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Die Abnahme wird ein wichtiger Funkt in jedem Projekt Rechtsklauseln, so ist die Abnahme bei den Organisa-
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bleiben, ist also im Projektvertrag mit Sorgfalt zu regeln. tionsregeln einzustufen. Das Regelwerk muss folglich so
Der Beitrag will die Module einer Abnahmeregelung so gestaltet und formuliert sein, dass es denjenigen, die den
umfassend wie möglich zusammenstellen, auch wenn Vorgang durchzuführen haben, als Handbuch dient. Gute
Vollständigkeit letztlich nie zu erreichen ist. Der Beitrag Verträge gehören gerade nicht in die Schublade, sondern
versteht sich auch als Anregung, andere Regelungsfelder haben den Anspruch, im Vertragsleben hilfreich zu sein.
(beispielsweise Vergütungsregeln, Leistungsänderungen
und -ergänzungen, Leistungsstörungelt) in einem sol-
chen Format abzubilden. 2. Phasen der Abnahme
Der Gesamtvorgang der Abnahme wird hier in drei Pha-
sen gegliedert:
I. Die Regelung der Abnahme
(A.) Bereitstellung durch den Auftragnehmer (AN).
Die Abnahme zum Abschluss von Projekten bleibt üb-
lich, auch wenn darüber gestritten wird, ob wegen § 651 (B.) Test durch den Auftraggeber (AG).
BGB f ü r Projektverträge nun Kaufrecht gilt. Die Abnah- (C.) Erklärung der Abnahme.
me ist auch für beide Vertragspartner zweckmäßig, nicht
nur f ü r den Auftraggeber. Auch der Auftragnehmer will Dies folgt aus dem technischen Vorgang selbst und wird
wissen, ob die Arbeit grundsätzlich akzeptiert wird; sein auch in der Fachliteratur zur Erstellung von Software so
Schadensersatzrisiko kann durch eine Inbetriebnahme
des Systems, die verfrüht ist und deshalb abgebrochen beschrieben. 2
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werden muss, deutlich steigen.
3. Abnahme durch Erklärung oder durch
Fiktion?
1. Notwendigkeit der Abnahme Softwarehäuser verwenden gern Klauseln, durch welche
Schon weil wegen des Problems des § 651 BGB unklar die Abnahme fingiert oder an konkludentes Verhalten
ist, ob überhaupt eine Abnahme stattzufinden hat, muss des A G geknüpft wird. Sie wollen damit rasch über die
sie vertraglich geregelt werden. Sie ist im Lauf der K o - Klippe der Abnahme kommen und auch verhindern,
operation zwischen den Projektpartnern ein ähnlich dass der A G das Werk beiseite legt und nicht zügig die
wichtiger Punkt wie der Vertragsabschluss. Abnahmeprüfungen durchführt. Die Verlängerung der
Abnahmeprüfung ist für das Softwarehaus teuer, denn
Gliedert man den Gesamtbereich eines Projektvertrages in die Arbeitsgruppe muss weiter vorgehalten werden.
die vier Körbe Leistung, Vergütung, Organisationsregeln,
A G haben umgekehrt das Interesse, nicht ohne gründ-
liche Prüfung abzunehmen.
> Prof. Dr. Michael Bartsch ist Rechtsanwalt in Karlsruhe und lehrt an der
Universität Karlsruhe und der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe Die gesetzliche Lage ist für den A N unzureichend. Die
(http://w\vw. bartsch-partner. de/mb).
Abnahmefiktion nach Fristsetzung (§ 640 Abs. 1 Satz 3
1 Vgl. Bartsch, Beck'sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und
Wirtschaftsrecht, 8. Aufl. 2003, III.H.4 Anm. 4 (vgl. Heussen, C R BGB) ist wenig hilfreich, weil die Fiktion nur gilt, wenn
2003, 548); Informatik Spektrum 2003, S. 3 ff. - http-.llwww.bartsch- das Werk abnahmereif ist, ein Streit, der dann in das Ge-
partner.del qualitaetssicber ung. richtsverfahren getragen wird. Die Klage des A N auf A b -
2 Vgl. Siedersieben, Softwaretechnik, 2. Aufl. 2003, S. 299. nahme gibt dem A G viel Zeit, doch noch Fehler zu fin-
Bartsch CR 1/2006
Themenfelder einer umfassenden Regelung der Abnahme
den. Das Sachverständigenverfahren (§ 641a BGB) ist 4. Gesamtabnahme oder Teilabnahme (vgl. C.IV.5)
realitätsfern, schon weil der Sachverständige in das Risi-
5. Erklärungen
ko persönlicher Haftung gerät. 3
Verfügung hat)
kreten Fall entwickeln, ohne dass das Risiko besteht, Re-
gelungsthemen zu vergessen. Dabei gilt das klassische d) Folgen einer Verzögerung
Prinzip, dass zunächst der Stoff gesammelt, dann die
e) Darf der A G Testmaterial nachschieben? Wenn ja, bis
Struktur festgelegt und schließlich diese Struktur inhalt-
wann und in welchem Umfang?
lich ausgeführt wird.
f) Muss der Vertragspartner Einwendungen gegen das
Der Überblick will nicht dazu verleiten, möglichst um- Testmaterial vorbringen, wenn ja, bis wann und wie?
fangreiche Abnahmeregeln zu formulieren. Es bleibt bei
Was gilt mangels vertragsgemäß vorgebrachter Ein-
der Grundregel, Verträge so kurz wie möglich und so
wendungen?
lang wie nötig zu formulieren. Jede Entscheidung, ein
Regelungsfeld im Vertrag abzubilden oder dies nicht zu g) Rechte am Testmaterial (beim A N nur die Nutzung
tun, bedarf einer Begründung. für die Tests) und Pflichten in Ansehung des Testma-
terials (z.B. Datenschutz).
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A . Bereitstellung zur Abnahme
Der A N erklärt das Werk als abnahmereif und übergibt
IV. Durchführung
es zur Prüfung (häufig Bereitstellung zur Abnahme, BzA, 1. Form der BzA-Erklärung
genannt). a) Schriftform 10
b) D I N - N o r m e n 14
V. Reaktion des A G
6. Z u duldende Fehler: Software ist nicht fehlerfrei. Ge-
1. Stellungnahme zur Übereinstimmung mit den Vorga- schuldet wird auch nicht theoretische Fehlerfreiheit,
ben in A.II, und zur Einhaltung der Formalien nach sondern praktische Tauglichkeit. Hier ist festzulegen,
A.rV, soweit dies ohne technische Untersuchung welche Mängel der A N hinzunehmen hat. Beispiel
möglich ist. Notfalls Rüge. Regeln f ü r die Konse- nach den Fehlerklassen (B.IV.4):
quenzen (z.B. kein Beginn der Testphase).
t> Kein Fehler der Klasse 1.
2. Rüge einer Verspätung (vgl. A.I.). Frist f ü r die Rüge
und Konsequenzen einer Verspätung (Auslegung als I> Höchstens ... {Zahl) Fehler der Klasse 2.
Billigung?) > Fehler der Klasse 3 hindern die Abnahme nicht, es sei
denn, dass ihre Art und Zahl die Befürchtung aus-
löst, die Software sei ungründlich erstellt.
VI. Wirkung
7. Weitere Prüfkriterien: Beispiele: 15
1. Testphase beginnt.
a) Stabilität der Software beim Test, gemessen beispiels-
2. Kann der A N weiterhin Leistungen (z.B. vervollstän-
weise durch M T B F 1 6
B. Testphase 11 e) Effizienz
b) Produktive Nutzung f ü r einen zu vereinbarenden dies nicht bei den Erklärungen (Ä.IV.l, V . l , B.IV.6,
Zeitraum C.III. 1) regelt. Klarstellung, ob die elektronische
c) Keine Mängelrügen während eines festzulegenden Form (§ 126a BGB) oder die Textform (§ 126b BGB)
Zeitraums oder auf Anfrage des A N . genügen oder in welchen Fällen eine Urkunde § 126
Abs. 1, 2 BGB zu erstellen ist.
Konkludente Abnahmen sollten stets aufgenommen
werden, denn nicht selten wird die ausdrückliche Abga- 3. Streitschlichtung: Wo ein Schlichter oder Schieds-
be der Erklärung vergessen oder absichtsvoll hinausge- richter mit vorläufigen oder endgültigen Festlegun-
schoben. gen in das Verfahren eingebunden ist (vgl. B.IV.4.b),
sind die organisatorischen Regeln zu treffen.
IV. Folgen
U. Konsequenzen aus Störungen
Die Folgen sind gesetzlich festgelegt. Die vertragliche
Wiederholung ist meist überflüssig. Die Konsequenzen aus Störungen gehören nach der
hier verfolgten Systematik (vgl. Vorbemerkung L I ) zu-
1. Fälligkeit des Werklohns meist nicht zu den Organisationsregeln, sondern zum
2. Beginn der Gewährleistungszeit Bereich Vergütung oder zu den Rechtsregeln. Der Voll-
ständigkeit halber werden hier wenige Stichworte er-
3. Beweislast beim späteren Auftauchen von Fehlern. wähnt.
Zur Vermeidung von Zweifeln kann die Hinterle-
gung eines Originals der abgenommenen Software 1. Kosten der längeren Testphase beim A G und beim
vereinbart werden. AN
4. Beginn des Pflegevertrages 21
2. Aufwendungsersatz des A N bei Rügen ohne Grund
3. Verzögerungsschaden
21 Vgl. Bartsch, NJW 2002,1526 (1528 bei I I A ) .
22 Vgl.Fn. 6. 4. Vertragsstrafen