Beruflich Dokumente
Kultur Dokumente
ZEITBEWUSSTSEINS (1893-1917)
HUSSERLIAN A
EDMUND HUSSERL
GESAMMELTE WERKE
BAND X
ZUR PHÄNOMENOLOGIE DES INNEREN
ZEITBEWUSSTSEINS
(1893-1917)
H. L. VAN BREDA
EDMUND HUSSERL
ZUR PHÄNOMENOLOGIE DES INNEREN
ZEITBEWUSSTSEINS (1893.. 1917)
HERAUSGEGEBEN
VON
RUDOLF BOEHM
HAAG
MARTINUS NIJHOFF
1966
ISBN 978-94-015-3946-3 ISBN 978-94-015-3945-6 (eBook)
DOI 10.1007/978-94-015-3945-6
A
VORLESUNGEN ZUR PHÄNOMENOLOGIE DES INNEREN
ZEITBEWUSSTSEINS
EINLEITUNG • • • • • • • • 3
§ 1. Ausschaltung der objektiven Zeit 4
§ 2. Die Frage nach dem" Ursprung der Zeit" . 8
..
nommenem. . . . . . . . . . . . . . . . . . 109
VI: Erfassung des absoluten Flusses. - Wahrnehmung
in vierfachem Sinn. . . . . . . . . . . . . . 111
VII: Konstitution der Gleichzeitigkeit . . . . . . . 115
VIII: Doppelte Intentionalität des Bewußtseinsstromes 116
IX: Urbewußtsein und Möglichkeit der Reflexion.. 118
X: Objektivation der Zeit und von Dinglichem in der
Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
XI: Adäquate und inadäquate Wahrnehmung. . . . . 124
XII: Das innere Bewußtsein und die Erfassung von Er-
lebnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
XIII: Konstitution spontaner Einheiten als immanenter
Zeitobjekte. _. Urteil als Zeitgestalt und absolutes
zeitkonstituierendes Bewußtsein. . . . . . . . . 130
B
ERGÄNZENDE TEXTE
ZUR DARSTELLUNG DER PROBLEMENTWICKLUNG
TEXTKRITISCHER ANHANG
* *
*
1 Der vorliegende Band enthält alle verfügbaren Elemente und Hinweise zu
einer möglichst vollständigen Rekonstruktion von Husserls ursprünglichem Manu-
skript zu den "Zeitvorlesungen" des Februar 1905; vgl. unten Zur Textgestaltung,
S. 38Sf., insbesondere die dortige Übersicht I, S. 387f.
2 Das Ergebnis liegt - vermutlich seit 1917 so gut wie unverändert - in Gestalt
des gesamten Inhalts des Konvoluts F I 6 vor; dieser gesamte Inhalt von F I 6,
in dem sich übrigens auch vorbereitende Aufzeichnungen aus den Jahren vor 1904
finden, die in den "Zeitvorlesungen" von 1905 und deren weiterer Ausarbeitung
teilweise noch Verwendung gefunden haben, ist im vorliegenden Bande wiederge-
geben: sei es in entsprechenden Teilen des Haupttextes (wobei die Textkritischen
Anmerkungen besonders zu vergleichen sind), sei es in den Ergänzenden Texten;
vgl. auch den Nachweis der Originalseiten, unten S. 474f.
3 Ein Blatt aus dem Konvolut F I 6 enthält eine Aufzeichnung aus dem Jahre 1917;
vgl. insbesondere die Textkritischen Anmerkungen zu § 24, S. 52f. des Haupttextes.
4 F I 6/2a.
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS XIX
1 Vgl. etwa S. 163, 171 und S. 174 in der in der nachstehenden Anmerkung ange-
zeigten Veröffentlichung.
2 Roman Ingarden, "Edith Stein on her Acitivity as an Assistant of Edmund
Husserl (Extracts from the Letters of Edith Stein with a Commentary and Intro-
ductory Remarks)", Philosophy and Phenomenological Research, XXIII (1962),
S. 155-175.
8 Erstmals veröffentlicht als Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phäno-
menologischen Philosophie, Zweites und Drittes Buch, herausgegeben von Marly
Biemel, Band IV und Band V vorliegender Ausgabe, Den Haag 1952.
'Siehe Ingarden, a.a.O., S. 162.
5 A.a.O., S. 163.
xx EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
1 A.a.o., S. 164.
2 A.a.O., S. 168.
8 Vgl. Ideen usw., Zweites Buch, herausgegeben von Marly Biemel, Band IV vor-
liegender Ausgabe, S. 400.
4 Ebenda.
5 A.a.O., S. XVII.
8 Siehe Ingarden, a.a.O., S. 166. Zu Husserls Versuch einer vollständigen Um-
arbeitung der VI. Untersuchung aus dem Zweiten Teil der Logischen Unte1'suchungen
vgl. Ingardens Anmerkung zu Edith Steins brieflicher Äußerung a.a.O. oder Rudolf
Boehm, "Husserl et l'id6alisme classique", Revue PhilosOPhique de Louvain, LVII
(1959), S. 374, Anm. 74.
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS XXI
* *
*
Im April 1926 hat Husserl Martin He i d e g ger den Vorschlag
gemacht, sich der Veröffentlichung seiner in Gestalt der Aus-
arbeitung Edith Steins dazu vorbereiteten Forschungen zur
"Phänomenologie des inneren Zeitbewußtseins" aus den Göt-
tinger Jahren anzunehmen. 1 Husserl und Heidegger verbrachten
* *
*
Hier können wir nun versuchen, auf die eben zuvor gestellte
Frage der Übereinstimmung der "Ausarbeitung Stein" - und
damit der Veröffentlichung von 1928 - mit den Intentionen
Husserls zu antworten.
Zuerst ist zu sagen, daß im Hinblick auf die zuletzt ver-
zeichneten Tatsachen an der Autorisierung der "Ausarbeitung
* *
*
Die Antwort auf die gestellte Frage kann schließlich nur die
vorliegende Neuausgabe selber geben, die dem skizzierten
Sachverhalt zu entsprechen sucht. An der Autorisierung der
Veröffentlichung von 1928 ist kein Zweifel möglich: ihr Text
wurde im Hinblick darauf in vorliegender Ausgabe, vorangestellt
(unter A), im wesentlichen unverändert wiederabgedruckt. 2
Lediglich aus dem Vergleich mit den Originalmanuskripten
unzweideutig als solche erkennbare Irrtümer wurden berichtigt,
bisweilen eindeutig überflüssige und eher mißleitende Eingriffe
in den Text der Manuskripte rückgängig gemacht. 3 Anmerkungen
des Herausgebers und ein ausführlicher Textkritischer Apparat
geben Aufschluß über des Verhältnis zwischen dem Erstdruck
von 1928 und den Manuskripten.
Andererseits aber wurden, an zweiter Stelle (unter B), als
"Ergänzende Texte zur Darstellung der Problementwicklung"
im vorliegenden Bande die Originaltexte der - zumeist steno-
graphischen - Manuskripte Husserls abgedruckt, vollständig
die des "Konvoluts ,Zeitbewußtsein' ", das einst schon "Fräulein
Stein vorlag", dazu weitere, aus dem Zeitraum von etwa 1893 bis
Ende 1911, von denen sie wahrscheinlich keine Kenntnis hatte. 4
Sie wurden nach Möglichkeit in die chronologische Ordnung der
Reihenfolge ihrer Niederschrift gebracht.5 Und das Studium
dieser Texte, so wie sie in den Manuskripten erhalten sind und
hier gedruckt vorliegen, läßt denn doch einer gewissen Entfernung
* *
*
Im § 81 des Ersten Buches von Husserls Ideen zu einer reinen
Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie ist zu lesen:
"Zeit ist ... , wie aus den später nachfolgenden Untersuchungen
hervorgehen wird, ein Titel für eine völlig ab g e s chI 0 s sen e
Pro b lern s p h ä r e, und eine solche von ausnehmender Schwie-
rigkeit. Es wird sich zeigen, daß unsere bisherige Darstellung
gewissermaßen eine ganze Dimension verschwiegen hat und
notwendig verschweigen mußte, um unverwirrt zu erhalten,
was zunächst allein in phänomenologischer Einstellung sichtig
ist, und was unangesehen 9-er neuen Dimension ein geschlossenes
Untersuchungsfeld ausmacht. Das transzendentale ,Absolute',
das wir uns durch die Reduktionen herauspräpariert haben, ist
in Wahrheit nicht das Letzte, es ist etwas, das sich selbst in
einem gewissen tiefliegenden und völlig eigenartigen Sinn
konstituiert und seine Urquelle in einem letzten und wahrhaft
Absoluten hat".! Keine der in den Ideen vorgenommenen
"Ausschaltungen" kann so sehr befremden wie diese: Die
Eindruck dieser seiner Erfahrungen und Entdeckungen bildete Dussort sich ein
äußerst ungünstiges Urteil über den Wert der Veröffentlichung von 1928 und zog
recht weitgehende Konsequenzen bezüglich des Beitrages Edith Steins zu deren
Gestalt. Aus diesem seinem Urteil und diesen seinen Folgerungen hat er Dritten
gegenüber kein Hehl gemacht, wiewohl er sich mit dem Unterzeichneten völlig einig
war, daß jede öffentliche Äußerung vor Abschluß der Vorarbeiten zu vorliegender
Edition unterbleiben mußte. Nach dem vorzeitigen Tode Dussorts hat dann sein
Lehrer Professor P.-M. Schuh I in einem Nachruf u.a. auch auf mündliche Mitteilungen
Bezug genommen, die ihm Dussort im oben angedeuteten Sinne gemacht hatte.
Dies wiederum hat Professor Roman Ingarden zum Anlaß der in vorliegender Ein-
leitung mehrfach zitierten Veröffentlichung (s.o., S. XIX, Anm. 2) genommen,
um Edith Stein gegen ungerechtfertigte Anwürfe in Schutz zu nehmen. In der Tat
besteht zu kränkenden Anwürfen gegen Edith Stein kein Anlaß, und sicher lagen sie
Dussort gänzlich fern. Da~ Problematische des Verhältnisses ihrer Arbeit zu Husserls
Intentionen aber bleibt unverkennbar.
1 Bd. III vorliegender Ausgabe, S. 197 f. (S. 162 f. der früheren Ausgaben).
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS XXXI
1 So lautet bekanntlich die Überschrift des Zweiten Abschnitts des Ersten Buches
der Ideen, auf den sich der Hinweis in § 81 insbesondere beziehen muß.
2 Siehe § 49 des Ersten Buches der Ideen.
3 Im Gegensatz zu der in den oben wiedergegebenen einleitenden Sätzen zur Vor-
lesung des Wintersemesters 1904/05 von Husserl beschriebenen Situation zur Zeit
der Logischen Untersuchungen: "Die außerordentlichen Schwierigkeiten, die hier
<in den Problemen einer Phänomenologie der orginären Zeitanschauung> liegen,
vielleicht die größten in der ganzen Phänomenologie, vermochte ich nicht zu be-
wältigen, und da ich mich nicht im voraus binden wollte, schwieg ich mich lieber
ganz aus"; s.o., S. XVI.
4 S. 198 (früher S. 163), Anm. 1.
XXXII EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
1 Eine Fußnote an dieser Stelle (S. 253, Anm. I) sagt: "Vgl. a.a.O. <nämlich Ideen,
Erstes Buch>, S. 163 <d.i. S. 198 in Bd. III vorliegender Ausgabe>, über diese Pro-
bleme selbst die schon mehrfach zitierte Abhandlung im Jahrbuch IX."
2 Formale und transzendentale Logik, a.a.O., S. 252 f. Hervorhebungen, mit der
Ausnahme nur derjenigen der Worte "hyletischen Daten" und "intentionalen Funk-
tionen" im letzten Satz, vom Unterzeichneten.
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS xxxv
Husserls ankündigt, hat wohl als erster Maurice Merleau-Ponty ermessen: "Husserl
... a longtemps defini la conscience ou l'imposition d'un sens par le schema Auf-
fassung-Inhalt et comme une beseelende Auffassung. 11 fait un pas decisif en recon-
naissant, des les Conferences sur le temps, que cette operation en presuppose une autre
plus profonde par laquelle le contenu est lui-meme prepare a cette saisie. ,Toute
constitution ne se fait pas selon le schema Auffassungsinhalt-Auffassung,' Vor-
lesungen zur Phänomenologie des inneren Zeitbewußtseins, p. 5, note 1," - PMnomeno-
logie de la perception, Paris 1945, S. 178, Anm. 1. - Auf Anregung des Unterzeichneten
hat neuerdings Robert Sokolowski, The Formation of Husserl's Concept of Constitution,
Den Haag 1964 (Phaenomenologica 18), den Ansatz und die Auflösung des "Schemas
Auffassungsinhalt-Auffassung" zum leitenden Gesichtspunkt einer Darstellung der
Konstitutionsproblematik bei Husserl gemacht. Vgl. auch Rudolf Boehm, "Deux
points de vue: Husserl et Nietzsche", Archivio di Filoso/ia, 1962, Nr. 3, S. 167-181.
1 Logische Untersuchungen, 11, 1. Auflage 1901, S. 360-362.
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS XXXVII
1A.a.O., S. 362 f.
2A.a.O., S. 363 f. - Die angeführten Texte geben übrigens einen deutlichen
Hinweis darauf, wo also die "günstigsten Beispiele" zum Beleg für die Grund-
XXXVIII EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
1 S.u., Ergänzende Texte lur Darstellung der Problementwicklung (B), Nr. 48, S. 318 f.
Das Blatt, auf dem sich die wiedergebene Aufzeichnung findet, liegt in dem zweiten
Umschlag des Konvoluts F I 6 voran, der nur Autzeichnungen enthält, die zwar
Edith Stein auch vorlagen, von denen sie aber in der Ausarbeitung keinerlei Ver-
wendung gemacht hat; vgl. unten, Zur Textgestaltung, S. 386, Anm. 2. - Bezüglich
der "ältesten Blätter", auf denen "die Schwierigkeit besprochen" wird, vgl. z.B.
die Aufzeichnung Nr. 46, S. 310 f., und den in ihr enthaltenen Rückverweis auf die
Aufzeichnung Nr. 15 (genau datiert auf den 20. XII. 1901), S. 173 f.
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS XLI
1 Nr. 47, von Husserl schätzungsweise datiert auf 1909, in Wirklichkeit schwerlich
später als im Herbst 1908 niedergeschrieben; S. 311-318.
• §§ 12-13, S. 31-34.
a S.u., S. 32; vgl. S. 312.
XLII EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS
* *
*
Aufrichtigen Dank schuldet der Unterzeichnete Herrn Pro-
fessor Martin He i d e g ger und Herrn Professor Ludwig
1 S.u., s. 74; vgl. S. 75 und die Beilage VI nach der Veröffentlichung von 1928,
insbesondere S. 113f.
2 S.u., Nr. 54, S. 368-382; der entsprechende Text S. 370.
3 S.u., Nr. 50, S. 333 f. - Wir haben es versäumt, vom Verhältnis der im vorliegen-
den Bande veröffentlichten Texte zu den aus derselben Periode stammenden "Fünf
Vorlesungen" über Die Idee der Phänomenologie zu sprechen: miln vergleiche unter
dem Gesichtspunkt obiger Erläterungen etwa insbesondere S. 11 f. (Bd. II vorliegen-
der Ausgabe) aus dem auf dem 2. Mai 1907 datierten " Gedankengang". Übrigens
besteht jetzt Anlaß zu der Vermutung, daß der S. 67 H. abgedruckte Text der V. Vor-
lesung ein erst nachträglich, und zwar schwerlich vor Oktober 1908 redigierter ist.
Auch Walter Biemel, der schon darauf hingewiesen hat, daß der Text der V. Vor-
lesung inhaltlich von der im "Gedankengang" gegebenen Zusamenfassung abweicht
(S. 87 seiner Ausgabe), hält diese neue Vermutung für erwägenswert.
EINLEITUNG DES HERAUSGEBERS XLIII