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Abstract
Die Thanatologie beschäftigt sich mit dem Tod, dem Sterben und der Bestattung vom
Menschen aus rechtsmedizinischer Sicht. Bei der Leichenschau und der
gerichtsmedizinischen Obduktion werden Veränderungen des menschlichen Körpers
dokumentiert und beurteilt. Nach dem Tod eines Menschen kann anhand
von Todeszeichen der Tod festgestellt und der Todeszeitpunkt eingegrenzt werden. Bei der
Beurteilung werden sichere von unsicheren und frühe von
späten Leichenveränderungen unterschieden. Vitalitätszeichen sind Hinweise dafür, dass ein
Mensch zum Zeitpunkt einer schädigenden Einwirkung noch gelebt hat. Supravitale
Reaktionen sind ein Ausdruck für erhaltene Körperfunktionen bei einer Leiche (z.B. sind
erhaltene Pupillenreaktionen bis zu 17 Stunden nach dem Tod nachweisbar) – sie geben
hilfreiche Hinweise zur Eingrenzung des Todeszeitpunkts.
Ein nichtnatürlicher oder ungeklärter Tod muss an die Polizei gemeldet werden. Die
Staatsanwaltschaft kann daraufhin eine gerichtsmedizinische Obduktion anordnen!
Laut Strafprozessordnung (§89) muss sich die Leicheneröffnung, soweit der Zustand der
Leiche dies gestattet, stets auf die Öffnung aller drei Körperhöhlen (Schädel-, Brust-
und Bauchhöhle) erstrecken!
Todesart: Bei der äußeren Leichenschau ist eine Feststellung der Todesursache häufig
nicht möglich. Um der Todesursache nachzugehen, wird zunächst zwischen natürlichem,
nicht-natürlichem und ungeklärtem Tod unterschieden.
Natürlicher Tod
Eine für die konkrete Todesursache charakteristische Anamnese
Deutliche objektivierbare Befunde für das ursächliche Krankheitsbild
Kein Nachweis einer schädlichen Fremdeinwirkung in der
Krankheitsentwicklung
Nicht-natürlicher Tod
Liegt vor, wenn ein Todesfall auf ein von außen beeinflusstes oder
verursachtes Geschehen zurückzuführen ist
Wird zwar durch das Einwirken von außen verursacht, impliziert aber nicht
zwingend ein Fremdverschulden
Die häufigsten Ursachen sind Unfälle, Suizide und Tötungsdelikte
Ungeklärter Tod
Ungeklärt bedeutet, dass nicht geklärt werden kann, ob ein Tod natürlich
oder nicht-natürlich eingetreten ist; es handelt sich demnach nicht um die
medizinische Klärung eines Sachverhaltes
Ist ein vermeintlich natürlicher Tod im Krankenhaus (Ableben eines multimorbiden Patienten)
ursächlich auf einen anderen Zusammenhang zurückzuführen (z.B. Unfall), so handelt es sich
um einen nicht-natürlichen Tod!
BW-Kenntnisprüfung Mediz 2
Totenschein
Totenscheinausstellung: Ein Arzt stellt nach gründlicher Untersuchung die Todesursache
fest und stellt den Leichenschauschein(Totenschein) aus
Angaben
Personalien, Wohnadresse, Geburtstag und -Ort, zuletzt behandelnder Arzt,
Sterbezeitpunkt und -Ort, von wem der Tote identifiziert worden ist, etwaige
Warnhinweise (z.B. Infektionsgefahr), die Todesart (natürlich, nichtnatürlich,
ungeklärt)
Weiteres Verfahren
Vor der Bestattung
Natürliche Todesursache: Ggf. klinische Obduktion
Nichtnatürliche Todesursache: Rechtsmedizin/Staatsanwaltschaft
→ Gerichtsmedizinische Obduktion → Freigabe zur Bestattung
Nach der Bestattung: Sammlung aller Totenscheine im Gesundheitsamt → ICD-
Verschlüsselung im Statistischen Landesamt→ Erhebung der
Todesursachenstatistik im Statistischen Bundesamt entsprechend des
Bevölkerungsstatistikgesetzes
Begriffsdefinitionen
Klinischer Tod: Mit dem Kreislaufstillstand und der Einstellung der Atmung tritt der
klinische Tod ein. Erfolgt keine kardiopulmonale Reanimation, tritt der Hirntod wenige
Minuten später ein
Durch kardiopulmonale Reanimation reversibel
Intermediäres Leben: Der Zeitraum zwischen Individualtod und dem Absterben der
letzten Körperzelle wird als intermediäres Leben bezeichnet.
Biologischer Tod: Das Absterben der letzten Körperzelle definiert den biologischen
Tod.
BW-Kenntnisprüfung Mediz 3
Schwimmprobe
Schwimmproben werden an Lunge und Magen-Darm-Trakt durchgeführt, um nachzuweisen,
ob ein Totgeborenes doch schon gelebt hat.
BW-Kenntnisprüfung Mediz 4
Todeszeichen
Todeszeichen dienen der Feststellung des Todes und der Eingrenzung des Todeszeitpunkts.
Sichere Todeszeichen
Frühe Leichenveränderungen
Totenflecken (Livores)
Totenstarre (Rigor mortis)
Nicht mit dem Leben zu vereinbarende Verletzungen
Cruor (Leichenhautgerinnsel): Schwarzrote postmortale Thromben
Speckhautgerinnsel: Postmortale gelblich-weiße Akkumulationen von Leuko-
und Thrombozyten
Späte Leichenveränderungen
Verwesung
Fäulnis
Fäulniszeichen: Durchschlagen des Venennetzes, Grünfärbung, Anstieg der
Leichentemperatur durch Bakterienbesiedlung
Entomologische Untersuchung zur Schätzung des Todeszeitpunktes
Die Casper-Regel besagt, dass eine Leiche in etwa jeweils die gleiche
Fäulnisausprägung nach 1 Woche an der Luft, nach 2 Wochen im Wasser oder nach 8
Wochen im Erdgrab zeigt.
Autolyse
Leichenfraß
Mumifizierung
Fettwachsbildung (Adipocire)
Unsichere Todeszeichen
Unsichere Todeszeichen sind diejenigen Erscheinungen, die zwangsläufig post mortem
auftreten, den Individualtod aber nicht beweisen.
Vitalreaktionen (Vitalitätszeichen)
Vitalreaktionen geben Hinweise darauf, ob eine Person während der schädigenden
Einwirkung auf den Körper noch gelebt hat. Dadurch ist eine Abgrenzung zu
Verletzungen/Schädigungen möglich, die post mortem stattgefunden haben.
Kreislauf
Verblutungszeichen
Zeichen einer Einflussstauung: Stauungsblutung, Perthes-Druckstauung
Embolien
Fettembolien bei Verletzung des Knochens und des subkutanen Fettgewebes
Befund: Mikroembolien im Kapillarsystem, die sich geweihartig aufzweigen
Färbemethode: Sudanfärbung zur Darstellung der Triglyzeride
Luftembolien bei Gefäßverletzungen, offene Traumen und Gewebsembolien
Stoffwechsel: Giftmetabolismus (Metabolite des Giftes im Urin nachweisbar)
Atmung
Aspiration: Ruß, Blut, Wasser, Mageninhalt
Giftige Gase wie Kohlenmonoxid in der Lunge
Hautemphysem bei tiefen Thoraxverletzungen
Kollabierte Lunge bei Pneumothorax durch äußere Gewalteinwirkung
ZNS
Krähenfüße
Hinweise auf das Funktionieren des vegetativen Nervensystems: Verschlucken und
Aushusten von Blut
Die Vitalreaktionen geben Hinweise darauf, dass eine Schädigung des Organismus vor dem
Todeszeitpunkt stattgefunden hat!
Supravitale Reaktionen
Supravitale Reaktionen entstehen durch erhaltene Körperfunktionen während des
intermediären Lebens (nach Eintritt des Individualtodes und vor Eintritt des biologischen
Tods). Sie geben konkrete Hinweise auf den Todeszeitpunkt.
BW-Kenntnisprüfung Mediz 6
Bis 8 Stunden p.m.: Nach mechanischem Reiz auf den Muskel entsteht ein
leichter idiomuskulärer Wulst, der bis zu 24 Stunden persistiert
Bis 17 Stunden
Pupillenreaktion: Die Gabe von Mydriatika/Miotika führt zur Mydriasis/Miosis
Bis 80 Stunden
Bewegliche Spermien sind noch nachweisbar
BW-Kenntnisprüfung Mediz 7