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Michael Bartsch

Themenfelder einer umfassenden Regelung der Abnahme


Ein Überblick zu den möglichen Regelungsgegenständen einer Abnahmeldausel

Die Abnahme wird ein wichtiger Funkt in jedem Projekt Rechtsklauseln, so ist die Abnahme bei den Organisa-
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bleiben, ist also im Projektvertrag mit Sorgfalt zu regeln. tionsregeln einzustufen. Das Regelwerk muss folglich so
Der Beitrag will die Module einer Abnahmeregelung so gestaltet und formuliert sein, dass es denjenigen, die den
umfassend wie möglich zusammenstellen, auch wenn Vorgang durchzuführen haben, als Handbuch dient. Gute
Vollständigkeit letztlich nie zu erreichen ist. Der Beitrag Verträge gehören gerade nicht in die Schublade, sondern
versteht sich auch als Anregung, andere Regelungsfelder haben den Anspruch, im Vertragsleben hilfreich zu sein.
(beispielsweise Vergütungsregeln, Leistungsänderungen
und -ergänzungen, Leistungsstörungelt) in einem sol-
chen Format abzubilden. 2. Phasen der Abnahme
Der Gesamtvorgang der Abnahme wird hier in drei Pha-
sen gegliedert:
I. Die Regelung der Abnahme
(A.) Bereitstellung durch den Auftragnehmer (AN).
Die Abnahme zum Abschluss von Projekten bleibt üb-
lich, auch wenn darüber gestritten wird, ob wegen § 651 (B.) Test durch den Auftraggeber (AG).
BGB f ü r Projektverträge nun Kaufrecht gilt. Die Abnah- (C.) Erklärung der Abnahme.
me ist auch für beide Vertragspartner zweckmäßig, nicht
nur f ü r den Auftraggeber. Auch der Auftragnehmer will Dies folgt aus dem technischen Vorgang selbst und wird
wissen, ob die Arbeit grundsätzlich akzeptiert wird; sein auch in der Fachliteratur zur Erstellung von Software so
Schadensersatzrisiko kann durch eine Inbetriebnahme
des Systems, die verfrüht ist und deshalb abgebrochen beschrieben. 2
*• •
werden muss, deutlich steigen.
3. Abnahme durch Erklärung oder durch
Fiktion?
1. Notwendigkeit der Abnahme Softwarehäuser verwenden gern Klauseln, durch welche
Schon weil wegen des Problems des § 651 BGB unklar die Abnahme fingiert oder an konkludentes Verhalten
ist, ob überhaupt eine Abnahme stattzufinden hat, muss des A G geknüpft wird. Sie wollen damit rasch über die
sie vertraglich geregelt werden. Sie ist im Lauf der K o - Klippe der Abnahme kommen und auch verhindern,
operation zwischen den Projektpartnern ein ähnlich dass der A G das Werk beiseite legt und nicht zügig die
wichtiger Punkt wie der Vertragsabschluss. Abnahmeprüfungen durchführt. Die Verlängerung der
Abnahmeprüfung ist für das Softwarehaus teuer, denn
Gliedert man den Gesamtbereich eines Projektvertrages in die Arbeitsgruppe muss weiter vorgehalten werden.
die vier Körbe Leistung, Vergütung, Organisationsregeln,
A G haben umgekehrt das Interesse, nicht ohne gründ-
liche Prüfung abzunehmen.
> Prof. Dr. Michael Bartsch ist Rechtsanwalt in Karlsruhe und lehrt an der
Universität Karlsruhe und der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe Die gesetzliche Lage ist für den A N unzureichend. Die
(http://w\vw. bartsch-partner. de/mb).
Abnahmefiktion nach Fristsetzung (§ 640 Abs. 1 Satz 3
1 Vgl. Bartsch, Beck'sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und
Wirtschaftsrecht, 8. Aufl. 2003, III.H.4 Anm. 4 (vgl. Heussen, C R BGB) ist wenig hilfreich, weil die Fiktion nur gilt, wenn
2003, 548); Informatik Spektrum 2003, S. 3 ff. - http-.llwww.bartsch- das Werk abnahmereif ist, ein Streit, der dann in das Ge-
partner.del qualitaetssicber ung. richtsverfahren getragen wird. Die Klage des A N auf A b -
2 Vgl. Siedersieben, Softwaretechnik, 2. Aufl. 2003, S. 299. nahme gibt dem A G viel Zeit, doch noch Fehler zu fin-
Bartsch CR 1/2006
Themenfelder einer umfassenden Regelung der Abnahme

den. Das Sachverständigenverfahren (§ 641a BGB) ist 4. Gesamtabnahme oder Teilabnahme (vgl. C.IV.5)
realitätsfern, schon weil der Sachverständige in das Risi-
5. Erklärungen
ko persönlicher Haftung gerät. 3

a) Erklärung von Subunternehmern i n bezug auf die ur-


Z u favorisieren dürfte ein System sein, das die schützens-
heberrechtlichen Befugnisse
werten Interessen jedes der beiden Vertragspartner be-
achtet: b) Angebot des A N für den Pflegevertrag 9

> Der A G erhält eine ausreichende Zeit f ü r den Test.


t> Werden Fehler gefunden, so wird die Testzeit verlän-
III. Anforderungen an die Software
gert oder der Test abgebrochen. Die BzA soll nur erfolgen, wenn der Test beginnen kann.
Also müssen die Testanforderungen rechtzeitig vor der
t> Wenn aber zum Ablauf der Testzeit keine abnahme- BzA festliegen.
verhindernden Mängel benannt sind, gilt die Soft-
ware als abgenommen. 1. Testumgebung: Hardware, Systemsoftware mit ge-
nauer Festlegung des Softwarestandes (Problem: Die
Dieses Konzept entspricht § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB; die Umgebung der Software, z.B. ein Systemprogramm,
Frist wird schon als Abnahmefrist vertraglich verein- kann sich zum Auslauf des Projektes ändern).
bart. Es lässt dem A G die Freiheit, ob und wie er testet,
aber belastet ihn mit der Konsequenz unzureichender 2. Testmaterial: Testdaten, -fälle und -Szenarien
Tests. Bei diesem Modell ist es für den A N ohne Bedeu-
4

a) Wer stellt das Material? (Typischerweise der A G )


tung, ob der A G tatsächlich testet.
b) Vereinbarung über die Beschaffenheit des Materials,
möglicherweise Verfahren zur einvernehmlichen
II. Die Themenfelder Freigabe des Materials.
Aus dem nachfolgenden strukturierten Überblick zu den c) Wann ist das Material zu stellen? (So rechtzeitig, dass
Themenfeldern, die überhaupt für eine Abnahme gere- der A N sie zur internen Vorbereitung der BzA zur
gelt werden können, lässt sich das Konzept für den kon-
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Verfügung hat)
kreten Fall entwickeln, ohne dass das Risiko besteht, Re-
gelungsthemen zu vergessen. Dabei gilt das klassische d) Folgen einer Verzögerung
Prinzip, dass zunächst der Stoff gesammelt, dann die
e) Darf der A G Testmaterial nachschieben? Wenn ja, bis
Struktur festgelegt und schließlich diese Struktur inhalt-
wann und in welchem Umfang?
lich ausgeführt wird.
f) Muss der Vertragspartner Einwendungen gegen das
Der Überblick will nicht dazu verleiten, möglichst um- Testmaterial vorbringen, wenn ja, bis wann und wie?
fangreiche Abnahmeregeln zu formulieren. Es bleibt bei
Was gilt mangels vertragsgemäß vorgebrachter Ein-
der Grundregel, Verträge so kurz wie möglich und so
wendungen?
lang wie nötig zu formulieren. Jede Entscheidung, ein
Regelungsfeld im Vertrag abzubilden oder dies nicht zu g) Rechte am Testmaterial (beim A N nur die Nutzung
tun, bedarf einer Begründung. für die Tests) und Pflichten in Ansehung des Testma-
terials (z.B. Datenschutz).
i
A . Bereitstellung zur Abnahme
Der A N erklärt das Werk als abnahmereif und übergibt
IV. Durchführung
es zur Prüfung (häufig Bereitstellung zur Abnahme, BzA, 1. Form der BzA-Erklärung
genannt). a) Schriftform 10

b) Liste der übergebenen Gegenstände mit genauer Be-


I. Zeitpunkt zeichnung der Stände
Der Zeitpunkt ist üblicherweise dem Projektzeitplan zu
entnehmen. 6
3 Sprau in Palandt, 64. Aufl. 2005, § 641a BGB Rz. 10.
4 Die bei Kaufverträgen geltende Konsequenz des § 377 H G B , das „Ab-
schneiden berechtigter Ansprüche aus formalen Gründen", wie der
II. Gegenstand B G H einmal formulierte, ist unangemessen.
1. Programme 5 Der Autor ist für Ergänzungen und Korrekturen dankbar.
6 Projektzeitpläne ändern sich häufig während des Projektes. Nicht im-
a) Auflistung der einzelnen Programme mer wird der neue Zeitplan in der vertraglich vereinbarten Schriftform
vereinbart. Die üblichen pauschalen Schriftformklauseln sind ungeeig-
b) Begleitende Programme (z.B. f ü r die Erstellung und net, denn während des Projektes gibt es leistungsbestimmende Festle-
Wartung der Software) gungen in Protokollen und E-Mails, die rechtlich betrachtet Vertragser-
gänzungen sind, aber oft nicht die vereinbarte Schriftform wahren. Das
c) Lieferung als Maschinenprogramm/als Quellpro- Risiko, dass in solchen Protokollen weitreichende Änderungen z.B. der
gramm Leistung, des Zeitplanes oder der Vergütung niedergelegt werden, ist
durch eine restriktive Regelungsmacht für solche Protokolle und Ab-
d) Format sprachen zu erfassen; vgl. Bartsch, Fn. 1, III.H.4 § 1 Abs. 3, § 12, § 13,
Abs. 2, § 20 Abs. 3. Die Rechtslage wird perplex, also nicht mehr ausle-
2. Schriftwerke gungsfähig, wenn einerseits eine •Schriftformklausel mit Zuständigkeit
a) Herstell- und Wartungsdokumentation 7 z.B. bei der Geschäftsleitung besteht, andererseits die Projektleiter die
Details der Leistungsbestimmungen außerhalb dieser Form vereinbart
b) Nutzerhandbuch haben.
7 Vgl. D I N 66 230.
c) Schulungsunterlagen
8 Beispiele: Kein Modul darf fehlen; vorgegebene Tests sind durchgeführt;
3. Stand der Arbeiten Dokumentation, Handbuch und Schulungsunterlagen liegen vor.
9 Der A G sollte den Pflegevertrag mit dem Projektvertrag abschließen. Er
Der A N darf die BzA nur erklären, wenn ein vorgegebe- hat später möglicherweise keine freie Verhandlungsposition mehr.
ner Stand der Arbeiten erreicht ist. 8
10 Zur Schriftform vgl. Fn. 6.
CR 1/2006 Bartsch 9
Themenfelder einer umfassenden Regelung der Abnahme

2. Auslieferung (Auf CD? Gemeinsame Installation 5. Einhaltung technischer Regeln


beim A G ? Abrufmöglichkeit über das Internet?) a) Stand der Technik, nicht nur Regeln der Technik 13

b) D I N - N o r m e n 14

V. Reaktion des A G
6. Z u duldende Fehler: Software ist nicht fehlerfrei. Ge-
1. Stellungnahme zur Übereinstimmung mit den Vorga- schuldet wird auch nicht theoretische Fehlerfreiheit,
ben in A.II, und zur Einhaltung der Formalien nach sondern praktische Tauglichkeit. Hier ist festzulegen,
A.rV, soweit dies ohne technische Untersuchung welche Mängel der A N hinzunehmen hat. Beispiel
möglich ist. Notfalls Rüge. Regeln f ü r die Konse- nach den Fehlerklassen (B.IV.4):
quenzen (z.B. kein Beginn der Testphase).
t> Kein Fehler der Klasse 1.
2. Rüge einer Verspätung (vgl. A.I.). Frist f ü r die Rüge
und Konsequenzen einer Verspätung (Auslegung als I> Höchstens ... {Zahl) Fehler der Klasse 2.
Billigung?) > Fehler der Klasse 3 hindern die Abnahme nicht, es sei
denn, dass ihre Art und Zahl die Befürchtung aus-
löst, die Software sei ungründlich erstellt.
VI. Wirkung
7. Weitere Prüfkriterien: Beispiele: 15

1. Testphase beginnt.
a) Stabilität der Software beim Test, gemessen beispiels-
2. Kann der A N weiterhin Leistungen (z.B. vervollstän-
weise durch M T B F 1 6

digte oder fehlerbereinigte Software) nachschieben?


A G lehnen das bisweilen ab mit dem Argument, sie b) Sicherheit
müssten die Tests dann wiederholen. Damit riskieren c) Zuverlässigkeit
sie aber, dass die Prozedur niemals endet.
d) Benutzbarkeit

B. Testphase 11 e) Effizienz

Der A G überprüft die Übereinstimmung von Soll- und f) Änderbarkeit


Ist-Beschaffenheit, wie in § 640 BGB vorgegeben. g) Übertragbarkeit
)
I. Gegenstand UT. Vorbereitung
1. Die bei der BzA übergebenen Gegenstände (vgl. A.II.). 1. Ort der Tests
2. Eventuell nachgeschobene Gegenstände (vgl. A.VI.2). a) Test beim A N (z.B. Funktionstest)
b) Test beim A G (z.B. Integrations- und Praxistest)
II. Bestimmung des Soll-Zustandes
2. Testmaterial (vgl. A.III.2, B.II.4)
1. Vertrag mit allen Anlagen
3. Testumgebung (vgl. A.III.l). Möglichkeit des A N ,
2. Vertragsänderungen die Testumgebung zu überprüfen.
3. Weitere Schriftstücke, 12
z.B. Protokolle, E-Mails,
Pläne. IV. Prüfung
4. Testmaterial: N u r das Material nach A.III.2? In die- 1. Testverfahren: Das Verfahren ist detailliert zu planen
sem Falle verhindern Mängel, die durch das Testma- und festzulegen. Details gehören in die H a n d der In-
terial nicht erfasst werden, die Abnahme nicht. Ande- formatiker. 17

rerseits sind Änderungen der Testdatenbasis f ü r den


A N oft unzumutbar. Vermittelnde Lösung: Das Test- 2. Organisationsregeln
material bleibt verbindlich, außer wenn außerhalb a) Zuständigkeit
des Testmaterials ein schwerer Fehler (vgl. Fehler-
klassen B.IV.4) festgestellt wird. Beispiel: Tests werden beim' A G nur durch qualifi-
zierte Mitarbeiter durchgeführt oder nur durch sol-
che, die die Schulung durchlaufen haben.
11 Das Testen ist in der softwaretechnischen Literatur umfassend darge-
stellt (vgl. Sommerville, Software Engineering, 6. Aufl. 2001, S. 447 ff.; Mitwirkung des A N ? Der A N kann zur Mitwirkung
Traubotb, Software-Qualitätssicherung, 2. Aufl. 1996, S. 200 ff.; Bal- berechtigt oder auch verpflichtet sein.
zert, Lehrbuch der Software-Technik, 1998, Bd. 2 Teil III.6). Juristen
können sich zur Erstellung von Regeln der Qualitätssicherung aus die- b) Kooperationspflichten wie während des gesamten
sem Arsenal der Testkonzepte bedienen. Projektes
12 Vgl. Fn. 6.
13 Z u den Begriffen vgl. Bartsch, Fn. 1, HI.H.2 Anm. I l m . Hinw. auf c) Fehlerbuchhaltung: Alle Fehler und Fehlerbehaup-
BVerfG NJW 1979, 332. tungen werden aufgelistet unter Angabe von Fehler-
14 Es gibt auch im Softwarebereich viele DIN-Normen. Im vorliegenden bild, Fehlerklasse, weiterem Verfahren und Zustän-
Zusammenhang ist die D I N 66 230 „Dokumentation" von.besonderer
Bedeutung. digkeit.
15 Software muss mehr können, als nur richtige Ergebnisse zu liefern. Auch 3. Stufen des Tests 18

Eigenschaften wie Zeitverhalten, Ergonomie, Fehlertoleranz, Wartbar-


keit und Interoperabilität sind zu definieren. Vgl. D I N ISO 9126 und a) Formale Prüfungen (z.B. Übereinstimmung mit Pro-
sehr ausführlich Balzert, Fn. 11, Teil III.
grammerstellungsrichtlinien)
16 M T B F (Meantime Between Failures), kennzeichnet die Zeit zwischen
auftauchenden Fehlern (was nur für die Fehlerklasscn 2 und 3, vgl. b) Modultests
B.IV.4, sinnvoll ist); vgl. Sommerville, Software Engineering, 6. Aufl.
2001, S. 383. Zur Leistungsmessung von Software vgl. Dirlewanger, c) Test des Gesamtsystems
C R 1988,588; Dirlewanger, CR 1988, 774.
17 Vgl.Fn. 11. d) Übernahme von der Testumgebung in die Produktiv-
18 Details ergeben sich aus den Anforderungen der Technik; vgl. Fn. 15. umgebung
10 Bartsch CR 1/2006
Themenfelder einer umfassenden Regelung der Abnahme

4. Fehlerklassen 3. Hemmung und Neubeginn: Je nach Schwere eines


auftauchenden Fehlers gilt:
a) Beispiel f ü r die Klassenbildung: Betriebs- oder test-
verhindernde Fehler; betriebs- oder testbehindernde a) Die Testdauer wird um einen festgelegten Zeitraum
Fehler; sonstige Fehler. 19
verlängert.
b) Einstufungsrecht: Vorschlag: Beim projektbegleiten- b) Die Testdauer endet nicht vor Ablauf eines festgeleg-
den Schlichter (vgl. D.I.3). Seine Entscheidung kann ten Zeitraumes, der ab BzA einer fehlerbereinigten
die eines Schiedsgutachters sein, also verbindlich, Version berechnet wird.
oder nur für die Testphase und unter Vorbehalt der c) Der Test wird abgebrochen (vgl. B.VI.2).
beiderseitigen Ansprüche gelten, also nur bewirken,
dass die Testphase nicht länger durch diese Mei-
nungsverschiedenheit gestört oder verzögert wird. VI. Ende der Testphase
1. Übergang zur Abnahme
Zusatzregelung: Recht des A G , unabhängig von der
objektiv richtigen Fehlereinstufung eine Reaktion a) Verpflichtung zur Erklärung der Abnahme (vgl.
des A N wie bei einem schwereren Fehler zu verlan- C.III. 1)
gen; der A N hat dann einen Anspruch auf Zusatzver-
b) Fiktion der Abnahmeerklärung mit Auslauf der -
gütung. Der A G kann damit eine beschleunigte Kor-
ggf. nach B.V.3 verlängerten - Testphase (vgl. Vorbe-
rektur durchsetzen, w o ihm dies wichtig ist.
merkung 1.3).
c) Umstufung: Ein'Fehler ist in eine andere Klasse um- 2. Abnahmeverweigerung
zustufen, wenn die Schwere des Problems erst später
festgestellt wird (Hochstufung) oder wenn eine teil- a) Testabbruch, z.B. bei Fehler Klasse 1 (vgl. B.IV.4). .
weise Nachbesserung oder Umgehungslösung vorlie- Oder weiche Kriterien: z.B. Zumutbarkeit der opera-
gen (Herunterstufung). tiven Nutzung.
d) Beiziehung Dritter (z.B. Subunternehmer des A N ; Konsequenz: Rücksetzung des Vorgangs bis vor die
Hauptauftraggeber des A G ; Hinterlegungsstelle für BzA. '
das Quellprogramm; Schlichter, D.I.3).
b) Projektabbruch
e) Konsequenzen aus der Versäumung solcher Pflichten.
Erschwerte Voraussetzungen hierfür, z.B. besonders
5. Pflicht des A G zum Test? Wenn ja, Konsequenz
20
schwere Fehler, wiederholte Fehler, wiederholte Z u -
einer Versäumung der Pflicht. Wenn der A G die Prü- rückweisung mangels Abnahmereife, Überschreiten
fung nicht zügig durchführt, wird er die Erklärung eines Endtermins. Konsequenzen: Rechtsregeln.
der Abnahme verzögern. Davon, dass das eine
Pflichtverletzung ist, hat der A N praktisch nichts.
C. Abnahme
6. Fehlermeldungen
Wo die erfolgreich durchlaufene Testphase als Abnahme
a) Pflicht des A G , Fehler.zu melden? Der A G will einer- gilt (vgl. B.VI.l.b), endet das Abnahmeverfahren mit
seits, dass Fehler rasch beseitigt werden, aber ande- vorgegebenem Ende der Testphase. Dies ist der Fall der
rerseits, dass ihm der A N nicht laufend neue, übereilt Abnahmefiktion; die bei C.III.2 genannten Situationen
erstellte Softwareversionen vorlegt^ die umfassend sind Abnahmen durch konkludente Handlungen.
neu getestet werden müssen. Der A N andererseits
will nicht, dass der A G mit MängelbehauptUrigen
hinterm Berg hält und dadurch der ordnungsgemäße I. Gegenstand der Abnahme
Auslauf der Testphase (vgl. B.VI.) scheitert oder hi- 1. Die Software, wie sie vertragsgemäß zum Ende der
nausgeschoben wird. Ich halte die Pflicht des A G , Testphase vorliegt.
Fehler zu melden, für richtiger.
2. Teilabnahme: Definition der Teile des Gesamtwer-
b) Folgen der Versäumung dieser Informationspflicht. kes. Z u den Konsequenzen der Teilabnahme vgl.
C.IV.5.
7. Pflichten des A N
a) Vorlage fehler bereinigter Software entsprechend II. Voraussetzungen
A.IV: Beispiel: Für die Beseitigung von Fehlern der
1. Testphase ordnungsgemäß abgeschlossen.
Klassen 1 und 2 werden Fristen vereinbart. Kann das
Softwarehaus die Frist nicht einhalten, gibt es eine 2. Darf der A G nach dem Ende der Testphase Fehler
Verlängerung der Testfrist oder einen Neubeginn nachmelden? Wenn ja, ist die Testphase zu Lasten des
(B.V.3); der A G muss nun befürchten, dass die Soft- A N weiter verlängert, und der A G hat Vorteile aus
ware nicht wartbar ist. O b Fehler der Klasse 3 wäh- einer vertragswidrigen Verschleppung des Abnahme-
rend des Tests beseitigt werden sollen oder dürfen, vorgangs. Anderenfalls hat der A G den Nachteil,
wird vom A G festgelegt und in der Fehlerbuchhal- trotz schwerer Fehler abnehmen zu müssen. Vor-
tung (B.IV.2.c) dokumentiert. schlag: Abgrenzung wie bei B.II.4; zumindest Er-
schwerung der Nachmeldung.
b) Darlegung der Fehlerbeseitigungsmaßnahmen durch
den A N , damit der A G den neu ausgelösten Prüfauf-
wand abschätzen kann. 19 BartschyVn. 1, III.H.4 § 21. Diese Definitionen der Fehlerklassen knüp-
fen an die Perspektive des A G an, also nicht daran, ob die Beseitigung
des Fehlers einfach oder schwierig ist, sondern wie der Fehler sich aus-
wirkt. Gelegentlich wird bei den einzelnen Bereichen der Software der
V. Dauer der Testphase Fertigstellungsgrad festgestellt und vorgegeben, dass die Software, um
1. Beginn (vgl. A . V I . 1) abgenommen zu werden, zumindest den Reifegrad X von Y Graden er-
reichen muss.
2. Zeitdauer (üblicherweise i n Wochen oder Monaten) 20 Vgl. Vorbemerkung 1.3.
CR 1/2006 Bartsch 11
Themenfelder einer umfassenden Regelung der Abnahme

3. Durchführung der Schulung 5. Teilabnahme. Möglichkeiten:


4. Restlieferung, wenn beispielsweise noch das Hand- a) Die Teilabnahme ist eine Abnahme i m Rechtssinn.
buch gefehlt hat. Z u klären ist: Auswirkung von Fehlern, die der A G
erst im Zusammenhang mit späteren Teillieferungen
5. Erklärungen
testen oder feststellen kann. RegelungsVorschlag: Für
a) Erklärungen nach A.II.5 sind möglicherweise erst solche Eigenschaften beginnt die Gewährleistungs-
jetzt vorzulegen. zeit erst zusammen mit diesem späteren Teilbereich;
die Beweislast dafür, dass der Fehler anfänglich ist
b) Erklärungen Dritter: Gelegentlich will der A G erst und erst jetzt getestet werden kann, liegt beim A G .
abnehmen, wenn sein Hauptauftraggeber abnimmt; Oder: Das Herstellen dessen, was fehlt oder unrichtig
eine problematische Klausel. ist, gilt als Leistungspflicht der späteren Leistungs-
phase.
III. Abnahmeerklärung b) Die Teilabnahme ist keine Abnahme im Rechtssinn,
1. Ausdrückliche Erklärung sondern nur eine Freigabe.
a) Vorgabe des Inhalts c) Wo keine Teilabnahmen erfolgen, aber der A G schon
Teile des Werkes in Gebrauch nimmt, sind die Konse-
b) Wirkung eventueller Vorbehalte
quenzen zu regeln (z.B. Fehlermeldepflicht; Verände-
t> Pflicht zur Nachbesserung; Fristvereinbarung rungsverbot; Kosten für die Pflege).
> N u r auf den Fall korrekter Fehlerbeseitigung be-
dingte Abnahme D . Weitere Regelungsfelder
> Regeln f ü r das Verfahren der Nachabnahme
I. Allgemeine Organisationsregeln
> Einbehalt von Werklohn bis zur Nachabnahme 1. Zuständigkeiten für die einzelnen Phasen und Vor-
der Fehlerbeseitigungsmaßnahme gänge
c) Form a) auf Seiten des A G
b) auf Seiten des A N *
2. Konkludente Abnahme. Beispiele:
c) Zuständigkeit von Sonderfachleuten und Schlichtern
a) Volle Werklohnzahlung
2. Schriftform f ü r einzelne Erklärungen, wenn man
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b) Produktive Nutzung f ü r einen zu vereinbarenden dies nicht bei den Erklärungen (Ä.IV.l, V . l , B.IV.6,
Zeitraum C.III. 1) regelt. Klarstellung, ob die elektronische
c) Keine Mängelrügen während eines festzulegenden Form (§ 126a BGB) oder die Textform (§ 126b BGB)
Zeitraums oder auf Anfrage des A N . genügen oder in welchen Fällen eine Urkunde § 126
Abs. 1, 2 BGB zu erstellen ist.
Konkludente Abnahmen sollten stets aufgenommen
werden, denn nicht selten wird die ausdrückliche Abga- 3. Streitschlichtung: Wo ein Schlichter oder Schieds-
be der Erklärung vergessen oder absichtsvoll hinausge- richter mit vorläufigen oder endgültigen Festlegun-
schoben. gen in das Verfahren eingebunden ist (vgl. B.IV.4.b),
sind die organisatorischen Regeln zu treffen.
IV. Folgen
U. Konsequenzen aus Störungen
Die Folgen sind gesetzlich festgelegt. Die vertragliche
Wiederholung ist meist überflüssig. Die Konsequenzen aus Störungen gehören nach der
hier verfolgten Systematik (vgl. Vorbemerkung L I ) zu-
1. Fälligkeit des Werklohns meist nicht zu den Organisationsregeln, sondern zum
2. Beginn der Gewährleistungszeit Bereich Vergütung oder zu den Rechtsregeln. Der Voll-
ständigkeit halber werden hier wenige Stichworte er-
3. Beweislast beim späteren Auftauchen von Fehlern. wähnt.
Zur Vermeidung von Zweifeln kann die Hinterle-
gung eines Originals der abgenommenen Software 1. Kosten der längeren Testphase beim A G und beim
vereinbart werden. AN
4. Beginn des Pflegevertrages 21
2. Aufwendungsersatz des A N bei Rügen ohne Grund
3. Verzögerungsschaden
21 Vgl. Bartsch, NJW 2002,1526 (1528 bei I I A ) .
22 Vgl.Fn. 6. 4. Vertragsstrafen

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