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Thüringer Verwaltungsschule

Fachtagung für Personalleiter und


Ausbildungsverantwortliche
23.02.2018

Aktuelle Entwicklungen in der


Gesetzgebung und Rechtsprechung
des öffentlichen Arbeits- und
Dienstrechtes

Tobias Thauer ©Thauer, Tobias, 2018: Thüringer


Nebenamtlicher Dozent Verwaltungsschule
Thüringer Verwaltungsschule
Gesetzliche Änderungen
Mutterschutzgesetz
SGB IX/ BTHG

©Thauer, Tobias, 2018: Thüringer


Verwaltungsschule
Änderungen im Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Neues Mutterschutzgesetz (MuSchG) wurde am 23.05.2017


verkündet.

Wesentliche Änderungen ergeben sich jedoch erst zum


01.01.2018.

Bestimmte Neureglungen traten jedoch bereits zum 30.05.2017 in


Kraft.

©Thauer, Tobias, 2018: Thüringer


Verwaltungsschule
Änderungen im Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Änderungen zum 01.01.2018:

Ausweitung des geschützten Personenkreises (Auszug)

• Frauen in betrieblicher Berufsausbildung sowie


Praktikantinnen nach § 26 BBiG,
• Frauen mit Behinderungen, welche in einer Werkstatt für
behinderte Menschen beschäftigt sind,
• Entwicklungshelferinnen,
• Frauen, die Bundesfreiwilligendienst leisten (BFDG),
• Arbeitnehmerähnliche Selbständige,
• Schülerinnen und Studentinnen, soweit Ort, Zeit und Ablauf
der Ausbildungsveranstaltung vorgegeben sind
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Verwaltungsschule
Änderungen im Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Änderungen zum 30.05.2017:

• Verlängerte Schutzfrist nach Geburt eines Kindes mit


Behinderung: 12 Wochen, § 3 Abs. 3 Nr. 3 MuSchG (bisher 8
Wochen).

• Kündigungsschutz nach Fehlgeburt: bei Fehlgeburten nach


der 12. SSW besteht nunmehr ebenso ein Kündigungsschutz,
§ 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MuSchG.

• Die Mutter muss dies jedoch beim AG verlangen (Mitteilung


einer Fehlgeburt nach 12. SSW).

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Änderungen im Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Kündigungsvorbereitende Maßnahmen während der Schutzfristen


bzw. des Kündigungsschutzes nach Fehlgeburt

• Kündigungsverbot nach MuSchG gilt auch bei vorab


durchgeführten „kündigungsvorbereitenden Maßnahmen“,
§ 17 Abs. 1 Satz 3 MuSchG
• Praxisrelevanz:
→ Personalratsanhörung, § 78 ThürPersVG
→ Beteiligung Schwerbehindertenvertretung, § 178 Abs. 2
SGB IX
→ Zustimmungsverfahren Integrationsamt, § 168 SGB IX
Diese Maßnahmen sind erst nach Ende der Schutzfristen zulässig!
• Rechtsfolge: Unwirksamkeit der Kündigung, § 134 BGB
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Änderungen im Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Kündigungsvorbereitende Maßnahmen während der Schutzfristen

Ausnahmen: Nachforschungen und Anhörung


bei beabsichtigter verhaltensbedingter Kündigung (Verdachts-/
Tatkündigung)

a) Nachforschungen: zulässig/ notwendig, z. B. § 626 BGB


b) Anhörung: unzulässig, es sei denn als Vorbereitung zu einem
Antrag nach § 17 Abs. 1 Satz 1 MuSchG bei oberster
Landesbehörde. Ansonsten muss Schutzfrist abgewartet
werden (kündigungsvorbereitende Maßnahme!)

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Änderungen im Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Änderungen zum 01.01.2018: Neue Arbeitgeberpflichten

• Gefährdungsbeurteilung gewinnt höhere Relevanz


• Jede Gefährdungsanalyse muss zukünftig auch hinsichtlich
einer eventuellen Gefährdung für werdende Mütter oder Kind
vorgenommen werden, § 10 Abs. 1 MuSchG, § 5 ArbSchG
• Das gilt unabhängig davon, ob zum Analysezeitpunkt auf dem
Arbeitsplatz eine schwangere Beschäftigte tätig ist („anlasslose
Beurteilung“)
• Übergangsfrist: 01.01.2019 (dann bis zu € 5.000 Bußgeld),
§ 32 Abs. 1 Nr. 6 MuSchG

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Änderungen im Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Änderungen zum 01.01.2018: Neue Arbeitgeberpflichten

Soweit Gefährdungen vorliegen muss


1. AG den Arbeitsplatz durch Schutzmaßnahmen umorganisieren.
2. Die schwangere Frau ist an einen geeigneten anderen
Arbeitsplatz umzusetzen.
3. Erst dann kann ein betriebliches Beschäftigungsverbot
ausgesprochen werden, § 13 Abs. 3 MuSchG .

Die Reihenfolge ist zwingend einzuhalten, § 13 MuSchG.

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Änderungen im Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Änderungen zum 01.01.2018:

Neue Arbeitgeberpflichten: „Umsetzung“ – was ist dem


Arbeitgeber zumutbar?

✓ Freie Arbeitsplätze sind anzubieten.


✓ Tausch mit anderen Beschäftigten ist zumutbar (soweit von
§ 106 GewO gedeckt).
o Alternativarbeitsplatz muss nicht (zusätzlich) geschaffen
werden.
o Maßnahmen, die Vertragsänderungen beinhalten
(Änderungskündigungen, Änderungsverträge) sind ebenso
nicht umfasst.
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Änderungen im Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Änderungen zum 01.01.2018:

Erleichterungen und Änderungen der Beschäftigung

➢ Arbeit zwischen 20 Uhr und 22 Uhr, § 5 Abs. 1 MuSchG

➢ Nachtarbeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, § 5 Abs. 1 MuSchG

➢ Möglichkeit der Sonn- und Feiertagsarbeit, § 6 Abs. 1 MuSchG

Die bisherigen branchenbezogenen Ausnahmefälle sind entfallen.

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Änderungen im Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Änderungen zum 01.01.2018:

Erleichterungen in der zulässigen Beschäftigungszeit:


Tätigkeit zwischen 20 und 22 Uhr

• Schwangere Beschäftigte stimmt dem ausdrücklich zu


• Gefährdung durch Alleinarbeit ist ausgeschlossen
• Ärztliches Zeugnis steht dem nicht entgegen

➢ Während der Antrags- und Prüffrist der Aufsichtsbehörde darf


die AN weiter beschäftigt werden, § 28 Abs. Abs. 2 MuSchG.
➢ Soweit Aufsichtsbehörde nicht binnen 6 Wochen ablehnt gilt die
Genehmigung als erteilt, § 28 Abs. 3 MuSchG.
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Änderungen im Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Änderungen zum 01.01.2018:

Änderung in der zulässigen Beschäftigungszeit:


Nachtarbeit zwischen 22 und 6 Uhr

Zulässig, sofern
• AN dem schriftlich zustimmt (jederzeit widerruflich)
• Gefährdung durch Alleinarbeit ist ausgeschlossen
• Ärztliches Zeugnis dem nicht widerspricht und
• Aufsichtsbehörde (TLV) in besonderen Ausnahmefällen
zustimmt
Ergebnis: Keine Nachtarbeit ohne Zustimmung des TLV. Keine
Zustimmungsfiktion, § 29 Abs. 3 MuSchG
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Änderungen im Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Änderungen zum 01.01.2018:

Erleichterung in der zulässigen Beschäftigungszeit:


Sonn- und Feiertagsarbeit

Zulässig, sofern
• AN dem schriftlich zustimmt (jederzeit widerruflich),
• Gefährdung durch Alleinarbeit ist ausgeschlossen
• Voraussetzungen des § 10 ArbZG erfüllt sind,
• Ärztliches Zeugnis dem nicht widerspricht.

Ergebnis: Aufsichtsbehörde ist nicht zu beteiligen. TLV kann


jedoch Sonn- und Feiertagsarbeit nach § 29 Abs. 3 Nr. 2
untersagen. ©Thauer, Tobias, 2018: Thüringer
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Änderungen im SGB IX/ BTHG

Bundesteilhabegesetz (BTHG) führt zu erheblichen


Strukturveränderungen im SGB IX. BTHG tritt stufenweise in Kraft
ab 01.01.2017

1. Stufe ab 01.01.2017
2. Stufe ab 01.01.2018
3. Stufe ab 01.01.2020
4. Stufe ab 01.01.2023

Welche Änderungen sind für die Personalpraxis relevant?

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Änderungen im SGB IX/ BTHG

• Schwerbehindertenvertretung, nunmehr in §§ 176-183 SGB IX


• Besondere Kündigungsschutz, nunmehr in §§ 168-175 SGB IX

Rechte der Schwerbehindertenvertretung (SBV) wurden bereits


zum 30.12.2016 deutlich erweitert:

➢ Beteiligungsrecht der SBV bei Stellenbesetzungen


➢ Beteiligungsrecht der SBV bei Kündigungen
➢ Ausstattung der SBV/ Freistellungsanspruch

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Änderungen im SGB IX/ BTHG

Beteiligungsrechte der SBV bei Stellenausschreibungen

• Grundsätzliches Procedere der SBV-Beteiligung bleibt


unverändert.

• Aber: Änderungen für öffentliche Arbeitgeber, § 165 SGB IX

„Die Dienststellen der öffentlichen Arbeitgeber melden den


Agenturen für Arbeit frühzeitig nach einer erfolglosen Prüfung
zur internen Besetzung des Arbeitsplatzes frei werdende und
neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze.“

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Änderungen im SGB IX/ BTHG

Beteiligungsrechte der SBV bei Stellenausschreibungen

• Nunmehr kann der öffentliche Arbeitgeber eine interne


Stellenbesetzung grundsätzlich vorab durchführen, ohne dass
eine Meldung an die Agentur für Arbeit erfolgen muss.
• Bisher: Meldung immer notwendig („in jedem Fall alle
freiwerdenden Arbeitsplätze und neu zu besetzenden sowie
neue Arbeitsplätze“). Ausnahmen waren im Einzelfall laut
BVerwG detailliert zu begründen
• Begründung der Gesetzesänderung u.a.:
➢ Haushaltsrecht
➢ Tarifvertragliche Regelungen, z. B. § 11 Abs. 3 TVöD
➢ Gesetzliche Regelungen, z. B. § 9 TzBfG
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Änderungen im SGB IX/ BTHG

Beteiligungsrechte der SBV bei Stellenbesetzungen

- Einladungspflicht des öffentlichen Arbeitgebers –

• Schwerbehinderte Bewerber werden, sofern sie nicht


offensichtlich ungeeignet sind, (weiterhin) zum
Vorstellungsgespräch eingeladen, § 165 S. 3 SGB IX
• Ausnahme: offensichtliche Ungeeignetheit des Bewerbers
• Neu: bei internen Bewerbungen sind (externe) Bewerber nicht
einzuladen (Eigenbewerbung, AfA, IFD)
• Weiterhin nicht geregelt: Mehrfachbewerbungen auf gleiche
oder vergleichbare Arbeitsplätze!?

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Änderungen im SGB IX/ BTHG

Beteiligungsrechte der SBV bei Kündigungen

Art der Beteiligung der SBV an sich hat sich nicht geändert.
Arbeitgeber hat die SBV in

➢ allen Angelegenheiten, schwerbehinderte Menschen oder


diese als Gruppe betreffend,
➢ umfassend und
➢ unverzüglich zu informieren und vorab anzuhören

Bei Kündigungen ist die SBV –anders als Integrationsamt-


auch in der Probezeit (§ 1 Abs. 1 KSchG, § 173 Abs. 1 Nr. 1
SGB IX) zu beteiligen.
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Änderungen im SGB IX/ BTHG

Beteiligungsrechte der SBV bei Kündigungen

Rechtsfolge einer fehlenden oder fehlerhaften Beteiligung der


SBV hat sich sehr beachtlich geändert:

§ 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX: „Die Kündigung eines


schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne eine
Beteiligung nach Satz 1 ausspricht, ist unwirksam.“

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Änderungen im SGB IX/ BTHG

Beteiligungsrechte der SBV bei Kündigungen

Bisher:
➢ Fehlende Beteiligung der SBV war Ordnungswidrigkeit, § 95
Abs. 2 Satz 1 SGB IX a. F. iVm. § 156 Abs. 1 Nr. 8 SGB IX a. F.
➢ SBV konnte Aussetzung der Maßnahme fordern, aber:
➢ Kündigung blieb (trotz fehlerhafter Beteiligung) wirksam

➢ Neu seit 30.12.2016: Kündigung ist unwirksam!

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Verwaltungsschule
Änderungen im SGB IX/ BTHG
Beteiligungsrechte der SBV bei Kündigungen

Problempunkte:
1. Der Gesetzgeber hat für die Stellungnahme der SBV keine
Frist vorgesehen.
➢ SBV ist „unverzüglich“ zu informieren, § 176 Abs. 2 SGB IX
➢ Personalrat ist „rechtzeitig“ zu informieren, § 68 Abs. 2, § 78
ThürPersVG
➢ Integrationsamt: „vorherige“ Zustimmung, § 168 SGB IX

1. Wie ist das Zusammenspiel der Beteiligungsverfahren


(„rechtzeitig, unverzüglich & vorherig“) nunmehr zu
organisieren?
2. Was passiert bei fehlende Kenntnis des AG über die
Schwerbehinderteneigenschaft?
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Verwaltungsschule
Änderungen im SGB IX/ BTHG

Beteiligungsrechte der SBV bei Kündigungen

Stellungnahmefrist der SBV:

➢ Gesetzgeber hat leider keine Frist gesetzt.


➢ Wartefrist zur Stellungnahme muss analog zu § 69 Abs. 2 Satz
7 ThürPersVG/ § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG angenommen
werden (10 Arbeitstage).
➢ In Fällen des § 626 BGB analog nach § 69 Abs. 2 Satz 8 (3
Arbeitstage).

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Verwaltungsschule
Änderungen im SGB IX/ BTHG

Beteiligungsrechte der SBV bei Kündigungen

Das Zusammenspiel der Beteiligungsverfahren:


„rechtzeitig, unverzüglich und vorherig“

Information der SBV: unverzügliche Information


Information des PR: rechtzeitige Information
Beteiligung des Integrationsamtes: vorherige Zustimmung
Empfohlene Vorgehensweise (Bayreuther, NZA 2017, 87):
1. Unverzügliche Beteiligung der SBV
2. Zustimmungsverfahren Integrationsamt einleiten
3. Personalrat kann vor oder nach dem Zustimmungsverfahren
angehört werden, frühestens jedoch parallel zur SBV.
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Verwaltungsschule
Änderungen im SGB IX/ BTHG

Beteiligungsrechte der SBV bei Kündigungen


Fehlende Kenntnis der AG über die Schwerbehinderteneigenschaft

➢ Bei Unkenntnis über diese Eigenschaft könnte Beteiligung der


SBV fehlerhaft unterblieben
➢ BAG gesteht Fragerecht des AG nach 6 Monaten
Beschäftigungsdauer zu (BAG, Urt. v. 16. 2. 2012 − 6 AZR 553/10)
➢ Nach den neuen Regelungen des § 176 SGB IX müsste der
AG dieses Fragerecht nunmehr von Anfang an haben
➢ Verschweigt der AN dann seine Schwerbehinderteneigenschaft
kann er sich danach nicht mehr darauf berufen!
➢ Soweit der AG nicht fragt: 3-Wochen-Frist zur Berufung auf die
Schwerbehinderteneigenschaft möglich (Bayreuther, NZA 2017, 87)
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Verwaltungsschule
Änderungen im SGB IX/ BTHG

Sonstige Änderungen im SGB IX

➢ Integrationsvereinbarungen → Inklusionsvereinbarungen

➢ Vertrauensperson der SBV kann ab jetzt bereits ab idR. mehr


als 100 Beschäftigten Freistellung verlangen (bislang 200).

➢ Kostentragungspflicht bei öffentlichen Arbeitgebern:


Anwendung der jeweiligen personalvertretungsrechtlichen
Regelungen, § 179 Abs. 8 SGB IX.

➢ Stellvertretung hat gleichen Schulungsanspruch wie


Vertrauensperson der SBV, § 179 Abs. 4 SGB IX.
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Verwaltungsschule
Teilzeit- und Befristungsrecht

©Thauer, Tobias, 2018: Thüringer


Verwaltungsschule
Wiederholte Befristungen auf Basis § 14 Abs. 3 TzBfG

• § 14 Abs. 3 TzBfG: sachgrundlose Befristung bis 5 Jahre


• „Mehrfache“ Verlängerung zulässig
• Voraussetzungen
✓ AN ist über 52 Jahre alt
✓ Vorab Bezug von best. Sozialleistungen nach SGB II/
SGB III bzw. Maßnahmenteilnehmer oder Bezug von
Transferkurzarbeitergeld

Achtung: erneute Befristung auf Basis von § 14 Abs. 3 TzBfG


wegen Altersdiskriminierung auch bei Vorliegen der sonstigen
Voraussetzungen unzulässig! (AG Köln, Urteil v. 08.11.2017, 9 Ca 4675/17)

Hinweis: Unwirksamkeit basierte nicht auf Vorabbeschäftigung.


©Thauer, Tobias, 2018: Thüringer
Verwaltungsschule
§ 14 Abs. 2 TzBfG: Vorabbeschäftigung und die
„3-Jahres-Regel“

• Kalendermäßige (sachgrundlose) Befristung bei Vorabbeschäftigung


unzulässig, § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG .
• Rechtsfolge: Unwirksamkeit der Befristungsabrede, § 16 TzBfG.
• BAG 2011: Vorabbeschäftigung, welche mehr als 3 Jahre zurückliegt,
ist unschädlich (BAG, Urteil v. 06.04.2011, 7 AZR 716/09) .
• Nunmehr LAG Niedersachsen: Befristungsabrede ist unwirksam bei 5
Jahre zurückliegender Vorabbeschäftigung (Az. 6 Sa 1125/16).
• Regelung wurde Bundesverfassungsgericht vorgelegt (Az 1 BvL 7/14).

• Ergebnis: Bis zur abschließenden Entscheidung des BVerfG


möglichst Abstand von kalendermäßigen Befristungen bei
Vorabbeschäftigung nehmen

©Thauer, Tobias, 2018: Thüringer


Verwaltungsschule
§ 14 Abs. 2 TzBfG: Verkürzung der Vertragslaufzeit?

Sachverhalt: (BAG, Urteil v. 14.12.2016 – 7 AZR 49/15)

• Befristeter AV nach § 14 Abs. 2 TzBfG


• AV-Zeitraum:14.07.2012 bis 31.07.2014 auf Basis eines TV
• Änderungsvereinbarung am 13.12.2012: Reduzierung der
Vertragslaufzeit bis zum 31.07.2013

„Arbeitsvertrag auf Zeit – Änderung der Vertragslaufzeit

§1
Der AN wird bis zum 31.07.2013 weiterbeschäftigt. Alle anderen
Vertragsbestandteile bleiben unverändert.“

©Thauer, Tobias, 2018: Thüringer


Verwaltungsschule
§ 14 Abs. 2 TzBfG: Verkürzung der Vertragslaufzeit?

Ergebnis der Befristungskontrollklage:


✓ Vereinbarung stellt erneute Befristung dar.
✓ Befristungsabrede wegen Vorabbeschäftigung unwirksam.

Begründung:
• Einwand der Beklagten, dass es sich um einen Aufhebungsvertrag
handelt, trägt nicht
• Vielmehr handelt es sich um eine „auf die befristete Fortsetzung
des Arbeitsverhältnisses gerichtete Abrede“
• Aufhebungsvertrag unterliegt nicht der Befristungskontrolle
• Ob befristeter AV oder Aufhebungsvertrag vorliegt ist durch
Auslegung zu entscheiden
• Hier: fehlende typische Elemente eines Aufhebungsvertrags
• Unschädlich wäre ein neuer AV nach § 14 Abs. 1 TzBfG
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Verwaltungsschule
Aufstockungsverlangen eines teilzeitbeschäftigten
Arbeitnehmers § 9 TzBfG
Sachverhalt: Klägerin beantragte schriftlich Aufstockung auf
Vollzeitarbeitsplatz nach § 9 TzBfG (BAG, Urteil v. 18.07.2017 – 9 AZR 259/16)

Beklagte Arbeitgeberin kam dieser Anzeige nicht nach und besetzte in der
darauf folgenden Zeit weitere Vollzeitarbeitsplätze, welche für die
Klägerin geeignet gewesen wären.

Ergebnis: Beklagte muss dennoch dem Aufstockungswunsch der


Klägerin nicht nachkommen
• Unmöglichkeit, da Arbeitsplätze bereits besetzt waren (§ 275 Abs. 1
BGB)
• Schadenersatz in Form der Zustimmung zum Erhöhungswunsch der
Klägerin auf bisherigen Arbeitsplatz steht ihr ebenso wenig zu
• Aber: Klägerin kann Schadenersatz in Geld geltend machen, §§ 250ff.
BGB)
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Verwaltungsschule
Tarifrecht

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Verwaltungsschule
Stufenlaufzeit nach Herabgruppierung (TVöD-VKA)

Sachverhalt: Klägerin (TVöD-VKA) begehrt Erhalt der bisherigen


Stufenlaufzeit nach Herabgruppierung.

• Klägerin war seit 15.05.2009 in EG S 14 beschäftigt.


• 01.05.2010: Eingruppierung in EG S 14 Stufe 3.
• Einvernehmliche Herabgruppierung am 15.04.2013 in EG S 12
Stufe 3.
• Beklagte Stadt begann Stufenlaufzeit am 15.04.2013 komplett
neu zu berechnen
• Klägerin begehrte Stufenaufstieg bereits zum 01.05.2014

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Verwaltungsschule
Stufenlaufzeit nach Herabgruppierung (TVöD-VKA)

Stufe 4 wird nach 3 Jahren in Stufe 3 erreicht, § 16 Abs. 3 TVöD


Differenzen in den Stufenlaufzeitberechnung:

Beklagte: 15.04.2013 + 3 Jahre = Aufstieg am 15.04.2016


Klägerin: 01.05.2010 + 3 Jahre = Aufstieg am 01.05.2013

Begründung der Klägerin:

Die bereits durchlaufene Stufenlaufzeit in der S 14 muss


berücksichtigt werden.
➢ Erfahrungen aus Tätigkeit in S 14 kann auch für Tätigkeit in S
12 verwendet werden
➢ TVöD-Bund sieht auch eine solche Anrechnung vor
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Verwaltungsschule
Stufenlaufzeit nach Herabgruppierung (TVöD-VKA)

Regelung des § 17 Abs. 5 Satz 3 TVöD Bund:


„Bei einer Eingruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe ist
die/der Beschäftige der in der höheren Entgeltgruppe erreichten
Stufe zuzuordnen; die in der bisherigen Stufe zurückgelegte
Stufenlaufzeit wird auf die Stufenlaufzeit in der niedrigeren Ent-
geltgruppe angerechnet.“

Diese Regelung ist im TVöD-VKA § 17 Abs. 4 Satz 4 nicht


vorgesehen: „Bei einer Eingruppierung in eine niedrigere
Entgeltgruppe ist die/der Beschäftige der in der höheren
Entgeltgruppe erreichten Stufe zuzuordnen.“

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Verwaltungsschule
Stufenlaufzeit nach Herabgruppierung (TVöD-VKA)

Ergebnis:
Im Gegensatz zum Bereich TVöD-Bund besteht im Bereich TVöD-
VKA kein Anspruch auf Anrechnung der bisherigen
Stufenlaufzeit.

Begründung des BAG (BAG, Urteil v. 01.06.2017 – 6 AZR 741/15)


➢ Anrechnung bedarf ausdrücklicher tariflicher Anordnung
➢ Aufgrund der Vielgestaltigkeit von Aufgaben im öD ist eine in
einer höheren Entgeltgruppe erreichte Erfahrung nicht zwingend
in einer niedrigeren Entgeltgruppe förderlich
Hinweis bei Höhergruppierung: „Die Stufenlaufzeit in der
höheren Entgeltgruppe beginnt mit dem Tag der
Höhergruppierung.“, § 17 Abs. 4 Satz 4 TVöD-VKA
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Verwaltungsschule
Berechnung der Jahressonderzahlung (JSZ) bei mehreren
Arbeitsverhältnissen

Sachverhalt: Kläger war in den Jahren 2011 bis 2013 mehrfach


beim beklagten Land (TV-L) befristet nach WissZeitVG beschäftigt.

Genese der letzten Arbeitsverträge:


AV 1: 12.09.2011 bis 30.11.2013 mit 0,5 VbE
AV 2: 18.07.2013 bis 30.09.2013 (parallel, +0,5 VbE)
AV 3: 01.12.2013 bis 28.02.2014

Maßgebliche Punkte: Ende AV 1 zum 30.11.2013


Beginn AV 2 zum 01.12.2013
Wie berechnet sich nun die JSZ bei quasi durchgehenden
Beschäftigungs-, aber mehreren Arbeitsverträgen?
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Verwaltungsschule
Berechnung der Jahressonderzahlung (JSZ) bei mehreren
Arbeitsverhältnissen

Kläger:
1. JSZ ist –da durchgehendes Beschäftigungsverhältnis- nach
den Regelungen des § 20 Abs. 3 Satz 1 zu berechnen, d.h.
Referenzzeitraum Juli + August + September 2013:
„Bemessungsgrundlage […] ist das monatliche Entgelt,
das den Beschäftigten in den Kalendermonaten Juli,
August und September durchschnittlich gezahlt wird; […].“
2. Regelung ist diskriminierend, § 4 Abs. 2 TzBfG.

Erinnerung: AV 2 (18.07. bis 30.09.2013) stockte


Beschäftigungsumfang in dem Zeitraum von 0,5 auf 1,0 VbE
auf!
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Verwaltungsschule
Berechnung der Jahressonderzahlung (JSZ) bei mehreren
Arbeitsverhältnissen

Beklagte: durchgehendes Beschäftigungsverhältnis ist


gegenstandslos, da § 20 Abs. 3 Satz 3 abschließende Regelung
beinhaltet: „Bei Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis nach
dem 31. August begonnen hat, tritt an die Stelle des
Bemessungszeitraums der erste volle Kalendermonat des
Arbeitsverhältnisses; […].“

AV 3 begann am 01.12.2013, d.h. nach dem 31.08.2013.

Hier: maßgeblich wäre dann Vergütungshöhe im Dezember


2013, d.h. lediglich auf Basis einer Halbtagsstelle.
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Verwaltungsschule
Berechnung der Jahressonderzahlung (JSZ) bei mehreren
Arbeitsverhältnissen

Ergebnis BAG: Maßgeblich ist § 20 Abs. 3 Satz 3 TV-L

➢ Ob ein ununterbrochenes Beschäftigungsverhältnis vorliegt ist


für die Bemessungsbasis gegenstandslos.
➢ Regelung ist abschließend: beginnt ein Arbeitsverhältnis nach
dem 31.08. eines Jahres ist die Bemessungsbasis der erste
Kalendermonat des AV.
➢ Regelung gilt auch, wenn zuvor weitere AV bestanden haben
(welche aber vorab beendet wurden).
➢ Es liegt auch keine Diskriminierung nach § 4 TzBfG vor, da
diese Regelung auch bei unbefristeten AV anzuwenden ist.

©Thauer, Tobias, 2018: Thüringer


Verwaltungsschule
Berechnung der Jahressonderzahlung (JSZ) bei mehreren
Arbeitsverhältnissen

Übertragung auf TVöD-VKA:

Regelung an dieser Stelle weitgehend deckungsgleich:

„Bei Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis nach dem 30.


September begonnen hat, tritt an die Stelle des
Bemessungszeitraums der erste volle Kalendermonat des
Arbeitsverhältnisses.“ (TV-L: 31.08.)

In vorliegenden Fall wäre die Bemessungsbasis auch nach §


20 Abs. 2 Satz 3 TVöD-VKA der Monat Dezember 2013.
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Verwaltungsschule
Kündigungsrecht

©Thauer, Tobias, 2018: Thüringer


Verwaltungsschule
Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit

Sachverhalt: Kündigungsschutzklage gegen fristlose Kündigung

• Werkzeugmacher mit 49jähriger Betriebszugehörigkeit


• Beschäftigter meldet sich AU vom 26.04. bis 30.06.2016.
• Der Personalleiter sieht den Beschäftigten jedoch Anfang Mai
2016 in Arbeitskleidung im Nebengewerbe (Weinbau) des
Beschäftigten
• Arbeitgeber beauftragte wegen dieser Beobachtung eine
Detektei, wegen vorgetäuschter AU iVm. genesungswidrigen
Verhaltens
• Nach Genesung kündigt der AG außerordentlich, hilfsweise
ordentlich und verlangt parallel Ersatz der Detektivkosten.

©Thauer, Tobias, 2018: Thüringer


Verwaltungsschule
Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit

Sachverhalt: Kündigungsschutzklage gegen fristlose Kündigung

Ergebnis:
1. Außerordentliche Kündigung unverhältnismäßig (49 Jahre
Betriebszugehörigkeit) – Abmahnung hätte genügt.
2. Ordentliche Kündigung ist sozial ungerechtfertigt, § 1 Abs. 1f.
KSchG, da aus dem reinen (kurzen) Anblick des Beschäftigten
in Arbeitskleidung nicht geschlossen werden kann, dass er eine
vollständige Arbeitsschicht (8h) leisten kann.

©Thauer, Tobias, 2018: Thüringer


Verwaltungsschule
Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit

Sachverhalt: Kündigungsschutzklage gegen fristlose Kündigung

Ergebnis:
3. Angesichts der langen Betriebszugehörigkeit und des
rentennahen Lebensalters hätte eine Abmahnung genügt.
4. Detektivkosten (Schadenersatz) müssen ebenso nicht erstattet
werden, da diese Maßnahme im Kontext unverhältnismäßig
war → eine „vernünftige, wirtschaftlich denkende Person“ hätte
diesen Aufwand (€ 5032,34) nicht betrieben.

Praxishinweis: Verdachtsmomente einer vorgetäuschten AU


sollten immer (auch) vom MDK untersucht werden!

©Thauer, Tobias, 2018: Thüringer


Verwaltungsschule
Fristlose Kündigung bei heimlicher Aufnahme eines
Personalgesprächs

Sachverhalt: Beschäftigter mit mehr als 25jähriger


Betriebszugehörigkeit beleidigt KollegInnen in einer E-Mail vom
23.05.2011 an seinen Vorgesetzten als „low performer“ und „faule
Mistkäfer“.

1. Abmahnung diesbezüglich am 25.11.2015 durch den


Arbeitgeber.
2. 20.02.2016 erneute Beleidigung von 2 KollegInnen als „faule
Schweine“ und „low performer“.
3. Personalgespräch mit AG, Betriebsrat und dem beleidigenden
Beschäftigten am 17.03.2016.

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Fristlose Kündigung bei heimlicher Aufnahme eines
Personalgesprächs
4. Gespräch am 17.03.2017 hat der Beschäftigte mit einem
(dennoch offen auf dem Tisch liegenden) Handy heimlich
aufgenommen.
5. Fristlose Kündigung durch den AG am 07.06.2016, nachdem
dieser von der Aufnahme Kenntnis erhalten hat.

Ergebnis:
✓ Außerordentliche Kündigung wirksam.
✓ Verletzung der Persönlichkeitsrechte aus GG der Beteiligten ist
ein Grund, der eine fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigt.
✓ Vorherige Abmahnung entbehrlich.
✓ Interesse des AG an Beendigung des AV überwiegt sozialen
Sachverhalt der 25jährige Betriebszugehörigkeit des AN.
LAG Hessen, Urteil v. 23.08.2017 – 6 Sa 137/17
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Wegfall/ Einschränkung der Möglichkeiten des
§ 14 Abs. 2 TzBfG als
„Verlängerte Probezeit“

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Wegfall der kalendermäßigen Befristung als „verlängerte
Probezeit“

Alternativen

1. Nutzung des § 14 Abs. 1 Nr. 5 TzBfG (Erprobung)


2. Kündigung mit verlängerter Kündigungsfrist
3. Aufhebungsvereinbarung mit verlängerter
Kündigungsfrist

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Wegfall der kalendermäßigen Befristung als „verlängerte
Probezeit“

1. Nutzung des § 14 Abs. 1 Nr. 5 TzBfG (Erprobung)


➢ Sachgrundbefristung im Regelfall weniger angreifbar als
kalendermäßige Befristung
➢ Nutzung muss jedoch sachlich begründbar sein:
✓ Erprobung liegt in Eigenschaften des AN begründet
✓ Längere Erprobung kann durch Anforderungen des
Arbeitsplatzes begründet werden
✓ AG muss von vorn herein die Absicht haben, den AN -
bei Eignung- auf unbestimmte Zeit einzustellen
(Unmöglichkeit bei befristeten Stellen/ Stellenanteilen)
✓ Erprobung unzulässig bei Vorabbeschäftigung (z. B.
Elternzeitvertretung, Ausbildung!)
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Wegfall der kalendermäßigen Befristung als „verlängerte
Probezeit“

1. Nutzung des § 14 Abs. 1 Nr. 5 TzBfG (Erprobung)

➢ Dauer der Probezeit hat erhebliche Auswirkungen bei einer


Befristungskontrollklage
➢ Maßstab: tarifvertragliche Regelungen (sofern vorhanden)
➢ 6-Monatszeitraum analog § 1 KSchG auch bei
geringqualifizierten Tätigkeiten möglich
➢ Bei künstlerischem und wissenschaftlichen Tätigkeiten können
deutlich längere Probezeiten vereinbart werden.
➢ Bsp.: 18 Monate für künstlerisches Personal zulässig (BAG, Urteil v.
15.03.1978 - 5 AZR 831/76
➢ 23 Monate für Ressortleiter waren zu lang (BAG, Urteil v. 15.03.1978 - 5
AZR 531/76)
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Wegfall der kalendermäßigen Befristung als „verlängerte
Probezeit“

2. Kündigung mit verlängerter Kündigungsfrist

✓ Kündigungen mit verlängerter Kündigungsfrist sind


zulässig (BAG, Urteil v. 7. 03. 2002 - 2 AZR 93/01)
✓ Dies kommt in Frage, wenn die abschließende Eignung
oder Nichteignung des Beschäftigten nicht innerhalb der
Fristen des § 1 Abs. 1 KSchG/ § 2 Abs. 4 Satz 1 TVöD
festgestellt werden kann.
„Normale“ Kündigungsfristen:
• Frist nach § 622 Abs. 3 BGB: 2 Wochen
• Frist nach § 34 Abs. 1 Satz 1 TVöD: 2 Wochen zum
Monatsende ©Thauer, Tobias, 2018: Thüringer
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Wegfall der kalendermäßigen Befristung als „verlängerte
Probezeit“

2. Kündigung mit verlängerter Kündigungsfrist

• Kündigungsfristen können in „überschaubaren Rahmen“


verlängert werden.
Aktuell werden als zulässig angesehen:
✓ 4 Monate (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 24.06.2014 -5 Sa 222/13)
✓ 3 Monate ohne Wiedereinstellungszusage (LAG Baden-
Württemberg, Urteil v. 06.05.2015 -4 Sa 94/14)
Voraussetzungen:
a. Schriftliche Widereinstellungszusage bei
abschließender Bewährung und
b. Beteiligung PR und SBV erfolgt rechtzeitig
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Wegfall der kalendermäßigen Befristung als „verlängerte
Probezeit“

3. Aufhebungsvereinbarung mit verlängerter


Kündigungsfrist

BAG hat 2002 festgestellt, dass diese Regelungen für eine


verlängerte Probezeitkündigung auch für Aufhebungsverträge
gelten:

✓ Schriftliche Wiedereinstellungszusage
✓ Verhältnismäßige Verlängerung der Kündigungsfrist

Vorteil: keine Mitbestimmung


Nachteil: Zustimmung AN zwingend notwendig
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Wegfall der kalendermäßigen Befristung als „verlängerte
Probezeit“

3. Aufhebungsvereinbarung mit verlängerter


Kündigungsfrist

Achtung: diese Möglichkeit sollte bei


➢ (noch möglichen) befristeten AV nach § 14 Abs. 2 TzBfG und
➢ bei unbefristeten AV mit Vorsicht angewendet werden!

Aufhebungsvereinbarung sollte nicht den Eindruck erwecken, eine


weitere Befristungsabrede zu sein!
→ Befristungskontrollklage dann zulässig
→ Problem „Vorabbeschäftigung“

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Wegfall der kalendermäßigen Befristung als „verlängerte
Probezeit“

3. Aufhebungsvereinbarung mit verlängerter


Kündigungsfrist

Daher sollte eine solche Regelung auch die typischen Elemente


eines Aufhebungsvertrags beinhalten:

✓ Genaue Definition des Endzeitpunkts


✓ Umgang mit Urlaubs- und Mehrarbeitsansprüchen
✓ Aufklärungs- und Ausgleichsklauseln, z. B. hinsichtlich SGB III
✓ Rückgabe arbeitgebereigener Mittel
✓ (Ggf. Abfindung) usw.

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Herzlichen Dank
für ihre Aufmerksamkeit!

Tobias Thauer
www.linkedin.com/tobias-thauer
tobias.thauer@outlook.com

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Backup:
Koalitionsverhandlungen 2018 aus
HR-Sicht

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Die Koalitionsverhandlungen 2018 hätten aus HR-Sicht zum
heutigen Datum vermutlich folgende Konsequenzen:

1. Kalendermäßige Befristungen

➢ Befristungen ohne Sachgrund nur noch 18 Monate (Z. 2348)


des Koalitionsvertrags); bisher maximal 24 Monate lt. TzBfG
➢ Nur noch einmalige Verlängerung möglich
➢ Quote: bei Unternehmen von mehr als 75 Beschäftigten dürfen
maximal 2,5% kalendermäßig befristet werden (Zählweise
unklar, Z. 2341)
➢ Alle darüber hinausgehenden Verträge wären dann hinsichtlich
der Befristung unwirksam
➢ Karenzzeit von 3 Jahren soll im Gesetz verankert werden.

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Die Koalitionsverhandlungen 2018 hätten aus HR-Sicht zum
heutigen Datum vermutlich folgende Konsequenzen:

2. Befristungen mit Sachgrund

➢ Befristungen mit Sachgrund maximal 5 Jahre möglich im


TzBfG; § 30 Abs. 2 TVöD → bereits heute 5 Jahre pro AV
(Einschränkungen des § 30 Abs. 1 Satz 2 beachten!!)

➢ Keine Sachgrundbefristung mehr möglich, wenn


Vorabbeschäftigung von 5 Jahren (oder mehr) gegeben ist

➢ Zeiten der Arbeitnehmerüberlassung werden dabei


berücksichtigt.

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Die Koalitionsverhandlungen 2018 hätten aus HR-Sicht zum
heutigen Datum vermutlich folgende Konsequenzen:

3. Teilzeitanspruch

➢ Anspruch auf Teilzeittätigkeit im TzBfG für 5 Jahre wird


eingeführt
➢ Danach Rechtsanspruch auf Rückkehr in Vollzeit (Z. 2391ff.)
➢ Anspruch gilt bei
a) Unternehmen mit mehr als 45 MA: grundsätzlicher
Anspruch
b) zwischen 45 und 200 MA: nur jeder 15. MA hat einen
Anspruch; der Rest kann abgewiesen werden (Auswahlmodus
unklar)

➢ Bisher § 11 Abs. 1 Satz 2 TVöD: bei Kinderbetreuung etc. max. 5


Jahre möglich. ©Thauer, Tobias, 2018: Thüringer
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Die Koalitionsverhandlungen 2018 hätten aus HR-Sicht zum
heutigen Datum vermutlich folgende Konsequenzen:

4. Sonstiges

➢ Tariföffnungsklausel im ArbZG (Z. 2366): wöchentliche


Höchstarbeitszeit soll qua BV/ DV flexibilisiert werden
➢ Vereinfachtes Wahlverfahren des BetrVG gilt für
Unternehmen von 5 bis 100 MA (bisher 50 MA, Z. 2333)
➢ Evaluierung AÜG erst 2020 (bisher 2019, Z. 2382)
➢ Stärkung mobiler Arbeit auf betrieblicher Ebene

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Nun aber wirklich:

„Geschafft!“

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