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KOMMENTAR
Benjamin Triebe
224 Kommentare
04.05.2023, 05.30 Uhr
Das Warten auf den Umsturz wird langsam lästig. Eigentlich sollten die
Roboter längst hier sein. Maschinen und Computer würden die
Menschen arbeitslos machen, hiess es. So erklang das Lied bei der
Automatisierung der Produktion, so erklang es beim Aufkommen des
Internets. Bewahrheitet hat es sich nie. Man hätte es wissen können:
Solche Befürchtungen kehren seit dem 19. Jahrhundert regelmässig
wieder.
Zwar wurde das Leben der Menschen immer technisierter, aber die
Arbeit ist ihnen nie ausgegangen. Im Gegenteil. Händeringend werden in
Europa Fachkräfte gesucht, und die Schweiz ist keine Ausnahme. Knapp
122 000 offene Stellen meldeten Schweizer Unternehmen per Ende 2022.
Das ist fast ein Fünftel mehr als im Vorjahr und der höchste Wert seit
Beginn der Zahlenreihe vor 20 Jahren. Wenn es etwas gibt, was die
Schweizer Wirtschaft in ihrer Gesamtheit umtreibt, ist es die Frage: Wo
sollen die Leute herkommen?
Der erste Schritt ist die Anerkennung der Realität. Auf die
Automatisierung sollte man auch künftig nicht zählen. Sie wird
weitergehen, kann aber den Mangel an Arbeitskräften nicht beheben.
Selbst die jüngst vieldiskutierte künstliche Intelligenz schafft das nicht.
Zwar werden repetitive Tätigkeiten ohne schöpferischen Eigenanteil
seltener, und das ist gut so. Der Bauausrüster Hilti hat den ersten
Roboter entwickelt, der selbständig Löcher bohrt. Seine menschlichen
Kollegen auf der Baustelle wollen ihn öfter im Einsatz sehen. Wer einmal
Löcher in eine Decke bohren musste, weiss, warum.
Die Arbeit wird aber nicht weniger, sie wandelt sich. Die Berufsbilder
werden komplexer, die Anforderungen wachsen mit der
Technologisierung. Gewisse manuelle Tätigkeiten bleiben, auch auf dem
Bau und in vielen Branchen von den Spitälern über die Altenpflege bis
zum Gastgewerbe. Auch denken müssen die Menschen weiterhin selbst:
In der Forschung und Entwicklung wird der Bedarf an Spitzenkräften
gross bleiben und wachsen – gerade in einem Land wie der Schweiz, das
die Ressourcen der Köpfe braucht, weil es keine Ressourcen im Boden
hat.
Das zeigt das Beispiel von Winterthur Gas & Diesel (WinGD), einem der
letzten Entwickler von grossen Schiffsmotoren. Die Wurzeln des
Unternehmens reichen 125 Jahre zurück, bis auf die Gebrüder Sulzer. Die
Schiffsbranche wanderte im vergangenen Jahrhundert nach Asien ab,
WinGD hat sich in der Schweiz gehalten. 300 Mitarbeiter sind am
Standort Winterthur beschäftigt. Sie stammen aus 30 Nationen. Wer zu
den Besten zählen will, braucht die Besten.
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1 Globale Finanzkrise
2 Beginn der Corona-Pandemie
Die Zuwanderung ist der Preis des Schweizer Erfolges. Erfolgsverzicht ist
keine Alternative. Die Wirtschaft durch Arbeitsentzug absichtlich unter
ihren Möglichkeiten zu halten, bedeutet keine stabile Konservierung des
Erreichten, sondern einen Rückschritt im internationalen Vergleich –
und damit Erosion. Ein statisches Weltverständnis kommt gegen die
dynamische Weltwirtschaft nicht an.
So ein Land existiert nicht? Aber sicher doch. Genau diese Qualitäten
sind es, welche die Schweiz bereits zum Erfolgsfall gemacht haben. Das
ruhige Zusammenleben bei einem Ausländeranteil von rund einem
Viertel beweist es. Diese Qualitäten sind es, auf welche die Schweiz noch
mehr bauen kann.
Das Opponieren gegen mehr Stockwerke in den Städten ist ohnehin oft
scheinheilig. Am stärksten opponieren in den Ballungsräumen jene, die
sich zwar zur Zuwanderung bekennen, in ihrer eigenen Nachbarschaft
aber keine Veränderung dulden. Dabei wären zuvorderst auch sie es, die
von sinkenden Wohnkosten profitieren würden.
Es braucht ein offeneres Bewusstsein: Die Schweiz tut gut daran, sich im
Flachland in ihrer Gesamtheit als eine grosse Metropolregion zu
begreifen. Gerne selbstbewusst als die schönste, vielseitigste und
lebenswerteste Metropolregion der Welt.
Das würde den Vergleich mit anderen Metropolen zulassen – und damit
die Erkenntnis, welche Bereicherung Vielfalt sein kann. Man schaue auf
die Metropole London. Die britische Hauptstadt ist gemessen an der
Anzahl Einwohner ähnlich gross wie die Schweiz, der Ausländeranteil ist
mit mehr als einem Drittel noch höher.
Auch andere Punkte sind weniger brisant, als es scheint. Zum Beispiel die
Sprache: Mit Englisch hat es London leicht, die Schweiz mit vier
Landessprachen hat es schwer. Doch schon aus Eigeninteresse sollten
Ausländer die lokale Landessprache lernen, und das wissen sie auch. Ihre
Arbeitgeber sollten sie darin fördern. Integration steht und fällt mit der
Ähnliches gilt für das Mantra, die Berufslehre attraktiv zu halten. Diese
Wertschätzung ist richtig. Aber die Lehre ist kein Allheilmittel gegen
einen Mangel an Arbeitskräften. Es braucht die Fachkräfte, aber es
braucht auch die akademischen Spitzenkräfte für Forschung,
Entwicklung und Management. Junge Leute sollten ihre Laufbahn nach
jenen Neigungen wählen, die so stark sind, dass sie dafür zu Opfern
bereit sind – etwa durch niedrige Einstiegslöhne oder Studiengebühren.
Damit hilft die Schweiz sich selbst: Nur wer etwas gern tut, tut es gut.
224 Kommentare
Vielleicht einfach mal in der NZZ von heute diesen Artikel lesen, lieber Herr Triebe: “Blut und Drogen
am helllichten Tag: wie die veränderte Migration einen Basler Hotspot aus dem Gleichgewicht bringt.”
Wie kann man heutzutage in Zeiten der angestrebten Biodiversität noch so einen Mist schreiben.
Wohin mit dem Lebensräumen der Tiere,der Pflanzen? Diese Gier nach immer mehr Wirtschaft, dieser
menschliche Egoismus sollten endlich ein Ende haben.
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