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Joachim Scheiderer
Lufthansa CityLine GmbH
Flughafen Köln/Bonn
Heinrich-Steinmann-Straße
51147 Köln
joachim.scheiderer@gmx.de
DOI 10.1007/978-3-540-72724-8
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Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in
der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen
unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk be-
rechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der
Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann
benutzt werden dürften.
987654321
springer.com
Für meine Ehefrau Nicole
und meine Töchter Julia und Nina
Geleitwort von Uwe Kirchgäßner
aufzuzeigen. Aus diesem Grund wurde besonders viel Sorgfalt auf die Er-
stellung der Grafiken verwendet.
Nicht unerwähnt bleiben dürfen die vielen Kollegen, die mir bei der Ent-
stehung dieses Buches mit Rat und Tat zur Seite standen. Ihre
Fachexpertise, ihre Anmerkungen, die Verbesserungsvorschläge und
Denkanstöße haben mir maßgeblich bei der Manuskripterstellung weiter-
geholfen. Hierfür bin ich Ihnen sehr dankbar.
Insbesondere möchte ich folgende Personen erwähnen:
x Dipl.-Ing. Björn Appel, Institut für Luft- und Raumfahrt, TU Berlin
x Dr.-Ing. Daniel Bandow, DBS Systems Engineering GmbH
x Dipl.-Ing. Enrico Busse, Airbus Deutschland
x Prof. Dr.-Ing. Hugo Gabele, Hochschule Esslingen und Lehrbeauftragter
der Hamburger Fern-Hochschule
x Prof. Dr. Herbert Groß, Hochschule Hof, www.air-institute.de
x Dipl.-Ing. Christof Kemény, Senior Trainingskapitän CRJ, Lufthansa
CityLine
x Dr.-Ing. Stephan Kloidt, 1. Offizier CRJ, Lufthansa CityLine
x Steven Schechner, 1. Offizier CRJ, Tyrolean Airways
Stellvertretend für den Springer-Verlag danke ich Herrn Dr.-Ing. Boris
Gebhardt, der meine Buchidee von Beginn an gefördert und unterstützt
hat.
Darüber hinaus bedanke ich mich bei den folgenden Unternehmen, die
mich in Form von Bildmaterial und fachspezifischen Unterlagen unter-
stützt haben:
Airbus Industries, Bombardier Aerospace, British Civil Aviation Ad-
ministration, Deutsche Lufthansa AG, Lufthansa CityLine GmbH und
PACE GmbH.
Mein ganz besonderer Dank gilt meiner Familie, die gerade in der Zeit der
Fertigstellung des Buchs eine große Unterstützung waren. Ihnen widme
ich dieses Buch.
1 Einführung .............................................................................................. 1
1.1 Einordnung des Fachgebiets Flugleistung in die Wissenschaft ........ 1
1.2 Das Ziel des Fachgebiets Flugleistung ............................................. 2
1.3 Flugleistung und verwandte Bereiche .............................................. 3
1.4 Einführung in die Terminologie der Luftfahrt .................................. 4
11.6 Der Einfluss von Variablen auf den Steigflug ............................ 235
11.6.1 Fluggeschwindigkeit............................................................ 235
11.6.2 Gewicht................................................................................ 238
11.6.3 Flughöhe .............................................................................. 239
11.6.4 Temperatur .......................................................................... 240
11.6.5 Wind .................................................................................... 241
11.6.6 Widerstand und Schub ......................................................... 242
11.7 Steigflugverfahren im Flugbetrieb .............................................. 243
11.7.1 Steigflug mit Constant IAS/Mach ....................................... 243
11.7.2 Steigflug mit maximalem Steiggradienten .......................... 244
11.7.3 Steigflug mit maximaler Steigrate ....................................... 244
11.7.4 Wirtschaftlicher Steigflug.................................................... 244
11.8 Auswertung von Herstellerunterlagen ........................................ 245
Abkürzungen und Formelzeichen
dpa [kt] Fehler des statischen Drucks static error, position error
EASA Europäische Agentur für European Aviation Safety
Flugsicherheit Agency
EAS [kt] äquivalente Fluggeschw. equivalent airspeed
ECCF econ cruise cost function
EDDS ICAO Code für Stuttgart
EFP Abflugverfahren nach engine failure procedure
Triebwerksausfall
EGT Abgasstrahltemperatur exhaust gas temperature
ELEV [ft] Höhenlage elevation
EOSID Instrumentenabflug– engine out standard instru-
verfahren nach ment departure
Triebwerksausfall
facc Beschleunigungsfaktor acceleration factor
F [N] Kraft force
Fa [N] Beschleunigungskraft acceleration force
Fb [N] Bremskraft braking force
Fi [N] Trägheitskraft inertia force
Fn [N] nutzbare Schubkraft net thrust
FN [N] Normalkraft net force
Fr [N] Reibungskraft friction force
FAA US Lufthahrtbehörde federal aviation
administration
FAF Endanflugpunkt final approach fix
FAR US Zertifizierungs- federal aviation
anforderungen requirements
FCOM Flight Crew Operating
Manual
FF [kg/min] Treibstoffdurchfluss fuel flow
FFC [kg/min] korrigierter Treibstoffdurch- fuel flow corrected
fluss
FH [h] Flugstunde flight hour
FL [-] Flugfläche flight level
FLL [kg] Pistenlängeneinschränkung field length limit
FMGS flight management and
guidance system
FMS flight management system
FP [-] Flugbahn flight path
FPA [°] Flugbahnwinkel flight path angle
fps [ft/sec] Fuß pro sekunde foot per second
ft [-] Fuß feet
g [m/s2] Gravitationskonstante gravitational constant
GDFP gross driftdown flight path
GS [kt] Geschw. über Grund ground speed
GW Flugzeuggewicht gross weight
h [h] Stunde hour
XXII Abkürzungen und Formelzeichen
Der Betrieb eines Verkehrsflugzeuges ist in der heutigen Zeit eine hoch-
komplexe Aufgabe und bedarf der Beachtung vieler Parameter, Vor-
schriften und Einflüsse.
Zum Betrieb eines Flugzeuges gehört in erster Linie das direkte Führen
bzw. Steuern eines Flugzeuges, das die Haupttätigkeit der Piloten darstellt.
Durch die zunehmende Automatisierung und Komplexität unterlag diese
Tätigkeit in der Vergangenheit zum Teil erheblichen Veränderungen. So
ist das „Fliegen“ heutzutage weit mehr als das handwerkliche Steuern
eines Flugzeugs. Komplexere technische Systeme generieren komplexere
Störungen und verlangen eine fach- und sachgerechte Problemlösung. Das
Führen eines Flugzeuges mit all seinen Eigenschaften könnte man einer
sogenannten Operatorwissenschaft1 zuordnen.
Das Thema Flugleistung wird bislang innerhalb der beiden Wissenschafts-
disziplinen Aerodynamik und Flugmechanik behandelt. Eine eigene
Wissenschaftsdisziplin bildet die Flugleistung bislang nicht.
Eshelby definiert die Flugleistung als das Vermögen eines Flugzeuges eine
bestimmte Aufgabe zu erfüllen (Eshelby 2005).
Diese Definition im weiten Sine kann durch die Einbeziehung operativer
Faktoren weiter konkretisiert werden: Im engeren Sinn ist sie das
technische Leistungsvermögen eines Flugzeuges im Kontext behördlicher
Gemäß den vorher genannten Definitionen dienen die Kenntnisse zur Flug-
leistung nicht nur dazu, die Leistung des Flugzeuges zu verstehen und
deren Grenzen zu erkennen, sondern auch die Auswirkungen behördlicher
Vorschriften auf den Flugbetrieb hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und
Sicherheit einschätzen zu können.
Grundlegende Fragen, mit der sich die Bereiche der Flugleistung aus-
einandersetzen, sind unter anderem (Marchman III 1994):
x Wie viel Gewicht kann das Flugzeug unter gegebenen Umständen
tragen? Wie hoch kann die Zuladung (payload) sein?
x Wie schnell kann das Flugzeug fliegen?
x Wie hoch kann es fliegen?
x Wie schnell kann es steigen?
x Wie steil kann es steigen und sinken?
x Wie viel Treibstoff benötigt es für eine bestimmte Strecke?
Um diese und andere Fragen beantworten zu können, teilt man die Flug-
leistung in einzelne Segmente ein. Diese richten sich sinnvollerweise nach
dem tatsächlichen Flugverlauf.
x Start (take-off) und Start-Steigflug (take-off climb)
x Steigflug (climb)
x Reiseflug (cruise)
x Sinkflug (descent)
x Anflug (approach), Landung (landing), Durchstarten (go around) und
Flug zum Ausweichflughafen.
Nachdem die Segmentierung des Fluges nach Flugphasen erfolgt ist, stellt
sich noch die Frage, wie die einzelnen Segmente abzugrenzen sind. Dies
ist nicht trivial, denn in der Praxis gehen die einzelnen Flugphasen
fließend ineinander über. Das gilt besonders für die Abgrenzung des Starts
und des Steigflugs.
Es wäre es naheliegend den Start enden zu lassen, sobald das Flugzeug in
der Luft ist. Anbieten würde sich hier die sogenannte screen height.
1.3 Flugleistung und verwandte Bereiche 3
Diese liegt bei trockener Piste in 35 ft und bei nasser bzw. kontaminierter
Piste in 15 ft über der Piste2.
Der Start-Steigflug von 35 ft bis 1500 ft (Ende des 4. Segments) wäre dann
Teil des Steigflugs.
Aus Sicht der Flugmechanik endet der Start sobald das Flugzeug einen
„sauberen“ Flugzustand (clean configuration) erreicht hat. Unter „sauber“
versteht man in diesem Zusammenhang, dass Fahrwerk und Startklappen
eingefahren sind.
Allerdings limitiert der Start-Steigflug den Start durch die Steigleistungs-
forderung und ist über die Segmentierung der Startflugbahn eng mit ihm
verbunden. Somit ist eine Betrachtung des Starts vom Punkt, an dem der
Startlauf beginnt (break release point), bis zum 1500-ft-Punkt sinnvoll. In
diesem Buch wird der Start-Steigflug daher dem Start hinzugerechnet, da
diese Anschauung der flugbetrieblichen Praxis am nähesten kommt.
2 Genau genommen ist die screen height eine Höhe über einer Bezugsfläche
namens reference zero. Dieser Ausdruck wird im Kapitel 9 genauer erklärt.
4 1 Einführung
Wie jedes Fachgebiet, so hat auch die Luftfahrt eine ausgeprägte Fach-
sprache. Diese Terminologie ist zumindest in der flugbetrieblichen Praxis
fast ausschließlich englischsprachig. Die Abkürzungen und Formel-
zeichen, sowie das Glossar sollen einen Überblick über die verwendeten
Fachausdrücke und Begrifflichkeiten geben und schaffen die Grundlage
für das Verständnis des Buches.
Bei den Begriffen wird die „Luftfahrt-Norm“ DIN 9300, herausgegeben
von der Normstelle Luftfahrt im DIN Deutsches Institut für Normung e. V.
beachtet. Sie hat den Zweck, die hauptsächlichen Begriffe der Luftfahrt
einzuführen und die wichtigsten Benennungen festzulegen. Darüber hinaus
werden auch, soweit möglich, die Formelzeichen in der Norm angegeben.
In der DIN 9300 wurden dem deutschen Text die englische und die
französische Fassung der internationalen Norm ISO 1151-1, 4 gleich-
berechtigt zugrundegelegt. Da sich dieses Buch hauptsächlich auch durch
seine Praxisnähe auszeichnen soll, werden im Weiteren neben deutschen
Begriffen auch regelmäßig die englischen Begriffe aus der internationalen
Norm verwendet.
In diesem Buch werden für das Flugzeuggewicht und weitere Gewichts-
begriffe der Begriff Weight im Sinne der Masse verwendet. Wohl wissend,
dass dies physikalisch nicht korrekt ist, hat sich dieser Begriff im Laufe
der Jahre eingeprägt und dominiert nach wie vor die internationale Fach-
terminologie.
2 Gesetzliche Rahmenbedingungen
2.1 Einführung
Die ICAO ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen. Als eine
Art Forum des zivilen Luftverkehrs ist ihre Aufgabe die internationale
Standardisierung und Entwicklung der zivilen Luftfahrt. Die Ziele um-
fassen die folgenden vier Hauptthemen:
6 2 Gesetzliche Rahmenbedingungen
2.2.1 ICAO-Anhänge
1 Eine hervorragenden kurzen Überblick über die Inhalte der einzelnen Anhänge
bietet eine PDF Datei auf folgender URL:
http://www.icao.int/cgi/goto_m.pl?icaonet/anx/info/annexes_booklet_en.pdf
2.3 Joint Aviation Authorities (JAA) 7
Untersuchung Investigation
14 Flugplätze Aerodromes
15 Flugverkehrsinformationsdienste Aeronautical Information Services
16 Umweltschutz Environmental Protection
17 Sicherheit: Schutz der internationalen Security - Safeguarding
Zivilluftfahrt vor illegalen Eingriffen International Civil Aviation
against Acts of Unlawful
Interference
18 Sicherer Lufttransport The Safe Transport of Dangerous
gefährlicher Güter Goods by Air
Hinsichtlich flugleistungsrelevanter Themen ist besonders der Annex 6
von Interesse.
Die JAA war eine Körperschaft der European Civil Aviation Conference
(ECAC) und wurde zum 31.12.2006 aufgelöst. Sie repräsentierte die Ko-
operation der Zivilluftfahrtbehörden einer Vielzahl europäischer Staaten.
8 2 Gesetzliche Rahmenbedingungen
2.3.1 Flugleistungsklasse A
2.4.1 EASA CS 23
2.4.2 EASA CS 25
3.2 SI-Basiseinheiten
Die in Tabelle 3.1 aufgeführten Einheiten und alle aus ihnen mit dem
Faktor 1 abgeleiteten Einheiten nennt man SI-Einheiten. Sie bilden ein
System kohärenter Einheiten.
Solche abgeleiteten Einheiten können auch besondere Namen und ein
ebenso besonderes Einheitenzeichen tragen. Eine entsprechend abgeleitete
3.5 Nicht-SI-Einheiten 15
Einheit wäre beispielsweise die Einheit Newton als Krafteinheit mit dem
Zeichen N.
Darüber hinaus können SI-Einheiten auch Produkte oder Quotienten von
Basiseinheiten sein. Ein Beispiel wäre hier die Einheit Joule als Produkt
aus Kraft und Weg bzw. aus Leistung und Zeit (1 J = 1 NM bzw. 1 Ws).
Wird eine Einheit mit einem anderen Fakor als 1 von einer SI-Basiseinheit
abgeleitet, ist sie keine SI-Einheit. Als Beispiel sei hier die nautische See-
meile mit dem Einheitenzeichen NM genannt. Die NM entspricht 1,852
km.
3.5 Nicht-SI-Einheiten
1 Die Einheit slug kommt aus dem englischen System und findet sich häufig in
englischer und amerikanischer Fachliteratur wieder. Es ist die Masse, die sich
ergibt, wenn eine auf sie wirkende Kraft von 1 lb eine Beschleunigung von
1 ft/s2 ergibt. 1 slug entspricht 14,5939 kg.
2 Ein Newton ist definiert als die erforderliche Kraft, um eine Masse von 1 kg um
1 m/s2 zu beschleunigen. Die frühere Einheit Kilopond ist nicht mehr geläufig.
Um ältere Kilopond-Werte in Newton umzurechnen, wird der Faktor 0,102
verwendet. (1 N = 0,102 kp).
3 Die SI-Einheit Watt gilt auch gleichzeitig für den Wärme- und Energiestrom.
3.6 Besondere Einheiten 17
4 Die Umrechnung in °C erfolgt durch das Subtrahieren von 273,15 vom Kelvin-
Wert (°C = K – 273,15)
5 N ist das Verhältnis der spezifischen Wärmen c und c . Für Lufttemperaturen
p v
von 50 K bis ca. 350 K kann ein Wert von 1,4 als hinreichend genau betrachtet
werden.
6 altitude, elevation, heigt, vertical speed
18 3 Einheiten in der Luftfahrt
3.7.1 Temperaturumrechnungen
Fahrenheit in Celsius
5 (3.1)
T >qC @ T >q F @ 32
9
Celsius in Fahrenheit
20 3 Einheiten in der Luftfahrt
§ 9· (3.2)
T >q F @ ¨ T >qC @ ¸ 32
© 5¹
Celsius in Kelvin (relativ in absolut, metrisches System)
T >q K @ T >qC @ 273,15 (3.3)
Fahrenheit in Rankine (relativ in absolut, englisches System)
T >q R @ T >q F @ 459,67 (3.4)
Kelvin in Rankine
T >q K @ u 9 (3.5)
T >q R @
5
3.7.2 Längenumrechnungen
x Inches = centimeter/2,54
x Meter = feet/3,28084
x Feet = meter·3,28084
x Nautische Meile = ft/6076,1 = st. Mile/1,1508 = meter/1852
3.7.3 Volumenumrechnungen
x kt = mph/1,1508
x kt = kmh/1,8520
x kt = fps/1,6878
x m/s = kt/1,944
x ft/min = 0,00508 m/s
x ft/sec = 0,3048 m/s
x Beschleunigung [m/ s2] = [ft/s2]/3,28084
3.7 Umrechnungen zwischen Einheiten 21
3.7.5 Leistung
3.7.6 Druck
Unter der Dichte bzw. der Massendichte (mass density) versteht man die
Masse eines Körpers pro Volumeneinheit.
dm kg (3.9)
U 3
dV m
Unter der Wichte (weight density) versteht man das Verhältnis aus der
Gewichtskraft eines Körpers zu seinem Volumen.
FG dm g (3.10)
J
V dV
22 3 Einheiten in der Luftfahrt
Aus Gl. (3.10) erkennt man den Unterschied zwischen Dichte und Wichte.
Denn sie unterscheiden sich um den Faktor der Fallbeschleunigung g. Die
Einheit der Wichte ergibt sich daher wie folgt:
kg m N (3.11)
J
m3 s 2 m3
Aus der Abhängigkeit von der Fallbeschleunigung ergibt sich, dass die
Wichte - im Gegensatz zur Dichte - ortsabhängig ist. Denn die Fall-
beschleunigung ändert sich ja bekanntermaßen mit der geographischen
Breite.
1 kg/l = (lbs/gallon)/8,3454
= 1 g/cm3
= 1000 kg/m3
= 62,43 lbs/ft3
4 Aerodynamische Grundlagen
4.1 Einführung
1. Axiom: Trägheitsprinzip
2. Axiom: Aktionsprinzip
Der zweite Term in Gl. (4.3) enthält die zeitliche Änderung der Masse. Bei
technischen Systemen, bei denen eine Masseänderung über die Zeit auf-
tritt, ist die Beschleunigung der Masse der wirkenden Kraft nicht
proportional.
Obwohl gerade bei Flugzeugen Masseänderungen durch den Treibstoff-
verbrauch vorliegen, ist diese aber in diesem Zusammenhang ver-
nachlässigbar klein. Im Gegensatz hierzu wäre ein Raketensystem zu
nennen. Die Masseänderung aufgrund des exzessiven Treibstoffverbrauchs
pro Zeiteinheit ist so hoch, dass diese Masseänderung nicht vernachlässigt
werden kann.
Für Systeme, deren Masse während der Bewegungsänderung konstant
bleibt, vereinfacht sich das zweite Newton‘sche Axiom zu
dV (4.4)
F m ma
dt
3. Axiom: Reaktionsprinzip
Das dritte Axiom („lex tertia“) beschreibt das Reaktionsprinzip und wird
häufig auch als Wechselwirkungsprinzip bezeichnet. Demnach treten
Kräfte immer paarweise auf. Übt ein Körper A auf einen anderen Körper B
eine Kraft aus (actio), so wirkt eine gleich große, aber entgegen gerichtete
Kraft von Körper B auf Körper A (reactio). Die Kurzform lautet auch
„actio = reactio“.
Koordinatensystem
Schub (T) und Widerstand (D) werden parallel zum Flugweg dargestellt.
Der Schubvektor wird vereinfacht der Anströmrichtung ohne Wind bzw.
der Flugbahn gleichgestellt. In der Realität kann der tatsächliche Schub-
vektor vom Vektor der Flugbahn leicht abweichen.
Auftrieb (L) und Gewicht (W) werden senkrecht zum Flugweg dargestellt.
Der Auftriebsvektor verkörpert den gesamten am Flugzeug angreifenden
Auftrieb. Das Gewicht des Flugzeuges wird mit dem Buchstaben (W) für
weight wiedergegeben. Je nach Zusammenhang wird der Begriff weight
analog dem Begriff der Masse verwendet. Physikalisch korrekt entspricht
er der Masse multipliziert mit der Erdbeschleunigung.
W m g (4.5)
Trägheitskräfte
Anstellwinkel
Unter dem Anstellwinkel D(siehe auch Kapitel 4.3.3.) versteht man den
Winkel zwischen der Flugzeuglängsachse und der relativen Anströmung
der Luft (Geschwindigkeitsvektor).
Steigwinkel
Der Steigwinkel J ist der Winkel zwischen der horizontalen Achse und
dem Geschwindigkeitsvektor. Er wird auch Flugbahnwinkel (flight path
angle) genannt.
In aller Regel sind die Winkel so klein, dass die folgenden Verein-
fachungen gelten:
sin J | tan J | J rad (4.8)
und
cos J 1 und cos D 1 (4.9)
Die oben genannten Vereinfachungen und Annahmen kleiner Winkel er-
laubt die Linearisierung der Bewegungsgleichungen. Bei großen Winkeln,
wie sie beim Start vorkommen, ist die Vereinfachung nicht anwendbar.
Nickwinkel (Pitch)
x Die meisten Flügel haben heutzutage eine Trapezform. Dabei nimmt bei
typischen Flügeln von Verkehrsflugzeugen die Flügeltiefe von der
Rumpfmitte nach außen zur Spitze hin ab. Das Verhältnis von ta zu ti
wird als Zuspitzung bezeichnet.
x Unter der Pfeilung versteht man den Winkel, den die Flügelvorderkante
bzw. die 25% Linie mit der Querachse bildet. Der Wert ist positiv, wenn
die Flügel in Pfeilform „nach hinten“ zeigen bzw. negativ wenn sie nach
vorne zeigen. Eine negative Pfeilung wurde beispielsweise bei der HFB
320 „HansaJet“ verwirklicht und ist eher unüblich.
x Unter der Streckung versteht man bei einem Rechteckflügel das Ver-
hältnis von Spannweite b zur Flügeltiefe t. Rechteckflügel findet man
z.B. bei einigen Sportflugzeugen. Bei modernen Verkehrsflugzeugen
werden andere Flächenformen verwendet. Um auch diese anderen
Flächenformen „berechenbar“ zu machen, wird die Gleichung um die
Spannweite erweitert, so dass sich die Streckung wie folgt ergibt:
b bb b2 (4.11)
/
t t b S
Die nachstehende Abbildung zeigt einen Schnitt durch ein Flügelprofil und
die dazugehörige Terminologie.
30 4 Aerodynamische Grundlagen
x Die Profilsehne ist eine gerade Linie von der Vorder- zur Hinterkante.
x Die Skelettlinie ist die mittige Linie zwischen Profilober- und unterseite
und beschreibt die Wölbung eines Profils. Die Wölbung wird durch
Auftriebshilfen (Vorflügel und Landeklappen) beeinflusst.
x Die maximale Wölbungshöhe ist der größte Abstand zwischen Skelett-
linie und Profilsehne.
x Die Wölbungsrücklage beschreibt die Position der maximalen
Wölbungshöhe. Dieser Punkt ist für die aerodynamischen Eigenschaften
eines Profils von besonderer Bedeutung. Schnellflugprofile haben eine
geringe Wölbung, wobei die Wölbungsrücklage bei ca. 50% des Chords
liegt. Bei Profilen, die einen hohen Auftrieb bringen und Langsam-
flugeigenschaften haben, weisen eine ausgeprägtere Wölbung auf. Die
Wölbungsrücklage liegt bei ca. 25% des Chords.
4.3.3 Anstellwinkel
Bei einem Auftrieb erzeugenden Profil, wird die Strömung an der Hinter-
kante beim Verlassen des Profils nach unten abgelenkt (Kutter 1990). Das
heißt, die Luft verlässt die Hinterkante des Flügels mit einem gegenüber
der Anströmung anderen Winkel. Der Winkel zwischen An- und Abström-
richtung wird induzierter Anstellwinkel (Di) genannt und mindert den
geometrischen Anstellwinkel zum effektiven Anstellwinkel (Deff).
Auftriebsbeiwert
Der Auftrieb ergibt sich aus dem dynamischen Druck „U/2 V2“, der
(projizierten) Flügelfläche S und dem dimensionslosen Auftriebsbeiwert
cL, welcher als Formbeiwert durch Profilart, Anstellwinkel und Profil-
wölbung bestimmt wird.
L (4.13)
cL
U
V2 S
2
Abb. 4.8 Vergleich von cL über den geometrischen Anstellwinkel und den Null-
auftriebswinkel
4.3 Der Tragflügel 33
Abb. 4.8 links zeigt den Auftriebsbeiwert als Graph über dem Anstell-
winkel. Wird der Auftriebsbeiwert über dem Nullauftriebswinkel auf-
gezeichnet, wird die Gerade als Auftriebsanstieg bzw. lift curve slope be-
zeichnet (Abb. 4.8 rechts).
Wie bereits erwähnt, ist der Auftriebsbeiwert (und damit auch der Auf-
trieb) eines Flügels abhängig von seinem Anstellwinkel. Vergrößert sich
der Anstellwinkel, vergrößert sich auch der Auftrieb, bis ein Maximum er-
reicht wird.
Wie in Abb. 4.9 erkennbar ist, wird die Strömung mit steigendem Anstell-
winkel turbulenter. Der Druckpunkt wandert mit zunehmendem Anstell-
winkel in Richtung Flügelvorderkante. Am Punkt des maximalen Auftriebs
reißt die Strömung vom Profil ab.
Widerstandsbeiwert
Momentenbeiwert
Gleitzahl
Die Gleitzahl Hist eine Kennzahl der aerodynamische Güte eines Trag-
flügels. Sie beschreibt das Verhältnis von aufgegebener Höhe zur zurück-
gelegten Strecke. Eine Gleitzahl von 1:50 besagt z. B., dass ein Flugzeug
pro 1 m Höhenverlust 50 m an horizontaler Strecke zurücklegt.
'H (4.17)
H
's
4.3 Der Tragflügel 35
Eng verbunden mit der Gleitzahl ist der Sinkwinkel, der im Kapitel Sink-
flug noch ausführlich erläutert wird. Er entspricht dem besten Verhältnis
aus Widerstand zu Auftrieb.
D cD (4.18)
H tan J
L cL
Die übliche Darstellung der Beiwerte ist die Darstellung des Auftriebsbei-
wertes über den Widerstandsbeiwert. Diese ist im Allgemeinen als Polar-
diagramm bekannt. Die Widerstandsbeiwerte werden meist überhöht dar-
gestellt, da sie gegenüber den Auftriebsbeiwerten nur eine geringe Größe
haben. Für den Fall, dass cD und cL im selben Maßstab, also „unverzerrt“,
aufgetragen sind, ergibt der Winkel zwischen cL und der Tangente den
besten Sinkwinkel.
Im Polardiagramm werden die verschiedenen Anstellwinkel an der Kurve
durch Punkte markiert. Der Punkt, an dem die Tangente aus dem Ursprung
die Kurve berührt, markiert den Anstellwinkel, bei dem das beste Verhält-
nis von Auftrieb zu Widerstand erreicht wird. In Abb. 4.11 also bei 12°.
Die Tangente an die Polare parallel zur Ordinate ergibt den Punkt des
geringsten Widerstandes (hier bei ca. 5°). Wandert man entlang der Kurve
weiter nach unten zu niedrigeren (negativen) Anstellwinkeln, wird der
Nullwiderstand erreicht.
36 4 Aerodynamische Grundlagen
4.4 Auftrieb
4.4.1 Einführung
In einem strömenden Fluid herrschen zwei Arten von Druck: Der statische
Druck pst und der dynamische Druck q, die gemeinsam den Gesamtdruck
pt ergeben. Die Luftströmung, die am vorderen Stagnationspunkt direkt auf
das Objekt trifft erfährt eine vollständige Verzögerung. Die Geschwindig-
keit sinkt an diesem Punkt auf Null, während der dynamische Druck der
Luftströmung an diesem Punkt – mangels Strömung – in einen statischen
Druck umgewandelt wird. Der statische Druck an diesem Punkt entspricht
folglich dem Gesamtdruck (pt) des Luftstroms, der sich aus dem statischen
Umgebungsdruck (ps) und dem kinetischen Druck (q) der Luftströmung
zusammensetzt.
Es gilt die Beziehung:
38 4 Aerodynamische Grundlagen
pd ps q (4.19)
4.4.2 Profilströmung
Bewegt sich das Flugzeug durch die Luft, entsteht durch die Anströmung
der Tragflächen und der damit verbundenen Umlenkung der Luft eine
Druckdifferenz. Diese Druckdifferenz ist maßgeblich von der Profilform
abhängig und Voraussetzung für die Entstehung von Auftrieb.
Abb. 4.15 zeigt den physikalischen Stromlinienverlauf, die Unter- und
Überdrücke, sowie die Druckverteilung am Profil.
Profilbedingt ist die Umlenkung der Luft an der Oberseite der Tragfläche
größer als auf der Unterseite. Dies führt zu höheren Strömungs-
geschwindigkeiten auf der Oberseite und zu einem Druckabfall. Auf der
Unterseite ist die Umlenkung nicht so groß wie auf der Oberseite und die
damit einhergehende Beschleunigung der Luft nicht so ausgeprägt.
Dadurch kommt es dort auch zu einer anderen Druckverteilung.
Auf der Oberseite kommt es zu einem Unterdruck mit entsprechenden
Sogkräften, weshalb diese Seite auch „Saugseite“ genannt wird. Auf der
Unterseite herrscht ein Überdruck mit entsprechenden Druckkräften. Diese
Seite wird daher auch „Druckseite“ genannt.
4.4 Auftrieb 39
Die Lage des Druckpunktes beim jeweiligen Profil wird mit Hilfe von
Windkanaltests und Berechnungen durch den Flugzeughersteller ermittelt
und in Form einer Prozentangabe in Bezug zur Flügeltiefe angegeben.
Hat ein Flugzeug beispielsweise eine mittlere Flügeltiefe von 100 cm und
eine Druckpunktlage von 20%, würde dies bedeuten, dass der Druckpunkt
20 cm hinter der Flügelvorderkante liegt.
Wenn der Flugzeugschwerpunkt und der Druckpunkt genau übereinander
liegen, wäre das Flugzeug im absoluten Gleichgewicht. Allerdings würde
dies nur für einen bestimmten Anstellwinkel gelten. Denn die Lage des
Druckpunktes ist direkt abhängig vom Anstellwinkel.
Während bei niedrigen Anstellwinkeln (Reiseflug) der Druckpunkt hinter
dem Schwerpunkt des Flugzeuges liegt, wandert er mit Erhöhung des An-
stellwinkels Richtung Vorderkante und vor den Schwerpunkt.
4.5 Widerstand
4.5.1 Einführung
Während des Fluges muss das Flugzeug eine der Flugrichtung entgegen
gesetzte Widerstandskraft überwinden. Hierzu verfügt es über einen
Strahl- oder Propellerantrieb der einen bestimmten Schub bzw. eine be-
stimmte Leistung zur Verfügung stellt.
Der Gesamtwiderstand eines Flugzeuges setzt sich grundsätzlich aus zwei
Komponenten zusammen: dem auftriebsabhängigen Widerstand und dem
auftriebsunabhängigen Widerstand.
4.5 Widerstand 43
4.5.2 Nullwiderstand
Unter dem Überbegriff des Nullwiderstands werden alle Arten des auf-
triebsunabhängigen Widerstands subsummiert. Im Bereich der Unter-
schallgeschwindigkeit sind hier die Reibungseffekte die maßgebenden
Größen. Im transsonischen und im Überschallbereich kommen zusätzlich
noch sog. „Welleneffekte“ hinzu. In der Luftfahrtliteratur wird der Null-
widerstand häufig auch als „schädlicher Widerstand“ bezeichnet.
Die Widerstandsarten können nach den Ursachen wie folgt unterteilt
werden:
Profilwiderstand
Druckwiderstand
Im realen Fluid sieht dies aber ganz anders aus. Denn hier kommt es auf-
grund der reibungsbehafteten Strömung zu einem Ablösen derselben.
Dies hat zur Folge, dass vor und hinter dem Körper nicht die identische
Strömung vorliegt und auch die statische Druckzunahme vor und hinter
dem Körper nicht identisch ist. Vielmehr ist der Druck hinter dem Körper
4.5 Widerstand 45
kleiner als vor dem Körper. Die Druckdifferenz zwischen Punkt 1 und
Punkt 2 übt eine Kraft aus, die den Druckwiderstand darstellt.
Dp p1 p2 (4.24)
Reibungswiderstand
Interferenzwiderstand
Schädlicher Widerstand
Induzierter Widerstand
cL (4.26)
Di
S /
Nach der „Prandtlschen Traglinientheorie“ gilt diese Gleichung nur für
ungepfeilte Flügel mit einer Streckung von /> 3. Da heutige Schnellflug-
profile jedoch keine elliptische Zirkulationsverteilung haben, ist Gl. (4.25)
noch um den sogenannten Oswald-Faktor e zu erweitern, wobei e 1 ist
(Wilhelm 2000).
cL (4.27)
Di
S /e
Die Größe des induzierten Widerstandes ergibt sich aus:
cL
2 (4.28)
cDi
S /e
Häufig werden in der Literatur die auftriebsabhängigen Widerstandsanteile
durch den Faktor K zusammengefasst, so dass sich dieser Widerstands-
anteil wie folgt subsummieren lässt.
Drag due to Lift cL 2 K (4.29)
In Bezug auf diese Kategorisierung wird der an- und abfliegende Verkehr
gestaffelt. Das „Erzeugerflugzeug“ ist in diesem Sinne das vorausfliegende
wirbelerzeugende Flugzeug.
Diese Festlegungen wurden von der Federal Aviation Agency (FAA) bzw.
der ICAO getroffen und gelten für den deutschen Luftraum seit 1978
(Kloidt 2006).
4.5.4 Gesamtwiderstandskurve
Trägt man den Verlauf des schädlichen Widerstandes und des induzierten
Widerstandes in einem Koordinatensystem über den Widerstand und die
EAS auf und summiert beide Kurven ergibt sich die Kurve des Gesamt-
widerstands.
Aufgrund der Tatsache, dass der dynamische Druck für eine gegebene
EAS mit zunehmender Höhe immer gleich bleibt, also flughöhen-
unabhängig ist, gilt die Gesamtwiderstandskurve mit der EAS auf der
Abszisse für alle Flughöhen.
Anders gestaltet sich die Auswirkung der Flughöhe auf den Widerstand
auf Basis der TAS. Mit zunehmender Flughöhe nimmt die TAS um den
1
Faktor zu, wobei Sigma für die relative Luftdichte steht.
V
Die TAS für den geringsten Widerstand nimmt daher mit zunehmender
Flughöhe immer weiter zu. Die Kurve verschiebt sich nach rechts auf einer
Geraden.
50 4 Aerodynamische Grundlagen
Während des Betriebs ist das Flugzeug, sowohl am Boden als auch in der
Luft, diversen Kräften bzw. Lasten ausgesetzt, die an der Struktur an-
greifen. Der Flugzeughersteller muss prüfen und festlegen, welche
maximalen Belastungen das Flugzeug unbeschadet übersteht. Diese
Grenzen werden zum einen durch die Fluggeschwindigkeit [V] und zum
anderen durch Lastfaktoren [n] beschrieben und in einem sogenannten
flugzeugspezifischen V-n-Diagramm dargestellt. Mit Hilfe eines solchen
Diagramms können die Festigkeitslimits des entsprechenden Flugzeuges
aufgezeigt werden.
4.6 Strukturelle Limitierungen 51
4.6.1 Beanspruchungsarten
Die Beanspruchung der Zelle im Fluge lässt sich grob in drei Kategorien
einteilen (Hünecke, 1998):
x Luftkräfte
verursacht durch Flugmanöver, z. B. Kurvenflug oder Abfangen, Böen,
Ruderausschläge, Interferenzen von Strukturteilen
x Trägheitskräfte
verursacht durch Beschleunigungen bei Flugmanövern (z. B. Start),
Schwingungen einzelner Bauteile, Flattern (z. B. von Rudern)
x Triebwerkslasten
verursacht durch Schubkräfte, Drehzahländerungen, Kreiselkräfte und
Schwingungen
Am Boden entstehen Kräfte beispielsweise durch den Landestoß, durch
das Schleppen des Flugzeuges (Zugkräfte am Bugrad) oder durch das Auf-
bocken bei Wartungsarbeiten oder Wägungen.
Von besonderer Bedeutung sind die kritischen Lasten. Also Lasten und
typische Kräfte, die immer wieder auftreten, wie z. B. die Böenlasten am
Flügel. Die Bauteile, die solchen Belastungen ausgesetzt sind, müssen ent-
sprechend bemessen sein.
Manöverlasten
L (4.30)
n
W
Im Kräftegleichgewicht (z. B. im Reiseflug wenn Auftrieb = Masse) ist
[n] = 1. Setzt man das Lastvielfache der Erdbeschleunigung gleich, ergibt
sich für den Reiseflug eine „Last“ von 1 g.
Böenlasten
Abb. 4.26 Auszug aus dem entsprechenden Kapitel im AFM des CRJ 900
(© Bombardier)
Im Folgenden wollen wir ein V-n Diagramm für ein fiktives Flugzeug er-
stellen. Hierzu beginnen wir mit dem V-n Diagramm für Manöverlasten.
Anschließend entwerfen wir das V-n Diagramm für Böenlasten. Im letzten
Schritt werden beide Diagramme zusammengeführt. Dies führt zur
typischen, integrierten Darstellung von Manöver- und Böenlasten in einem
einzigen Diagramm.
Die Kurve, die die Ordinate im Punkt n=0 schneidet und dann über-
proportional steigt bzw. fällt, wird Auftriebsgrenze genannt. Sie markiert
die Grenze, ab welcher Geschwindigkeit das Flugzeug in den überzogenen
Flugzustand gerät.
Fliegt ein Flugzeug z. B. eine horizontale Kurve mit einer Schräglage von
60° liegt ein Lastvielfaches von 2g vor. Nach dem V-n Diagramm aus
Abb. 4.27 müsste die Geschwindigkeit ca. 200 KEAS betragen, um nicht
in den Bereich des Strömungsabrisses zu kommen (zu „stallen“).
An dem Punkt, an dem die n=1 Linie von der Auftriebsgrenze geschnitten
wird, befindet sich die VS1g. Dieser Punkt stellt die Strömungsabriss-
geschwindigkeit im „normalen“ Reiseflug (1g) dar. Begrenzt nach oben
wird die Kurve durch die Bemessungsgeschwindigkeit für Flugmanöver
VA mit vollem Ruderausschlag (z. B. Abfangen aus dem Sturzflug).
Bei der VA wird das maximale sichere Abfanglastvielfache erreicht. Das
maximale Lastvielfache muss mindestens die in Tabelle 5.5 aufgeführten
Werte aufweisen. Bei einer Geschwindigkeit über VA dürfen keine
Manöver geflogen werden, die einen Vollausschlag des Höhenruders er-
fordern.
Begrenzt wird der Bereich durch die Bemessungsbahnneigungs-
geschwindigkeit VD. Bei dieser Geschwindigkeit erreicht der Staudruck
seinen höchsten Wert.
4.6 Strukturelle Limitierungen 55
Beim Diagramm für Böenlasten bleibt die oben schon genannte Auftriebs-
grenze erhalten. Nun werden „Böenlinien“ eingezeichnet, die jeweils die
Höchstgeschwindigkeiten für die maximal zulässige Böenbelastung des
Flugzeuges festlegen. Gefordert wird der Nachweis von Böenbelastungen
mit 66 ft/sec (20 m/s), 50 ft/sec (15 m/s) und 25 ft/sec (7,5 m/s).
Die Bemessungsgeschwindigkeit für Böenbelastung (VB) ergibt sich durch
den Schnittpunkt der cLmax-Kurve mit der entsprechenden Böenlinie.
Würde man bei turbulentem Wetter mit entsprechenden Böen schneller
fliegen, wäre die Integrität der Zelle gefährdet. Dabei kann es auch vor-
kommen, dass einzelne Punkte ein Lastvielfaches von 2,5g kurzfristig
überschreiten. Dies darf dann passieren, wenn die Festigkeit entsprechend
geprüft und nachgewiesen wurde.
Die Bemessungsgeschwindigkeit für den Reiseflug (VC) stellt sicher, dass
es bis zu dieser Geschwindigkeit bei einer vertikalen Böe von 50 ft/sec
nicht zu einer Überschreitung des Lastvielfachen von 2,5g kommt. Sie ent-
spricht in der Regel der maximalen Reisefluggeschwindigkeit (VMO), muss
aber immer größer als diese sein.
56 4 Aerodynamische Grundlagen
Negative Lasten müssen bis zu einer Stärke von -1g geprüft und nach-
gewiesen werden.
Außerdem enthält das V-n Diagramm Werte für den Flug mit aus-
gefahrenen Klappen. Der Geschwindigkeitsbereich ist bei ausgefahrenen
Klappen eingeschränkt und das maximale Lastvielfache liegt bei +2 g (an-
statt 2,5g). Negative Lastvielfache werden hierbei nicht berücksichtigt.
Die Bemessungsgeschwindigkeit für Klappen [VF] ist nach EASA CS
25.335 (e) definiert als das 1,8-fache der Überziehgeschwindigkeit für die
jeweilige Klappenstellung (Hünecke 1998).
Die Zusammenlegung der beiden V-n Diagramme ergibt folgendes Bild:
4.7 Limitierung durch die Geschwindigkeit 57
Je höher der Lastfaktor wird, desto mehr wird die Geschwindigkeit ein-
geschränkt. In der Regel ist die 1,3 g boundary chart eine für die Praxis gut
geeignete Variante, da man jederzeit mit leichter bis mittlerer Turbulenz
rechnen muss.
Die folgende Abbildung zeigt ein Flugzeug, das sich im 1,0 g Bereich auf-
hält. Sobald nun moderate Turbulenzen auftauchen, wäre das Flugzeug
außerhalb seines sicheren Geschwindigkeitsbereichs. Dies könnte zum
„Schütteln“ (buffeting) oder sogar zum Kontrollverlust führen.
5.1 Pitot-Static-Systeme
5.1.1 Funktionsweise
5.1.2 Systemfehler
Ein tiefes Verständnis der Funktionsweise dieses Systems durch die Pilo-
ten ist grundlegende Voraussetzung, um damit einhergehende Fehler zu
erkennen und zu beurteilen. In der Vergangenheit gab es mehrere Unfälle,
die durch die Fehlbarkeit solcher Pitot-Static Systeme verursacht wurden.
5.1 Pitot-Static-Systeme 65
Tabelle 5.1 Auswirkungen eines blockierten Pitot-Static Systems auf Höhen- und
Fahrtmesser
Blockiert ist/sind… Auswirkung auf ASI Auswirkung auf ALT/VSI
… Staudruckleitung Geschwindigkeit nimmt mit Keine Auswirkungen
steigender Höhe zu
(Fahrtmesser funktioniert wie
ein Höhenmesser)
… Statikdruckleitung Geschwindigkeit nimmt mit Reagiert nicht auf
zunehmender Höhe ab und Höhenzunahme
bei abnehmender Höhe zu.
… beide Leitungen Keine Reaktion auf Keine Reaktion auf Ge-
Geschwindigkeits- oder schwindigkeits- oder
Höhenänderung. Höhenänderung.
5.1.3 Messfehler
Der Instrumentenfehler
Gesamtdruckfehler
Bei der Messung des statischen Drucks kommt es aufgrund der unvoll-
kommenen Anordnung des Messfühlers am Flugzeug selbst und der An-
strömcharakteristik des Messfühlers zu Messfehlern. Dieser Messfehler
wird Statikdruckquellenfehler (static error) genannt.
Die Messstellen für den statischen Druck müssen in einem Bereich am
Rumpf oder am Staurohr angebracht werden, wo weder Über- noch Unter-
druck herrscht. Diese Forderung kann jedoch nur für eine bestimmte Flug-
geschwindigkeit und einen bestimmten Anstellwinkel umgesetzt werden.
Weicht das Flugzeug von diesen vorgegebenen Parametern ab, kommt es
auch zu einer Abweichung des gemessenen statischen Drucks. Er wird
entweder zu groß oder zu klein.
Da dieser Messfehler von der Position des Messstelle abhängt, wird er
in der englischen Literatur position error genannt. Er wirkt sich sowohl
auf die Geschwindigkeit als auch auf die Höhenanzeige aus.
Zur Kompensation dieses Fehlers werden vom Flugzeughersteller
Korrekturkurven für verschiedene Klappenstellungen veröffentlicht.
Abb. 5.7 zeigt einen Ausschnitt aus dem AFM des CRJ 900 mit den
Korrekturkurven für den position error für verschiedene Klappen-
stellungen. Wie man sehen kann, ist die Korrektur gering und mit Werten
von 0,5 bis 1 kt im praktischen Flugbetrieb nicht von Bedeutung.
Abb. 5.7 Airspeed Position Error Correction CR9 (AFM CR9 © Bombardier)
5.2 Definitionen von Fluggeschwindigkeiten 67
Der IAS (angezeigte Fahrt) ist die Geschwindigkeit, die auf einem nach
ISA-Bedingungen geeichten Fahrtmesser angezeigt wird. Für die Verhält-
nisse in MSL ist die Kompressibilität der Luft bereits in der
Skalenteinteilung berücksichtigt. Die IAS ist die für Besatzungen ge-
bräuchliche Geschwindigkeit und wird auch häufig in Leistungstabellen
verwendet.
68 5 Geschwindigkeiten
ª N 1
º (5.3)
2N p0 «§¨ pt p s 1·¸ N 1»
CAS «¨ p ¸ »
N 1 U 0 «¬© 0 ¹ »¼
Mit zunehmender Höhe und Machzahl unterliegt die CAS aufgrund des
auf Meeresniveau geeichten Fahrtmessers einem zunehmenden Anzeige-
fehler. Dieser Effekt wird bei der EAS (Äquivalente Fluggeschwindigkeit)
berücksichtigt. Unter ihr versteht man die um den Kompressibilitätseffekt
korrigierte CAS.
Diese Korrektur ('VC) wird bei Fluggeschwindigkeiten von Mach > 0,4
notwendig. Es ergibt sich daher folgende Beziehung zwischen EAS und
CAS.
EAS = CAS + 'VC (5.4)
Die Gleichung für die EAS lautet:
ª N 1
º (5.5)
2N p s « pt p s
§ · N
EAS ¨ 1¸¸ 1»»
N 1 U 0 ««¨© ps ¹ »¼
¬
Eine konstante EAS entspricht einem konstanten dynamischen Druck.
5.2 Definitionen von Fluggeschwindigkeiten 69
ª N 1
º (5.6)
2N p s §
«¨ tp p · N
TAS Ǭ p
s
1¸¸ 1»»
N 1 U s «¬© s ¹ »¼
Die TAS kann mit Hilfe der folgenden Gleichung auch direkt aus der EAS
berechnet werden:
EAS T (5.7)
TAS EAS
V G
Wird eine Rücken- oder Gegenwindkomponente berücksichtigt, ergibt sich
aus der TAS die GS.
5.2.5 Machzahl
a a0 4 (5.9)
ausgedrückt werden.
Einsetzen von Gl. (5.13) in Gl. (5.12) ergibt:
TAS (5.10)
M
a0 4
und somit
TAS M a0 4 (5.11)
70 5 Geschwindigkeiten
5.2.6 Umrechnungsgleichungen
ª 1
º (5.12)
«§¨ 1 ª 2 3, 5 ½ · 3, 5
»
° § CAS · º ° ¸
EAS 1479,1 G «¨ ®«1 0,2¨ ¸ » 1¾ 1¸ 1»
«¨ G °« © 661,4786 ¹ »¼ °¿ ¸ »
«© ¯¬ ¹ »
¬ ¼
ª 1
º (5.13)
«§¨ ª 1 EAS 2 º 3,5 ½ ·¸ 3,5 »
° § · °
CAS 1479,1 «¨ G ®«1 ¨ ¸ » 1¾ 1¸ 1»
«¨ °« G © 1479,1 ¹ » °¿ ¸ »
«© ¯¬ ¼ ¹ »
¬ ¼
ª 1
º (5.14)
«§¨ 1 ª 2 3, 5 ½ · 3, 5
»
° § CAS · º ° ¸
TAS 1479,1 T «¨ ®«1 0,2¨ ¸ » 1¾ 1¸ 1»
«¨ G °« © 661,4786 ¹ »¼ °¿ ¸ »
«© ¯¬ ¹ »
¬ ¼
ª 1
º (5.15)
«§¨ ª 1 TAS 2 º 3,5 ½ ·¸ 3,5 »
° § · °
CAS 1479,1 «¨ G ®«1 ¨ ¸ » 1¾ 1¸ 1»
«¨ °« T © 1479,1 ¹ »¼ °¿ ¸ »
«© ¯¬ ¹ »
¬ ¼
5.3 Operationelle Geschwindigkeiten 71
Abb. 5.9 zeigt nochmal schematisch die einzelnen Korrekturen und Zu-
sammenhänge der Geschwindigkeitsvarianten.
Aus Gründen der Vollständigkeit sei noch angemerkt, dass die amerika-
nische Zivilluftfahrtbehörde FAA nur die VS kennt.
VS1 Die Strömungsabrissgeschwindigkeit des Flugzeugs bezogen auf
eine fallspezifische Flugzeugkonfiguration.
VS0 Die Strömungsabrissgeschwindigkeit des Flugzeugs mit den
Flügelklappen in Landestellung.
VMCG Minimum Control Speed Ground. Gemäß CS 25.149 (e) steht die
VMCG für die Mindestgeschwindigkeit, die notwendig ist, um ein Flugzeug
nach Ausfall des kritischen Triebwerks alleine mittels aerodynamischer
Steuerung zu kontrollieren und einen sicheren Start zu ermöglichen. Bei
der Ermittlung wird ausschließlich laterale Kontrolle mittels der Seiten-
ruder bei durchschnittlichen manuellen und psychomotorischen Fähig-
keiten des Piloten unterstellt. Durch den Triebwerksausfall auftretende
Asymmetrien müssen mit geeigneten Maßnahmen begegnet werden. Die
Vorschriften gehen davon aus, dass die Gegenmaßnahmen so ausgeführt
5.3 Operationelle Geschwindigkeiten 73
werden sollen, dass die Flugbahn parallel zur Pistenmittellinie liegen soll.
Der Abstand zwischen dieser Bahn und dem Punkt des Triebwerksaufalls
darf lateral 30 ft nicht überschreiten.
VMCA Minimum Control Speed Air.
Im Gegensatz zur oben beschriebenen VMCG gilt die VMCA für den Flug.
Gemäß CS 25.149 (b) ist die VMCA die Geschwindigkeit, bei der das Flug-
zeug gerade noch geradeaus gehalten werden kann. Es gelten folgende
Grundsätze:
x Die Schräglage darf 5° nicht überschreiten.
x Es werden keine außergewöhnlichen fliegerischen Fähigkeiten der
Piloten vorausgesetzt.
x Das Flugzeug darf keine gefährliche Fluglage einnehmen.
VEF Engine Failure Speed. Die Geschwindigkeit, bei der ein Ausfall
des kritischen Triebwerks angenommen wird. Es gilt die Beziehung:
V3 V2 + 10 kt
5.4 Bemessungsgeschwindigkeiten
6.1 Einführung
Die grundsätzliche Aufgabe eines Triebwerks ist, für den Vortrieb des
Flugzeuges zu sorgen. Hierzu muss der Schub bzw. die Leistung des
Triebwerks die auf das Flugzeug wirkende Widerstandskraft überwinden.
Als sekundäre Aufgabe können alle Aufgaben und Leistungen
zusammengefasst, die nichts mit dem direkten Vortrieb des Flugzeuges zu
tun haben.
x Bereitstellung von elektrischer und hydraulischer Leistung
x Bereitstellung von pneumatischer Leistung für die Druckkabine.
x Bereitstellung von heißer Luft (Zapfluft bzw. Bleed Air) für die
Enteisungsanlagen.
Turbinentriebwerke werden in drei Varianten unterschieden:
Dieses Kapitel befasst sich nur mit dem Strahltriebwerk in Form des ZTL-
Triebwerks.
78 6 Strahltriebwerke
Eine der ersten Strahltriebwerke war die Whittle Engine, benannt nach
ihrem Erbauer Sir Frank Whittle, die in den 30er Jahren gebaut wurde.
Während die ersten Triebwerke noch Radialturbinen aufwiesen, setzte sich
im Laufe der Zeit immer mehr die Axialturbine durch. Das erste im
kommerziellen Passagierluftverkehr eingesetzte Strahltriebwerk war eine
Einwellenaxialturbine (single-spool axial flow turbojet). Der Terminus
single-spool bezieht sich auf die Welle, die den Kompressor mit der
Turbine direkt verband.
Eine Weiterentwicklung nach den Einwellentriebwerken war die
Einführung von Zweiwellentriebwerken (twin-spool turbojet engines), wie
sie auch heute teilweise noch verwendet werden. Durch eine zweite Welle
hatte das Triebwerk nun zwei unabhängige Verdichterstufen, die von zwei
unabhängigen Turbinen angetrieben wurden. Dies verbesserte die
Effizienz des Triebwerks.
Die erste Verdichterstufe ist ein mit niedriger Geschwindigkeit
drehender Rotor. Die zweite Verdichterstufe ist ein mit hoher
Geschwindigkeit drehender Rotor. Im Cockpit werden die
Geschwindigkeiten der Verdichterstufen in % angegeben und sind als N1-
und N2-Rotor bekannt. Die Drehzahl kann über den Schubhebel direkt
beeinflusst werden.
Ein weiterer Meilenstein in der Triebwerksentwicklung war die
Einführung des sogenannten Turbofans (twin-spool bypass turbojet
engine). Hierbei übernimmt ein von der Niederdruckturbine angetriebener
„schaufelradartiger Propeller“, der sogenannte Fan, einen großen Anteil
der Schuberzeugung, indem er eine große Luftmenge beschleunigt und am
eigentlichen Verbrennungsprozess vorbeileitet. Dies verbessert nicht nur
die Treibstoffeffizienz, sondern verringert auch die Lärmemissionen. Denn
der Nebenstrom wirkt wie ein schalldämpfender „Mantel“ um den
austretenden primären Luftstrom.
Während die ersten Fantriebwerke ein niedriges Bypass Verhältnis (low
bypass ratio) hatten, haben moderne Turbofans Nebenstromverhältnisse
von 5:1 und mehr. Das bedeutet, dass 80 % des Schubs und mehr aus dem
Nebenstrom gewonnen werden.
Neben den Zweiwellenturbinentriebwerken gibt es auch die
Dreiwellenturbinentriebwerke (triple-spool turbofan engines). Der
Triebwerkshersteller Rolls-Royce produziert diese bereits seit 40 Jahren.
So war der Erstlauf der RB211-22B für die Lockheed L1011 Tristar im
6.3 Funktionsweise und allgemeine Schubgleichung 79
Jahre 1969. Das Ziel dieser Weiterentwicklungen ist in erster Linie die
Steigerung der Effizienz durch eine optimierte Anpassung und
Abstimmung der Luftströmung an Verdichter und Kompressor.
Die komplexe Dreiwellenarchitektur, mit drei voneinander
unabhängigen Rotoren, kann jedoch nicht unbegrenzt auf kleinere
Triebwerke skaliert werden. So hat gerade bei niedrigeren Schubklassen
das Zweiwellentriebwerk durch das erheblich niedrigere
Triebwerksgewicht einen wesentlichen Vorteil gegenüber dem
„Dreiweller“.
Bewegt man sich entlang des full rated thrust in Richtung niedrigerer
Temperatur (TAT), bleibt die Austrittstemperatur (EGT) zunächst
konstant. Erst im Bereich des flat rated thrust fällt die EGT dann mit
weiter abnehmender TAT.
6.4.2 Fluggeschwindigkeit
Wie zuvor bereits im Rahmen der Schubgleichung erläutert, wirkt sich die
Fluggeschwindigkeit zum einen auf die Differenz ein- und ausströmender
Luft aus und zum anderen auch auf den Druckunterschied.
Durch eine Erhöhung der Fluggeschwindigkeit kommt es durch die höhere
Einströmgeschwindigkeit zu einem Kompressionseffekt am Lufteinlauf
des Triebwerks. Dieser Effekt wird Staueffekt (ram effect) genannt.
82 6 Strahltriebwerke
6.5 Triebwerksleistungsstufen
Der maximale Startschub ist der höchste zur Verfügung stehende Schub
und wird nur für den Start angewendet. Aufgrund der hohen Triebwerks-
belastung bei diesem Schubniveau existiert hierfür eine zeitliche Ein-
schränkung. In aller Regel sind dies 5 Minuten. Für den Fall eines
Triebwerksausfalles können diese 5 Minuten auch je nach Triebwerkstyp
auf 10 Minuten ausgedehnt werden1. Die Werte für Maximum Take-off
Thrust befinden sich im AFM und heißen dort auch – je nach
Flugzeughersteller – normal take-off thrust.
Die tabellarisch aufgelisteten Werte werden für unterschiedliche
Konfigurationen der Zapfluftanlage geliefert. So gibt es Unterschiede, ob
die Klimaanlage von den Triebwerken oder der Hilfsturbine versorgt wird,
oder ob die Enteisungsanlage zugeschaltet wird. Die folgende Tabelle
zeigt beispielhaft den maximum take-off thrust eines generischen
Verkehrsflugzeugs.
1 So beträgt das Zeitlimit beim CRJ 100 beispielsweise 5 Minuten, beim CRJ 700
und 900 aber 10 Minuten.
84 6 Strahltriebwerke
Tabelle 6.1 Maximum Take-off Thrust Setting (All Engines Operating), %N1
(CAP 698 © by Civil Aviation Authority)
Der go-around thrust wird häufig auch als inflight Take-off Thrust
bezeichnet. Grundsätzlich ist der Schub in seinem Betrag identisch mit
dem Maximum Take-off Thrust. Bei einem Durchstartmanöver hat das
Flugzeug jedoch bereits eine gewisse Geschwindigkeit. Dies bewirkt
andere Schubeinstellungen für %N1 und EPR. Das Zeitlimit für dieses
zertifizierte Thrust Rating ist identisch mit dem Maximum Take-off Thrust
Limit.
Diese Thrust Ratings sind ein Schubniveau für den „normalen“ Steigflug
bzw. Reiseflug, die jeweils die Obergrenze des Schubes für die
entsprechende Flugphase darstellen. Sie unterliegen keinem Zeitlimit. Je
nach Triebwerkshersteller kann der MCLT auch dem MCT entsprechen.
Da es kein zertifiziertes Schubniveau ist, findet man die Werte auch nicht
im ebenfalls zertifizierten AFM, sondern in anderen flugzeugbezogenen
Handbüchern, die dem Flugzeugbetreiber mit der Auslieferung übergeben
werden. Da diese Bücher den einzelnen Piloten nicht immer zugänglich
sind, werden sie in den entsprechenden Kapiteln der Flugbetriebs-
handbücher veröffentlicht.
6.6 Treibstoffverbrauch
- Pr = benötigte Schwebeleistung
- Hi = Heizwert des Treibstoffs
Durch Umstellen nach FF erhält man
Tr TAS (6.6)
FF
H i K p
7.1 Einführung
7.3.1 Temperaturquotient
2. Schritt: Vergleichen von TISA mit Tact: Dieser ergibt, dass die
Atmosphäre 10 K wärmer ist. Es herrschen also „ISA+10“ Bedingungen.
3. Schritt: Korrektur von TUmwandlung von relativer Temperatur in
absolute Temperatur:
TISA= -42,5 °C = 230,65 K
T0 = 15 °C entspricht 288,15 K
Durch Einsetzen der ISA Abweichung in T erhält man:
Tact TISA 'ISA 230,65 10 (7.8)
T corr 0,8352
T0 T0 288,15
7.3.2 Luftdruckquotient
G steht für das Verhältnis aus Luftdruck einer bestimmten Höhe p zu dem
Standardluftdruck in Meeresniveau p0.
p Luftdruck (7.9)
G
p0 Luftdruck in MSL
Der Zusammenhang von G und der Höhe nach ISA definiert die
sogenannte Druckhöhe (pressure altitude, PA). Diese Druckhöhe ist in der
Aerodynamik und der Flugleistung von besonderer Bedeutung und wird
für die meisten Berechnungen verwendet. Darüber hinaus ist die
Druckhöhe auch Basis der Höhenmesserkalibrierung.
Die G-Werte, wie sie in ISA Tabellen zu finden sind, müssen nicht für
„non-standard“ Bedingungen korrigiert werden und können daher auch bei
Drucklagen verwendet werden, die von ISA Bedingungen abweichen.
Die Änderung von G mit der Druckhöhe (pressure altitude, PA) erfolgt
nach folgender Gleichung:
x Unter 36.089 ft
G >1 6,875586 u 10 6
PA @
5, 25588 (7.10)
x Über 36.089 ft
92 7 Die Atmosphäre
§ 36089 PA ·
¨¨ ¸¸ (7.11)
© 20805, 7 ¹
G 0,22336 e
7.3.3 Luftdichtequotient
U Luftdichte (7.12)
V
U0 Luftdichte in MSL
pt
p s 1 0,2 M 2 3, 5 (7.14)
Die total air temperature Tt (TAT) und die static air temperature (SAT)
sind im Cockpit direkt ablesbar.
Bezogen auf Standardbedingungen ergeben sich durch Umstellen die
folgenden Formeln:
pt ps 3,5 (7.16)
Gt
p0 p0
1 0,2 M 2
7.3 Atmosphärische Parameter 93
Tt Ts (7.17)
Tt
T0 T0
1 0,2 M 2
Zur schnellen Berechnung der TAT existieren Tabellen. Durch einen
Vergleich des Tabellenwerts mit der angezeigten TAT ist im Flug schnell
erkennbar, ob man in einer „warmen“ oder „kalten“ Atmosphäre fliegt.
Tabelle 7.2 TAT bei ISA Bedingungen (CAP 698 © by Civil Aviation Authority)
94 7 Die Atmosphäre
Die significant weather chart (SWC) gibt einen Überblick über die
Gesamtwetterlage und – wie der Name schon sagt – über signifikante
Wettererscheinungen. Es werden Frontensysteme abgebildet und
Informationen zu Vereisungsbedingungen und Turbulenzen gegeben.
Die Tropopausenhöhe wird als dreistellige Zahl in einem Rechteck
dargestellt, wobei die höchste (Suffix H für high) und niedrigste (Suffix L
für low) Zahl gesondert hervorgehoben werden und somit die höchste und
tiefste Lage der Tropopause anzeigen. Die Zahl bezieht sich auf die
Flugfläche (FL = flight level) als Höhenangabe.
In unserer Beispielkarte liegt der höchste Punkt der Tropopause
südwestlich von Island in 41.000 ft. Es gibt mehrere lokale Tiefpunkte. So
befindet sich der tiefste Punkt in Südeuropa an der italienischen Ostküste
in 30.000 ft. Ein weiterer Tiefpunkt findet man z. B. an der afrikanischen
Nordküste in 25.000 ft (250 L).
96 7 Die Atmosphäre
Abb. (7.6) zeigt den Flugweg von Stuttgart nach Barcelona. Die
atmosphärischen Daten (Windstärke, Windrichtung und Temperatur)
beziehen sich auf eine Flughöhe von 35.000 ft (FL 350).
Die Windpfeile sind zum geografischen Nordpol ausgerichtet (sog. true
north Ausrichtung).
Die Windkarten liegen für verschiedene Flughöhen vor und werden vor
allem auf Langstreckenflügen zur Konstruktion der zeitlich kürzesten
Route (minimum time track, MTT) verwendet.
7.4.4 Flugprofil
Das Flugprofil ist insofern interessant, als dass man auf einen Blick die
Windverhältnisse in den anderen Flughöhen erkennt. So kann schnell
ermittelt werden, welche Auswirkungen eine nicht vorhersehbare
Höhenbeschränkung der Flugverkehrskontrolle auf die Flugzeit und den
Treibstoffverbrauch hätte.
Auf der Abbildung ist erkennbar, wie das Flugzeug bereits kurz nach dem
Start über die Tropopause steigt und wie diese abnimmt, je weiter man
nach Süden kommt.
Der Startflughafen Stuttgart (EDDS) liegt am rechten Bildrand. Der Flug
verläuft von rechts nach links.
7.4.5 Wetter
Diese Faustformel gilt bis zu einer Höhe von ca. 18.000 ft. Danach wird
mit 50 ft pro 1 hPa gerechnet.
Die reale Atmosphäre unterscheidet sich im Druck, aber auch in der
Temperatur von der Standard-Atmosphäre. Ist die aktuelle Temperatur
größer als der ISA-Wert, spricht man von einer warmen Atmosphäre. Das
entsprechende Gegenteil bildet die kalte Atmosphäre bei Werten unter
ISA.
Bekanntermaßen dehnt sich warme Luft aus, während sich die kalte zu-
sammenzieht. Generell gilt:
x In einer warmen Atmosphäre liegen die Druckflächen weiter aus-
einander. Dadurch liegen bestimmte Druckflächen höher.
x In einer kalten Atmosphäre liegen die Druckflächen enger zusammen.
Dadurch liegen die Druckflächen tiefer.
Um dieses Phänomen zu berücksichtigen, wendet man die sogenannte
4 %-Regel an. Diese besagt, dass sich die Dicke einer Druckschicht um
4 % ändert, wenn die ISA-Abweichung 10 K beträgt. Ist die Temperatur-
abweichung positiv, sind die 4 % zu addieren. Ist sie negativ, sind 4 % ab-
zuziehen.
8.3 Druckhöhe
Wird zur Berechnung des QNE anstatt dem QNH das QFE genutzt, wird
die elevation des Flughafens nicht mehr berücksichtigt. Die Gleichung
vereinfacht sich dann zu:
QNE [ft] = 30 (1013 hPa – QFE [hPa]) (8.3)
Aus Staffelungsgründen müssen alle Flugzeuge ab einer bestimmten Höhe
den Standarddruck einstellen, um nach einer einheitlichen Bezugsbasis zu
fliegen.
Die Umstellung von QNH auf 1013 erfolgt im Steigflug beim Durch-
fliegen der sogenannten transition altitude. Bei der Annäherung an einen
Flughafen wird dann wieder beim Passieren des sogenannten transition
levels das örtliche QNH eingestellt.
Die nachstehende Tabelle gibt nochmals einen geschlossenen Überblick
über die Einstellungen (subscale setting) und Anzeigen am Höhenmesser
Wenn an warmen Tagen die Luft dünner als „Standard“ ist, nimmt der
Luftdruck mit der Höhe weniger schnell ab wie im ISA-Modell. Die
Steigung der Geraden in Abb. 8.4 ist daher steiler wie die Standardgerade.
Ein Höhenmesser, der im Steigflug einen Höhenzuwachs von 1000 ft an-
108 8 Barometrie
zeigt, läuft daher etwas nach. Das Flugzeug ist tatsächlich schon höher ge-
stiegen. An kalten Tagen passiert das Gegenteil. Der Luftdruck ändert sich
mit der Höhe schneller, weshalb die Gerade der hohen Luftdichte flacher
wie „Standard“ ausfällt. Ein Höhenmesser, der einen Steigflug von 1000 ft
anzeigt, ist hier etwas voraus. Das Flugzeug ist tatsächlich noch keine
1000 ft gestiegen.
(8.5)
'TISA >qC@ OAT [qC] TISA [qC]
Eine Berechnung des exakten Prozentwertes bietet folgende Gleichung:
Korrektur [%] = 0,004·('7ISA) (8.6)
Die Abb. 8.5 verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Temperatur-
abweichung und angezeigter Höhe. Ein Höhenmesser, der in einer kalten
Umgebungsluft 1500 ft anzeigt, befindet sich tatsächlich tiefer.
8.4 Dichtehöhe
Die Dichtehöhe (density altitude, DA) ist für das tatsächliche Leistungs-
vermögen eines Flugzeuges von großer Bedeutung. Wie in den vorher-
gehenden Ausführungen bereits dargestellt, beeinflussen sich Luftdruck,
Temperatur und Luftdichte gegenseitig. Mit steigender Flughöhe nehmen
110 8 Barometrie
Druck und Temperatur ab. Die Dichte verringert sich exponentiell mit der
Höhe.
Per Definition ist die Dichtehöhe die Höhe innerhalb der Standard-
atmosphäre, in der eine bestimmte Luftdichte herrscht. Mit anderen
Worten: Die Dichtehöhe ist eine nur hinsichtlich der aktuellen Temperatur
korrigierte Druckhöhe auf Basis von 1013 hPa.
Die Dichtehöhe in ft kann auf Basis der Druckhöhe und der Temperatur
entweder mit der folgenden Gleichung oder der mit Hilfe von Abb. 8.6
ermittelt werden.
DA [ft] = QNE [ft] + 118,6 (OAT [°C] - TISA [°C]) (8.7)
Aus der Gleichung bzw. der Abb. 8.6 geht hervor, dass bei gleichem
Druck in kälterer Luft eine größere Dichte vorherrscht. Das Flugzeug ist
bei solchen Bedingungen leistungsfähiger, wie bei hoher Temperatur und
niedriger Luftdichte. Eine kurze Abschätzung zur Flugleistung liefert der
Vergleich mit der Flugplatzhöhe. Ist die Dichtehöhe größer als die Platz-
höhe, muss mit einer beeinträchtigten Flugleistung gerechnet werden.
Beispiel:
Gegeben: Flugplatzhöhe: 1000 ft, Temperatur: 35 °C, QNH: 1001 hPa
Zunächst wird das QNE bestimmt:
QNE [ft] = ELEV [ft] – 30·(QNH [hPa] – 1013 [hPa])
QNE = 1000 – 30·(1001 – 1013)
QNE = 1000 – (-360) = 1360 ft
Anschließend wird TISA berechnet:
TISA [°C] = 15 °C – 2(QNE [ft]/1000 [ft])
TISA = 15 – 2(1,36) = 12,28 °C
Mit diesen Angaben wird mittels Gl. (8.7) die Dichtehöhe berechnet:
DA [ft] = QNE [ft] + 120(OAT [°C] – TISA [°C])
DA [ft] = 1360 ft + 120(35 °C – 12,28 °C)
DA [ft] = 1360 ft + 2726 ft = 4086 ft
8.4 Dichtehöhe 111
Abb. 8.6 Ermittlung der DA auf Basis von PA und OAT (© FAA 2003)
Die Dichtehöhe liegt mit 4086 ft unter den gegebenen Umständen weit
über der Flugplatzhöhe von 1000 ft. Es ist folglich mit einer erheblichen
Verschlechterung der Flugleistung zu rechnen. Dies kann gerade bei
kleinen Flugzeugen, wie z. B. einmotorige Sport- und Reiseflugzeuge, zu
sicherheitskritischen Situationen führen. Besonders beim Start auf kurzen
Pisten oder beim Start über Hindernisse.
112 8 Barometrie
Bei der MUFL-Berechnung wird die Flugfläche bestimmt, bei der das
Überfliegen einer wahren Höhe, also z. B. einer Mindestsicherheitshöhe,
sichergestellt ist. Es wird die Mindestanzeige des Höhenmessers (mit Ein-
stellung von 1013 hPa in der Unterskala) berechnet. Um den Mindest-FL
zu erhalten, muss das Ergebnis auf die nächsthöhere zulässige Flugfläche
aufgerundet werden. Das folgende Beispiel zeigt das Berechnungsschema
bei Kenntnis der OAT im Flight Level. Bei Kenntnis der OAT in ELEV
sind die Rechenschritte analog (siehe auch True Altitude Berechnung).
Eine explizite Form der MUFL-Berechnung ist die Kompensation für sehr
tiefe Temperaturen (cold temperature correction). Insbesondere an sehr
116 8 Barometrie
Beispiel
Sie befinden sich aus Norden kommend im Anflug auf Stuttgart, Piste 07.
Der Flughafen meldet eine Temperatur von -20°C.
Der Anflugkarte (instrument approach chart, IAC) entnehmen Sie
Mindestsicherheitshöhe (minimum sector altitude, MSA) von 4.700 ft.
Die minimum descent altitude (MDA), ist die Höhe, bis zu der das Flug-
zeug höchstens sinken darf, ohne dass die Piste in Sicht ist. Mit erreichen
der MDA muss die Pisten in Sicht sein, ansonsten muss das Fehlanflugver-
fahren eingeleitet werden.
Am final approach fix (FAF) wird mit dem Endanflug begonnen.
8.5 Anwendung in der Praxis 117
9.1.5 Freifläche
x Die Freifläche sollte mindestens eine Breite von 150 m haben (75 m
beiderseits der Mittellinie).
x Es sollten keine Hindernisse über eine gedachte Fläche mit einer
Steigung von 1,25 % herausragen.
x Objekte auf der Freifläche, die Flugzeuge in der Luft gefährden, sollten
als Hindernisse berücksichtigt und entfernt werden.
9.1.6 Stoppbahn
Ein clearway bzw. stopway beeinflusst die Länge der verfügbaren Start-
und Landestrecke. Da das maximale Start- und Landegewicht - und damit
auch die mögliche Nutzlast - ursächlich durch die verfügbaren Strecken
limitiert sein kann, ist das Vorhandensein solcher Strecken - je nach Flug-
hafen - von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Denn nur wenn eine Flug-
gesellschaft entsprechende Start- und Landegewichte erzielen kann, wird
sie den Flughafen auch anfliegen wollen.
Eine sogenannte balanced field length (BFL) existiert, wenn die verfüg-
bare Startstrecke (TODA) gleich der verfügbaren Startabbruchstrecke
(ASDA) ist. Dies ist dann der Fall, wenn weder Stoppbahn noch Freifläche
vorhanden sind (Layout A), oder wenn Stoppbahn und Freifläche die
gleiche Länge haben (Layout B).
122 9 Flughafenbetriebsflächen
Die nachfolgende Ansicht zeigt das Layout A mit einer Start- und Lande-
bahn ohne Freifläche und Stoppbahn. In dieser Konstellation sind alle
Distanzen identisch.
Layout B zeigt den zweiten Fall, wenn Stoppbahn und Freifläche identisch
sind. Auch hier herrscht eine balanced field length.
Fügt sich hingegen im Anschluss an die Startbahn eine Stoppbahn an, ver-
längert dies die verfügbare Startabbruchstrecke. Besonders hervorzuheben
bei diesem Layout ist die Tatsache, dass die Stoppbahn nicht zur verfüg-
baren Landestrecke zählt, wenngleich sie zum Startabbruch berücksichtigt
werden darf.
Abb. 9.5 zeigt die verfügbaren Strecken bei versetzter Schwelle und an-
schließender Freifläche und Stoppbahn.
Versetzte Schwelle
Eine versetzte Schwelle hat lediglich Einfluss auf die verfügbare Lande-
strecke, die um ein bestimmtes Stück gekürzt ist. In der Regel kann zum
124 9 Flughafenbetriebsflächen
Start dieser Teil der Piste genutzt werden (siehe auch 14.2.2 Anflug über
Hindernisse).
Das folgende Beispiel entstammt dem ICAO Annex 14 und soll die Be-
rechnung der einzelnen Distanzen anhand von Zahlen darstellen.
Wenn ein Flugzeug auf die Startbahn aufrollt, kommt es dabei zwangs-
läufig zu einem mehr oder weniger großen Verlust an verfügbarer Start-
strecke. Die Größe des Verlustes durch das Aufrollen hängt zum einen ab
vom Flugzeugtyp und zum anderen von der Technik des Aufrollens. Die
JAR-OPS 1.490 (c) (9) fordert, dass die verfügbaren Distanzen um diesen
Verlust korrigiert werden, bevor eine Startdatenberechnung durchgeführt
wird.
9.2 Minderung der Pistenlänge durch Aufrollen 125
Das rechtwinklige Aufrollen auf die Startbahn (90° turn to center line) ist
die häufigste Methode. In Abb. 9.9 erkennt man das Haupt- und Bugfahr-
werk als Referenzpunkte für die unterschiedlichen Korrekturen (siehe
hierzu auch Abb. 9.10).
Abb. 9.9 90° Line-up vom Rollhalteort zur Startbahnmitte (© Airbus 2002)
126 9 Flughafenbetriebsflächen
Der 180° Turn to Centerline stellt quasi eine Umkehrkurve auf der Start-
bahn dar und kommt seltener vor, als die zuvor erwähnte 90° Technik.
Notwendig wird sie aber beispielsweise dort, wo Bauarbeiten am Start-
bahnanfang durchgeführt werden. Aus diesem Grund kann z. B. der letzte
Rollweg gesperrt sein. Um trotzdem die volle Bahnlänge nutzen zu
können, wird dann auf der Startbahn zurückgerollt (backtrack). Am
Pistenende kommt es dann zu einer 180°-Kurve. Auch bei kleinen Flug-
plätzen, die z. B. nur einen Rollweg in der Mitte haben wird mittig auf die
Bahn aufgerollt und dann auf der Startbahn zum Startpunkt gerollt.
9.3 Pistenoberflächentraglast
Es existieren zwei Arten von Belag: Rigid (R)wird verwendet, wenn sich
die Traglastfähigkeit auf Basis einer Betonplattenoberfläche bezieht.
128 9 Flughafenbetriebsflächen
Flexible (F) wird verwendet, wenn die Oberfläche in der Art einer Straße
hergestellt wurde. Das heißt, es wurde weiches Material (Schotter etc.)
verdichtet und mit einer Bitumenschicht (meist als Teerbelag) bedeckt.
Belastung
Pistenoberflächen
Evaluierungsmethode
x „T“ - vollständige technische Evaluierung des Belages.
x „U“ - aus der Erfahrung der Nutzer („user“) gewonnener Wert.
Die ACN ist ebenfalls eine dimensionslose Zahl, die den relativen Effekt
des Flugzeuggewichts auf eine Oberfläche mit bestimmten Eigenschaften
angibt. Analog der PCN entspricht die ACN von 1 einer Einzelradlast von
500 kg bei einem Reifendruck von 1,25 MPa (181,25 psi), wodurch ein
einfacher Vergleich zwischen ACN und PCN ermöglicht wird.
Bei neuen Flugzeugtypen muss die ACN vom Hersteller errechnet und im
flugzeugspezifischen Airport Planning Manual veröffentlicht. Dieses
Handbuch wird in der Regel noch vor der Auslieferung des Flugzeuges
vom Hersteller an den zukünftigen Eigentümer bzw. Betreiber geschickt.
Auf Grundlage der Angaben in diesem Handbuch kann eine Fluggesell-
schaft die Vorplanungen zum Einsatz des Flugzeuges durchführen.
Bei leichten Flugzeugen, wie z. B. Regionalflugzeugen wird aus Gründen
der Vereinfachung oftmals nur die maximale ACN gegen die PCN geprüft.
Dieses „worst case“-Verfahren kann bei schwerem Fluggerät wie der
B747 oder dem A340 schnell zu Einschränkungen führen. Gerade auch im
Fracht- und Charterverkehr werden oft Flughäfen angeflogen, die nicht
immer den Ausbaustandard internationaler Großflughäfen aufweisen. In
diesen Fällen kann es hilfreich sein, die ACN genau zu berechnen.
Die Tabelle der ICAO gibt je nach Art des Belages und seines Unter-
belages zwei ACN an. Einmal für das maximale Startgewicht und zum
anderen für das Leergewicht.
Die tatsächliche ACN für ein bestimmtes Gewicht kann mit Hilfe
folgender Gleichung bestimmt werden.
(MTOW Weight act. ) u (ACN max ACN miny ) (9.1)
ACN act. ACN max
MTOW DOW
Am Beispiel des CRJ 200 soll die oben genannte Formel dargestellt
werden. Die maximale ACN des CRJ 200 beträgt 18, die minimale ACN
in dieser Klasse beträgt 9. Geht man von einem MTOW von 23.995 und
einem DOW von 15.000 kg aus, erhält man für ein tatsächliches TOW von
21.000 kg folgende aktuelle ACN.
(23.995 21.000) u (18 9 ) (9.2)
ACN act. 18 15
23.995 15.000
Die aktuelle ACN beträgt somit 15.
9.4 Nasse oder kontaminierte Betriebsflächen 131
Kontamination bewegt.
9.4 Nasse oder kontaminierte Betriebsflächen 135
Der Einfluss von Kontaminierung auf die Flugleistung ergibt sich aus
einem zusätzlichen Widerstand und einer verminderten Bremsleistung.
x Zusätzlicher Widerstand, der sich an den Reifen aus der Verdrängung
der Kontaminierung ergibt (tire displacement drag).
136 9 Flughafenbetriebsflächen
Widerstandsarten
9 z. B. ESDU Data Item 83042, Dec. 1983, with Amendment A, May 1998. “Esti-
mation of Spray Patterns Generated from the Side of Aircraft Tyres Running in
Water or Slush.”
10 ESDU Data Item 98001, May 1998. „Estimation of Airframe Sink-Friction Drag
Der Reibungskoeffizient P
9.4.5 Hydroplaning
Dynamic Hydroplaning
Hydroplaning tritt nicht auf, wenn das Reifenprofil tiefer ist, als der
Wasserbelag auf der Piste.
Viscous Hydroplaning
sobald er Kontakt mit der Piste hat. Das Flugzeug schliddert über die
Bahn. Man spricht dann auch von reverted rubber skid.
9.5 Pistenneigungswinkel
Methode 1
Die durchschnittliche Neigung errechnet sich aus der Differenz der
Schwellenhöhen der Piste, dividiert durch die Pistenlänge.
Höhe der Schwelle A - Höhe der Schwelle B (9.5)
Neigung [% ] 100
TORA
Wird die Pistenhöhe in [ft] und die TORA in [m] angegeben, wird ein Um-
rechnungsfaktor [3,28] genutzt. Die Formel ergibt sich dann wie folgt:
Differenz der Schwellenhöhen [ft] (9.6)
Neigung [%] 100
TORA [m] 3,28
Eine Berechnung der Neigung nach Methode 1 zeigt die Abb. 9.15.
9.5 Pistenneigungswinkel 143
Methode 2
Die USA definieren einen effective gradient als die Distanz zwischen dem
niedrigsten und höchsten Punkt einer Piste, dividiert durch die gesamte
Pistenlänge.
Methode 3
Bei dieser Methode wird bei der Berechnung zwischen dem Startfall und
dem Startabbruchfall unterschieden. Der effektive Pistengradient ist
definiert als der größte Wert in beliebige Richtung.
144 9 Flughafenbetriebsflächen
10.1 Einführung
Der Startvorgang gehört neben dem Anflug und der Landung zu den
kritischen Flugphasen. Dies hat mehrere Gründe: Zum einen beschleunigt
das Flugzeug am Boden auf eine hohe Rollgeschwindigkeit, zum Anderen
werden die Triebwerke unter hoher Last betrieben. Die thermischen Be-
lastungen der Triebwerke ist in dieser Phase sehr hoch was das Risiko
eines Triebwerksausfalls erhöhen kann.
Um die Risiken zu minimieren, hat der Gesetzgeber eine Vielzahl von
Vorschriften erlassen, die es einzuhalten gilt. Diese sind sowohl an die
Flugzeughersteller, als auch an die Betreiber und letztlich auch an die
Piloten, welche die Vorschriften für den täglichen Flugdienst in ihrer
operationellen Dokumentation finden, adressiert.
Gemäß CS 25.111 (a) beginnt die Startphase (take-off path) an dem Punkt,
an dem der Startlauf beginnt. Sie endet an dem Punkt, an dem das Flug-
zeug eine Höhe von 1500 ft über dem Abhebepunkt erreicht hat.
Um Berechnungen zu vereinfachen und übersichtlicher zu gestalten, wird
die Startphase häufig in zwei Phasen unterteilt.
x Phase 1: Startstrecke (take-off distance)
Hierzu gehört der Startlauf (ground run), die Rotation (rotation) und das
Abheben und Erreichen der Überflughöhe (flare to screen height).
x Phase 2: Start-Steigflug (take-off climb)
Vom 35-ft-Punkt bis zum 1500-ft-Punkt mit den entsprechenden Steig-
segmenten.
146 10 Der Start
Beim Startlauf eines Flugzeuges wirken Kräfte, die sich aus der be-
schleunigten Bewegung des Flugzeuges ergeben.
FN W L P R (10.3)
Zur weiteren Berechnung des Startlaufs bedienen wir uns nun bekannter
Gleichungen und fügen in diese unsere Erkenntnisse aus der Kräftebilanz
ein.
x Die Geschwindigkeit (V) entspricht der zurückgelegten Strecke (s) pro
Zeiteinheit (t):
ds (10.9)
V
dt
x Die Beschleunigung (a) entspricht der Geschwindigkeit (V) pro Zeitein-
heit (t).
dV (10.11)
a
dt
Zusammenführen und umstellen von Gl. (10.9) und (10.10) nach der
Strecke führt zu:
V dV (10.12)
ds
a
Wird Gl. (10.12) nun zwischen zwei Geschwindigkeiten und zwei
Strecken integriert ergibt sich:
VY
V dV (10.13)
sy sx ³
VX
a
Für die Strecke des Startlaufs wird der Term (sy - sx) durch sG ersetzt. Die
Geschwindigkeiten werden ersetzt durch die Anfangsgeschwindigkeit am
BRP. Dort beträgt die Geschwindigkeit des Flugzeuges zwar null, aber es
muss auch die vorhandene Gegenwindkomponente (headwind component,
HWC) berücksichtigt werden.
Nach dem Lösen der Bremsen beschleunigt das Flugzeug bis zur Abhebe-
geschwindigkeit. Es muss folglich zwischen dem Stillstand V0 und dem
Abheben VLOF integriert werden. Darüber hinaus muss die herrschende
Windkomponente auch im Zähler der Formel berücksichtigt werden. Aus
V wird daher (V0-VHWC).
Die Gl. (10.13) wird daher zu:
10.2 Die Ermittlung der Startstrecke 149
VLOF
V0 VHWC dV (10.14)
sG ³
VW
a
Einsetzen von Gl. (10.5) in Gl. (10.14) ergibt die allgemeine Formel für
den Startlauf vom Punkt des Bremsenlösens (brake release point, BRP) bis
zum Abhebepunkt (lift of point, LOP).
VLOF
V0 VHWC (10.15)
sG ³ dV
g
VW >T D P W L WJ @
W
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch in der vertikalen
Richtung eine Kräftebilanz möglich und gegebenenfalls nötig ist.
1 Im allgemeinen wird der Begriff flare nur mit der Landung in Zusammenhang
gebracht. Der Begriff flare wird jedoch generell für den Flug zwischen Piste und
screen height verwendet.
150 10 Der Start
Abb. 10.2 Schubgewichtsverhältnis über Zeit zur Ermittlung der flare time
Die Addition der beiden Strecken sG und sflare ergibt eine Wegstrecke von
4613 ft. Diese Strecke wird nun noch um 15 % erhöht. Das ergibt 5305 ft
bzw. 1617 m.
Die Berechnung für die Situation des Triebwerksausfalls ist grundsätzlich
identisch. Allerdings müssen hier weitere Teilstücke berücksichtigt
werden. Beispielsweise die Strecke, vom Punkt des Ausfalls des kritischen
Triebwerks, der sich aus der dazugehörigen Geschwindigkeit VEF definiert
und der weiteren Beschleunigung mit dem verbleibenden Triebwerk.
Die Begrenzung des Startgewichts durch die Bahnlänge wird field length
limit genannt. Das durch die Bahnlänge limitierte Startgewicht nennt sich
hierzu analog field length limited PTOW. Im allgemeinen wird eine solche
Limitierung F-Limit genannt.
Die Anwendungsbestimmungen für den Luftfahrtunternehmer ergeben
sich aus JAR-OPS 1.490 (b) und (c). Demnach hat der Luftfahrtunter-
nehmer bei der Ermittlung der höchstzulässigen Startmasse die folgenden
Forderungen zu erfüllen:
x Die benötigte Startstrecke (take-off distance required, TODR) darf die
verfügbare Startstrecke (take-off distance available, TODA) nicht über-
schreiten, wobei der Anteil der Freifläche nicht mehr als die Hälfte der
verfügbaren Startrollstrecke betragen darf;
TODR TODA
TORR TORA
ASDR ASDA
Zur Erfüllung der Bestimmungen dieses Paragrafen muss die V1 für den
Startabbruch derjenigen für den fortgesetzten Start entsprechen. Ferner
darf das für einen Start auf nasser oder kontaminierter Piste ermittelte
Startgewicht nicht höher sein, als das Startgewicht für einen Start auf einer
trockenen Piste unter sonst gleichen Randbedingungen.
Limitierend für das Startgewicht ist schließlich die längste benötigte Weg-
strecke aus Startfall und Startabbruchfall.
10.3 Die Limitierung des Startgewichts 153
x Das kritische Triebwerk fällt aus und der Start wird fortgesetzt.
x Bei Erreichen der VR: Rotieren, abheben und steigen auf screen height.
x Die screen height über der Startbahn wird mit V2 erreicht.
Die Startlaufstrecke ist dann von Bedeutung, wenn die TODA einen
clearway beinhaltet.
x Die Startlaufstrecke mit einem ausgefallenen Triebwerke (TORR OEI)
ist die benötigte Distanz aus dem Stillstand vom BRP bis zu dem Punkt,
an dem VLOF erreicht wird (Distanz A), zuzüglich 50 % der Strecke vom
VLOF-Punkt bis zu dem Punkt, an dem das Flugzeug die screen height
mit V2 erreicht (Distanz B).
x Die Startlaufstrecke mit allen Triebwerken (TORR AEO) entspricht
115 % der zuvor beschriebenen Strecke.
Zwischen der take-off distance und dem take-off run ergibt sich folgender
Zusammenhang:
Schließt sich an das Ende der Startbahn ein großer clearway an, wäre es
theoretisch möglich, den 35 ft Punkt soweit über die Freifläche zu legen,
dass der Abhebepunkt genau am Bahnende liegt. Die Forderung „TODR
TODA“ wäre damit noch immer erfüllt. Um dies zu verhindern, existiert
die Vorschrift „TORR TORA“, nach welcher der TORR nicht über das
Bahnende hinausgehen darf. Genauer gesagt darf der Punkt, der in der
Mitte zwischen VLOF und dem 35-ft-Punkt liegt, nicht hinter dem Ende der
Piste liegen.
Unter ASDR AEO versteht man die benötigte Strecke, um das Flugzeug
mit allen Triebwerken bis zur Geschwindigkeit V1 zu beschleunigen und
anschließend zum Halten zu bringen. Dabei werden folgende Faktoren be-
rücksichtigt:
x Das Flugzeug wird mit allen Triebwerken bis zu der Geschwindigkeit
V1 + 2 sec beschleunigt.
x Am Punkt V1 + 2 sec wird die Bremsung eingeleitet.
x Das Flugzeug wird unter Nutzung der maximalen Verzögerungsleistung
der Radbremsen und den ausgefahrenen Bremsklappen zum Stehen ge-
bracht. Die Schubumkehr darf im Falle einer trockenen Bahn nicht be-
rücksichtigt werden.
Unter der ASDR OEI versteht man die benötigte Distanz, um das Flugzeug
unter Annahme des Ausfalls des kritischen Triebwerks bei VEF zum Halten
zu bringen. Dabei werden folgende Faktoren berücksichtigt:
x Das Flugzeug wird mit allen Triebwerken bis zu der Geschwindigkeit
V1 beschleunigt.
10.3 Die Limitierung des Startgewichts 157
Stimmen TODA und ASDA überein, spricht man von balanced field
conditions (siehe Kapitel 9.2.7). Die Frage ist nun, in welcher Höhe die V1
innerhalb ihrer Grenzen zu wählen ist, um auf einer gegebenen Pistenlänge
das maximal mögliche Startgewicht zu erzielen.
Die Antwort liefert die sogenannte balanced field length (BFL) mit der
korrespondierenden balanced V1. Diese ergeben sich durch das Auftragen
der TODR und der ASDR in einem Koordinatensystem mit der Pisten-
länge als Ordinate und der V1 als Abszisse. Nachstehende Abbildung soll
dies veranschaulichen:
Die Abbildung zeigt die Kurven der TODR und ASDR für ein gegebenes
Gewicht:
x Die ASDR (Stopp-Fall) steigt mit zunehmender V1 in Richtung größerer
Pistenlängen an. Eine niedrige V1 bedeutet daher, dass ein möglicher
Startabbruch auch entsprechend früh eingeleitet werden würde. Die
resultierende Startabbruchstrecke ist also relativ gering. Je höher die V1
und damit auch der Punkt des Triebwerksausfalls gewählt werden, desto
später erfolgt der Startabbruch, was in einer längeren Startabbruch-
strecke resultiert. Zum einen hat das Flugzeug eine höhere kinetische
Energie, die abgebremst werden muss und zum anderen liegt schon ein
beträchtliches Stück der Piste hinter dem Flugzeug.
x Bei der TODR-Kurve (Go-Fall) verhält es sich umgekehrt. Die be-
nötigten Pistenlängen sinken mit steigender V1, d. h., eine niedrige V1
führt zu einer großen Startstrecke. Dies rührt daher, dass eine Fort-
setzung des Starts unterstellt wird. Fällt das Triebwerk nun „früh“ aus,
muss das Flugzeug mit dem verbleibenden Triebwerk auf die VR be-
schleunigt werden. Dies dauert länger und benötigt mehr Startbahn, als
dies bei einem Triebwerksausfall kurz vor der VR (also „spät“) der Fall
wäre. Daraus ergibt sich wiederum, je höher die V1, desto kürzer wird
die Startstrecke.
Die optimale Geschwindigkeit liegt im Schnittpunkt beider Kurven. Dieser
definiert die balanced V1 und die korrespondierende balanced field length.
Der grau schattierte Bereich stellt die Grenzen der V1 dar, innerhalb derer
variiert werden kann. Betrachtet man die Punkte L1 und L2 bzw. H1 und
H2 erkennt man, was passiert, wenn eine niedrigere (L) oder höhere (H) V1
gewählt wird. Eine niedrigere V1 (Low V1) führt zwar zu einer kürzeren
Startabbruchstrecke (Punkt L2) gleichzeitig auch zu einer höheren Start-
strecke. Gemäß der Regel, dass die längere der beiden Strecken limitierend
ist, führt die niedrige V1 zu einer höheren benötigten Pistenlänge. Die
Wahl einer höheren V1 führt zu den umgekehrten Ergebnissen.
Wurde die BFL für ein gegebenes Gewicht ermittelt, muss das Ergebnis
mit der physisch vorhandenen Pistenlänge verglichen werden. Die Pisten-
länge muss mindestens der BFL entsprechen. Tut sie dies nicht, hilft nur
eine Gewichtsreduktion (Gepäck, Fracht oder Passagiere zurücklassen, Be-
tankungsmenge überprüfen).
Neben der Startstrecke kann auch der Start-Steigflug (take-off flight path)
das maximale Startgewicht einschränken und muss daher überprüft
10.3 Die Limitierung des Startgewichts 159
werden. Dieses Limit wird auch climb limit oder WAT Limit (weight ,
altitude, temperature) genannt.
Der take-off flight path beginnt gemäß CS 25.115 in 35 ft am Ende der
Startstrecke und endet am selben Punkt wie der Take-off Path.
Nach den Zertifizierungsvorschriften muss das Steigvermögen des Flug-
zeugs bestimmten Mindestanforderungen genügen. Um die vielfältigen
Konfigurations- und Schubänderungen in dieser Flugphase zu reflektieren,
wurde der take-off flight path in mehrere Segmente unterteilt, wobei die
Mindestanforderungen in den einzelnen Segmenten variieren.
Bei der Segmentierung des müssen folgende Prämissen beachtet werden:
x Der Ausfall des kritischen Triebwerks wird bei VEF angenommen. (CS
25.111 (a) (2))
x Das Flugzeug wird auf V2 beschleunigt, wobei V2 erreicht werden muss,
bevor die screen height erreicht wird. Beim weiteren Steigflug bis 400 ft
darf die Geschwindigkeit nicht unter die V2 gehen (CS 25.111 (a) (3)
und (c) (2)).
x Keine Konfigurationsänderungen unter 400 ft über RZ außer Einfahren
des Fahrwerks. (CS 25.111 (c) (4))
In der Literatur wird der take-off flight path häufig in vier Segmente unter-
teilt (Abb. 10.10). Flugzeughersteller weichen jedoch je nach Flugztyp von
dieser Einteilung ab. So liegt beispielsweise gerade bei strahlgetriebenen
Verkehrsflugzeugen die Beschleunigungshöhe regelmäßig in 1500 ft,
wodurch das 3. und 4. Segment in einem Final Segment zusammengefasst
werden (Abb. 10.11).
Die Bestimmungen des 2. Segments gehören zu den anspruchsvollsten
Forderungen an die Leistungsfähigkeit eines Flugzeuges. Diese gilt es, im
Rahmen des Konstruktionsprozesses zu berücksichtigen.
160 10 Der Start
Segment 1
Beginn 35 ft (screen height) über RZ
Ende Fahrwerk eingefahren.
Auftriebshilfen Startstellung
Steiggradient Positiv
Geschwindigkeit Beschleunigung auf V2 (= 1,2 bis 1,4 VS)
Ziel: Reduzierung von Widerstand
Sonstiges Das Fahrwerk ist zu Beginn ausgefahren und die Fahrwerks-
klappen sind geöffnet. Das verbleibende Triebwerk läuft mit
maximalem Startschub. Bei Propellerflugzeugen gehört auch
dazu, den Propeller in Segelstellung (feather) zu bringen, falls
dies nicht automatisch geschieht (auto feather mode).
10.3 Die Limitierung des Startgewichts 161
Segment 2
Beginn Ende des 1. Segments
Endet Höhe, in der mit dem Einfahren der Klappen begonnen wird.
Frühestens in 400 ft (minimum level-off height), spätestens in
1500 ft, bzw. in der Höhe, wo das Zeitlimit für den Startschub
erreicht wird (maximum level off height).
Startklappen Startstellung
Steiggradient 2-mot: mindestens 2,1 %
3-mot: mindestens 2,7 %
4-mot: mindestens 3,0 %
Geschwindigkeit V2
Ziel: Überfliegen von nahen Hindernissen, Höhengewinn
Sonstiges Häufig wird das Startgewicht durch diese Forderung ein-
geschränkt. Man spricht in einem solchen Fall auch vom
second segment limit.
Final Segment
Beginn Ende des 2. Segments
Endet bei Erreichen der Konfiguration für den Reisesteigflug
(cruise climb)
Startklappen Eingefahren
Steiggradient 2-mot: mindestens 1,2 %
3-mot: mindestens 1,5 %
4-mot: mindestens 1,7 %
Geschwindigkeit V2 (1,25 VS bis 1,65 VS in clean configuration)
Ziel: Steigflug auf 1.500 ft
Sonstiges
Der gross flight path ist der tatsächlich realisierbare Steigflug. Er wird in
Flugversuchen nachgewiesen, beginnt an der screen height und endet am
Ende des take-off path. Durch die oben genannte Abminderung ergibt sich
die Mindesthöhe, die das Flugzeug tatsächlich über einem Hindernis haben
muss. Dabei gilt der grundsätzliche Gedanke, dass die Höhe über einem
Hindernis umso größer sein muss, je weiter dieses vom Ende der Start-
strecke entfernt ist.
Für ein zweimotoriges Flugzeug ergibt sich daraus die Forderung, ein vor-
handenes Hindernis in mindestens 35 ft zzgl. einem Zuschlag von 0,8 %
der zurückgelegten Strecke zu überfliegen.
Der Gross Flight Path und die tatsächlich nachgewiesenen gross gradients
sind vom Hersteller nachzuweisen.
Der net flight path ergibt sich aus dem gross flight path, indem dieser um
eine bestimmte Steigung abgemindert wird. Die Höhe des Abschlags
richtet sich nach der Anzahl der Motoren und ist auf alle Segmente anzu-
wenden.
Take-Off Funnel
Bei Abb. 10.13 beginnt der departure sector entweder am Ende der
TODR, wenn die Kurve vor Erreichen des Endes der TODA eingeleitet
wird, oder am Ende der TODA, wenn der Turn nach dem Ende der TODA
eingeleitet wird.
Der Wert für die Breite W („Width“) ist abhängig von der Spannweite des
Flugzeuges. Es wird unterschieden in b < 60 m und b 60 m.
166 10 Der Start
Obstacle Envelope
Level-Off Height
Die level-off height (oft auch als acceleration height bezeichnet) ist die
Höhe, in der das Flugzeug nach einem Triebwerksausfall in den
Horizontalflug übergeht, um zu beschleunigen. Sie entspricht der Höhe am
Ende des 2. Segments.
Die minimum level-off height beträgt 400 ft über reference zero. Die
maximum level-off height ergibt sich aus dem sogenannten thrust time limit
der Triebwerke. Dies beträgt je nach Flugzeugtyp entweder 5 oder 10
Minuten. Innerhalb dieses Zeitlimits müssen die Klappen eingefahren sein.
Die resultierende Höhe am Ende des Zeitlimits entspricht der maximum
level-off height.
10.3 Die Limitierung des Startgewichts 167
Die Höhe der level-off height kann also variiert werden und hängt davon
ab, in welcher Entfernung das Hindernis steht, das zu überfliegen ist.
Je höher das Abfluggewicht ist, desto schneller muss das Flugzeug beim
Abheben sein, um den notwendigen Auftrieb zu entwickeln. Die Reifen
sind bei hoher Geschwindigkeit hohen diversen Kräften ausgesetzt.
Um die Reifenstruktur nicht zu gefährden, werden daher Maximal-
geschwindigkeiten festgelegt, bis zu denen der Reifen nicht beschädigt
wird (maximum tire speed limit).
Die Startleistung eines Flugzeuges ist von einer Vielzahl von Variablen
abhängig, die seitens des Luftfahrtunternehmers bei der Bestimmung des
maximalen Startgewichts zu berücksichtigen sind. Die JAR-OPS 1
konkretisiert diese Forderung in den Vorschriften 1.490 und 1.495 für die
Limitierung des Starts durch die Bahnlänge und durch Hindernisse.
Gewicht
Außerdem wirkt sich ein höheres Gewicht auch negativ auf den Steig-
gradienten aus. Dadurch sind auch das climb limit und das obstacle limit
betroffen.
Eine niedrigere Klappenstellung (in Abb. 10.16 als lower flaps bezeichnet)
bewirkt höhere Startgeschwindigkeiten, da das veränderte Flügelprofil
170 10 Der Start
(kleine Wölbung) weniger Auftrieb liefert, als dies eine große Klappen-
stellung (große Wölbung) tun würde.
Damit verbunden ist auch eine höhere TODR. Die ASDR hingegen nimmt
bei niedrigerer Klappenstellung ab. Grund dafür ist zum einen ein ver-
minderter Widerstand und zum anderen ein geringerer Auftrieb, der in
einem höheren Gewicht auf dem Fahrwerk resultiert, was das Bremsver-
mögen verbessert. Die höhere Geschwindigkeit beim Abheben bewirkt
eine bessere Steigrate. Weiter wegstehende Hindernisse können so höher
überflogen werden.
Bei großer Klappenstellung ist dies umgekehrt. Die nun große Profil-
wölbung erlaubt einen Start mit geringerer Geschwindigkeit. Das Flugzeug
muss folglich nicht so lange beschleunigen, was in einer reduzierten
TODR und TORR resultiert. Die Flugbahn des Flugzeuges ist anfänglich
steiler, weshalb nahe stehende Hindernisse (sog. close-in obsacles) besser
überflogen werden können.
Ein Vorteil für die Wahl einer großen Klappenstellung ist, wenn das Flug-
zeug aus bestimmten Gründen zügig abheben soll (kurzer Startlauf).
Beispielhaft anzuführen wäre hier eine schlechte Pistenoberfläche (Stein-
schlaggefahr bzw. Schäden durch sogenanntes foreign object damage)
oder auch eine bestimmte Kontaminierung, wie z. B. Schneematsch.
Neben dem Antrieb des Flugzeugs haben die Triebwerke noch die Auf-
gabe, verschiedene Verbraucher mit Verdichterzapfluft (bleed air) zu ver-
sorgen. In erster Linie sind dies die Klima- und Enteisungsanlagen des
Flugzeuges. Für solche Fälle wird den Triebwerken an einer bestimmten
Stelle im Verdichter Luft entnommen. Diese Luftentnahme mindert die
Startleistung und dadurch auch das MATOW. Um diese Leistungsverluste
auszugleichen, müsste mehr Treibstoff eingespritzt werden. Dies jedoch ist
aufgrund der verwendeten Werkstoffe im Triebwerk und deren
Temperaturgrenzen nur bedingt möglich.
Der Leistungsverlust durch das Betreiben der Klimanlage kann in ge-
wichtsbeschränkten Situationen teilweise kompensiert werden. Z. B. durch
die Versorgung der Klimaanlage durch die Hilfsturbine oder - im Einzel-
fall - durch die Durchführung eines drucklosen Starts (sogenannter
bleedless bzw. unpressurized take-off). in einem solche Fall wird die
Klimaanlage in einer bestimmten Höhe (z. B. acceleration altitude) wieder
aufgeschaltet.
172 10 Der Start
Technische Beanstandungen
Bremsanlage
Liegt ein negativer Pistengradient vor, bleibt die Rechnung gleich, ledig-
lich das Vorzeichen vor der Klammer ändert sich.
RZ 2000 2700 0,014 3,28 1876,016 (10.20)
Die Abb. 10.21 zeigt einen negativen Pistengradienten bei sonst gleichen
Werten.
10.4 Beeinflussende Kriterien beim Start 175
weise eliminiert. Die Summe aller Faktoren kann unter Umständen dazu
führen, dass sich die RFL für nasse oder kontaminierte Bahnen nicht oder
nur kaum von der einer trockenen Bahn unterscheidet.
Abb. 10.24 Einfluss von nasser und kontaminierter Piste auf RFL und V1
178 10 Der Start
Luftdruck
Temperatur
Wind beeinflusst sowohl die Start- und Startabbruchstrecken, als auch die
Flugbahn nach dem Abheben. Somit beeinflusst er das field length limit
und das obstacle limit.
Bei einer Gegenwindkomponente (headwind component – HWC) wird die
VLOF um den Betrag der Komponente früher erreicht. Das Flugzeug muss
also nicht so lange beschleunigt werden. Liegt hingegen eine Rücken-
windkomponente (tailwind component – TWC) vor, muss das Flugzeug um
diesen Betrag mehr beschleunigt werden, sodass die Beschleunigungs-
strecke länger wird.
10.4 Beeinflussende Kriterien beim Start 179
Betrachtet man den Startabbruchfall, ist auch hier eine HWC vorteilhafter
als eine TWC, denn eine HWC reduziert die relevante Geschwindigkeit
über Grund.
Hinsichtlich der Hindernisfreiheit führt eine HWC zu einem steileren
Flugweg und eine TWC zu einem flacheren Flugweg.
Aus Sicherheitsgründen sind die Vorteile einer HWC nur zu 50 % an-
rechenbar, während die Nachteile einer TWC mit 150 % zu berück-
sichtigen sind.
Oftmals ändert sich der Wind mit der Höhe nach Betrag und Richtung.
Eine zu 50 % berücksichtigte HWC bei der Berechnung der Hindernisfrei-
heit kann also möglicherweise nicht mehr bestehen. Die Option, eine
HWC bei der Berechnung der Hindernisfreiheit zu berücksichtigen, ist also
mit Vorsicht zu genießen und eher zu unterlassen.
Vereisung
Die Kontaminierung des Flugzeuges durch Eis oder Schnee am Boden ist
eine unter keinen Umständen zu unterschätzende Gefahr. Besonders bei
Vereisung des Flügels kann es aufgrund veränderter aerodynamischer
Verhältnisse zu gravierenden Beeinträchtigungen der Flugleistung
kommen. Zum einen verringert sich der Auftrieb, zum anderen erhöht sich
der Widerstand. Die Strömungsabrissgeschwindigkeit steigt an, wodurch
sich die Sicherheitsmarge zum Strömungsabriss verringert.
Für eine Vereisung des Flügels müssen am Boden keine Minusgrade
herrschen. Ein langer Flug in großen Höhen mit tiefen Temperaturen sorgt
für eine Auskühlung des Treibstoffs und einer damit verbundenen sehr
kalten Flügeloberfläche. Regen und Nebel können dadurch schnell am
Flugzeug gefrieren. Besonders sensibel für Vereisung und generelle
Rauigkeit ist die Flügelvorderkante (leading edge). Hier reichen bereits
kleine Rauigkeiten aus, um den Auftrieb signifikant zu mindern.
180 10 Der Start
Dieses Verfahren nutzt die Tatsache, dass die von den Flugzeugherstellern
veröffentlichten Startgeschwindigkeiten vielfach nur hinsichtlich der be-
nötigten Pistenlänge optimiert sind. Die Startgeschwindigkeiten basieren
auf einem konstanten Verhältnis der V2 zur VS (bzw. V1SG).
Die Geschwindigkeiten sind daher bei langen Pisten niedriger, als eigent-
lich notwendig und entsprechen nicht dem Optimum des Steiggradienten.
Die folgende Abbildung soll dies schematisch für ein gegebenes Gewicht
darstellen.
Durch eine variable Handhabung der V2 kann bei gegebenem Gewicht der
Steiggradient erhöht werden, oder unter Beibehaltung des Steiggradienten
das maximale Startgewicht erhöht werden. Bei Airbus ist dieses Verfahren
unter dem Begriff „KVS“ bekannt. KVS ist das Verhältnis der V2 zur VS.
Die zulässige Bandbreite der V2 liegt in der Regel zwischen 1,2 und 1,39
VS.
10.5 Optimierter Steigflug (improved climb) 181
Dieses Verfahren ist insbesondere dann von Vorteil, wenn das PTOW
durch die Steigleistungsforderung limitiert ist, andererseits aber genügend
Piste zur Verfügung steht. In der Folge wird mit einer erhöhten VR ge-
startet, um anschließend mit der erhöhten V2 zu steigen.
10.6.1 Einführung
Nach einem Triebwerksausfall wird mit Max Thrust und mit der Ge-
schwindigkeit V2 als best angle of climb speed bis zur berechneten level-
off altitude gestiegen. In aller Regel liegt diese standardmäßig bei 1500 ft
über Grund.
Dort angekommen wird das Flugzeug beschleunigt. Enthält die EOSID
eine Kurve zu einem Holding Fix, wird diese mit Erreichen der level-off
altitude eingeleitet, sofern aufgrund von Hindernissen nicht ein anderer
Flugweg zu fliegen ist.
Wurde mit der Klappenstellung von 20° gestartet, beginnt bei Erreichen
von „V2 + 12 kt” das dritte Segment:
x Die Klappen werden auf „8°”gefahren und bei „V2 + 20 kt” werden sie
ganz eingefahren;
x Bei Erreichen der VFTO wird mit dieser Geschwindigkeit der Steigflug
fortgeführt (hierzu bietet sich der Speed Mode des Autopiloten an.)
x der Schub wird auf maximum continuous thrust gesetzt.
x der Steigflug wird mindestens bis zur minimum sector altitude (MSA)
fortgesetzt.
Der Flugweg nach einem Triebwerksausfall ergibt sich aus der Be-
schreibung der EOSID. Kurven sind bis zum Erreichen der VFTO mit einer
Schräglage von maximal 15qzu fliegen und können anschießend mit 25q
geflogen werden. Die VFTO entspricht beim CRJ somit der clean
maneuvering speed, ab der Kurven ohne Einschränkung geflogen werden
dürfen.
Bei einem Start ohne Triebwerksausfall darf mit dem Einfahren der
Klappen während einer Kurve (z. B. wenn die Beschleunigungshöhe und
eine Kurve zusammenfallen) erst begonnen werden, wenn die VFTO er-
reicht wurde und die Fluggeschwindigkeit zunimmt. Damit wird der
Möglichkeit eines Triebwerksausfalls während einer Kurve Rechnung ge-
tragen.
Das Einfahren der Startklappen wäre zwar nach Erreichen von „V2+12 kt“
und bei einer Schräglage von höchstens 15q erlaubt, würde aber dazu
führen, dass die Abflugroute deren Kurven einen „Standard-Radius“ auf-
weisen, eventuell nicht eingehalten werden kann. Der Standard-Radius für
Kurven unterstellt eine Drehgeschwindigkeit von 3qpro Sekunde. Die
notwendige Schräglage (bank angle) kann mit folgender Faustformel be-
stimmt werden.
TAS (10.21)
Bank Angle 7
10
10.6.3 Kurvenflug
Die folgende Abbildung zeigt ein Flugzeug mit der Schräglage I und dem
Radius R.
Daraus folgt:
10.6 Triebwerksausfall beim Start 185
L cosI mg (10.23)
Der Auftrieb übersteigt also das Gewicht im Kurvenflug um den Faktor
cos I
Durch umstellen der Gl. (10.23) nach cos I erhalten wir
mg (10.24)
cos I
L
Nach einsetzen von Gl. (10.24) in Gl. (4.32) erhalten wir die Beziehung
des Lastvielfachen zum Kurvenflug.
L L 1 (10.25)
n
W mg cosI
Gl. (10.25) erlaubt uns nun das Lastvielfache in Kurven zu berechnen. So
ergibt eine Kurve mit einer Schräglage von 60° ein Lastvielfaches von 2 g.
In Kurven wiegt das Flugzeug folglich mehr, was durch zusätzlichen Auf-
trieb ausgeglichen werden muss und in einem verminderten Steig-
gradienten resultiert.
Nachdem wir nun die vertikalen Kräfte berechnet haben, wollen wir auch
die horizontalen Kräfte untersuchen. Hier wirkt unter anderem die Zentri-
fugalkraft als Produkt aus Zentrifugalbeschleunigung und Flugzeugmasse.
Die Zentrifugalbeschleunigung wiederum ist der Quotient dem Quadrat
der Geschwindigkeit und dem Kurvenradius, wobei mit Geschwindigkeit
die TAS gemeint ist.
Das Kräftegleichgewicht in horizontaler Richtung ergibt sich somit zu:
o V 2m (10.26)
¦ F: L sin I 0
R
Daraus folgt:
V 2m (10.27)
L sin I
R
Durch das Zusammenführen von Gl. 10.24 und 10.27 und Auflösung nach
R erhalten wir die Gleichung zur Berechnung des Turnradius.
V2 (10.28)
R
g tan I
186 10 Der Start
An einem kleinen Flugplatz mit einer Platzhöhe von 1.500 ft ist folgende
Abflugrute vorgegeben: Climb straight ahead. At 3000 ft, turn left to
ALPHA VOR. Stay within 4 NM from Runway Centerline“. Die Ge-
schwindigkeit im Steigflug beträgt 150 kt CAS. Wie hoch muss die
Schräglage mindestens sein, um innerhalb des vorgegebenen Radius zu
bleiben unter ISA Bedingungen.
Um diese Frage zu beantworten, bedarf es mehrerer Rechenschritte:
1. Umrechnung der CAS in eine TAS mit Hilfe von Gleichung (5.18).
Hierzu benötigen wir G (0,8962) und T (9,9794) aus der ISA-Tabelle
für 3.000 ft. Wir erhalten somit eine TAS von 157 kt.
2. Umrechnen der TAS von kt in m/s mit Hilfe der Umrechnungsformel
aus Kapitel 3.7.4. (= ca. 157 kt = ca. 291 km/h = ca. 81 m/s) und um-
rechnen des vorgegebenen maximalen Radius‘ mit Hilfe von Kapitel
3.7.2 (4 NM = 7.408 m)
3. Einsetzen der Formel in die nach tan I umgestellte Gl. (10.28).
§m·
2 (10.29)
812 ¨ ¸
tan I ©s¹ 0,09
m
9,81 2 7408m
s
Das Flugzeug muss folglich eine Schräglage von mindestens 5° einhalten,
was kein Problem darstellen sollte und kann somit als unkritisch bewertet
werden.
Hierfür nehmen wir an, dass unser Flughafen in einer Höhe von 2000 ft
liegt. Die Temperatur beträgt 25 °C und weicht offensichtlich von ISA ab.
Wir müssen im nächsten Schritt also T und G ermitteln.
G ist durch einen Blick in die ISA-Tabelle schnell ermittelt ist: 0,9298.
Bei der Temperatur ist etwas mehr Aufwand gefordert. Da die Atmosphäre
im Beispiel von ISA abweicht, kann der Wert nicht direkt aus der ISA-
Tabelle abgelesen werden. Es muss eine Korrektur erfolgen.
x Ermittlung der ISA-Temperatur gem. ISA-Tabelle: (2000 ft = 11 °C)
x Vergleichen von TISA mit Tact: Der Vergleich zwischen der Temperatur
nach ISA und der aktuellen Temperatur ergibt, dass die Atmosphäre
14 K wärmer ist. Es herrschen also „ISA+14“ Bedingungen.
x Korrektur von TUmwandlung von relativer Temperatur in absolute
Temperatur: TISA= 11 °C = 284,2 K
Durch einsetzen der ISA-Abweichung in T erhält man:
Tact TISA 'ISA 284,2 14 (10.34)
T corr 1,0349
T0 T0 288,15
Ermittlung von V
G 0,9298 (10.35)
V 0,8984
T 1,0349
Einsetzen in Gl. (10.33) liefert
V2 min 172 0,8984 # 163 kt (10.36)
Das korrespondierende Gewicht zur V2min ist ein durch den Kurven-
radius limitiertes Gewicht.
Ist der sogenannte gradient loss ermittelt, kann man den entsprechenden
Höhenverlust (welcher der Beaufschlagung entspricht) mit folgender
Gleichung errechnen.
arc (10.40)
height loss gradient loss
100
Höhenverlust am Hindernis 1:
§ 50 · (10.41)
HL1 ¨ S 3000 ¸ 0,0055 # 2618 m 0,0055 # 15 m | 50 ft
© 180 ¹
Höhenverlust am Hindernis 2:
§ 180 · (10.42)
HL2 ¨ S 3000 ¸ 0,0055 # 9425 m 0,0055 # 52 m | 171 ft
© 180 ¹
Durch die fiktive Erhöhung der Hindernisse um diese Werte wird der
Forderung nach einem Ausgleich der verminderten Steigleistung im
Kurvenflug Rechnung getragen.
Welche Mindesthöhen muss ein zweimotoriges Flugzeug mindestens an
den beiden Hindernissen erreichen?
Nach den Vorschriften müssen die Hindernisse in 35 ft zuzüglich einer zu-
sätzlichen Sicherheitsmarge von 0,8 % der zurückgelegten Strecke in
Metern überflogen werden. Daraus ergeben sich folgende Rechnungen:
10.7 Der Startabbruch 191
Sicherheitsmarge am Hindernis 1:
7.418 m 0,008 | 60 m # 197 ft (10.43)
Sicherheitsmarge am Hindernis 2:
15.425 m 0,008 | 124 m # 407 ft (10.44)
10.7.1 Einführung
Mit der unterstellten Beschleunigung von drei kt pro Sekunde hätte die
bisherige Definition der V1 als Entscheidungsgeschwindigkeit fatale
Folgen.
Im Falle eines bahnlimitierten Starts würde das Flugzeug mit ca. 40 kt über
das Bahnende hinausschießen. Gerade schwere Flugzeuge haben bei V1
eine Geschwindigkeit von 120 – 70 kt/s und eine Beschleunigung von
3 – 6 kt/s.
Dies lässt das Risiko mit der Größe und dem Gewicht des Flugzeuges noch
ansteigen. Eine B747-400, die bei Erreichen ihrer V1 eine Beschleunigung
von sechs kt/s erfährt, würde innerhalb von zwei Sekunden nach V1 ca.
zwölf kt über V1 hinaus beschleunigt werden.
Bei einem field length limited take-off würde sie die Startbahn am Ende
mit einer Geschwindigkeit von ca. 120 kt verlassen.
196 10 Der Start
Immer wieder kommt es vor, dass ein Start wegen eines geplatzten Reifens
abgebrochen wird. Außer Frage steht, dass diese Entscheidung für die Be-
satzung nicht einfach zu treffen ist. Meistens ist lediglich ein undefinier-
bares Geräusch zu hören. Hinzu kommt dann noch oftmals, dass das Flug-
zeug in der Steuerbarkeit beeinflusst ist und die Richtung nicht hält. Die
Summe dieser Wahrnehmungen bewegt oftmals die Besatzung dazu, den
Start abzubrechen.
Aber auch selbst dann, wenn das Platzen eines Reifens klar erkannt wird,
muss die Besatzung damit rechnen, dass das Triebwerk oder die Flügel-
klappen durch hochgewirbelte Reifenteile beschädigt wurden. Dieses
Szenario muss man sich während einer hochdynamischen Situation vor-
stellen.
Die Besatzung hat keine Anzeigen im Cockpit für geplatzte Reifen,
sondern stützt ihre Entscheidungen lediglich auf - bestenfalls in ihrer
Summe eindeutige - Wahrnehmungen. Alles in allem ist dies keine leichte
Entscheidung.
Bei einem F-Limit gilt folgendes: Wird ein Reifenplatzer bei niedrigen Ge-
schwindigkeiten (unter 80 kt) angenommen, sollte der Start abgebrochen
werden. Bei hohen Geschwindigkeiten birgt ein Startabbruch im all-
gemeinen ein ungleich höheres Risiko, als die Fortführung des Startvor-
gangs - allerdings nur unter der Annahme, dass der geplatzte Reifen keine
anderen Systeme beschädigt hat. Dies zu erkennen liegt im Ermessen der
Besatzung. Aufgrund dieser Problematik haben die Flugzeughersteller eine
Empfehlung herausgegeben, den Start bei Geschwindigkeiten über „V1 –
20 kt“ fortzusetzen, auch wenn tatsächlich mit einem geplatzten Reifen ge-
rechnet wird.
Die folgende Abbildung4 zeigt den Einfluss eines geplatzten Reifens auf
die Sicherheitsmargen beim Start und bei der Landung.
Ein Startabbruch nach dem Platzen eines Reifen, kann zu einem Über-
schießen des Pistenendes um 300 bis 500 ft führen. Das Pistenende wird
dabei mit einer Geschwindigkeit von ca. 40 – 60 kt verlassen. Die
sicherere Variante wäre, den Start fortzusetzen. Denn die Landung mit ge-
platztem Reifen ergibt eine kaum nachweisebare Verlängerung der Lande-
strecke.
10.7 Der Startabbruch 199
Der Einfluss der Bremsklappen auf die Bremsleistung des Flugzeugs wird
oft unterschätzt. So kann auf einer trockenen Startbahn das Nichtfahren der
Bremsklappen zu einem Überschießen der Bahn führen, selbst wenn die
maximale Schubumkehr genutzt wird.
Abb. 10.37 bezieht sich auch auf ein F-Limit auf trockener Bahn.
Positive Effekte der Schubumkehr dürfen bei trockener Bahn nicht zur
Ermittlung des Bremswegs berücksichtigt werden. Dadurch ergibt sich bei
deren Nutzung eine gewisse Marge.
Abb. 10.38 Einfluss der Bremsklappen auf das Bremsvermögen für ein typisches
mittelgroßes zweimotoriges Flugzeug
Abb. 10.39 zeigt die Wichtigkeit des Startabbruchs bei einem Triebwerks-
ausfall vor V1 im Falle von balanced field conditions. Würde die Be-
satzung in einem solchen Fall den Start fortsetzen, würden sie sich am
Bahnende je nachdem, wann das Triebwerk ausgefallen ist erheblich
unter der screen height befinden.
Eine Fortsetzung des Starts bei einem Triebwerksausfall nur 3 kt unter
der V1 führt zu einer screen height am Pistenende von 20 ft. Alle
202 10 Der Start
10.8.1 Einführung
Darüber hinaus gibt es noch die Variante des Variable Thrust Rating, die
aber heute kaum noch von Bedeutung ist und hier nicht behandelt wird.
Alle reduced thrust Verfahren haben gemeinsam, dass nicht der maximal
mögliche Schub genutzt wird, sondern ein geringerer Wert. Dadurch er-
geben sich für das Triebwerk eine geringere thermische und mechanische
Belastung und ein niedrigerer Druck. Diese Tatsache resultiert in vielen
Vorteilen für das Triebwerk:
x Geringere Abnutzung des Triebwerks
x Geringere Kosten für Teile und Überholung
x Erhöhung der Lebensdauer der Triebwerke
x Erhöhte Zuverlässigkeit und dadurch erhöhte operative Sicherheit gegen
Ausfall.
Ebenfalls reduziert auf die alternative Leistungsstufe werden die VMCG und
die VMCA. Diese Tatsache kann besonders auf kurzen Pisten von Be-
deutung sein, wie nachstehende Abbildung zeigt.
Abb. 10.43 Erhöhung des PTOW durch derate auf kurzen Pisten
Je länger die Piste, desto höher ist das mögliche Startgewicht. Man erkennt
klar das höhere Startgewicht bei höherem Schub. Allerdings erkennt man
auch den Effekt auf kurzen Pisten. Hier kann die derate method aufgrund
der niedrigeren VMCG ein Vorteil sein.
Die assumed temperature method (auch flex thrust method genannt) macht
sich die Charakteristik der Fan Triebwerke mit einer sogenannten flat rate
temperature zu Nutze (siehe Kapitel 6.4.1).
Solange das aktuelle Startgewicht kleiner als das MATOW ist, würde man
bei einem Start mit maximum take-off thrust mit einem enormen
Schubüberschuss starten. Beim einem „flex take-off“ wird nun die
Temperatur gesucht, an dem das aktuelle Startgewicht dem MATOW ent-
spricht. In aller Regel ist dies hinter dem sogenannten brake point bei
einem niedrigeren Schub. Diese so gefundene Temperatur ist die für den
Start nun „angenommene“ (= assumed) Temperatur, was zu einem
niedrigeren Schub führt.
10.8 Start mit reduziertem Schub 207
Beim flex thrust findet keine Anpassung der minimum control speeds statt.
Die Kontrollierbarkeit ist somit sichergestellt. Denn es kann jederzeit der
volle Schub gesetzt werden.
Flex Thrust darf unter folgenden Bedingungen nicht angewendet werden:
x kontaminierte Piste
x erwartete oder mögliche Windscherung
x Anti-Skid System nicht nutzbar
Weitere Einschränkungen sind je nach Flugzeughersteller möglich und in
den entsprechenden Handbüchern veröffentlicht.
In der Vergangenheit war das ATM bzw. Flex Thrust Verfahren immer
wieder vielen Vorbehalten ausgesetzt. Viele Piloten fühlten sich unwohl
bei der Anwendung und äußerten Sicherheitsbedenken.
Eine häufig geäußerte Vermutung ist der Wegfall jeglicher Sicherheits-
margen bei einer Limitierung durch die Bahnlänge oder durch Hindernisse.
Diese Vorurteile sind jedoch unbegründet.
Die Anwendung von flex thrust beim Start bringt neben den bereits be-
schriebenen Vorteilen durch die geringere Triebwerksbelastung noch
10.8 Start mit reduziertem Schub 209
Ein aus der Sicht des Piloten wohl noch interessanterer Punkt ist die Ab-
bildung der Sicherheitsmarge bei der Startstrecke. Gerade bei kurzen
Pisten gibt es häufig Vorbehalte, die höchstmögliche assumed temperature
anzuwenden. Bei einem durch Bahnlänge limitierten Start kommt das
Vorurteil auf, „man würde sich an das Ende der Piste flexen“. Das ist
jedoch aufgrund des TAS Effekts nicht ganz richtig.
10.8 Start mit reduziertem Schub 211
Beispiel:
Die Außentemperatur betrage 2 °C. Die Startdatenberechnung ergibt ein
Field Length Limit mit einer Startstrecke von 2.400 m und einer assumed
temperature von 40 °C. Das 'T beträgt folglich 38 °C. Ein Field Length
Limit bedeutet, dass im Falle eines Startabbruchs das Flugzeug genau am
Pistenende zum stehen kommt. Die sogenannte stop margin würde also
„auf dem Papier“ 0 m betragen. Nach Berücksichtigung des TAS Effekts
jedoch ergibt sich eine Sicherheitsmarge von ca. 12,5 %. Dies sind bei
2400 m Startstrecke immerhin ca. 300 m.
Die folgende Abbildung zeigt den Flugweg nach einem Triebwerksausfall
beim Start. Im Vergleich zu einem full thrust take-off in tatsächlicher
warmer Atmosphäre birgt der flex thrust take-off in kälterer Atmosphäre
aber mit der Flex N1 auf Basis einer hohen Tass. einen Sicherheitsvorteil.
Die geforderten Sicherheitsmargen können jederzeit sichergestellt werden.
Die Hindernisfreiheiten sind aufgrund des früheren Abhebepunktes auf der
Piste und dem identischen Steiggradienten etwas höher.
Darüber hinaus kann jederzeit das verbleibende Triebwerk auf Volllast ge-
fahren werden.
212 10 Der Start
Lärmschutz
Beim Start mit reduced thrust ergibt sich im Vergleich zum Start mit
maximum take-off thrust eine längere Startstrecke und ein geringeres
Steigvermögen. Dies resultiert in geringeren Überflughöhen während des
Startsteigflugs, was zu einem leichten Anstieg des Lärms direkt unterhalb
des Flugwegs führt. Dieser leicht erhöhte Lärmpegel wird zum Großteil
durch den geringeren Schub wieder ausgeglichen. Seitlich des Flugwegs
reduziert sich der Lärm ab einer bestimmten Distanz durch die natürliche
Dämpfung des Bodens und durch Abschirmeffekte des Triebwerks. Auf
den gesamten „Lärmteppich“ gesehen führt der reduced thrust take-off zu
einer Reduktion der Geräuschemission.
Treibstoff
Luftverschmutzung
Abb. 10.49 Density Sub Graph (CAP 698 © by Civil Aviation Authority)
Anschließend wählt man die Tabelle 10.7 für die entsprechende Klappen-
stellung und ermittelt die Geschwindigkeiten für das aktuelle Startgewicht.
Diese sind noch für Wind und Pistenneigung zu korrigieren (Beispiel für
Flaps 5, PMC6 ON). Bei einem Flugzeug mit einem Startgewicht von 55 t
ergeben sich aus Abb. 10.41 die folgenden Geschwindigkeiten: V1 =
138 kt, VR = 140 kt und V2 = 149 kt.
Nun wird mit Hilfe der Tabelle 10.8 die aktuelle VMCG ermittelt.
Ist diese größer, als die ermittelte V1, ist der Start nicht erlaubt. In unserem
Beispiel (OAT 20 °C, PA 3000 ft) ergibt sich interpoliert eine VMCG von
112 kt und liegt damit unter der zuvor ermittelten V1.
Existiert ein stop- oder clearway, muss eine weitere Tabelle konsultiert
werden, die unter Umständen eine weitere V1-Korrektur zur Folge hat.
Tabelle 10.9 V1 Korrekturen für Stop- und Clearway (CAP 698 © by Civil Avia-
tion Authority)
Abb. 10.50 Runway Weight Chart eines Canadair Jets 200 für den Flughafen
Madrid Barajas (© Deutsche Lufthansa AG)
10.9 Methoden der Startdatenberechnung 219
Kopf [A]
1) Flugzeugtyp
2) In diesem Feld finden sich Angaben über die Berechnungs-
bedingungen der RWC. Alle unkorrigierten Daten basieren zunächst
auf den Systemparametern „Air Condition ON, Anti-Ice OFF, APR
und Anti-Skid ARMED“. Liegen andere Bedingungen vor, sind die
unter [C] aufgeführten Korrekturen anzubringen.
3) Flughafendaten
4) Piste (RWY): Bezeichnung der RWY oder RWY Intersection
5) Name des Flughafens. Der Drei- bzw. Vier-Letter-Code steht in der
unteren rechten Ecke [E/4]).
6) ISA-Temperatur und QNH Korrektur bezogen auf den Flughafen. Da
Madrid eine elevation von 1.998 ft hat, beträgt die ISA-Temperatur
dort 11 C. Die QNH-Korrektur ermöglicht, die Umrechnung von
QNH in QFE.
Kalkulationsspalte [B]
1) Startklappenstellung (8° oder 20°): Hier werden alle Daten für Flaps
8 und Flaps 20 dargestellt.
2) OAT-Spalte: Für den CRJ 200 existiert eine sogenannten limitation,
dass nur bis zu einer Außentemperatur von ISA +35 °C gestartet
werden darf. Daher werden die RWC auch nur bis zu dieser
Temperatur berechnet. Die OAT-Spalte endet daher spätestens bei
50 °C. Aufgrund der elevation des Flughafens von Madrid von ca.
2000 ft und der korrespondierenden ISA von 11 °C endet die OAT-
Spalte dort bei aufgerundet 47 °C.
3) TOW Limits: Die Spalte zeigt das geringste Gewicht in Tonnen und
die Abkürzung des einschränkenden Parameters. Die Bedeutung der
Abkürzung wird in [E/3] am Ende der RWC aufgeführt. Das Climb
Limit (C) (oder auch second segment limit) wird in einer separaten
Spalte (6) ausgewiesen. Die Korrekturen werden am geringeren der
beiden Gewichte aus Spalte (3) und (6) abgezogen. Das limitierende
Gewicht aus TOW und Climb wird fettgedruckt dargestellt.
Die folgende Tabelle zeigt die Bedeutung der einzelnen Ab-
kürzungen, wie sie in der Fußzeile [E/3] dargestellt werden:
F = field length limit * = obstacle limit
C= climb limit B = brake energy limit
T = tire speed limit V = VMCG bzw. VMCA limit
E = engine thrust time limit M = AFM Limit
220 10 Der Start
Korrekturspalte [C]
Fußzeile [E]
Wie wir aus dem Kapitel zum Startvorgang bereits wissen, endet die Start-
strecke, wenn das Flugzeug die screen height erreicht. In den IEM OPS
1.495(a) (1) (b) (iii) (TOD for wet or contaminated runway), wird bei
nasser oder kontaminierter Piste eine Reduzierung dieser screen height von
35 ft auf 15 ft gestattet. Dadurch wird die TODR etwas kürzer, da der 15-
ft- Punkt früher erreicht wird.
Diese „Erleichterung“ wurde eingeführt, um die wirtschaftlichen Nachteile
durch geringere Startgewichte etwas auszugleichen. Sie gilt jedoch nicht
für die TODR AEO sondern nur für die Ermittlung der TODR OEI.
Durch die Reduzierung der screen height, muss für den Fall des Trieb-
werksausfalls auch die Hindernisfreiheit entsprechend reduziert werde.
Denn wenn das Flugzeug am Ende der Piste tiefer fliegt, wird es auch
nachfolgende Hindernisse tiefer überfliegen. Der gesamte Take-Off Flight
Path verläuft etwas flacher. Daher erlaubt die IEM OPS 1.495 (a) (2) auch
die Reduzierung der Hindernisfreiheit des Nettoflugwegs von 35 ft auf
15 ft.
In bestimmten Fällen kann es dazu kommen, dass durch die reduzierte
screen height das PTOW auf nasser bzw. kontaminierter Bahn höher ist,
also auf trockener Bahn. In einem solchen Fall muss immer das Limit für
die trockene Bahn herangezogen werden.
x Im ersten Schritt wird das PTOW für eine trockene Piste ermittelt.
Hierzu kann z. B. eine RWC verwendet werden.
x Anschließend wird das PTOW in Abhängigkeit von Flugzeug-
konfiguration (CONF1+F, CONF2 oder CONF3) und Pistenlänge um
ein bestimmtes Gewichtsdekrement verringert (obere Tabelle in Abb.
10.54). Bei einem Start in Frankfurt (4000 m Pistenlänge) mit CONF2
beträgt das Dekrement beispielsweise 7.000 kg.
x Mit diesem korrigierten Gewicht wird dann in die der Konfiguration
entsprechende untere Tabelle gegangen, um das MATOW zu be-
stimmen.
x Zur Ermittlung der Geschwindigkeiten (V1, VR und V2) wird das
aktuelle Startgewicht ermittelt (nicht das PTOW oder corrected weight)
Abb. 10.54 Ausschnitt aus der Contaminated Runway Correction Tabelle, A320
Familie (© Airbus)
11 Der Steigflug
Die Fliehkraft ist allerdings vernachlässigbar klein, sodass sich Gl. (11.3)
vereinfacht zu:
L W cos J (11.4)
Aufgrund der Annahme kleiner Winkel kann man cos J = 1 setzen und
deswegen Gl. (11.4) linearisieren zu:
L W (11.5)
Zur Berechnung des Steigwinkels greifen wir auf die Gl. (11.1) zurück und
stellen um:
dV (11.6)
W sin J T Dm
dt
11.3 Berechnung des Steiggradienten 229
Oft ist es jedoch wichtiger, den Steiggradienten zu kennen. Also das Ver-
hältnis von erreichter Höhe zur zurückgelegten Strecke. Mathematisch
ausgedrückt entspricht dies dem Tangens des Steigwinkels. Unter Berück-
sichtigung von Gl. (11.10) ergibt sich der Steiggradient in [%] durch
Multiplikation mit 100.
T D (11.12)
J% u 100
W
bzw.
§T 1 ·
J% ¨¨ ¸¸ u 100
©W L D ¹
230 11 Der Steigflug
Der Term L/D (sprich: „L over D“) wird auch als aerodynamischer Güte-
grad bezeichnet. Gl. (11.9) und (11.12) zeigen die Abhängigkeit des
Steigwinkels und des Steiggradienten von den beiden Parametern:
x Schubüberschuss (T – D)
x dem Flugzeuggewicht (m·g = W)
bzw. von den Parametern:
x Schub-/Gewichtsverhältnis
x Aerodynamischer Gütegrad
Die Steigrate ist definiert als der Höhenzuwachs über der Zeit. Die Einheit
in der Luftfahrt für die Steigrate ist feet per minute (fpm). Sie kann im
Cockpit direkt am vertical speed indicator abgelesen werden.
Für die Steigrate gilt die Beziehung:
ROC TAS sin J (11.13)
bzw.
ROC (11.14)
sin J
TAS
Um die Abhängigkeiten der Steigrate zu untersuchen, setzen wir nun Gl.
(11.6) in Gl. (11.14) ein. Dies ergibt:
ROC T D m dVT (11.15)
TAS W W dt
Bei einem Steigflug mit konstanter TAS ergibt das Beschleunigungs-
m dVT
differenzial 0.
W dt
Daraus ergibt sich die Gleichung für die Steigrate:
T D (11.16)
ROC VT
W
In der Praxis wird allerdings nicht mit einer konstanten TAS gestiegen,
sondern mit const. IAS/Mach oder einer bestimmten Steigrate (vertical
speed). Dadurch ergibt sich eine mit zunehmender Höhe ständig ändernde
TAS.
11.4 Berechnung der Steigrate 231
x Bei konstanter IAS wird die TAS mit zunehmender Höhe größer.
x Bei konstanter Machzahl wird die TAS mit zunehmender Höhe kleiner
(unter der Tropopause).
Die IAS bzw. CAS wird solange beibehalten, bis sie der gewünschten
Machzahl entspricht, mit der der Steigflug fortgesetzt werden soll. Die
Höhe, in welcher der Wechsel von Const. IAS auf Const. Mach stattfindet,
heißt crossover altitude.
Aus der beim Steigflug mit Const. IAS stattfindenden kontinuierlichen Be-
schleunigung kann ein Beschleunigungsfaktor abgeleitet werden. Er ist
eine Funktion aus Steigflugverfahren (const. IAS, EAS, TAS oder Mach),
Temperatur (ISA oder Non-ISA) und Flughöhe (über oder unter der
Tropopause) und ist wie folg definiert:
§ V dV · (11.17)
f acc ¨¨ ¸¸
© g dh ¹
Unter Berücksichtigung dieses Faktors ergibt sich die Gleichung für den
beschleunigten Steigflug:
232 11 Der Steigflug
T D T D (11.18)
TAS TAS
ROC W W
1 f acc § V dV ·
¨¨1 ¸
© g dh ¸¹
An dieser Stelle soll auf die Herleitung des Beschleunigungsfaktors ver-
zichtet werden. Es können jedoch zur Berechnung die folgenden Werte
eingesetzt werden:
Die Polare für den Steigflug zeigt die Verhältnisse von Schubbedarf und
Widerstand in Relation zur TAS. Bei einem Flugzeug im unbeschleunigten
Horizontalflug sind alle Kräfte im Gleichgewicht. Das heißt, dass die
Schubkraft, der Widerstandskraft entspricht (daher tritt auch keine Be-
schleunigung auf). Die Widerstandskurve kann daher auch als „Thrust
required“ Kurve bezeichnet werden. Soll nun ein Steigflug stattfinden,
muss die Schubkraft erhöht werden, um die Widerstandskraft zu über-
winden. Es kann also nur dann gestiegen werden, wenn die Triebwerke
diesen Schub auch hergeben. Maßgeblich für die Steigleistung ist folglich
die Differenz aus benötigtem und verfügbarem Schub, wie die oberste Ab-
bildung zeigt. Die Geschwindigkeit für bestes Steigen ist dort gegeben, wo
die Differenz aus benötigtem und verfügbarem Schub maximal ist.
Die unterste Abbildung zeigt den Einfluss der Fluggeschwindigkeit auf die
Steiggeschwindigkeit. Die Fluggeschwindigkeit für die maximale Steigrate
(best rate of climb speed, VY ) wird am Maximum der Kurve erreicht.
Die Fluggeschwindigkeit für den maximalen Steigwinkel (best angle of
climb speed, VX) ergibt sich am Berührungspunkt der Tangente aus dem
Ursprung mit der Kurve.
234 11 Der Steigflug
Abb. 11.3 Steigpolare bei konstantem Gewicht, Temperatur und Flughöhe für
strahlgetriebene Flugzeuge
11.6 Der Einfluss von Variablen auf den Steigflug 235
11.6.1 Fluggeschwindigkeit
Mit der VX und der VY existieren für den Steigflug zwei grundlegende Ge-
schwindigkeiten, die bei der Festlegung eines geeigneten operationellen
Steigflugverfahrens berücksichtigt werden.
Beim Flug mit der Geschwindigkeit VX erreicht das Flugzeug eine be-
stimmte Flughöhe innerhalb der kürzesten Flugstrecke. Die Geschwindig-
keit VX wird erreicht, wenn der Schubüberschuss maximal ist. Grafisch
ausgedrückt ist dies an der Stelle der Fall, wo die Schubkurve und die
Widerstandskurve am weitesten entfernt sind.
Für ein strahlgetriebenes Flugzeug entspricht die VX der Geschwindigkeit
für den geringsten Widerstand (VMD). Der verfügbare Schub kann als un-
abhängig von der Geschwindigkeit betrachtet werden.
Bei propellergetriebenen Flugzeugen ist dies etwas anders. Der Schub
variiert hier in Relation zur Geschwindigkeit. Die VX liegt daher etwas
unter der VMD.
236 11 Der Steigflug
durch das höhere Gewicht nach rechts oben. Dadurch „rutscht“ auch die
VY weiter nach rechts. Sie wird also größer.
11.6.2 Gewicht
Abbildung 11.7 zeigt den Gewichtseinfluss auf die ROC über die TAS.
Erwartungsgemäß nimmt die ROC mit zunehmendem Gewicht ab, wobei
die TAS leicht zunimmt. Der best angle of climb nimmt ebenfalls ab und
die dazugehörige VX wird größer.
11.6 Der Einfluss von Variablen auf den Steigflug 239
11.6.3 Flughöhe
11.6.4 Temperatur
Eine steigende Temperatur hat durch die sich ändernde Luftdichte grund-
sätzlich denselben Effekt wie eine steigende Flughöhe und beeinflusst die
Triebwerksleistung und das aerodynamische Leistungsvermögen des Flug-
zeugs.
Absolut gesehen ist die Erhöhung der ROC aufgrund niedriger
Temperaturen in MSL am größten. Relativ betrachtet ist der Einfluss einer
niedrigen Temperatur in großer Flughöhe am höchsten.
Bei einer niedrigen Lufttemperatur wird die ROCmax mit einer höheren IAS
erreicht, als bei einer hohen Temperatur.
Da der Zusammenhang zwischen IAS und TAS abhängig von der
Temperatur ist, kann es passieren, dass die TAS trotz niedriger IAS bei
hohen Temperaturen größer ist, als bei niedrigen Temperaturen.
Außerdem hat die Temperatur einen weiteren Einfluss auf die ROC. Da im
praktischen Flugbetrieb auf eine pressure altitude gestiegen wird, muss das
Flugzeug hinsichtlich seiner geometrischen Höhe in einer warmen
Atmosphäre höher steigen. Bei einer um ISA+10 °C wärmeren
11.6 Der Einfluss von Variablen auf den Steigflug 241
Abb. 11.9 Einfluss der Temperatur auf die IAS für ROCmax
11.6.5 Wind
Aus den weiter oben genannten Gleichungen kann bereits erkennen, dass
Wind keinen Einfluss auf die Steigrate, den Steigwinkel und den Steig-
gradienten hat. Allerdings hat der Wind einen Einfluss auf den Flugweg-
winkel. Dieser wird bei einer Gegenwindkomponente steiler und bei einer
Rückenwindkomponente flacher. Abb. 11.11 zeigt dies am Beispiel einer
Gegenwindkomponente.
Eine konstante Windkomponente hat somit keinen Einfluss auf die Steig-
zeit oder den Treibstoffverbrauch bis zum Top of Climb (TOC), aber auf
die zurückgelegte Entfernung über Grund. Bei einer Gegenwind-
komponente liegt z. B. der TOC näher am Ausgangsflughafen.
Fliegt ein Flugzeug während des Steigfluges in den Bereich eines so-
genannten Jetstreams (Starkwindfeld) ein, ändert sich die Wind-
komponente stetig, bis zum Erreichen des Kernwindfelds. Die energetische
Betrachtung liefert den Rückschluss auf die Steigrate und den Steigwinkel.
Nimmt beispielsweise bei einem Flugzeug im Steigflug die Gegenwind-
komponente stetig zu, steigt die korrespondierende ground speed und die
damit einhergehende kinetische Energie des Flugzeuges nicht so schnell
an, wie bei Windstille. Die „überschüssige“ Energie wird in eine Höhen-
änderung, also eine potentielle Energie umgesetzt. Sie erhöht also Steigrate
und Steigwinkel.
Der Treibstoffverbrauch ist aber nur eine Seite der Medaille. Viel mehr ist
für einen Flugbetrieb die Minimierung der Gesamtkosten wichtig. Neben
den reinen Treibstoffkosten kommen hier noch die anteiligen Zeitkosten
hinzu. Aus dem specific climb wird dadurch ein econ specfic climb, bzw.
minimum cost climb.
Ein Tool, anteilige Zeitkosten in einen Treibstoffwert umzurechnen, ist das
Cost-Index-Prinzip als Grundlage für eine wirtschaftliche Flugdurch-
führung, das in einem späteren Kapitel vorgestellt wird. Nur soviel vorab:
Abb. 11.11 Prämissen zu den Steigflugdaten für die A320 Familie (© Airbus)
246 11 Der Steigflug
Abb. 11.12 zeigt eine beispielhafte Datentafel zum Steigflug für das Ver-
fahren mit konstanter Geschwindigkeit (250 kt/300 kt/M.78). Alle Daten
beziehen sich auf den brake release point.
Abb. 11.12 Inflight Performance, Climb Data, Airbus A320 Familiy (© Airbus)
x TIME (MIN): Dauer des Steigflugs bis zum Erreichen der Flughöhe in
Minuten.
x DIST (NM): zurückgelegte Distanz bis zum Erreichen der Flughöhe in
NAM an.
11.8 Auswertung von Herstellerunterlagen 247
Bei der Interpretation der enthaltenen Informationen müssen die zuvor er-
wähnten Prämissen ins Kalkül gezogen werden.
Wie aus Abb. 11.11 erkennbar, gelten für die Daten ein bestimmtes Steig-
flugverfahren (250/300/M.78), eine bestimmte Schubleistungsstufe
(maximum climb thrust) und ein Schwerpunkt (CG) von 33 %. Darüber
hinaus wird die Enteisungsanlage nicht genutzt und es werden ISA-
Bedingungen unterstellt.
Obwohl die Daten in dieser Tabelle nach dem first principle Verfahren,
also auf Basis realer aerodynamischer Werte des spezifischen Flugzeug-
typs, errechnet wurden, können die Werte in der Tabelle von der Realität
abweichen. Hierfür kommen verschiedene Gründe in Frage:
x Es herrschen keine ISA-Bedingungen. Für diesen Fall werden von ISA
abweichende Tabellen angeboten (z. B. ISA+5, ISA+10 etc.)
x Die Triebwerkleistung lässt aufgrund von Alterung und Abnutzung
(engine deterioration) nach. Hier könnte eine Triebwerksüberholung
oder ein sogenannter compressor wash Abhilfe schaffen.
x Der Schwerpunkt weicht ungünstig vom unterstellten Schwerpunkt ab,
sodass am Höhenruder mehr Abtrieb erzeugt werden muss.
Diese Ausführungen gelten generell für die Auswertung von Hersteller-
unterlagen. Durch die Nichtbeachtung von unterstellten Prämissen kann
nicht nur ein erwartetes Leistungsvermögen nicht eintreten, sondern
können sich auch vermeintlich Sicherheitsmargen schnell in Luft auflösen.
12 Der Reiseflug
12.1 Einführung
Kennt man also den Widerstand des Flugzeuges, kennt man auch seinen
Schubbedarf (Thrust Required, TR). Der Fachbegriff für den Schubbedarf
heißt Schwebeschub. An dieser Stelle erinnern wir uns an das Kapitel 4
„Aerodynamische Grundlagen“ und die dort vorgestellte Widerstands-
kurve in Abhängigkeit der Geschwindigkeit (Abb. 4.25).
12.2 Der unbeschleunigte Horizontalflug 251
2 L (12.5)
V
U S cL
Einsetzen von Gl. (12.2) in Gl. (12.5) ergibt
2 W (12.6)
V
U S cL
Gl. (12.5) setzen wir nun in Gl. (12.3) ein und erhalten:
U 2 W (12.7)
D S cD
2 U S cL
Kürzen liefert
cD (12.8)
D W TR
cL
§c · (12.9)
Dmin W ¨¨ D ¸¸
© cL ¹ min
Legt man eine Tangente aus dem Ursprung der Schwebeschubkurve er-
hält man die Geschwindigkeit für die maximale Reichweite (maximum
range speed).
§ c (12.10)
§ D · ·
¨ ¸ bzw. ¨ L ¸
© TAS ¹ min ¨ cD
©
¸
¹ max
Im ersten Schritt setzen wir Gl. (12.8) in Gl. (12.10) ein. Dies liefert:
cD (12.11)
W
D cL
TAS TAS
im nächsten Schritt ersetzen wir die TAS im Nenner mit Gl. (12.6). Dies
ergibt dann:
D cD U cL S (12.12)
W
TAS cL 2 W
§ c · (12.13)
D ¨ D ¸
TAS ¨ c
© L
¸
¹ min
oder:
§ cL · (12.14)
D ¨ ¸
TAS ¨ cD ¸
© ¹ max
2 (12.17)
cD 2 W 3
PR 3
cL U S
Unterstellt man bei Gl. (12.17), dass das Gewicht, die Flügelfläche und die
Luftdichte konstant bleibt (W, S, U = const.) ergibt sich:
§ c 2 · § 3 · (12.18)
PR min ¨ D ¸ = ¨ cL ¸
¨ c 3 ¸ ¨ c 2 ¸
© L ¹ min © D ¹ max
Eine Tangente aus dem Ursprung an die Schwebeleistungskurve ergibt
das Verhältnis
§ PR · §c · (12.19)
¨ ¸ bzw. ¨¨ L ¸¸
© TAS ¹ min © c D ¹ max
Im Falle der Schwebeleistungskurve liefert also die Tangente aus dem Ur-
sprung das Beste L/D Verhältnis.
Der Beweis dieser Aussage ist einfach: Gemäß Gl. (12.15) entspricht der
Quotient aus Schwebeleistung und TAS dem Schwebeschub.
PR (12.20)
TR
TAS
Einsetzen von Gl. (12.8) in Gl. (12.20) ergibt für den Schwebeschub unter
der Annahme eines konstanten Gewichts (W = const.):
PR cL (12.21)
TAS cD
12.3 Beeinflussende Faktoren 255
Bisher gingen wir immer davon aus, dass das Gewicht, die Flughöhe (bzw.
Luftdichte) und die Konfiguration des Flugzeuges konstant bleiben. Dies
ist natürlich in der Praxis nicht der Fall. Das Flugzeug bewegt sich in ver-
schiedenen Flughöhen und wird leichter, indem es Treibstoff verbraucht.
Darüber hinaus wird die Konfiguration des Flugzeuges auch geändert.
Beispielsweise durch Ausfahren der Landeklappen im Anflug. Aus jeder
Situation ergibt sich ein anderer Schub- bzw. Leistungsbedarf, was zu
einer Verschiebung der Schwebeschub- bzw. Schwebeleistungskurve
führt.
Nachfolgend werden daher die Änderungen von
x Gewicht
x Flughöhe
x Konfiguration
auf die Schwebeschub- bzw. Schwebeleistungskurve untersucht. Von be-
sonderem Interesse ist dabei, wie sich die Geschwindigkeit für maximale
Reichweite (maximum range speed) und maximale Flugdauer (max.
endurance speed) verhält.
12.3.1 Gewicht
Es wird vorausgesetzt, dass das Verhältnis cL/cD konstant bleiben soll. Dies
entspricht einem konstanten Anstellwinkel (D = const.). Die Frage ist nun,
welche Auswirkungen ein höheres Gewicht haben.
Gemäß Gl. (12.2) entspricht der Auftrieb dem Gewicht. Ein höheres Ge-
wicht bedarf demzufolge eines höheren Auftriebs. Aus der Auftriebsformel
ergibt sich, dass die Geschwindigkeit erhöht werden muss, um mehr Auf-
trieb zu erzeugen. Dies ergibt sich aus Gl. (12.6) und soll beispielhaft für
zwei unterschiedliche Gewichte (W1 und W2) erläutert werden.
Für W1 und W2 gelten die korrespondierenden Geschwindigkeiten V11 und
V2:
2 W1 2 W2 (12.22)
V1 und V2
U S cL U S cL
Somit ergibt sich:
2 W2 (12.23)
V2 U S cL
V1 2 W1
U S cL
Durch kürzen erhält man:
V2 W2 (12.24)
V1 W1
Für die Geschwindigkeit des höheren Gewichts (V2) ergibt sich daher:
W2 (12.25)
V 2 V1
W1
W2 (12.29)
TR 2 TR1
W1
Der Schwebeschub verhält sich folglich proportional zum Flugzeug.
Aus Abb. 12.4 kann man ableiten, dass mit höherem Gewicht die max.
range speed und die minimum drag speed größer wird.
12.3.2 Flughöhe
1 (12.31)
TAS EAS
V
Umwandeln von Gl. (12.31) von TAS in EAS ergibt:
U U0 (12.32)
TR EAS 2 S cD
2 U
12.3.3 Konfiguration
Die maximale Flugdauer (maximum endurance) gibt an, wie lange sich ein
Flugzeug bei gegebener Kraftstoffmenge in der Luft halten kann. Dies ist
beispielsweise im Falle von Warteschleifen oder auch bei Aufklärungs-
flügen interessant.
Die maximale Flugdauer wird dann erreicht, wenn der Treibstoffverbrauch
minimal ist. Häufig wird in der Literatur ein konstanter spezifischer Treib-
stoffverbrauch unterstellt, was dazu führt, dass die maximale Flugdauer bei
der Geschwindigkeit erreicht wird, wenn das Verhältnis aus Auftrieb zu
Widerstand am größten ist (L/D max.). Die zugehörige Geschwindigkeit
wäre in diesem Fall die minimum drag speed (Anderson 1999).
In der Praxis ist der Treibstoffverbrauch jedoch von der tatsächlichen
Triebwerkscharakteristik abhängig. Die Linien konstanten Treibstoffver-
brauchs (FFC) sind daher nicht horizontale Tagenten, sondern fallen etwas
ab. Zeichnet man diese abfallenden Verbrauchslinien in Form von
Tangenten in das Schwebeschubdiagramm ein, erhält man den Punkt für
die maximale Flugdauer am Schnittpunkt einer solchen Tangente mit der
Kurve (Lufthansa 1990).
Die maximum endurance liegt daher in der Praxis etwas links von der
minimum drag speed. Wie wir in einem späteren Kapitel noch darstellen
werden, ist dies ein instabiler Geschwindigkeitsbereich. Aus diesem Grund
eignet sich diese Geschwindigkeit auch nicht für den Flug in Warte-
schleifen. Hier sollte mit etwas höherer Geschwindigkeit (z. B. mit
minimum drag speed) im neutralen oder stabilen Bereich geflogen werden.
Etwas anders sieht das Ganze für Kolbenpropellertriebwerke und deren
Schwebeleistungskurve aus, nachdem das TR/TAS Diagramm in ein
PR/TAS Diagramm umgewandelt wurde. Die Geschwindigkeit für die
Max. Endurance muss natürlich in beiden Diagrammen identisch sein.
Die maximale Flugdauer ändert sich nicht durch Windeinfluss. Der Be-
rührungspunkt der FFC-Tangente an die Schwebeschubkurve liegt immer
bei der gleichen TAS.
Mathematisch kann die Flugdauer mit Hilfe der Kombination von Gl. (6.3)
und (6.7) ausgedrückt werden. Dies ergibt:
dm f (12.33)
TSFC TR
dt
Auflösen nach dt ergibt:
dm f (12.34)
dt
TSFC TR
264 12 Der Reiseflug
12.5 Reichweite
Analog der Flugdauer kann auch für die Reichweite die sogenannte
Breguet Range Equation aufgestellt werden.
Wie wir wissen, gilt für eine beliebig kleine Wegstrecke die Beziehung:
ds V dt (12.38)
Für dt setzen wir nun Gl. (12.36) ein und erhalten:
1 cL dW (12.39)
ds V
TSFC g cD W
Unter der Annahme, dass die Geschwindigkeit (V) konstant bleibt,
integrieren wir analog Gl. (12.37) zwischen W0 als Anfangsgewicht und
W1 als Endgewicht und erhalten somit die Reichweite (R):
W0
cL V dW (12.40)
R ³
c TSFC g W
W D 1
12.5 Reichweite 265
cL V W (12.41)
R ln 0
cD TSFC g W1
Ersetzt man die Geschwindigkeit durch die in der Praxis relevantere
Machzahl erhalten wir die folgende Gleichung:
cL M a0 T W0 (12.42)
R ln
cD TSFC g W1
Soll noch zusätzlich eine vorherrschende Windkomponente VW berück-
sichtigt werden, ergibt sich die Reichweite über Grund wie folgt:
c L M a0 T VW W0 (12.43)
R ln
cD TSFC g W1
Aus dieser Gleichung kann man nun die Einflussfaktoren auf die Reich-
weite erkennen:
x Temperatur in Atmosphäre bzw. Flughöhe
x Fluggeschwindigkeit [M]
x schubspezifischer Treibstoffverbrauch (= Triebwerksparameter)
x aerodynamische Güte des Flugzeuges und hauptsächlich des Flügels
[cL/cD]
x Flugzeuggewicht [W]
Die größte Reichweite (maximum range) eines Flugzeuges mit einer be-
stimmten Betankung ergibt sich aus dem größten Verhältnis der wahren
Fluggeschwindigkeit zum Treibstoffverbrauch (TAS/FF). Dieses Verhält-
nis wird auch spezifische Reichweite (specific air range, SAR) genannt.
Abb. 12.12 stellt die Abhängigkeit der maximum range vom Gewicht in
Anlehnung an Abb. 12.4 nochmals dar.
266 12 Der Reiseflug
Die SAR ist ein Maß dafür, wie weit ein Flugzeug pro Treibstoffeinheit
fliegen kann. Sie ist der Quotient aus Wegstrecke (R) pro Treibstoffeinheit
(mf).
R ª NAM º (12.45)
SAR « »
mf ¬ kg ¼
Die Wegstrecke entspricht dabei der sogenannten still air distance (SAD).
Diese erhält man über die Bodendistanz und der Berücksichtigung der
Windkomponente (WC) aus der Beziehung:
§ TAS · (12.46)
SAD Distance ¨ ¸
© TAS r WC ¹
Differenziert man Gl. (12.45) nach der Zeit, erhält man einen Quotienten
mit einer differenziellen Wegstrecke im Zähler und einem differenziellen
Masseverbrauchs durch die Treibstoffverbrennung im Nenner2.
2 Da die SR ein positiver Wert ist, muss der Gleichung ein Minuszeichen voran-
gestellt werden, um das negative Vorzeichen aus dem Masseabnahme auszu-
gleichen.
12.5 Reichweite 267
Die Ableitung der Strecke nach der Zeit entspricht bekanntermaßen der
Geschwindigkeit. Somit ergibt sich der folgende Quotient:
V TAS ª kt º (12.48)
SAR « »
m f FF ¬ kg min ¼
Als Lösung wurde die sogenannte long range speed eingeführt. Hierbei
wurde unter Verzicht auf 1% der Reichweite die Geschwindigkeit ent-
sprechend erhöht.
Die Tangenten aus dem Ursprung sind Linien gleichen Treibstoffver-
brauches (FF-Tangente).
Abb. 12.13 Generische SAR-Kurve für ein bestimmtes Gewicht und Flughöhe
Gewicht
Abb.12.14 zeigt die SAR als Funktion des Flugzeuggewichts und der
Fluggeschwindigkeit bei konstanter Höhe. Dies ist die gebräuchlichste
Darstellung der SAR.
Aus der Abbildung lassen sich zwei Erkenntnisse hinsichtlich ableiten:
x Mit abnehmendem Gewicht, z. B. durch die Verbrennung von Treibstoff
während des Fluges, nimmt die spezifische Reichweite zu.
x Mit abnehmendem Gewicht nimmt die Geschwindigkeit für max. range
cruise, also die Geschwindigkeit, mit der eine maximale Reichweite er-
reicht wird, kontinuierlich ab. Das gleiche gilt für long range cruise.
12.5 Reichweite 269
Flughöhe
Mit zunehmender Flughöhe nimmt zum einen die max. range cruise speed
zu, zum anderen nimmt die SAR zu.
Wind
Abb. 12.16 Einfluss von Wind auf den Ursprung der Tangente
Die Abbildung zeigt die Variation der spezifischen Reichweite mit zu-
nehmendem Gegen- bzw. Rückenwind. Mit zunehmendem Gegenwind
nimmt die spezifische Reichweite ab und die Geschwindigkeit für die
maximale Reichweite steigt an.
Rechts der max. range cruise Linie kann ein Gegenwind teilweise durch
Anpassung der Reisefluggeschwindigkeit ausgeglichen werden. Das Bei-
spiel zeigt eine Reduzierung der Geschwindigkeit von M .78 auf long
range cruise speed. Dadurch könnte eine Gegenwindkomponente von fast
50 kt ausgeglichen werden.
Wind ist folglich von signifikanter Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit
eines Fluges. So kann es durchaus vorteilhaft sein, eine Flughöhe zu
wählen, in der eine große Rückenwindkomponente herrscht. Der Wind
muss dann den Verlust an Reichweite durch die tiefere Höhe aufwiegen
können.
272 12 Der Reiseflug
Die Piloten können für solche Abwägungen auf Tabellen bzw. Charts,
zurückgreifen, die in den flugbetrieblichen Unterlagen zu finden sind. Die
nachstehende Abbildung zeigt eine solche Chart von Airbus für die A320-
Familie.
Abb. 12.18 Wind Altitude Trade for Constant Specific Range (© Airbus)
12.6 Optimum Altitude 273
Temperatur
Bildet man den Quotienten von FF und TAS, kürzt sich der Einfluss der
Temperatur aufgrund der nahezu identischen Abhängigkeit heraus. Der
Einfluss ist daher vernachlässigbar, lässt sich aber trotzdem mit nach-
folgender Gleichung berechnen. Auf eine Herleitung der Gleichung wird
an dieser Stelle verzichtet. Mit ihrer Hilfe kann jedoch schnell und un-
kompliziert der Einfluss der Temperatur auf die spezifische Reichweite
ermittelt werden:
§T ·
0, 5 x (12.51)
SR NS SRST ¨¨ NS ¸¸
© TST ¹
Unter der optimum altitude versteht man die Flughöhe, in der die
maximale spezifische Reichweite für ein bestimmtes Gewicht und ein be-
stimmtes Flugverfahren erreicht wird. Trägt man die SAR in einem Dia-
gramm über der Höhe auf, ergibt sich folgendes Bild:
Mit zunehmender Höhe nimmt die SAR immer weiter zu, um dann wieder
ab der optimum altitude abzunehmen. Der Grund hierfür liegt zum einen
im mit der Höhe abnehmenden Triebwerkswirkungsgrad und zum anderen
274 12 Der Reiseflug
Abb. 12.20 Optimum Altitude als Funktion von SAR und Druckhöhe
Abb. 12.21 Optimum Altitude als Funktion von Gewicht und Druckhöhe
Wichtig ist an dieser Stelle abermals der Hinweis, dass es sich hierbei um
die theoretische Situation bei Windstille handelt. Bezüglich der Ge-
schwindigkeit über Grund, d. h. unter Berücksichtigung von Wind, kann
die optimum altitude auch wesentlich tiefer liegen, als angenommen.
Es kann vorkommen, dass die optimum altitude gar nicht erreicht werden
kann, da sie durch die maximum cruise altitude begrenzt wird. Dies ist z.
B. denkbar, wenn das Flugzeug voll beladen ist und ungünstige
atmosphärische Bedingungen herrschen (z. B. heißer Tag).
Informationen zur optimum und maximum altitude sind in aller Regel in
den einschlägigen Flughandbüchern der Fluggesellschaften zu finden und
in der Regel unterteilt in Entfernungen bis ca. 350 NM darüber.
Abb. 12.22 zeigt den optimum und maximum altitude graph der Airbus
A320-Familie für eine Geschwindigkeit von M.78 und für long range
cruise.
Das Beispiel zeigt die maximum und optimum altitude für ein Gewicht von
69 t, einer Temperaturen von OAT ISA+15 bzw. OAT + 10 und
einer Geschwindigkeit von M.78.
Aus der Abbildung ergibt sich eine optimum altitude von 35.500 ft
und eine maximim altitude von 37.000 ft.
276 12 Der Reiseflug
Abb. 12.23 Bleed Correction zur Optimum und Maximum Altitude Ermittlung
(© Airbus)
Wird ein Flug nicht in der optimum altitude durchgeführt (sog. off-
optimum cruise flight) muss der dadurch verursachte Mehrverbrauch an
Treibstoff berücksichtigt werden. Die notwendigen Informationen werden
in der Regel ebenfalls in Form einer Tabelle zur Verfügung gestellt:
Zur Ermittlung der optimum altitude auf kurzen Flugstrecken von bis zu
maximal ca. 350 NM wird in der Regel ein separater Graph zur Verfügung
gestellt. Je nach Hersteller werden diese Informationen auch in Form einer
Tabelle geliefert.
Abb. 12.24 zeigt den short distance graph der A320-Familie. Zu beachten
ist hier, dass mit dem voraussichtlichen Landegewicht in den Graphen ein-
gegangen wird.
Für ein Landegewicht von 64 t und einer Entfernung von 250 NM ergibt
sich eine optimale Flughöhe von 35.000 ft.
Bei der Nutzung solcher Graphen ist es generell immer wichtig, die Prä-
missen und Geltungsbereiche zu beachten und entsprechende Korrekturen
durchzuführen.
278 12 Der Reiseflug
Hat man auf einem längeren Flug die optimum altitude erreicht, steigt
diese jedoch durch das aufgrund des Treibstoffverbrauchs leichter
werdende Flugzeug kontinuierlich an. Ein ständiges Beibehalten der
optimum altitude würde bedeuten, dass sich das Flugzeug in einem
konstanten Steigflug befinden würde. Dies ist natürlich nicht praxis-
gerecht. Es gilt daher, sich ständig der optimum altitude anzunähern. Um
diese Notwendigkeit deutlich zu machen, wandeln wir Abb. 12.21 etwas
ab und hinterlegen ein beispielhaftes Flugprofil.
Abb. 12.25 Änderung der Optimum Altitude und Flugprofil (nach Radnoti 2002)
12.8 Reiseflugverfahren
Bei der Flugplanung ist die Wahl des Reiseflugverfahrens ein wichtiger
Planungsparameter.
Als Reiseflugverfahren unterscheidet man
x Maximum Range Cruise
x Long Range Cruise
x Constant Speed/Mach Cruise
x Minimum Cost Cruise
Der minimum cost cruise ist das wirtschaftlichste Flugverfahren und ergibt
sich aus den geringsten Gesamtkosten eines Fluges. Basis des minimum
cost cruise ist ein Cost Index als Verhältnis von marginalen Zeitkosten zu
Treibstoffkosten. Auf Basis dieses Cost Index wird dann die sogenannte
econ speed ermittelt.
Das Besondere an diesem Verfahren ist die Tatsache, dass sich die econ
speed mit der Zeit durch den Treibstoffverbrauch ändert. Flugzeuge mit
einem automatischen Schubsystem und einer entsprechenden Funktionali-
tät im Flight Management System (FMS) können einen konstanten Cost
Index fliegen. Das FMS regelt die dazugehörige Geschwindigkeit auto-
matisch nach.
12.9.1 Einführung
Durch Integration der Gl. (12.53) erhält man die Wegstrecke 'SAD1,2 für
das Anfangsgewicht W1 und das Endgewicht W2, , wobei W1 > W2 ist.
W2 (12.54)
'SAD ³ SARm dW
W1
286 12 Der Reiseflug
Mit Hilfe von Gl. (12.54) erhält man die Intergrated Range Kurve aus Abb.
12.30.
Mit Hilfe der Integrated Range Kurve bzw. der Gleichung lässt sich für
jegliche Wegstrecke die notwendige Treibstoffmenge bestimmten. In der
Regel ist die Integrated Range Kurve in Form von Tabellen in den ent-
sprechenden Flugbetriebshandbüchern zu finden.
Analog der Integrated Range basiert die Integrated Time auf denselben
Lösungsansätzen und ergibt sich durch die Kombination der beiden Gl.
(13.41) und (13.42). Löst man die Kombination beider Gleichungen nach
dt auf und integriert über das Gewicht ergibt sich:
W2
SARm dW (12.56)
't ³
W1
TAS
Aus dieser Gleichung können die für eine Integrated Time Tabelle not-
wendigen Zeitdifferenzen errechnet werden.
12.9 Integrated Range and Time 287
Vorgabe
Schritt 1
Schritt 2
3 http://www.caa.co.uk/application.aspx?catid=33&pagetype=65&appid=11
288 12 Der Reiseflug
Abb. 12.31 Beispielhafte Integrated Range Tabelle (CAP 697 © by Civil Aviation
Authority)
12.10.1 Einführung
Abb. 12.34 Schubkurve nach Setzen von MCT und Sinkflug auf driftdown ceiling
Befindet sich das Flugzeug nun über Hindernissen (z. B. einem Berg-
massiv) mit hohen Mindestsicherheitshöhen, muss es in der Lage sein,
diese Hindernisse mit einem bestimmten Sicherheitsabstand zu über-
fliegen. Der Sinkflug muss also in diesem Fall besonders flach sein. Das
Sinkflugverfahren heißt in der Fachterminologie driftdown procedure. Ein
anderes denkbares Szenario wäre der Triebwerksausfall während dem
Steigflug. In diesem Fall muss das Flugzeug noch eine bestimmte
Mindestsicherheitshöhe erreichen.
x Unvorteilhafteste Schwerpunktlage
x Ausfall des kritischen Triebwerks
x Verbleibende Triebwerke werden mit MCT betrieben.
Der NDFP entspricht dem GDFP abzüglich einer gesetzlich vor-
geschriebenen prozentualen Minderung des Gradienten. Die Höhe der
Minderung richtet sich zum einen nach der Anzahl der Triebwerke und für
drei- bzw. viermotorige Flugzeuge auch nach der Anzahl der ausgefallenen
Triebwerke. Zusammenfassen können die Vorschriften der CS 25.123 (b)
und (c) in folgender Tabelle dargestellt werden.
Gemäß AMC 1.500 Abs. 3 können alternativ zur Routenstudie mit topo-
grafischen Karten auch die Mindestflughöhen Minimum Enroute Altitude
(MEA) oder die Minimum Off Route Altitude (MORA) verwendet
werden. Dies vereinfacht die Flugplanungsarbeit erheblich, kann aber
andererseits zu Flugleistungseinschränkungen durch einen zu hohen
Konservatismus führen.
x Laterale Hindernisfreiheit
Der laterale Korridor, innerhalb dessen die Hindernisse zu berücksichtigen
sind, beträgt 5 NM bzw. 9,3 km. Für den Fall, dass eine gewisse
Navigationsgenauigkeit nicht eingehalten werden kann, steigt dieser Wert
auf 10 NM bzw. 18,6 km an. Innerhalb dieses Korridors muss das Flug-
zeug in der Lage sein, alle Hindernisse zu überfliegen (s. Abb. 13.35).
x Vertikale Hindernisfreiheit
Die vertikale Hindernisfreiheit entspricht der Differenz zwischen dem
Hindernis und der Nettoflugbahn (NDFP). Bei der Berechnung des NDFP
müssen die aktuellen Bedingungen, wie Wind und Temperatur, berück-
sichtigt werden. Möglicherweise wird auch die Enteisungsanlage benötigt,
was sich negativ auf das Leistungsvermögen auswirkt.
Demnach müssen entweder die Vorschriften im Absatz (b) oder (c) erfüllt
werden und darüber hinaus muss das Flugzeug in der Lage sein, in 1500 ft
über dem Ausweichflughafen einen positiven Steiggradienten zu erzielen.
Falls die vorgenannte Vorschrift nicht eingehalten werden kann, oder falls
das Gewicht zu stark eingeschränkt werden muss, ist alternativ ein
driftdown Verfahren gemäß dem folgenden Abschnitt zu entwickeln.
In der Praxis kommt es jedoch selten vor, dass das Flugzeug in der
Mindestreiseflughöhe fliegt. Dadurch ergeben sich die zwei neuen Schnitt-
punkte A und B, die wie folgt definiert werden können (Airbus 2002):
x A = no-return point
Ein Umkehren nach Überflug dieses Punktes ist nicht möglich. Die
Hindernisfreiheit von 2000 ft (gegenüber dem Nettoflugweg) kann nicht
eingehalten werden.
x B = continuing point
Ein Weiterflug nach passieren dieses Punktes ist möglich. Die Hinder-
nisfreiheit ist sichergestellt.
12.10 Limitierungen durch Triebwerksaufall 297
In diesem Fall liegt der Punkt A hinter Punkt B. Das Flugzeug überfliegt
somit den continuing point zuerst. Dadurch ergeben sich folgende Ver-
fahren hinsichtlich der Zeitpunkts des Triebwerksausfalls:
x Triebwerksaufall vor Punkt B: umkehren
Beim Weiterflug (im driftdown) könnte die Hindernisfreiheit nicht
sichergestellt werden, da zu früh mit dem Sinkflug begonnen wird.
x Triebwerksaufall zwischen Punkt B und Punkt A: umkehren oder
weiterfliegen.
x Triebwerksaufall nach Punkt A: weiterfliegen
Beim Umkehren wäre im driftdown die Hindernisfreiheit nicht sicher-
gestellt, da das Flugzeug schon „zu weit“ im Hindernisbereich fliegt.
In diesem Fall liegt der Punkt A vor Punkt B, was zu folgenden Verfahren
führt:
x Triebwerksaufall vor Punkt A: umkehren
x Triebwerksaufall zwischen Punkt A und Punkt B: ausweichen. Das
Ausweichverfahren muss ebenfalls die Hindernisfreiheit sicherstellen
und führt zu einem Ausweichflughafen, der möglicherweise nicht auf
der direkten Route liegt. Kann dies nicht erfüllt werden, muss das Start-
gewicht entsprechend reduziert werden.
298 12 Der Reiseflug
Abb. 12.42 Optimum Driftdown Speed und Gross Level Off Altitude (CAP 698 ©
by Civil Aviation Authority)
4 Bei dem Beispielflugzeug, das dem Graphen zugrunde liegt, ist die Klimaanlage
ab einer Höhe von 17.000 ft die Klimaanlage im auto (high) mode, darunter off.
300 12 Der Reiseflug
Abb. 12.43 Net Level-Off Altitude (CAP 698 © by Civil Aviation Authority)
Wird sie unter 17.000 ft im auto mode betrieben, ist ein Gewichtsabschlag an-
zubringen.
12.10 Limitierungen durch Triebwerksaufall 301
Abb. 12.44 Driftdown Profile – Net Flight Path (CAP 698 © by Civil Aviation
Authority)
13 Der Sinkflug
V (T D) (13.8)
ROD W
§ V dV ·
¨¨1 ¸
© g dh ¸¹
Der im Nenner stehende Beschleunigungsfaktor ist bereits vom Steigflug
her bekannt (siehe Tabelle 11.2) und diesem identisch.
Analog dem Steigflug in Gl. (11.3) und (11.4) vereinfacht sich Gl. (13.9)
aufgrund der zu vernachlässigenden Beschleunigungskraft senkrecht zur
Flugbahn zu:
L W cos J (13.10)
Unter der Annahme kleiner Sinkwinkel kann für cos J = 1 angenommen
werden (Linearisierung kleiner Winkel). Daraus ergibt sich:
L W (13.11)
Vom Steigflug sind uns bereits die Begriffe des Gradienten und des Steig-
winkels bekannt. Beim Sinkflug verhält es sich sehr ähnlich.
Betrachtet man den unbeschleunigten Sinkflug (also den Gleitflug) kann
der Schubanteil aus Gl. (11.9) vernachlässigt werden. Es ergibt sich somit:
D (13.12)
J rad
W
Durch Nutzung des bekannten Verhältnisses L/D kann Gl. (13.12) auch
wie folgt dargestellt werden:
1 (13.13)
J rad
L
D
Durch Multiplikation mit 100 erhält man den Gradienten in %:
100 (13.14)
J%
L
D
Dies bedeutet, dass bei gegebenem Gewicht der kleinste Sinkfluggradient
bei der Geschwindigkeit für den kleinsten Widerstand erreicht wird. Dies
ist der Fall, wenn das Verhältnis L/D am größten ist.
Abb. 13.2 Sinkflugpolare bei konstantem Gewicht, Temperatur und Flughöhe für
strahlgetriebene Flugzeuge
308 13 Der Sinkflug
Die Flughöhe beeinflusst die Luftdichte und hat dadurch Einfluss auf die
Geschwindigkeit für gleiche aerodynamische Punkte auf der Sinkflug-
polaren.
Der beste Gleitwinkel ändert sich durch eine Höhenänderung nicht, denn
in die Gleichung (s. Gl. 13.3) gehen lediglich die Beiwerte für Auftrieb
und Widerstand ein. Die Geschwindigkeit für den besten Gleitwinkel
jedoch ändert sich durch die Änderung der Luftdichte. Sie wird kleiner bei
einer Zunahme der Luftdichte. Dies ergibt sich durch folgende Zu-
sammenhänge.
Die TAS für eine niedrige Höhe (Index „tief“) bzw. eine hohe Flughöhe
(Index „hoch“) ergibt sich durch Umstellen der Auftriebsgleichung.
2 mg 2 mg (13.18)
TAS tief und TAS hoch
U tief c A S U hoch c A S
Unter der Annahme, dass die Faktoren mg, S und cA konstant sind, ergibt
sich die folgende Gleichung:
Durch die Verschiebung der Tangente wird die geringste Sinkrate bzw. die
größte Reichweite in niedrigen Höhen kleiner.
Aus Sicht des Piloten kann man mit der TAS nicht viel anfangen. Die TAS
wird zwar im Cockpit angezeigt, geflogen wird allerdings nach IAS bzw.
Mach. Solange man eine inkompressible Strömung annimmt, bleibt die
IAS für einen bestimmten Gleitwinkel bei Dichteänderung konstant, denn
ein konstanter Gleitwinkel resultiert in einem konstanten Auftrieb und An-
stellwinkel.
Anders verhält es sich bei kompressibler Strömung ab ca. M > 0,5. Hier
wird die IAS für einen bestimmten Gleitwinkel mit abnehmender Flughöhe
geringfügig kleiner. Wie wir bereits wissen, nimmt die TAS für einen
konstanten Gleitwinkel mit sinkender Flughöhe etwas ab. Die Schall-
geschwindigkeit nimmt dabei etwas zu. Daraus folgt, dass die Machzahl
als Verhältnis von TAS zu a kleiner wird. Dies wiederum führt zu einer
abnehmenden Kompressibilität nach folgender Beziehung:
§ 1 2· (13.20)
¨1 M ¸
© 4 ¹
Die anfängliche IAS wird somit nach folgender Gleichung um diese Stau-
druckzunahme verringert.
§ 1 · (13.21)
IAS q ¨1 M 2 ¸
© 4 ¹
13.4 Einflüsse auf die Sinkflugpolare 311
Die folgende Abbildung zeigt die Änderung von Sinkrate und Sinkwinkel
in Relation zur Flughöhe für das Sinkflugprofil „M0.82/300/250“2 eines
Airbus A330 (Airbus 2002).
Abb. 13.5 Descent gradient und rate of descent gegen Flughöhe und TAS
(© Airbus 2002)
Beim Gewicht verhält es sich mit dem Sinkwinkel wie bei der Höhen-
änderung. Es bleibt konstant, denn das Gewicht geht nicht in die
Gleichung für den Sinkwinkel ein.
Dies bedeutet für die Sinkflugpolare folgendes:
Eine Gewichtsabnahme (z. B. durch Abnahme der Treibstoffmenge) be-
wirkt eine Verschiebung der Polare entlang der Tangente zu niedrigeren
Geschwindigkeiten (TAS).
Zum Nachweis dieser Behauptung stellen wir wieder die Auftriebs-
gleichung nach der TAS um, mit dem Index „1“ für ein niedriges Gewicht
und dem Index „2“ für ein hohes Gewicht.
2 mg 1 2 mg 2 (13.22)
TAS1 und TAS 2
U cA S U cA S
2 Sinkflug mit M0.82 bis zur crossover altitude, 300 kt IAS bis 10.000 ft,
250 KIAS unter 10.000 ft.
312 13 Der Sinkflug
Unter der Annahme, dass die Faktoren mg, S und cA konstant sind, ergibt
sich die folgende Gleichung:
TAS 2 mg 2 (13.23)
TAS1 mg 1
Durch die Verschiebung der Tangente verringert sich bei einer Gewichts-
abnahme auch die Minimum ROD, sowie die IAS für den besten Gleit-
winkel.
Die Geschwindigkeit für den optimalen Gleitwinkel und für die minimale
Sinkrate ist mit ausgefahrenen Klappen kleiner, als mit ausgefahrenen
Klappen.
Der Gleitwinkel wird durch die Zunahmen des Widerstands steiler. Neben
den Klappen, können natürlich auch Bremsklappen und das Fahrwerk zu
einem erheblichen Mehrwiderstand führen.
Der Gleitwinkel und die Sinkrate werden immer gegenüber der um-
gebenden Luft angegeben und sind daher nicht vom Wind beeinflusst.
Gegenüber dem Boden hat der Wind aber sehr wohl Einfluss. So ändert
sich nämlich der Flugbahnwinkel, also der Winkel zwischen dem Boden
und dem Flugweg.
314 13 Der Sinkflug
Soll während eines Sinkflugs der flachste Flugweg und damit die größt-
mögliche Distanz erreicht werden, muss die TAS bzw. IAS um den
Windeinfluss korrigiert werden. Für den optimalen Gleitwinkel über
Grund ergibt sich bei Gegenwind eine höhere Sinkgeschwindigkeit und bei
Rückenwind eine niedrigere Sinkgeschwindigkeit.
Abb. 13.9 Einfluss von Rücken- und Gegenwindkomponente auf die Sinkflug-
polare
ROD (13.24)
J geometrisch
GS
Ausgehend von einem Wegpunkt mit einer Höhenbeschränkung wird auf
Basis eines Sinkflugs mit Leerlaufschub ein geometrisches Sinkflugprofil
errechnet. Der Schnittpunkt dieses Flugwegs mit der aktuellen Reiseflug-
höhe bestimmt den Punkt, an dem mit dem Sinkflug begonnen werden
muss (top of descent, TOD).
Das FMS kennt zwei Modi, den Sinkflug zu kontrollieren. Zum einen kann
die Kontrolle über den Gradienten gesteuert werden (path descent) und
zum anderen über die Geschwindigkeit (speed descent)
Beim path descent kontrolliert der FMS die pitch, um den zuvor fest-
gelegten Sinkwinkel einzuhalten. Die Geschwindigkeit wird in diesem
Modus nicht direkt geregelt, so dass der Pilot die Geschwindigkeit aktiv
kontrollieren muss, um weder zu schnell noch zu langsam zu werden.
Beim speed descent kontrolliert das FMS die pitch, um die vorgewählte
Geschwindigkeit zu halten. Damit wird die Flugbahn nicht mehr direkt
kontrolliert. Auch hier ist es wieder Aufgabe des Piloten den gewünschten
Flugweg durch aktives Eingreifen sicherzustellen.
13.5.1 Sinkflugverfahren
flughöhe erst spät und sinkt dann im steilen Gleitwinkel in Richtung Ziel-
flughafen.
Leider ist dies eine Wunschvorstellung und die Praxis sieht anders aus.
Gerade in Europa, mit einer Vielzahl von Flugverkehrskontrollstellen, be-
kommt man teilweise sehr früh Sinkfluganweisungen, die teilweise weit
vor dem top of descent, also dem optimalen Punkt, wo der Sinkflug be-
gonnen werden sollte, liegen. Aus der Sicht der Cockpitbesatzung lassen
sich solche Anweisungen oft nur schwer nachvollziehen.
Der Sinkflug richtet sich in aller Regel nach flugbetrieblich vorgegebenen
Sinkfluggeschwindigkeiten, als Machzahl oder IAS (je nach Flughöhe).
Diese festgelegten Geschwindigkeiten sind zwar einfach zu handhaben,
bieten aber keine Flexibilität. So macht es beispielsweise keinen Sinn eine
Sinkfluggeschwindigkeit von 310 KIAS mit Hilfe von Triebwerksleistung
beizubehalten, wenn man sich gleichzeitig in einem Windfeld mit 100 kt
Rückenwind befindet. Vorausgesetzt natürlich, es ist keine Verspätung
aufzuholen.
Die Sinkflugverfahren sind denen des Steigflugs sehr ähnlich und sollen
daher an dieser nur noch kurz angesprochen werden.
Dieses Verfahren ist für die Praxis nicht relevant. Aus Abb. 14.2 kann man
sehen, dass die Geschwindigkeit für die geringste Sinkrate niedriger ist, als
für den kleinsten Gradienten. Dies resultiert darin, dass das Flugzeug
13.5 Der Sinkflug im Flugbetrieb 317
Wirtschaftlicher Sinkflug
Passagierkomfort
Kabinendruck
Während des Sinkflugs sinkt die Druckkabine mit einer bestimmten vor-
eingestellten Sinkrate mit. Bei Airbus Flugzeugen errechnet das Flight
Management and Guidance System (FMGS) die benötigte Zeit für den
cabin descent. Hierzu nutzt das System die voreingestellte Sinkrate und die
318 13 Der Sinkflug
Wie beim Steig- und Reiseflug liegen auch für den Sinkflug verschiedene
Datentabellen vor.
Bei der A320-Familie liegen die Sinkflugtabellen für eine normal descent
speed von M.78/300kt/250kt und für einen Notsinkflug (emergency
descent) mit MMO/VMO und ausgefahrenen Bremsklappen (airbrakes).
Die sonstigen Prämissen zur Nutzung der Tabelle sind:
x Die Zielhöhe beträgt 1500 ft.
x Die Klimaanlage läuft im Normal-Modus.
x Der Schwerpunkt (CG) liegt bei 33 %.
x Die Enteisungsanlage ist aus.
x Bei normal descent ist die Sinkgeschwindigkeit der Druckkabine auf
350 ft/min begrenzt.
x Der Sinkflug erfolgt mit Leerlaufschub (flight idle) aus der ent-
sprechenden Höhe.
Der Tabelle können vier wichtige Informationen entnehmen:
x Benötigte Zeit bis zu Landung
x Benötigter Treibstoff bis zu Landung
x Zurückgelegte Strecke bis zur Landung.
x N1-Wert (nur in großen Höhen relevant)
Beispiel:
Sie planen einen idle descent und fliegen gegenwärtig in einer Flughöhe
von 33.000 ft. Das aktuelle Flugzeuggewicht beträgt 45 t.
x Wie lange dauert es bis zur Landung? 12 min
x Wie viel Treibstoff werden sie verbrauchen? 119 kg
x Welche Strecke legen Sie dabei noch zurück? 70 NM
Bei entsprechenden Windverhältnissen der Treibstoff, aber auch die
zurückgelegte Strecke und möglicherweise auch die Zeit noch ent-
sprechend zu korrigieren.
13.5 Der Sinkflug im Flugbetrieb 319
14.1 Einführung
Anflug und Landung birgt – wie auch der Start – ein gewisses Unfallrisiko.
Dies zeigt auch die gegenwärtige Unfallstatistik (Stand 2006), nach der
von insgesamt elf schweren Unfällen strahlgetriebener Flugzeuge sechs
der Kategorie approach and landing (ALA), also Unfälle der Anflug- und
Landephase, zuzuordnen sind.
Einer der häufigsten ALA-Unfall ist der landing overrun, also das Über-
schießen der Piste nach der Landung. Eine Auswertung solcher Zwischen-
fälle konnte folgende Punkte als beitragenden Faktor identifizieren
(Gurney 2006).
x Der Anflug verlief zu schnell und das Aufsetzen erfolgte mit einer zu
hohen Geschwindigkeit. In aller Regel lag diese mehr als 15 kt über der
Referenzgeschwindigkeit.
x Der Anflug verlief zu hoch. Die Pistenschwelle wurde nicht in der ge-
forderten Höhe von 50 ft überflogen, sondern höher.
x Es wurde eine weiche Landung angestrebt. Dazu wurde das Flugzeug zu
lange über der Bahn gehalten ohne aufzusetzen.
x Es wurde nicht innerhalb der Landezone (touch down zone) aufgesetzt
x Die Landebahn war nass oder kontaminiert.
x Es herrschte Rückenwind bei der Landung.
Um ALA-Unfälle zu vermeiden ist es daher wichtig, die mit dieser Flug-
phase verbundenen Risikofaktoren zu kennen. Hierzu gehören unter
anderem, die Berechnungsgrundlagen von Landestrecken zu kennen und
dazugehörige Informationen richtig zu interpretieren.
Nur das Kennen und die richtige Einschätzung von Sicherheitsmargen
kann zu entsprechenden Entscheidungen führen.
322 14 Anflug und Landung
Der Wert „x“ bedeutet, dass die Landebahn „ungrooved“ ist. Im Falle einer
„grooved“ Piste würde hier ein „G“ stehen.
Ist der Anflug hindernisfrei, steht die gesamte Bahnlänge als Landestrecke
zur Verfügung (LDA = TORA). Hierbei ist zu beachten, dass ein eventuell
vorhandener stopway im Anschluss an die Bahn die verfügbare Lande-
strecke nicht erhöht. Ein stopway beeinflusst lediglich die verfügbare
Startabbruchstrecke.
Tatsächliche Landestrecke
Die JAR-OPS 1.515 schreibt vor, dass das Landegewicht eines Flugzeuges
nur so hoch sein darf, dass es innerhalb bestimmter Strecken zum Stehen
kommt.
14.2 Limitierung des Landegewichts 325
Wenn die Landestrecke für eine automatische Landung die der manuellen
Landung übersteigt, muss die benötigte Landestrecke im AFM definiert
werden. Die tatsächliche Landstrecke bei trockener Bahn und auto-
matischer Landung ergibt sich aus einer Luftphase (da) und einer Boden-
phase (dg).
Für den Fall, dass ein Anflug abgebrochen wird, werden an das Flugzeug
formale Anforderungen hinsichtlich seiner Steigleistung gefordert. Diese
schlagen sich wiederum direkt in einer Gewichtslimitierung nieder, die
bereits in die Überlegungen bei der Flugplanung zu Beginn des Fluges
einbezogen werden müssen. Denn je schwerer das Flugzeug, desto
schlechter die Steigleistung.
Nach CS 25.1001 muss eine Flugzeug innerhalb von 15 Minuten am Start-
flughafen wieder landen können. Dies könnte beispielsweise im Falle eines
Triebwerksausfall notwendig sein. Zu diesem Zeitpunkt, haben die Flug-
zeuge jedoch noch den gesamten Treibstoff für den Reiseflug an Bord.
Unter Umständen kann dies dazu führen, dass sie zu schwer sind und den
geforderten Steiggradienten für einen approach climb nicht erzielen
können.
Für diesen Fall sind manche Flugzeug mit einem Schnellablassventil aus-
gestattet, das er erlaubt, innerhalb sehr kurzer Zeit, sehr viel Treibstoff ab-
zulassen (fuel jettison) und dadurch das Landegewicht so zu verringern,
dass der Mindeststeiggradient erreicht werden kann.
Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen den beiden Szenarien approach
climb und landing climb. Je nach Szenario sind unterschiedliche Aus-
gangsparameter unterstellt.
Während zweistrahlige Flugzeuge eher durch den approach climb limitiert
sind, werden vierstrahlige Flugzeuge häufig durch den landing climb ein-
geschränkt.
14.2 Limitierung des Landegewichts 329
Fehlanflugverfahren
Nach einer Landung nehmen die Bremsen durch das Abbremsen des Flug-
zeugs Wärmeenergie auf und erhitzen. Würde das Flugzeug kurz nach der
Landung wieder starten, könnte es sein, dass aufgrund der noch heißen
332 14 Anflug und Landung
Druckhöhe
Mit zunehmender Druckhöhe nimmt die Dichte ab und die TAS wird
größer. Dies führt zu größeren Landestrecken. Darüber hinaus nimmt der
Schub ab, was in einem verminderten Steiggradienten für den Fall eines
Fehlanflugverfahrens resultiert.
14.3 Ermittlung der Landestrecke 333
Temperatur
Der Schub nimmt ab einer bestimmten Referenztemperatur (flat rate
temperature) ab (siehe Abb. 6.2). Dieser geringere zur Verfügung stehende
Schub resultiert an sehr warmen Tagen im Falle eines Durchstartmanövers
in einem geringeren Steiggradienten.
Pistenneigungswinkel
Ein positiver Neigungswinkel verkürzt die Landestrecke und umgekehrt.
Pistenbeschaffenheit
Die Pistenoberfläche beeinflusst die Landeflugleistung durch den
Reibungskoeffizienten und den Widerstand durch vorhandene
Kontaminierung. Ein niedriger Reibungskoeffizient führt zu längeren
Landestrecken. Widerstand durch Kontaminierung führt zu kürzeren
Landestrecken (je nach Art und Beschaffenheit der Kontaminierung).
Flugzeugkonfiguration
Die Flugzeugkonfiguration beeinflusst die Landeflugleistung zum einen
durch die Klappenstellung und zum anderen durch die Zapfluftentnahme.
Eine große Klappenstellung führt zu einer niedrigeren Anflug-
geschwindigkeit, aber auch zu höherem Widerstand. Daher nehmen die
Landestrecke und der Steiggradient ab. Die Zapfluftentnahme verringert
den zur Verfügung stehenden Schub. Der Steiggradient nimmt daher ab.
Zusammenfassung
Tabelle 14.3 zeigt die Ermittlung von ALD und RLD eines CRJ 700, wie
sie bei Lufthansa CityLine verwendet wird.
Tabelle 14.3 Ermittlung der Landestrecke auf trockener und nasser Piste (© CLH)
Bei der Ermittlung der required landing distance sind jedoch einige grund-
sätzliche Überlegungen ratsam: So ist der Übergang von einer nassen zu
einer kontaminierten Piste graduell. In der Dokumentation ist es der Unter-
schied von „bis zu 3 mm“ zu „mehr als 3 mm“ Schichtdicke der
Kontaminierung. Doch wie soll diese Dicke gemessen werden? Gewitter-
schauer regnen schnell ab und konvektives Wetter ist hochdynamisch.
14.3 Ermittlung der Landestrecke 337
Wird aus einer wet runway nun eine contaminated runway, hat dies nicht
nur für die Landestrecke Konsequenzen, sondern auch für die maximale
Querwindkomponente.
Grundsätzlich sind die Werte aus den Tabellen kritisch zu betrachten. Sie
„suggerieren eine Genauigkeit von +/- 10 m, was genauso viel mit der
Realität zu tun hat, wie die Temperaturanzeige eines Digitalthermometers,
dessen Display zwar noch die zweite Kommastelle anzeigt, während im
Kleingedruckten steht: Toleranz +/- 2 °C“ (Kiessling 2007).
Während die ALD für trockene Pisten noch tatsächlich erflogen wird, be-
ruhen die Werte für nasse und kontaminierte Pisten auf mathematischen
Modellen, wie sie in Kapitel 9 zu den Pistenoberflächen beschrieben
wurden. Auch wenn die mathematischen Modelle grundlegend nicht falsch
sind, berücksichtigen sie nicht alle in der Praxis vorkommenden Um-
stände. So gibt es z. B. keine besondere Aufschläge für eventuell vor-
handenen Gummiabrieb auf der Piste, der den Bremsweg zum Teil signi-
fikant verlängern kann. Eine vorhandene Sicherheitsmarge kann sich
bereits dadurch schnell in Luft auslösen.
Bei der Ermittlung der Landedaten und der Handhabung von Tabellen oder
auch Computerprogrammen, ist es wichtig, die Parameter zu kennen, die
einem Ergebnis unterstellt sind. Hierzu gehören nicht nur die Parameter,
die dem Rechenalgorithmus hinterlegt sind, sondern auch diejenigen, die
man selbst eingibt. Nicht selten kommt es am Schluss anders, als man
denkt. So sind die wichtigsten Faktoren, die in der Vergangenheit zu einem
Überschießen der Piste nach der Landung beigetragen haben unter
anderem:
x unerwarteter (schlechterer) Pistenzustand
x inkorrekte Bodenwindinformation
x unerwarteter Rückenwind oder negative Windscherung
erst bei ca. 2.000 ft. Hier wurden also bereits die ersten 300 Meter an
Sicherheitsmarge aufgegeben.
x Pro 5 Knoten höherer Landegeschwindigkeit braucht man etwa 10 %
mehr Landedistanz. Bei einem Geschwindigkeitsaufschlag von 5 kt,
z. B. in konvektivem Wetter wegen Böen, führt dies zu weiteren 150 m.
x Flughafenhöhe auf MSL: pro 1.000 Fuß fliegt das Flugzeug durch den
Unterschied von TAS zu IAS etwa 2-3 kt schneller. In München mit
einer ELEV von rund 1.500 ft werden dadurch weitere 100 m benötigt.
x Maximum Manual Braking: Der Unterschied zu autobrake medium be-
trägt beim A340 auf trockener Piste ca. 400 m, bei nasser Bahn ca.
170 m und bei kontaminierter Piste ca. 100 m. Aus Gründen des
Passagierkomforts wird maximum manual braking in der Regel im
Linienalltag nicht genutzt.
x Außerdem wird von einer ebenen Piste mit intaktem Oberflächenbelag
ausgegangen. Gummiabrieb am Ende der Bahn in der Aufsetzzone der
Gegenrichtung ist nie berücksichtigt.
14.4 Empfehlungen
15.1.1 Einführung
Kosten: Unter Kosten versteht man den Wert aller verbrauchten Güter und
Dienstleistungen einer Periode, die direkt zur Leistungserstellung not-
wendig waren.
Stückkosten: Der Begriff ist auch unter dem Namen Durchschnittskosten
bekannt. Hierbei werden die Gesamtkosten oder bestimmte Kostengruppen
durch die Ausbringungsmenge dividiert (z. B. direkte Betriebskosten).
Grenzkosten: Hierunter versteht man die zur Ausbringung einer zusätz-
lichen Produktionseinheit erforderlichen Kosten. Ist die Gesamtkosten-
funktion differenzierbar, ergibt die erste Ableitung die Grenzkosten-
funktion.
Fixe Kosten: Dies sind Kosten, die unabhängig von einer betrachteten
Einflussgröße sind. Sie verändern sich also nicht, wenn sich andere
Variablen ändern (z. B. Flugzeit, Flughöhe).
Variable Kosten: Variable Kosten sind, wie der Name schon sagt, ver-
änderlich. Sie ändern sich in Abhängigkeit der „Beschäftigung“ des Unter-
nehmens. Unter dem Begriff Beschäftigung ist der Output gemeint, den ein
Unternehmen liefert. Die Beschäftigung in einer Fluggesellschaft kann
demnach mehrere Parameter haben (z. B. angebotene Sitzkilometer, Flug-
stunden, zurückgelegte Entfernung etc.). In der vorliegenden Ausarbeitung
steht die „Beschäftigung“ für die zurückgelegte Entfernung in nautischen
Meilen pro Flugzeug.
Einzelkosten: Kosten, die einem Flug direkt zugerechnet werden können
(z. B. Flugsicherungsgebühren, Landegebühren).
Gemeinkosten: Kosten, die einem Flug nicht direkt zugerechnet werden
können (wie z. B. administrative Kosten des Flugbetriebs). Während in der
Regel flugstundenabhängige Instandhaltungskosten zu den Gemeinkosten
gezählt werden, da sie nicht auf die Streckenergebnisrechnung umgelegt
werden können, sind für die vorliegende Betrachtung relevant.
15.1 Die Kosten einer Luftverkehrsgesellschaft 343
Direkte Betriebskosten
Abb. 15.3 Aufteilung der DOC im Vergleich 2003 und 2005 (© AEA 2006)
Indirekte Betriebskosten
Abb. 15.4 Aufteilung der IOC im Vergleich 2003 und 2005 (© AEA 2006)
346 15 Wirtschaftliches Fliegen
Durch den massiven Anstieg des Treibstoffpreises hat sich die Kosten-
struktur der Fluggesellschaften verschoben. Während noch vor 10 Jahren
die Anteile der direkten und indirekten Kosten ausgeglichen waren, stellt
der Anteil der direkten Betriebskosten nun einen Anteil von 58 % an den
Gesamtkosten dar. Dieser Trend beschleunigt sich noch durch den Abbau
an administrativen Arbeitsplätzen in der Verwaltung.
x Treibstoffkosten
Gerade im Technikbereich fallen viele Kosten an, die zwar variabel sind,
aber nicht zeitabhängig, sondern ereignisgetrieben. Ein Beispiel hierfür
sind Kosten für die Überholung des Fahrwerks. Die Belastung des Fahr-
werks ergibt sich aus dem Startlauf oder bei der Landung durch den so-
genannten Landestoß. Welche Zeit das Flugzeug zwischen Start und
Landung in der Luft war, ist für diesen Kostenblock nicht relevant.
Die nachstehende Abbildung zeigt die Technikkosten in Abhängigkeit von
„Trip Kosten“ und „Flight Hour“ Kosten.
Abb. 15.6 Einfluss von Ereignis und Flugzeit auf die DMC (© Airbus 1998)
Demnach sind die fixen Kosten nicht optimierungsfähig. Die Kosten für
verpasste Anschlussflüge durch Verspätung (sogenannte misconnex costs)
bedürfen einer sehr aufwendigen Untersuchung und können bei reiner
Schätzung den Cost Index Wert und abgeleitete Geschwindigkeiten maß-
geblich beeinflussen.
Aus Gl. (15.2) ergeben sich die optimierungsfähigen, zeitabhängigen
variablen Kosten (CO):
CO C F CT (15.4)
348 15 Wirtschaftliches Fliegen
15.2.1 Einführung
CT (15.5)
CI
CF
Diese Geschwindigkeit nennt man in der Fachterminologie Econ Speed
bzw. Econ Mach Number.
Im vorherigen Kapitel wurde die Cost Index Gleichung bereits kurz an-
gesprochen. Nachfolgend soll die Herleitung dargestellt werden.
Der benötigte Treibstoff entspricht dem Quotienten aus Reichweite (R)
und spezifischer Reichweite (SAR) und die Flugzeit (t) entspricht dem
Quotienten aus Reichweite und Geschwindigkeit. Daraus ergibt sich:
R R R (15.6)
Fuel und t bzw.
SAR TAS aM
Einsetzen von Gl. (15.6) in Gl. (15.4) ergibt:
350 15 Wirtschaftliches Fliegen
R R (15.7)
CO Cf Ct
SAR aM
Unter econ cruise speed versteht man die Geschwindigkeit, die zu einem
Minimum der variablen Zeitkosten und Treibstoffkosten führt. Daraus
folgt, dass ein ökonomischer Reiseflug dann vorherrscht, wenn
dCO/dM = 0 ist. Daraus folgt:
dCO § 1 · § dSAR · Ct R § 1 · (15.7)
Cf R ¨
2 ¸ ¨ ¸ ¨ 2 ¸
dM © SAR ¹ © dM ¹ a ©M ¹
Ct Cf dSAR (15.9)
aM2 2
SAR dM
Daraus folgt:
Ct § a T M 2 · dSAR (15.10)
¨ 0 2
¸
Cf ¨ SAR ¸ dM
© ¹
mit:
Ct ª EUR/min º (15.11)
CI « »
Cf ¬ EUR/kg ¼
Der CI hat demnach die Einheit [kg/min]. Dadurch lassen sich Zeitkosten
in Treibstoffmengen umrechnen, wobei der Treibstoffpreis hierbei wie
eine Art Umrechnungsfaktor, ähnlich einer Währung handhabbar ist. Die
Zeitkosten werden hierbei also wie eine Art „zusätzlicher“ Treibstoffver-
brauch dargestellt.
Besonders deutlich wird dies durch Umstellung der Gleichung (15.4) unter
Verwendung des CI.
CO CI C f t C f m f (15.12)
Die Division von Gl. (15.12) durch den Treibstoffpreis ändert die
Dimension bei CO von EUR in kg.
15.2 Die Cost Index Idee 351
CO (15.13)
COkg CI t m f
Cf
Der Vollständigkeit halber soll noch kurz die Herleitung der sogenannten
Econ Cruise Cost Function (ECCF) dargestellt werden.
Hierzu dividiert man die Gl. (15.4) durch NAM und erhält die Kosten für
eine zurückgelegte Entfernungseinheit.
CO t mf (15.14)
CI C f Cf
R R R
t ª h º 1 m f ª kg º FF 1
Mit und erhält man:
R «¬ NAM »¼ TAS R «¬ NAM »¼ TAS SAR
CO § CI FF · (15.15)
C f ¨ ¸
NAM © TAS ¹
Dividiert man Gl. (15.15) durch den Treibstoffpreis CF erhält man die
Econ Cruise Cost Function.
CO CI FF >kg / h@ (15.16)
ECCF
NAM C f TAS >NAM / h@
Zur Umsetzung des Cost Index in die fliegerische Praxis wird die
Gleichung der spezifischen Reichweite variiert und zur ökonomischen
spezifischen Reichweite (SRECON) ausgebaut.
geflogene Strecke R NAM (15.17)
SARECON bzw. bzw.
optimierungsfähige Kosten COkg kg
TAS VW (15.18)
SRECON
d
dt
COkg
Einsetzen von Gl. (15.13) in (15.18) ergibt:
TAS VW a 0 T M VW (15.19)
SRECON
d CI FF
CI t m f
dt
In dieser Form ist die Gleichung jedoch noch nicht nutzbar, da Daten zum
Treibstoffdurchfluss nicht direkt vorliegen. Allerdings liegen in der Regel
die Leistungsangaben zur spezifischen Reichweite vor. Um diese ver-
wenden zu können, wird im nächsten Schritt Gl. (15.10) in Gl. (15.19) ein-
gesetzt. Es ergibt sich:
SRECON
a 0 T M VW
SAR a 0 T M VW (15.20)
§ M · SAR CI a 0 T M
CI a 0 T ¨ ¸
© SAR ¹
Mit Hilfe der obigen Gleichung kann die ökonomische Reichweite unter
Verwendung von wenigen Variablen errechnet werden. Es gilt diejenige
Machzahl, also Fluggeschwindigkeit, zu finden, die zu einer Maximierung
der SREcon führt.
Der Cost Index kann sinnvoll nur innerhalb bestimmter Grenzen an-
gewendet werden.
Ein Cost Index von „null“ entspricht der maximum range cruise speed. In
diesem Fall werden keine Zeitkosten berücksichtigt. Ein Cost Index von
„999“ entspricht der maximal möglichen Machzahl.
Ein hoher Cost Index wäre denkbar, wenn die Zeitkosten weit über den
Treibstoffkosten liegen. Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn eine
unpünktliche Landung unverhältnismäßig hohe Folgekosten, z. B. durch
verpasste Anschlussflüge, generieren würde.
15.3 Das ökonomische Flugprofil 353
In der Praxis wird der obere Wert des Cost Index durch einen Abschlag an
der maximalen Reisefluggeschwindigkeit begrenzt, da der Grenznutzen
einer höheren Geschwindigkeit den enorm höheren Treibstoffverbrauch
auf der Kurz- und Mittelstrecke nicht mehr aufwiegen kann. Die Erhöhung
der Geschwindigkeit hat dort seine Grenzen (Maximum CI), wo der Mehr-
verbrauch pro Minute Zeitgewinn höhere Treibstoffkosten verursacht als
die Folgekosten einer Verspätung.
Lässt man äußere Einflussfaktoren, wie z. B. Wind, außen vor, kann man
grundsätzlich die Aussage treffen, dass ein Flug in großer Höhe hinsicht-
lich des Treibstoffverbrauchs günstiger ist, als in niedriger Flughöhe.
Daher wird vielfach nur der Streckenflug optimiert. Dies ist aber im Sinne
einer Gesamtoptimierung nicht ausreichend. Gerade im Kurzstreckenver-
kehr stellt der horizontale Streckenflug oft nur einen geringen Anteil am
gesamten Flugprofil dar. Daher sollte grundsätzlich auch der Steig- und
Sinkflug in die Optimierung einbezogen werden.
In Abb. 15.9 deutlich, dass eine hohe Steiggeschwindigkeit (= hoher Cost
Index) zu einem flacheren Steigwinkel führt. Die Reiseflughöhe wird folg-
lich später erreicht. Umgekehrt verhält es sich bei einem niedrigen Cost
Index (CI = 0) bzw. einer niedrigen Geschwindigkeit. Der Leistungsüber-
schuss der Triebwerke resultiert in einem höheren Steigwinkel, was dazu
führt, dass die Reiseflughöhe früher erreicht wird. Beide Verfahren haben
Auswirkungen auf die Gesamtflugzeit.
354 15 Wirtschaftliches Fliegen
15.4.1 Treibstoffpreis
Die Ausgaben für Treibstoff gehören schon immer zu den größten Aus-
gabenblöcken einer Luftverkehrsgesellschaft. Mittlerweile hat der Preis
allerdings ein Niveau erreicht, das die Fluggesellschaften zu einem nach-
haltigen Handeln zwingt. Die nachstehende Abbildung zeigt die Preis-
steigerung in den letzten 16 Jahren und maßgebende äußere Einflüsse.
Für die Ermittlung des firmen- und flottenspezifischen Cost Index sind
lediglich die Kosten von Interesse, die tatsächlich durch eine Verlängerung
oder Verkürzung der Flugzeit eines spezifischen Fluges entstehen oder ent-
fallen. Sie werden daher mit dem Zusatz „optimierungsfähige“ Kosten be-
zeichnet, da der Begriff der zeitabhängigen Kosten alleine nicht die tat-
sächlich gesuchte Größe hinreichend genau beschreibt.
Zeitabhängige relevante Technik-Kosten entstehen einerseits durch zeit-
bedingte Wartungs- oder Überholungskosten und andererseits durch zeit-
bedingten Verschleiß. Da auch der Verschleiß wiederum zu Instand-
haltungsereignissen führt, können die Technik-Kosten über die
Kennzahlen des Instandhaltungssystems des Betreibers ermittelt werden.
Wie der Name schon sagt, geht es bei der Instandhaltung darum, die Flug-
zeuge des Betreibers in einem betriebsbereiten Zustand zu halten. Hierzu
gehört:
x Gewährleistung maximal möglicher betrieblicher Sicherheit,
x Erlangung und Beibehaltung einer hohen Einsatzzuverlässigkeit,
x Optimierung der Wirtschaftlichkeit im Betriebsablauf,
x Gewährleistung eines hohen Passagierkomforts und eines ordentlichen
Erscheinungsbildes.
Instandhaltungskosten von Flugzeugen entstehen bei jeder Durchführung
von Instandhaltungsmaßnahmen und den dazugehörigen Materialauf-
wendungen. Die Instandhaltung ist ein Sammelbegriff, der eine Vielzahl
von Funktionen beinhaltet.
Die Hauptfunktionen der Instandhaltung „Wartung“ und „Überholung“
müssen hinsichtlich relevanter Kosten überprüft werden:
Die Wartung sorgt für die Betriebsfähigkeit des Flugzeuges bis zur
nächsten Überholung. Ein Wartungsereignis beinhaltet die Durchführung
verschiedener Kontrollen mit und ohne technisches Hilfsgerät. Die
Reparatur ist Teil der Wartung. Die Wartung wird in der Regel während
der flugplanbedingten Bodenzeiten und daher auch vielfach nachts durch-
geführt.
Unter Überholung versteht man eine umfassende Wartung und Reparatur
des Flugzeugs bei weitgehender Zerlegung der technischen Systeme. Sie
wird im Rahmen von Sonderliegezeiten durchgeführt. Für die Ermittlung
15.4 Ermittlung der optimierungsfähigen Kosten 357
Präventive Instandhaltungsmaßnahmen
Korrektive Instandhaltungsmaßnahmen
Die hohen Kosten für eine präventive Instandhaltung führen bei den Flug-
gesellschaften immer mehr zu dem Versuch, die statischen TBO-Zeiten zu
verlängern. Der Austausch eines Teils soll also nicht mehr nach festen
Intervallen erfolgen, sondern nur noch, wenn es sein Zustand erfordert. Es
werden also Fehler im Betrieb zugelassen, die erst im Anschluss beseitigt
werden. Eine solche Instandhaltungsmethode benötigt aber ein um-
fassendes Überwachen bestimmter Parameter, die bei Abweichungen vom
Sollzustand eine Warnung generieren. Eine solche Überwachung ist bei-
spielsweise das Engine Trend Monitoring.
15.4 Ermittlung der optimierungsfähigen Kosten 359
Mit Hilfe der korrektiven Instandhaltung konnte in den 70er Jahren das
starre Hard-Time-Verfahren teilweise abgelöst werden und zu einem
System der variablen TBO umgewandelt werden.
Zu ermitteln sind die Kostenanteile, die sich durch eine weitere Betriebs-
minute ergeben würden. Also, die Kostenanteile, die von der tatsächlichen
Betriebszeit, also der Flugzeit, und welche Kosten durch ein Flugereignis,
dem cycle, abhängen.
Hierbei müssen auch die Kosten berücksichtigt werden, die sich durch
zurückgestellte technische Beanstandungen ergeben, die aus Zeitgründen
früher durchgeführt werden müssen.
Von großer Bedeutung im Zusammenhang der optimierungsfähigen
Kosten ist, welche Vertragsarten im Bereich der Instandhaltung vorliegen
und ob das Flugzeug geleast oder gekauft ist.
Die Wartungsereignisse für hoch belastete Bauteile, wie z. B. Schub-
umkehr und Fahrwerk, richten sich häufig nach der Anzahl der cycles und
sind daher unabhängig von den Flugminuten.
Die Lebensdauer vieler anderer Komponenten hängt von den tatsächlich
erbrachten Betriebsminuten ab und werden in Abhängigkeit der Flugzeit
gewartet.
Auf Basis der internen Kostenrechnung und der Wartungsverträge
müssen alle Technikkosten hinsichtlich ihrer Abhängigkeit analysiert
werden. Dazu können folgende Prämissen beachtet werden:
x Viele Instandhaltungskosten bei neuen Flugzeugmustern werden in den
ersten Jahren zu einem großen Teil über die Garantie abgedeckt.
x Wartungskosten für die Flugzeugzelle fallen häufig im Rahmen eines C-
Checks an. Hier muss die jeweilige Fluggesellschaft prüfen, ob der
„Treiber“ für den C-Check tatsächlich die Flugstunde ist, oder eher die
technische Reserveplanung und einem damit verbundenen Engpass.
x Triebwerksüberholungen sind sehr häufig abhängig von den Flugereig-
nissen. Ausnahme stellen sogenannte power-by-the-hour Verträge dar,
was dann zur Abrechnung eines Kostensatzes pro Flugstunde führt.
Erfolgt ein Rückgriff auf Leihtriebwerke, sind diese Kosten in der Regel
flugstundenabhängig anrechenbar.
x Überholungen der APU richten sich nach deren Laufzeit in Stunden.
Eine APU-Stunde fällt im Wesentlichen während der Bodenstandzeit
und teilweise auch bei Start und Landung an.
x Reparaturen bei Bremsen und Fahrwerken richten sich nach geflogenen
cycles und sind daher nicht anrechenbar.
360 15 Wirtschaftliches Fliegen
Height
Relative Höhe. Vertikale Distanz zwischen einer Bezugsebene (z. B. Erdober-
fläche, reference zero, Schwellenhöhe der Pisten) und dem Einbauort des Höhen-
messers. Die Height ist beispielsweise für Entscheidungshöhen von Präzisionsan-
flügen relevant.
True Height
Wahre Höhe über einem bestimmten Punkt auf der Erdoberfläche (Luftsäule).
Diese Luftsäule ist hier bereits um die Temperatur korrigiert (Dichtekorrektur).
Gross Height
Wahre Höhe an einem spezifischen Punkt des Bruttoflugweges. (Die im Zu-
sammenhang mit diesem Begriff häufig genannte gross performance ist die un-
korrigierte Leistungsfähigkeit des Flugzeugs bei ISA.)
Net Height.
Die Netto-Flughöhe ist die gross height korrigiert um Einflüsse auf die Flug-
leistung, wie z. B. Triebwerksausfall als niedrigst möglichen Punkt auf dem ge-
planten Flugweg über Grund (net flight path).
Altitude
Absolute Höhe über MSL. Vertikale Distanz zwischen dem Meeresspiegel (MSL)
und dem Einbauort des Höhenmessers unter ISA-Bedingungen. Die Einstellung an
der Unterskala ist das QNH. Sie ist nicht zu verwechseln mit der pressure altitude,
die sich generell auf 1013 hPa bezieht. Bei einem Flug über dem Meer entspricht
die Erdoberfläche (hier Meer) genau dem Meeresspiegel. In diesem Fall ist
altitude = height.
True Altitude
Tatsächliche Höhe. Unter der Bezeichnung true altitude versteht man die altitude
korrigiert um Druck- und Temperaturabweichungen von ISA. Dieser Begriff
kommt der tatsächlichen Höhe „tapeline altitude“ eines Gegentandes über dem
Meeresspiegel am nächsten. Aus diesem Grund ist diese Höhe bei der Betrachtung
von Minimum-Höhen von Bedeutung.
362 Glossar
QNE
Das QNE ist keine Höhenmessereinstellung, sondern ein Höhenbegriff. Es ist
definiert als Druckhöhe des Flugplatzes über der 1013-hPa-Fläche und somit die
„pressure altitude der elevation (ELEV)“. Das QNE wird also dann am Höhen-
messer angezeigt, wenn am Boden ein Druck von 1013 hPa eingestellt wird.
Bezugsgrößen
Maximum Ceiling
(Flugleistungslimitierte) maximale Flughöhe, die bei gegebenem Gewicht,
Temperatur und Flugverfahren mit max. cruise thrust gehalten werden muss.
Absolute Ceiling
Druckhöhe, in der die Steigrate zu null wird. Diese Höhe wird in der Regel
Propellerflugzeugen angegeben, da für diese Flugzeuge keine VMO bzw. MMO
Grenzen vorhanden sind oder diese nicht erreicht werden.
Service Ceiling
Dienstgipfelhöhe. Druckhöhe (PA) in der noch eine Steigrate von 500 fpm (Jet)
bzw. 100 fpm (Prop) erreicht werden muss. In der Literatur (z. B. Swatton 2000)
wird die service ceiling zum Teil noch unterschieden in gross ceiling und net
ceiling. Die gross ceiling entspricht dabei der service ceiling und ist für die
praktische Flugdurchführung von Bedeutung. Die net ceiling liegt etwas unter der
gross ceiling und entspricht einer Flughöhe, bei der noch eine Steigrate von
750 fpm (Jet) bzw. 150 fpm (Prop) erreicht wird. Sie ist daher eher für die Flug-
planung relevant.
Aerodynamic Ceiling
Die aerodynamische Gipfelhöhe wird erreicht, wenn sich die Linien der VMO und
MMO treffen (siehe auch Kapitel 4.7).
Höhenmessereinstellungen
QNH
Druckwert in hPa bzw. (in USA Inch Hg) der am Höhenmesser eingestellt wird
und die Anzeige der Höhe über dem Meeresspiegel bewirkt. Diese Einstellung
wird in aller Regel von Flugzeugen gewählt, die sich in der Umgebung eines
Flughafens in niedriger Höhe befinden. Am Boden zeigt der Höhenmesser mit
QNH-Einstellung die Höhe des Flughafens über MSL an.
QFE
Druckwert des Flughafens. Am Höhenmesser eingestellt, zeigt dieser eine Höhe
von 0 ft an. Diese Einstellung wird häufig von britischen Airlines benutzt.
Übersicht über Einstellungen und Anzeigen
Atmosphärische Bedingungen
ziehen sich auf einen MAC-Wert. So werden in der Regel die Lage und die
Grenzen des CG in %MAC ausgedrückt. Der MAC ist ein Referenzbereich auf
dem Flügel, dessen Abmessungen im entsprechenden Weight and Balance Manual
des Flugzeugtyps angegeben wird.
Dry Operating Index (DOI)
Der DOI ist der Index für die Position des CG bei gegebenem DOW.
Loading Index (LI)
Der LI ist eine dimensionslose Zahl und stellt einen skalierten Wert eines
Moments dar.
Balance Arm (BA)
Hebelarm. Der Hebelarm ist die Distanz vom Referenznullpunkt (welcher vor dem
Flugzeug im Bezug auf die Flügelvorderkante / Flügelwurzel definiert wurde) zur
Lage des Schwerpunkts.
Moment
Produkt aus Masse und Hebelarm
Triebwerke
Critical Engine
Kritisches Triebwerk. Als kritisches Triebwerk bezeichnet man das Triebwerk
(oder die Triebwerke), das bei einem Ausfall den größten negativen Einfluss auf
die Flugleistung und Steuerbarkeit hat.
Engine Pressure Ratio (EPR)
Triebwerksdruckverhältnis. Verhältnis des Gesamtdrucks am Triebwerksaustritt
zum Gesamtdruck am Eintritt vor dem Fan. Dieses Druckverhältnis ist ein ge-
bräuchlicher Wert zur Bestimmung der Schubleistung. Bei Rolls-Royce und Pratt
and Whitney Triebwerken ist die EPR die primäre Stellgröße des Schubs.
Fan Rotor Speed (N1 oder N2 bzw. N3)
Rotorgeschwindigkeit. Die N1 ist die Rotationsgeschwindigkeit des Fans eines
Zwei- oder Dreiwellentriebwerks. Bei CFMI und General Electric Triebwerken ist
die N1 die primäre Stellgröße des Schubs. Die Anzeige im Cockpit erfolgt in
%N1. Die N2 bzw. N3 ist die Rotationsgeschwindigkeit der Hochdruckturbine.
Bei Zweiwellentriebwerke existiert nur die N1 und N2.
Bleed Air
Zapfluft. Um verschiedene Systeme zu betreiben, wird dem Triebwerk an ver-
schiedenen Stellen Zapfluft entzogen. Diese Luftentnahme hat negative Aus-
wirkungen auf die Flugleistung.
Engine Failure
Triebwerksausfall. Der Verlust von Antriebskraft durch den Ausfall eines Trieb-
werks. Eine häufig verwendete Abkürzung, die den Zustand eines ausgefallenen
Triebwerke 369
Triebwerks anzeigt, ist „OEI“. OEI steht für one engine inoperative. Analog hier-
zu verwendet man die Abkürzung AEO für all engines operative.
Engine Failure Point
Der Punkt, an dem der Ausfall eines Triebwerks angenommen wird. (Von großer
Bedeutung bei der Betrachtung von Flugleistungsproblemen.)
Maximum Engine Relight Altitude
Die maximale Höhe, in der ein Wiederstartversuch eines ausgefallenen Trieb-
werks durchgeführt werden kann.
Reverse Thrust
Schubumkehr. Bei der Schubumkehr wird mittels technischer Hilfe die Vortriebs-
kraft des Triebwerks umgekehrt, um das Flugzeug abzubremsen. Sie spielt eine
bedeutende Rolle beim Startabbruch und bei der Landung.
Fuel Flow (FF)
Treibstoffdurchfluss. Der Treibstoffdurchfluss ist von besonderer Bedeutung,
wenn es um Effizienzbetrachtungen geht. Die gebräuchliche Einheit des FF ist
Masse pro Zeiteinheit (kg/min) und kann mit Hilfe der Division durch
atmosphärische Parameter wie G oder T für verschiedene Höhen und
Temperaturen korrigiert werden.
Bypass Ratio
Nebenstromverhältnis. Unter dem Nebenstromverhältnis versteht man das Ver-
hältnis der Luftmenge, die das Triebwerk verlässt, ohne durch die Brennkammer
zu strömen, zu der Luftmenge, die durch die Brennkammer geführt wird. Beide
Luftmengen haben einen Anteil am Gesamtschub. Wird ein großer Luftmengen-
anteil an der Brennkammer vorbeigeleitet, spricht man von high bypass ratio. Im
gegenteiligen Fall von low bypass ratio.
Literaturverzeichnis
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Beschleunigungsfaktoren 232
A Betriebsflächen 127
Betriebskosten 343
Abfanglastvielfache 54
direkte 343
Abhebestrecke 149
gesamt 343
Abtriebskraft 42
indirekte 343
Accelerate Stop Distance 155
Bewegungsgesetze 23
Accelerate Stop Distance Available
Bezahlungsmodell 360
119
Böenlasten 52, 55
Actual Landing Distance 324
Brake Energy Limit 167
AFM Transition Times 193
Brake Release Point 149, 246
Aircraft Classification Number 128
Bremsklappen 192, 199
Aircraft Classification Number 127
Bremswirkung 139
Aktionsprinzip 24
Bruchlastvielfaches 53
Anflug 321
Buffeting 57
Anstellwinkel 27, 30, 39
Bypass Verhältnis 78
Anströmung 38
Approach Climb 328
C
Approach Climb Gradient 331
Approach Funnel 323 Calibrated Airspeed 67, 68
Assumed Temperature Method 206 Certification 5
Atmosphäre 87 Clearway 120
Aufrollstrecke 120 Climb Limit 159
Auftrieb 26, 36, 250 Compacted 133
Auftriebsbeiwert 32 Constant Speed/Mach Cruise 283
Auftriebsgleichung 251 Continuing Point 296
Auftriebsgrenze 54 Cost Index 348, 353
Critical Point 296
B
D
Balanced Field Length 121, 157
Barometrie 103 Declared Distances 119
Barometrische Höhenstufe 104 Demonstrated Landing Distance
Beanspruchungsarten 51 324
Belag 120, 127, 128, 135 Density Airspeed 67
Bemessungsgeschwindigkeit 55, Density Altitude 109
67, 76 Derate 204
Bernoulli 37 Dichtehöhe 109, 111
376 Sachverzeichnis
DIN 9300 4 F
Displaced Threshold 322, 323
Fahrtmesser 63, 64, 65, 67
Downslope 173
Fehlanflugverfahren 99, 330
Dreiwellenturbinentriebwerk 78
Fehlanzeigen 103
Driftdown Altitude 294
field length limit 152, 178
Driftdown Ceiling 290
Flex Thrust 202, 208
Driftdown Procedure 291, 295
Flugdauer
Driftdown Speed 299
maximal 262
Druckdifferenz 38
Flughafenbetriebsflächen 119
Druckhöhe 91, 104, 105, 108
Flugleistungsklasse A 9
Druckpunkt 40
Flugleistungsklasse B 10
Druckseite 38
Flugleistungsklasse C 10
Druckverlust 249
Flugprofil 98
Druckwiderstand 44
Freifläche 120
Dry Snow 133
Fuel Flow 85
Dynamischer Druck 37
Fuel Jettison 328
Full Rated Thrust 81
E
Econ Cruise Cost Function 351 G
Econ Cruise Speed 350
Gegenwindkomponente 178
Econ Mach Number 349
Gesamtdruck 37
Einflüsse Sinkpolare 309
Gesamtschub 80
Flughöhe 309
Gesamtwiderstandskurve 49
Gewicht 311
Geschwindigkeit 201
Konfiguration 312
Stabilität 280
Wind 313
Geschwindigkeitspolare
Einfluss
Sinkflug 306
Bremsanlage 172
Gewicht 26
Gewicht 169
Gleichgewicht 250
Luftdruck 178
Gleitwinkel 303, 313, 314
Neigungswinkel 173
Gleitzahl 34
Pistenoberfläche 176
Go-around Thrust 84
Startbahnbedingt 173
Gradientenminderung 189
Startklappenstellung 169
Gross Flight Path 163
technische Beanstandungen 172
Gross Thrust 80
Temperatur 178
Ground Speed 67
Vereisung 179
Wind 178
Zapfluft 171 H
Elevation 113 High Speed Buffet 57
Equivalent Airspeed 67, 68 Hindernisfreiheit 179, 292, 299
Escape Procedures 295 lateral 293
European Aviation Safety Agency vertikal 293
11 Höhenmesser 63, 65
Extended Second Segment 167 Horizontalflug
Sachverzeichnis 377