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Günstige Wohnungen: Kommen sie mit der Verdichtung automatisch? 15.05.

23, 14:31

Wie mit der baulichen Verdichtung


automatisch mehr preisgünstige
Wohnungen entstehen – wenigstens in der
Theorie
Wer von einer Aufzonung profitiert und mehr Wohnungen bauen darf,
soll die Hälfte davon günstig erstellen und anbieten. Die Stadt Zürich
setzt ein entsprechendes kantonales Gesetz um, ist aber selber
unsicher, ob der Schuss nicht nach hinten losgeht.
Adi Kälin
25.03.2021, 05.00 Uhr

https://www.nzz.ch/zuerich/baugesetz-mehr-guenstige-wohnungen-ld.1608325 Seite 1 von 8


Günstige Wohnungen: Kommen sie mit der Verdichtung automatisch? 15.05.23, 14:31

Annick Ramp / NZZ


Liefert das neue Gesetz mehr günstige Wohnungen, oder
werden insgesamt weniger Wohnungen gebaut? Die Frage bleibt
offen.

Das neue Instrument im Baurecht beschäftigt Zürcherinnen und


Zürcher schon seit geraumer Zeit. Im Jahr 2014 wurde darüber
abgestimmt, ob man Grundeigentümer nicht dazu verpflichten könne,
günstige Wohnungen zu bauen, wenn sie von Ein- oder Aufzonungen
profitieren. Der Kantonsrat hatte, gegen breiten bürgerlichen
Widerstand, noch ganz knapp zugestimmt, in der Volksabstimmung kam
es dann zu einer deutlichen Ja-Mehrheit von 58,4 Prozent.

Eine heikle Gratwanderung

Fast vier Jahre wurde hinter den Kulissen an der entsprechenden


kantonalen Verordnung gearbeitet, bis sie schliesslich vom
Regierungsrat präsentiert wurde. Er liess die Frage offen, wie viel von
der zusätzlichen Ausnützung für den Bau von preisgünstigen

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Wohnungen verwendet werden muss. Das sollten die Gemeinden


entscheiden, die besser wüssten, was für ihren Wohnungsmarkt am
besten sei. Zürich setzt das kantonale Gesetz nun als erste Gemeinde um
und verlangt, dass auf 50 Prozent der Zusatzfläche günstige Wohnungen
entstehen.

Die Sache ist eine Gratwanderung, und auch der Zürcher Bauvorstand
André Odermatt (sp.) hat bei der Präsentation der Vorlage davon
gesprochen, dass man nicht riskieren dürfe, die Siedlungsentwicklung
nach innen, also die bauliche Verdichtung, zu gefährden. Theoretisch
wäre ja möglich gewesen, 100 Prozent günstige Wohnungen zu
verlangen. Das aber hätte die Bautätigkeit massiv behindert. Kaum ein
Grundeigentümer wäre unter solchen Umständen wohl noch bereit
gewesen, sein Haus aufzustocken.

Zürich tut ja schon sehr viel für die Förderung von preisgünstigen
Wohnungen: Die Stadt baut selber wie kaum je zuvor, und sie
unterstützt beispielsweise den Bau von genossenschaftlichen
Siedlungen durch Baurechte. Dass nun auch private Investoren zum Bau
preisgünstiger Wohnungen angehalten werden könnten, sei «ein
weiterer Puzzlestein» in diesem Bemühen, sagte Odermatt.

Nicht so richtig gemeinnützig

Ein Wermutstropfen ist allerdings, dass die so geschaffenen Wohnungen


nicht als gemeinnützig im engeren Sinn gelten und somit nichts zur
Erreichung des sogenannten Drittelsziels beitragen werden, zum Ziel
also, bis 2050 ein Drittel gemeinnützige Wohnungen in Zürich zu haben.
Die Wohnungen würden in einer eigenen Kategorie geführt, sagte
Odermatt, aber natürlich könnten mit dem neuen Instrument dennoch
viele erschwingliche Wohnungen geschaffen werden.

Die Neuregelung wird auf verschiedenen Wegen eingeführt: Stehen


Teilrevisionen der Bau- und Zonenordnung (BZO) oder
Sondernutzungsplanungen an, wird das jeweils direkt umgesetzt und in
einem Ergänzungsplan zur BZO eingetragen. Zusätzlich wird das
Instrument künftig auch bei Arealüberbauungen verpflichtend, wenn
die Bauherrschaft von einem Überbauungsbonus profitiert. Die
entsprechende BZO-Revision liegt momentan öffentlich auf.

Ebenfalls in der öffentlichen Auflage befindet sich eine Verordnung zur


Umsetzung und Kontrolle der günstigen Wohnungen. Um auch
tatsächlich diejenigen Leute günstig wohnen zu lassen, die darauf

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angewiesen sind, fordert der Kanton die Einführung von Belegungs- und
Einkommensvorschriften. Für die Belegung gilt die auch bei
Genossenschaften übliche Formel: Zimmerzahl minus eins gleich Anzahl
Bewohnerinnen und Bewohner. Die finanziellen Vorgaben orientieren
sich an denjenigen, die von der Stadt für ihre eigenen Wohnungen
eingeführt worden sind. Belegung und Einkommen sollen alle zwei Jahre
kontrolliert werden.

Ob all dies die Investitionsfreudigkeit der Grundeigentümer bremsen


wird, weiss die Stadt selber noch nicht. Im Erläuterungsbericht zur BZO-
Revision heisst es: «Wie stark die Mietzinsvorgaben (Kostenmiete) und
die Belegungsvorschriften Bauherrschaften tatsächlich in ihrer
Entscheidung über ein bestimmtes Bauprojekt beeinflussen, wird sich
erst in der Praxis zeigen.» Aber da neben den günstigen Wohnungen, bei
denen nur eine kleine Rendite erlaubt ist, auch teurere gebaut werden
könnten, sei anzunehmen, dass sich die Investoren dennoch auf die
zusätzliche Ausnützung einliessen.

Baurechts-Dschungel wird dichter

Die Sache ist natürlich hochkomplex, und sie wird noch


undurchsichtiger, wenn man die neuen Vorschriften mit jenen zur
Abschöpfung des Planungsmehrwerts kombiniert, die im Moment auch
neu erlassen werden. Die Stadt Zürich hat beschlossen, dass man bei
Aufzonungen 40 Prozent des Mehrwerts «abschöpfen» und
beispielsweise für den Bau von Parkanlagen oder Wegen in der
Umgebung benützen soll. Wer Wohnungen baut, wird also zweimal zur
Kasse gebeten; immerhin muss er die Mehrwertabgabe nur vom schon
durch die günstigen Wohnungen reduzierten Verkehrswert der
Immobilie leisten.

Der Hauseigentümerverband stand der neuen Regelung schon immer


skeptisch gegenüber und spricht nun in einer Medienmitteilung von
einem «Bürokratiemonster». Solche Eingriffe in den Wohnungsmarkt
bewirkten oft das Gegenteil dessen, was man beabsichtige. Zürich werde
unattraktiver für Bauherren, wenn man ihnen weitere kostspielige
Auflagen mache. Auch in einer Mitteilung der SVP tönt es ähnlich:
Bauherren seien wegen solcher Auflagen nicht mehr bereit, den
Arealbonus auszunützen und so zur Verdichtung beizutragen.

Die SP zeigt sich in ihrem Communiqué hingegen sehr zufrieden über


die Neuregelung und sieht sie als Verdienst ihrer langjährigen
Bemühungen in diesem Bereich. Um das Drittelsziel zu schaffen,

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reichten die Massnahmen aber nicht, findet die SP und erinnert an ihre
Forderung, die Stadt müsse jährlich 500 Wohnungen kaufen und sie so
«dem Renditemarkt entreissen».

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