Sie sind auf Seite 1von 24

AGFW-REGELWERK

AGFW-Hinweis FW 1020

Leitfaden zur Auslegung des Arbeitszeit-


gesetzes
Manual for interpretation of the wage hour law

Juni 2010

AGFW | Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V.


Verkaufspreis der Druckfassung:
EUR 15,00 zzgl. MwSt. - für AGFW-Mitglieder
EUR 30,00 zzgl. MwSt. - für Nichtmitglieder
© AGFW, Frankfurt am Main
Herausgeber:
AGFW | Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK e. V.
Stresemannallee 28
60596 Frankfurt am Main
Telefon +49 69 6304-293
Telefax +49 69 6304-455
E-Mail info@agfw.de
Internet www.agfw.de
Jede Art der Vervielfältigung, auch auszugsweise, ist nur mit Genehmigung des AGFW gestattet.
Vertrieb:
AGFW-Projektgesellschaft für Rationalisierung, Information und Standardisierung mbH
Stresemannallee 28
60596 Frankfurt am Main
Telefon +49 69 6304-416
Telefax +49 69 6304-391
E-Mail info@agfw.de
Internet www.agfw.de

-2- AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006


Vorbemerkungen

Die Fernwärmeversorgungsunternehmen sind im Rahmen der von Ihnen eingegangenen Verträge


verpflichtet, Wärme im vereinbarten Umfang jederzeit an der Übergabestelle zur Verfügung zu
stellen (§ 5 Abs. 1 AVBFernwärmeV). Zwar gilt dies nicht, soweit Versorgungsunterbrechungen
durch höhere Gewalt oder sonstige Umstände, deren Beseitigung dem Versorgungsunternehmen
wirtschaftlich nicht zugemutet werden kann, ausgelöst wurden (§ 5 Abs. 1 Ziff. 2 AVBFernwärmeV).
Gleichwohl sind die Versorgungsunternehmen gehalten, derartige Versorgungshindernisse und
Störungen so rasch wie möglich zu beseitigen und ihrer Versorgungsaufgabe wieder gerecht zu
werden. Insbesondere bei derartigen Notfällen ist das Arbeitszeitgesetz zu beachten.

AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006 -3-


Inhalt
Seite
1 Hinweise zum Arbeitszeitgesetz ..................................................................................5
2 Begriffsdefinitionen.......................................................................................................5
2.1 Arbeitszeit........................................................................................................................5
2.2 Vollarbeit .........................................................................................................................5
2.3 Arbeitsbereitschaft...........................................................................................................6
2.4 Bereitschaftsdienst ..........................................................................................................6
2.5 Rufbereitschaft ................................................................................................................6
2.6 Nachtarbeit ......................................................................................................................7
3 Höchstarbeitszeit ..........................................................................................................7
4 Ruhezeit .........................................................................................................................7
5 Außergewöhnliche Fälle, § 14 ArbZG ..........................................................................8
6 Tarifvertragliche Regelungen.....................................................................................10
7 Aufsichtsbehörde ........................................................................................................10
8 Fallbeispiele.................................................................................................................10
8.1 Einsatz bei Rufbereitschaft............................................................................................10
8.2 Geplante Arbeiten .........................................................................................................11
8.3 Notfall ............................................................................................................................12
Anhang 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ..........................................................................................14
Anhang 2 Betriebsvereinbarung über die Regelung von Ruhezeiten bei Rufbereitschaft....23
Anhang 3 Zweischichtenmodell bei Rufbereitschaft mit reduziertem Normaldienst.............24

-4- AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006


1 Hinweise zum Arbeitszeitgesetz

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vom 6. Juni 1994 (Bundesgesetzblatt I 1994, 1170 ff.) wurde durch
die Agenda 2010 im Arbeitsrecht mit Wirkung vom 1. Januar 2004 geändert. Das Arbeitszeitgesetz
enthält Regelungen zur Arbeitszeitflexibilisierung und zur Frage der Höchstdauer der Arbeitszeit.
Die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes gelten für alle Arbeitnehmer über 18 Jahre. Unter den
Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des Arbeitszeitgesetzes fallen Arbeiter und Angestellte sowie
die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (§ 2 Abs. 2 ArbZG). Nicht unter den Geltungsbereich
des Arbeitszeitgesetzes fallen hingegen leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG so-
wie Chefärzte (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG). Weiterhin ist das Arbeitszeitgesetz nicht anzuwenden auf
Leiter von öffentlichen Dienststellen, auf die Vertreter des Dienststellenleiters und auf Arbeitneh-
mer im öffentlichen Dienst, die zu selbstständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten
befugt sind (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 ArbZG). § 5 Abs. 3 Satz 1 BetrVG berücksichtigt die Tatsache, dass
es Arbeitnehmer gibt, die entsprechend ihren Aufgaben eher der Arbeitgeberseite zuzurechnen
und damit Gegenspieler des Betriebsrates sind. Ein Arbeitnehmer ist somit dann als leitender
Angestellter einzustufen, wenn er spezifische unternehmerische Aufgaben wahrnimmt, die im Hin-
blick auf die Gesamttätigkeit des Arbeitnehmers und auf die Gesamtheit der Unternehmerauf-
gaben weit reichend sind und bei deren Erfüllung der Arbeitnehmer einen eigenen erheblichen
Entscheidungsspielraum hat. Mithin ist nach der Rechtssprechung des BAG ein entscheidendes
Abgrenzungsmerkmal die Unternehmerfunktion.
Exkurs: Die Differenzierung von „normalen“ und leitenden Angestellten beruht auf dem Gesetz.
Der leitende Angestellte ist nicht zu verwechseln mit dem außertariflichen Angestellten.
In der Praxis sind alle leitenden Angestellten AT-Angestellte, aber nur ein Bruchteil der
AT-Angestellten zählt zu den leitenden Angestellten. Somit ist nicht jeder Abteilungs-
leiter oder Sachgebietsleiter ein leitender Angestellter.
Neben den Begriffen der Arbeitszeit und Ruhezeit finden sich im öffentlich-rechtlichen Arbeitszeit-
recht noch die Begriffe Vollarbeit, Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft. Der
Gesetzgeber hat die Begriffe als bekannt vorausgesetzt und sie deshalb nicht definiert. Daher soll
zunächst der Blick auf einige dieser Begriffe gerichtet werden.

2 Begriffsdefinitionen
2.1 Arbeitszeit

Arbeitszeit im arbeitsrechtlichen Sinne ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die
Ruhepausen, § 2 Abs. 1 Satz 1 ArbZG. Maßgebend für die Festlegung von Beginn und Ende der
Arbeitszeit sind im Allgemeinen die konkreten betrieblichen Verhältnisse, d. h. in der Regel also
das Betreten oder Verlassen des Betriebsgeländes, teilweise auch die Benutzung von Kontrollein-
richtungen, wie Stechuhr oder Torkontrolle. Von den betrieblichen Verhältnissen hängt es auch ab,
ob das An- und Auskleiden zur Arbeitszeit zu zählen ist oder nicht.
Vertragsrechtlich ist Arbeitszeit die Zeit, die der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber aufgrund der ein-
zelvertraglichen oder kollektivvertraglichen Vereinbarung schuldet. Sie dient in erster Linie als Be-
rechnungsfaktor für das Arbeitsentgelt.

2.2 Vollarbeit

Soweit der Arbeitnehmer im Rahmen der vertraglich geschuldeten Arbeit seine Arbeitskraft in vol-
lem Umfange für betriebliche Zwecke zur Verfügung stellt, wird von Vollarbeit gesprochen. Es
kann sich hierbei aber auch um eine nur überwachende oder beobachtende Tätigkeit handeln, wie
etwa die Tätigkeit in einer Rettungsleitstelle (LAG Hamm vom 22.04.1988, DB 1988, 1856).

AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006 -5-


2.3 Arbeitsbereitschaft
Arbeitsbereitschaft ist neben der so genannten Vollarbeit zur Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeit-
gesetzes zu rechnen. Sie wird von einem Arbeitnehmer dann geleistet, wenn dieser während sei-
ner regelmäßigen Arbeitszeit keine volle, seine gesamte Aufmerksamkeit beanspruchende Tätig-
keit zu entfalten hat. Das BAG hat dies mit dem Ausdruck „Zeit wacher Aufmerksamkeit im Zu-
stand der Entspannung“ umschrieben (BAG 30.01.1985 – 7 AZR 446/82, DB 86, 232). Da bei Tä-
tigkeiten, die der Arbeitsbereitschaft zuzurechnen sind, nur eine geringe geistige und körperliche
Anforderung an den Arbeitnehmer gestellt wird, kann durch Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarif-
vertrags in einer Betriebsvereinbarung die tägliche Arbeitszeit auf über 10 Stunden hinaus verlän-
gert werden, wenn Arbeitsbereitschaft regelmäßig und in erheblichem Umfang anfällt (§ 7 Abs. 1
Nr. 1 a ArbZG). Folglich ist für die Abgrenzung zur Vollarbeit nicht die geschuldete Arbeitsleistung
entscheidend, sondern der Grad der Beanspruchung des Arbeitnehmers. Danach beurteilt sich
ausschließlich, ob eine Ausweitung der täglichen Arbeitszeit gerechtfertigt ist (BAG 28.01.1981 – 4
AZR 892/78, DB 81, 1195).
Beispiele für Arbeitsbereitschaft: auf Kunden wartendes Verkaufspersonal, Taxifahrer, Telefonis-
ten, soweit sie nur Gespräche vermitteln und von anderen Aufgaben freigestellt sind, Pförtner, die
das geschlossene Werkstor nur auf akustisches oder optisches Signal zu öffnen haben, Wachper-
sonal, das sich zur Abschreckung ohne weitere Kontrollaufgaben im Wachraum aufhält.
Vollarbeit hingegen erbringen z. B. Maschinenführer, die anhand von Schalttafeln oder auch unmit-
telbar den Maschinenlauf überwachen, Wachpersonal, das über Bildschirm vom Wachraum aus
Räume und Zugänge kontrolliert, Pförtner, die ein geöffnetes Werkstor im Auge behalten müssen.

2.4 Bereitschaftsdienst
Bereitschaftsdienst erbringt ein Arbeitnehmer, der sich außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit
an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten hat, um auf Abruf unverzüglich, d. h. ohne
schuldhafte Verzögerung im Sinne von § 121 BGB, seine Arbeit aufzunehmen. Mit dieser Ver-
pflichtung geht also eine Aufenthaltsbeschränkung einher, verbunden mit der Verpflichtung, bei
Bedarf tätig zu werden. Nach der jüngsten Rechtsprechung des EuGH ist jeder Bereitschafts-
dienst, der eine persönliche Anwesenheit des Arbeitnehmers in den Räumlichkeiten des Arbeitge-
bers erfordert, dem Rechtsbegriff der Arbeitszeit im Sinne der Richtlinie 93/104/EG zuzuordnen.
Mithin genügt eine Zuordnung des Bereitschaftsdienstes zur Ruhezeit im Sinne von § 5 ArbZG den
Anforderungen der europäischen Richtlinie nicht (EuGH vom 03.10.2000 – RsC-303/98-SIMAP,
NZA 2000, 1227). Der EuGH hat seine Rechtsprechung inzwischen bestätigt (Urteil vom 03.07.01-
Rs-C 241/99 Sergas, AuA 02, 355 u. EuGH Urteil vom 09.09.2003 – RsC 151/02). Als Folge dieser
Rechtsprechung des EuGH, die die bisherige Auffassung in Rechtsprechung und Literatur gravie-
rend änderte, sind auch die Änderungen des Arbeitszeitgesetzes durch die Agenda 2010 zu se-
hen. Denn es galt auf nationaler Ebene eine Anpassung an die Richtlinie 93/104/IG vorzunehmen
und nunmehr den Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit und nicht als Ruhezeit zu werten.

2.5 Rufbereitschaft

Rufbereitschaft verpflichtet den Arbeitnehmer, an einem selbst gewählten Aufenthaltsort, den er


dem Arbeitgeber anzuzeigen hat, erreichbar zu sein, um auf Abruf seine Arbeitstätigkeit alsbald
aufnehmen zu können. Für den Fall des Abrufs zur Arbeit gilt die Wegezeit als Arbeitszeit. Die
Rufbereitschaft wird selbst nicht als Arbeitszeit gewertet, sondern als Ruhezeit im Sinne des öf-
fentlich-rechtlichen Arbeitszeitrechts. Dies hat zur Folge, dass eine Anrechnung bei der Ermittlung
der Höchstarbeitszeit nicht erfolgen kann. Wird allerdings der Arbeitnehmer während der Ruf-
bereitschaft zur Arbeitsleistung herangezogen, so wird dadurch die Ruhezeit unterbrochen. Dem
Arbeitnehmer ist im Anschluss an die Vollarbeit während der Rufbereitschaft die ununterbrochene

-6- AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006


Ruhezeit nach § 5 Abs. 1 ArbZG zu gewähren. Folglich ist der Beginn der normalen täglichen
Arbeitszeit zu verschieben, solange die Ruhezeit noch nicht abgelaufen ist. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1
ArbZG gibt es jedoch die Möglichkeit, in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages in
einer Betriebsvereinbarung die Ruhezeit (§ 5 Abs. 1 ArbZG) bei der Rufbereitschaft den Beson-
derheiten des Dienstes anzupassen. Dabei ist insbesondere die Kürzung der Ruhezeit infolge von
Inanspruchnahmen, d. h. von Vollarbeit, während der Zeit der Rufbereitschaft zu anderen Zeiten
auszugleichen.
Die Beurteilung der Rufbereitschaft als Ruhezeit ist mit der Arbeitszeitrichtlinie 93/104/EG verein-
bar (EuGH 03.10.2000 – RsC-303/98, NZA 2000, 1227).

2.6 Nachtarbeit

Nachtarbeit gem. § 2 Abs. 4 ArbZG ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden Nachtzeit umfasst,
wobei § 2 Abs. 3 ArbZG als Nachtzeit die Zeit von 23:00 - 6:00 Uhr definiert. Nachtarbeitnehmer
erbringen normalerweise Nachtarbeit in der Wechselschicht (d. h. 3-Schicht-System). Arbeitneh-
mer hingegen, die als Springer nur gelegentlich zur Nachtarbeit herangezogen werden, sind keine
Nachtarbeitnehmer.

3 Höchstarbeitszeit

Als eine Grundnorm des ArbZG ist § 3 ArbZG anzusehen. Diese Bestimmung regelt die gesetz-
liche Höchstarbeitszeit in 2-facher Hinsicht:
– Die werktägliche Arbeitszeit darf grundsätzlich 8 Stunden nicht überschreiten.
– Sie kann auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb eines Ausgleichzeitraums
von 6 Monaten oder 24 Wochen die verlängerte Arbeitszeit auf durchschnittliche 8 Stunden
werktäglich ausgeglichen wird.
Über 10 Stunden hinaus kann nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG aufgrund tarifvertraglicher Regelung
lediglich dann gearbeitet werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang
Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt, oder in den Fällen der § 14, 15 ArbZG gearbeitet
wird. Unter werktäglicher Arbeitszeit ist der 24-stündige Arbeitstag des einzelnen Arbeitnehmers
zu verstehen. Beginnt der Arbeitstag des Arbeitnehmers z. B. an einem Werktag um 8 Uhr, so en-
det der Arbeitstag nach 24 Stunden am darauf folgenden Kalendertag um 8 Uhr. Innerhalb dieses
24-stündigen Zeitraums darf der Arbeitnehmer grundsätzlich nur für diese 8 Stunden beschäftigt
werden. Bei einem regelmäßigen Wechsel des Beginns der Arbeitszeit wechselt somit auch Be-
ginn und Ende des Arbeitstages des einzelnen Arbeitnehmers.
Aufgrund des Arbeitszeitgesetzes darf grundsätzlich kein Arbeitnehmer länger als 10 Stunden pro
Werktag beschäftigt werden. In diesem Zusammenhang ist darüber hinaus darauf hinzuweisen,
dass die Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern zusammenzurechnen sind (§ 2 Abs. 1 Satz 1
Halbsatz 2 ArbZG). Der Arbeitgeber, der einen Arbeitnehmer länger als 10 Stunden beschäftigt
oder Überschreitungen der 10-Stunden-Grenze duldet, handelt ordnungswidrig und kann mit einer
Geldbuße von bis zu 15.000 Euro bestraft werden (§ 22 ArbZG).

4 Ruhezeit

Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit ist dem Arbeitnehmer eine ununterbrochene Ruhezeit
von mind. 11 Stunden zu gewähren, § 5 Abs. 1 ArbZG. Dabei wird als Ruhezeit der Zeitraum ver-
standen, der zwischen dem Ende der täglichen Arbeitszeit und der Wiederaufnahme der Arbeit am
gleichen oder am nächsten Tag liegt. Jede Tätigkeit des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber im
Ruhezeitraum, also auch jede kurzzeitige, unterbricht die Ruhezeit. Es hat daher nach der Unter-
brechung eine neue, ununterbrochene Ruhezeit von mind. 11 Stunden zu beginnen.

AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006 -7-


Für den Fall der Rufbereitschaft, die nur in der Zeitspanne zwischen dem Ende und dem Beginn
der betriebsüblichen oder dienstplanmäßigen Arbeitszeit liegen kann, führt dies zu einer Kollision
mit dem gesetzlichen Beschäftigungsverbot aus § 5 Abs. 1 ArbZG, in dem Fall, wenn Rufbereit-
schaftsarbeit notwendig wird, bevor die 11-stündige Ruhezeit verstrichen ist. In Rechtsprechung
und Literatur wird dieses Problem jedoch nicht behandelt. Lediglich soll eine ununterbrochene 11-
stündige Ruhezeit nach Beendigung der Rufbereitschaft von neuem zu laufen beginnen (Ohne-
sorg: Arbeitszeitgesetz und Rufbereitschaft, PersR 1996, 414, 476). Würde man die Regelung des
§ 5 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz befolgen, so müsste Rufbereitschaftsarbeit vor Ablauf der 11-
stündigen Ruhezeit unterbleiben. Dieser Aspekt ist jedoch anscheinend aus Praktikabilitätsgrün-
den geopfert worden. Da das Arbeitszeitgesetz den Zweck des Gesundheitsschutzes des Arbeit-
nehmers verfolgt, wird jedoch einhellig die Meinung vertreten, dass nach Ende der Rufbereit-
schaftsarbeit die Ruhezeit von neuem beginnt. Denn Sinn und Zweck der Ruhezeit ist die Erholung
des Arbeitnehmers von der geleisteten und für die zu leistende Arbeit. Daher darf die Ruhezeit
auch nicht in Zeitabschnitte aufgeteilt werden, sondern muss in einem zusammenhängenden Zeit-
raum gewährt werden.
Die zuständige Aufsichtsbehörde kann gem. § 15 Abs. 1 Nr. 3 ArbZG jedoch eine von § 5 ArbZG
abweichende Dauer und Lage der Ruhezeit bewilligen, wenn der Arbeitnehmer Arbeitsbereitschaft,
Bereitschaftsdienst oder Rufbereitschaft leistet.
Ebenso kann gem. § 7 Abs. 1 Nr. 3 ArbZG in einem Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarif-
vertrages in einer Betriebsvereinbarung die Ruhezeit um bis zu 2 Stunden gekürzt werden,
wenn die Art der Arbeit dies erfordert und die Kürzung der Ruhezeit innerhalb eines festzu-
legenden Ausgleichszeitraumes ausgeglichen wird.
Weiterhin kann gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 ArbZG, sofern die Gesundheit des Arbeitnehmers nicht ge-
fährdet wird und ein entsprechender Zeitausgleich gewährleistet ist, in einem Tarifvertrag oder
aufgrund eines Tarifvertrages in einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden, dass abweichend
von § 5 Abs. 1 die Ruhezeiten bei Rufbereitschaft den Besonderheiten des Dienstes angepasst
werden können, insbesondere Kürzungen der Ruhezeiten infolge von Inanspruchnahmen während
des Dienstes zu anderen Zeiten auszugleichen sind.
Ein Beispiel hierzu ist im Anhang 2 wiedergegeben. Es wird empfohlen, die getroffene Regelung
mit der zuständigen Aufsichtsbehörde (z. B. Gewerbeaufsichtsamt) informell abzustimmen.

5 Außergewöhnliche Fälle, § 14 ArbZG

Bei vorübergehenden Arbeiten in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen, die unabhängig vom
Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, wird
durch § 14 ArbZG die Geltung bestimmter Vorschriften des ArbZG ausgeschlossen. An das Vor-
liegen der Voraussetzungen des § 14 ArbZG sind strenge Anforderungen zu stellen, denn obwohl
diese Vorschrift dem Arbeitgeber weit reichende Befugnisse einräumt, hat auch § 14 ArbZG eine
Schutzfunktion für den Arbeitnehmer. Daher ist der Arbeitgeber beweispflichtig hinsichtlich des
Vorliegens der Voraussetzungen und er trägt die bußgeld- und strafrechtliche Verantwortung. In
diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass dem Arbeitgeber eine gewisse wirtschaft-
liche Einbuße in Notsituationen immer zumutbar ist. § 14 ArbZG enthält Ausnahmeregelungen im
Bezug auf die Dauer der Arbeitszeit, arbeitsfreie Zeiten und Ruhepausen, Nachtarbeit sowie Sonn-
und Feiertagsarbeit für Notfälle und andere außergewöhnliche Fälle. Dabei ist es nicht erforderlich,
dass die Auswirkungen der besonderen Ereignisse beim Arbeitgeber auftreten, sie können auch
einen Kunden betreffen. Daher wird im Gesetzestext auch allgemein von „Betroffenen“ gespro-
chen.
Unter einem Notfall ist eine plötzliche, nicht vorhersehbar gewesene und schwerwiegende Situati-
on zu verstehen, die zur Verhinderung nicht wiedergutzumachender Schäden zu unaufschieb-
baren Maßnahmen zwingt. Notfälle sind z. B. alle Fälle höherer Gewalt. Darunter sind Naturereig-
nisse wie Erdbeben, Überschwemmungen, Stürme, Brände, Hagelschlag etc. zu verstehen.

-8- AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006


Außerdem fallen darunter andere elementare Ereignisse, wie insbesondere Explosionen, Wasser-
einbrüche etc. und unabwendbare Zufälle, wie beispielsweise der Einsturz von Gebäuden, uner-
wartete Verkehrsstörungen (Zmarzlik/Anzinger, Kommentar zum Arbeitszeitgesetz, 1995). Ein
Verschieben der Arbeit auf einen anderen Zeitpunkt darf nicht in Betracht kommen (BAG vom
13.07.1977, DB 1977, 2235). Das Vorliegen eines Notfalls wurde abgelehnt bei vermehrtem
Arbeitsanfall zu Pfingsten, bei verspätetem Eintreffen von Transportmitteln, bei Auftragsballung
wegen mangelnder Kapazität.
Außergewöhnliche Fälle treten unabhängig vom Willen des Betroffenen ein. Sie werden nicht
planmäßig oder fahrlässig herbeigeführt. Es handelt sich um ein besonderes Ereignis. Ihrer Art
nach müssen sie jedoch vorübergehender Natur sein. Der Schaden, der einen Rückgriff auf die
Regelung des § 14 ArbZG erlaubt, muss unverhältnismäßig und kann technischer oder wirtschaft-
licher Art sein. Als Beispiel kommen in Betracht: Maschinenausfall, Computerausfall, Lüftungs-
defekt, Kabel- oder Rohrbrüche. Sämtliche Arbeiten, die im Rahmen des § 14 ArbZG zu erbringen
sind, dürfen allein der Beseitigung des Notfalls bzw. des außergewöhnlichen Falls dienen.
Zusammenfassend kann nochmals festgehalten werden, dass es sich nicht um Notfälle bzw. au-
ßergewöhnliche Fälle handelt, wenn die Ereignisse als Folge von fehlerhaften Entscheidungen des
Arbeitgebers und von Organisationsmängeln in dessen Verantwortungsbereich auftreten und wenn
die Ereignisse mit einer gewissen Regelmäßigkeit oder in gewissen Abständen auftreten.
Gem. § 14 Abs. 2 ArbZG darf von den §§ 3 – 5, 6 Abs. 2, §§ 7, 11 Abs. 1 – 3 und § 12 abgewichen
werden, wenn erstens eine verhältnismäßig geringe Zahl von Arbeitnehmern vorübergehend mit
Arbeiten beschäftigt wird, deren Nichterledigung das Ergebnis der Arbeiten gefährden oder einen
unverhältnismäßigen Schaden zur Folge haben würden. Dies setzt jedoch voraus, dass dem
Arbeitgeber in einer solchen Situation andere Maßnahmen technischer oder organisatorischer Art,
wie z. B. der Heranziehung von weiteren Maschinen oder von Ersatzkräften nicht zumutbar sind.
Die Frage, ob es sich um eine verhältnismäßig geringe Zahl der eingesetzten Arbeitnehmer han-
delt, ist im Verhältnis zur Gesamtbelegschaft des Betriebes zu sehen. Ein Schaden wird als unver-
hältnismäßig gewertet, wenn die wirtschaftlichen Konsequenzen, z. B. Produktionsausfall mit der
Folge von Vertragsstrafen oder Kundenverlust, für den Betrieb gravierend sind.
Von den vorgenannten Vorschriften kann gem. § 14 Abs. 2 Ziff. 2 ArbZG weiterhin bei sog. Vor-
und Abschlussarbeiten abgewichen werden. Hierunter sind alle Arbeiten zur Reinigung und In-
standhaltung zu verstehen, soweit sich diese Arbeiten nicht während des regelmäßigen Betriebes
ohne Unterbrechung oder erhebliche Störung ausführen lassen. Es muss sich somit um sog. typi-
sche Ergänzungsarbeiten handeln, die aus betrieblichen und arbeitstechnischen Gründen nicht
mehr innerhalb des eigentlichen Produktionsvorgangs erledigt werden können.
Arbeiten, die von der Regelung des § 14 ArbZG gedeckt sind, müssen vorübergehend sein. Für
die Inanspruchnahme des § 14 ArbZG kommen somit nur wenige Tage des Jahres in Frage, auch
wenn gelegentlich die Notarbeiten an mehreren Tagen hintereinander ausgeführt werden können.
Dies ist seit dem 1. Januar 2004 durch § 14 Abs. 3 ArbZG auch gesetzlich festgelegt. Wird nämlich
von den Befugnissen des § 14 Abs. 1 oder 2 Gebrauch gemacht, so darf die Arbeitszeit 48 Stun-
den wöchentlich im Durchschnitt von 6 Monaten oder 24 Wochen nicht überschreiten.
Ist absehbar, dass die Arbeiten länger andauern, so ist die Einholung einer Ausnahmegenehmi-
gung zumutbar. Dies zeigt deutlich, dass es sich bei dieser Gesetzesregelung um eine Ausnah-
meregelung handelt.
Die Regelung darf nicht dazu missbraucht werden, notwendiges Personal einzusparen. In diesem
Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich für Arbeiten im Rahmen des § 14
ArbZG die Zustimmung des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz
(BetrVG) oder des Personalrates nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 Bundespersonalvertretungsgesetz
(BPersVG) erforderlich ist, da die betriebsübliche Arbeitszeit vorübergehend verlängert wird.

AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006 -9-


6 Tarifvertragliche Regelungen

Wie bereits oben verschiedentlich angesprochen, können Änderungen der Ruhezeiten und der
Arbeitszeit auch durch Tarifvertrag oder aufgrund eines Tarifvertrages in einer Betriebsvereinba-
rung geändert werden (§§ 7, 12, 25 ArbZG), da das ArbZG tarifdispositives Recht darstellt.
So enthält beispielsweise der Bundes-Angestellten-Tarifvertrag (BAT) Regelungen hinsichtlich des
zeitlichen Umfangs der Arbeitsleistung, ergänzt durch Sonderregelungen für spezifische Arbeit-
nehmergruppen.
Dies gilt auch für den Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter gemeindlicher Ver-
waltungen und Betriebe (BMT-G II), in dessen Geltungsbereich in erheblichem Umfang Rufbereit-
schaft anfällt.

7 Aufsichtsbehörde

Aufsichtsbehörde gem. § 17 ArbZG ist das jeweilige Gewerbeaufsichtsamt. Dieser Behörde obliegt
die Kontrolle des Arbeitnehmerschutzes. Die Aufsichtsbehörde entscheidet auch im Rahmen des
§ 15 ArbZG darüber, ob Ausnahmegenehmigungen zur Abweichung von den Vorgaben des
Arbeitszeitgesetzes erteilt werden. Die Aufsichtsbehörde kann über die im ArbZG vorgesehenen
Ausnahmen hinaus weitergehende Ausnahmen zulassen, soweit sie im öffentlichen Interesse
dringend nötig werden (§ 15 ArbZG Abs. 2). Im öffentlichen Interesse ist dann eine Ausnahme
nötig, wenn ohne die Ausnahmegenehmigung der Allgemeinheit oder einem erheblichen Teil der
Bevölkerung ein nicht nur geringfügiger Schaden droht. Eine solche Notwendigkeit für eine Bewilli-
gung nach § 15 ArbZG Abs. 2 kommt hinsichtlich der Versorgung mit Strom, Gas und Wasser
(Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 1998, Wank, § 15 RN 8 ArbZG) sowie mit Fernwärme in
Betracht.
Zu beachten ist jedoch, dass selbst dann, wenn die Aufsichtsbehörde einer Abänderung der Ar-
beitszeit zustimmt, gem. § 15 Abs. 4 ArbZG die Arbeitszeit 48 Std. wöchentlich im Durchschnitt
von 6 Kalendermonaten oder 24 Wochen nicht überschreiten darf.

8 Fallbeispiele

Im Folgenden sollen einige typische Situationen beispielhaft erörtert werden. Es wird darauf hin-
gewiesen, dass die hier gegebenen Lösungen und rechtlichen Einordnungen sich nicht zwingend
auf andere Fälle übertragen lassen. Es hat immer eine Prüfung des konkreten Einzelfalles zu er-
folgen. Dies resultiert schon allein daraus, dass im vorliegenden Fall lediglich das Arbeitszeit-
gesetz herangezogen werden kann, in der Praxis jedoch vielfach tarifvertragliche Regelungen und
Betriebsvereinbarungen aufgrund von Tarifverträgen eine andere Ausgangslage schaffen können.

8.1 Einsatz bei Rufbereitschaft

Kollege Mustermann hat Rufbereitschaft. Er stempelt um 6:30 Uhr ein und beendet seine Arbeit
um 16:00 Uhr. Er hat somit 9 Stunden gearbeitet (Ruhepause 30 Minuten). Um 21:30 wird Herr
Mustermann zu einer Störung an einer Fernwärmeanlage gerufen. Diese Störung ist etwas um-
fangreicher und wird ca. 3 Stunden andauern.
Unter Anwendung des Arbeitszeitgesetzes darf im vorliegenden Fall Herr Mustermann noch 1
Stunde an der Beseitigung der Störung arbeiten. Danach wäre er durch einen Kollegen abzulösen.
Aus der Sachverhaltsdarstellung lässt sich nämlich nicht entnehmen, dass ein Fall des § 14 ArbZG
gegeben ist und eine extreme Notfallsituation zu unterstellen ist. Im Falle der Rufbereitschaft sollte
darauf geachtet werden, dass der Arbeitnehmer nicht länger als die normal übliche Arbeitszeit von
8 Stunden täglich arbeitet.

- 10 - AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006
Soweit in den Betrieben Gleitzeitregelungen vereinbart sind, ist es auch denkbar, dass der Arbeit-
geber von seinem Weisungsrecht Gebrauch macht und für den Fall der Rufbereitschaft anordnet,
dass in Phasen der Rufbereitschaft die normale Arbeitszeit u. U. auf 6 bzw. 6,5 Stunden reduziert
wird (s. Anhang 3 „Zweischichtenmodell bei Rufbereitschaft mit reduziertem Normaldienst“).

8.2 Geplante Arbeiten

Beispiel 1
Während einer geplanten Umschlussarbeit, die um 8:00 Uhr begonnen hat, stellt sich gegen 13
Uhr heraus, dass die Arbeiten nicht innerhalb der nächsten 4 Stunden zu schaffen sind. Durch
unvorhersehbare Ereignisse werden die Arbeiten voraussichtlich bis 23:00 Uhr andauern.
Der Gesamteinsatz dauert mithin 15 Stunden. Ein Notfall des § 14 ArbZG liegt nicht vor, da früh-
zeitig zu erkennen ist, dass die geplanten Arbeiten die werktägliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers
von 8 Stunden (§ 3 ArbZG) um nahezu das Doppelte überschreiten werden; folglich ist für eine
Ablösung der betroffenen Arbeitnehmer zu sorgen. Die eingesetzten Arbeitnehmer haben daher
unverzüglich ihren Vorgesetzten über die Situation in Kenntnis zu setzen.

Beispiel 2
Es sind Arbeiten an Fernwärmeleitungen durchzuführen. Die Arbeiten können nur in den späten
Abend- und Nachtstunden erfolgen. Sie beginnen mit dem Abstellen um 21:00 Uhr und enden am
darauf folgenden Tag mit dem Anstellen der Anlage um 3:30 Uhr. Die eigentlichen Arbeiten wer-
den von einer Fremdfirma durchgeführt. Die Anwesenheit von zwei Arbeitern ist jedoch erforderlich
zur zusätzlichen Absicherung.
Da es sich hierbei um planbare Arbeiten an Fernwärmeleitungen handelt, verschiebt sich die Ar-
beitszeit der betroffenen Arbeitnehmer betriebsbedingt von der normal üblichen Tageszeit in die
Nachtzeit. Eine Beschäftigung am Tage ist daher zu vermeiden, da anderenfalls auch die werktäg-
liche Arbeitszeit des Arbeitnehmers überschritten wird.

Beispiel 3
Geplante Motorrevision im Blockheizkraftwerk (Versorgung eines Krankenhauses)
y Geplante Zeit: 12 Stunden
y Abwicklung über verschobene Arbeitszeit, innerhalb der Kernzeit.
1. Arbeitsteam: Dienstag, 06:00 h bis 15:00 h (inkl. Pause)
2. Arbeitsteam: Dienstag, 12:00 h bis 20:00 h (inkl. Pause)
Bei der Arbeitsübergabe von Team 1 zu 2 kommt es durch ein „Versehen“ zu einem Kurzschluss
in der 24 V Batterie-Versorgung des BHKW. Hieraus resultiert ein Gesamtausfall des BHKW und
damit auch der wärmetechnischen Versorgung des Krankenhauses.
Zur Abwicklung der Störung wird zusätzlich das Team 1 benötigt, wodurch es zu einer Über-
schreitung der max. Arbeitszeit von 10 h kommt.
Team 1 beendet seine Arbeit um 18:00 h, Team 2 – wie geplant – um 20:00 h.
Team 1 hat 12 Stunden gearbeitet und damit die zulässige Höchstarbeitszeit von 10 Stunden
überschritten.
Im Rahmen der geplanten Arbeiten kommt es zu einer außergewöhnlichen Situation. Außerge-
wöhnliche Fälle im Rahmen des § 14 ArbZG dürfen jedoch nicht fahrlässig herbeigeführt werden.
War das „Versehen“ nicht auf Fahrlässigkeit zurückzuführen, so wird man die längere Arbeitszeit
über § 14 ArbZG rechtfertigen können. Da weiterhin auch die Versorgung eines Krankenhauses
unterbrochen worden wäre, kann dies als weiterer Aspekt für die Rechtfertigung eines Ausnahme-

AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006 - 11 -
falles gem. § 14 ArbZG herangezogen werden. Soweit weiteres Personal zur Verfügung steht, ist
aber dieses vorrangig einzusetzen.

Beispiel 4
Verlängerung der Arbeitszeit über 10 Std. hinaus gemäß §§ 7 und 12 ArbZG; hier: geplante Ein-
bindung einer Fernwärmeleitung nach Reparaturmaßnahmen
Die Fernwärmemonteure x und y machen vorbereitende Arbeiten für die bevorstehende Einbin-
dung, schalten die Leitung ab und führen die Entleerung des Leitungsabschnittes aus. Die Ab-
schaltung und Entleerung dauert aufgrund von nicht erwarteten Dichtproblemen 3 Std. statt 2 Std.
zwischen 19:00 Uhr und 22:00 Uhr.
Die eigentliche Reparatur an der frei geschalteten Leitung wird von einer Fremdfirma in der ge-
planten Zeit von 7 Std. bis 5:00 Uhr durchgeführt.
Für die Reparatur sind noch Hilfstätigkeiten während 2 Std. vorgesehen, Somit entsteht für die
Monteure x und y eine Wartezeit von ca. 5 Stunden, die als Arbeitsbereitschaft bzw. Bereitschafts-
dienst anzusehen ist, da die Monteure vor Ort bleiben, die Bereitschaft für einen Störungseinsatz
innerhalb der Baumaßnahme darstellen und auf die Fertigstellung des Fremdfirmeneinsatzes war-
ten, um ihre Arbeit des Füllens der Leitung danach aufnehmen zu können.
Das Füllen und die Wiederinbetriebnahme werden durch die Fernwärmemonteure x und y von 5:00
Uhr bis 7:00 Uhr vorgenommen.
Somit ergeben sich 12 Stunden Arbeitszeit inkl. Arbeitsbereitschaft und Pausen.
Der Austausch der Fernwärmemonteure x und y und des zuständigen Koordinators wäre mit ei-
nem erheblichen zeitlichen und organisatorischen Aufwand für die gesamte Reparaturmaßnahme
verbunden. Schlimmstenfalls führt der Abbruch der Maßnahme zu weitreichenden, kaum hin-
nehmbaren Versorgungsausfällen.
Die eingesetzten Monteure feiern am darauffolgenden Arbeitstag ihre Überstunden ab und kom-
men nicht zum Arbeitseinsatz. Die Einhaltung der regulären Ruhezeit ist damit gewährleistet.
Es ist formal eine Betriebsvereinbarung oder einen Tarifvertrag, der die abweichenden Regelun-
gen nach §§ 7 und 12 ArbZG zulässt, erforderlich.

Quellen
„Arbeitszeitgesetz, Kurzer Leitfaden mit Rechtsvorschriften“ aus NRW
http://www.brk.nrw.de/brk_internet/organisation/abteilung05/dezernat_56/arbeitszeit/arbeitszeitges
etz_leitfaden.pdf
„Durchführung der Arbeitszeitgesetzes“; Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit
und Soziales des Landes NRW vom 3.März 2008 (II A 2 – 8435.4.11)
http://www.arbeitsschutz.nrw.de/bp/good_practice/ArbeitsorganisationArbeitszeit/downloadArbeitsz
eit/durchfuehr_arbzg_030308.pdf

8.3 Notfall

In einem EVU müssen gegen 17:30 Uhr große Mengen Wasser ins Fernwärmenetz gepumpt wer-
den, um den Druck halten zu können. Die Fernwärmeleitwarte registriert einen starken Druckabfall
in einem Teil des Versorgungsgebietes. Der informierte Störungsdienstmonteur stellt am Scha-
densort starke Dampfentwicklung fest, heißes Wasser dringt aus dem Kopfsteinpflaster und läuft
am Straßenrand zu den nächstgelegenen Regenwassereinläufen. Eine wichtige Versorgungs-
leitung der Dimension DN 350 ist undicht. Die Straße ist unterspült, sodass dieser Bereich groß-

- 12 - AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006
flächig abgesperrt werden muss; eine Polizeistreife unterstützt den Monteur bei der Straßenab-
sperrung. Der Monteur benachrichtigt umgehend den Rufbereitschaftsleiter und Rufbereitschafts-
monteure. Da absehbar ist, dass mehr als drei Monteure benötigt werden, ruft der Störungs-
dienstmonteur noch drei weitere Kollegen und den zuständigen Meister zur Hilfe. Parallel wird die
Tiefbaufirma benachrichtigt, um Tiefbau- und weitere Absperrarbeiten durchzuführen. Die Tiefbau-
arbeiten können, nachdem der betroffene Rohrleitungsabschnitt abgestellt ist, gegen 19:30 Uhr
beginnen. Der Schaden wird gegen 22:30 genau lokalisiert. Der Meister entscheidet, zunächst nur
eine provisorische Abdichtung der Leitung (mittels aufgeschweißter Halbschale) vorzunehmen.
Weitere noch notwendige Arbeiten sollen als geplante Arbeiten in den nächsten Tagen durchge-
führt werden.
Während der Schweißarbeiten, die von eigenem Personal durchgeführt werden, können sich die
anderen Kollegen ausruhen. Die Schweißarbeiten dauern von ca. 23:00 – 02:30 Uhr an. Anschlie-
ßend wird der Rohrleitungsabschnitt wieder in Betrieb genommen, die Baustelle gesichert und
aufgeräumt. Erst gegen 05:00 Uhr sind mit dem Abstellen der eingesetzten Fahrzeuge im Werk die
gesamten Arbeiten abgeschlossen. Alle Kollegen, mit Ausnahme des Störungsmonteurs auf der
Baustelle, haben bereits 7,5 bis 8 Stunden im Tagesdienst gearbeitet und nach einer Arbeitsunter-
brechung von rd. 3 Stunden (ca. 15:00 bis 18:00 Uhr) weitere 11 Stunden.
Hier handelt es sich um einen Notfall im Sinne des § 14 ArbZG. Die Sachlage ist zunächst unklar
und es besteht die Gefahr von Personenschäden. Da die Sicherungsarbeiten sowie die ersten
provisorischen Reparaturen diesen Zeitaufwand (und die geschilderte Anzahl an Mitarbeitern) er-
forderlich machen, wird in diesem Beispiel die Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit
von 10 Stunden von der Ausnahmeregelung gedeckt sein.

AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006 - 13 -
Anhang 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG)

vom 6. Juni 1994 (BGBl. I S. 1170), zuletzt geändert durch Art. 4b


des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003
(BGBl. I S. 3002; in Kraft getreten am 1. Januar 2004)
(Hinweis: Verbindlich ist allein der im
Bundesgesetzblatt Teil I veröffentlichte Gesetzestext)

Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften

§ 1 Zweck des Gesetzes


Zweck des Gesetzes ist es,
1. die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitgestaltung zu
gewährleisten und die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten zu verbessern sowie
2. den Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seeli-
schen Erhebung der Arbeitnehmer zu schützen.

§ 2 Begriffsbestimmungen
(1) 1Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne
die Ruhepausen; Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern sind zusammenzurechnen. 2Im Berg-
bau unter Tage zählen die Ruhepausen zur Arbeitszeit.
(2) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Be-
rufsbildung Beschäftigten.
(3) Nachtzeit im Sinne dieses Gesetzes ist die Zeit von 23 bis 6 Uhr, in Bäckereien und Kondito-
reien die Zeit von 22 bis 5 Uhr.
(4) Nachtarbeit im Sinne dieses Gesetzes ist jede Arbeit, die mehr als zwei Stunden der Nachtzeit
umfasst.
(5) Nachtarbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeitnehmer, die
1. auf Grund ihrer Arbeitszeitgestaltung normalerweise Nachtarbeit in Wechselschicht zu leisten
haben oder
2. Nachtarbeit an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr leisten.

Zweiter Abschnitt Werktägliche Arbeitszeit und arbeitsfreie Zeiten

§ 3 Arbeitszeit der Arbeitnehmer


1Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten. 2Sie kann
auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder
innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden.

§ 4 Ruhepausen
1Die Arbeit ist durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer
Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr
als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen. 2Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitab-
schnitte von jeweils mindestens 15 Minuten aufgeteilt werden. 3Länger als sechs Stunden hinter-
einander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.

§ 5 Ruhezeit
(1) Die Arbeitnehmer müssen nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene
Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben.
(2) Die Dauer der Ruhezeit des Absatzes 1 kann in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen
zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen, in Gaststätten und anderen Einrichtungen
zur Bewirtung und Beherbergung, in Verkehrsbetrieben, beim Rundfunk sowie in der Landwirt-
schaft und in der Tierhaltung um bis zu eine Stunde verkürzt werden, wenn jede Verkürzung der

- 14 - AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006
Ruhezeit innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von vier Wochen durch Verlängerung
einer anderen Ruhezeit auf mindestens zwölf Stunden ausgeglichen wird.
(3) Abweichend von Absatz 1 können in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behand-
lung, Pflege und Betreuung von Personen Kürzungen der Ruhezeit durch Inanspruchnahmen wäh-
rend der Rufbereitschaft, die nicht mehr als die Hälfte der Ruhezeit betragen, zu anderen Zeiten
ausgeglichen werden.
(4) Soweit Vorschriften der Europäischen Gemeinschaften für Kraftfahrer und Beifahrer geringere
Mindestruhezeiten zulassen, gelten abweichend von Absatz 1 diese Vorschriften.

§ 6 Nacht- und Schichtarbeit


(1) Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissen-
schaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen.
(2) 1Die werktägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht überschreiten.
2Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn abweichend von § 3 innerhalb
von einem Kalendermonat oder innerhalb von vier Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäg-
lich nicht überschritten werden. 3Für Zeiträume, in denen Nachtarbeitnehmer im Sinne des § 2
Abs. 5 Nr. 2 nicht zur Nachtarbeit herangezogen werden, findet § 3 Satz 2 Anwendung.
(3) 1Nachtarbeitnehmer sind berechtigt, sich vor Beginn der Beschäftigung und danach in regel-
mäßigen Zeitabständen von nicht weniger als drei Jahren arbeitsmedizinisch untersuchen zu las-
sen. 2Nach Vollendung des 50. Lebensjahres steht Nachtarbeitnehmern dieses Recht in Zeitab-
ständen von einem Jahr zu. 3Die Kosten der Untersuchungen hat der Arbeitgeber zu tragen, so-
fern er die Untersuchungen den Nachtarbeitnehmern nicht kostenlos durch einen Betriebsarzt oder
einen überbetrieblichen Dienst von Betriebsärzten anbietet.
(4) 1Der Arbeitgeber hat den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigne-
ten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn
a) nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitneh-
mer in seiner Gesundheit gefährdet oder
b) im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im
Haushalt lebenden Person betreut werden kann, oder
c) der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von
einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann, sofern dem nicht drin-
gende betriebliche Erfordernisse entgegenstehen. 2Stehen der Umsetzung des Nachtarbeitneh-
mers auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz nach Auffassung des Arbeitgebers dringende
betriebliche Erfordernisse entgegen, so ist der Betriebs- oder Personalrat zu hören. 3Der Betriebs-
oder Personalrat kann dem Arbeitgeber Vorschläge für eine Umsetzung unterbreiten.
(5) Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem
Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene
Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende
Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.
(6) Es ist sicherzustellen, dass Nachtarbeitnehmer den gleichen Zugang zur betrieblichen Weiter-
bildung und zu aufstiegsfördernden Maßnahmen haben wie die übrigen Arbeitnehmer.

§ 7 Abweichende Regelungen
(1) In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinba-
rung kann zugelassen werden,
1. abweichend von § 3
a) die Arbeitszeit über zehn Stunden werktäglich zu verlängern, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig
und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt,
b) einen anderen Ausgleichszeitraum festzulegen,
2. abweichend von § 4 Satz 2 die Gesamtdauer der Ruhepausen in Schichtbetrieben und Ver-
kehrsbetrieben auf Kurzpausen von angemessener Dauer aufzuteilen,
3. abweichend von § 5 Abs. 1 die Ruhezeit um bis zu zwei Stunden zu kürzen, wenn die Art der
Arbeit dies erfordert und die Kürzung der Ruhezeit innerhalb eines festzulegenden Ausgleichszeit-
raums ausgeglichen wird,

AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006 - 15 -
4. abweichend von § 6 Abs. 2
a) die Arbeitszeit über zehn Stunden werktäglich hinaus zu verlängern, wenn in die Arbeitszeit
regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt,
b) einen anderen Ausgleichszeitraum festzulegen,
5. den Beginn des siebenstündigen Nachtzeitraums des § 2 Abs. 3 auf die Zeit zwischen 22 und
24 Uhr festzulegen.
(2) Sofern der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer durch einen entsprechenden Zeitausgleich
gewährleistet wird, kann in einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs-
oder Dienstvereinbarung ferner zugelassen werden,
1. abweichend von § 5 Abs. 1 die Ruhezeiten bei Rufbereitschaft den Besonderheiten dieses
Dienstes anzupassen, insbesondere Kürzungen der Ruhezeit infolge von Inanspruchnahmen wäh-
rend dieses Dienstes zu anderen Zeiten auszugleichen,
2. die Regelungen der §§ 3, 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 in der Landwirtschaft der Bestellungs- und
Erntezeit sowie den Witterungseinflüssen anzupassen,
3. die Regelungen der §§ 3, 4, 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 bei der Behandlung, Pflege und Betreuung
von Personen der Eigenart dieser Tätigkeit und dem Wohl dieser Personen entsprechend anzu-
passen,
4. die Regelungen der §§ 3, 4, 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 bei Verwaltungen und Betrieben des Bun-
des, der Länder, der Gemeinden und sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öf-
fentlichen Rechts sowie bei anderen Arbeitgebern, die der Tarifbindung eines für den öffentlichen
Dienst geltenden oder eines im wesentlichen inhaltsgleichen Tarifvertrags unterliegen, der Eigen-
art der Tätigkeit bei diesen Stellen anzupassen.
(2a) In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstverein-
barung kann abweichend von den §§ 3, 5 Abs. 1 und 6 Abs. 2 zugelassen werden, die werktägli-
che Arbeitszeit auch ohne Ausgleich über acht Stunden zu verlängern, wenn in die Arbeitszeit re-
gelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fällt und durch
besondere Regelungen sichergestellt wird, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet
wird.
(3) 1Im Geltungsbereich eines Tarifvertrags nach Absatz 1, 2 oder 2a können abweichende tarif-
vertragliche Regelungen im Betrieb eines nicht tarifgebundenen Arbeitgebers durch Betriebs- oder
Dienstvereinbarung oder, wenn ein Betriebs- oder Personalrat nicht besteht, durch schriftliche
Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer übernommen werden. 2Können
auf Grund eines solchen Tarifvertrags abweichende Regelungen in einer Betriebs- oder Dienstver-
einbarung getroffen werden, kann auch in Betrieben eines nicht tarifgebundenen Arbeitgebers da-
von Gebrauch gemacht werden. 3Eine nach Absatz 2 Nr. 4 getroffene abweichende tarifvertragli-
che Regelung hat zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern Geltung, wenn
zwischen ihnen die Anwendung der für den öffentlichen Dienst geltenden tarifvertraglichen Be-
stimmungen vereinbart ist und die Arbeitgeber die Kosten des Betriebs überwiegend mit Zuwen-
dungen im Sinne des Haushaltsrechts decken.
(4) Die Kirchen und die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften können die in Absatz 1, 2
oder 2a genannten Abweichungen in ihren Regelungen vorsehen.
(5) In einem Bereich, in dem Regelungen durch Tarifvertrag üblicherweise nicht getroffen werden,
können Ausnahmen im Rahmen des Absatzes 1, 2 oder 2a durch die Aufsichtsbehörde bewilligt
werden, wenn dies aus betrieblichen Gründen erforderlich ist und die Gesundheit der Arbeitneh-
mer nicht gefährdet wird.
(6) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Aus-
nahmen im Rahmen des Absatzes 1 oder 2 zulassen, sofern dies aus betrieblichen Gründen er-
forderlich ist und die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird.
(7) 1Auf Grund einer Regelung nach Absatz 2a oder den Absätzen 3 bis 5 jeweils in Verbindung
mit Absatz 2a darf die Arbeitszeit nur verlängert werden, wenn der Arbeitnehmer schriftlich einge-
willigt hat. 2Der Arbeitnehmer kann die Einwilligung mit einer Frist von sechs Monaten schriftlich
widerrufen. 3Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer nicht benachteiligen, weil dieser die Einwilli-
gung zur Verlängerung der Arbeitszeit nicht erklärt oder die Einwilligung widerrufen hat.

- 16 - AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006
(8) 1Werden Regelungen nach Absatz 1 Nr. 1 und Nr. 4, Absatz 2 Nr. 2 bis 4 oder solche Rege-
lungen auf Grund der Absätze 3 und 4 zugelassen, darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im
Durchschnitt von zwölf Kalendermonaten nicht überschreiten. 2Erfolgt die Zulassung auf Grund
des Absatzes 5, darf die Arbeitszeit 48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von sechs Kalender-
monaten oder 24 Wochen nicht überschreiten.
(9) Wird die werktägliche Arbeitszeit über zwölf Stunden hinaus verlängert, muss im unmittelbaren
Anschluss an die Beendigung der Arbeitszeit eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden gewährt
werden.

§ 8 Gefährliche Arbeiten
1Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für einzel-
ne Beschäftigungsbereiche, für bestimmte Arbeiten oder für bestimmte Arbeitnehmergruppen, bei
denen besondere Gefahren für die Gesundheit der Arbeitnehmer zu erwarten sind, die Arbeitszeit
über § 3 hinaus beschränken, die Ruhepausen und Ruhezeiten über die §§ 4 und 5 hinaus aus-
dehnen, die Regelungen zum Schutz der Nacht- und Schichtarbeitnehmer in § 6 erweitern und die
Abweichungsmöglichkeiten nach § 7 beschränken, soweit dies zum Schutz der Gesundheit der
Arbeitnehmer erforderlich ist. 2Satz 1 gilt nicht für Beschäftigungsbereiche und Arbeiten in Betrie-
ben, die der Bergaufsicht unterliegen.

Dritter Abschnitt Sonn- und Feiertagsruhe

§ 9 Sonn- und Feiertagsruhe


(1) Arbeitnehmer dürfen an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt
werden.
(2) In mehrschichtigen Betrieben mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht kann Beginn oder Ende
der Sonn- und Feiertagsruhe um bis zu sechs Stunden vor- oder zurückverlegt werden, wenn für
die auf den Beginn der Ruhezeit folgenden 24 Stunden der Betrieb ruht.
(3) Für Kraftfahrer und Beifahrer kann der Beginn der 24stündigen Sonn- und Feiertagsruhe um
bis zu zwei Stunden vorverlegt werden.

§ 10 Sonn- und Feiertagsbeschäftigung


(1) Sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können, dürfen Arbeitnehmer an
Sonn- und Feiertagen abweichend von § 9 beschäftigt werden
1. in Not- und Rettungsdiensten sowie bei der Feuerwehr,
2. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Funktionsfähigkeit von
Gerichten und Behörden und für Zwecke der Verteidigung,
3. in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Per-
sonen,
4. in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung sowie im Haushalt,
5. bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen, Filmvorführungen, Schaustellungen, Darbietun-
gen und anderen ähnlichen Veranstaltungen,
6. bei nichtgewerblichen Aktionen und Veranstaltungen der Kirchen, Religionsgesellschaften, Ver-
bände, Vereine, Parteien und anderer ähnlicher Vereinigungen,
7. beim Sport und in Freizeit-, Erholungs- und Vergnügungseinrichtungen, beim Fremdenverkehr
sowie in Museen und wissenschaftlichen Präsenzbibliotheken,
8. beim Rundfunk, bei der Tages- und Sportpresse, bei Nachrichtenagenturen sowie bei den der
Tagesaktualität dienenden Tätigkeiten für andere Presseerzeugnisse einschließlich des Austra-
gens, bei der Herstellung von Satz, Filmen und Druckformen für tagesaktuelle Nachrichten und
Bilder, bei tagesaktuellen Aufnahmen auf Ton- und Bildträger sowie beim Transport und Kommis-
sionieren von Presseerzeugnissen, deren Ersterscheinungstag am Montag oder am Tag nach ei-
nem Feiertag liegt,
9. bei Messen, Ausstellungen und Märkten im Sinne des Titels IV der Gewerbeordnung sowie bei
Volksfesten,

AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006 - 17 -
10. in Verkehrsbetrieben sowie beim Transport und Kommissionieren von leichtverderblichen Wa-
ren im Sinne des § 30 Abs. 3 Nr. 2 der Straßenverkehrsordnung,
11. in den Energie- und Wasserversorgungsbetrieben sowie in Abfall- und Abwasserentsorgungs-
betrieben,
12. in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung sowie in Einrichtungen zur Behandlung und Pflege
von Tieren,
13. im Bewachungsgewerbe und bei der Bewachung von Betriebsanlagen,
14. bei der Reinigung und Instandhaltung von Betriebseinrichtungen, soweit hierdurch der regel-
mäßige Fortgang des eigenen oder eines fremden Betriebs bedingt ist, bei der Vorbereitung der
Wiederaufnahme des vollen werktägigen Betriebs sowie bei der Aufrechterhaltung der Funktions-
fähigkeit von Datennetzen und Rechnersystemen,
15. zur Verhütung des Verderbens von Naturerzeugnissen oder Rohstoffen oder des Misslingens
von Arbeitsergebnissen sowie bei kontinuierlich durchzuführenden Forschungsarbeiten,
16. zur Vermeidung einer Zerstörung oder erheblichen Beschädigung der Produktionseinrichtun-
gen.
(2) Abweichend von § 9 dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen mit den Produktionsarbei-
ten beschäftigt werden, wenn die infolge der Unterbrechung der Produktion nach Absatz 1 Nr. 14
zulässigen Arbeiten den Einsatz von mehr Arbeitnehmern als bei durchgehender Produktion erfor-
dern.
(3) Abweichend von § 9 dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen in Bäckereien und Kondito-
reien für bis zu drei Stunden mit der Herstellung und dem Austragen oder Ausfahren von Kondi-
torwaren und an diesem Tag zum Verkauf kommenden Bäckerwaren beschäftigt werden.
(4) Sofern die Arbeiten nicht an Werktagen vorgenommen werden können, dürfen Arbeitnehmer
zur Durchführung des Eil- und Großbetragszahlungsverkehrs und des Geld-, Devisen-, Wertpa-
pier- und Derivatehandels abweichend von § 9 Abs. 1 an den auf einen Werktag fallenden Feierta-
gen beschäftigt werden, die nicht in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union Feiertage sind.

§ 11 Ausgleich für Sonn- und Feiertagsbeschäftigung


(1) Mindestens 15 Sonntage im Jahr müssen beschäftigungsfrei bleiben.
(2) Für die Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen gelten die §§ 3 bis 8 entsprechend, jedoch
dürfen durch die Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen die in den §§ 3, 6 Abs. 2 und § 7 bestimmten
Höchstarbeitszeiten und Ausgleichszeiträume nicht überschritten werden.
(3) 1Werden Arbeitnehmer an einem Sonntag beschäftigt, müssen sie einen Ersatzruhetag haben,
der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließenden Zeitraums von zwei Wochen zu ge-
währen ist. 2Werden Arbeitnehmer an einem auf einen Werktag fallenden Feiertag beschäftigt,
müssen sie einen Ersatzruhetag haben, der innerhalb eines den Beschäftigungstag einschließen-
den Zeitraums von acht Wochen zu gewähren ist.
(4) Die Sonn- oder Feiertagsruhe des § 9 oder der Ersatzruhetag des Absatzes 3 ist den Arbeit-
nehmern unmittelbar in Verbindung mit einer Ruhezeit nach § 5 zu gewähren, soweit dem techni-
sche oder arbeitsorganisatorische Gründe nicht entgegenstehen.

§ 12 Abweichende Regelungen
1In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinba-
rung kann zugelassen werden,
1. abweichend von § 11 Abs. 1 die Anzahl der beschäftigungsfreien Sonntage in den Einrichtun-
gen des § 10 Abs. 1 Nr. 2, 3, 4 und 10 auf mindestens zehn Sonntage, im Rundfunk, in Theaterbe-
trieben, Orchestern sowie bei Schaustellungen auf mindestens acht Sonntage, in Filmtheatern und
in der Tierhaltung auf mindestens sechs Sonntage im Jahr zu verringern,
2. abweichend von § 11 Abs. 3 den Wegfall von Ersatzruhetagen für auf Werktage fallende Feier-
tage zu vereinbaren oder Arbeitnehmer innerhalb eines festzulegenden Ausgleichszeitraums be-
schäftigungsfrei zu stellen,
3. abweichend von § 11 Abs. 1 bis 3 in der Seeschifffahrt die den Arbeitnehmern nach diesen Vor-
schriften zustehenden freien Tage zusammenhängend zu geben,

- 18 - AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006
4. abweichend von § 11 Abs. 2 die Arbeitszeit in vollkontinuierlichen Schichtbetrieben an Sonn-
und Feiertagen auf bis zu zwölf Stunden zu verlängern, wenn dadurch zusätzliche freie Schichten
an Sonn- und Feiertagen erreicht werden.
2§ 7 Abs. 3 bis 6 findet Anwendung.

§ 13 Ermächtigung, Anordnung, Bewilligung


(1) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur
Vermeidung erheblicher Schäden unter Berücksichtigung des Schutzes der Arbeitnehmer und der
Sonn- und Feiertagsruhe
1. die Bereiche mit Sonn- und Feiertagsbeschäftigung nach § 10 sowie die dort zugelassenen Ar-
beiten näher bestimmen,
2. über die Ausnahmen nach § 10 hinaus weitere Ausnahmen abweichend von § 9
a) für Betriebe, in denen die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- oder Feiertagen zur Be-
friedigung täglicher oder an diesen Tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung
erforderlich ist,
b) für Betriebe, in denen Arbeiten vorkommen, deren Unterbrechung oder Aufschub
aa) nach dem Stand der Technik ihrer Art nach nicht oder nur mit erheblichen Schwierigkeiten
möglich ist,
bb) besondere Gefahren für Leben oder Gesundheit der Arbeitnehmer zur Folge hätte,
cc) zu erheblichen Belastungen der Umwelt oder der Energie- oder Wasserversorgung führen wür-
de,
c) aus Gründen des Gemeinwohls, insbesondere auch zur Sicherung der Beschäftigung, zulassen
und die zum Schutz der Arbeitnehmer und der Sonn- und Feiertagsruhe notwendigen Bedingun-
gen bestimmen.
(2) 1Soweit die Bundesregierung von der Ermächtigung des Absatzes 1 Nr. 2 Buchstabe a keinen
Gebrauch gemacht hat, können die Landesregierungen durch Rechtsverordnung entsprechende
Bestimmungen erlassen. 2Die Landesregierungen können diese Ermächtigung durch Rechtsver-
ordnung auf oberste Landesbehörden übertragen.
(3) Die Aufsichtsbehörde kann
1. feststellen, ob eine Beschäftigung nach § 10 zulässig ist,
2. abweichend von § 9 bewilligen, Arbeitnehmer zu beschäftigen
a) im Handelsgewerbe an bis zu zehn Sonn- und Feiertagen im Jahr, an denen besondere Ver-
hältnisse einen erweiterten Geschäftsverkehr erforderlich machen,
b) an bis zu fünf Sonn- und Feiertagen im Jahr, wenn besondere Verhältnisse zur Verhütung eines
unverhältnismäßigen Schadens dies erfordern,
c) an einem Sonntag im Jahr zur Durchführung einer gesetzlich vorgeschriebenen Inventur, und
Anordnungen über die Beschäftigungszeit unter Berücksichtigung der für den öffentlichen Gottes-
dienst bestimmten Zeit treffen.
(4) Die Aufsichtsbehörde soll abweichend von § 9 bewilligen, dass Arbeitnehmer an Sonn- und
Feiertagen mit Arbeiten beschäftigt werden, die aus chemischen, biologischen, technischen oder
physikalischen Gründen einen ununterbrochenen Fortgang auch an Sonn- und Feiertagen erfor-
dern.
(5) Die Aufsichtsbehörde hat abweichend von § 9 die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn-
und Feiertagen zu bewilligen, wenn bei einer weitgehenden Ausnutzung der gesetzlich zulässigen
wöchentlichen Betriebszeiten und bei längeren Betriebszeiten im Ausland die Konkurrenzfähigkeit
unzumutbar beeinträchtigt ist und durch die Genehmigung von Sonn- und Feiertagsarbeit die Be-
schäftigung gesichert werden kann.

Vierter Abschnitt Ausnahmen in besonderen Fällen

§ 14 Außergewöhnliche Fälle
(1) Von den §§ 3 bis 5, 6 Abs. 2, §§ 7, 9 bis 11 darf abgewichen werden bei vorübergehenden Ar-
beiten in Notfällen und in außergewöhnlichen Fällen, die unabhängig vom Willen der Betroffenen

AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006 - 19 -
eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, besonders wenn Rohstoffe
oder Lebensmittel zu verderben oder Arbeitsergebnisse zu misslingen drohen.
(2) Von den §§ 3 bis 5, 6 Abs. 2, §§ 7, 11 Abs. 1 bis 3 und § 12 darf ferner abgewichen werden,
1. wenn eine verhältnismäßig geringe Zahl von Arbeitnehmern vorübergehend mit Arbeiten be-
schäftigt wird, deren Nichterledigung das Ergebnis der Arbeiten gefährden oder einen unverhält-
nismäßigen Schaden zur Folge haben würden,
2. bei Forschung und Lehre, bei unaufschiebbaren Vor- und Abschlussarbeiten sowie bei unauf-
schiebbaren Arbeiten zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen oder zur Behandlung
und Pflege von Tieren an einzelnen Tagen, wenn dem Arbeitgeber andere Vorkehrungen nicht
zugemutet werden können.
(3) Wird von den Befugnissen nach den Absätzen 1 oder 2 Gebrauch gemacht, darf die Arbeitszeit
48 Stunden wöchentlich im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen nicht über-
schreiten.

§ 15 Bewilligung, Ermächtigung
(1) Die Aufsichtsbehörde kann
1. eine von den §§ 3, 6 Abs. 2 und § 11 Abs. 2 abweichende längere tägliche Arbeitszeit bewilligen
a) für kontinuierliche Schichtbetriebe zur Erreichung zusätzlicher Freischichten,
b) für Bau- und Montagestellen,
2. eine von den §§ 3, 6 Abs. 2 und § 11 Abs. 2 abweichende längere tägliche Arbeitszeit für Sai-
son- und Kampagnebetriebe für die Zeit der Saison oder Kampagne bewilligen, wenn die Verlän-
gerung der Arbeitszeit über acht Stunden werktäglich durch eine entsprechende Verkürzung der
Arbeitszeit zu anderen Zeiten ausgeglichen wird,
3. eine von den §§ 5 und 11 Abs. 2 abweichende Dauer und Lage der Ruhezeit bei Arbeitsbereit-
schaft, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft den Besonderheiten dieser Inanspruchnahmen im
öffentlichen Dienst entsprechend bewilligen,
4. eine von den §§ 5 und 11 Abs. 2 abweichende Ruhezeit zur Herbeiführung eines regelmäßigen
wöchentlichen Schichtwechsels zweimal innerhalb eines Zeitraums von drei Wochen bewilligen.
(2) Die Aufsichtsbehörde kann über die in diesem Gesetz vorgesehenen Ausnahmen hinaus wei-
tergehende Ausnahmen zulassen, soweit sie im öffentlichen Interesse dringend nötig werden.
(3) Das Bundesministerium der Verteidigung kann in seinem Geschäftsbereich durch Rechtsver-
ordnung mit Zustimmung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit aus zwingenden Grün-
den der Verteidigung Arbeitnehmer verpflichten, über die in diesem Gesetz und in den auf Grund
dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und Tarifverträgen festgelegten Arbeitszeitgren-
zen und -beschränkungen hinaus Arbeit zu leisten.
(4) Werden Ausnahmen nach den Absätzen 1 oder 2 zugelassen, darf die Arbeitszeit 48 Stunden
wöchentlich im Durchschnitt von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen nicht überschreiten.

Fünfter Abschnitt Durchführung des Gesetzes

§ 16 Aushang und Arbeitszeitnachweise


(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, einen Abdruck dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Geset-
zes erlassenen, für den Betrieb geltenden Rechtsverordnungen und der für den Betrieb geltenden
Tarifverträge und Betriebs- oder Dienstvereinbarungen im Sinne des § 7 Abs. 1 bis 3 und des § 12
an geeigneter Stelle im Betrieb zur Einsichtnahme auszulegen oder auszuhängen.
(2) 1Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 hinausge-
hende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen und ein Verzeichnis der Arbeitnehmer zu füh-
ren, die in eine Verlängerung der Arbeitszeit gemäß § 7 Abs. 7 eingewilligt haben. 2Die Nachweise
sind mindestens zwei Jahre aufzubewahren.

§ 17 Aufsichtsbehörde
(1) Die Einhaltung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverord-
nungen wird von den nach Landesrecht zuständigen Behörden (Aufsichtsbehörden) überwacht.

- 20 - AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006
(2) Die Aufsichtsbehörde kann die erforderlichen Maßnahmen anordnen, die der Arbeitgeber zur
Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsver-
ordnungen ergebenden Pflichten zu treffen hat.
(3) Für den öffentlichen Dienst des Bundes sowie für die bundesunmittelbaren Körperschaften,
Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts werden die Aufgaben und Befugnisse der Auf-
sichtsbehörde vom zuständigen Bundesministerium oder den von ihm bestimmten Stellen wahrge-
nommen; das Gleiche gilt für die Befugnisse nach § 15 Abs. 1 und 2.
(4) 1Die Aufsichtsbehörde kann vom Arbeitgeber die für die Durchführung dieses Gesetzes und
der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen erforderlichen Auskünfte verlan-
gen. 2Sie kann ferner vom Arbeitgeber verlangen, die Arbeitszeitnachweise und Tarifverträge oder
Betriebs- oder Dienstvereinbarungen im Sinne des § 7 Abs. 1 bis 3 und des § 12 vorzulegen oder
zur Einsicht einzusenden.
(5) 1Die Beauftragen der Aufsichtsbehörde sind berechtigt, die Arbeitsstätten während der Be-
triebs- und Arbeitszeit zu betreten und zu besichtigen; außerhalb dieser Zeit oder wenn sich die
Arbeitsstätten in einer Wohnung befinden, dürfen sie ohne Einverständnis des Inhabers nur zur
Verhütung von dringenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung betreten und be-
sichtigt werden. 2Der Arbeitgeber hat das Betreten und Besichtigen der Arbeitsstätten zu gestat-
ten. 3Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird in-
soweit eingeschränkt.
(6) Der zur Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beant-
wortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten
Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz
über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.

Sechster Abschnitt Sonderregelungen

§ 18 Nichtanwendung des Gesetzes


(1) Dieses Gesetz ist nicht anzuwenden auf
1. leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 des Betriebsverfassungsgesetzes sowie Chefärzte,
2. Leiter von öffentlichen Dienststellen und deren Vertreter sowie Arbeitnehmer im öffentlichen
Dienst, die zu selbständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten befugt sind,
3. Arbeitnehmer, die in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammen-
leben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen,
4. den liturgischen Bereich der Kirchen und der Religionsgemeinschaften.
(2) Für die Beschäftigung von Personen unter 18 Jahren gilt anstelle dieses Gesetzes das Ju-
gendarbeitsschutzgesetz.
(3) Für die Beschäftigung von Arbeitnehmern auf Kauffahrteischiffen als Besatzungsmitglieder im
Sinne des § 3 des Seemannsgesetzes gilt anstelle dieses Gesetzes das Seemannsgesetz.

§ 19 Beschäftigung im öffentlichen Dienst


Bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben im öffentlichen Dienst können, soweit keine tarifver-
tragliche Regelung besteht, durch die zuständige Dienstbehörde die für Beamte geltenden Be-
stimmungen über die Arbeitszeit auf die Arbeitnehmer übertragen werden; insoweit finden die §§ 3
bis 13 keine Anwendung.

§ 20 Beschäftigung in der Luftfahrt


Für die Beschäftigung von Arbeitnehmern als Besatzungsmitglieder von Luftfahrzeugen gelten
anstelle der Vorschriften dieses Gesetzes über Arbeits- und Ruhezeiten die Vorschriften über
Flug-, Flugdienst- und Ruhezeiten der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für
Luftfahrtgerät in der jeweils geltenden Fassung.

§ 21 Beschäftigung in der Binnenschifffahrt


1Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten für die Beschäftigung von Fahrpersonal in der Binnen-
schifffahrt, soweit die Vorschriften über Ruhezeiten der Rheinschiffs-Untersuchungsordnung und

AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006 - 21 -
der Binnenschiffs-Untersuchungsordnung in der jeweils geltenden Fassung dem nicht entgegen-
stehen. 2Sie können durch Tarifvertrag der Eigenart der Binnenschifffahrt angepasst werden.

Siebter Abschnitt Straf- und Bußgeldvorschriften

§ 22 Bußgeldvorschriften
(1) Ordnungswidrig handelt, wer als Arbeitgeber vorsätzlich oder fahrlässig
1. entgegen § 3 oder § 6 Abs. 2, jeweils auch in Verbindung mit § 11 Abs. 2, einen Arbeitnehmer
über die Grenzen der Arbeitszeit hinaus beschäftigt,
2. entgegen § 4 Ruhepausen nicht, nicht mit der vorgeschriebenen Mindestdauer oder nicht recht-
zeitig gewährt,
3. entgegen § 5 Abs. 1 die Mindestruhezeit nicht gewährt oder entgegen § 5 Abs. 2 die Verkürzung
der Ruhezeit durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit nicht oder nicht rechtzeitig ausgleicht,
4. einer Rechtsverordnung nach § 8 Satz 1, § 13 Abs. 1 oder 2 oder § 24 zuwiderhandelt, soweit
sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
5. entgegen § 9 Abs. 1 einen Arbeitnehmer an Sonn- oder Feiertagen beschäftigt,
6. entgegen § 11 Abs. 1 einen Arbeitnehmer an allen Sonntagen beschäftigt oder entgegen § 11
Abs. 3 einen Ersatzruhetag nicht oder nicht rechtzeitig gewährt,
7. einer vollziehbaren Anordnung nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 zuwiderhandelt,
8. entgegen § 16 Abs. 1 die dort bezeichnete Auslage oder den dort bezeichneten Aushang nicht
vornimmt,
9. entgegen § 16 Abs. 2 Aufzeichnungen nicht oder nicht richtig erstellt oder nicht für die vorge-
schriebene Dauer aufbewahrt oder
10. entgegen § 17 Abs. 4 eine Auskunft nicht, nicht richtig oder nicht vollständig erteilt, Unterlagen
nicht oder nicht vollständig vorlegt oder nicht einsendet oder entgegen § 17 Abs. 5 Satz 2 eine
Maßnahme nicht gestattet.
(2) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 7, 9 und 10 mit einer Geld-
buße bis zu fünfzehntausend Euro, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 8 mit einer Geldbuße bis zu
zweitausendfünfhundert Euro geahndet werden.

§ 23 Strafvorschriften
(1) Wer eine der in § 22 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 5 bis 7 bezeichneten Handlungen
1. vorsätzlich begeht und dadurch Gesundheit oder Arbeitskraft eines Arbeitnehmers gefährdet
oder
2. beharrlich wiederholt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Wer in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstra-
fe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft.

Achter Abschnitt Schlussvorschriften


§ 24 Umsetzung von zwischenstaatlichen Vereinbarungen und Rechtsakten der EG
Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates zur Erfüllung von Verpflichtungen
aus zwischenstaatlichen Vereinbarungen oder zur Umsetzung von Rechtsakten des Rates oder
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die Sachbereiche dieses Gesetzes betreffen,
Rechtsverordnungen nach diesem Gesetz erlassen.

§ 25 Übergangsregelung für Tarifverträge


1Enthält ein am 1. Januar 2004 bestehender oder nachwirkender Tarifvertrag abweichende Rege-
lungen nach § 7 Abs. 1 oder 2 oder § 12 Satz 1, die den in diesen Vorschriften festgelegten
Höchstrahmen überschreiten, bleiben diese tarifvertraglichen Bestimmungen bis zum 31. Dezem-
ber 2005 unberührt. 2Tarifverträgen nach Satz 1 stehen durch Tarifvertrag zugelassene Betriebs-
vereinbarungen sowie Regelungen nach § 7 Abs. 4 gleich.

§ 26 (aufgehoben)

- 22 - AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006
Anhang 2

Betriebsvereinbarung über die Regelung von Ruhezeiten bei Rufbereitschaft

Zwischen

der EV Musterstadt

und

dem Betriebsrat der EV Musterstadt

wird gemäß § 8 Abs. 4 TV-V folgende Betriebsvereinbarung geschlossen:

§1
Geltungsbereich
Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Mitarbeiter der
EV Musterstadt. Ausgenommen hiervon sind jugendliche Arbeitnehmer.

§2
Besondere Arbeitszeitregelung
Auf Grund der tariflichen Bestimmungen in § 8 Absatz 4 TV-V wird gemäß § 7 Absatz 2 Nr. 1
Arbeitszeitgesetz (ArbZG) abweichend von § 5 Absatz 1 ArbZG die Ruhezeit bei Rufbereitschaften
von 11 Stunden auf 9 Stunden sowie der Verzicht auf das Erfordernis der ununterbrochenen
Ruhezeit den Besonderheiten dieser Dienste angepasst. Dies jedoch, mit der Maßgabe, dass eine
ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 5 Stunden erreicht und die Kürzung der Ruhezeit
innerhalb von 4 Wochen ausgeglichen werden muss.

§3
Abschlussregelung
Diese Betriebsvereinbarung tritt am … in Kraft und kann mit einer Frist von 3 Monaten zum
Monatsende gekündigt werden. Sie bleibt jedoch bis zum Abschluss einer neuen Betriebsverein-
barung wirksam (Nachwirkung).

Sollten Teile dieser Betriebsvereinbarung unwirksam oder nichtig sein, so bleiben die übrigen
Vereinbarungen unberührt. An die Stelle unwirksamer oder nichtiger Vereinbarungen treten die
gesetzlichen Vorschriften.

Die EV Musterstadt und der Betriebsrat verpflichten sich, die Betriebsvereinbarung auch ohne
Kündigung im Einzelnen oder insgesamt neu zu fassen, wenn dies aus arbeitsorganisatorischen
Gründen bzw. auf Grund von gesetzlichen Änderungen erforderlich wird.

Musterstadt, ……………. ………………………………… ………………………………..


Datum Unterschrift Unterschrift

AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006 - 23 -
Anhang 3 Zweischichtenmodell bei Rufbereitschaft mit reduziertem Normaldienst

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24
Monteur A , G-X No rmaldienst

Monteur B + C Spät d ienst

Monteure D,E,F Ruf bereit schaf t Dienst zeit b is max 13:3 0 Uhr Ruf b ereit schaf t

- 24 - AGFW-Regelwerk: FW_1020_H_1006

Das könnte Ihnen auch gefallen