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Thomas Bindel | Dieter Hofmann

Projektierung von Automatisierungsanlagen


Aus dem Programm Automatisierungstechnik

Sensoren für Prozess- und Fabrikautomation


von S. Hesse und G. Schnell

Regelungstechnik für Ingenieure


von M. Reuter und S. Zacher

Regelungstechnik I und II
von H. Unbehauen

Automatisieren mit SPS – Theorie und Praxis


von G. Wellenreuther und D. Zastrow

Automatisieren mit SPS


Übersichten und Übungsaufgaben
von G. Wellenreuther und D. Zastrow

Steuerungstechnik mit SPS


von G. Wellenreuther und D. Zastrow

Lösungsbuch Steuerungstechnik mit SPS


von G. Wellenreuther und D. Zastrow

Bussysteme in der Automatisierungs- und Prozesstechnik


von B. Wiedemann und G. Schnell

Übungsbuch Regelungstechnik
von S. Zacher

www.viewegteubner.de
Thomas Bindel | Dieter Hofmann

Projektierung von
Automatisierungs-
anlagen
Eine effektive und anschauliche Einführung
Mit 203 Abbildungen und 22 Tabellen

STUDIUM
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
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setzen.

Autoren und Verlag haben alle Programme, Verfahren, Schaltungen, Texte und Abbildungen in diesem
Buch mit großer Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Eine
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1. Auflage 2009

Alle Rechte vorbehalten


© Vieweg +Teubner | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009
Lektorat: Reinhard Dapper | Maren Mithöfer
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von jedermann benutzt werden dürften.

Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg


Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier.
Printed in the Netherlands

ISBN 978-3-8348-0386-3
Vorwort
Anliegen des vorliegenden Buches ist eine effektive und anschauliche Einführung in
die Projektierung von Automatisierungsanlagen. Unter dem Begriff „Projektierung“ ist
die Gesamtheit aller Planungs- und Entwurfsmaßnahmen zur Vorbereitung und
Durchführung eines Automatisierungsprojektes für die im vorliegenden Buch betrach-
teten industriellen Prozesse zu verstehen, welche alle Ingenieurtätigkeiten für Planung
und Entwurf von Automatisierungsanlagen bezüglich der hier betrachteten Prozess-
klassen umfasst. Daraus ist ersichtlich, dass die Projektierung von Automatisierungs-
anlagen ein komplexes Arbeitsfeld ist, in dem mehrere Fachgebiete – allen voran
Elektrotechnik, Automatisierungstechnik, Verfahrenstechnik und Ökonomie – zusam-
menwirken.
Das vorliegende Lehrbuch wendet sich daher an Studenten von Fachhochschulen und
Universitäten, die den Fachrichtungen Elektrotechnik, Automatisierungstechnik, Ener-
gietechnik, Verfahrenstechnik, Chemieingenieurwesen, Wirtschaftsingenieurwesen
bzw. angewandte Informatik angehören. Nicht zuletzt ist es auch für Ingenieure in der
Praxis geeignet, die sich das Fachgebiet neu erschließen möchten.
Diesem Anliegen folgend, werden schwerpunktmäßig die wesentlichen Schritte und
Abläufe bei der Planung und Durchführung von Automatisierungsprojekten beschrie-
ben. Dazu werden ausgehend vom allgemeinen Aufbau einer Automatisierungsanlage
die Kernprojektierung, der Entwurf von Regelkreisen und binären Steuerungen sowie
die Projektierung der Hilfsenergieversorgung und die Maßnahmen zur Prozesssiche-
rung erläutert, wobei Darstellungen zum Einsatz von CAE-Systemen sowie zur Ange-
botserstellung und -kalkulation das Themengebiet abrunden. Besonderer Wert wurde
dabei auf die Veranschaulichung grundlegender Prinzipien gelegt, d. h. die Autoren
haben wegen der enormen thematischen Breite – wo sinnvoll erscheinend – bewusst
Abstriche am Umfang vorgenommen, um Leserinnen und Lesern das Verständnis
wichtiger Zusammenhänge zu erleichtern. Vorkenntnisse zu Aufbau und Funktions-
weise von Automatisierungsanlagen sowie Automatisierungsmitteln bzw. zum Rege-
lungs- und Steuerungsentwurf werden zwar nicht generell vorausgesetzt, erleichtern
aber das Verständnis.
Wird aus DIN-Normen zitiert, so erfolgt die Wiedergabe mit Erlaubnis des DIN Deut-
sches Institut für Normung e. V. Maßgebend für das Anwenden der DIN-Norm ist de-
ren Fassung mit dem neuesten Ausgabedatum, die bei der Beuth Verlag GmbH, Burg-
grafenstraße 6, 10787 Berlin, erhältlich ist.
Die Autoren danken allen Kolleginnen und Kollegen – insbesondere Herrn Prof.
Dr.-Ing. habil. Hans-Joachim Zander – sowie Studierenden, die das Zustandekommen
des vorliegenden Buches durch zahlreiche Diskussionen, wertvolle Hinweise sowie
Studien- bzw. Diplomarbeiten tatkräftig unterstützt haben. Besonderer Dank gilt Herrn
Horst Bindel für die kritische Durchsicht des Manuskripts sowie dem Verlag Vie-
weg+Teubner für die stets konstruktive Zusammenarbeit.

Leipzig, Dresden, im März 2009 Thomas Bindel


Dieter Hofmann
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung ................................................................................................................. 1
2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten ................................................. 5
3 Kernprojektierung .................................................................................................... 14
3.1 Projektierungsumfang und Einordung der Kernprojektierung ......................... 14
3.2 Allgemeiner Aufbau einer Automatisierungsanlage ........................................ 15
3.2.1 Basisstruktur ............................................................................................ 15
3.2.2 Typische Strukturvarianten ...................................................................... 18
3.3 Kernprojektierungsinhalt.................................................................................. 21
3.3.1 Überblick .................................................................................................. 21
3.3.2 Einordnung und Inhalt von Lastenheft sowie Grund- bzw. Verfahrens-
fließschema ............................................................................................. 23
3.3.2.1 Allgemeines ................................................................................ 23
3.3.2.2 Lastenheft ................................................................................... 23
3.3.2.3 Grund- bzw. Verfahrensfließschema .......................................... 24
3.3.3 Basic-Engineering.................................................................................... 31
3.3.3.1 R&I-Fließschema ........................................................................ 31
3.3.3.2 EMSR Stellenliste sowie EMSR-Stellen- und Signalliste ........... 42
3.3.3.3 Auswahl und Dimensionierung von Mess- bzw. Stelleinrichtun-
gen sowie Prozessorik und Bussystemen .................................. 44
3.3.3.4 EMSR-Stellenblatt sowie Verbraucherstellenblatt ...................... 62
3.3.3.5 Leittechnisches Mengengerüst ................................................... 65
3.3.3.6 EMSR-Geräteliste, Verbraucherliste sowie Armaturenliste ........ 86
3.3.3.7 Angebotserarbeitung .................................................................. 88
3.3.4 Detail-Engineering ................................................................................... 88
3.3.4.1 Allgemeines ................................................................................ 88
3.3.4.2 Pflichtenheft ................................................................................ 88
3.3.4.3 Verkabelungskonzept ................................................................. 90
3.3.4.4 EMSR-Stellenplan: Aufbau, Betriebsmittel-, Anschluss- bzw.
Signalkennzeichnung sowie Potentiale und Querverweise ........ 90
3.3.4.5 Kabelliste sowie Klemmenplan ................................................. 108
3.3.4.6 Schaltschrank-Layout ............................................................... 110
3.3.4.7 Montageanordnung (Hook-up).................................................. 113
3.3.4.8 Regelungs- bzw. Steuerungsentwurf sowie Erarbeitung der
Anwendersoftware .................................................................... 113
3.3.4.9 Kennzeichnung von Unterlagen................................................ 113
Inhaltsverzeichnis VII

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung .............................................................. 115


3.4.1 Einordnung in die Kernprojektierung ..................................................... 115
3.4.2 Entwurf einschleifiger Regelkreise mit PID-Reglern.............................. 116
3.4.3 Abgrenzung kontinuierlicher Prozesse zu ereignisdiskreten Prozes-
sen ......................................................................................................... 143
3.4.4 Entwurf binärer Steuerungen................................................................. 144
3.4.5 Fachsprachen für die Implementierung von Regel- bzw. Steueralgo-
rithmen auf speicherprogrammierbarer Technik ................................... 165
3.4.5.1 Allgemeines .............................................................................. 165
3.4.5.2 Fachsprachen nach DIN EN 61131-3 ....................................... 166
3.4.5.3 Konfigurier- und Parametrierwerkzeuge ................................... 170
4 Projektierung der elektrischen, pneumatischen und hydraulischen Hilfsenergie-
versorgung ............................................................................................................ 173
4.1 Einführende Bemerkungen............................................................................ 173
4.2 Basisstruktur der Hilfsenergieversorgung ..................................................... 173
4.3 Elektrische Hilfsenergieversorgung ............................................................... 174
4.3.1 Bereitstellung und Verteilung................................................................. 174
4.3.2 Bedarfsermittlung................................................................................... 175
4.3.3 Zuschaltung ........................................................................................... 177
4.3.4 Systematisierung ................................................................................... 178
4.4 Pneumatische Hilfsenergieversorgung ......................................................... 180
4.4.1 Bereitstellung und Verteilung................................................................. 180
4.4.2 Verknüpfung von pneumatischer sowie elektrischer Hilfsenergie-
versorgung ............................................................................................. 182
4.5 Hydraulische Hilfsenergieversorgung ........................................................... 184
5 Maßnahmen zur Prozesssicherung ...................................................................... 186
5.1 Überblick........................................................................................................ 186
5.2 Basisansatz nach VDI/VDE 2180 .................................................................. 186
5.3 Bemerkungen zum Explosionsschutz ........................................................... 187
5.4 Schutzgrade elektrischer Automatisierungsmittel ......................................... 189
6 Einsatz von CAE-Systemen .................................................................................. 191
6.1 Einführung ..................................................................................................... 191
6.2 Typischer Funktionsumfang .......................................................................... 191
6.2.1 Überblick ................................................................................................ 191
6.2.2 Funktionsumfang für das Basic-Engineering ......................................... 192
6.2.3 Funktionsumfang für das Detail-Engineering ........................................ 193
VIII Inhaltsverzeichnis

7 Kommerzielle Aspekte .......................................................................................... 196


7.1 Einführung ..................................................................................................... 196
7.2 Hinweise zur Kalkulation von Automatisierungsprojekten ............................ 196
7.2.1 Allgemeines Kalkulationsmodell ............................................................ 196
7.2.2 Kalkulation von Hard- und Software ...................................................... 198
7.2.3 Kalkulation des Engineerings ................................................................ 198
7.2.4 Kalkulation von Montage und Inbetriebsetzung .................................... 199
7.2.5 Kalkulation von Nebenkosten ................................................................ 200
7.2.6 Kontrollmöglichkeit bezüglich Aufteilung des Komponenten-Netto-
preises auf die Hauptkomponenten ....................................................... 200
7.3 Hinweise zu Projektakquisition sowie Angebotsaufbau ................................ 202
7.3.1 Projektaquisition .................................................................................... 202
7.3.2 Angebotsaufbau..................................................................................... 204
7.3.2.1 Prinzipielles ............................................................................... 204
7.3.2.2 Allgemeiner Teil ........................................................................ 205
7.3.2.3 Kommerzieller Teil .................................................................... 207
7.3.2.4 Technischer Teil........................................................................ 208

Literaturverzeichnis .................................................................................................... 209

Anhang ....................................................................................................................... 212


Anhang 1: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst – Komponen-
te „Informationserfassung“ .................................................................. 212
Anhang 2: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst – Komponen-
te „Informationsausgabe“ .................................................................... 215
Anhang 3: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst – Komponen-
te „Informationsverarbeitung“ .............................................................. 217
Anhang 4: Beispiel eines Verkabelungskonzepts ................................................ 221
Anhang 5: Beispiel zur örtlichen Gliederung („Ortswelt“) ..................................... 223
Anhang 6: Ausgewählte Befehle der Fachsprache „AWL“ ................................... 224
Anhang 7: Ausgewählte Symbole der Fachsprache „AS“ .................................... 225
Anhang 8: Grundzüge des prozessmodellbasierten Entwurfsverfahrens
nach Zander ........................................................................................ 226
Anhang 9: Empfehlung zur Angebotsgliederung .................................................. 234

Index ........................................................................................................................... 237


1 Einführung
Die Projektierung moderner Automatisierungsanlagen für industrielle Prozesse erfor-
dert ein fundiertes Fachwissen, welches die Inhalte unterschiedlicher Ingenieurdiszi-
plinen umfasst und damit hohe Anforderungen an den Projektierungsingenieur stellt.
Der Erwerb dieses hochgradigen Fachwissens ist mit einer schrittbasierten Herange-
hensweise anschaulich und effektiv möglich. So gelingt es, in vertretbarer Zeit die not-
wendigen Fähigkeiten für die Ausführung und Realisierung von Projektierungsaufga-
ben aus der Verfahrenstechnik und verwandten industriellen Feldern zu entwickeln.
Zunächst soll die Vielfalt industrieller Prozesse näher betrachtet werden. Am Beispiel
einer Brauerei, deren Produkt den interessierten Lesern sicherlich bekannt und in
angenehmer Weise bereits begegnet ist, soll diese Vielfalt veranschaulicht werden.
Der Brauprozess beginnt im Sudhaus (Bild 1–1).

Bild 1–1: Teilansicht des Sudhauses einer modernen Brauerei [1]

Dieser Prozessabschnitt ist durch für verfahrenstechnische Prozesse typische Kom-


ponenten wie Behälter und Rohrleitungen geprägt, die im Fall des Brauprozesses die
wesentliche apparatetechnische Basis bilden. Ein weiterer Prozessabschnitt umfasst
Flaschentransport und -abfüllung (Bild 1–2).
2 1 Einführung

Bild 1–2: Teilansicht der Abfüllanlage (Flaschentransport und Abfüllung) [1]

Diese beiden unterschiedlichen Prozesse repräsentieren für das Projektieren von


Automatisierungsanlagen wesentliche Basisbeispiele und können gleichzeitig auch
Möglichkeiten zur Strukturierung industrieller Prozesse aufzeigen. Ausgehend davon,
dass im Sudhaus zum Beispiel Prozessgrößen wie Temperatur und Füllstand geregelt
werden, liegt es nahe, darin einen kontinuierlichen Prozess zu sehen. Die anschlie-
ßenden Tätigkeiten, wie z. B. Abfüllen des Bieres in Flaschen und Büchsen, sind typi-
sche Stückgut- oder ereignisdiskrete Prozesse. Bild 1–3 zeigt diese beiden sogenann-
ten Prozessklassen als Möglichkeit einer sinnvollen Klassifikation industrieller Prozes-
se, auf die in den weiteren Ausführungen immer wieder Bezug genommen werden
wird.

Industrielle Prozesse

Kontinuierliche Ereignisdiskrete
Prozesse Prozesse

Bild 1–3: Klassifikation industrieller Prozesse

Für beide Prozessklassen muss jeweils die Anlagentechnik mit entsprechenden Mess-
einrichtungen (Sensorik) sowie Stelleinrichtungen (Aktorik) ausgerüstet werden.1
Die Sensorsignale sind die Basis für die Informationsverarbeitung mittels Regel- bzw.
Steueralgorithmen, die im Standardfall in Kompaktreglern, speicherprogrammierbaren
Steuerungen (SPS) bzw. Prozessleitsystemen (PLS) implementiert sind. Diese infor-

1 Messeinrichtungen (Sensorik) bestehen aus Sensoren und Wandlern, Stelleinrich-


tungen (Aktorik) aus Stellantrieben und Stellgliedern.
1 Einführung 3

mationsverarbeitenden Systeme, wozu auch separate Wandler wie Potentialtrenner


oder Rechenglieder gehören, werden unter dem Begriff „Prozessorik“ zusammenge-
fasst. Die von den Regel- bzw. Steueralgorithmen berechneten Stellsignale beauf-
schlagen die Stelleinrichtungen und realisieren dadurch die erforderlichen Stelleingrif-
fe. Bild 1–4 zeigt diese für alle zu automatisierenden kontinuierlichen bzw. ereignis-
diskreten Prozesse anwendbare Struktur.
Gegeben: Produktionsziel:
z
Rohstoffe (Störgrößen) Produkte

Eingangsstoffe bzw. Ausgangsstoffe bzw.


Eingangsenergien Ausgangsenergien
Prozess (Strecke)
u (kontinuierlich bzw. y
(Eingangsgrößen) ereignisdiskret) (Ausgangsgrößen)

Informations- Informations-
ausgabe erfassung
(Stelleinrichtungen) (Messeinrichtungen)

Informationsverarbeitung
(Prozessorik sowie Bedien- und Beob-
achtungseinrichtungen)

Automatisierungsanlage

Bild 1–4: Kopplung von Prozess und Automatisierungsanlage

Die Kommunikation innerhalb der Automatisierungsanlage basiert auf Einheitssigna-


len bzw. Bussystemen (vgl. Abschnitt 3.2.1). Die wesentlichen Projektierungsleistun-
gen umfassen also die erforderliche Instrumentierung des verfahrenstechnischen Pro-
zesses mit Mess- bzw. Stelleinrichtungen, den Einsatz darauf abgestimmter konfigu-
rierter Prozessorik sowie eine einheitssignal- und/oder auch busbasierte Datenkom-
munikation. Neben diesen Basisaufgaben sind für die Gesamtlösung Anforderungen
weiterer Aufgabenkategorien zu berücksichtigen (Bild 1–5).
Das vorliegende Buch hat demnach das Ziel, dem Auszubildenden aber auch dem
bereits in der Praxis Tätigen die aus den im Bild 1–5 genannten Anforderungen resul-
tierende fachliche Vielfalt näher zu bringen und ihre systematische Anwendung auf die
4 1 Einführung

Projektierung einer Automatisierungsanlage für kontinuierliche sowie ereignisdiskrete


Prozesse zu vermitteln.

Aufgabenkategorien
Regelungs- und Automatisie- Projekt- Hilfsenergiever- Informatik
Steuerungs- rungsmittel dokumentation sorgung, Pro-
theorie zesssicherung,
kommerzielle
Aspekte

Anforderungen
Entwurf u. Inbe- Auswahl und Erarbeitung von Ermittlung des Nutzung von
triebnahme von Dimensionie- Lasten-/Pflichten- Bedarfs an CAE-Mitteln
Regelungen rung von Sen- heft, elektrischer, für die Projek-
bzw. Steuerun- sorik, Aktorik, pneumatischer tierung sowie
gen, Prozessorik, und hydrauli- den Entwurf
Erarbeitung von scher Hilfsener- von Regelun-
Verfahrens- sowie gie sowie Pro- gen bzw.
Anwendung von Auswahl von R&I-Fließschema- jektierung der Steuerungen,
Standardent- Bussystemen ta und EMSR- Hilfsenergiever-
wurfsverfahren einschließlich Stellenplänen teilung,
der Regelungs- zugehöriger usw. Nutzung von
und Steuerungs- Hardware- echtzeitfähi-
theorie komponenten Entwurf von gen Betriebs-
Prozesssiche- systemen in
rungsstrukturen, SPS und PLS,

Angebotserstel- Entwicklung
lung der Anwen-
dersoftware

Projektierung von Automatisierungsanlagen

Bild 1–5: Aufgabenkategorien und daraus resultierende Anforderungen für die Projek-
tierung von Automatisierungsanlagen
2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungs-
projekten
In der Projektierungspraxis ist ein im Wesentlichen aus drei nacheinander abzuarbei-
tenden Phasen bestehender Projektablauf zu erkennen:
x Akquisitionsphase (Bild 2–1),
x Abwicklungsphase (Bild 2–2) und
x Servicephase (Bild 2–3).

In der Akquisitionsphase soll sich die Projektierungsfirma (Auftragnehmer) darum


bemühen, den Zuschlag für den Auftrag zu erhalten, wobei die Kalkulation des Auto-
matisierungsprojektes von ausschlaggebender Bedeutung ist. Bild 2–1 veranschau-
licht diesen Sachverhalt und zeigt, wie der Projektierungsingenieur in die Projekt-
aquisition eingebunden ist.

Projektstart

Anfrage/Ausschreibung vom
• Anfrage wird oft als Lastenheft formuliert (siehe Abschnitt
3.3.2.2) und häufig auch als Ausschreibung (Aufgabenstel-
Auftraggeber
lung) bezeichnet.

• Angebotserstellung im wesentlichen durch Fachabteilungen


Basic-Engineering/Angebot vom (Projektierungsingenieure) unter Mitwirkung von Vertrieb und
Auftragnehmer Fremdfirmen,
• Angebotsabgabe durch Vertrieb

Auftrags- • Vergabeverhandlung beim Kunden (Auftraggeber) durch


vergabe Vertrieb und Fachabteilungen

Bild 2–1: Akquisitionsphase

Die Abwicklungsphase (Bild 2–2) erfordert das exakte Zusammenspiel zwischen den
für Vertrieb und Abwicklung verantwortlichen Bearbeitern (z. B. Vertriebsingenieure,
Projektierungsingenieure, Kaufleute) sowie die erfolgreiche Lösung zugeordneter Auf-
gaben.
6 2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten

• Erarbeitung von Pflichtenheft (Abschnitt. 3.3.4.2) und weiteren


Detail-Engineering Projektierungsunterlagen (Abschnitt 3.3.4.3–3.3.4.9) durch
Projektierungsingenieure

Fertigung • Anstoß, Überwachung und Abnahme durch Projektleitung

Factory-Accep- • Beteiligte: Projektleitung zusammen mit dem Kunden


tance-Test unter Mitwirkung des Vertriebs
(Werksabnahme)

Montage/IBS *) • Anstoß, Überwachung und Abnahme durch Projektleitung

Site Acceptance Test • Beteiligte: Projektleitung zusammen mit dem Kunden


(Probebetrieb/Abnahme) unter Mitwirkung des Vertriebs

2 *) IBS: Inbetriebsetzung

Bild 2–2: Abwicklungsphase

Bild 2–1 bzw. Bild 2–2 zeigen also, dass sich wesentliche Projektierungsleistungen
jeweils auf Akquisitions- bzw. Abwicklungsphase verteilen. Das erscheint zunächst
ungewöhnlich, erklärt sich aber aus der Tatsache, dass ein bestimmter Teil der Pro-
jektierungsleistungen bereits in der Akquisitionsphase zu erbringen ist. Nur so ist es
möglich, den erforderlichen Liefer- und Leistungsumfang betriebswirtschaftlich richtig
zu kalkulieren und das leittechnische Mengengerüst (siehe Abschnitt 3.3.3.5), welches
Art und Anzahl
x zu realisierender Automatisierungsfunktionen (kenntlich gemäß Kennzeichnungs-
systematik nach DIN 19227)2 einschließlich
x dafür benötigter Automatisierungsgeräte (Sensorik, Aktorik und Prozessorik ein-
schließlich Bedien- und Beobachtungseinrichtungen) bzw. Bussysteme sowie
x zu verarbeitender Analog- und Binärsignale
umfasst, in dem erforderlichen Umfang zu berücksichtigen. Meist wird dieses Men-
gengerüst aus dem R&I-Fließschema (siehe Abschnitt 3.3.3.1) abgeleitet, das entwe-
der vom Auftraggeber bereits vorgegeben ist oder anhand des Verfahrensfließsche-
mas (siehe Abschnitt 3.3.2.3) vom Auftragnehmer, d. h. von den Projektierungsinge-
nieuren, erst zu erarbeiten ist. Aus dem R&I-Fließschema lassen sich gleichzeitig die

2 Die Kennzeichnungssystematik nach DIN 19227 wird im Abschnitt 3.3.3.1 detail-


liert erläutert.
2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten 7

erforderlichen Automatisierungsstrukturen (z. B. Ablauf- oder Verknüpfungssteuerung,


einschleifiger Regelkreis, Kaskadenregelung, Split-Range-Regelung, Mehrgrößenre-
gelung etc.) ableiten und in sogenannten Funktionsplänen3 dokumentieren.
Schließlich werden in der Servicephase die für einen erfolgreichen Dauerbetrieb we-
sentlichen Wartungs- und Instandhaltungsleistungen für die errichtete Automatisie-
rungsanlage definiert und erbracht.

• Regulierung von Gewährleistungsansprüchen,


Service • Wartung und Instandhaltung,
• Anlagenmodernisierung (Softwareupdates, Austausch älterer
Geräte, z. B. Rechner)

Ende

Bild 2–3: Servicephase

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Projektierung einer Automatisierungsan-


lage umfangreiche Aktivitäten zur Projektaquisition, der sich anschließenden Projek-
tierung und technischen Realisierung sowie der Montage, Inbetriebsetzung, Wartung
und Instandhaltung erfordert. Die projektausführende Firma wird folglich mit einer
komplexen Planungs- und Koordinierungsaufgabe konfrontiert, die sie sowohl funktio-
nell als auch ökonomisch erfolgreich lösen muss. Zum besseren Verständnis wird
daher im Bild 2–4 der für die Projektierung erforderliche Planungs- und Koordinie-
rungsinhalt zusammengefasst.
Aus den bisherigen Erläuterungen ist erkennbar, dass unter dem Begriff „Projektie-
rung“ die Gesamtheit aller Planungs-, Entwurfs- und Koordinierungsmaßnahmen zur
Vorbereitung und Durchführung eines Automatisierungsprojektes zu verstehen ist,
welche alle Ingenieurtätigkeiten für Planung und Entwurf von Automatisierungs-
anlagen (vgl. Bild 1–5 und Bild 2–4) für die hier betrachteten Prozessklassen (vgl.
Bild 1–3) umfasst.
Die weiteren Ausführungen beziehen sich vorrangig auf das in Akquisitions- bzw. Ab-
wicklungsphase zu erbringende Basic- bzw. Detail-Engineering (vgl. Abschnitt 3.3.3
bzw. Abschnitt 3.3.4), weil darin Hauptbetätigungsfelder für Projektierungsingenieure
liegen.

3 Oft auch als Regelschema bezeichnet und nicht zu verwechseln mit der häufig zur
Konfiguration und Parametrierung von speicherprogrammierbaren Steuerungen
(SPS) verwendeten Fachsprache „FUP“!
8 2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten

Planungs – und Koordinierungsinhalt

Technische Planung Kommerzielle


Planung

Termine Ressourcen
Kalkulation

Projektmit-
arbeiter Prüffeld Fertigung

Bild 2–4: Übersicht zum Planungs- und Koordinierungsinhalt

Wie Bild 2–1 und Bild 2–2 zeigen, bilden Basic- und Detail-Engineering den Kern des
Projektierungsablaufs. Dieser Kern kann folglich auch mit dem Begriff „Kernprojektie-
rung“ treffend bezeichnet werden. Bild 2–5 zeigt den Kernprojektierungsumfang, aus
dem gleichzeitig Aufgaben hervorgehen, die der Projektierungsingenieur bei der Kern-
projektierung bearbeitet.

Kernprojektierung

Basic-Engineering Detail-Engineering
x Erarbeitung R&I-Fließschema, x Erarbeitung des Pflichtenheftes,
x Auswahl und Dimensionierung x Erarbeitung von EMSR-Stellen-
von Sensorik/Aktorik/Prozesso- plänen und weiteren Projektie-
rik/Bussystemen, rungsunterlagen,
x Erarbeitung des leittechnischen x Entwurf der Regel- bzw. Steuer-
Mengengerüstes, algorithmen,
x Erarbeitung von Projektierungs- x Erarbeitung der Anwendersoft-
unterlagen als Angebotsbasis, ware
x Angebotserarbeitung

Kernprojektierungsumfang

Bild 2–5: Kernprojektierungsumfang

Die Inhalte der Kernprojektierung werden im Folgenden detailliert und anwendungs-


bezogen erläutert, wobei die vorgestellten Prozessbeispiele zum besseren Verständ-
nis beitragen sollen. Diese Prozessbeispiele sind Komponenten des Experimentierfel-
des „Prozessautomatisierung“, das die Autoren im Zusammenwirken mit den Firmen
2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten 9

Festo Didactic und Siemens AG als experimentelle Basis für die Ausbildung im Fach-
gebiet „Prozessautomatisierung“ entwickelt haben und u. a. auch für den anschauli-
chen Wissenserwerb zur Projektierung nutzen.4
Für die Auswahl der Prozessbeispiele wurde von der bereits in der Einführung getrof-
fenen Einteilung industrieller Prozesse in kontinuierliche und ereignisdiskrete (vgl.
Bild 1–3) ausgegangen. So konnten mit der sogenannten Kleinversuchsanlagentech-
nik5 (Bild 2–6) die Prozesskomponenten Füllstands-, Durchfluss- und Temperaturrege-
lung als typische Module für die kontinuierliche Verfahrenstechnik entwickelt werden.
Diese Module wurden mit modernen Automatisierungsstrukturen – basierend auf
„klassischer“ Verdrahtung, moderner Feldbustechnik wie „Profibus DP“ und „AS-Inter-
face“ – sowie mit einem WinCC-basierten Prozessleitsystem ausgerüstet.

Füllstand Durchfluss Temperatur PCS7-compact z.B. Füllstand


PCS7-compact Operatorpanel OP7
Bild 2–6: Kleinversuchsanlagentechnik des Experimentierfeldes „Prozessautomatisie-
rung“

Hinsichtlich der Aufgabenstellung „Projektierung“ wurden für diese Kleinversuchsanla-


gentechnik Feldinstrumentierung, Prozessleitsystem sowie die zugehörigen Kommu-
nikationssysteme projektiert und realisiert. Auf diese Weise ist die Kleinversuchsanla-
gentechnik für Regelstreckenidentifikation, darauf aufbauenden Reglerentwurf sowie
Regelkreisinbetriebnahme nutzbar. Das experimentelle Arbeiten wird beispielhaft an-
hand der WinCC-Bedienoberflächen im Bild 2–7 gezeigt.

4 Das Experimentierfeld „Prozessautomatisierung“ befindet sich am Institut für Au-


tomatisierungstechnik der Technischen Universität Dresden und wird in der Ausbil-
dung auch vom Fachbereich „Elektrotechnik“ der Hochschule für Technik und Wirt-
schaft Dresden (FH) genutzt.
5 Die Kleinversuchsanlagentechnik wird an der TU-Dresden sowie der Hochschule
für Technik und Wirtschaft Dresden (FH) im Lehrbetrieb genutzt und wird durch die
Firma Festo Didactic unter dem Begriff „PCS – Process Control System“ angebo-
ten bzw. vertrieben.
10 2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten

Führungsverhalten Schwingen an der Stabilitätsgrenze


Bild 2–7: Durchflussregelkreis – Führungsverhalten und Schwingen an der Stabili-
tätsgrenze

Eine weitere wirkungsvolle Experimentier- und Demonstrationsmöglichkeit wurde mit


dem modularen Produktionssystem „Prozessautomation“ der Fa. Festo Didactic
(Bild 2–8) geschaffen. Mit dieser Anlage werden gleichfalls typische Beispiele aus der
Verfahrenstechnik wie Station „Reaktor“ (Temperaturregelung am Rührkesselreaktor),
Station „Filtern“ (Druckregelung am Filter), Station „Mischen“ (Durchflussregelung am
Batch-Prozess) sowie Station „Abfüllen“ (Füllstandsregelung für ereignisdiskreten
Abfüllprozess) realisiert und für die Durchführung entsprechender Experimente didak-
tisch sinnvoll konfiguriert. Im Unterschied zur vorgestellten Kleinversuchsanlagen-
technik basiert das modulare Produktionssystem „Prozessautomation“ auf einer um-
fangreicheren mit ausgeprägt industriellen Automatisierungsmitteln realisierten Auto-
matisierungsstruktur, verbunden mit umfangreicherer Funktionalität und Nutzung in
Aus- und Weiterbildung. Des Weiteren werden in diesem Rahmen auch die projektie-
rungsrelevanten Inhalte der Auswahl und Dimensionierung von Sensorik bzw. Aktorik
zum Beispiel an Hand einer Stelleinrichtung (Versuchsstand siehe Bild 2–9) hinsich-
tlich Aktorik behandelt. Diese Stelleinrichtung als zentrale Komponente der mit dem
Versuchsstand realisierten Durchflussregelstrecke ist entsprechend auszulegen und
an der Durchflussregelstrecke zu erproben.
2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten 11

Station „Reaktor“ Station „Filtern“ Simatic S7-300 WinCC Station „Mischen“ Station „Abfüllen“

Bild 2–8: Modulares Produktionssystem „Prozessautomation“ (MPS – PA)

Pneumatischer Stellantrieb Induktive Durchfluss-


mit Gleitschieberstellventil messeinrichtung

Bild 2–9: Versuchsstand zur Auswahl und Dimensionierung von Stelleinrichtungen


12 2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten

In gleicher Weise wurden auch ereignisdiskrete Prozesse betrachtet, wobei als ein
Beispiel die sogenannte Abfüllanlage (Bild 2–10) entwickelt wurde, deren ereignisdis-
krete Verfahrenstechnik einen typischen Stückgutprozess der industriellen Fertigungs-
technik repräsentiert.

Rund-
schalttisch

Gesamtansicht Stationen
Bild 2–10: Ereignisdiskreter Prozess „Abfüllanlage“

Damit kann für die Prozessverfahrenstechnik das Zuführen, Befüllen, Verschließen


und Entnehmen (und Verpacken) eines Bechers geplant und realisiert werden. Das
heißt, dieser verfahrenstechnische Prozess benötigt im Einzelnen fünf Stationen (vgl.
Bild 2–10), die wie folgt beschrieben werden:
1. An Station 1 – Becher zuführen – wird jeweils ein Becher dem sogenannten
Rundschalttisch (Station 5) zugeführt.
2. Nach Ablauf eines Arbeitstaktes (Bewegung des Rundschalttisches um 90°)
erreicht dieser Becher Station 2 – Becher füllen. An dieser Station wird der
Becher mit der voreinstellbaren Menge einer Flüssigkeit gefüllt.
3. Nach Ablauf eines weiteren Arbeitstaktes steht der Becher an Station 3 – Be-
cher verschließen – zum Verschließen bereit.
4. Schließlich wird nach nochmaligem Arbeitstakt (Bewegung des Rundschaltti-
sches um 90°) an Station 4 – Becher entnehmen – der mit einem mechanisch
rastenden Deckel verschlossene Becher zum Entnehmen (und Verpacken)
bereitgestellt.
Für die jeweilige Bewegung des Rundschalttisches um 90° wird die Station 5 – Rund-
schalttisch – eingesetzt. Damit steht für die Projektierung ereignisdiskreter Prozesse
gleichfalls eine effiziente und anschauliche Beispielanlage zur Verfügung, welche
typische Aufgaben für das Projektieren von Automatisierungsanlagen bereithält. Es
wird dabei z. B. veranschaulicht, dass die zur Automatisierung ereignisdiskreter Pro-
2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten 13

zesse erforderlichen binären Steueralgorithmen theoretisch fundiert zu entwerfen und


in eine technische Realisierung zu überführen sind (vgl. Abschnitt 3.4).
Als eine industrielle Komponente des Experimentierfeldes „Prozessautomatisierung“
steht u. a. eine industrielle Durchflussregelstrecke (Bild 2–11) zur Verfügung, die
gleichfalls über eine moderne Feldinstrumentierung sowie Datenkommunikationsstruk-
tur verfügt und damit ein praxisrelevantes Beispiel für die technische Auslegung in-
dustrieller Sensorik und Aktorik sowie den Regelkreisentwurf repräsentiert.

Bedien- und Be- Speicherpro- Stelleinrichtung


obachtungssy- grammierbare
stem „WinCC Steuerung
flexible“ SIMATIC S7-300
Bild 2.3–3 Industrielles Anlagenbeispiel - Da

Bild 2–11: Industrielle Durchflussregelstrecke


3 Kernprojektierung

3.1 Projektierungsumfang und Einordung der Kernprojektierung


Der Projektierungsumfang eines Automatisierungsprojekts umfasst im Wesentlichen
drei Projektkomponenten (Bild 3–1). Die Kernprojektierung ist eine dieser Projektkom-
ponenten.
Für den Projektierungsingenieur ist die Kernprojektierung das wichtigste Kompetenz-
feld, welches deshalb anschließend entsprechend der im Bild 3–1 genannten Schwer-
punkte, die zugleich den Kernprojektierungsumfang bilden, ausführlich behandelt wird.
Die hiervon nicht erfasste Projektierung der Hilfsenergieversorgung und -verteilung
wird im Abschnitt 4 behandelt.
Auf die Montageprojektierung wird im Rahmen des vorliegenden Buches nicht einge-
gangen, weil die projektausführende Firma hiermit meist eine Fremdfirma beauftragt.

Projektierungsumfang eines Automatisierungsprojektes

Projektierung der Hilfs-


Kernprojektierung energieversorgung und Montageprojektierung
-verteilung

x Basic-Engineering, x Projektierung von x Projektierung von


x Detail-Engineering Bereitstellung und baulicher Ausstat-
Verteilung der ein- tung sowie Ausrüs-
zelnen Hilfsener- tungen für die Auf-
giearten nahme der Pro-
zessleittechnik

Elektroprojekt,
EMSR-Projekt Pneumatikprojekt, Montageprojekt
Hydraulikprojekt

Bild 3–1: Einordnung der Kernprojektierung in den Projektierungsumfang eines Auto-


matisierungsprojektes
3.2 Allgemeiner Aufbau einer Automatisierungsanlage 15

3.2 Allgemeiner Aufbau einer Automatisierungsanlage

3.2.1 Basisstruktur
Die wesentliche Ausgangsposition für die Kernprojektierung bilden die bereits einge-
führten Komponenten einer Automatisierungsanlage (vgl. Bild 1–4). Bild 3–2 zeigt das
Ebenenmodell als den in den vergangenen Jahrzehnten für den Aufbau von Auto-
matisierungsanlagen herausgebildeten allgemeinen Standard. Dadurch sind alle Au-
tomatisierungsanlagen prinzipiell gleichartig aufgebaut, was einerseits das Gebiet
„Prozessleittechnik“ überschaubarer macht und andererseits die Tätigkeiten bei der
Instrumentierung effizienter gestaltet.

Bild 3–2: Ebenenmodell als allgemeiner Standard für den Aufbau von Automatisie-
rungsanlagen

Werden zur Automatisierung Prozessleitsysteme eingesetzt, so ist festzustellen, dass


sie im Gegensatz zu früher heute integraler Bestandteil der „DV-Landschaft“ eines
Unternehmens sind. Ursache ist der verstärkte Kostendruck, dem die Produzenten mit
ihren Erzeugnissen am Markt zunehmend ausgesetzt sind. Dem begegnen sie u. a.
auch durch intensivere Nutzung des Potentials, das moderne Prozessleitsysteme
heute bieten, wobei folgende Trends zu beobachten sind:
x zentralisierte Bedienung und Beobachtung örtlich verteilter Produktionsanlagen,
x intensiver Datenaustausch zwischen Prozessleit- und übergeordneter Betriebs-
bzw. Unternehmensleitebene.
16 Kernprojektierung

Insbesondere letztgenannter Trend ist wohl auch eine Folge fortschreitender Expansi-
on von Unternehmen bei gleichzeitiger Bündelung immer größerer Verantwortung in
den Händen von immer weniger Personen, die Entscheidungen in immer kürzeren
Zeiträumen bei gleichzeitig wachsender Tragweite zu treffen haben. Basis dieser Ent-
scheidungen muss der sich in Informationen abbildende jeweils aktuelle Unterneh-
menszustand sein. Um diese Informationen als Entscheidungsgrundlage zur Verfü-
gung zu haben, müssen „just-in-time“ nach dem Prinzip „Zu jeder Zeit kostenloser
Zugriff auf jedes Datum an jedem Ort der Welt!“ Daten zur Verfügung gestellt und zu
Informationen aufbereitet werden. Hierzu werden heute verstärkt ERP-6 bzw. MES7-
Systeme eingesetzt (vgl. Bild 3–2). Dies setzt die sogenannte vertikale Integration
voraus, die sich über die Steuerungs- und Regelungsebene bis hin zur Unterneh-
mensleitebene erstreckt, wobei „Bürowelt“ (Betriebs- und Unternehmensleitebene)
und „Anlagenwelt“ (Feldebene und Prozessleitebene) auch über größere räumliche
Entfernungen hinweg miteinander zu koppeln sind.
Aus dem im Bild 3–2 dargestellten Standard lässt sich die Basisstruktur einer Automa-
tisierungsanlage ableiten (Bild 3–3). Damit umfasst also eine Automatisierungsanlage
im Kern
x Feldebene mit Feldinstrumentierung (Sensorik, Aktorik) und Feldbussystemen,
x Schaltraum mit Wandlern, Prozessorik (SPS-Technik sowie Hard- und Software-
komponenten für die Datenverarbeitung bzw. -kommunikation), Bussystemen so-
wie Einspeisung von elektrischer bzw. pneumatischer Hilfsenergie,
x Prozessleitwarte mit konventionellen bzw. rechnerbasierten Bedien- und Beobach-
tungseinrichtungen.8
Einheitssignalpegel repräsentieren einen internationalen Standard und ermöglichen
damit das Verbinden von Automatisierungsmitteln unterschiedlicher Hersteller. Dafür
sind folgende Signalpegel verbindlich:
x Analoge Regelkreise, basierend auf elektrischer Hilfsenergie:
- 4 bis 20 mA,
- 0 bis10 VDC,
- vereinzelt: 0 bis 20 mA; –10 bis +10 VDC.
x Binäre Steuerungen, basierend auf elektrischer Hilfsenergie:
- 0 V entsprechen „0“-Signal (Low-Pegel),
- 24 VDC entsprechen „1“-Signal (High-Pegel).

6 Nach [2] unterstützen ERP-Systeme die durchgängige Ressourcenplanung, -opti-


mierung und -verwaltung vom Auftragseingang bis hin zum Warenversand. Als
Beispiel eines bekannten ERP-Systems wird in [2] die Softwarelösung SAP/R3 ge-
nannt.
7 Nach [2] umfassen MES-Systeme Softwarelösungen für die Betriebsleitebene und
verbinden so im Sinne der vertikalen Integration Prozessleitsysteme in der Pro-
zessleitebene mit ERP-Systemen in der Unternehmensleitebene.
8 In einigen Industriezweigen, z. B. Kraftwerkstechnik, Metallurgie u. a., gibt es ne-
ben bzw. statt Prozessleitwarten örtliche Leitstände. Diese Variante wird hier nicht
weiter betrachtet, weil bei industriellen Prozessen die Bedienung und Beobachtung
vorzugsweise in Prozessleitwarten erfolgt.
3.2 Allgemeiner Aufbau einer Automatisierungsanlage 17

x Analoge Regelkreise, binäre Steuerungen und Aktorik, basierend auf pneumati-


scher Hilfsenergie:
- pneumatische Arbeitszylinder: 6 bar,
- modernere analoge Stelltechnik: ca. 2,5…10 bar,
- pneumatische Logik und „ältere“ analoge Stelltechnik: 0,2…1 bar.

Verfahrensfließschema
Komponente: mit Back-up-Komponenten
Prozessleitwarte (PLW)
Prozessleitsystem
Automatisierungsmittel:
Bedien- und Beobach-
tungseinrichtungen (z. B.
Kompaktregler, Anzeiger,
usw.)

Schaltschränke / Gefäßsystem
Komponente:
Schaltraum (SR)

Automatisierungsmittel:
z. B. Wandler, SPS-
Technik, Bussysteme

Komponente:
Feld
PI LI+
305 306
Automatisierungsmittel:
LI-
z. B. Sensorik, Aktorik, 307

Feldbussysteme

9
Bild 3–3: Basisstruktur einer Automatisierungsanlage

9 Örtliche Bedien- und Beobachtungseinrichtungen sowie örtl. Prozessleitstand sind


nicht dargestellt.
18 Kernprojektierung

3.2.2 Typische Strukturvarianten


Allgemein geht man davon aus, dass Sensoren natürliche elektrische bzw. pneumati-
sche Signale liefern, die im Feld auf sogenannten Montagerahmen, auch als „örtliche
Verteiler“ oder „Klemmenkasten-Feld“ bezeichnet, aufgelegt werden und für jeweils
verfahrenstechnisch sinnvoll abgrenzbare Anlagenabschnitte zu den Wandlern im
Schaltraum geführt werden. Dafür führt man die einzelnen elektrischen Signalleitun-
gen – auch Stichkabel genannt – zu Stammkabeln zusammen und verlegt diese auf
Kabelpritschen bzw. in Kabelkanälen. Im Schaltraum erfolgt die Wandlung natürlicher
elektrischer Signale in Einheitssignale, welche in die Prozessleitwarte weitergeführt
werden. Gleiches gilt in ähnlicher Weise für pneumatische Signalleitungen. Diese
klassische Strukturvariante wird schematisch im Bild 3–4 gezeigt. 10 11
Konventionelle Rechnerbasierte
Bedien- und Bedien- und
Beobachtungs- Beobachtungs-
Prozessleit- einrichtungen einrichtungen
warte (PLW) (Kompaktregler, (PC, Operator-
Anzeiger, usw.) Panel, usw.)
EMSR-Stellenleiste
in der Prozessleitwarte

pneumat. Stamm- Buskabel


elektri- kabel
Einheits- sche
signale Einheits- SPS-
(Mess- signale Technik
bzw. (Mess- Stamm-
Stell- bzw. kabel
signale) Einspeisung
Stell- Einspeisung
pneumat.
Schalt- signale) Wandler elektr. Hilfs-
Hilfsener-
raum (SR) (Messumformer) energie-
natürliche gieversor-
versorgung
elektr. gung
Messsig-
nale bzw. ...
Stell- Stamm- Stamm- Klemmen-
Feld signale kabel kabel kasten
Feld (KKF)
Montage- ... ...
Wandler
gerüst
...
Elektr.
Leitung Prozess mit Sensoren Stichkabel
Pneumat. bzw. Aktorik
Leitung
Bild 3–4: Strukturvariante „Klassisch“ 10 11

10 Örtliche Bedien- und Beobachtungseinrichtungen sowie örtl. Prozessleitstand sind


nicht dargestellt.
11 Die im Allg. nur für die Aktorik benötigte hydraulische Hilfsenergieversorgung ist
nicht dargestellt.
3.2 Allgemeiner Aufbau einer Automatisierungsanlage 19

Im Rahmen ständiger Innovation der Sensorik bzw. Aktorik sind in der Feldinstrumen-
tierung Wandler direkt integriert worden, so dass elektrische Einheitssignale unmittel-
bar ab Sensor im Feld zur Verfügung stehen bzw. vom Aktor direkt aufgenommen
werden. Damit wird der Schaltraum entlastet, so dass seine Funktionalität nur noch
aus Verteilung der elektrischen bzw. pneumatischen Hilfsenergie sowie dem soge-
nannten Rangieren besteht. Auch für diese Strukturvariante kommen für die Signal-
übertragung noch Stich- bzw. Stammkabel zum Einsatz (Bild 3–5).

Konventionelle
Rechnerbasierte
Bedien- und Beob-
Bedien- und Beob-
achtungseinrich-
achtungseinrich-
Prozessleitwarte tungen (Kompakt-
tungen (PC, Ope-
(PLW) regler, Anzeiger,
rator-Panel, usw.)
usw.)
EMSR-Stellenleiste
in der Prozessleitwarte

Stamm- Buskabel
pneumat. elektrische kabel
Einheits- Einheits- SPS-
signale signale Technik
(Mess- bzw. (Mess- bzw.
Stellsignale) Stellsignale) Stamm-
kabel
Einspeisung
Einspeisung
pneumat.
Schaltraum elektr. Hilfs-
Rangierung Hilfsener-
(SR) energie-
gieversor-
versorgung
elektrische gung
Einheits-
signale ...
(Mess-
bzw. Stell- Stamm- Stamm- Klemmen-
Feld kabel kabel kasten
signale) Feld (KKF)
Montage-
gerüst Wandler ... ...
...
Elektr.
Leitung Prozess mit Sensorik Stichkabel
Pneumat. bzw. Aktorik
Leitung

Bild 3–5: Strukturvariante „Modifiziert“12 13

12 Örtliche Bedien- und Beobachtungseinrichtungen sowie örtl. Prozessleitstand sind


nicht dargestellt.
13 Die im Allg. nur für die Aktorik benötigte hydraulische Hilfsenergieversorgung ist
nicht dargestellt.
20 Kernprojektierung

Werden durchgängig busfähige Sensoren bzw. Aktoren für die Feldinstrumentierung


eingesetzt, vereinfachen sich Verdrahtungsaufwand bzw. Verdrahtungsführung erheb-
lich, weil die umfangreiche Einzelverdrahtung jedes Sensors bzw. Aktors durch weni-
ge Buskabel (Koaxialkabel) ersetzt wird. Jedes Mess- bzw. Stellsignal (Einzelsignal)
wird dabei digitalisiert und seriell mittels Buskabel übertragen. Durch diese Busverbin-
dungen entfällt die Signalumformung im Schaltraum, und die im Feld montierte Senso-
rik bzw. Aktorik ist über SPS-Technik direkt mit in der Prozessleitwarte befindlichen
Bedien- und Beobachtungseinrichtungen verbunden. Die sich daraus ergebende
Strukturvariante „Busbasiert“ zeigt (Bild 3–6).

Rechnergestützte
Bedien- und
Prozessleitwarte Beobachtungs-
(PLW) einrichtungen
(PC, Operator-
Panel, usw.)

Buskabel Buskabel

SPS- SPS-
Technik Technik

Schaltraum Einspeisung
(SR) Einspeisung
pneumat.
... elektr. Hilfs-
Hilfsener-
energie-
gieversor-
versorgung
gung
Buskabel Buskabel

...
Feld

Prozess mit busfähiger


Elektr. Leitung
Sensorik bzw. Aktorik
Pneumat. Leitung

14 15
Bild 3–6: Strukturvariante „Busbasiert“

14 Örtliche Bedien- und Beobachtungseinrichtungen sowie örtl. Prozessleitstand sind


nicht dargestellt.
15 Die im Allg. nur für die Aktorik benötigte hydraulische Hilfsenergieversorgung ist
nicht dargestellt.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 21

Zunächst ist damit aufgezeigt, welche Strukturen eine Automatisierungsanlage prinzi-


piell haben kann. Gleichzeitig ist aber dazu anzumerken, dass auch „Mischstrukturen“
– zum Beispiel durch den teilweisen Einsatz von Bussystemen und entsprechender
klassischer Verdrahtung – projektierbar sind und so auch realisiert werden.
Im Folgenden wird nun dargelegt, wie die im Rahmen der Kernprojektierung auszufüh-
renden Projektierungsleistungen detailliert zu realisieren sind.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

3.3.1 Überblick
Ausgehend von bereits erläutertem Projektablauf (vgl. Abschnitt 2), Kernprojektie-
rungsumfang (Bild 2–5) sowie Einordung der Kernprojektierung (Bild 3–1) hat sich in
der Projektierungspraxis die im Bild 3–7 dargestellte Einordnung der Kernprojektie-
rung bewährt. Bild 3–7 wird deshalb als Leitfaden für die weiteren Ausführungen ge-
nutzt.
Man kann erkennen, dass die Kernprojektierung das sogenannte Detail-Engineering
sowie das Basic-Engineering umfasst. Des Weiteren wird aus Bild 3–7 auch erkenn-
bar, dass die Projektierung der elektrischen, pneumatischen und hydraulischen Hilfs-
energieversorgung parallel zur Kernprojektierung stattfindet.
22 Kernprojektierung

Anfrage/Ausschreibung

x Lastenheft,
x Verfahrensfließschema

Basic-Engineering/An-
gebot
x R&I-Fließschema,
x Auswahl und Dimen-
sionierung von Senso-
rik, Aktorik, Prozes-
sorik sowie Bus-
systemen,
x Erarbeitung des leit-
technischen Mengen-
gerüstes,
x Erarbeitung von Pro-
jektunterlagen als An-
gebotsbasis,
x Angebotserarbeitung
Kernpro-
Auftragsvergabe jektierung

Detail-Engineering
Projektierung der x Erarbeitung von Pflich- Montage-
Hilfsenergie- tenheft sowie EMSR- projektierung
versorgung und Stellenplänen und wei-
-verteilung teren Projektie- x Montageprojekt
rungsunterlagen,
x Elektroprojekt, x Entwurf der Regel-
x Pneumatik- bzw. Steueralgorith-
projekt, men,
x Hydraulikprojekt x Erarbeitung der An-
wendersoftware

Fertigung, Werksabnahme, Mon-


tage und Inbetriebsetzung, Probe-
betrieb/Abnahme, Service

Bild 3–7: Einordnung der Kernprojektierung mit zugeordneten wesentlichen Projektie-


rungsleistungen in den Projektablauf
3.3 Kernprojektierungsinhalt 23

3.3.2 Einordnung und Inhalt von Lastenheft sowie Grund- bzw. Ver-
fahrensfließschema
3.3.2.1 Allgemeines
Die im Bild 3–7 dargestellte Einordnung der Kernprojektierung setzt voraus, dass als
erstes die Projektanforderungen in einem sogenannten Lastenheft, im üblichen Pra-
xisumgang auch als Ausschreibung bekannt, zusammengestellt wurden, wobei im
Allgemeinen gleichzeitig das Verfahrensfließschema vom Auftraggeber mit übergeben
wird.16 Das Lastenheft ist eine wesentliche Vertragsgrundlage für die mit der Planung
sowie dem Bau der Automatisierungsanlage beauftragten Firmen und den späteren
Betreibern. Daher soll im Folgenden zunächst der Aufbau eines Lastenheftes näher
erläutert werden, bevor darauf aufbauend das Verfahrensfließschema betrachtet wird.

3.3.2.2 Lastenheft
Das Lastenheft nach VDI/VDE 3694 definiert allgemein, d. h. sowohl hersteller- als
auch produktneutral, die Projektanforderungen, welche an die Automatisierungsanla-
ge gestellt werden. Im Lastenheft wird also hersteller- sowie produktneutral festgelegt,
Was und Wofür
zu bearbeiten ist. VDI/VDE 3694 [3] empfiehlt, das Lastenheft entsprechend der in
Tabelle 3–1 genannten Gliederungspunkte aufzubauen.

Tabelle 3–1: Gliederung des Lastenheftes nach VDI/VDE 3694


Gliederungspunkt Benennung
1 Einführung in das Projekt
2 Beschreibung der Ausgangssituation (Istzustand)
3 Aufgabenstellung (Sollzustand)
4 Schnittstellen
5 Anforderungen an die Systemtechnik
6 Anforderungen an die Inbetriebnahme und den Einsatz
7 Anforderungen an die Qualität
8 Anforderungen an die Projektabwicklung

Bezüglich Untersetzung dieser Gliederungspunkte wird auf [3] verwiesen.

16 DIN EN ISO 10628 unterscheidet neben Verfahrensfließ- sowie R&I-Fließschema


noch das Grundfließschema, das für die Kernprojektierung jedoch von eher unter-
geordneter Bedeutung ist. Für Beispiele zum Grundfließschema wird auf DIN EN
ISO 10628 verwiesen.
24 Kernprojektierung

3.3.2.3 Grund- bzw. Verfahrensfließschema


Grundfließ-, Verfahrensfließ sowie R&I-Fließschema17 dienen allgemein „der Verstän-
digung der an der Entwicklung, Planung, Montage und dem Betreiben derartiger Anla-
gen beteiligten Stellen über die Anlage selbst oder über das darin durchgeführte Ver-
fahren“ (siehe [4], Teil 1]. Sie bilden daher die Verständigungsgrundlage für alle Per-
sonen, die mit der Anlage bei Errichtung oder Betrieb zu tun haben.
In Tabelle 3–2 werden die Informationsinhalte von Grundfließ-, Verfahrensfließ sowie
R&I-Fließschema miteinander verglichen. Diese Tabelle ist wie eine Kriterienliste zu
verstehen, anhand derer entschieden werden kann, welche Art von Fließschema ab-
hängig vom Informationsbedürfnis derjenigen Personen, die das jeweilige Fließsche-
ma als Arbeitsgrundlage verwenden sollen, geeignet ist. Beispielsweise haben poten-
tielle Investoren, welche die Investitionsmittel zur Errichtung einer neuen Produktions-
anlage bereitstellen sollen, eine mehr betriebswirtschaftlich orientierte Anlagensicht
und damit ein anderes Informationsbedürfnis als die späteren Betreiber dieser Anlage,
die den Informationsgehalt des Grund- oder Verfahrensfließschemas keineswegs als
ausreichend empfinden dürften.

Tabelle 3–2: Vergleich der Informationsinhalte von Grundfließ-, Verfahrensfließ- so-


wie R&I-Fließschema nach DIN EN ISO 10628
Grundfließ- Verfahrens- R&I-Fließ-
Information
schema fließschema schema
Benennung der Ein- und Aus-
x
gangsstoffe
Durchflüsse bzw. Mengen der Ein-
x x
und Ausgangsstoffe/ Hauptstoffe
Benennung von Energien/ Energie-
x x
trägern
Durchflüsse/Mengen von Ener-
x x x
gien/Energieträgern
Fließweg und -richtung von Ener-
x x x
gien/Energieträgern
Fließweg und Fließrichtung der
x
Hauptstoffe
x
Art der Apparate und Maschinen x
(außer Antriebe)
Bezeichnung der Apparate und x
x
Maschinen (außer Antriebe)
Charakteristische Betriebsbedin-
x x
gungen
Kennzeichnende Größen von Ap-
x x
paraten und Maschinen

17 R&I-Fließschema: Rohrleitungs- und Instrumentierungsfließschema


3.3 Kernprojektierungsinhalt 25

(Fortsetzung von Tabelle 3–2)


Grundfließ- Verfahrens- R&I-Fließ-
Information
schema fließschema schema
Kennzeichnende Daten von An-
x x
triebsmaschinen
Anordnung wesentlicher Armaturen x
Bezeichnung von Armaturen x
Höhenlage wesentlicher Appara-
x x
te/Maschinen
Werkstoffe von Apparaten und Ma-
x
schinen
Bezeichnung von Nennweite,
Druckstufe, Werkstoff und Ausfüh- x
rung der Rohrleitungen
Angaben zur Dämmung von Appa-
raten, Maschinen, Rohrleitungen x
und Armaturen
Aufgabenstellung für Mes-
(x) x
sen/Steuern/Regeln
Art wichtiger MSR-Geräte x

Weiterhin ist aus Tabelle 3–2 ersichtlich, dass der Informationsgehalt beginnend beim
Grund- über das Verfahrensfließschema bis hin zum R&I-Fließschema ansteigt und
beim R&I-Fließschema am größten ist. Bezüglich der Zeile „Aufgabenstellung für Mes-
sen/Steuern/Regeln“ wurde das „x“ in der Spalte „Verfahrensfließschema“ in Klam-
mern gesetzt, weil die Aufgabenstellung für Messen/Steuern/Regeln zwar aus dem
Verfahrensfließschema ableitbar, jedoch im Allgemeinen noch nicht darin dargestellt
wird. Das geschieht erst, wenn das Verfahrensfließschema durch Ergänzung mit so-
genannten EMSR-Stellen18 zum R&I-Fließschema ergänzt wird (siehe Abschnitt
3.3.3.1).
Das im Folgenden zu betrachtende Verfahrensfließschema dokumentiert die erforder-
liche Prozesstechnologie einer Produktionsanlage, welche zum Beispiel durch Behäl-
ter, Pumpen, Kolonnen, Armaturen etc. realisiert wird, die mittels normgerechter grafi-
scher Symbole nach DIN EN ISO 10628 dargestellt werden. Wie bereits im Abschnitt
3.3.2.1 erläutert, soll es vom Auftraggeber als Bestandteil der Ausschreibung mit
übergeben werden.19

18 EMSR-Stelle: Elektro-, Mess-, Steuer- und Regelstelle


19 Häufig wird diese Aufgabe auch vom Auftraggeber an Unternehmen (z. B. Inge-
nieurbüros) übertragen, die in seinem Auftrag die Ausschreibung, Vergabe, Pro-
jektplanung, -steuerung und -überwachung übernehmen.
26 Kernprojektierung

Bild 3–8 zeigt ein Verfahrensfließschema, das an Hand eines Reaktors mit Tempera-
turregelstrecke als Beispiel für einen überschaubaren verfahrenstechnischen Prozess
dient. Dieses Verfahrensfließschema wird, wie bereits angesprochen, im Allgemeinen
vom Auftraggeber oder durch ein vom Auftraggeber beauftragtes Ingenieurbüro erar-
beitet.

Bild 3–8: Beispiel eines Verfahrensfließschemas (Station „Reaktor“ des MPS-PA, vgl.
S. 11)20

Wie ebenfalls bereits erläutert, wird mit dem Verfahrensfließschema die zu realisie-
rende Verfahrenstechnologie dokumentiert, wobei bereits in diesem Schema die wich-
tigsten EMSR-Stellen als Vorgabe für die zu projektierende Automatisierungsanlage
eingetragen werden können. Aus dem im Bild 3–8 dargestellten Verfahrensfließsche-
ma sind deshalb für die Automatisierungsanlage folgende allgemeine Anforderungen,
die anschließend im Lastenheft niederzulegen sind, abzuleiten:
x Über ein Heizmodul ist in Verbindung mit einem Widerstandsthermometer sowie
einem Rührer die Temperatur im Behälter zu regeln. Der Rührer soll für die gleich-
mäßige Durchmischung der Flüssigkeit im Behälter sorgen.

20 Im Allgemeinen enthält ein Verfahrensfließschema keine EMSR-Stellen. Wie be-


reits ausgeführt, sind nach Tabelle 3–2 jedoch Ausnahmen möglich. Man be-
schränkt sich in diesen Fällen auf die Darstellung der wichtigsten EMSR-Stellen
(wie z. B. im Bild 3–8).
3.3 Kernprojektierungsinhalt 27

x Als Anforderung für den zu projektierenden Temperaturregelkreis zeigt die bereits


als Vorgabe in das Verfahrensfließschema eingetragene EMSR-Stelle eine Split-
Range-Struktur.
x Der Füllstand soll mittels binärer Grenzwertsensoren überwacht werden, um auf
diese Weise den Trockenlaufschutz sowohl für die Kreiselpumpe des Kühlkreislau-
fes als auch für die Kreiselpumpe zum Abtransport der Flüssigkeit aus dem Behäl-
ter zu realisieren. Gleichzeitig sollen diese Sensoren das Überhitzen der Heizung
durch Einschalten bei leerem Behälter verhindern. Auch dafür sind bereits entspre-
chende EMSR-Stellen im Verfahrensfließschema enthalten.
x Schließlich ist mittels der Ventile V301 bzw. V302 (im Bild 3–8 grau dargestellt) die
Kopplung zu den benachbarten Anlagengruppen zu realisieren.
Um die im Bild 3–8 verwendete Symbolik verstehen und anwenden zu können, wird
nun im Folgenden darauf näher eingegangen. Eine Auswahl häufig in Verfahrensfließ-
schemata und damit gleichzeitig auch in R&I-Fließschemata verwendeter Symbole ist
in Bild 3–10 bis Bild 3–13 dargestellt. Ergänzend zu DIN EN ISO 10628 [4] ist dabei
DIN 2429 [6] zu beachten. Damit wird beispielsweise ermöglicht, bereits im Verfah-
rensfließschema den Stellantrieb einer Ventilstelleinrichtung, z. B. als Membran-
stellantrieb, zu spezifizieren und mit einem entsprechenden Symbol im Verfahrens-
fließschema darzustellen (Bild 3–9).

M H

allgemein elektromotorisch pneumatisch handbetätigt

Bild 3–9: Spezifizierung von Stellantrieben nach DIN 2429


28 Kernprojektierung

Sachgruppe 1 Sachgruppe 4 Sachgruppe 7

Wärmeübertrager Wärmeübertrager Kühlturm Industrieofen


mit Kreuzung ohne Kreuzung
Becken Behälter der Fließlinien Abscheider
der Fließlinien

Sachgruppe 2 Sachgruppe 5 Sachgruppe 8

Kolonne, Fluid- Flüssigkeits- Gasfilter,


Behälter mit Einbauten filter filter Luftfilter Zentrifuge

Sachgruppe 3 Sachgruppe 6 Sachgruppe 9

Einrichtung zum Siebapparat Sichter Sortierapparat


Beheizen oder
Kühlen, allgemein Trockner

Bild 3–10: Ausgewählte Symbole für Verfahrensfließ- sowie R&I-Fließschemata


(Sachgruppe 1-9) nach DIN EN ISO 10628

Sachgruppe 10 Sachgruppe 13 Sachgruppe 16

Stetigförderer (allgemein)

Zerklei- Brecher Mühle Formgebungsmaschine


nerungs- allgemein, Vergröße-
maschine rungsvorrichtung Bandförderer mit Zufuhr und Entleerung

Sachgruppe 11 Sachgruppe 14 Sachgruppe 17

Rührer Pumpe Kolben- Kreisel- Waage


(allg.) pumpe pumpe

Sachgruppe 12 Sachgruppe 15 Sachgruppe 18

Verdichter, Kompres- Zuteiler für Zerteilerelement für


Mischer Kneter
sor, Vakuumpumpe Ventilator feste Stoffe Fluide, Spritzdüse

Bild 3–11: Ausgewählte Symbole für Verfahrensfließ- sowie R&I-Fließschemata


(Sachgruppe 10-18) nach DIN EN ISO 10628
3.3 Kernprojektierungsinhalt 29

Sachgruppe 19 Sachgruppe 21
D
Antriebsmaschine Absperrarmatur Absperrarmatur in Dreiwegearmatur
allgemein Eckform allgemein allgemein

Absperrventil Absperrventil in (Absperr-)


allgemein Eckform allgemein Dreiwegeventil

Absperrhahn Absperrhahn in Dreiwegehahn


allgemein Eckform allgemein allgemein

Absperrschieber Absperrklappe

Sachgruppe 20 Sachgruppe 22

Rückschlagarmatur Rückschlagventil Rückschlagklappe


Schornstein, Kamin Elektrolysezelle allgemein

Bild 3–12: Ausgewählte Symbole für Verfahrensfließ- sowie R&I-Fließschemata


(Sachgruppe 19-22) nach DIN EN ISO 10628

Sachgruppe 23 Sachgruppe 25

Armatur mit stetigem Schauglas Kondensatableiter


Stellverhalten

Pfeil für Ein- bzw. Ausgang Eingang Ausgang


wichtiger Stoffe

Sachgruppe 24 Sachgruppe 26

Bezugszeichen für Niveau- Phasengrenzfläche


angabe, Phasengrenzfläche

Be- und Entlüf- Sicherheitsventil in


tungsarmatur, Eckform mit Feder-
Überdruck-bzw. belastung Rohr- Rohr-
Unterdruck- Grenze allgemein Werkstoff a /
leitungs- leitungs-
sicherung Werkstoff b
klasse klasse
ABC DEF

Bild 3–13: Ausgewählte Symbole für Verfahrensfließ- sowie R&I-Fließschemata


(Sachgruppe 23-26) nach DIN EN ISO 10628
30 Kernprojektierung

Im Verfahrensfließ- und daher auch im R&I-Fließschema werden Apparate, Maschi-


nen und Geräte sowie Armaturen häufig mit Kennbuchstaben gemäß DIN 28004
(Teil 4) [5] versehen, die in Tabelle 3–3 bzw. Tabelle 3–4 aufgeführt sind.

Tabelle 3–3: Kennbuchstaben für Maschinen, Apparate und Geräte nach DIN 28004
Kennbuch-
Bedeutung
stabe
Apparat, Maschine, soweit nicht in eine der nachstehenden Gruppen
A
einzuordnen
B Behälter, Tank, Silo, Bunker
C Chemischer Reaktor
D Dampferzeuger, Gasgenerator, Ofen
Filterapparat, Flüssigkeitsfilter, Gasfilter, Siebapparat, Siebmaschine,
F
Abscheider
G Getriebe
H Hebe-, Förder-, Transporteinrichtung
K Kolonne
M Elektromotor
P Pumpe
R Rührwerk, Rührbehälter mit Rührer, Mischer, Kneter
S Schleudermaschine, Zentrifuge
T Trockner
V Verdichter, Vakuumpumpe, Ventilator
W Wärmeaustauscher
X Zuteil-, Zerteileinrichtung, sonstige Geräte
Y Antriebsmaschine außer Elektromotor
Z Zerkleinerungsmaschine
3.3 Kernprojektierungsinhalt 31

Tabelle 3–4: Kennbuchstaben für Armaturen nach DIN 28004


Kennbuch-
Bedeutung
stabe
A Ableiter (Kondensatableiter)
F Filter, Sieb, Schmutzfänger
G Schauglas
H Hahn
K Klappe
R Rückschlagarmatur
S Schieber
V Ventil
X Sonstige Armatur
Y Armatur mit Sicherheitsfunktion

Mit den vorliegenden Erläuterungen sind die Grundlagen dafür geschaffen, Verfah-
rensfließschemata verstehen bzw. solche selbstständig entwickeln zu können.

3.3.3 Basic-Engineering
3.3.3.1 R&I-Fließschema
Auf Basis des bereits erläuterten Verfahrensfließschemas wird nun das sogenannte
R&I-Fließschema (Rohrleitungs- und Instrumentierungsfließschema)21 als eines der
wichtigsten Engineeringdokumente des Automatisierungsprojekts erstellt und als Be-
standteil des Angebotes dem Auftraggeber zusammen mit der Kalkulation überge-
ben.22
Das R&I-Fließschema (vgl. Bild 3–14) beinhaltet das Verfahrensfließschema, erweitert
um die für die Automatisierung erforderlichen EMSR-Stellen (Elektro-, Mess-, Steuer-
und Regelstellen), welche man synonym oft auch als PLT-Stellen (Prozessleittechni-
sche Stellen) bezeichnet. Darüberhinaus enthält das R&I-Fließschema, wie bereits in
Tabelle 3–2 ausgeführt, häufig auch Angaben zu relevanten verfahrenstechnischen
Kenngrößen wie Maximaldrücken, Behältervolumina, Rohrleitungsnennweiten und
weiteren Kenngrößen (z. B. Höhenniveaus).

21 Zum Informationsgehalt des R&I-Fließschemas siehe Tabelle 3–2.


22 Ausführungen zu Angebotsaufbau und Kalkulation folgen im Abschnitt 7.
32 Kernprojektierung

Bild 3–14: Beispiel eines R&I-Fließschemas (Stat. „Reaktor“ des MPS-PA, vgl. S. 11)

Mit dem R&I-Fließschema erarbeitet der Projektierungsingenieur die erste verbindli-


che Projektunterlage. Bevor nun das R&I-Fließschema mit detaillierten Projektunterla-
gen untersetzt werden kann, muss zunächst die für die Kennzeichnung der im R&I-
Fließschema dargestellten EMSR-Stellen benutzte Symbolik erläutert werden. Den
allgemeinen Aufbau eines EMSR-Stellensymbols nach DIN 19227 zeigt Bild 3–15.

Kennzeichnung der EMSR-Stellenfunktion gemäß Bild 3–22

EMSR-Stellen-Kennzeichnung (z. B. lfd. Nr.)

Bild 3–15: Allgemeiner Aufbau eines EMSR-Stellensymbols nach DIN 19227


3.3 Kernprojektierungsinhalt 33

Im oberen Teil des EMSR-Stellensymbols wird die Funktionalität der EMSR-Stelle mit
einem Buchstabenkode dargestellt, auf den später noch eingegangen wird. Der untere
Teil enthält identifizierende Bezeichnungen, wofür meist laufende Nummern ent-
sprechend der Nomenklatur einer Projektierungsfirma verwendet werden.24 Aus der
äußeren Form des EMSR-Stellensymbols sind ebenfalls wichtige Informationen ab-
leitbar. Bevor hierauf näher eingegangen wird, gibt Bild 3–16 zunächst einen Über-
blick zu den in der Anlagenautomatisierung häufig verwendeten Formen von EMSR-
Stellensymbolen.

Bedienung Bedienung und Bedienung und


und Beobach- Beobachtung Beobachtung
tung örtlich in der Prozess- im örtlichen
leitwarte Leitstand

EMSR-Funktionen (allge- * * *
mein), realisiert durch Ein-
zelautomatisierungsmittel

EMSR-Funktionen, realisiert
*
mittels Prozessleitsystemen

EMSR-Funktionen, realisiert
mittels SPS-Technik

* in der Anlagenautomatisierung überwiegend angewendete Symbole


Bild 3–16: Überblick häufig verwendeter EMSR-Stellensymbole nach DIN 19227

Abhängig von der Länge der Einträge in den EMSR-Stellensymbolen werden als For-
men häufig auch die im Bild 3–17 gezeigten modifizierten Symbole verwendet.

24 In diesem Zusammenhang bezeichnet man auch die Systematik der Kennzeich-


nung von Anlagenkomponenten und EMSR-Stellen als Anlagen- und Apparate-
kennzeichen (AKZ). Innerhalb einer Industrieanlage sichert deshalb das AKZ die
eindeutige Zuordnung von Anlagenkomponenten und EMSR-Stellen zu Teilanla-
gen und Anlagen. Im Bereich der Kraftwerksautomatisierung wird hierfür bei-
spielsweise das Kraftwerkskennzeichnungssystem (KKS) benutzt.
34 Kernprojektierung

EMSR-Funktionen, darge-
stellt mittels Langrund,
Rechteck mit einbeschrie-
benem Langrund sowie
Langsechseck

Bild 3–17: Modifizierte Symbole zur Darstellung von EMSR-Stellenfunktionen

Zu Bild 3–16 sind folgende Hinweise zu beachten:


1. Das EMSR-Stellensymbol für EMSR-Funktionen, die mittels Prozessleitsy-
stemen realisiert werden und deren Bedienung und Beobachtung örtlich er-
folgt, ist der Vollständigkeit halber mit aufgeführt, besitzt für die verfahrens-
technische Praxis jedoch kaum nennenswerte Relevanz.
2. DIN 19227 wortwörtlich folgend, sollen die in der vierten Zeile verwendeten
Symbole für EMSR-Funktionen verwendet werden, die mit Prozessrechnern
realisiert werden. Um Bild 3–16 sowie die nachfolgenden Ausführungen kon-
kretisieren zu können, wird anstelle des älteren Begriffs „Prozessrechner“ der
modernere Begriff „SPS-Technik“ verwendet.
Bild 3–16 ist sowohl zeilenweise als auch spaltenweise zu betrachten – zunächst wird
es zeilenweise betrachtet.
Symbole zur allgemeinen Darstellung von EMSR-Funktionen (zweite Zeile im
Bild 3–16) werden bei Standardinstrumentierungen verwendet, das heißt, die EMSR-
Stelle besteht aus einer Messeinrichtung, einer Stelleinrichtung und der separaten
Prozessorik (z. B. in Form eines Kompaktreglers). Die Symbole für EMSR-Funktionen,
die mit Prozessleitsystemen realisiert werden (dritte Zeile im Bild 3–16), weisen auf
den Einsatz eines Prozessleitsystems (bestehend aus miteinander vernetzter SPS-
Technik sowie daran angeschlossener Bedien- und Beobachtungseinrichtung25) hin,
das aber wie bei der bereits erwähnten Standardinstrumentierung ebenfalls mit Mess-
bzw. Stelleinrichtungen im Feld zu verbinden ist. Die Symbole für EMSR-Funktionen,
die mittels nicht vernetzter SPS-Technik (mit oder ohne daran angeschlossener Be-
dien- und Beobachtungseinrichtung26) realisiert werden (vierte Zeile im Bild 3–16),
finden gleichfalls bei Standardinstrumentierungen Anwendung, wobei die EMSR-Stelle
aus Mess- bzw. Stelleinrichtung sowie als Prozessorik der separaten SPS (ggf. auch
integriert in ein Operatorpanel) besteht.
Bild 3–16 wird nunmehr spaltenweise betrachtet. Bei den EMSR-Stellensymbolen in
der zweiten Spalte handelt es sich um EMSR-Stellen, die sich ausschließlich im Feld
befinden und daher die Bedienung und Beobachtung mit örtlichen Bedien- und Beob-
achtungseinrichtungen zu realisieren ist. Die durch eine waagerechte Linie mittig ge-
teilten Symbole in der dritten Spalte weisen darauf hin, dass sich die EMSR-Stellen
vom Feld über den Schaltraum bis in die Prozessleitwarte erstrecken und demzufolge

25 z. B. Bedien- und Beobachtungsrechner oder Operator-Panel


26 Die Bedien- und Beobachtungseinrichtung kann in diesem Fall z. B. aus einem vor
Ort, im örtlichen Leitstand oder in der Prozessleitwarte installierten Bedien- und
Beobachtungsrechner bestehen.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 35

die Bedien- und Beobachtungseinrichtungen in der Prozessleitwarte installiert sind


(Standardinstrumentierung). Sind die Symbole durch zwei waagerechte Linien mittig
geteilt (vierte Spalte), so erstrecken sich die EMSR-Stellen vom Feld bis zum örtlichen
Prozessleitstand (z. B. örtlicher Maschinenleitstand einer Kraftwerksturbine).
Schließlich ist die Funktionalität der EMSR-Stelle (z. B. separate Messstelle, Regel-
kreis, oder binäre Steuerung) festzulegen. Dafür werden Kennbuchstaben nach DIN
19227 benutzt (vgl. EMSR-Stellen im Bild 3–14 bzw. [9]), die im oberen Teil des
EMSR-Stellensymbols (vgl. Bild 3–15) einzutragen sind und nachfolgend beispielhaft
erläutert werden (Bild 3–18 bis Bild 3–21).

EMSR-Stelle 1 (Druckmessung in einem Behälter mit Anzeige in


der Prozessleitwarte)

PI PDI
305 707 EMSR-Stelle 3
Behälter (Differenzdruckmes-
sung an einer Rohr-
leitung mit Anzeige
vor Ort)
LIAL
306
Rohrleitung
EMSR-Stelle 2
(Füllstandsmessung in einem Behälter mit Anzeige und
Störungsmeldung bei Erreichen des unteren Grenzwer-
tes in der Prozessleitwarte)
Legende: P - Druck (Erstbuchstabe), L - Füllstand (Erstbuchst.), D - Differenz (Ergänzungs-
buchst.); I - Anzeige (1. Folgebuchst.), A - Alarmierung / Störungsmeldung (2. Folgebuchst.);
L - unterer Grenzwert (3. Folgebuchst.)
Bild 3–18: Beispiele zur Darstellung von Messstellen im R&I –Fließschema.

Betrachtet wird ein Behälter bzw. Apparat (Bild 3–18), der mit verschiedenen EMSR-
Stellen ausgerüstet ist. Es wurden als typische Messstellen für verfahrenstechnische
Prozesse Druckmessungen und eine Füllstandsmessung projektiert. Die Funktionalität
dieser Messstellen ist aus den jeweiligen Kennbuchstaben erkennbar. Das bedeutet
im Einzelnen, die EMSR-Stelle PI 305 ist eine Druckmessstelle: Erstbuchstabe27„P“
(engl. pressure) für Druck sowie Folgebuchstabe „I“ (engl. indication) für die analoge
Anzeige des gemessenen Drucks. Des Weiteren zeigt die waagerechte Linie im Sym-

27 Die im Folgenden verwendeten Bezeichnungen Erstbuchstabe, Ergänzungsbuch-


stabe und Folgebuchstabe resultieren aus der Kodetabelle nach DIN19227. Ach-
tung: Je nachdem, ob ein Buchstabe als Erstbuchstabe, Ergänzungs- oder Folge-
buchstabe verwendet wird, kann der gleiche Buchstabe verschiedene Bedeutun-
gen haben! Bsp. Kennbuchstabe „L“: Bei Verwendung als Erstbuchstabe steht „L“
für die Messgröße „Füllstand“ (engl. level), bei Verwendung als Folgebuchstabe
steht „L“ für den unteren Grenzwert (engl. low).
36 Kernprojektierung

bol dieser EMSR-Stelle, dass sich die Verkabelung vom Feld (Sensor/Aktor vor Ort)
bis in die Prozessleitwarte (Anzeigegerät) erstreckt (vgl. auch Bild 3–4). In EMSR-
Stelle PDI 707 ist gleichfalls eine Druckmessung installiert, bei der aber im Unter-
schied zur EMSR-Stelle PI 305 ein sogenannter Ergänzungsbuchstabe auftritt, in die-
sem Fall „D“ für Differenz (engl. difference), welcher folglich auf eine Differenzdruck-
messung hinweist, und schließlich wird an dritter Stelle mit dem Folgebuchstaben „I“
die analoge Anzeige gekennzeichnet. Ein weiterer Unterschied zwischen EMSR-Stelle
PI 305 und EMSR-Stelle PDI 707 besteht bezüglich der waagegerechten Linie und
verdeutlicht, dass PDI 707 eine örtliche EMSR-Stelle ist. Die zu PDI 707 gehörenden
Mess- bzw. Stelleinrichtungen, Regler bzw. Steuerungen sowie Bedien- und Beobach-
tungseinrichtungen sind also im Feld angeordnet. In EMSR-Stelle LIAL 306 schließlich
ist eine Füllstandsmessung installiert: Erstbuchstabe „L“ (engl. level) für den Füllstand,
erster Folgebuchstabe „I“ für die analoge Anzeige des Füllstandes, zweiter Folge-
buchstabe „A“ (engl. alarm) für Störungsmeldung, dritter Folgebuchstabe L (engl. low)
für Störungsmeldung bei Erreichen des unteren Füllstandsgrenzwertes. Es ist bereits
nach diesen Beispielen hervorzuheben, dass es eine Standardaufgabe des Projektie-
rungsingenieurs ist, für jede erforderliche EMSR-Stelle die richtigen Kennbuchstaben
auszuwählen.
Als weitere Beispiele werden EMSR-Stellen für einen Durchfluss- und einen Füll-
standsregelkreis dargestellt. Für beide EMSR-Stellen ist auch die im R&I-Fließschema
übliche Kennzeichnung von Regelgröße x und Stellgröße y erkennbar, weil die Ver-
bindung zwischen Messort und EMSR-Stellensymbol durch eine Voll- bzw. zwischen
EMSR-Stellensymbol und Stellort durch eine strichlierte Linie dargestellt wurde (siehe
28
Bild 3–19). Die EMSR-Stelle FIC 315 (Bild 3–20a) zeigt einen Durchflussregelkreis.
Dabei wird die zu regelnde Prozessgröße „Durchfluss“ mit dem Erstbuchstaben „F“
(engl. flow) für Durchfluss/Durchsatz gekennzeichnet und der erste Folgebuchstabe „I“
für die analoge Anzeige des momentanen Durchflusswertes verwendet. Der zweite
Folgebuchstabe „C“ (engl. control) kennzeichnet die Funktion des selbsttätigen Re-
gelns.

Wirkungsweg EMSR-Stelle o Stellort


(strichlierte Linie) EMSR-Stellen-
symbol
Allg. Darstel- (vgl. Bild 3–15)
Allg. Darstellung
des Stellantriebs lung des
Messortes *) Wirkungsweg
Stellventil Messort o
EMSR-Stelle
Stellort mit installierter Ventilstelleinrichtung (Volllinie)
(bei Hilfsenergieausfall schließend)
*) Alternativ kann der Kreis zur Darstellung des Messortes auch weggelassen werden.
Bild 3–19: Darstellung der Wirkungswege zwischen EMSR-Stellensymbol und Mess-
bzw. Stellort

28 Die Linienstärke für diese Voll- bzw. strichlierten Linien beträgt üblicherweise 50%
der Linienstärke für Rohrleitungen, Armaturen, Behälter, Maschinen und Apparate.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 37

Die zweite EMSR-Stelle LIC 320 (Bild 3–20b) repräsentiert einen Füllstandsregelkreis,
wobei die zu regelnde Prozessgröße „Füllstand“ durch den Erstbuchstaben „L“ ge-
kennzeichnet ist und der erste Folgebuchstabe „I“ wieder die analoge Anzeige des
momentanen Wertes der Prozessgröße „Füllstand“ sowie der zweite Folgebuchstabe
„C“ das selbsttätige Regeln kennzeichnet. Die in beiden EMSR-Stellen eingetragene
waagerechte Linie zeigt, dass gemäß Bild 3–16 die Bedienung und Beobachtung in
der Prozessleitwarte realisiert wird und sich daher die Verkabelung beider EMSR-
Stellen von der Feldebene aus über den Schaltraum bis in die Prozessleitwarte er-
streckt.
a) Durchflussregelung an einer Rohrleitung mit Anzeige der
Regelgröße in der Prozessleitwarte
FIC
315
Stellsignal Messsignal (Regelgröße x)
Behälter (Stellgröße y)

(zum Verbraucher)
Pumpe

Legende zu a: F-Durchfluss (Erstbuchst.), I-Anzeige (1. Folgebuchst.),


C - Regelung (2. Folgebuchst.)

Füllstandsregelung in einem Behälter mit Anzeige


b) der Regelgröße in der Prozessleitwarte

LIC
320
Stellsignal Messsignal
(Stellgröße y) (Regelgröße x)
Zu-
fluss
Pumpe Behälter
Abfluss

(zum Verbraucher)

Legende zu b: L-Füllstand (Erstbuchst.), I-Anzeige (1. Folgebuchst.),


C -Regelung (2. Folgebuchst.)

Bild 3–20: Beispiele zur Darstellung von Regelkreisen im R&I-Fließschema

Ein weiteres Beispiel soll die Darstellung binärer Steuerungen im R&I-Fließschema


erläutern. Im Bild 3–21 wird gezeigt, wie neben der bereits bekannten EMSR-Stelle
LIC 320 für die Füllstandsregelung mittels EMSR-Stelle LSO± 322 eine binäre Steue-
rung im R&I-Fließschema dargestellt wird. Die Kennzeichnung dieser EMSR-Stelle
beginnt mit dem Erstbuchstaben „L“ entsprechend der zu steuernden Prozessgröße
(hier Füllstand). Der erste Folgebuchstabe „S“ kennzeichnet die Funktion der binären
Ablauf-/Verknüpfungssteuerung. Mit dem zweiten Folgebuchstaben „O“ wird ein Sicht-
38 Kernprojektierung

zeichen im Sinne einer binären Anzeige („H“ oder „+“ bzw. „L“ oder „–“) deklariert. Im
Unterschied zu den EMSR-Stellen für Regelkreise oder Messstellen zeigt Bild 3–21
anhand der EMSR-Stelle LSO± 322 auch, dass mehrere Eingangssignale, zum Bei-
spiel hier die Binärsignale der Sensoren für den oberen bzw. unteren Füllstands-
grenzwert, dem in dieser EMSR-Stelle realisierten Steueralgorithmus zugeführt und
verarbeitet werden können. Dazu wird die Verbindung zwischen Binärsensoren und
EMSR-Stellensymbol als Volllinie und in entsprechender Weise die Verbindung zwi-
schen EMSR-Stellensymbol und Stelleinrichtungen strichliert dargestellt.

Füllstandsregelung in einem Behälter mit Anzeige der Regelgröße


in der Prozessleitwarte
Ablauf-/Verknüpfungssteuerung zur Füll-
standsüberwachung an einem Behälter
mit Sichtzeichen in der Prozessleitwarte bei
LIC Erreichen des oberen bzw. unteren Füll-
320
standsgrenzwertes

Zufluss

Stell- Auf-Zu- LSO±


ventil Ventil 322

Abfluss

(zum Verbraucher)

Legende: L – Füllstand (Erstbuchstabe), S – Ablauf-/Verknüpfungssteuerung


(1. Folgebuchstabe), O – Sichtzeichen für oberen (High,+) bzw. unteren (Low,–)
Füllstandsgrenzwert

Bild 3–21: Beispiel zur Darstellung binärer Steuerungen im R&I-Fließschema

Nachdem die Anwendung der Kennbuchstaben für die EMSR-Technik nach DIN
19227 [9] an ausgewählten Beispielen demonstriert wurde, zeigt Bild 3–22 eine an
[10] angelehnte zusammenfassende Zuordnung der Kennbuchstaben zur jeweiligen
Bedeutung. Bild 3–22 enthält in
x Tabelle 1 bzw. Tabelle 2 Kennbuchstaben, welche als Erst- bzw. Ergänzungsbuch-
staben verwendet werden und eine Messgröße oder andere Eingangsgröße sowie
ein Stellglied kennzeichnen,
x Tabelle 3 Kennbuchstaben, die als Folgebuchstaben verwendet werden und die
Verarbeitung der in Tabelle 1 bzw. Tabelle 2 aufgeführten Messgrößen oder ande-
ren Eingangsgrößen sowie des Stellgliedes kennzeichnen.
Tab. 1: Erstbuchstabe Tab. 2: Ergänzungsbuchstabe Tab. 3: Folgebuchstabe
D Dichte D Differenz A Störungsmeldung
E elektrische Größen F Verhältnis C Selbsttätige Regelung
F Durchfluss, Durchsatz J Messstellenabfrage E Aufnehmerfunktion
Abstand, Länge, Stellung, Q Integral, Summe I Anzeige
G
Dehnung, Amplitude
Sichtzeichen, Ja/Nein-Anzeige
O
H Handeingabe, Handeingriff (nicht Störungsmeldung)
K Zeit R Registrierung
3.3 Kernprojektierungsinhalt

L Stand (auch von Trennschicht) Schaltung, Ablauf- oder


S
Verknüpfungssteuerung
M Feuchte
T Messumformer-Funktion
P Druck
V Stellgeräte-Funktion
Stoffeigenschaft, Qualitätsgrößen,
Q
Analyse (außer D, M, V) Y Rechenfunktion
R Strahlungsgrößen Noteingriff, Schutz durch Aus-
Beispiel: FFIC Z lösung, Schutzeinrichtung,
S Geschwindigkeit, Drehzahl, Freq.
sicherheitsrelevante Meldung
Erstbuch-
T Temperatur Durchfluss
stabe H bzw. + Oberer Grenzwert
U zusammengesetzte Größen Unterer Grenzwert
Ergänzungs- Verhältnis L bzw. -
V Viskosität buchstabe (-messung) Zwischenwert
/
W Gewichtskraft, Masse Reihenfolge mehrerer Funktionen: I, R, C;
1. Folge-
X sonstige Größen buchstabe
Anzeige daran anschließend ist Reihenfolge frei

Bild 3–22: Kennbuchstaben für die EMSR-Technik nach DIN 19227


wählbar (verbreitet: S, O, Z, A).
2. Folge- Selbsttätige
buchstabe Regelung
39
40 Kernprojektierung

So überschaubar die Anwendung der Kennbuchstaben gemäß Bild 3–22 zunächst


scheint, so schwierig erweist sie sich im Detail. Das betrifft im Einzelnen die Verwen-
dung von
x Kennbuchstabe „S“ als Folgebuchstabe (vgl. Bild 3–22, Tabelle 3),
x EMSR-Stellenkennzeichnung „US“,
x EMSR-Stellenkennzeichnung „EU“.
Im Folgenden wird auf diese Problemkreise näher eingegangen.

Verwendung des Kennbuchstabens „S“ als Folgebuchstabe


Aufgrund in DIN 19227 noch nicht enthaltener diesbezüglicher Anwendungshinweise
wird hier – unabhängig davon, ob dem Kennbuchstaben „S“ weitere Kennbuchstaben
folgen – folgende Verwendung vorgeschlagen:
x Ist die betrachtete EMSR-Stelle nicht mit einer übergeordneten EMSR-Stelle (z. B.
Steuerung oder Regelung) verbunden, so steht der Kennbuchstabe „S“ für Ab-
lauf-/Verknüpfungssteuerung.29
x Ist die betrachtete EMSR-Stelle mit einer übergeordneten EMSR-Stelle (z. B.
Steuerung oder Regelung) verbunden, so steht der Kennbuchstabe „S“ mit „+“
und/oder „-“ für Schaltung bei Erreichen des oberen bzw. unteren Grenzwertes.
Aus diesem Vorschlag kann man entnehmen, dass z. B. zur Darstellung der Verarbei-
tung des oberen Grenzwertes (erzeugt in einer „Ursprungs“-EMSR-Stelle) in einer
übergeordneten EMSR-Stelle im Buchstabencode der „Ursprungs“-EMSR-Stelle der
Kennbuchstabe „S“ in Verbindung mit dem „+“-Zeichen verwendet werden muss, d. h.
der Kennbuchstabe „O“ (Sichtzeichen) gemäß Bild 3–22 ist hierfür alleine nicht aus-
reichend.

Verwendung der EMSR-Stellenkennzeichnung „US“


Werden Stelleinrichtungen in Abhängigkeit von Signalen anderer EMSR-Stellen durch
einen Steueralgorithmus gesteuert (vgl. z. B. Bild 3–60), dann ist es sinnvoll, hierfür
eine EMSR-Stelle mit der EMSR-Stellenkennzeichnung „US“ vorzusehen, die mit den-
jenigen EMSR-Stellen, welche die Eingangssignale für den Steueralgorithmus liefern,
durch eine strichlierte Wirkungslinie verbunden ist. In der EMSR-Stelle mit der Kenn-
zeichnung „US“ wird der Steueralgorithmus abgearbeitet, d. h. diese EMSR-Stelle
steuert mit den entsprechenden Ausgangssignalen die jeweiligen Stelleinrichtungen
an. Die betreffenden Stelleinrichtungen ihrerseits sind also ebenfalls durch strichlierte
Wirkungslinien mit dieser EMSR-Stelle zu verbinden (siehe Bild 3–60).

Verwendung der EMSR-Stellenkennzeichnung „EU“


EMSR-Stellen mit der Kennzeichnung „EU“ charakterisieren nach DIN 19227 die so-
genannte Motorstandardfunktion, die sich aus den Einzel-Funktionen

29 In diesem Fall ist der Kennbuchstabe „S“ sinnvollerweise ohne „+“ und/oder „-“ zu
verwenden!
3.3 Kernprojektierungsinhalt 41

x Handschaltung (EMSR-Stellenkennzeichnung „HS±“),


x Laufanzeige mit Sichtzeichen (EMSR-Stellenkennzeichnung „SO±“),
x Anzeige des durch den Motor fließenden elektrischen Stromes (EMSR-Stellen-
kennzeichnung „EI“)
zusammensetzt. Durch Zusammenfassung der genannten Einzelfunktionen zu einer
Standardfunktion wird einerseits das R&I-Fließschema übersichtlicher, andererseits
bietet sich die Verwendung der EMSR-Stellenkennzeichnung „EU“ in denjenigen Fäl-
len an, bei denen sich zwischen Stellsignal und Motor ein in der Schaltanlage befindli-
ches sogenanntes Motor-Control-Center (MCC) bzw. ein Verbraucherabzweig befin-
det,30 womit die genannten Einzel-Funktionen in komfortabler Weise realisiert werden.
Des Weiteren verdeutlichen die in Bild 3–18 bis Bild 3–21 dargestellten Auszüge aus
dem R&I-Fließschema der Gesamtanlage auch die unterschiedliche Nutzung der
Stelltechnik, wobei Stelleinrichtungen mit pneumatischer Hilfsenergie und elektrischer
Hilfsenergie betrachtet werden. Wie aus der eingetragenen Symbolik für diese Stell-
einrichtungen ersichtlich wird, werden sowohl von den Regelkreisen als auch von den
binären Steuerungen diese Stelleinrichtungen bedient. Dabei ist aus dem R&I-Fließ-
schema eindeutig erkennbar, dass in Regelkreisen – bis auf Ausnahme des Zwei-
punkt- bzw. Dreipunktregelkreises – meistens analoge Stelleinrichtungen (z. B. analo-
ge Stellventile) eingesetzt werden, während eine binäre Steuerung stets binäre Stell-
einrichtungen (z. B. binäre Stellventile wie Auf-Zu-Ventile) bedient. In diesem Zusam-
menhang spielt die sogenannte Vorzugsrichtung von Stelleinrichtungen bei Ausfall der
Hilfsenergieversorgung eine bedeutsame Rolle für die Anlagensicherheit, weil die
Stelleinrichtungen im Havariefall auch ohne Hilfsenergieversorgung selbsttätig einen
sicheren Anlagenzustand herbeizuführen haben.
Bild 3–23 zeigt die in der Anlagenautomatisierung typischen Verhaltensweisen am
Beispiel von Ventilstelleinrichtungen.
Die jeweils eingezeichnete Pfeilrichtung kennzeichnet das Verhalten dieser Stellein-
richtungen bei Hilfsenergieausfall. Die Festlegung dieses Verhaltens ist für die Anla-
gensicherheit von ausschlaggebender Bedeutung und daher ein wesentlicher Projek-
tierungsschritt, durch den bereits im R&I-Fließschema eindeutig festgelegt wird, wel-
che Vorzugslage eine Stelleinrichtung einnimmt. Die gleichfalls im Bild 3–23 erfassten
elektrischen Stellantriebe verharren im Unterschied zu den pneumatischen Stellan-
trieben bei Hilfsenergieausfall in der jeweils erreichten Position. Dieses Verhalten ist,
wie oben bereits angesprochen, vom Projektierungsingenieur für die richtige Auswahl
der Stelleinrichtung zum sicheren Betrieb des verfahrenstechnischen Prozesses zu
berücksichtigen.
Es kann also festgestellt werden, dass mit dem R&I-Schema die erforderlichen
EMSR-Stellen projektiert sowie die Anforderungen an die Automatisierungsanlage
erfasst und dokumentiert sind.

30 Ob Motoren über Motor-Control-Center (MCC) oder Verbraucherabzweige (VA)


angesteuert werden, hängt von der zu schaltenden Leistung ab. Verbraucherab-
zweige werden meist bis ca. 11 kW zu schaltende Leistung eingesetzt. Siehe hier-
zu Beispiel eines Verkabelungskonzepts im Anhang 4.
42 Kernprojektierung

Symbol Bedeutung im R&I-Fließschema

Ventilstelleinrichtung,
bei Hilfsenergieausfall schließend

Ventilstelleinrichtung,
bei Hilfsenergieausfall öffnend

Ventilstelleinrichtung,
bei Hilfsenergieausfall verharrend

31
Bild 3–23: Typisches Verhalten von Stelleinrichtungen bei Hilfsenergieausfall am
Beispiel von Ventilstelleinrichtungen
Die Projektierung einer Automatisierungsanlage erfordert eine weitere Detaillierung
der projektierten EMSR-Stellen, das heißt, es ist die Frage zu stellen, welche Automa-
tisierungsmittel im Einzelnen für die technische Realisierung einer EMSR-Stelle ein-
zusetzen sind. Diese Aufgabe wird durch Auswahl und Dimensionierung von Mess-
bzw. Stelleinrichtungen sowie Prozessorik und Bussystemen gelöst (vgl. Abschnitt
3.3.3.3).

3.3.3.2 EMSR Stellenliste sowie EMSR-Stellen- und Signalliste


Um die im R&I-Fließschema mittels EMSR-Stellen dargestellten Informationen im
Projektierungsprozess strukturiert weiterverarbeiten zu können, ist eine Bündelung
dieser Informationen erforderlich. Hierzu wird meist die EMSR-Stellenliste benutzt, in
der tabellarisch alle EMSR-Stellen aus dem R&I-Fließschema mit wesentlichen er-
gänzenden Informationen wie z. B. zur Prozessgröße und den Verarbeitungsfunktio-
nen erfasst werden. Mit welchem Detaillierungsgrad ergänzende Informationen in der
EMSR-Stellenliste dargestellt werden, ist hauptsächlich vom jeweils vorliegenden
Anwendungsfall abhängig. Bild 3–24 zeigt beispielhaft eine EMSR-Stellenliste. Ab-
hängig vom jeweils vorliegenden Anwendungsfall ist auch eine komplexere Ausfüh-
rung der EMSR-Stellenliste denkbar, aus der mit Blick auf die Erarbeitung der Anwen-
dersoftware (vgl. Abschnitt 3.4.5) hervorgeht, welche Signale in der jeweils betrachte-
ten EMSR-Stelle zu berücksichtigen sind. Hierdurch wird die EMSR-Stellenliste zur
EMSR-Stellen- und Signalliste.

31 Neben den im Bild 3–23 dargestellten Symbolen sind in DIN 19227 weitere Sym-
bole für das Verhalten von Stelleinrichtungen bei Hilfsenergieausfall definiert, d. h.
Bild 3–23 enthält nur die typischen und daher häufig verwendeten Symbole.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 43

Bild 3–24: Beispiel einer EMSR-Stellenliste


44 Kernprojektierung

3.3.3.3 Auswahl und Dimensionierung von Mess- bzw. Stelleinrichtungen sowie


Prozessorik und Bussystemen
Ausgehend von Bild 1–4 besteht eine Automatisierungsanlage aus Mess- bzw. Stell-
einrichtungen sowie Prozessorik. Die Signalübertragung zwischen diesen Komponen-
ten erfolgt ggf. auch busbasiert. Gegenstand der nachfolgenden Betrachtungen ist die
Auswahl und Dimensionierung derartiger Komponenten. Dafür sind generell folgende
allgemeingültige Forderungen zu erfüllen:
x Zuverlässigkeit: Die Ausfallsicherheit der eingesetzten Mess-
bzw. Stelleinrichtungen, Prozessorik sowie Bus-
systeme muss die notwendigen Anforderungen
für den Betrieb der Produktionsanlage erfüllen.
x Prozessbedingungen: Die für den jeweiligen Produktionsprozess cha-
rakteristischen Prozessparameter wie Tempera-
tur, Druck, Medieneigenschaften, Explosionsge-
fährdung, Strahlung, elektromagnetische Felder
usw. sind, soweit erforderlich, bei der Auswahl
der Mess- bzw. Stelleinrichtungen, Prozessorik
sowie Bussysteme zu berücksichtigen.
x Kundenanforderungen: Häufig gibt der Auftraggeber vor, von welchen
Herstellern die erforderlichen Mess- bzw. Stell-
einrichtungen, Prozessorik sowie Bussysteme zu
beziehen sind.
x Integrierbarkeit: Die Erweiterung einer bereits bestehenden Au-
tomatisierungsanlage durch zusätzliche Mess-
bzw. Stelleinrichtungen, Prozessorik sowie Bus-
systeme sollte mit möglichst geringem Aufwand
realisierbar sein (z. B. kein Wechsel in der Art
der Hilfsenergieversorgung).
x Energieverbrauch: Die von den Mess- bzw. Stelleinrichtungen (z. B.
Pumpenmotoren, elektrische Stellantriebe usw.),
Prozessorik (z. B. SPS-Technik) sowie Bussyste-
men aufgenommene Hilfsenergie ist durch ent-
sprechende Auswahl und Dimensionierung zu
minimieren und (bilanzierbar) zu erfassen.
x Kostenbestimmung: Ein Preisvergleich der Mess- bzw. Stelleinrichtun-
gen, Prozessorik sowie Bussysteme unterschied-
licher Hersteller für die Realisierung einer Auto-
matisierungsaufgabe ist eine wesentliche Kom-
ponente zur Senkung der Projektkosten.
x Sonstiges: Hierbei sind solche Aspekte wie z. B. Größe,
Gewicht und Einbaumöglichkeit von Mess- bzw.
Stelleinrichtungen, Prozessorik sowie Bussyste-
men einschließlich Kundendienst u. a. zu be-
trachten.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 45

Schließlich ist auch eine Wichtung o. g. Forderungen gegeneinander vorzunehmen.


Das heißt zum Beispiel, die erforderliche Zuverlässigkeit der Automatisierungsanlage
immer höher zu priorisieren als die Senkung der Kosten für die Mess- bzw. Stellein-
richtungen, Prozessorik und Bussysteme.
Bei Projektierung einer EMSR-Stelle (z. B. Regelung oder binäre Steuerung) beginnt
man zunächst mit der Auswahl und Dimensionierung der Messeinrichtungen (Senso-
rik). Diese Aufgabe gestaltet sich für den Projektierungsingenieur vergleichsweise
einfach, denn durch Auswertung entsprechender Firmendokumentationen (Kataloge)
wählt er anhand der vom Verfahrenstechniker im Allgemeinen vorgegebenen Messbe-
reiche und unter Berücksichtigung der vorgenannten allgemeinen Bedingungen (Zu-
verlässigkeit, Prozessbedingungen, Kundenanforderungen, Integrierbarkeit, Energie-
verbrauch etc.) die jeweils erforderliche Sensorik (Messeinrichtung) aus (siehe
Bild 3–25). Dafür sind zusätzlich auch die entsprechenden Prozessparameter wie
Temperatur, Druck bzw. Medieneigenschaften zu berücksichtigen. Hinweise zur Aus-
wahl der für den jeweils vorliegenden Anwendungsfall geeigneten Sensorik sind [11,
12, 13, 14] zu entnehmen.

Prozess Vorgabe durch Sensorik


Verfahrenstechniker

einschließlich Wandler
Temperatur 1 Widerstandsthermometer
Temperatur 2 Thermoelement
Druck jeweils Halbleiterdrucksensor
Messbe-
Füllstand reich Ultraschallsensor
Durchfluss von … induktiver Durchflusssensor
bis…

Bild 3–25: Zur Auswahl der Sensorik

Bei Auswahl und Dimensionierung von Stelleinrichtungen, häufig auch als Aktorik
bezeichnet, sind vom Projektierungsingenieur umfangreichere Überlegungen anzu-
stellen. Die im Abschnitt 2 bereits vorgestellten Prozessbeispiele beruhen auf der
Darstellung von Durchfluss- bzw. Füllstandsregelungen als typische Regelungsaufga-
ben. Für beide Regelungsaufgaben ist von einem Flüssigkeitsdurchfluss (häufig Was-
ser) auszugehen. Folglich besteht die Regelungsaufgabe darin, jeweils einen Durch-
fluss entsprechend dem vom Regelalgorithmus erzeugten Stellsignal (Stellgröße) zu
realisieren.
46 Kernprojektierung

Weil in der Verfahrenstechnik vorrangig


x Kreiselpumpen
x Kolbenhubpumpen und
x Stellarmaturen
als Stellglieder für die Stoffstromstellung zum Einsatz kommen, werden nachfolgend
deren Funktionsweise und Einsatzbedingungen näher erläutert. 32

Die Kreiselpumpe (Bild 3–26) wird als erstes Stellglied für die Stoffstromstellung vor-
gestellt.33

Druckseite

Laufradschaufeln

Saugseite Antriebswelle

Vorderansicht Seitenansicht

Bild 3–26: Aufbau einer Kreiselpumpe (Vorder- und Seitenansicht)

32 Zum besseren Verständnis der Funktionsweise dieser Stellglieder werden auch


notwendige Grundlagen aus der Strömungsmechanik (zumindest in verbaler Form,
d. h. nicht formelmäßig) kurz aufgegriffen und in die Erläuterungen zur Auswahl
und Dimensionierung dieser Stelleinrichtungen einbezogen. Zur Vertiefung sei u. a.
auf [15] verwiesen.
33 In der einschlägigen Fachliteratur wird statt des Begriffes „Durchfluss“ häufig auch
der Begriff „Förderstrom“ verwendet.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 47

Die Kreiselpumpe saugt Flüssigkeit in das Pumpengehäuse, wobei das drehende


Schaufelrad die Flüssigkeit beschleunigt und auf Grund der vorhandenen Zentrifugal-
kraft durch die Austrittsöffnung (Druckseite) wieder austreten lässt. Der somit erzeugte
Förderstrom bewirkt einen Druckunterschied zwischen Pumpeneintritt und Pumpen-
austritt. Dabei bildet sich durch das Wegströmen der Flüssigkeit von der Schaufelrad-
achse am Pumpeneintritt ein Unterdruck aus. Das bedeutet, bei Ansaugen von Flüs-
sigkeit aus einem tiefergelegenen Behälter wird die Saughöhe von der Differenz aus
Behälterdruck und erreichbarem Unterdruck am Pumpeneintritt begrenzt. Dieser kon-
struktive Aufbau der Kreiselpumpe bewirkt weiterhin, dass sie im abgeschalteten Zu-
stand nicht dicht schließt. Wird folglich der Gegendruck (aus dem vorliegenden Rohr-
leitungsabschnitt) zu hoch, so entsteht eine entgegengesetzte Strömung. Um dies zu
verhindern, ist in den Förderstutzen der Pumpe oder in die nachfolgende Rohrleitung
ein Rückschlagventil einzubauen, welches sich nur bei Vorhandensein des Förder-
34
drucks öffnet.
In diesem Zusammenhang ist weiterhin zu bemerken, dass eine Kreiselpumpe auch
über kürzere Zeit gegen ein geschlossenes Ventil (Absperrventil) arbeiten kann, ohne
dass dabei der Antrieb überlastet oder zerstört wird. Große Kreiselpumpen, zum Bei-
spiel ab 2 kW aufgenommene elektrische Leistung, sind stets gegen ein geschlosse-
nes Absperrventil an- bzw. abzufahren.
Zur Auswahl einer Kreiselpumpe für einen Anlagenabschnitt (Rohrleitungsabschnitt)
werden die sogenannte Pumpenkennlinie (Bild 3–27) bzw. bei regelbaren Kreisel-
pumpen das Pumpenkennlinienfeld (Bild 3–28) verwendet. Das heißt, auf der Abszis-
se ist der Förderstrom q aufgetragen und auf der Ordinate der sogenannte Förder-
druck 'p sowie der Wirkungsgrad Ș. Mit dieser Kennlinie bzw. diesem Kennlinienfeld
wird damit jeweils für eine konstante Drehzahl der Zusammenhang zwischen För-
derstrom, Förderdruck und Wirkungsgrad dargestellt (Bild 3–27 bzw. Bild 3–28).
Förderstrom von Null (Punkt A im Bild 3–27) bedeutet, dass die Kreiselpumpe entwe-
der gegen geschlossenes Ventil gefahren wird, oder der statische Druck in der auf der
Pumpen-Druckseite angeschlossenen Rohrleitung ist gleich dem Förderdruck ǻp0. Die
Kreiselpumpe ist in diesem Fall zwar in Betrieb, transportiert jedoch keine Flüssigkeit,
so dass der Wirkungsgrad Ș für diese beiden Fälle gleich Null ist, weil die gesamte
aufgenommene Antriebsenergie im Pumpengehäuse in Wärme umgesetzt wird. Steigt
nun der Förderstrom an, erreicht die Pumpe in einem Arbeitspunkt (Nennförderstrom
q0, vgl. Punkt B im Bild 3–27) den maximalen Wirkungsgrad. Beim weiteren Ansteigen
des Förderstroms (Punkt C im Bild 3–27) nimmt auch die aufgenommene Antriebslei-
stung zu, wobei sich bei sinkendem Förderdruck der Wirkungsgrad verschlechtert. Die
erhöhte Leistungsaufnahme kann auch zur Überlastung des Antriebsmotors führen,
weshalb ein bestimmter Förderstrom nicht überschritten werden darf. Die Auswahl
einer Kreiselpumpe kann damit nach einer relativ überschaubaren Vorgehensweise
erfolgen, wofür zwei Fälle unterschieden werden.

34 Bildet sich an der Saugseite der Pumpe ein Unterdruck aus, der geringer ist als der
sogenannte Dampfdruck der Flüssigkeit, tritt eine Verdampfung ein, so dass beim
Implodieren der entstandenen Dampfblasen an Stellen höheren Druckes eine Zer-
störung des Schaufelrades eintreten kann. Diese Erscheinung wird Kavitation ge-
nannt.
48 Kernprojektierung

' p ,K Pumpenkennlinie
Wirkungsgradkennlinie
A
'p0 (n1 )
B
K ( n1 )

' p ( n1 )

q0 q

Bild 3–27: Kennlinien einer Kreiselpumpe (Pumpenkennlinie und Wirkungsgradkenn-


linie)

Im ersten Fall wird die Pumpe als binäre Stelleinrichtung für die Realisierung eines
konstanten Förderstroms – z. B. in einer Rohrleitung – eingesetzt, wobei die Pumpe
mit konstanter Drehzahl arbeitet.
Im zweiten Fall wird die Pumpe als analoge Stelleinrichtung eingesetzt, wobei die
Drehzahl zur Realisierung unterschiedlicher Förderströme verändert wird (Bild 3–28).

' p ,K
'p (n 2 ) n
A ' p ( n1 )
B

K ( n1 ) K (n 2 )

q0 q

Bild 3–28: Pumpenkennlinienfeld und Wirkungsgradkennlinien einer Kreiselpumpe


3.3 Kernprojektierungsinhalt 49

Zunächst wird der erste Fall – die Pumpe arbeitet mit konstanter Drehzahl – detaillier-
ter betrachtet. Dazu sind Pumpenkennlinie und Kennlinie des Anlagenabschnitts, der
an die Druckseite der Pumpe angeschlossen ist (Anlagenkennlinie35) gemeinsam in
ein Koordinatensystem (Druckabfall 'p über q, Bild 3–29) einzutragen und der geplan-
te Arbeitspunkt der Kreiselpumpe durch den Schnittpunkt von Pumpen- und Anlagen-
kennlinie festzulegen.

ο‫݌‬ Pumpenkennlinie

Arbeitspunkt: 'p Pumpe 'p Anlage

Anlagenkennlinie
q0 ‫ݍ‬

Bild 3–29: Zur Auswahl einer Kreiselpumpe an Hand der statischen Kennlinien von
Anlagenabschnitt und Pumpe (qo: Förderstrom im Arbeitspunkt)

Des Weiteren ist der Wirkungsgrad der Pumpe gleichfalls zur Bestimmung des Ar-
beitspunktes (der Nennverhältnisse) heranzuziehen (Bild 3–30).
K
K max

q0 q
(optimal)
akzeptabler
Bereich

Bild 3–30: Wirkungsgrad einer Kreiselpumpe in Abhängigkeit vom Förderstrom


(q0: Förderstrom im Arbeitspunkt)

35 Die Anlagenkennlinie gibt an, wie groß der von der Anlage durch darin befindliche
Strömungswiderstände verursachte Druckabfall in Abhängigkeit vom durch die An-
lage fließenden Förderstrom ist.
50 Kernprojektierung

Entsprechend der erfolgten Pumpenauswahl ist hierbei ein Kompromiss für das Errei-
chen des Wirkungsgradmaximums Șmax häufig nicht zu vermeiden. Die Auswahl bzw.
Dimensionierung der Pumpe ist im Sinne der Planung akzeptabel, wenn für den Nenn-
förderstrom q0 noch eine Toleranz von zum Beispiel ±10% zum Wirkungsgradmaxi-
mum Kmax eingehalten wird.

Für den zweiten Fall (drehzahlgeregelte Kreiselpumpe), ist das Pumpenkennlinienfeld


(Bild 3–31) die Basis für die Auswahl und Dimensionierung. Dafür werden zum Bei-
spiel für die Drehzahlen n1, n2 und n3 die zugehörigen Pumpenkennlinien eingetragen
und an Hand der Anlagenkennlinie der Arbeitspunkt q0 sowie der Arbeitsbereich der
Kreiselpumpe durch qmin und qmax festgelegt. Sowohl die Vorgabe des Arbeitspunktes
als auch der Arbeitsbereich werden dabei vom Verfahrenstechniker festgelegt.

'p n1  n2  n3
Pumpenkennlinien Anlagenkennlinie

n3

n2

n1

qmin q0 q max q

Bild 3–31: Anlagenkennlinie und Kennlinienfeld einer Kreiselpumpe (q0: Förderstrom


im Arbeitspunkt)

Betrachtet man dazu noch das zugehörige Wirkungsgradkennlinienfeld (Bild 3–32), so


ergibt sich für den Nennförderstrom q0 und die Drehzahl n2 das Wirkungsgradmaximum
Kmax . Berücksichtigt man nun den durch qmin und qmax vorgegebenen Arbeitsbereich
wird je nach Drehzahländerung der Wirkungsgrad K im Kennlinienfeld verschoben,
wobei auch hier wie im ersten Fall darauf zu achten ist, dass der Wirkungsgrad den
akzeptablen Toleranzbereich nicht verlässt.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 51

n3
K max

n1 n2

qmin q0 q max q

akzeptabler
Bereich
Bild 3–32: Wirkungsgradkennlinienfeld einer Kreiselpumpe in Abhängigkeit vom För-
derstrom (q0: Förderstrom im Arbeitspunkt)

Anhand des im Bild 3–33 dargestellten Algorithmus lassen sich die einzelnen Schritte
zur Auswahl einer Pumpe einprägsam nachvollziehen und berücksichtigen.

Nutzung der Krei-


selpumpe als

Stellglied mit verän- Druckerhöhungs-


derlicher Drehzahl einrichtung

Festlegung von

qmax und qmin nach verfah- ߟ௠௔௫ ሺ݊ሻ ‫ݍ‬଴ nach ߟ௠௔௫
renstechnischen Vorgaben nach ‫ݍ‬଴ ሺ݊ሻ ο‫݌‬௉௨௠௣௘ ൌ ο‫݌‬஺௡௟௔௚௘ nach ‫ݍ‬଴
sowie q0 nach
ο‫݌‬௉௨௠௣௘ ሺ݊ሻ ൌ ο‫݌‬஺௡௟௔௚௘

Pumpenauswahl

Bild 3–33: Algorithmus zur Auswahl einer Kreiselpumpe

Die Kolbenhubpumpe wird als zweites Stellglied für die Stoffstromstellung vorgestellt.
Im Unterschied zur Kreiselpumpe ist bei diesem Pumpentyp der Förderstrom unab-
hängig vom Gegendruck, das heißt, die Pumpe arbeitet für jeden Förderstrom mit
konstantem Förderdruck. Im Bild 3–34 wird dieser Sachverhalt prinzipiell aufgezeigt.
52 Kernprojektierung

Dieses für den Projektierungsingenieur durchaus günstige Verhalten erklärt sich aus
dem konstruktiven Aufbau dieses Pumpentyps.
ǻp

Bild 3–34: Kennlinie einer Kolbenhubpumpe für den Zusammenhang zwischen För-
derdruck und Förderstrom
Entscheidend für den druckunabhängigen Förderstrom ist der Aufbau dieser Pumpe,
bei der der Förderstrom mittels eines Kolbens und zweier wechselnd wirkender Rück-
schlagventile erzeugt wird (Bild 3–35).

Bild 3–35: Prinzipieller Aufbau einer Kolbenhubpumpe

Damit wird ersichtlich, dass durch die Verstellung des Kolbenhubes zwischen 0% und
100% auch der Förderstrom zwischen 0% und 100% stellbar ist. Folglich ist auch die
Kolbenhubpumpe ein Stellglied zur kontinuierlichen Stoffstromstellung, dessen Aus-
3.3 Kernprojektierungsinhalt 53

wahl und Dimensionierung durch Nominalfördermenge (Fördermenge im Arbeits-


punkt) und Druckbelastbarkeit des Pumpengehäuses hinreichend bestimmt ist.
Die Stellarmatur (Drosselstellglied) wird als drittes Stellglied für die Stoffstromstellung
vorgestellt. Eine Stellarmatur hat die Aufgabe, in einem Rohrleitungssystem durch
ihren veränderbaren Strömungswiderstand den Förderstrom zu beeinflussen. Zu-
nächst werden im Bild 3–36 in schematischer Darstellung die in der Verfahrenstechnik
üblichen Stellarmaturen aufgezeigt, wobei das Stellventil zweifelsohne die am häufig-
sten eingesetzte Stellarmatur ist.

h h

ij ij

Stellventil Schieber Kugelhahn Stellklappe


(zentrisch)

Bild 3–36: Stellarmaturen für die Stoffstromstellung

Der im Bild 3–36 dargestellte Schieber ist eine häufig in der Anlagentechnik einge-
setzte Stellarmatur, die im Vergleich zum Stellventil entweder vollständig geöffnet
oder geschlossen sein kann und damit den Förderstrom entweder komplett sperrt
oder vollständig freigibt. Der gleichfalls dargestellte Kugelhahn ist auch eine Stellar-
matur und verhält sich funktionell vergleichbar dem Schieber. Schließlich ist es mit der
Stellklappe möglich, im Vergleich zu Schieber bzw. Kugelhahn auch ein näherungs-
weise kontinuierliches Stellen zu realisieren, wobei Stellklappen vorrangig für das
Stellen von Gasströmen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Verbrennungsrege-
lungen eingesetzt werden. Entsprechend der Bedeutung der Stellventile werden sie im
Folgenden ausführlicher betrachtet. Bild 3–37 zeigt den schematischen Aufbau eines
solchen Ventils.

Ventilspindel
Ventilhub h
Ventil- Stopfbuchse
kegel

Ventil im zugefahrenen Zustand


Ventilsitz (Dichtring)

Bild 3–37: Zum Aufbau eines Stellventils


54 Kernprojektierung

Der Ventilkegel ist das ausschlaggebende Bauteil, da er durch seine geometrische


Form das Durchflussverhalten des Stellventils beeinflusst. Im Normalfall ist das Stell-
ventil nicht vollständig geschlossen, weil bei schließendem Aufsetzen des Ventilkegels
auf dem Ventilsitz Beschädigungen des Ventilkegels nicht auszuschließen sind. Der
jeweils erforderliche Ventilhub h wird von einem Stellantrieb über die Ventilspindel
realisiert. Besteht aus verfahrenstechnischen Gründen die Notwendigkeit, einen Rohr-
leitungsabschnitt vollständig zu sperren, wird zusätzlich ein „Auf/Zu“-Ventil eingesetzt.
Stellt man sich nun die Aufgabe, ein Stellventil auszuwählen, so ist zunächst das
grundsätzliche Verhalten dieses Stellgliedes in einem Anlagenabschnitt (Rohrlei-
tungsabschnitt) zu diskutieren. Dabei wirkt das Stellventil wie ein veränderlicher Strö-
mungswiderstand, der einen dynamischen Druckabfall ǻp erzeugt, welcher quadra-
tisch von der Strömungsgeschwindigkeit bzw. dem Flüssigkeitsdurchsatz abhängt
(Bild 3–38). Das bedeutet, ein Teil des am Rohrleitungsanfang zum Beispiel durch
eine Kreiselpumpe erzeugten Gesamtdruckes ǻp0 wird durch das Stellventil abgebaut
und bewirkt damit einen Energie-„Verlust“.

ο‫݌‬଴
ο‫݌‬

Bild 3–38: Zur Wirkung eines Stellventils in einem Rohrleitungsabschnitt

Im Standardfall verfügt eine verfahrenstechnische Anlage über eine Vielzahl dieser


Stellventile, wobei je nach Rohrleitungsabschnitt unterschiedliche Strömungs- und
Druckverhältnisse wirken. Es ist folglich nicht elementar, immer das richtige Stellventil
auszuwählen, da eine Vielzahl unterschiedlicher verfahrenstechnischer Parameter zu
berücksichtigen ist. Damit ergibt sich umso mehr die Notwendigkeit, dem Projektie-
rungsingenieur eine systematische Vorgehensweise für die entsprechende Auswahl
und Dimensionierung eines Stellventils bereitzustellen. Daher ist es zunächst erforder-
lich, wesentliche Parameter zur Klassifizierung solcher Stellventile zu definieren und
ihre Nutzung für Auswahl und Dimensionierung zu erläutern.
Es wurde für einen stets (experimentell) reproduzierbaren Vergleich von Stellventilen
ein Normzustand definiert, der auf einheitlichen und vergleichbaren Druck- und Durch-
flussverhältnissen basiert und von den Ventilherstellern konsequent angewendet wird.
In den USA wurde der sogenannte cV -Wert (coefficient of valve) eingeführt und für
den europäischen Markt einige Jahre später von K. H. Früh der sogenannte kV -Wert
(Ventilkapazität) entwickelt und etabliert (vgl. VDI/VDE 2173). Sowohl cV-Wert, als
auch kV- Wert basieren auf einer vergleichbaren Prüfstandskonfiguration (Bild 3–39)
sowie vergleichbaren Prüfstandsexperimenten, die auch unter den Begriffen cV -Wert-
Methode bzw. kV -Wert-Methode bekannt sind. Das bedeutet also, man montiert das
3.3 Kernprojektierungsinhalt 55

nach Projektierungsvorgabe gefertigte Stellventil auf dem Prüfstand, so dass mit Hilfe
einer stellbaren Kreiselpumpe unterschiedliche Förderströme durch das Stellventil
gepumpt werden können. Als Medium wird dafür Wasser mit der Dichte ȡ= 1000
kg/m3 bei einer Temperatur von 20° Celsius verwendet. Eine Differenzdruckregelung
(Bild 3–39) sorgt dafür, dass der Differenzdruck über dem Stellventil unabhängig vom
momentanen Ventilhub stets konstant bleibt.

PDIC FI

݄ ሺͲ ǥ ͳͲͲΨሻ

ο‫ ݌‬ൌ ܿ‫ݐݏ݊݋‬Ǥ

Symbol für allgemeine Darstellung eines Stellortes

Bild 3–39: Prüfstand zur Bestimmung der Stellventilkennlinie

Der jeweils bei einem bestimmten Ventilhub h durch das Stellventil fließende Förder-
strom wird gemessen, wobei der Förderstrom bei der cV -Wert-Methode in Gallonen
pro Minute und bei der kV -Wert-Methode in m3 pro Stunde erfasst wird. Für beide Me-
thoden wird, wie bereits ausgeführt, der Differenzdruck über dem Stellventil konstant
gehalten und beträgt bei der cV -Wert-Methode 1 psi bzw. bei der kV -Wert-Methode
0,98 bar (0,98·105 Pa). Der sich unter diesen Bedingungen bei einem bestimmten
Ventilhub h einstellende Förderstrom heißt daher cV -Wert bzw. kV -Wert. Werden cV -
Wert bzw. kV -Wert als Messwerte über dem Ventilhub h in einem Diagramm eingetra-
gen und diese Punkte anschließend miteinander verbunden, so entsteht die statische
Kennlinie des Stellventils, die als Ventilkennlinie oder auch Grundkennlinie bezeichnet
wird. Bild 3–40 zeigt dazu die beiden grundsätzlichen Formen dieser Ventilkennlinien,
die man je nach Form als lineare bzw. gleichprozentige Kennlinie bezeichnet.
56 Kernprojektierung

Bild 3–40: Lineare bzw. gleichprozentige Stellventilkennlinie

Generell ist die Form der Ventilkennlinien vom Projektierungsingenieur nach einem
noch zu erläuternden Algorithmus festzulegen und vom Ventilhersteller für das jeweils
angeforderte Stellventil zu realisieren. Wie bereits ausgeführt, schließen Stellventile
bei Ventilhub Null im Allgemeinen nicht dicht, um Beschädigungen durch direktes
Aufsetzen des Ventilkegels auf dem Ventilsitz zu vermeiden. Den auf diese Weise
noch vorhandene Restförderstrom des Stellventils bezeichnet man als kVo-Wert
(Bild 3–41).
kV
[m³/h]
kVS
nicht vollständig
schließend

kV0 vollständig schließend

0 100 Hub h [%]

Bild 3–41: Lineare Kennlinie eines vollständig schließenden bzw. nicht vollständig
schließenden Stellventils

Diese Gegebenheit ist aus Kosten- und Funktionsgründen nicht als Nachteil zu be-
trachten, da für das vollständige Absperren einer Rohrleitung – wie bereits erläutert –
häufig die vergleichsweise einfach aufgebauten Auf/Zu-Ventile eingesetzt werden.
Darüber hinaus kann das Stellventil auch durch konstruktive Gestaltung, z. B. durch
den Einsatz von Weichdichtungen, vollständig schließend ausgeführt werden.
Als weitere Ventilparameter werden mit Bild 3–41 der kVs- bzw. ݇௏బ -Wert eingeführt, die
gleichfalls für die Auswahl und Dimensionierung eines Stellventils relevant sind. Be-
rücksichtigt man hierbei – wie bereits festgestellt – dass der Verfahrenstechniker den
Arbeitsbereich einer verfahrenstechnischen Anlage bestimmt, so kann man wieder auf
die bereits bei der Pumpenauswahl erläuterten verfahrenstechnischen Parameter qmin
und qmax zurückgreifen und diese für die Berechnung der Parameter kVmax (kleiner kVs )
3.3 Kernprojektierungsinhalt 57

und kVmin (größer ݇௏బ ) nutzen. Dazu wird die allgemeine Größengleichung ݇௩ ൌ ͲǡͲ͵ʹ ȉ

‫ݍ‬ට verwendet [7]. In diese Gleichung werden jeweils qmin bzw. qmax eingesetzt. Dar-
ο௣
aus folgt für die Parameter ݇௩೘೔೙ bzw. ݇௩೘ೌೣ :
ఘ ఘ
݇௩೘೔೙ ൌ ͲǡͲ͵ʹ ȉ ‫ݍ‬௠௜௡ ට bzw. ݇௩೘ೌೣ ൌ ͲǡͲ͵ʹ ȉ ‫ݍ‬௠௔௫ ට mit q als Förderstrom (Durch-
ο௣ ο௣
satz) in m3/h, ȡ als Dichte des strömenden Mediums in 103 kg/m3 sowie ǻp als Druck-
abfall über dem Stellventil (Vorgabe 1 bar). Anhand des ݇௩೘೔೙ - und ݇௩೘ೌೣ -Wertes wird
௞ೡ೘ೌೣ
nun das sogenannte Stellverhältnis ܵ ൌ berechnet, welches auch als theoreti-
௞ೡ೘೔೙
sches Stellverhältnis bezeichnet wird und somit eine Kennzahl repräsentiert, die den
erforderlichen minimalen bzw. maximalen Förderstrom durch das Stellventil festlegt.
Der Projektierungsingenieur ermittelt dieses Stellverhältnis als Orientierungsgrundlage
für die Stellventilauswahl anhand von Firmenunterlagen der Ventilhersteller, die ent-
sprechende Vorzugsstellverhältnisse ausweisen. Folglich ist das Stellverhältnis ein
weiterer wesentlicher Parameter für Auswahl und Dimensionierung eines Stellventils.
Anhand des im Bild 3–42 dargestellten Algorithmus’ lassen sich die einzelnen Schritte
zur Auswahl eines Stellventils einprägsam nachvollziehen und berücksichtigen.
Des Weiteren hat der Projektierungsingenieur in die Auswahl der Stellventilkennlinie
auch die Eigenschaften des Rohrleitungssystems der verfahrenstechnischen Anlage
mit einzubeziehen. Zunächst ist dafür die sogenannte Rohrleitungskennlinie erforder-
lich. Diese Kennlinie ist gleichfalls eine statische Kennlinie, die sich aus dem Aufbau
des Rohrleitungssystems einer Anlage bzw. eines Anlagenabschnittes ohne Stellventil
ergibt und den Zusammenhang zwischen Druckabfall (über dem Rohrleitungssystem)
und Durchsatz beschreibt. Die Bestimmung der Rohrleitungskennlinie ist im Vergleich
zur Ermittlung der Stellventilkennlinie wesentlich schwieriger, da auf Grund der Konfi-
guration des Rohrleitungssystems erheblicher Aufwand für die Berechnung des
Druckabfalls über dem Rohrleitungssystem in Abhängigkeit vom veränderlichen
Durchsatz zu betreiben ist. Nur bei Kenntnis der Rohrleitungskennlinie kann der Pro-
jektierungsingenieur die Form der Stellventilkennlinie so bestimmen, dass der optima-
le Betrieb der Anlage mit eingebautem Stellventil gewährleistet ist. Optimaler Betrieb
der Anlage bedeutet, mit Kenntnis der Rohrleitungskennlinie die Stellventilkennlinie so
auszuwählen, dass durch additive Überlagerung beider Kennlinien möglichst eine line-
are statische Kennlinie für den Arbeitsbereich der Anlage erzielt wird. Diese resultie-
rende Kennlinie bezeichnet man als Anlagenkennlinie. Nicht selten fehlen aber dem
Projektierungsingenieur ausreichend exakte Kenntnisse zum Verlauf der Rohrleitungs-
kennlinie, die durch Berechnung oder experimentell – ggf. auch mittels Schätzung –
bestimmbar ist, so dass das angestrebte Entwurfsziel – Realisierung einer linearen
Anlagenkennlinie – nicht immer vollständig erreichbar ist. Als effizientes Hilfsmittel für
diese Aufgabe kann die sogenannte Vierquadrantenmethode [7] eingesetzt werden,
die auf folgenden Überlegungen beruht:
58 Kernprojektierung

Theoretische und experimentelle


Anlagenuntersuchung zur:

Bestimmung der Art des Druckab- Festlegung des Druckabfalls ο‫݌‬


falls über der Rohrleitung am Stellventil (i. Allg. ο‫ ݌‬ൌ 1 bar)

Rohrlei- Rohrlei- Berechnung von


tungs- tungs-
kennlinie kennlinie 1.
linear: nichtlinear:
Lineare Gleich- ݇௏௠௔௫ ݇௏௠௜௡ 
Stellventil- prozent. ఘ ఘ
ൌ ͲǡͲ͵ʹ ȉ ‫ݍ‬௠௔௫ ට , ൌ ͲǡͲ͵ʹ ȉ ‫ݍ‬௠௜௡ ට ,
kennlinie Stellventil- ο௣ ο௣

kennlinie

2.
௞ೇ೘ೌೣ
Berücksichtigung der Berechnung des Stellverhältnisses ܵ ൌ
௞ೇ೘೔೙
Prozessbedingungen 4.
(Medium, Tempera- Ÿ Wähle in der Vorzugsreihe des Ventillieferan-
tur, Druck) ten das Stellventil mit dem nächstgrößeren
Stellverhältnis aus!
5.
3.

Auswahl des Stellventils

Die Ziffern 1–4 geben die Abarbeitungsreihenfolge an.

Bild 3–42: Algorithmus zur Auswahl und Dimensionierung eines Stellventils

x Zunächst muss der Projektierungsingenieur über die für das einzusetzende Stell-
ventil ausgewählte Kennlinie sowie die berechnete oder experimentell ermittelte
Rohrleitungskennlinie der jeweils betrachteten Anlage verfügen (Bild 3–43).
3.3 Kernprojektierungsinhalt 59

Bild 3–43: Stellventilkennlinie (gleichprozentig) und Rohrleitungskennlinie

x Auf dieser Basis ist durch Überlagerung beider Kennlinien eine annähernd lineare
Anlagenkennlinie – zumindest im Arbeitsbereich der verfahrenstechnischen Anlage
(vgl. Bild 3–44) – zu erzeugen. Die Lösung dieser Aufgabe ist nicht elementar, so
dass hierfür ein tragfähiger Lösungsansatz benötigt wird.

Bild 3–44: Anlagenkennlinie mit linearem Arbeitsbereich

x Im Nomalfall kann davon ausgegangen werden, dass eine Kreiselpumpe den er-
forderlichen Druck für den betrachteten Anlagenabschnitt aufbringt, wobei je nach
Länge des Rohrleitungssystems der Förderdruck der Pumpe mit steigendem För-
derstrom sinkt und gleichzeitig der Druckabfall über dem Rohrleitungssystem zu-
nimmt. Im Bild 3–45 wird dieses Verhalten qualitativ dargestellt.
60 Kernprojektierung

Bild 3–45: Rohrleitungs- und Pumpenkennlinie im Zusammenwirken

x Dabei wird deutlich, dass der von der Kreiselpumpe erzeugte Förderdruck ǻpges. mit
zunehmenden Förderstrom an der Kreiselpumpe (ǻpPumpe) und dem Rohrleitungs-
system (ǻpRohrleitung) nur soweit ab- bzw. aufgebaut wird, dass je nach momentanem
Durchsatz ein bestimmter Restdruck (ǻpStellventil) für das Stellventil verbleibt. Dieser
Restdruck entspricht dem Druckabfall, der je nach vorhandenem Durchsatz q am
eingebauten Stellventil abfällt.
x Auf dieser Tatsache baut die bereits erwähnte Vierquadrantenmethode [7] auf und
führt zur Vorausberechnung der zu erwartenden Anlagenkennlinie. Dafür sind fol-
gende Arbeitsgänge vorgesehen:
Arbeitsgang 1: Ermittlung (Berechnung oder experimentelle Erfassung) der
Rohrleitungskennlinie.
Arbeitsgang 2: Auswahl der Stellventilkennlinie – linear bzw. nichtlinear – falls
eine Kompensation der Nichtlinearität der ermittelten Rohrlei-
tungskennlinie erforderlich ist.
Arbeitsgang 3: Eintragen der ausgewählten Stellventilkennlinie in das Vier-
quadrantenschema (siehe Bild 3–47).
Arbeitsgang 4: Ermittlung der am eingebauten Stellventil auftretenden Druck-
abfälle (ǻpStellventil) in Abhängigkeit vom Durchsatz q aus
Bild 3–46.

Bild 3–46: Ermittlung der am Stellventil auftretenden Druckabfälle ǻpStellventil


3.3 Kernprojektierungsinhalt 61

Arbeitsgang 5: Berechnung der kV-Wert-Kennlinie (kV-Werte) aus den Druck-


abfällen ǻpStellventil gemäß Größengleichung

݇௏ ൌ ͲǡͲ͵ʹ ȉ ‫ݍ‬ට
௱௣ೄ೟೐೗೗ೡ೐೙೟೔೗

Arbeitsgang 6: Übertragen dieser kV-Werte auf die Stellventilkennlinie (vgl.


Arbeitsgang 6 im Bild 3–47).
Arbeitsgang 7: Konstruktion der Anlagenkennlinie durch Schnittpunktbestim-
mung an Hand der ausgewählten diskreten Werte des Förder-
stroms im Intervall qmin bis qmax sowie der ausgewählten Stell-
ventilkennlinie.

Mit der Vierquadrantenmethode kann man die Anlagenkennlinie vorausbestimmen


und damit für das ausgewählte Stellventil die notwendige Projektierungssicherheit
schaffen.

Bild 3–47: Vierquadrantenmethode


62 Kernprojektierung

Ein weiterer Schwerpunkt der Projektierungsarbeit ist die Auswahl der Prozessorik
für die Informationsverarbeitung, die das Bindeglied zwischen der Sensorik (Informati-
onserfassung) und Aktorik (Informationsausgabe) ist. Das sogenannte leittechnische
Mengengerüst (vgl. Abschnitt 3.3.3.5) erfasst dazu systematisch und umfassend alle
Geräte für die Informationsverarbeitung sowie die zugehörigen Signalpegel. Daher
wird bezüglich Auswahl und Dimensionierung der Prozessorik auf entsprechende
Erläuterungen zum leittechnischen Mengengerüst verwiesen.
Die Auswahl und Dimensionierung von Bussystemen ist in der Fachliteratur (z. B. [8])
so umfassend und ausführlich behandelt, dass darauf verwiesen wird.

3.3.3.4 EMSR-Stellenblatt sowie Verbraucherstellenblatt


EMSR-Stellenblatt
Im R&I-Fließschema sind u. a. die für die Automatisierung erforderlichen EMSR-Stel-
len dargestellt. Mit diesen EMSR-Stellen wird im R&I-Fließschema beschrieben, wel-
che Funktionen (Messen, Steuern, Regeln, Stellen, Anzeigen, Alarmieren, …) in der
Automatisierungsanlage (Bild 1–4) zu realisieren sind. Damit eine EMSR-Stelle die an
sie gebundenen Funktionen ausführen kann, ist sie – wie im Abschnitt 3.3.3.3 be-
schrieben – zu instrumentieren, d. h. mit Geräten auszustatten. Diese Gerätetechnik
wird EMSR-Stellenbezogen einerseits in der bereits erläuterten EMSR-Geräteliste
tabellenartig, andererseits – um über den Informationsgehalt der EMSR-Geräteliste
hinausgehende Detailinformationen bereitzustellen – in sogenannten EMSR-Stellen-
blättern dokumentiert. Das EMSR-Stellenblatt ist somit als Zusammenfassung aller für
eine EMSR-Stelle relevanten Informationen zu betrachten und wird beim Einsatz ei-
nes CAE-Systems (siehe Abschnitt 6) während des Basic-Engineerings quasi „auto-
matisch“ mit Daten gefüllt. Damit bei der Fülle der zur Verfügung stehenden Informa-
tionen die Übersicht erhalten bleibt, hat sich in der Projektierungspraxis heute das im
36
Bild 3–48 dargestellte Datenblatt prinzipiell durchgesetzt.

Verbraucher-Stellenblatt
Ähnlich wie für eine EMSR-Stelle kann man für jeden Verbraucher (z. B. Antriebe von
Lüftern oder Ventilen) Detailangaben in sogenannten Verbraucher-Stellenblättern fest-
halten. Weil das Verbraucher-Stellenblatt prinzipiell ähnlich wie das EMSR-Stellenblatt
aufgebaut ist, braucht hier darauf nicht in der gleichen Ausführlichkeit eingegangen zu
werden. Bild 3–49 zeigt beispielhaft ein Datenblatt, das sich heute in der Projektie-
rungspraxis prinzipiell durchgesetzt hat.

36 Hinweis zur Spalte „Spezifikation“ im Bild 3–48: Eine Spezifikation umfasst neben
der Angabe eines allgemeinen Gerätetyps (z. B. Stellventil, Speisetrenner etc.)
auch Angaben zum eingesetzten konkreten Gerät eines bestimmten Herstellers.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 63

Bild 3–48: Beispiel eines EMSR-Stellenblattes


64 Kernprojektierung

Bild 3–49: Beispiel eines Verbraucher-Stellenblattes


3.3 Kernprojektierungsinhalt 65

3.3.3.5 Leittechnisches Mengengerüst


Bei der Erstellung des leittechnischen Mengengerüstes wird zunächst anhand des
R&I-Fließschemas ermittelt, welche Prozessgrößen (z. B. Druck, Temperatur, Füll-
stand etc.) wie zu verarbeiten sind (z. B. messen, steuern, regeln, anzeigen, überwa-
chen, stellen usw.). Anschließend werden auf dieser Basis nach Auslegung und Di-
mensionierung von Mess- bzw. Stelleinrichtungen sowie Prozessorik und Bussyste-
men in Anlehnung an die bereits erläuterte Struktur von Automatisierungsanlagen
(Bild 1–4) die erforderlichen Mengen von Geräten zur
x Informationserfassung (Messeinrichtungen),
x Informationsverarbeitung (Baugruppen speicherprogrammierbarer Steuerungen
bzw. Prozessleitsysteme37 einschließlich Bedien- und Beobachtungseinrichtun-
gen38, Kompaktregler, Wandler und Rechenglieder),
x Informationsausgabe (Stelleinrichtungen)
zwecks sich daran anschließender Kalkulation (siehe Abschnitt 7.2) bestimmt.
Auf der Grundlage des leittechnischen Mengengrüstes können anschließend auch die
Mengen von
x Kabeln,
x Montagematerial,
x Gefäßsystemen (z. B. Schaltschränke oder Klemmenkästen im Feld)
kalkuliert werden.

Schließlich wird das leittechnische Mengengerüst auch zur Kalkulation des Engineer-
ings sowie zur Kalkulation von Montage und Inbetriebsetzung benutzt.
Den prinzipiellen Aufbau des leittechnischen Mengengerüstes zeigt Bild 3–50. Die in
diesem Bild unterhalb der Komponenten „Informationserfassung“, „Informationsverar-
beitung“ sowie „Informationsausgabe“ in Verbindung mit den jeweiligen Ebenenbe-
zeichnungen fettgedruckten Kategorien sind als Kriterien zu verstehen, nach denen
das leittechnische Mengengerüst gemäß der im R&I-Fließschema dargestellten
EMSR-Stellenfunktionen im Detail strukturiert wird. Diese Struktur wird zunächst an-
hand Bild 3–50 allgemein sowie komponentenbezogen im Detail erläutert und an-
schließend in Strukturtabellen umgesetzt, die als Orientierung für den Aufbau des leit-
technischen Mengengerüstes dienen können.

37 Hierzu gehören auch Baugruppen für die busbasierte Datenübertragung, d. h die


im Bild 1–5 genannte diesbezügliche Anforderung ist hier mit enthalten.
38 Im Vergleich zu rechnergestützten Bedien- und Beobachtungseinrichtungen sind
konventionelle Bedien- und Beobachtungseinrichtungen (Anzeiger, Registrier-
geräte usw.) bei den hier betrachteten Prozessklassen von eher untergeordneter
Bedeutung. Daher werden konventionelle Bedien- und Beobachtungseinrichtungen
nicht weiter betrachtet.
66 Kernprojektierung

Bild 3–50: Prinzipieller Aufbau des leittechnischen Mengengerüstes

Leittechnisches Mengengerüst: Komponente „Informationserfassung“


Wie im Bild 3–50 dargestellt, wird diese Komponente in der Ebene „Messgröße“ in
Kategorien unterteilt, die mit Bild 3–22 in Tabelle 1 (Erstbuchstabe) aufgeführten bzw.
in Kombination mit Ergänzungsbuchstaben gemäß Bild 3–22 (Tabelle 2) entstehenden
Kennbuchstabenkombinationen bezeichnet sind. Messsignale, die durch Messungen
an Stelleinrichtungen (z. B. Positionsmessung, Drehzahlmessung) entstehen oder
Signale sind, mit denen der Schaltzustand elektrischer Betriebsmittel39 in der Schalt-
anlage rückgemeldet wird, werden nicht in der Komponente „Informationserfassung“,
sondern in der Komponente „Informationsausgabe“ berücksichtigt und fortan als
Rückmeldesignale betrachtet. Dadurch ergibt sich gleichzeitig als Vorteil, dass die
Stelleinrichtungen aus Sicht der insgesamt zu berücksichtigenden Stell- bzw. Rück-
meldesignale wie ein Objekt, d. h. objektorientiert betrachtet werden können. Das
erhöht einerseits die Übersichtlichkeit, andererseits wird dadurch die sehr wahrschein-
lich fehlerprovozierende Zuordnung des Stellsignals sowie der Rückmeldesignale
einer Stelleinrichtung zu jeweils der Komponente „Informationserfassung“ bzw. „Infor-
mationsausgabe“ vermieden.
Die Ebene „Signalform“ mit den Kategorien „analog“ bzw. „binär“ sagt aus, dass jede
dieser Messgrößen mit analogen bzw. binären Messeinrichtungen gemessen werden
kann.

39 Ein solches Betriebsmittel ist neben Verbraucherabzweigen z. B. das Motor-


Control-Center (MCC), das die Funktionen der EMSR-Stellen „HSO“, „EI“ und „SO“
in der EMSR-Stelle „EU“ bündelt (siehe Abschnitt 3.3.3.1, S. 40).
3.3 Kernprojektierungsinhalt 67

In der Ebene „Messverfahren“ werden – jeweils bezogen auf die in der übergeordne-
ten Ebene „Signalform“ angeordneten Kategorien „analog“, bzw. „binär“ – diejenigen
Kategorien angeordnet, die das zur Informationserfassung jeweils angewendete
Messverfahren beschreiben.
Die Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ enthält – jeweils bezogen auf die in der
wiederum übergeordneten Ebene „Messverfahren“ angeordneten Kategorien – die
Kategorien „pneumatisch“ bzw. „elektrisch“40 zur Charakterisierung der benötigten
Hilfsenergieversorgung.
Zugeordnet zur jeweils benötigten Hilfsenergieversorgung werden in der Ebene „Si-
gnalart“ als Kategorien schließlich die im jeweils vorliegenden Anwendungsfall zu
nutzenden Signalarten (z. B. analog: 0/4…20 mA, 0…10VDC, 0,2…1 bar, örtlich41,
softwaremäßig42, digital43; binär: 0/24 VDC, 0,2/1 bar, digital) angegeben, wobei im
Falle analoger elektrischer bzw. binärer elektrischer Signale zusätzlich in Signale ei-
gensicherer44 bzw. nichteigensicherer Messeinrichtungen unterschieden wird.
Am Beispiel der Prozessgröße „Stand“ wird die erläuterte Struktur im Bild 3–51
exemplarisch dargestellt, wobei aus Platzgründen nicht alle Messverfahren berück-
sichtigt wurden. Hierzu wird auf die im Anhang 1 enthaltenen Strukturtabellen für die
in der Verfahrenstechnik wesentlichen Prozessgrößen verwiesen.

Leittechnisches Mengengerüst: Komponente „Informationsausgabe“


Wie aus Bild 1–4 ersichtlich, ist die Komponente „Informationsausgabe“ aus Sicht des
Signalflusses in der Automatisierungsanlage nach der Komponente „Informationsver-
arbeitung“ angeordnet. Es läge daher nahe, sie erst nach Behandlung der Komponen-
te „Informationsverarbeitung“ zu betrachten. Für die Erarbeitung des leittechnischen
Mengengerüstes ist es jedoch sinnvoller, die Komponente „Informationsausgabe“ vor
der Komponente „Informationsverarbeitung“ zu betrachten, weil erst nach Bearbeitung

40 In der Komponente „Informationserfassung“ sind nur die pneumatische bzw. elekt-


rische Hilfsenergie relevant.
41 Signalart „örtlich“ bei analogen Messeinrichtungen bedeutet, dass die betreffende
Messgröße mit einem in unmittelbarer Nähe des Messortes installierten Messgerät
gemessen und angezeigt wird, der Messwert jedoch nicht in weiteren Geräten
(z. B. Wandler oder Regler) weiterverarbeitet wird bzw. keine Fernübertragung in
den Schaltraum oder die Prozessleitwarte bzw. den örtlichen Leitstand stattfindet.
42 Signalart „softwaremäßig“ bei analogen elektrischen Messeinrichtungen bedeutet,
dass im Falle der EMSR-Stellenrealisierung mit speicherprogrammierbarer Technik
(z. B. SPS-Technik oder Prozessleitsystem) ein binäres Signal erzeugt wird, wenn
das durch ein entsprechend konfiguriertes und parametriertes Anwenderprogramm
(Software) überwachte Analogsignal Grenzwerte, die in den Parametern des An-
wenderprogramms hinterlegt sind, überschreitet. Daher muss diese Signalart nicht
weiter unterteilt werden.
43 Dieser Fall liegt dann vor, wenn eine Messeinrichtung Messwerte per Feldbus
(z. B. PROFIBUS) überträgt oder Konfigurier- und Parametrierinformationen z. B.
mittels HART-Protokoll erhält.
44 Der Begriff „Eigensicherheit“ wird später im Zusammenhang mit den Ausführungen
im Abschnitt 5.3 erläutert.
68 Kernprojektierung

der Komponenten „Informationserfassung“ und „Informationsausgabe“ Anzahl und Art


der in der Komponente „Informationsverarbeitung“ zu verarbeitenden Signale bekannt
sind. Bei der Betrachtung dieser Komponente wird von der für kontinuierliche Prozes-
se typischen Voraussetzung ausgegangen, dass die Informationsausgabe mittels
Eingriff in Stoffströme (z. B. Flüssigkeits- oder Gasströme) bzw. massegebundene
Energieströme (z. B. Dampf- oder Brennstoffströme) erfolgt.45 Ferner wird vorausge-
setzt, dass – wie es bei der Errichtung verfahrenstechnischer Anlagen häufig der Fall
ist – bei den Stelleinrichtungen nur der Stellantrieb Lieferumfang des Leittechnik-
Lieferanten ist, d. h. das Stellglied befindet sich meistens im Lieferumfang des Verfah-
renslieferanten. Nach [16] werden zum Eingriff in Stoffströme bzw. massegebundene
Energieströme
x Drosselstellglieder (z. B. Armaturen wie Stellventile, Klappen, Hähne) und
x Arbeitsmaschinen (z. B. Pumpen, Verdichter)
eingesetzt, die mit entsprechenden elektrischen bzw. pneumatischen Stellantrieben
zur im jeweiligen Einsatzfall benötigten Stelleinrichtung ergänzt werden. Aus dieser
grundlegenden Einteilung resultieren für die Ebene Gerätekategorie die im Bild 3–51
genannten Kategorien „Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“ bzw.
„Arbeitsmaschine mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“.

Leittechnisches Mengengerüst

Komponente: Informationserfassung Informationsverarbeitung Informationsausgabe

Prozessgröße: Stand Druck …

Signalform: analog binär

Messverfahren: hydrostatisch Auftriebs- … … kapazitiv Ultra- Schwimmer-


(Bodendruck- prinzip schall schalter
messung)

Art der Hilfs- pneu- elek- elek- pneu-


energiever- matisch trisch trisch matisch
sorgung:

Signalart: 0,2…1 bar örtlich 0/4…20 mA, örtlich software- digital 0/24 VDC digital 0,2/1 bar
0…10 VDC mäßig

eigen- nicht eigen- nicht eigen- nicht


sicher eigens. sicher eigens. sicher eigens.

Bild 3–51: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationserfassung“ am Beispiel


der Messgröße „Stand“

Die nachfolgende Ebene „Signalform“ enthält die Kategorien „analog“ bzw. „binär“.
Die Signalform „analog“ sagt aus, dass das Drosselstellglied zwischen den beiden
Endlagen „Auf“ bzw. „Zu“ stetig positioniert werden kann. Bei Signalform „binär“ nimmt
das Drosselstellglied entweder nur die Endlage „Auf“ oder die Endlage „Zu“ ein.

45 Stelleinrichtungen für ereignisdiskrete Prozesse (z. B. pneumatische Arbeitszylin-


der) werden im Rahmen des vorliegenden Buches nicht betrachtet, weil das den
Rahmen sprengen würde.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 69

Die Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung des Stellantriebs“ sagt aus, dass der
Stellantrieb der Stelleinrichtung mit pneumatischer bzw. elektrischer Hilfsenergie be-
trieben wird.46
Die sich anschließende Ebene „Zubehör“ enthält zur näheren Charakterisierung der
Stelleinrichtung die Kategorien
x Stellungsregler,
x Stellgliedrückmeldung (z. B. mittels Widerstandsferngeber über ein Analogsignal
oder mittels Endlagenschaltern über Binärsignale)
x Einrichtung für den Noteingriff (z. B. „Handrad“).
Zugeordnet zu den übergeordneten Kategorien „Stellungsregler“ bzw. „Stellgliedrück-
meldung“ werden in der Ebene „Signalart“ als Kategorien schließlich die im jeweils
vorliegenden Anwendungsfall zu nutzenden Signalarten (z. B. analog: 0/4…20 mA,
0…10 VDC, 0,2…1 bar, örtlich47, softwaremäßig48, digital49; binär: 0/24 VDC, 0,2/1
bar, digital) angegeben, wobei im Falle binärer elektrischer bzw. analoger elektrischer
Signale ähnlich wie bei Messeinrichtungen zusätzlich in Signale eigensicherer50 bzw.
nichteigensicherer Stromkreise unterschieden wird.
Aus Platzgründen wird die Detailgliederung des leittechnischen Mengengerüstes je-
weils für die Gerätekategorie „Drosselstellglied“ (Bild 3–52 und Bild 3–53) bzw. „Ar-
beitsmaschine“ (Bild 3–54 und Bild 3–55) getrennt betrachtet.

46 Stelleinrichtungen, die mit hydraulischer Hilfsenergie zu betreiben sind, werden


hier nicht mit betrachtet, weil bei den hier betrachteten Prozessklassen (vgl.
Bild 1–3) größtenteils Stelleinrichtungen eingesetzt werden, die mit elektrischer
bzw. pneumatischer Hilfsenergie betrieben werden.
47 Die Signalart „örtlich“ ist nur für die Zubehörkategorie „Stellgliedrückmeldung“ rele-
vant und bedeutet, dass die Stellgliedrückmeldung mit einem Messgerät oder einer
Anzeige (z. B. Skale bzw. örtliche Laufanzeige), die an der Stelleinrichtung instal-
lierten sind, realisiert wird, der Messwert jedoch nicht in weiteren Geräten (z. B.
Wandler oder Regler) weiterverarbeitet wird bzw. keine Fernübertragung in den
Schaltraum oder die Prozessleitwarte bzw. den örtlichen Leitstand stattfindet.
Nichtelektrisch arbeitende Stellgliedrückmeldungen werden formal der Signalart-
Unterkategorie „eigensicher“ zugeordnet. Auch hier muss nicht weiter in Signalar-
ten unterteilt werden.
48 Signalart „softwaremäßig“ bei analogen elektrischen Stellgliedrückmeldungen be-
deutet, dass im Falle der EMSR-Stellenrealisierung mit speicherprogrammierbarer
Technik (z. B. SPS-Technik oder Prozessleitsystem) ein binäres Signal erzeugt
wird, wenn das durch ein entsprechend konfiguriertes und parametriertes Anwen-
derprogramm (Software) überwachte Analogsignal der Stellgliedrückmeldung
Grenzwerte, die in den Parametern des Anwenderprogramms hinterlegt sind,
überschreitet. Auch hier muss nicht weiter in Signalarten unterteilt werden.
49 Dieser Fall liegt dann vor, wenn an eine Stelleinrichtung per Feldbus (z. B.
PROFIBUS) Stellsignale oder – z. B. mittels HART-Protokoll – Konfigurier- und Pa-
rametrierinformationen übertragen werden.
50 Der Begriff „Eigensicherheit“ wird später im Zusammenhang mit den Ausführungen
im Abschnitt 5.3 erläutert.
70 Kernprojektierung

Leittechnisches Mengengerüst

Komponente: Informationserfassung Informationsverarbeitung Informationsausgabe

Drosselstellglied mit Stellantrieb Arbeitsmaschine mit Stellantrieb


Gerätekategorie:
als Stelleinrichtung als Stelleinrichtung

Signalform: analog binär

Art der Hilfsener-


gieversorgung des elektrisch pneumatisch
Stellantriebs:

Zubehör: Stellungsregler Stellungsregler Einrichtung für Stellglied-


(elektrisch) (pneumatisch) Noteingriff rückmeldung

Signalart: 0/4…20 mA, digital 0,2…1 bar 0/4…20 mA, 0,2…1 bar * ) örtlich software- 0/24 VDC 0,2/1 bar * ) digital
0….10 VDC 0….10 VDC mäßig

eigen- nicht eigen- nicht eigen- nicht eigen- nicht


sicher eigens. sicher eigens. sicher eigens. sicher eigens.

)
* Nur relevant, wenn die Stelleinrichtung mit einem pneumatischen Signal angesteuert wird!

Bild 3–52: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsausgabe“ für die Gerä-
tekategorie „Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“, Signalform „analog“

Wie aus Bild 3–52 ersichtlich und bereits erläutert, wird die Gerätekategorie „Dros-
selstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“ in der Ebene „Signalform“ in die
Kategorien „analog“ bzw. „binär“ unterteilt. Ebenfalls aus Platzgründen wird die Detail-
gliederung für diese beiden Kategorien getrennt dargestellt, wobei die Detailgliede-
rung für die Kategorie „analog“ im Bild 3–52 und für die Kategorie „binär im Bild 3–53
dargestellt ist. Wie aus Bild 3–52 bzw. Bild 3–53 zu erkennen ist, schließt sich – wie
ebenfalls bereits weiter oben erläutert – an die Ebene „Signalform“ die Ebene „Art der
Hilfsenergieversorgung“ an.
Da sich die nächstfolgenden Ebenen „Zubehör“ bzw. „Signalart“ bei mit elektrischer
bzw. pneumatischer Hilfsenergie betriebenen analogen Drosselstellgliedern kaum
unterscheiden, werden sie im Bild 3–52 für die Kategorien „elektrisch“ bzw. „pneuma-
tisch“ der übergeordneten Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ weitestgehend zu-
sammengefasst dargestellt, wobei Unterschiede im Bild 3–52 kenntlich gemacht wur-
den. Während die Zuordnung der Signalarten aus der Ebene „Signalart“ zur Zubehör-
kategorie „Stellungsregler“ keiner weiteren Erläuterung bedarf, werden Hinweise be-
züglich der Zuordnung zur Zubehörkategorie „Stellgliedrückmeldung“ als notwendig
erachtet. Das betrifft im Einzelnen:
x Eine mit einem pneumatischen Stellantrieb ausgerüstete Stelleinrichtung kann
51
durchaus mit einer elektrischen Stellgliedrückmeldung versehen sein.

51 Im Gegensatz dazu ist der Fall, dass eine mit einem elektrischen Stellantrieb und
einem elektrischen Stellungsregler ausgerüstete Stelleinrichtung über eine pneu-
matische Stellgliedrückmeldung verfügt, eher unwahrscheinlich und wird hier des-
halb nicht betrachtet.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 71

x Für die Signalarten „örtlich“ und „softwaremäßig“ sind die diesbezüglichen Hin-
weise bei der Erläuterung der Komponente „Informationserfassung“ (siehe ent-
sprechende Fußnoten auf S. 69) zu beachten.
Im Vergleich dazu unterscheiden sich die nächstfolgenden Ebenen „Zubehör“ bzw.
„Signalart“ bei mit elektrischer bzw. pneumatischer Hilfsenergie betriebenen binären
Drosselstellgliedern erheblich, weswegen sie im Bild 3–53 für die Kategorien „elek-
trisch“ bzw. „pneumatisch“ der übergeordneten Ebene „Art der Hilfsenergieversor-
gung“ jeweils getrennt betrachtet werden. Zu beachten ist hierbei ferner, dass es sich
bei den im Bild 3–53 genannten Zubehörkategorien „Koppelrelais“ und „Verbraucher-
abzweig“52 anders als beim Zubehör für analoge Drosselstellglieder nicht um direkt an
der Stelleinrichtung montiertes Zubehör handelt.
Bei der Zuordnung von Signalarten aus der Ebene „Signalart“ zu Kategorien überge-
ordneter Ebenen wurden bei der Zubehörkategorie „Druckschalter“ zwecks übersicht-
licherer Strukturierung die Unterkategorien „pneumatisch“ bzw. „elektropneumatisch“
zusätzlich eingeführt. Im Übrigen sind die für analoge Drosselstellglieder geltenden
Hinweise zu den Signalarten „örtlich“ bzw. „softwaremäßig“ zu beachten (s. o.).

Leittechnisches Mengengerüst

Komponente: Informationserfassung Informationsverarbeitung Informationsausgabe

Drosselstellglied mit Stellantrieb Arbeitsmaschine mit Stellantrieb


Gerätekategorie:
als Stelleinrichtung als Stelleinrichtung

Signalform: analog binär

Art der Hilfsener-


gieversorgung des elektrisch pneumatisch
Stellantriebs:

Zubehör: Koppelrelais, Einrichtung für Stellglied- Einrichtung für Druck-


Verbraucherab- Noteingriff rückmeldung Noteingriff schalter
zweig (VA)
pneuma- elektro-
tisch pneumatisch

Signalart: 0/24 VDC, digital ** ) 0/24 VDC 0,2/1 bar * ) örtlich digital 0,2/1 bar digital 0/24 VDC
0/230 VAC
eigen- nicht eigen- nicht eigen- nicht
sicher eigens. sicher eigens. sicher eigens.
)
* Nur relevant, wenn die Stelleinrichtung mit einem pneumatischen Signal angesteuert wird!
)
** Nur für Verbraucherabzweig relevant!

Bild 3–53: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsausgabe“ für die Gerä-
tekategorie „Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“, Signalform „binär“

52 Bei binären Drosselstellgliedern werden elektromotorische Antriebe über Verbrau-


cherabzweige (Schütze mit Sicherheitseinrichtungen), elektromagnetische Stell-
antriebe bei Eingangssignal 0/24 VDC über Koppelrelais bzw. bei Eingangssignal
0/230 VAC über Verbraucherabzweige angesteuert.
72 Kernprojektierung

Bild 3–54: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsausgabe“ für die Gerä-
tekategorie „Arbeitsmaschine mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“, Signalform „analog“

Wie bereits aus Bild 3-54 ersichtlich und schon weiter oben erläutert, wird die Geräte-
kategorie „Arbeitsmaschine mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“ in der Ebene
„Signalform“ in die Kategorien „analog“ bzw. „binär“ unterteilt. Ebenfalls aus Platz-
gründen wird die Detailgliederung für diese beiden Kategorien getrennt dargestellt,
wobei die Detailgliederung für die Kategorie „analog“ im Bild 3–54 und für die Katego-
rie „binär“ im Bild 3–55 dargestellt ist.
Wie aus Bild 3–54 bzw. Bild 3–55 zu erkennen ist, schließt sich – wie ebenfalls bereits
weiter oben erläutert – an die Ebene „Signalform“ die Ebene „Art der Hilfsenergiever-
sorgung“ an.
Gemäß Bild 3–55 werden bei analogen Stellantrieben für Arbeitsmaschinen die
nachfolgenden Ebenen „Zubehör“ bzw. „Signalart“ jeweils getrennt für die Kategorien
„elektrisch“ bzw. „pneumatisch“ der übergeordneten Ebene „Art der Hilfsenergiever-
sorgung“ betrachtet. Bei Arbeitsmaschinen mit analogen elektrischen Stellantrie-
ben ist bei der Zuordnung von Signalarten aus der Ebene „Signalart“ zur Zubehörka-
tegorie „Frequenzumrichter“ zu beachten, dass eine Unterscheidung zwischen eigen-
sicheren bzw. nichteigensicheren Signalen entfällt, weil sich Frequenzumrichter im
Allgemeinen im nicht explosionsgefährdeten Bereich befinden und daher keine Explo-
sionsschutzmaßnahmen erforderlich sind. Dies gilt auch bezüglich der Zuordnung zur
53
Zubehörkategorie „Stellgliedrückmeldung“, wobei ferner die gleichen Hinweise wie
für die Stellgliedrückmeldung an analogen Drosselstellgliedern (siehe Gerätekategorie
„Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“) zu beachten sind. Bei Arbeits-

53 Aus Platzgründen wurden im Bild 3–54 bezüglich Stellgliedrückmeldung elektri-


sche analoge/binäre sowie pneumatische analoge/binäre Signalarten zusammen-
gefasst dargestellt.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 73

maschinen mit analogen pneumatischen Stellantrieben wird die Drehzahl des


pneumatischen Antriebsmotors54 mittels Druckregler, der mit einem pneumatischen
oder elektrischen Einheitssignal sowie digital55 angesteuert werden kann, eingestellt.
Bezüglich der Zuordnung von Signalarten zur Zubehörkategorie „Stellgliedrückmel-
dung“ sind die gleichen Hinweise wie für die Stellgliedrückmeldung an analogen Dros-
selstellgliedern (siehe Gerätekategorie „Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stellein-
richtung“) zu beachten.
Gemäß Bild 3–55 werden bei binären Stellantrieben für Arbeitsmaschinen die nach-
folgenden Ebenen „Zubehör“ bzw. „Signalart“ jeweils getrennt für die Kategorien
„elektrisch“ bzw. „pneumatisch“ der übergeordneten Ebene „Art der Hilfsenergiever-
sorgung“ betrachtet. Bezüglich der Zuordnung von Signalarten zu Kategorien über-
geordneter Ebenen bei Arbeitsmaschinen mit binären elektrischen bzw. binären
pneumatischen Stellantrieben gilt: Es sind einerseits die für analoge Drosselstell-
glieder geltenden Hinweise zur Signalart „örtlich“ (siehe Gerätekategorie „Drossel-
stellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“) zu beachten, andererseits wurden bei
der Zuordnung von Signalarten aus der Ebene „Signalart“ zu Kategorien übergeordne-
ter Ebenen bei der Zubehörkategorie „Druckschalter“ zwecks übersichtlicherer Struk-
turierung die Unterkategorien „pneumatisch“ bzw. „elektropneumatisch“ zusätzlich
eingeführt.
Die jeweils im Bild 3–52, Bild 3–53, Bild 3–54 bzw. Bild 3–55 dargestellten Detailglie-
derungen für die Komponente „Informationsausgabe“ wurden in Strukturtabellen um-
gesetzt, die im Anhang 2 enthalten sind.

54 Es werden hier ausschließlich rotierende pneumatische Antriebsmotoren betrach-


tet, weil nur solche Antriebsmotoren zum pneumatischen Antrieb von Arbeitsma-
schinen für den Eingriff in Stoffströme relevant sind.
55 In diesem Fall wird das Stellsignal über einen Feldbus zum Antrieb der Arbeitsma-
schine übertragen.
74 Kernprojektierung

Bild 3–55: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsausgabe“ für die Gerä-
tekategorie „Arbeitsmaschine mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“, Signalform „binär“

Leittechnisches Mengengerüst: Komponente „Informationsverarbeitung“


Wie im Bild 3–50 dargestellt, wird diese Komponente in der Ebene „Gerätekategorie“
in die Kategorien „SPS/PLS“ (mit den CPU-, Stromversorgungs-, Kommunikations-,
Analogeingabe- bzw. Analogausgabe-, Binäreingabe- bzw. Binärausgabebaugruppen
sowie Bedien- und Beobachtungseinrichtungen), „Wandler und Rechenglieder“ sowie
„Kompaktregler“ unterteilt. Die nächstfolgende Ebene „Signalform“ mit den Kategorien
„analog“ bzw. „binär“ sagt aus, dass die Geräte für die Informationsverarbeitung ana-
loge oder binäre Signale verarbeiten, unabhängig davon, ob die Signale mit Einheits-,
Standard- (z. B. Signale von Widerstandsthermometern bzw. Thermoelementen) oder
digitalen Signalen (z. B. durch einen Feldbus) übertragen werden. Die Ebene „Art der
Hilfsenergieversorgung“ enthält die Kategorien „pneumatisch“ bzw. „elektrisch“56 zur
Charakterisierung der benötigten Hilfsenergieversorgung. Zugeordnet zur jeweils be-
nötigten Art der Hilfsenergieversorgung werden in der Ebene „Signalart“ als Katego-
rien schließlich die im jeweils vorliegenden Anwendungsfall für die Signalübertragung
zu nutzenden Signaltypen (z. B. analog: 0/4…20 mA, 0…10 VDC, 0,2…1 bar, binär:
0/24 VDC, 0/230 VAC, 0,2/1 bar) angegeben.57 Anders als bei den Komponenten
„Informationserfassung“ bzw. „Informationsausgabe“ ist die erläuterte allgemeine
Struktur – um praktikabel zu sein – je nach betrachteter Gerätekategorie in eine detail-

56 In der Komponente „Informationsverarbeitung“ sind nur pneumatische bzw. elektri-


sche Hilfsenergie relevant.
57 Bei elektrischen Signalen wird in der Kategorie „Signalart“ zusätzlich zwischen
„potentialgetrennt“ bzw. „nicht potentialgetrennt“ unterschieden.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 75

lierte Struktur zu überführen. Daher werden die Gerätekategorien im Folgenden ein-


zeln behandelt.
Die detaillierte Struktur der Gerätekategorie „SPS/PLS“ ist im Bild 3–56 dargestellt.
Um im Mengengerüst für die Gerätekategorie „SPS/PLS“ das im jeweiligen Anwen-
dungsfall benötigte Baugruppenspektrum abbilden zu können, wurde im Bild 3–56
zusätzlich die nur für diese Gerätekategorie relevante Unter-Ebene „Allgemeiner Bau-
gruppentyp“ eingeführt.58 In dieser Ebene wurde nicht berücksichtigt, dass auch Bau-
gruppen-„Mischformen“59 auftreten können. Das erklärt sich daraus, dass bei der
Erarbeitung des leittechnischen Mengengerüstes zunächst die Anzahl der je Signalart
benötigten Kanäle zu ermitteln ist. Die Aufteilung auf Baugruppen wird anschließend
meist mit CAE-Mitteln vorgenommen, die häufig von den Lieferanten der SPS/des
PLS mitgeliefert werden.60 Obwohl in der Ebene „Baugruppentyp“ bereits aus Be-
zeichnungen wie z. B. „AE“ oder „BA“ hervorgeht, dass analoge bzw. binäre Signale
verarbeitet werden, ist im Bild 3–56 die Ebene „Signalform“ dennoch mit eingeführt
worden, um mit den noch folgenden Erläuterungen für die Gerätekategorien „Wandler
und Rechenglieder“ sowie „Kompaktregler“ kompatibel zu sein. Aus dem gleichen
Grund wird auch die Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ beibehalten, obwohl hier
nur die Kategorie „elektrisch“ relevant ist. Ferner wurden im Bild 3–56 in der Ebene
„Signalart“ nur Einheitssignale bzw. Standardsignale (z. B. Signale von Widerstands-
thermometern bzw. Thermoelementen) sowie die digitale Signalübertragung mit Feld-
bussen berücksichtigt.61

58 Diese Ebene ist wie eine zusätzliche Unterteilung der Ebene „Gerätekategorie“ zu
verstehen, d. h. sie bildet innerhalb der Ebene „Gerätekategorie“ eine Unterebene.
59 z. B. Analogbaugruppe mit 8 Analogeingängen und 8 Analogausgängen bzw. Bau-
gruppen mit sowohl Analogein- bzw. -ausgängen als auch Binärein- bzw. -aus-
gängen auf einer einzigen Baugruppe
60 Beispiel eines solchen CAE-Mittels ist der elektronische Katalog CA 01 [17].
61 Zum Anschluss von Signalen, die nicht dem im Bild 3–56 in der Ebene „Signalart“
dargestellten Spektrum entsprechen (z. B. 0/48…125 VDC-, 0/120 VAC-, 0/230
VAC-Signale), werden von den SPS-/PLS-Herstellern Spezialbaugruppen angebo-
ten.
76 Kernprojektierung

Bild 3–56: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsverarbeitung“ für die


Gerätekategorie „SPS/PLS“

Bedien- und Beobachtungseinrichtungen nehmen innerhalb der Gerätekategorie


„SPS/PLS“ eine Sonderstellung ein, weil es nicht sinnvoll ist, sie als Baugruppen zu
betrachten und daher der Unterebene „Allgemeiner Baugruppentyp“ zuzuordnen. Fer-
ner sind die bei den übrigen Gerätekategorien eingeführten Ebenen „Signalform“, „Art
der Hilfsenergieversorgung“ und „Signalart“ für Bedien- und Beobachtungseinrichtun-
gen von SPS/PLS bedeutungslos. Die detaillierte Struktur für Bedien- und Beob-
achtungseinrichtungen wird deshalb im Bild 3–57 gesondert dargestellt. Es ist jedoch
nützlich, innerhalb der Ebene „Gerätekategorie“ eine zusätzliche (Unter-)Ebene einzu-
führen, die hier aber sinnvollerweise „Gerätetyp“ statt „Baugruppentyp“ genannt wird.
Um die Struktur noch deutlicher herauszuarbeiten, wurden in der Ebene „Gerätetyp“
für die Kategorie „Konfigurier- und Parametriereinrichtung“ die Unterkategorien „sta-
tionär“ bzw. „mobil“ eingeführt. Die sonstige Zuordnung von Gerätetypen zur Geräte-
kategorie „Bedien- und Beobachtungseinrichtungen“ ist eindeutig und wird daher nicht
näher erläutert.
Die detaillierte Struktur der Gerätekategorie „Wandler bzw. Rechenglieder“ ist im
Bild 3–58 dargestellt. Obwohl in der Systematik nach DIN 19227 Wandler und Re-
chenglieder in der Kategorie „Anpasser“ zusammengefasst werden (siehe Abschnitt
3.3.4.4), ist eine getrennte Betrachtung von Wandlern bzw. Rechengliedern innerhalb
der Gerätekategorie „Wandler und Rechenglieder“ sinnvoll, weil sich die Aufgaben, die
Wandler bzw. Rechenglieder jeweils in einer Automatisierungsanlage zu erfüllen ha-
ben, doch erheblich voneinander unterscheiden. Bei Wandlern werden in der Ebene
„Signalform“ die Kategorien „analog“ und „binär“ als Einheit betrachtet, um damit an-
zudeuten, dass das Ausgangssignal eines Wandlers durchaus ein pneumatisches
Signal sein kann, wenn das Eingangssignal ein elektrisches Signal ist und umge-
3.3 Kernprojektierungsinhalt 77

kehrt.62 Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, wird daher die Ebene „Art der Hilfs-
energieversorgung“ hier – anders als z. B. bei der Komponente „Informationserfas-
sung“ – in Teilebenen gegliedert, die sich durch Kombination der Art der Hilfsenergie-
versorgung von jeweils Eingangssignal (elektrisch/pneumatisch) und Ausgangssignal
(elektrisch/pneumatisch) ergeben. Eine Zuordnung von Kategorien in der Ebene „Sig-
nalart“ durch Angabe von Einheitssignalen ist bei Wandlern – anders als bei den bis-
her betrachteten Gerätekategorien – im Allgemeinen nicht sinnvoll, weil Wandler prin-
zipiell beliebige Eingangssignale – also z. B. auch Signale, die keine Einheitssignale
sind – in beliebige Ausgangssignale wandeln können. Der Versuch, diese sich daraus
ergebende Vielfalt hier systematisch darzustellen, würde aber jeden Rahmen spren-
gen und muss daher unterbleiben.

Leittechnisches Mengengerüst

Informationserfassung Informationsverarbeitung Informationsausgabe

Gerätekategorie: SPS/PLS

Bedien- und Beobach-


tungseinrichtungen

Gerätetyp: Operator-Panel Bedien- und Beobach- Prozessdaten- Konfigurier- und


tungsrechner verarbeitungsrechner Parametriereinrichtung

stationär mobil
(z. B. Desktop-PC) (z. B. Laptop)

Bild 3–57: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsverarbeitung“ bezüglich


„Bedien- und Beobachtungseinrichtungen

62 Gerätebeispiele sind analoge elektropneumatische Wandler oder Wandler, die


binäre elektrische Signale in binäre pneumatische Signale wandeln. Die letztge-
nannten Wandler werden beispielsweise benötigt, um ein binäres Drosselstellglied
mit pneumatischem Stellantrieb mittels eines binären elektrischen Signals zu öff-
nen bzw. zu schließen. Hiervon nicht erfasst sind Analog-/Digital- bzw. Digi-
tal/Analogwandler, weil sie hier nicht als eigenständige Geräte wie z. B. elektro-
pneumatische Wandler sondern als Elemente von Baugruppen der Gerätekatego-
rie „SPS/PLS“ betrachtet werden.
78 Kernprojektierung

Sinnvoll erscheint allerdings, in der Ebene „Signalart“ folgende Kategorien zuzuord-


nen:
x Wandler mit sowohl elektrischem Eingangs- als auch elektrischem Ausgangssi-
gnal:63 Zuordnung der Kategorien „nicht potentialgetrennt“ bzw. „potentialge-
trennt“ mit den Unterkategorien „eigensicher“ bzw. „nicht eigensicher“,
x Wandler mit entweder elektrischem Eingangs- und pneumatischem Ausgangssi-
gnal oder pneumatischem Eingangs- und elektrischem Ausgangssignal: Zuord-
nung der Kategorie „potentialgetrennt“ mit den Unterkategorien „eigensicher“
bzw. „nicht eigensicher“,64
x Wandler mit sowohl pneumatischem Eingangs- als auch Ausgangssignal: Zuord-
nung der Kategorie „potentialgetrennt“ mit den Unterkategorien „eigensicher“
bzw. „nicht eigensicher“ nicht sinnvoll.

Während für Wandler sowohl die Signalformen „analog“ als auch „binär“ relevant sind,
ist für Rechenglieder 65 nur die Signalform „analog“ von Bedeutung. Anders als bei
Wandlern werden in der Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ die Kategorien „elek-
trisch“ bzw. „pneumatisch“ getrennt betrachtet. Die Zuordnung von Signalarten zu
Kategorien übergeordneter Ebenen ist eindeutig und wird daher nicht näher erläutert.
Die detaillierte Struktur der Gerätekategorie „Kompaktregler“ ist im Bild 3–59 dar-
gestellt. Bezüglich der Ebenen „Signalform“, „Art der Hilfsenergieversorgung“ bzw.
„Signalart“ ist zu beachten, dass sich die definierten Kategorien und deren Zuordnung
zu Ebenen sowohl auf die Eingangs- als auch die Ausgangssignale eines Kompakt-
reglers beziehen. Ferner wird die Art der Hilfsenergieversorgung des Kompaktreglers
an sich (z. B. 24 VDC, 230 VAC) zwar hier aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht mit
betrachtet, der Vollständigkeit halber aber mit in die Strukturtabellen (siehe Anhang 3)
einbezogen. Die sonstige Zuordnung von Kategorien untergeordneter Ebenen zu Ka-
tegorien übergeordneter Ebenen ist eindeutig und wird daher nicht näher erläutert.
Die jeweils im Bild 3–56, Bild 3–57, Bild 3–58 bzw. Bild 3–59 dargestellten Detailglie-
derungen für die Komponente „Informationsverarbeitung“ wurden in Strukturtabellen
umgesetzt, die im Anhang 3 enthalten sind.

63 Beispiel für derartige (analoge) Wandler sind Potentialtrennstufen, die den elektri-
schen Stromkreis des Eingangssignals galvanisch von dem des Ausgangssignals
trennen.
64 Unterscheiden sich bei einem Wandler Art der Hilfsenergieversorgung von Ein-
gangs- bzw. Ausgangssignal, so kann man das im weitesten Sinn als eine Art Po-
tentialtrennung betrachten. Der als Synonym für den Begriff „galvanische Tren-
nung“ in der Gerätetechnik verwendete Begriff „Potentialtrennung“ ist nur dann
sinnvoll anwendbar, wenn sowohl Eingangs- als auch Ausgangssignale des Wand-
lers elektrische Signale sind. Streng genommen ist seine Anwendung im betrachte-
ten Fall daher überflüssig, wird aber dennoch beibehalten, um betrachtungskon-
form zu dem Fall zu sein, bei dem sowohl Eingangs- als auch Ausgangssignale
des Wandlers elektrische Signale sind.
65 Beispiel eines solchen Gerätes ist ein elektrisches bzw. pneumatisches Radizier-
glied.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 79

Leittechnisches Mengengerüst

Informationserfassung Informationsverarbeitung Informationsausgabe

Gerätekategorie: SPS/PLS Wandler bzw. Rechenglieder Kompaktregler

Signalform: analog/binär analog

Art der Hilfs-


energiever- E elektrisch E elektrisch E pneumatisch E pneumatisch elek- pneu-
sorgung E/A: A elektrisch A pneumatisch A elektrisch A pneumatisch trisch matisch

Signalart: potential- nicht poten- potential- 0/4…20 mA 0…10 VDC 0,2…1 bar
getrennt tialgetrennt getrennt

eigen- nicht eigen- nicht E: Eingangssignal


sicher eigens. sicher eigens. A: Ausgangssignal

Bild 3–58: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsverarbeitung“ für die


Gerätekategorie „Wandler bzw. Rechenglieder“

Leittechnisches Mengengerüst

Informationserfassung Informationsverarbeitung Informationsausgabe

Gerätekategorie: SPS/PLS Wandler bzw. Kompaktregler


Rechenglieder

Signalform: analog binär

Art der Hilfs-


energiever- elektrisch pneumatisch elektrisch
sorgung E/A:

0/4…20 mA 0…10 VDC Wider- Thermo- Wider- digital 0,2…1 bar digital Relais- 0/24 VDC
stands- element stands- ausgang
Signalart: thermo- fern-
pot.- nicht pot.- pot.- nicht pot.- pot.- nicht pot.-
getr. getr. getr. getr.
meter geber
getr. getr.

E: Eingangssignal
A: Ausgangssignal

Bild 3–59: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsverarbeitung“ für die


Gerätekategorie „Kompaktregler“
80 Kernprojektierung

Die nun folgende beispielhafte Erarbeitung eines leittechnischen Mengengerüstes


orientiert sich an der Station „Reaktor“ des MPS-PA (siehe Abschnitt 2, S. 11),66 bei
der ein Rührkesselreaktor mit der Flüssigkeit A bis zum Erreichen des Füllstandszwi-
schenwertes befüllt wird. Anschließend wird die Flüssigkeit B bis zum oberen Füll-
standsgrenzwert dosiert. Danach wird unter ständigem Rühren geheizt, bis die erfor-
derliche Temperatur – gegeben durch den oberen Temperaturgrenzwert – erreicht ist.
Nun wird das Reaktionsprodukt bis zum unteren Temperaturgrenzwert abgekühlt,
worauf der Rührwerksmotor abgeschaltet und der Rührkesselreaktor bis zum Errei-
chen des unteren Füllstandsgrenzwertes entleert wird. Für die Instrumentierung sollen
folgende Voraussetzungen gelten:
x Der Rührkesselreaktor wird in nicht explosionsgefährdeter Umgebung betrieben,
d. h. es sind keine eigensicheren Stromkreise vorzusehen und daher keinerlei Sig-
nale eigensicherer Mess- bzw. Stelleinrichtungen zu berücksichtigen.67
x Der Füllstand wird nach dem Verdrängerprinzip gemessen (Ausgangssignal 4…20
mA) und im Prozessleitsystem angezeigt. Die Grenzwerte für den Füllstand werden
im Prozessleitsystem gebildet, indem der gemessene Füllstand in entsprechenden
Funktionsbausteinen der Anwendersoftware verarbeitet wird (vgl. Abschnitt
3.4.5.2).
x Die Temperatur im Rührkesselreaktor R1 wird mittels eines Widerstandsthermome-
ters mit Fühlerkopftransmitter gemessen (Ausgangssignal 4…20 mA) und im Pro-
zessleitsystem angezeigt. Zusätzlich ist eine örtliche Temperaturmesseinrichtung
mit Anzeige – realisiert mit einem Metallausdehnungsthermometer (in eigensiche-
rer Ausführung68) – vorgesehen. Die Grenzwerte für die Temperatur werden im
Prozessleitsystem gebildet, indem die gemessene Temperatur in entsprechenden
Funktionsbausteinen der Anwendersoftware verarbeitet wird (vgl. Abschnitt
3.4.5.2).
x Die Messeinrichtungen übertragen analoge Messwerte mittels 4…20 mA-Stromsi-
gnal, d. h. eine digitale Signalübertragung mit einem Feldbus entfällt.
x Die Armaturen V1 bis V5 werden durch elektromagnetische Antriebe betätigt (Ein-
gangssignal 0/24 VDC). Einrichtungen für Noteingriffe sind nicht vorgesehen.
x Die Endlagen der Armaturen werden mit mechanischen Endlagenschaltern über im
Prozessleitsystem realisierte Sichtzeichen rückgemeldet (Ausgangssignal jeweils
0/24 VDC).
x Die Antriebsmotoren von Pumpen und Rührwerk werden über Verbraucherabzwei-
ge mit 0/24 VDC-Binärsignalen jeweils ein- bzw. ausgeschaltet. Die Betriebszu-
stände „Ein“ bzw. „Aus“ werden jeweils mit 0/24 VDC-Binärsignalen, die jeweils
von den Verbraucherabzweigen erzeugt werden, rückgemeldet. An den Antriebs-
motoren sind keine Einrichtungen für Noteingriffe vorgesehen. Auf Störmeldung
sowie Strommessung wird zur Vereinfachung ebenfalls verzichtet.

66 Aus didaktischen Gründen wurde hier die Instrumentierung vereinfacht bzw. geän-
dert.
67 Die Begriff „Eigensicherheit“ wird später im Zusammenhang mit den Ausführungen
im Abschnitt 5.3 erläutert.
68 Die Angabe „eigensicher“ ist hier strengegnommen überflüssig und wird nur der
Vollständigkeit halber mit genannt.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 81

x Die Informationsverarbeitung soll mittels Prozessleitsystem realisiert werden, wo-


bei für die
– Analogsignale bzw. Binäreingangssignale Baugruppen mit potentialgetrennten
Analog- bzw. Binäreingängen,
– Binärausgangssignale Baugruppen mit Relaisausgängen
verwendet werden sollen.
Als Bedien- und Beobachtungseinrichtung dient ein Desktop-PC, der als stationä-
res Kompaktgerät ausgeführt ist und gleichzeitig als Bedien- und Beobachtungs-
rechner, Prozessdatenverarbeitungsrechner sowie Konfigurier- und Parametrier-
einrichtung fungiert.

Bild 3–60 zeigt das zugehörige R&I-Fließschema, wobei die Überfüllsicherung der
Einfachheit halber nicht mit dargestellt wurde.

US
1

GS±O± GS±O±
M1 M M M2
5 6
Stoff A M M3 Stoff B
P1 V1 V2 P2

GS±O± LIS+/-
7 2

R1 Rücklauf
Heizen
V3
V4 TIS±
Kühlen 3

GS±O± TI
8 V5 4

GS±O±
9

Reaktionsprodukt
Bild 3–60: R&I-Fließschema des Rührkesselreaktors
82 Kernprojektierung

Tabelle 3-5: Leittechnisches Mengengerüst für den im Bild 3–60 dargestellten Rühr-
kesselreaktor – Komponente Informationserfassung bzw. Informationsausgabe (Ab-
kürzungen siehe Bild 3–50)
Informationserfassung:
Art der Signalart
Si-
Messver- Hilfsener- 4…20 mA,
gnal- Signalform software-
fahren gieversor- nicht ei- örtlich
form binär mäßig
gung gensicher
Prozessgröße L (EMSR-Stelle LIS± 2)
ana- Verdrän-
elektrisch 1 X
log gerprinzip
Prozessgröße T (EMSR-Stellen TIS± 3 und TI 4)
Wider-
stands-
elektrisch 1 X
thermome-
ana- ter
log Metallaus- 1
dehnungs-
thermome- (eigen-
ter sicher)
Informationsausgabe:
Art der Signalform
Hilfsen- binär
Si-
ergiever- Signalform software-
gnal- Zubehör 0/24 VDC, örtlich
sorgung analog mäßig
form nicht ei-
des Stell-
antriebs gensicher
Drosselstelleinrichtung mit Stellantrieb (Armaturen V1 bis V5)
5x elek-
Koppelre- tromagne-
lais tisch (5x
24 VDC)
binär elektrisch
5 Endla-
Stellglied-
genschal-
rückmel-
ter (10x 24
dung
VDC)
Arbeitsmaschine mit Stellantrieb (Rührwerk und Pumpen)
Verbrau- Ein, Aus
cherab- (6x 24
zweig VDC)
binär elektrisch
Stellglied- Ein, Aus
rückmel- (6x 24
dung VDC)

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Voraussetzungen sowie des im Bild 3–60


gezeigten R&I-Fließschemas ergibt sich das in Tabelle 3–5 bzw. Tabelle 3–6 darge-
stellte leittechnische Mengengerüst. Der Tabellenaufbau wurde im Vergleich zu den
3.3 Kernprojektierungsinhalt 83

im Anhang enthaltenen Strukturtabellen aus Platzgründen leicht modifiziert, indem für


das betrachtete Beispiel nichtrelevante Spalten bzw. Zeilen weggelassen wurden.
Häufig besteht bei der Festlegung von Baugruppenanzahlen die Forderung, jeweils
eine Kanalreserve von mindestens 10% zu berücksichtigen. Bezüglich Analogeinga-
be- sowie Binärausgabebaugruppen ist diese Forderung erfüllbar. Bei den Binärein-
gabebaugruppen ist zu entscheiden, ob zur Erfüllung der Forderung weniger Binärsig-
nale verarbeitet werden oder eine weitere Binärbaugruppe verwendet wird.

Tabelle 3-6: Leittechnisches Mengengerüst für den im Bild 3–60 dargestellten Rühr-
kesselreaktor – Komponente Informationsverarbeitung (Abkürzungen siehe Bild 3–50)
Informationsverarbeitung: PLS
Anzahl Baugruppen
Allgemei- S
ner Bau- T C
Signalart
gruppen- R P AE BE BA
typ V U
G
STRVG 1
CPU 1
1x AE-Bau-
2x 4…20 mA, gruppe mit
AE potentialge- 8 potential-
trennt getrennten
AE
1x BE-Bau-
16x 0/24 VDC, gruppe mit
BE potentialge- 16 poten-
trennt tialgetrenn-
ten BE
1x BA-Bau-
11x 0/24 VDC, gruppe mit
BA
Relaisausgang 16 Relais-
ausgängen
Bedien- und Beobachtungseinrichtung
Gerätetyp Anzahl Bemerkung
Desktop-PC als Bedien- und Beob-
achtungsrechner, Prozessdatenver-
arbeitungsrechner sowie Konfigurier-
1 Kompaktgerät
und Parametriereinrichtung (ein-
schließlich Tastatur, Maus, Bild-
schirm)
84 Kernprojektierung

Zur Abbildung des leittechnischen Mengengerüstes wird neben der erläuterten Tabel-
lenform oft auch auf projektspezifische Typicals zurückgegriffen.69 In diesen grafi-
schen Darstellungen werden einerseits die Komponenten zur Informationserfassung
und des „eingangsseitigen“ Teils der Informationsverarbeitung (siehe Bild 3–61) sowie
andererseits die Komponenten des „ausgangsseitigen“ Teils der Informationsverarbei-
tung und der Informationsausgabe (siehe Bild 3–62) dargestellt. Wie Bild 3–61 und
Bild 3–62 zeigen, können Typicals durch Verwendung der Spalte „Kosten“ auch als
übersichtliches Hilfsmittel für die Angebotskalkulation eingesetzt werden.

Analoge Differenzdruckmessung mittels Wirkdruckverfahren, Signalübertragung mit-


tels Einheitsstromsignal (nicht eigensicher), Signalverarbeitung im Prozessleitsystem,
Option „Anzeige örtlich“

Erläuterungen:
AE: Analogeingabekanal
Kl: Klemme
LU-LT: Lieferumfang Leittechnik
St: Stück
UV: Unterverteiler (Feldebene)

Bild 3–61: Typical für Differenzdruckmessung

69 Auf dieser Basis lassen sich die im Abschnitt 3.3.4.4. erläuterten Grob-EMSR-
Stellenpläne generieren, die das Verständnis der angebotenen Lösung erheblich
verbessern. Als hilfreiche Projektierungsunterlagen werden sie daher manchmal
bereits beim Basic-Engineering erarbeitet.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 85

Stelleingriff in Stoffstrom mittels analogen Drosselstellglieds mit pneumatischem Stell-


antrieb, Ansteuerung mittels Einheitsstromsignal (nicht eigensicher) und Stellungsreg-
ler vom Prozessleitsystem aus, keine örtliche Anzeige; Zubehör: elektrische Stellglied-
rückmeldung analog/binär sowie Einrichtung für Noteingriff

Erläuterungen:
AA: Analogausgabekanal
AE: Analogeingabekanal
BE: Binäreingabekanal
Kl: Klemme
LS: Lageschalter
LU-LT: Lieferumfang Leittechnik
St: Stück
UV: Unterverteiler (Feldebene)
WFG: Widerstandsferngeber

Bild 3–62: Typical für Stelleingriff in Stoffstrom mit analogem Drosselstellglied


86 Kernprojektierung

3.3.3.6 EMSR-Geräteliste, Verbraucherliste sowie Armaturenliste


EMSR-Geräteliste
Im R&I-Fließschema werden die für die Automatisierung erforderlichen EMSR-Stellen
dargestellt. Mit diesen EMSR-Stellen wird im R&I-Fließschema u. a. beschrieben,
welche Funktionen (messen, steuern, regeln, stellen, anzeigen, alarmieren, Notein-
griff, …) in der Automatisierungsanlage zu realisieren sind. Damit eine EMSR-Stelle
die an sie gebundenen Funktionen ausführen kann, ist sie – wie im Abschnitt 3.3.3.3
bereits erläutert – zu instrumentieren, d. h. mit Geräten auszustatten. Während mit
dem leittechnischen Mengengerüst ermittelt wird, wie viele Geräte eines bestimmten
Typs erforderlich sind, d. h. die Gerätetechnik aus einer eher beschaffungsorientierten
Sicht betrachtet wird, spiegelt die EMSR-Geräteliste die EMSR-Stellenbezogene Sicht
auf die Gerätetechnik wider. Ist also die zur Realisierung der jeweiligen EMSR-Stelle
benötigte Gerätetechnik im leittechnischen Mengengerüst in die Kategorien „Informa-
tionserfassung“, „Informationsverarbeitung“ sowie „Informationsausgabe“ aufgeteilt, d.
h. von der jeweiligen EMSR-Stelle losgelöst, dargestellt, so werden in der EMSR-
Geräteliste die zur Realisierung der jeweiligen EMSR-Stelle benötigten Geräte bezo-
gen auf diese EMSR-Stelle blockartig zusammengefasst und tabellenartig in der
EMSR-Geräteliste dargestellt. Bild 3–63 zeigt hierzu ein Beispiel.
Verbraucherliste
Die „Verbraucher“ elektrischer, pneumatischer sowie hydraulischer Hilfsenergie (z. B.
elektrische Antriebe von Stellarmaturen, pneumatische bzw. hydraulische Stellungs-
regler an Stellarmaturen) sind im Allgemeinen schon EMSR-Stellen zugeordnet und
daher bereits in einer entsprechend konfigurierten EMSR-Geräteliste mit erfasst. Zur
Planung des Bedarfs an pneumatischer, hydraulischer und insbesondere elektrischer
Hilfsenergie ist es jedoch zweckmäßig, die „Verbraucher“ in einer separaten Liste, der
sogenannten Verbraucherliste zu erfassen. Da diese Liste prinzipiell ähnlich wie die
EMSR-Geräteliste (vgl. Bild 3–63) aufgebaut ist, wird hier nicht weiter darauf einge-
gangen.
Armaturenliste
Ob Armaturenlisten Bestandteil der Projektunterlagen des Gewerks „Automatisie-
rungstechnik“ sind, hängt im Wesentlichen von der Gestaltung der Nahtstelle zwi-
schen den Gewerken „Verfahrenstechnik“ und „Automatisierungstechnik“ ab. Im in der
Praxis häufig anzutreffenden Regelfall legt das Gewerk „Verfahrenstechnik“ die Stell-
glieder wie z. B. Klappen oder Ventile nach den verfahrenstechnischen Erfordernissen
aus, d. h. die Armaturen sind Bestandteil des Liefer- und Leistungsumfangs der Ver-
fahrenstechnik. Das Gewerk „Automatisierungstechnik“ dimensioniert und liefert dann
gemäß den verfahrenstechnischen Vorgaben die Stellantriebe. In diesem Fall wird die
Armaturenliste vom Gewerk „Verfahrenstechnik“ erarbeitet und dem Gewerk „Automa-
tisierungstechnik“ zur Verfügung gestellt. Davon abweichend kann es in Ausnahmefäl-
len durchaus vorkommen, dass die Stelleinrichtungen, d. h. sowohl Stellglieder als
auch Stellantriebe, Bestandteil des Liefer- und Leistungsumfangs für das Gewerk
„Automatisierungstechnik“ sind. In diesem Fall ist die Armaturenliste vom Gewerk
„Automatisierungstechnik“ zu erarbeiten. Da diese Liste prinzipiell ähnlich wie die
EMSR-Geräteliste (vgl. Bild 3–63) aufgebaut ist, wird hier nicht weiter darauf einge-
gangen.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 87

Bild 3–63: Beispiel einer EMSR-Geräteliste


88 Kernprojektierung

3.3.3.7 Angebotserarbeitung
Die Erarbeitung des Angebots ist eine wichtige beim Basic-Engineering zu erbringen-
de Leistung. Hierbei wird auf Basis der in den Abschnitten 3.3.2.2 (Lastenheft), 3.3.2.3
(Grund- bzw. Verfahrensfließschema) sowie 3.3.3.1 bis 3.3.3.6 erläuterten Unterlagen
der Liefer- und Leistungsumfang beschrieben und kalkuliert. Es wird hier nicht darauf
eingegangen, sondern im Rahmen von Abschnitt 7 (Kommerzielle Aspekte), weil dort
die diesbezüglichen Erläuterungen sich besser strukturiert darstellen lassen.

3.3.4 Detail-Engineering
3.3.4.1 Allgemeines
Ausgehend von der im Bild 3–7 dargestellten Einordnung der Kernprojektierung in den
Projektablauf werden vom Auftraggeber in der Anfrage bzw. Ausschreibung die Pro-
jektanforderungen im Allgemeinen in einem Lastenheft zusammengestellt. Zusammen
mit der Anfrage bzw. Ausschreibung übergibt der Auftraggeber dem Anbieter, der sich
um den Auftrag bemüht, das Verfahrensfließschema. Auf dieser Basis wird das im
Abschnitt 3.3.3 beschriebene Basic-Engineering durchgeführt und ein Angebot erar-
beitet. Vergibt der Auftraggeber den Auftrag an den Anbieter, so sind im Rahmen des
Detailengineerings Projektierungsunterlagen für die Errichtung der Automatisierungs-
anlage zu erarbeiten, z. B.
x Pflichtenheft (vgl. Abschnitt 3.3.4.2)
x Verkabelungskonzept (vgl. Abschnitt 3.3.4.3)
x EMSR-Stellenpläne (vgl. Abschnitt 3.3.4.4)
x Kabellisten und Klemmenpläne (vgl. Abschnitt 3.3.4.5)
x Schaltschrank-Layouts (vgl. Abschnitt 3.3.4.6)
x Montageanordnungen (vgl. Abschnitt 3.3.4.7)
sowie Regelungs- und Steuerungsentwurf einschließlich Erarbeitung der Anwender-
software durchzuführen (vgl. Abschnitte 3.3.4.8, 3.4.2 und 3.4.4 sowie 3.4.5).

3.3.4.2 Pflichtenheft
Im Lastenheft (vgl. Abschnitt 3.3.2.2) wurden nach VDI/VDE 3694 die allgemeinen
Projektanforderungen, welche an die Automatisierungsanlage gestellt werden, sowohl
hersteller- als auch produktneutral definiert, und auf dieser Grundlage wurde auch das
R&I-Fließschema erarbeitet. Nun sind diese allgemeinen Anforderungen vom Auftrag-
nehmer in die konkrete Lösung umzusetzen, wobei gleichzeitig auch die Unterlagen
(z. B. EMSR-Stellenpläne, Kabel- und Klemmenpläne, Schaltschrank-Layouts) entste-
hen müssen, nach denen die Automatisierungsanlage errichtet werden kann. Damit
wird das Lastenheft durch die Beschreibung der konkreten Lösung zum Pflichtenheft
ergänzt. Ähnlich wie im Abschnitt 3.3.2.2 ergibt sich die Fragestellung,
Wie und Womit
die im Lastenheft definierten allgemeinen Anforderungen an die Automatisierungsan-
lage durch die vom Auftragnehmer umzusetzende Lösung realisiert werden.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 89

VDI/VDE 3694 empfiehlt, das Pflichtenheft, welches die Frage „Wie und Womit?“ be-
antwortet, gemäß der in Tabelle 3-7 genannten Gliederungspunkte aufzubauen. Be-
züglich Untersetzung dieser Gliederungspunkte wird erneut auf VDI/VDE 3694 [3]
verwiesen.

Tabelle 3-7: Gliederung des Pflichtenheftes nach VDI/VDE 3694


Gliederungspunkt Benennung
1–8 Lastenheft (Gliederung siehe Tabelle 3–1)
9 Systemtechnische Lösung
9.1 Kurzbeschreibung der Lösung
9.2 Gliederung und Beschreibung der systemtechnischen Lösung
Beschreibung der systemtechnischen Lösung für den regulä-
9.3 ren (Anlauf, Normalbetrieb, Wiederanlauf) und für den irregu-
lären Betrieb (gestörter Betrieb, Notbetrieb)
10 Systemtechnik
10.1 Datenverarbeitungssystem
10.2 Datenverwaltungs-/Datenbanksystem
10.3 Software
10.4 Gerätetechnik
10.5 Technische Daten der Geräte
10.6 Technische Angaben für das Gesamtsystem

Durch den in Tabelle 3–7 dargestellten Aufbau wird das Pflichtenheft zu einem Prüf-
instrument, das den Liefer- und Leistungsumfang des Auftragnehmers sowie die er-
forderlichen Beistellungen des Auftraggebers verbindlich festlegt und anhand dessen
der Auftraggeber kontrollieren kann, ob und wie der Auftragnehmer den vereinbarten
Liefer- und Leistungsumfang erbracht hat. Damit ist das Pflichtenheft auch gleichzeitig
eine wichtige Grundlage für die Abnahme des Liefer- und Leistungsumfangs durch
den Auftraggeber, die ihrerseits Bedingung dafür ist, dass der Auftragnehmer dem
Auftraggeber die Schlussrechnung zur Bezahlung vorlegen darf.
Die Ergebnisse aus dem „Wie und Womit“ werden in einzelnen Ausführungsunterla-
gen dokumentiert, nach denen die Automatisierungsanlage errichtet werden kann. Zu
diesen Unterlagen zählen:

x R&I-Fließschema,
x EMSR-Stellen-, Signal-, Geräte-,
Verbraucher- und Armaturenlisten, Basic-Engineering
x EMSR-Stellen- bzw. Verbraucherstellenblätter,
90 Kernprojektierung

x EMSR-Stellenpläne,
x Kabellisten und Klemmenpläne, Detail-Engineering
x Schaltschrank-Layouts,
x Montageanordnungen.

3.3.4.3 Verkabelungskonzept
Um die für das Detail-Engineering erforderlichen Unterlagen (z. B. EMSR-Stellenplä-
ne, Kabellisten und Klemmenpläne) erarbeiten zu können, muss zuvor ein Verkabe-
lungskonzept entwickelt werden. Welche Art von Verkabelungskonzept im jeweils
vorliegenden Anwendungsfall zweckmäßig ist, hängt vom Typ der umzusetzenden
Strukturvariante (siehe Abschnitt 3.2.2) ab. Insofern kann Bild 3–4 bis Bild 3–6 als
Basis für das zu entwickelnde Verkabelungskonzept dienen. Anhang 4 zeigt hierzu ein
Beispiel.

3.3.4.4 EMSR-Stellenplan: Aufbau, Betriebsmittel-, Anschluss- bzw. Signalkenn-


zeichnung sowie Potentiale und Querverweise
Allgemeiner Aufbau von EMSR-Stellenplänen
Zunächst ist es sinnvoll, zwischen dem Grob-EMSR-Stellenplan sowie dem Fein-
EMSR-Stellenplan zu unterscheiden. Im Einzelnen bedeutet das, der Projektierungs-
ingenieur legt zunächst fest, welche Automatisierungsmittel für die Funktion der ein-
zelnen EMSR-Stellen erforderlich sind. Dies dokumentiert er – wie im Abschnitt
3.3.3.5 bereits erläutert – beim Basic-Engineering im leittechnischen Mengengerüst.
Darauf aufbauend wird anschließend im Rahmen des Detail-Engineerings die kon-
krete Verdrahtung der Automatisierungsmittel geplant und mittels Grob-EMSR-
Stellenplan70 bzw. Fein-EMSR-Stellenplan71 dokumentiert.
In den EMSR-Stellenplänen soll die Symbolik nach DIN 19227 [9] angewendet wer-
den. Deshalb wird sie im Folgenden eingeführt und beispielhaft erläutert. Die nach
DIN 19227 für EMSR-Stellenpläne zur Verfügung stehenden Symbole lassen sich in
folgende Symbolgruppen unterteilen:
x Aufnehmer,
x Anpasser,72
x Ausgeber,
x Regler,

70 Der Grob-EMSR-Stellenplan ist eine dem Übersichtsschaltplan vergleichbare grafi-


sche Darstellung.
71 Der Fein-EMSR-Stellenplan ist eine dem Stromlaufplan vergleichbare grafische
Darstellung.
72 In der Symbolgruppe „Anpasser“ wird zwischen Wandlern (Umformer, Umsetzer),
Rechengliedern, Signalverstärkern, Signalspeichern und Binärverknüpfungen un-
terschieden. Symbole für Wandler, Rechenglieder, Signalverstärker und Signal-
speicher nach DIN 19227 zeigt Bild 3–65, bezüglich der Symbole für Binär-
verknüpfungen verweist DIN 19227 auf DIN EN 60617, Teil 12 [22].
3.3 Kernprojektierungsinhalt 91

x Steuergeräte,
x Stellgeräte und Zubehör,
x Bediengeräte,
x Leitungen, Leitungsverbindungen, Anschlüsse, Signalkennzeichen.
Bild 3–64 bis Bild 3–67 zeigen häufig verwendete Symbole. Es ist zulässig, diese
Symbole miteinander zu kombinieren. Im Bild 3–68 sind Beispiele von Kombinations-
symbolen dargestellt.

Bild 3–64: Ausgewählte Symbole für Aufnehmer nach DIN 19227


92 Kernprojektierung

Bild 3–65: Ausgewählte Symbole für Anpasser (Wandler, Rechenglieder, Signalver-


stärker, Signalspeicher) nach DIN 19227

Bild 3–66: Ausgewählte Symbole für Ausgeber, Regler, Steuer- und Bediengeräte
nach DIN 19227
3.3 Kernprojektierungsinhalt 93

Bild 3–67: Ausgewählte Symbole für Stellgeräte und Zubehör sowie Signalkennzei-
chen und Leitungen nach DIN 19227

Bild 3–68: Beispiele für Kombinationssymbole nach DIN 19227


94 Kernprojektierung

Die nachfolgenden Darstellungen (Bild 3–69 bis Bild 3–73) zeigen beispielhaft, wie die
zuvor erläuterte Symbolik in EMSR-Stellenplänen angewendet wird.

1,4 bar

PID

H
Prozessleitwarte

0,2 … 1 bar
Schaltraum

1,4 bar 0,2 … 1 bar

0,2 … 1 bar

1,4 bar
Feld

PD

F max. 3 bar

Graphisches Symbol für Zuluft nach DIN ISO 1219 (pneumatische Druckquelle)

Bild 3–69: Grob-EMSR-Stellenplan der pneumatischen Durchflussregelung FIC 001


3.3 Kernprojektierungsinhalt 95

PID

H
Prozessleitwarte

L N PE
230 VAC
Schaltraum

L+ L- PE L+ L- PE
Feld

PD

F max. 3 bar

Graphisches Symbol für elektrische Klemme

Bild 3–70: Fein-EMSR-Stellenplan der elektrischen Durchflussregelung FIC 002


96 Kernprojektierung

Bedien- und Beob-


achtungsebene
I I
Prozessleitwarte
Verarbeitungsebene –

Block: FIC 003


Verteilerebene gangsebene Funktionsebene

w
x PID y
Ein-/Aus-
Schaltraum

L+ L- PE L+ L- PE
Schalt- und
Feldverteiler
Feld
Mess- und Stell-

PD
ebene

F max. 3 bar

Graphisches Symbol für elektrische Klemme im Feld bzw. Schaltraum; in


der Verarbeitungsebene – Funktionsebene bzw. Bedien- und Beobach-
tungsebene bei softwaremäßiger Realisierung graphisches Symbol für
Signalverzweigung

Bild 3–71: Fein-EMSR-Stellenplan der elektrischen Durchflussregelung FIC 003 (An-


zeige und Regelung softwaremäßig realisiert)
3.3 Kernprojektierungsinhalt 97

Bedien- und Beob-


achtungsebene

I I
Verarbeitungsebene –
Funktionsebene

Block: TIC 302


w
yH PI y
x
gangsebene
Ein-/Aus-
Verteilerebene
Schalt- und

T
Bild 3–72: Grob-EMSR-Stellenplan der EMSR-Stelle TIC 302 (siehe auch R&I-Fließ-
schema im Bild 3–14)
98 Kernprojektierung

Zugeordnete über-
geordnete Kenn-
zeichnung
kennzeichnung
Betriebsmittel-

Querverweis
Potential

Bild 3–73: Fein-EMSR-Stellenplan der EMSR-Stelle HSI 1302 mit Kennzeichnung der
Betriebsmittel sowie Darstellung von Potentialen, Querverweisen und übergeordneter
Kennzeichnung
3.3 Kernprojektierungsinhalt 99

Betriebsmittelkennzeichnung
Im EMSR-Stellenplan miteinander verbundene Geräte (Aufnehmer, Anpasser, Regler,
Ausgeber, Stellgeräte, Klemmen etc.) werden allgemein als Betriebsmittel bezeichnet.
Um in der Projektdokumentation diese Betriebsmittel eindeutig identifizieren zu kön-
nen, enthalten die Projektdokumentationen ausführliche Fein-EMSR-Stellenpläne (vgl.
Bild 3–73), in denen u. a. das Kennzeichnungssystem nach DIN 40719 [18] verwendet
wird.73 Dieses Kennzeichnungssystem ist in Kennzeichnungsblöcke gegliedert, die
durch Vorzeichen jeweils voneinander getrennt werden (Tabelle 3-8).

Tabelle 3-8: Prinzip der Betriebsmittelkennzeichnung


Übergeord- Ein- Betriebsmittelkennzeichen
Aufstel- -
= nete Kenn- ++ + bau- gemäß Bild 3–76 bis
lungsort --
zeichnung ort Bild 3–78

Nachfolgend wird nun der Aufbau der einzelnen Kennzeichnungsblöcke überblicksar-


tig erläutert.

Kennzeichnungsblock „Übergeordnete Kennzeichnung“


Um den Kennzeichnungsblock „Übergeordnete Kennzeichnung“ anwenden zu kön-
nen, ist das Automatisierungsobjekt, d. h. die Produktionsanlage (Brauerei, Kraftwerk
etc.), prozessorientiert zu gliedern. Eine zweckmäßige allgemeine und daher häufig in
ähnlicher Weise verwendete Struktur einschließlich Beispiel zeigt Bild 3–74.74
Wie dieses Bild veranschaulicht, werden in der übergeordneten Kennzeichnung ans-
telle der ausführlichen Bezeichnungen oft Abkürzungen verwendet, z. B. lautet die
übergeordnete Kennzeichnung für das o. g. Anwendungsbeispiel = L&F LP PA FP1
RKR. Weil die Anwendung des Kennzeichnungsblockes „Übergeordnete Kennzeich-
nung“ zur Kennzeichnung der im EMSR-Stellenplan dargestellten Betriebsmittel trotz
Verwendung von Abkürzungen zuviel Platz beanspruchen würde, benutzt man die
sogenannte aufgeteilte Kennzeichnungsschreibweise, indem die übergeordnete Kenn-
zeichnung durch Eintrag in das Schriftfeld des EMSR-Stellenplans formal allen in die-
sem EMSR-Stellenplan dargestellten Betriebsmitteln zugeordnet wird (vgl.
Bild 3–73). Soll einzelnen Betriebsmitteln eines EMSR-Stellenplans eine andere über-
geordnete Kennzeichnung zugeordnet werden, so ist an diese Betriebsmittel die über-
geordnete Kennzeichnung in der zusammenhängenden Kennzeichnungsschreibweise
anzutragen.

73 DIN 40719 ist zurückgezogen und zum Teil durch DIN 6779 [19] bzw. DIN IEC
61346 [20] ersetzt worden. Grundlegende aus DIN 40719 bekannte Prinzipien der
Betriebsmittelkennzeichnung bleiben aber weitgehend erhalten, Änderungen erge-
ben sich hauptsächlich bei Kennbuchstaben. Aus diesem Grund und weil darüber
hinaus in der Praxis nach wie vor die Kennzeichnungssystematik nach DIN 40719
dominiert [21], stützen sich die Erläuterungen zum Prinzip der Betriebsmittelkenn-
zeichnung auf DIN 40719.
74 Weitere Hinweise zur Anlagenstrukturierung siehe DIN IEC 61346 [20].
100 Kernprojektierung

Allgemeine Anla- Beispiel für übergeordnete


genstruktur Kennzeichnung

Ebene 1: Werk Lacke & Farben GmbH (L&F)

Ebene 2: Komplex Lackproduktion (LP)

Ebene 3: Anlage Produktionsanlage (PA)

Ebene 4: Teilanlage Fertigprodukt 1 (FP1)

Ebene 5: Anlagenteil Rührkesselreaktor (RKR)

Bild 3–74: Häufig verwendete allgemeine Anlagenstruktur und Anwendungsbeispiel

Kennzeichnungsblöcke „Aufstellungsort“ und „Einbauort“ (Ortskennzeichnung)


Die Kennzeichnungsblöcke „Aufstellungsort“ und Einbauort“ bilden in der Betriebsmit-
telkennzeichnung zusammen die sogenannte Ortskennzeichnung. Um diese Kenn-
zeichnungsblöcke anwenden zu können, ist das Automatisierungsobjekt, d. h. die
Produktionsanlage (Brauerei, Kraftwerk etc.), örtlich zu gliedern.75 Begonnen wird
dabei mit den Aufstellungsorten, die man sich als Räume vorstellen kann, in denen
z. B. Montagegerüste für die Aufnahme von Feldgeräten (Mess- bzw. Stelleinrich-
tungen), Schaltschränke, Schalttafeln, Bedienpulte etc. aufgestellt werden.76 Die ein-
fachste und für Anlagen, die den im Bild 1–3 genannten Prozessklassen zugeordnet
sind, als allgemeingültig zu betrachtende Gliederung der Aufstellungsorte umfasst
daher die Ebenen
x Feld,
x Schaltraum und
x Prozessleitwarte
(vgl. Bild 3–64 bis Bild 3–72), die – dem jeweiligen Anwendungsfall angepasst –
durchaus weiter untergliedert werden können (vgl. Bild 3–73),77 wobei die Untergliede-
rungen innerhalb des Kennzeichnungsblocks „Aufstellungsort“ meist mit jeweils einem
Punkt voneinander getrennt werden.
Den einzelnen Aufstellungsorten können nun Einbauorte zugeordnet werden. Als Ein-
bauorte werden die bereits erwähnten Montagegerüste, Schaltschränke, Schalttafeln,
Bedienpulte usw. betrachtet, in die Geräte wie z. B. Feldgeräte (Mess- und Stellein-
richtungen), Wandler (z. B. Potentialtrenner), (konventionelle) Regler, Anzeigegeräte

75 In der Projektierungspraxis wird diese Tätigkeit auch als „Einrichtung der Ortswelt“
bezeichnet.
76 Im weitesten Sinne ist somit auch die Ebene „Feld“ wie ein Aufstellungsort zu be-
trachten.
77 Anhang 5 zeigt hierzu ein verallgemeinertes Beispiel.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 101

oder speicherprogrammierbare Steuerungen eingebaut werden sollen.78 Eine örtliche


Gliederung zeigt Bild 3–75, wobei bezüglich der Einbauorte aus Gründen der Über-
sichtlichkeit auf eine Untergliederung in Einbauzeilen bzw. -spalten verzichtet wurde.

Ortskennzeichnung

Aufstellungsorte Einbauorte

++ Feld

+ Montagegerüst 1 (MG1)

+ Montagegerüst 1 (MG2)

+ Bedienpult (BP)

+ Schaltschrank (S)

++Schaltraum (SR)

+ Schaltschrank 1 (S1)

+ Schaltschrank 2 (S2)

+ Verteilerschrank (V)

++ Prozessleitwarte (PLW)

+ Schaltschrank 1 (S1)

+ Schaltschrank 2 (S2)

+ Bedienpult (BP)

Bild 3–75: Beispiel einer örtlichen Gliederung

78 Wenn gefordert wird, den Einbauort eines Gerätes z. B. innerhalb eines Schalt-
schrankes genauer anzugeben, wird dem Schaltschrank ein Koordinatensystem
zugeordnet, das die Einbauorte (Steckplätze) durch Angabe von Einbauzeile und -
spalte lokalisiert. Die Angabe von Einbauzeile und -spalte wird mit einem Punkt
von der übrigen Kennzeichnung des Einbauortes abgetrennt. Will man z. B. ange-
ben, dass ein Gerät im Schaltschrank „S2“, Ebene „C“ eingebaut ist, so lautet die
Kennzeichnung des Einbauortes +S2.C.
102 Kernprojektierung

Gemäß Bild 3–75 lautet unter Verwendung der dort angegeben Abkürzungen die
Ortskennzeichnung für ein in der Prozessleitwarte im Schaltschrank 1, Ebene C ein-
gebautes Gerät: ++PLW+S1.C (vgl. Bild 3–82). Bei der Ortskennzeichnung ist zu be-
achten, dass nach DIN 40719 auf die Angabe des Aufstellungsortes auch verzichtet
werden kann bzw. in diesem Fall dem Einbauort der Kennzeichnungsblock „Über-
geordnete Kennzeichnung“ vorangestellt werden darf (vgl. Bild 3–79). Die diesbezüg-
liche Entscheidung hängt im Wesentlichen von den Gegebenheiten des zu bearbei-
tenden Projektes ab. Der Aufstellungsort ist aber unbedingt anzugeben, wenn die
Bezeichnung eines Einbauortes in mehreren Aufstellungsorten verwendet wird. Ge-
mäß Bild 3–75 betrifft das z. B. Einbauort „Bedienpult“ in den Aufstellungsorten „Feld“
sowie „Prozessleitwarte“ bzw. Einbauort „Schaltschrank 1“ in den Aufstellungsorten
„Schaltraum“ sowie „Prozessleitwarte“.
Hinsichtlich der Ortskennzeichnung wird ähnlich verfahren wie beim Kennzeichnungs-
block „Übergeordnete Kennzeichnung“ (siehe S. 99): Man benutzt auch hier die aufge-
teilte Kennzeichnungsschreibweise, indem die Ortskennzeichnung durch Eintrag in
das Schriftfeld des EMSR-Stellenplans formal allen in diesem EMSR-Stellenplan dar-
79
gestellten Betriebsmitteln zugeordnet wird. Soll einem einzelnen Betriebsmittel eines
EMSR-Stellenplans eine andere Ortskennzeichnung zugeordnet werden, so ist an
dieses Betriebsmittel die Ortskennzeichnung in der zusammenhängenden Kennzeich-
nungsschreibweise anzutragen (vgl. Bild 3–73).

Kennzeichnungsblock „Betriebsmittelkennzeichen“
Nach DIN 40719 wird bei der Betriebsmittelkennzeichnung zwischen elektrischen und
nichtelektrischen Betriebsmitteln unterschieden. Dem Betriebsmittelkennzeichen für
elektrische Betriebsmittel ist das Zeichen „-“, nichtelektrischen Betriebsmitteln das
Zeichen „--“ voranzustellen. Sowohl bei elektrischen Betriebsmitteln als auch nicht-
elektrischen Betriebsmitteln werden Kennbuchstaben verwendet, die jeweils für elek-
trische Betriebsmittel im Bild 3–76 und Bild 3–77, für nichtelektrische Betriebsmittel im
Bild 3–78 aufgeführt sind. Beispielsweise sind Relais bzw. Schütze elektrische Be-
triebsmittel, die gemäß Bild 3–77 Betriebsmittelkennzeichen „-K“ tragen, das um die
laufende Nummer innerhalb der Betriebsmittelart (im vorliegenden Fall „K“) zu ergän-
zen ist (vgl. auch Bild 3–73, Strompfad80 B4). Nichtelektrische Betriebsmittel sind z. B.
Ventile, die gemäß Bild 3–78 das Betriebsmittelkennzeichen „--A“ tragen, das auch
hier um die laufende Nummer innerhalb der Betriebsmittelart (im vorliegenden Fall
„A“) zu ergänzen ist. Betrachtet man unter Berücksichtigung der vorgenannten Aus-
führungen die im Bild 3–73 dargestellten Betriebsmittel, ist festzustellen, dass die in
den Strompfaden A4, A5 und A6 dargestellten Ventilstelleinrichtungen nicht das Be-
triebsmittelkennzeichen „--A“, sondern das für elektrische Betriebsmittel zutreffende

79 Die in das Schriftfeld des EMSR-Stellenplans eingetragene Ortskennzeichnung


(siehe Markierung im Bild 3–73) wird auch als „Blattort“ bezeichnet. Dabei kann
auch auf die Angabe des Aufstellungsortes verzichtet werden.
80 Die Strompfade sind wie ein Koordinatensystem zu betrachten, mit dem Objekte
auf dem Zeichnungsblatt lokalisiert werden können, was bei blattübergreifenden
Querverweisen, wie sie z. B. bei der Darstellung von Potentialen auftreten, wichtig
ist. Meist werden die horizontalen Strompfade mit Buchstaben, die vertikalen mit
Zahlen bezeichnet.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 103

Betriebsmittelkennzeichen „-Y“ tragen, wobei eigentlich die Zuordnung zu nichtelek-


trischen Betriebsmitteln zu erwarten gewesen wäre. Es ist deshalb davon auszuge-
hen, dass Betriebsmittel wie Widerstände, Kondensatoren, Spulen, Relais eindeutig
der Gruppe der elektrischen Betriebsmittel zugeordnet werden können. Bei Betriebs-
mitteln, die im Vergleich dazu eine Kombination aus sowohl elektrischen als auch
nichtelektrischen Betriebsmitteln bilden, ist die Zuordnung jedoch komplizierter. Bezo-
gen auf die im Bild 3–73 dargestellten Ventilstelleinrichtungen gilt, dass sie aus dem
elektrischen Betriebsmittel „Magnetstellantrieb“ sowie dem nichtelektrischen Be-
triebsmittel „Ventil“ bestehen und somit eine Kombination aus sowohl elektrischem als
auch nichtelektrischem Betriebsmittel bilden. Korrekterweise wäre bei solchen Be-
triebsmittelkombinationen jedes Betriebsmittel für sich zu kennzeichnen. Bei den im
Bild 3–73 dargestellten Ventilstelleinrichtungen müsste demzufolge der Magnetstellan-
trieb mit dem Betriebsmittelkennzeichen „-Y“ und das Ventil mit dem Betriebsmittel-
kennzeichen „--A“ versehen werden. Um die Betriebsmittelkennzeichnung jedoch
überschaubar zu halten, wird die Kombination der Betriebsmittel wie ein einziges Be-
triebsmittel betrachtet und das Betriebsmittelkennzeichen danach ausgewählt, ob für
das betrachtete Betriebsmittel zur Darstellung im EMSR-Stellenplan eher elektrische
81
bzw. nichtelektrische Eigenschaften wesentlich sind. Bei den exemplarisch betrach-
teten Ventilstelleinrichtungen ist davon auszugehen, dass bei der Darstellung im
EMSR-Stellenplan die elektrischen Eigenschaften wesentlich sind und daher für das
hier betrachtete Betriebsmittel „Ventilstelleinrichtung“ das Betriebsmittelkennzeichen „-
Y“ verwendet wird.

Zusammenfassende Beispiele zur Betriebsmittelkennzeichnung


Abschließend werden beispielhaft die vollständigen Betriebsmittelkennzeichnungen
für die im Strompfad A4 bzw. B4 dargestellten Betriebsmittel (vgl. Bild 3–73) ange-
geben. Das im Strompfad A4 dargestellte Betriebsmittel ist eine Ventilstelleinrichtung,
deren vollständige Betriebsmittelkennzeichnung daher =B1.HSI2+Feld-Y2 lautet. (der
Kennzeichnungsblock für den Aufstellungsort wurde hierbei nicht mit genutzt). Für das
im Strompfad B4 dargestellte Relais lautet die vollständige Betriebsmittelkennzeich-
nung =B1.HSI2+S2.C-K2 (der Kennzeichnungsblock für den Aufstellungsort wurde
hierbei ebenfalls nicht genutzt). In beiden Fällen wurde im Bild 3–73 bezüglich der
übergeordneten Kennzeichnung von der bereits auf S. 99 erläuterten Schreibweise
Gebrauch gemacht.

81 Für den Fall, dass – obwohl eher die elektrischen Eigenschaften wesentlich sind –
das nichtelektrische Betriebsmittelkennzeichen besser geeignet ist, so ist es an-
stelle des elektrischen Betriebsmittelkennzeichens zu verwenden. Dies trifft z. B.
für die Betriebsmittelkennzeichnung elektrisch angetriebener Pumpen zu.
104 Kernprojektierung

Kennbuch- Art des Be- Kennbuch- Art des Be-


Beispiele Beispiele
stabe triebsmittels stabe triebsmittels

Verstärker mit getrennten Komponenten, Magnet- Beleuchtungseinrichtung, Heizeinrichtung, Einrich-


verstärker, Laser, Maser, gedruckte Schaltung Verschie- tung, die an anderer Stelle nicht aufgeführt ist;
E
Baugruppen, Gerätekombinationen; Baugruppen und Teilbau- denes Elektrofilter, Elektrozäune, Lüfter, Meßtechnische
A Teilbau- gruppen, die eine konstruktive Einheit bilden, aber Geräteabsperrungen, Abgleichgefäße
gruppen nicht eindeutig einem anderen Kennbuchstaben zu-
geordnet werden können, wie Einschübe, Steck- Sicherung, Überspannungsentladevorrichtung,
karten, Flachbaugruppen, Ortssteuerstellen usw. Überspannungsableiter;
Fernmeldeschutzschalter, Schutzrelais, Bimetall-
Thermoelektrischer Fühler, Thermozelle, Dynamo- Schutzein- auslöser, magnetische Auslöser; Druckwächter;
F
meter, photoelektrische Zelle, Kristallwandler, Mi- richtungen Windfahnenrelais, Fliehkraftschalter; Buchholz-
Umsetzer
krophon, Tonabnehmer, Lautsprecher, Kopfhörer, schutz; Elektronische Einrichtungen zur Signalüber-
von nicht-
Drehfeldgeber, Funktionsdrehmelder; wachung; Signalsicherung; Leitungsüberwachung;
elektrischen
Messumformer, Thermoelemente; Widerstands- Funktionssicherung;
B auf elektri-
thermometer; Photowiderstand; Druckmessdosen;
sche Größen rotierender Generator, rotierender Frequenzwand-
Dehnungsmessdosen; Dehnungsmesstreifen; Pie- Generatoren,
oder umge- ler, Batterie, Oszillator, Quarzoszillator;
zoelektrische Geber; Drehzahlgeber; Geschwindig- G Stromversor-
kehrt ruhende Generatoren und Umformer; Ladergeräte;
keitsgeber; Impulsgeber;Tachogenerator; Weg- gungen
und Winkelumsetzer; Netzgeräte; Stromrichtergeräte; Taktgeneratoren

Konden- Optisches oder akkustisches Messgerät;


C Meldeein- Signalleuchten; Geräte für das Gefahren- und Zeit-
satoren H
richtungen meldewesen; Zeitfolgemelder, Manöver-Registrier-
Integrierte digitale Schaltkreise und Geräte, Zeit- geräte; Fallklappenrelais; Leuchtdiode
glied, bistabiles Element, Monostabiles Element,
Kernspeicher, Register, Magnetbandgerät, Platten- J frei verfügbar
Binäre Ele- spieler;
Relais, Leistungsschütze, Hilfsschütze; Hilfsrelais,
mente, Ver- Einrichtungen der binären und digitalen K
Schütze Zeitrelais; Blinkrelais und Reedrelais
zögerungs- Steuerungs-, Regelungs- und Rechentechnik.
D einrich- Integrierte Schaltkreise mit binären und digitalen Induktivitäten Induktionsspule, Wellensperre, Drosselspule
tungen, Spei- Funktionen; Verzögerer; Signalblocker; Zeitglieder; L
und Drosseln (Nebenschluss und Reihenschaltung)
chereinrich- Speicher- und Gedächtnisfunktionen, z. B.
tungen Trommel- und Magnetbandspeicher,
Schieberegister; Verknüpfungsglieder z. B. UND-
M Motoren
und ODER-Glieder. Digitale Einrichtungen,
Impulszähler, digitale Regler und Rechner

Bild 3–76: Kennbuchstaben für elektrische Betriebsmittel nach DIN 40719

Kennbuch- Art des Be- Kennbuch- Art des Be-


Beispiele Beispiele
stabe triebsmittels stabe triebsmittels

Operationsverstärker, hybrides analoges/digitales Diskriminator, Demodulator, Frequenzwandler,


Gerät: Kodiereinrichtung, Inverter, Umsetzer,
Modulatoren,
Einrichtungen der analogen Steuerungs-, Rege- Telegraphenübersetzer;
Umsetzer
Analoge lungs- und Rechentechnik; elektronische und Frequenz-Modulatoren (-Demodulatoren); (Strom-)
N von elek-
Elemente elektromechanische Regler; Umkehrverstärker; Spannungs-Frequenzumsetzer, Frequenz-Span-
U trischen in
Trennverstärker; Impedanzwandler; Steuersätze; nungs- (Strom)-Umsetzer; Analog-Digital-Umsetzer;
andere elek-
Analogregler und Analogrechner; integrierte Schalt- Digital-Analog-Umsetzer; Signal-Trennstufen;
trische
kreise mit analogen Funktionen, Transduktoren Gleichstrom- und Gleichspannungswandler; Paral-
Größen
lel-Serien-Umsetzer; Serien-Parallel-Umsetzer;
anzeigende, schreibende und zählende Code-Umsetzer; Optokoppler; Fernwirkgeräte
Messeinrichtung, Impulsgeber, Uhr;
Messgeräte, Analog, binär und digital anzeigende und registrie- Elektronenröhre, Gasentladungsröhre, Diode,
P Prüfeinrich- rende Messgeräte (Anzeiger, Schreiber, Zähler), Röhren, Transistor, Thyristor; Anzeigeröhren, Verstärker-
V
tungen Mechanische Zählwerke; binäre Zustandsanzeigen; Halbleiter röhren, Thyratron; HG-Stromrichter; Zenerdioden;
Oszillographen; Datensichtgeräte; Simulatoren; Tunneldioden; Kapazitätsdioden; Triac's
Prüfadapter; Mess-, Prüf- und Einspeisepunkte
Schaltdraht, Kabel, Sammelschiene, Hohlleiter;
Leistungsschalter, Trennschalter; Übertra- gerichtete Kupplung eines Hohlleiters, Dipol,
Schalter in Hauptstromkreisen; Schalter mit Schutz- gungswege, parabolische Antenne;
W
einrichtungen; Schnellschalter; Lasttrenner; Stern- Hohlleiter, Lichtleiter; Koaxialleiter; TFH-, UKW-Richtfunk- und
Starkstrom-
Q Dreieck-Schalter; Polumschalter; Schaltwalzen; Antennen HF-Leitungsübertragungswege; Fernmeldelei-
Schaltgeräte
Trennlaschen; Zellenschalter; Sicherungstrenner; tungen, Schleifleitungen, Schleifringübertrager
Sicherungslasttrenner; Installationsschalter; Motor-
schutzschalter Trennstecker und Steckdose, Klemme, Prüfstecker,
Klemmleiste, Lötleiste, Zwischenglied, Kabelend-
einstellbarer Widerstand, Potentiometer, Regelwi- Klemmen, verschluss und Kabelverbindung;
derstand, Nebenwiderstand, Heißleiter, Kaltleiter; X Stecker, Koaxstecker; Buchsen; Messbuchsen; Vielfach-
R Widerstände
Festwiderstände; Anlasser; Bremswiderstände; Steckdosen stecker; Steckverteiler; Rangierverteiler; Kabel-
Kaltleiter; Messwiderstände; Shunt stecker; Programmierstecker; Kreuzschienenver-
teiler; Klinken
Steuerschalter, Taster, Grenztaster, Wahlschalter,
Schaltvor- Wähler, Koppelstufe; Bremse, Kupplung, Ventil;Stellantriebe, Hubgeräte;
richtungen Befehlsgeräte; Einbaugeräte; Drucktaster; elektrisch Bremslüfter; Regelantriebe; Sperrmagnete; me-
S für Steuer- Schwenktaster; Leuchttaster; Steuerquittierschalter; betätigte chanische Sperren; Motorpotentiometer; Perma-
Y
kreise, Messstellenumschalter; Steuerwalzen; mechanische nentmagnete, Fernschreiber; elektrische Schreib-
Wähler Kopierwerke; Dekadenwahlschalter; Kodierschalter; Einrichtung maschinen; Drucker; Plotter; Bedienungsplatten-
Funktionstasten; Wählscheiben; Drehwähler schreiber; Auslösespulen

Abschlüsse, Kabelnachbildung, Dynamikregler, Kristallfilter;


Transforma- Spannungswandler, Stromwandler; Gabelüber- R/C- und L/C-Filter; Funkentstör- und Funkenlösch-
T Z
toren Netz-, Trenn- und Steuertransfomator trager, Filter, einrichtungen; aktive Filter; Hoch-, Tief- und Band-
Begrenzer, pässe; Frequenzweichen; Dämpfungseinrichtungen

Bild 3–77: Kennbuchstaben für elektrische Betriebsmittel nach DIN 40719 (Fortset-
zung von Bild 3–76)
3.3 Kernprojektierungsinhalt 105

Kennbuch- Art der Betriebs- Kennbuch- Art der Betriebs-


Beispiele Beispiele
stabe mittelgruppe stabe mittelgruppe

Durchfluss- und Armatur, Hahn, Klappe, Schieber, Ventil, Benzinmotor, Turbine, Dieselmotor,
A M nichtelektrische Antriebe
Durchsatzbegrenzer Berstscheibe, Blende, Düse, Begrenzer Gasmotor

Baugruppen für Bau- Baugruppen für Stoffmi-


Abdämmunng, Abdeckung, Abschlies- N Mischer, Neutralisationsgerät
B werks- und Gebäude- schung
sung, Schott, Tor, Fenster, Jalousie
abschlüsse
Förderer für flüssige und Abzug, Gebläse, Lüfter, Verdichter,
P
Heizelemente, Berieselungskühler, Heiz- gasförmige Medien Pumpe
C Wärmetauscher
körper, Kühler, Konvektor
Baugruppen für Halte-
Abgleichgefäß, Behälter, Becken, Spei- rungen, Unterstützungen,
D Behälter Q Fundament
cher, Tank Verkleidungen, Isolie-
rungen, Fundamente
Baugruppen für Trans-
Förderer, Flaschenzug, Greif- und Hubge-
E port und Hebeeinrich- Rohre, Bögen, Kanäle, Durchdringung,
räte, Hubwerk, Winde Baugruppen für Rohrlei-
tungen Flansch, Formstück, Redundanzstück,
R tungen, Kanäle, Rinnen,
Verbindungen, Verschraubungen,
Baugruppen für Dosie- Schweißnähte
F Dosierer, Schnecke, Schaufelrad Schweißnähte, Siphon, Stützen
rer und Zuteiler
S spätere Normung
Baugruppen zur Über-
Kupplung, Welle, Getriebe, Kettentrieb,
tragung und Umset- T spätere Normung
G Kraftverstärker, Riementrieb, Rutsch-
zung kinetischer Ener-
kupplung U spätere Normung
gie

Baugruppen zur Be- V spätere Normung


H grenzung kinetischer Bremse
W frei verfügbar
Energie
Nichtelektrische Mess-
Baugruppen zur Be- X
Abkantmaschine, Bearbeitungsmaschine, wertgeber, Regler
J handlung von Fest-
Brecher, Presse, Paketiermaschine
stoffen Nichtelektrische Prüf-,
Y
Mess- und Meldegeräte
Abscheider, Absorptionsgerät, Abstreifer,
Baugruppen zum Se- Ausfüllgefäß, Filter, Dekanter, Entgaser, Z frei verfügbar
K parieren und Trocknen Ionenaustauscher,Katalysator, Magnet-
von Stoffen trommel, Rechen, Sieb, Trenngerät,
Trockner, Verdampfer, Wäscher

Baugruppen zur Stoff-


L Brenner, Rost
verbrennung

Bild 3–78: Kennbuchstaben für nichtelektrische Betriebsmittel nach DIN 40719

Anschlusskennzeichnung
Die Anschlusskennzeichnung wird durch Anfügen des Kennzeichnungsblocks „An-
schluss“ an die Betriebsmittelkennzeichnung gebildet. Dem Kennzeichnungsblock
„Anschluss“ wird dabei das Vorzeichen „:“ vorangestellt (siehe Tabelle 3-9). Dieses
Vorzeichen kann – wie aus Bild 3–73 zu entnehmen ist – abhängig von den Gege-
benheiten des jeweils zu bearbeitenden Projekts auch weggelassen werden. Das
Prinzip der ausführlichen Anschlusskennzeichnung zeigt Tabelle 3-9.

Tabelle 3-9: Prinzip der Anschlusskennzeichnung


Übergeord- Ein- Betriebs-
Aufstel- An-
= nete Kenn- ++ + bau- - mittel- :
lungsort schluss
zeichnung ort kennzeichen

Im EMSR-Stellenplan wird häufig aus Platzgründen statt der ausführlichen Anschluss-


kennzeichnung nur der Kennzeichnungsblock „Anschluss“ zur alleinigen Anschluss-
kennzeichnung verwendet.

Potentiale und Querverweise


Nach Erläuterung von Betriebsmittel- bzw. Anschlusskennzeichnung folgen nun Aus-
führungen zu den im Bild 3–73 dargestellten Potentialen und Querverweisen, mit de-
nen man EMSR-Stellenpläne übersichtlich gestalten kann.
106 Kernprojektierung

Potentiale
Potentiale ermöglichen, Stromkreise blattübergreifend und dabei zugleich übersicht-
lich darzustellen. Um Potentiale im EMSR-Stellenplan eindeutig voneinander unter-
scheiden zu können, werden sie – wie Bild 3–73 beispielhaft zeigt – mit einer Kenn-
zeichnung versehen. Diese Kennzeichnung kann aus einer, z. B. der Betriebsmittel-
kennzeichnung angelehnten, Kennzeichnung bestehen, die in jedem Fall durch den
nachfolgend erläuterten Querverweis zu ergänzen ist.

Querverweise
Querverweise ermöglichen ähnlich wie Potentiale, Stromkreise blattübergreifend und
dabei zugleich übersichtlich darzustellen. Querverweise werden bei Betriebsmitteln
benötigt, die – wie z. B. Potentiale oder Relais – aus bestimmten Gründen blattüber-
greifend darzustellen sind. Wird beispielsweise das gleiche Potential auf mehreren
Zeichnungsblättern gleichzeitig verwendet, so werden darin jeweils an den Enden der
jeweiligen Potentiallinie mit einem Querverweis der Ursprungsort (Wo kommt das
Potential her?) bzw. Zielort (Wo führt das Potential hin?) angegeben (vgl. Bild 3–73).
Ähnliches gilt für Relais, wenn die Verdrahtung der Relaisspule getrennt von der Ver-
drahtung der Relaiskontakte (z. B. Öffner, Schließer, Wechsler) auf verschiedenen
Blättern darzustellen ist. In diesem Fall werden die Querverweise in den betreffenden
Zeichnungsblättern an die Relaisspule bzw. die -kontakte angetragen. Wie Bild 3–73
zeigt, können Querverweise ähnlich wie Potentialbezeichnungen aufgebaut werden,
d. h. sie setzen sich z. B. aus einer dem Kennzeichnungsblock „Übergeordnete Kenn-
zeichnung“ angelehnten Kennzeichnung – verbunden durch die Vorzeichen „/“ sowie
„.“ – einer Zeichnungsblattnummer und einer Strompfadangabe zusammen. Der im
Bild 3–73 markierte Querverweis =.HSI1/1.8B am Potential =STRVG-S2.PE ist unter
diesen Maßgaben wie folgt zu interpretieren: Das Potential entstammt laut übergeord-
82 83
neter Kennzeichnung „=.HSI1“ der Teilanlage „B1“ , Anlagenteil „HSI1“ . Die übri-
gen Angaben des Querverweises sagen aus, dass der Ursprungsort dieses Potentials
auf Blatt 1, Strompfad „8B“ zu finden ist.

Signalkennzeichnung
Mit Blick auf die Dokumentation der Signalverarbeitung in Regelungen bzw. Steue-
rungen – ob konventionell oder mit speicherprogrammierbaren Steuerungen bzw.
Prozessleitsystemen realisiert – werden in EMSR-Stellenplänen Verbindungslinien als
Übertragungswege von Signalen aufgefasst. An diese Verbindungslinien können – wo
zweckmäßig – Signalkennzeichnungen entsprechend Tabelle 3-10 angetragen wer-
den.

82 Der Punkt nach dem Gleichheitszeichen wurde durch die entsprechende Angabe
aus der übergeordneten Kennzeichnung ersetzt, die dem Zeichnungsblatt zuge-
wiesen wurde (siehe Markierung im Bild 3–73).
83 Ohne die Allgemeinheit einschränken zu wollen, wird hier vorausgesetzt, dass bei
der übergeordneten Kennzeichnung lediglich die letzten beiden Gliederungsstufen
gemäß Bild 3–74 verwendet werden.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 107

Tabelle 3-10: Prinzip der Signalkennzeichnung


Übergeordnete
= " Signalname (Klartext)
Kennzeichnung

Im EMSR-Stellenplan wird häufig nur der Kennzeichnungsblock „Signalname (Klar-


text)“ mit dem Vorzeichen " zur alleinigen Signalkennzeichnung verwendet.

Zusammenfassung zur Betriebsmittel-, Anschluss- bzw. Signalkennzeichnung


Bild 3–79 zeigt in Anlehnung an DIN 40719 bzw. DIN 6779 überblicksartig, welche
Kombinationen von Kennzeichnungsblöcken sich jeweils bei Betriebsmittel-, An-
schluss- bzw. Signalkennzeichnung bewährt haben.84

Übergeordnete Kennzeichnung =

Kennzeichnung der Aufstel- ++


lungsorte
Ortskenn- +
Kennzeichnung der Einbau-
zeichnung orte von elektrischen + +
Betriebsmitteln = +

-
Betriebsmittel- + -
kennzeichnung
Betriebsmittel- elektrischer + -
kennzeichnung Betriebsmittel = + -
+ + -
Betriebsmittelkennzeich-
nung nichtelektrischer
--
Betriebsmittel *)

- :
+ :
Anschluss- + - :
kennzeichnung + - :
= + - :
+ + - :

Signal- "
kennzeichnung = "

*) Kombination der Kennzeichnungsblöcke wie bei elektrischen Betriebsmitteln

Bild 3–79: Bewährte Kombinationen von Kennzeichnungsblöcken für jeweils Be-


triebsmittelkennzeichnung, Anschlusskennzeichnung bzw. Signalkennzeichnung nach
DIN 40719 bzw. DIN 6779

84 Im Vergleich zu DIN 40719 stehen in DIN 6779 für die Kennzeichnung zusätzlich
auch die Kennzeichnungsblöcke „Gemeinsame Zuordnung“ (Vorzeichen „*“, darf
allen anderen Blöcken vorangestellt werden) sowie „Funktionale Zuordnung“ (Vor-
zeichen „==“) zur Verfügung.
108 Kernprojektierung

85
3.3.4.5 Kabelliste sowie Klemmenplan
Kabellisten sowie Klemmenpläne werden unter dem Begriff „Verkabelungsunterlagen“
zusammengefasst und für die Montageprojektierung und Schaltschrankfertigung be-
nötigt. Beim Einsatz von CAE-Systemen (siehe Abschnitt 6) entstehen diese wichtigen
Unterlagen gleichzeitig und quasi automatisch bei Erarbeitung der EMSR-Stellen-
pläne.

Kabelliste86
Kabellisten sind Tabellen (vgl. Bild 3–80), in denen jedes Kabel bezüglich seiner all-
gemeinen Kabelziele dokumentiert wird. Neben der Kabelkennzeichnung, auf die an-
schließend näher eingegangen wird, enthalten Kabellisten meist auch Angaben zu
Kabellänge, Kabeldurchmesser und Verlegeart (z. B. Verlegung auf Trassen, in Kanä-
len oder Panzerrohren). Anhand von Kabellänge und -durchmesser kann ferner be-
stimmt werden, welche Abmessungen Trassen, Kanäle oder Panzerrohre haben müs-
sen bzw. wie viele Trassen, Kanäle oder Panzerrohre zwischen Kabelursprung und
Kabelziel parallel zu verlegen sind, damit die Belastungsgrenzen von Trassen, Kanä-
len oder Panzerrohren eingehalten werden.

Kabelkenn- Quelle Ziel Kabeltyp Länge Durch-


zeichen messer
S1 S2 4001 +S1-X1 +S2-X1 JE-Y(St)Y 20x2x0,8 80 m 2 cm

Bild 3–80: Beispiel zum allgemeinen Aufbau einer Kabelliste

Bezüglich der Kabelkennzeichnung empfiehlt DIN 40719, Kabel für elektrische Lei-
tungsverbindungen als elektrische Betriebsmittel zu betrachten und zur Angabe der
Kabelziele die im Rahmen der Betriebsmittelkennzeichnung bereits erläuterte Kenn-
zeichnung des Einbauortes anzuwenden. Sofern auf dem Zeichnungsblatt ausrei-
chend Platz vorhanden ist, können im sogenannten klassifizierenden Teil der Kabel-
kennzeichnung die Kennzeichen der Einbauorte beider Kabelziele verwendet werden.
Im Unterschied zur bereits erläuterten Kennzeichnung elektrischer Betriebsmittel wer-
den in der Kabelkennzeichnung das Vorzeichen „-“ und das Betriebsmittelkennzeichen
„W“ sowie vor den Kennzeichen der Einbauorte das Vorzeichen „+“ weggelassen.
Bezüglich des zählenden Teils empfiehlt DIN 40719 – sofern es sich um ein Kabel für
elektrische Leitungsverbindungen handelt – eine einstellige Gruppierung der Kabel

85 Die Dokumentation drahtloser Verbindungen wird im Rahmen des vorliegenden


Buches nicht behandelt.
86 Ohne die Allgemeinheit einschränken zu wollen, gelten die nachfolgenden Ausfüh-
rungen in analoger Form auch für pneumatische, hydraulische bzw. optische Lei-
tungsverbindungen.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 109

nach Spannungsebenen, an die eine laufende Nummer angehangen wird. Für die
Gruppierung gilt dabei der in Tabelle 3-11 aufgeführte Vorschlag.

Tabelle 3-11: Vorschlag zur Gruppierung von Kabeln nach DIN 40719
Gruppen-Nr. Spannung
0 Leistungskabel > 1 kV
1 Leistungskabel ” 1 kV
2
Steuer- und Messkabel > 60 V
3
4
5
6
Steuer- und Messkabel ” 60 V
7
8
9

Ein sogenanntes Stammkabel, das vom im Aufstellungsort „++SR“ befindlichen


Schaltschrank S1 (Einbauort „+S1“) zum im Aufstellungsort „++PLW“ befindlichen
Schaltschrank S2 (Einbauort „+S2“) elektrische Einheitssignale überträgt, erhält den
vorangehenden Ausführungen folgend das Kabelkennzeichen „S1 S2 4 001“, wobei
87
die Angabe „001“ die laufende Nummer der Kabelzählung ist.
Sollte die Kabelkennzeichnung unter Verwendung der Einbauorte missverstanden
werden können – z. B. weil in mehreren Aufstellungsorten die gleichen Bezeichnun-
gen für Einbauorte verwendet werden – ist den Erläuterungen zu Bild 3–75 folgend
zusätzlich die Bezeichnung der Aufstellungsorte mit in die Kennzeichnung einzube-
ziehen. Das Kabelkennzeichen würde dann – sinnvollerweise unter Verwendung eines
Trennzeichens (z. B. „.“) – wie folgt lauten: SR.S1 PLW.S2 4 001.

Klemmenplan
Leitungsverbindungen – gleichgültig ob elektrische zweiadrige verdrillte Leitung bzw.
mehradriges Kabel oder pneumatische, hydraulische bzw. optische Leitungsverbin-
dungen – werden zwecks „Signalübergabe“ in Schaltschränken auf Klemmenleisten
aufgelegt. Daher muss neben den Anfangs- bzw. Endpunkten eines Kabels – auch als
Ziele bezeichnet – bekannt sein, auf welche Klemmen welcher Klemmenleiste das
Kabel aufzuschalten ist. Diese detaillierten Informationen werden in Klemmenplänen
bereitgestellt, die wie Kabellisten ebenfalls tabellenartig aufgebaut sind. Bild 3–81
zeigt exemplarisch das Beispiel eines Klemmenplans für elektrische Leitungsverbin-
dungen. Klemmenpläne für pneumatische, hydraulische bzw. optische Leitungsver-
bindungen sind ähnlich aufgebaut und werden hier nicht weiter betrachtet.

87 Zu Veranschaulichung der hier beispielhaft verwendeten Aufstellungs- bzw. Ein-


bauorte siehe Bild 3–75.
110 Kernprojektierung

3.3.4.6 Schaltschrank-Layout
Betriebsmittel wie z. B. Klemmenleisten, Messumformer, speicherprogrammierbare
Steuerungen sowie konventionelle Regler bzw. Anzeigegeräte werden in Schalt-
schränken installiert. Zu diesen Schaltschränken werden – wie bereits erläutert –
Stammkabel verlegt, die in den Schaltschränken auf Klemmenleisten aufgelegt wer-
den. Von diesen Klemmenleisten führen – sofern elektrische Betriebsmittel anzu-
schließen sind, was in der Mehrzahl der Fälle die Regel ist – einzelne elektrische Lei-
tungsverbindungen zu den im Schaltschrank eingebauten elektrischen Betriebsmit-
teln.88 Die Betriebsmittel werden im Allgemeinen nicht auf der Baustelle, sondern be-
reits während der Schaltschrankfertigung in die Schaltschränke eingebaut. Hierfür
sind einerseits Angaben erforderlich, nach denen die Betriebsmittel (schaltschrank-)
intern miteinander oder mit im Schaltschrank befindlichen Klemmenleisten89 verbun-
den werden sollen, andererseits werden Informationen benötigt, wo das jeweilige
elektrische Betriebsmittel im Schaltschrank einzubauen ist. Die erforderlichen Anga-
ben für die (schaltschrank-) interne Verdrahtung der Betriebsmittel liefern die bereits
erläuterten Klemmenpläne (vgl. Abschnitt 3.3.4.5), die Informationen für den Einbauort
werden sogenannten Schaltschrank-Layouts entnommen. Schaltschrank-Layouts sind
technische Zeichnungen, in denen Schaltschränke so in verschiedenen Ansichten
dargestellt werden, dass aus ihnen die Einbauorte der Betriebsmittel ersichtlich sind.
Wie Bild 3–82 zeigt, wird zu diesem Zweck in der Art eines Koordinatensystems ein
Schaltschrank in z. B. horizontale Ebenen90 aufgeteilt, in denen die Betriebsmittel
anzuordnen sind. Die festgelegten Ebenen bilden somit gleichzeitig die Basis für die
bereits erläuterte Ortskennzeichnung (vgl. Abschnitt 3.3.4.4).

88 Die Verbindung elektrischer Betriebsmittel untereinander bzw. mit Klemmenleisten


im Schaltschrank wird (schaltschrank-) interne Verdrahtung genannt, weil sich sol-
che Verbindungen innerhalb des Schaltschranks befinden.
89 Es wird hier davon ausgegangen, dass es sich bei einer Klemmenleiste um ein
Betriebsmittel handelt, auf das sowohl elektrische als auch pneumatische, hydrau-
lische bzw. optische Leitungsverbindungen aufgelegt werden können.
90 Abhängig von den Vorgaben des jeweils zu bearbeitenden Projekts kann zusätz-
lich eine Aufteilung in vertikale Ebenen zweckmäßig sein.
3.3 Kernprojektierungsinhalt 111

Bild 3–81: Beispiel eines Klemmenplans für elektrische Betriebsmittel


112 Kernprojektierung

Bild 3–82: Beispiel eines Schaltschrank-Layouts


3.3 Kernprojektierungsinhalt 113

3.3.4.7 Montageanordnung (Hook-up)


Meist beauftragt die projektausführende Firma eine Fremdfirma mit der Ausführung
des Montageprojekts. Zwar ist die Montageprojektierung – wie im Abschnitt 3.1 bereits
erläutert – nicht Gegenstand des vorliegenden Buches, jedoch sind prinzipielle Hin-
weise zur Montageprojektierung hier sinnvoll, weil die projektausführende Firma die
Montageleistungen vor Auftragserteilung ausschreiben muss.
Montageanordnungen sind ein wichtiges Hilfsmittel zur Beschreibung des Liefer- und
Leistungsumfangs für das Montageprojekt. Aus diesem Grund ist es für den Projektie-
rungsingenieur sinnvoll, beim Detail-Engineering jeder EMSR-Stelle eine Montage-
anordnung als Typical zuzuweisen.
In gleicher Art und Weise, wie Betriebsmittel gemäß Schaltschranklayouts in Schalt-
schränke eingebaut werden, informieren Montageanordnungen (Hook-up’s), wo und
wie Betriebsmittel (z. B. Mess- bzw. Stelleinrichtungen) in der Ebene „Feld“ einzubau-
en sind. Aufgrund des Aufbaus von Montageanordnungen (Bild 3–83) kann die anbie-
tende Fremdfirma systematisch das erforderliche Montagematerial zusammenstellen
und kalkulieren. Ebenso können Montageanordnungen auch als Bestellgrundlage für
das Montagematerial dienen.
Bild 3–83 zeigt beispielhaft eine Montageanordnung, wie sie sich heute als allgemei-
ner Standard durchgesetzt hat.

3.3.4.8 Regelungs- bzw. Steuerungsentwurf sowie Erarbeitung


der Anwendersoftware
Regelungs- bzw. Steuerungsentwurf sowie Erarbeitung der Anwendersoftware sind
wichtige beim Detail-Engineering zu erbringende Projektierungsleistungen. Es wird
hier nicht darauf eingegangen, sondern im Rahmen von Abschnitt 3.4, weil dort die
diesbezüglichen Erläuterungen sich besser strukturiert darstellen lassen.

3.3.4.9 Kennzeichnung von Unterlagen


Projektdokumentationen sind mehr oder weniger umfänglich. Hinsichtlich Wiederauf-
findbarkeit beim Nachschlagen einzelner Unterlagen ist deshalb von Vorteil, wenn die
Projektunterlagen mittels eines erprobten Kennzeichnungssystems gekennzeichnet
und eingeordnet werden. Häufig wird hierzu das ebenfalls in DIN 40719 [18] genormte
91
Kennzeichnungssystem verwendet. Es besteht aus einem Kennzeichnungsblock,
dem als Vorzeichen das Zeichen „&“ vorangestellt ist. Für die Kennzeichnung der
Unterlagen werden die Kennbuchstaben gemäß Bild 3–84 verwendet.

91 DIN 40719 ist zurückgezogen und teilweises durch DIN 6779 [19] ersetzt worden.
Grundlegende Prinzipien der Unterlagenkennzeichnung bleiben aber weitgehend
erhalten. Aus diesem Grund und weil darüber hinaus in der Praxis nach wie vor die
Kennzeichnungssystematik nach DIN 40719 dominiert [21], stützen sich die Erläu-
terungen zum Prinzip der Betriebsmittelkennzeichnung auf DIN 40719.
114 Kernprojektierung

Bild 3–83: Beispiel einer Montageanordnung (Hook-up)


3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 115

Kennbuch- Unterlagearten- Kennbuch- Unterlagearten-


Beispiele Beispiele
stabe gruppen stabe gruppen

A Verzeichnisse Titelblatt, Unterlagenverzeichnis Bauangaben; Installationsplan, Ausbauplä-


Ausbauausführungs- ne, Ausbauübersicht, Innenausbau; Ausbau-
Erläuterung Schaltungsunterlagen und J
unterlagen werkpläne Anstrich, Beschichtung, Sanitärin-
übergeordnete Betriebsmittel-Kennzeichnung; Block- stallation; Mauerwerk-, Setzsteinplan; Begrü-
B
Unterlagen schema, Auslöseschema; Kurzschluss- nungs-, Einfriedungsplan
bzw. Spannungsfallrechnung;
Portale, Tragegerüste, Unterkonstruktion,
C frei verfügbar Konstruktionsunter-
K Konstruktionsgruppen für Fertigung und
lagen
Montage, Montageteile Fertigteil-Montage;
Lageplan,Gebäudeplan; Trassenplan;
Fertigungs-, Zusammenstellungsunterlagen
Einplanungsvorgaben;Erschließungsun-
Anordnungsunter- terlagen; Transport- und Montageplan; L Material-Bedarfslisten
D
lagen (Anlage) Unterflurplan; Trassenplan; Grundwasser-
/Wasserschutzanlagen; Schallschutzan- M, N frei verfügbar
lagen, Gesamtanlage; Lageplan; Dispo-
sitionsplan 1:100, Trassenplan; Vermes- P Progr.-unterlagen System-Software; Anwender-Software
sungsunterlagen; Einplanungsvorgeben
Unterlagen für Hy-
Q Gas-, Drucklift-, Hydraulikplan
Erdschutz, Blitzschutz, EMV; Fluchtweg-, draulik und Pneumatik
Anlagenschutz und Brandschutzunterlagen; Objektschutzun-
E R frei verfügbar
Objektschutzunterla- terlagen; Strahlungsschutzunterlagen; Si-
gen cherheitstechnische Auslegungsunterla- S Schaltungsunterlagen Übersichtsschaltplan; Stromlaufplan;
gen; Vorgaben Aggregateschutz
T Prüfbescheinigungen
Funktionsplan, Funktionsbeschreibung;
Kennblätter für Mess-, Regel- und Anordnungsunter-
Dimensionierungs- U Bestückungs-, Anordnungsplan
Schutzkreise; Baubeschreibungen; bau- lagen (Baueinheiten)
F und
technische Systembeschreibungen, Wär-
Funktionsunterla-gen Verdrahtungsunter- Anschlussplan; Geräteverdrahtungsplan,
meschaltplan; Anlagenübersichtsschalt- V
plan; Systemschaltplan, Systembeschrei- lagen -liste
bungen, Unterlagen Systemauslegung;
Vorgaben Komponentenauslegung W Verbindungsunter- Unterlagen für Kabelverlegung, Kabelliste
lagen Rohrleitungsplan
Aushubplan, Gründungsplan; Erd- und
Erd- und Komponenten-, Ge-
G Grundbauplan; Gebäudeisolierungsunter- X Maßbild; Datenblatt; Innenschaltplan;
Grundbauar-beiten räteunterlagen
lagen

Belastungsplan, Bewehrungsplan; Schal- Y Gerätelisten Gerätezusammenstellungen, Ersatzteilliste;


Rohrbauausführungs plan; Stahlbaupläne; Statik-Unterlagen;
H Unterlagen für Pro-
-unterlagen Werkpläne Verankerung, Dübel, Funda- Z Terminplanung und Überwachg.; Schulung;
jektsteuerung
ment

Bild 3–84: Kennbuchstaben für die Unterlagenkennzeichnung nach DIN 40719

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

3.4.1 Einordnung in die Kernprojektierung


Den Ausführungen von Abschnitt 3.3.1 sowie 3.3.4.8 folgend, ist der Regelungs- bzw.
Steuerungsentwurf im Rahmen des Detail-Engineerings durchzuführen und – bei Ein-
satz speicherprogrammierbarer Technik – in Anwendersoftware umzusetzen. Im Fol-
genden wird auf den Regelungs- bzw. Steuerungsentwurf sowohl aus systemtheoreti-
scher Sicht (Abschnitt 3.4.2 bis 3.4.4) als auch aus Sicht der Implementierung auf
speicherprogrammierbarer Technik (Abschnitt 3.4.5) eingegangen
Entsprechend der im Abschnitt 1 getroffenen Klassifikation industrieller Prozesse in
kontinuierliche bzw. ereignisdiskrete sind beim Entwurf signifikante Unterschiede zu
beachten. So ist der Entwurf von Regelalgorithmen vorrangig für den Betrieb konti-
nuierlicher Prozesse erforderlich, während der Entwurf von binären Steueralgorithmen
primär ereignisdiskreten Prozessen zuzuordnen ist, aber auch für den Betrieb konti-
nuierlicher Prozesse (z. B. bei der Prozesssicherung zur Realisierung entsprechender
Verriegelungsbedingungen und ähnlicher Aufgaben) unabdingbar ist. Für den Entwurf
von Regelalgorithmen ist die Regelungstheorie die systemtheoretische Basis, wäh-
rend für den Entwurf der binären Steuerungen die sogenannte Steuerungstheorie
(Theorie des Entwurfs kombinatorischer bzw. sequentieller binärer Systeme) die sy-
stemtheoretische Basis bildet. Beide Entwurfs- bzw. Theoriefelder müssen vom Pro-
jektierungsingenieur beherrscht werden.
116 Kernprojektierung

3.4.2 Entwurf einschleifiger Regelkreise mit PID-Reglern


Die nachfolgenden Betrachtungen werden auf den Entwurf einschleifiger Regelkreise
mit PID-Reglern beschränkt, weil sie die in der verfahrenstechnischen Praxis am häu-
figsten eingesetzten Regler sind [23]. Bild 3–85 zeigt den Wirkungsplan einschleifiger
Regelkreise mit PID-Reglern.92
Der Entwurf solcher Regelkreise umfasst generell folgende Aufgaben:
x Auswahl des geeigneten PID-Reglertyps (P, I, PI, PD, PID),
x Ermittlung der Reglerparameter Kp (Proportionalbeiwert93), Tn (Nachstellzeit) und
Tv (Vorhaltzeit).
Dazu wird für die einzelnen Reglertypen vorausgesetzt, dass die Regelglieder jeweils
in Parallelstruktur aufgebaut sind (Bild 3–86), denn nur auf Basis dieser Struktur sind
die Reglerparameter voneinander entkoppelt einstellbar.

Vergleichsglied zV Strecke zL

w e PID-Re- yR Stell- y Stell- Regel- x


gelglied antrieb glied strecke

PID-Regler Stelleinrichtung

r Messein-
richtung

w : Führungsgröße, Erweiterte Strecke


e : Regeldifferenz,
yR : Reglerausgangsgröße,
y : Stellgröße,
x : Regelgröße,
r : Rückführgröße (gemessene Regelgröße)
zV : Versorgungsstörung,
zL : Laststörung

Bild 3–85: Wirkungsplan eines einschleifigen Regelkreises mit PID-Regler [24]

92 Gemäß DIN 19226 besteht der Regler aus dem Vergleichsglied für den Vergleich
zwischen Führungsgröße w und Rückführgröße r (gemessene Regelgröße x) so-
wie dem Regelglied.
93 Der Proportionalbeiwert wird landläufig auch „Reglerverstärkung“ genannt.
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 117

P-Anteil

yR e PID- yR
e I-Anteil
Regelglied

D-Anteil

PID-Regelglied

Bild 3–86: Aufbau von PID-Regelgliedern in Parallelstruktur

Im Allgemeinen ist die Ermittlung der Reglerparameter – auch als Reglerentwurf be-
zeichnet – in einen Entwurfsablauf eingebettet (Bild 3–87).
Des Weiteren wird die bereits erläuterte Linearität der Strecke (vgl. Abschnitt 3.3.3.3,
S. 59) im Arbeitsbereich des Regelkreises vorausgesetzt und damit die Anwendbar-
keit der hierfür ermittelten Reglerparameter (auch als Parametersatz des Reglers be-
zeichnet) für den gesamten Arbeitsbereich gesichert. Um sicherzugehen, dass diese
Voraussetzung auch tatsächlich erfüllt ist, muss beim Reglerentwurf das statische
Verhalten von Stelleinrichtung, Regelstrecke und Messeinrichtung unbedingt unter-
sucht werden. Dazu liefert die sogenannte statische Kennlinie hinreichende Informa-
tionen. Diese Kennlinie ist sowohl auf Basis der theoretischen Prozessanalyse als
auch mittels experimenteller Prozessanalyse, auch häufig als Prozessidentifikation
bezeichnet, zu ermitteln. Generell wird für jede statische Kennlinie das allgemein mit
XA bezeichnete Ausgangssignal an der Ordinate (y-Achse) und das mit XE bezeichnete
Eingangssignal an der Abszisse (x-Achse) angetragen. Aus Sicht der Projektierung ist
die experimentelle Ermittlung der statischen Kennlinie auf jeden Fall zu bevorzugen,
weil dadurch alle die den Verlauf der statischen Kennlinie beeinflussenden Größen
angemessen berücksichtigt werden.
118 Kernprojektierung

Am Beispiel des bereits im Abschnitt 2 erwähnten pneumatischen Stellantriebs soll


zunächst die statische Kennlinie auf der Basis der theoretischen Prozessanalyse be-
stimmt werden. Ausgangspunkt ist Bild 3–88.

Start
statisches Verhalten
(statische Kennlinie)
Prozessanalyse
dynamisches Verhalten
(Übergangsfunktion, Über-
tragungsfunktion) oder
Reglerstruktur
Reglerentwurf
Reglerparameter

Stabilitätsuntersuchung
Führungsverhalten Regelkreistest
Störverhalten

n
Ergebnis Ok?

j
Inbetriebnahme

n
Entwurfsziele erreicht?

j
Ende

Bild 3–87: Allgemeiner Ablauf des Regelungsentwurfs


3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 119

Aus Bild 3–88 ist folgende Kräftebilanz ableitbar:


FA FM  FC  FR  FP (3-1)
mit
x FA : mit Hilfe des Eingangsdruckes pe über die Membran erzeugte Kraft,
x FM : Newtonsche Trägheitskraft,
x FC : Federkraft,
x FR : Reibungskraft der Ventilspindel sowie
x FP : Kraft am Ventilkegel.

pe

Aeff dS
FA

FM
hS

p2
FC

FR

p1
dx
FP

Legende: pe Eingangsdruck,
hS Hub der Ventilspindel (Ventilhub),
p1 Druck unterhalb des Ventilkegels,
p2 Druck oberhalb des Ventilkegels,
dS Durchmesser der Ventilspindel,
dx „aktueller“ (wirksamer) Durchmesser des Ventilkegels,
Aeff effektiv wirksame Membranfläche

Bild 3–88: Prinzipieller Aufbau eines pneumatischen Stellantriebs


120 Kernprojektierung

Für die einzelnen Kraftkomponenten gelten folgende Bestimmungsgleichungen:


x FA A eff ˜ p e ,

x FC c ˜ hS ,

x m S ˜ hS (ms: Masse der bewegten Teile),


FM

x FR FD  FT mit FD U D ˜ hS (FD: Kraft durch geschwindigkeitsproportionale
Dämpfung) und F F ˜ sgn h (F : Kraft durch trockene Reibung, F : Kraft zur
T B S T B
Überwindung der Gleit-/Haftreibung),
x FP AX ˜ p1  AX  AS p2 mit (AX: aktuelle Querschnittsfläche des Ventilkegels, AS:
Querschnittsfläche der Ventilspindel).

In guter Näherung kann man in Gleichung (3-1) für die weitere Modellbildung die Kraft
FT, sowie die Kraft FP am Ventilkegel vernachlässigen, woraus die Differenzialglei-
chung
A ˜p
eff m ˜ h  U ˜ h  c ˜ h
e S S D S S
(3-2)
folgt, welche den analytischen Zusammenhang zwischen Eingangssignal pe und Aus-
gangssignal hs des pneumatischen Stellantriebs beschreibt. Setzt man nun in Glei-
chung (3-2) alle zeitlichen Ableitungen gleich Null (stationärer Zustand, Stationarität),
so erhält man daraus die für die statische Kennlinie des pneumatischen Stellantriebs
geltende Beziehung
Aeff ˜ p e
hS (3-3)
c
bzw. bei Berücksichtigung der üblicherweise für den stationären Zustand verwendeten
Großbuchstaben für das Eingangs- bzw. Ausgangssignal dann in Form der Beziehung
Aeff ˜P e
HS . (3-4)
c
Das bedeutet, der Hub HS des pneumatischen Stellantriebs hängt linear vom Druck Pe
in der Membrankammer ab. Bild 3–89 zeigt die zugehörige statische Kennlinie in ei-
nem Diagramm.
Hs
[mm]

Pe [bar]

Bild 3–89: Statische Kennlinie des Stellantriebs (vereinfacht)


3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 121

Die Dynamik des pneumatischen Stellantriebes ergibt sich gleichfalls aus der Differen-
tialgleichung (3-2). Um die Dynamik besser veranschaulichen zu können, wird aus
Differentialgleichung (3-2) die zugehörige Übertragungsfunktion abgeleitet. Das heißt,
durch Überführung der Differentialgleichung (3-2) in den Laplacebereich entsteht94
Aeff ˜ Pe ( s ) m S ˜ s 2 ˜ H S (s)  U D ˜ s ˜ H (s)  c ˜ H S (s) (3-5)
H S (s)
und daraus durch Bildung des Quotienten die Übertragungsfunktion
P e ( s)
H S ( s) Aeff
G( s ) . (3-6)
P e ( s) mS ˜ s  U D ˜ s  c
2

Diese Übertragungsfunktion lässt sich auch als Übertragungsglied darstellen95


(Bild 3–90).

Aeff
Pe HS
mS ˜ s 2  U D ˜ s  c

Bild 3–90: Darstellung des pneumatischen Stellantriebs als Übertragungsglied

Als Beispiel für die experimentelle Ermittlung einer statischen Kennlinie wird nach-
folgend die Durchflussregelstrecke des Experimentierfeldes „Prozessautomatisierung“
am Institut für Automatisierungstechnik der TU Dresden betrachtet, in der ein Stellven-
til mit pneumatischem Stellantrieb (Bild 3–91) als Stelleinrichtung verwendet wird.

Bei entsprechender Feldinstrumentierung einschließlich zugeordneter Bedien- und


Beobachtungsfunktionalität ist die statische Kennlinie der Durchflussregelstrecke auch
experimentell zu ermitteln.96 Dabei sind im Einzelnen folgende Schritte abzuarbeiten:
x Schritt 1: Vergrößern der Reglerausgangsgröße yR in Schritten von beispielsweise
10% über den gesamten Bereich der Reglerausgangsgröße,97 98

94 Erforderliche Kenntnisse zur Überführung von Differenzialgleichungen in Übertra-


gungsfunktionen werden als bekannt vorausgesetzt.
95 Erforderliche Kenntnisse zur Darstellung von Übertragungsfunktionen als Übertra-
gungslieder werden als bekannt vorausgesetzt.
96 Dabei ist zu beachten, dass in die statische Kennlinie nicht nur das statische Ver-
halten der Durchflussregelstrecke eingeht, sondern auch das statische Verhalten
von Stell- bzw. Messeinrichtung!
97 Die Reglerausgangsgröße yR wird dabei von Hand verändert (Handbetrieb), d. h.
der Regelkreis ist nicht geschlossen.
98 Der Arbeitsbereich des jeweiligen Aktors bzw. der Regelstrecke wird im Zusam-
menhang mit der Anlagenauslegung durch den Verfahrenstechniker festgelegt.
122 Kernprojektierung

x Schritt 2: Ablesen Durchflusses ܸሶ (Ablesen jeweils erst nach Erreichen des statio-
nären Zustands),
x Schritt 3: Eintragen der so ermittelten Wertepaare in ein Diagramm und Verbinden
der eingetragenen Punkte miteinander (Bild 3–92).

Stellventil
mit pneuma-
tischem
(Membran-)
Stellantrieb

Bild 3–91: Stellventil mit pneumatischem Stellantrieb des Versuchsstandes „Indu-


strielle Durchflussregelstrecke“ des Experimentierfeldes „Prozessautomatisierung“ am
Institut für Automatisierungstechnik der TU Dresden

Durchfluss in %
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
0 20 40 60 80 100
Reglerausgangsgröße in %

Bild 3–92: Statische Kennlinie der industriellenDurchflussregelstrecke


3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 123

Als ein weiteres Beispiel für die Modellbildung wird der häufig in der Verfahrenstechnik
eingesetzten Warmwasserbereiter (Bild 3–93) betrachtet. Auch bei dieser Modellbil-
dung, sowohl des statischen als auch dynamischen Verhaltens, soll wieder das Bilan-
zierungsprinzip als Basis für die Entwicklung des Prozessmodells angewendet wer-
den.
݉ሶ௓ǡ ܶா

ܳሶo

ܳሶ௓ௌ ‫ܣ‬ை ǡ ߙo
ܶ஺

ߙଵ ‫ܣ‬ௐ ǡ ߙଶ
ܶ

ܳሶ஺ ܳሶ௓ா ߣ

݀
݉ሶ஺
ܲ௘௟ ܳሶ஺ௌ

Bild 3–93: Aufbau des Warmwasserbereiters

Als Bilanzgleichungen werden zunächst Energie- bzw. Massebilanz aufgestellt. Die


Wandung des Warmwasserbereiters wird als eben angesehen,99 so dass nicht zwi-
schen innerer bzw. äußerer Wärmeaustauschfläche unterschieden werden muss,
sondern mit der Wandungsoberfläche AW als Wärmeaustauschfläche gerechnet wer-
den kann.
Beginnend mit der Energiebilanz ist dazu von folgenden Beziehungen auszuge-
hen:100
dU
Q ZE  Q ZS  Q A  Q Ü  Q AS (3-7)
dt

mit

99 Die Behälterwandung wird hierzu gedanklich aufgetrennt und in eine ebene Flä-
che umgeformt. Diese Fläche entspricht der Wärmeaustauschfläche.
100 Erforderliche Kenntnisse zur Wärmelehre (Kalorimetrie bzw. Wärmeausbreitung
in festen Substanzen) werden vorausgesetzt.
124 Kernprojektierung

U m ˜ c ˜T,
Q ZE Pel ,
Q ZS m Z ˜ c ˜ TE ,
1 1 d 1 (3-8)
Q A k ˜ AW ˜ T  T A ,   ,
k D1 O D2
Q Ü D Ü ˜ AO ˜ T  T A ,
Wärme- Wärmeleit- Wärme-
Q AS m A ˜ c ˜ T . durchgangs- fähigkeit übergangs-
koeffizient koeffizient
Damit gilt, dass die in einem Warmwasserbereiter verbleibende Wärmemenge (Ener-
gie) aus der Summe der zugeführten bzw. abgeführten Wärmemengen resultiert. Die-
se Wärmemenge wird auch als innere oder gespeicherte Energie U des Warmwas-
serbereiters bezeichnet. Des Weiteren bezeichnet man den mittels elektrischer Ener-
gie zugeführten Wärmestrom mit Q  , den durch das flüssige Medium zugeführten
ZE
Wärmestrom mit Q ZS , den durch die Behälterwände abfließenden Wärmestrom mit
Q A , den an die Umgebungsluft abfließenden Wärmestrom mit Q Ü und den durch
das flüssige Medium abgeführten Wärmestrom mit Q AS .
Für die Massebilanz gilt:
dm
m Z  m A , (3-9)
dt
d. h. die Änderung der im Warmwasserbereiter gespeicherten Flüssigkeitsmenge
hängt von der Differenz zwischen zufließender und abfließender Wassermenge ab.
Setzt man nun für diese Bilanz voraus, dass zufließende und abfließende Wasser-
menge gleichgroß sind ( m Z m A ), so ergibt sich für die Änderung der im Warmwas-
serbereiter gespeicherten Flüssigkeitsmenge m
dm
0, (3-10)
dt
d. h. m const . Unter Berücksichtigung von (3-10) und der Annahme einer konstan-
ten spezifischen Wärmekapazität c gilt
dU d m ˜ c ˜ T dm dc dT dT
˜ c ˜T  m ˜ ˜T  m ˜ c ˜ m˜c˜ . (3-11)
dt dt dt dt dt dt
Damit lässt sich die Differenzialgleichung (3-7) durch Einsetzen und Umstellen in
dT
m˜c Pel  m Z ˜ c ˜ TE  T k ˜ AW  DÜ ˜ AO  m A ˜ c  TA k ˜ AW  DÜ ˜ AO (3-12)
dt
überführen. Nimmt man der Einfachheit halber ferner an, dass das zu erhitzende
Wasser mit der Temperatur TE TA in den Warmwasserbereiter eintreten soll, verein-
facht sich (3-12) unter Berücksichtigung von (3-10) zu
dT
m˜c Pel  T k ˜ AW  D Ü ˜ AO  m A ˜ c  TE k ˜ AW  D Ü ˜ AO  m Z ˜ c . (3-13)
dt
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 125

Berücksichtigt man ferner die bereits genannte Voraussetzung m


Z m A , so folgt
m˜c dT Pel
(3-14)
˜ T  TE .
DÜ ˜ AO  k ˜ AW  m A ˜ c dt DÜ ˜ AO  k ˜ AW  m A ˜ c

Durch Zusammenfassung der Konstanten in (3-14) zu Koeffizienten folgt


dT
a1 T b1 ˜ Pel  b2 ˜ TE (3-15)
dt
mit
m˜c
a1 ,
D Ü ˜ AO  k ˜ AW  m A ˜ c
1 (3-16)
b1 ,
D Ü ˜ AO  k ˜ AW  m A ˜ c
b2 1.
Die umgeformte Differentialgleichung (3-15) wird mittels Laplacetransformation in
a1 ˜ s ˜ T ( s )  T ( s ) b1 ˜ Pel ( s )  b2 ˜ TE ( s ) (3-17)
überführt, woraus der im Bild 3–94 dargestellte Signalflussplan ableitbar ist.101

Pel (s) b1

1
T (s)
a1 s  1

TE (s) b2

Bild 3–94: Signalflussplan des Warmwasserbereiters

Die hier beispielhaft entwickelten Modellgleichungen beschreiben qualitativ das dy-


namische Verhalten typischer Regelstrecken der Verfahrenstechnik und bilden damit
generell als Elemente eines Modellkataloges typischer verfahrenstechnischer Regel-
strecken die Basis zur Auswahl der jeweils erforderlichen Reglerstruktur. Die Dynamik
der Temperaturregelstrecke ist z. B. durch PT1-Verhalten beschreibbar. Damit ist als
generelle Fragestellung zu klären, welche Reglerstruktur für welchen Streckentyp
jeweils auszuwählen ist. Aus Sicht der Projektierung werden für die Lösung dieser
Fragestellung die nachfolgend genannten Hinweise gegeben.

101 Erforderliche Kenntnisse zur Ableitung von Signalflussplänen aus Differenzial-


gleichungen werden vorausgesetzt.
126 Kernprojektierung

Für verfahrenstechnische Prozesse sind im Allgemeinen zwei Streckentypen zu un-


terscheiden:
x (erweiterte) Strecken102 mit Ausgleich (Bild 3–95),

Tg Wendetangente
h (t )
KS
Tt ˆ Totzeit

Tu ˆ Verzugszeit

Tg ˆ Ausgleichszeit

K S ˆ Proportionalbeiwert
der (erweiterten)
Strecke
Tu , Tt t

Bild 3–95: Übergangsfunktion h(t) einer (erweiterten) Strecke mit Ausgleich

x (erweiterte) Strecken ohne Ausgleich (Bild 3–96).

h (t )
Asymptote

Tt ˆ Totzeit

'h Tu ˆ Verzugszeit

't KI ˆ Proportionalbeiwert der


KI ˜ Tu (erweiterten) Strecke

ǻ݄
Tu , Tt t ‫ܭ‬ூ ൌ
ǻ‫ݐ‬

Bild 3–96: Übergangsfunktion h(t) einer (erweiterten) Strecke ohne Ausgleich

102 Die Schreibweise „(erweiterte) Strecke“ weist darauf hin, dass an der betreffen-
den Stelle sowohl die Strecke als auch die erweiterte Strecke (vgl. Bild 3–85)
gemeint sind!
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 127

Zusammenfassend ist festzustellen, dass verfahrenstechnische Strecken generell in


(erweiterte) Strecken mit Ausgleich103 bzw. (erweiterte) Strecken ohne Ausgleich104
klassifizierbar sind. Zur Auswahl der Reglerstruktur sind folgende allgemeingültige
Vorschriften bekannt:
Für erweiterte Strecken mit proportionalem Verhalten ist zur Erzielung eines geeigne-
ten Führungs-105 bzw. vernünftigen Störverhaltens106 stets ein Regler mit I-Anteil
(z. B. PI-Regler, I-Regler, PID-Regler) erforderlich.
Für erweiterte Strecken mit integrierendem Verhalten ist zur Erzielung eines geeigne-
ten Führungsverhaltens bzw. eines vernünftigen Störverhaltens bei Laststörungen107
stets ein P-Regler auszuwählen. Sollen Versorgungsstörungen108 ausgeregelt werden,
muss zur Erzielung eines vernünftigen Störverhaltens zwingend ein Regler mit I-Anteil
eingesetzt werden.109
Daraus resultierend können die in Tabelle 3-12 zusammengestellten Empfehlungen
als Entscheidungshilfe für den Reglerentwurf verwendet werden. Die Empfehlungen
gelten nur unter der Voraussetzung, dass sich die Führungs- bzw. Störgrößen sprung-
förmig ändern.

103 auch (erweiterte) Strecken mit proportionalem Verhalten genannt


104 auch (erweiterte) Strecken mit integrierendem Verhalten genannt
105 Geeignetes Führungsverhalten: Die Rückführgröße r(t) (gemessene Regelgröße
x(t)) folgt der Führungsgröße w(t) mit ausreichender Genauigkeit, und die blei-
bende Regeldifferenz verschwindet.
106 Vernünftiges Störverhalten: Die Rückführgröße r(t) (gemessene Regelgröße x(t))
wird möglichst wenig durch Störgrößen beeinflusst, und stationäre Störungen
werden ohne bleibende Regeldifferenz ausgeregelt.
107 Laststörungen sind am Streckenausgang angreifende Störungen (siehe
Bild 3–85).
108 Versorgungsstörungen sind vor Stellantrieb, am Streckeneingang oder innerhalb
der Strecke angreifende Störungen (siehe Bild 3–85).
109 Beim Reglerentwurf ist in dieser Situation zu beachten, dass durch die im Regel-
kreis befindlichen beiden I-Anteile Stabilitätsprobleme entstehen können. Bei An-
wendung hierfür geeigneter Reglerentwurfsverfahren (z. B. Verfahren des sym-
metrischen Optimums [28]) sind diese Probleme jedoch beherrschbar.
128 Kernprojektierung

Tabelle 3-12: Allgemeine Empfehlungen zur Wahl der Reglerstruktur

Erweiterte Strecke Reglertyp


Beispiele für typische F/S
Typ
Regelgrößen
P I PI PD PID

P Strom, Spannung F/V/L - + ++ - -


Füllstand, Spannung,
PT1
Druck, Durchfluss
F/V/L - + ++ - +
PTn
(n>1)
Temperatur F/V/L - - ++ - ++
PTnTt Volumen- bzw.
(n>0) Massenstrom
F/V/L - ++ ++ - +

F/L ++ - - + +
I Füllstand
V - - + - +
Weg bei z. B. Perso- F/L + - - ++ -
IT1
nen-/Lastenaufzug V - - - - +
++ gut geeignet, + geeignet, - ungeeignet
F: Führungsverhalten, S: Störverhalten (V: Versorgungsstörung; L: Laststörung)

Bekannterweise gelingt es nicht immer, das analytische Modell der Strecke bzw. er-
weiterten Strecke hinreichend genau zu entwickeln. Deshalb ist die Fragestellung
nach einer alternativen Bestimmung des Modells der Strecke bzw. erweiterten Strecke
interessant. Eine Antwort darauf ist die experimentelle Prozessanalyse. Wie am Bei-
spiel des pneumatischen Stellantriebes erkennbar, ist die Ermittlung der statischen
Kennlinie einer (erweiterten) Strecke bzw. auch einer Streckenkomponente dabei der
erste Schritt. Darauf aufbauend wird als Vorgabe der Verfahrenstechnik der soge-
nannte Arbeitsbereich der (erweiterten) Strecke einschließlich des Arbeitspunktes in
die statische Kennlinie eingetragen und auf Linearität überprüft. Von diesem Arbeits-
punkt aus werden dann die erforderlichen Experimente, z. B. Aufprägen eines sprung-
förmigen Testsignals auf den Eingang der (erweiterten) Strecke zur Bestimmung des
dynamischen Verhaltens durchgeführt. Das heißt, anhand der Sprungantwort ist fest-
stellbar, ob die jeweilige (erweiterte) Strecke P-, PT1-, PTn- bzw. I- oder IT1-Verhalten
besitzt. Die Sprungantwort der erweiterten Strecke wird zur Ermittlung von Kennwer-
ten bzw. Parametern (Proportionalbeiwert, Zeitkonstanten) genutzt, mit denen durch
Einsetzen in sogenannte Bemessungsformeln, auch als praktische Einstellregeln be-
zeichnet, die Reglerparameter Kp, Tn und Tv berechnet werden. Aus dieser Sprung-
antwort werden beispielsweise die Kennwerte Tg, Tu sowie bei erweiterten Strecken
mit Ausgleich der Proportionalbeiwert KS bzw. bei erweiterten Strecken ohne Aus-
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 129

gleich der Integrierbeiwert KI (vgl. Bild 3–95 bzw. Bild 3–96) ermittelt,110 anschließend
z. B. in die Bemessungsformeln des Verfahrens nach Chien/Hrones/Reswick einge-
setzt und die Reglerparameter Kp, Tn sowie Tv berechnet.
Als Beispiel von auf der grafischen Auswertung der Sprungantwort basierenden Ein-
stellregeln wird nachfolgend das nach Chien/Hrones/Reswick benannte Verfahren
vorgestellt.
Voraussetzung für die Anwendung der Einstellregeln nach Chien/Hrones/Reswick ist
eine erweiterte Strecke mit Ausgleich und Verzögerung erster Ordnung mit Totzeit
bzw. zweiter oder höherer Ordnung (mit oder ohne Totzeit), so dass aus der Sprung-
antwort dieser erweiterten Strecke die Kennwerte Tg, Tu und KS (vgl. Bild 3–95) zu
ermitteln sind. Die erforderlichen Reglerparameter werden danach unter Berücksichti-
gung der in Tabelle 3-12 enthaltenen Hinweise zur Wahl der Reglerstruktur mittels der
in Tabelle 3-13 angegebenen Einstellregeln, auch als Bemessungsformeln bezeich-
net, berechnet.

Tabelle 3-13: Einstellregeln nach Chien/Hrones/Reswick


Versorgungsstörung Führungsverhalten bzw. Last-
störung
'h 0 'h 20% 'h 0 'h 20%
0,3 Tg 0,7 Tg 0,3 Tg 0, 7 Tg
P-Regler KP ˜ KP ˜ KP ˜ KP ˜
K S Tu K S Tu Ks Tu K s Tu
0, 6 Tg , 0,7 Tg 0,35 Tg , 0,6 Tg ,
KP ˜ KP ˜ , KP ˜ KP ˜
PI-Regler K s Tu Ks Tu K s Tu K s Tu
Tn 4 ˜ Tu Tn 2,3 ˜ Tu Tn 1, 2 ˜ T g Tn Tg

0,95 Tg 1, 2 Tg , 0,6 Tg , 0,95 Tg ,


˜
KP ˜ , KP ˜ KP ˜ KP
K s Tu K s Tu Ks Tu K s Tu
PID-Regler Tn 2,4 ˜ Tu , Tn 2 ˜ Tu , Tn Tg , Tn 1,35 ˜ T g
,
Tv 0,42 ˜ Tu Tv 0,42 ˜ Tu Tv 0,5 ˜ Tu Tv 0,47 ˜ Tu

Am Beispiel der im Bild 3–97 dargestellten normierten Sprungantwort einer erweiter-


ten Strecke soll nun die Anwendung der Einstellregeln nach Chien/Hrones/Reswick
erläutert werden. Bei diesem Sprungexperiment wird das Reglerausgangssignal yR

110 Um KS bzw. KI als im Allgemeinen einheitenlose Parameter bestimmen zu kön-


nen, müssen Sprungantwort und Eingangssignal der (erweiterten) Strecke (meist
Reglerausgangsgröße yR) jeweils auf den Bereich 0…100% normiert werden.
130 Kernprojektierung

zum Zeitpunkt t=0,5 s um ǻyR=6% erhöht,111 woraus sich der im Bild 3–97 dargestellte
Verlauf der Rückführgröße r(t) als Reaktion ergibt.
r (t ) % Tg Wendetangente
lim r (t ) 42%
t of

ܶ௨ ൌ Ͳǡͷ ‫ݏ‬
ܶ௚ ൎ ʹ ‫ݏ‬

r0 30%
Tu1 2 3 4 t s

y R (t ) %
16%
'yR
y R0 10 %

1 2 3 4 t s

Bild 3–97: Beispiel der normierten Sprungantwort einer erweiterten Strecke als
Grundlage für den Reglerentwurf nach den Einstellregeln von Chien/Hrones/Reswick

Im Bild 3–97 sind bereits Wendetangente sowie Asymptote für lim r (t ) eingezeichnet.
t of
Mittels der Schnittpunkte der Wendetangente mit der Zeitachse einerseits sowie der
Asymptote für lim r (t ) andererseits werden – wie im Bild 3–97 gezeigt – die Kennwer-
tof
te Tg, Tu bestimmt. Der Proportionalbeiwert ‫ܭ‬ௌ der Strecke wird aus der Beziehung
lim r (t )  r0
t of
KS berechnet. Mit r0 30% (Rückführgröße, d. h. gemessene Regel-
'y R
größe, im Arbeitspunkt), lim r (t ) 42 % und ' y R y R (t )  y R 0 6 % ergibt sich
t of

42%  30%
KS 2. Weiterhin ist aus Bild 3–97 erkennbar, dass es sich um eine er-
6%
weiterte Strecke mit P-Verhalten handelt, die mindestens zwei Zeitkonstanten112

111 Das Sprungexperiment findet im geöffneten Regelkreis statt, d. h. der Regler


befindet sich im Handbetrieb, so dass das Eingangssignal yR(t) nicht durch den
Regler sondern von Hand erzeugt wird! Die Größe y R ist die Reglerausgangs-
0

größe im Arbeitspunkt.
112 Weil für t 0 der Anstieg der Sprungantwort gleich Null und keine Totzeit er-
kennbar ist, müssen mindestens zwei Zeitkonstanten in der erweiterten Strecke
enthalten sein.
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 131

enthält. Soll das Regelglied für Führungsverhalten ausgelegt werden, so ist aus Tabel-
le 3-12 zu entnehmen, dass es PI- oder PID-Verhalten aufweisen sollte. Bei der Inbe-
triebnahme wird man zuerst den weniger Entwurfs- sowie Realisierungsaufwand er-
fordernden PI-Regler erproben, dessen Parameter KP 1,2 sowie Tn 2s gemäß
Tabelle 3-13 für Führungsverhalten mit einer maximalen Überschwingweite
' h 20 % nach Führungsgrößensprüngen berechnet wurden. Ist mit diesem Reg-
ler das gewünschte Regelkreisverhalten nicht erzielbar, kann der PID-Regler heran-
gezogen werden.
Im Unterschied zu den auf der grafischen Auswertung der Sprungantwort basierenden
Verfahren für die Berechnung der Reglerparameter wird beim Verfahren von Zieg-
ler/Nichols am geschlossenen Regelkreis experimentiert, wobei folgende Schritte ab-
zuarbeiten sind:113
Schritt 1: Betreiben des geschlossenen Regelkreises mit einem P-Regler.
Schritt 2: Prüfung, ob der ausgewählte Regelkreis gefahrlos an der Stabilitätsgren-
ze, an der Dauerschwingungen114 auftreten, betrieben werden darf.
Schritt 3: Schrittweises Erhöhen des Proportionalbeiwertes KR („Reglerverstär-
kung“) des P-Reglers, bis der Regelkreis an der Stabilitätsgrenze Dauer-
schwingungen ausführt. Derjenige Proportionalbeiwert KR, bei dem der
Regelkreis an die Stabilitätsgrenze gelangt, entspricht der sogenannten
kritischen Reglerverstärkung KRkrit.
Schritt 4: Bestimmung der kritischen Periodendauer Tkrit. der Dauerschwingung an
der Stabilitätsgrenze.
Schritt 5: Auswahl der geeigneten Reglerstruktur entsprechend des dynamischen
Verhaltens der betrachteten erweiterten Strecke sowie gemäß Anforde-
rungen an das Führungs- bzw. Störverhalten (siehe Hinweise in
Tabelle 3-14).115
Schritt 6: Einsetzen von KRkrit bzw. Tkrit. in die Bemessungsformeln für die Berech-
nung der erforderlichen Reglerparameter (siehe Tabelle 3-15).

113 Prinzipiell kann das Verfahren auch angewendet werden, wenn die Übertragungs-
funktion der erweiterten Strecke bekannt ist. Sofern der Regelkreis mit P-Regler
aus systemtheoretischer Sicht die Stabilitätsgrenze erreichen kann, lassen sich
die Kennwerte KRkrit. (kritische „Reglerverstärkung“) bzw. Tkrit. (kritische Perioden-
dauer; Periodendauer der Dauerschwingung an der Stabilitätsgrenze) durch ana-
lytische Auswertung der charakteristischen Gleichung 1+GO(jȦ)=0 ermitteln, wo-
bei GO(jȦ) der Frequenzgang des aufgeschnittenen einschleifigen Regelkreises
ist.
114 Voraussetzung ist, dass der Regelkreis aus systemtheoretischer Sicht überhaupt
die Stabilitätsgrenze erreichen kann, d. h. nicht jeder Regelkreis ist in der Lage,
die erforderlichen Dauerschwingungen auszuführen.
115 Hierzu muss dass dynamische Verhalten der erweiterten Strecke qualitativ –
z. B. aus Erfahrungswissen oder einer qualitativen theoretischen Prozessanalyse
– bekannt sein.
132 Kernprojektierung

Die Anwendung des Verfahrens von Ziegler/Nichols wird zu einem späteren Zeitpunkt
am Beispiel einer Durchflussregelstrecke erläutert, so dass an dieser Stelle auf ein
Anwendungsbeispiel verzichtet wird.

Tabelle 3-14: Empfehlungen zur Wahl der Reglerstruktur beim Reglerentwurf nach
Ziegler/Nichols

Regler- Typ der erwei- Mit Reglerstruktur prin- Bemerkung


struktur terten Strecke zipiell ausregelbar:
Bleibende Regeldiff. bei V
P-Regler IT1Tt F,L
sowie F , L !
Bleibende Regeldiff. bei V
P, PT1Tt F,V,L
PI-Regler sowie F , L !
IT1Tt F ,L ,V Auf Stabilität achten!
Bleibende Regeldiff. bei V
PT2Tt, PTn (n>2) F,V,L
PID-Regler sowie F , L !
ITn, ITnTt (n>2) F ,L ,V Auf Stabilität achten!

F: Führungsgrößenänderung; L: Laststörungsänderung; V: Versorgungsstörungsände-


rung,
: sprungförmige Änderung; : anstiegsförmige Änderung

Tabelle 3-15: Einstellregeln nach Ziegler/Nichols


Reglerparameter
Reglertyp
Kp Tn Tv
P-Regler 0,5 ˜ K Rkrit - -
PI-Regler 0,45 ˜ K Rkrit 0,83˜ Tkrit -
PID-Regler 0,6 ˜ K Rkrit 0,5 ˜ Tkrit 0,125 ˜ Tkrit

Sofern es gelingt, durch theoretische bzw. experimentelle Prozessanalyse die Über-


tragungsfunktion der erweiterten Strecke zu bestimmen, können sogenannte analyti-
sche, d. h. auf der Übertragungsfunktion der erweiterten Strecke basierende Ent-
wurfsverfahren angewendet werden. Ein solches Verfahren ist u. a. das Entwurfsver-
fahren nach Reinisch [26], dessen Grundzüge im Folgenden kurz erläutert werden.
Das Ziel bei der Anwendung des Entwurfsverfahrens nach Reinisch besteht darin, für
eine gegebene erweiterte Strecke (vgl. Bild 3–85) einen Regler zu entwerfen, so dass
der aufgeschnittene Regelkreis (Reihenschaltung aus Regelglied, Strecke und Mes-
seinrichtung gemäß Bild 3–85) ein IT1-Verhalten aufweist, weil dann
x der geschlossene Regelkreis wie ein Schwingungsglied zweiter Ordnung betrach-
tet werden kann,
x durch den I-Anteil des Reglers bleibende Regeldifferenzen ausregelbar sind,
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 133

x eine maximale Überschwingweite ' h (z. B. 10% des stationären Endwertes der
Regelgröße x) einstellbar ist.

Das Übertragungsverhalten des aufgeschnittenen Regelkreises wird durch die Über-


tragungsfunktion
GO (s) GR ( s) ˜ GES (s) (3-18)

beschrieben, wobei GR (s) die Übertragungsfunktion des Regelgliedes und GES ( s ) die
der (erweiterten) Strecke (s. o.) ist. Sofern man nun für GO (s) das für den aufgeschnit-
tenen Regelkreis geforderte IT1-Verhalten vorgibt und ferner GES ( s ) bekannt ist, lässt
sich aus (3-18) die Übertragungsfunktion
GO ( s ) (3-19)
GR (s)
G ES ( s )
des Regelgliedes bestimmen. Zu diesem Zweck wird zunächst die in Zeitkonstanten-
form darzustellende Übertragungsfunktion
K pS 1 sT1c 1 sT2c  1  sTmc sT (3-20)
GES (s) e t

sTI 1  sT1 1  sT2  1  sTn


l

der (erweiterten) Strecke so approximiert, dass sich daraus die im Folgenden erläuter-
ten vier Streckentypen ableiten lassen116 und anschließend die „Soll“-Übertragungs-
funktion des aufgeschnittenen Regelkreises GO (s) geeignet vorgegeben.

1. Approximation der Übertragungsfunktion GES ( s)


x Streckentyp A1 (Bedingung: Erweiterte Strecke mit P-Verhalten):
- Abspaltung einer dominierenden117 Nenner-Zeitkonstanten,
- Zusammenfassung der übrigen Zeitkonstanten von Zähler und Nenner ein-
schließlich ggf. vorhandener Totzeit Tt zur Summenzeitkonstanten118 TSA1
führt zur approximierten (erweiterten) Strecke mit der Übertragungsfunktion
K pS A1
GES A1 ( s) (3-21)
1  sT1 1  sTS A1
.
x Streckentyp A2 (Bedingung: Erweiterte Strecke mit P-Verhalten):
- Abspaltung zweier dominierender Nenner-Zeitkonstanten,

116 Sind mehr als zwei dominierende oder keine dominierenden Zeitkonstanten vor-
handen, so lässt sich das Entwurfsverfahren im Allgemeinen nicht mit befriedi-
gendem Ergebnis anwenden!
117 Eine Zeitkonstante T1 ist im Vergleich zu einer anderen Zeitkonstanten T2 dominie-
rend, wenn T1>10T2 gilt!
118 Die Bildung der Summenzeitkonstanten wird zu einem späteren Zeitpunkt gleich-
zeitig für alle vier Streckentypen erläutert!
134 Kernprojektierung

- Zusammenfassung der übrigen Zeitkonstanten von Zähler und Nenner ein-


schließlich ggf. vorhandener Totzeit Tt zur Summenzeitkonstanten TSA2
führt zur approximierten (erweiterten) Strecke mit der Übertragungsfunktion
K pS A2
GES A 2 ( s) (3-22)
1  sT1 1  sT2 1  sTS A2
.
x Streckentyp B1 (Bedingung: Erweiterte Strecke mit I-Verhalten):
- keine dominierenden Nenner-Zeitkonstanten vorhanden,
- Zusammenfassung aller Zeitkonstanten von Zähler und Nenner einschließlich
ggf. vorhandener Totzeit Tt zur Summenzeitkonstanten TSB1
führt zur approximierten (erweiterten) Strecke mit der Übertragungsfunktion
K p S B1
GES B1 ( s) (3-23)

sTI 1  sTS B1 .
x Streckentyp B2 (Bedingung: Erweiterte Strecke mit I-Verhalten):
- Abspaltung einer dominierenden Nenner-Zeitkonstanten,
- Zusammenfassung aller Zeitkonstanten von Zähler und Nenner einschließlich
ggf. vorhandener Totzeit Tt zur Summenzeitkonstanten TSB2
führt zur approximierten (erweiterten) Strecke mit der Übertragungsfunktion
K p SB 2
GES B 2 ( s) (3-24)

sTI 1  sT1 1  sTS B 2 .
Die Summenzeitkonstante TSx ( x A1 › A2 › B1 › B2) , welche jeweils in den Über-
tragungsfunktionen der einzelnen Streckentypen enthalten ist, wird nach folgen-
der Vorschrift berechnet:
n m
TS x ¦T ¦T c  T
i 1› 2›3
i
j 1
j t (3-25)

0 dom. ZK: i=1


1 dom. ZK: i=2
2 dom. ZK: i=3

(ZK: Zeitkonstante,
dom.: dominierend)
2. Festlegung der „Soll“-Übertragungsfunktion GO (s)

Gefordert ist IT1-Verhalten. Daher gilt für die „Soll“-Übertragungsfunktion GO (s)


folgender Ansatz:
1 . (3-26)
GES B1 ( s )

sTI 1  sTS x
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 135

Aus der Beziehung T I a ( ' h ) ˜ T S x ergibt sich somit als „Soll“-Übertragungsfunk-


tion des aufgeschnittenen Regelkreises
1 . (3-27)
GES B1 ( s )

s ˜ a ('h) ˜ TS x 1  sTS x
Der Faktor a('h) wird in Abhängigkeit von der jeweils geforderten Überschwing-
weite entsprechend Tabelle 3-16 festgelegt.

Tabelle 3-16: Faktor a in Abhängigkeit von der Überschwingweite ' h


'h / % 0 5 10 15 20 30 40 50 60
a 4 1,9 1,4 1,07 0,83 0,51 0,31 0,19 0,1

3. Berechnung der Übertragungsfunktion GR (s) des Regelgliedes


Aus Beziehung (3-19) lässt sich nun die Übertragungsfunktion GR (s) des Regel-
gliedes bestimmen. Hierzu werden die zuvor bestimmte Übertragungsfunktion
Übertragungsfunktion GO (s) des aufgeschnittenen Regelkreises sowie die approxi-
mierte Übertragungsfunktion GES ( s ) der (erweiterten) Strecke in (3-19) eingesetzt.
Beispielsweise ergibt sich für den Streckentyp A1 allgemein:
K pS
GES A1 A1
,
(1  sT1 )(1  sTS A1 )
1
GO ( s ) , (3-28)
s ˜ a ˜ TS A1 ˜ (1  sTS A1 )
GO ( s ) (1  sT1 )(1  sTS A1 ) (1  sT1 )
GR ( s ) .
GES A1 s ˜ a ˜ TS A1 ˜ (1  sTS A1 ) ˜ K p S s ˜ a ˜ TS A1 ˜ K p S
A1 A1

Die in (3-28) bestimmte Übertragungsfunktion ist – wie man durch Koeffizienten-


vergleich feststellen kann – die Übertragungsfunktion eines PI-Reglers:
(1  sT1 ) § 1 · K P (1  sTn )
GR ( s ) GRPI ( s ) K P ¨¨1  ¸¸
s ˜ a ˜ TS A1 ˜ K p S A1
© sTn ¹ sTn

Ÿ Tn T1 (3-29)

1 KP KP T1
Ÿ Ÿ KP .
s ˜ a ˜ TS A1 ˜ K p S A1 sTn sT1 a ˜ TS A1 ˜ K p S A1

Führt man diese Rechnung für jeden der festgelegten vier Streckentypen aus, er-
hält man die im Bild 3–98 gezeigte Zuordnung zwischen Streckentyp und Regler-
typ einschließlich der Beziehungen zur Berechnung der Reglerparameter.
136 Kernprojektierung

Streckentyp Reglertyp Reglerparameter


T1
Kp ; Tn T1
Typ A PI-Regler aTS A K p S
A

T T T ˜T
PID-Regler K p aT K ; Tn T1  T2 ; Tv T  T
1 2 1 2
Typ B
S pS B 1 2
B

TI
Typ C P-Regler Kp
aTSC K p S
C

TI
Typ D PD-Regler K p aTS D K p S
; Tv T1
D

Bild 3–98: Zuordnung Streckentyp/Reglertyp einschließlich Beziehungen zur Berech-


nung der Reglerparameter beim Verfahren nach Reinisch

Das Entwurfsverfahren nach Reinisch wird nun auf die Übertragungsfunktion


(1  0,67 ˜ s ) (3-30)
G (s)
(1  120 ˜ s )(1  40 ˜ s )(1  2 ˜ s )(1  1,5 ˜ s )(1  0,5 ˜ s )

einer erweiterten Strecke angewendet. Man erkennt aus dieser (in Zeitkonstantenform
dargestellten) Übertragungsfunktion, dass es sich um eine erweiterte Strecke mit P-
Verhalten handelt und zwei dominierende Zeitkonstanten, nämlich T1=120 s sowie
T2=40 s, auftreten. Demzufolge ist diese erweiterte Strecke dem Streckentyp B zu-
zuordnen. Daher kommt als Reglertyp gemäß Bild 3–98 nur ein PID-Regler in Be-
tracht. Fordert man ferner, dass die gemessene Regelgröße nach sprungförmigen
Führungsgrößenänderungen um höchstens 5% überschwingen darf, ergibt sich aus
Tabelle 3-16 a('h) 1,9 . Die Summenzeitkonstante beträgt 3,33 s, der Proportionalbei-
wert der erweiterten Strecke ist gleich Eins. Mit diesen Werten erhält man gemäß
Bild 3–98 folgende Reglerparameter:
ଵଶ଴௦ାସ଴௦ ଵଶ଴௦ȉସ଴௦
‫ܭ‬௣ ൌ ൌ ʹͷǡ͵Ǣܶ௡ ൌ ͳʹͲ‫ ݏ‬൅ ͶͲ‫ ݏ‬ൌ ͳ͸Ͳ‫ݏ‬Ǣܶ௩ ൌ ൌ ͵Ͳ‫ݏ‬Ǥ (3-31)
ଵǡଽȉଷǡଷଷ௦ȉଵ ଵଶ଴௦ାସ଴௦

Zum besseren Verständnis wird nun der experimentellbasierte Reglerentwurf an Hand


der Durchflussregelstrecke der Versuchsanlage MPS-PA119 der Fa. Festo Didactic
beispielhaft erläutert [27]. Zuerst wird für die Durchflussregelstrecke die statische

119 Die Bezeichnung MPS – PA (Modulares Produktionssystem – Prozessautomati-


sierung) ist eine firmenspezifische Bezeichnung der Fa. Festo Didactic für die im
Vertrieb befindliche neue Anlagengeneration für die Prozessautomatisierung.
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 137

Kennlinie ermittelt (Bild 3–99). Dadurch ist es möglich, die Linearität der Regelstrecke
zu beurteilen und einen geeigneten Arbeitspunkt für die auszuführenden Sprungexpe-
rimente festzulegen. Wie aus der statischen Kennlinie im Bild 3–99 erkennbar, ist eine
ausgeprägte Nichtlinearität vorhanden. Das heißt, die eingesetzte Kreiselpumpe liefert
bis nahezu 40% der Stellleistung keinen signifikanten Durchsatz. Das ist ein anschau-
liches Beispiel einer im Vergleich zu den verfahrenstechnischen Erfordernissen zu
schwach ausgelegten Kreiselpumpe. Anders formuliert: Das Stellverhalten der einge-
setzten Kreiselpumpe ist für den projektierten Durchflussregelkreis unzureichend, da
nicht der gesamte Arbeitsbereich nutzbar ist.

Rückführgröße r (gemessener Durchfluss ܸሶ )


[%]
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Reglerausgangsgröße yR [%]

Bild 3–99: Statische Kennlinie der Durchflussregelstrecke

Der im Bild 3–100 dargestellte zeitliche Verlauf eines Sprungexperiments überdeckt


fast den gesamten Linearitätsbereich und bewirkt mittels eines Stellgrößensprungs
von 40% auf 90% die auszuwertende Sprungantwort.
Die auf diese Weise erhaltene Sprungantwort kann im Allgemeinen mittels der so-
genannten Wendetangente (vgl. Bild 3–95) oder mit dem Verfahren nach Strejc [25]
ausgewertet werden. Wie die Erfahrungen aus der verfahrenstechnischen Praxis zei-
gen, ist das Verfahren von Strejc zur Auswertung der Sprungantwort bevorzugt anzu-
wenden. Bei diesem Verfahren werden die Kennwerte Verzugszeit Tu und die
Ausgleichszeit Tg nach der im Bild 3–101 dargestellten Vorgehensweise ermittelt.
Hierzu wird nach Normierung der Sprungantwort zunächst der Proportionalbeiwert
138 Kernprojektierung

KS lim h(t ) der erweiterten Strecke bestimmt120 und anschließend durch Abtragen
t of
von 0,2·KS und 0,8·KS auf der Ordinate jeweils die zugehörige t20% - bzw. t80% -
Prozentzeit ermittelt (vgl. Bild 3–101).

Reglerausgangsgröße
Rückführgröße
[%] Rückführgröße r
Reglerausgangsgröße yR (gemessener Durchfluss ܸሶ )
100

90
80

70
Werte für h10% bzw. h90%
60
Werte für h20% bzw. h80%
50
40

30
20
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 t [s]

Bild 3–100: Sprungexperiment an der Durchflussregelstrecke (Stellgrößensprung von


40% auf 90%)

h (t )
KS
0,8 ˜ K S

0, 2 ˜ K S

t 20 t 80 t s

Bild 3–101: Zur Bestimmung der Kennwerte Tu und Tg nach Strejc

120 Der Proportionalbeiwert kann auch aus der statischen Kennlinie nach der Bezie-
hung K S
'x bestimmt werden.
'y
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 139

Als weiteres bewährtes Paar [25] sind auch 0,1·KS und 0,9·KS für die Berechnung der
Reglerparameter verwendbar. In Tabelle 3-17 sind die erforderlichen Berechnungs-
formeln für die Kennwerte Tu und Tg angegeben.

Tabelle 3-17: Berechnungsformeln für die Kennwerte Tu und Tg


20 10
80 90
Tu ... 1,161 ˜ t 20  0,161 ˜ t 80 1,048 ˜ t10  0,048 ˜ t 90

Tg ... 0,721˜ (t 80  t 20 ) 0, 455 ˜ (t90  t10 )

Für die hier betrachtete Durchflussregelstrecke wird zunächst anhand der statischen
Kennlinie (vgl. Bild 3–99) der Proportionalbeiwert KS der Strecke berechnet. Aus der
'x 91,5%  27,5%
statischen Kennlinie ergibt sich K S 1,28. Darauf aufbauend
'y 90%  40%
bestimmt man dann zum Beispiel die Werte h20% bzw. h80% und setzt diese Werte in die
Berechnungsformeln entsprechend Tabelle 3-17 ein.121 In Tabelle 3-18 sind die zuge-
hörigen Ergebnisse zusammengestellt.

Tabelle 3-18: Berechnung der Kennwerte Tu und Tg nach Strejc (vgl. auch Bild 3–100)
ʹͲൗ ( ) ͳͲൗ ( )
ͺͲ ͻͲ
h20%/10% h20 40,3% : t 20 0,8s  0,35s 0,45s h10 33,9% : t10 0,65s  0,35s 0,3s
h80% / 90% h80 78,7% : t80 2,4s  0,35s 2,05s h90 85,1% : t90 3,2s  0,35s 2,85s

Tu 1,161˜ t 20  0,161˜ t80 0,19s 1,048 ˜ t10  0,048 ˜ t 90 0,18s

Tg 0,721˜ (t80  t 20 ) 1,15s 0,455˜ (t90  t10 ) 1,16s

Setzt man nun die ermittelten Kennwerte des Ansatzes nach Strejc – zum Beispiel für
20%/80% – in die Einstellregeln nach Chien/Hrones/Reswick ein, ergeben sich die in
Tabelle 3-19 aufgeführten Reglerparameter für jeweils einen P-, PI- bzw. PID-Regler,
die jeweils für Führungsverhalten mit 20% Überschwingen ausgelegt wurden.

121 Wahlweise kann man auch die Werte für h10% und h90% verwenden.
140 Kernprojektierung

Tabelle 3-19: Reglerparameter für die Durchflussregelstrecke


P-Regler PI-Regler PID-Regler
Tg Tg Tg
Kp 0,7 ˜ 3,31 0,6 ˜ 2,83 0,95 ˜ 4,49
Tu ˜ K S Tu ˜ K S Tu ˜ K S
Tn 1,0 ˜ Tg 1,15 s 1,35 ˜ Tg 1,55 s

Tv 0,47 ˜ Tu 0 , 0893 s

Den Empfehlungen zur Wahl der Reglerstruktur (vgl. Tabelle 3-12) folgend, ist bei
einer erweiterten Strecke mit Ausgleich für Führungsverhalten ein Regler mit I-Anteil
einzusetzen. Betrachtet man die in Bild 3–100 dargestellte Sprungantwort, so kann
man für das dynamische Verhalten der erweiterten Strecke näherungsweise PT1Tt-
Verhalten ansetzen. Somit kommt gemäß Tabelle 3-12 im vorliegenden Fall nur der
PI-Regler für den Einsatz im Regelkreis in Frage. Die Ergebnisse der Reglererpro-
bung für das Führungsverhalten werden im Bild 3–103 dargestellt.
Ein anderer Zugang, der sich vor allem für schwingungsfähige Regelkreise, wie am
Beispiel der Durchflussregelstrecke gegeben, eignet, ist das Verfahren von Zieg-
ler/Nichols. Wie dazu Bild 3–102 für die bereits behandelte Durchflussregelstrecke
zeigt, gelingt es, den Durchflussregelkreis zum Dauerschwingen an der Stabilitäts-
grenze anzuregen.

5Tkrit.

Bild 3–102: Dauerschwingungen des Durchflussregelkreises an der Stabilitätsgrenze


3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 141

Aus Bild 3–102 ist als kritische Reglerverstärkung KPkrit. = 11,8 sowie als Perioden-
dauer der Dauerschwingung an der Stabilitätsgrenze Tkrit. = 6,7 s abzulesen. Um blei-
bende Regeldifferenzen nach Führungs- bzw. Störgrößenänderungen ausregeln zu
können, ist, wie bereits ausgeführt (vgl. Tabelle 3-12 bzw. Tabelle 3-14), ein PI-Regler
einzusetzen, wenn für das dynamische Verhalten der erweiterten Strecke näherungs-
weise PT1Tt-Verhalten angenommen wird. Entsprechend den in Tabelle 3-15 angege-
benen Bemessungsformeln erhält man für den PI-Regler folgende Reglerparameter:
KP 0 , 45 ˜ K PKrit . 5 ,31 bzw. T n 0 ,83 ˜ T Krit . 5 ,5 s .
Die Validierung der mittels Ziegler/Nichols bzw. dem Verfahren nach Chien/Hro-
nes/Reswick (CHR-Verfahren) ermittelten Reglerparameter erfolgt gleichfalls wieder
an der Durchflussstrecke der Versuchsanlage MPS-PA der Fa. Festo Didactic. Dazu
wurden die Sprungantworten des geschlossenen Regelkreises für einen Sollwert-
sprung von 50 % auf 80 % aufgenommen und im Bild 3–103 dargestellt.

Führungsgröße
Rückführgröße
[%]
100
95
Führungsgröße w
90
85
80
75
Rückführgröße r (gemessener Durchfluss ܸሶ)
70
Ziegler/Nichols – PI-Regler
65
Rückführgröße r (gemessener Durchfluss ܸሶ)
60 CHR-Verfahren – PI-Regler
55
50
0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3.5 t [s]

Bild 3–103: Übergangsverhalten des geschlossenen Regelkreises (Parametrierung


nach dem Verfahren von Ziegler/Nichols (ZN) bzw. Chien/Hrones/Reswick (CHR) für
einen Führungsgrößensprung von 50 % auf 80 %

Das im Bild 3–103 dargestellte Führungsverhalten des Durchflussregelkreises ist im


Sinn der auf S. 127 genannten Güteforderungen akzeptabel und zeigt eine günstige
Dynamik, wobei die Stellsignale zunächst in die obere Begrenzung laufen und damit
das nahezu aperiodische Einschwingverhalten der Regelgröße „Durchfluss“ fördern.
Damit ist auch das geringere Überschwingen, welches entsprechend dem CHR-
Verfahren mit 20% vorgegebenen wurde, erklärbar. Zusammenfassend kann daher
eingeschätzt werden, dass die ermittelten Reglerparameter (Ziegler/Nichols- bzw.
CHR-Verfahren) für das geforderte Führungsverhalten des Durchflussregelkreises gut
geeignet und damit für den Dauerbetrieb des Regelkreises verwendbar sind.
142 Kernprojektierung

Zusammenfassend ist demnach für den Entwurf einschleifiger Regelkreise mit PID-
Reglern aus Sicht der Projektierung wie folgt vorzugehen:

Schritt 1: Ermittlung der statischen Kennlinie der (erweiterten) Strecke mittels theo-
retischer Prozessanalyse
Ÿ Ergebnis: Statische Kennlinie zur Festlegung des Linearitätsbereiches
bzw. Arbeitsbereiches sowie des Arbeitspunktes

Linearitätsbereich und Arbeitspunkt


Alternativ: Ermittlung der statischen Kennlinie der (erweiterten) Strecke
mittels experimenteller Prozessanalyse
Ÿ Ergebnis: Statische Kennlinie zur Festlegung des Lineari-
tätsbereiches bzw. Arbeitsbereiches sowie des Arbeitspunktes
Schritt 2: Sprungexperimente im Arbeitspunkt
Ÿ Ergebnis: Ermittlung von Kennwerten bzw. Parametern der (erweiter-
ten) Strecke

z. B. Verzugszeit Tu, Ausgleichszeit Tg , Zeitkonstanten sowie Propor-


tionalbeiwert der Strecke KS Ÿ Ableitung der erforderlichen Reglerstruk-
tur gemäß zu erfüllenden Güteforderungen (vgl. hierzu auch Tabelle 3-12
bzw. Tabelle 3-14)
Alternativ: Ermittlung des Prozessmodells durch theoretische Prozess-
analyse

Schritt 3: Ermittlung der Reglerparameter durch Nutzung ausgewählter Bemes-


sungsformeln (z. B. nach Ziegler/Nichols, Chien/Hrones/Reswick, Strejc,
Reinisch)
Ÿ Ergebnis: Parametersätze für die Regelalgorithmen

Proportionalbeiwert Kp, Nachstellzeit Tn und Vorhaltzeit Tv


3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 143

Schritt 4: Regelkreistest, d. h. simulative Untersuchung des Regelkreisverhaltens122


Ÿ Ergebnis: Simulative Aussage zum Erfolg des Reglerentwurfs

Sofern das simulierte Regelkreisverhalten den Güteforderungen


entspricht, kann der Regelkreis in Betrieb genommen werden.

Schritt 5: Regelkreisinbetriebnahme und Regelkreiserprobung (Stabilität, Führungs-


bzw. Störverhalten)
Ÿ Ergebnis: Inbetriebnahmevorschrift

3.4.3 Abgrenzung kontinuierlicher Prozesse zu ereignisdiskreten


Prozessen
Bezugnehmend auf die in der Einführung im Bild 1–4 dargestellte Kopplung von Au-
tomatisierungsanlage und Prozess ist festzustellen, dass aus Sicht der Projektierung
keine wesentlichen Unterschiede zwischen kontinuierlichen und ereignisdiskreten Pro-
zessen bestehen. Für beide Prozessklassen ist im Sinne der Instrumentierung eine
einheitliche Vorgehensweise charakteristisch, d. h. man kann für beide Prozessklas-
sen nach der gleichen Methodik projektieren. Der Projektierungsingenieur wählt zu-
nächst die Messeinrichtungen aus, wobei für den einschleifigen Regelkreis in konti-
nuierlichen Prozessen analoge Sensoren und für die binäre Steuerung in ereignis-
diskreten Prozessen binäre Sensoren einzusetzen sind. In gleicher Weise werden die
Stelleinrichtungen ausgewählt, das bedeutet also analoge Stelleinrichtungen für ein-
schleifige Regelkreise und binäre Stelleinrichtungen für binäre Steuerungen.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Regelkreis und binärer Steuerung besteht
jedoch beim Entwurf der Regel- bzw. binären Steueralgorithmen. Wie dazu im Ab-
schnitt 3.4.2 ausgeführt, sind theoretische bzw. experimentelle Prozessanalyse sowie
Anwendung von Bemessungsformeln (siehe z. B. Tabelle 3-13 bzw. Tabelle 3-15) die
Basis für Strukturierung und Parametrierung eines Regelgliedes.
Beim Entwurf der binären Steueralgorithmen ist darüber hinaus zu beachten, dass ein
offener Wirkungsablauf vorliegt. Damit ist also für den Entwurf der binären Steuerun-
gen eine modifizierte Entwurfsmethodik erforderlich, die aber gleichfalls durch den
Projektierungsingenieur als effizientes und praxisrelevantes Werkzeug für die Reali-
sierung binärer Steueralgorithmen nutzbar ist. Diese Entwurfsmethodik wird im fol-
genden Abschnitt detaillierter erläutert und an Hand ausgewählter Anwendungsbei-
spiele vertieft.

122 Konnte die Prozessanalyse als Information über die (erweiterte) Strecke lediglich
Kennwerte wie z. B. Ausgleichs- bzw. Verzugszeit liefern, lässt sich der Regel-
kreis im Allgemeinen nicht simulieren, weil dazu Differenzialgleichung, Übertra-
gungsfunktion, Frequenzgang, Gewichts- bzw. Übergangsfunktion benötigt wer-
den.
144 Kernprojektierung

3.4.4 Entwurf binärer Steuerungen


Entwurf und Realisierung binärer Steuerungen für industrielle Prozesse umfassen
generell den Entwurf von binären Steueralgorithmen und die technische Realisierung
(Bild 3–104).
Prinzipielle Erläuterungen zur technischen Realisierung erfolgten bereits im Abschnitt
3.3.3.5, so dass darauf verwiesen wird. Somit ist der Entwurf binärer Steueralgorith-
men Gegenstand der weiteren Ausführungen.

Entwurf und Realisierung binärer Steuerungen

Entwurf binärer Steueralgorithmen Technische Realisierung

x Analyse der Verfahrenstechnik x Auswahl speicherprogram-


des ereignisdiskreten Pro- mierbarer Technik nach tech-
zesses/der Steuerstrecke, nischen und ökonomischen
x Zuordnung der erforderlichen Leistungsmerkmalen, d. h.
Steuerungsaufgaben – De- - Hardwarekonfiguration der
komposition, speicherprogr. Technik,
x Definition der Eingangs- bzw. - Implementierung von
Ausgangsgrößen, Steueralgorithmen mittels
Fachsprachen einschließ-
x Entwurf der Steueralgorith-
lich Test,
men,
- Validierung an der Steuer-
x Verifikation der entwickelten
strecke sowie
Algorithmen (z. B. mittels Si-
mulation). - Preis und Service.

Bild 3–104: Entwurf und Realisierung binärer Steuerungen

Die wesentlichen Leistungen für den Entwurf binärer Steueralgorithmen sind aus
Bild 3–104 erkennbar. Bereits hier muss hervorgehoben werden, dass der Steue-
rungsentwurf nur im wechselseitigen Zusammenwirken des Entwurfs binärer Steuer-
algorithmen mit der technischen Realisierung gelingen kann. Die vielfach in der Praxis
angewandte Vorgehensweise des „sofortigen (intuitiven) Programmierens“ einer SPS
impliziert zahlreiche Fehlermöglichkeiten, die nur durch einen gut strukturierten und
systemtheoretisch basierten Entwurf binärer Steueralgorithmen vermieden werden
können. Dies gilt auch für ggf. erforderliche Änderungen oder Erweiterungen der binä-
ren Steueralgorithmen bzw. die effektive Beseitigung von Entwurfsfehlern.
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 145

Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang die wesentliche Fragestellung nach dem
Entwurf eines kombinatorischen binären bzw. sequentiellen binären Steuerungsalgo-
rithmus’ zu beantworten. Das bedeutet, der Projektierungsingenieur muss aus der
Analyse der Steuerstrecke und der Kenntnis der Anforderungen an die Steuerstrecke
entscheiden, ob er einen kombinatorischen oder sequentiellen binären Steueralgo-
rithmus123 entwirft. Diese Entscheidungsfindung basiert auf der Auswertung verschie-
denster Überlegungen und erfordert deshalb eine systematische sowie Schritt für
Schritt abzuarbeitende Entwurfsmethodik. Diese Entwurfsmethodik zeigt Bild 3–105
im Überblick.

x Schritt 1: Dekomposition des Prozesses/der Steuerstrecke


x Schritt 2: Definition der Eingangsgrößen (Eingangsvektor) bzw.
Ausgangsgrößen (Ausgangsvektor)
x Schritt 3: Entscheidung – kombinatorischer oder sequentieller bi-
närer Steueralgorithmus – ist die Schalttabelle widerspruchsfrei?

JA NEIN

Entwurf

Kombinatorischer binärer Sequentieller binärer Steueral-


Steueralgorithmus gorithmus
x Schritt 4: x Schritt 4:
- Schalttabelle aufstellen, - Petri-Netz für Normalbe-
- Verknüpfungsfunktionen in trieb aufstellen,
kanonischer disjunktiver Nor- - Petri-Netz(e) für fehlersi-
malform (KDNF) darstellen, cheren Betrieb aufstellen,
- Minimierung mittels Kar- - Umsetzung in z. B. Ablauf-
naugh-Verfahren oder Ver- sprache S7 Graph oder an-
fahren nach Kazakov und dere Fachsprachen.
minimale Normalform aufstel-
len,
- Logikplan als Basis für Um-
setzung in ein Anwender-
programm entwickeln.

Bild 3–105: Entwurf kombinatorischer bzw. sequentieller binärer Steueralgorithmen


im Vergleich

123 Bei kombinatorischen binären Steueralgorithmen (KBS) sind den Eingangskom-


binationen (Belegungen der Eingangsgrößen) eindeutig Ausgangskombinationen
(Belegungen der Ausgangsgrößen) zugeordnet. Bei sequentiellen binären Steu-
eralgorithmen (SBS) ist dies jedoch nicht mehr gegeben – daher greifen sequen-
tielle Steueralgorithmen zur Wiederherstellung der Eindeutigkeit auf die inneren
Zustände als quasi zusätzliche Eingangsgrößen zurück.
146 Kernprojektierung

An Hand ausgewählter Anwendungsbeispiele [36] wird diese Entwurfsmethodik nach-


folgend ausführlicher behandelt.

Schritt 1: Dekomposition des zu steuernden ereignisdiskreten Prozesses


Ausgehend von der Tatsache, dass ereignisdiskrete Prozesse im Allgemeinen die
Realisierung umfangreicher Steuerungsaufgaben erfordern, sind auch die zu entwer-
fenden binären Steueralgorithmen umfangreich und deshalb für die technische Reali-
sierung übersichtlich zu strukturieren. In vielen Fällen werden daher technische Pro-
zesse in Teilkomponenten zerlegt und für den auszuführenden Entwurf der binären
Steuerung entkoppelt betrachtet. Diese sogenannte Dekomposition von Prozess- bzw.
Steuerungsaufgaben ist ein wesentlicher Schritt des eigentlichen Steuerungsentwurfs.
Am Beispiel der im Abschnitt 1 bereits vorgestellten Abfüllanlage (vgl. auch Bild 2–10)
werden demnach folgende Stationen unterschieden (Bild 3–106):
x Station 1: Becher zuführen,
x Station 2: Becher füllen,
x Station 3: Becher verschließen,
x Station 4: Becher entnehmen,
x Station 5: Rundschalttisch sowie
x die kontinuierliche Prozesskomponente „Füllstand“.

Station 2:
Becher füllen
Station 1:
Becher zuführen

kontinuierliche
Prozesskomponente
„Füllstand“
Station 5:
Rundschalttisch
Station 3:
Becher verschließen

Station 4:
Becher entnehmen

Bild 3–106: Übersicht zum ereignisdiskreten Prozess „Abfüllanlage“


3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 147

Die ereignisdiskrete Prozesskomponente „Abfüllanlage“ umfasst also fünf Stationen,


wobei jede Station einen Prozessabschnitt bildet und separat gesteuert wird. Zusätz-
lich ist noch eine Koordination für das parallele Zusammenwirken aller Stationen er-
forderlich, um das synchrone Starten der Stationen zu sichern sowie den jeweiligen
Stop jeder Einzelstation auszuwerten. Für den Entwurfsansatz liegt damit nahe, jede
Station durch eine autarke Steuerung zu bedienen und das Zusammenwirken dieser
Steuerungsmodule mittels Synchronisationssignalen über einen Steuerungsmodul
„Koordinationssteuerung“ zu realisieren (Bild 3–107).

Koordinationssteuerung (Steuerung zur Synchronisation der Stationen)

Steuerung Steuerung Steuerung Steuerung Steuerung Regelung


Station 1 Station 2 Station 3 Station 4 Station 5 kont.Kom-
Becher Becher Becher Becher ent- Rundschalt- ponente
zuführen füllen verschließen nehmen tisch Füllstand

Bild 3–107: Dekomposition der Steuerung „Abfüllanlage“

Schritt 2: Definition der binären Eingangs- bzw. Ausgangsgrößen


Als wichtiger Schritt des systemtheoretisch basierten Steuerungsentwurfes sind zu-
nächst die erforderlichen binären Variablen zu definieren, wobei im Sinne der Boo-
le´schen Algebra die Eingangsgrößen xi sowie die Ausgangsgrößen yj zu unterschei-
den sind. Dabei bilden die am zu steuernden Prozess (Steuerstrecke) montierten
Sensoren und Bedienelemente (z. B. Schalter und Taster einschließlich der in ent-
sprechenden Bedienoberflächen des Prozessleitsystems vorhandenen Schaltflächen)
den Vektor der Eingangsgrößen xi, kurz auch als Eingangssignale xi bezeichnet, und
die gleichfalls am zu steuernden Prozess montierten Aktoren sowie Anzeigen (z. B.
als entsprechende Symbole in eine Bedienoberfläche integriert) den Vektor der Aus-
gangsgrößen yj, auch als Ausgangssignale yj der binären Steuerung bezeichnet.
Am Beispiel der Station „Rundschalttisch“ (Station 5, vgl. Bild 3–108) werden zunächst
die entsprechenden Eingangs- bzw. Ausgangsgrößen für den Steuerungsentwurf de-
finiert. Es wird vorausgesetzt, dass der Rundschalttisch für jeden Schaltschritt immer
ein Startsignal der Koordinationssteuerung erhält, wobei die drei Sensoren B1 bis B3
(2 aus 3-Auswahl) die jeweils um 90° geänderte Tischposition (nach jedem Schritt)
erfassen. Das heißt, nach jedem Schaltschritt müssen diese Sensoren ansprechen
und das Signal „logisch 1“ liefern. Anderenfalls liegt eine Fehlfunktion vor. Im Sinne
einer Mindestfehlersicherheit ist die Funktionalität des Rundschalttisches auch bei
Ausfall eines dieser drei Sensoren aufrechtzuerhalten – in diesem Fall ist aber gleich-
zeitig ein Voralarm auszulösen. Bei Ausfall eines zweiten Sensors ist Hauptalarm
auszulösen und der Rundschalttisch einschließlich der übrigen Anlagenkomponenten
sofort zu stoppen sowie eine Reparaturanforderung zur Anzeige zu bringen.
148 Kernprojektierung

Tisch mit 4 Positionssensoren


B2 (B0, B1, B2, B3)

B1 B3

Backup-Sensoren für die 2 aus


3-Auswahl

B0
Zahnrad Tischmotor

a) Technologisches Schema b) Anlagenansicht

Bild 3–108: Technologisches Schema und Anlagenansicht für die Station „Rund-
schalttisch“ (Station 5)

Folgende Eingangs- bzw. Ausgangsgrößen werden für Station 5 definiert:


Eingangsgrößen xi des Steuerungsmoduls:
x x0 : Sensor für Tischposition B0,124
x x1 : Sensor für Tischposition B1,
x x2 : Sensor für Tischposition B2,
x x3 : Sensor für Tischposition B3,
x x4 : Freigabesignal von Koordinationssteuerung,
Ausgangsgröße yi des Steuerungsmoduls:
x y1 : Aktor für Steuerung des Tischantriebs,
x y2 : Anzeige „Voralarm“, z. B. Anzeige auf WinCC-Bedienoberfläche,
x y3 : Anzeige „Hauptalarm“, z. B. Anzeige auf WinCC-Bedienoberfläche.

Hinsichtlich der nächsten zu betrachtenden Station „Becher verschließen“ (vgl.


Bild 3–109) werden ähnlich wie bei Station 5 zunächst Eingangs- bzw. Ausgangsgrö-
ßen definiert.

124 Sensor B0 ist alternativ zur 2 aus 3-Auswahl einsetzbar und wird in den folgenden
Entwurfsbeispielen nicht berücksichtigt, d. h. für den Entwurf der binären Steuer-
algorithmen sind nur die Sensoren B1, B2 und B3 relevant.
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 149

6 Zylinder 3.1

Zylinder 3.2 3

B11
B14 B13
2
5
B12

1
4
Vakuum-
sauger
Rundschalttisch
B22
B21
Arbeitsschritt

Sensor B15 4
5
Zylinder 3.3

Bild 3–109: Technologisches Schema der Station „Becher verschließen“ (Station 3)

Zuerst eine kurze Beschreibung des technologischen Ablaufs:


Zu Beginn wird Arbeitszylinder 3.1 aktiviert, das heißt, es ist ein Becher im Rund-
schalttisch an der Station „Becher verschließen“ vorhanden (Sensor B21 hat ange-
sprochen), und das Startsignal der Koordinationssteuerung liegt an. Damit senkt sich
der Greifkopf mit Vakuumsauger in das Deckelmagazin, wobei gleichzeitig der Va-
kuumsauger aktiviert wird.
Sobald nun Arbeitszylinder 3.1 seine untere Endlage (Arbeitsstellung) erreicht hat
(Sensor B12 hat angesprochen), wird die Ansteuerung von Arbeitszylinder 3.1 deakti-
viert, und er fährt in seine Ruhelage (Ausgangslage) über dem Bechermagazin zu-
rück. Der Vakuumsauger bleibt dabei weiter aktiv und hebt den angesaugten Deckel
mit hoch.
Hat Arbeitszylinder 3.1 seine Ruhelage wieder erreicht (Sensor B11 hat angespro-
chen), wird Arbeitszylinder 3.2 aktiviert und fährt den Greifkopf von der Position des
Deckelmagazins über den in der Aufnahme des Rundschalttisches befindlichen Be-
cher. Dabei bleibt der Vakuumsauger ebenfalls aktiviert.
Erreicht Arbeitszylinder 3.2 seine Endlage (Sensor B14 hat angesprochen), wird
abermals Arbeitszylinder 3.1 aktiviert. Gleichzeitig wird auch Kurzhubzylinder 3.3 akti-
viert und hebt den Becher etwas aus dem Rundschalttisch heraus. Der Sensor B15
spricht an, wenn Kurzhubzylinder 3.3 seine Endlage erreicht hat.
Hat auch Arbeitszylinder 3.1 seine untere Endlage wieder erreicht (Sensor B12 hat
angesprochen), werden sowohl Zylinder 3.1 als auch Zylinder 3.3 deaktiviert. Durch
die mechanischen Konstruktionsparameter dieser Station ist sichergestellt, das der
Deckel auf den Becher aufgepresst wurde, wenn der Sensor B12 anspricht.
150 Kernprojektierung

Für das ordnungsgemäße Zurückfahren aller Arbeitszylinder ist nun sicherzustellen,


dass Arbeitszylinder 3.1 seine Ruheposition (Ausgangsposition, Sensor B11 spricht
an) erreicht hat, bevor Arbeitszylinder 3.2 in seine Ruheposition (Sensor B13 spricht
an) zurückfahren kann.
Spricht der Sensor B13 an, so wird auch Arbeitszylinder 3.2 deaktiviert. Die Ruhelage
(Ausgangsposition) der Station „Becher verschließen“ ist wieder erreicht.

Folgende Eingangs- bzw. Ausgangsgrößen werden für Station 3 (Becher verschlie-


ßen) definiert:
Eingangsgrößen xi des Steuerungsmoduls:
x x1: Sensor B11 für Zylinder 3.1 (Grundstellung x1=1:Zylinder in oberer Pos.),
x x2: Sensor B12 für Zylinder 3.1 (Arbeitsstellung x2=1: Zylinder in unterer Pos.),
x x3: Sensor B13 für Zylinder 3.2 (Grundstellung x3=1: Zylinder über Deckelma-
gazin),
x x4: Sensor B14 für Zylinder 3.2 (Arbeitsstellung x4=1: Zylinder über Rund-
schalttisch),
x x5: Sensor B15 für Zylinder 3.3 (Arbeitsstellung x5=1: Becher angehoben),
x x6: Tischaufnahme B21 (x6=0: kein Becher an Station im Rundschalttischh;
x6=1: Becher an Station im Rundschalttisch),
x x7: Deckelmagazin B22 (x7=0: Deckel vorhanden; x7=1: keine Deckel vorh.),
x x8: Signal von Koordinationssteuerung (Startsignal),
x x9: Quittierung (Signal zur Quittierung eines Fehlers).
Ausgangsgrößen yj des Steuerungsmoduls:
x y1: Ventil V3.1 zur Steuerung von Zylinder 3.1 (vertikaler Arbeitszylinder),
x y2: Ventil V3.2 zur Steuerung von Zylinder 3.2 (horizontaler Arbeitszylinder),
x y3: Ventil V3.3 zur Steuerung von Zylinder 3.3 (Kurzhubzylinder),
x y4: Ventil V3.4 zur Steuerung des Vakuumsaugers (saugt Deckel mittels Va-
kuumsauger an).

Schritt 3: Entscheidung, ob ein kombinatorischer oder sequentieller binärer Steueral-


gorithmus zu realisieren ist
Ob in einer Steuerung ein kombinatorischer oder sequentieller binärer Steueralgorith-
mus zu implementieren ist, kann der Projektierungsingenieur anhand seiner Praxiser-
fahrung treffen, kann andererseits aber auch systematisch abgeleitet werden. Verfügt
der Projektierungsingenieur über ausreichend Praxiserfahrung, kann er an Hand der
Struktur der Steuerstrecke und durch Analyse der vorgegebenen Anforderungen fest-
legen, welcher Entwurf auszuführen ist. Anderenfalls ist die Steuerstrecke einschließ-
lich der Anforderungen mittels einer Schalttabelle zu analysieren. Das heißt, es muss
festgestellt werden, ob sich für jede Belegung des Eingangsgrößenvektors eindeutig
eine Belegung des Ausgangsgrößenvektors zuordnen lässt. Ist dies der Fall, muss die
binäre Steuerung immer mit einem kombinatorischen binären Steueralgorithmus reali-
siert werden.
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 151

Auf der Basis dieser Überlegungen lässt sich nun die Schalttabelle (Bild 3–110) für
den Rundschalttisch wie folgt entwickeln:

x4 x3 x2 x1 y1 y2 y3
0 0 0 0 0 0 1
0 0 0 1 0 0 1
0 0 1 0 0 0 1
0 0 1 1 0 1 0
0 1 0 0 0 0 1
0 1 0 1 0 1 0
0 1 1 0 0 1 0
0 1 1 1 0 0 0
1 0 0 0 0 0 1
1 0 0 1 0 0 1
1 0 1 0 0 0 1
1 0 1 1 1 1 0
1 1 0 0 0 0 1
1 1 0 1 1 1 0
1 1 1 0 1 1 0
1 1 1 1 1 0 0
Bild 3–110: Schalttabelle für die Station „Rundschalttisch“

An Hand der Schalttabelle kann demnach eindeutig festgestellt werden, dass in der
Steuerung für die Station „Rundschalttisch“ ein kombinatorischer binärer Steueralgo-
rithmus zu implementieren ist, weil jeder Eingangskombination genau eine Ausgangs-
kombination zugeordnet ist.
Damit wird aus der Schalttabelle (Bild 3–110) die sogenannte kanonische disjunktive
Normalform (KDNF) entwickelt und aus dieser wiederum durch Anwendung eines
systematischen Minimierungsverfahrens, zum Beispiel des Verfahrens von Karnaugh
[29] oder des Verfahrens von Kazakov [29], die minimale Normalform.
Die kanonische disjunktive Normalform (KDNF) ist eine binäre Verknüpfungsfunk-
tion125, die aus der disjunktiven Verknüpfung aller derjenigen Elementarkonjunktio-
nen126 gebildet wird, für welche die jeweils betrachtete Ausgangsgröße den Wert (die
Belegung) „1“ annimmt.
Als Beispiel wird für die Ausgangsgröße y1 die aus der Schalttabelle (Bild 3–110) ab-
gelesene KDNF angegeben:

125 Die Verknüpfungsfunktion (binäre Schaltfunktion) ordnet jeder Belegung des Ein-
gangsgrößenvektors (Eingangskombinationen) eindeutig eine Belegung des Aus-
gangsgrößenvektors (Ausgangskombinationen) unter Verwendung der boole-
schen Verknüpfungen UND, ODER bzw. NICHT zu.
126 Die Elementarkonjunktionen werden durch die konjunktive (UND-) Verknüpfung
aller Eingangsgrößen, welche am Aufbau der Schalttabelle beteiligt sind, in ihren
jeweiligen Belegungen (d. h. negiert bzw. nichtnegiert) gebildet.
152 Kernprojektierung

y1KDNF x 4
š x 3 š x 2 š x 1 › x 4 š x 3 š x 2 š x 1 › x 4 š x 3 š x 2 š x 1 › x 4 š x 3 š x 2 š x 1
(3-32)

Auf dieser Basis kann nun die minimale Normalform mit Hilfe z. B. der Karnaugh-Tafel
(Bild 3–111) ermittelt werden. Dabei sind folgende Hinweise beim Erstellen der Kar-
naugh-Tafel zu beachten:
x Vorzugsweise Anwendung der Karnaugh-Tafel für bis zu 4 Eingangsgrößen, wo-
bei sowohl zeilen- als auch spaltenweise zwischen den benachbarten Feldern
stets die Hamming-Distanz D=1 einzuhalten ist,127
x Bilden möglichst weniger und zugleich großer symmetrischer 2er-, 4er- bzw. 8er-
Blöcke,
x Herauslesen der minimierten Verknüpfungsfunktion.

x2 x1 00 01 11 10
x 4 x3
00 0 0 0 0
01 0 0 0 0
11 0 1 1 1
10 0 0 1 0
Bild 3–111: Karnaugh-Tafel für die Ausgangsgröße y1

In der Karnaugh-Tafel für die Ausgangsgröße y1 kann man drei 2er-Blöcke bilden (vgl.
Bild 3–111). Jeder dieser Blöcke entspricht dabei jeweils einer Primkonjunktion (Prim-
implikant), die disjunktiv zur minimierten Verknüpfungsfunktion zusammengefügt wer-
den. Die sich in einem Block jeweils ändernde Eingangsgröße wird bei der Bildung der
Primkonjunktionen ignoriert, die übrigen werden mit der jeweils zugehörigen Belegung
übernommen.
Aus der Karnaugh-Tafel gemäß Bild 3–111 ergibt sich für die Ausgangsgröße y1
durch Bilden von drei 2er-Blöcken folgende minimierte Verknüpfungsfunktion:
y1 min x 4 š x 3 š x1 › x 4 š x 2 š x1 › x 4 š x 3 š x 2 (3-33)
Die somit vorliegende minimierte Verknüpfungsfunktion lässt sich günstig in Form
eines Logikplanes darstellen bzw. mittels der Fachsprachen FUP (Funktionsplan),
KOP (Kontaktplan) oder AWL (Anweisungsliste) in speicherprogrammierbarer Technik
implementieren. Sie ist, wie Gleichung (3-33) zeigt, die disjunktive Verknüpfung der

127 Diese Forderung bedeutet, die Karnaugh-Tabelle so aufzubauen, dass sich bei
zeilenweisem bzw. spaltenweisem Übergang von einem Feld zum nächsten nur
eine einzige Eingangsgröße in ihrer Belegung ändert.
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 153

aus der Karnaugh-Tafel ermittelten Primimplikanten bzw. Primkonjunktionen128 und


ersetzt die KDNF vollständig.
Die minimale Normalform kann auch mittels des Verfahrens von Kazakov entwickelt
werden. Hierzu sind folgende Hinweise zu beachten:
x Vorteilhafte Anwendung für mehr als 4 Eingangsgrößen sowie bei Vorhandensein
vieler gleichgültiger Belegungen (don’t care-Belegungen).
x Schrittweise Ausführung der Verfahrensschritte in folgender Reihenfolge:
1. Einordnen derjenigen Belegungen der Eingangsgrößen xi (Elementarkonjunk-
tionen), für welche die jeweils betrachtete Ausgangsgröße yj den Wert „1“ an-
nimmt, in die 1-Menge (M1) bzw. Einordnen derjenigen Belegungen der Ein-
gangsgrößen xi, für welche die jeweils betrachtete Ausgangsgröße yj den Wert
„0“ annimmt, in die 0-Menge (M0).
2. Ordnen und Aufschreiben der 1-Menge sowie 0-Menge in tabellarischer Form.
Trennen der 1-Menge durch einen waagerechten Strich von der 0-Menge.
3. Beginnend mit der ersten Elementarkonjunktion aus M1 wird für alle in ihr
enthaltenen Eingangskombinationen, beginnend mit der einzelnen Eingangs-
größe, geprüft, ob die Bedingung
Pi  M1 und Pi Œ M0
erfüllt ist. Diese Bedingung ist dann nicht erfüllt, wenn die Eingangskombina-
tionen (Dualzahl), die der jeweils betrachteten Primkonjunktion Pi entspricht,
sowohl in M1 als auch in M0 auftritt. Anderenfalls ist diese Eingangskombinati-
on Primkonjunktion bzw. Primimplikant Pi. Die jeweils so ermittelte Primkon-
junktion Pi wird hinter die gerade betrachtete Elementarkonjunktion geschrie-
ben. Dazu wird zusätzlich geprüft, welche weiteren Elementarkonjunktionen
der Menge M1 ebenfalls durch diese Primkonjunktion Pi abgedeckt werden. Ist
dies der Fall, so wird gleichfalls die Nummer der Primkonjunktion Pi hinter die-
se (zusätzlich) abgedeckten Elementarkonjunktionen geschrieben.
4. Das Verfahren wird solange fortgesetzt, bis für jede Elementarkonjunktion
aus M1 mindestens eine Primkonjunktion zur Abdeckung gefunden wurde.
Das bedeutet also, alle durch systematisches Vergleichen der in der 1-Menge be-
trachteten Eingangsgrößen bzw. Eingangsgrößenkombinationen, welche die Bedin-
gungen der 1-Menge erfüllen aber nicht in der 0-Menge vorhanden sind, bilden die
Primimplikanten.
Als Beispiel hierzu wird wieder auf die KDNF für die Ausgangsgröße y1 zurückgegriffen
und die minimale Normalform bestimmt (Bild 3–112).

128 Ein Primimplikant bzw. eine Primkonjunktion P ist eine Eingangskombination,


welche eine oder mehrere Elementarkonjunktionen abdeckt, d. h., eine oder meh-
rere Elementarkonjunktionen in ihrer logischen Funktionalität vollständig ersetzt.
154 Kernprojektierung

x4 x3 x2 x1
1 0 1 1 PP1
1=x=4xx42x12 x 1
1-Menge 1 1 0 1 P2=x
P1 =4xx43xx13 x 1
2==
1 1 1 0 PP1
3=x=4xx43xx23 x 2
1 1 1 1 P1; P1;
P2; P2P3
0 0 0 0
0 0 0 1
0 0 1 0
0 0 1 1
0 1 0 0
0 1 0 1
0-Menge 0 1 1 0
0 1 1 1
1 0 0 0
1 0 0 1
1 0 1 0
1 1 0 0

Bild 3–112: Schema für die Ermittlung der Elementarkonjunktionen nach Kazakov

Als minimale Normalform ergibt sich


y 1min ( x 4 š x 2 š x1 ) › ( x 4 š x 3 š x1 ) › ( x 4 š x 3 š x 2 ) . (3-34)

Stellt man fest, dass einer Belegung der Eingangsgrößen an Hand der Anforderungen
an die Steuerstrecke unterschiedliche Belegungen der Ausgangsgrößen zuzuordnen
sind, ist ein sequentieller binärer Steueralgorithmus zu entwerfen. Das heißt, basie-
rend auf der Anzahl der Eingangsgrößen soll mittels der Schaltbelegungstabelle im-
mer geprüft werden, ob für alle Belegungen der Eingangsgrößen stets ein eindeutiger
Zusammenhang zu den Ausgangsgrößen vorliegt. Dazu ist für jede der 2n (n entspricht
der Anzahl der Eingangsgrößen) Belegungen der Eingangsgrößen die eindeutige
Zuordnung zu einer Belegung der Ausgangsgrößen festzulegen. Das heißt also, aus
der zu entwickelnden Schalttabelle ist die Entscheidung bezüglich des Entwurfes
kombinatorischer oder sequentieller binärer Steueralgorithmen abzuleiten. Diese Vor-
gehensweise ist auch für die Station „Becher verschließen“ anzuwenden. Dazu wer-
den der bereits weiter oben beschriebene technologische Ablauf sowie die Definition
der Ein- bzw. Ausgangsgrößen für die Station „Becher verschließen“ detailliert ausge-
wertet und in der Schalttabelle (Bild 3–113) abgebildet.
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 155

x8 x7 x6 x5 x4 x3 x2 x1 y4 y3 y2 y1
0 0 0 0 0 1 0 1 0 0 0 0
1 0 0 0 0 1 0 1 0 0 0 1
1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 1
1 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 0
1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0
usw.

Bild 3–113: Schalttabelle (nicht vollständig) für die Station „Becher verschließen“

Bereits nach wenigen Zeilen ist aus der Schalttabelle erkennbar, dass kein eindeutiger
Zusammenhang zwischen den Belegungen der Eingangsgrößen und den Belegungen
der Ausgangsgrößen vorliegt (vgl. Markierungen im Bild 3–113) und deshalb ein
sequentieller binärer Steueralgorithmus zu entwerfen ist. Des Weiteren ist zu bemer-
ken, dass – wenn z. B. neun Eingangsgrößen vorliegen, die 512 (29) unterschiedliche
Belegungen der Eingangsgrößen ermöglichen – die Entwicklung einer Schalttabelle
bzw. der Entwurf eines kombinatorischen binären Steueralgorithmus nahezu ausge-
schlossen ist und nur der Entwurf eines sequentiellen binären Steueralgorithmus in-
frage kommt.
Die Station „Becher verschließen“ repräsentiert nun eine solche Steuerungsaufgabe.
Dieser Steueralgorithmus129, aber auch andere sequentielle binäre Steueralgorithmen,
lassen sich im Allgemeinen effizient mittels Petri-Netzen130 beschreiben. Als Beispiel
wird das Petri-Netz des Steueralgorithmus` für den regulären Betrieb der Station „Be-
cher verschließen“ betrachtet.131 Dazu wird der oben bereits beschriebene technologi-
sche Ablauf in einem Petri-Netz dargestellt (Bild 3–114).
Zunächst befindet sich die Station „Becher verschließen“ in der Anfangsinitialisierung
(Stelle s1) und je nach Position der sogenannten Marke (schwarzer Punkt in Stelle s1)
befördern die Transitionen t8 oder t1 diese Marke in die Stelle s2. Sowohl in der Stelle s1
als auch in der Stelle s2 sind die Ausgangsgrößen y1, y2, y3 und y4 negiert und damit
die Arbeitszylinder in ihrer Ausgangsposition sowie der Vakuumsauger inaktiv
(Bild 3–114). Nach Auslösung des Startsignals (Eingangsgröße x8) an Transition t2
wird Stelle s3 markiert, und Arbeitszylinder 3.1 sowie Vakuumsauger werden als erste
Aktoren durch die Ausgangsgrößen y4 bzw. y1 aktiviert (y4 , y1=1). Nachdem Arbeitszy-
linder 3.1 die untere Endlage erreicht hat, schaltet Transition t3, so dass Stelle s4 mar-
kiert wird, wodurch Ausgangsgröße y1 deaktiviert (y1=0) wird und Arbeitszylinder 3.1 in
seine Grundstellung zurückfährt. Nachdem Arbeitszylinder 3.1 seine Grundstellung
wieder erreicht hat, schaltet nun Transition t4, so dass Stelle s5 markiert wird. An Stelle
s5 wird Ausgangsgröße y2 aktiviert (y2=1), und Arbeitszylinder 3.2 fährt in seine Arbeits-

129 Mit dem hier zu entwerfenden Steueralgorithmus soll ein technologischer Ablauf
realisiert werden. Daher werden derartige Steueralgorithmen auch als Ablauf-
steuerung bezeichnet.
130 Grundlegende Erläuterungen zum Petri-Netz-Konzept folgen auf S. 157.
131 Weil der reguläre Betrieb betrachtet wird, muss die Eingangsgröße x9, die für den
irregulären Betrieb wichtig ist, nicht mit einbezogen werden.
156 Kernprojektierung

stellung (Vakuumsauger über Rundschalttisch). Nach Erreichen dieser Arbeitsstellung


(x4=1) schaltet Transition t5, so dass Stelle s6 markiert wird. An Stelle s6 werden alle
Ausgangsgrößen aktiviert (y1, y2, y3, y4=1), wodurch der Deckel auf den Becher aufge-
presst wird. Haben Kurzhubzylinder (Zylinder 3.3) und Arbeitszylinder 3.1 ihre Ar-
beitspositionen eingenommen (x5, x4=1), schaltet Transition t6, so dass Stelle s7 mar-
kiert wird und alle Ausgangsgrößen bis auf y2 deaktiviert werden (y1, y3, y4=0; y2=1).
Erreicht der Arbeitszylinder 3.1 seine Grundstellung, schaltet die Transition t7, wo-
durch schließlich alle Ausgangsgrößen deaktiviert sind (y1, y2, y3, y4=0). Haben alle
Arbeitszylinder wieder ihre Grundstellung erreicht (x4, x5=0; x1=1), bleiben die Aus-
gangsgrößen weiter deaktiviert (Anfangsinitialisierung). Die Transition t8 schaltet nach
Rücksetzen des Startsignals (x8=0), so dass wieder Stelle s2 markiert wird und damit
der beschriebene Zyklus erneut abläuft.

s1 തതതǢ
‫ݕ‬ଵ തതതǢ
‫ݕ‬ଶ തതതǢ
‫ݕ‬ଷ തതത
‫ݕ‬ସ
t8 ‫ݔ‬ଵ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ଶ ‫ݔ ר‬ଷ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ସ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ହ ‫଺ݔ ר‬ t1 ‫ݔ‬ଵ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ଶ ‫ݔ ר‬ଷ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ସ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ହ ‫ ר ଺ݔ ר‬തതത
‫ ר  ଻ݔ‬തതത
‫଼ݔ‬
‫ ר‬തതത
‫ ר  ଻ݔ‬തതത
‫଼ݔ‬ s2 തതതǢ
‫ݕ‬ଵ തതതǢ
‫ݕ‬ଶ തതതǢ
‫ݕ‬ଷ തതത
‫ݕ‬ସ
t2 ‫ݔ‬ଵ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ଶ ‫ݔ ר‬ଷ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ସ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ହ ‫ ר ଺ݔ ר‬തതത
‫ ଼ݔ ר ଻ݔ‬
s3 ‫ݕ‬ଵ Ǣ തതതǢ
‫ݕ‬ଶ തതതǢ
‫ݕ‬ଷ ‫ݕ‬ସ
t3 ‫ݔ‬ଵ ‫ݔ ר‬ଶ ‫ݔ ר‬ଷ ‫ ר‬തതത
തതത ‫ݔ‬ସ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ହ ‫ ר ଺ݔ ר‬തതത
‫଼ݔ ר ଻ݔ‬
s4 തതതǢ
‫ݕ‬ଵ തതതǢ
‫ݕ‬ଶ തതതǢ
‫ݕ‬ଷ ‫ݕ‬ସ
t4 ‫ݔ‬ଵ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ଶ ‫ݔ ר‬ଷ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ସ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ହ ‫ ר ଺ݔ ר‬തതത
‫଼ݔ ר ଻ݔ‬
s5 ‫ݕ‬ଵ ‫ݕ‬ଶ Ǣ തതതǢ
തതതǢ ‫ݕ‬ଷ ‫ݕ‬ସ
t5 ‫ݔ‬ଵ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ଶ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ଷ ‫ݔ ר‬ସ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ହ ‫ ר ଺ݔ ר‬തതത
‫଼ݔ ר ଻ݔ‬
s6 ‫ݕ‬ଵ Ǣ ‫ݕ‬ଶ Ǣ ‫ݕ‬ଷ Ǣ ‫ݕ‬ସ
t6 ‫ݔ‬ଵ ‫ݔ ר‬ଶ ‫ ר‬തതത
തതത ‫ݔ‬ଷ ‫ݔ ר‬ସ ‫ݔ ר‬ହ ‫ ר ଺ݔ ר‬തതത
‫଼ݔ ר ଻ݔ‬
s7 ‫ݕ‬ଵ ‫ݕ‬ଶ Ǣ തതതǢ
തതതǢ ‫ݕ‬ଷ തതത
‫ݕ‬ସ
t7 ‫ݔ‬ଵ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ଶ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ଷ ‫ݔ ר‬ସ ‫ ר‬തതത
‫ݔ‬ହ ‫ ר ଺ݔ ר‬തതത
‫଼ݔ ר ଻ݔ‬
s8 ‫ݕ‬ଵ തതതǢ
തതതǢ ‫ݕ‬ଶ തതതǢ
‫ݕ‬ଷ തതത
‫ݕ‬ସ

Bild 3–114: Petri-Netz der Station „Becher verschließen“

Die bisherigen Erläuterungen zum Entwurf sequentieller binärer Steueralgorithmen


zeigen, wie Steueralgorithmen auf Basis einer informellen Spezifikation in Form von
Anlagenbeschreibungen oder verbalen Beschreibungen der zu steuernden Prozesse
entwickelt werden. Diese Methode wird in der gegenwärtigen Praxis des Steuerungs-
entwurfs nahezu ausschließlich angewendet.
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 157

Aktuelle Veröffentlichungen und Aktivitäten (vgl. [30, 31, 32, 33, 34, 35]) deuten darauf
hin, dass es vorteilhaft ist, wenn Steueralgorithmen ähnlich wie Regelalgorithmen
beim Reglerentwurf auf Basis geeigneter (Steuer-)Streckenmodelle entworfen werden,
weil
x Regelungs- bzw. Steuerungsentwurf nach einer vereinheitlichten Methodik durch-
geführt werden können,
x „…es anschaulicher ist, die Probleme auf der Anlagenebene (Steuerstrecke) zu
durchdenken als auf der Ebene der Steuereinrichtung.“ [30]132
x Steuerstreckenmodell und Steueralgorithmus als Steuerkreis simuliert werden
können.
Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, soll hier das prozessmodellbasierte Ent-
wurfsverfahren nach Zander [30, 31] als Methode des prozessmodellbasierten Ent-
wurfs von Steueralgorithmen überblicksartig vorgestellt werden.133
Beim prozessmodellbasierten Entwurfsverfahren nach Zander wird auf Basis der in-
formellen Spezifikation das Streckenmodell entwickelt. Um die Entwurfsaufgabe über-
schaubar zu halten, ist Ziel der Modellierung nicht das Steuerstreckenmodell sondern
das Prozessmodell. Es unterscheidet sich vom Steuerstreckenmodell dadurch, dass
hierbei der nominale, nicht jedoch – wie beim Steuerstreckenmodell – der universelle
Prozessablauf modelliert wird.134 Um den nominalen Prozessablauf, d. h. das Pro-
zessmodell beschreiben zu können, bieten sich ablauforientierte Beschreibungen an.
Beim prozessmodellbasierten Entwurfsverfahren nach Zander werden hierzu die mit
Bild 3–114 bereits eingeführten Petri-Netze verwendet, die häufig zur Beschreibung
von Prozessabläufen benutzt werden. Das Petri-Netz ist ein Graph, der aus Stellen
und Transitionen aufgebaut ist, wobei Stellen und Transitionen durch gerichtete Kan-
ten miteinander verbunden sind. Zur Darstellung von Abläufen werden die Stellen als
Prozesssituationen und die Transitionen als Ereignisse aufgefasst [55]. Ferner enthal-
ten die Stellen Marken, die über die der Stelle nachfolgenden Transitionen zu anderen
Stellen abfließen, sobald die entsprechenden Transitionen schalten.135 Die sich dabei
ergebenden Markenflüsse symbolisieren somit die Prozessabläufe. Um Prozessmo-
delle in Petri-Netzen abbilden zu können, sind Stellen und Transitionen des Petri-
Netzes steuerungstechnisch zu interpretieren. Hierzu wird der in der Steuerstrecke
ablaufende Prozess als ereignisdiskreter Prozess aufgefasst, der sich als eine alter-
nierende Abfolge von Operationen und Prozesszuständen darstellen lässt [30]. Ge-
mäß [30] ist dabei eine Operation ein beliebiger in der Steuerstrecke ablaufender Vor-
gang (z. B. Werkstück fräsen, Zähler initialisieren, Zeitglied starten), der durch Stell-

132 Man umgeht dadurch beim Steuerungsentwurf das Einführen von Zuständen in
der Steuereinrichtung, was gerade für Ungeübte häufig zu abstrakt und daher be-
sonders problematisch ist [30].
133 Ausführlichere Erläuterungen siehe Anhang 8.
134 Der nominale Prozessablauf ist dadurch gekennzeichnet, dass hierbei nur Abläu-
fe betrachtet werden, welche im Sinne einer steuerungstechnischen Zielstellung
für den Entwurf des Steueralgorithmus’ relevant sind. Er bildet damit eine Teil-
menge innerhalb des universellen Prozessablaufs, bei dem alle Prozessabläufe,
die in der Steuerstrecke prinzipiell möglich sind, betrachtet werden.
135 Das Schalten von Transitionen ist gleichbedeutend mit dem Eintreffen von Ereig-
nissen, wodurch sich neue Prozesssituationen einstellen [30].
158 Kernprojektierung

signale y ausgelöst wird. Ein Prozesszustand ergibt sich gemäß [30] jeweils am Ende
einer Operation als ein im Sinne der steuerungstechnischen Zielstellung relevantes
Ergebnis (z. B. Werkstück ist gefräst, Zählwert ist erreicht), das über Ereignissignale x
(Messsignale, Bediensignale, Führungssignale von übergeordneten Steuereinrichtun-
gen, Signale für Störungsmeldungen von z. B. Sensoren oder Aktoren) erkannt und
der Steuereinrichtung rückgemeldet werden muss. Bild 3–115 zeigt, wie nominale
Prozessabläufe durch steuerungstechnische Interpretation von Stellen und Transitio-
nen in Petri-Netzen – im Folgenden als Prozessnetze bezeichnet – abgebildet wer-
den. Die Transition q1 schaltet, wenn die Stelle p1 eine Marke enthält (markiert ist) und
ߚ(q1) den Wert 1 annimmt.

Die Stellen p sind Prozesszustände, denen ߙሺ‫݌‬ଵ ሻ ൌ ‫ݔ‬ଵ


über die Interpretationen ߙሺ‫݌‬ሻ Ereignis- p1
signale x zugeordnet werden.

Die Transitionen q sind Operationen, denen


über die Interpretationen ߚሺ‫ݍ‬ሻ boolesche q1 ߚሺ‫ݍ‬ଵ ሻ ൌ ‫ݕ‬ଵ ‫ݕ‬ଶ
Ausdrücke in den Stellsignalen y zugeordnet
werden.

p2 ߙሺ‫݌‬ଶ ሻ ൌ ‫ݔ‬ଶǡ ‫ݔ‬ଷ

Bild 3–115: Steuerungstechnische Interpretation von Stellen und Transitionen in Pro-


zessnetzen

Um das ereignisdiskreten Prozessen im Allgemeinen innewohnende nichtdeterministi-


sche Verhalten modellieren zu können, wird es im Prozessnetz mit nichtdeterministi-
schen Verzweigungen beschrieben [30], deren Funktionsweise im Anhang 8 erläutert
ist.
Nach Aufstellung des Prozessnetzes wird durch Rückwärtsverschiebung der Interpre-
tationen des Prozessnetzes das Steuernetz generiert. Dies geschieht in folgenden
Schritten [30]:
1. Für jede Stelle p des Prozessnetzes ist Į(p) auf alle Vortransitionen zu ver-
schieben.
2. Für jede Transition q des Prozessnetzes ist ȕ(q) auf die Vorstelle zu verschie-
ben.
3. Die Transitionen qi sind als ti und die Stellen pj als sj zu bezeichnen.
4. ȕ(q) ist als Į(p) zu interpretieren, wobei p Element der vorgelagerten Stellen
von q ist.
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 159

5. Į(p) ist als ȕ(q) zu interpretieren, wobei q Element der vorgelagerten Transi-
tionen von p ist.
6. Die in der Stelle pa des Prozessnetzes vorhandene Anfangsmarkierung ist auf
die Stelle sa zu übertragen.
Das steuerungstechnisch interpretierte Petri-Netz mit den Stellen s und den Transitio-
nen t ist das generierte Steuernetz. Bei der Anwendung auf parallele ereignisdiskrete
Prozesse sind Besonderheiten (z. B. zeitbedingter Nichtdeterminismus) zu beachten,
auf die im Anhang 8 näher eingegangen wird.
Die folgenden Anwendungsbeispiele veranschaulichen den Entwurf von binären Steu-
eralgorithmen unter Nutzung des prozessmodellbasierten Entwurfsverfahrens nach
Zander. Dabei verdeutlicht das erste Beispiel ausführlich die prinzipielle Herange-
hensweise, während das zweite Beispiel mehr den Mechanismus nichtdeterministi-
scher Verzweigungen beleuchtet.
In beiden Beispielen werden an den Stellen des Prozessnetzes nur die Eingangsgrö-
ßen mit ihren Belegungen aufgeführt, die für die Rückmeldung des Prozesszustandes
unbedingt erforderlich sind, d. h. es wird zur Verbesserung der Übersichtlichkeit sowie
Handhabbarkeit eine verkürzte Schreibweise angewendet. Gleiches gilt in ähnlicher
Weise für die Ausgangsgrößen: An den Transitionen des Prozessnetzes werden nur
die Ausgangsgrößen mit ihren Belegungen angeführt, die für das Auslösen einer Ope-
ration unbedingt erforderlich sind.

Beispiel 1: Rührkesselreaktor
Das R&I-Fließschema des Rührkesselreaktors Bild 3–60 wurde bereits erläutert. Die
Bezeichnungen der Ereignis- bzw. Stellsignale werden – bis auf das Signal „START“ –
jeweils aus Kombinationen von Kennbuchstaben für Armaturen, Antriebe, Behälter mit
Kennbuchstaben für Prozessgrößen sowie laufenden Nummern gebildet. Beispiels-
weise bedeutet bei den Ereignissignalen V1 GS+, dass in der Armatur V1 die obere
Endlage erreicht ist, d. h die Armatur voll geöffnet ist, sowie R1 LS/, dass im Rührkes-
selreaktor R1 der Füllstand den Zwischenwert erreicht hat. Bei den Stellsignalen be-
deuten V2 bzw. M3, dass die Armatur V2 geöffnet bzw. der Antriebsmotor M3 für das
Rührwerk eingeschaltet wird.
Der bereits auf S. 80 im Überblick dargestellte Prozessablauf wird wie folgt präzisiert:
x Der Anfangsprozesszustand ist der Prozesszustand „Entleeren ist abgeschlos-
sen“ (Ereignissignal V5 GS-). Daran schließt sich die Ruheoperation an, bei der
sämtliche Stellsignale inaktiv sind. Im Anschluss an die Ruheoperation wird durch
Betätigen des Starttasters der Prozesszustand „Anlage ist eingeschaltet“ (Ereig-
nissignal START) eingenommen.
x Anschließend wird das Ventil V1 (Stellsignal V1) geöffnet und dadurch die Opera-
tion „Dosieren A vorbereiten“ ausgelöst, worauf sich, wenn die Ventilspindel des
Ventils V1 die Endlage „Auf“ erreicht, der Prozesszustand „Dosieren A ist vorbe-
reitet“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal V1 GS+) einstellt.
x Nun wird die Pumpe P1 eingeschaltet (Stellsignal P1) und dadurch die Operation
„Dosieren A“ ausgelöst. Bei Erreichen des Füllstands-Zwischenwerts stellt sich
der Prozesszustand „Dosieren A ist beendet“ (Rückmeldung mittels Ereignissig-
nal R1 LS/) ein.
160 Kernprojektierung

x Anschließend wird die Operation „Dosieren A ist beendet“ ausgelöst, indem


Pumpe P1 ausgeschaltet und Ventil V1 geschlossen wird, worauf sich, wenn die
Ventilspindel des Ventils V1 die Endlage „Zu“ erreicht, der Prozesszustand „Do-
sieren A ist abgeschlossen“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal V1 GS-) ein-
stellt.
x Daraufhin wird Ventil V2 (Stellsignal V2) geöffnet und dadurch die Operation
„Dosieren B vorbereiten ausgelöst“, worauf sich, wenn die Ventilspindel des Ven-
tils V2 die Endlage „Auf“ erreicht, der Prozesszustand „Dosieren B ist vorbereitet“
(Rückmeldung mittels Ereignissignal V2 GS+) einstellt.
x Nun werden Pumpe P2 (Stellsignal P2) sowie gleichzeitig Rührwerksmotor M3
(Stellsignal M3) eingeschaltet. Dadurch wird die Operation „Dosieren B und Mi-
schen“ ausgelöst. Bei Erreichen des oberen Füllstandsgrenzwerts stellt sich der
Prozesszustand „Dosieren B ist beendet“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal R1
LS+) ein.
x Anschließend wird die Operation „Dosieren B ist beendet“ ausgelöst, indem
Pumpe P2 ausgeschaltet und Ventil V2 geschlossen werden, jedoch der Rühr-
werksmotor M3 weiterhin eingeschaltet bleibt, worauf sich, wenn die Ventilspindel
des Ventils V2 die Endlage „Zu“ erreicht, der Prozesszustand „Dosieren B ist ab-
geschlossen“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal V2 GS-) einstellt.
x Nun wird, indem zum Heizen das Ventil V3 (Stellsignal V3) geöffnet wird und der
Rührwerksmotor M3 weiterhin eingeschaltet bleibt, die Operation „Heizen“ ausge-
löst. Bei Erreichen des oberen Temperaturgrenzwertes stellt sich der Prozesszu-
stand „Heizen ist beendet“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal R1 TS+) ein.
x Anschließend wird, indem zum Kühlen das Ventil V4 (Stellsignal V4) geöffnet
wird und der Rührwerksmotor M3 weiterhin eingeschaltet bleibt, die Operation
„Kühlen“ ausgelöst. Bei Erreichen des unteren Temperaturgrenzwertes stellt sich
der Prozesszustand „Kühlen ist beendet“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal R1
TS-) ein.
x Daraufhin wird, indem der Rührwerksmotor M3 ausgeschaltet und zum Ablassen
das Ventil V5 (Stellsignal V5) geöffnet wird, die Operation „Entleeren“ ausgelöst.
Bei Erreichen des unteren Füllstandsgrenzwerts stellt sich der Prozesszustand
„Entleeren ist beendet“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal R1 LS-) ein.
x Anschließend wird, indem Ventil V5 geschlossen wird, die Operation „Entleeren
abschließen“ ausgelöst, worauf sich, wenn die Ventilspindel des Ventils V5 die
Endlage „Zu“ erreicht, der Prozesszustand „Entleeren ist abgeschlossen“ (Rück-
meldung mittels Ereignissignal V5 GS-) einstellt.
Der dargestellte geforderte Prozessablauf ist nun in ein Prozessnetz (Bild 3–116) um-
zusetzen, aus dem anschließend mittels Rückwärtsverschiebung der Interpretationen
des Prozessnetzes das Steuernetz (Bild 3–117) generiert wird. Beim Betrachten von
Bild 3–117 entsteht beinahe zwangsläufig der Eindruck, dass im Prozessnetz lediglich
Transitionen und Stellen gegeneinander auszutauschen wären, um das Steuernetz zu
erhalten. Dies verhält sich aber nur im vorliegenden speziellen Anwendungsfall so,
weil das Prozessnetz hier keine nichtdeterministischen Verzweigungen wie im zweiten
Anwendungsbeispiel enthält.
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 161

Prozessnetz Prozesszustand Operation

p0 ܸͷ‫ ܵܩ‬െ Entleeren ist abgeschlossen


തതതത തതതത തതതത
ܸͳ ‫ܸ  ר ͵ܸ  ר ʹܸ ר‬Ͷ തതതത
q0 Ruheoperation
‫ ר‬തതതത തതതത ‫ʹܲ  ר‬
ܸͷ ‫ͳܲ  ר‬ തതതത ‫ ר‬തതതത
‫ ͵ܯ‬
p1 Anlage ist eingeschaltet
ܵܶ‫ܴܶܣ‬
q1 ܸͳ Dosieren A vorbereiten
p2 ܸͳ‫ ܵܩ‬൅ Dosieren A ist vorbereitet
q2 ܲͳ ‫ͳܸ ר‬ Dosieren A
p3 ܴͳ‫ܵܮ‬Ȁ Dosieren A ist beendet
q3 തതതത ‫ ר‬തതതത
ܲͳ ܸͳ Dosieren A abschließen
p4 ܸͳ‫ ܵܩ‬െ Dosieren A ist abgeschlossen
q4 ܸʹ Dosieren B vorbereiten
p5 ܸʹ‫ ܵܩ‬൅ Dosieren B ist vorbereitet
q5 ܸʹ ‫͵ܯ ר ʹܲ ר‬ Dosieren B und rühren
p6 ܴͳ‫ ܵܮ‬൅ Dosieren B ist beendet
q6 ܸʹ ‫ ר‬തതതത
തതതത ܲʹ ‫͵ܯ ר‬ Dosieren B abschließen
p7 ܸʹ‫ ܵܩ‬െ Dosieren B ist abgeschlossen
q7 ܸ͵ ‫͵ܯ ר‬ Heizen
p8 ܴͳܶܵ ൅ Heizen ist beendet
q8 ܸͶ ‫͵ܯ ר‬ Kühlen
p9 ܴͳܶܵ െ Kühlen ist beendet
q9 ܸͷ ‫ ר‬തതതത
‫͵ܯ‬ Entleeren
p10 ܴͳ‫ ܵܮ‬െ Entleeren ist beendet
q10 തതതത
ܸͷ Entleeren abschließen

Bild 3–116: Prozessnetz für das Beispiel „Rührkesselreaktor“


162 Kernprojektierung

Prozessnetz Steuernetz

p0 ܸͷ ‫ ܵܩ‬െ s0 തതതതǡ തതതത


ܸͳ ܸʹǡ തതതത ܸͶǡ തതതത
ܸ͵ǡ തതതത ܸͷǡ തതതത
ܲͳǡ തതതത
ܲʹǡ തതതത
‫͵ܯ‬
തതതത
ܸͳ ‫ ר‬തതതത
ܸʹ ‫  ר‬തതതത
ܸ͵ ‫  ר‬തതതത
ܸͶ
q0 t0 ܵܶ‫ܴܶܣ‬
തതതത തതതത
‫ܸ ר‬ͷ ‫ʹܲ  ר ͳܲ  ר‬ തതതത ‫  ר‬തതതത
‫͵ܯ‬
p1 ܵܶ‫ܴܶܣ‬ s1 ܸͳ
q1 ܸͳ t1 ܸͳ ‫ܵܩ‬
p2 ܸͳ ‫ܵܩ‬ s2 ܲͳǡ ܸͳ
q2 ܲͳ ‫ͳܸ ר‬ t2 ܴͳ ‫ܵܮ‬
p3 ܴͳ ‫ܵܮ‬Ȁ s3 തതതത
ܲͳǡ തതതത
ܸͳ
q3 തതതത
ܲͳ ‫ ר‬തതതത
ܸͳ t3 ܸͳ ‫ܵܩ‬
p4 ܸͳ ‫ܵܩ‬ s4 ܸʹ
q4 ܸʹ t4 ܸʹ ‫ܵܩ‬
p5 ܸʹ ‫ ܵܩ‬൅ s ܸʹǡ ܲʹǡ ‫͵ܯ‬
q5 ܸʹ ‫͵ܯ ר ʹܲ ר‬ t5 ܴͳ ‫ ܵܮ‬൅
p6 ܴͳ ‫ ܵܮ‬൅ s6 തതതത
ܸʹǡ തതതത
ܲʹǡ ‫͵ܯ‬
q6 ܸʹ ‫ ר‬തതതത
തതതത ܲʹ t6 ܸʹ ‫ܵܩ‬
p7 ܸʹ ‫ܵܩ‬ s7 ܸ͵ǡ ‫͵ܯ‬
q7 ܸ͵ ‫͵ܯ ר‬ t7 ܴͳ ܶܵ ൅
p8 ܴͳ ܶܵ ൅ s8 ܸͶǡ ‫͵ܯ‬
q8 ܸͶ ‫͵ܯ ר‬ t8 ܴͳ ܶܵ െ
p9 ܴͳ ܶܵ െ s9 തതതത
ܸͷǡ ‫͵ܯ‬

q9 ܸͷ ‫ ר‬തതതത
‫͵ܯ‬ t9 ܴͳ ‫ ܵܮ‬െ
p10 ܴͳ ‫ ܵܮ‬െ s10 തതതത
ܸͷ
q10 തതതത
ܸͷ t10 ܸͷ ‫ ܵܩ‬െ

Bild 3–117: Durch (teilweise angedeutete) Rückwärtsverschiebung der Interpretatio-


nen des Prozessnetzes generiertes Steuernetz
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 163

Beispiel 2: X/Y-Schlittenverfahreinheit
Bild 3–118 zeigt den schematischen Aufbau der Schlittenverfahreinheit [37].

š୦
My ›୷
Sh
Sr
š୰

Sl
š୪ Mx
›୶
Su
š୳

Bild 3–118: Schematischer Aufbau der X/Y-Schlittenverfahreinheit

Zwei Antriebsmotoren – jeweils einer für die Bewegung entlang der X-Achse (Motor
Mx, Stellsignal yx) bzw. entlang der Y-Achse (Motor My, Stellsignal yy) – sollen die
Schlittenverfahreinheit vom durch die Sensoren Sl und Su markierten Startpunkt zum
Zielpunkt, der durch die Sensoren Sh und Sr markiert wird, bewegen. Die Bewegung,
welche durch das von einer übergeordneten Steuereinrichtung erzeugte Ereignissig-
nal x0 ausgelöst wird, kann zwischen Start- bzw. Zielpunkt beliebig ablaufen, so dass
eine vorzeitige Berührung der rechten (Sensor Sr löst Ereignissignal xr aus) bzw. obe-
ren Kante (Sensor Sh löst Ereignissignal xh aus) nicht ausgeschlossen ist. In solchen
Fällen soll die Bewegung entlang der jeweils erreichten Kante durch den betreffenden
Antriebsmotor bis zum Zielpunkt fortgeführt werden, wobei der jeweils andere An-
triebsmotor ausgeschaltet ist. Hierin zeigt sich das nichtdeterministische Verhalten der
Steuerstrecke: Im Vorhinein kann nicht festgelegt werden, ob eine Kantenberührung
vor Erreichen des Zielpunktes auftritt oder nicht bzw. wenn eine Kantenberührung
auftritt, welche Kante berührt wird. Zehn Sekunden nach Erreichen des Zielpunktes
soll die Schlittenverfahreinheit zum Startpunkt zurückgefahren werden, wobei für die
Rückfahrt die gleichen Bedingungen wie für die Hinfahrt gelten und Kantenberührun-
gen jeweils durch die Sensoren Sl (löst Ereignissignal xl aus) und Su (löst Ereignissig-
nal xu aus) detektiert werden.
164 Kernprojektierung

Bild 3–119 zeigt das Prozess- bzw. das daraus generierte Steuernetz.
Zum besseren Verständnis des Prozessnetzes ist bezüglich der jeweils mit der Transi-
tion q0 bzw. q2 verbundenen Operation folgendes zu beachten:
x Mit der Transition q0 ist eine Ruheoperation verbunden, bei der sämtliche Stellsi-
gnale inaktiv sind.
x Mit der Transition q2 ist ebenfalls eine Operation verbunden, bei der sämtliche
Stellsignale inaktiv sind. Sie wirkt demzufolge ähnlich wie die mit der q0 verbundene
Ruheoperation, wird hier jedoch sinnvollerweise als Warteoperation bezeichnet,
weil anders als bei der Ruheoperation nicht auf den Start, sondern auf die Fortset-
zung des Prozessablaufs gewartet wird.
Der besseren Übersichtlichkeit wegen wurden die Operationen und Prozesszustände
nicht wie im Beispiel 1 (siehe Bild 3–116) bezeichnet.

Bild 3–119: Prozess bzw. Steuernetz zur Steuerung der X/Y-Schlittenverfahreinheit


3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 165

3.4.5 Fachsprachen für die Implementierung von Regel- bzw.


Steueralgorithmen auf speicherprogrammierbarer Technik
3.4.5.1 Allgemeines
Die Software für speicherprogrammierbare Steuerungen bzw. Prozessleitsysteme136
umfasst allgemein:
x Systemsoftware (Firmware, Bausteinbibliotheken, Konfigurier-, Parametrier-, Test-
und Inbetriebnahmesoftware),
x Anwendersoftware (Anwenderprogramm).
Mit der Entscheidung für den Einsatz einer speicherprogrammierbaren Steuerung
bzw. des Prozessleitsystems eines bestimmten Herstellers ist die Systemsoftware als
vorgegeben zu betrachten, weil Hardware und Systemsoftware bei speicherprogram-
mierbaren Steuerungen bzw. Prozessleitsystemen eine Einheit bilden. Auf Basis der
Systemsoftware entwickelt nun der Projektierungsingenieur (Anwender) die zur Lö-
sung einer vorliegenden Aufgabe geeignete Anwendersoftware. Diese Tätigkeit um-
fasst das Konfigurieren und Parametrieren sowohl auf der Prozessführungsebene
(Prozessdatenverarbeitung, Prozessbedienung und -beobachtung)137 als auch auf der
Steuerungs- und Regelungsebene. Während das Konfigurieren und Parametrieren auf
der Prozessführungsebene produktabhängig unterschiedlich gehandhabt wird, kann
der Anwender beim Konfigurieren und Parametrieren auf der Steuerungs- und Rege-
lungsebene standardisierte Fachsprachen benutzen. Um die nachfolgenden Betrach-
tungen überschaubar zu halten, wird im Folgenden nur das Konfigurieren und Para-
metrieren auf der Steuerungs- und Regelungsebene betrachtet.
International haben sich für das Konfigurieren und Parametrieren der Steuerungs- und
Regelungsebene folgende Fachsprachen durchgesetzt:
x Strukturierter Text (ST),
x Kontaktplan (KOP),
x Anweisungsliste (AWL),
x Funktionsplan (FUP),
x Ablaufsprache (AS).
Als zunehmend problematisch erweist sich hierbei, dass die SPS- bzw. PLS-Hersteller
zwar die genannten Fachsprachen anbieten, jedoch jeder Hersteller seinen eigenen
„Dialekt“ verwendet. Dadurch ist z. B. bei einer Modernisierung der Austausch des
Systems von Hersteller A gegen ein moderneres Produkt des Herstellers B wie ein
Rückbau mit anschließender Neuerrichtung zu betrachten, was mit entsprechend ho-
hen Investitionsaufwendungen verbunden ist. Vor dem Hintergrund einer weiter anhal-
tenden stürmischen Weiterentwicklung der Rechentechnik wird die Zahl der Fälle zu-
nehmen, auf die dieses Modernisierungsszenario zutrifft. Daher müssen sich die Her-
steller der Forderung stellen, dass mit ihren Produkten solche Modernisierungsprojek-
te künftig mit wirtschaftlicherem Aufwand als bisher realisierbar sind. Das setzt aber

136 Speicherprogrammierbare Steuerungen bzw. Prozessleitsysteme werden hier


unter dem Begriff „speicherprogrammierbare Technik“ zusammengefasst.
137 Das Konfigurieren und Parametrieren auf der Prozessführungsebene wird oft
auch als HMI-Konfiguration bezeichnet.
166 Kernprojektierung

voraus, dass die genannten Fachsprachen international einheitlich genormt werden.


Diesem Anspruch widmet sich die Norm DIN EN 61131-3 [38], indem sie sich als Ziel
die Bereitstellung eines einheitlichen, d. h. herstellerunabhängigen, Konfigurier- und
Parametrierstandards für die Erstellung der Anwendersoftware setzt, damit die auf
dieser Basis erstellte Anwendersoftware auf jeder Hardware abgearbeitet werden
kann, die den Standard DIN EN 61131-3 „versteht“. Im Folgenden werden die Fach-
sprachen nach DIN EN 61131-3 näher betrachtet.

3.4.5.2 Fachsprachen nach DIN EN 61131-3


In DIN EN 61131-3 [38] werden die zur Konfiguration und Parametrierung der Steue-
rungs- und Regelungsebene nutzbaren Fachsprachen genormt. Dazu zählen:
1. Strukturierter Text (ST, engl. „ST“ – Structured Text):
x textuelle Sprache, die wie eine Hochsprache strukturiert ist,
xermöglicht Beschreibung komplexerer Prozeduren, die mit grafischen Spra-
chen nicht oder nur schwer darstellbar sind sowie Einbindung externer An-
wendungen (z. B. C++-Anwendungen).
2. Anweisungsliste (AWL, engl. „IL“ – Instruction List):138
x textuelle Sprache, die aus Steuerungsanweisungen mit einem Operator und
einem Operanden besteht,
x ermöglicht Beschreibung komplexerer Prozeduren, die mit grafischen Spra-
chen nicht oder nur schwer darstellbar sind.
3. Kontaktplan (KOP, engl. „LD“ – Ladder Diagram):
x grafische Fachsprache,
x abgeleitet aus direkt verdrahteten Relaissteuerungen.
4. Funktionsbausteinsprache (FBS, engl. „FBD“ – Function Block Diagram):
x grafische Fachsprache,
x abgeleitet aus dem Logikplan elektronischer Schaltungen (FUP),
x „Dialekt“: CFC (Continuous Function Chart o Konfiguration und Parametrie-
rung von auf SPS-Technik ablaufenden Regelungen).
5. Ablaufsprache (AS, engl. „SFC” – Sequential Function Chart):139
x Petri-Netz-ähnliche grafische Fachsprache für ablauforientierte Steuerungs-
programme,
x ist aus Schritten und Transitionen aufgebaut.

138 Ausgewählte Befehle der Fachsprache „AWL“ sind im Anhang 6 aufgeführt.


139 Ausgewählte Symbole der Fachsprache „AS“ sind im Anhang 7 aufgeführt. Die
Kenntnis der Funktionsweise einer Ablaufkette wird als bekannt vorausgesetzt.
Zur Vertiefung wird auf DIN EN 60848 [39] verwiesen.
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 167

Zur Veranschaulichung wird am Beispiel der logischen Funktion (Verknüpfungsfunkti-


on) E ( A › B ) & ( C › D ) im Bild 3–120 die Darstellung in ST, AWL, KOP und
FBS gezeigt.

Befehl „Load“

ST: E:=NOT((A OR B) AND (C OR D)); AWL: LD A


OR B
Schrägbalken bedeutet Negation AND( C
OR D
KOP: )
A C
STN E

E Befehl „Store
Not“ (negiertes
B D Ergebnis wird
gespeichert)
Kreis bedeu-
FBS: A OR tet Negation
B
AND E
C OR
D

Bild 3–120: Darstellung der Verknüpfungsfunktion E ( A › B ) & ( C › D ) in den


140
Fachsprachen ST, KOP, FBS und AWL

Um die Betrachtungen zu den genannten Fachsprachen abzurunden, wird im Folgen-


den am Beispiel des bereits im Abschnitt 3.3.3.5 vorgestellten Rührkesselreaktors
(Bild 3–60) gezeigt, wie Anwenderprogramme aus Funktionsbausteinen zusammen-
gesetzt werden, wobei zur Konfiguration und Parametrierung der Funktionsbausteine
die Fachsprachen „FBS“ bzw. „AS“ benutzt werden sollen.
Zentrale EMSR-Stelle ist die EMSR-Stelle US 1 (vgl. Bild 3–60), in welcher der Steu-
eralgorithmus abgearbeitet wird. Eingangsgrößen für den Steueralgorithmus sind ei-
nerseits Grenzwerte sowie Zwischenwert des Füllstands (EMSR-Stelle LIS+/- 2) und
gleichfalls die Grenzwerte der Temperatur (EMSR-Stelle TIS± 3), die mittels Funk-
tionsbausteinen jeweils aus gemessenem Füllstand bzw. gemessener Temperatur
gebildet werden, andererseits die Endlagen der Armaturen V1 bis V5 (EMSR-Stellen
GS±O± 5 bis GS±O± 9). Die Ausgangsgrößen bilden die Signale für das Ein- bzw.

140 Mit der Ablaufsprache werden sequentielle binäre Systeme beschrieben. Die als
Beispiel dienende Verknüpfungsfunktion beschreibt jedoch ein kombinatorisches
binäres System. Eine Darstellung der Verknüpfungsfunktion mit der Ablauf-
sprache ist daher nicht zweckmäßig.
168 Kernprojektierung

Ausschalten der Antriebsmotoren M1 bzw. M2 für die Pumpen P1 bzw. P2 sowie des
Antriebsmotors M3 für das Rührwerk im Rührkesselreaktor R1.
Es bietet sich an, für die Bildung der Grenzwerte sowie des Zwischenwertes aus den
gemessenen Werten (Analogwerte) für Füllstand bzw. Temperatur einen geeigneten
Funktionsbaustein in der Fachsprache „FBS“ und für den Steueralgorithmus einen
Funktionsbaustein in der Fachsprache „AS“ zu entwickeln.141
Den Funktionsbaustein „ESV“ (Eingangssignalverarbeitung), der jeweils für die Bil-
dung der Grenzwerte sowie des Zwischenwertes aus den gemessenen Werten (Ana-
logwerte) für Füllstand bzw. Temperatur verwendet wird, zeigt (Bild 3–121). Er wird
zur Realisierung der Funktionen der EMSR-Stellen „LIS+/- 2“ bzw. „TIS±3“ eingesetzt.

Datentypen Datentypen

ESV
Real
min
Bool Real
Zwischenwert x
Bool Bool
max OGW
String Bool
Einheit ZW
Integer Bool
Steckplatznummer UGW
Integer
Kanalnummer

an den Funktionsbau- an den Funktionsbau-


stein „angeschlossene“ stein „angeschlossene“
Eingangssignale bzw. Ausgangssignale bzw.
von anderen Funk- an andere Funktions-
tionsbausteinen über- bausteine zu überge-
gebene Parameter bende Parameter

Bild 3–121: Funktionsbaustein zur Bildung von Grenzwerten bzw. des Zwischenwer-
tes von Füllstand bzw. Temperatur für das Beispiel „Rührkesselreaktor“

141 Es soll hier nur die prinzipielle Vorgehensweise veranschaulicht werden. Daher
wird auf die beim Entwickeln von Funktionsbausteinen erforderliche Variablen-
deklaration nicht eingegangen.
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 169

Auf der linken Seite des Funktionsbausteins werden jeweils Parameter sowie Signale
aufgeführt, die an den Funktionsbaustein übergeben werden. Parameter sind hier:142
x minimaler Wert (min), Zwischenwert, und maximaler Wert (max), bezüglich welcher
die Eingangsgröße zu überwachen ist,
x Einheit der Eingangsgröße,
x Steckplatznummer der Baugruppe, zu welcher der Kanal gehört, an den die Ein-
gangsgröße angeschlossen ist,
x Kanalnummer, an der die Eingangsgröße „angeschlossen“ ist.
Auf der rechten Seite werden jeweils Signale bzw. Parameter, die vom Funktions-
baustein ausgegeben bzw. übergeben werden, dargestellt. Signale sind hier: 143
x Ausgangswert (x),
x oberer Grenzwert erreicht (OGW),
x Zwischenwert erreicht (ZW),
x unterer Grenzwert erreicht (UGW).

Bild 3–122 zeigt den inneren Aufbau des mittels Ablaufsprache144 darzustellenden
Funktionsbausteins „Ablaufkette“ 145 für den regulären Betrieb,146 der den Steueralgo-
rithmus enthält und daher die Funktionen der EMSR-Stelle US 1 realisiert. Der Steu-
eralgorithmus wurde – wie im Abschnitt 3.4.4 bereits erläutert (siehe S. 157ff.) – pro-
zessmodellbasiert entworfen. Bei der Umsetzung des im Bild 3–117 gezeigten Steu-
ernetzes in die Symbolik der Ablaufsprache brauchen Stellsignale, die nicht über meh-
rere Schritte aktiv sein sollen, nicht im Folgeschritt deaktiviert zu werden, weil diese
Stellsignale aufgrund der Eigenschaften der Ablaufsprache nach Deaktivierung des
Schrittes, in dem sie aktiv waren, automatisch deaktiviert werden. Daraus ergeben
sich die im Bild 3–122 erkennbaren Vereinfachungen. Die Bezeichnungen der Schritte
S0…S10 korrespondieren mit den Bezeichnungen s0 … s10 der Stellen des Steuernet-
zes (vgl. Bild 3–117). Zur Verbesserung der Verständlichkeit können diese Bezeich-
nungen auch mit den Bezeichnungen derjenigen Operationen, die den Transitionen
des Prozessnetzes bzw. den Stellen des Steuernetzes zugeordnet sind, ergänzt wer-
den. Aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit wurde im Bild 3–122 darauf verzich-
tet.

142 An den Funktionsbaustein „ESV“ werden in diesem Beispiel keine Signale von
anderen Funktionsbausteinen übergeben.
143 Vom Funktionsbaustein „ESV“ werden in diesem Beispiel keine Parameter an
andere Funktionsbausteine übergeben.
144 Zur Symbolik siehe Anhang 7.
145 Durch absolute Adressierung ist bei Binärsignalen die Kanalnummer festgelegt.
Da ferner Skalierungen oder Überwachungsmechanismen wie bei Analogsignalen
im Allgemeinen nicht erforderlich sind, werden bei Binärsignalen keine solchen
Funktionsbausteine wie für Analogsignale benötigt.
146 Der Einfachheit halber wird hier nur der Steueralgorithmus für den regulären Be-
trieb betrachtet.
170 Kernprojektierung

Die beschriebenen Funktionsbausteine sind nun entsprechend Bild 3–123 in einem


Anwenderprogramm zusammenzufügen. Dabei sind die jeweils an den Funktions-
baustein angeschlossenen Signale bzw. übergebene/zu übergebende Parameter zu
bezeichnen.147 Das am Anschluss „x“ des Funktionsbausteins „ESV“ anzuschließende
Signal wird nur zur Anzeige (d. h. nicht zur Steuerung) benötigt und wird daher nicht
beschaltet. Aus ähnlichen Gründen wird beim Funktionsbaustein „TIS 3“ der Ausgang
„ZW“ nicht beschaltet (wird nicht für die Steuerung benötigt).

3.4.5.3 Konfigurier- und Parametrierwerkzeuge


Zum Konfigurieren und Parametrieren der Anwendersoftware werden bei speicher-
programmierbaren Steuerungen als Konfigurier- und Parametrierwerkzeuge Pro-
grammiergeräte (PC’s) eingesetzt. Bei Prozessleitsystemen, die bei vergleichsweise
komplexeren Automatisierungsaufgaben eingesetzt werden und bei denen im Ver-
gleich zu speicherprogrammierbaren Steuerungen neben der Steuerungs- und Rege-
lungsebene auch die Prozessführungsebene (vgl. Ebenenmodell gemäß Bild 3–2) zu
konfigurieren und zu parametrieren ist, sind hingegen Engineeringsysteme erforder-
lich.

147 Die beim Entwurf des Steueralgorithmus für die Ereignis- bzw.Stellsignale ver-
wendeten Bezeichnungen werden bei der Entwicklung des Funktionsbausteins
„Ablaufkette“ zu Platzhaltern, an die jeweils die „realen“ Signale „angeschlossen“
werden. Um dies zu verdeutlichen, wurden für die „realen“ Signale zwar ähnliche,
jedoch nicht die gleichen Bezeichnungen gewählt (was prinzipiell auch möglich
wäre).
3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 171

S0

START

S1 V1

V1 GS+

S2 P1

R1 LS/

S3 V1

V1 GS- Ablaufkette
Bool LS+
S4 V2 Bool LS/ V1 Bool
V2 GS+ Bool
Bool
LS- V2 Bool
TS+ Bool
Bool V3
S5 P2 M3
Bool
TS- V4 Bool
START V5 Bool
R1 LS+ Bool
Bool
V1 GS+ P1 Bool
V1 GS- P2 Bool
S6 V2 Bool V2 GS+
Bool M3 Bool
V2 GS- V2 GS-
Bool V5 GS-
S7 V3

R1 TS+

S8 V4

R1 TS-

S9 V5 M3

R1 LS-

S10 (warten)

V5 GS-

Bild 3–122: Funktionsbaustein „Ablaufkette“ für das Beispiel „Rührkesselreaktor“


172 Kernprojektierung

LIS 2 US 1
ESV Ablaufkette
L_Min
min x
L_ZW L_OGW
Zwischenwert OGW LS+
L_Max L_ZW
max ZW LS/
mm L_UGW
Einheit UGW LS-
L_SNR
Steckplatznummer
L_KNR V1_Auf
Kanalnummer V1
V2_Auf
V2
TIS 3 V3_Auf
V3
ESV V4_Auf
T_Min V4
min x V5_Auf
T_OGW V5
Zwischenwert OGW TS+ P1_Ein
T_Min P1
max ZW P2_Ein
°C T_UGW P2
Einheit UGW TS- M3_Ein
T_SNR M3
Steckplatznummer
T_KNR
Kanalnummer

STARTEN
START
V1_GS+
V1 GS+
V1_GS-
V1 GS-
V2_GS+
V2 GS+
V2_GS-
V2 GS-
V5_GS-
V5 GS-

Bild 3–123: Struktur des Anwenderprogramms für das Beispiel „Rührkesselreaktor“


4 Projektierung
der elektrischen, pneumatischen und
hydraulischen Hilfsenergieversorgung

4.1 Einführende Bemerkungen


Jede Automatisierungsanlage basiert in ihrer Funktionalität auf der Nutzung unter-
schiedlicher Hilfsenergien, wobei, wie bereits in der Überschrift zum Ausdruck ge-
bracht, vorrangig die elektrische, pneumatische und hydraulische Hilfsenergie zum
Einsatz kommen. Nahezu alle EMSR-Stellen benötigen elektrische sowie pneuma-
tische Hilfsenergie, z. B. für pneumatische Stellantriebe. Die hydraulische Hilfsenergie
ist für die „klassischen“ EMSR-Stellen weniger erforderlich, wird aber dort eingesetzt,
wo besonders große Stellkräfte, wie zum Beispiel in der Kraftwerkstechnik oder an
Schneideinrichtungen in der Stahlindustrie bzw. anderen Branchen des Maschinen-
baus, aufzubringen sind. Demzufolge sind für die Bereitstellung dieser Hilfsenergien
entsprechende Projektierungsleistungen zu realisieren. Die dafür erforderliche prinzi-
pielle Vorgehensweise wird im Folgenden erläutert. Darüber hinausgehende Ausfüh-
rungen sind nicht Ziel und Inhalt dieses Buches.

4.2 Basisstruktur der Hilfsenergieversorgung


Bild 4–1 zeigt einführend die Projektkomponenten sowie ihr Zusammenwirken für das
komplette Projekt einer Automatisierungsanlage (vgl. auch Bild 3–1). Dabei werden
mittels der sogenannten Verbinder die Verknüpfung von Pneumatik- und Hydraulik-
projekt mit dem EMSR-Projekt sowie mittels der sogenannten Klemmen die Verknüp-
fung von Elektro- und EMSR-Projekt dokumentiert. Das bedeutet, bereits bei der Erar-
beitung der sogenannten EMSR-Stellenpläne (vgl. Abschnitt 3.3.4.4) ist festzulegen,
welche Hilfsenergieart in welchem Umfang (elektrische Leistung, Luftbedarf bzw. hy-
draulische Hilfsenergie) erforderlich ist. Die einzelnen Zuführungen der Hilfsenergien
sind jeweils in die sogenannte Verbinderliste (pneumatische oder hydraulische Hilfs-
energie) bzw. Klemmenpläne (elektrische Hilfsenergie) einzutragen. Verbinderliste148
und Klemmenpläne ergänzen die Planungsunterlagen des Kernprojektes, indem Be-
darf sowie Zuführung der elektrischen, pneumatischen bzw. hydraulischen Hilfsener-
gie für die projektierten Automatisierungsmittel vollständig erfasst und an Hand der
oben genannten Verbinderlisten und Klemmenpläne sowie der daraus resultierenden
Erweiterung der EMSR-Stellenpläne dokumentiert werden.
Des Weiteren sind auch die Anforderungen seitens EMV (Elektromagnetische Ver-
träglichkeit) sowie Blitzschutz zu berücksichtigen, für deren vertiefende Behandlung
auf entsprechende Spezialliteratur (z. B [40, 41]) verwiesen wird.

148 In Verbinderlisten werden pneumatische Leitungsverbindungen ähnlich wie elek-


trische Leitungsverbindungen in Klemmenplänen dokumentiert.
174 4 Projektierung

Projektkomponenten
für die Hilfsenergieversorgung
und das Zusammenwirken
mit der EMSR-Technik
einer Automatisierungsanlage

Pneumatik- und EMSR – Projekt /


Elektroprojekt
Hydraulikprojekt Kernprojekt

Bereitstellung und
Verbinder Verbindung von Klemmen Bereitstellung und
Verteilung pneumati-
Sensorik, Aktorik Verteilung der elek-
scher und/oder
und Prozessorik trischen Hilfsenergie
hydraulischer Hilfs-
energie Verbinder Klemmen-
liste plan

Forderungen des Ex-


plosions- und Blitz-
schutzes sowie der
Elektromagnetischen
Verträglichkeit

Bild 4–1: EMSR-Projekt im Zusammenwirken mit dem Elektro-, Pneumatik- und Hy-
draulikprojekt

Damit ist im Weiteren die Fragestellung relevant, wie die notwendigen Hilfsenergien
bereitgestellt werden bzw. ihr Bedarf im Einzelnen ermittelt wird. Am Beispiel der
elektrischen Hilfsenergie wird zunächst auf die Bereitstellung und die Ermittlung der
erforderlichen elektrischen Leistung eingegangen.

4.3 Elektrische Hilfsenergieversorgung

4.3.1 Bereitstellung und Verteilung


Generell kann davon ausgegangen werden, dass der Bedarf an elektrischer Hilfs-
energie, insbesondere für eine Produktionsanlage, erheblich ist, wozu auch die zuge-
hörige Automatisierungsanlage beiträgt. Deshalb ist es wichtig, den erforderlichen
Bedarf an elektrischer Hilfsenergie umfassend zu ermitteln und beim Gesamtenergie-
bedarf einer Industrieanlage zu berücksichtigen. Dabei sollte hauptsächlich von der im
4.3 Elektrische Hilfsenergieversorgung 175

Bild 4–2 dargestellten Struktur ausgegangen werden. Die benötigte elektrische Hilfs-
energie wird demnach meist aus einem leistungsstarken Energienetz entnommen.149

Bild 4–2: Übersicht zur Bereitstellung und Verteilung der elektrischen Hilfsenergie

Als Hauptverbraucher sind neben der Automatisierungsanlage vor allem die Produkti-
onsanlage an sich sowie der Büro- und Sozialkomplex zu berücksichtigen. Ausgehend
von der Automatisierungsanlage werden dazu Verbraucher der Spannungsebenen
400 VAC, 230 VAC und 24 VDC betrachtet. Diese Verbraucher sind für Automatisie-
rungsanlagen charakteristisch und bestimmen den elektrischen Leistungsbedarf der
Automatisierungsanlage.

4.3.2 Bedarfsermittlung
Als Basisansatz wird hierzu für jede einzelne EMSR-Stelle der elektrische Leistungs-
bedarf ermittelt und danach die Summe des Bedarfs aller EMSR-Stellen, die dem
Gesamtbedarf der Automatisierungsanlage entspricht, gebildet. Dazu wird folgende
Vorgehensweise empfohlen (vgl. Bild 4–3):

149 In bestimmten Industriezweigen (Zuckerindustrie, Papierindustrie) ist üblich, ne-


ben der Industrieanlage ein Kraftwerk für die Bereitstellung der benötigten elektri-
schen Hilfsenergie zu errichten.
176 4 Projektierung

Schritt 1: Tabellieren aller EMSR-Stellen einer Automatisierungsanlage.


Schritt 2: Ermittlung des erforderlichen elektrischen Leistungsbedarfes für jede
EMSR-Stelle an Hand der Firmendokumentationen für die jeweils aus-
gewählten Automatisierungsmittel.
Schritt 3: Zeilenweises Addieren der elektrischen Leistungen für die Spannungs-
ebenen 400 VAC, 230 VAC bzw. 24 VDC.
Schritt 4: Ermittlung des gesamten elektrischen Leistungsbedarfes für die Automa-
tisierungsanlage durch Addition der in der letzten Spalte von Bild 4–3
ausgewiesenen Teilleistungen.

EMSR-Stellen
Hauptverteilung (Regelkreise, binäre Steuerungen und separate
Messstellen – Basis R&I-Fließschema und
der elektrischen Hilfsener- EMSR-Stellenpläne)
gie (Starkstromzellen)
Leistungsbedarf [kW]
EMSR- EMSR- EMSR- EMSR-

Ð
™
Stelle 1 Stelle 2 Stelle 3 Stelle n
400 V
AC
1,0 1,5 … 1,5 4,0
Prozessleitwarte
230 V 0,5
0,3 0,5 … 1,3
Î AC
24 V
(Reserve)

DC
… 0,0

400 V
AC
10,0 … 10,0
Schaltraum
230 V
1,0 0,5 0,5 … 2,0
Î AC
24 V
DC
… 0

400 V
AC
5,0 12,0 10,0 … 2,0 29,0
Feld
230 V 2,1
0,7 0,7 … 3,2 6,7
Î DC
24 V
(Reserve)

DC
0,3 1,2 1,0 … 0,5 3,0

Gesamt- ™ 400 V AC: ™ 230 V AC: ™ 24 V DC:


leistungsbedarf 56 kW
43 kW 10 kW 3 kW

Bild 4–3: Zur Ermittlung des Leistungsbedarfes für eine Automatisierungsanlage (Bei-
spiel Experimentierfeld „Prozessautomatisierung“ des Institutes für Automatisierungs-
technik der TU Dresden)
4.3 Elektrische Hilfsenergieversorgung 177

Für die vollständige Realisierung des Elektroprojektes zur Verteilung der elektrischen
Hilfsenergie sowie der Ermittlung des elektrischen Leistungsbedarfes einer Auto-
matisierungsanlage sind in Ergänzung der obigen Ausführungen weitere vertiefende
Projektierungsleistungen erforderlich, die nachfolgend zumindest benannt und kurz
vorgestellt werden. Dazu ist an erster Stelle der sogenannte Gleichzeitigkeitsfaktor zu
betrachten, welcher berücksichtigt, dass nicht alle Verbraucher einer Industrieanlage
gleichzeitig in Betrieb sind, wodurch eine gewisse Reduktion des Bedarfes an elektri-
scher Leistung erzielt werden kann. Die Ermittlung dieses Gleichzeitigkeitsfaktors ist
hauptsächlich durch die Anforderungen des verfahrenstechnischen Prozessbetriebes
sowie die redundante Auslegung der relevanten Verbraucher bestimmt. Des Weiteren
ist auch die Einteilung der Verbraucher nach statischer oder dynamischer Last we-
sentlich. So wirken zum Beispiel Apparateheizungen als statische Lasten und die
gleichfalls in der Automatisierungsanlage eingesetzten Elektromotoren als dynami-
sche Lasten. Dabei gilt, dass bei statischen Lasten an Hand des Wirkungsgrades die
tatsächlich vom Verbraucher aufgenommene elektrische Leistung berechnet werden
kann, während bei dynamischen Lasten eine Berechnung nach DIN ISO 5199 durch-
zuführen ist (vgl. auch [42]). Diese Betrachtungen erfordern folglich detaillierte Pla-
nungsleistungen, die den Rahmen der in diesem Abschnitt vorgestellten Grundansät-
ze zu Inhalt und Ausführung eines Elektroprojektes deutlich überschreiten würden.

4.3.3 Zuschaltung
Bei der Zuschaltung der elektrischen Hilfsenergie ist zwischen der Prozessorik, bei-
spielsweise repräsentiert durch speicherprogrammierbare Steuerungen oder Prozess-
leitrechner, und den eigentlichen Großverbrauchern der Produktionsanlage zu unter-
scheiden. Daher sollte die Zuschaltung der elektrischen Hilfsenergie stets getrennt
erfolgen, das heißt, zuerst die Zuschaltung der Prozessorik und danach der Großver-
braucher. Generell ist dabei nach dem Prinzip der Selbsthalteschaltung (Bild 4–4) zu
verfahren. Das heißt, mittels des Tasters „EIN“ sind zuerst für die Prozessorik die
Schaltschütze K1 und K2 zu betätigen, um damit die elektrische Spannung von
230 VAC durchzuschalten und danach mittels der Schaltschütze K3 und K4 das
Durchschalten der Spannung von 400 VAC zu bewirken. Dabei sind sowohl für die
Prozessorik als auch für die Großverbraucher jeweils zwei Schütze in Reihe geschal-
tet, womit erreicht wird, dass beim Ausschalten bzw. bei NOT-Ausschaltung die elekt-
rische Hilfsenergie durch mindestens ein Schaltschütz abgeschaltet wird, falls, bedingt
durch technischen Defekt, ein Schütz „klemmen“ sollte. Für die NOT-AUS-Schaltung
(Bild 4–4b) wurde hier beispielhaft je ein NOT-AUS-Schalter der Prozessleitwarte,
dem Schaltraum und dem Feld zugeordnet.
Der Anschluss von Baugruppen speicherprogrammierbarer Technik (z. B. Analogein-
gabebaugruppen, Binärausgabebaugruppen usw.) ist den jeweiligen Produktdoku-
mentationen zu entnehmen (z. B. [17]), so dass hier darauf verwiesen wird.
178 4 Projektierung

Bild 4–4: Basisstruktur für die Zuschaltung der elektrischen Hilfsenergie

4.3.4 Systematisierung
Zur Einordnung des Elektroprojekts werden nachfolgend prinzipielle Vorgehensweise
und Leistungsumfang zusammenfassend dargestellt (Bild 4–5 und Bild 4–6). Dabei
soll verdeutlicht werden, wie die Projektierungsleistungen für die Bereitstellung der
elektrischen Hilfsenergieversorgung für die Automatisierungsanlage zugleich Bestand-
teil des Elektroprojekts einer Industrieanlage sind. Sowohl an Hand einzelner Ausfüh-
rungsbeispiele als auch durch die Vorstellung prinzipieller Lösungsschritte wird der
Elektroprojektierungsumfang dargestellt und damit ein detaillierteres Bearbeiten der
Projektierungsinhalte für die Bereitstellung und Verteilung der elektrischen Hilfsener-
gie ermöglicht.
4.3 Elektrische Hilfsenergieversorgung 179

Übersicht
Erarbeitung eines Übersichtbildes
zur Verteilung der elektrischen
Hilfsenergie für die einzelnen Ver-
brauchergruppen einer Industrie-
anlage (Bild 4–2). (Schritt 1)

Leistungsbedarf – Teil 1
Ermittlung des elektrischen Lei-
stungsbedarfes für die Automatisie-
rungsanlage, d. h. für
• Prozessleitwarte,
• Schaltraum und
• Feld (Bild 4–3). (Schritt 2)

Leistungsbedarf – Teil 2
Ermittlung des elektrischen Lei-
stungsbedarfes für die weiteren
Verbrauchergruppen der gesam-
ten Industrieanlage
(Schritt 3)

Basisstromlaufplan
Erarbeitung eines Basisstromlauf-
planes (Hauptverteilungsstromlauf-
planes) für die Automatisierungsan-
lage sowie die weiteren Verbrau-
chergruppen der gesamten Indu-
strieanlage
(Schritt 4)

Bild 4–5: Ansatz zur Projektierung der elektrischen Hilfsenergie – Teil 1


180 4 Projektierung

Dekomposition des Basis-


stromlaufplanes
Dekomposition des Basisstromlauf-
planes in mehrere Ebenen entspre-
chend des Umfangs von Automati-
sierungsanlage sowie den weiteren
Verbrauchergruppen der gesamten
Industrieanlage – Erarbeitung aller
Einzelstromlaufpläne.
(Schritt 5)

Schaltschranklayout
Erarbeitung der Schaltschrankbele-
gungspläne (Schaltschranklayouts)
zur Realisierung der Verteilung der
elektrischen Hilfsenergie.
(Schritt 6)

Verbinderliste
Erarbeitung der Verbinderliste für
die Automatisierungsanlage,
d. h. des Planungsdokumentes zur
Kopplung von Elektroprojekt und
EMSR-Projekt.
(Schritt 7)

Bild 4–6: Ansatz zur Projektierung der elektrischen Hilfsenergie – Teil 2

4.4 Pneumatische Hilfsenergieversorgung

4.4.1 Bereitstellung und Verteilung


Die pneumatische Hilfsenergie wird meistens durch sogenannte Kolbenverdichter
oder Schraubenverdichter erzeugt. Für beide Typen von Lufterzeugern (Kompres-
soren) hält die einschlägige Industrie eine umfangreiche Produktpalette bereit, wobei
je nach Luftmengen- und Luftdruckbedarf die unterschiedlichsten Anforderungen zu
realisieren sind. Für die Projektierung einer Anlage zur Erzeugung und Verteilung der
pneumatischen Hilfsenergie wird daher folgende Vorgehensweise empfohlen:
4.4 Pneumatische Hilfsenergieversorgung 181

Schritt 1: Ermittlung des erforderlichen Bedarfes an pneumatischer Hilfsenergie


(Luftmenge).
Dafür sind vom Projektierungsingenieur, ausgehend vom Normalbetrieb,
für jeden Luftverbraucher, zum Beispiel pneumatischer Stellantrieb oder
pneumatischer Arbeitszylinder, die erforderlichen Luftmengen zu ermit-
teln, wozu jeweils die entsprechenden Herstellerunterlagen auszuwerten
sind. Die Summierung des Luftverbrauchs aller auf der Basis pneumati-
scher Hilfsenergie arbeitenden Automatisierungsmittel ergibt den Ge-
samtluftbedarf einer Automatisierungsanlage.
Schritt 2: Auswahl und Dimensionierung eines Drucklufterzeugers einschließlich
eines geeigneten Druckminderers (Abströmregler).
Der Projektierungsingenieur sollte bei der Auswahl und Dimensionierung
eines Drucklufterzeugers ca.10% bis 20% Reserve bezüglich des ermit-
telten Gesamtluftbedarfes ansetzen. Dabei kann generell davon ausge-
gangen werden, dass bei der Lufterzeugung ein Schraubenverdichter
weniger Geräuschbelastung als ein Kolbenverdichter erzeugt. Vorteil-
hafterweise ist der mittels Drucklufterzeuger realisierbare Primärdruck ca.
40% über dem in der Automatisierungsanlage benötigten Arbeitsdruck
anzusetzen, wodurch a priori eine Reserve für die jeweils abgeforderten
Luftmengen erzielt wird. Der gleichfalls benötigte Druckminderer muss
den für die Automatisierungsanlage relevanten Arbeitsdruck gewährlei-
sten und gleichzeitig auch die erforderliche Luftmenge bereitstellen, d. h.
den erforderlichen Luftdurchsatz sichern.
Schritt 3: Auswahl und Dimensionierung von Luftspeicher, Ölabscheider und Luft-
trockner (Kondenstrockner)
Je nach Durchsatz des für die Automatisierungsanlage ausgewählten
Drucklufterzeugers sowie Anzahl der in der Automatisierungsanlage vor-
handenen Automatisierungsmittel, die mit pneumatischer Hilfsenergie zu
versorgen sind, wird die Größe von Druckluftspeicher, Ölabscheider,
Kondenstrockner und Nassabscheider bestimmt.

Dieser Vorgehensweise entsprechend ist für die Lufterzeugung und -aufbereitung die
im Bild 4–7 dargestellte Anlagenstruktur zu planen.
182 4 Projektierung

Druckluft-
speicher
Druck- zu den Ver-
minderer brauchern

Luftfilter Druckluft- Ölab- Kondens- Ableitung Druckluft-


erzeuger scheider trockner Kondens- verteiler
wasser
Nassab-
scheider
Öl Kondenswasser

Bild 4–7: Struktur einer Anlage zur Erzeugung und Verteilung pneumatischer Hilfs-
energie

4.4.2 Verknüpfung von pneumatischer sowie elektrischer Hilfs-


energieversorgung
Die Verknüpfung von pneumatischer und elektrischer Hilfsenergie erfolgt in anschau-
licher Form am Beispiel pneumatischer Stellventile, gilt aber auch in ähnlicher Weise
für Stelleinrichtungen ereignisdiskreter Prozesse. Als wesentliches Automatisierungs-
mittel für diese Verknüpfung kommt das sogenannte Wegeventil (Bild 4–8) zum Ein-
satz.
Das aus zwei Kammern bestehende Wegeventil wird mit dem binären elektrischen
Einheitssignal 0 VDC bzw. 24 VDC gesteuert. Gleichzeitig ist es an die pneumatische
Hilfsenergie angeschlossen. Je nach Schaltzustand wird die pneumatische Hilfsener-
gie zum Stellungsregler durchgeschaltet oder im Ruhezustand, wie im Beispiel (vgl.
Bild 4–8) dargestellt, durch Entlüftung gegen Atmosphäre entspannt. Dazu sind pro
Kammer drei Anschlüsse vorgesehen, woraus sich auch die Bezeichnung 3/2-
Wegeventil ableitet. Sowohl bei analogem pneumatischen als auch analogem elektri-
schen Stellsignal soll mittels pneumatischem Stellantrieb jeweils ein Drosselstellglied
betätigt werden. Im ersteren Fall wird ein pneumatischer, im letzteren Fall ein elektro-
pneumatischer Stellungsregler benötigt. Sofern es sich bei dem analogen elektrischen
Stellsignal um ein Einheitsstromsignal handelt, was in der gegenwärtigen verfahrens-
technischen Praxis überwiegend der Fall ist, wird der elektropneumatische Stellungs-
regler als I/p-Stellungsregler ausgeführt und auch so bezeichnet. Die durchgängig
pneumatische Lösung (analoges pneumatisches Stellsignal mit pneumatischem Stel-
lungsregler) wird heute im Wesentlichen nur noch angewendet, wenn sich die Stellein-
richtung im explosionsgefährdeten Bereich befindet und andere Explosionsschutz-
4.4 Pneumatische Hilfsenergieversorgung 183

maßnahmen wie z. B. Eigensicherheit150 im Vergleich zur durchgängig pneumatischen


Lösung nicht kostengünstig realisierbar sind.

3/2 Wegeventil mit Stellsignal y (pneuma-


elektromagnetischer tisch bzw. elektrisch)
Verstelleinheit und
mechanischer Rück-
stelleinheit (Feder)
pneumati-
scher bzw.
elektro-
pneumati-
scher Stel-
lungsregler

Stellventil mit pneumatischem Stellan-


elektrisches pneumatische trieb sowie pneumatischem Stellungs-
Binärsignal Hilfsenergie regler (bei analogem pneumatischem
(0/24 VDC) (z. B. 8 bar) Stellsignal) bzw. elektropneumatischem
Stellungsregler (bei analogem elektri-
schem Stellsignal)
Bild 4–8: Zur Verknüpfung von pneumatischer und elektrischer Hilfsenergie

Die Funktion des sogenannten pneumatischen Arbeitszylinders als wesentlichem Ak-


tor für ereignisdiskrete Prozesse basiert gleichfalls auf pneumatischer Hilfsenergie,
wobei das pneumatische Standardsignal von 6 bar verwendet wird. Die auch hier er-
forderliche Kopplung von pneumatischer und elektrischer Hilfsenergie erfolgt, wie
bereits oben ausgeführt, gleichfalls mittels Wegeventil. Im Bild 4–9 wird dieses Zu-
sammenwirken aufgezeigt. Wie beim Beispiel der pneumatischen Stellventile wird
auch hier das Wegeventil mittels der binären Signale 0/24 VDC beaufschlagt und da-
mit die pneumatische Hilfsenergie zum Arbeitszylinder durchgeschaltet.

150 Siehe Abschnitt 5.3.


184 4 Projektierung

Endlagen- Endlagen-
sensor 1 sensor 2

pneumatischer
Arbeitszylinder

5/2 Wegeventil mit


elektromagnetischer
Verstelleinheit und
mechanischer Rück-
stelleinheit (Feder)

elektrisches Binär- pneumatische


signal (0/24 VDC) Hilfsenergie (6 bar)

Bild 4–9: Pneumatischer Arbeitszylinder – binär angesteuert

4.5 Hydraulische Hilfsenergieversorgung


Für die pneumatische bzw. elektrische Hilfsenergieversorgung sind normalerweise die
zentrale Elektroenergieversorgung bzw. das zentrale Luftnetz verfügbar, so dass die-
se Hilfsenergien effektiv und durchgängig in der Automatisierungsanlage bereitstehen.
Hingegen wird die hydraulische Hilfsenergie in der Automatisierungsanlage im Allge-
meinen dort erzeugt, wo die entsprechende Aktorik diese Hilfsenergie benötigt. Im
Bild 4–10 wird an Hand des dargestellten hydraulischen Grundkreislaufes das funktio-
nelle Zusammenwirken der wesentlichen Hydraulikkomponenten erläutert.
Eine im Allgemeinen mittels Drehstrommotor angetriebene Zahnradpumpe erzeugt
den erforderlichen Ölstrom sowie Vordruck. Dabei wird das Hydrauliköl aus einem
Ölbehälter (Wanne) über einen Filter angesaugt und der Vordruck mittels Druckbe-
grenzungsventil konstant gehalten. Ein Öldruckspeicher sichert gleichfalls diesen kon-
stanten Vordruck, indem er zum Beispiel gegen den Druck einer Feder oder eines
Gaspolsters Hydrauliköl aufnimmt, welches er bei Auftreten entsprechender Ölver-
brauchsspitzen mit dem jeweils erforderlichen Öldruck wieder abgibt. Das eingebaute
Rückschlagventil sorgt dafür, dass bei nicht arbeitender Zahnradpumpe der Vordruck
im hydraulischen Grundkreislauf erhalten bleibt (z. B. ist bei Nennlast auf den hy-
draulischen Arbeitszylinder mit einer Drift von 5mm/h zu rechnen [43]). Über das 4/2-
Wegeventil fließt das Hydrauliköl wieder zurück in den Ölbehälter. Je nach Einsatzfeld
der projektierten Hydraulikanlage sowie der ausgewählten hydraulischen Bauelemen-
te sind in Ölkreisläufen Drücke von etwa 63 bar bis 320 bar üblich.
4.5 Hydraulische Hilfsenergieversorgung 185

Endlagensensor 1 Endlagensensor 2

hydraulischer
Arbeitszylinder

4/3 Wegeventil mit elek-


tromagnetischer Ver-
stelleinheit und mecha-
nischer Rückstelleinheit
(Rückstellfedern sind
nicht mit dargestellt)
elektrische
Binärsignale
(0/24 VDC)

Öldruck- Druckbegren-
speicher zungsventil

Rückschlagventil

M Zahnradpumpe

Filter

Ölbehälter

Bild 4–10: Prinzip der Bereitstellung von hydraulischer Hilfsenergie


5 Maßnahmen zur Prozesssicherung

5.1 Überblick
In den bisherigen Ausführungen wurden die hauptsächlichen inhaltlichen Schwerpunk-
te der Projektierungsarbeit beschrieben und erläutert. Zusätzlich dazu muss unbedingt
auch das Thema „Prozesssicherung“ ausgeführt werden, weil die Prozesssicherung
eine wichtige Ergänzung der Projektierungsarbeit ist. Dabei liegt auf der Hand, dass
zum Beispiel für die Automatisierung eines Kernkraftwerkes bedeutend höhere Anfor-
derungen umzusetzen sind, als für die Automatisierungsanlage einer Brauerei. Projek-
tierungsleistungen zur Prozesssicherung erfordern daher vom Projektierungsingenieur
viel Erfahrung und sind ein wesentlicher Beitrag für den sicheren Betrieb einer Auto-
matisierungsanlage. Die nachfolgenden Ausführungen können sich daher nur auf die
Erläuterung prinzipieller Herangehensweisen beziehen, wobei der Basisansatz ent-
sprechend VDI/VDE 2180 die Grundlage bildet.
Nachfolgend werden zur Auswahl sowie zum Einsatz der für die Prozesssicherung
relevanten Automatisierungsmittel die erforderlichen Grundlagen, verbunden mit einer
systematischen Vorgehensweise (Auswahlstrategie), aufgeführt.

5.2 Basisansatz nach VDI/VDE 2180


Zur Erhöhung der Prozesssicherheit empfiehlt VDI/VDE 2180 eine niveaugestufte
Erweiterung der Automatisierungsanlage. Das bedeutet, es werden zusätzliche Auto-
matisierungsmittel projektiert und in die vorhandene Automatisierungsanlage integriert
bzw. parallel zu dieser installiert.
Hierzu werden folgende Stufen unterschieden:
Stufe 1: In Stufe 1 werden die prozessleittechnische Einrichtung, basierend auf
Sensorik, Aktorik und Prozessorik für die Realisierung des Nominalbe-
triebs sowie weitere Sensoren für die Überwachung von Grenzwerten der
Produktionsanlage (kontinuierlicher und/oder ereignisdiskreter Prozess)
eingesetzt. Dabei wird von der Basisüberlegung ausgegangen, dass die
für den Nominalbetrieb projektierte Sensorik bzw. Aktorik im Zusammen-
wirken mit den in der Prozessorik implementierten Regel- bzw. Steueralgo-
rithmen die Produktionsanlage immer in den von der Verfahrenstechnik
festgelegten Arbeitsbereich führen bzw. dort halten. Bewegen sich aber
einzelne Prozessparameter aus diesem Arbeitsbereich heraus, sprechen
die Überwachungssensoren an und führen durch entsprechende Steuer-
eingriffe die Prozessparameter aus dem zulässigen Grenzbereich in den
Arbeitsbereich – nach VDI/VDE 2180 auch als Gutbereich bezeichnet –
zurück.
Stufe 2: In Stufe 2 wird nun davon ausgegangen, dass auch die Überwachungs-
sensoren ausfallen können und damit entsprechende Prozessparameter
weiter in den noch zulässigen Fehlbereich abdriften können. Damit die Au-
tomatisierungsanlage auch auf diese verschärfte Prozesssituation reagie-
ren kann, werden zusätzliche, von der vorhandenen Automatisierungsan-
5.3 Bemerkungen zum Explosionsschutz 187

lage unabhängige, hilfsenergielose prozessleittechnische Schutzeinrich-


tungen, z. B. Überdruckventile, Überströmventile u. ä. Automatisierungs-
mittel, für die Prozesssicherung eingesetzt. Damit gelingt es, die Produkti-
onsanlage vor kritischen Betriebszuständen, nach VDI/VDE 2180 als un-
zulässige Fehlbereiche bezeichnet, zu bewahren und durch entsprechen-
de Noteingriffe wieder in den Arbeitsbereich zurückzuführen.
Stufe 3: Die Stufe 3 umfasst die Stufen 1 und 2, wobei zusätzlich als wesentliche
Erweiterung zur damit verfügbaren Automatisierungsanlage eine weitere
prozessleittechnische Schutzeinrichtung – basierend auf kompletter Aus-
stattung mit Sensorik, Aktorik sowie Prozessorik – projektiert und in heißer
Redundanz zur vorhandenen Automatisierungsanlage bereitgehalten wird.
Damit verfügt diese Automatisierungsanlage über eine zusätzliche Auto-
matisierungsstruktur, die bei entsprechenden Funktionsstörungen der für
den Gutbereich zuständigen prozessleittechnischen Einrichtung ein-
schließlich PLT-Schutzeinrichtung (aus Stufe 2) den weiteren Betrieb der
Produktionsanlage übernimmt und sichert.

5.3 Bemerkungen zum Explosionsschutz


Im Rahmen der Prozesssicherheit kommt auch dem Explosionsschutz (Ex-Schutz)
eine tragende Bedeutung zu. Das heißt, je nach zu automatisierender Prozessverfah-
renstechnik sind häufig explosionsgefährdete Prozessabschnitte in Produktionsanla-
gen vorhanden, so dass eine zu projektierende Automatisierungsanlage zumindest in
diesen Prozessabschnitten explosionssicher ausgelegt werden muss. Solche Pro-
zessabschnitte bzw. auch komplette Produktionsanlagen findet man zum Beispiel in
Lackfabriken, Zementwerken, Tanklagern, aber auch in Mühlen oder Kläranlagen. Für
die Projektierung dieser Anlagen werden nachfolgend grundlegende Hinweise gege-
ben, wobei nach [40] u. [49] dafür auch die „Verordnung über elektrische Anlagen in
explosionsgefährdeten Räumen – Elex V“ und weitere Vorschriften heranzuziehen
sind. Gleichzeitig gilt aber auch für dieses Projektierungsfeld, dass die Erfahrungen
des Projektierungsingenieurs sowie das entsprechende Firmen-Know How Funktiona-
lität und Prozesssicherheit der projektierten Automatisierungsanlage entscheidend
mitbestimmen. Bei jedem Automatisierungsprojekt sind daher im Zusammenwirken
mit dem Verfahrenstechniker die explosionsgefährdeten Bereiche festzulegen und in
eine der sogenannten Ex-Zonen einzuordnen.
Zunächst wird der Begriff „Ex-Zone“ erläutert. Die Einteilung der explosionsgefährde-
ten Anlagenabschnitte erfolgt gemäß Elex V, wobei 11 Zonen unterschieden werden,
deren Relevanz für den Ex-Schutz einer Automatisierungsanlage und damit für die
Projektierung der Automatisierungsanlage unterschiedlich ist. Für Automatisierungs-
anlagen wesentliche Ex-Zonen werden nachfolgend kurz vorgestellt. Es gilt folgende
Gruppen- bzw. Zoneneinteilung:
x Gruppe 1: Explosionsgefährdung durch Gase, Dämpfe oder Nebel für komplette
Anlagen bzw. Anlagenabschnitte:
- Zone 0: Bereiche mit ständiger oder langzeitiger Explosionsgefährdung,
- Zone 1: Bereiche mit gelegentlicher Explosionsgefährdung,
- Zone 2: Bereiche mit seltener Explosionsgefährdung,
188 5 Maßnahmen zur Prozesssicherung

x Gruppe 2: Explosionsgefährdung durch Stäube für komplette Anlagen bzw. Anla-


genabschnitte:
- Zone 10: Bereiche mit häufiger oder langzeitiger Explosionsgefährdung,
- Zone 11: Bereiche mit gelegentlicher Explosionsgefährdung,
x Gruppe 3: Explosionsgefährdung durch Erzeugung oder Anwendung explo-
sionsfähiger Gasgemische für medizinisch genutzte Räume:
- Zone G bzw. M: Bereiche mit dauernder oder zeitweiser Explosionsgefährdung.
Der Projektierungsingenieur muss also entscheiden, welche Ex-Zonen er für die Aus-
führung seiner Automatisierungsanlage berücksichtigen muss. Die Anforderungen des
Explosionsschutzes beeinflussen selbstverständlich auch Entwicklung und Bauformen
von Automatisierungsmitteln, insbesondere der Sensorik bzw. Aktorik. Diese Feldge-
räte sind in explosionssicherer Ausführung generell durch das im Bild 5–1 dargestellte
Symbol als äußere gut sichtbare Kennzeichnung für explosionssichere Technik ge-
kennzeichnet und nahezu ausnahmslos in explosionssicheren Automatisierungsanla-
gen einzusetzen. Darüberhinaus erkennt man diese Automatisierungsmittel auch so-
fort an ihrer robusten Bauform bzw. robusten Gehäuseausführung.

Bild 5–1: Ex-Zeichen entsprechend Elex V [40]

Zur Realisierung dieser explosionssicheren Automatisierungsmittel werden bewährte


konstruktive Prinzipien angewendet, die unter dem Fachbegriff „Zündschutzarten“
zusammengefasst sind. Zur besseren Veranschaulichung werden dazu als Auszug im
Bild 5–2 einige Beispiele vorgestellt. Nähere Erläuterungen sind DIN EN 50018, DIN
EN 50020, DIN EN 50028, VDE 0170 bzw. VDE 0171 zu entnehmen.
Das erste Beispiel beschreibt die Zündschutzart „Eigensicherheit i“ (vgl. Bild 5–2a). In
einem eigensicheren Stromkreis wird die Stromkreisenergie so begrenzt, dass weder
im Nominalbetrieb noch im Fehlerfall eine explosive Umgebung durch zum Beispiel
Zündfunken oder Lichtbogen entzündet wird. Eine weitere Möglichkeit bietet die Zünd-
schutzart „Druckfeste Kapselung – d“ (vgl. Bild 5–2b), wobei durch Konstruktion eines
druckfesten Gehäuses verhindert wird, dass Explosionen im Inneren des Gehäuses
Schäden in der äußeren Umgebung verursachen. Schließlich kann auch die Zünd-
schutzart „Vergusskapselung – m“ eingesetzt werden (vgl. Bild 5–2c), bei welcher die
Bauelemente, die eine explosionsfähige Umgebung zünden könnten, so in einer Ver-
gussmasse eingeschlossen sind, dass keinerlei Schäden in der äußeren Umgebung
verursacht werden.
5.4 Schutzgrade elektrischer Automatisierungsmittel 189

a) Eigensicherheit „i“

b) Druckfeste Kapselung „d“

b) Vergusskapselung „m“

Bild 5–2: Beispiele für Zündschutzarten [49]

5.4 Schutzgrade elektrischer Automatisierungsmittel


Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch die Problematik des Berührungs- und
Fremdkörperschutzes sowie der Schutzgrade des Wasserschutzes anzusprechen.
Diese Schutzfunktionalitäten sind gleichfalls für die Auswahl und Projektierung der auf
elektrischer Hilfsenergie basierenden Automatisierungsmittel wichtig und durch ent-
sprechende Kennzeichnung nach DIN 40050 auf diesen Automatisierungsmitteln
kenntlich zu machen. Dafür wird eine Kennzeichnung aus entsprechenden Kennziffern
verwendet, die wie folgt aufgebaut ist:
IP
Angabe zum Berührungs- und Fremdkörperschutz (Tabelle 5–1)
Angabe zum Wasserschutz (Tabelle 5–2)

Für den Berührungs- und Fremdkörperschutz sind die nachfolgend genannten Schutz-
grade festgelegt (Tabelle 5–1).
190 5 Maßnahmen zur Prozesssicherung

Tabelle 5–1: Schutzgrade für den Berührungs – und Fremdkörperschutz [40]


Erste
Schutzgrad
Kennziffer
0 Kein besonderer Schutz
Schutz gegen Eindringen von festen Fremdkörpern mit einem Durchmesser
1 größer als 50 mm, ein Schutz gegen absichtlichen Zugang z. B. mit der Hand,
jedoch Fernhalten großer Körperflächen.
Schutz gegen Eindringen von festen Fremdkörpern mit einem Durchmesser
2
größer als 12 mm, Fernhalten von Fingern oder vergleichbaren Gegenständen
Schutz gegen Eindringen von festen Fremdkörpern mit einem Durchmesser
3 größer als 2,5 mm (kleine Fremdkörper), Fernhalten von Werkzeugen, Drähten
oder ähnlichem von einer Dicke größer als 2,5 mm.
Schutz gegen Eindringen von festen Fremdkörpern mit einem Durchmesser
4 größer als 1mm (kornförmige Fremdkörper), Fernhalten von Werkzeugen,
Drähten oder ähnlichem von einer Dicke größer als 1 mm.
Schutz gegen schädliche Staubablagerungen. Das Eindringen von Staub ist
nicht vollkommen verhindert. Der Staub darf nicht in solchen Mengen eindrin-
5
gen, dass die Arbeitsweise des Betriebsmittels beeinträchtigt wird (staubge-
schützt).
6 Schutz gegen Eindringen von Staub, vollständiger Berührungsschutz

Für den Wasserschutz sind wie für den Berührungs- und Fremdkörperschutz Schutz-
grade festgelegt, die nachfolgend aufgeführt werden (vgl. Tabelle 5–2).

Tabelle 5–2: Schutzgrade für den Wasserschutz [40]


Zweite
Schutzgrad
Kennziffer
0 Kein besonderer Schutz
Schutz gegen tropfendes Wasser, das senkrecht fällt. Es darf keine schädliche
1
Wirkung haben (Tropfwasser)
Schutz gegen tropfendes Wasser, das senkrecht fällt. Bei Kippen des Be-
2 triebsmittels um 15° bezüglich seiner normalen Lage darf es keine schädliche
Wirkung haben (schrägfallendes Tropfenwasser).
Schutz gegen Wasser, das in einem beliebigen Winkel bis zu 60° zur Senk-
3
rechten fällt. Es darf keine schädliche Wirkung haben (Sprühwasser).
Schutz gegen Wasser, das aus allen Richtungen gegen das Betriebsmittel
4
spritzt. Es darf keine schädliche Wirkung haben (Strahlwasser).
Schutz gegen einen Wasserstrahl aus einer Düse, der aus allen Richtungen
5 gegen das Betriebsmittel gerichtet wird. Es darf keine schädliche Wirkung
haben (Strahlwasser).
Schutz gegen schwere See oder starken Wasserstrahl. Wasser darf nicht in
6
schädlichen Mengen in das Betriebsmittel eindringen (Überfluten).
Schutz gegen Wasser, wenn das Betriebsmittel unter festgelegten Druck- und
7 Zeitbedingungen ins Wasser getaucht wird. Wasser darf nicht in schädlichen
Mengen eindringen (Eintauchen).
Das Betriebsmittel (Gehäuse) ist geeignet zum dauernden Untertauchen in
8
Wasser bei Bedingungen, die durch den Hersteller zu beschreiben sind.
6 Einsatz von CAE-Systemen

6.1 Einführung
Bei der Projektierung von Automatisierungsanlagen sind Basic- bzw. Detail-Engineer-
ing bevorzugte Einsatzgebiete für CAE-Systeme. Zweckmäßigerweise wird zwischen
CAE-Systemen für den Entwurf von Regel- bzw. Steueralgorithmen und CAE-
Systemen für die Erarbeitung der Unterlagen für das Basic- bzw. Detail-Engineering
unterschieden. Bekannte Systeme für den Entwurf von Regel- bzw. Steueralgorithmen
sind z. B. WinMOD [44], WinFact [45] und MATLAB simulink [46]. Schwerpunkt der
sich anschließenden Betrachtungen sind jedoch CAE-Systeme für die Erarbeitung der
Unterlagen für das Basic- bzw. Detail-Engineering. Bezüglich der CAE-Systeme für
den Entwurf von Regel- bzw. Steueralgorithmen wird auf die o. g. Fachliteratur ver-
wiesen.

6.2 Typischer Funktionsumfang

6.2.1 Überblick
Vergleicht man bekannte CAE-Systeme für die Erarbeitung der Projektunterlagen wie
z. B. EPLAN PPE [47] bzw. PRODOK [48] miteinander, so lassen sich typische Funk-
tionen erkennen, die in nahezu allen CAE-Systemen der gleichen Leistungsklasse
vorhanden sind und hier unter dem Begriff „typischer Funktionsumfang“ zusammenge-
fasst werden. Da ein Teil der Projektunterlagen beim Basic- und ein Teil beim Detail-
Engineering erarbeitet wird, sind im typischen Funktionsumfang Funktionen sowohl für
das Basic- als auch für das Detailengineering enthalten.
Für das Basic-Engineering werden im Wesentlichen Funktionen für die Erarbeitung
von z. B.
x EMSR-Stellenlisten,
x Signallisten,
x Verbraucherlisten,
x EMSR-Stellenblättern
x Gerätelisten usw.
benötigt. Darüberhinaus unterstützen manche CAE-Systeme beim Basic-Engineering
auch die Erarbeitung von R&I-Fließschemata. Bei der Betrachtung des Funktionsum-
fangs für das Basic-Engineering soll davon ausgegangen werden, dass das R&I-Fließ-
schema vorliegt und so den Ausgangspunkt für das Basic-Engineering bildet.
Beim Detail-Engineering handelt es sich im Wesentlichen um Funktionen für die Erar-
beitung von
x EMSR-Stellenplänen,
x Montageunterlagen (Kabellisten und Klemmenpläne, Schaltschranklayouts).
192 6 Einsatz von CAE-Systemen

Es ist daher zweckmäßig, den dazu erforderlichen typischen Funktionsumfang im


Folgenden jeweils getrennt für Basic- bzw. Detail-Engineering zu betrachten.

6.2.2 Funktionsumfang für das Basic-Engineering


Bild 6–1 zeigt – vom Verfahrens- bzw. R&I-Fließschema ausgehend – beispielhaft die
Aufeinanderfolge typischer für das Basic-Engineering benötigter Funktionen (z. B.
Anlegen der Anlagenstruktur, Anlegen von EMSR-Stellen, Anlegen von EMSR-Stel-
lenelementen, Generieren von Projektunterlagen) und beschreibt auf diese Weise den
typischen Funktionsumfang für das Basic-Engineering.
Ausgehend vom Verfahrens- bzw. R&I-Schema wird die Produktionsanlage in z. B.
Werke, Komplexe, Anlagen, Teilanlagen, Anlagenteile etc. gegliedert. In diesen Ebe-
nen werden die EMSR-Stellen angelegt und die zugehörigen verfahrenstechnischen
Daten bzw. Rohrleitungsdaten zusammengetragen.
Anschließend wird die EMSR-Stelle instrumentiert, d. h. gemäß den Funktionen, die
mit den im Bild 3–22 aufgeführten Kennbuchstaben gekennzeichnet werden, sind in
der EMSR-Stelle EMSR-Stellenelemente, d. h. Geräte, anzulegen, wobei diesen Ge-
räten eine Spezifikation zuzuweisen ist.151 Die in der Angebotsphase benötigten Pro-
jektierungsunterlagen werden schließlich unter Verwendung vom Hersteller des CAE-
Systems mitgelieferter Formulare152 quasi „auf Knopfdruck“ generiert, d. h. zeitrau-
bendes Ausfüllen von Listen entfällt. Parallel zum Anlegen von EMSR-Stellen werden
– falls es die projektspezifischen Gegebenheiten erfordern – allgemeine Funktionsplä-
ne (z. B. in Form von Programmablaufplänen oder Petri-Netzen) erarbeitet. Da dies
nicht von allen CAE-Systemen für die Projektierung von Automatisierungsanlagen
unterstützt wird, wurden die diesbezüglichen Funktionen im Bild 6–1 aus dem typi-
schen Funktionsumfang ausgeklammert.

151 Im Allgemeinen enthalten die CAE-Systeme bereits einen Grundstock an Spezifi-


kationen.
152 Die CAE-Systeme verfügen über Formulareditoren, mit denen Formulare geän-
dert bzw. neu erstellt werden können.
6.2 Typischer Funktionsumfang 193

Verfahrensfließ-
schema, R&I-
Fließschema

1. Anlegen der Anlagenstruktur (z. B. Werk, Komplex,


Anlage, Teilanlage, …)

2. Anlegen von EMSR-Stellen und Eingabe der zugehöri-


gen verfahrenstechnischen Daten (z. B. Temperaturen,
Drücke, Durchflüsse,…) bzw. Rohrleitungsdaten (z. B.
Nennweite, Material, …)

3. Anlegen von EMSR-Stellenelementen (z. B. Sensoren,


Messumformer, informationsverarbeitende Komponen-
ten wie SPS-Baugruppen, Aktoren, Meldeleuchten, …)
sowie Anlegen und Zuweisen konkreter Gerätespezifi-
kationen (dadurch gleichzeitig Erfassen des elektri-
schen Energieverbrauchs)

4. Generieren der in der Angebotsphase benötigten Un-


terlagen (z. B. EMSR-Stellenliste, Verbraucherliste,
EMSR-Stellenblätter, EMSR-Geräteliste, Gerätespezi-
fikationen, …)

Bild 6–1: Typischer Funktionsumfang für das Basic-Engineering

6.2.3 Funktionsumfang für das Detail-Engineering


Bild 6–2 zeigt – vom Basic-Engineering ausgehend – beispielhaft die Aufeinanderfolge
typischer für das Detail-Engineering benötigter Funktionen (z. B. Einrichten der „Orts-
welt“, Verkabelung, Entwicklung und Zuweisung von Typicals, Generieren von Pro-
jektunterlagen) und beschreibt auf diese Weise den typischen Funktionsumfang für
das Detail-Engineering.
194 6 Einsatz von CAE-Systemen

Detail-Engineering

1. Entwickeln des Verkabelungskonzepts und Einrichten


der „Ortswelt“ (örtliche Gliederung der Automatisie-
rungsanlage)

2. Verbinden der EMSR-Stellenelemente (Geräte) ent-


sprechend Verkabelungskonzept über Kabel, Klem-
menleisten, Klemmen und Anschlüsse

3. Entwickeln von EMSR-Stellenplan-Typicals und Zu-


weisung zu EMSR-Stellen

4. Generieren der für die Abwicklungsphase benötigten


Unterlagen (z. B. EMSR-Stellenpläne, Klemmenpläne,
Kabellisten, …)

Bild 6–2: Typischer Funktionsumfang für das Detail-Engineering

Das Verkabelungskonzept ist entsprechend den Hinweisen aus Abschnitt 3.2 (vgl.
Bild 3–4, Bild 3–5 sowie Bild 3–6) zu entwickeln. Mit dem in CAE-Systemen häufig
verwendeten Begriff „Ortswelt“ ist die örtliche Gliederung einer Automatisierungsanla-
ge gemeint. Im Allgemeinen umfasst diese örtliche Gliederung gemäß Abschnitt
3.3.4.4 (Bild 3–75) mindestens die Ebenen
x „Feld“:
- Aufstellungsort für die verfahrenstechnischen Komponenten (z. B. Behälter,
Apparate, Aggregate),
- Einbauort für Mess- bzw. Stelleinrichtungen, örtliche Wandler sowie örtliche
Verteiler (in der Feldebene installierte Klemmenkästen),
x „Schaltraum“:
- Aufstellungsort für Schaltschränke,
- Einbauort für SPS-Technik sowie Wandler (Messumformer),
x „Prozessleitwarte“:
- Aufstellungsort für Schaltschränke,
- Einbauort für Komponenten zur Bedienung und Beobachtung (z. B. Rechen-
technik für Bedien- und Beobachtungssysteme von Prozessleitsystemen).
6.2 Typischer Funktionsumfang 195

Jede Ebene kann – abhängig vom konkreten Anwendungsfall – mit Unterebenen un-
tergliedert werden. Um EMSR-Stellenelemente gemäß Verkabelungskonzept über
Kabel, Klemmenleisten, Klemmen und Anschlüsse miteinander verbinden zu können,
werden in Montagegerüsten153, örtlichen Verteilern154 sowie Schaltschränken und
Baugruppenträgern Steckplätze, die wie Platzhalter für die konkreten EMSR-Geräte
zu betrachten sind, eingerichtet.
Damit die EMSR-Stellenpläne quasi „auf Knopfdruck“ generiert werden können, muss
der EMSR-Stelle zuvor ein sogenanntes Typical (Stromlaufplan mit Platzhaltern für
z. B. Betriebsmittelkennzeichnungen, Gerätebezeichnungen, Anschluss- zw. Klem-
menleistenbezeichnungen) zugewiesen werden.155 Klemmenpläne, Kabellisten etc.
lassen sich in der gleichen Weise wie die EMSR-Stellenlisten, Verbraucherlisten,
EMSR-Stellenblätter usw. erzeugen.
Da nicht jedes CAE-System für die Projektierung von Automatisierungsanlagen das
Erstellen von Montageanordnungen (Hook-up’s) bzw. Schaltschrank-Layouts unter-
stützt, wurden die diesbezüglichen Funktionen im Bild 6–2 aus dem typischen Funkti-
onsumfang ausgeklammert.

153 Montagegerüste werden vorzugsweise als Unterebenen in der Ebene „Feld“ ein-
gerichtet und dienen beispielsweise zur Aufnahme örtlich installierter Messum-
former von Messeinrichtungen.
154 Örtliche Verteiler werden wie Montagegerüste vorzugsweise als Unterebenen in
der Ebene „Feld“ eingerichtet und dienen im Allgemeinen zur Aufnahme von
Klemmenleisten, von denen aus sogenannte Stammkabel zur Ebene „Schalt-
raum“ geführt werden (vgl. Abschnitt 3.2).
155 Vom Hersteller des CAE-Systems werden Typicals mitgeliefert, die mit den
gleichfalls mitgelieferten Editoren geändert bzw. neu erstellt werden können.
7 Kommerzielle Aspekte

7.1 Einführung
Die Ausführungen in den vorangegangenen Abschnitten waren – mehr oder weniger –
technikorientiert, weil diese Themen die hauptsächliche Substanz der Projektierungs-
arbeit für Automatisierungsanlagen sind. Weil aber bereits in den ersten Etappen der
Projektierung kommerzielle Erfordernisse eine Rolle spielen, sollen hier Kalkulation
und Angebotsaufbau näher betrachtet werden. Wie aus der Übersicht zum Projektie-
rungsumfang (siehe Abschnitt 2) hervorgeht, sind diese Aspekte bereits in der Akqui-
sitionsphase (vgl. Bild 2–1) zu berücksichtigen. Folgerichtig ist daher die Kalkulation
Bestandteil des die Akquisitionsphase durchdringenden Planungs- und Koordinie-
rungsinhalts (vgl. Bild 2–4) und bildet gleichzeitig eine wesentliche Grundlage des
Angebots. Beide Aspekte werden im Folgenden näher betrachtet.

7.2 Hinweise zur Kalkulation von Automatisierungsprojekten

7.2.1 Allgemeines Kalkulationsmodell


Den Erläuterungen zur Kalkulation wird hier das nachfolgend dargestellte allgemeine
Kalkulationsmodell zugrundegelegt (Bild 7–1). Es soll zeigen, wie sich der Gesamt-
Nettopreis einer Automatisierungsanlage zusammensetzt und ist daher preisorientiert
aufgebaut.156

156 Üblicherweise wird die Kalkulation auf Basis der ermittelten Kosten K erarbeitet.
Um daraus den Preis P zu ermitteln, wird auf die zuvor ermittelten Kosten K
die in Prozent anzugebende Vetriebsspanne Vsp entsprechend der Beziehung
P=K/(1-(Vsp/100%)) aufgeschlagen. Der besseren Übersicht wegen wurde dieser
Schritt im Bild 7–1 jedoch nicht mit dargestellt.
7.2 Hinweise zur Kalkulation von Automatisierungsprojekten 197

Basic-En- Preiskom-
Kalkulation ponente 1
gineering Hard-/Software
(Abschn. 7.2.2)
Komponen-
Preiskom- ten-Netto-
Leittechni- Kalkulation Ge-
ponente 2 preis
sches Men- Engineering samt-
gengerüst Netto-
(Abschn. 7.2.3) preis
Preiskom-
Kalkulation
ponente 3
Rahmen- Montage und In-
terminplan betriebsetzung
(für Personal- (Abschn. 7.2.4)
Kalkulation
einsatz- und Neben-„kosten“
Produktions-
planung) Hauptkomponenten (Abschn. 7.2.5)

Hinweis: Die Plausibilitätsprüfung der Anteile der Hauptkomponenten am Komponen-


ten-Nettopreis kann auf Basis von Tabelle 7–1 durchgeführt werden.
157
Bild 7–1: Allgemeines Kalkulationsmodell

Das leittechnische Mengengerüst als Kalkulationsgrundlage ist Resultat des Basic-


Engineerings (siehe Abschnitt 3.3.3). Es entsteht, indem zunächst anhand des R&I-
Fließschemas ermittelt wird, welche Prozessgrößen (z. B. Druck, Temperatur, Füll-
stand etc.) wie zu verarbeiten sind (z. B. messen, steuern, regeln, anzeigen, überwa-
chen, stellen usw.). Anschließend werden auf der Grundlage dieser Informationen
ermittelt:
x erforderliche Mengen von Messeinrichtungen, Kompaktreglern, Baugruppen158
speicherprogrammierbaren Steuerungen,159 Stelleinrichtungen sowie Kabel, Mon-
tagematerial und Gefäßsysteme (z. B. Schaltschränke oder Feldverteiler) für die
Kalkulation von Hard-/Software,160
x Aufwendungen für Konfiguration und Parametrierung von Mess- bzw. Stelleinrich-
tungen, speicherprogrammierbaren Steuerungen, Prozessleitsystemen einschließ-
lich Beschaffung und Projektmanagement für die Kalkulation des Engineerings,

157 Die Kalkulation des Detail-Engineerings ist in der Kalkulation des Engineerings
enthalten. Daher wird das Detail-Engineering im Bild 7–1 nicht explizit mit aufge-
führt.
158 Gemeint sind Analogeingabe-/Analogausgabe- bzw. Binäreingabe-/Binäraus-
gabe- sowie Sonderbaugruppen.
159 separat bzw. als Bestandteil eines Prozessleitsystems
160 Bezüglich Software siehe Abschnitt 7.2.2
198 7 Kommerzielle Aspekte

x Aufwendungen für Montage und Inbetriebsetzung von Mess- bzw. Stelleinrichtun-


gen, speicherprogrammierbaren Steuerungen, Prozessleitsystemen einschließlich
Kabel und Montagematerial für die Kalkulation von Montage/Inbetriebsetzung.
Dabei ist zu beachten, dass bei der Kalkulation von sowohl Engineering als auch Mon-
tage und Inbetriebsetzung der Rahmenterminplan mit einzubeziehen ist, um z. B. Tä-
tigkeiten außerhalb der „Normal“-Arbeitszeit161 mit entsprechend angepassten Stun-
densätzen berücksichtigen zu können. Weiterhin sind in der Kalkulation Neben-
„Kosten“ zu berücksichtigen, die z. B. Aufwendungen für Fracht und Verpackung, Ver-
sicherungen, Reisekosten etc. beinhalten. Sie werden im Allgemeinen mittels Pro-
zentsätzen, die jeweils auf die Preiskomponenten 1 bis 3 bezogen werden, in den
Gesamt-Nettopreis162 einbezogen.

7.2.2 Kalkulation von Hard- und Software


Kalkulationsrelevante Hardwarekomponenten sind:
x Feldgeräte (Mess- und Stelleinrichtungen),
x Warteneinrichtung,
x Automatisierungssystem (Kompaktregler, speicherprogrammierbare Steuerungen
im separaten Einsatz und/oder als integraler Bestandteil eines Prozessleitsy-
stems),
x Rechentechnik für Prozessdatenverarbeitung, Bedien- und Beobachtungssystem
sowie Engineeringsystem,
x Bussysteme und Interfaces.
Kalkulationsrelevante Softwarekomponenten sind:
x Systemsoftware für Automatisierungs-, Bedien- und Beobachtungs-, Engineering-
system (vgl. Abschnitt 3.4.5.1),
x Betriebssysteme für Rechentechnik,
x Sonstige Standard- bzw. Ergänzungssoftware (Excel, Access, C++ etc.).
Preiskomponente 1 (Bild 7–1) für Hard- und Software wird durch Multiplikation von
Einzelpreisen mit den Mengen entsprechend des leittechnischen Mengengerüstes
ermittelt. Häufig wird die Preisermittlung durch firmeneigene Kalkulationsinstrumente
unterstützt.

7.2.3 Kalkulation des Engineerings


Kalkulationsrelevante Engineeringkomponenten sind:
x Projektmanagement (Projektabwicklung) einschließlich Termin- und Personalein-
satzplanung,
x Detail-Engineering einschließlich

161 In vielen Unternehmen gilt als „Normal“-Arbeitszeit die Arbeitszeit montags bis
freitags 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr.
162 Der Gesamt-Bruttopreis ergibt sich aus dem Gesamt-Nettopreis zzgl. Umsatz-
steuer.
7.2 Hinweise zur Kalkulation von Automatisierungsprojekten 199

- ggf. erforderlicher Überarbeitung (Präzisierung) von Unterlagen des Basic-


Engineerings (R&I-Fließschema, EMSR-Stellenliste usw.),
- Erarbeitung von Pflichtenheft, EMSR-Stellenplänen, Verkabelungsunterlagen,
Schaltschrank-Layouts usw.,
- Erarbeitung der Anwendersoftware
- Beschaffung von Hard- und Software,
- Dienstleistungen (z. B. Schulung, Softwareinstallation).

Zur Preisermittlung wird zunächst dem R&I-Fließschema der Umfang an Automatisie-


rungsfunktionen (welche Prozessgrößen sind wie zu verarbeiten) entnommen und
anschließend Preiskomponente 2 (Bild 7–1) für das Engineering durch Hochrechnung
über Typicalpreise bzw. an Stundensätze gebundenen zeitlichen Aufwand bestimmt.
Dabei ist zu beachten:
x Die Stundensätze variieren in Abhängigkeit von der Qualifikation der Mitarbeiter
und dem Zeitpunkt, zu dem Arbeiten ausgeführt werden sollen (z. B. außerhalb
der „Normal“-Arbeitszeit),
x Der Zeitaufwand ist von der Anzahl der gleichzeitig im Projekt tätigen Mitarbeiter
abhängig.
Die dafür erforderlichen Angaben sind dem Rahmenterminplan zu entnehmen, der –
wie bereits ausgeführt – eine wichtige Kalkulationsgrundlage ist. Auch hier wird die
Kalkulation häufig durch firmeneigene Kalkulationsinstrumente unterstützt.

7.2.4 Kalkulation von Montage und Inbetriebsetzung


Kalkulationsrelevante Komponenten von Montage und Inbetriebsetzung sind:
x Kabel, Montagematerial (z. B. Panzerrohre, Kabelpritschen, Befestigungselemen-
te) und Kleinmaterial (z. B. Schrauben),
x Montageleistungen,
x Leittechnische163 und verfahrenstechnische164 Inbetriebsetzung.
Zur Preisermittlung wird bei der Kalkulation des Materials (Kabel bzw. Montagemate-
rial) in gleicher Weise wie bei der Kalkulation von Hard-/Software (siehe Abschnitt
7.2.2) verfahren. Bei der Kalkulation von Montage- bzw. Inbetriebsetzungsleistungen
wird wie bei der Kalkulation des Engineerings (siehe Abschnitt 7.2.3) verfahren. Das
Ergebnis ist somit Preiskomponente 3 (Bild 7–1).
Soll mit der Montage eine Fremdfirma beauftragt werden, schreibt die projektausfüh-
rende Firma die Montage aus. Die projektausführende Firma kalkuliert in diesem Fall
die Preiskomponente für die Montage auf Basis des Angebotspreises derjenigen
Fremdfirma, die den Zuschlag für das Montageprojekt erhalten hat.

163 Die leittechnische Inbetriebsetzung (auch „kalte“ IBS genannt) umfasst den Test
der Signalwege sowie die Kalibrierung von Mess- bzw. Stelleinrichtungen.
164 Die verfahrenstechnische Inbetriebsetzung (auch „heiße“ IBS genannt) umfasst
den Test von verfahrenstechnischer und Automatisierungsanlage unter realen
Produktionsbedingungen.
200 7 Kommerzielle Aspekte

7.2.5 Kalkulation von Nebenkosten


Kalkulationsrelevante Neben-„Kosten“ sind:
x Finanzierungskosten (Kapitalkostensatz gemäß firmenspezifischer Festlegung),
x Reisekosten,
x Versand und Verpackung,
x Versicherungen (z. B. Transportversicherung),
x Zölle,
x Währungsrisiko,
x Abwicklungsrisiko.

Der Preis für die Neben-„Kosten“ wird wie folgt ermittelt:


x Reisekosten: Kosten pro Reise (Fahrtkosten, Übernachtung, Reisestunden, Tage-
geld) x Anzahl der Reisen,
x Versicherungen: Ansatz gemäß Angaben der Versicherer,
x „Übrige“ Nebenkosten: Berechnung über firmenspezifisch festgelegte und auf die
Preiskomponenten bezogene Prozentsätze. Folgende Richtwerte haben sich für
Versand und Verpackung bzw. Abwicklungsrisiko als sinnvoll erwiesen:
- Versand und Verpackung: 2…3% von Preiskomponente 1 für Hard-/Software,
- Abwicklungsrisiko: bis zu 10% des Komponenten-Nettopreises.

7.2.6 Kontrollmöglichkeit bezüglich Aufteilung des Komponenten-


Nettopreises auf die Hauptkomponenten
Wie bereits im Bild 7–1 angedeutet, ist nach erfolgter Kalkulation eine Plausibilitäts-
prüfung bezüglich des Anteils von Preiskomponente 1, 2 bzw. 3 am Komponenten-
Nettopreis möglich und zur Untermauerung der kalkulierten Preise bzw. zur Vorberei-
tung nachfolgender Preisverhandlungen zu empfehlen.
Aus der Literatur (z. B. [50]) sind verschiedene Ansätze zur Aufteilung des Gesamt-
nettopreises bekannt. Anliegen der nachfolgenden Ausführungen ist es, auf Basis
dieser Ansätze eine Kontrollmöglichkeit für die Aufteilung des Komponenten-
Nettopreises auf die Hauptkomponenten des im Bild 7–1 dargestellten Kalkulations-
modells zu schaffen. Ohne die Allgemeinheit einschränken zu wollen, soll das Kalkula-
tionsmodell auf Automatisierungsanlagen angewendet werden, die mit Prozessleit-
systemen ausgerüstet sind.165
Die Gesamtinvestition zur Errichtung einer Produktionsanlage (z. B. petrochemische
Anlage, Pharma-Anlage, Kraftwerk) ist im Allgemeinen auf mehrere Gewerke, die in
Ausschreibungen auch als Lose bezeichnet werden, aufgeteilt. Nach [50] kann man

165 Sinngemäß sind die nachfolgenden Ausführungen auch auf mit SPS-Technik
ausgerüstete Automatisierungsanlagen übertragbar. Einen Sonderfall bilden An-
lagen, die nicht mit einem Bedien- und Beobachtungssystem ausgerüstet sind.
Bei solchen Anlagen reduzieren sich die Aufwendungen für das Engineering so-
wie die Montage und Inbetriebsetzung.
7.2 Hinweise zur Kalkulation von Automatisierungsprojekten 201

sinngemäß folgende typische Lose in Produktionsanlagen unterscheiden: Bau, Elek-


trotechnik, MSR-Technik (Prozessleittechnik), Rohrleitungen, Montage, Maschinen
und Apparate. Setzt man die Gesamtinvestition mit 100% an, so entfallen nach [50] im
statistischen Mittel ca. 15% der Gesamtinvestition auf die EMSR-Technik bei einer
Streuung von ca. ±9% um diesen Mittelwert. Diese Streuungen werden im Wesentli-
chen durch folgende Faktoren verursacht [50]:166
1. Domäne (z. B. Petrochemie, Pharmaindustrie, Kraftwerk), der die zu errich-
tende Anlage zuzuordnen ist,
2. Anlagengröße, die sich in der Zahl der EMSR-Stellen oder dem Komplexitäts-
grad der Kontrolllogik ausdrücken lässt.
Ein gewisser Anteil der angegeben Streuung rührt sicherlich auch daher, dass die in
den ausgewerteten Anfragen [50] enthaltenen Anforderungen an Hard-/Software, En-
gineering sowie Montage und Inbetriebsetzung unterschiedlich ausgeprägt waren.167
In Auswertung der angegebenen Literatur sowie durch Zusammenarbeit mit Indu-
striepartnern ist es möglich, für Neuanlagen geltende richtungweisende prozentuale
Anteile zur Aufteilung des Komponenten-Nettopreises für die Prozessleittechnik auf
die Hauptkomponenten festzulegen (Tabelle 7–1) und somit als Kontrollmöglichkeit zu
nutzen.

Tabelle 7–1: Aufteilung des Komponenten-Nettopreises auf die Hauptkomponenten


„Hard-/Software“, „Engineering“, „Montage und Inbetriebsetzung“ bei Neuanlagen
Komponente Prozentsatz

Hard-/Software 40%
Engineering 45%
Montage und Inbetriebsetzung 15%

Im Zusammenhang mit den in Tabelle 7–1 genannten prozentualen Angaben ergibt


sich die nicht unbegründete Frage nach dem prozentualen Anteil der Nebenkosten am
Gesamt-Nettopreis. Hier kann nur festgestellt werden, dass Nebenkosten immer mit
Blick auf das konkrete zu kalkulierende Projekt mit seinen Anforderungen gemäß den
im Abschnitt 7.2.5 enthaltenen Hinweisen kalkuliert werden müssen und daher eine
allgemeine Prozentangabe wenig bzw. gar nicht tauglich wäre.168

166 Entsprechend [50] ist auch der Standort mit seinen Bedingungen als dritter Ein-
flussfaktor mit zu berücksichtigen. Die Autoren des vorliegenden Buches sehen
diesen Faktor in der Kalkulation einer Automatisierungsanlage im Vergleich zu
den anderen genannten Faktoren aber eher als von untergeordneter Bedeutung
an.
167 Ein Beispiel hierfür ist, dass der Lieferant einer Automatisierungsanlage in einem
Projekt die gesamte Stelleinrichtung (z. B. Stellventil mit zugehörigem Antrieb), in
einem anderen Projekt jedoch nur die Stellantriebe zu liefern hat.
168 Am Beispiel der Kalkulation von Reisekosten zeigt sich dies deutlich: Bei Projek-
ten „vor der Haustür“ sind z. B. so gut wie keine Reisekosten zu kalkulieren, was
202 7 Kommerzielle Aspekte

7.3 Hinweise zu Projektakquisition sowie Angebotsaufbau

7.3.1 Projektaquisition
Wie bereits im Abschnitt 2 erläutert, wird im Rahmen des vorliegenden Buches von
einem durch eine Projektierungsfirma (Auftragnehmer) typischerweise realisierten
Projektablauf ausgegangen, der im Wesentlichen durch folgende nacheinander abzu-
arbeitende Phasen beschrieben wird:
x Akquisitionsphase (vgl. Bild 2–1),
x Abwicklungsphase (vgl. Bild 2–2) und
x Servicephase (vgl. Bild 2–3).
Gegenstand der nachfolgenden Betrachtungen ist die Akquisitionsphase, in der sich
der Auftragnehmer um den Auftrag bemüht. Sie umfasst diejenigen Tätigkeiten, die
mit dem im Bild 2–1 dargestellten Ablauf, der sich vom Projektstart bis hin zur Verga-
be erstreckt, verbunden sind.
Der Projektstart setzt voraus, dass Auftraggeber Investitionen planen. Als diesbezügli-
che Informationsquellen können dienen:
x Kontakte zu Auftraggebern,
x Anfragen von Auftraggebern mit der Bitte um Abgabe eines sogenannten Bud-
getangebotes,169
x Amtsblätter (z. B. Amtsblätter der jeweiligen Bundesländer, Amtsblatt der Europä-
ischen Gemeinschaft, etc.).
Als wichtigste Informationsquellen sind sicherlich Kontakte zu Auftraggebern zu be-
trachten, weil man so im Vergleich zu den übrigen genannten Möglichkeiten am frü-
hesten von beabsichtigten Investitionen Kenntnis erhält. Je früher ein Auftragnehmer
Kenntnis von einer geplanten Investition hat, desto mehr Zeit bleibt ihm, zu gegebener
Zeit ein überzeugendes Angebot vorzulegen, d. h. desto größer sind seine Chancen
bei der Auftragsvergabe.
Hat ein Auftragnehmer Kenntnis über die beabsichtigte Investition eines Auftragge-
bers erlangt, so wird er im Allgemeinen mit diesem Auftraggeber telefonisch oder
schriftlich (z. B. per E-Mail) Kontakt aufnehmen, um einen Termin für ein persönliches
Gespräch im Rahmen eines Kundenbesuchs zu vereinbaren. Im Verlauf dieses Ge-
sprächs werden meist folgende Schwerpunkte angesprochen:

jedoch eher selten vorkommt. Im allgemeinen Fall ist die Automatisierungsanlage


an einem Ort zu errichten, der sich viele Kilometer von der Niederlassung der pro-
jektausführenden Firma entfernt befindet. Dadurch wird die Kalkulation der Rei-
sekosten für ein konkretes Projekt entfernungsabhängig. Hinzu tritt, dass abhän-
gig vom Projektumfang und Schwierigkeitsgrad (z. B. Pilotanlage für ein neues
Produktionsverfahren) unterschiedlich viele Reisen erforderlich sind.
169 Budgetangebote (unverbindliche Schätzpreisangebote) werden von Auftragge-
bern dazu verwendet, im Sinne einer groben Schätzung einen ungefähren Über-
blick über das für die Investitionsplanung zu berücksichtigende Budget zu erlan-
gen.
7.3 Hinweise zu Projektakquisition sowie Angebotsaufbau 203

x Art und Umfang der Investition,


x Ziele, die der Auftraggeber mit der Investition erreichen will,
x Projektorganisation (Ansprechpartner sowie zeitlicher Rahmen, in dem das Pro-
jekt realisiert werden soll).
Die Auskünfte des Auftraggebers zu den genannten Schwerpunkten ermöglichen es
dem Auftragnehmer, die in der nach der Kontaktaufnahme folgenden Kundenanfrage
genannten Anforderungen, welche häufig in einem Lastenheft niedergelegt sind, treff-
sicher zu interpretieren. Dadurch gelingt es ihm, das Angebot170 auf die Ziele des Auf-
traggebers auszurichten und überzeugend diejenige Lösung vorzuschlagen, die dem
Auftraggeber im Sinne der angestrebten Ziele den größten Nutzen verspricht.
Hat der Auftraggeber alle ihm vorliegenden Angebote ausgewertet, schließen sich die
Vergabeverhandlungen mit den anbietenden Auftragnehmern (Anbieter) an. Folgende
Schwerpunkte werden im Rahmen von Vergabeverhandlungen diskutiert:
x Erfüllung der technischen Anforderungen,
x Vertragsbedingungen171 (z. B. Haftung, Gewährleistungsfrist, Lieferbedingungen
und -frist),
x Preis.
Meist erhalten die Anbieter im Rahmen der Vergabeverhandlungen die Gelegenheit,
ihr Angebot zu präsentieren. Damit die Angebotspräsentation optimal auf die Zuhörer
ausgerichtet werden kann, ist es zweckmäßig, den Kreis der Zuhörer entsprechend
ihrer spezifischen Interessen in Gruppen zu unterteilen, wie folgendes Beispiel zeigt:
x Entscheider (z. B. Geschäftsführer oder Vorstandsgremium), welche die Kaufge-
nehmigung erteilen und sich auf die Auswirkungen des Angebots auf Unterneh-
men und Geschäftsergebnis sowie die Sicherung des Return on Investment (ROI)
konzentrieren,
x Coach (z. B. Accountmanager172), der den Anbieter durch den Verkaufsprozess
führt und sich auf den Erfolg des Anbieters konzentriert,
x Wächter (z. B. Unternehmensberater, Ingenieurbüros), die im Vergabeprozess als
Prüfungsinstanz fungieren und sich auf die Erfüllung der Anforderungen an die
angebotenen Lieferungen (Produkte) und Leistungen konzentrieren,
x Anwender, welche die angebotenen Lieferungen und Leistungen nutzen werden
und sich daher auf den Nutzen der angebotenen Lieferungen und Leistungen für
die tägliche Arbeit konzentrieren.
Die Angebotspräsentation optimal auf die Zuhörer auszurichten heißt, in der Projekt-
präsentation auf das den Interessen der jeweiligen Zuhörergruppe entsprechende
Informationsbedürfnis gezielt einzugehen. Demzufolge ist die Angebotspräsentation

170 Erläuterungen zum Angebotsaufbau siehe Abschnitt 7.3.2.


171 Nähere Erläuterungen siehe Abschnitt 7.3.2.3.
172 Account-Manager werden auf Anbieterseite häufig eingesetzt, um die Aktivitäten
der einzelnen Geschäftsbereiche des Anbieters gegenüber wichtigen Kunden
(potentielle Auftraggeber) zu koordinieren. Der Kundenvorteil besteht darin, dass
für alle geschäftlichen Angelegenheiten auf Anbieterseite immer die gleiche Per-
son – der Account-Manager – als erster Ansprechpartner zur Verfügung steht.
204 7 Kommerzielle Aspekte

so aufzubauen, dass sie den Zuhörern des jeweiligen Zuhörerkreises überzeugend


beantwortet, wie durch den im Angebot unterbreiteten Lösungsvorschlag die vom
betreffenden Zuhörerkreis verfolgten Interessen verwirklicht werden.

Abhängig vom mit dem Projekt verbundenen Investitionsvolumen führt der Auftragge-
ber häufig mit jedem der Anbieter mehrere Vergabeverhandlungen. Bei Vergabever-
handlungen, an denen auf Auftraggeberseite Entscheider teilnehmen, stehen für diese
Gruppe insbesondere Antworten auf folgende Fragen im Mittelpunkt:
x Wie beeinflussen die angebotenen Lieferungen und Leistungen die Geschäftsstra-
tegie des Unternehmens?
x Welchen Mehrwert bringen sie für das Unternehmen?
x Woraus besteht der im Angebot dargestellte Ansatz?
x Welches sind die Risiken des Ansatzes, und wie werden sie unter Kontrolle gehal-
ten?
x Welche Ressourcen werden auftraggeberseitig benötigt?
x Warum soll der Auftrag mit dem Anbieter statt mit einem der Konkurrenten reali-
siert werden?
Wenn es dem Anbieter gelingt, sowohl Angebot als auch Vergabeverhandlungen ein-
schließlich Angebotspräsentationen im dargestellten Sinn überzeugend zu gestalten,
kommt es zum Vertragsabschluss mit dem Auftraggeber, wodurch die Akquisi-
tionsphase abgeschlossen wird.

7.3.2 Angebotsaufbau
7.3.2.1 Prinzipielles
Die Erarbeitung des Angebots173 ist gemäß Bild 2–1 ein Teilschritt der Akquisitions-
phase. Es gleicht einer Bewerbung und ist daher mit entsprechender Sorgfalt zu erar-
beiten. Wie für eine gute Bewerbung ist für ein gutes Angebot ausschlaggebend, dass
es mit seinem Aufbau und dem auf die Interessen und Bedürfnisse seiner Empfänger
ausgerichteten Inhalt die Erfüllung der gestellten Anforderungen sowie den Nutzen der
angebotenen Lieferungen und Leistungen überzeugend vermittelt. Ziel der folgenden
Ausführungen ist es daher, ein paar diesbezügliche Empfehlungen für den Angebots-
aufbau zu geben.
Die aktuelle Vergabepraxis zeigt, dass eine prinzipielle Gliederung des Angebots in
x allgemeinen Teil,
x kommerziellen Teil,
x technischen Teil
günstig ist.

173 Auf die Erarbeitung von Budgetangeboten wird im Rahmen des vorliegenden
Buches nicht eingegangen, weil sie in der Praxis der Angebotserstellung (d. h. im
„Tagesgeschäft“) im Vergleich zum hier betrachteten verbindlichen Angebot nicht
so häufig vorkommen.
7.3 Hinweise zu Projektakquisition sowie Angebotsaufbau 205

Anliegen des allgemeinen Teils ist es, hauptsächlich den am Vergabeprozess beteilig-
ten Entscheidern (vgl. Abschnitt 7.3.1) das Angebot im Kurzüberblick zu präsentieren
und dabei vorzugsweise diejenigen Fragen zu beantworten, die sich den Entscheidern
im Vergabeprozess stellen. Mit anderen Worten: Der allgemeine Teil ist darauf auszu-
richten, hauptsächlich die Entscheider vom Nutzen der angebotenen Lieferungen und
Leistungen zu überzeugen. Daher hat gerade dieser Teil eine enorme Bedeutung für
die Vergabe, weil er aus den genannten Gründen den Vergabeprozess entscheidend
beeinflussen kann. Der kommerzielle Teil enthält die Vertragsbedingungen, mit denen
Auftragnehmer und Auftraggeber z. B. Liefer- und Leistungsumfang, Haftung, Liefer-
frist, Gewährleistungsfrist, Zahlungsbedingungen usw. vereinbaren. Im technischen
Teil werden die angebotenen Lieferungen und Leistungen schließlich detailliert be-
schrieben.
Richtet sich der allgemeine Teil an Entscheider bzw. Coach, so sind der kommerzielle
bzw. technische Teil an die Wächter bzw. Anwender adressiert. Mit der vorgeschlage-
nen Dreiteilung ist es daher möglich, die im Angebot enthaltenen Informationen emp-
fängerbezogen, d. h. orientiert an den Interessen und Informationsbedürfnissen der
genannten Gruppen gezielt darzustellen. Auf diese Weise entsteht also ein im Sinne
der im Abschnitt 7.3.1 dargelegten Ausführungen überzeugendes Angebot.
In den folgenden Abschnitten wird der Aufbau des allgemeinen, kommerziellen sowie
technischen Teils näher betrachtet. Dabei ist zu beachten, dass die genannten Teile –
obwohl sie inhaltlich klar voneinander getrennt sind – in der Angebotsgliederung flie-
ßend ineinander übergehen. Ein Beispiel zur Gliederung eines Angebots, aus dem der
hier überblicksartig beschriebene Angebotsaufbau ersichtlich wird, ist Anhang 9 zu
entnehmen.

7.3.2.2 Allgemeiner Teil


Das Anliegen des allgemeinen Teils wurde bereits im Abschnitt 7.3.2.1 angedeutet
und soll mit den nachfolgenden Ausführungen weiter untersetzt werden. Es besteht –
wie bereits erläutert – darin, die am Vergabeprozess beteiligten Entscheider vom Nut-
zen der angebotenen Lieferungen und Leistungen zu überzeugen. Das bedeutet, be-
reits im allgemeinen Teil des Angebots auf wesentliche Fragen einzugehen, die sich
den Entscheidern während des Vergabeprozesses stellen. Diesem Gedanken folgend,
bietet es sich meist an, im allgemeinen Teil auf folgende Schwerpunkte einzugehen:
x Kurzfassung der Aufgabenstellung,
x in hohem Maße aussagefähige und zugleich äußerst kurze Beschreibung der
angebotenen Lieferungen und Leistungen,
x Benennung von Kaufargumenten, d. h. Darstellung von Gründen, warum die an-
gebotenen Lieferungen und Leistungen den Unternehmenswert erhöhen (Steige-
rung der Wettbewerbsfähigkeit),
x Benennung von Gründen für die Zusammenarbeit mit dem Anbieter, z. B.
- vielfach eingesetzte Lösung (vgl. Microsoft versus Open Source),
- Lieferantenkompetenz,
- Zuverlässigkeit und Image des Lieferanten,…
206 7 Kommerzielle Aspekte

Die genannten Schwerpunkte sind auch Bestandteil der Angebotspräsentation (vgl.


Abschnitt 7.3.1) vor den am Vergabeprozess beteiligten Entscheidern, d. h. mit den
Überlegungen, die dem allgemeinen Teil des Angebots zugrunde liegen, wird gleich-
zeitig auch diese Angebotspräsentation mit vorbereitet.
Die immense Bedeutung des allgemeinen Teils liegt – wie an den aufgezählten
Schwerpunkten erkennbar wird – darin, dass sich hierin für den Anbieter die Chance
ergibt, einerseits Vertrauen zu schaffen und andererseits darzustellen, was sein An-
gebot von denen der Mitbewerber unterscheidet, warum sich der potentielle Auftrag-
geber also gerade für das vorliegende und gegen alle anderen Angebote entscheiden
soll. Das angesprochene Vertrauen entsteht, indem der Anbieter mit seinen Ausfüh-
rungen zu den genannten Schwerpunkten zeigt, dass er die Interessen des potentiel-
len Auftraggebers ernst nimmt. In diesem Sinn schafft der Anbieter schon Vertrauen
alleine durch sein Bemühen, im Angebot an exponierter Stelle auf diese Schwerpunk-
te einzugehen. Vor dem Hintergrund, dass Auftraggeber und Auftragnehmer während
der Auftragsabwicklung vertrauensvoll zusammenarbeiten sollen und nicht früh genug
begonnen werden kann, diese Vertrauensbasis zu schaffen, ist diese Tatsache nicht
hoch genug einzuschätzen.
Verstärkt wird die Bedeutung des allgemeinen Teils zusätzlich noch dadurch, dass
hiermit der landläufigen Meinung „Der niedrigste Preis entscheidet!“ entgegengewirkt
werden kann. Wie konnte diese Meinung entstehen? Bei Vergabeprozessen zeigt sich
immer wieder, dass Angebote neben dem auf der ersten Angebotsseite befindlichen
Preis die Vertragsbedingungen sowie den Liefer- und Leistungsumfang enthalten –
nicht mehr und nicht weniger. Setzt man voraus, dass alle Anbieter ihrem Preis den
gleichen Liefer- und Leistungsumfang zugrundegelegt haben, dann bleibt dem poten-
tiellen Auftraggeber keine andere Wahl, als nach dem niedrigsten Preis zu entschei-
den – er hat ja keine anderen Entscheidungskriterien zur Verfügung! Das ändert sich
grundlegend, wenn die Anbieter in den Angeboten im allgemeinen Teil auf die ge-
nannten Schwerpunkte eingehen. Dann entscheidet nicht mehr der niedrigste Preis,
sondern der potentielle Auftraggeber wählt das preiswerteste Angebot, d. h. insbe-
sondere dasjenige, mit dem er sich – emotional ausgedrückt – am wohlsten und si-
chersten fühlt.
Gerade für das Sicherheitsgefühl, also das Gefühl bei einem der Anbieter „gut aufge-
hoben“ zu sein, ist die Benennung von Gründen für die Zusammenarbeit mit dem An-
bieter enorm wichtig. Haben Auftraggeber und Anbieter zuvor bereits bei anderen
Aufträgen erfolgreich zusammengearbeitet, bieten diese zurückliegenden Aufträge
hervorragende Möglichkeiten für den Anbieter, Gründe für die erneute Zusammenar-
beit im allgemeinen Teil des Angebots anzuführen. Ein solcher Grund könnte z. B.
sein, dass ein umfangreicher Auftrag mit einem äußerst anspruchsvollen Zeitplan
erfolgreich bewältigt wurde. Vor diesem Hintergrund haben Abwicklungs- bzw. Ser-
vicephase zurückliegender Aufträge eine hohe Bedeutung bei der Akquisition neuer
Projekte, weil der Anbieter in diesen Phasen seine Leistungsfähigkeit und Zuverläs-
sigkeit unter Beweis stellen kann. Je besser der diesbezügliche Ruf des Anbieters ist,
desto besser kann er dies im allgemeinen Teil des Angebots als Alleinstellungsmerk-
mal im Vergleich zu anderen Anbietern herausstellen, und um so höher sind daher
seine Chancen bei der Auftragsvergabe.
7.3 Hinweise zu Projektakquisition sowie Angebotsaufbau 207

7.3.2.3 Kommerzieller Teil


Der kommerzielle Teil des Angebots enthält Vertragsbedingungen, mit denen Auftrag-
geber und Auftragnehmer sich u. a. zu folgenden Bedingungen vereinbaren:
x Liefer- und Leistungsumfang (wird detailliert meist im technischen Teil beschrie-
ben, der dem Angebot als Anlage beigefügt ist; daher wird im Angebot meist auf
die betreffende Anlage verwiesen),
x Preis und Preisbasis (Festpreis, Aufwandspreis…),174
x Zahlungsbedingungen,
x Eigentumsvorbehalt,
x Lieferfrist, Termine,175
x Versandbedingungen und Liefervorbehalte (Exportbedingungen!),
x Abnahmeprozedur (Gefahrenübergang), Allgemeine
Vertrags-
x Haftung bezüglich bedingun-
– Personen-, Sach- und Vermögensschäden, gen
– Verzug,
– Gewährleistung,
x Gewährleistungsfrist,
x Angebotsbindefrist,
x Gerichtsstand und anwendbares Recht.
Außer dem Liefer- und Leistungsumfang, der abhängig vom Umfang der angefragten
Lieferungen und Leistungen in den jeweiligen Angeboten immer wieder neu zu be-
schreiben ist, sind die allgemeinen Vertragsbedingungen, zu denen der Anbieter seine
Lieferungen und Leistungen potentiellen Auftraggebern am Markt anbietet, nahezu
immer die gleichen. Das können vom Anbieter hierfür individuell ausgearbeitete all-
gemeine Vertragsbedingungen sein, häufig werden aber auch am Markt allgemein
akzeptierte allgemeine Vertragsbedingungen verwendet. Typische Beispiele für den
Anlagenbau sind:
x Allgemeine Bedingungen für Lieferungen und Leistungen der Elektroindustrie [51],
x Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) [52].
x Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) [53].

174 Es sind hierbei nicht nur Preis und Preisbasis zu vereinbaren, sondern auch Ver-
einbarungen zur Preisanpassung bei Änderungen von Lieferungen und Leistun-
gen zu treffen.
175 Bei den Terminen sind nicht nur Liefer- bzw. Abnahmetermin zu vereinbaren,
sondern auch der Termin für den als „Design-Freeze“ bezeichneten Stichtag. Bis
zu diesem Stichtag sind vom Auftraggeber gewünschte Änderungen des Liefer-
und Leistungsumfangs vom Auftragnehmer ohne Mehrkosten für den Auftragge-
ber zu berücksichtigen. Nach diesem Stichtag gilt das nicht mehr, d. h. Änderun-
gen des Liefer- und Leistungsumfangs werden dem Auftraggeber nach den hierzu
getroffenen Vereinbarungen bezüglich Preis und Preisbasis in Rechnung gestellt.
208 7 Kommerzielle Aspekte

Der Idealfall wäre, dass die vom Anbieter in seinem Angebot zugrundegelegten Lie-
ferbedingungen mit den Bestellbedingungen des Auftraggebers übereinstimmen. Das
ist jedoch im Allgemeinen oft nicht der Fall. Besonders strittig sind regelmäßig die
Klauseln bezüglich Haftung sowie Gewährleistungsfrist. Im Rahmen der Vergabever-
handlungen einigen sich daher Auftraggeber und Auftragnehmer auf für beide Seiten
akzeptable allgemeine Vertragsbedingungen, d. h. es entsteht ein Kompromiss. So-
fern beide Vertragsparteien häufiger Verträge miteinander abschließen, kann ein sol-
cher Kompromiss zur Grundlage eines von Auftraggeber und Auftragnehmer anzu-
strebenden Rahmenvertrags werden, auf dessen Basis künftige Verträge abgeschlos-
sen werden. Dadurch können beide Vertragsparteien erheblich Zeit sparen, die sonst
für im Regelfall sehr zähfließend verlaufende Verhandlungen zu den allgemeinen Ver-
tragsbedingungen aufgewendet werden müsste.

7.3.2.4 Technischer Teil


Im technischen Teil des Angebotes werden – wie bereits im Abschnitt 7.3.2.2 erläutert
– die angebotenen Lieferungen und Leistungen detailliert beschrieben. Basis dieser
Beschreibung kann das vom potentiellen Auftraggeber bereitgestellte Lastenheft oder
ein sogenanntes Leistungsverzeichnis (tabellenartige Auflistung der geforderten Liefe-
176
rungen und Leistungen, Aufbau siehe z. B. [54]) sein. Insofern ist die Gliederung
des technischen Teils bereits vorgegeben. Ferner bietet es sich an, die Beschreibung
der Lieferungen und Leistungen als Vorstufe zum Pflichtenheft (vgl. Abschnitt 3.3.4.2)
zu erarbeiten, um während der Abwicklung (siehe Bild 2–2) die Pflichtenheftphase
schneller abschließen zu können und dadurch Zeit zu sparen.

176 Dabei ist zu beachten, dass in der Beschreibung der potentielle Auftraggeber auf
unklare Anforderungen aufmerksam gemacht und außerdem dargestellt wird, was
nicht im Liefer- und Leistungsumfang enthalten ist (Ausschlüsse).
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[52] Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB). Köln: Bundesanzeiger-Verl.,
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[55] König, R.; Quäck, L.: Petri-Netze in der Steuerungstechnik. Berlin: Verlag
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Anhang

Anhang 1: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst


– Komponente „Informationserfassung“
Im Folgenden wird für die Komponente „Informationserfassung“ exemplarisch die aus
Bild 3–51 abzuleitende Strukturtabelle für die Prozessgröße „Stand“ dargestellt (so-
wohl für Signalform „analog“ als auch „binär“). Daraus lassen sich in ähnlicher Weise
die Strukturtabellen für die weiteren in der Verfahrenstechnik wesentlichen Prozess-
größen ableiten (vgl. auch Bild 3–22)
x Dichte (D).
x Durchfluss/Durchsatz (F), Durchflussverhältnis (FF) bzw. Durchflussmenge (FQ),
x Abstand, Länge, Stellung, Dehnung, Amplitude (G),
x Feuchte (M),
x Druck (P) bzw. Druckdifferenz (PD),
x Stoffeigenschaft/Qualitätsgrößen/Analyse (Q),
x Strahlung (R),
x Geschwindigkeit/Drehzahl/Frequenz (S),
x Temperatur T bzw. Temperaturdifferenz (TD),
x Viskosität (V),
x Gewichtskraft/Masse (W).
Zur Strukturtabelle für die Prozessgröße „Stand“ wird nachfolgend eine allgemeine
Strukturtabelle als Vorlage mit bereitgestellt.177
In die einzelnen (nicht gesperrten) Tabellenfelder ist jeweils die Anzahl der im Projekt
benötigten Messeinrichtungen des entsprechenden Typs einzutragen. Bei binären
Messverfahren bietet es sich an, in den Feldern zusätzlich jeweils in Klammern die
Anzahl der erzeugten binären Signale mit anzugeben, um sie damit im leittechnischen
Mengengerüst der Gerätekategorie SPS/PLS einfacher berücksichtigen zu können.178
Felder, die nichtrelevante Kombinationen von Signalarten mit Kategorien179 der Ebe-
nen „Signalform“, „Messverfahren“ sowie „Art der Hilfsenergieversorgung“ beschrei-
ben, werden mit einer Sperrmarkierung versehen. Bei Eintragungen in die Spalte „ört-
lich“ der Kategorie „Signalart“ sind keine Angaben darüber erforderlich, ob es sich um

177 Zur besseren Strukturierung und Unterscheidung wurde in der Spalte „Signalart“
auf die Kategorie „Signalform“ Bezug genommen, obwohl diese Kategorie schon
als eigenständige Spalte existiert.
178 Beispielsweise können mit einer einzigen konduktiven Messeinrichtung mehrere
diskrete Füllstände gleichzeitig überwacht werden. Diese Messeinrichtung liefert
daher mehrere binäre Signale.
179 Die Bezeichnungen von Kategorien sind in den nachfolgenden Tabellen kursiv
geschrieben.
Anhang 1: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst 213

ein analoges oder binäres Einheitssignal handelt, d. h. parallele Angaben in den Spal-
ten mit den Einheitssignalen und in der Spalte „örtlich“ zum gleichen Messverfahren
sind zulässig, wobei in der Spalte „örtlich“ zusätzlich noch die Art der verwendeten
Messeinrichtung angegeben werden kann.

Ggf. sind den Tabellen Zeilen zur Erfassung weiterer Messverfahren hinzuzufügen
bzw. – um spezielle Kategorien-Kombinationen erfassen zu können – Messverfahren
mehrfach aufzuführen. Das betrifft insbesondere Messverfahren, die der Signalform
„binär“ zugeordnet sind. So lässt sich z. B. der Fall berücksichtigen, dass konduktive
Messverfahren zur binären Füllstandsmessung in einem Fall ein Binärsignal, in ande-
ren Fällen jedoch mehrere Binärsignale liefern.
214 Anhang
Anhang 2: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst 215

Anhang 2: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst


– Komponente „Informationsausgabe“
Wie bereits auf S. 67 ausgeführt, ist die Komponente „Informationsausgabe“ aus Sicht
des Signalflusses nach der Komponente „Informationsverarbeitung“ angeordnet. Es
läge daher nahe, sie erst nach Behandlung der Komponente „Informationsverarbei-
tung“ zu betrachten. Für die Erarbeitung des leittechnischen Mengengerüstes ist es
jedoch sinnvoller, die Komponente „Informationsausgabe“ vor der Komponente „In-
formationsverarbeitung“ zu behandeln. Im Folgenden werden die Strukturtabellen für
die Komponente „Informationsausgabe“ dargestellt, wobei in die Tabelle für die Gerä-
tekategorie „Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“ und die Tabelle für
die Gerätekategorie „Arbeitsmaschine mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“ unterschie-
den wird. In die einzelnen (nicht gesperrten) Tabellenfelder der Spalten „Signalart“ 180
bzw. „Anzahl NE“ ist jeweils die Anzahl der im Projekt benötigten Stelleinrichtungen
des jeweiligen Typs einzutragen, wobei in der Gerätekategorie „Drosselstellglied mit
Stellantrieb“ bei Signalform „binär“ sinnvollerweise zusätzlich der Typ des Stellantriebs
(z. B. elektromotorisch, elektromagnetisch) mit anzugeben ist. Bei der Zubehörkatego-
rie „Stellgliedrückmeldung“ (SGRM) bietet es sich an, in den Feldern zusätzlich jeweils
x die Art, in der die Stellgliedrückmeldung realisiert wird (z. B. Widerstandsferngeber
oder mechanische Endlagenschalter) sowie
x in Klammern die Anzahl der erzeugten binären Signale
mit anzugeben, um sie damit im leittechnischen Mengengerüst der Gerätekategorie
SPS/PLS einfacher berücksichtigen zu können. Felder, die nichtrelevante Kombina-
tionen von Signalarten mit Kategorien181 der Ebenen „Signalform“, „Art der Hilfsener-
gieversorgung“ sowie „Zubehör“ beschreiben, werden mit einer Sperrmarkierung ver-
sehen. Bei Eintragungen in die Spalte „örtlich“ der Kategorie „Signalart“ sind keine
Angaben darüber erforderlich, ob es sich um ein analoges 0/4…20 mA-, 0…10 VDC-,
0,2…1 bar- oder binäres 0/24 VDC- bzw. 0,2/1 bar-Einheitssignal handelt, d. h. paral-
lele Angaben in den Spalten mit den Einheitssignalen und in der Spalte „örtlich“ zum
gleichen Zubehör sind zulässig. In den Strukturtabellen werden die folgenden Abkür-
zungen verwendet.
A: Analogsignal KR: Koppelrelais
A/B: Analog-/Binärsignal MCC: Motor-Control-Center
B: Binärsignal NE: Einrichtung für Noteingriff
DR-E: Druckregler (elektropneumatisch) SGRM: Stellgliedrückmeldung
DR-P: Druckregler (pneumatisch) SR-E: Stellungsregler (elektrisch)
DS-E: Druckschalter (elektropneumatisch) SR-P: Stellungsregler (pneumatisch)

180 Zur besseren Strukturierung und Unterscheidung wurde in der Spalte „Signalart“
auf die Kategorie „Signalform“ Bezug genommen, obwohl diese Kategorie schon
als eigenständige Spalte existiert.
181 Die Bezeichnungen von Kategorien sind in den nachfolgenden Tabellen kursiv
geschrieben.
216 Anhang

DS-P: Druckschalter (pneumatisch) VA: Verbraucherabzweig182


FU: Frequenzumrichter

182 Verbraucherabzweige sind Schütze, die im Allgemeinen mit Schutzeinrichtungen


kombiniert sind.
Anhang 3: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst 217

Anhang 3: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst


– Komponente „Informationsverarbeitung“
Im Folgenden werden die Strukturtabellen für die Komponente „Informationsausgabe“
dargestellt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird jede der zugehörigen Gerätekate-
gorien einzeln betrachtet.183

Gerätekategorie „SPS/PLS“
Die Strukturtabelle für die Gerätekategorie „SPS/PLS“ ist in eine Tabelle für SPS-
bzw. PLS-Hardware sowie für Bedien- und Beobachtungseinrichtungen unterteilt. In
diesen Strukturtabellen brauchen die Ebenen „Signalform“ und „Art der Hilfsenergie-
versorgung“ nicht mit berücksichtigt zu werden.184
In die einzelnen (nicht gesperrten) Tabellenfelder der Spalte „Signalart“185 ist jeweils
die Anzahl der im Projekt benötigten Analogeingänge, Analogausgänge, Binäreingän-
ge sowie Binärausgänge des jeweiligen Signaltyps einzutragen. In der Spalte „Anzahl
der Baugruppen“ wird die Anzahl von Baugruppen eines konkreten Baugruppentyps
verdichtet (siehe Legende zur Strukturtabelle). Für Bedien- und Beobachtungseinrich-
tungen (S. 219) ist in der Spalte „Anzahl“ jeweils die Anzahl der pro Gerätetyp benö-
tigten gleichartigen Geräte einzutragen. Ggf. ist in den Tabellen zur Berücksichtigung
verschiedener Ausführungsformen desselben Gerätetyps der betreffende Gerätetyp
mehrfach aufzuführen. In der Spalte „Bemerkung“ können bei besonderer Ausfüh-
rungsart Eigenschaften wie
x Ausführung als Industrie-PC,
x Ausführung als Embedded-PC,
x Eignung für den Einsatz im explosionsgeschützten Bereich etc.
vermerkt werden.
In der Strukturtabelle werden folgende Abkürzungen verwendet:
AE: Analogeingang,
AA: Analogausgang,
BE: Binäreingang,
BA: Binärausgang,
CPU: Central Processing Unit (Zentrale Verarbeitungseinheit),
KB: Kommunikationsbaugruppe (z. B. für Profibusanschluss),
STRVG: Stromversorgung.

183 Die Bezeichnungen von Kategorien sind in den zugehörigen Strukturtabellen kur-
siv geschrieben.
184 Die Ebene „Signalform“ wird nicht mit berücksichtigt, weil diesbezügliche Informa-
tionen bereits aus den Bezeichnungen der Baugruppen für den Anschluss der
analogen bzw. binären Signale hervorgehen. Die Ebene „Art der Hilfsenergiever-
sorgung“ in einer gesonderten Spalte zu berücksichtigen, ist hier nicht sinnvoll,
weil diese Ebene nur die Kategorie „elektrisch“ enthält.
185 Zur besseren Strukturierung und Unterscheidung wurde in der Spalte „Signalart“
auf die Kategorie „Signalform“ Bezug genommen, obwohl diese Kategorie schon
als eigenständige Spalte existiert.
218 Anhang

Gerätekategorie „Wandler und Rechenglieder“


Die Darstellung dieser Gerätekategorie erfolgt zum einen in der Tabelle für die Kate-
gorie „Rechenglieder“ (S. 219) und zum anderen in der Tabelle für die Kategorie
„Wandler“ (S.220).
Tabelle „Rechenglieder“: Bei Rechengliedern ist in der Spalte „Signalart“ jeweils die
Anzahl der im Projekt benötigten gleichartigen Geräte einzutragen.186 Für jeden Re-
chenglied-Typ ist jeweils eine Zeile vorgesehen.
Tabelle „Wandler“:187 In die einzelnen (nicht gesperrten) Tabellenfelder der Spalte „Si-
gnalart“ sind jeweils die Signalarten von Eingangs- bzw. Ausgangssignal, Art der
Hilfsenergieversorgung des Wandlers“ 188 sowie die Anzahl der im Projekt benötigten
gleichartigen Geräte einzutragen. Für jeden Wandlertyp ist dabei jeweils eine Spalte
vorgesehen.
Abkürzungen in den Strukturtabellen:
E: Eingangssignal,
A: Ausgangssignal,
HEV: Hilfsenergieversorgung (des Wandlers).

Gerätekategorie „Kompaktregler“ (S.220)


Das Kriterium „Art der Hilfsenergieversorgung“ (des Kompaktreglers) eignet sich nicht
als Unterscheidungskriterium und wurde daher in der Detailstruktur nicht mit betrach-
tet. Dennoch ist es sinnvoll, der Vollständigkeit halber dieses Kriterium in der Struktur-
tabelle „indirekt“ mit zu berücksichtigen. Hierzu wird in der Strukturtabelle die Spalte
„HEV“ (Hilfsenergieversorgung) zusätzlich eingeführt.
189
In den einzelnen (nicht gesperrten) Tabellenfeldern der Spalte „Signalart“ ist je-
weils die Anzahl der pro Kompaktregler zu verarbeitenden analogen/binären Ein-
gangs- bzw. analogen/binären Ausgangssignale des jeweiligen Signaltyps einzutra-
gen. Daraus ergeben sich bestimmte Signalkonfigurationen. In der Spalte „Anzahl
gleichartiger Geräte entsprechend der definierten Signalkonfiguration“ kann anschlie-
ßend eingetragen werden, wieviele gleichartige Geräte im Projekt benötigt werden.

186 Das Kriterium „Art der Hilfeenergieversorgung des Gerätes“ eignet sich nicht als
Unterscheidungskriterium und wurde daher in der Detailstruktur nicht mit betrach-
tet. Dennoch ist es sinnvoll, der Vollständigkeit halber dieses Kriterium auf diese
Art und Weise hier „indirekt“ mit zu berücksichtigen.
187 Analog-/Digital- bzw. Digital/Analogwandler sind von dieser Gerätekategorie nicht
erfasst, weil sie hier nicht als eigenständige Geräte sondern als Elemente von
Baugruppen der Gerätekategorie „SPS/PLS“ betrachtet werden.
188 Das Kriterium „Art der Hilfeenergieversorgung des Wandlers“ eignet sich nicht als
Unterscheidungskriterium und wurde daher in der Detailstruktur nicht mit betrach-
tet. Dennoch ist es sinnvoll, der Vollständigkeit halber dieses Kriterium wie bei
Wandlern hier „indirekt“ mit zu berücksichtigen.
189 Zur besseren Strukturierung und Unterscheidung wurde in der Spalte „Signalart“
auf die Kategorie „Signalform“ Bezug genommen, obwohl diese Kategorie schon
als eigenständige Spalte existiert.
Anhang 3: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst 219

Jede Signalkonfiguration ist somit einem bestimmten Kompaktreglertyp gleichzuset-


zen. Daher ist für jede Signalkonfiguration jeweils ein Zeilenblock vorgesehen.
In der Strukturtabelle werden folgende Abkürzungen verwendet:
R: Widerstandsferngeber,
W: Widerstandsthermometer,
Th: Thermoelement.
220 Anhang
Anhang 4: Beispiel eines Verkabelungskonzepts 221

Anhang 4: Beispiel eines Verkabelungskonzepts


bei Automatisierung mit Prozessleitsystemen (PLS)
222 Anhang
Anhang 5: Beispiel zur örtlichen Gliederung („Ortswelt“) 223

Anhang 5: Beispiel zur örtlichen Gliederung („Ortswelt“)


224 Anhang

Anhang 6: Ausgewählte Befehle der Fachsprache „AWL“


nach DIN EN 61131-3
Befehlsart Befehl Modifizierer Bedeutung
LD Laden eines Operanden
N *) Speichern eines Operanden bzw. Zwischener-
ST
gebnisses
S setzt booleschen Operanden auf „1“
Bitbefehle R setzt booleschen Operanden auf „0“ zurück
AND
Boolesche UND-Verknüpfung
&
N, (
OR Boolesche ODER-Verknüpfung
XOR Boolesche Exklusiv-ODER-Verknüpfung
ADD Addition
Arithmetik- SUB Subtraktion
(
befehle MUL Multiplikation
DIV Division
GT Vergleich: > (Greater Than)
GE Vergleich: • (Greater or Equal than)
Vergleichs- EQ Vergleich: = (EQual)
(
befehle NE Vergleich: <> (Not Equal)
LE Vergleich: ” (Less or Equal than)
LT Vergleich: < (Less Than)
Unbedingter Sprung zur Sprungmarke
Bedingter Sprung zur Sprungmarke, wenn Bedin-
C
JMP gung erfüllt
Bedingter Sprung zur Sprungmarke, wenn Bedin-
N
gung nicht erfüllt
Unbedingter Aufruf eines Funktionsbausteins
Bedingter Aufruf eines Funktionsbausteins, wenn
C
CAL Bedingung erfüllt
Ablauf-
befehle Bedingter Aufruf eines Funktionsbausteins, wenn
N
Bedingung nicht erfüllt
Unbedingter Rücksprung von Funktion oder Funk-
tionsbaustein
Bedingter Rücksprung von Funktion oder Funk-
RET C
tionsbaustein, wenn Bedingung erfüllt
Bedingter Rücksprung von Funktion oder Funk-
N
tionsbaustein, wenn Bedingung nicht erfüllt
) Klammer schließen
*) „N“ bedeutet Negation
Anhang 7: Ausgewählte Symbole der Fachsprache „AS“ 225

Anhang 7: Ausgewählte Symbole der Fachsprache „AS“


nach DIN EN 61131-3 bzw. DIN EN 60848
226 Anhang

Anhang 8: Grundzüge des prozessmodellbasierten


Entwurfsverfahrens
nach Zander [30], [31], [32]
Grundlegendes zum prozessmodellbasierten Entwurfsverfahren
Kompliziertere Prozesse bzw. komplexere Steuerstrecken werden in Elementarsteu-
erstrecken mit klar abgegrenzten Funktionen und definierten Schnittstellen zerlegt, um
eine übersichtlichere und einfachere Modellierung des Prozesses zu gewährleisten.
Daraus werden dann Modelle in Form von steuerungstechnisch interpretierten Petri-
Netzen (SIPN) erstellt und aus diesen Modellen die Steueralgorithmen abgeleitet.
Zur Steuerung der Prozesse, die in der Steuerstrecke ablaufen, ist eine Steuereinrich-
tung erforderlich. Die Steuerstrecke ist dabei der Prozess, der gesteuert werden
muss, und die Steuereinrichtung bewirkt in der Steuerstrecke die gewünschten Opera-
tionen in der erforderlichen Reihenfolge. Operationen sind beliebige in der Steuerstre-
cke ablaufende Vorgänge. Diese werden von der Steuereinrichtung in Abhängigkeit
von Messsignalen, Signalen von Zeitgliedern und Bediensignalen (z. B. Taster betäti-
gen) gemäß dem in ihr implementierten Steueralgorithmus über Stelleinrichtungen mit
Stellsignalen ausgelöst. Je nach Anwendungsgebiet und Aufgabenstellung kann eine
Operation auf der einen Seite binären Charakter, z. B. Einschalten eines Rührwerkes
oder Füllen eines Behälters, haben. Auf der anderen Seite kann es sich aber auch um
kontinuierliche Vorgänge handeln, z. B. das Heizen mit Regelung der Temperatur.
Wird nun bei der Ausführung einer bestimmten Operation ein im Sinne der steue-
rungstechnischen Zielstellung relevantes Ergebnis erreicht, z. B. Behälter ist gefüllt,
dann hat sich ein neuer Prozesszustand eingestellt, durch den dieses Ergebnis reprä-
sentiert wird. Den damit verbundene Zustandswechsel vom aktuellen Prozesszustand
in den neuen Prozesszustand nach dem Beenden der Operation nennt man Ereignis.
Die Signale, welche die Einnahme des neuen Prozesszustandes an die Steuereinrich-
tung zurückmelden, werden als Ereignissignale bezeichnet. Beim Erreichen des neu-
en Prozesszustandes wird eine neue Operation von dem in der Steuereinrichtung
implementierten Steueralgorithmus in der Steuerstrecke eingeleitet, sobald die Ein-
nahme des neuen Prozesszustandes durch Ereignissignale an die Steuereinrichtung
zurückgemeldet wurde. Da im Allgemeinen im Voraus keine Aussage darüber ge-
macht werden kann, welcher Prozesszustand nach dem Ausführen der Operation
eingenommen wird, d. h. kommen alternative Folgeprozesszustände in Betracht, von
denen sich nur jeweils einer tatsächlich einstellt, spricht man von nichtdeterministi-
schem Verhalten. Dieses Verhalten kann mehrere Ursachen haben: Einerseits kann
es durch unterlagerte Prozesse, z. B. Abnutzungserscheinungen von Werkzeugen
oder parallele Teilprozesse, sowie andererseits durch Störungen, z. B. Werkzeug-
bruch, bewirkt werden. Aus diesem nichtdeterministischen Verhalten gehen nichtde-
terministischen Verzweigungen hervor. Im Bild A8-1 wird dieser Sachverhalt am Bei-
spiel eines willkürlich gewählten Petri-Netzes dargestellt.
Anhang 8: Grundzüge des prozessmodellbasierten Entwurfsverfahrens 227

p1 ‫ݔ‬ଵ
nichtdeterministische
Verzweigung q1 ‫ݕ‬ଵ ‫ݕ ٿ‬
തതതଶ

p2 ሺ‫ݔ‬ଶ ‫ݔ ש‬ଷ ሻǡ ‫ݔ‬ସ

q2 ‫ݕ‬ଷ q3 ‫ݕ‬ଷ

p3 ‫ݔ‬ହ ǡ ‫ݔ‬
തതതǡ
଺ ‫ݍ‬തതത଴ p4 ‫ݔ‬ହ ‫ ଺ݔ‬ǡ ‫݌‬
തതതǡ തതത଻

q4 ‫ݕ‬ସ q5 ‫ݕ‬ହ

Bild A8-1: Darstellung nichtdeterministischen Verhaltens der Steuerstrecke durch


nichtdeterministische Verzweigungen im Prozessnetz190

Der in der Steuereinrichtung ablaufende Steueralgorithmus besitzt im Vergleich dazu


deterministisches Verhalten. Er löst gezielt die nächste Operation aus, wenn sich nach
Beendigung der aktuellen Operation ein neuer Prozesszustand eingestellt hat. Das
bedeutet, ein neuer Prozesszustand erfüllt die Bedingungen an einer Transition in
dem Steueralgorithmus, der in der Steuereinrichtung abläuft, durch den mittels Stell-
signalen eine neue Operation in der Steuerstrecke ausgelöst wird. Der Prozessablauf
sowie der auf dieser Basis entworfene Steueralgorithmus werden mit Hilfe von SIPN
dargestellt, weil sich Abläufe mit graphischen Mitteln anschaulich darstellen lassen
und das SIPN ein hierfür in der Steuerungstechnik gebräuchliches, allgemeines Be-
schreibungsmittel ist.

Grundlegendes zu steuerungstechnisch interpretierten Petri-Netzen (SIPN)


Neben der guten Eignung zur grafischen Darstellung von Abläufen ist bei SIPN von
Vorteil, dass die in den üblichen Automatenmodellen verwendeten Belegungsvektoren
für die Ein- bzw. Ausgangssignale (Ereignissignalvektor bzw. Stellsignalvektor) durch
verkürzte Schaltbedingungen bzw. Aktionen in den Petri-Netzen ersetzt werden kön-
nen, „wodurch eine Nutzung für umfangreichere Steuerungsprobleme der industriellen
Praxis überhaupt erst möglich wird.“ [30]. Darüber hinaus bietet das SIPN auch die
Möglichkeit, parallele Prozesse innerhalb der Steuerstrecke zu modellieren. Dabei
sind mehrere Dinge zu beachten. Zum einen können sich Widersprüche aufgrund der
verkürzten Schaltbedingungen bei alternativen Verzweigungen ergeben. Des Weite-
ren können Durchläufe auftreten. Um diese Entwurfsfehler aufzudecken, ist das den
191
Steueralgorithmus beschreibende SIPN einer Verifikation zu unterziehen. Ferner ist
durch Validierung sicherzustellen, dass der entworfene und in einem SIPN darge-

190 Erläuterungen zum Prozessnetz folgen auf S. 227.


191 Verifikation bedeutet Überprüfung des Steueralgorithmus` auf Verklemmungen,
Durchläufe und Widersprüche, d. h. Aufdeckung von Entwurfsfehlern.
228 Anhang

stellte Steueralgorithmus der zu lösenden Aufgabenstellung gemäß formaler Spezifi-


kation entspricht (Validierung). Bei dem hier zur Anwendung kommenden Typ von
Petri-Netz handelt es sich allgemein um ein binäres Petri-Netz mit Stellen und Transi-
tionen, bei denen jede Markierung m binär ist, d. h. 0 oder 1. Durch entsprechende
Interpretationen dieser Netzelemente gelangt man zum steuerungstechnisch interpre-
tierten Petri-Netz. Von der formulierten, z. B. verbalen Prozessbeschreibung ausge-
hend, wird zunächst das als Prozessnetz bezeichnete SIPN aufgestellt, woraus durch
Rückwärtsverschiebung der Interpretationen des Prozessnetzes das als Steuernetz
bezeichnete SIPN generiert wird. Im Folgenden wird die Interpretation der Netzele-
mente von Prozess- bzw. Steuernetz erläutert.

Prozessnetz
Das Prozessnetz ist das SIPN, welches den nominalen Prozessablauf beschreibt. Es
ist somit als Teilmenge des ebenfalls als SIPN dargestellten Steuerstreckennetzes zu
betrachten, das seinerseits den universellen Prozessablauf beschreibt. Da jedoch für
den Entwurf des Steueralgorithmus nur der nominale Prozessablauf interessiert, wird
beim prozessmodellbasierten Entwurf des Steueralgorithmus` das Prozessnetz und
nicht das Steuerstreckennetz benutzt.
Die Stellen des Prozessnetzes werden mit p bezeichnet, die Transitionen mit q (siehe
Bild A8-1). Die Stellen p des Prozessnetzes werden über die Interpretationen Įi(p) als
Prozesszustände interpretiert, denen Ereignissignale (Bediensignale, Rückmeldesi-
gnale von Stell- bzw. Zeitgliedern etc.) zugeordnet sind. Die Transitionen q werden
über die Interpretationen ȕj(q) als Operationen interpretiert, die mittels zugeordneter
boolescher Ausdrücke in den Stellsignalen y diese Operationen in der Steuerstrecke
auslösen.192 Der Übergang von einem Prozesszustand zum nächsten, dem Folgepro-
zesszustand, wird als Ereignis bezeichnet.
Der im Bild A8-1 dargestellte Ausschnitt eines willkürlich gewählten Prozessnetzes
zeigt den Prozesszustand p1, in welchem sich die Anfangsmarkierung befindet. Da-
durch kann die Transition q1 schalten, d. h. in der Steuerstrecke werden die mit den
Stellsignalen y1 und y2 verbundenen Operationen ausgelöst. Die beiden Stellsignale
müssen konjunktiv miteinander verknüpft sein (siehe Bild A8-1), um zu garantieren,
dass beide gleichzeitig mit den entsprechenden Belegungen aktiv sind. Der Schalt-
ausdruck ȕ(q1) nimmt folglich den Wert 1 an, die Transition schaltet, und die Operation
kann somit ausgeführt werden. Wird der neue Prozesszustand p2 erreicht, d. h. Į(p2)
nimmt den Wert 1 an, sind damit auch die mit den Stellsignalen y1 und y2 verbundenen
Teiloperationen beendet. Die jeweils den Stellen zugeordneten Ereignissignale (siehe
Bild A8-1) können entweder disjunktiv oder konjunktiv miteinander verknüpft sein. Im
Beispiel gemäß Bild A8-1 schließt sich an den Prozesszustand p2 eine nichtdetermi-
nistische Verzweigung an. Die in den Zweigen befindlichen Transitionen sind jeweils
mit der Ausführung der mit dem Stellsignal y3 verbundenen Operation gekoppelt. Im
Ergebnis der Operation kann sich entweder der Prozesszustand p3 oder p4 einstellen.
Aus der Menge der nach der aktuellen Operation möglichen Prozesszustände p3 oder
p4 stellt sich aber nur ein einziger tatsächlich ein, wobei zu Beginn der mit dem Stell-
signal y3 verbundenen Operation im Allgemeinen nicht vorhergesagt werden kann,

192 Die Interpretationen ȕj(q) sind in Prozessnetzen daher Schaltausdrücke in den


Stellsignalen y.
Anhang 8: Grundzüge des prozessmodellbasierten Entwurfsverfahrens 229

welcher. Dieser Sachverhalt wird als funktionsbedingter Nichtdeterminismus bezeich-


net. Die bei der nichtdeterministischen Verzweigung zu berücksichtigenden Folgepro-
zesszustände p3 bzw. p4 müssen zwecks Beobachtbarkeit eindeutig voneinander un-
terscheidbar sein. Das heißt, in dem konkreten Beispiel gemäß Bild A8-1 darf Pro-
zesszustand p3 nicht nur alleine durch das Ereignissignal x5 bzw. Prozesszustand p4
nicht nur alleine durch das Ereignissignal x6 zurückgemeldet werden, da in diesem Fall
die Prozesszustände nicht eindeutig voneinander unterscheidbar sind und dadurch die
Beobachtbarkeit verletzt würde. Daher muss bei einem der beiden Prozesszustände
mindestens ein Ereignissignal eines Prozesszustandes (z. B. x5 bei p3, siehe Bild A8-1)
negiert und konjunktiv mit dem Ereignissignal des jeweils anderen Prozesszustandes
verknüpft werden (‫ݔ‬ҧହ bei p4, siehe Bild A8-1). Dies muss beim Entwurf des Prozess-
netzes unbedingt beachtet werden, damit die Steuereinrichtung später auf den sich
einstellenden Prozesszustand reagieren kann, da er eindeutig durch die Ereignissig-
nale an die Steuereinrichtung rückgemeldet werden muss, was eben voraussetzt,
dass sich im Ergebnis von nichtdeterministischen Verzweigungen einstellende Pro-
zesszustände anhand der ihnen zugeordneten Ereignissignale eindeutig unterscheid-
bar sind.
Des Weiteren gilt es, ungewollte Durchläufe zu verhindern. Das kann zum Beispiel
passieren, wenn die Ereignissignale der Interpretation Į(p) eines Folgeprozesszu-
standes die Einnahme desselben bereits rückmelden, obwohl die vorgelagerte Opera-
tion noch gar nicht gestartet worden ist. Angelehnt an das Beispiel gemäß Bild A8-1,
werden x5 und x6 jeweils als Schalter betrachtet, die entweder ein- oder ausgeschaltet
sind. Wird nun zu einem bestimmten Zeitpunkt die an q1 gebundene Operation ausge-
führt, und ist x5 schon eingeschaltet, x6 aber noch ausgeschaltet, würde die Operation,
welche an q2 gebunden ist, nicht ausgeführt werden, wenn der Prozesszustand p2
eingenommen wird, da der Folgeprozesszustand p3 sofort eingenommen werden wür-
de. Daher müssen Verriegelungsbedingungen definiert werden, mit denen solche
Durchläufe vermieden werden können. So kann man beispielsweise das Einnehmen
des Prozesszustandes p3 davon abhängig machen, dass der an p2 gebundene Schalt-
ausdruck nicht mehr erfüllt ist, d. h. man verknüpft den an p3 gebundenen Schaltaus-
druck konjunktiv mit dem negierten an p2 gebundenen Schaltausdruck.
Ferner kann es erforderlich sein, die Einnahme von Prozesszuständen davon abhän-
gig zu machen, ob in anderen Netzen Prozesszustände eingenommen wurden oder
Operationen aktiv sind. Hierzu gibt es prinzipiell folgende Möglichkeit: Definition von
Verriegelungsbedingungen, die sich auf jeweils
x aktive Operationen oder
x eingenommene Prozesszustände
anderer Netze beziehen. Diese Mechanismen sind im Bild A8-1 dargestellt. Die Tran-
sition q0 sei dabei eine Transition aus z. B. einem anderen Prozessnetz. Nun wird im
Prozesszustand p3 festgelegt, dass dieser nur aktiv werden kann, wenn x5=1, x6=0 und
der Schaltausdruck ȕ(q0)=0 ist. Das heißt, der Prozesszustand p3 darf nicht einge-
nommen werden können, wenn die der Transition q0 zugeordnete Operation aktiv ist,
also der Schaltausdruck in den Stellsignalen, welche die betrachtete Operation auslö-
sen, gleich Eins ist. Abkürzenderweise wird im Bild A8-1 in dem Schaltausdruck, der
dem Prozesszustand p3 zugeordnet ist,‫ݍ‬ത଴ für ȕ(q0)=0 und ‫ݍ‬଴ für den Fall ȕ(q0)=1 ge-
schrieben. Dies gilt fortan allgemein für jedes weitere Prozessnetz sowie in analoger
Weise auch für Steuernetze. Ähnlich verhält es sich mit dem Prozesszustand p4, bei
dem die Ereignissignale um ‫݌‬ҧ଻ ergänzt wurden: Während in z. B. einem anderen Netz
230 Anhang

der Prozesszustand p7 eingenommen ist, soll der Prozesszustand p4 nicht eingenom-


men werden können. Diese Arten von Verriegelungsbedingungen ergeben nur bei
parallelen bzw. unabhängigen Petri-Netzen Sinn, worauf später noch näher eingegan-
gen wird.

Generierung des Steuernetzes durch Rückwärtsverschiebung der Interpretatio-


nen des Prozessnetzes
Aus dem Prozessnetz soll nun der Steueralgorithmus generiert werden. Mittels Rück-
wärtsverschiebung der Interpretationen des Prozessnetzes entgegen der Pfeilrichtung
wird dieses in das den gesuchten Steueralgorithmus beschreibende Steuernetz über-
führt (Bild A8-2).

p1 ‫ݔ‬ଵ s1 ‫ݕ‬ଵ ǡ ‫ݕ‬


തതതଶ
q1 ‫ݕ‬ଵ ‫ٿ‬തതത
‫ݕ‬ଶ t1 ሺ‫ݔ‬ଶ ‫ݔ ש‬ଷ ሻ‫ݔٿ‬ସ
p2 ሺ‫ݔ‬ଶ ‫ݔ ש‬ଷ ሻǡ ‫ݔ‬ସ s2 ‫ݕ‬ଷ

q2 ‫ݕ‬ଷ  q3 ‫ݕ‬ଷ  t2 ‫ݔ‬ହ തതത ‫ݍ‬଴ *)


‫ ଺ݔ‬തതത t3 ‫ݔ‬ହ ଺ ‫݌‬
തതത‫ݔ‬ തതത

*)

p3 ‫ݔ‬ହǡ തതത‫ݍ‬
‫ ଺ݔ‬തതത଴ p4 ‫ݔ‬ହ ‫ ଺ݔ‬ǡ ‫݌‬
തതതǡ തതത଻ s3 ‫ݕ‬ସ s4 ‫ݕ‬ହ 
q4 ‫ݕ‬ସ  q5 ‫ݕ‬ହ 

*) Die Zeichen für die UND-Verknüpfung wurden aus Platzgründen weggelassen.

Bild A8-2: Überführung des Prozessnetzes in das Steuernetz

Nichtdeterministische Verzweigungen im Prozessnetz werden dabei zu deterministi-


schen Verzweigungen im Steuernetz. Um das Steuernetz vom Prozessnetz zu unter-
scheiden, werden im Steuernetz die Transitionen mit t und die Stellen mit s bezeich-
net. Betrachtet man Prozess- und Steuernetz in ihrem Zusammenwirken, dann lösen
die zu den Stellen im Steuernetz gehörigen Stellsignale die jeweiligen Operationen im
Prozessnetz aus. Die Stellsignale sind im Steuernetz nicht mehr konjunktiv verknüpft,
sondern durch Komma getrennt. Das hat den Hintergrund, dass, wie bereits erwähnt,
die einzelnen Operationen mit verschiedenen Stellsignalen verbunden sind. Die Stell-
signale können im Steuernetz einzeln aktiviert werden, d. h. jedes Stellsignal kann in
seiner Wirkung einzeln für sich betrachtet werden. Dieser Tatsache trägt in der Auf-
zählung der Stellsignale die Trennung durch Kommata Rechnung. Stellt sich ein neuer
Prozesszustand im Prozessnetz ein, wird dieser mit Ereignissignalen an das Steuer-
netz zurückgemeldet, wodurch die jeweilige Transition im Steuernetz, der diese Ereig-
nissignale zugeordnet sind, schalten kann. Dadurch wird nun die nächste Stelle im
Steuernetz aktiviert, was wieder zum Schalten einer Transition und somit zum Auslö-
Anhang 8: Grundzüge des prozessmodellbasierten Entwurfsverfahrens 231

sen der nächsten Operation im Prozessnetz führt. Zu beachten ist in diesem Zusam-
menhang, dass eine Transition im Prozessnetz anders als im Steuernetz nicht in theo-
retisch unendlich kurzer Zeit schaltet, sondern innerhalb einer bestimmten Zeitspanne
(z. B. innerhalb einer Minute). Oft kann das Steuernetz durch Zusammenlegung von
Stellen-Transitionsfolgen, die in der gleichen Stelle enden, vereinfacht werden. Dieses
Steuernetz nennt man dann auch reduziertes oder vereinfachtes Steuernetz.

Anwendung des prozessmodellbasierten Entwurfsverfahrens auf parallele


ereignisdiskrete Prozesse
Die bisherigen Betrachtungen lassen sich auch auf parallele Prozesse übertragen,
indem neben dem bereits diskutierten funktionsbedingten Nichtdeterminismus der bei
parallelen ereignisdiskreten Prozessen auftretende zeitbedingte Nichtdeterminismus
berücksichtigt wird. Die dabei auftretenden Probleme werden ausführlich in [31] und
[32] diskutiert, so dass darauf verwiesen wird. Zur Lösung der dort diskutierten Prob-
leme ist bei der Entwicklung von Prozessnetzen gemäß [31] folgendes zu beachten:
x Bei der Eröffnung von Parallelität müssen allen Stellen, die einer Eröffnungstransi-
tion nachfolgen, die gleichen Ausdrücke in den Ereignissignalen x zugeordnet wer-
den.
x Zeitbedingte Nichtdeterminismen werden durch Warteoperationen berücksichtigt,
die jeweils an Kanten anzutragen sind.
Bild A8-3 zeigt hierzu ein Beispiel.

q1 ‫ݕ‬ଵ q2 ‫ݕ‬ଶ q3 ‫ݕ‬ଷ

p1 ‫ݔ‬ଵ p2 ‫ݔ‬ଶ p3 ‫ݔ‬ଷ Jeweils an den Kanten


angetragene Warteope-
y4 y4 w1 w1 w2 w2
rationen.

q4 q5

p4 ‫ݔ‬ସ p5 ‫ݔ‬ସ p6 ‫ݔ‬ହ p7 ‫ݔ‬ହ p8 ‫ݔ‬ହ

q6 ‫ݕ‬ହ q7 ‫଺ݕ‬ q8 ‫ ଻ݕ‬q9 ‫ ଼ݕ‬q10 ‫ݕ‬ଽ

Bild A8-3: Darstellung von funktions- bzw. zeitbedingtem Nichtdeterminismus in Pro-


193
zessnetzen ereignisdiskreter paralleler Prozesse

193 Zur besseren Übersichtlichkeit wurden die Bezeichnungen der Plätze statt dane-
ben in die Plätze eingetragen.
232 Anhang

Darstellung von Zeitverzögerungen und zeitbegrenzten Aktionen in Prozessnet-


zen [32]
Im weiteren Verlauf soll nun erläutert werden, wie Zeitverzögerungen und Zeitbegren-
zungen im Prozessnetz dargestellt werden können. Hierbei wird auf die drei wichtig-
sten und daher gebräuchlichsten Möglichkeiten eingegangen.

Zeitbegrenzung einer Operation / feste Weiterschaltzeit


Das erste zeitabhängige Konstrukt ist im Bild A8-4 dargestellt. Es handelt sich dabei
um eine zeitlich begrenzte Operation, d. h. die mit dem Stellsignal y1 verbundene Ope-
ration soll drei Sekunden lang aktiv sein. Nachdem diese Zeitspanne abgelaufen ist,
wird die Operation automatisch beendet, da sich der neue Prozesszustand p2 einge-
stellt hat.

Prozessnetz Steuernetz

p1 ‫ݔ‬ଵ s1 ‫ݕ‬ଵ
q1 ‫ݕ‬ଵ t1 ͵‫ݏ‬Ȁ‫ݏ‬ଵ
p2 ͵‫ݏ‬Ȁ‫݌‬ଵ s2 ‫ݕ‬ଶ

Bild A8-4: Zeitbegrenzung einer Operation (vorgegebene Prozesszeit)

Die Zeitspanne von drei Sekunden legt daher die Prozesszeit fest, indem derselbe
Schaltausdruck Į(p1) sowohl p1 als auch p2 zugeordnet wird, mit dem Unterschied,
dass durch die Zeitangabe die Einnahme des Prozesszustandes p2 erst nach der an-
gegeben Zeitspanne (in diesem Fall drei Sekunden) rückgemeldet wird. Hieraus ergibt
sich, dass die Beendigung der an q1 gekoppelten Operation verzögert wird. Im Steuer-
netz bedeutet dies, dass nach drei Sekunden die Transition t1 auf jeden Fall schaltet.

Zeitverzögertes Beenden einer Operation / Zeitverzögertes Schalten einer Transition


Gemäß Bild A8-5 kann die Einnahme des Prozesszustandes p2 erst rückgemeldet
werden, wenn die Ereignissignale xn aktiv wurden und danach drei Sekunden abgelau-
fen sind. Ist zum Beispiel das Ereignissignal x1=1, wird dies erst nach drei Sekunden
wirksam, d. h. erst dann wird die der Transition q1 zugeordnete Operation beendet.
Für das Steuernetz bedeutet das, dass erst nach Ablauf von drei Sekunden, nachdem
die der Transition t1 zugeordnete Schaltbedingung erfüllt wurde, weitergeschaltet wer-
den kann. Die Zeit von drei Sekunden beginnt also erst dann zu laufen, nachdem die
der Transition t1 zugeordnete Schaltbedingung erfüllt wurde. Daraus resultiert somit
eine Ausschaltverzögerung.
Anhang 8: Grundzüge des prozessmodellbasierten Entwurfsverfahrens 233

Prozessnetz Steuernetz

p1 ‫ݔ‬ଵ s1 ‫ݕ‬ଵ
q1 ‫ݕ‬ଵ t1 ͵‫ݏ‬Ȁ‫ݔ‬௡
p2 ͵‫ݏ‬Ȁ‫ݔ‬௡ s2 ‫ݕ‬ଶ

‫ݔ‬௡ ൌ ሺ‫ݔ‬ଵ ǡ ‫ݔ‬ଶ ǡ ǥ ǡ ‫ݔ‬௡ିଵ ǡ ‫ݔ‬௡ ሻ்

Bild A8-5: Zeitverzögertes Beenden einer Operation

Zeitverzögertes Aktivieren einer Operation / Aktivierung eines Platzes


Gemäß Bild A8-6 wird die Transition q1 in Abhängigkeit der Aktivierung der Vorstelle p1
nach der vorgegebenen Zeit aktiviert. Das heißt, die der Transition q1 zugeordnete
Operation kann nur ausgelöst werden, wenn sich der Prozesszustand p1 seit mindes-
tens drei Sekunden eingestellt hat. Auf das Steuernetz bezogen wird die Stelle s1 und
somit eine Ausgabe der der Stelle s1 zugeordneten Stellsignale erst dann aktiviert,
nachdem nach Markierung der Stelle s1 drei Sekunden vergangen sind. Daraus resul-
tiert somit eine Einschaltverzögerung.

Prozessnetz Steuernetz

p1 ‫ݔ‬ଵ s1 ‫ݕ‬ଵ ሺ͵‫ݏ‬Ȁ‫ݏ‬ଵ ሻ


q1 ‫ݕ‬ଵ ሺ͵‫ݏ‬Ȁ‫݌‬ଵ ሻ t1 ‫ݔ‬ଶ
p2 ‫ݔ‬ଶ s2 ‫ݕ‬ଶ

Bild A8-6: Zeitverzögertes Aktivieren einer Operation


234 Anhang

Anhang 9: Empfehlung zur Angebotsgliederung

<Absenderanschrift>

<Kundenanschrift>

Angebot ……….
Angebotsnummer ……….
<Datum>
Sehr geehrte Damen und Herren,
nachfolgend erhalten Sie, wie vereinbart, unser Angebot ……….

Das Angebot enthält alle Komponenten für Einführung und Einsatz ……….

Unser Angebot im Überblick

Die Aufgabe
Am Standort werden……….
Als problematisch erweist sich hierbei……….
Hauptproblem ist……….
Darüber hinaus soll……….

Um dieses Ziel erreichen zu können, sind ……….


Aufgrund der Vielzahl dabei zu berücksichtigender Aspekte (….) bietet sich der Ein-
satz von … an.

Die Lösung aus einer Hand


Unsere Lösung umfasst folgende Komponenten:
x ……….,
x ……….,
Mit diesen Komponenten werden ….
Die ausführliche Beschreibung der angebotenen Lieferungen und Leistungen finden
Sie im technischen Teil des Angebots (siehe Anlage…).

Die angebotene Lösung führen wir in folgenden Schritten ein:


1. ……….,
2. ……….,
Anhang 9: Empfehlung zur Angebotsgliederung 235

Die Investition
Für eine Investition in Höhe von …. können Sie unsere Lösung einsetzen. Auf Basis
unserer Erfahrungswerte liegt die Amortisationszeit unserer Lösungen zwischen …
und … Jahren.

Der Wert unserer Lösung


Der Einsatz unserer Lösung wird einen erheblichen geschäftlichen Nutzen bieten kön-
nen, weil
x ……….,
x ……….,

Die Vorteile einer Zusammenarbeit mit …


Folgende Gründe sprechen für eine Realisierung des Projektes mit unserem Unter-
nehmen:
x ……….,
x ……….,

Die ausführliche Beschreibung des Liefer- und Leistungsumfangs sowie die allgemei-
nen Vertragsbedingungen entnehmen Sie bitte dem nachfolgenden Angebotsteil.

Wir hoffen, dass unser Angebot Ihren Wünschen entspricht und sehen Ihrer Antwort
erwartungsvoll entgegen. Für Fragen steht Ihnen ………. jederzeit gerne zur Verfü-
gung.

Mit freundlichen Grüßen

Anlage: Beschreibung des Liefer- und Leistungsumfangs sowie allgemeine Vertrags-


bedingungen
236 Anhang

Anlage

Beschreibung des Liefer- und Leistungsumfangs


sowie allgemeine Vertragsbedingungen für

<Gegenstand des Angebots>

x Beschreibung des Liefer- und Leistungsumfangs

Aufgabenstellung
Lösungskonzept
Liefer- und Leistungsumfang

x Allgemeine Vertragsbedingungen

Preis und Preisbasis


Zahlungsbedingungen
Eigentumsvorbehalt
Lieferfrist, Termine
Versandbedingungen und Liefervorbehalte
Abnahmeprozedur
Haftung
Gewährleistungsfrist
Angebotsbindefrist
Gerichtsstand und anwendbares Recht
Index

Abgrenzung zwischen kontinuierlichen Kennbuchstaben für


und ereignisdikreten nichtelektrischen Betriebsmittel 105
Prozessen 143 Betriebsmittelkennzeichen:
Ablauf der Kernprojektierung 22 elektrisches Betriebsmittel 102;
Abwicklungsphase 5, 6 nichtelektrisches Betriebsmittel 102
Akquisitionsphase 5 Betriebsmittelkennzeichnung:
allgemein 99;
Aktorik 2
Anschlusskennzeichnung 105;
Angebotsaufbau: aufgeteilte Kennzeichnungs-
allgemein 204; schreibweise 99;
allgemeiner Teil 205; Beispiele 103;
Beispiel 233; Kennzeichnungsblock "Aufstel-
kommerzieller Teil 207; lungsort" 100;
technischer Teil 208; Kennzeichnungsblock "Betriebs-
Vertragsbedingungen 207 mittelkennzeichen" 102;
Anlagenkennlinie 59 Kennzeichnungsblock "Einbau-
Anschlusskennzeichnung: ort" 100;
Kombination von Kennzeichnungsblock
Kennzeichnungsblöcken 107; "Übergeordnete Kennzeich-
Prinzip 105 nung" 99;
Kombination von Kennzeichnungs-
Armaturenliste 86
blöcken 107;
Aufgabenkategorien 4 Ortskennzeichnung 100;
Auswahl der Prozessorik 62 zusammenhängende Kennzeich-
Auswahl der Sensorik 45 nungsschreibweise 99
Auswahl und Dimensionierung von CAE-Systeme für die Projektierung:
Mess- bzw. Stelleinrichtungen, Funktionsumfang – Basic-
Prozessorik, Bussystemen: Engineering 192;
allgemein 44 Funktionsumfang – Detail-
Engineering 193
Auswahl und Dimensionierung von
Stelleinrichtungen 45 Detail-Engineering 8;
allgemein 88
Basic- und Detailengineering 8
Durchflussregelstrecke:
Basic-Engineering 8, 31 Reglerparameter 140;
Basisstruktur 17; Sprungantwort 138;
Strukturvariante busbasiert 20; statische Kennlinie 137
Strukturvariante klassisch 18; Ebenenmodell 15
Strukturvariante modifiziert 19
Einheitssignalpegel 16
Betriebsmittel:
Kennbuchstaben für elektrische Elektrische Hilfsenergieversorgung:
Betriebsmittel 104; Bereitstellung und Verteilung 174;
Systematisierung 178;
238 Index

Verknüpfung mit pneumatischer Nettopreises 200;


Hilfsenergieversorgung 182; Engineering 198;
Zuschaltung 177 Hard- und Software 198;
EMSR-Geräteliste 86 Kalkulationsmodell 196;
Montage und Inbetriebsetzung 199;
EMSR-Stellenblatt 62
Nebenkosten 200
EMSR-Stellenliste 42
Kalkulationsmodell 196
EMSR-Stellenplan:
Kennbuchstaben für:
allgemeiner Aufbau 90;
Armaturen 31;
fein 90;
elektrische Betriebsmittel 104;
grob 90;
EMSR-Technik 39;
Symbole 90;
Maschinen, Apparate und
Symbolgruppen 90
Geräte 30;
EMSR-Stellensymbol: nichtelektrische Betriebsmittel 105
allgemein 32;
Kennzeichnung von Unterlagen:
häufig verwendete 33
allgemein 113;
Erarbeitung der Anwendersoftware: Kennbuchstaben 115
allgemein 165;
Kennzeichnungsschreibweise: auf-
Fachsprachen 166
geteilt 99
Ermittlung des elektrischen
Kernprojektierung:
Leistungsbedarfs 175
Definition 8;
Experimentierfeld „Prozessauto- Einordnung 14;
matisierung“ 9 Umfang 8
Fachsprachen nach DIN EN 61131-3: Klassifikation industrieller Prozesse 2
allgemein 166;
Klemmenplan 109, 111
Fachsprache AS 166, 171, 224;
Fachsprache AWL 166, 167, 223 Kolbenhubpumpe: allgemein 51
Fachsprache FBS 166, 167 Kombinationssymbole 93
Fachsprache KOP 166, 167 Kreiselpumpe:
Fachsprache ST 166, 167 allgemein 46;
Funktionsplan 7 Aufbau 46
Gesamtumfang eines Automatisie- Kugelhahn: allgemein 53
rungsprojektes 14 kV -Wert 55
Gliederung des Lastenheftes 23 kV0 -Wert 56
Gliederung des Pflichtenheftes 89 kVs -Wert 56
Hilfsenergieversorgung: Lastenheft 23
allgemein 173;
Leistungsbedarf:
Basisstruktur 173
elektrischer 175;
Hook-up 113, 114 Ermittlung 175
Hydraulische Hilfsenergieversor- Leittechnisches Mengengerüst:
gung 184 allgemein 65;
Kabelliste 108 Komponente Informationsaus-
Kalkulation von Automatisierungs- gabe 67;
projekten: Komponente Informationserfas-
Aufteilung des Komponenten- sung 66;
Index 239

Komponente Informationsver- Projektierungsleistungen 22


arbeitung 74; Prozessklassen 2
Strukturtabelle für Komponen-
prozessmodellbasierter
ten 212, 215, 217
Steuerungsentwurf nach
Messeinrichtung 3, 45 Zander 157
Montageanordnung 113, 114 Prozessorik 3
nichtdeterministische Verzweigung: Prozesssicherung:
allgemein 158, 227; allgemein 186;
funktionsbedingt 158; Basisansatz nach
zeitbedingt 227, 230 VDI/VDE 2180 186;
Örtliche Gliederung: Explosionsschutz – allgemein 187;
allgemein 101; Explosionsschutz – Gruppen- bzw
Beispiel 223 Zoneneinteilung 187;
Ortskennzeichnung 100; Schutzgrade – allgemein 189;
aufgeteilte Kennzeichnungsschreib- Schutzgrade – Wasserschutz 190
weise 102; Querverweise:
zusammenhängende Kennzeich- allgemein 106;
nungsschreibweise 102 Kennzeichnung 106
Pflichtenheft 88 R&I-Fließschema:
PID-Regelglied in Parallelstruktur 117 allgemein 31;
Darstellung binärer Steuerun-
Planungs- und Koordinierungsinhalt 7
gen 38;
Pneumatische Hilfsenergieversorgung: Darstellung von Regelkreisen 37;
Bereitstellung und Verteilung 180; Symbole für Sachgruppe 10-18 28;
Verknüpfung mit elektrischer Hilfs- Symbole für Sachgruppe 1-9 28;
energieversorgung 182 Symbole für Sachgruppe 19-22 29;
pneumatischer Stellantrieb: Symbole für Sachgruppe 23-26 29
Aufbau 119; Regelungsentwurf: allgemeiner
statische Kennlinie 120; Ablauf 118
Übertragungsfunktion 121
Reglerentwurf:
Potentiale: experimentelle Vorgehenswei-
allgemein 106; se 142;
Kennzeichnung 106 Verfahren nach Chien/Hrones/
Projektablauf: Reswick – allgemein 129;
Abwicklungsphase 6; Verfahren nach Chien/Hrones/Res-
Akquisitionsphase 5; wick – Anwendungsbeispiel 129;
Servicephase 7 Verfahren nach Chien/Hrones/Res-
Projektakquisition: wick – Einstellregeln 129;
allgemein 202; Verfahren nach Reinisch – allge-
Vergabeverhandlung – allge- mein 132;
mein 203; Verfahren nach Reinisch – Anwen-
Vergabeverhandlung – Personen- dungsbeispiel 136;
gruppen 203; Verfahren nach Reinisch – Einstell-
Vergabeverhandlung – Schwer- regeln 136;
punkte 204 Verfahren nach Strejc – allge-
mein 137;
Projektierung (Def.) 7
Verfahren nach Strejc – Anwen-
240 Index

dungsbeispiel 140; Steuerungsentwurf:


Verfahren nach Strejc – Einstell- Ablauf 145;
regeln 139; allgemein 144;
Verfahren nach Strejc – Kennwert- Petri-Netz Station verschlie-
berechnung 139; ßen 156;
Verfahren nach Ziegler/Nichols – Verfahren nach Karnaugh – allge-
allgemein 131; mein 152;
Verfahren nach Ziegler/Nichols – Verfahren nach Karnaugh – Anwen-
Anwendungsbeispiel 140; dungsbeispiel 152;
Verfahren nach Ziegler/Nichols – Verfahren nach Kazakov – allge-
Einstellregeln 132; mein 153;
Verfahren nach Ziegler/Nichols – Verfahren nach Kazakov – Anwen-
Wahl der Reglerstruktur 132 dungsbeispiel 153;
Wahl der Reglerstruktur 128 Verfahren nach Zander – allge-
Reglerentwurf mittels mein 157;
Streckenkennwerten 128 Verfahren nach Zander – Anwen-
dungsbeispiel Rührkesselrea-
Rohrleitungs – und Pumpenkennlinie
ktor 159;
im Zusammenwirken 60
Verfahren nach Zander – Anwen-
Rohrleitungskennlinie: allgemein 57 dungsbeispiel X/Y-Schlittenverfahr-
Schaltschrank-Layout 110, 112 einheit 163;
Schieber: allgemein 53 Verfahren nach Zander – Prozess-
netz 158;
Sensorik 2
Verfahren nach Zander – Rück-
Servicephase 5, 7 wärtsverschiebung 158
Signalkennzeichnung: Strukturvariante:
allgemein 106; busbasiert 20;
Kombination von Kennzeichnungs- klassisch 18;
blöcken 107 modifiziert 19
Signalliste 42 Strukturvarianten 18
Spezifizierung des Stellantriebs 27 Symbole für
Stelleinrichtung 3, 45 Anpasser 92;
Stellglied 46 Aufnehmer 91;
Ausgeber, Regler, Steuer- und
Stellglieder für die Stoffstromstellung: Bediengeräte 92;
allgemein 53 Stellgeräte und Zubehör sowie
Stellklappe: allgemein 53 Signalkennzeichen und Leitun-
Stellventil: gen 93
allgemein 53; Typical 84
Aufbau 53; Übergangsfunktion:
Auswahl und Dimensionierung 57; Strecke mit Ausgleich 126;
Bestimmung der Kennlinie 55; Strecke ohne Ausgleich 126
Druckabfälle 60;
kV -Wert 55; Verbraucherliste 86
kV0 -Wert 56; kVs -Wert 56; Verbraucher-Stellenblatt 62
Stellverhältnis 57; Verfahrensfließschema 25
Vierquadrantenmethode 61
Stellverhältnis 57
Index 241

Vergleich der Informationsinhalte von Verzweigung: nichtdeterministi-


Grundfließ-, Verfahrensfließ- sowie sche 158, 227
R&I-Fließschema 24 Vierquadrantenmethode 57;
Verhalten von Stelleinrichtungen bei Ablauf 60;
Hilfsenergieausfall 41 Diagramm 61
Verkabelungskonzept 90, 222 Warmwasserbereiter:
Vertragsbedingungen 207 Aufbau 123;
Modellbildung 123;
Verwendung der EMSR-
Übertragungsfunktion 125
Stellenkennzeichnung
„EU“ 40; Wirkungsplan einschleifiger
„US“ 40 Regelkreise mit PID-Reglern 116
Verwendung des Kennbuchstabens Wirkungswege 36
„S“ als Folgebuchstabe 39

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