrag ein, ab seit Juni 2015. Eigenbedarf, abgeschafft werden.
90.000 Euro und mehr gibt es Bei Mietwucher sollen VermieterInnen etwa
keinen Wohnbonus mehr. 4. Wirksame Sanktionen bei bei gesetzwidrig vereinbartem Mietzins
Mietwucher das Doppelte des zu Unrecht kassierten
Die Wohnkosten können pro VermieterInnen sollen etwa bei Betrages zurückzahlen. Wer beim Schwarz­
Wohnung nur ein Mal abgesetzt gesetzwidrig vereinbarten Miet­ fahren erwischt wird, kann ja auch nicht ein­
werden. Der Absetzbetrag kann zinsen das Doppelte des zu fach nur den Fahrschein nachkaufen.
zwischen maximal zwei im Haus­ Unrecht kassierten Betrages
halt lebenden Personen jeweils zurückzahlen. Bodenspekulation verhindern
zur Hälfte aufgeteilt werden. Das Hauptproblem am Wohnungsmangel ist
5. Mehr geförderter Wohnbau jedoch die zunehmende Bodenspekulation.
Zu den absetzbaren Wohnkosten Die stark zunehmende Speku­ Sie treibt die Preise in die Höhe und macht
zählen der laufende Mietzins lation treibt die Preise für Grund Bauland für geförderte Wohnungen zu
(inklusive Umsatzsteuer) ohne und Boden schnell in die Höhe. teuer. Mit der Widmungskategorie „Geför­
Betriebskosten, der Kauf von Dadurch wird Bauland für derter Wohnbau“ setzte Wien einen Schritt
Wohnraum, ob Neubau oder ­geförderte Wohnungen zu teuer. in die richtige Richtung. Zusätzlich müssen
Ankauf, sowie die Sanierung von Mit der Widmungskategorie Grundstücksreserven, die Bund und Länder
Wohnraum. Es können die „Geförderter Wohnbau“ setzte besitzen, vorrangig für den geförderten
Kosten für maximal 150 Quad­ Wien einen Schritt in die richtige Wohnbau gesichert und verwendet werden.
ratmeter sowie für eigenge­ Richtung. Zusätzlich müssen Um in Wien mindestens 9.000 neue geför­
nützten Wohnraum abgesetzt Grundstücksreserven, die Bund derte Wohnungen pro Jahr zu errichten,
werden, nicht für Zweitwoh­ und Länder besitzen, vorrangig müssen private Projektentwickler mehr in
nungen oder vermietete Vor­ für den geförderten Wohnbau die Verantwortung genommen werden. Sie
sorgewohnungen. gesichert und verwendet sollen einen gewissen Anteil an Sozialwoh­
werden. Um in Wien mindestens nungen errichten müssen.
2. Neues Mietrecht für 9.000 neue geförderte Woh­
private Wohnungen nungen pro Jahr zu errichten,
Es soll ein neues Mietrecht für müssen private Projektent­ Bei Mietwucher sollen
Fotos: Jakob Fielahuer, beigestellt

private Wohnungen mit wirk­ wicklerInnen durch eine Sozial­ ­Ver­mietende bei zu Unrecht
samen Mietzinsobergrenzen, klar wohnungsverpflichtung mehr in ­kassiertem Mietzins das
definierten und begrenzten Zu- die Verantwortung genommen ­Doppelte zurückzahlen, fordert
und Abschlägen geben. Über­ werden. o die Arbeiterkammer

wien.arbeiterkammer.at/meinestadt AK Stadt · Seite 10


Interview

Ein paar Tage ausruhen


a_way ist die einzige Notschlafstelle für Jugendliche
und junge Erwachsene in Wien. Das Angebot ist
anonym, kostenlos und freiwillig, erklärt Thomas Adrian.

Wie viele Jugendliche sind in


Wien schätzungsweise von
Obdachlosigkeit betroffen?
Leider haben wir dazu keine
validen Zahlen. Am Papier gibt
es wenige obdachlose Jugend­
liche, da man per Gesetz ver­
pflichtet ist, sich zu melden, und
als Obsorgeberechtigter, sie zu
versorgen. Abseits vom Papier
gibt es viele Jugendliche und
junge Erwachsene, die oft Thomas Adrian ist Leiter von a_way,
 8 2 Prozent der Befragten einer aktu­ abwechselnd bei Onkel, Tante Notschlafstelle für Jugendliche im
ellen AK Studie meinen, dass in oder Großeltern, bei Stiefeltern Alter von 14 bis 20 Jahren der
Wien noch mehr gemeinnützige und fernen Verwandten, bei Caritas Wien. www.caritas-wien.at
Wohnungen errichtet werden sollen Freunden oder Zweckbekannt­
schaften schlafen. In diesen Fällen ist ein nieder­
schwelliger Betreuungseinstieg
Warum sind junge Menschen und die Möglichkeit, mehrere
Wer alles dem Markt überlässt, nimmt in Kauf, obdachlos? Streit in der Anläufe zu bekommen, schei­
dass die Mehrheit der Normalverdienenden Familie, Verlust der Wohnmög­ tern zu können und nachzu­
unter die Räder kommt. Es entstehen Städte, die lichkeit oder andere Krisensitua­ reifen, sehr wichtig.
für niemanden lebenswert sind. Auch die Rei­ tionen sind meist die Gründe
chen merken das spätestens dann, wenn sie in dafür. Das ist jedoch kein Was passiert, wenn ein
den teuren Städten niemanden mehr finden, der „Unterschichtenphänomen“, Jugendlicher bei a_way auf-
für sie die Arbeit macht. Wohnen ist keine Ware, sondern kommt auch in der Mit­ kreuzt? a_way ist ein Schutz-
sondern ein grundlegendes Bedürfnis. telschicht und in Wohlstands­ und Erholungsraum, hier
familien vor. Es hängt damit geschieht Krisenintervention. In
Breiter Konsens zusammen, dass Familien über­ Gesprächen geht es darum, den
Es ist nicht verwunderlich, dass unter den fordert sind und Hilfestellungen jungen Menschen darin zu
Befragten der AK Studie ein breiter Konsens dar­ zu spät kommen. bestärken, dass es zum einen
über besteht, dass klare gesetzliche Mietzins­ richtig ist, sich aus der Situation
grenzen notwendig sind, 85 Prozent der Was sind die Gründe dafür? zu befreien, und zum anderen,
Befragten plädieren dafür. Weitgehende Einigkeit Die Geschichte vieler Klien­ dass es gut ist, sich Hilfe zu
herrscht ebenso darüber, dass in Wien noch tInnen ist schon in allerjüngsten suchen, und dass sie/er dabei
mehr geförderte Wohnungen errichtet werden Jahren von verschiedenen unterstützt wird. Viele erwarten,
sollen, dafür sprechen sich 82 Prozent aus. Beziehungsstrukturen und dass alles sofort anders ist. Der
Deutlich zugenommen hat der Prozentsatz jener -abbrüchen geprägt. Im Zuge Weg dorthin braucht aber viel
MieterInnen, die ihre Miete bereits haben über­ des Erwachsenwerdens entwi­ Energie und Geduld. Dabei
prüfen lassen. Bei einer AK Studie aus dem Jahr ckeln sie den Wunsch nach merken wir auch, dass vor allem
2013 waren das nur vier Prozent, jetzt sind es einem selbstbestimmten Leben, für Jugendliche aus Familien mit
21 Prozent – auch das ist ein Teil der Arbeit der jedoch gibt es in bestimmten wenig Einkommen leistbarer
AK: Immer mehr Menschen wissen, wie und wo Familienverhältnissen keine Wohnraum ein Problem dar­
sie zu ihrem Recht kommen. o Ressourcen, auf die die jungen stellt.
Menschen zurückgreifen Uns als SozialarbeiterInnen ist
können. Aufgrund dieser Erfah­ es viel wert, die Sinnhaftigkeit
rungen mangelt es an Selbst­ unserer Arbeit zu sehen. o
wertgefühl, häufig gibt es die
Spendenkonto
Hemmschwelle, Behördenwege IBAN: AT47 2011 1890 8900 0000
und AMS-Kurse zu bewältigen. Kennwort: a_way

AK Stadt · Seite 11wien.arbeiterkammer.at/meinestadt


Thema
Wohnen für Junge
AK Extra: Die Wohn- und Mietrechtsberatung

Das meiste kann telefonisch


geklärt werden
Das knappe Wohnungsangebot ist eine der Ursachen, dass viele Mietende mit komplizierten
Wohn- und Mietrechtsfragen konfrontiert sind. Oft geht es dabei auch um viel Geld. Deshalb hat
die AK Wien seit Februar die Beratung dafür stark ausgebaut. Von Jakob Fielhauer

„An schwachen Tagen haben wir ungefähr und Mieterinnen vermehrt mit Befristungen,
70 Anrufe, an starken hatten wir auch schon un­gerechtfertigten Lagezuschlägen, zu hohen
100. Und es werden jede Woche mehr“, berichtet Maklergebühren und anderen rechtlichen Prob­
Clemens Berger. Er ist einer der AK Berate­ lemen konfrontiert sind. Darauf reagiert die AK
rInnen, die frisch angeheuert wurden, um die AK „Als AK werden nicht nur mit einem politischen Forderungs­
Telefonhotline in Wohn- und Mietrechtsfragen zu wir auch Muster­ programm, sondern leistet konkrete Hilfe. Seit
unterstützen. Insgesamt beantworten fünf Bera­ prozesse führen. Mitte Februar hat die AK Wien ihr Miet- und
terInnen die unterschiedlichsten Fragen zum Das gilt für Wohnrechts­angebot stark ausgebaut und auch
Wohnrecht. Themen, die eine neue Telefonhotline eingerichtet.
Seit 2018 häufen sich die Anfragen rund ums noch nicht aus­
Wohn- und Mietrecht bei der AK Wien. Der judiziert sind Lösungsansätze und konkrete Tipps
Grund dafür: Der Druck am Wohnungsmarkt oder bei ganz „Wir haben ein offenes Ohr für alle erdenklichen
steigt generell. Das heißt auch, dass Mieter krassen Fällen.“ Fragen zum Wohn- und Mietrecht“, sagt Erwin
Erwin Bruckner, Bruckner, der mehr als 20 Jahre Erfahrung beim
AK Berater Verein für Konsumenteninformation sowie der
mobilen Gebietsbetreuung in Sachen Mietrecht
in die Arbeiterkammer mitbringt. Die telefoni­
schen Beratungen laufen sehr unterschiedlich
ab. Es gibt einige, die ganz gezielte Fragen
stellen, die meist schnell und exakt beantwortet
werden. Andere stehen hingegen noch ziemlich
am Anfang, dann erarbeiten die AK BeraterInnen
am Telefon mögliche Lösungsansätze und geben
konkrete Tipps.
Die Themen, zu denen rund ums Wohnen gefragt
wird, könnten vielfältiger nicht sein, primär
betreffen sie aber den privaten Wohnungsmarkt.
Beispielweise gibt es viele Anfragen zu Makler­
gebühren, die häufig falsch berechnet oder über­
höht sind. Ein klassisches Problem ist auch das
Mietanbot, von dem viele Mietende nicht wissen,
dass es bindend ist. Weiters gibt es Anfragen
etwa zur Höhe des Mietzinses, zur Erhaltung oder
zu Mängeln (zum Beispiel Schimmel) in der Woh­
nung. Häufig gestellte Fragen sind außerdem:
Zusammenfassung Was ist zu tun, wenn ich meine Wohnung zurück­
gebe oder gekündigt werde? Muss ich aus­
Immer mehr Menschen sind mit Wohn- und Mietrechtsfragen malen? Bekomme ich einen Investitionsersatz?
konfrontiert, unter anderem weil es am Wohnungsmarkt immer „Grundsätzlich beantworten wir alle Fragen,
Fotos: Jakob Fielhauer

enger wird. Deshalb hat die AK Wien unter 01 50165 1345 eine soweit wir sie beantworten können“, untertreibt
Hotline eingerichtet. Die AK BeraterInnen geben Auskunft über Clemens Berger. Unter den AnruferInnen sind
alle erdenklichen Fragen des Wohnrechts. auch EigentümerInnen, die beispielsweise eine

wien.arbeiterkammer.at/meinestadt AK Stadt · Seite 12


Die AK WohnrechtsberaterInnen
geben telefonisch Auskunft über Ihre
Rechte zum Thema Mietrecht, zu
Betriebskosten, Mietzins, Kaution oder
Kündigung. Gibt es Probleme mit
ImmobilienmaklerInnen? Gibt es
Streitigkeiten rund um Ihre Eigentums­
wohnung oder innerhalb der
­HauseigentümerInnen?
Telefonische Auskunft
Montag–Freitag, 8 Uhr–12 Uhr
Dienstag zusätzlich 15 Uhr–18 Uhr
Tel.: +43 1 50165 1345
Rückrufberatung bei schriftlichen
Anfragen an wohnen@akwien.at
Bitte geben Sie Ihre Telefonnummer an!
wien.arbeiterkammer.at/wohnen

„Grundsätzlich
Wohnung geerbt haben und diese vermieten beantworten wir AK Info-Veranstaltungen
möchten. Mit seiner Gerichtspraxis am Bezirks­ alle Fragen zum
gericht Favoriten und als Wohnrechts­experte in Wohn- und Miet­ Wohnrecht kompakt
einer Rechtsschutzversicherung, in der Berger recht, auch von
Bei Info-Veranstaltungen geben ExpertInnen
bis vor Kurzem noch angestellt war, beantwortet Wohnungseigen-
einen verständlichen Überblick über wohn­
er Fragen mit Leichtigkeit. tümerInnen. Die rechtliche Fragen zu Miet-, Genossen­
meisten sind aller­ schafts- und Eigentumswohnungen. Bei
Hilfe zur Selbsthilfe dings zur Miete.“ ­ allen Veranstaltungen können Sie Ihre
Die meisten AnruferInnen können sich nach Clemens Berger, Fragen stellen.
einem Telefonat selbst weiterhelfen. Sehr viele AK Berater
Kauf einer Eigentumswohnung: Grundle­
verwenden die neu erstellten Inhalte auf der AK
gendes zum Wohnungseigentum und
Website, dort finden alle Interessierten Antworten worauf Sie beim Kauf achten sollen.
auf häufige Fragen und Broschüren zu fast allen Dienstag, 4. Juni, 18:30 Uhr. Vortragende:
Problemen des Wohnrechts. Vielfach downge­ AK Experte Walter Rosifka und Rechts­
loadet werden Musterschreiben für oft vorkom­ anwalt Walter Reichholf
mende Fälle. „Es gibt aber Konstellationen, wo
Mieten einer Genossenschaftswohnung:
es sinnvoll ist, eine Rechtsvertretung zu haben“, Wie berechnet sich der Mietzins? Ist eine
meint Erwin Bruckner, „dann verweisen wir etwa Ablöse zulässig? Donnerstag, 6. Juni, 18:30
auf Mieterorganisationen, die nach einem per­ Uhr. Vortragende: AK Experte Walter
sönlichen Beratungsgespräch entweder ein Ver­ Rosifka und Rechtsanwalt Walter Reichholf
fahren bei der Schlichtungsstelle (MA 50) führen,
Mietrecht für MieterInnen: Informationen
oder wenn nötig, auch bei Gericht klagen.“
und Tipps zu Tücken im Mietrecht. Freitag,
Apropos Klagen: Die Arbeiterkammer wird ver­ 7. Juni, 18:30 Uhr. Vortragender:
mehrt Musterprozesse zum Thema Wohn- und AK Experte Walter Rosifka
Mietrecht bei Gericht führen. Dadurch sollen
Präzedenzfälle, also Beispiele, die auch auf ähn­ Ort aller Veranstaltungen: Bildungszen­
liche Wohnprobleme zutreffen, geschaffen trum der AK Wien, 4., Theresianumg. 16–18
werden. Einige Fragen des Mietrechts sind näm­
Weitere Infos und Anmeldung unter
lich noch nicht ausjudiziert, und auch besonders Jakob Fielhauer ist wien.arbeiterkammer.at/beratung/Wohnen/
krasse Fälle will die AK vor Gericht bringen. Die Redakteur der Zeitschrift veranstaltungen/AK-Info-Veranstaltungen_
AK hilft, wenn man sie braucht. o AK Stadt. Wohnrecht_kompakt.html

AK Stadt · Seite 13wien.arbeiterkammer.at/meinestadt


Thema
Wohnen für Junge
Europäische Bürgerinitiative

Jetzt für leistbares Wohnen


in Europa unterschreiben
BürgerInnen aus sieben EU-Mitgliedsstaaten haben eine Europäische Bürgerinitiative für
leistbares Wohnen ins Leben gerufen. Die Arbeiterkammer Wien hat durch finanzielle
Unterstützung wesentlich zum erfolgreichen Start der Initiative beigetragen. Von Lukas Tockner

„Private Mieten steigen deutlich stärker als Fast alle Mitgliedsstaaten sind
Einkommen.“ „Massive Steigerungen bei Kauf­ von stark wachsenden Woh-
preisen von Eigentumswohnungen in den letzten nungskosten betroffen. Das
Jahren.“ „Baulandpreise doppelt so hoch wie ­Problem ist längst in den Mittel-
vor der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008.“ Wer schichten angekommen.
regelmäßig Zeitung liest, der oder dem sind
solche Schlagzeilen in den vergangenen Jahren Mag Lukas Tockner ist vergleichsweise mickrig. Die Mieten und Kauf­
Volkswirt und Mitarbeiter
vertraut geworden. Vielerorts, insbesondere in preise in den gewerblichen Segmenten des
der Abteilung Kommunal­
den wachsenden Ballungszentren, sind Mieten politik der AK Wien. Immobilienmarktes sind daher hoch und für viele
und Kaufpreise von Wohnungen über ein Jahr­ Haushalte kaum oder gar nicht zu bezahlen. Die
zehnt stärker gestiegen als die Einkommen. Zahl der von nicht gewinnorientierten Woh­
Die negativen Folgen dieser Entwicklungen sind nungsgesellschaften angebotenen, bezahlbaren
vielfältig: Erwachsen gewordenen Kindern ist es Wohnungen ist hingegen völlig unzureichend.
oft nicht möglich, aus dem Elternhaus auszu­
ziehen. Familiengründungen werden vertagt, Wohnungsnot in ganz Europa
weil der erforderliche zusätzliche Wohnraum Generell ist in fast allen Regionen Europas ein
nicht bezahlbar ist. Eltern, die auf der Bezie­ Zahlen & Fakten starker und stetiger Zuwachs der Wohnkosten
hungsebene längst getrennt sind, bleiben doch zu beobachten. Nicht nur einkommensschwache
wohnlich zusammen, weil zwei Wohnungen mit 57 Mrd € Menschen sind davon betroffen, das Problem
entsprechend Platz für den gemeinsamen Nach­ Die Investitionslücke für
hat längst die Mitte der Gesellschaft erreicht. In
wuchs den finanziellen Rahmen sprengen. den Wohnbau in der EU der Europäischen Union sind 82 Millionen Bür­
beträgt pro Jahr rund gerInnen durch ihre Wohnkosten überbelastet.
Wohnungsnot am Beispiel Deutschland 57 Milliarden Euro. Durch Sie müssen mehr als 40 Prozent ihres verfüg­
die finanzpolitischen Vor­
Nicht nur in Österreich sind diese Entwicklungen gaben der EU und durch
baren Haushaltseinkommens fürs Wohnen aus­
zu beobachten. In Deutschland beispielsweise das EU-Beihilfenrecht geben. Für immer mehr Menschen wird es in den
ist die Situation noch viel prekärer. Dort ist die werden die Städte und wachsenden Städten Europas zunehmend
Wohnungsgemeinnützigkeit bereits vor rund 30 Kommunen in ihrem schwierig, Wohnraum in der Nähe des Arbeits-
Bestreben, sozialen und
Jahren abgeschafft worden, öffentliche Woh­ bezahlbaren Wohnraum
oder Ausbildungsplatzes zu finden. Viele Men­
nungsunternehmen wurden häufig privatisiert, zu schaffen, viel zu stark schen sind von Zwangsräumungen bedroht.
und die Ausgaben für Wohnbauförderung sind eingeschränkt. Um etwas gegen diese Missstände zu tun, wurde
von BürgerInnen aus sieben EU-Mitgliedsstaaten
Fotos: Erwin Schuh (1) © Syda Productions, gradt – fotolia.de (2)

„Housing for All“, eine Europäische Bürgerinitia­


tive, ins Leben gerufen. Sie fordern die Europäi­
sche Kommission auf, bessere rechtliche und
Zusammenfassung
finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen, um
In den meisten Teilen Europas wird Wohnen schnell teurer. In bezahlbares und soziales Wohnen für alle Bürge­
der EU sind bereits 82 Mio Menschen mit zu hohen Wohn­ rInnen zu ermöglichen. Die AK Wien hat durch
kosten belastet. Die Europäische Bürgerinitiative „Housing for eine finanzielle Unterstützung in der Planungs­
All“ will eine Million Unterschriften sammeln, damit sich die phase wesentlich zum erfolgreichen Start dieser
Europäische Kommission mit ihren Anliegen beschäftigt. Initiative beigetragen. o

wien.arbeiterkammer.at/meinestadt AK Stadt · Seite 14


Im gemein-
samen Haus
Europa gibt
es zu wenige
Wohnungen

„Housing for All“: Wohnen muss für alle leistbar sein!


Ziel der Europäischen Bürgerinitiative „Housing for All“ ist es, in den kommenden sowie öffentliche Wohnbauträger sollen über
zwölf Monaten mindestens eine Million Unterschriften zu sammeln. In sieben Mit- die Europäische Investitionsbank Finanz­
gliedsstaaten der EU muss jeweils eine Mindestzahl an Unterschriften erreicht mittel zu besonders guten Konditionen
werden. Wenn dies geschafft wird, muss sich die Europäische Kommission mit den erhalten können.
Anliegen befassen. Seit 27. März kann unterschrieben werden.

1. Verbesserung des Zugangs zu


gefördertem Wohnbau in der Euro-
zitkriterien von Maastricht: Die Investiti­
onslücke in der Europäischen Union beim
4. Erlass eines einheitlichen Rege-
lungsrahmens auf europäischer
Ebene für die Kurzzeitvermietung von
päischen Union: Einfach gesagt ist das Bau leistbarer Wohnungen wird auf rund privatem Wohnraum, mit dem ein aus-
europäische Beihilferecht so gestaltet, dass 57 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Trotz reichendes Angebot an leistbarem
nur die Förderung von Wohnungen für die der anhaltenden historischen Niedrigzins­ Wohnraum gewährleistet wird: Die
Ärmsten der Armen als unbedenklich bezüg­ phase können die Staaten in diesem hoch­ anwachsende Kurzzeitvermietung über
lich des Wettbewerbs am Wohnungsmarkt relevanten Bereich nicht ausreichend inves­ Plattformen wie Airbnb wird in immer mehr
gilt. Wenn 82 Millionen EuropäerInnen von tieren. Die europäischen Regelungen zur Städten zu einem Problem. Der lokalen
einer Überbelastung durch die Wohnkosten Vermeidung übermäßiger öffentlicher Bevölkerung wird dadurch Wohnraum ent­
betroffen sind, ist so ein Zugang aber nicht ­Defizite verhindern dies. Daher sollen lang­ zogen. Den lokalen Beherbergungsbetrieben
mehr haltbar. Das Beihilferecht muss geän­ fristige öffentliche Investitionen in den Bau sowie den Kommunen entgehen Einnahmen
dert werden. Erstens sollen öffentliche bezahlbaren Wohnraums von der Defizit­ und Abgaben. Ein einheitlicher Regelungs­
­Förderungen für den Bau von leistbaren berechnung ausgenommen werden. rahmen auf europäischer Ebene soll dem
Wohnungen generell von der Anmeldepflicht ein Ende setzen.
als Beihilfe ausgenommen werden. Zwei­
tens soll die beihilferechtliche Beschränkung
der förderungswürdigen Zielgruppe auf
3. Leichterer Zugang zu finanziellen
Mitteln aus europäischen Fonds für
gemeinnützige und öffentliche Wohn- 5. Einbeziehung standardisierter
Daten zur Wohnsituation in Europa
„benachteiligte Bürger oder sozial schwä­ bauträger: Gemeinnützige Wohnbauträger in das Europäische Statistische
chere Bevölkerungsgruppen“ aufgehoben ­Programm: Mit dieser Maßnahme sollen
und ein universeller Zugang zu gefördertem die Wohnbedingungen auf kommunaler,
und leistbarem Wohnraum ermöglicht Mindestens eine Million nationaler und internationaler Ebene in
werden. Unterschriften müssen ­standardisierter Weise erfasst, ausgewertet
EU-weit gesammelt werden,
und verglichen werden, um den Wohnbedarf
damit sich die Europäische
2. Keine Berücksichtigung öffentlicher
Investitionen in den Bau bezahl-
baren Wohnraums im Rahmen der Defi-
Kommission mit dem Thema
befasst. In Österreich sind
13.500 notwendig.
regional und zeitnah darzustellen.

www.housingforall.eu

AK Stadt · Seite 15wien.arbeiterkammer.at/meinestadt


Österreichische Post AG
MZ 12Z039252 M

Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien


Prinz-Eugen-Straße 20–22, 1040 Wien

AK Stadt ISSN 2227-9415


E-Mail stadt@akwien.at
Telefon 01/501 65-13047
Internet wien.arbeiterkammer.at/meinestadt

Verlagsort 1040 Wien Erscheinungsort Wien

Wer hilft mir rund


ums Wohnen?

Wohnrechtsberatung
Mehr für Sie! AK Extra – unsere neuen Services und Leistungen.
Die AK Wohnrechtsberatung. Konflikte über die Miethöhe,
Betriebskosten oder Wohnungskauf – wir sind für Sie da!
AK Hotline für Miet- und Wohnrechtsfragen:
(01) 501 65 DW 1345
Mo–Fr 8–12 Uhr, Di zusätzlich 15–18 Uhr
wohnen@akwien.at
wien.arbeiterkammer.at/zukunftsprogramm

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