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Wohnpolitik in Zürich: Es harzt gewaltig bei der Umsetzung 15.05.

23, 14:32

Beim Rennen um mehr gemeinnützige


Wohnungen in Zürich harzt es gewaltig
Bis 2050 soll der Anteil gemeinnütziger Wohnungen in der Stadt
Zürich von einem Viertel auf einen Drittel steigen. Vier Jahre lang hat
er sich nun aber kein bisschen erhöht – weshalb von linker Seite im
Gemeinderat «radikalere Massnahmen» verlangt werden.

Adi Kälin
13.01.2021, 20.57 Uhr

Christoph Ruckstuhl / NZZ


Der Start zur Vermietung der neuen städtischen Wohnungen in
der Siedlung Hornbach hat im letzten Herbst Tausende
angezogen.

Vor zehn Jahren hat die Zürcher Politik einen neuen Begriff geprägt: das
Drittelsziel! Gemeint ist, dass der Anteil gemeinnütziger Wohnungen am
Bestand aller Mietwohnungen von einem Viertel auf einen Drittel
ansteigen soll. Ersonnen wurde dieses Ziel von der SP; die entsprechende
Initiative wurde im November 2011 von den Stimmberechtigten deutlich
angenommen. Nun steht es in der Gemeindeordnung und wird vom
Stadtrat und von der rot-grünen Mehrheit im Gemeinderat mit
Vehemenz verfolgt.

Der Stadtrat wirkt desillusioniert

Gleichwohl hat sich, wie ein Bericht des Stadtrats zeigt, in den letzten
vier Jahren am Anteil gemeinnütziger Wohnungen praktisch nichts

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verändert: Er sank sogar ganz leicht, von 26,5 auf 26,4 Prozent. Zählt
man noch Stiftungen mit günstigen Wohnungen hinzu, welche der
Stadtrat als «gemeinnützig im weiteren Sinn» bezeichnet, kann man für
die letzten vier Jahre eine leichte Steigerung feststellen: von 29 auf 29,3
Prozent.

Im Bericht zeigt sich der Stadtrat einigermassen desillusioniert: Eine


Steigerung des Anteils wäre nur mit einer stark überproportionalen
Aktivität von Stadt und Genossenschaften überhaupt möglich, schreibt
er. Dies aber würde hohe Geldbeträge für den Kauf von Grundstücken
und den Bau von Häusern bedingen.

So weit war der Stadtrat übrigens vor genau zehn Jahren auch schon.
Anfang 2011, als er das Drittelsziel noch für unrealistisch ansah und die
Initiative zur Ablehnung empfahl, teilte er mit, dass man das Ziel nur
erreichen könnte, wenn man ein «Quasi-Bauverbot für Private» erlassen
würde. Weil die Initianten kurz darauf die Frist zur Erreichung des Ziels
von 2040 auf 2050 erweiterten, warf der Stadtrat aber schliesslich seine
Bedenken über Bord und stellte sich hinter Initiative und Drittelsziel.

AL stört «fatalistische Haltung»

Und wie beurteilt der Gemeinderat die Situation, nachdem man sich
dem Drittelsziel vier Jahre lang keinen Millimeter angenähert hat? Am
deutlichsten gab die AL am Mittwochabend ihrer Enttäuschung über die
Zahlen des Berichts Ausdruck: Es herrsche Stillstand, und mit Stillstand
erreiche man das Drittelsziel nicht, sagte Patrick Maillard. Über weite
Strecken lese sich der Bericht des Stadtrats wie eine
Kapitulationserklärung.

Es brauche nun einen eigentlichen Businessplan, in dem der Stadtrat


aufzeige, was er zu tun gedenke, um das Ziel bis 2050 zu erreichen. Auf
jeden Fall brauche es auch radikalere Massnahmen, der Stadtrat müsse
sämtliche rechtlichen Mittel ausnützen. Die AL, die in der Regel
zuvorderst für mehr gemeinnützige Wohnungen kämpft, lehnte den
Bericht schliesslich ab – nicht zuletzt wegen der «fatalistischen
Haltung», die immer wieder durchscheint, wie Maillard sagte.

Stadtpräsidentin Corine Mauch machte den Rat darauf aufmerksam,


dass es auch durchaus positive Entwicklungen gegeben habe in den
letzten vier Jahren. Es seien ja 2400 zusätzliche gemeinnützige
Wohnungen gebaut worden, nur sei damit deren Anteil nicht gestiegen.
Man werde das Ziel auf jeden Fall weiterverfolgen, es brauche aber einen

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langen Atem. Und es brauche in Zukunft wohl noch mehr


Abschreibungsbeiträge, um den Kauf von Liegenschaften zu
ermöglichen.

Mehr Boden kaufen!

Julia Hofstetter (gp.) setzte auf das gleiche Mittel: Es brauche eine
offensivere Bodenpolitik, sagte sie. Der Stadtrat habe im letzten Jahr
durch eine Volksabstimmung mehr Kompetenzen beim Landkauf
bekommen; nun müsse er diese auch nutzen. Möglichst viele
Zürcherinnen und Zürcher sollten in gemeinnützigen Wohnungen leben
können. Und niemand solle gezwungen werden, seinen hart verdienten
Lohn an Vermieter mit Gewinnabsichten abzugeben, sagte Hofstetter.

Die FDP übte grundsätzliche Kritik an der Stadtzürcher


Wohnungspolitik. Man gaukle den Leuten vor, dass mit der Schaffung
von gemeinnützigen Wohnungen das ganze Problem gelöst werde, sagte
Severin Pflüger. Aber es sei heute nicht einfacher, in Zürich eine
Wohnung zu finden, als zu Beginn der Massnahmen. Wenn die Privaten
in den letzten vier Jahren nicht 12 000 Wohnungen in Zürich gebaut
hätten, wären die Mieten – wegen der überaus hohen Nachfrage – wohl
explodiert. Man müsse den Wohnungsbau revitalisieren und auf
sinnlose Statistiken in Hochglanzprospekten verzichten, meinte Pflüger.

Zum Schluss gab es noch einen innerlinken Seitenhieb von der AL an die
SP. Der Kauf von Grundstücken sei überhaupt kein Allheilmittel, sagte
Walter Angst (al.), schon weil es viel zu wenige zahlbare Objekte auf dem
Markt gebe und der Stadtrat nicht zu Preisen kaufe, wie es die grossen
Anlagestiftungen tun könnten. «Man soll den Leuten auch von links
keinen Sand in die Augen streuen», sagte Angst.

Neben der AL lehnte nur die SVP den Bericht ab, die FDP enthielt sich der
Stimme. Am Ende wurde der Bericht mit grosser Mehrheit «zustimmend
zur Kenntnis genommen», wie es der Stadtrat beantragt hatte.

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