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Das eingeschränkte

Drei-Körper-Problem im Crashtest

Dissertation

vorgelegt von

Jan Nagler

Institut für Theoretische Physik


des Fachbereiches I, Universität Bremen
Dezember 2002
Das eingeschränkte
Drei-Körper-Problem im Crashtest

Vom Fachbereich für Physik und Elektrotechnik


der Universität Bremen

zur Erlangung des akademischen Grades


DOKTOR DER NATURWISSENSCHAFTEN (Dr. rer. nat.)
genehmigte Dissertation

von
Dipl.-Phys. Jan Nagler
aus Fürth

Referent: Professor Dr. Peter H. Richter


Korreferent: Professor Dr. Helmut Schwegler

Tag des Promotionskolloquiums: 31.01.2003


meiner Mutter
Inhaltsverzeichnis

Einleitung 3

1 Das eingeschränkte Drei-Körper-Problem 9


1.1 Bewegungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.2 Symmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.3 Lagrangepunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
1.4 Wichtige Energiemarken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

2 Klassifikation der gebundenen Orbits 19


2.1 Orbitklassifikationen von Hénon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.2 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.3 Umlaufsinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.4 Orbitklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.5 Beispielorbits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

3 Orbit-Type-Diagrams 28
3.1 Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.1.1 Gebundene Orbits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.1.2 Escape-Orbits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.1.3 Kollisionsorbits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.1.4 Systemparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3.1.5 Radien der Hauptkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3.2 Stability-Diagrams . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
3.2.1 Vergleich der Diagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.2.2 Stability-Diagram von Hénon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

4 Die (x, E)-Ebene für das Kopenhagen-Problem 37


4.1 Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
4.2 Escape-Orbit-freie Region . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
4.3 Inseln der Stabilität bei E > V2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
4.4 Regionen E und F . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
4.5 Crash-Orbits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
4.6 Escape-Orbits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
4.7 Vergrößerung der Region zwischen V1 und V2 . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

1
INHALTSVERZEICHNIS 2

5 Die (x, y)-Ebene für das Kopenhagen-Problem 67


5.1 Beziehung zwischen (x, y)-, (x, E)- und (y, E)-Orbit-Type-Diagrams . . . . 67
5.2 Anfangsbedingung mit retrogradem Durchgang durch extremale Entfer-
nungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
5.2.1 Energielevel E = V4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
5.2.2 Energiebereich V2 < E < V4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
5.2.3 Energiebereich V1 < E < V2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
5.3 Anfangsbedingung mit rechtläufigem Durchgang durch extremale Entfer-
nungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
5.3.1 Energielevel E = V4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
5.3.2 Energiebereich V1 ≤ E ≤ V2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

6 Die (y, E)-Ebene 96


6.1 Anfangsbedingung und Extrema der Zero-Velocity-Kurve . . . . . . . . . . 96
6.2 Fehlen periodischer Orbits in der (y, E)-Ebene für 0 < µ < 1/2 . . . . . . . 97
6.3 Dominanz des ersten Hauptkörpers für kleinere µ-Werte . . . . . . . . . . . 97
6.4 Kopenhagen-Problem µ = 1/2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
6.5 Massenverhältnis µ = 1/3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
6.6 Massenverhältnis µ = 1/5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
6.7 Massenverhältnis µ = 1/11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
6.8 Massenverhältnis µ = 1/25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
6.9 System Erde-Mond µ = 1/82.3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
6.10 Kepler-Problem µ = 0 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

7 Numerik, Algorithmen und Einfluss der Systemparameter 111


7.1 Regularisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111
7.2 Integrationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
7.3 Hénonsches Integrationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
7.4 Bestimmung periodischer Orbits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
7.5 Bestimmung der Eigenwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
7.6 Energiefixierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115
7.7 Berechnung eines Punktes im OTD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
7.7.1 Mehrschritt-Algorithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
7.8 Verläßlichkeit der Numerik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
7.9 Einfluss der Mindesteinschlusszeit ttimeout . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
7.10 Einfluss des Systemradius Rsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
7.11 Einfluss der Hauptkörperradien RM1,2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

Zusammenfassung und Ausblick 127

Danksagungen 130

Literaturverzeichnis 131
EINLEITUNG 3

Einleitung

Das klassische Drei-Körper-Problem ist eines der ältesten Probleme der klassischen Me-
chanik. Es beschäftigte ganze Generationen von Mathematikern und Physikern vom 18.
Jahrhundert bis heute. Dabei ist dieses Problem eines der denkbar einfachsten der klassi-
schen Physik: Wie bewegen sich drei Körper unter alleinigem Einfluss ihrer Gravitation?
Obgleich diese Frage in einigen speziellen Situationen beantwortet worden ist [1, 2, 3, 4],
blieb sie im allgemeinen Fall unbeantwortet - und wird es wohl auch für immer bleiben. Der
Grund dafür ist die Nicht-Integrabilität dieses Problems, im Gegensatz zum trivialen Ein-
oder Keplers Zwei-Körper-Problem, bei denen die Positionen und Geschwindigkeiten der
Körper bekanntlich analytische Funktionen der Anfangsbedingungen und der Zeit sind.
Solche Funktionen existieren bei chaotischen Systemen wie dem Drei-Körper-Problem
nicht. Und dies ist auch ein Grund dafür, warum sich lange vor einer Klassifizierung nach
chaotischen und integrablen Systemen viele Größen der wissenschaftlichen Geschichte wie
etwa Newton, Euler, Lagrange oder Jacobi intensiv mit diesem Problem auseinander setz-
ten.
Euler erkannte schon 1772 die enorme Komplexität des Problems, was ihn dazu veran-
lasste, das Problem einzuschränken, wahrscheinlich in der Hoffnung, es damit lösbar zu
machen. Er war der erste, der das sogenannte eingeschränkte Drei-Körper-Problem be-
trachtete. Dabei bewegen sich zwei Hauptkörper mit konstanter Winkelgeschwindigkeit
auf Kreisen in einer Ebene um ihren gemeinsamen Schwerpunkt. Die Bewegung eines
Testteilchens in dieser Ebene, welches die Hauptkörper nicht beeinflusst, wird in dem
resultierenden Gravitationsfeld betrachtet. Dieses Problem wird heutzutage auch als pla-
nares zirkuläres eingeschränktes Drei-Körper-Problem bezeichnet, um es von den diversen
anderen eingeschränkten Problemen zu unterscheiden, die nach und nach in der Literatur
auftauchten [5].
Das intuitivste von diesen ist vielleicht das (planare) elliptische eingeschränkte Drei-
Körper-Problem, bei dem sich die beiden Hauptkörper auf zwei Ellipsen in einer Ebene
um den Massenschwerpunkt bewegen. Allen eingeschränkten Drei-Körper-Problemen ist
- mit einer Ausnahme - eines gemeinsam: Sie besitzen ausnahmslos weniger Freiheitsgra-
de als das uneingeschränkte Problem und lassen sich als Potentialprobleme beschreiben,
allerdings mit Hilfe zeitabhängiger Potentiale. Die Ausnahme bildet das zirkuläre Pro-
blem, welches Jacobi 1836 untersuchte. Er betrachtete es in einem mit den Hauptkörpern
rotierenden Koordinatensystem und erhielt ein Bewegungsintegral, die Jacobi-Konstante.
Diese kann (bis auf einen Faktor) als Energie im System mit den neuen Koordinaten
(und einem effektiven zeitunabhängigen (Jacobi-)Potential) interpretiert werden. Der eng-
lischen Standardliteratur folgend, wird im Weiteren dieses System als RTBP (Restricted
Three-Body-Problem) abgekürzt. Das RTBP besitzt nur noch zwei Freiheitsgrade und
EINLEITUNG 4

ist damit im Vergleich mit dem allgemeinen Problem, das neun Freiheitsgrade besitzt,
eine extreme Vereinfachung. Da Systeme mit einem Freiheitsgrad stets integrabel sind,
würde eine weitere Reduktion in der Anzahl der Freiheitsgrade das System trivialisieren1 .
Die Anwendungsfelder des RTBP finden sich in weiten Teilen der Physik [8, 9]. Werden
die Hauptkörper als Atomkerne, das Testteilchen als Elektron und die Newtonsche invers
quadratische Kraft elektrostatisch interpretiert, kann klassische Molekülphysik betrieben
werden [10, 11].
Zusätzliche Felder können im Jacobi-Potential als additive Terme aufgenommen werden.
Selbst relativistische Korrekturen werden über Zusatzterme integriert [12, 13]. Verschie-
dene nicht-konservative Kräfte, wie zum Beispiel Reibung [14, 15], sind Gegenstand ak-
tueller Forschung mit dem RTBP oder verwandter Probleme. Vor allem ist es aber die
Himmelsmechanik als Teil der theoretischen Astronomie oder allgemein und historisch
der klassischen Mechanik, in der das RTBP intensiv analytisch und numerisch untersucht
worden ist - und es bis heute wird. So werden Doppelsternsysteme (mit einem Planeten
als Testteilchen) genauso wie die Bewegung eines Sterns um zwei massive Schwarze Löcher
als RTBP modelliert [16].

Periodische Orbits
Die Ersten, die das RTBP numerisch (aber ohne Computer!) untersuchten, waren die Mit-
arbeiter der Gruppe um Strömgren in Kopenhagen. Daher hat das Kopenhagen-Problem
auch seinen Namen [17]. Von 1910 bis 1925 wurde das RTBP für den Fall gleicher Haupt-
massen von 40 Mitarbeitern untersucht. In diesen Jahren widmete man sich der Berech-
nung periodischer Orbits.
Weitere grundlegende Beiträge zum RTBP des zwanzigsten Jahrhunderts stammen von
Szebehely et al. mit vielen Artikeln [18, 19, 20] und einem exzellenten Lehrbuch über
periodische Orbits [21].
Periodische Orbits sind aus vielen Gründen essentiell für chaotische Systeme. Sie stellen
die einfachsten Bewegungsformen im System dar, bilden deshalb die einfachsten invarian-
ten Mengen der Dynamik, und viele Theoreme der nichtlinearen Dynamik befassen sich
direkt oder indirekt mit ihnen.

Chaotische Systeme
Das RTBP ist ein nicht-integrables Hamiltonisches (konservatives) System mit zwei Frei-
heitsgraden. Deswegen besitzt es bestimmte Eigenschaften, die es von integrablen Syste-
men abgrenzen.
1
In der Scientific Community wird nicht selten davon gesprochen, dass integrable Systeme stets trivial
seien. Für Systeme mit mehr als einem Freiheitsgrad ist dies im Allgemeinen natürlich falsch, wie etwa die
Bifurkationsdiagramme des Kovalewskaja-Kreisels verdeutlichen [6, 7] - um nur ein Beispiel unzähliger
zu nennen.
EINLEITUNG 5

Invariante Tori
Die Trajektorie integrabler Hamiltonischer Systeme kann nicht im gesamten Phasenraum
verlaufen, sondern ist auf invariante Tori2 beschränkt, wenn die Energiefläche kompakt ist.
Die Tori blättern den Phasenraum, in dem Sinn, dass jedem Satz der Erhaltungsgrößen ein
Torus zugeordnet werden kann. Ist beispielsweise die Energie die einzige Erhaltungsgröße,
gibt es zu jedem Energiewert einen Torus, auf dem sich die Bewegung im Phasenraum
abspielt. Bei integrablen Hamiltonischen Systemen mit zwei Freiheitsgraden und kompak-
ter Energiefläche bilden die Tori zweidimensionale Hyperflächen (Untermengen), die im
vierdimensionalen Phasenraum eingebettet sind.
Wird das integrable System gestört, deformieren sich die Tori oder werden zerstört. Dieser
Prozess wird oft in Poincaré-Schnitten3 visualisiert, bei denen die Tori z.B. als Inselketten
oder Kurven in einer Ebene auftreten.
Kapitel 5 gibt einige Beispiele für das Auftreten von Inselketten im RTBP in den dort
diskutierten Diagrammen.

Windungszahl
Ein 2d-Torus ist topologisch das direkte Produkt zweier Kreise4 (T 2 = S11 × S21 ). Die
Trajektorie eines integrablen Hamiltonischen Systems mit zwei Freiheitsgraden läßt sich
durch zwei Umlauffrequenzen (ω1 , ω2 ) beschreiben, die bei einer periodischen Trajektorie
im rationalen Verhältnis zueinander stehen. Dieses Verhältnis wird Windungszahl W =
ω1 /ω2 genannt.

Quasiperiodizität
Quasiperiodische Trajektorien besitzen irrationale Windungszahlen, was zur Folge hat,
dass sich eine Bahn auf dem Tors nicht schließt. Manchmal oszillieren quasiperiodische
Trajektorien um eine periodische Bahn und füllen den Torus dicht aus. In einem Poin-
caré-Schnitt wird eine periodische Bahn auf endlich viele Punkte abgebildet, die bei sta-
bilen Orbits von, im generischen Fall, ellipsenförmigen Punktemengen unendlich vieler
quasiperiodischer Bahnen umgeben werden. Unter der zum Poincaré-Schnitt zugehörigen
Poincaré-Abbildung5 , stellen die periodischen Bahnen Fixpunkte dar, welche man auch
als Resonanzen bezeichnet.
In den Kapiteln 3, 4, 5 und 6 werden quasiperiodische Orbits, die den größten Teil stabiler
Bewegung im RTBP darstellen, bestimmten Stabilitätsbereichen zugeordnet.

Bifurkationen
Chaotische Systeme zeichnen sich durch sogenannte Bifurkationen während kontinuierli-
cher Durchstimmung eines (Kontroll-)Parameters aus. Die damit einhergehenden sprung-
2
im topologischen Sinn, d.h. gemeint sind deformierte geometrische Tori.
3
Poincaré-Schnitte sind Hyperflächen im Phasenraum, auf der Durchstoßpunkte von Orbits markiert
werden, welche die Fläche mit einer vorgegebenen Orientierung durchstoßen.
4
im topologischen Sinn, d.h. gemeint sind deformierte geometrische Kreise.
5
die ein Punkt in der Poincaré-Ebene auf seinen Nachfolger abbildet
EINLEITUNG 6

haften qualitativen Unterschiede werden zum Beispiel durch Periodenverdopplung, Peri-


odenvervierfachung, usw. begleitet. In Bifurkationsdiagrammen werden in Abhängigkeit
von Parametern verschiedene Typen von invarianten Mengen der Dynamik voneinander
abgegrenzt, die z.B. bestimmten Orbit-Typen entsprechen können.
Man unterscheidet zwischen verschiedenen Bifurkations-Szenarien, welche die Route von
geordneter Bewegung zum Chaos bilden. Ein Beispiel ist die (subkritische) Pitchfork-
Bifurkation. Sie beschreibt den Übergang eines stabilen Fixpunktes (oder Orbits) zu zwei
stabilen und einem instabilen.
Begleitet durch Periodenverdopplung tritt sie, z.B. bei der Logistischen Abbildung xn+1 =
rxn (1 − xn ) auf. Wird der Kontrollparameter r von 0 bis zu einem kritischen Wert rcrit.
durchgestimmt, treten bei bestimmten Parameterwerten rn < rcrit. Periodenverdopplun-
gen auf, die einem Skalengesetz folgen [22]. Der kritischen Parameter rcrit. stellt das Ein-
trittsfenster zum Chaos dar.
Die Grenzen zwischen zwei benachbarten Regionen in Bifurkationsdiagrammen integrabler
Systeme sind im Allgemeinen glatt und bilden keine fraktalen Ränder aus. Bei nicht-
integrablen (konservativen) Systemen sind die Ränder im generischen Fall fraktal.
In Abhängigkeit von Energie E und Konfigurationsraumkoordinaten grenzen die in dieser
Arbeit diskutierten Orbit-Type-Diagrams verschiedene Bewegungstypen im RTBP vonein-
ander ab. Die dabei auftretenden fraktalen Ränder spiegeln die Komplexität des RTBP
wider.

Wichtige Theoreme
Das Poincaré-Birkhoff-Theorem konstatiert den Zerfall von unendlich vielen periodischen
Orbits (verschiedener Anfangsbedingungen) mit derselben rationaler Windungszahl. Un-
ter einer Störung des ursprünglich integrablen Systems, werden fast alle periodischen
Orbits zerstört, und es bleiben nur endlich viele übrig, die sich zur Hälfte in stabile
und instabile periodische Orbits aufteilen. Die Umgebung eines jeden Fixpunktes kann
wieder als gestörtes integrables System betrachtet werden, worauf das Theorem wieder
angewendet werden kann. Dies führt zur Erklärung von selbstähnlichen Strukturen in
nicht-integrablen Systemen, wie man sie z.B. als Inselketten in Poincaré-Schnitten beob-
achtet.
Das Theorem von Kolmorogov, Arnold und Moser komplettiert dieses Bild bei Syste-
men mit zwei Freiheitsgraden zu der Aussage, dass die Tori mit hinreichend irrationalen
Windungszahlen bei hinreichend schwacher Störung des Systems die instabilen Regionen
begrenzen, so dass es kein globales Chaos gibt.
Smale veröffentlichte 1963 einen Artikel, in dem er die instabilen hyperbolischen Fixpunk-
te (oder Orbits) des Poincaré-Birkhoff-Szenarios genauer betrachtete. Diese Fixpunkte
können jeweils als Quelle für Chaos angesehen werden, und zwar in der Hinsicht, dass
jede dieser Quellen eine Standardstruktur aufweist, die als sogenanntes Horseshoe be-
kannt geworden ist. Dabei beschreibt dieses Hufeisen den Zusammenhang von invarianten
Mannigfaltigkeiten und einem rekursiven Streck-Falt-Prozess, der vielleicht als die Quelle
der deterministischen Nichtvorhersagbarkeit angesehen werden kann. Viele sehen diesen
Prozess sogar als Paradigma für Chaos generell an [23, 24, 25, 26, 27, 28].
Deswegen ist die Kenntnis von (stabilen wie instabilen) periodischen Orbits fundamen-
EINLEITUNG 7

tal für die Analyse von chaotischen Systemen. Die Existenz der Hufeisenstrukturen beim
Poincaré-Birkhoff-Szenario wurde etwa zehn Jahre nach dem Erscheinen von Smales Ar-
tikel von Zehnder bewiesen [29]. Kehren wir zum RTBP zurück.

Standardreferenzen zum RTBP


Besonders Michel Hénon gebührt ohne jeden Zweifel große Anerkennung für seine Ar-
beiten über Bifurkation und Struktur von sogenannten einfachen periodischen Orbits im
RTBP [30, 31, 32, 33, 34, 35] in den Sechzigern des zwanzigsten Jahrhunderts. In diesen
Arbeiten unterteilt er die stabilen Orbits in 22 Familien, untersucht die Stabilität der
Orbits, erweitert seine Analyse auf aperiodische Orbits und widmet sich noch dem soge-
nannten Hill-Problem mit infinitesimaler zweiter Hauptmasse. Diese Arbeiten bilden die
Standardreferenzen fast aller späteren Publikationen zum RTBP.

Trojaner-Punkte
Im RTBP gibt es fünf Gleichgewichtslagen, die als Librations- bzw. Lagrangepunkte L1 ,
L2 , L3 , L4 und L5 bekannt sind. Da sie gleichseitige Dreiecke mit den Hauptkörpern des
RTBP bilden, nennt man L4 und L5 auch trianguläre Lagrangepunkte.
Seit mehr als zweihundert Jahren finden Stabilität und Umgebung speziell der beiden
triangulären Lagrangepunkte L4 und L5 , auch Trojaner genannt, besondere Beachtung
bei derartigen Untersuchungen [36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43].
Diese sind - im Gegensatz zu den ersten drei instabilen Lagrangepunkten - unter einem
genügend kleinen Massenverhältnis µ ≡ m2 /(m p1 + m2 ) der Hauptkörper, µ < µ1 , fast
1
immer stabil. Man nennt die Grenze µ1 = 2 (1− 23/27) ≈ 0.03852 nach ihrem Entdecker,
den Routhschen Wert. Die instabilen
√ Ausnahmen bilden dabei1 nur zwei √ Werte mit den
1
Massenverhältnissen µ2 = 90 (45− 1833) ≈ 0.02429 und µ3 = 180 (90−6 213) ≈ 0.01352.
Für einen weiteren konnte dessen Stabilität erst 1969 bewiesen werden [44], so dass man
sicher sein kann, dass µ2 und µ3 die einzigen instabilen Ausnahmen für µ < µ1 darstellen.
Selbst die Aussage der Instabilität um die beiden Trojaner-Punkte für µ > µ1 gilt nur
in der unmittelbaren Umgebung. In einiger Entfernung lassen sich noch stabile Trojaner-
Trajektorien finden.

Aktuelle Aktivitäten
Während Hénon selbst heutzutage, ohne größeren Computer-Aufwand zu betreiben, seine
Resultate bei der Untersuchung zu Bifurkationen periodischer Orbits des RTBP dokumen-
tiert [45, 46], nutzen andere die enormen Performancesteigerungen im Computerbereich,
um Untersuchungen aus früherer Zeit voranzutreiben [47, 48]. Trotzdem scheinen in der
heutigen Zeit elementare Untersuchungen des RTBP rar zu sein, was eine Motivation
dieser Arbeit darstellt.
EINLEITUNG 8

Vorhaben und Zielsetzung


In dieser Arbeit soll das RTBP mit Hilfe sogenannter Orbit-Type-Diagrams analysiert
werden. Diese lehnen sich einerseits eng an die bekannten Stability-Diagrams an, erwei-
tern diese und sind andererseits das Äquivalent zu Attraktions-Basins bei dissipativen
Systemen. Speziell für den Fall ausgedehnter Hauptkörper wird untersucht, unter welchen
Bedingungen das Testteilchen mit einem der beiden Hauptkörper kollidiert, stabile Bewe-
gung zeigt, oder das System verläßt. Die numerischen Untersuchungen nutzen die erhöhte
Rechenleistung im Vergleich mit in früheren Arbeiten eingesetzten Computern aus.

Die Arbeit möchte nicht mit der systematischen Untersuchung von Bifurkationsszenarien
im RTBP von Hénon und anderen konkurrieren. Vielmehr wird der Versuch unternom-
men, die eindrucksvolle Komplexität des eingeschränkten Drei-Körper-Problems unter
Miteinbeziehung von Kollisionsorbits vom Standpunkt der hier eingeführten Orbit-Type-
Diagrams aus zu beleuchten.

Im ersten Kapitel werden die Bewegungsgleichungen, Symmetrien, Lagrangepunkte und


wichtige Energiemarken des RTBP diskutiert. Das zweite Kapitel führt eine Orbitklas-
sifikation ein, die für die Orbit-Type-Diagrams benötigt wird, welche im dritten Kapitel
definiert werden. In den Kapiteln 4, 5 und 6 werden die numerischen Ergebnisse verschie-
dener Schnittebenen präsentiert und interpretiert. Kapitel 7 schließlich erläutert in den
ersten Abschnitten die wesentlichen benutzten und entwickelten numerischen Verfahren.
Daran schließen sich drei Abschnitte über den Einfluss der eingeführten Systemparameter
auf die Orbit-Type-Diagrams an. Es wird untersucht, wie sich Bereiche von Kollisionsor-
bits in den Orbit-Type-Diagrams mit der Größe der Hauptkörper verändern. Im letzten
Abschnitt werden die Resultate zusammengefasst.
Kapitel 1

Das eingeschränkte
Drei-Körper-Problem

1.1 Bewegungsgleichungen
Das eingeschränkte Drei-Körper-Problem kann ursprünglich im Inertialsystem formuliert
werden. In diesem bewegen sich die beiden Hauptkörper auf jeweils einem Kreis um ihren
gemeinsamen Massenschwerpunkt. Ein Testteilchen in der (X, Y )-Ebene, in der auch die
beiden Kreise (mit Mittelpunkten im Ursprung) liegen, erfährt ein sich zeitlich ändern-
des Potential V (X, Y, t), das durch die beiden Positionen der Hauptkörper (X1 , Y1 ) und
(X2 , Y2 ) gegeben ist. Dabei gilt explizit:

(X1 (t), Y1 (t)) = −µ (cos t, sin t), (1.1)


(X2 (t), Y2 (t)) = (1 − µ) (cos t, sin t) (1.2)

und
1−µ µ
V (X, Y, t) = − − , (1.3)
R1 (t) R2 (t)

wobei die Rj (t) die Distanzen zwischen Testteilchen und Singularitäten darstellen: Rj (t)2 =
(X − Xj (t))2 + (Y − Yj (t))2 . Dabei ist der Abstand zwischen den Hauptkörpern und
ihre Kreis- bzw. Keplerfrequenz auf 1 skaliert, und es wird mit dem Massenverhältnis
µ = m2 /(m1 + m2 ) gearbeitet. Die Bewegungsgleichungen lauten im Inertialsystem:

X − X1 (t) X − X2 (t)
Ẍ = −(1 − µ) 3
−µ , (1.4)
R1 (t) R23 (t)
Y − Y1 (t) Y − Y2 (t)
Ÿ = −(1 − µ) 3
−µ .
R1 (t) R23 (t)

9
KAPITEL 1. DAS EINGESCHRÄNKTE DREI-KÖRPER-PROBLEM 10

Testteilchen

Masse 2
Masse 1

Abbildung 1.1: Das eingeschränkte


Drei-Körper-Problem schematisch im In-
ertialsystem. Zwei Hautmassen rotieren
mit konstanter Winkelgeschwindigkeit auf
zwei Kreisen um ihren gemeinsamen
Schwerpunkt. Ein masseloses Testteilchen
bewegt sich in dieser Ebene.
Euler hatte als Erster die Idee, die expliziten Zeitabhängigkeiten durch eine Koordinaten-
transformation zu eliminieren. Mit einem mitrotierenden Koordinatensystem (x, y) läßt
sich dies bewerkstelligen:

x = X cos t + Y sin t, (1.5)


y = −X sin t + Y cos t.

In diesem mitrotierenden Koordinatensystem sind die Positionen der Hauptkörper fest.


Sie sitzen beide auf der x-Achse:

r1 = (−µ, 0), r2 = (1 − µ, 0). (1.6)

Aus dem nicht-konservativen Potentialproblem wird ein konservatives, das für die Spezi-
alfälle µ = 0 und µ = 1 zum integrablen Keplerproblem wird. Das zugehörige effektive
Potential VJ nennt man Jacobi-Potential:
1−µ µ 1
VJ = − − − r2 , (1.7)
r1 r2 2

wobei der Abstand r zum Massenschwerpunkt (oder Koordinatenursprung) durch r2 =


x2 + y 2 definiert ist, und für die indizierten Radien entsprechend r12 = (x + µ)2 + y 2 und
r22 = (x − 1 + µ)2 + y 2 gilt.
Abbildung 1.2 zeigt das Jacobi-Potential jeweils im Vergleich mit dem Schnitt bei der
willkürlich gewählten festen Energie1 E = −1.9. Die Potentiallandschaften jeweils dane-
ben sind in leicht variierter Perspektive dargestellt und besitzen als Boden die Schnitt-
ebene. Alle Regionen, die nicht in der Schnittebene liegen, sind vom Testteilchen uner-
reichbar.
1
Die Energie im mitrotierenden System entspricht der Kombination von Energie und Drehimpuls im
Ruhesystem: EInertial = E + L. Insofern ist E nur formal als Energie interpretierbar.
KAPITEL 1. DAS EINGESCHRÄNKTE DREI-KÖRPER-PROBLEM 11

–1
–1
–1.2
–1.2
–1.4 V –1.4
–1.6
–1.6
–1.8
V –1.8 –1.4
–1.2 –1.2 –1.4
–2 –1 –1 –1.2
–0.8 –0.8 –1
–2.2 –0.6 –0.8
–0.6 –0.6
–0.4 –0.4
–2.4 –0.2 –0.4
0x –0.2 –0.2
–2.6 0.2 0 0
–1.2 –1
y 0.2 0.2 x 1/2
0.4
–0.8 0.6 0.4 0.4
–0.4 0.8 0.6 0.6
–0.2 0 0.8
y 0.2 0.4 1 0.8
1.2 1
0.6 0.8 1 1.2
11.2 1.4 1.2 1.4

–1
–1
–1.2
–1.2
–1.4
V –1.4
–1.6
–1.6
–1.8
V –1.8 –1.4
–1.2 –1.2 –1.4
–2 –1 –1 –1.2
–0.8 –0.8 –1
–2.2 –0.6 –0.8
–0.6 –0.6
–0.4 –0.4
–2.4 –0.2 –0.4
–0.2 –0.2
0x
–2.6 0.2 0 0
y 0.2 0.2 x 1/3
–1.2 –1 0.4
0.6 0.4 0.4
–0.8 0.6
–0.4 0.8 0.6
–0.2 0 0.8
y 0.2 0.4 1 0.8
1.2 1
0.6 0.8 1 1.2
11.2 1.4 1.2 1.4

–1
–1
–1.2
–1.2
V –1.4
–1.4
–1.6
–1.6
–1.8
V –1.8 –1.4
–1.2 –1.4
–1.2
–2 –1 –1 –1.2
–0.8 –0.8 –1
–2.2 –0.6 –0.6 –0.8
–0.4 –0.6
–0.4 –0.4
–2.4 –0.2 –0.2 –0.2
0x
–2.6 0.2 0 0
y 0.2 0.2 x 1/5
–1.2 –1 0.4
0.6 0.4 0.4
–0.8 0.6
–0.4 0.8 0.6
–0.2 0 0.8
y 0.2 0.4 1 0.8
1.2 1
0.6 0.8 1 1.2
11.2 1.4 1.2 1.4

–1
–1
–1.2
–1.2
V –1.4
–1.4
–1.6
–1.6 –1.8
V –1.8 –1.4
–1.2 –1.4
–1.2
–2 –1 –1 –1.2
–0.8 –0.8 –1
–2.2 –0.6 –0.8
–0.6 –0.6
–0.4 –0.4
–2.4 –0.2 –0.4
–0.2 –0.2
0x
–2.6 0.2 0 0
y 0.2 0.2 x 1/11
–1.2 –1 0.4
0.6 0.4 0.4
–0.8 0.6
–0.4 0.8 0.6
–0.2 0 1
0.8
y 0.2 0.4 1.2
0.8 1
0.6 0.8 1 1.2
11.2 1.4 1.2 1.4

Abbildung 1.2: Darstellung des Jacobi-Potentials für verschiedene Massenverhältnisse µ.


Von oben nach unten: µ = 1/2, µ = 1/3, µ = 1/5 und µ = 1/11. Jeweils daneben in leicht
variierter Perspektive das Potential im Schnitt mit E = −1.9 (weißer Boden). In dieser
Ebene kann sich das Testteilchen bewegen.
KAPITEL 1. DAS EINGESCHRÄNKTE DREI-KÖRPER-PROBLEM 12

Testteilchen

Masse 2
Abbildung 1.3: Das Kopenhagen-
X Problem des eingeschränkten Drei-
Masse 1
Körper-Problems schematisch im
Inertialsystem. Zwei gleich schwere
Hauptmassen rotieren mit konstan-
ter Winkelgeschwindigkeit auf dem
Einheitskreis um ihren gemeinsamen
Schwerpunkt. Ein masseloses Testteil-
chen bewegt sich in dieser Ebene.

Die Bewegungsgleichungen lauten in diesen Koordinaten:


x+µ x−1+µ
ẍ = 2ẏ + x − (1 − µ) − µ , (1.8)
r13 r23
y y
ÿ = −2ẋ + y − (1 − µ) 3 − µ 3 ,
r1 r2

wobei die Gesamtenergie damit erhalten ist:


1
E = (ẋ2 + ẏ 2 ) + VJ . (1.9)
2
Es wurde bewiesen, dass dies die einzige (unabhängige) Erhaltungsgröße des RTBP (für
0 6= µ 6= 1) ist [49]. Multipliziert mit −2 nennt man dieses Bewegungsintegral aus hi-
storischen Gründen auch Jacobi-Konstante CJ = −2E. Der zusätzliche Term − 21 r2 im
effektiven Jacobi-Potential (1.7) sorgt für die Zentrifugalkraft Fcen = (x, y) in den Bewe-
gungsgleichungen (1.8). Die Corioliskraft Fcor = 2(ẏ, −ẋ) gibt (bekanntlich) keinen Beitrag
zur Energie, sorgt aber auch für zwei weitere Zusatzterme in den Bewegungsgleichungen
(1.8).

1.2 Symmetrien
Die Bewegungsgleichungen (1.8) besitzen eine Symmetrie für jeden Wert von µ und ei-
ne weitere für den Fall µ = 1/2. Zum allgemeinen Fall gehört die Symmetrieoperation
Ξ : (x, y, t) → (x, −y, −t). Diese bedeutet, dass für jeden Orbit A ein zweiter A0 existiert,
den man durch Reflexion an der x-Achse und Umkehrung in der Richtung (oder Zeit)
erhält (siehe Abbildung 1.4 links). Die zweite Symmetrieoperation im Kopenhagen-Fall
von µ = 1/2 (siehe Abbildung 1.3) lautet Ξ0 : (x, y, t) → (−x, −y, t): Jeder Orbit A hat
ein Gegenstück A00 , welches durch Reflexion sowohl an der x- als auch an der y-Achse
KAPITEL 1. DAS EINGESCHRÄNKTE DREI-KÖRPER-PROBLEM 13

y y

A A

A’

x x

A’’

Abbildung 1.4: Veranschaulichung der beiden Symmetrien des eingeschränkten Drei-


Körper-Problems. Links: Symmetrieoperation (x, y, t) → (x, −y, −t): Aus Spiegelung an
der x-Achse und Umkehrung des Durchlaufsinns ensteht aus einem Orbit A das Ge-
genstück A0 . Rechts: (x, y, t) → (−x, −y, t): Jeder Orbit A besitzt ein Gegenstück A00 ,
welches durch Reflexion an der x- und y-Achse konstruiert werden kann. Diese Symme-
trie existiert nur für den Kopenhagen-Fall µ = 1/2.

konstruiert werden kann (siehe Abbildung 1.4 rechts). Im später vorrangig betrachteten
Kopenhagen-Problem sind die Bewegungsgleichungen im mitrotierenden System beson-
ders einfach:
x + 1/2 x − 1/2
ẍ = 2ẏ + x − − , (1.10)
2r1 3 2r2 3
y y
ÿ = −2ẋ + y − 3
− .
2r1 2r2 3

Die Symmetrieoperationen Ξ0 entspricht der Symmetrie einiger später diskutierter Dia-


gramme. Wird sie mit Ξ kombiniert, kann die Vorgehensweise von Strömgren und Hénon
beim Auffinden periodischer Orbits im Kopenhagen-Problem besser nachvollzogen wer-
den. Deswegen betrachten wir jetzt die Symmetrie Ξ unter Miteinbeziehung der Geschwin-
digkeitskomponenten und kombinieren sie mit Ξ0 zu der Symmetrieoperation Ξ ◦ Ξ0 .

Aus der Symmetrieoperation Ξ : (x, y, ẋ, ẏ, t) → (x, −y, −ẋ, ẏ, −t) (die Geschwindigkei-
ten miteingeschlossen) folgt, dass ein Orbit dann symmetrisch zur x-Achse ist, wenn er
einen senkrechten Schnittpunkt mit dieser besitzt (y = ẋ = 0). Wird die x-Achse zwei
Mal senkrecht geschnitten, muss sie einmal von unten und einmal von oben durchstoßen
werden, so dass es sich nur um einen periodischen Orbit handeln kann.
Schneidet ein Orbit zwei Mal die y-Achse senkrecht (x = ẏ = 0), folgt aus der Symme-
trieoperation Ξ ◦ Ξ0 : (x, y, ẋ, ẏ, t) → (−x, y, ẋ, −ẏ, −t) (also der Kombination von Ξ und
KAPITEL 1. DAS EINGESCHRÄNKTE DREI-KÖRPER-PROBLEM 14

Ξ0 ) ebenfalls die Periodizität des Orbits.

Strömgren nutzte so die Symmetrien des Kopenhagen-Problems zum Auffinden periodi-


scher Orbits aus, indem er mit einem senkrechtem Durchstoß auf einer Achse begann
und die Position des Achsenabschnitts oder die Geschwindigkeitskomponente am Achsen-
abschnitt variierte, bis numerisch erneut ein senkrechter Achsenschnittpunkt registriert
wurde.
Die zur x-Achse symmetrischen periodischen Orbits, die durch Strömgrens Verfahren kon-
struiert werden können, bezeichnet man als simple periodic Orbits [30].

1.3 Lagrangepunkte
Die fünf Lagrangepunkte (auch Librationspunkte genannt) L1,2,3,4,5 (siehe Abbildung 1.5)
sind wegen ihrer Kräftefreiheit wichtige ausgezeichnete Punkte im RTBP. Auch in den
später eingeführten Diagrammen bilden sie wichtige Marken, die im folgenden diskutiert
werden sollen.
L4

Masse 1

L3 L1 Masse 2 L2 x

Abbildung 1.5: Positionen aller fünf La-


grangepunkte im eingeschränkten Drei-
Körper-Problem. Die beiden Hauptmas-
sen bilden mit den Trojaner-Punkten L4
und L5 zwei gleichseitige Dreiecke mit Ein-
L5 heitskantenlängen.
Aus den Bewegungsgleichungen (1.8) folgt für die x-Positionen aller Lagrangepunkte xL
wegen verschwindender Geschwindigkeit (Coriolis-Kraft Null) und Beschleunigung:
xL + µ xL − 1 + µ
xL − (1 − µ) 3
−µ = 0. (1.11)
|xL + µ| |xL − 1 + µ|3

Beschränken wir uns der Einfachheit halber auf den Fall xL > 1 − µ > −µ, gucken also
nur nach L2 , läßt sich jeweils Nenner und Zähler in (1.11) gegeneinander kürzen (−−-Fall
in Gleichung (1.12)). Dies gilt ebenfalls für die Einschränkung xL < −µ < 1 − µ, wodurch
man L3 erhält (++-Fall):
1−µ µ
xL2,3 ∓ 2
∓ = 0. (1.12)
(xL2,3 + µ) (xL2,3 − 1 + µ)2
KAPITEL 1. DAS EINGESCHRÄNKTE DREI-KÖRPER-PROBLEM 15

Diese Bestimmungsgleichung entspricht jeweils folgendem Polynom fünfter Ordnung:

p(x) = x(x + µ)2 (x − 1 + µ)2 ∓ (1 − µ)(x − 1 + µ)2 ∓ µ(x + µ)2 . (1.13)

Die einzige reelle Nullstellen sind xL3 (++-Fall) bzw. xL2 (−−-Fall). Um L1 zu bestim-
men, macht man die Fallunterscheidung −µ < x < 1 − µ, welche zum Polynom

p(x) = x(x + µ)2 (x − 1 + µ)2 − (1 − µ)(x − 1 + µ)2 + µ(x + µ)2 (1.14)

führt (−+-Fall). Da diese Polynome keine erkennbaren Symmetrien besitzen, lassen sich
die Nullstellen nur numerisch berechnen2 . Tabelle 1.1 zeigt die x-Werte der Lagrange-
punkte für verschiedene Werte von µ.

µ xL1 xL2 xL3


1/2 0 1.198406145 -1.198406145
1/3 0.2374182382 1.249047389 -1.136361294
1/5 0.4380759585 1.271048691 -1.082839464
1/11 0.6266034962 1.256082908 -1.037835642
1/82.3 0.8369147189 1.155682483 -1.005062680
1/1048.355 0.9323655873 1.068830521 -1.000397448
Tabelle 1.1: Numerische Werte der x-Positionen der Lagrangepunkte L1 , L2 und L3 für
verschiedene Werte des Massenverhältnisses µ. Die Wahl der µ folgt der Jefferys [50].
Der µ = 1/2-Fall stellt das Kopenhagen-Problem dar. Der vorletzte Eintrag mit µ =
1/82.3 entspricht etwa dem System Erde-Mond, der letzte gleicht etwa dem Sonne-Jupiter-
System (µ = 1/1048.355). Die numerischen Werte wurden mit dem Softwarepacket Maple
berechnet.

Im Kopenhagen-Fall weiß man, dass L1 bei (0, 0) liegt und sich die x-Komponenten von L2
und L3 nur im Vorzeichen unterscheiden können. Trotzdem bleibt für µ = 1/2 die reelle
Nullstelle des resultierenden Polynoms p(x) = 4x(x2 − 1/4)2 − 4x2 − 1 analytisch un-
zugänglich3 . Die Frage, welchem Lagrangepunkt xL1 welches Massenverhältnis entspricht,
kann jedoch analytisch beantwortet werden. Gleichung (1.14) muss dazu nach µ aufgelöst
werden, was formal immer möglich ist, da µ nur bis zur vierten Potenz vorkommt. Für
die beiden anderen Lagrangepunkte müssen entsprechend die anderen beiden Gleichungen
herangezogen werden. Abbildung 1.6 (links) zeigt auf einen Blick das Massenverhältnis µ
gegen die x-Positionen der ersten drei Lagrangepunkte. Rechts daneben sind die Potenti-
alwerte an allen fünf Lagrangepunkten gegen µ aufgetragen.
Die Positionen beider Trojaner-Punkte L4 und L5 als auch deren Potentialwerte lassen
sich leicht angeben, denn √sie liegen auf Potentialmaxima des Jacobi-Potentials VJ (x, y).
Es gilt L4,5 = (1/2 − µ, ± 3/2) und V4,5 = −3/2 + µ(1 − µ)/2.
2
Einzige Ausnahme ist eine Nullstelle für µ = 1/2, nämlich xL1 = 0.
3
in dem Sinn von Ruffini und Abel, dass sich diese nicht durch (endlich viele) Wurzeln o.ä. ausdrücken
lassen, wie man es von der Cardanischen Formel für Polynome vierter Ordnung gewöhnt ist.
KAPITEL 1. DAS EINGESCHRÄNKTE DREI-KÖRPER-PROBLEM 16

1
V4,V5

–1.4

0.8
–1.5

V3 V2
0.6 –1.6

µ
–1.7
0.4

–1.8

0.2
–1.9

V1
0 –2
–2 –1 0 1 2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
Χ µ

Abbildung 1.6: Links: Massenverhältnis µ gegen die x-Positionen der ersten drei Lagran-
gepunkte. Die Symmetrie bezüglich des Punktes (x, µ) = (0, 1/2) ist zu erkennen. Für
festes µ ergibt sich xL3 als der Schnittpunkt ganz links und xL2 als der Schnittpunkt ganz
rechts. Der Schnittpunkt zwischen diesen beiden ist xL1 . Nur bei den trivialen Fällen
µ = 0 und µ = 1 fallen L1 und L2 bzw. L1 und L3 zusammen. Rechts: Die Werte des
Jacobi-Potentials V1,2,3,4,5 an den Lagrangepunkten L1,2,3,4,5 in Abhängigkeit von µ.

1.4 Wichtige Energiemarken


Bei gegebenem Massenverhältnis µ stellen die vier Werte V1 , V2 , V3 und V4 = V5 wichtige
Energiemarken dar, deren Bedeutung wir in diesem Abschnitt diskutieren wollen.

Energielevel E = V1
Die erste Energiemarke V1 definiert die Grenze zwischen dem Energiebereich, bei dem
das Testteilchen von einem Zentrum zum anderen gelangen kann und dem Bereich, bei
dem die beiden erlaubten Bewegungsregionen um die Zentren voneinander getrennt sind.
Abbildung 1.7 zeigt die drei Fälle E < V1 , E = V1 und E > V1 für µ = 1/2.
KAPITEL 1. DAS EINGESCHRÄNKTE DREI-KÖRPER-PROBLEM 17

Abbildung 1.7: Beispiel-


trajektorien für drei Ener-
gielevels um V1 = −2.00
im Kopenhagen-Fall (µ =
1/2). Die Trajektorie ist
gelblich, die Zero-Velocity-
Kurven sind grün darge-
stellt. Gezeigt ist die (x, y)-
Ebene mit einer Schattie-
rung des Jacobi-Potentials
(blau). Oben (E = −2.05):
Entweder links oder rechts
gefangen, Mitte (E =
−2.00): Die beiden er-
laubten Bereiche berühren
sich gerade, unten (E =
−1.95): Bewegung ist um
beide Hauptkörper wech-
selnd möglich.

Energielevel V2
Die zweite energetische Grenze V2 trennt die Bereiche möglicher ungebundener Bewegung
und unmöglicher ungebundener Bewegung voneinander. Abbildung 1.8 zeigt die drei Fälle
E < V2 , E = V2 und E > V2 wieder für den Kopenhagen-Fall. Die Fluchtenergie V2
ist dabei die Energie, die das Testteilchen mindestens besitzen muss, um über den Rand
des Potentialtrichters zu gelangen, der vom Jacobi-Potential beschrieben wird. Dies ist
im Fall µ ≤ 1/2 am ehesten an dem lokalen Potentialminimum möglich, das immer auf
der positiven Seite der x-Achse liegt. Für µ > 1/2 befindet sich dieses lokale Minimum
auf der negativen Seite der x-Achse, und im Fall von µ = 1/2 schließlich gibt es zwei
gleichhohe (lokale) Potentialminima symmetrisch um Null. Für µ ≤ 1/2 fällt dieses lokale
Potentialminimum aber genau mit dem zweiten Lagrangepunkt zusammen, wobei V2 den
KAPITEL 1. DAS EINGESCHRÄNKTE DREI-KÖRPER-PROBLEM 18

Abbildung 1.8: Beispieltrajektorien für drei Energielevels um V2 = −1.728398 im


Kopenhagen-Fall. Links: Gefangen im Bereich wie in Abbildung 1.7 (V2 > E = −1.740).
Mitte: Grenzfall bei E = V2 = −1.728398. Rechts: Das Testteilchen kann aus der inneren
Region entkommen (V2 < E = −1.727).

entsprechenden Potentialwert angibt.


Im Folgenden beschränken wir uns auf diesen Fall, denn die beiden Fälle 0 ≤ µ ≤ 1/2
und 1/2 ≤ µ ≤ 1 sind äquivalent zueinander, wie man leicht den Bewegungsgleichungen
(1.8) ansieht.

Energielevel E = V3
Wird die Energie noch größer gewählt, kann das Testteilchen sowohl den zweiten als
auch den dritten Lagrangepunkt überwinden. Dieser Schwellenwert berechnet sich also
dem entsprechend als E = max(V2 , V3 ). Für Energien E > max(V2 , V3 ) ist dann ein
Entkommen aus dem inneren Bereich (Abbildung 1.8) sowohl rechts (gezeigt) als auch
links (nicht gezeigt) möglich. Für den in dieser Arbeit betrachteten Fall µ ≤ 1/2 gilt
V3 ≥ V2 , so dass die Grenze durch V3 gegeben ist.

Energielevel E = V4
Der Potentialwert an den beiden Potentialmaxima V4 = V5 wird als sogenannte Trojaner-
Energie bezeichnet. Dieser Energielevel stellt eine gute Wahl dar, wenn man nach stabilen
Trojaner-Orbits sucht (bei genügend kleinem Wert von µ). Im Konfigurationsraum ver-
schwinden für E ≥ V4 die verbotenen Zonen, weil dann das Testteilchen energetisch über
den höchsten Potentialpunkten liegt.
Kapitel 2

Klassifikation der gebundenen Orbits

In diesem Kapitel wird eine automatisierbare Orbitklassifikation für gebundene Bewe-


gung1 im RTBP eingeführt. Sie wird für die Orbit-Type-Diagrams benötigt, die in fol-
genden Kapiteln diskutiert werden. Zunächst folgt ein Abschnitt über die Klassifikation
der Literatur für das RTBP und ein weiterer, in dem erläutert wird, warum es sinnvoll
erschien, eine neue Klassifikation einzuführen.

2.1 Orbitklassifikationen von Hénon


Eine Klassifikation für simple periodic orbits (SPO) im RTBP stammt ursprünglich von
Strömgren und umfasst 19 Klassen mit den Bezeichnungen a, b, c, d, e, f , g, h, i, k, l, m, n,
o, p, r, s, t, u [51]. Dabei werden neben den beiden Zentren auch die fünf Lagrangepunkte
zur Klassifizierung herangezogen: Die Klasse a bezeichnet alle retrograden SPO (im Fol-
genden als R-SPO abgekürzt) um L2 . Klasse b bezeichnet R-SPO um L3 , Klasse c R-SPO
um L1 , Klasse d R-SPO um L4 , Klasse e R-SPO um L5 . Klasse f fasst R-SPO um Zentrum
2 zusammen, g rechtläufige SPO um Zentrum 2, h R-SPO um Zentrum 1, i rechtläufige
Orbits um Zentrum 1 und k rechtläufige Orbits um beide Zentren. Ferner werden in der
Klasse l R-SPO, die aber im Intertialsystem beide Zentren rechtläufig umkreisen und in
der Klasse m R-SPO, die sich auch im Inertialsystem rechtläufig um beide Zentren bewe-
gen, zusammengefasst. Allerdings werden die Orbits nicht alleinig nach Umlaufsinn (im
mitrotierenden System bzw. im Inertialsystem) und Umlaufzentrum klassifiziert, sondern
noch nach (speziellen) asymptotischen Verhalten der entsprechenden periodischen Familie
oder Symmetrie bezüglich der y-Achse. Bei der Klassifikation wird stets an eine bestimmte
Orbitfamilie des RTBP gedacht. Orbits der Klasse r sind beispielsweise zur x- und zur
y-Achse symmetrische R-SPO, welche L4 und L5 , aber nicht die beiden Zentren umlaufen
(siehe Orbits 20-22 unten in Abbildung 4.4 auf Seite 47). Da sich Hénon in [30] auf den
Fall µ = 1/2 beschränkte, schloss er die Klassen d und e aus, weil im Kopenhagen-Problem
keine stabilen Trojaner-Orbits vorkommen. Zusätzlich modifizierte und erweiterte er aber
noch die Klassifikation, um seine neu entdeckten Orbits subsumieren zu können. Als Re-
1
d.h. Kollisionsorbits oder Orbits ungebundener Bewegung sind dabei ausgeschlossen.

19
KAPITEL 2. KLASSIFIKATION DER GEBUNDENEN ORBITS 20

sultat spricht Hénon in [30] (und die ihn zitierende Literatur) von 22 Klassen a, b, c, f , g,
h, i, k, l, m, n, o, r, s, t, u, v, w, x, y, z, c∞ , welche ausführlich in [51] diskutiert werden.

Anmerkung
Hénon schreibt in [33]: ... une classification complète des orbites paraı̂t absolument impos-

sible“. Die historisch gewachsene Klassifikation ist mit bestimmten Orbits assoziiert und
wurde bei Entdeckung unbekannter Orbits erweitert. Es ist bekannt, dass diese Standard-
Klassifikation nicht eindeutig ist - einige Orbits können beispielsweise zwei Klassen zu-
geordnet werden [52]. In dieser Arbeit wird ein Orbit dann in die Klassifikation Hénons
eingeordnet, wenn er einer der bekannten Klassen (a, b, c, . . .) eindeutig zugeordnet
werden kann.

2.2 Motivation
Die Orbitklassifikation Hénons bezieht weder quasiperiodische noch chaotische Orbits mit
ein und beschränkt sich auf simple periodic orbits. Ferner wurden in dieser Arbeit viele
periodische Orbits gefunden, die sich nicht mit Hénons Klassifikation subsumieren lassen
(z.B. im Fall, dass der Orbit keine eindeutige Umlauforientierung besitzt).

In diesem Abschnitt wird eine automatisierbare Orbitklassifikation für gebundene Be-


wegung im RTBP eingeführt. Sie ist einerseits gröber als Hénons, weil nur die beiden
Hauptkörper und nicht die Lagrange-Punkte als Zentren aufgefasst werden, und anderer-
seits allgemeiner, da auch quasiperiodische und chaotische Orbits subsumiert werden.
Sie wird für die Orbit-Type-Diagrams benötigt, die in folgenden Kapiteln diskutiert wer-
den.
Im Abschnitt 2.5 wird dem Leser ein Überblick über die Klassifikation anhand von Bei-
spielorbits gegeben, welche den folgenden formalen Teil motivieren, aber dennoch dem
Definitions-Teil folgen sollten.

2.3 Umlaufsinn
Gegegeben sei ein Orbit, der bei t = 0 beginnt und bei t = T endet. Die Bahn lasse
sich durch die Phasenraumkoordinaten Pj (t) = (φj (t), φ̇j (t), rj (t), ṙj (t)) parametrisieren,
wenn (rj (t) 6= 0, φj (t) ∈] − π, π]) Polarkoordinaten bezüglich der beiden Zentren j = 1, 2
darstellen2 .
Um einen Umlaufsinn um die Zentren zu definieren, werden Durchgänge durch die zweifach
gelochte x-Achse S = {(x, y = 0) | µ 6= x 6= 1 − µ} betrachtet.
Wenn tk den Zeitpunkt des k-ten Durchgangs durch S bezeichnet (y(tk ) = 0 und ẏ(tk ) 6=
0), dann lassen sich die Durchstoßwinkelgeschwindigkeiten mit

φ̇kj = φ̇j (t = tk ), k = 0, . . . , N (2.1)


2
Zur Parametrisierung genügt ein Satz Polarkoordinaten. Da wir aber Informationen bezüglich beider
Zentren aufsammeln wollen, wird die angegebene redundante Darstellung verwendet.
KAPITEL 2. KLASSIFIKATION DER GEBUNDENEN ORBITS 21

definieren. Ein Halb-Umlaufsinn σjk des Trajektorienstücks bezüglich des j-ten Zentrums
zwischen zwei sukzessiven Schnitten mit der x-Achse läßt sich aus der Summe der Vor-
zeichen der entsprechenden Winkelgeschwindigkeiten definieren:
1
σjk = (sgn(φ̇kj ) + sgn(φ̇k−1
j )), 1 ≤ k ≤ N. (2.2)
2
Die σjk können nur die Werte +1, −1 und 0 annehmen:

Halb-Umlaufsinn positiv: σjk = +1, (2.3)


Halb-Umlaufsinn negativ: σjk = −1, (2.4)
Halb-Umlaufsinn effektiv null: σjk = 0. (2.5)

Positiv soll dabei rechtläufig (gleichsinnig), negativ retrograd (rückläufig) bezüglich des
mitrotierenden Koordinatensystems bedeuten. Abbildung 2.1 veranschaulicht die Bedeu-
tung der σjk anhand eines Beispiels. Die Halb-Umlaufsinne für das gezeigte Trajektori-
enstück sind bezüglich des ersten Zentrums Null (σ1k = 0) und bezüglich des zweiten Eins
(σ2k = +1).

Abbildung 2.1: Veranschaulichung der σjk .


Beim k − 1-ten Durchstoßpunkt gilt: φ̇1 <
k−1 k
0 und φ̇2 > 0. Beim k-ten Durchstoßpunkt
x
gilt: φ̇1 > 0 und φ̇2 > 0. Damit folgt nach
1 2
(2.2) σ1k = (−1+1)/2 = 0 und σ2k = (+1+
1)/2 = +1
Vier Haupt-Orbitklassen sollen im Folgenden anhand der σ-Folgen σ11 , σ12 , σ13 , . . . und
σ21 , σ22 , σ23 , . . . definiert werden.

Der Beispielorbit in Abbildung 2.2 wird ausschließlich durch positive Halb-Umlaufsinne


bezüglich des ersten Zentrums (σ1k = +1, +1, +1, . . .) und verschwindende Halb-Umlaufsinne
bezüglich des zweiten Zentrums (σ2k = 0, 0, 0, . . .) beschrieben.

x
Abbildung 2.2: Beispielorbit mit eindeu-
1 2
tiger positiver Orientierung bezüglich Zen-
trum 1.
Zentrum 1 wird eindeutig mit positiver Orientierung umlaufen. Deswegen
P istPdie Summe
über die σ1k mit σ1k = +1 und die Summe über alle σ1k identisch: k σ1k = {σk =+1} σ1k .
P 1
Außerdem verschwindet die Summe bezüglich des zweiten Zentrums: k σ2k = 0. Der Bei-
spielorbit veranschaulicht, dass die σ2k dann identisch verschwinden, wenn keine effektive
Bewegung um Zentrum 2 vorliegt.

Da die Orbitklassifikation nach derartigen eindeutigen Orientierungen bezüglich der bei-


den Zentren strukturiert sein soll, lassen sich die Klassen durch Vergleich der folgenden
KAPITEL 2. KLASSIFIKATION DER GEBUNDENEN ORBITS 22

drei Summen definieren:


X
Σj = σjk ,
k
X
Σ+
j = σjk , (2.6)
{σjk =+1}
X
Σ−
j = σjk ,
{σjk =−1}

wobei sich die Summen von k = 1 bis zu einem N ∗ erstrecken.

Periodische Symbolfolge
Treten die σjk periodisch auf, so wähle man das N ∗ als Länge der Periode. Die σjk sind
nicht ausschließlich bei periodischen Trajektorien periodisch. Da man sich quasiperiodi-
sche Orbits als Schwingungen um periodische vorstellen kann, werden im generischen Fall
ebenfalls quasiperiodische Trajektorien durch periodische Symbolfolgen der σjk beschrie-
ben werden.

Aperiodische Symbolfolge
Die drei x-Achsen-Abschnitte links des 1. Zentrums, zwischen den Zentren und rechts des
2. Zentrums sind für die Wahl von N ∗ bei aperiodischer Symbolfolge wichtig, weil mit
ihnen zwei Hilfsgrößen eingeführt werden sollen:
Der x-Achsen-Abschnitt des ersten (Index k = 0) x-Achsen-Durchgangs wird mit X0
bezeichnet, und der Index k > 0, der dem letzten x-Achsen-Durchgang des Orbits durch
X0 entspricht, nennen wir k ∗ . Sollte der Orbit nur einmal X0 schneiden, sei k ∗ (formal)
undefiniert.
Bei aperiodischer Folge der σjk wird N ∗ > 0 dem letzten x-Achsen-Durchgang entspre-
chend gesetzt, der aber in dem x-Achsen-Abschnitt des ersten x-Achsen-Durchgangs (X0 )
liegen muss.
Dies zusammenfassend bedeutet:
½
∗ p, wenn die Symbolfolge der σ k p-periodisch ist
N = (2.7)
k ∗ , sonst,

wobei das Tupel σ k ≡ (σ1k , σ2k ) genau dann p-periodisch genannt wird, wenn es im Rahmen
der Beobachtung über N Achsen-Durchgänge eine Sequenzwiederholung σ 1 , . . . , σ p in den
σ k gibt:

∃(1 ≤ q ≤ N/2) : ∀(k, 1 ≤ k ≤ N − q) : σ k = σ k+q . (2.8)

Die Periode p sei dann gegeben durch:

p = min{ q | ∀k : σ k = σ k+q }. (2.9)


KAPITEL 2. KLASSIFIKATION DER GEBUNDENEN ORBITS 23

Bemerkung zur Wahl von N ∗


Abbildung 2.3 illustriert den Grund dafür, dass es nicht sinnvoll ist, im Fall aperiodischer
Symbolfolgen der σ k stets über alle σjk von k = 1 bis k = N in (2.6) zu summieren.

Abbildung 2.3: Die Folge der σ1k zum


gezeigten Orbit lautet: −1, 0, 0, 0, . . ., die
Folge bezüglich des zweiten Zentrums σ2k
lautet: 0, +1, +1, +1, . . . Beide Folgen und
damit die σ k sind aperiodisch. Mit der
Wahl von N ∗ = N würde der Orbit der
x
Klasse 3d zugeordnet werden, was unge-
1 2
wollt wäre und vermieden werden kann
(siehe Text).
k
Die Symbolfolge der σ1 zum gezeigten Orbit lautet: −1, 0, 0, 0, . . ., wohingegen die Folge
bezüglich des zweiten Zentrums σ2k lautet: 0, +1, +1, +1, . . .. Mit der Wahl N ∗ = N würde
der diskutierte Orbit wegen Σ1 = Σ− +
1 und Σ2 = Σ2 der Orbitklasse 3d zugeordnet werden,
welche Orbits mit eindeutiger Orientierung um beide Zentren subsumieren soll. Da sich
der Orbit aber nicht vollständig um das erste Zentrum windet, wäre diese Zuordnung
offensichtlich unangemessen. Ebenfalls nicht sinnvoll erscheint eine Zuordnung zu einer
der anderen Orbitklassen.
Verlangt man, dass der erste x-Achsen-Abschnitt X0 ein zweites Mal durchstoßen werden
muss, können Orbits wie der in Abbildung 2.3 formal (oder im Computerprogramm) da-
durch erkannt werden, dass N ∗ undefiniert ist. In diesem Fall wird der untersuchte Orbit
der Klasse 0 zugeordnet.

Eine Trajektorie denkt man sich also aus maximal drei Teilen bestehend. Im Fall nicht-
periodischer σ k sind dies: das Anfangsstück 0 ≤ t < t0 bis zum ersten x-Achsen-Durchgang,
ein Mittelstück von Achsen-Durchgängen von t = t0 bis t = tN ∗ und der Schlussteil
(tN ∗ < t ≤ T ). Wenn es sich um eine periodische Trajektorie im obigen Sinne handelt, ist
das Mittelstück nur durch eine volle Periode gegeben, das Reststück ist dann im Allge-
meinen sehr groß, enthält aber keine zusätzliche Information.
Die Zerlegung nach (2.6) bietet nun die Möglichkeit, quasiperiodische oder chaotische Tra-
jektorien, deren Verhalten nur für ein endliches Zeitintervall (und approximativ) bekannt
ist, zu klassifizieren.

2.4 Orbitklassen
Die folgende Einteilung von vier Orbitklassen bezüglich zweier Zentren zu insgesamt 12
Unterklassen erlaubt es, alle denkbaren regulären Trajektorien zu erfassen. Zweck ist ei-
ne automatisierbare Klassifizierung, welche in der vorgelegten Arbeit speziell für die im
nächsten Kapitel definierten Orbit-Type-Diagrams benötigt wird.

Die Einteilung der 12 Klassen beinhaltet allerdings nicht die folgenden zwei Ausnahmen:
KAPITEL 2. KLASSIFIKATION DER GEBUNDENEN ORBITS 24

• Für den Fall, dass der erste durchstoßene x-Achsen-Abschnitt X0 kein zweites Mal
durchstoßen wird (N ∗ undefiniert), sei die Trajektorie formal der Orbitklasse 0 zuge-
ordnet. Ein Beispielorbit haben wir bereits in Abbildung 2.3 diskutiert. Bei gebun-
denen Bewegungen im RTBP, für die hier die Orbitklassen eingeführt werden sollen,
besitzt dieser Fall wenig Relevanz und ist auch bei den gezeigten Untersuchungen
für gebundene Orbits nicht aufgetreten.

• Für den relevanten Fall, dass die Trajektorie gar nicht die x-Achse schneidet (z.B.
bei Trojaner-Orbits), sei die Trajektorie der Orbitklasse 4 (Orbit um keines der
Zentren) zugeordnet. Ein Beispielorbit zeigt Abbildung 2.4.

(4) Abbildung 2.4: Die Trajektorie schneidet


niemals die x-Achse. Formale Zuordnung
1 2 x zu Orbitklasse 4.

Klasse 1 (Orbit um Zentrum 1): Σ1 6= 0, Σ2 = 0


Klasse 1a (Umlaufsinn positiv): Σ+
1 = Σ1

Klasse 1b (Umlaufsinn negativ): Σ−


1 = Σ1

Klasse 1c (Umlaufsinn uneindeutig): Σ+ −


1 6= Σ1 6= Σ1

Klasse 2 (Orbit um Zentrum 2): Σ1 = 0, Σ2 6= 0


Klasse 2a (Umlaufsinn positiv): Σ+
2 = Σ2

Klasse 2b (Umlaufsinn negativ): Σ−


2 = Σ2

Klasse 2c (Umlaufsinn uneindeutig): Σ+ −


2 6= Σ2 6= Σ2

Klasse 3 (Orbit um beide Zentren): Σ1 6= 0 6= Σ2


Klasse 3a (Umlaufsinn positiv): Σ+ +
1 = Σ1 und Σ2 = Σ2

Klasse 3b (Umlaufsinn negativ): Σ− −


1 = Σ1 und Σ2 = Σ2

Klasse 3c (positiv und negativ): Σ+ −


1 = Σ1 und Σ2 = Σ2

Klasse 3d (negativ und positiv): Σ− +


1 = Σ1 und Σ2 = Σ2
KAPITEL 2. KLASSIFIKATION DER GEBUNDENEN ORBITS 25

Klasse 3e (uneindeutig): Σ+ − + −
1 6= Σ1 6= Σ1 oder Σ2 6= Σ2 6= Σ2

Klasse 4 (Orbit effektiv um keine der Zentren): Σ1 = Σ2 = 0


Die Klassendefinitionen lassen sich in einer Tabelle zusammenfassen:

Σ1 = 0 Σ1 6= 0
Σ+
1 = Σ1 Σ−
1 = Σ1 Σ+ −
1 6= Σ1 6= Σ1
Σ2 = 0 4 1a 1b 1c
Σ+
2 = Σ2 2a 3a 3d 3e
Σ2 6= 0 Σ−
2 = Σ2 2b 3c 3b 3e
Σ2 6= Σ2 6= Σ−
+
2 2c 3e 3e 3e

Tabelle 2.1: Die zwölf Orbitklassen in der Übersicht.

2.5 Beispielorbits
Die folgenden Abbildungen zeigen Beispielorbits mit zugehöriger Sequenz der σjk für die
symbolisch eingeführten Orbitklassen. Geschweifte Klammern {} zeigen die sich wieder-
holende Sequenz an. Zusätzlich sind zu jedem Orbit Folgen aus Ls, Rs und Os angegeben.
Die Ls sind dabei mit σjk = +1 (bzw. rechtläufiger Bewegung) und die Rs mit σjk = −1
(bzw. retrograder Bewegung) assoziiert. Ein O in der Symbolfolge entspricht σjk = 0. Die
Notation mit den Ls, Rs und Os wird in folgenden Kapiteln verwendet.

Die Summen in Abbildung 2.5 gemäß (2.6) setzen sich folgendermaßen zusammen:
1a: Σ1 = +1 + 1 + 1... = Σ+
1, Σ2 = 0 + 0 + 0... = 0, (2.10)

1b: Σ1 = −1 − 1 − 1... = Σ1 , Σ2 = 0 + 0 + 0... = 0, (2.11)
+
1c: Σ1 = −1 + 0 {+1 + 1 + 1}... = Σ1 − 1, Σ2 = 0 + 0 + 0... = 0. (2.12)

1a 1b
1 2 x 1 2 x

1c
1 2 x

Abbildung 2.5: Beispieltrajektorien für die Orbitklassen 1a, 1b und 1c. Zugehörige Sym-
bolfolgen bezüglich σ1 und σ2 : Klasse 1a: {L},{O}. 1b: {R},{O}. 1c: ROLLL. . . ,{O}.
KAPITEL 2. KLASSIFIKATION DER GEBUNDENEN ORBITS 26

Die Summen für Abbildung 2.6 lauten:

2a: Σ1 = 0 + 0 + 0... = 0, Σ2 = +1 + 1 + 1... = Σ+


2, (2.13)
2b: Σ1 = 0 + 0 + 0... = 0, Σ2 = −1 − 1 − 1... = Σ−
2, (2.14)
2c: Σ1 = 0 + 0 + 0... = 0, Σ2 = −1 + 0 {+1 + 1 + 1}... = Σ+
2 − 1. (2.15)

2a 2b
1 2 x 1 2 x

2c
1 2 x

Abbildung 2.6: Beispieltrajektorien für die Orbitklassen 2a, 2b und 2c. Zugehörige Sym-
bolfolgen bezüglich σ1 und σ2 : Klasse 2a: {O},{L}. 2b: {O},{R}. 2c: {O}, ROLLL. . ..

Die Summen für die Klassen 3a bis 3e (Abbildung 2.7) lauten3 :

3a: Σ1,2 = Σ+
1,2 = +1 + 1 + 1..., (2.16)
3b: Σ1,2 = Σ−
1,2 = −1 − 1 − 1..., (2.17)

3c: Σ1 = Σ+ −
1 = {+1 + 0 + 0 + 1}..., Σ2 = Σ2 = {0 − 1 − 1 + 0}..., (2.18)
3d: Σ1 = Σ− +
1 = {−1 + 0 + 0 − 1}..., Σ2 = Σ2 = {0 + 1 + 1 + 0}..., (2.19)

+,−
3e: Σ1 = Σ2 = −1 + 0 {+1 + 1 + 1}... = Σ+
1,2 − 1 6= Σ1,2 . (2.20)
3
Der erste Achsen-Durchgang bei den Orbits der Klassen 3c und 3d wurde links des ersten Zentrums
angenommen.
KAPITEL 2. KLASSIFIKATION DER GEBUNDENEN ORBITS 27

3a 3b
1 2 x 1 2 x

3c 3d
1 2 x 1 2 x

3e
1 2 x

Abbildung 2.7: Beispieltrajektorien für die Orbitklassen 3a, 3b, 3c, 3d und 3e. Zu-
gehörige Symbolfolgen bezüglich σ1 und σ2 : Klasse 3a: {L},{L}. 3b: {R},{R}. Der erste
Achsen-Durchgang bei den Orbits der Klassen 3c und 3d wurde links des ersten Zen-
trums angenommen. Dann lauten die Symbolfolgen für 3c: {LOOL},{ORRO} und für 3d:
{ROOR},{OLLO}. 3e: ROLLL. . ., ROLLL. . ..

Im Beispiel der Orbitklasse 4 schließlich (Abbildung 2.8) setzen sich beide Summen nur
aus Nullen zusammen:

Σ1 = Σ2 = +0 + 0 + 0... = 0

4
1 2 x

Abbildung 2.8: Beispieltrajektorie für die Orbitklasse 4. Zugehörige Symbolfolgen


bezüglich σ1 und σ2 : {O},{O}
Kapitel 3

Orbit-Type-Diagrams

Dissipative Systeme laufen auf einen von manchmal mehreren Attraktoren zu, abhängig
davon, unter welchen Anfangsbedingungen das System angestoßen wurde. Normalerweise
vergisst das System im Laufe der Zeit den Anfangszustand, und es stellt sich im Limes
t → ∞ nur noch die Frage, welcher der Attraktoren angelaufen wurde.
Prominentes Beispiel ist das Dreifach-Magnetpendel unter Miteinbeziehung von Reibung,
bei welchem drei Magneten in einem gleichseitigen Dreieck angeordnet sind und sich
die Frage stellt, über welchem Magneten das Pendel schließlich zum Stehen kommt. Die
Einzugsgebiete der drei Magnete bilden komplizierte Ränder aus, welche auf den ersten
Blick selbst-ähnlich zu sein scheinen, aber es streng genommen nicht sind, weil sie sich
bei ausreichender Vergrößerung als glatt herausstellen [53].
Die Ausbildung fraktaler oder fraktal-ähnlicher Strukturen ist generisch für nicht-integrable
Systeme [22, 54].
Da nicht-integrable konservative Systeme nicht auf einen Attraktor zulaufen, sind Unter-
suchungen bezüglich möglicher Bewegungstypen (z.B. in Bifurkationsdiagrammen) in den
meisten Fällen zeitaufwendiger als bei dissipativen.
Bei nicht-integrablen Systemen gibt es im Allgemeinen kein Kriterium, invariante Mengen
unterschiedlicher Typen (z.B. Orbit-Typen) voneinander abzugrenzen. Indes gibt es eine
Vielzahl von verschiedenen Methoden abzuschätzen, wie sich eine Trajektorie in ferner
Zukunft entwickelt.
Ein guter Überblick der Geschichte solcher meist störungstheoretischer Ansätze ist für das
System Sonne-Erde-Mond in [55] (siehe auch Referenzen dort) zu finden. In neuerer Zeit
finden sich allerdings auch raffiniertere nicht-störungstheoretische Methoden, wie etwa die
Frequency-Map-Analyse [56, 57].
Die bislang qualitativ stärkste Methode ist direkte Integration. Deswegen wird diese,
wenn möglich, meist dazu benutzt, andere Methoden zu testen. Ein Problem der direkten
Integration ist, dass sie für gewöhnlich ungleich mehr CPU-Zeit gegenüber anderen Me-
thoden verschlingt. Dank der exponentiellen Entwicklung der Computergeschwindigkeit
und der Fortentwicklung und Standardisierung numerischer Methoden der letzten Jahr-
zehnte [58, 59], können heutzutage viele niedrigdimensionale Systeme komfortabler auch
über große Zeiträume zuverlässig direkt integriert werden. Dies ermöglicht hochauflösende
Scans von Parameterräumen, wie etwa den Orbit-Type-Diagrams (OTD), die im nächsten
Abschnitt definiert und in weiteren Abschnitten diskutiert werden sollen.

28
KAPITEL 3. ORBIT-TYPE-DIAGRAMS 29

3.1 Definition
In dieser Arbeit werden verschiedene Typen von Orbit-Type-Diagrams eingeführt, die
den Zweck haben, einen Einblick in die Komplexität und Dynamik des RTBP zu geben.
Prinzipiell werden dabei das Testteilchen mit bestimmten Anfangsbedingungen gestar-
tet und die Bewegungsgleichungen für eine bestimmte Zeit integriert, bis der Typ des
Orbits abgeschätzt werden kann. Die Bewegungsformen werden grob in gebundene Or-
bits, Escape-Orbits und Crash-Orbits unterteilt. Dabei werden endliche Ausdehnungen
des (Sonnen)-Systems und der Hauptkörper vorausgesetzt.

3.1.1 Gebundene Orbits


Bleibt das Testteilchen während der Zeit ttimeout innerhalb der Scheibe mit Radius RSystem
und Mittelpunkt im Ursprung, wird der Orbit als gebunden angenommen (siehe dazu
Abbildung 3.2).
Die Motivation dieser künstlichen Systemgrenze liegt einerseits in der prinzipiellen Ein-
fachheit der Implementation und andererseits in dem Wunsch, das RTBP weniger als
(reziprokes) Streuproblem zu sehen, sondern mehr die inneren Bewegungsformen zu un-
tersuchen. Die inneren Bewegungsformen werden gemäß Kapitel 2 nach 12 Unterklassen
klassifiziert. Gebundene Orbits um Masse 1 werden in den Farben { } (Klasse 1a),
{ } (Klasse 1b) und { } (Klasse 1c), gebundene Orbits um Masse 2 in den Farben
{ } (Klasse 2a), { } (Klasse 2b) und { } (Klasse 2c) eingefärbt. Die Orbitklasse 3a
ist in der Farbe { }, 3b in { }, 3c in { }, 3d in { }, 3e in { }, und Orbitklasse 4
ist orange { } dargestellt. Grau { } bedeutet physikalisch verboten (oder Orbitklasse
0) und wird explizit im Text erwähnt.
Die verschiedenen Farbtöne der Orbitklassen sind in Abbildung 3.1 zusammengefasst.

C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c
3a 3b 3c 3d 3e 4 0
Abbildung 3.1: Kolorierung der Crash-Orbits bezüglich Zentrum 1 (C1) und Zentrum 2
(C2) und der Orbitklassen 0 bis 4 mit Unterklassen.
KAPITEL 3. ORBIT-TYPE-DIAGRAMS 30

Außerhalb: Ungebundene Bewegung angenommen

RSystem Abbildung 3.2: Einteilung der Bewe-


gungsformen: 1. Gebundene Orbits: Test-
Testteilchen teilchen entfernt sich während der Zeit
ttimeout nicht weiter vom Koordinatenur-
sprung als Rsystem . 2. Escape-Orbits: Die
Hauptmassen
(Crash möglich) Scheibe (violett) wird zu einem Zeitpunkt
tescape < ttimeout verlassen (zum blauen
Innerhalb: Gebundene Bewegung möglich Bereich). 3. Kollision: Crash mit einem
der beiden Hauptkörper mit den Radien
(RM1,2 ) (gelb und grün). Dargestellt ist
der Kopenhagen-Fall gleicher Hauptmas-
sen im Inertialsystem.

3.1.2 Escape-Orbits
Verläßt das Testteilchen zu einem Zeitpunkt tescape < ttimeout die Scheibe mit Radius
RSystem (siehe Abbildung 3.2), wird die Integration gestoppt und der Startpunkt blau
eingefärbt. Der Blau-Ton wird anhand von tescape gewählt: Dunkelblau entspricht einem
kleinen Wert von tescape , Hellblau einem großen. Die Blau-Töne werden durch angegebene
Skalen genau zugeordnet.
In diesem Fall wird der Orbit als Escape-Orbit bezeichnet.

Natürlich lassen sich zu jedem Wert von Rsystem gestörte aber stabile Kepler-Orbits finden,
die außerhalb der Scheibe mit Radius Rsystem verlaufen. Deswegen können Escape-Orbits
nur bezüglich obiger Definition als ungebunden bezeichnet werden.

3.1.3 Kollisionsorbits
In der (mathematischen) Literatur werden Kollisionen im RTBP oft als elastische Stöße
mit den infinitesimalen Zentren modelliert [60, 61], wodurch z.B. periodische Kollisionsor-
bits auftreten. Wird eine Kollision als inelastisch angenommen, endet ein Kollisionsorbit
in einer der infinitesimalen Zentren. Die Voraussetzungen solcher binary collisions im
RTBP wurden ebenfalls in der Literatur untersucht [62, 63].

In dieser Arbeit werden endliche Hauptkörperausdehnungen betrachtet: Schneidet das


Testteilchen den Rand einer der Hauptkörper-Scheiben, wird die Integration gestoppt
und der Startpunkt im OTD in der Farbe { } (Zentrum 1, Radius RM1 ) oder in der
Farbe { } (Zentrum 2, RM2 ) eingefärbt (siehe Abbildung 3.2). In diesem Fall wird der
Orbit als Crash- oder Kollisions-Orbit bezeichnet.
KAPITEL 3. ORBIT-TYPE-DIAGRAMS 31

3.1.4 Systemparameter
Die Orbit-Type-Diagrams besitzen also folgende Systemparameter:

• Mindesteinschlusszeit: ttimeout

• System-Radius: Rsystem

• Radien der Hauptkörper: RM1 , RM2

Je größer die Werte von ttimeout und Rsystem gewählt werden, um so plausibler werden die
obigen Definitionen. Die Algorithmen zur Berechnung der Orbit-Type-Diagrams benutzen
für ttimeout Werte von 1000, bzw. 10000 Zeiteinheiten. Dabei entspricht eine Zeiteinheit
1/2π Hauptkörperperioden, welche man sich als Jahre denken kann. Diese Jahre sind aber
nicht mit den Umlaufperioden T des Testteilchens selbst zu verwechseln, welche bei weit
von den Zentren entfernten Orbits wesentlich größer sein können. Im Grenzfall großer
Abstände sieht das Testteilchen nur noch ein Kepler-Potential im Ursprung, was die Ska-
lenfreiheit des dritten Keplerschen Gesetzes T 2 = 4π 2 a3 zur Folge hat, wobei a die große
Halbachse der Kepler-Ellipse bezeichnet.

Bei den diskutierten Orbit-Type-Diagrams wird, wenn nicht anders angegeben, ein System-
Radius von Rsystem = 10 verwendet. Die verwendeten Werte von ttimeout und Rsystem haben
sich als angemessen herausgestellt, will man die inneren Bewegungsformen des RTBP un-
tersuchen und sind nicht mit Keplers dritten Gesetz verknüpft, das näherungsweise für
die äußeren gestörten Kepler-Orbits gilt.
Eine wesentlich kleinere Wahl von ttimeout als ttimeout = 10000 vergröbert die Stabilitäts-
grenzen der später diskutierten Orbit-Type-Diagrams. Die obere Grenze von ttimeout wird
durch die Rechengeschwindigkeit bestimmt.
In Kapitel 7 werden die Abhängigkeiten der Orbit-Type-Diagrams von diesen Parametern
genauer diskutiert.

3.1.5 Radien der Hauptkörper


Um die Anzahl der zusätzlichen freien Parameter durch Einführung endlicher Massen-
ausdehnungen der Hauptkörper zu minimieren, wird hier ein einfacher Zusammenhang
zwischen den Radien der Hauptkörper angegeben, der im Folgenden stets benutzt wird:
1
RM2 = (2µ) 3 RM1 , (3.1)

wobei RM1 = (7/7.8) · 10−4 .

• Der Faktor 2 in (3.1) garantiert RM2 = RM1 für µ = 1/2. Die Dichten der Hauptkörper
werden insofern als gleich angenommen.

• Die Potenz 1/3 soll den Sachverhalt nachbilden, dass der Radius eines Planeten mit
der dritten Wurzel seiner Masse skaliert.
KAPITEL 3. ORBIT-TYPE-DIAGRAMS 32

• Mit der Wahl von RM1 = (7/7.8)·10−4 ≈ 8.97·10−5 wird (willkürlich) das Verhältnis
Einheitslänge (Abstand der beiden Hauptmassen) zu RM1 ins Verhältnis der Distanz
Sonne-Jupiter (Annahme 7.8 · 108 km) zum Jupiter-Radius (Annahme 7 · 104 km)
gesetzt.

• Für das Sonne-Jupiter-System mit µ = 1/1048.355 folgt damit RM2 = 1.11 · 10−5
bzw. für das Verhältnis der Hauptkörper-Radien RM2 /RM1 ≈ 1/8, welches in der
Größenordnung des realen Wertes RJupiter /RSonne ≈ 1/10 liegt.

3.2 Stability-Diagrams
In der astrophysikalischen Literatur werden komplexe Einzugsgebiete und Capture-Con-
ditions [64] im RTBP mit zusätzlichen Kräften wie der sogenannten Dynamical Friction
[14, 15], sowie einigen anderen physikalisch relevanten Zusatztermen untersucht [65]. Dabei
wird oft Bezug auf die sogenannten Stability-Diagrams genommen, die in den Arbeiten von
Hénon und Jefferys diskutiert werden [30, 33, 50]. In diesen wird die Anfangsbedingung

y = ẋ = 0, ẏ > 0 (3.2)

benutzt, d.h. das Testteilchen wird auf der x-Achse (y = 0) senkrecht zu dieser (ẋ = 0)
in positiver y-Richtung (ẏ > 0) gestartet. Als freie Parameter werden x und die Energie
E gewählt, so dass ẏ festgelegt ist. Aus (3.2) und der Energiegleichung (1.9) folgt dann
p
ẏ(x, E) = + 2(E − VJ (x, 0)). (3.3)

Abbildung 3.3 zeigt den direkten Vergleich zwischen dem Stability-Diagram (links) und
dem entsprechenden OTD (rechts) für das Kopenhagen-Problem (µ = 1/2). Beim Stability-
Diagram wird anstatt der Energie E die Jacobi-Konstante C = −2E verwendet, und die
dargestellte x-Achse ist um +0.5 Einheiten gegenüber der des hier eingeführten mitro-
tierenden Koordinatensystems verschoben. Deswegen entspricht der gezeigte Ausschnitt
X = +0.5 . . . − 0.73, C = 1.0 . . . 5.0 (links) dem Wertebereich x = +1.0 . . . − 0.23, E =
−0.5 . . . − 2.5 (rechts).
Der hell-schraffierte Bereich im Stability-Diagram entspricht gebundener Bewegung (sta-
bile Orbits), im weißen Bereich sind die Orbits instabil, und der dunkel-schraffierte Bereich
ist physikalisch verboten. Diese Verbotszonen sind durch den Bereich des negativen Radi-
kanden aus (3.3) gegeben. Wird dieser dem entsprechend gleich Null gesetzt, erhält man
die Grenze der verbotenen Zone E0 in Abhängigkeit von x und µ:
1 1−µ µ
E0 (x, µ) = − x2 − − . (3.4)
2 |x + µ| |x − 1 + µ|

Abbildung 3.3 stammt aus einem Atlas für das RTBP von W. R. Jefferys von 1971 [50].
Dort werden ausführlich Trajektorien und Stability-Diagrams für dieses Problem disku-
tiert. Ursprünglich kam der Gedanke für (x, E)-Diagramme allerdings von Michel Hénon.
In dessen zweidimensionalen Karten zeichnete er Familien von (einfachen) periodischen
KAPITEL 3. ORBIT-TYPE-DIAGRAMS 33

Orbits (siehe auch Kapitel 2) ein [30], gab aber auch schon die Grenzen zwischen gebunde-
ner und ungebundener Bewegung an [33]. Der übernächste Abschnitt zeigt ein Stability-
Diagram von Hénon.

−2.5 2 0

V1 = −2.0

V2 = −1.73

−0.5
+1.0 +0.5 x −0.23

Abbildung 3.3: Links: Stability-Diagram aus [50] für das Kopenhagen-Problem. Der hell-
schraffierte Bereich indiziert stabile gebundene Orbits, der weiße Bereich zeigt instabile
Orbits an, und die dunkel-schraffierte Region stellt den physikalisch verbotenen Bereich
dar. Rechts: Das entsprechende OTD daneben. Hauptkörperradien Null: RM1,2 = 0. Start-
bedingung: y = ẋ = 0, ẏ > 0. Ausschnitt x = +1 . . . − 0.23, E = −0.5 . . . − 2.5 (von links
nach rechts und unten nach oben) von 256 × 276 Punkten. Die Null zeigt den Ursprung
bei x = 0, die Zwei den Sitz des zweiten Zentrums bei x = 1/2 an.

Im folgenden Abschnitt wird vorerst auf die Unterschiede des Orbit-Type-Diagrams in


Abbildung 3.3 (rechts) und dem Stability-Diagram von Jefferys (links) eingegangen.

3.2.1 Vergleich der Diagramme


Der Bereich der Farbe { } im Orbit-Type-Diagram entspricht gebundenen Orbits um
Masse 1, die Farben { }, { } und { } zeigen gebundene Orbits um Masse 2 an,
welche der stabilen hell-schraffierten Region in Abbildung 3.3 entsprechen. Die grauen
Bereiche sind die physikalisch verbotenen.
In Wahrheit (rechts in Abbildung 3.3) ist die stabile Zone in Abbildung 3.3 (links) nicht
zusammenhängend, sondern am unteren Ende gegliedert in Inseln. Die Ränder dieses
KAPITEL 3. ORBIT-TYPE-DIAGRAMS 34

Gebietes sind wesentlich zerklüfteter als von Jefferys dargestellt. Und er scheint sich auf
die Orbits beschränkt zu haben, die sich stabil um den zweiten Hauptkörper (Farben
{ }, { } und { }) bewegen. Die stabile Region in der Farbe { } in Abbildung
3.3 (rechts) fehlt bei Jefferys.
Außerdem folgt aus Gründen der Symmetrie, dass der verbotene Bereich, jeweils rechts
in den Bildern, symmetrisch bezüglich X = −0.5, bzw. x = 0 sein muss (bei linearer
Skalierung der Bilder). Dies ergibt sich sofort aus Gleichung (3.4), denn es gilt E0 (x, µ) =
E0 (−x, 1 − µ), und für µ = 1/2 folgt sofort E0 (x, 1/2) = E0 (−x, 1/2). Diese Symmetrie
ist im Bild links verletzt.
Eine weitere Unstimmigkeit betrifft die Region, die im Bild rechts durch V1 und V2 mar-
kiert ist. An der Gestalt des Jacobi-Potentials erkennt man, dass das Testteilchen aus
dieser Region nicht entfliehen kann, weil es eingeschlossen ist. In Jefferys Diagramm gibt
es aber noch ungebundene Bewegung für C > 4, bzw. E < −2, was unmöglich ist, da
schon für C > 3.4, bzw. E < −1.73, zwischen L2 und L3 , und damit auch für den gezeigten
x-Achsen-Abschnitt, jede Bewegung in der Potentialmulde gefangen ist (siehe Abbildung
1.2 auf Seite 11, oben).
Tatsächlich erscheint diese Differenz folgenden Grund zu haben: Wird ausschließlich nach
nicht-chaotischen Orbits gesucht, bleibt dieser Bereich (fast) frei von derartig gebunde-
ner Bewegung, denn in diesem Bereich füllen die Trajektorien meist den ganzen Raum
aus und verhalten sich chaotisch, was später noch genauer diskutiert wird. Auch die (an-
schließend diskutierten) Stabilitätslinien Hénons in dessen (x, E)-Diagrammen beziehen
sich ebenfalls nur auf die nicht-chaotischen Trajektorien, die in seine Klassen der einfachen
periodischen Orbits passen. In [33] spricht er von einem (semi-)ergodischen Bereich.
Allerdings fehlen selbst unter diesem Gesichtspunkt z.B. die regulären grünen Inseln im
roten Meer, die nicht-chaotischer Bewegung entsprechen, wie wir im Folgenden noch sehen
werden.
Unter dem Gesichtspunkt, dass das Stability-Diagram von 1971 in einer Zeit entstand,
in der Begriffe wie fraktale Ränder oder Chaos unbekannt und die Computer ungleich
leistungsärmer als heute waren, sind die aufgezeigten Diskrepanzen insgesamt weniger als
gravierend anzusehen.

3.2.2 Stability-Diagram von Hénon


Abbildung 3.4 zeigt ein Stability-Diagram aus [33]. Obwohl das Diagramm in Abbildung
3.4 älter ist als das von Jefferys, gibt es die Situation besser wieder. Gezeigt ist der Bereich
in der (x, C)-Ebene x = +1 . . . − 3.2, C = −3 . . . + 6 (E = +1.5 · · · − 3). Der horizontal-
schraffierte Bereich indiziert stabile gebunde Orbits, der weiße Bereich zeigt instabile
Orbits an, und die vertikal-schraffierte Region stellt den physikalisch verbotenen Bereich
dar. Die stabile Region, durch welche zwei Linien (mit f - und g bezeichnet) gezeichnet
sind, entspricht der stabilen Zone in Abbildung 3.3 (links) von Jefferys bzw. den Regionen
der Farben { }, { } und { } aus dem Orbit-Type-Diagram aus Abbildung 3.3
(rechts). Die in Abbildung 3.3 (rechts) in der Farbe { }) bei dem Stability-Diagram der
Abbildung (links) fehlende stabile Region existiert in dem Diagramm von Hénon. Der
gepunktete Bereich entspricht der rot eingefärbten Region in Abbildung 3.3. Wie gesagt
handelt es sich dabei um chaotische gebundene Orbits.
KAPITEL 3. ORBIT-TYPE-DIAGRAMS 35

Abbildung 3.4: Stability-Diagram aus [33] für das Kopenhagen-Problem. Der (in dieser
gedrehten Darstellung) horizontal-schraffierte Bereich indiziert stabile gebundene Orbits,
der weiße Bereich zeigt instabile Orbits an, und die vertikal-schraffierte Region stellt den
physikalisch verbotenen Bereich dar. Ausschnitt: x = +1 . . . − 3.2, C = −3 . . . + 6.
KAPITEL 3. ORBIT-TYPE-DIAGRAMS 36

Periodische und quasiperiodische Orbits


Die stabilen Regionen entsprechen fast ausschließlich quasiperiodischen Orbits. Da im ge-
nerischen Fall zu jedem Energiewert wenigstens ein periodischer Orbit existiert, etwa bei
(xp , E), kann man sich die stabilen Regionen mit derartigen Linien periodischer Orbits
durchzogen denken. Abbildung 3.4 zeigt Beispiele solcher Kurven, welche nach der Orbit-
klassifikation von Hénon Orbits den Orbitklassen f, g, h, i, . . . entsprechen.
Durchgezogene Linien beschreiben stabile periodische Orbits, die am Übergang zu gestri-
chelten Kurven instabil werden. Anhand einiger Beispielorbits werden wir im nächsten
Kapitel derartige Bifurkationen nachvollziehen.

Beziehung zwischen periodischen Orbits


Wegen der Symmetrien des Kopenhagen-Problems existiert zu jedem periodischen Orbit
mit den x-Achsen-Schnittpunkten x1 > 0 (mit ẋ = 0, ẏ > 0) und x2 > 0 (mit ẋ = 0, ẏ <
0) ein spiegelsymmetrischer mit den Schnittpunkten −x1 (mit ẋ = 0, ẏ < 0) und −x2 (mit
ẋ = 0, ẏ > 0). Deswegen stehen die x-Positionen der Linien f und h periodischer Orbits
aus Abbildung 3.4 in der Beziehung xh = −xf + ∆xf , wenn ∆xf den Abstand zwischen
den x-Achsen-Schnittpunkten (∆xf = x2 − x1 > 0) eines Orbits der Klasse f bezeichnet.
Entsprechend hängen die Linien g und i miteinander zusammen: xi = −xg + ∆xg .
Für quasiperiodische Orbits, die den Großteil jeder stabilen Region ausmachen, oder chao-
tische Orbits (im gepunkteten Bereich), lassen sich keine spiegelsymmetrischen Orbits
mit der Schnittbedingung y = ẋ = 0, ẏ > 0 konstruieren. Später (in Kapitel 5) wer-
den Schnittbedingungen diskutiert, für die auch aperiodische Orbits spiegelsymmetrische
Partner besitzen.

−x1 −x2 y x2 x1

h f

1 2 x
Abbildung 3.5: Veranschaulichung der
Beziehung zwischen Orbits der Klassen f
und h. Erklärung siehe Text.
Auf die einzelnen Regionen in Abbildung 3.4 kommen wir im nächsten Kapitel genauer
zu sprechen. Es befasst sich mit einem detaillierteren, aber etwas kleineren Ausschnitt der
(x, E)-Ebene, wobei zusätzlich endliche Hauptkörperausdehnungen betrachtet wer-
den, d.h. die Möglichkeit von Kollisionen mit den Hauptkörpern wird miteingeschlossen.
Kapitel 4

Die (x, E)-Ebene für das


Kopenhagen-Problem

In diesem Kapitel wird ein Orbit-Type-Diagram für die (x, E)-Ebene im Kopenhagen-
Fall gleicher Hauptkörper präsentiert und die physikalische Bedeutung der auftretenden
Stabilitätsregionen anhand einiger Beispielorbits und deren Eigenschaften diskutiert. Des
Weiteren werden die sogenannten Crash-Basins untersucht, die Kollisionsorbits entspre-
chen.

4.1 Überblick
Abbildung 4.1 zeigt ein OTD für das Kopenhagen-Problem in der (x, E)-Ebene mit endli-
chen Hauptkörperausdehnungen, also Kollisionen miteingeschlossen. Der gezeigte Bereich
x = +2.0 . . . −3.5, E = +0.5 . . . −2.5 läßt sich mit Abbildung 3.4 vergleichen, ist aber
etwas kleiner. Escape-Orbits sind blau dargestellt (siehe Skala in Abbildung 4.1). Die
grauen Bereiche sind die physikalisch verbotenen.

37
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 38

−2.5

A C
V1
F
V2

B D

0.0

+0.5
+2.0 L2 +0.5 0 / L1 −0.5 E L3 x −3.5
C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 4.1: Orbit-Type-Diagram für das Kopenhagen-Problem in der (x, E)-Ebene.


Anfangsbedingung: y = ẋ = 0, ẏ > 0, Ausschnitt x = +2 . . . − 3.5, E = +0.5 . . . − 2.5
von 1024 × 768 Punkten. Hauptkörperradien: RM1,2 = 8.97 · 10−5 . Die Farbskala unter
dem Bild gibt die Farbkodierungen für Crash-Orbits bezüglich beider Zentren (C1 und
C2), die Orbitklassen der gebundenen Orbits (1a bis 4 und 0) und die Zeitskalen für
die Escape-Orbits (tescape ) an. Die Farbe Grau (Orbitklasse 0) indiziert zusätzlich den
physikalisch verbotenen Bereich. Erklärung siehe Text.

Große Regionen stabiler Bewegung


Die Bereiche der Farben { }, { } und { } entsprechen gebundenen Orbits um Masse
1, Regionen der Farben { }, { } und { } zeigen gebundene Orbits um Masse 2 an.
Die Region A, B, C und D bilden davon die größten stabilen Bereiche. Allerdings gibt es
einige Inseln der zugehörigen Orbitklassen 1a, 1b, 1c, 2a, 2b und 2c. Die Bereiche A und
C rechtläufiger Orbits sind kleiner als die Regionen B und D, welche retrograden Orbits
entsprechen.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 39

Rechtläufige und gegenläufige Orbits


Die Energie E im mitrotierenden System unterscheidet sich von der im Inertialsystem
EInertial um den Drehimpuls:

EInertial = E + L. (4.1)

Dem entsprechend liegen die rechtläufigen Orbits (mit L > 0) in Wahrheit energetisch
höher als die retrograden (mit L < 0), was zum Bild passt, dass Regionen retrograder
Orbits häufiger vorkommen als Bereiche rechtläufiger Orbits.

Regionen E und F
Die stabilen Regionen E und F entsprechen gebundenen retrograden Orbits (Klasse 3b,
Farbe { }) und verlaufen im großen Abstand von den Zentren um diese. Sie gehen für
größer werdende Abstände in Kepler-Orbits über.

Wichtige Marken
Die gestrichelten Kurven in Abbildung 4.1 bilden wichtige Marken:
Neben der Null-Linie auf der x-Achse (L1 ) und den beiden Positionen der Hauptkörper
bei x = +0.5 und x = −0.5 zeigen L2 und L3 die beiden entsprechenden x-Positionen der
Lagrangepunkte an. Tabelle 1.1 entnimmt man die expliziten Werte xL2,3 = ±1.198406145.
Des Weiteren sind die Energiemarken V1 = −2.0 und V2 ≈ −1.73 (siehe Abschnitt 1.4,
Seite 16) eingezeichnet.

Escape-Orbit-freie Region
In dem Rechteck von L2 bis L3 und V1 bis V2 gibt es keine Escape-Orbits, also keine blauen
Punkte. Entweder kollidiert das Testteilchen mit einem der Hauptkörper (Farben { }
oder { }), oder es treten gebundene Orbits auf. Durch das Verwenden ausgedehnter
Hauptkörper wandelt sich die rote chaotische Region gebundener Bewegung rechts in
Abbildung 3.3 vollständig in eine Crash-Region. Die chaotischen Trajektorien in diesem
Bereich füllen mit der Zeit den erlaubten Bereich im Konfigurationsraum aus, bis sie
ein Zentrum zu nahe passieren und mit einem Hauptkörper kollidieren. Später werden
wir genauer auf die zugehörigen Crash-Orbits schauen und den Einfluss der Orbit-Type-
Diagrams von den Hauptkörperradien diskutieren.
In diesem Bereich gibt es aber auch erstaunlich viele Inseln komplizierter gebundener
Bewegungsformen (Farben { }, { }, { }, { }) neben den großen Regionen ge-
bundener Bewegung der Bereiche A, B, C und D.

Quasiperiodische Orbits kleiner Inseln


Läuft eine Insel von Stabilität in E-Richtung spitz zu, liegen die entsprechenden qua-
siperiodischen Orbits aus dieser Region nahe ihrer Resonanz, weil die Stabilitätsregion
auf der E = const.-Linie schmal ist. In diesem Fall sind die quasiperiodischen Orbits
nur leicht im Ortsraum verschmiert. Andererseits lassen sich bei in x-Richtung breiten
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 40

Inselstücken auch quasiperiodische Orbits finden, die nicht eng an der Resonanz liegen.
Sie sind normalerweise breiter im Ortsraum verschmiert.

Diskussion einzelner Ausschnitte


Im Folgenden werden verschiedene Ausschnitte des Orbit-Type-Diagrams aus Abbildung
4.1 untersucht und anhand einiger Beispielorbits die Bedeutung der gezeigten Stabilitäts-
bereiche, Crash- und Escape-Regionen gezeigt. Periodische Orbits werden weiß im Konfi-
gurationsraum dargestellt. Sie müssen numerisch bestimmt werden1 und bilden die Zen-
tren der sie umgebenden quasiperiodischen Orbits. Quasiperiodische Orbits werden gelb-
lich im blau-schattierten Konfigurationsraum dargestellt.
Dabei werden in Tabellen folgende Eigenschaften der Orbits eines Abschnitts zusammen-
gefasst:

• Schnittpunkt im (x, E)-Diagramm


Bei periodischen Orbits wurde dabei der x-Wert bei fester Energie E numerisch
bestimmt.

• Symbolfolgen σ1 und σ2
Folge aus Ls, Rs und Os, die nach Kapitel 2 den (Halb-)Umlaufsinn des Orbits bei
x-Achsen-Durchgängen angeben. Die Ls sind dabei mit σjk = +1 (bzw. rechtläufiger
Bewegung) und die Rs mit σjk = −1 (bzw. retrograder Bewegung) assoziiert. Ein O
in der Symbolfolge entspricht σjk = 0.
Die Symbolfolge für quasiperiodische Orbits in der Nähe vom periodischen Zentrum
unterscheidet sich (in den meisten Fällen) nicht von der Symbolfolge der periodi-
schen Orbits.

• Die σ-Periode gibt die Perioden-Länge einer periodischen Symbolfolge an. Sie un-
terscheidet sich von der Periode bezüglich eines Poincaré-Schnitts, welche im Wei-
teren mit P -Periode bezeichnet wird.

• Orbitklasse (1-4) nach Kapitel 2

Wenn möglich und sinnvoll, werden die Orbits zusätzlich in Hénons Klassifikation (siehe
Abschnitt 2.1 auf Seite 19 ) eingeordnet.

4.2 Escape-Orbit-freie Region


Abbildung 4.2 zeigt einen Ausschnitt der Escape-Orbit-freien Region aus Abbildung 4.1
und einige zugehörige Orbits.
1
Im Kapitel 7 in Abschnitt 7.4 wird dies näher erläutert.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 41

V1 6 7 8
A C
5
3 2
4 4’
1
B D

V2

C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 4.2: Oben: Ausschnitt aus Abbildung 4.1 von 483 × 118 Punkten. Darunter:
Orbits 1-2, 3-4, 5-6 und 7-8 aus dem Ausschnitt darüber. Periodische Orbits sind weiß
dargestellt. Aperiodische Orbits sind gelblich eingefärbt. Erklärung siehe Text und Tabelle
4.1.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 42

Orbits 1 & 2
Die Orbits 1 und 2 in Abbildung 4.2 sind periodische Orbits aus den beiden gezeigten
Regionen. Orbit 1 entspricht der Klasse g und Orbit 2 der Klasse i nach Hénon2 . Periodi-
sche Orbits der Klassen g und i lassen sich aufeinander abbilden (siehe Abschnitt 3.2.2).
Tabelle 4.1 entnimmt man die Orientierungen der Orbits, welche, im Gegensatz zu den
retrograden Orbits der jeweiligen Hauptregion (B bzw. D), rechtläufig sind. Solche fast
ellipsenförmigen Orbits sind typisch für periodische Orbits der Orbitklassen 1a, 1b, 2a
und 2b, wenn sie aus den mittleren Bereichen großer Stabilitätszonen stammen.

Orbits 3 & 4
Die Orbits aus den Bereichen 3 und 4 sind ebenfalls rechtläufig und entsprechen nach
Hénons Klassifikation der Klasse k. Orbit 3 ist aus dem mittleren Bereich des entspre-
chenden Gebiets, wohingegen Orbit 4 vom Rand des stabilen Bereichs stammt. Beide
Orbits gehören der Orbitklasse 3a an und besitzen eine σ-Periode von 1.
Sie unterscheiden sich aber in ihrer Symmetrie bezüglich der y-Achse. Die beiden Inseln
sind in Wahrheit miteinander verbunden, wie wir in einer Vergrößerung später sehen
werden, und werden von Linien periodischer Orbits durchzogen (siehe Abschnitt 3.2.2,
hier nicht gezeigt), die Bifurkationen bei Änderung der Energie E beschreiben. Die Orbits
3 und 4 sind folgendermaßen zu interpretieren: Orbit 4 besitzt einen (stabilen) zur y-Achse
spiegelsymmetrischen Partner (siehe Pfeil zu 4’ oben in Abbildung 4.2). Die Orbits 4 und
4’ (nicht gezeigt) entsprechen zwei (stabilen) periodischen Orbits, die nach einer Pitchfork-
Bifurkation aus einem Ast stabiler symmetrischer Orbits (Beispiel Orbit 3) hervorgehen,
welcher nach der Bifurkation instabil wird3 . Wie man den Orbits 3 und 4 ansieht, wird
die Bifurkation nicht von einer Periodenverdopplung begleitet.

Orbits 5 & 6
Die Beispielorbits 5 und 6 stammen von kleinen Inseln von Stabilität an der verbotenen
Zone links in Abbildung 4.2. Sie sind mit einer σ-Periode von 18 (siehe Kapitel 2) wesent-
lich komplizierter als die Orbits 3 und 4, gehören aber trotzdem derselben Orbitklasse 3a
an und besitzen dieselbe symbolische Folge (siehe Tabelle 4.1).
Orbit 5 stellt ein periodisches Zentrum dar und kann (formal) zu Hénons Orbitklasse k
zugeordnet werden, taucht aber nicht in den Stability-Diagrams der Literatur [30, 33, 50,
51, 66] auf.
Der gelblich dargestellte Orbit 6 ist Orbit 5 sehr ähnlich und besitzt auch dieselbe Sym-
bolfolge wir Orbit 5, ist aber quasiperiodisch.
2
Die zugehörigen Linien sind in Abbildung 3.4 nicht eingezeichnet, aber finden sich, z.B. in [32].
3
Es läßt sich im OTD unterhalb der Gabelung ein Ast instabiler periodischer Orbits nachweisen. Ein
Beispielorbit (nicht gezeigt) befindet sich bei (x, E) = (0.545581, −1.74198) und unterscheidet sich optisch
kaum von Orbit 3.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 43

Orbits 7 & 8
Orbit 7 ist aperiodisch. Die Nicht-Periodizität drückt sich als chaotische Symbolfolge ohne
Wiederholung (getestet bis ttimeout = 10000) in den σj s aus (siehe Tabelle 4.1). Dennoch
bleibt die Orientierung erhalten, denn die Symbolfolgen bestehen ausschließlich aus Folgen
von Ls und Os, weswegen der Orbit der Klasse 3a zuzuordnen ist. Die ersten Glieder der
Symbolfolge von σ1 lauten beispielsweise: OOOOOOOOOOOOOOOOOLLLLLLLLLLLL
OOOOOOOOOOOOLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO
OOOOLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLLL
LLLLLLLLLLLLLOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOL. . .
In Tabelle 4.1 sind die abwechselnden Folgen durch Punkte gekennzeichnet.
Der achte Orbit ist aus dem Randgebiet der Region A der Farbe { }, welche der Or-
bitklasse 2a zugehört. In diesen Randregionen lassen sich sehr komplizierte Orbits finden
- wie etwa diesen quasiperiodischen.

Nr. x E σ1 σ2 σ-Per. Kl.


1 0.874720 -1.76220 {O} {L} 1 2a
2 -0.251822 -1.76238 {L} {O} 1 1a
3 0.527469 -1.79995 {L} {L} 1 3a
4 0.568636 -1.73711 {L} {L} 1 3a
{OOOLLLLLLL {LLLLOOOOOO
5 0.936338 -1.91601 18 3a
LLLOOOOO} OOLLLLLL}
{OOOLLLLLLL {LLLLOOOOOO
6 0.928467 -1.93554 18 3a
LLLOOOOO} OOLLLLLL}
7 0.885498 -1.97851 O. . . L . . . O . . . L. . . O. . . L. . . - 3a
8 0.563232 -1.93554 {O} {L} 1 2a

Tabelle 4.1: Startwerte (x, E), symbolische Orientierungsfolgen mit zugehöriger Periode
und Orbitklasse für die ersten acht Beispielorbits aus Abbildung 4.2. Punkte (. . .) zei-
gen Wiederholungen des letzten Symbols in unregelmäßiger Anzahl an. In geschweiften
Klammern stehen periodische Symbolfolgen.

Abbildung 4.3 zeigt den gleichen Ausschnitt mit acht weiteren Beispielorbits.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 44

V1 9 16

12 13
A B C 10 D

11 15
14
V2

C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 4.3: Oben: Ausschnitt aus Abbildung 4.1 von 483 × 118 Punkten. Darunter:
Orbits 9-10, 11-12, 13-14 und 15-16 aus dem Ausschnitt darüber. Periodische Orbits sind
weiß dargestellt. Gelblich eingefärbte Orbits sind quasiperiodisch. Erklärung siehe Text
und Tabelle 4.2.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 45

Orbits 9, 10, 11 & 12


Die Orbits 9 bis 12 in Abbildung 4.3 stammen aus Zonen der Orbitklasse 3a { } und
besitzen mit σ-Perioden zwischen 14 und 22 (siehe Tabelle 4.2) relativ große Perioden.
Orbit 10 ist dabei der einzige von diesen, der die Symmetrie bezüglich der y-Achse verletzt.
Formal lassen sich die Orbits 9-12 der Hénon-Klasse k zuordnen, kommen aber in den
Stability-Diagrams der zitierten Literatur nicht vor.

Orbit 13
Nicht nur im gezeigten Ausschnitt ist Orbitklasse 1c relativ selten, sondern auch in allen
untersuchten Orbit-Type-Diagrams. Die gezeigte Insel zum Orbit 13 gehört dazu, welche
zwischen der Region D und dem physikalisch verbotenen Bereich (rechts im OTD) liegt.
Sie ist von einem Bereich von Kollisionsorbits bezüglich des ersten Hauptkörpers { }
umgeben (siehe Abbildung 4.3). In Tabelle 4.2 ist die Charakteristik der Klasse 1c zu
erkennen: rechtläufige (L) und retrograde Umläufe (R) kommen abwechselnd vor.

Orbits 14, 15 & 16


Die Orbits 14, 15 und 16 sind dagegen wie die Orbits 9-12 orientierungserhaltend (siehe
Tabelle 4.2). Orbit 14 stammt aus einer der Spitzen der Region B und schließt sich nach
13 retrograden Rosetten-Durchläufen.
Orbit 15 ist auch retrograd bezüglich des mitrotierenden Koordinatensystems und be-
schreibt eine 7-ner-Rosetten-Form. Dieser wurde aus einer der Spitzen der Region D
gewählt (siehe OTD).
Orbit 16 schließlich ist komplizierter und besitzt eine σ-Periode von 14 (siehe Tabelle).
Im (x, E)-OTD entstammt er einer kleinen Insel rechtläufiger Bewegung { }, die un-
mittelbar an der (grau dargestellten) physikalisch verbotenen Zone liegt.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 46

Nr. x E σ1 σ2 σ-P. Kl.


{LLLLLOOOOO {OOOOLLLLLL
9 -0.456371 -1.978516 OOOOOLLLLL LLLLLLOOOO 22 3a
LL} OO}
{LLLOOOOOOO {OOOOLLLLLO
10 -0.394496 -1.884766 OOOOOOOLLL OLLLLLOOOO 22 3a
LL} OO}
{LLLOOOOOOO {OOOOLLLLLL
11 -0.460463 -1.822266 18 3a
OOOLLLLL} LLOOOOOO}
{LLLOOOOOOL {OOLLLLLLLL
12 -0.380827 -1.810547 14 3a
LLLL} OOOO}
{LLLLLORROL {OOOOOOOOOO
13 -0.924561 -1.884766 16 1c
LLLLOO} OOOOOO}
14 0.0480094 -1.732422 {O} {R} 1 2b
15 -0.919189 -1.787109 {R} {O} 1 1b
{LLLLLLLLLL {OOOOOOOOOO
16 -0.919189 -1.962891 14 1a
LLOO} OOOO}

Tabelle 4.2: Startwerte (x, E), symbolische Orientierungsfolgen mit Periode und zugehöri-
ger Orbitklasse der Beispielorbits 9 bis 16 aus Abbildung 4.3. Die geschweiften Klammern
stehen für periodische Symbolfolgen.

4.3 Inseln der Stabilität bei E > V2


In dem Bereich unter der V2 -Linie gibt es in der Region von Instabilität kleine Inseln
der Stabilität mit besonders exotischen Orbits. Abbildung 4.4 zeigt einige Inseln und
zugehörige Orbits in dem Bereich um Region D.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 47

17
20 D 18
19

21
24
22

23

C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 4.4: Oben: Ausschnitt aus Abbildung 4.1 von 652 × 220 Punkten. Darunter:
Orbits 17-18, 19 und 20-21-22 aus dem Ausschnitt darüber. Periodische Orbits sind weiß
dargestellt. Gelbliche Orbits sind quasiperiodisch. Erklärung siehe Text und Tabelle 4.3.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 48

Orbits 17, 18, & 19


Die Orbits 17, 18 und 19 stammen von drei nahe zusammen liegenden Inseln der Orbitklas-
se 3a { }. Tabelle 4.3 gibt an, wie sich die jeweils hohen σ-Perioden zusammensetzen.
Wie man in Abbildung 4.4 in den (x, y)-Ebenen sieht, werden die Orbits nicht von der
grün dargestellten Zero-Velocity-Kurve eingeschlossen. Dies gilt für den gesamten Bereich
E > V2 und führt dazu, dass wesentlich weniger Orbits stabil sind, also ungebundene
Zustände dominieren.
Die Orbits 17, 18 und 19 sind orientierungserhaltend, es kommen neben O nur L-Durchläufe
vor. Orbit 19 ist quasiperiodisch, aber sehr nah an seinem resonanten Zentrum. Dies führt
dazu, dass die Trajektorie nur leicht im Ortsraum verschmiert ist, was generisch für kleine
Inseln von Stabilität ist (siehe Abschnitt 4.1). Die Orbits 17 und 18 können formal Hénons
Orbitklasse k zugeordnet werden, sind aber nicht in den Stability-Diagrams der zitierten
Literatur zu finden.

Orbits 20, 21 & 22


Die Trajektorien 20, 21 und 22 gehören der Orbitklasse 4 { } an. Sie umlaufen beide
Trojaner-Punkte und scheinen von den Zentren eingeschnürt zu werden.
Da Orbit 20 aus dem Energiebereich E < V4 = −1.375 stammt, sind die Trojaner-Punkte
von verbotenen Zonen umgeben. Orbit 21 und 22 liegen energetisch über diesem Level.
Die Orbits 20-22 gehören nach Hénons Klassifikation zur Klasse r.

Orbits 23 & 24
Sehr selten sind stabile Orbits, die ein Zentrum relativ nah passieren, aber trotzdem einen
verhältnismäßig großen Raum in der (x, y)-Ebene durchlaufen. Orbit 23 gehört wie die drei
Orbits zuvor zu dieser Klasse, liegt aber neben den Trojaner-Punkten und ist asymme-
trisch zur y-Achse. Diese Orbits kleiner Inseln sind extrem anfällig gegenüber Störungen,
wie z.B. numerische Ungenauigkeit, und sind deshalb eine große Herausforderung für die
Integrationsroutinen.
Orbit 24 ist allerdings noch außergewöhnlicher. Mit einer Spannweite von etwa ±2 Längen-
einheiten geht er weit über die Trojaner-Punkte hinaus. Außerdem gehört er zur Orbit-
klasse 3b { }, läuft also retrograd um die Zentren. Tabelle 4.3 zeigt, wie sich seine
σ-Periodizität von 6 zusammensetzt.
Die Orbits 23 und 24 lassen sich nach Hénons Orbitklassifikation den Klassen a bzw. c
zuordnen.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 49

Abbildung 4.5: Periodische Orbits 23 & 24 aus dem Ausschnitt 4.4 oben. Erklärung siehe
Text und Tabelle 4.3.

Nr. x E σ1 σ2 σ-P. Kl.


{LLLOOOOOOL {OOLLLOOLLL
17 -1.15820 -1.71093 14 3a
LLOO} OOOO}
{LLLOOOOOOO {OOOOLLLOOL
18 -1.10986 -1.65234 18 3a
OOOLLLOO} LLOOOOOO}
{LLLOOOOOOL {OOOOLLLLOO
19 -1.12597 -1.56640 14 3a
LLOO} OOOO}
20 -0.395285 -1.42978 {O} {O} 1 4
21 -0.443877 -1.30552 {O} {O} 1 4
22 -0.284202 -1.17912 {O} {O} 1 4
23 -0.172160 -1.00626 {O} {O} 1 4
24 -2.28613 -1.14843 {OOOORR} {ORROOO} 6 3b

Tabelle 4.3: Startwerte (x, E), symbolische Orientierungsfolgen mit Periode und zugehöri-
ger Orbitklasse der Beispielorbits 17 bis 24 aus Abbildungen 4.4 und 4.5. In geschweiften
Klammern stehen periodische Symbolfolgen.

Orbits 25-31
Die nächsten sieben Beispielorbits kleiner Inseln gehören wie Orbit 24 zur Orbitklasse 3b,
sind also retrograd. Tabelle 4.4 zeigt die σ-Periodizitäten. Diese liegen zwischen 4 und 16.
Dem entsprechend unterschiedlich ist auch die Komplexität der einzelnen Orbits.
Zu Orbit 26 gibt es im OTD zwei x-Anfangspunkte auf gleicher Energielinie E, die diesen
Orbit reproduzieren. Dem entsprechend sind in Tabelle 4.4 die verschiedenen Symbol-
folgen für Orbit 26 (26a und 26b) zu verstehen4 . Solche Zwillingsinseln im OTD exi-
stieren genau dann, wenn die Startbedingung y = 0 = ẋ, ẏ > 0 bei genau zwei x-
Achsen-Nulldurchgängen des Orbits erfüllt ist. In [67] werden sogenannte Symmetrieli-
nien diskutiert, mit Hilfe derer sich die x-Positionen der Zentren solcher Zwillingsinseln
4
Generell sind die Symbolfolgen natürlich nur eindeutig bis auf simultane Verschiebungen.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 50

(bzw. die Fixpunkte mit vorgegebener Periode bezüglich bestimmter y-Achsen-Schnitt-


Bedingungen) bestimmen lassen.
Die periodischen Orbits 26, 28, 29 und 30 entsprechen nach Hénon der Klasse f , Orbit
27 der Klasse c.

D 29
B
30

25 31
26a
27
28 26b

C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 4.6: Oben: Ausschnitt aus Abbildung 4.1 von 652 × 237 Punkten. Darunter:
Orbits 25-26-27 und 28-29-30 aus dem Ausschnitt darüber. Periodische Orbits sind weiß
dargestellt. Gelbliche Orbits sind quasiperiodisch. Erklärung siehe Text und Tabelle 4.4.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 51

Abbildung 4.7: Quasiperiodi-


scher Orbit 31 aus dem Aus-
schnitt 4.6 oben. Zugehörig
zur entsprechenden Insel. Er-
klärung siehe Text und Tabelle
4.4.
Die (nicht gezeigten) periodischen Zentren der Orbits 25 und 31 entsprechen derselben
Orbitfamilie (c) wie Orbit 27. Für die (periodischen) Orbits dieses Abschnitts werden die
zugehörigen Bifurkationen in [52] behandelt.

Nr. x E σ1 σ2 σ-P. Kl.


25 -0.121582 -0.218750 {RRRROO} {ROORRR} 6 3b
26a -0.151839 -0.0892244 {RROO} {RRRR} 4 3b
26b -2.58405 -0.0892244 {OORR} {RRRR} 4 3b
27 -0.153809 -0.0195310 {RRRRRRRROO} {RRROORRRRR} 10 3b
28 -0.169922 0.0273440 {RRRROO} {RRRRRR} 6 3b
29 -2.96826 -0.835938 {OORR} {OORR} 4 3b
{OOOOOOOOOO {RRRRRRRRRR
30 -3.11328 -0.570312 16 3b
OOOORR} RRRRRR}
{OORRRRRRRR {RRROORROOR
31 -2.66210 -0.167969 14 3b
OORR} RRRR}

Tabelle 4.4: Startwerte (x, E), symbolische Orientierungsfolgen mit Periode und zugehöri-
ger Orbitklasse der Beispielorbits 25 bis 31 aus den Abbildungen 4.6 und 4.7. In ge-
schweiften Klammern stehen periodische Symbolfolgen. Der doppelte Eintrag von Orbit
26 resultiert aus dem Auftreten einer Zwillingsinsel (siehe Text).

Abbildung 4.8 zeigt einen Ausschnitt der Region B in Abbildung 4.1, in den neun weitere
charakteristische Orbits für diesen Bereich eingezeichnet sind.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 52

32

38
B

39 33

40

41
34

37

J
35
36

Abbildung 4.8: Links: Ausschnitt aus Abbildung 4.1 von 156 × 318 Punkten. Rechts: Or-
bits 32-33 und 34-35 aus dem Ausschnitt darüber. Periodische Orbits sind weiß dargestellt.
Gelbliche Orbits sind quasiperiodisch. Erklärung siehe Text und Tabelle 4.5.

Orbits 32, 33, 34 & 35


Die Orbits 32, 33 und 34 sind periodische Orbits aus dem mittleren Teil der Region B
in Abbildung 4.8. In Hénons Stability-Diagram liegen sie auf einer Linie der Orbitklasse
f (siehe Abbildung 3.4 auf Seite 35). In der Folge von Orbit 32 bis 35 (also mit größer
werdendem Wert der Energie) ist zu erkennen, dass die Orbits größer und ovaler wer-
den. Das periodische Zentrum von Orbit 35 stellt einen Bifurkationspunkt dar, bei dem
die periodischen Orbits der f -Linie instabil werden. Dies zeigt die gestrichelte Linie im
Stability-Diagram in Abbildung 3.4 an, welche die Insel I (bei Orbit 36 in Abbildung 4.8)
mit der Stabilitätsregion B verbindet.

Nicht gezeigte Orbits der Region D


Die periodischen Orbits, die zu den Linien f (aus Region B im OTD) und h (Region D
im OTD) des Stability-Diagrams gehören, lassen sich nach Abschnitt 3.2.2 aufeinander
abbilden. Im Folgenden wollen wir uns noch einigen quasiperiodischen Orbits widmen, die
aus der Region B stammen. Ähnliche (quasiperiodische) Orbits der Orbitklasse 1b { }
ließen sich in der Region D (aus Abbildung 4.1) auffinden (nicht gezeigt).
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 53

Orbits 36-41
Die Orbits 36 und 37 stammen jeweils vom Rand der beiden grünen Inseln I und J
in Abbildung 4.8. Die Orbits 38-41 gehören zum Rand der Region B oder zu von ihr
abgespaltenen kleinen Inseln. Alle angegebenen Orbits in Tabelle 4.5 besitzen dieselbe
1-periodische Symbolfolge.
Die Komplexität dieser exotischen Orbits und der zugehörigen Insel-Strukturen demon-
striert die beeindruckende Dynamik des RTBP im Allgemeinen bzw. des diskutierten
Kopenhagen-Problems.

Abbildung 4.9: Quasiperiodische Orbits 36-37-38 und 39-40-41 aus Abbildung 4.8. Er-
klärung siehe Text und Tabelle 4.5.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 54

Nr. x E σ1 σ2 σ-Periode Klasse


32 0.316146 -1.67187 {O} {R} 1 2b
33 0.242091 -1.22233 {O} {R} 1 2b
34 0.119775 -0.833792 {O} {R} 1 2b
35 -0.00341796 -0.613281 {O} {R} 1 2b
36 -0.110839 -0.531250 {O} {R} 1 2b
37 -0.245117 -0.714844 {O} {R} 1 2b
38 0.0234375 -1.54687 {O} {R} 1 2b
39 0.431641 -1.26562 {O} {R} 1 2b
40 0.0288090 -1.16406 {O} {R} 1 2b
41 0.281250 -0.796875 {O} {R} 1 2b

Tabelle 4.5: Startwerte (x, E), symbolische Orientierungsfolgen mit Periode und zugehöri-
ger Orbitklasse der Beispielorbits 32 bis 41 aus den Abbildungen 4.8 und 4.9. In geschweif-
ten Klammern stehen die periodischen Symbolfolgen, welche hier für jeden Orbit dieselben
sind.

4.4 Regionen E und F


Im diesem Abschnitt werden die Bereiche E und F der Orbitklasse 3b { } in Abbildung
4.1 anhand von fünf Beispielorbits charakterisiert.

Orbit 42
In Abbildung 4.10 ist der periodische Orbit 42 abgebildet, welcher aus der dargestellten
Region E stammt. Der beinahe ellipsenförmige Orbit ist typisch für periodische Orbits
aus diesem Bereich, die weit von den Zentren entfernt verlaufen. Im Inertialsystem ist er
rechtläufig, aber im mitrotierenden System retrograd. Er gehört nach der Orbitklassifika-
tion Hénons der Klasse m an.

42

Abbildung 4.10: Links: Ausschnitt mit Region E aus Abbildung 4.1 von 272 × 125 Punk-
ten. Daneben: Beispielorbit 42. Erklärung siehe Text und Tabelle 4.6.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 55

46

44

43
45

C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 4.11: Oben: Ausschnitt der Region F aus Abbildung 4.1 von 315 × 172 Punk-
ten. Darunter: Orbits 43-44-45 aus dem Ausschnitt darüber. Erklärung siehe Text und
Tabelle 4.6.

Orbits 43, 44, 45 & 46


Orbit 43 stammt aus der Region zwischen V1 und V2 , wie an den Zero-Velocity-Kurven
zu erkennen ist. Wie auch bei den Orbits 45 und 46 bewegt sich das Testteilchen weit von
der inneren Region entfernt auf einer stabilen quasiperiodischen Bahn.
Der periodische Orbit 44 stammt aus einer Spitze der Region F , welche energetisch über
V2 (bzw. im (x, E)-Diagramm in Abbildung 4.1 unter der V2 -Linie) liegt. Nach Hénon
gehört der Orbit zur Klasse l der simple periodic orbits.
Es finden sich aber auch relativ komplizierte Orbits weit von den Zentren entfernt.
Auffällig ist die Asymmetrie bezüglich der y-Achse von Orbit 45, welcher außerhalb der
Region F von einer kleinen Insel stammt (siehe Abbildung 4.11).
Diese quasiperiodische Trajektorie füllt nur einen schmalen Bereich in der (x, y)-Ebene
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 56

aus, was nicht weiter verwundert, weil die Insel in der verwendeten Auflösung nur aus
einem Pixel besteht (siehe Abschnitt 4.1).
Orbit 46 stammt aus dem mittleren Teil der Region F . Das Testteilchen oszilliert zwi-
schen zwei radialen Extrema hin und her, die weit von den Zentren entfernt liegen (siehe
Skalenangaben in Abbildung 4.12).

Abbildung 4.12: Quasiperi-


odischer Orbit 46 aus dem
Ausschnitt 4.11. Erklärung sie-
he Text und Tabelle 4.6.

Nr. x E σ1 σ2 σ-Periode Klasse


42 -0.6742760 0.3329483 {R} {R} 1 3b
43 -3.430176 -1.796875 {R} {R} 1 3b
44 -1.910171 -1.652069 {R} {R} 1 3b
45 -3.124023 -1.718750 {R} {R} 1 3b
46 -2.484863 -1.953125 {R} {R} 1 3b

Tabelle 4.6: Startwerte (x, E), symbolische Orientierungsfolgen mit Periode und zugehöri-
ger Orbitklasse der Beispielorbits 42 bis 46 aus den Abbildungen 4.10, 4.11 und 4.12. Die
geschweiften Klammern stehen für die periodische Symbolfolge.

4.5 Crash-Orbits
Im folgenden Abschnitt sollen einige Beispielorbits für Kollisionen mit den Hauptkörpern
diskutiert werden. Siehe dazu Abbildung 4.13.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 57

C
48
B D

49 52
51

47 50

53

Abbildung 4.13: Oben links: Ausschnitt aus Abbildung 4.1. Oben rechts: Crash-Orbit 47.
Unten: Crash-Orbits 48-49-50. Erklärung siehe Text.

Orbit 47
Orbit 47 beginnt auf der x-Achse zwischen den Zentren, läuft aus der inneren Region
heraus, kommt wieder in die Nähe der Zentren, umläuft diese schleifenförmig und kollidiert
schließlich mit dem zweiten Hauptkörper. Diese sehr komplizierten Crash-Orbits sind
generisch für die Bereiche, die bei der verwendeten Auflösung nur einige Pixels ausmachen.
In diesen Fällen drückt dies die starke Abhängigkeit von der Anfangsbedingung aus5 .

Orbit 48
Orbit 48 ist ein typischer Crash-Orbit aus der Region zwischen L2 , L3 und V1 , V2 (sie-
he Abbildung 4.1). Der Bereich im Konfigurationsraum wird immer mehr ausgefüllt, bis
das Testteilchen eines der Zentren zu nah passiert (hier sind die Massenradien RM1 =
RM2 = 8.97 · 10−5 ). Die Bereiche der Farben { } und { } scheinen dem entsprechend
in dieser Region zufällig verteilt zu sein, was den chaotischen Charakter der Trajektorien
widerspiegelt. Die Orbits sind in diesem Bereich oftmals extrem abhängig von den An-
fangsbedingungen, aber auch von den Parametern der verwendeten Integrationsroutine.
Dem entsprechend sind Aussagen darüber, ob das Testteilchen für eine gegebene Anfangs-
bedingung mit dem einen oder mit dem anderen Hauptkörper kollidiert nur in bestimmten
5
welche in einigen Fällen zu numerischen Problemen führt (dazu Diskussionen später).
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 58

Fällen möglich. Die Verläßlichkeit der Numerik bezüglich der Einfärbung einzelner Pixels
wird in Kapitel 7 diskutiert.

Orbits 49 & 50
Von kurzer Dauer sind die Crash-Orbits, die aus den großflächigeren Regionen der Farben
{ } und { } stammen. Die Orbits 49 und 50 sind dafür Beispiele. Auf der x-Achse
beginnend laufen sie direkt in ein Zentrum (Orbit 50) oder führen noch einige wenige
Bewegungen um die Zentren aus, bevor sie mit eines der Zentren kollidieren (Orbit 49).

Nr. x E Tabelle 4.7: Startwerte (x, E)


47 -0.143066 -1.472656 der vier Crash-Beispielorbits
48 -0.298828 -1.859375 47, 48, 49 und 50. Abbildung
49 0.0664060 -1.859375 4.13 zeigt die Orbits.
50 -1.19580 -1.402344

4.6 Escape-Orbits
Die folgenden drei Orbits sind Beispiele für Escape-Orbits, also Orbits, die nach der Zeit
tescape den Kreis mit Mittelpunkt im Ursprung und Radius Rsystem = 10 überschreiten.

Abbildung 4.14: Escape-Orbits 51-52-53 aus Abbildung 4.13. Erklärung siehe Text.

Orbits 51, 52 & 53


Orbit 51 benötigt nur 17.4 Zeiteinheiten (also 2.8 Perioden der Hauptkörper oder Jahre),
um den Rand des Systems (Kreis mit Radius 10 um den Nullpunkt) zu verlassen. Dieser
Orbit ist typisch für die fast einfarbigen dunkelblauen Bereiche, die in allen gezeigten
Orbit-Type-Diagrams vorkommen.

Orbit 52 benötigt schon fast 16 Jahre (siehe Tabelle 4.8), um den Rand zu erreichen.
Das Testteilchen wird einige Male wieder in das Innere des Systems gezogen, bevor es
den Rand des grün eingezeichneten Kreises in Abbildung 4.14 erreicht. Diese Trajektorie
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 59

ist typisch für Orbits von Escape-Basins, die im OTD weit von großen stabilen Regionen
entfernt sind.

Prinzipiell lassen sich in der Nähe von Stabilitätsbereichen Orbits mit beliebig hohen Wer-
ten von ttimeout finden. Für einen konkreten Orbit geht dieses Verhalten normalerweise mit
starker Abhängigkeit von den Anfangsbedingungen und von den Integrationsparametern
einher, so dass sich keine verläßliche Aussage über das Langzeitverhalten machen läßt.
Im OTD liegt Orbit 53 sehr nahe an der Region D. Mit den verwendeten Integrationspa-
rametern umkreist das Testteilchen mehrere hundert Jahre den ersten Hauptkörper, bevor
die Bahn instabil wird und es innerhalb weniger Jahre den in Abbildung 4.14 (rechts) ein-
gezeichneten äußeren Kreis erreicht. Mit einem Wert von ttimeout = 1467.3 (siehe Tabelle
4.8) bleibt das Testteilchen über 80 mal länger im inneren Bereich als beim Durchlauf des
Orbits 51. Allerdings hängt der Orbit (und der Wert von ttimeout ) von den Integrations-
parametern ab, so dass keine sichere Aussage über den Orbit mit Hilfe des verwendeten
Integrations-Verfahrens möglich ist. Die dargestellte Bahn in Abbildung 4.14 (rechts) ist
insofern nur paradigmatisch für Orbit-Typen mit großen Werten von ttimeout zu interpre-
tieren. Die Diskussion bezüglich der Verläßlichkeit der Numerik wird in Kapitel 7 geführt.

Nr. x E tescape Tabelle 4.8: Startwerte (x, E)


51 -0.331055 -1.605460 17.4 und Escape-Zeiten der drei Escape-
52 -0.282715 -1.683594 97.0 Beispielorbits 51, 52 und 53. Für Orbit
53 -0.980957 -1.371094 (1467.3) 53 läßt sich mit dem verwendeten Inte-
grationsverfahren keine genaue Aussage
über den Wert von ttimeout machen (siehe
Text). Abbildung 4.14 zeigt die Orbits.

4.7 Vergrößerung der Region zwischen V1 und V2


Abbildung 4.15 zeigt eine Vergrößerung der Escape-Orbit-freien Region zwischen dem
zweiten und dritten Lagrangepunkt und V1 und V2 . Bei der verwendeten Auflösung von
1024 × 160 Punkten kommen einige Inseln der Stabilität zum Vorschein, die in dem
Ausschnitt von Abbildung 4.3 (auf Seite 44) nicht aufgelöst werden konnten.
Einige dieser Inseln sollen wieder anhand von Beispielorbits in diesem (letzten) Abschnitt
des Kapitels charakterisiert werden.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 60

V1 13
A B C 8 D
1 2
7 9
14
10
12
5 11
3 16
4
15

6
V2
C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 4.15: Oben: Vergrößerung der Region zwischen L1 , L2 und V1 , V2 in Abbil-


dung 4.1 von 1024 × 160 Punkten. Darunter: Orbits 1-2, 3-4, und 5-6 aus dem Ausschnitt
darüber. Periodische Orbits sind weiß dargestellt. Aperiodische Orbits sind gelblich ein-
gefärbt. Erklärung siehe Text und Tabelle 4.9.

Orbits 1-6
Die Beispielorbits 1, 3 und 5 sind auf der linken Seite untereinander in Abbildung 4.15
dargestellt. Die beiden periodischen Orbits 1 und 3 (weiß) sind symmetrisch zur y-Achse,
wohingegen die auf der rechten Seite gezeigten Orbits 2, 4 und 6 ausschließlich eine x-
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 61

Achsen-Symmetrie zeigen.
Die Orbits 1 und 2 sind Beispiele für hochperiodische Orbits. Sie besitzen eine σ-Periode
von jeweils 62 und sind dem entsprechend komplex. Mit einer σ-Periode von 82 ist Orbit
3 unter den gezeigten sechs derjenige mit dem größten Periodenwert.
Alle in diesem Abschnitt diskutierten Orbits kleiner Stabilitätsinseln sind rechtläufig.
Tabelle 4.9 gibt Auskunft über die Symbolfolgen der Orbits.

Nr. x E σ1 σ2 σ-Per. Kl.


{OOLLLLLLLL {LOOOOOOOOO
LLOOOOOOOO OLLLLLLLLL
OOLLLLLLLL LOOOOOOOOO
1 0.318495 -0.101864 LLOOOOOOOO OOOLLLLLLL 62 3a
OOLLLLLLLL LLLOOOOOOO
LLOOOOOOOO OOOLLLLLLL
OO} LL}
{OOOOOLLLLL {LLLLOOOOOO
LLLLLOOLLL OOOOOOOOOO
LLLLLLLLLO OOOOOOOOOO
2 0.898799 -1.93889 OLLLLLLLLL OOOOOOOOOO 62 3a
LLLOOLLLLL OOOOOOOOOO
LLLLLOOOOO OOOOOOLLLL
OO} LL}
{OOOLLLLLLL {LLOOOOOOOO
LOOOOOOOOL OOLLLLLLLL
LLLLLLLOOO OOOOOOOOLL
OOOOOOOLLL LLLLLLOOOO
3 0.980721 -1.840435 LLLOOOOOOO OOOOLLLLLL 82 3a
OOOLLLLLLL LLOOOOOOOO
LOOOOOOOOL LLLLLLLLOO
LLLLLLLOOO OOOOOOOOLL
OO} LL}
{OOOLLLLLOO {LLOOOOOOOO
4 1.01109 -1.79120 20 3a
LLLLLOOOOO} OOOOOOLLLL}
{OOOOOLLLLL {LLLLLLOOOO
5 0.821247 -1.82855 LLLLLLLLLO OOOOOOOOLL 26 3a
OOOOOO} LLLLLL}
{OLLLLLOOLL {OOOOOOOOOO
6 0.660169 -1.76404 16 3a
LLLOOO} OOOOLL}

Tabelle 4.9: Startwerte (x, E), symbolische Orientierungsfolgen mit Periode und zugehöri-
ger Orbitklasse der Beispielorbits 1-6 in Abbildung 4.15. In geschweiften Klammern stehen
periodische Symbolfolgen.

Abbildung 4.16 zeigt acht weitere Orbits, die zu den Inseln in Abbildung 4.15 gehören.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 62

Abbildung 4.16: Orbits 7-8, 9 und Vergrößerung, 10-11 und 12-13-14. Periodische Orbits
sind weiß dargestellt. Aperiodische Orbits sind gelblich eingefärbt. Erklärung siehe Text
und Tabelle 4.10.

Orbits 7-14
Der quasiperiodische Orbit 7 stammt von einem Ausläufer einer Region der Orbitklasse
3a { }, welcher in die Crash-Region hinein läuft (siehe OTD). Die quasiperiodische
Libration um den zugehörigen periodischen Orbit, der nicht gezeigt ist, verdeckt die Auf-
spaltung der Spitzen, die z.T die grün dargestellte Zero-Velocity-Kurve berühren.

Um solche Aufspaltungen sichtbar zu machen, kann z.B. die unmittelbare Region eines
der Zentren vergrößert werden.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 63

Dies ist beim periodischen Orbit 9 gezeigt. Er besitzt eine σ-Periode von 136 und scheint
im Konfigurationsraum verschmiert zu sein. Rechts neben Orbit 9 ist eine Vergrößerung
des Gebietes um Zentrum 2 dargestellt. Dort sind Aufspaltungen zu erkennen, welche
im Vergleich mit Orbit 8 als Periodenvervierfachung betrachtet werden können: In der
(x, ẋ)-Poincaré-Schnitt-Ebene zum Schnitt y = 0, ẏ > 0 besitzt Orbit 8 eine P -Periode
von 15, die sich bei Orbit 9 mit einer P -Periode von 60 vervierfacht hat.

Die beiden quadratischen Bilder rechts unten in Abbildung 4.16 zeigen die Orbits 13 und
14. Im Vergleich mit Orbit 13 findet bei Orbit 14 eine dreifache Aufspaltung statt, die
sich in einer P -Periode von 15 widerspiegelt (Orbit 13 besitzt eine P -Periode von 5).
Die beiden Orbits gehören zu einer Insel der Orbitklasse 1a (siehe OTD) und liegen auf
gleicher Energiehöhe. In der verwendeten Auflösung sind sie nur 3 Pixels (in x-Richtung)
voneinander entfernt. Die Entfernung entspricht etwa ∆x = 0.008 Längeneinheiten.

Die Orbits 8, 9 und 10 stammen von drei diagonal nebeneinander liegenden Pixels und
korrespondieren damit drei leicht unterschiedlichen Energien, die jeweils etwa ∆E = 0.002
Einheiten der Energie voneinander entfernt sind (siehe Tabelle 4.10 und Abbildung 4.16).
Die jeweiligen σ-Perioden betragen 32, 136 und 36.
Die Orbits 11 und 12 sind mit σ-Perioden von 74 und 18 Beispiele für hochperiodische
doppelt-symmetrische Orbits.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 64

Nr. x E σ1 σ2 σ-Per. Kl.


{OOOOOOOOOL {LLLLLLLLLL
LLLLLLLLLL OOOOOOOOOO
7 0.512596 -1.95756 LLLLLLLLLL OOOOOOOOOO 42 3a
LOOOOOOOOO LLLLLLLLLL
OO} LL}
{LLLLLOOOOO {OOOOLLLLLL
OOOOOOOOOO LLLLLLLLLL
8 -0.334982 -1.92021 32 3a
OOOOOLLLLL LLLLLLOOOO
LL} OO}
{LLLLLOOOOO {OOOOLLLLLL
OOOOOOOOOO LLLLLLLLLL
OOOOOOOLLL LLLLLLOOOO
LLLLLLLLLO OOOOOOOOLL
OOOOOOOOOO LLLLLLLLLL
OOOOOOOOOO LLLLLLLLLL
OLLLLLLLLL OOOOOOOOOO
9 -0.332247 -1.91852 136 3a
LLLOOOOOOO OOOOLLLLLL
OOOOOOOOOO LLLLLLLLLL
OOOOOLLLLL LLLLLLOOOO
LLLLLLLOOO OOOOOOOOLL
OOOOOOOOOO LLLLLLLLLL
OOOOOOOOOL LLLLLLLLLL
LLLLLL} OOOOOO}
{LLLLLOOOOO {OOOOOOLLLL
OOOOOOOOOO LLLLLLLLLL
10 -0.327687 -1.91682 36 3a
OOOOOOOOOL LLLLLLLLOO
LLLLLL} OOOOOO}
{LLLOOOOOOL {OOLLLLLLLL
LLLLLLLOOO OOOOOOLLLL
OOOLLLLLLL LLLLOOOOOO
LOOOOOOOOO OOLLLLLLLL
11 -0.351000 -1.81667 74 3a
OLLLLLLLLO OOOOOOOOLL
OOOOOLLLLL LLLLLLOOOO
LLLOOOOOOL OOLLLLLLLL
LLLL} OOOO}
{LLLOOOOOOO {OOOOLLLLLL
12 -0.408539 -1.91852 18 3a
OOOLLLLL} LLOOOOOO}
13 -0.430057 -1.94228 {L} {O} 1 1a
14 -0.438397 -1.94228 {L} {O} 1 1a

Tabelle 4.10: Startwerte (x, E), symbolische Orientierungsfolgen mit Periode und zu-
gehöriger Orbitklasse der Beispielorbits aus Abbildungen 4.15 und 4.16. In geschweiften
Klammern stehen periodische Symbolfolgen.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 65

Abbildung 4.17 zeigt die Beispielorbits 15 und 16.

Abbildung 4.17: Periodische Orbits 15 und 16. Erklärung siehe Text und Tabelle 4.11.

Orbit 15 und 16
Mit den Orbits 15 (σ-Periode von 122) und 16 (σ-Periode von 58) schließt dieses Kapitel.
Tabelle 4.11 fasst die Orbits 15 und 16 zusammen.

Wie vielleicht keine anderen Orbits dieses Kapitels illustrieren die in diesem Abschnitt
diskutierten hochperiodischen Orbits Komplexität und Vielfalt stabiler Bewegungsformen
des RTBP (im Kopenhagen-Fall).

Im folgenden Kapitel werden neben der σ-Periode auch Schnitt-Perioden bezüglich retro-
gradem oder rechtläufigem Durchgang durch extremale Entfernungen betrachtet und die
Diskussion auf Orbit-Type-Diagrams in der (x, y)-Ebene erweitert.
KAPITEL 4. DIE (x, E)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 66

Nr. x E σ1 σ2 σ-Per. Kl.


{LLLOOOOOOO {OOOOLLLOOL
OOOLLLLLLL LLOOOOOOOO
LOOOOOOOOL OOLLLLLLOO
LLLLLLLOOO OOOOOOOOLL
OOOOOOOLLL LOOLLLOOOO
LLLLLOOOOO OOOOOOLLLO
15 -0.486848 -1.78102 OOOOOLLLLL OLLLOOOOOO 122 3a
LLLOOOOOOO OOOOLLLOOL
OOOLLLLLLL LLOOOOOOOO
LOOOOOOOOL OOLLLLLLOO
LLLLLLLOOO OOOOOOOOLL
OOOOOOOLLL LOOLLLOOOO
LL} OO}
{LLLLLOOOOO {OOOOOOLLLL
OOOLLLLLLL LLLLOOOOOO
LOOOOOOOOO OOLLLLLOOL
16 -0.969268 -1.84722 58 3a
OOOOOLLLLL LLLLOOOOOO
LLLOOOOOOO OOLLLLLLLL
OLLLLLOO} OOOOOOOO}

Tabelle 4.11: Startwerte (x, E), symbolische Orientierungsfolgen mit Periode und zu-
gehöriger Orbitklasse der Beispielorbits 15 und 16 aus Abbildungen 4.15 und 4.17. In
geschweiften Klammern stehen periodische Symbolfolgen.
Kapitel 5

Die (x, y)-Ebene für das


Kopenhagen-Problem

Wegen der Schnittbedingung y = ẋ = 0, ẏ > 0 bleiben im (x, E)-Diagramm Orbits, wel-


che die y-Achse nicht senkrecht schneiden, unberücksichtigt. Eine Möglichkeit auch sol-
che Orbits miteinzubeziehen, besteht darin, Anfangsbedingungen mit retrogradem oder
rechtläufigem Durchgang durch extremale Entfernungen zu verwenden und den anschau-
lichen Konfigurationsraum als Schnittebene zu nutzen.

In diesem Kapitel werden die Schnittbedingungen ṙ = 0, φ̇ < 0 (retrograder Durch-


gang durch extremale Entfernungen bezüglich des Ursprungs), ṙ1 = 0, φ̇1 < 0 (retrogra-
der Durchgang durch extremale Entfernungen bezüglich Zentrum 1) und ṙ = 0, φ̇ > 0
(rechtläufiger Durchgang durch extremale Entfernungen bezüglich des Ursprungs) be-
nutzt. Die Energie E und gewählte Anfangs-Bedingung werden vorgegeben, und die Kon-
figurationsraumkoordinaten variiert.

Die Anfangs- bzw. Schnittbedingungen sind nach [68] vollständig, d.h. alle Orbits wer-
den von den Schnittbedingungen erfasst, wenn rechtläufige und retrograde Durchgänge
zusammen betrachtet werden.

5.1 Beziehung zwischen (x, y)-, (x, E)- und (y, E)-Orbit-
Type-Diagrams
Die Energielevels der folgenden (x, y)-Orbit-Type-Diagrams sind mit Hilfe des (x, E)-
Orbit-Type-Diagrams in Abbildung 4.1 ausgewählt worden.
Die Orbits der (x, E)-Orbit-Type-Diagrams beginnen auf der x-Achse mit ẏ > 0. Bei
den (x, y)-Orbit-Type-Diagrams mit der Anfangsbedingung ṙ = 0, φ̇ < 0 und fester
Energie E ist aus diesem Grund der x-Achsen-Abschnitt (x < 0, y = 0) mit der Linie
(x < 0, E) in der (x, E)-Ebene identisch. Die Anfangsbedingung in (y, E)-Diagrammen,
welche in Kapitel 6 für verschiedene Werte des Massenverhältnisses diskutiert werden,
lautet x = ẏ = 0, ẋ > 0. In diesen Diagrammen lassen sich Linien konstanter Energie
auf y-Achsen-Abschnitte in (x, y)-Diagrammen beziehen. Tabelle 5.1 gibt die äquivalenten

67
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 68

Achsen-Abschnitte für die in dieser Arbeit relevanten Schnittbedingungen an.

ṙ = 0, φ̇ < 0 ṙ = 0, φ̇ > 0 ṙ1 = 0, φ̇1 < 0 ṙ1 = 0, φ̇1 > 0


x-Achsen-Abschnitt x<0 x>0 x < −1/2 x > −1/2
y-Achsen-Abschnitt y<0 y>0 - -

Tabelle 5.1: Achsen-Abschnitte von (x, y)-Diagrammen unterschiedlicher Anfangsbedin-


gungen, die Linien konstanter Energie in (x, E)- bzw. (y, E)-Diagrammen äquivalent sind.
Erklärung siehe Text.

Für einige Energielevels sind in Abbildung 5.1 die Linien konstanter Energie E einge-
zeichnet, die x-Achsen-Abschnitte in (x, y)-Diagrammen unterschiedlicher Anfangsbedin-
gungen entsprechen. Im Folgenden werden die Linien als Äquivalenzlinien bezeichnet.

−2.5
E=−1.980, x<0
E=−1.980, x>0 A B C D E=−1.828, x<0
E=−1.828, x>0
E=−1.730, x>0 E=−1.730, x<0 F
V1

V2

E=−1.425, x<0
E=−1.375, x>0 E=−1.375, x<0
E

0.0

+0.5
+2.0 L2 +0.5 0 / L1 −0.5 E L3 x −3.5

Abbildung 5.1: Äquivalenzlinien für einige Energielevels E. Die verschiedenen Energie-


werte entsprechen den gewählten in diesem Kapitel. Die x-Achsen-Abschnitte für Orbit-
Type-Diagrams bezüglich der Anfangsbedingung ṙ = 0, φ̇ < 0 sind mit dicken weißen Li-
nien eingezeichnet. Schraffiert eingezeichnet sind die entsprechenden x-Achsen-Abschnitte
bezüglich der Anfangsbedingung ṙ = 0, φ̇ > 0.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 69

5.2 Anfangsbedingung mit retrogradem Durchgang


durch extremale Entfernungen
5.2.1 Energielevel E = V4
Abbildung 5.2 zeigt ein Orbit-Type-Diagram für die Anfangsbedingung ṙ = 0, φ̇ < 0 und
den Energielevel E = V4 = −1.375.

Im Gegensatz zum (x, E)-Diagramm, läuft der x-Wert der Abzisse in (x, y)-Diagrammen
im Einklang mit der Darstellung der Orbits im Konfigurationsraum von links nach rechts.

Wie zuvor unterteilt sich das Orbit-Type-Diagram in folgende stabile Bereiche:


Stabile Orbits um das erste Zentrum sind in den Farben { }, { } und { }, stabile
Orbits um das zweite in den Farben { }, { } und { } dargestellt. Escape-Orbits
sind blau eingezeichnet, wobei die beiden (blau eingefärbten) Skalen unter dem Diagramm
Auskunft über die Escape-Zeiten tescape der Orbits geben.

Kollisionen mit Zentrum 1 sind in der Farbe { }, Kollisionen mit dem zweiten Zen-
trum in der Farbe { } dargestellt. Es wurde außerdem RM1,2 = 8.97 · 10−5 (also die
Standardwahl nach Abschnitt 3.1.5) verwendet. Die Position der Zentren sind durch die
gestrichelten Linien bei 1 und 2 im oberen Teil angedeutet.

Die Region der Orbitklasse 1b { } (retrograde Orbits um das erste Zentrum) ist in
eine Hauptregion mit sechs umgebenden Inseln unterteilt. Sie scheint die einzige Region
stabiler Bewegung um das erste Zentrum zu sein.

Die Symmetrien des Kopenhagen-Problems bleiben durch die Anfangsbedingung ṙ = 0,


φ̇ < 0 erhalten, so dass das OTD in der (x, y)-Ebene der Symmetrie (x, y) → (−x, −y)
folgen sollte - vorausgesetzt man betrachtet für einen Moment die Zentren als ununter-
scheidbar und dem entsprechend die Farben { }, { }, { }, { }, { }, { },
{ } und { } in Abbildung 5.2 als äquivalent. Wegen der Symmetrieerhaltung liegen
die stabilen Regionen des zweiten Zentrums { } symmetrisch zu den stabilen Regionen
des ersten.

Bei dem (x, E)-Diagramm, das in Kapitel 4 diskutiert wurde, folgt die Anfangsbedingung
y = ẋ = 0, ẏ > 0 keiner Symmetrie, weshalb das Diagramm auch keine erkennbaren Sym-
metrien besitzt. Das Integrationsverfahren nutzt die Symmetrie im (x, y)-Diagramm nicht
aus, was einerseits ineffektiv erscheint, weil dadurch die Hälfte der Rechenzeit eingespart
werden könnte. Andererseits ist die Nicht-Ausnutzung der Symmetrie ein guter Test des
Vertrauens in die Numerik.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 70

1 +2.0 2

Stabile Orbits

−2.0 x +2.0
3

Crash−Orbits

−2.0
C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 5.2: Oben: Orbit-Type-Diagram in der (x, y)-Ebene für das Kopenhagen-
Problem bei Energie E = −1.375. Als Anfangsbedingung wurde ṙ = 0, φ̇ < 0
verwendet. Die Hauptkörperradien betragen jeweils RM1,2 = 8.97 · 10−5 . Ausschnitt:
x, y = −2.0 . . . + 2.0 bei 1024 × 1024 Punkten. Darunter: Escape-Orbits 1-2-3. Erläute-
rungen siehe Text.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 71

Regionen der Orbitklasse 4


Die kleineren Regionen in der Farbe { } (siehe Pfeile in Abbildung 5.2) gehören zu
stabilen Orbits der Klasse 4. Nahe des Ursprungs auf der y-Achse gibt es weitere sta-
bile Bereiche, die wir uns in einer weiteren Vergrößerung (Abbildung 5.6) im nächsten
Abschnitt ansehen werden.

Crash-Regionen
Die Regionen der Farbe { } zeigen einen Crash mit dem ersten Hauptkörper an, die in
der Farbe { } entsprechend mit dem zweiten.
Sie winden sich, wie auch die vom Ursprung weiter entfernten nicht-stabilen Regionen,
spiralförmig aus dem Inneren des (x, y)-Orbit-Type-Diagrams heraus. Die spiralförmigen
Strukturen resultieren dabei aus der Rotation der Hauptkörper im Inertialsystem. Die
großflächigen Crash-Basins sind in Abbildung 5.3 besser zu erkennen und betitelt. Die
zu großflächigen Crash-Basins gehörigen Crash-Orbits laufen (wie Orbit 50 in Abbildung
4.13 auf Seite 57) direkt auf einen der Hauptkörper zu und kollidieren mit ihm. Gehören
die Crash-Orbits zu schmaleren Bereichen, führen sie im generischen Fall vor ihrem Crash
noch einige Umläufe um die Hauptkörper aus.
Auffällig sind die Crash-Basins, die auf eines der Zentren spitz zuzulaufen scheinen. In der
unmittelbaren Umgebung der Zentren läuft das Testteilchen direkt in eines der Zentren
(bzw. gegen den Rand einer Hauptkörperscheibe) - ohne das Crash-Basin zu verlassen, in
dem es gestartet ist.

Escape-Orbits 1, 2 & 3
Der untere Teil von Abbildung 5.2 zeigt drei Escape-Orbits. Orbit 1 stammt aus dem
auffälligen Escape-Basin nahe des Zentrums (siehe Abbildung 5.2 oben) und läuft ohne
großen Umweg spiralförmig aus dem inneren Gebiet heraus. Dieser Prozess dauert nur
21.2 Zeiteinheiten (siehe Tabelle 5.2).
Orbit 2 stammt aus einer der blau eingefärbten Regionen, die nicht an Bereichen von
Stabilität grenzen, aber trotzdem Escape-Orbits mit relativ hohen Werten von tescape ent-
sprechen. Der Orbit führt an Zentrum 2 vorbei, spiralt sich aus dem Zentrum heraus,
gelangt wieder ins Innere, beschreibt nahe des ersten Zentrums eine Schleife, um dann
endgültig spiralförmig auf den äußeren Kreis (grün) zuzulaufen. Dies dauert 81.2 Zeitein-
heiten, also knapp viermal länger als das direkte Hinausspiralen von Orbit 1.
Orbit 3 ist typisch für Orbits, die nahe an Stabilitätsbereichen liegen (tescape = 345.5 Zeit-
einheiten). In diesem Fall liegt der Escape-Orbit an einer der zentralen orangefarbenen
{ } stabilen Bereiche (siehe OTD). Fast die gesamte Zeit oszilliert das Testteilchen qua-
siperiodisch um die Bahn der entsprechenden Resonanz, bis es diesen Bereich nach außen
verlassen kann, um nach einer kurzen Schleifenbewegung schließlich sehr schnell die Sy-
stemgrenze zu erreichen. Die Ergebnisse der Numerik zur Berechnung von Orbit 3 und
dem Wert tescape hängen von den Integrationsparametern ab. Dem entsprechend steht der
gezeigte Orbit in Abbildung 5.2 nur für die Klasse der Escape-Orbits, die in der unmit-
telbaren Umgebung der in der Farbe { } eingefärbten Stabilitätsbereiche beginnen.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 72

Nr. x y tescape
1 0.125000 0.109375 21.2
2 -0.296875 0.269531 81.2
3 0 0.007812 (345.5)

Tabelle 5.2: Startwerte (x, y) und Escape-Zeiten der drei Escape-Beispielorbits 1, 2 & 3
bei E = −1.375. Der Wert tescape bezüglich Orbit 3 ist numerisch nicht verläßlich (siehe
Text). Abbildung 5.2 zeigt die Orbits.

Erste Vergrößerung
Abbildung 5.3 zeigt eine Vergrößerung der näheren Umgebung des Ursprungs von Abbil-
dung 5.2. Dargestellt ist der Bereich x, y = −1.2 . . . +1.2. Zusätzlich sind die Crash-Basins
E und F , die Haupt-Bereiche stabiler Orbits A, B, deren Inseln und die kleineren Bereiche
von Stabilität C und D { } eingezeichnet.
Die Kreuze und gekreuzten Kreise zeigen periodische Orbits bezüglich der Anfangsbedin-
gung ṙ = 0, φ̇ < 0 an. Die Eins in der Region A neben dem gekreuzten Kreis zeigt die
P -Periode an, d.h. nach dem Start bei diesem Punkt (x, y) wird die Startbedingung das
erste Mal wieder in diesem Punkt erreicht.

Bereich A mit Inseln


Die in sechs Inseln geteilten Regionen um A enthalten die Durchstoßpunkte eines Periode-
6-Orbits. Die Startposition wird also erst nach sechsmaligem Erfüllen der Schnittbedingung
erreicht. Die Inseln gehören zum rechts oben in Abbildung 5.4 gezeigten Orbit, dessen
quasiperiodische Umgebung die Inseln definiert.
Der Periode-1-Orbit des Bereichs stabiler Bewegung A ist links oben in Abbildung 5.4
gezeigt. Dieser kreisförmige Orbit stellt neben seinem Spiegel-Partner (siehe Region B)
eine der beiden Hauptresonanzen dar1 .

Bereich C & D
Zum Orbit C gehören die vier äußeren orangefarbenen Bereiche in Abbildung 5.3 und
die beiden inneren nahe des Ursprungs. Die Resonanzen dieser sechs stabilen Bereiche
definieren den in Abbildung 5.4 links unten gezeigten Orbit.
Der Orbit rechts unten entspricht den vier äußeren orangefarbenen Bereichen, die näher
am Ursprung liegen und den beiden äußeren, die nah am Ursprung liegen.
Beide Orbits gehören der Orbitklasse 4 an und besitzen die gleiche σ-Folge. Effektiv
winden sich diese weder um das erste noch um das zweite Zentrum (siehe Symbolfolge in
Tabelle 5.3).
1
Im folgenden lassen wir wegen der zitierten Symmetrie die Regionen um B außer Acht.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 73

1 +1.2 2

F
6 6
C
6 D
6 6 6
6
A B

1 6 1
−1.2 6 x +1.2

6 6

−1.2
C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 5.3: Vergrößerung der Umgebung des Ursprungs in Abbildung 5.2 von 1024 ×
1024 Punkten. Ausschnitt: x, y = −1.2 . . . +1.2. Eingezeichnet sind die stabilen (gekreuzte
Kreise) und instabilen (Kreuze) Hauptresonanzen, die Crash-Basins E und F und die sta-
bilen Regionen A, B, C und D. Eine weitere Vergrößerung des Ursprungs zeigt Abbildung
5.6. Erklärung siehe Text.

Eigenwerte
Tabelle 5.3 gibt die P -Periode an, die Periode bezüglich der (Poincaré-)Schnittbedingung
ṙ = 0, φ̇ < 0. Außerdem sind noch die Eigenwerte bezüglich der Poincaré-Abbildung
angegeben, für welche wegen der Symplektizität (Hamiltonischer Systeme wie dem RTBP)
λ1 ·λ2 = 1 gelten muss. Für die stabilen (elliptischen) Resonanzen sind diese vom Betrag 1
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 74

und komplex konjugiert. Für hyperbolische instabile Fixpunkte, die durch die Kreuze um
A repräsentiert sind, läßt sich aus den Eigenwerten (siehe Legende von Abbildung 5.5) die
Stärke der Instabilität ablesen. Vom Kopenhagen-Problem sind hyperbolische Fixpunkte
mit größten Eigenwerten im Bereich von einigen 1000 bekannt (siehe [31]). Dort wird die
Abhängigkeit von der Energie E diskutiert.
Die (als Kreuze eingezeichneten) hyperbolischen Fixpunkte sitzen an der Grenze zwischen
Bereichen stabiler und instabiler Bewegung im OTD. Bei 2d-Poincaré-Schnitten (chaoti-
scher) Systeme ist dies der generische Fall.

Abbildung 5.4: Oben: Periodische Orbits der zentralen Resonanzen für die Regionen A und
der Inseln um A. Unten: Periodische Orbits der zentralen Resonanzen für die Regionen C
und D aus Abbildung 5.3. Erklärung siehe Tabelle 5.3 und Text.

Zerfall eines instabilen Orbits


In Abbildung 5.5 ist der Zerfall des instabilen Orbits, der die sechs Kreuze um A defi-
niert, in drei Zeitpunkten festgehalten. Wäre die Numerik exakt und der Fixpunkt beliebig
genau bekannt, würde der in der Abbildung links gezeigte Orbit natürlich gar nicht zer-
fallen. Im zweiten Bild ist nach t2 = 108.2 Zeiteinheiten das Verlassen der periodischen
Bahn zu erkennen, bis schließlich das Testteilchen nach t3 = 346.7 Zeiteinheiten sogar den
gezeigten Ausschnitt mehrmals verläßt, bevor es gänzlich aus dem System befördert wird.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 75

Reso- Per.
(x, y) σ1 σ2 Kl. Eigenwerte
nanz σ/P
A (-0.733166, 0) {R} {0} 1/1 1b 0.627 ± 0.779i
A-Inseln (-0.953215, 0) {R} {0} 1/6 1b 0.643 ± 0.765i
{LORRO {OOOOO
C (0, -0.202054) LOOOO OOLOR 14/6 4 −0.944 ± 0.331i
OOOO} ROLO}
{LORRO {OOOOO
D (0,-0.0443069) LOOOO OOLOR 14/6 4 −0.303 ± 0.953i
OOOO} ROLO}

Tabelle 5.3: Kennwerte der zentralen elliptischen Resonanzen (gekreuzte Kreise) in Ab-
bildung 5.3. Anfangskoordinaten (x, y) bei E = −1.375, Orientierungen, σ-Periode und
Periode bezüglich des Poincaré-Schnitts ṙ = 0, φ̇ < 0, Orbitklasse und (projizierte) Ei-
genwerte der (x, y)-Ebene bezüglich des Poincaré-Schnitts. Der Orbit der Resonanz A
gehört nach Hénons Klassifikation der Klasse h an. Abbildung 5.4 zeigt die Orbits.

Abbildung 5.5: Links: Instabiler periodischer Orbit (Kreuze um Region A in Abbil-


dung 5.3) in der Simulation nach t1 = 25.7 Zeiteinheiten. Anfangskoordinaten: (x, y) =
(−0.661173, −0.302787), Eigenwerte: λ1,2 = 2.19, 0.456. Mitte und rechts: Orbit im Zerfall
nach t2 = 108.2 und t3 = 346.7 Zeiteinheiten. Erklärung siehe Text.

Abbildung 5.6 zeigt eine weitere Vergrößerung des Ursprungsbereichs von Abbildung 5.3.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 76

+0.4

y 2

6 3

−0.4 x +0.4
6
1

−0.4
C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 5.6: Vergrößerung der Ursprungsregion in Abbildung 5.3 von 1024 × 1024
Punkten. Ausschnitt: x, y = −0.4 . . . + 0.4. Eingezeichnet sind jeweils zwei Periode-6-
Fixpunkte der beiden Resonanzen C und D, die Anfangskoordinaten der Crash-Orbits 1
& 2 (siehe Abbildung 5.7) und die des stabilen Orbits 3. Erklärung siehe Text.

Tropfenförmige Regionen von Stabilität


Die vier tropfenförmigen organgefarbenen Bereiche von Stabilität sind in Abbildung 5.6
in Großaufnahme zu sehen. Zur Orientierung sind wieder die Periode-6-Fixpunkte wie in
Abbildung 5.3 eingezeichnet.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 77

Crash-Basins
Die schleifenförmigen Crash-Basins, die um den Ursprung angeordnet sind (Farben { }
und { }), sind ebenfalls besser zu erkennen. Die Schleifen stehen für Orbits, bei denen
das Testteilchen auf eines der Zentren zuläuft und nach einigen Umläufen mit der Scheibe
um diese kollidiert. Links in Abbildung 5.7 ist Beispielorbit 1 gezeigt. Er beginnt in einer
der Schleifen der Farbe { } um den Ursprung (siehe Abbildung 5.6).
Beispielorbit 2 stammt aus einem der geschlossenen Crash-Basins (siehe Abbildung 5.6)
in der Nähe des Ursprung. Beim Durchlauf dieser Orbits scheint die Anziehungskraft des
einen Hauptkörpers ausgenutzt zu werden, um das Testteilchen auf den anderen stürzen zu
lassen. Die in Abbildung 5.7 (rechts) gezeigte Crash-Bahn scheint dabei einem deformier-
ten Orbit der Resonanz C zu folgen (vergleiche mit Abbildung 5.4 (unten rechts)). Dieses
Verhalten zeigten alle untersuchten Crash-Orbits, die wie Orbit 2 in der geschlossenen
Crash-Region beginnen.

Abbildung 5.7: Crash-Orbits 1 und 2 aus Abbildung 5.6. Anfangspositionen (x, y) =


(0.103125, −0.100781) und (0.133593, 0.309375). Erklärung siehe Text.

Hochperiodische Orbits
Abbildung 5.8 zeigt einen stabilen Orbit der P -Periode 24. Er scheint sich vierfach aus
der Resonanz C (siehe unten links in Abbildung 5.4) aufgespalten zu haben. Bei stärkerer
Vergrößerung der Regionen um die y-Achsen-Schnittpunkte von Orbit 3 können weitere
Inseln der Stabilität mit hochperiodischen Orbits als Resonanzen vermutet werden. Dem
entsprechend werden weitere Vergrößerungen neue Details zum Vorschein bringen, die mit
der Komplexität der ((x, y)-)Orbit-Type-Diagrams einhergeht.

Abbildung 5.8: Periodischer Orbits zu-


gehörig zu den Ein-Pixel-Inseln in Ab-
bildung 5.6 (siehe Pfeile zu 3). Anfangs-
punkt: (x, y) = (0, 0.0117208), Orbitklas-
se: 12, σ-Folgen ebenfalls wie die zu C
und D (siehe Tabelle 5.3). Erklärung siehe
Text.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 78

Anfangsbedingung mit retrogradem Durchgang durch extremale Entfernun-


gen bezüglich des ersten Zentrums
Abbildung 5.9 zeigt ein Orbit-Type-Diagram für den gleichen Ausschnitt und gleicher
Energie wie in Abbildung 5.2, aber mit der Schnittbedingung bezüglich des ersten Zen-
trums: ṙ1 = 0, φ̇1 < 0.

1 +2.0 2

−2.0 x +2.0

−2.0
C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 5.9: Orbit-Type-Diagram für die (x, y)-Ebene bei Energie E = −1.375. Als
Anfangsbedingung wurde r˙1 = 0, φ̇1 < 0 gewählt. Die Hauptkörperradien betragen jeweils
RM1,2 = 8.97 · 10−5 . Ausschnitt: x, y = −2.0 . . . 2.0 von 1024 × 1024 Punkten. Bis auf die
Anfangsbedingung gelten bei diesem Orbit-Type-Diagram die gleichen Voraussetzungen
wie bei dem in Abbildung 5.2 auf Seite 70. Erklärung siehe Text.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 79

Unterschiede zum Fall ṙ = 0, φ̇ < 0


Vergleicht man die Abbildungen 5.2 und 5.9 miteinander, sind ähnliche Bereiche stabiler
und instabiler Bewegung in den Orbit-Type-Diagrams zu erkennen. Zwischen den beiden
Diagrammen kann man sich eine Transformation denken, die für die erkennbare Deforma-
tion sorgt. Der topologisch größte (sichtbare) Unterschied zwischen den Diagrammen ist
einerseits das Loch in dem Bereich A um das erste Zentrum, welches in Abbildung 5.10
vergrößert dargestellt ist, und die Zerstörung der Symmetrie (x, y) → (−x, −y) des Orbit-
Type-Diagrams in Abbildung 5.2 durch die geänderte P -Schnittbedingung bezüglich Zen-
trum 1.

Vergrößerung der Region um Zentrum 1


Abbildung 5.10 zeigt die Vergrößerung des Lochs in der Region A in Abbildung 5.9.

+0.066 1

1
2

Vergrößerung

−0.61 x −0.41

−0.074
C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 5.10: Vergrößerung der Region um Zentrum 1 aus Abbildung 5.9. Zentrum 1 ist
mit der 1 im oberen Teil des Bildes und dem gestrichelten Kreuz angedeutet. Ausschnitt:
x = −0.61 . . . −0.41, y = −0.06817 . . . +0.06893 von 1024 × 702 Punkten. Ein Ausschnitt
aus dem Zentralbereich mit zwei Inseln (1 und 2), welche zu den Orbits unten links und
rechts in Abbildung 5.4 gehören, ist zusätzlich eingezeichnet. Erklärung siehe Text.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 80

Die fünf Inseln im inneren Bereich gehören zu den fünf Inseln im äußeren Bereich um
Region A bzw. zum Periode-6-Orbit in Abbildung 5.4 oben rechts, welcher jetzt bezüglich
der Schnittbedingung ṙ1 = 0, φ̇1 < 0 zu einem Periode-5-Orbit wird.
Nahe des ersten Zentrums gibt es zwei orangefarbene Inseln (siehe Vergrößerung in Ab-
bildung 5.10). Die erste gehört zum Stabilitätsbereich vom in Abbildung 5.4 unten links
gezeigten Orbit, die zweite zum in dieser Abbildung rechts gezeigten Orbit.
In diesem Vergrößerungsbereich sind großflächige Crash-Basins { } sichtbar, die auf
das erste Zentrum spitz zulaufen. Die untersuchten zugehörigen Orbits (nicht gezeigt)
beschreiben Schleifen um Zentrum 1 und enden am Rand der kleinen Hauptkörper-Scheibe
um das erste Zentrum.
Bei den Crash-Basins dominieren Crash-Orbits bezüglich des ersten Hauptkörpers { }.
Crash-Basins der Farbe { } (Crash-Orbits bezüglich Zentrum 2) nehmen keine größeren
Flächen in dieser Vergrößerung ein. Trotz der unmittelbaren Nähe des ersten Zentrums
gibt es Orbits, bei denen das Testteilchen weder mit dem ersten Hauptkörper kollidiert,
noch stabil Zentrum 1 umläuft. Escape-Orbits (in blau) dominieren sogar Abbildung 5.10.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 81

5.2.2 Energiebereich V2 < E < V4


Abbildung 5.11 zeigt ein (x, y)-Orbit-Type-Diagram für die Energie E = −1.42578125,
welche zwischen V4 = −1.375 und V2 = −2.0 liegt. Ausschnitt und Schnittbedingung sind
mit dem OTD in Abbildung 5.2 auf Seite 70 identisch, d.h. wir kehren wieder zur Schnitt-
bedingung ṙ = 0, φ̇ < 0 zurück, aber erweitern die Untersuchungen auf Energiewerte
E 6= V4 .

1 +2.0 2

A B
−2.0 x +2.0

−2.0
C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 5.11: Orbit-Type-Diagram in der (x, y)-Ebene bei Energie E = −1.42578125.


Schnittbedingung: ṙ = 0, φ̇ < 0. Die Hauptkörperradien betragen jeweils RM1,2 = 8.97 ·
10−5 . Hauptausschnitt: x, y = −2.0 . . . +2.0 von 1024 × 1024 Punkten. Außerdem ist ein
kleinerer Ausschnitt gezeigt, der eine Region stabiler Orbits der Klasse 4 vergrößert.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 82

Weil das Testteilchen im Fall E < V4 energetisch tiefer liegt als die Potentialmaxima des
Jacobi-Potentials, besitzt das (x, y)-Diagramm zwei verbotene Zonen (grau dargestellt),
welche die Trojaner-Punkte umgeben.
Ein Beispielorbit aus der orangefarbenen Region von Stabilität der Orbitklasse 4 wurde
bereits in Abbildung 4.4 unten links auf Seite 47 diskutiert (Orbit 20). Dieser periodische
Orbit stammt aus der gezeigten Insel im (x, E)-Diagramm (oben in Abbildung 4.4, Seite
47). Diese Insel entspricht den beiden kleinen stabilen Inseln auf der x-Achse von Abbil-
dung 5.11 (siehe Ausschnitt), welche zu den beiden großen Inseln gehören, wie man sich
leicht an der Gestalt des Orbits klarmacht.

Die um die stabilen Regionen A und B angeordneten Inseln im OTD für E = −1.425
setzen sich im Vergleich mit dem OTD für E = −1.375 (in Abbildung 5.2, Seite 70) von
den großen Bereichen der Stabilität ab. Im Vergleich der entsprechenden Äquivalenzlinien
im (x, E)-Diagramm (siehe E = −1.425, x < 0 und E = −1.375, x < 0 in Abbildung
5.1) läßt sich dies ebenfalls nachvollziehen.

Crash-Basins
Des Weiteren fällt im Vergleich mit dem (x, y)-Orbit-Type-Diagrams in Abbildung 5.2
auf Seite 70 auf, dass sich in einigen Regionen die breiten Crash-Basins bezüglich des
einen Hauptkörpers über die Kollisions-Regionen des anderen zu schieben scheinen. Crash-
Orbits, die unmittelbar an der Grenze zwischen Crash-Basins der Farben { } und { }
beginnen, laufen sehr nahe an dem einen Hauptkörper vorbei, bevor sie mit dem anderen
kollidieren.

5.2.3 Energiebereich V1 < E < V2


In den folgenden drei Abschnitten wird die (x, y)-Ebene für Energien unmittelbar unter
V2 , zwischen V1 und V2 und unmittelbar über V1 diskutiert. Die Energielevels sind in
Abbildung 5.1 eingezeichnet (E = −1.730, E = −1.828 und E = −1.980).

Energielevel E . V2
Abbildung 5.12 zeigt ein (x, y)-OTD für den Energielevel E = −1.730 . V2 . Bei diesem
Energielevel kann das Testteilchen nicht entfliehen, da es von einer großflächigen verbote-
nen Region { } eingeschlossen ist. Der äußere instabile Bereich (blau) ist durch einen
Ring quasiperiodischer Bewegung der Orbitklasse 3b getrennt { }. In Abbildung 5.1 ist
zu erkennen, dass die Äquivalenzlinie für E = −1.730 und x < 0 die Region F schneidet.
Der Ring stabiler Bewegung entspricht also z.T. Orbits der Region F . Diese Region wurde
bereits in Abschnitt 4.4 (siehe Seite 55) untersucht.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 83

1 +2.0 2

−2.0 x +2.0

−2.0
C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 5.12: Orbit-Type-Diagram in der (x, y)-Ebene bei Energie E = −1.73046875.


Startbedingung: ṙ = 0, φ̇ < 0. Die Hauptkörperradien betragen jeweils RM1,2 = 8.97·10−5 .
Hauptausschnitt: x, y = −2.0 . . . +2.0 von 1024 × 1024 Punkten. Erklärung siehe Text.

Abbildung 5.13 zeigt eine Vergrößerung des inneren Escape-Orbit-freien Bereichs.


KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 84

1 +0.5 2

y
1

−1.1875 x +1.1875
2

−0.5
C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 5.13: Oben: Vergrößerung der zentralen Region in Abbildung 5.12 von 1024
× 431 Punkten. Ausschnitt: x = −1.1875 . . . +1.1875, y = −0.5 . . . +0.5. Unten: Orbit 1
mit einer Vergrößerung der Region um Zentrum 1. Rechts daneben: Orbit 2. Erklärung
siehe Text.

Die beiden Stabilitätsbereiche links des ersten und rechts des zweiten Zentrums nehmen
die größte Fläche stabiler Bewegung ein. Um sie herum sind Inselketten zu erkennen,
welche relativ eng an den großen Stabilitätbereichen liegen.
Unten links in Abbildung 5.13 ist der zu einer der Inselketten gehörige periodische Or-
bit 1 dargestellt. Die roten äußeren Punkte sind die Durchstoßpunkte bezüglich der P -
Schnittbedingung ṙ = 0, φ̇ < 0 in der (x, y)-Ebene, welche die Zentren der Inselgruppe
darstellen. Der vermeintlich einzelne rote Punkt in der Orbitdarstellung besteht in Wirk-
lichkeit aus 5 Durchstoßpunkten (siehe Vergrößerung rechts neben Orbit 1).

Die beiden kleinen Stabilitätsinseln auf der x-Achse gehören zu Orbits der Klassen 1a
{ } und 2a { }. Die Resonanz einer der Insel ist unten rechts in Abbildung 5.13
gezeigt (siehe Orbit 2). Tabelle 5.4 fasst die Orbits 1 und 2 zusammen.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 85

Nr. x y σ1 σ2 σ-Periode Klasse


1 -0.723718 0.346054 {R} {O} 1 1b
2 -0.306826 0 {L} {O} 1 1a

Tabelle 5.4: Startwerte (x, y), symbolische Orientierungsfolgen mit Periode und zugehöri-
ger Orbitklasse der beiden Beispielorbits in Abbildungen 5.13. Die geschweiften Klammern
stehen für periodische Symbolfolgen. Orbit 2 gehört nach der Klassifikation Hénons der
Klasse i an.

Energielevel E = −1.828
Abbildung 5.14 zeigt ein (x, y)-OTD für den Energielevel E = −1.828. Der dargestell-
te Bereich zeigt ausschließlich den Escape-Orbit-freien Teil, der (wie zuvor) von einer
verbotenen Zone eingegrenzt ist.

Orbit 1
Abbildung 5.1 zeigt die Äquivalenzlinie im (x, E)-Diagramm (E = −1.828, x < 0): Die
kleine Insel von Stabilität der Farbe { } etwa in der Mitte zwischen V1 und V2 wird von
der Äquivalenzlinie geschnitten. Sie korrespondiert den kleinen Inseln auf der x-Achse,
die in Abbildung 5.14 mit 1 indiziert ist. Der zugehörige periodische Orbit besitzt eine
P -Periode von 12. Die in Abbildung 5.14 mit 1 zusammengefassten vier Inseln besitzen
jeweils an der x- und y-Achse gespiegelte Gegenstücke. In Abbildung 5.14 zeigt Orbit 1
mit Durchstoßpunkten bezüglich der P -Schnittbedingung (rot dargestellt).
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 86

+0.440
y
4
1
3
A

−1.008 x +1.008

−0.440
C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 5.14: Oben: Orbit-Type-Diagram in der (x, y)-Ebene für den Energielevel
E = −1.828125. Startbedingung: ṙ = 0, φ̇ < 0. Die Hauptkörperradien betragen jeweils
RM1,2 = 8.97 · 10−5 . Ausschnitt: x = −1.008 . . . +1.008, y = −0.440 . . . +0.440 von 938 ×
409 Punkten. Darunter: Beispielorbits 1-2, 3-4 und Vergrößerung mit Durchstoßpunkten
bezüglich Orbit 4. Erklärung siehe Text.

Orbit 2
Die beiden in rot eingezeichnet Punkte in Abbildung 5.14 zu Orbit 2 entsprechen den
Schnittpunkten bezüglich der Schnittbedingung. Sie bilden die Zentren zweier kleiner
Stabilitätsinseln im OTD (siehe Pfeile zu 2).
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 87

Orbit 3
Es gibt noch acht weitere Inseln der Orbitklasse 3a, die in der verwendeten Auflösung
jeweils nur einen Pixel ausmachen. Zwei der Inseln und ihrem zugehörigen periodischen
Orbit sind in Abbildung 5.14 mit 3 gekennzeichnet. Die sechs anderen Inseln liegen zur
x- und y-Achse gespiegelt. Bezüglich der Schnittbedingung ṙ = 0, φ̇ < 0 besitzt Orbit 3
die P -Periode 8.

Orbit 4
Die 10 orangefarbenen Inseln um die beiden großen Stabilitätsbereiche gehören der Or-
bitklasse 4 an. Der zugehörige Orbit für die 5 Inseln um Region A ist in Abbildung 5.14
dargestellt. Der Orbit besitzt eine P -Periode von 8. Zu den fünf Schnittpunkten in der
Ebene gehören noch drei weitere, die in der Vergrößerung neben Orbit 4 dargestellt sind.
Die zugehörigen Stabilitätsbereiche in der unmittelbaren Umgebung von Zentrum 1 sind
im OTD kaum zu erkennen, da sie durch Bereiche von Crash-Orbits { } getrennt sind.
Tabelle 5.5 fasst Orbits 1-4 zusammen.

Nr. x y σ1 σ2 σ-P. Kl.


{LLLOOOOOOO {OOOOLLLLLL
1 -0.462418 0 18 3a
OOOLLLLL} LLOOOOOO}
2 -0.0852136 0 {LLOOLL} {OLLLLO} 6 3a
{OOLLLLLLLL {LLLOOOOOOO
3 0.285846 -0.0172243 18 3a
LLOOOOOO} OLLLLLLL}
{ROLLLORROL {OOOOOOOOOO
4 -0.925432 0 16 4
LLORRR} OOOOOO}

Tabelle 5.5: Startwerte (x, y) bei E = −1.828125, symbolische Orientierungsfolgen mit


Periode und zugehöriger Orbitklasse der Beispielorbits in Abbildung 5.14. Die geschweiften
Klammern stehen für periodische Symbolfolgen.

Energielevel E & V1
Abbildung 5.15 zeigt ein (x, y)-OTD für den Energielevel E = −1.980, welcher energetisch
unmittelbar über V1 liegt. Die Äquivalenzlinie für E = −1.980 und x < 0 ist in Abbildung
5.1 eingezeichnet. Das Linienstück zwischen x = 0 und dem Beginn der verbotenen Zone
verläuft fast ausschließlich durch Regionen der Orbitklassen 1a { }, 1b { } und 3a
{ }. Dies spiegelt sich auch im OTD wider: Neben den beiden größeren stabilen Regio-
nen A und B der Orbitklassen 1b und 2b dominiert die Orbitklasse 3a { }. Außerdem
gibt es im (x, y)-OTD noch zwei größere Inseln C und D der Klassen 1c { } und 2c
{ }.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 88

+0.3814
y
1

3
A C D B
−0.9185 2 x +0.9185

−0.3814
C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 5.15: Oben: Orbit-Type-Diagram in der (x, y)-Ebene für den Energielevel E =
−1.98046875. Schnittbedingung: ṙ = 0, φ̇ < 0. Die Hauptkörperradien betragen jeweils
RM1,2 = 8.97 · 10−5 . Ausschnitt: x = −0.9185 . . . + 0.9185, y = −0.3814 . . . +0.3814 von
989 × 436 Punkten. Darunter: Beispielorbits 1-3 und zugehörige Vergrößerungen jeweils
darunter. Rote Punkte zeigen P -Schnittpunkte in der (x, y)-Ebene an. Erklärung siehe
Text.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 89

Orbit 1
Die Schnittpunkte des periodischen Orbits 1 bilden die Zentren von 10 Inseln um Region
A, wovon 5 durch Pfeile markiert sind. Vier der Inseln befinden sich in unmittelbarer
Nähe des ersten Zentrums. Abbildung 5.15 zeigt den Orbit mit Vergrößerung (Bildpaar
links).

Orbit 2
Orbit 2 gehört zu den in Abbildung 5.15 markierten Inseln und den an der x-Achse
gespiegelten Gegenstücken. Zwei der Schnittpunkte sitzen direkt am ersten Zentrum (siehe
Vergrößerung), und ein weiterer direkt an der verbotenen Zone auf einer schmalen Insel
der Orbitklasse 1a.

Orbit 3
Bezüglich ṙ = 0, φ̇ < 0 besitzt Orbit 3 eine Schnittperiode von 32. Die Vergrößerung von
Orbit 3 zeigt die Schnittpunkte z.T. in unmittelbarer Nähe des ersten Zentrums. Jeden
der rot eingezeichneten Punkte ist mit Inseln assoziiert, die im OTD in der verwendeten
Auflösung schwer zu erkennen sind. Die auftretenden komplexen Inselketten der Klasse
1a { } sind mit weiteren hochperiodischen Orbits verbunden.
Tabelle 5.6 fasst die Beispielorbits zusammen. Die erwähnten P -Perioden sind nicht auf-
geführt.

Nr. x y σ1 σ2 σ-Per. Kl.


{LORROLLLLL {OOOOOOOOOO
1 -0.385327 0.343029 16 1c
LLLLLL} OOOOOO}
{LLLLLLLLOO {OOOOOOOOOO
2 -0.407944 0.0780167 14 1a
LLLL} OOOO}
3 -0.907767 -0.0400272 {L} {O} 1 1a

Tabelle 5.6: Startwerte (x, y), symbolische Orientierungsfolgen mit Periode und zugehöri-
ger Orbitklasse der drei Beispielorbits in Abbildung 5.15. Die geschweiften Klammern
stehen für periodische Symbolfolgen.

5.3 Anfangsbedingung mit rechtläufigem Durchgang


durch extremale Entfernungen
Die (x, y)-Orbit-Type-Diagrams in den Abbildungen zuvor fassen Orbits für die Anfangs-
bedingung mit retrogradem Durchgang durch extremale Entfernungen zusammen. Denkt
man an Planetensysteme, sind gegenläufige Himmelsobjekte die Ausnahme. Deswegen
wird in diesem Abschnitt eine Anfangsbedingung mit rechtläufigem Durchgang durch
extremale Entfernungen anhand Orbit-Type-Diagrams verschiedener Energielevels unter-
sucht.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 90

5.3.1 Energielevel E = V4
Bei einer Anfangsbedingung mit rechtläufigem Durchgang durch extremale Entfernun-
gen, also positivem Drehimpuls L > 0 des Testteilchens, ist die Energie (zu Beginn) im
Inertialsystem wegen EInertial = E + L (Gleichung (4.1)) größer als im mitrotierenden.
Große Energien E oder große Entfernungen vom Ursprung r führen zu großen Werten
des Drehimpulses, so dass für entsprechende Bereiche in Orbit-Type-Diagrams Escape-
Orbits dominieren werden. In Abbildung 5.16 ist dieses Phänomen dokumentiert: Insta-
bilität dominiert im Vergleich mit dem OTD für eine Anfangsbedingung mit retrogradem
Durchgang durch extremale Entfernungen (siehe oben in Abbildung 5.3 auf Seite 73).
Ausschnittsbereich und Energie E = V4 sind bei den Diagrammen identisch.

1 +1.2 2

Abbildung 5.16:
Orbit-Type-
2 Diagram in der
(x, y)-Ebene für
−1.2 x +1.2 den Energielevel
E = V4 = −1.375.
Anfangsbedingung:
ṙ = 0, φ̇ > 0.
Ausschnitt:
x, y = −1.2 . . .+1.2
von 512 × 512
Punkten. Die
Hauptkörperradien
betragen jeweils
RM1,2 = 8.97 · 10−5 .
−1.2 Erklärung siehe
C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000 Text.

5.3.2 Energiebereich V1 ≤ E ≤ V2
In der Region zwischen L1 , L2 und V1 , V2 kann es keine ungebundene Bewegung geben.
Abbildung 5.17 zeigt drei Orbit-Type-Diagrams zu unterschiedlichen Energielevels für die
Anfangsbedingung ṙ = 0, φ̇ > 0. Als Energielevels wurden dabei (wieder) E = −1.73,
E = −1.828 und E = −1.98 ausgewählt.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 91

E=−1.730 1 +0.5 2

1 y

B
C A D
−1.1875 x +1.1875

−0.5
E=−1.828 2 +0.440
y

A 4

−1.008 3 x +1.008

−0.440
E=−1.980 +0.3814
E 8
y
7

E 6

C A B D

−0.9185 x +0.9185

−0.3814
C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 5.17: Orbit-Type-Diagrams für drei verschiedene Werte der Energie zwischen
V1 und V2 . Startbedingung: ṙ = 0, φ̇ > 0. Oben E = −1.73046875, Ausschnitt: x =
−1.1875 . . . +1.1875, y = −0.5 . . . + 0.5 von 512 x 216 Punkten. Mitte: E = −1.828125,
Ausschnitt: x = −1.008 . . . +1.008, y = −0.44 . . . + 0.44 von 1024× 431 Punkten. Unten:
E = −1.98046875, Ausschnitt: x = −0.9185 . . . + 0.9185, y = −0.3814 . . . + 0.3814 von
989 × 436 Punkten. Erklärung siehe Text.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 92

Abbildung 5.1 auf Seite 68 zeigt, wo die Äquivalenzlinien für die drei Orbit-Type-Diagrams
im (x, E)-Diagramm liegen (siehe E = −1.730, x > 0; E = −1.828, x > 0 und E =
−1.980, x > 0).

Energielevel E = −1.730 . V2
Das OTD für den Energielevel E = −1.730 besitzt vier größere Stabilitätsregionen (A,
B, C und D). Orbit 1 gehört zu den vier kleinen Inseln von Stabilität der Orbitklasse 3a
(siehe Pfeile in Abbildung 5.16 und Abbildung 5.18). Ein spiegelsymmetrisch zur y-Achse
liegender Orbit (nicht gezeigt) gehört ebenfalls zu vier kleinen Stabilitätsinseln im OTD.
Er entspricht wie Orbit 1 der Orbitklasse k nach der Klassifikation von Hénon (vergleiche
auch die Diskussion der Orbits 3, 4 und 4’ auf Seite 42).

Abbildung 5.18: Beispielsorbit 1. P -


Schnittpunkte sind als rote Punkte einge-
zeichnet. Erklärung siehe Text.

Energielevel E = −1.828
In der Mitte von Abbildung 5.16 ist ein (x, y)-OTD für den Energielevel E = −1.828
dargestellt. Die großen Stabilitätsbereiche in der Farbe { } entsprechen Orbits der
Klasse 3a.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 93

Abbildung 5.19: Beispielsorbits 2-3, 4-5 und Vergrößerung zu Orbit 5. In rot sind Poincaré-
Schnittpunkte eingezeichnet. Erklärung siehe Text.

Abbildung 5.19 zeigt den quasiperiodischen Orbit 2 mit rot eingezeichneten Poincaré-
Schnittpunkten. Er ist typisch für die Region der Klasse 3a { }. Einige der Poincaré-
Schnittpunkte sitzen direkt an der Zero-Velocity-Kurve, wobei die zugehörigen Stabi-
litätsinseln im OTD kaum zu erkennen sind. Rechts neben Orbit 2 in Abbildung 5.19 ist
der periodische Orbit 3 dargestellt. Er besitzt die Schnitt-Periode 12 und stellt eine der
Resonanzen des Gebiets der Farbe { } dar.
Im OTD sind die Anfangskoordinaten eingezeichnet (siehe 2 und 3).

Orbit 4 gehört zu 12 kleinen Stabilitätsinseln, von denen nur vier in Abbildung 5.16
(Mitte) mit Pfeilen markiert sind. Die anderen zum Orbit zugehörigen Inseln liegen sym-
metrisch zur x- und y-Achse.

Orbit 5 stellt die Resonanz der orangefarbenen Inselkette um die Region A dar. Rechts
neben Orbit 5 (in Abbildung 5.19) ist eine Vergrößerung der Region um Zentrum 1 dar-
gestellt. Dort sind vier Schnittpunkte zu erkennen, die so nahe an Zentrum 1 liegen, dass
die entsprechenden Stabilitätsinseln im OTD kaum zu erkennen sind. Der Orbit besitzt
eine P -Periode von 8.

Die Orbits 3 und 4 (Anfangsbedingung ṙ = 0, φ̇ > 0) sind mit den Orbits 1 und 3
(Anfangsbedingung ṙ = 0, φ̇ < 0) in Abbildung 5.14 identisch, man vergleiche jedoch
die rot eingezeichneten Schnittpunkte. Die Orbits schneiden die x-Achse in zwei Punkten
senkrecht, weswegen solche Redundanzen bei verschiedenen Anfangsbedingung auftreten
können (vergleiche Abschnitt 3.2.2 auf Seite 36).

Tabelle 5.7 fasst die vier Orbits zusammen.


KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 94

Die Crash-Basins des OTD werden von Crash-Orbits bezüglich des ersten Hauptkörpers
bestimmt. Deswegen überwiegt die Farbe { }.

Energielevel E = −1.98046 & V1


Unten in Abbildung 5.16 ist ein OTD für die Energie E = −1.98046 dargestellt. Die x-
Achsen-Schnitte der Bereiche A, B, C, D lassen sich anhand Abbildung 5.1 auf Seite 68
in Zusammenhang mit dem diskutierten (x, E)-Diagramm bringen.

Abbildung 5.20: Beispielsorbits 6-7-8 zur Energie E = −1.98046. Die Schnittpunkte


bezüglich der Anfangsbedingung (ṙ = 0, φ̇ > 0) sind rot eingezeichnet. Erklärung sie-
he Text.

Die Regionen, die mit E bezeichnet sind, entsprechen gebundenen Orbits der Klasse 1a.
Der quasiperiodische Orbit 7 stammt aus dieser Region. Orbit 6 ist periodisch und gehört
zu zwei Schnittpunkten in der (x, y)-Ebene, die nahe am Ursprung sitzen (siehe Orbit-
darstellung). Als Beispiel für Orbits aus der stabilen Region um A ist Orbit 8 gezeigt. Er
ist wie die zugehörige Symbolfolge aperiodisch und gehört der Orbitklasse 1a an (siehe
Tabelle 5.7).

Crash-Regionen sind ausschließlich unmittelbar um die stabilen Bereiche A und B zu


finden. Im Gegensatz zu den Orbit-Type-Diagrams der anderen beiden Energielevels do-
minieren Regionen stabiler Bewegung.
KAPITEL 5. DIE (x, y)-EBENE FÜR DAS KOPENHAGEN-PROBLEM 95

Nr. x, y, E σ1 σ2 σ-P. Kl.


1 -0.577431, 0, -1.73046 {L} {L} 1 3a
{LOOOOO {OOLLLL
2 -0.395718, 0.372621, -1.82812 OOOOOL LLLLOO 18 3a
LLLLLL} OOOOOO}
{OOOOOO {LLLLLL
3 0.579102, 0.0850822, -1.82812 OLLLLL OOOOOO 18 3a
LLLOOO} OOOOLL}
{LLLLOO {OOOLLL
4 -0.911347, 0, -1.82812 OOOOOO LLLLLL 18 3a
LLLLLL} LOOOOO}
{LORROL {OOOOOO
5 -0.423270, 0.172020, -1.82812 LLORRR OOOOOO 16 4
ROLL} OOOO}
{LLLLLL {OOOOOO
LLLLLL OOOOOO
LLLLLL OOOOOO
6 0, 0.00337037, -1.98046 LLLOOO OOLLLL 42 3a
OOOOOO LLLLLL
OOOOOO LLLLLL
OOOOOL} LLLLLL}
7 -0.713990, 0.328181, -1.98046 {L} {O} 1 1a
LOOLLL
LLLLOO
LLLLLL
LOOLLL
LLLLLL
8 -0.322910, 0.246579, -1.98046 LLLOOL {O} - 1a
LLLLLL
LLLLLL
LLLLLL
LLLLLL
LOO. . .

Tabelle 5.7: Startwerte (x, y), Energielevel E, symbolische Orientierungsfolgen, σ-Periode


und zugehörige Orbitklasse der Beispielorbits aus Abbildung 5.17. In geschweiften Klam-
mern stehen periodische Symbolfolgen.
Kapitel 6

Die (y, E)-Ebene

Die diskutierten (x, E)-Diagramme erfassen ausschließlich Orbits, die senkrechte x-Achsen-
Schnitte besitzen. Stabile Trojaner-Orbits in unmittelbarer Umgebung der Trojaner-Punkte
können in (x, E)-Diagrammen nicht erfasst werden, weil sie die x-Achse gar nicht schnei-
den. Im Folgenden werden (y, E)-Orbit-Type-Diagrams eingeführt, die eine Ergänzung zu
den (x, E)-Diagrammen darstellen und in denen Orbits erfasst werden können, die keine
x-Achsen-Schnittpunkte (mit ẋ = 0) besitzen. Die Diagramme werden für verschiedene
Werte des Massenverhältnisses µ diskutiert und miteinander verglichen. Es werden einige
wenige Beispielorbits diskutiert, wobei sich die Diskussion auf wesentliche Unterschiede
zwischen den Diagrammen beschränkt.

6.1 Anfangsbedingung und Extrema der Zero-Velocity-


Kurve
Die Anfangsbedingung eines Orbit-Type-Diagrams in der (y, E)-Ebene sei: x = ẏ =
0, ẋ > 0. Ein Orbit beginnt also auf der y-Achse mit zur y-Achse senkrechtem Ge-
schwindigkeitsvektor in positiver x-Richtung. Ausgehend von der Schnittbedingung der
(x, E)-Diagramme y = ẋ = 0, ẏ > 0 stellt sie eine natürliche Erweiterung dar.

Da die Koordinate x und die Energie E die Achsen des Diagrammsp darstellen sollen, folgt
für die Geschwindigkeitskomponente in x-Richtung: ẋ = + 2(E − VJ (0, y)). Aus dem
Radikanden erhält man eine Darstellung für die Zero-Velocity-Kurve im (y, E)-Diagramm:
1 1−µ µ
E(y) = − y 2 − p −p . (6.1)
2 y 2 + µ2 y 2 + (1 − µ)2
Die Kurve besitzt drei Extrema für 0 ≤ µ ≤ 1, deren y-Achsen-Koordinaten wir mit y0 ,
y1 und y2 bezeichnen wollen. Man erhält sie aus der Lösung der Gleichung E 0 (y) = 0. Da
(1 − µ)y µy
E 0 (y) = −y + 2 2 3/2
+ 2 , (6.2)
(y + µ ) (y + (1 − µ)2 )3/2
folgt, dass y0 ≡ 0 eine Nullstelle darstellt. Die anderen beiden Nullstellen y1 und y2 sind
reell (für 0 ≤ µ ≤ 1), unterscheiden sich nur um ihr Vorzeichen und lassen sich für die

96
KAPITEL 6. DIE (y, E)-EBENE 97

Massenverhältnisse
√ µ = 0, µ = 1/2 und µ = 1 analytisch angeben. Für µ = 1/2 gilt:
y1,2 = ± 3/2 ≈ ±0.866025. Tabelle 6.1 fasst die Werte von y1 für einige Werte des
Massenverhältnisses µ zusammen1 .

µ y1
1/2 0.8660254040
1/3 0.8968454233
1/5 0.9426026077
1/11 0.9771814153
1/25 0.9907389112
1/82.3 0.9973218270

Tabelle 6.1: Numerische Werte von y1 (das eines der Extrema der Zero-Velocity-Kurve
in (y, E)-Orbit-Type-Diagrams angibt) für in dieser Arbeit relevanten Werte des Massen-
verhältnisses µ. Die numerischen Werte wurden mit dem Softwarepacket Maple berechnet.

6.2 Fehlen periodischer Orbits in der (y, E)-Ebene für


0 < µ < 1/2
Im Gegensatz zum Fall µ = 1/2 mit der (zusätzlichen) Symmetrie (x, y, t) → (−x, −y, t)
des RTBP (siehe Abschnitt 1.2), sind periodische Orbits für 0 < µ < 1/2, welche die y-
Achse im rechten Winkel schneiden, eher die Ausnahme als die Regel. Deswegen besitzen
periodische Orbits für 0 < µ < 1/2 i.A. keine Schnittpunkte in der (y, E)-Ebene zu der
Schnittbedingung x = ẏ = 0, ẋ > 0.
In den folgenden (y, E)-Diagrammen werden deshalb, falls möglich, die Zentren einiger
quasiperiodischer Orbits in der (x, E)-Ebene angegeben.

6.3 Dominanz des ersten Hauptkörpers für kleinere


µ-Werte
Der Abstand zwischen Zentrum 1 und dem Ursprung beträgt µ Längeneinheiten. Da die
Orbits wegen der Anfangsbedingung für (y, E)-Diagramme auf der y-Achse beginnen,
liegen die Anfangspunkte für kleinere µ-Werte näher am ersten Zentrum als für größere
Werte des Massenverhältnisses. Zusätzlich gewinnt der erste Hauptkörper an Masse für
kleiner werdendes µ. In den (y, E)-Diagrammen ist deswegen für kleinere Werte von µ
mit mehr Regionen gebundener Bewegung bezüglich Zentrum 1 zu rechnen als für größere
Werte des Massenverhältnisses.
Außerdem ist für µ < 1/2 mit einer Dominanz von Crash-Basins bezüglich des ersten
Hauptkörpers zu rechnen.
1
Im Folgenden soll y1 die positive Nullstelle von (6.2) bezeichnen. Auf eine detaillierte Diskussion des
in (6.2) abseparierbaren Polynoms 6. Ordnung (in y 2 ) wird hier verzichtet.
KAPITEL 6. DIE (y, E)-EBENE 98

6.4 Kopenhagen-Problem µ = 1/2


Abbildung 6.1 zeigt ein (y, E)-OTD für das Kopenhagen-Problem.
Im Bereich A (zwischen V1 und V2 ) ist das Testteilchen eingeschlossen. Für Energien
größer als die Trojaner-Energie E > V4 verschwinden die verbotenen Bereiche, welche die
Bewegung beschränken.

Orbits 1-4
Abbildung 6.1 zeigt einige Beispielorbits. Die Orbits 1 und 2 schneiden die x-Achse an
zwei Stellen im rechten Winkel und sind deswegen symmetrisch zur x-Achse, wie alle peri-
odischen Orbits im (x, E)-OTD aus Kapitel 4. Die Orbits 3 und 4 besitzen keine x-Achsen-
Schnittpunkte mit ẋ = 0 und finden damit keine Entsprechung im (x, E)-Diagramm (oder
in den entsprechenden Stability Diagrams von Hénon et al.). Sie sind asymmetrisch zur
x-Achse.

Stabilitätsinseln 5, 6 und 7
Ausschließlich Orbits, die senkrechte x- und y-Achsen-Durchgänge besitzen, finden sich
sowohl im (x, E)- als auch im (y, E) Diagramm wieder. Die Inseln von Stabilität, die im
OTD mit 5, 6 und 7 numeriert wurden, besitzen Resonanzen, die mit den periodischen
Orbits 21, 20 und 22 in Abbildung 4.4 auf Seite 47 identisch sind.

Crash-Basins B und C
Die Crash-Basins B und C, die sich durch weite Teile der (y, E)-Ebene ziehen, entsprechen
Orbits, die nach kurzer Zeit mit einem der Hauptkörper kollidieren.
KAPITEL 6. DIE (y, E)-EBENE 99

1
V1

V2 A

2 3 5
7 6

V4

E B

0.0
4

−y1 C

−1.0 0/y0 +y1 y +3.5


C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 6.1: Oben: Orbit-Type-Diagram für das Kopenhagen-Problem µ = 1/2 in der


(y, E)-Ebene. Anfangsbedingung: x = ẏ = 0, ẋ > 0, Ausschnitt y = −1 . . . + 3.5, E =
+0.5 . . . − 2.2 von 1024 × 512 Punkten. Hauptkörperradien: RM1,2 = 8.97 · 10−5 . Darunter:
Orbits 1-2 und 3-4. Erklärung siehe Text.
KAPITEL 6. DIE (y, E)-EBENE 100

Nr. y E σ1 σ2 σ-Per. Kl.


{OOOOOLLLLL {LLLLOOOOOO
LLLLLOOOOO OOOOLLLLLL
OOOOOLLLLL LLLLOOOOOO
LLLLLOOOOO OOOOLLLLLL
OOOOOLLLLL LLLLOOOOOO
1 0.933396 -1.93632 LLLLLOOOOO OOOOOOLLLL 102 3a
OOOOOLLLLL LLLLLLOOOO
LLLLLOOOOO OOOOOOLLLL
OOOOOLLLLL LLLLLLOOOO
LLLLLOOOOO OOOOOOLLLL
OO} LL}
2 -0.292448 -1.56718 {OOLLLL} {LLLOOL} 6 3a
{OOOOOOOLOR {LORROLOOOO
3 0.177739 -1.40898 14 4
ROLO} OOOO}
4 0.329348 0.394531 {R} {R} 1 3b

Tabelle 6.2: Startwerte (y, E), symbolische Orientierungsfolgen mit zugehöriger Periode
und Orbitklasse für die Beispielorbits 1-4 in Abbildung 6.1. In geschweiften Klammern
stehen periodische Symbolfolgen.
KAPITEL 6. DIE (y, E)-EBENE 101

6.5 Massenverhältnis µ = 1/3


Abbildung 6.1 zeigt ein (y, E)-OTD für das Massenverhältnis µ = 1/3, das wir mit dem
OTD für µ = 1/2 vergleichen wollen.

2 1
V1
3
V2 A

E
V4

D
E

C
0.0

−y1

−1.0 0/y0 +y1 y +3.5


C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 6.2: Oben: Orbit-Type-Diagram für in der (y, E)-Ebene bei dem Massen-
verhältnis µ = 1/3. Anfangsbedingung: x = ẏ = 0, ẋ > 0, Ausschnitt y =
−1 . . . + 3.5, E = +0.5 . . . − 2.2 von 1024 × 512 Punkten. Hauptkörperradien: RM1 =
8.97 · 10−5 , RM2 = 7.84 · 10−5 . Darunter: Orbits 1-2-3. Erklärung siehe Text.
KAPITEL 6. DIE (y, E)-EBENE 102

Region A und Orbits 1-3


Orbit 1 stammt von einer kleinen Stabilitätsinsel, die von dem Crash-Gebiet A { } um-
geben ist. Eine vergleichbare Region von Crash-Orbits bezüglich des ersten Hauptkörpers
gibt es im (y, E)-OTD für µ = 1/2 nicht. Sie erstreckt sich über die drei wichtigen Ener-
giemarken V1 , V2 und V4 .
Orbit 2 stammt aus einer Stabilitätsregion der Orbitklasse 3a unmittelbar unterhalb der
V1 -Linie. Der Orbit zeigt einen chaotischen Wechsel zwischen Umläufen um beide Zentren,
ist aber orientierungserhaltend (siehe Tabelle 6.3).
Der Beispielorbit 3 gehört zu der Insel von Stabilität der Orbitklasse 1a, die inmitten des
Crash-Gebiets zwischen V1 und V2 liegt. Die Orbits 1 und 3 sind quasiperiodisch. Deren
periodische Zentren können nicht in der (y, E)-Ebene angegeben werden (siehe Abschnitt
6.2).

Regionen A, B, C und D
Die Region A ist das größte Crash-Basin bezüglich des ersten Hauptkörpers. Die zu-
gehörigen Crash-Orbits beschreiben einige Umläufe um Zentrum 1, bevor sie mit der
Hauptmasse kollidieren (nicht gezeigt). Bei anderen großflächigeren Crash-Basins läuft
das Testteilchen direkt auf eines der Zentren zu und kollidiert mit dem Hauptkörper. Zu
solchen Bereichen gehören die beiden Crash-Basins B, C und und die Crash-Bereiche um
D, E und F im OTD. Im Vergleich mit der (y, E)-Ebene für µ = 1/2 zeigt Region C
kaum eine Veränderung, während sich das Crash-Basin B verschiebt und verschmälert.

Nr. y E σ1 σ2 σ-Per. Kl.


{RROLLLLLLL {OOOOOOOOOO
1 0.230468 -1.98906 16 1c
LLLLLO} OOOOOO}
2 -0.195800 -1.94160 L. . . O. . . L. . . O. . . L. . . O. . . - 3a
3 -0.279296 -1.90996 {L} {O} 1 1a

Tabelle 6.3: Startwerte (y, E), symbolische Orientierungsfolgen mit zugehöriger Periode
und Orbitklasse für drei Beispielorbits aus Abbildung 6.2. Punkte (. . .) zeigen Wieder-
holungen des letzten Symbols in unregelmäßiger Anzahl an. In geschweiften Klammern
stehen periodische Symbolfolgen.
KAPITEL 6. DIE (y, E)-EBENE 103

6.6 Massenverhältnis µ = 1/5


Abbildung 6.3 zeigt ein (y, E)-OTD für das Massenverhältnis µ = 1/5.

V1
G
V2

V4 E

F
D
E

C
0.0

−y1

0/y0 +y1 y +3.5


C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 6.3: Oben: Orbit-Type-Diagram für das Massenverhältnis µ = 1/5 in der


(y, E)-Ebene. Anfangsbedingung: x = ẏ = 0, ẋ > 0, Ausschnitt y = −1 . . . + 3.5, E =
+0.5 . . . − 2.2 von 1024 × 512 Punkten. Haupkörperradien: RM1 = 8.97 · 10−5 , RM2 =
6.61 · 10−5 . Erklärung siehe Text.

Region A
Im Vergleich mit dem (y, E)-OTD für µ = 1/3 hat sich die Region um A von einem
Crash-Basin zu einer Stabilitätsregion der Orbitklasse 1b entwickelt, die weit in das Gebiet
unterhalb der V4 -Linie hineinreicht.

Regionen B, C, D, E und F
Crash-Basins der Farbe { } (wie B) werden wie erwartet im Vergleich mit dem OTD
für µ = 1/3 deutlich schmaler. Des Weiteren verstärken sich die Crash-Regionen der Far-
be { } (wie die Basins um D), wohingegen um den Bereich F keine großflächigeren
KAPITEL 6. DIE (y, E)-EBENE 104

Crash-Basins zu erkennen sind.

Die kleine Stabilitätsinsel in Abbildung 6.2, von der der Beispielorbit 3 stammt, erweitert
sich zu einer größeren Region G in Abbildung 6.3.

6.7 Massenverhältnis µ = 1/11


Abbildung 6.4 zeigt ein (y, E)-OTD für das Massenverhältnis µ = 1/11.

V1
V2

V4

1 2
3
A

E D

C
B

0.0

−y1 0/y0 +y1 y +3.5


C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 6.4: Oben: Orbit-Type-Diagram für das Massenverhältnis µ = 1/11 in der


(y, E)-Ebene. Anfangsbedingung: x = ẏ = 0, ẋ > 0, Ausschnitt y = −1 . . . + 3.5, E =
+0.5 . . . − 2.2 von 512 × 256 Punkten. Haupkörperradien: RM1 = 8.97 · 10−5 , RM2 =
5.08 · 10−5 . Erklärung siehe Text.

Regionen A, B, C und D
Die stabile Region A wächst im Vergleich mit Abbildung 6.3 weiter, wohingegen die Crash-
Region B an Fläche verliert. Die Crash-Basins C und D bilden in Abbildung 6.4 komplexe
Verästellungen aus.
KAPITEL 6. DIE (y, E)-EBENE 105

Orbits 1-3
Oben links in Abbildung 6.5 ist der quasiperiodische Orbit 1 dargestellt. Rechts da-
neben ist der zugehörige periodische Orbit gezeigt, welcher nicht im (y, E)-Diagramm
eingezeichnet werden kann (siehe Abschnitt 6.2). Der Orbit besitzt den Schnittpunkt
(x, E) = (−0.0648374, −1.11367) im entsprechenden (x, E)-OTD. Rechts neben dem pe-
riodischen Orbit ist eine Vergrößerung dargestellt, welche die 12 x-Achsen-Schnittpunkte
des Orbits besser auflöst.

Orbit 2 korrespondiert im (y, E)-OTD einer Stabilitätsinsel unmittelbar neben der zu


Orbit 1 (siehe Abbildung 6.4 und links unten in Abbildung 6.5). Der entsprechende pe-
riodische Orbit besitzt zwei x-Achsen-Schnittpunkte und ist ebenfalls nicht im (y, E)-
Diagramm repräsentiert. Die Koordinaten im (x, E)-Diagramm lauten (−0.0635322, −1.09257).

Orbit 3 und der entsprechende periodische Orbit sind rechts unten in Abbildung 6.5 dar-
gestellt. Der periodische Orbit besitzt 6 x-Achsen-Schnittpunkte. Die Koordinaten im
(x, E)-Diagramm lauten (−0.0752801, −1.07148).

Die quasiperiodischen Orbits 1-3 sind in Tabelle 6.4 zusammengefasst.

Nr. y E σ1 σ2 σ-Per. Kl.


1 1.13574 -1.11367 {L} {O} 1 1a
2 1.18847 -1.09257 {L} {O} 1 1a
3 1.25000 -1.07148 {L} {O} 1 1a

Tabelle 6.4: Startwerte (y, E), symbolische Orientierungsfolgen mit zugehöriger Periode
und Orbitklasse für drei Beispielorbits aus Abbildung 6.4. In geschweiften Klammern
stehen periodische Symbolfolgen.
KAPITEL 6. DIE (y, E)-EBENE 106

Abbildung 6.5: Oben: Quasiperiodischer Orbit 1, periodischer Orbit zu 1, Vergrößerung


der Region um Zentrum 1 des periodischen Orbits. Unten: Quasiperiodischer Orbit 2,
periodischer Orbit zu 2 und Orbit 3 und periodischer Orbit zu 3.

6.8 Massenverhältnis µ = 1/25


Abbildung 6.4 zeigt ein (y, E)-OTD für das Massenverhältnis µ = 0.04, welches etwas über
dem Routhschen Wert µ1 ≈ 0.038 liegt. Bei diesem Massenverhältnis können keine stabilen
Trojaner-Orbits (etwa in größerer Entfernung von den Trojaner-Punkten) im Diagramm
identifiziert werden, jedoch zeigt sich eine eindrucksvolle Komplexität des Orbit-Type-
Diagrams.
Im OTD gibt es im Vergleich mit dem zu µ = 1/11 eine Fülle von großflächigen Stabi-
litätsbereichen und kleineren Inseln von Stabilität unterschiedlicher Orbitklassen.
An Hand von acht Beispielorbits einiger Stabilitätsbereiche sind einige dieser Regionen
charakterisiert.
Die Orbits sind in Tabelle 6.5 zusammengefasst.
KAPITEL 6. DIE (y, E)-EBENE 107

V1
V2 4
1 2
V4 5

E
7
8

0.0

−y1 0/y0 +y1 y +3.5


C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 6.6: Oben: Orbit-Type-Diagram für das Massenverhältnis µ = 1/25 in der


(y, E)-Ebene. Anfangsbedingung: x = ẏ = 0, ẋ > 0, Ausschnitt y = −1 . . . + 3.5, E =
+0.5 . . . − 2.2 von 1024 × 512 Punkten. Haupkörperradien: RM1 = 8.97 · 10−5 , RM2 =
3.87 · 10−5 . Darunter: Orbits 1-2-3-4 und 5-6-7-8. Die Orbits sind in Tabelle 6.5 zusam-
mengefasst.
KAPITEL 6. DIE (y, E)-EBENE 108

Nr. y E σ1 σ2 σ-Per. Kl.


1 -0.819824 -1.53554 {L} {O} 1 1a
2 -0.556152 -1.56191 {L} {L} 1 3a
3 0.234863 -0.101171 {RRRRRR} {OOORRO} 6 2b
4 0.854492 -1.51445 {L} {O} 1 1a
5 1.21484 -1.19804 {L} {O} 1 1a
6 1.18408 -0.987109 {L} {O} 1 1a
{OLORROORRO {ROORROORRO
7 2.01904 -0.586328 LOROLORRRR ORROORROOR 24 3e
OLOR} ROOR}
8 2.60351 -0.639062 {OOROOR} {RRROOR} 6 3b

Tabelle 6.5: Startwerte (y, E), symbolische Orientierungsfolgen mit zugehöriger Periode
und Orbitklasse für drei Beispielorbits aus Abbildung 6.6. In geschweiften Klammern
stehen periodische Symbolfolgen.

6.9 System Erde-Mond µ = 1/82.3


Abbildung 6.7 zeigt ein (y, E)-OTD für das Massenverhältnis µ = 1/82.3, welches etwa
dem System Erde-Mond entspricht.

Die Energiemarken V1 und V2 sind im Bild kaum noch voneinander zu trennen, weil für
µ → 0 die Lagrangepunkte L1 und L2 zusammenfallen, weswegen sich auch die Potenti-
alwerte angleichen (siehe auch Abbildung 1.6 auf Seite 16).

Die großflächigen Crash-Regionen { } trennen verschiedene Bereiche unterschiedlicher


Orbitklassen und dominieren wegen des kleinen Massenverhältnisses die Crash-Regionen
bezüglich des zweiten Hauptkörpers { }.

Abbildung 6.7 (unten) zeigt acht Beispielorbits, die in Tabelle 6.6 zusammengefasst sind.
Die Orbits 2, 4 und 5 sind Trojaner-Orbits, die in den bislang diskutieren Diagrammen
zum ersten Mal vorkommen. In Tabelle 6.6 fehlen die Einträge der Symbolfolgen und
Symbolperioden für die Trojaner-Orbits, da sie die x-Achse nicht schneiden und damit
formal der Orbitklasse 4 zugeordnet werden (siehe Kapitel 2).

Das Testteilchen im RTBP für µ = 1/82.3 entspricht einem Satelliten, der die Erde
(Zentrum 1), den Mond (Zentrum 2) oder beide Himmelskörper umkreist. Im OTD in
Abbildung 6.7 wird z.B. der Orbit eines (rechtläufigen) künstlichen Erdsatelliten in der
Region S zu finden sein, welche Orbits kaum gestörter Kepler-Ellipsen entspricht.
KAPITEL 6. DIE (y, E)-EBENE 109

V1
V2
V4 4 7
2
1 5

3
6
D
E

0.0

−y1 0/y0 +y1 y +3.5


C1 C2 1a 1b 1c 2a 2b 2c 3a 3b 3c 3d 3e 4 0 0 85.33 85.34 10000

Abbildung 6.7: Oben: Orbit-Type-Diagram für das Massenverhältnis µ = 1/82.3 in der


(y, E)-Ebene. Anfangsbedingung: x = ẏ = 0, ẋ > 0, Ausschnitt y = −1 . . . + 3.5, E =
+0.5 . . . − 2.2 von 1024 × 512 Punkten. Haupkörperradien: RM1 = 8.97 · 10−5 , RM2 =
2.60 · 10−5 . Darunter: Orbits 1-2-3-4 und 5-6-7-8.
KAPITEL 6. DIE (y, E)-EBENE 110

Nr. y E σ1 σ2 σ-Per. Kl.


1 -0.969238 -1.48281 {R} {R} 1 3b
2 -0.499023 -1.37207 - - - 4
{OOOOLOOOOO {RRRROOOOOO
3 -0.0727539 -0.923828 12 3c
OL} OO}
4 1.09619 -1.49335 - - - 4
5 1.46533 -1.38261 - - - 4
{OLOOLOOLOO {OOOOORROOO
LOOLOOLORO ORROOOOOOO
6 1.53125 -0.839453 34 3e
LOOLOOOOLO ORROOOOOOR
OLOR} ROOO}
7 2.01025 -1.53554 {R} {R} 1 3b
8 2.72216 0.299609 {RRRRRR} {ROORRR} 6 3b

Tabelle 6.6: Startwerte (y, E), symbolische Orientierungsfolgen mit zugehöriger Periode
und Orbitklasse für die acht Beispielorbits aus Abbildung 6.7. In geschweiften Klammern
stehen periodische Symbolfolgen.

6.10 Kepler-Problem µ = 0
Im Fall µ = 0 (oder µ = 1) wird das RTBP zum Kepler-Problem, welches bestens verstan-
den ist. Die eingeführte Orbitklassifikation zur Charakterisierung der Kepler-Ellipsen zu
verwenden, wäre wegen fehlendem zweiten Zentrum sinnlos. In Bifurkationsdiagrammen
sind gebundene Orbits zufriedenstellend klassifiziert worden (siehe z.B. das sogenannte
Scholz-Diagramm in [28]). Die ungebundene Bewegung teilt sich bekanntlich in Parabeln
und Hyperbeln auf. Crash-Orbits treten bei einem infinitesimalen Zentralkörper bei ver-
schwindendem Drehimpuls L = 0 auf. Legt man um den Zentralkörper eine Scheibe mit
Radius R, mit der das Testteilchen kollidieren kann, läßt sich aus der bekannten Darstel-
lung der Kepler-Bahnen r(φ) = L2 /(1+ε cos(φ−φ0 )) √sofort die Bedingung für Kollisionen
L2 /(1 + ε) ≤ R ablesen, wobei die Abkürzung ε = 1 + 2EL2 benutzt wurde und E die
Energie (im Ruhesystem) bezeichnet.
Kapitel 7

Numerik, Algorithmen und Einfluss


der Systemparameter

In diesem Kapitel wird auf die verwendeten Regularisierungen, Integrationsverfahren,


Algorithmen der Numerik und auf die Verläßlichkeit der Numerik eingegangen. Es folgen
drei Abschnitte, die den Einfluss von Mindesteinschlusszeit ttimeout , Systemradius Rsystem
und Hauptkörperradien RM1,2 anhand einer Schnittebene bei fester Energie diskutieren.

7.1 Regularisierungen
Bei der Berechnung von Orbits und Orbit-Type-Diagrams wurde nicht das unregularisier-
te DGL-System (1.8) integriert, sondern zwei verschiedene Regularisierungen benutzt.

Zunächst wird (1.8) in ein DGL-System erster Ordnung umgeschrieben. Folgende Trans-
formation (ẋ, ẏ, t) → (u, v, τ ) verhindert ein Divergieren der Geschwindigkeitskomponen-
ten u und v bei Annährungen an die Singularitäten:

u = r1 r2 ẋ, (7.1)

v = r1 r2 ẏ,
dτ = (r1 r2 )−3/2 dt,

mit r12 = (x + µ)2 + y 2 und r22 = (x − 1 + µ)2 + y 2 . Ausgehend vom dritten Keplerschen
Gesetz ist das Zeitinkrement dτ so skaliert, dass die Zeit in der Nähe der Singularitäten
langsamer voranschreitet als weit weg von ihnen. Mit den Gleichungen (7.1) erhält man

111
KAPITEL 7. NUMERIK, ALGORITHMEN U. EINFLUSS D. SYSTEMPARAM. 112

die regularisierten Gleichungen in den neuen Koordinaten:


dx
= r1 r2 u, (7.2)

dy
= r1 r2 v, (7.3)

du x+µ x − (1 − µ)
= −(1 − µ)r22 − µr12 + 2v(r1 r2 )3/2 + xr12 r22 (7.4)
dτ r1 r2
½ ¾
u r2 r1
+ ((x + µ)u + yv) + ((x − (1 − µ))u + yv) , (7.5)
2 r1 r2
dv y y
= −(1 − µ)r22 − µr12 − 2u(r1 r2 )3/2 + yr12 r22 (7.6)
dτ r1 r2
½ ¾
v r2 r1
+ ((x + µ)u + yv) + ((x − (1 − µ))u + yv) , (7.7)
2 r1 r2
dt
= (r1 r2 )3/2 , (7.8)

Diese Regularisierung wurde bei der numerischen Integration für den Bereich r < 1 ein-
gesetzt1 . Für den Bereich r ≥ 1 wurde folgende Regularisierung benutzt:
u = ẋ/r, (7.9)
v = ẏ/r.
Sie verhindert das Divergieren der regularisierten Geschwindigkeiten für r À 1 infolge des
mitrotierenden Koordinatensystems. In den neuen Koordinaten lauten die Bewegungsglei-
chungen:
dx
= r u, (7.10)
dt
dy
= r v, (7.11)
dt ½ ¾
du 1 1−µ µ
= x + 2rv − u(xu + yv) − (x + µ) + 3 (1 − µ − x) , (7.12)
dt r r13 r
½ ¾2
du 1 y(1 − µ) yµ
= y − 2ru − v(xu + yv) + − 3 . (7.13)
dt r r13 r2
Die Zeit bleibt in dieser Regularisierung unverändert.

7.2 Integrationsverfahren
Zur numerischen Integration wurde das Runge-Kutta-Verfahren 4. Ordnung mit dynami-
scher Schrittweitenanpassung nach [58, 59] verwendet.
Das Verfahren integriert gewöhnliche Differentialgleichungssysteme erster Ordnung. Die
wichtigsten Übergabeparameter der Integrationsroutine odeint sind Anfangszeit t0 , End-
zeit t1 , ein Array (Vektor) der Anfangs-Phasenraumkoordinaten und der maximal zu
p
1
r= x2 + y 2 bezeichnet dabei wie gewohnt den Abstand zum Ursprung.
KAPITEL 7. NUMERIK, ALGORITHMEN U. EINFLUSS D. SYSTEMPARAM. 113

tolerierende Fehler eps in der geschätzten 5. Ordnung2 . Der Fehler in der fünften Ord-
nung wird bei der Methode durch einen Vergleich mit einem Runge-Kutta-Verfahren 5.
Ordnung geschätzt.
Führt die Integration zu einem geschätzten Fehler in der fünften Ordnung, der größer
als der vorgegebene eps ist, wird die Integrationsschrittgröße adaptiert, bis der geschätzte
Fehler unter dem vorgegeben liegt. Reagiert die Routine mit einer Fehlerrückmeldung, war
die Adaption der Integrationsschrittgröße nicht erfolgreich. In einem solchen Fall hat man
die Möglichkeit, die diversen Integrationsparameter (z.B. die Integrationszeit ∆t = t1 −t0 )
so zu wählen, dass ein neuer Versuch zum Erfolg führt.
Im Folgenden nennen wir eps die Integrationspräzision, wobei kleinere Werte von eps
natürlich höhere numerische Präzision als größere bedeuten.

7.3 Hénonsches Integrationsverfahren


In [69] wurde ein Verfahren vorgestellt, das es ermöglicht, in einem Integrationsschritt auf
eine Poincaré-Schnittebene zu integrieren.
Beim Hénon-Verfahren werden die Bewegungsgleichungen so umgeschrieben, dass die un-
abhängige Zeitvariable mit einer der abhängigen Variablen vertauscht wird. Betrachtet
man die Bewegungsgleichungen
dx
= fx (x, y, u, v), (7.14)
dt
dy
= fy (x, y, u, v), (7.15)
dt
du
= fu (x, y, u, v), (7.16)
dt
dv
= fv (x, y, u, v), (7.17)
dt
dt
( = 1), (7.18)
dt
und möchte den Durchstoßpunkt mit der Schnittebene S(x, y, u, v) = 0 berechnen, lautet
das umgeschriebene DGL-System
dx dx dt
= = fx /K (7.19)
dS dt dS
dy dy dt
= = fy /K (7.20)
dS dt dS
du du dt
= = fu /K (7.21)
dS dt dS
dv dv dt
= = fv /K (7.22)
dS dt dS
dt
= 1/K, (7.23)
dS
2
bezüglich der Taylorentwicklung nach der Integrationsschrittgröße h
KAPITEL 7. NUMERIK, ALGORITHMEN U. EINFLUSS D. SYSTEMPARAM. 114

wobei die Abkürzung K = dS/dt benutzt wurde und die Argumente von fx , fy , fu und fv
weggelassen worden sind. S ist in dem DGL-System die neue unabhängige Variable und
die Zeit die neue abhängige. Man kann vom Ausgangspunkt (x0 , y0 , u0 , v0 ) zur Zeit t0 = 0
in einem Zeitschritt ∆S = −S(x0 , y0 , u0 , v0 ) auf die Schnittebene numerisch integrieren
und trifft die Schnittebene S(x, y, u, v) mit dem Fehler, den die Integrationsroutine in
diesem Zeitschritt produziert. Dieser Fehler ist äußerst gering, wenn man die in Abschnitt
7.2 zitierte Routine verwendet (oder eine andere verläßliche). Wichtig ist, dass der Aus-
gangspunkt selbst schon in der näheren Umgebung der Schnittebene liegt.

Dieses Verfahren ist beim Anfertigen von Poincaré-Schnitten ein nützliches Tool, wird in
dieser Arbeit aber auch zur Energiefixierung während der Integration verwendet (siehe
Abschnitt 7.6).

7.4 Bestimmung periodischer Orbits


In diesem Abschnitt soll kurz auf die verwendeten Techniken eingegangen werden, mit
Hilfe deren periodische Orbits bestimmt wurden. Ausgangspunkt soll dabei die Kenntnis
eines quasiperiodischen Orbits sein, der in der unmittelbaren Nähe seiner periodischen
Resonanz liegt. Ferner muss die Periode des Orbits bezüglich der betrachteten Schnitt-
bedingung bekannt sein.

Newton-Methode
Als Poincaré-Schnittbedingungen wurden in dieser Arbeit ṙ = 0, φ̇ < 0; ṙ1 = 0, φ̇1 < 0
und ṙ = 0, φ̇ > 0 (in (x, y)-Orbit-Type-Diagrams), y = 0, ẏ > 0 (zusätzlich mit ẋ = 0
bei (x, E)-Diagrammen) und x = 0, ẋ > 0 (zusätzlich mit ẏ = 0 bei (y, E)-Diagrammen)
verwendet.

Allgemein sei (q, p) die Poincaré-Schnittebene und P : (q, p) → (q 0 , p0 ) die zugehörige


Poincaré-Abbildung. Es handelt sich dann um einen periodischen Fixpunkt der Periode
k, wenn P k (z) − z = 0 gilt. Deswegen besteht die Suche nach periodischen Orbits in
der Suche nach Nullstellen der Funktion f (z) = (fq (z), fp (z)) = P k (z) − z. Als Verfahren
dafür bietet sich das 2d-Newton-Verfahren an. Gegeben ist ein Anfangspunkt z0 = (q0 , p0 ),
der nach zn+1 = zn − (J −1 (zn )) f (zn ) iteriert wird, bis |f (zn )| < ε erreicht wird oder
nach einer bestimmten Anzahl von Iterationen aufgegeben wird. J−1 ist dabei die inverse
Jacobi-(2 × 2)-Matrix:
µ ¶
−1 1 fpp −fqp
J = , (7.24)
fqq fpp − fqp fpq −fpq fqq
∂fp ∂fq
wobei fpp = ∂p
, fqp = ∂p
, usw. Diese Einträge müssen numerisch bestimmt werden. Für
fqp und h ¿ 1 gilt dabei fqp ≈ fq (q,p+h)−f
h
q (q,p)
, wobei die anderen Einträge entsprechend
entwickelt werden. In dieser Arbeit wurde mit h = 10−11 und ε = 10−10 gearbeitet.

Um die Newton-Methode erfolgreich anwenden zu können, muss der Anfangspunkt (q0 , p0 )


in der Poincaré-Ebene in der unmittelbaren Umgebung des Fixpunkts (q∗ , p∗ ) liegen.
KAPITEL 7. NUMERIK, ALGORITHMEN U. EINFLUSS D. SYSTEMPARAM. 115

Zoom im Poincaré-Schnitt
Um einen Anfangspunkt zu erhalten, der in der unmittelbaren Nähe des Fixpunkts liegt,
kann z.B. die Poincaré-Schnittebene untersucht werden. Es werden einige Durchstoß-
punkte des quasiperiodischen Orbits in die Poincaré-Ebene eingezeichnet, die i.A. um
den Fixpunkt angeordnet sind. Mit der Wahl eines neuen Anfangspunkts im vermute-
ten Zentrum der Durchstoßpunkte lassen sich weitere Durchstoßpunkte berechnen, die
einem quasiperiodischen Orbit entsprechen, der näher am periodischen liegt als der ur-
sprüngliche Orbit. Durch sukzessives Vergrößern der Region um den vermuteten Fixpunkt
und Neuberechnung einiger Durchstoßpunkte konnten gute Anfangspunkte (q0 , p0 ) für das
Newton-Verfahren aber auch die Fixpunkte selbst auf mehrere Dezimalstellen genau be-
stimmt werden.
Bei der Bestimmung periodischer Orbits in (x, E)-Diagrammen wurde die Energie E fixiert
und mit dem genannten Verfahren (ohne dabei Symmetrien auszunutzen) der x-Wert des
Fixpunkts bestimmt.

7.5 Bestimmung der Eigenwerte


Die in dieser Arbeit angegeben Eigenwerte wurden nach folgendem Verfahren berechnet:
Die Poincaré-Abbildung P : (q, p) → (q 0 , p0 ) verhält sich in der unmittelbaren Umgebung
eines Fixpunktes (q∗ , p∗ ) linear und kann somit durch eine 2 × 2-Matrix M beschrieben
werden, welche eindeutig durch zwei Bildpunkte (q1 , p1 ) = M (q∗ + h, p∗ ) und (q2 , p2 ) =
M (q∗ , p∗ + h) bestimmt ist. Die Bildpunkte können durch Anwendung der Poincaré-
Abbildung geschätzt werden: (q1 , p1 ) ≈ P (q∗ + h, p∗ ) und (q2 , p2 ) ≈ P (q∗ , p∗ + h).
Mit der Matrix erhält man ihre Eigenwerte λ1 , λ2 , für welche wegen der Symplektizität
Hamiltonischer Systeme wie dem RTBP g ≡ λ1 λ2 = 1 gelten muss. Der Wert von g
wurde als Güteparameter bei der Bestimmung der Eigenwerte benutzt: je weniger er von
1 abweicht, umso mehr kann man der Angabe der Eigenwerte trauen. Es zeigte sich, dass
Werte von |g − 1| ≈ 10−6 mit den verwendeten numerischen Verfahren und Parametern
erreichbar sind. Dabei wurde mit einem Wert von h = 10−11 gearbeitet.

7.6 Energiefixierung
Bei der Berechnung der Orbit-Type-Diagrams zeigte sich, dass sich Stabilitätsgrenzen
dann genauer abzeichnen, wenn die numerische Integration bei x-Achsen-Durchgängen
unterbrochen und eine Geschwindigkeitskomponente in Übereinstimmung mit der Ge-
samtenergie des System geändert wird.
Die Integrations-Routine odeint gibt ein Array von Phasenraumpunkten x1 , x1 , . . .; y1 ,
y2 , . . .; u1 , u2 , . . .; v1 , v2 , . . . mit zugehörigen Zeiten t1 , t2 , . . . zurück, d.h. x(t1 ) ≡ x1 ,
x(t2 ) ≡ x2 , usw.
Wird die x-Achse während der Integration geschnitten, besitzen zwei aufeinanderfolgende
y-Werte unterschiedliche Vorzeichen. Dann gilt für ein k: yk · yk−1 < 0. Ist diese Bedin-
gung erfüllt, wird mit dem Hénon-Verfahren auf die x-Achse (y = 0) integriert und die
Integration mit den neuen Koordinaten (x, y = 0, u, v 0 (x, u, E)) gestartet. Die Geschwin-
KAPITEL 7. NUMERIK, ALGORITHMEN U. EINFLUSS D. SYSTEMPARAM. 116

digkeitskomponente v 0 (x, u, E) ist dabei durch die Werte von x, u, der Energie E und der
Orientierung v 0 > 0 festgelegt.

Der Eingriff in die numerische Integration sorgt dafür, dass die Energie (im mitrotierenden
System) unmittelbar nach einem x-Achsen-Durchgang mit v > 0 mit der vorgegebenen
Gesamtenergie übereinstimmt, von welcher das System im Laufe der Integration abgewi-
chen war.

Besonders effektiv ist diese Methode bei Orbits, die in der unmittelbaren Umgebung eines
der Zentren verlaufen, weil dort die größten numerischen Fehler auftreten. Orbits, die keine
Schnittpunkte mit der x-Achse mit v > 0 besitzen, wie z.B. Trojaner-Orbits, werden von
diesem Verfahren nicht beeinflusst, entfernen sich aber normalerweise auch weniger von
der Energieschale, so dass ein möglicher Eingriff auch weniger effektiv wäre.
Bei den berechneten Orbits betrug (abhängig von der verwendeten Integrationspräzision)
die typische Abweichung von der Energie E etwa 10−7 bis 10−5 .

7.7 Berechnung eines Punktes im OTD


Zur Berechnung des Orbit-Typs eines Punktes im OTD wurde folgendes Verfahren ange-
wendet:

Der Routine odeint werden die Anfangskoordinaten, das Integrationszeitintervall ∆t = 10


und die Integrationspräzision eps übergeben. Gibt die Routine odeint bei der Berechnung
der Trajektorie einen Fehler zurück, kann die geforderte Genauigkeit nicht eingehalten
werden. In diesem Fall wird ∆t gedrittelt und odeint erneut aufgerufen. Sollte odeint
erneut einen Fehler zurückgeben, wird ∆t ein weiteres Mal gedrittelt, usw. Sollte nach 7
Rekursionsdurchgängen, also bei ∆tlimit = 10/37 ≈ 0.00457, die geforderte Genauigkeit
nicht erreicht werden können, wird der zugehörige Punkt im OTD grau eingefärbt (formal
also Orbitklasse 0 zugeordnet).

Bei der Mehrzahl der berechneten Orbit-Type-Diagrams führte dieses Verfahren für al-
le Orbits zum Erfolg. Im schlechtesten Fall betrug das Verhältnis der Anzahl der nicht
mit diesem Verfahren automatisch berechenbaren Orbit-Typen zur Anzahl der Punkte im
OTD insgesamt weniger als 1:100000. Die meisten mit dem Verfahren nicht berechenba-
ren Orbits, konnten im Nachhinein durch einen erneuten Aufruf von odeint mit einem
kleineren eps-Wert berechnet werden.

7.7.1 Mehrschritt-Algorithmus
Ein Orbit-Type-Diagram wird in mehreren Schritten berechnet.

1. Schritt
Die Integrationspräzision eps wird auf den Wert eps1 gesetzt, wobei in dieser Arbeit mit
den Werten eps1 = 10−8 für µ = 1/2 bzw. eps1 = 10−9 für µ < 1/2 gearbeitet wurde. Die
KAPITEL 7. NUMERIK, ALGORITHMEN U. EINFLUSS D. SYSTEMPARAM. 117

Mindesteinschlusszeit wird auf ttimeout = 10000 gesetzt.

Ein Orbit-Type-Diagram setzt sich aus einzelnen Zeilen zusammen, welche aus einzelnen
Punkten bestehen, die einem Orbit-Typ zugeordnet sind. Die Berechnung einer Zeile er-
folgt bezüglich der gezeigten Diagramme durch Berechnung der Zeilen-Punkte von links
nach rechts.
Folgt dabei ein Orbit gebundener Bewegung (Orbitklasse 1-4) auf einen Crash- oder
Escape-Orbit, wird der Wert ttimeout von 10000 auf 1000 gesetzt. Wird ein Wechsel von
gebundener Bewegung zu Crash- oder Escape-Orbits detektiert, wird ttimeout (wieder) auf
10000 gesetzt und die beiden letzten untersuchten Punkte (also ein Punkt der Orbitklasse
1-4 und ein Crash- bzw. Escape-Orbit) nochmals integriert.
Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass innerhalb Regionen gebundener Bewegung die In-
tegration bereits bei t = ttimeout = 1000 abbricht, so dass die Berechnung um den Faktor
10 schneller vonstatten geht. Der Nachteil besteht darin, dass die gebundenen Regionen
wegen des kleineren Wertes von ttimeout als größer angenommen werden, als sie tatsächlich
sind. Abbildung 7.1 (links) zeigt ein Orbit-Type-Diagram nach dem ersten Schritt, und
Abbildung 7.2 (links) zeigt einen Ausschnitt daraus. Zwischen zwei gebundenen Regionen
bilden sich Streifen, welche im zweiten Schritt korrigiert werden.

Abbildung 7.1: Links: Orbit-Type-Diagram in der (x, y)-Ebene für das Kopenhagen-
Problem bei Energie E = −1.375 nach dem ersten Schritt gemäß Abschnitt 7.7.1. Schnitt-
bedingung: ṙ = 0, φ̇ < 0. Ausschnitt: x, y = −1.2 . . . 1.2 von 512 × 512 Punkten.
Hauptkörperradien: RM1,2 = 8.97 · 10−5 . Rechts: Das Orbit-Type-Diagram nach dem zwei-
ten Schritt gemäß Abschnitt 7.7.1. Erklärung siehe Text.
KAPITEL 7. NUMERIK, ALGORITHMEN U. EINFLUSS D. SYSTEMPARAM. 118

Abbildung 7.2: Links:


Ausschnitt von 168 × 358
Punkten aus Abbildung
7.1 (links), also Resultat
nach dem ersten Schritt
gemäß Abschnitt 7.7.1.
Rechts: Ausschnitt von
168 × 358 Punkten aus
Abbildung 7.1 (rechts),
also Resultat nach dem
zweiten Schritt gemäß Ab-
schnitt 7.7.1. Erklärung
siehe Text.

2. Schritt (Refining)
Im einem zweiten Schritt werden Punkte von Stabilitätsrändern des Diagramms unter-
sucht. Ein Punkt wird dabei zum Stabilitätsrand gezählt, wenn mindestens einer seiner
vier nächsten Nachbarpunkte zu einem Escape- oder Crash-Orbit gehört - und er selbst
einer der Orbitklassen 1-4 zugeordnet wurde. Die Integration wird in diesem Fall mit
erhöhter Integrationspräzision eps2 = eps1 /100 wiederholt. Nennen wir diese untersuch-
ten Punkte Randpunkte.

Rekursion
Im zweiten Schritt können neue Randpunkte entstehen, wenn ein Nachbarpunkt, der
einem gebundenen Orbit-Typ entsprach, zu einem Crash- oder Escape-Orbit-Punkt korri-
giert wurde. Alle Randpunkte, die so entstehen, werden wieder mit erhöhter Genauigkeit
(eps = eps2 ) untersucht.
Die Rekursion wird abgebrochen, wenn nach einer Rekursion keine neuen Randpunkte
entstehen. Bei den gezeigten Orbit-Type-Diagrams betrug die typische Anzahl von Itera-
tionen zwischen 5 und 20.

Die Abbildungen 7.1 (rechts) und 7.2 (rechts) zeigen Ausschnitte eines Orbit-Type-Diagrams
als Ergebnis des diskutierten Iterationsprozesses.
KAPITEL 7. NUMERIK, ALGORITHMEN U. EINFLUSS D. SYSTEMPARAM. 119

Berechnungsdauern der Orbit-Type-Diagrams


Sämtliche numerische Berechnungen wurden auf Standard-PCs mit 1-1.2 GHz Taktfre-
quenz durchgeführt. Die Rechenzeiten der größeren Orbit-Type-Diagrams lagen zwischen
einigen Tagen (bei Diagrammen mit überwiegendem Anteil an Escape-Orbits) und einigen
Wochen (bei Diagrammen mit großem Anteil von gebundener Bewegung). Die Integrati-
onspräzision eps bestimmt maßgeblich die Berechnungsdauer eines Orbit-Type-Diagrams.
Hohe Integrationspräzision bedingt lange Rechenzeiten.

7.8 Verläßlichkeit der Numerik


Berechnungen mit numerischen Verfahren sind fehlerbehaftet. Es stellt sich deshalb bei
Resultaten wie den Orbit-Type-Diagrams die Frage nach ihrer Verläßlichkeit. Die Inte-
grationspräzision wurde bei der Berechnung eines Orbit-Type-Diagrams so gewählt, dass
Berechnungszeit und Berechnungsgenauigkeit in einem vernünftigen Maß zueinander ste-
hen.
Bei den in dieser Arbeit gezeigten Orbit-Type-Diagrams kann davon ausgegangen werden,
dass der Orbit-Typ dann richtig angezeigt wird, wenn der zugehörige Pixel kein Rand-
punkt ist, d.h. wenn die Nachbarpunkte ebenfalls denselben Orbit-Typ anzeigen. Je mehr
Punkte gleichen Orbit-Typs sich um einen Punkt befinden, umso mehr darf man der An-
gabe des Orbit-Typs trauen. Um eine verläßliche Aussage über Randpunkte zu erhalten,
kann ein vergrößerter Ausschnitt berechnet werden, der beispielsweise aus einem einzel-
nen Punkt ein Gruppe zusammenhängender Punkte macht. Alternativ kann die Auflösung
(also die Anzahl der Punkte) in einem Diagramm erhöht werden.

Die gut reproduzierte Symmetrie der (x, y)-Diagramme für µ = 1/2 (siehe z.B. Abbildung
7.1) ist ein Ergebnis der Numerik. Die Symmetrie (x, y) → (−x, −y) wurde nicht in die
Numerik hineingesteckt.

Darstellung einzelner Orbits


Bei den präsentierten Orbits (in der Darstellung im Konfigurationsraum) wurde mit einer
Integrationspräzision von (eps = 10−12 bzw. eps = 10−14 ) integriert. Beide Werte entspre-
chen wesentlich größeren Präzisionen als bei der Bestimmung des Orbit-Typs verwendeten
(eps = 10−8 bis eps = 10−11 ) während der Berechnung des Orbit-Type-Diagrams. Die
Orbit-Typen der gezeigten Orbits sind also z.T. unabhängig gegenüber Änderungen von
Integrationsparametern.

Jedoch kann nicht ausgeschlossen werden, dass z.B. Escape-Orbits, die einen Großteil der
Zeit in der Nähe der Zentren verlaufen und sich erst nach hunderten von Hauptkörper-
perioden weiter von den Zentren entfernen, in Wirklichkeit von denen in dieser Arbeit
gezeigten abweichen und ggf. falsch klassifiziert werden.

Für die dargestellten Orbits führten Variationen der Integrationsparameter bei hinrei-
chender Integrationspräzision (eps-Wert) in allen Fällen zu optisch identischen Resulta-
KAPITEL 7. NUMERIK, ALGORITHMEN U. EINFLUSS D. SYSTEMPARAM. 120

ten, wenn nicht anders erwähnt. Gegenüber Änderung von Intergrationsparametern ist
der detektierte Orbit-Typ eines Orbits natürlich wesentlich robuster als der Orbit selbst.

7.9 Einfluss der Mindesteinschlusszeit ttimeout


Offensichtlich wird der numerische Output in Form von Orbit-Type-Diagrams bei größerer
Integrationspräzision oder höherer Auflösung (Anzahl von Punkte im OTD) zuverlässiger.
Neben der numerischen Präzision und der verwendeten Auflösung besitzt aber auch die
Mindesteinschlusszeit ttimeout (Definition siehe Abschnitt 3.1.2 auf Seite 30) Einfluss auf
die Form der Stabilitätsränder.
Abbildung 7.3 zeigt ein OTD für ttimeout = 1000 (links) im Vergleich mit dem entspre-
chenden für ttimeout = 20000 (rechts).

Abbildung 7.3: Orbit-Type-Diagrams in der (x, y)-Ebene für das Kopenhagen-Problem


für ttimeout = 1000 (links) und ttimeout = 20000 (rechts) im Vergleich. Energielevel E =
−1.375. Anfangsbedingung: ṙ = 0, φ̇ < 0. Ausschnitte: x, y = −2.0 . . . 2.0 von 256 × 256
Punkten. Verwendete Integrationspräzision eps = 10−10 , kein Refining nach Abschnitt
7.7.1. Erklärung siehe Text.

Größere Werte von ttimeout führen zu genaueren Konturen der fraktalen Stabi-
litätsränder (vergleiche die zentralen Regionen gebundener Bewegung in den Farben
{ } und { }). Die Crash-Basins (in den Farben { } und { }) und Bereiche
der Escape-Orbits (blau) unterscheiden sich in den Bildern kaum voneinander. Bei der
Berechnung der Orbit-Type-Diagrams der vorhergehenden Kapitel wurde ein Wert von
ttimeout = 10000, also 10000/(2π) Hauptkörperperioden, verwendet3 .
3
Ausnahme: Innerhalb der als stabil angenommenen Regionen (siehe Abschnitt 7.7.1) wurde mit
ttimeout = 1000 gearbeitet.
KAPITEL 7. NUMERIK, ALGORITHMEN U. EINFLUSS D. SYSTEMPARAM. 121

7.10 Einfluss des Systemradius Rsystem


In diesem Abschnitt soll erläutert werden, welchen Einfluss die Größe der Systemscheibe
mit Radius Rsystem und Mittelpunkt im Ursprung (siehe auch Abschnitt 3.1.1 auf Seite
29) auf die Orbit-Type-Diagrams hat.
Abbildung 7.4 zeigt zwei Orbit-Type-Diagrams im Vergleich. Links wurde der Systempa-
rameter Rsystem = 5 angenommen und rechts beträgt der Wert des Radius Rsystem = 20.

Abbildung 7.4: Orbit-Type-Diagrams in der (x, y)-Ebene für das Kopenhagen-Problem


für Rsystem = 5 (links) und Rsystem = 20 (rechts) im Vergleich. Energielevel E = −1.375.
Anfangsbedingung: ṙ = 0, φ̇ < 0. Ausschnitte: x, y = −2.0 . . . 2.0 von 256 × 256 Punkten.
Integrationspräzision: eps = 10−8 , kein Refining nach Abschnitt 7.7.1. Erklärung siehe
Text.

Die Escape-Orbits, die aus den Crash-Orbit-freien Regionen (fast einfarbig dunkelblau
bzw. schwarz) stammen, laufen direkt auf den Systemrand zu, wo die Integration gestoppt
wird. Einige Orbits würden bei Fortsetzung der Integration wieder in die innere Region
laufen und mit einem der Zentren kollidieren. Deswegen werden die Crash-Orbit-freien
Regionen von Escape-Orbits je breiter, umso größer der Systemradius gewählt wurde.

Außerdem ist gesamte Region der Escape-Orbits rechts in Abbildung 7.4 heller als die
links in Abbildung 7.4, weil die Escape-Orbits die Systemgrenze in einem kleineren System
schneller erreichen als in einem größeren. Dieser Effekt ist allerdings durch Umskalierung
der Escape-Orbit-Skala kompensierbar (nicht durchgeführt).

Die Wahl von Rsystem hat solange keinen Einfluss auf Regionen gebundener Bewegung,
wie stabile Orbits innerhalb der Systemscheibe verlaufen. Insofern kann man den Begriff
innere Bewegungsformen über die Größe der Systemscheibe definieren. Die Standardwahl
des Systemradius beträgt in dieser Arbeit Rsystem = 10. Wesentlich kleinere Werte als
KAPITEL 7. NUMERIK, ALGORITHMEN U. EINFLUSS D. SYSTEMPARAM. 122

Rsystem = 5 haben natürlich große Auswirkungen auf Orbit-Type-Diagrams, werden hier


aber wegen mangelnder Relevanz nicht diskutiert.

7.11 Einfluss der Hauptkörperradien RM1,2


In diesem Abschnitt wird der Einfluss der Größe der Hauptkörperradien RM1,2 auf die
Orbit-Type-Diagrams - und speziell auf die Crash-Basins - untersucht. Dazu wird - wie
bei den Abschnitten zuvor - der Spezialfall des Kopenhagen-Problems bei fester Energie
E = −1.375 und Schnittbedingung ṙ = 0, φ̇ < 0 in der (x, y)-Ebene diskutiert.

Für 12 verschiedene Werte der Hauptkörperradien RM1 = RM2 sind Ausschnitte x, y =


−2.0 . . . +2.0 von 256 × 256 Punkten gezeigt. Abbildung 7.5 zeigt die Orbit-Type-Diagrams
für Hauptkörperradien zwischen RM1,2 = 10−5 und RM1,2 = 10−1 .

Die Fläche der Crash-Basins wächst mit größer werdenden Werten der Hauptkörperradien.
Abbildung 7.6 zeigt einen Log-Log-Plot, in dem die Anzahl der Punkte, die Crash-Orbits
bezüglich des ersten Hauptkörpers entsprechen, gegen den (logarithmierten Wert) der
Hauptkörperradien aufgetragen ist. Neun der 1000 berechneten und ausgezählten (x, y)-
Orbit-Type-Diagrams zur festen Energie E = V4 sind in Abbildung 7.5 dargestellt.
KAPITEL 7. NUMERIK, ALGORITHMEN U. EINFLUSS D. SYSTEMPARAM. 123

Abbildung 7.5: Orbit-Type-Diagrams in der (x, y)-Ebene für das Kopenhagen-


Problem zu verschiedenen Werten der Hauptkörperradien. Energielevel E =
−1.375. Schnittbedingung: ṙ = 0, φ̇ < 0. Ausschnitt: x, y = −2.0 . . . 2.0
von 256 × 256 Punkten. Integrationspräzision eps = 10−6 . Von links
nach rechts und oben nach unten lauten die Werte für RM1 = RM2 :
−5 −4.5 −4 −3.75 −3.5 −3 −2.5 −2.25 −2 −1.5 −1.25
10 , 10 , 10 , 10 , 10 , 10 , 10 , 10 , 10 , 10 , 10 , 10−1 .
KAPITEL 7. NUMERIK, ALGORITHMEN U. EINFLUSS D. SYSTEMPARAM. 124

4.6

4.4

4.2 Abbildung 7.6: Schwarze Kurve: Anzahl


der Punkte, die Crash-Orbits mit der er-
sten Hauptmasse indizieren (#C1), ge-
log(#C1)
4
gen RM1 im Log-Log-Plot. Aufgetragen
sind die logarithmierten Werte (zur Basis
3.8 10), RM1 läuft also von 10−5 bis 10−1 . Es
wurden 1000 Orbit-Type-Diagrams (Aus-
schnitt x, y = −2.0 . . . 2.0 von 256 ×
3.6
256 Punkten) mit den Parametern wie in
Abbildung 7.5 ausgezählt. (Zwölf der be-
3.4 rechneten Diagramme sind in Abbildung
7.5 gezeigt.) Rote Kurve: Graden-Fit der
schwarzen Kurve im Bereich RM1 = 10−5
–5 –4 –3 –2 –1
log(RM1) bis 10−3 . Erklärung siehe Text.

Die Kurve zeigt in guter Näherung ein Potenzgesetz (Fit in rot) über zwei Dekaden, fällt
dann aber etwas gegen die Fit-Gerade ab. Das Potenzgesetzverhalten kann als skalen-
freies fraktales Wachstum der Crash-Basins bei steigendem Wert der Hauptkörperradi-
en RM1 = RM2 interpretiert werden. Für größere Werte von RM1,2 & 10−2 überlappen
sich wachsende Äste von Crash-Basins, die für kleinere Werte räumlich (in der (x, y)-
Schnittebene) getrennt sind. Des Weiteren sorgt offensichtlich ein vom beschränkten Aus-
schnitt hervorgerufener Finite-Size-Effekt für den Abfall des Potenzgesetzes.

Das Potenzgesetzverhalten reproduziert sich natürlich bei Wahl der Kreisfläche anstatt der
Hauptkörperradien als Abzisse des Diagramms. Der Exponent des Fits beträgt αE=−1.375 =
0.34(6) (bzw. 2·0.34(6), wenn die Kreisfläche der Hauptkörper als Abszisse gewählt wird4 ).

Für die Energielevels E = −1.5 und E = −1.0 wurden 1000 entsprechende Orbit-Type-
Diagrams (bei 64 × 64 Punkten pro Bild) berechnet, deren Auswertung ähnliche Log-
Log-Plots zur Folge hatten (nicht gezeigt). Die gefitteten Exponenten (Fit-Bereich wie in
Abbildung 7.6: 10−5 bis 10−3 ) betragen für E = −1.5 αE=−1.5 = 0.3(0), und für E = −1.0
ist αE=−1.0 = 0.3(2).
Abbildung 7.7 zeigt 12 Orbit-Type-Diagrams für verschiedene Hauptkörperradien bei der
Energie E = −0.5.
4
denn aus C1 ∼ Rα folgt C1 ∼ R2α für R = RM1 → R = πRM
2
1
KAPITEL 7. NUMERIK, ALGORITHMEN U. EINFLUSS D. SYSTEMPARAM. 125

Abbildung 7.7: Orbit-Type-Diagrams in der (x, y)-Ebene für das Kopenhagen-Problem


bei Energie E = −0.5 für verschiedene Werte der Hauptkörperradien. Schnittbedingung:
ṙ = 0, φ̇ < 0. Ausschnitt: x, y = −2.0 . . . 2.0 von 256 × 256 Punkten. Integrationspräzision
eps = 10−6 . Von links nach rechts und oben nach unten lauten die Werte für RM1 = RM2 :
10−5 , 10−4.5 , 10−4 , 10−3.75 , 10−3.5 , 10−3 , 10−2.5 , 10−2.25 , 10−2 , 10−1.5 , 10−1.25 , 10−1 .
KAPITEL 7. NUMERIK, ALGORITHMEN U. EINFLUSS D. SYSTEMPARAM. 126

Abbildung 7.8 zeigt einen entsprechenden Log-Log-Plot für den Energielevel E = −0.5.

4.4

4.2

Abbildung 7.8: Schwarze Kurve: Anzahl


3.8 der Punkte, die Crash-Orbits in die er-
log(#C1) 3.6
ste Hauptmasse (#C1) indizieren, gegen
RM1 im Log-Log-Plot für E = −0.5. Auf-
3.4
getragen sind die logarithmierten Werte
(zur Basis 10), RM1 läuft also von 10−5
3.2 bis 10−1 . Es wurden 1000 Orbit-Type-
Diagrams (Ausschnitt x, y = −2.0 . . . 2.0
3 von 256 × 256 Punkten) mit den Parame-
tern wie in Abbildung 7.5 ausgezählt. Ro-
2.8 te Kurve: Graden-Fit der schwarzen Kur-
ve über den gezeigten Bereich RM1 = 10−5
–5 –4 –3 –2 –1
log(RM1) bis 10−1 . Erklärung siehe Text.
Für große Energien scheint der Finite-Size-Effekt weniger Einfluss auf das Potenzgesetz-
Verhalten zu haben, so dass die schwarze Kurve in Abbildung 7.8 für große Werte von RM1
nur wenig in dem gezeigten Ausschnitt abfällt. Deswegen wurde auch über den gesamten
gezeigten Bereich gefittet (rote Kurve). Der Exponent αE=−0.5 = 0.46(2) ist etwas größer
als die Exponenten zu den anderen diskutierten Energien. Wird eine Ausschnittsgröße von
64 × 64 Punkten (anstatt 256 × 256) verwendet, ändert sich das Diagramm im Vergleich
mit Abbildung 7.8 kaum (nicht gezeigt), wobei der gefittete Exponent ebenfalls wenig
vom Wert αE=−0.5, 256×256 = 0.46(2) abweicht: αE=−0.5, 64×64 = 0.46(5).
127

Zusammenfassung und Ausblick

Das eingeschränkte Drei-Körper-Problem (RTBP) ist eines der einfachsten Drei-Körper-


Probleme, die in der Literatur vorgeschlagen wurden. Die Himmelskörper werden im ur-
sprünglichen RTBP als ausdehnungslose Massenpunkte idealisiert. In dieser Arbeit werden
endliche Hauptkörperausdehnungen betrachtet, wodurch Kollisions-Orbits, wie auch im
Sonnensystem, keine Ausnahme bleiben. Weil es in diesem idealisierten System keine Rei-
bung oder andere dissipative Kräfte gibt, können Oszillationen nicht abklingen, und es
entstehen für chaotische Systeme typische komplizierte Resonanzphänomene.

In dieser Arbeit wurde das eingeschränkte Drei-Körper-Problem numerisch untersucht.


Obwohl die numerischen Ergebnisse auf den Fortschritten und Standardisierungen von
numerischen Verfahren der letzten Jahrzehnte aufbauen, wurde viel Energie darauf ver-
wendet, benötigte numerische Verfahren zu entwickeln und zu verfeinern. Die präsentierten
Diagramme sind mit enormem Computer-Aufwand berechnet worden.

Die Arbeit wurde nicht darauf angelegt, mit der (zitierten) Literatur der letzten 35 Jahre
zu konkurrieren, die Bifurkationen im RTBP systematisch untersucht hat.
Vielmehr wurde der Versuch unternommen, die eindrucksvolle Komplexität des einge-
schränkten Drei-Körper-Problems von dem Standpunkt der hier eingeführten Orbit-Type-
Diagrams (OTD) aus zu beleuchten. Die Orbit-Type-Diagrams bauen im Wesentlichen auf
sogenannten Stability-Diagrams auf, sind aber auf eine automatisierbare Klassifikation der
Bewegungsformen angewiesen und integrieren zusätzlich Crash-Orbits.

Die Resultate dieser Arbeit reproduzieren einerseits bekanntes Wissen, korrigieren an-
dererseits aber Computerexperimente der RTBP-Literatur und erweitern und ergänzen
diese.

Ausgedehnte Hauptkörper
Die Untersuchungen des RTBP basieren auf ausgedehnten Hauptkörpern, welche das Auf-
treten der Crash-Basins in der dargestellten Weise zur Folge haben. In den Orbit-Type-
Diagrams bilden einige Crash-Basins breite Hauptbereiche, welche Crash-Bahnen entspre-
chen, bei denen das Testteilchen direkt oder nach wenigen Umläufen um die Zentren mit
einem der Hauptkörper kollidiert. Die Crash-Basins bilden nach Abschnitt 7.11 zum Teil
eine skalenfreie Struktur aus, die in nicht-trivialer Weise die untersuchten Schnittebenen
ausfüllen.
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 128

Escape-Orbits
Die Integration der Escape-Zeit tescape in die Orbit-Type-Diagrams führt zu einer Struk-
turierung der Diagramme, welche den Einfluss der Systemgrenze widerspiegelt. Die Sys-
temgrenze ist der Rand einer Scheibe, die um den Ursprung in der (x, y)-Ebene gelegt ist.
Escape-Orbits mit großen Werten von tescape sind an Stabilitätsgrenzen zu erwarten. Die
Orbits führen zum Teil extrem komplizierte Bewegungen aus, bevor sie die Systemgrenze
erreichen. Die Crash-Orbit-freien Regionen von Escape-Orbits sind mit kleinen Werten
von tescape assoziiert. In den Bereichen wird das Testteilchen also relativ schnell (und
direkt) aus dem System befördert.

Einführung einer Orbitklassifikation


In Kapitel 2 wurde eine Klassifikation für gebundene Orbits in einer Ebene bezüglich
zweier Zentren eingeführt. Sie ist einerseits gröber als die Standardklassifikation von M.
Hénon et al. mit 22 Unterklassen, weil sie die Bewegungen in 12 Unterklassen einteilt,
andererseits werden auch quasiperiodische Orbits klassifiziert, die in Hénons Klassifikation
fehlen. Die eingeführte Klassifikation läßt sich außerdem leicht automatisieren, was in
dieser Arbeit ausgenutzt wurde.

Einführung der Orbit-Type-Diagrams


In Orbit-Type-Diagrams werden gemäß der eingeführten Orbitklassifikation 12 Klassen
für gebundene Bewegung unterschieden. Außerdem werden Crash- und Escape-Orbits
miteinbezogen. Zusätzliche Systemparameter sind die Mindesteinschlusszeit für gebun-
dene Orbits ttimeout , der Systemradius Rsystem und die beiden Hauptkörperradien RM1,2
(siehe Kapitel 3).

Diskussion des (x, E)-Diagramms im Kopenhagen-Fall


In der (x, E)-Ebene wird für das Kopenhagen-Problem die Systemenergie E gegen die
Anfangsposition des Orbits auf der x-Achse, auf der die Zentren liegen, aufgetragen. Das
Diagramm zeigt eine reichhaltige Fülle komplexer Bewegungsformen, die anhand einiger
Beispielorbits charakterisiert wurde.
In Ausschnitten und Vergrößerungen des Diagramms konnten (nach Kenntnis des Autors)
einige unbekannte Stabilitätsregionen identifiziert werden. Außerdem wurden bekannte
Regionen mit der Literatur verglichen.
Des Weiteren sind einige charakteristische Crash- und Escape-Orbits und deren zugehörige
Regionen im OTD diskutiert worden.

Orbit-Type-Diagrams im Konfigurationsraum für das Kopenhagen-Problem


Die Orbit-Type-Diagrams im Konfigurationsraum stellen eine Ergänzung zu den Darstel-
lungen in Stability-Diagrams bzw. (x, E)-Diagrammen dar, weil sie auch Stabilitätsberei-
che enthalten, die bei den beiden anderen Diagramm-Typen nicht vorkommen können.
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK 129

Die Systemenergie E wird dabei festgehalten. Es wurden die Durchstoßpunkte periodi-


scher Orbits in die (x, y)-Orbit-Type-Diagrams eingezeichnet und deren Stabilität anhand
der entsprechenden Eigenwerte untersucht.
Außerdem wurde die Beziehung zwischen (x, y)- und (x, E)-Diagrammen diskutiert, wel-
che elementar für die Wahl der diskutierten Energielevels war.

Die (y, E)-Ebene für 0 < µ ≤ 1/2


In Kapitel 6 wurde die Diskussion der Dynamik des RTBP auf den Fall 0 < µ ≤ 1/2 er-
weitert. Bei (y, E)-Diagrammen wird die Systemenergie E gegen die Anfangsposition des
Orbits auf der y-Achse aufgetragen. Die Entwicklung der Stabilitätsbereiche, Crash-Basins
und Regionen ungebundener Bewegung bei Variation des Massenverhältnisses stand dabei
im Mittelpunkt. Für einige Massenverhältnisse zwischen µ = 1/2 und µ = 1/82.3 wur-
den Beispielorbits zur Charakterisierung des Orbit-Type-Diagrams in der (y, E)-Ebene
herangezogen.
Die beeindruckende Komplexität des RTBP spiegelte sich in den Entwicklungen der Crash-
Basins und der Stabilitätsregionen wider.

Einfluss der Systemparameter


In Kapitel 7 sind die Abhängigkeiten der Orbit-Type-Diagrams (anhand der (x, y)-Ebene
bei bestimmten Energielevels) von den Systemparametern untersucht worden. Dabei ergab
sich folgendes Bild: Der Systemradius Rsystem bestimmt die Breite der Escape-Basins in
der gezeigten Weise. Kleine Werte der Mindesteinschlusszeit ttimeout glätten die fraktalen
Ränder zwischen Regionen gebundener Bewegung und Bereichen von Escape-Orbits. Mit
steigenden Werten der Hauptkörperradien RM1,2 verbreitern sich die Crash-Basins. Der
Anteil an Crash-Orbits folgt dabei weiten Teilen einem Potenzgesetz, das die Skalenfreiheit
der zugrunde liegenden Strukturen widerspiegelt und die nicht-triviale Abhängigkeit der
Crash-Basins von den Ausdehnungen der Hauptkörper illustriert.

Zukünftige Vorhaben
• Systematische Untersuchung von Bifurkationen in den Orbit-Type-Diagrams. Be-
stimmung von Linien periodischer Punkte in (x, E)-Diagrammen

• Bestimmung von (x, E)-Diagrammen für den Fall µ 6= 1/2

• Miteinbeziehung von Dissipation im Inneren der Systemscheibe mit Radius Rsystem .


Zusätzlich wäre es sinnvoll, neben den Escape-Zeiten auch Crash-Zeiten einzuführen.
Die Crash-Basins im dissipativen Fall könnten mit denen im konservativen Fall
verglichen werden.
Danksagungen

Ich danke meinem wissenschaftlichen Lehrer, Peter H. Richter, für die kompetente und
freundliche Betreuung während der fast drei Jahre im Institut für Theoretische Physik in
Bremen. Für mich waren die Promotions-Jahre sehr lehrreich und prägend. Die aus mei-
ner Sicht exzellente Zusammenarbeit in der Lehre möchte ich an dieser Stelle ebenfalls
hervorheben.

Ich danke aus der Arbeitsgruppe Nichtlineare Dynamik ganz besonders Mikhail Pronine,
von dem ich in unzähligen Diskussionen viel lernen konnte.
Außerdem möchte ich Sven Schmidt, Hermann Pleteit, Holger Waalkens, Axel Junge,
Andreas Beuthner und Klaus Bowe danken. Des Weiteren bedanke ich mich bei meiner
Partnerin Nicole und meinen Freunden.

Ich bedanke mich beim Fachbereich I der Universität Bremen für das Stipendium und die
Stelle als wissenschaftlichen Mitarbeiter.

130
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