DEUTSCHLAND IN DEN 80ERN

SCHÖPFER DES LOOP-UNIVERSUMS

Simon Stålenhag

LEITENDER SPIELENTWICKLER
Nils Hintze

PROJEKTMANAGER
Tomas Härenstam

JAHR-NULL-SPIELENGINE ILLUSTRATIONEN
Tomas Härenstam Steffen Brand, Christof Grobelski,
Wang Ke, Simon Stålenhag
GRAFIKDESIGN
Christian Granath KARTEN
Steffen Brand
REDAKTEUR
Thomas Michalski LEKTORAT
Frauke Forster
TEXTE
Kai Großkordt, Dominic Hladek, KORREKTORAT
Thomas Michalski, Carolina Möbis Björn Bornhöft, Kathrin Bornhöft

LAYOUT
Jörn Aust

ULISSES SPIELE
ADMINISTRATION:  Christian Elsässer, Cora Elsässer, Carsten Moos, Sven Paff,
Stefanie Peuser, Marlies Plötz, Markus Plötz  MARKETING:  Philipp Jerulank, Björn Meyer,
Katharina Wagner  ULISSES DIGITAL:  Alina Conard, Nico Dreßen, Thomas Engelbert,
Nele Klumpe, Julia Metzger, Phillip Nuss, Maximilian Thiele, Jens Ullrich, Jan Wagner,
Carina Wittrin, Kai Woitczyk  VERLAG:  Zoe Adamietz, Jörn Aust, Mirko Bader, Steffen Brand,
Simon Burandt, Carlos Dias, Christiane Ebrecht, Frauke Forster, Christof Grobelski,
Kai Großkordt, Nikolai Hoch, Nadine Hoffmann, Johannes Kaub, Christian Lonsing,
Matthias Lück, Susanne Majewski, Thomas Michalski, Jasmin Neitzel, Elisabeth Raasch,
Diana Rahfoth, Nadine Schäkel, Maik Schmidt, Ulrich-Alexander Schmidt, Nils Schürmann,
Alex Spohr  VERLAG USA:  Robert Adducci, Bill Bridges, Timothy Brown, Darrell Hayhurst,
Eric Simon, Ross Watson  VERTRIEB:  Stefan Heinrichs, Jan Hulverscheidt, Thomas Schwertfeger,
Stefan Tannert, Anke Zimmermann

BESONDERER DANK AN
Matthias für stets verlässliches, lebensrettendes Soundingboard-Feedback,
Gérard für seine Bienen- und Wespenexpertise, sowie an A. und S. dafür, dass sie ihre
Lebenserfahrungen als nicht-weiße Kinder der deutschen 80er mit uns geteilt haben.

COPYRIGHT © 2021 SIMON STÅLENHAG AND FRIA LIGAN AB,

DEUTSCHE ÜBERSETZUNG VON ULISSES SPIELE GMBH UNTER LIZENZ
INHALT

O1. O2. O3.

EIN GESPALTENES LAND DER TAUNUS-LOOP NEUE DEUTSCHE WELLE

ERNST IST DAS LEBEN 5 WILLKOMMEN IM TAUNUS 19 DIE WAHRHEIT

EIN LOOP IN DEUTSCHLAND 19 HINTER DEM MYSTERIUM 43
HEITER DIE KUNST 7
DIE REGION 24 VORSTELLUNG DER KINDER 45
KINDHEIT IN
WESTDEUTSCHLAND8 ORTSCHAFTEN EINFÜHRUNG
AUSSERHALB DES LOOPS26 DES MYSTERIUMS 45
FREIZEIT11
LÖSUNG DES MYSTERIUMS 47
AUF DER MATTSCHEIBE 11
DIE MYSTERIENLANDSCHAFT 28 SCHAUPLATZ 1: DER CRASH 48
DIGITALE ANFÄNGE 12
SPIELWARENLADEN SCHAUPLATZ 2:
SCHMITZ SPIEL & SPASS28 HOBBYFUNKER49
DIE DDR UND EIN
MUSIK-CLUB VOX 29 SCHAUPLATZ 3:
MÖGLICHER LOOP IM OSTEN 13
DIE TANKSTELLE 52
DIE DDR IN DEN 80ERN 13 DER TOTE BRIEFKASTEN
VON OBERREIFENBERG 30 SCHAUPLATZ 4:
BAD FRANKENHAUSEN – EIN ROWDY RASTET AUS 53
KLEINSTADT AM KYFFHÄUSER 16 DER BOLZPLATZ
VON WALDEMS 32 SCHAUPLATZ 5:
EIN MYSTERIUM SPORT IST MORD 54
IN DIE DDR ADAPTIEREN 17 DER VERLASSENE BAUERNHOF
NAHE SCHMITTEN 34 SCHAUPLATZ 6:
UNDER PRESSURE 55
DER ZIGARETTENAUTOMAT AM
SCHLOSSBORNER WEG34 SHOWDOWN55

DER GEHEIMNISVOLLE NACH DEM SHOWDOWN 59

WALDWEG36 NACHSPIEL59
VERÄNDERUNG59
KAISERSPIEL38 NSC60
DIE KAISER-KI 38 HANDOUTS:
HERR ASSELMANN 40 ZEITUNGSARTIKEL61

DIE ABENTEUER IN KÜRZE 41

2
 INHALT
O4. O5. O6.
IM BANN DER BÄRCHIS DER RISS IM SCHLEIER WENN DIE SIRENE
SCHWEIGT
DIE WAHRHEIT DIE WAHRHEIT
HINTER DEM MYSTERIUM 63 HINTER DEM MYSTERIUM 81 DIE WAHRHEIT
VORSTELLUNG DER KINDER 64 VORSTELLUNG DER KINDER 84 HINTER DEM MYSTERIUM 99

EINFÜHRUNG EINFÜHRUNG VORSTELLUNG DER KINDER 100

DES MYSTERIUMS 64 DES MYSTERIUMS 85 EINFÜHRUNG
LÖSUNG DES MYSTERIUMS 66 LÖSUNG DES MYSTERIUMS 87 DES MYSTERIUMS 102

SCHAUPLATZ 1: SCHAUPLATZ 1: LÖSUNG DES MYSTERIUMS 102

SPIELWARENLADEN66 PHASENVERSCHOBENES SCHAUPLATZ 1: DAHEIM 103
TRÜMMERSTÜCK87
SCHAUPLATZ 2: SCHAUPLATZ 2: RECHERCHE 104
TOR DES LOOPS 69 SCHAUPLATZ 2:
ZENIT SYSTEME 88 SCHAUPLATZ 3:
SCHAUPLATZ 3: AUF ZUM KAISER! 105
INSEKTOMOBIL71 SCHAUPLATZ 3:
SCHRENKS UNTERSCHLUPF 89 SCHAUPLATZ 4:
SCHAUPLATZ 4: SCHREBER­ DIE STRASSENSPERRE106
GARTEN DER BIOLEHRERIN 73 SCHAUPLATZ 4: DAS
VERSCHWUNDENE HAUS 91 SCHAUPLATZ 5:
SCHAUPLATZ 5: DURCH DEN WALD 106
HORNISSENFELSEN74 SCHAUPLATZ 5:
DER SCHUTZKORDON 92 SCHAUPLATZ 6:
SHOWDOWN75 DER WISSENSCHAFTLER 107
SCHAUPLATZ 6:
NACH DEM SHOWDOWN 77 SCHAUPLATZ 7: DAS
DIE BERGWERKSANLAGE 93
NACHSPIEL77 KÖNGISKRON-GEBÄUDE108
SHOWDOWN94
VERÄNDERUNG77 SHOWDOWN109
NACH DEM SHOWDOWN 95
NSC UND KREATUREN 77 NACH DEM SHOWDOWN 111
NACHSPIEL96
NACHSPIEL111
VERÄNDERUNG96
VERÄNDERUNG112
NSC UND KREATUREN 96
NSC UND KREATUREN 112

3
O1
KAPITEL

ERNST IST DAS LEBEN 5

HEITER DIE KUNST 7
KINDHEIT IN WESTDEUTSCHLAND 8
FREIZEIT 11
AUF DER MATTSCHEIBE 11
DIGITALE ANFÄNGE 12

DIE DDR UND EIN MÖGLICHER

LOOP IM OSTEN 13
DIE DDR IN DEN 80ERN 13
BAD FRANKENHAUSEN –
KLEINSTADT AM KYFFHÄUSER 16
EIN MYSTERIUM IN DIE DDR ADAPTIEREN 17

EIN
GESPALTENES
LAND
Die Sonne stand bereits tief am Himmel und hüllte die Landschaft
in ihren goldenen Schein. Die umliegenden Berge, die Bäume in den
Wäldern, alles warf lange Schatten quer über die weite Landschaft. Die
längsten Schatten schienen jedoch von den Kühltürmen der Königskron-
Reaktoranlage auszugehen, auf deren glänzenden Oberflächen sich das
Licht brach. Es war die schönste Zeit unseres Lebens, voller Freiheit und
voller Abenteuer. Und manchmal auch voller Gefahr – aber ohne Gefahr
wäre es ja auch kein richtiges Abenteuer
Willkommen im Deutschland der 80er Jahre, die es nie
gab. Auf den ersten Blick mag es gar nicht so viel anders
erscheinen als Schweden oder die Vereinigten Staaten zu
dieser Zeit, doch Deutschlands Vergangenheit im Zweiten
Weltkrieg und seine Gegenwart im ewigen Zerren zwi-
schen Ost und West machen es doch zu einem besonderen
Ort. Irgendwo zwischen wirtschaftlichem Aufschwung
und dem Damoklesschwert eines atomaren Erstschlags,
zwischen Biedermeier und Gegenkultur, bewegt sich eine
Gesellschaft, die noch nicht wieder zu einer Einheit zu-
sammengefunden hat; im Falle der Deutschen Demokrati-
schen Republik sogar ganz offenkundig nicht.
Auch im Alltag sind Paranoia und Unsicherheit stete Be-
gleiter der Erwachsenen; und zu den Kindern hin verläuft
eine Kluft, denn viele dieser großen Themen sind ihnen völlig
fremd. Ihre Jugend ist unkomplizierter als das Leben ihrer
Eltern und die Nachrichten von Krisen rund um die Welt sind
für die Kinder der 80er wenig greifbar, es sei denn die Fassade
der Erwachsenen bekommt doch hier oder da mal Risse.
ERNST IST DAS LEBEN
Wie man das Leben in Deutschland in den 80ern, die es
nie gab, wahrnimmt, ist stark davon abhängig, wie alt
man zu dieser Zeit ist. Der endlose Sommer voller Aben-
teuer aus Sicht der Kinder spiegelt dabei nicht wirklich
das Zeitgeschehen wider.
DIE SCHWELLE ZWISCHEN OST UND WEST
Die 1980er Jahre in Deutschland werden vom Kalten
Krieg dominiert. Zu Beginn des Jahrzehnts ist der Mauer-
fall im November 1989 noch völlig undenkbar und die
5
KAPITEL O1
Trennung von Ost und West allgegenwärtig. Viele Fami-
lien haben Verwandte auf der anderen Seite der Grenze,
die das Land spaltet, und die meisten Erwachsenen haben
auch noch Erinnerungen an eine Zeit davor.
Doch auch darüber hinaus ist der Kalte Krieg ständi-
ger Wegbegleiter in den Köpfen der Erwachsenen. Allen
ist im Grunde klar, dass Deutschland – ganz gleich, ob der
atomare Krieg nun in den USA oder in der UdSSR seinen
Anfang nähme – der Ort sein wird, wo die Raketen zuerst
niedergehen. In dem Land, das nicht an der Grenze von
Ost und West liegt, sondern mitten darauf, wurden nie-
mals im großen Stil Schutzbunker errichtet, um im Falle
eines Atomkriegs Zuflucht suchen zu können. Denn jedem
scheint klar zu sein: Egal, wie es beginnt, in Deutschland
wird die Bunker niemand mehr brauchen.
Die Atomkriegsuhr, die vom Bulletin of the Ato-
mic Scientists symbolisch geführt wird und die die ver-
bleibende Zeit bis zum Weltuntergang als Ziffernblatt
darstellt, wird 1980 auf sieben vor zwölf gestellt, 1981
auf vier vor zwölf, 1984 auf drei vor zwölf. In den Köpfen
vieler Erwachsener ist der atomare Erstschlag keine Frage
des Ob, sondern eine Frage des Wann.
Umso erstaunlicher ist, dass das in den Köpfen der
Kinder kaum eine Rolle spielt. Nicht zuletzt liegt das
daran, dass die Lebenswirklichkeit in Westdeutschland
gar nicht erahnen lässt, welches Damoklesschwert dort
über allem schwebt. Mit dem Wiederaufbau nach dem
Ende des Zweiten Weltkriegs kommt zugleich neuer Wohl-
stand nach Deutschland. Selbst Städte, von denen 1945
nur noch rauchende Ruinen übriggeblieben waren, haben
eine neue Gestalt angenommen, die vergessen lässt, was
vor erst etwa 40 Jahren geschehen ist.
Die neuentdeckte Magnetrintechnik findet bereits in
den 1950er Jahren ihren Weg auch nach Deutschland
und verbreitet sich schnell. Weil nach dem Krieg ganze
Industriezweige neu aufgebaut werden, lässt sich die neu-
artige Technologie in vielen Fällen von Grund auf integrie-
ren. Die ersten autonomen Roboter der 70er Jahre brau-
chen zwar etwas länger, um ihren Platz in dem zu diesem
Zeitpunkt bereits fester etablierten Land zu finden, wer-
den dann aber ebenfalls rasch zu einem normalen Anblick.
Deutschland ist dahingehend ein Land der Extreme:
ein Land, in dem sich neue Technologien und wiederauf-
gebaute Gebäude zwischen jene alte Strukturen schmie-
gen, die den Krieg überdauerten.
Größere Zurückhaltung bekommt das Land hingegen
in zwei anderen Bereichen des Fortschritts zu spüren. Als
es darum geht, ob auch Westdeutschland einen eigenen
Loop erhalten solle, sträubt sich vor allem die UdSSR. Man
habe, so heißt es immer wieder, doch in der Vergangenheit
die Risiken gesehen, die damit verbunden wären, wenn die
6
Deutschen Zugriff auf die falschen Technologien erhielten.
Inwiefern dies eine berechtigte Sorge ist, oder das Argu-
ment dem Osten nur als Feigenblatt dient, um den Westen
am Ausbau seiner Technologie zu hindern, bleibt unklar.
Letztlich können sich die Amerikaner aber durch-
setzen und nach persönlichem Einsatz Präsident Nixons
erhält die Bundesrepublik 1973 die Erlaubnis, einen eige-
nen Teilchenbeschleuniger zu bauen.
Auch vom Wettlauf ins All sind deutsche Forscher zu-
nächst ausgeschlossen. Die Idee, in Deutschland Raketen-
forschung zu betreiben, stößt bei den Siegermächten eben-
falls auf zahlreiche Vorbehalte, und als der Wettlauf 1969 in
den Augen der meisten Menschen endet, als Neil Armstrong
als erster Mensch den Mond betritt, sind deutsche Forscher
noch gar nicht ins Rennen gestartet. Die Faszination Raum-
fahrt ist jedoch – vor allem für die Kinder der 80er Jahre –
ungebrochen. Während die Astronauten von morgen noch
mit großen Augen in Was-ist-Was-Büchern schmökern,
beginnt man in Deutschland mit Blick auf die scheinbar
unermesslichen Möglichkeiten der Loop-Technologie zu-
nehmend die Frage zu stellen, ob das Erreichen fremder Pla-
neten denn wirklich davon abhängen muss, wer die größten
Raketen bauen kann oder darf.
POPPER, PUNKS UND KINDER VOM LAND
In der Jugend der 80er Jahre steckt eine gewisse Unruhe.
Das betrifft oft zunächst einmal die städtischen Gebiete
und hallt nur begrenzt in den ländlichen Raum hinein.
Selbst dort, wo die nächste Großstadt gar nicht weit weg
ist – etwa auch rund um den Loop im Taunus mit seiner
Nähe zu Frankfurt –, verläuft die Jugend deutlich ruhiger.
Ein Extrem in der Jugendkultur der 80er sind die Pop-
per. Die Bewegung, die sich ganz bewusst unpolitisch und
angepasst dem Konsum zuwendet, nimmt im eher wohl-
habenden Umfeld Hamburger Gymnasien ihren Anfang. In
ihrer aktiven Ausrichtung auf Oberflächlichkeiten bilden
Popper einen fast schon karikaturhaften Gegenpol zu den
durch Rebellion geprägten, anderen Strömungen. Punks sind
explizit politisch und rebellisch, nicht angepasst und nicht
gewillt, in den „Hamsterrädern“ des Konsums zu laufen.
Auch ihre Musik ist laut, ihre Sprache unverblümt, zornig
oder frustriert. „No Future“ ist ein intensives Lebensgefühl
am potenziellen Mittelpunkt eines atomaren Erstschlags.
Die Arbeitslosigkeit unter den jungen Erwachsenen ist hoch,
der Verlust von Arbeitsplätzen an die zunehmend populären
autonomen Roboter ist nur eine Facette von vielen.
Doch auch sonst ist Rebellion etwas, das die Jugend
prägt. Die Neue Deutsche Welle ist Ausdruck einer Gene-
ration, die nicht in die Fußstapfen ihrer Eltern treten will.
Die Musik ist zwar weniger extrem als der Punk, wo es auch
immer wieder zu Indizierungen und Beschlagnahmungen

kommt, aber oft dennoch explizit genug, um die Eltern zu
empören.
Der Wunsch der Jugend nach Veränderung ist nicht nur
vage auf den Widerstand gegen „die Spießer“ ausgerichtet,
sondern nimmt immer wieder konkret Gestalt an. Die
Friedensbewegung stellt sich Anfang des Jahrzehnts gegen
den NATO-Doppelbeschluss, und die Anti-Atomkraft-Be-
wegung zieht vor allem junge Leute stark an. Der Streit
um den Bau der Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf
zieht sich durch das gesamte Jahrzehnt und bestätigt die
Herangehensweise der Königskron GmbH rund um das
Loop-Projekt im Taunus, den Reaktor-Aspekt möglichst
aus den Medien zu halten und bereits früh um das Wohl-
wollen der Bevölkerung zu werben.
Ein anderer, extremer Ausdruck des jugendlichen
Frustes ist der ebenfalls auf die großen Städte beschränkte
„Häuserkampf“. Das Besetzen leerstehender Häuser und
die Abwehr polizeilicher Maßnahmen geht auch groß
durch die Medien, etwa im Falle der Hamburger Hafen-
straße, und markiert zugleich das Ende einer zuvor oft-
mals betont gewaltfreien Protestbewegung. Strömungen,
die nicht mehr gegen Missstände protestieren, sondern
einen „Guerillakrieg gegen das Schweine-System“ führen
wollten, sind allerdings nicht die einzige Form von gewalt-
tätigem Widerstand in der Republik.
TERRORISMUS
Der Deutsche Herbst liegt in den 80ern zwar bereits ei-
nige Jahre zurück, doch der Schrecken der Roten Armee
Fraktion (RAF) hallt auch weiterhin in der Bundesrepub-
lik nach. Die zweite und dritte Generation der Terrororga-
nisation verüben weiterhin Anschläge, allein 1981 auf das
Hauptquartier der US-Streitkräfte in Ramstein und auf
den Oberbefehlshaber der US-Landstreitkräfte in Europa,
General Frederick James Kroesen. Entsprechend herrscht
auch im Taunus immer wieder Sorge, dass die Forschungs-
anlage des Loops eines Tages zum Ziel der Terroristen
werden könnte, wo doch auch dort ein starker Einfluss
der DARPA zu spüren ist. Gerüchte, dass der Autounfall
des Königskron-Forschungsdirektors Ferdinand Wanger
im Winter 1979 auf das Wirken der RAF zurückzuführen
sei, werden von den Behörden regelmäßig dementiert.
Auch die Bedrohung durch die RAF ist wahrschein-
lich nur wenigen Kindern richtig bewusst, obwohl auch
sie ihren Einfluss regelmäßig im wörtlichen Sinne vor
Augen haben: Fahndungsplakate, die von 50.000 DM
Belohnung sprechen, sind in allen öffentlichen Gebäuden
vom Postamt bis zur Bank zu finden. „Terroristen“ steht
in gewaltigen Buchstaben darüber, wenn auch der Hinweis
„Vorsicht Schusswaffen“ vor Kinderaugen mehr die Bilder
von Cowboys hervorrufen mag.
LAND
EIN GESPALTENES
GELD IN DER BRD
Die Währung der BRD ist die Deutsche
Mark, kurz DM. In den 80ern ist die
sogenannte dritte Serie der Bank-
noten in Umlauf, mit Scheinen im
Wert von 5, 10, 20, 50, 100, 500 und
1.000 Mark. Münzen gibt es im Wert
von 1, 2 und 5 DM sowie in der klei-
neren Einheit von 1, 2, 5, 10 und
50 Pfennigen. In der Republik ist
eine Reihe von Spitznamen für ver-
schiedene Münzwerte geläufig, sodass
je nach Region die 10-Pfennig-Mün-
ze als Groschen, das 2-Mark-Stück
als Zwickel und das 5-Mark-Stück als
Heiermann geläufig sind.
HEITER DIE KUNST
Das alles heißt aber natürlich nicht, dass alles Trübsal und
Elend ist in Deutschland. Egal ob Kind oder Erwachsener,
es gibt auch Vieles, für das man sich begeistern kann.
SPIEL UND SPORT
Der Deutschen liebster Sport ist zweifelsfrei der Fuß-
ball. Die zwei Weltmeisterschaften  – 82 in Spanien und
86 in Mexiko  – sind Massenereignisse, aber auch die
Fußballbundesliga und die Europameisterschaften sind
Publikumsmagnete. Die EM 1988 findet dann sogar in
Deutschland statt. Fußball wird nicht nur geschaut, son-
dern auch gespielt. Neben den bekannten Profi-Vereinen
ist die Bundesrepublik von einem ganzen Netz aus Regio-
nalliga-Vereinen durchzogen, und wer dort nichts für sich
findet, kann sich auch mit Freunden abends auf der Straße
oder auf einem der zahlreichen Bolzplätze verabreden.
Die Olympischen Spiele 1980 in Moskau werden vom
schwelenden Kalten Krieg überschattet, und als Reaktion
auf das Kriegsgeschehen in Afghanistan nehmen mehr als
60 Staaten, darunter Deutschland, nicht teil. In der Folge
wird die DDR nach Russland das zweitbeste Land.
Doch noch ein Sport ist auf dem Vormarsch: Deutsch-
land ist im Tennisfieber. Der gleichzeitige Erfolg von Steffi
Graf und Boris Becker katapultiert den Sport in die Herzen
der Zuschauer und immer mehr auch auf die Mattscheiben
der Fernseher. Wie beim Fußball zieht es die Leute auch hier
auf die Plätze – immer mehr Clubs und Vereine schießen aus
dem Boden, immer mehr Tennisplätze werden eingerichtet.
Ob Eiskunstlauf oder Motorsport, Tour de France
oder Wintersport, die Begeisterung ist überall groß. Auch
7
KAPITEL O1

der Vereinssport spielt eine große Rolle in der Repub- Küche zeigen sich in einer steigenden Zahl von Pizzerien
lik  – um Freunde zu finden oder mit anderen Menschen ebenso wie in manchem „Balkangrill“. Die Currywurst
in der Gemeinde in Kontakt zu kommen. Das Angebot hat sich längst in vielen Gebieten etabliert, der Döner
ist vielfältig, neben Fußball und Tennis sind auch Hand- hingegen erreicht erst nach und nach Verbreitung in der
ball, Leichtathletik, Turnen und einige Kampfsportarten Republik. Fritten sind ein festes Fundament der schnellen
Optionen. Andere Trendsportarten der 80er wie Aerobic Küche und führen nur in der Frage nach den korrekten
und Basketball fassen ebenfalls Fuß in Deutschland, aber Saucen (Ketchup, Mayo, Senf) zu Diskussionen.
unterschiedlich stark. Tanzschulen gibt es fast überall und Auch Kneipen spielen im Leben der Deutschen eine große
manches Kind findet sich, mehr oder weniger freiwillig, Rolle. Der Stammtisch und die Einkehr nach Feierabend sind
zumindest in einigen Grundkursen wieder. ebenso verbreitet wie der meist sonntags stattfindende Früh-
schoppen. Neben dem obligatorischen Spielautomaten in der
SPEIS UND TRANK Ecke und den Soleiern am Tresen sind vor allem Schnaps und
Die deutsche Küche ist in den 80ern noch sehr traditionell auf Bier Grundbausteine  – im Zweifel kombiniert als „Herren-
Hausmannskost ausgerichtet. Bratwurst und Kotelett, Kartof- gedeck“. Generell ist Bier ein steter Begleiter, der Umgang
feln, Frikadellen, Eintöpfe und heimisches Gemüse bestimmen mit Alkohol in den 80ern recht freigiebig. Die gedrungenen
Speisekarten und Esstische. Rouladen, Schnitzel, Bockwürste, Stubbis erfreuen sich etwa im Baugewerbe großer Beliebtheit
Kartoffel- und Nudelsalate, Gulasch und Eisbein sind eben- (und bringen Bierkästen den Spitznamen Maurerkasten ein),
falls weithin beliebt. Die Leidenschaft der Deutschen für rohes und niemand hinterfragt, warum bei einem „Bauarbeiterfrüh-
Schweinefleisch – in Form von Mett und Hackepeter – ist eben- stück“ auch ein Bier mit auf den Tisch kommt. Selbst Kinder
falls eine Besonderheit, mit der sie weltweit nahezu allein sind. kommen oft schon früh „ausnahmsweise mal“ mit Alkohol
Einige Gerichte ausländischer Küchen, wie Spaghetti, haben in Verbindung, etwa auf Feiern oder im Kreis der Familie.
zwar bereits den Weg nach Deutschland gefunden, bleiben aber Ähnlich verhält es sich mit dem Rauchen, das in der
eher Ausnahmen. Öffentlichkeit nicht nur gestattet, sondern oft sogar schick
Anders sieht es bei Restaurants und Imbissbuden aus. ist. Vor allem Zigaretten werden als ein erstrebenswertes
Sowohl der Einfluss mehrerer Generationen von Gast- Genussmittel vermarktet. Der Zigarettenautomat an der
arbeitern wie auch eine gewisse Lust auf fremdländische Straßenecke, mit seinen herausziehbaren Metallschubladen
ist ein ebenso alltägliches Bild wie der Kaugummi-Automat
mit Drehmechanismus für die jüngeren Käufer direkt dane-
ben – dieser ist außerdem oft mit zusätzlichen „Schätzen“
20 SÜSSIGKEITEN wie Plastikringen versehen. Rauchen wird bei Kindern oder
Jugendlichen öffentlich nicht geduldet, doch wie beim Al-
■ Brausepulver
kohol lockt der Reiz des Verbotenen viele junge Menschen.
■ Nappo
Auch Kaffee ist fest mit Nachkriegsdeutschland ver-
■ Himbeerbonbons
bunden. Für die älteren Generationen ist er ein Symbol
■ Schokoladen-Zigaretten
des Wiederaufbaus und des Wirtschaftswunders gewesen,
■ PEZ
ein zunächst rares Gut, das nach und nach diverse „Land-
■ Lila Pause
kaffees“ und andere Ersatzprodukte ablöste. Kaffee wird
■ Raider
schwarz, mit Milch und/oder Zucker getrunken und ist
■ Storck Riesen
allgegenwärtig, sowohl als Wachmacher im Büro wie auch
■ Puffreis
als Genussmittel bei „Kaffee und Kuchen“.
■ Erfrischungsstäbchen
■ Mäusespeck
■ Yes-Törtchen
■ Fürst Pückler Eis
KINDHEIT IN WEST-
■ Schleckmuscheln DEUTSCHLAND
■ Rolo Während die Gedanken der Erwachsenen von Sorgen und
■ Balisto drohenden Gefahren bestimmt werden, genießen die Kinder
■ kinder Schokolade ein weitestgehend unbeschwertes Leben. Der Wohlstand ist
■ Schogetten insgesamt recht hoch, der hohe Grad technischen Fort-
■ Maoam schritts und die letztlich friedliche Nachkriegszeit führen
■ Ritter Sport dazu, dass die Kinder viele Chancen haben, einfach Kind zu

8

sein. Auch von den Eltern geht dahingehend eine große Ge-
lassenheit aus – alles in allem gilt das Leben in Deutschland
als sicher für die Kinder; und solange sie rechtzeitig zum
Abendessen daheim sind, können sie sich im Grunde frei
bewegen, Wälder erkunden oder Freunde treffen.
Gerade in ländlicheren Gebieten wird es nicht groß
hinterfragt, wenn das Kind noch mal „ins Dorf runter“ geht,
um beispielsweise die Eisdiele zu besuchen oder sich am
Kiosk ein paar Sticker zu kaufen. Im Wald werden Baum-
häuser oder kleine Staudämme gebaut, abends wird mit den
Jungs aus der Nachbarschaft noch Fußball auf der Straße
gespielt. Wer einen See in der Nähe hat, pilgert mit seinen
Freunden nach der Schule oder nach dem Mittagessen viel-
leicht auch dorthin, während städtische Bibliotheken auch in
kleineren Städten neuen Stoff für Leseratten liefern.
Mit dieser Freiheit geht auch eine gewisse Ver-
antwortung einher. Schlechte Noten oder Verletzungen
beim Spielen sind etwas, was den Eltern gegenüber erklärt
werden muss. Wer nach dem Toben im Wald mit einem
verstauchten Fuß nach Hause humpelt, dem wird sicher-
lich geholfen, aber die Frage, was er oder sie nun schon
wieder angestellt hat, schwebt dann ebenso im Raum.
Wer weiter weg wohnende Freunde erreichen will,
kann zum Telefon greifen. Die alten Post-Telefone – Fern-
sprechtischapparate im Beamtendeutsch  – sind allgegen-
wärtig. Die meisten davon haben noch eine Wählscheibe
und kommen in einem „Kieselgrau“ genannten Farbton
daher, weshalb sie häufig auch als „graue Maus“ be-
zeichnet werden. Die oft grünen Nachfolger mit Ziffern-
block sind ähnlich omnipräsent. Doch egal wie, Zeit
am Telefon ist eine begrenzte Ressource. Einerseits, weil
jedes Telefonat den Hausanschluss blockiert und anderer-
seits, weil Eltern einen wachsamen Blick auf die ebenfalls
kostenpflichtigen Ortsgespräche haben.
Eine Alternative dazu bietet die Welt der Funkempfänger.
Wer Zugang zu einem CB-Funkgerät hat, kann je nach
Antenne mal 5 Kilometer, mal auch 30 Kilometer und mehr
überbrücken – und sich dabei wie ein Geheimagent fühlen.
Entgegen der Wirklichkeit ist vieles von dem, was die
Kinder in den 80ern von der „großen, weiten Welt“ mit-
bekommen, von hoher Beständigkeit geprägt. Helmut Kohl
wird 1982 Bundeskanzler und bekleidet das Amt deutlich
über das Jahrzehnt hinaus. Ronald Reagan ist als US-Prä-
sident ebenfalls von 1981 bis 1989 durchgehend im Amt,
François Mitterrand wird erst Mitte der 90er von Jacques
Chirac abgelöst und die „eiserne Lady“ Margaret Thatcher
regiert England von 1979 bis 1990. Auch Johannes Paul II.
ist bereits 1978 zum Papst ernannt worden und wird dies
bis ins nächste Jahrtausend hinein bleiben. Diese Konsistenz
von Namen, die man auch als Kind manchmal in den Nach-
richten aufschnappt, erzeugt ebenfalls ein gewisses Gefühl
LAND
EIN GESPALTENES
von Stabilität und Beständigkeit. Vermutlich ist der Gedanke,
dass eines dieser Ämter auch von jemand anderem ausgefüllt
werden könnte, vielen noch gar nicht gekommen.
SCHULE
Kinder in der Bundesrepublik durchlaufen ein mehrstu-
figes Schulsystem. Zu Beginn steht die Primarstufe, in
der für vier Jahre eine Grundschule besucht wird. In der
anschließenden Sekundarstufe I wird bis zur 10. Klasse
wahlweise eine Hauptschule, eine Realschule oder ein
Gymnasium besucht. Die Quote der Haupt- und Real-
schüler ist in den 80ern noch höher, allerdings beginnt
bereits eine zunehmende Fokussierung auf das Ziel
Gymnasium. Nur dort schließt sich noch eine Sekun-
darstufe II an. In der sogenannten Oberstufe können
die Schüler in drei weiteren Jahren in einem Kurssystem
eigene Schwerpunkte setzen und abschließend die all-
gemeine Hochschulreife erlangen.
Aus diesem System ergibt sich auch, dass Kinder relativ
viele Kontakte knüpfen können. Durch die Aufteilung auf
die verschiedenen, weiterführenden Schulen und die teils
sehr unterschiedlichen Einzugsgebiete der Einrichtungen
wird das soziale Umfeld immer wieder durchmischt und
die Klassenkameraden kommen nicht zwingend aus der
Nachbarschaft oder auch nur aus dem Nachbarort.
Der gemeinsame Unterricht von Jungen und Mädchen
ist in den 80ern die Regel. Das war in Deutschland nicht
immer so, aber getrennte Schulen sind seit den 1960ern
selten geworden. Vollständig verschwunden sind sie aller-
dings noch nicht und existieren besonders in Form von
Mädchenrealschulen und Mädchengymnasien, gerade in
kirchlicher Hand, auch weiterhin.
Der Besuch der Schule ist verpflichtend und im Detail
vom jeweiligen Bundesland abhängig. Die Woche besteht
aus fünf oder sechs Schultagen, wobei Samstagsunterricht
nicht allgegenwärtig, aber in vielen Regionen durchaus
üblich ist. Die Zusammenstellung der Fächer ist ebenfalls
je nach Bundesland unterschiedlich, aber auch von den
vor Ort verfügbaren Lehrkräften abhängig. Einheitlich ist
hingegen, dass Englisch als Fremdsprache in den weiter-
führenden Schulen unterrichtet wird.
Finanziell ist es um die Bildung in den 1980ern eher
schlecht bestellt. Kreidetafeln und Overheadprojektoren
sind üblich, Filme können von 8-mm-Rollen oder VHS-
Kassetten abgespielt werden. Außerdem ist es nicht un-
gewöhnlich, wenn ein Schüler in den Namenslisten in
ausgegebenen Schulbüchern noch die Namen seiner Eltern
oder anderer Verwandter findet.
Wie ausgeprägt die finanziellen Probleme sind,
hängt stark vom jeweiligen Schulträger ab. Neben den
staatlichen, sind vor allem kirchliche Schulen sehr weit
9
KAPITEL O1

verbreitet. Gerade im Taunus hat zudem die Königskron bereits das Alphabet. Die meisten Kinder in den 80ern sind
GmbH begonnen, Vorstöße in die Schulfinanzierung zu aber Teil der zweiten Generation  – sie sind also bereits in
unternehmen  – mit unterschiedlichen Reaktionen. Die Deutschland zur Welt gekommen. Für sie kann es ein großes
meisten Eltern freuen sich, wenn sie ohne weitere Mehr- Spannungsfeld zwischen ihren Erfahrungen daheim, ihrem
kosten einen hochwertigen und modernen Unterricht für Alltag in der Schule und ihrer Zeit mit Freunden geben.
ihre Kinder erwarten können, wohingegen vereinzelte Auch ihre Erfahrungen mit Vorurteilen können völlig
Stimmen mahnen, dass es gefährlich sei, die schulische verschieden ausfallen. Der Begriff „Gastarbeiter“ ist generell
Lehre an wirtschaftliche Interessen zu knüpfen. oft ein Klammerbegriff für alle Ausländer im Land. Ihre Her-
kunftsländer sind weit gestreut, wobei sehr viele aus Italien,
„GASTARBEITERKIND“, „AUSLÄNDERKIND“ – Griechenland oder der Türkei kommen, doch auch Spanier,
ANDERE KINDHEITSERFAHRUNGEN Weißrussen, Portugiesen und viele weitere Nationalitäten
Obwohl vieles von dem, was in diesem Kapitel geschildert sind darunter. Manche wiederum, die von anderen fälschlich
wird, auch für Kinder gilt, deren Eltern erst in den vorigen als Gastarbeiterkind abgestempelt werden, sind Kinder der
Jahren nach Deutschland eingewandert sind, werden die- Soldaten der Besatzungsmächte, vor allem der Amerikaner.
se dennoch viele andere Erfahrungen machen. Die indivi- Vorurteile sind teilweise offensiv verletzend („Ihr seid
duellen Geschichten dieser „Gastarbeiterkinder“ können doch alles Verbrecher!“), teilweise von Naivität geprägt
sehr unterschiedlich ausfallen. („Warum geht ihr nicht zurück nach Italien, da ist es doch
Für Gastarbeiterkinder der ersten Generation, die also viel wärmer?“), aber gerade für Kinder, die niemals etwas
schon einige Jahre im Ausland gelebt haben, bevor sich nach anderes gekannt haben als ihre Heimat in Deutschland,
Deutschland kamen, erscheint die Kultur in der Republik oft ist der Umgang damit oft schwierig. Ihre Erfahrungen in
fremd. Auch die Sprache ist eine Herausforderung, teilweise der Schule sind sehr von den jeweiligen Lehrern abhängig.
Manche Lehrer geben sich große Mühe, ihnen eine mög-
lichst gute Bildung zu vermitteln, andere sind mit den
Sprachbarrieren und kulturellen Unterschieden überfordert.
DIE 20 MEIST-BESUCHTEN Im Umgang mit anderen Schülern gibt es ebenfalls meh-
KINOFILME IN WESTDEUTSCHLAND rere Strömungen. Manche Kinder sehen in den sprachlichen
Schwierigkeiten oder der anderen Hautfarbe ihrer Mitschüler
1. Otto – Der Film ein einfaches Ziel, anderen wurde ein solches Schubladen-
2. Dirty Dancing denken nie vermittelt, sodass sie sich an den Unterschieden
3. E.T. gar nicht stören. Vor allem auf dem Land ist die Zahl der
4. Otto – Der neue Film Gastarbeiterkinder oft ohnehin sehr gering, sodass es an
5. Rain Man einer Schule auch nur „den Italiener“ oder „die Türkin“
6. Der Name der Rose geben mag. Eher ist es wahrscheinlich, dass mögliche Kon-
7. Crocodile Dundee flikte nicht mit anderen Kindern, sondern im Umgang mit
8. Männer anderen Eltern entstehen, die womöglich rassistische Vorbe-
als die
9. Police Academy – Dümmer halte hegen, ihr Kind „mit Ausländern“ spielen zu sehen.
Polizei erlaub t Die Eltern der Gastarbeiterkinder halten oftmals noch
Rückkehr
10. Krieg der Sterne – Die stark an der Kultur ihrer Heimat fest, weil diese für sie
der Jedi-Ritt er in einem Land, das ihre Sprache nicht spricht und das im
Imperium
11. Krieg der Sterne – Das Umgang oft so fremd scheint, noch immer ein Gefühl von
schlägt zurück Vertrautheit bietet. Gerade in der Anfangszeit planten die
12. Cap und Capper Gastarbeiter ohnehin meist nicht, dauerhaft zu bleiben
13. Zurück in die Zukunft und es gab wenig Anreiz, sich dem fremden Land zu öff-
Hölle los
14. Auf dem Highway ist die nen – und auch in den 80ern wird von einigen der Kinder
e Ges chi cht e
15. Die unendlich noch erwartet, dass sie zusätzlich die Sprache des Heimat-
 – In töd lic her
16. James Bond 007 landes ihrer Eltern lernen, damit sie sich dort zurecht-
Mission finden werden, „wenn es eines Tages zurückgeht“.
äre
17. Eine verhängnisvolle Aff Wichtig ist insgesamt jedoch, dass die Gruppe am
18. Ödipussi Spieltisch sich reflektiert entscheidet, wie sie mit dem
19. Tootsie Thema umgehen möchte. Sollen mögliche Konflikte, die
20. Jenseits von Afrika aus der Erfahrung der Gastarbeiterkinder erwachsen, Teil
des Spiels sein, vielleicht sogar dadurch erforscht werden,

10

oder ist es den Teilnehmenden lieber, diese Aspekte zu
minimieren oder gar ganz auszublenden? Tales from the
Loop kann einer Gruppe die Möglichkeit bieten, auf diese
Weise Facetten ihrer eigenen Geschichte in einem sicheren
Umfeld zu erkunden. Es kann aber ebenso die Bühne für
Jugend-Abenteuer bieten, die solch allzu realen Probleme
zugunsten spannender Konfrontationen mit Robotern und
anderer phantastischer Elemente ausklammern.
FREIZEIT
Zeitschriften sind fester Bestandteil des Lebens in den 80ern.
Für viele Kinder markiert die Micky Maus erste Schritte in
die Welt des Lesens und bringt jede Woche neue Geschichten
ins Kinderzimmer. Wer mehr Substanz sucht, kommt am Lus-
tigen Taschenbuch nicht vorbei. Konkurrenz bekommt Dis-
ney in Deutschland in Form von Rolf Kaukas Fix und Foxi.
Eine Sonderstellung nimmt dabei die Yps ein, die seit 1975
erscheint. Die Zeitschrift begeistert weniger durch ihre Co-
mics als vielmehr mit den „Gimmicks“, die ihr beiliegen. Die
Agenten- und Überlebens-Spielzeuge, der Solarzeppelin und
die chronisch versterbenden Urzeitkrebse prägen eine ganze
Generation und sorgen immer wieder für Gesprächsstoff.
Eine andere Rolle nimmt dagegen die Bravo ein. Das Ma-
gazin lockt nicht nur mit Berichten über die aktuell angesagten
Stars nahezu zwei Millionen Käufer pro Woche, sondern auch
mit zahlreichen Beiträgen zur Sexualaufklärung, was Eltern
nicht immer begeistert. Viele Jugendliche sehen im Lesen der
Bravo auch einen Schritt hin zum Erwachsenwerden, fort von
den Comics und hin zu neuen Themen.
Wer nicht selbst lesen will, der hört in Deutschland
auch gern Hörspiele. TKKG und Die drei ??? prägen eine
ganze Generation von „Kassettenkindern“ und wecken die
Jugenddetektive in ihnen. Doch auch Benjamin Blümchen
und Bibi Blocksberg, Flitze Feuerzahn und Regina Regen-
bogen sowie die eigens für den deutschen Markt produ-
zierten Hörspiele der bei Jungs ohnehin allgegenwärtigen
Masters of the Universe erschallen aus den Stereoanlagen.
Die Kassette verdrängt dabei immer mehr die noch
präsenten Schallplatten, sowohl für Hörspiele wie auch
für Musik. Der Walkman beginnt auch in Deutschland
seinen Siegeszug, begleitet von ungezählten namenlosen,
günstigeren Pendants. Radiorekorder oder Stereoanlagen
finden ihren Weg in nahezu alle Haushalte und die pom-
pösen „Ghettoblaster“ werden auch in Deutschland zum
Begleiter einer rebellischen Jugend.
In den Kinderzimmern – und in den oft noch privat ge-
führten Spielwarengeschäften – wird die Auswahl an Frei-
zeitspaß ebenfalls immer größer. Zaubertafeln, Monchhichi,
Jo-Jos, Sprungfedern und die ersten amerikanischen Action-
figuren gesellen sich zu etablierten Größen wie LEGO und
Playmobil. Quartett-Spielkarten sind ebenso beliebt wie
LAND
EIN GESPALTENES
20 SERIEN IN DEUTSCHLAND
■ Alf
■ Alfred J. Kwak
■ Biene Maja
■ Captain Future
■ DuckTales – Neues aus Entenhausen
■ Der kleine Vampir
■ Die Schlümpfe
■ Die Sendung mit der Maus
■ Doktor Snuggles
■ Eins, Zwei oder Drei
■ Es war einmal der Mensch / das
Leben
■ Fünf Freunde
■ Heidi
■ He-Man
■ Löwenzahn
■ Knight Rider
■ Meister Eder und sein Pumuckl
■ Pippi Langstrumpf
■ Sancho & Pancho
■ Sesamstraße
alle möglichen, zunehmend aufwendigeren Gesellschafts-
spiele, die oft begleitet von Fernsehwerbung auf den Markt
drängen. Auch das noch junge Hobby Rollenspiel findet
seinen Weg nach Deutschland, mit eigenen Spielen wie Das
Schwarze Auge und Midgard und übersetzten Titeln wie
beispielsweise Dungeons & Dragons, Auf Cthulhus Spur,
Schwerter & Dämonen und Traveller.
Kinos gibt es in vielen Städten und erfreuen sich gro-
ßer Beliebtheit. Die meisten  – gerade außerhalb der gro-
ßen Städte  – sind privat geführte und oft kleine Licht-
spielhäuser, die jenseits des schmalen Ticketschalters mit
Süßigkeitenauslage einen einzelnen Vorführsaal bieten.
Die Hits an den Kinokassen sind eine Mischung aus deut-
schen und ansonsten vorwiegend amerikanischen Produk-
tionen. Die deutschen Filme spielen dabei jedoch nicht nur
die zweite Geige und einige Filme wie Die unendliche Ge-
schichte feiern auch international Erfolge.
AUF DER MATTSCHEIBE
Wer Anfang der 80er fernsieht, der empfängt sein Programm
in der Regel per Zimmerantenne oder über die Satelliten-
schüssel. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk umfasst ARD,
ZDF und je eine Landesrundfunkanstalt, die regionales Pro-
gramm ausstrahlt. Erst innerhalb des Jahrzehnts schafft das
Bundesverfassungsgericht die notwendigen Grundlagen, um

11
KAPITEL O1
auch Privatfernsehen in der Bundesrepublik zu ermöglichen.
1984 gehen mit RTL plus und der Programmgesellschaft für
Kabel- und Satellitenrundfunk (PKS; später Sat.1) die ersten
Privatsender mit Vollprogramm an den Start, gefolgt bei-
spielsweise von Tele 5 1988 und ProSieben 1989.
All das ist eng verbunden mit der Einführung des
Kabelfernsehens in Deutschland, das ebenfalls in den
80ern nach und nach verfügbar wird. In Hessen, dem
Heimatsitz des deutschen Loops, sind bis Ende der 80er
etwa ein Drittel aller Haushalte in der Lage, Zugang zum
Kabelfernsehen zu erhalten.
Doch auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk prägt das
Jahrzehnt immer wieder. 1981 geht mit Wetten, dass..? eine
spätere Institution des deutschen Fernsehens auf Sendung.
Moderator Frank Elstner übergibt das Zepter nach sechs Jah-
ren an Thomas Gottschalk, aber der Erfolg ist ungebrochen
und der Sendetermin Pflichtprogramm für junge wie ältere
Zuschauer. Ebenfalls 1981 erfolgt auch der Dienstantritt von
Tatort-Hauptkommissar Horst Schimanski, dessen Figur
die Zuschauer und Medien polarisiert. Die einen freuen sich
über frischen Wind beim langsam angestaubt wirkenden Tat-
ort und erheben Schimanski zum deutschen Actionhelden,
andere reiben sich an dessen für die Zeit vulgären Sprache
und verteufeln den „Ruhrpott-Rambo“.
Zusätzlich zu mehr und mehr Auswahl im Fernsehen er-
obern auch die Videokassetten die deutschen Haushalte. Ob
gekauft, in der Videothek geliehen oder selbst aufgenommen,
sind VHS-Bänder bald nicht mehr wegzudenken.
Videofilmen und Fernsehsendern gemein ist, dass sie
immer wieder zu Skandalen führen. Die Vorwürfe vom Verfall
der Sitten – egal ob nun wegen des fluchenden Schimanskis,
der RTL-Sendung Tutti Frutti oder an gewalttätige Horror-
filme unter der Ladentheke gerichtet – machen diese natürlich
nur umso attraktiver für ein neugieriges, junges Publikum.
DIGITALE ANFÄNGE
Auch Heimcomputer finden in den 80ern zunehmend Ab-
satz. Während IBM mit seinen PCs im Büro-Bereich punk-
tet, beherrschen alternative Systeme die heimischen Zim-
mer. Der Anfang 1983 erscheinende Commodore C-64 ist
zu Beginn mit etwa 1.500 DM noch zu teuer, doch der
Preis fällt bereits innerhalb eines Jahres auf etwa die Hälf-
te. Damit beginnt der Siegeszug, und bald schon flimmern
in vielen Haushalten orange-schwarze oder grün-schwar-
ze Bilder auf den Bildschirmen. Weitere Hersteller folgen,
darunter auch der in Deutschland produzierte Schneider
CPC. Mitte des Jahrzehnts folgt mit dem Commodore
Amiga und dem Atari ST bereits eine neue, technisch be-
reits weit überlegene Generation von Systemen.
Dennoch stellt der Heimcomputer in vielen Haus-
halten noch eine Besonderheit dar. Oft entweder im heimi-
schen Büro, im Hobbykeller oder zentral in der Wohnung
12
aufgestellt, sind die Maschinen noch etwas Außergewöhn-
liches, mit dem manche fremdeln und das auf andere eine
bedingungslose Anziehungskraft ausübt.
Programme kommen entweder auf Kassetten oder den
fünf Zoll großen „Floppy“-Disketten daher und sind oft
nur über spezialisierte Versandanbieter zu bekommen. Die
Speichermengen sind gering und die Lesezeiten sind – ge-
rade bei den Kassetten  – enorm, sodass die Verwendung
der Geräte generell mehr Geduld verlangt.
Der Versand von Informationen über die Telefon-
leitungen – die Datenfernübertragung, DFÜ – ist ebenfalls
möglich, erfordert jedoch sogenannte Akustikkoppler: Ge-
räte, in die der Hörer des eigenen Telefons eingeklemmt
werden kann und die dann die digitalen Daten in Form
schriller Töne übermitteln. In Deutschland, wo das Tele-
fonnetz von der Deutschen Bundespost kontrolliert wird,
ist die Verwendung von Akustikkopplern streng verboten
und wird mit beachtlichen Geldstrafen geahndet. Den-
noch veröffentlicht der Chaos Computer Club 1985 eine
einfache Bauanleitung für einen Akustikkoppler und ver-
hilft dem Prinzip damit zu weiterer Beliebtheit.
20 DEUTSCHSPRACHIGE
HITS DER 80ER JAHRE
■ 1000 und 1 Nacht (Zoom!)
(Klaus Lage Band)
■ 99 Luftballons (Nena)
■ An der Nordseeküste (Klaus & Klaus)
■ Blaue Augen (Ideal)
■ Da Da Da (Trio)
■ Der wilde wilde Westen (Truckstop)
■ Ein bißchen Frieden (Nicole)
■ Goldener Reiter (Joachim Witt)
■ Ich will Spaß (Markus)
■ Jenseits von Eden (Nino de Angelo)
■ König von Deutschland (Rio Reiser)
■ Major Tom (Peter Schilling)
■ Männer (Herbert Grönemeyer)
■ Neue Männer braucht das Land
(Ina Deter)
■ Ohne dich (Münchener Freiheit)
■ Rock Me Amadeus (Falco)
■ Santa Maria (Roland Kaiser)
■ Skandal im Sperrbezirk
(Spider Murphy Gang)
■ Sonderzug nach Pankow
(Udo Lindenberg)
■ Verdammp lang her (BAP)

DIE DDR UND EIN MÖGLICHER
LOOP IM OSTEN
Egal was für Schreckensbilder sie im Westen gezeichnet
haben mögen, wir hatten auch eine schöne Kindheit vol-
ler spannender Erlebnisse. Anders? Sicherlich, aber ebenso
schön. Und es ist ja auch nicht so, als wenn wir nicht auch
im Hinblick auf den Loop hätten mithalten können. Klar,
sie haben sich bemüht, daraus stets ein Geheimnis zu ma-
chen, aber es hatte nicht lange gedauert, bist die ersten Ge-
rüchte die Runde machten, dass da etwas vor sich ging …
DIE DDR IN DEN 80ERN
Die DDR in den 80ern wirkt stabil, auch wenn sie es
längst nicht mehr ist. Wer sich mit den Gegebenheiten ab-
findet und nicht gegen das System aufbegehrt, kann ein
weitgehend sorgenfreies Leben führen. Ein Quadratmeter
Wohnraummiete kostet etwa eine Mark, ein Brötchen fünf
Pfennige. Es gibt praktisch Vollbeschäftigung und eine ge-
ringe Verbrechensquote. Die Presse feiert Erfolgsmeldun-
gen des Fortschritts.
Das düstere Kapitel des Stalinismus in der UdSSR ist
abgeschlossen, die DDR feiert international sportliche Er-
folge, man ist stolz auf die Errungenschaften der Moderne,
die Raumfahrt, und die endgültige Überwindung der Schä-
den, die der Zweite Weltkrieg hinterlassen hat. Allerdings
rutscht das Land in diesem Jahrzehnt immer stärker in
eine finanzielle Schieflage; der Fortschritt des Sozialismus
ruht auf tönernen Füßen.
Mitte der 80er Jahre wird Michael Gorbatschow
Staatschef der UdSSR und etabliert unter den Schlag-
worten „Glasnost“ (Offenheit) und „Perestroika“ (Um-
strukturierung) erste Vorboten des politischen Wandels.
Als er 1988 die Aufhebung der Breschnew-Doktrin ver-
kündet, wendet sich die politische Führung der DDR ab;
man möchte am liebsten weitermachen wie bisher.
Eine Illusion, die schließlich 1989 weggewischt wird.
Bis dahin existiert die DDR weiterhin in einer Blase der
heilen Welt. So wird noch am 7. Oktober 1989 der 40.
Jahrestag der DDR mit vollem Pathos gefeiert. Die sich
überschlagenden Ereignisse des Novembers scheinen zu
diesem Zeitpunkt noch weit weg und geradezu undenkbar.
1984 übergibt Erich Honecker feierlich die zwei-
millionste Wohnung, die seit 1971 renoviert oder neugebaut
wurde, und 1988 die dreimillionste, obwohl dem Wohnungs-
bauprogramm längst das Geld ausgeht. Die Plattenbauten
LAND
EIN GESPALTENES
sehen immer gleich aus, und die Wohngebiete sind oft ähn-
lich entworfen worden, sodass sich Neubaugebiete vielerorts
ähneln. Dieser Umstand sorgt auch für Vertrautheit, wenn
ein Kind aus Halle seine Oma in Schwerin besucht.
Insgesamt scheint das Leben überall in ähnlich ge-
ordneten, sicheren Bahnen zu verlaufen  – eine Beschau-
lichkeit die man sonst vielleicht nur noch in Märchen-
büchern findet. Auch wie Science-Fiction mutet das Leben
manchmal an. Nicht zuletzt über die UdSSR gelangen viele
technische Entwicklungen auch in die DDR, wenn auch
selten in private Hand. Magnetrintechnik ist jedoch auch
dort nichts Ungewöhnliches und Roboter spielen schon
lange nicht mehr nur in der Literatur, sondern im Lebens-
alltag der gesamten UdSSR eine Rolle.
Auch bei der Kleidung herrscht kein übermäßiger
Individualismus, was dazu führt, dass Kleidungsmarken
und Modelabels kaum eine Rolle als Statussymbole
spielen. Für Heranwachsende herrscht kein Druck nach
Markenkleidung.
Um sich aus der Masse hervorzuheben, sind West-
waren jedoch die perfekten Objekte, rufen sie doch Be-
wunderung und Neid gleichermaßen hervor. Jeans, die
Niethosen heißen, erfreuen sich bei Jugendlichen enormer
Beliebtheit, und am besten sind natürlich welche aus dem
Westen. Das Gleiche gilt für Schallplatten.
Intershops sind ein sagenumwobenes Zauberreich,
in dem man Westdevisen in Forumschecks und dann in
Waren umtauscht, die im normalen Handel nicht zu be-
kommen sind. Unter Kindern kann eine Packung Tic Tac
so zum Highlight eines Nachmittags werden.
Sport spielt in der DDR von jeher eine große Rolle.
Die Sportförderung ist stark, auch und gerade im Hinblick
auf die Jugend. Die Erfolge zeigen sich in internationalen
Wettbewerben. Die DDR bringt zahlreiche Spitzenathleten
hervor. Allerdings herrscht in den Sportverbänden auch
für die Jüngsten eine entsprechende Erwartungshaltung in
Sachen Leistungsbereitschaft.
Ähnlich ist es bei einer musikalischen Ausbildung,
die oft schon früh beginnt. In vielen Fällen wird davon
ausgegangen, dass das Kind später die Qualifikation zum
Berufsmusiker erreichen soll. Begabte Kinder werden früh
in Wettbewerbe geschickt.
Auch Schach erfreut sich eines hohen Ansehens und
wird bereits in der Schule durch AGs gefördert.
13
KAPITEL O1
AUFWACHSEN IN DER DDR
DDR-Kinder reiten über die Prärie mit dem Dakotahäupt-
ling Tokei-ihto, lernen von Alfons Zitterbacke wie man
Nudeln nicht kocht und wissen nicht, dass der berühmte
Zauberer der Smaragdenstadt eigentlich der Zauberer von
Oz ist.
Ab knapp einem Jahr geht fast jedes Kind in die Krip-
pe und später in den Kindergarten und wird erst um Vier
von der Mutti abgeholt. Da Mutti und Vati arbeiten gehen,
hat auch die Schule eine nachmittägliche Hortbetreuung.
Manchmal gibt es sogar Samstagsunterricht, aber der ist
schön, weil man schon um Eins nach Hause darf.
Mit der an Süßigkeiten übervollen Schultüte kommen
auch das weiße Hemd, das Käppi und das blaue Hals-
tuch der Jungpioniere. Zum Glück müssen die Pionier-
uniformen nicht standardmäßig in der Schule getragen
werden, außer zum wöchentlichen Fahnenapell und Grup-
penratsveranstaltungen nach der Schule. Selbst dann lässt
man die kratzigen Hosen und Röcke, die eigentlich zur
Uniform gehören, gern weg. Niemand mag die, nicht ein-
mal die älteren Pioniere. Entscheidend ist neben dem wei-
ßen Hemd vor allem das Halstuch, das natürlich mit einem
ordentlichen Pionierknoten gebunden werden muss.
Der Fahnenapell ist eine super Sache, denn er verkürzt
die erste Stunde um ganze 15  Minuten. Die Pionierauf-
gaben bestehen zunächst aus der jährlichen Wahl eines
Gruppenratsvorsitzenden und eines stellvertretenden
Gruppenratsvorsitzenden. Ansonsten singt man ge-
meinsam im Chor, bastelt Friedenstaubenwimpel und
Fähnchen für den ersten Mai, bringt gemeinsam Altstoffe
zur SERO-Sammelstelle und lauert alten Omas an Ampeln
auf, um sie über die Straße zu geleiten.
Über Politik denkt niemand nach. Die meisten können
es kaum erwarten, endlich Thälmannpionier zu werden
und das rote Halstuch zu bekommen.
Die paar Pfennige, die man bei SERO für die über-
gebenen Zeitungsstapel (die zumeist von den Nachbarn
schon mit einer Schnur zusammengebunden wurden)
und die leeren Flaschen bekommt, reichen immer für ein
Softeis, das es an jedem Kiosk gibt und das immer ver-
lässlich gleich schmeckt. Die Auswahl ist gering und fällt
daher nicht schwer, man ist entweder ein Vanille- oder ein
Schokoladenmensch. Als sagenumwoben gilt Erdbeersof-
teis, das aber fast immer ausverkauft ist.
Nach der Schule spielt man je nach Wetterlage mit
Freunden drinnen und draußen, ob im Hort nach den
Hausaufgaben, auf dem Spielplatz der Plattenbausiedlung
oder im Schrebergarten der Oma. Dorfkinder sind oft mit
dem Fahrrad unterwegs. Stadtkinder nehmen auch mal
den Bus oder die Straßenbahn, und lochen stolz ihren
Fahrschein am Automaten, aber sowas muss die Mutti
14
erlaubt haben. Zumeist bleibt man doch fußläufig unter-
wegs, denn fast alle Freunde, mit denen man zur Schule
geht, wohnen ohnehin in der Nachbarschaft.
Abwechslung zum Stadtleben bietet die Datsche, ein
kleines Familienrefugium im Grünen, den Wochenenden
vorbehalten, meist in einer kleinen Siedlung ähnlicher
Häuschen gelegen. Von Berlin aus ist es beispielsweise
nur ein Katzensprung an die Brandenburger Seen. Dort
pflegen die Eltern den Garten oder entspannen sich im
Sommer beim Sonnenbaden, während Kinder Gruppen
bilden und durch den Wald toben  – oder eben durch
Omas Schrebergartensiedlung.
Alle lesen die FRÖSI (Fröhlich sein und Singen). Sel-
tener und deswegen beliebter ist Mischa, eine russische
Kinderzeitschrift, die auch in deutscher Übersetzung ge-
druckt wird. Das unangefochtene monatliche Highlight
ist das Comicheft Mosaik, das durchgängig seit 1955 er-
scheint. Alle DDR-Kinder kennen die Abrafaxe und folgen
ihren Abenteuern durch die Zeit.
Im Fernsehen bietet nicht nur das Sandmännchen all-
abendliche Unterhaltung für die Kleinen; die DDR dreht
auch zahlreiche Kinder- und Märchenfilme und Serien,
wie die Spuk-Reihe, Brummkreisel oder das Spielhaus.
Liedermacher wie Frank Schöbel oder Gerhard Schöne
bereichern die Plattensammlung, jeder kennt Platten wie
Traumzauberbaum mit den Waldgeistern Moosmutzel
und Waldwuffel („Nimm deinen Zeh aus meiner Nase!“)
oder Mimmelitt das Stadtkaninchen, wo ein urstes Kanin-
chen Motorrad fährt.
Viele Kinder beiderlei Geschlechts träumen davon,
Kosmonauten zu werden, so wie Juri Gagarin, der erste
Mensch im All, der mit seiner Wostok 1 Geschichte
schrieb. Oder Siegmund Jähn, der 1978 der erste Deutsche
im All wurde und auch mal Pionierleiter war.
Sportliche Kinder freuen sich auf die regelmäßig statt-
findenden Sportfeste in der Schule, immerhin fällt dafür
ein ganzer Unterrichtstag aus.
Die Schulen sind polytechnische Oberschulen (POS)
und bieten neben dem klassischen Fächerkanon einen
praktisch ausgerichteten polytechnischen Unterricht an.
Fast alle nennen einen Schulgarten ihr eigen. Besonders
gute Schüler dürfen auf eine Erweiterte Oberschule (EOS),
die mit dem Erwerb der Hochschulreife endet.
Aber die schönste Zeit sind natürlich die acht Wochen
Sommerferien. Die Zeit zwischen Juni und September ist frei,
um mit der Familie an die Ostsee, ins Erzgebirge oder gar
ins ferne Bulgarien zu fahren. DDR-Eltern sind in der Lage,
unter maximaler Platzausnutzung einen halben Hausstand in
einen Trabbi zu stopfen. Kinder sind Kapitäne der Rückbank
und können stundenlang mit weniger Platz auskommen
als die Reisetaschen, die sich nebendran wie ein Burgwall

auftürmen. Und ja, es stimmt, man kann einen Trabbi mit
einem Nylonstrumpf reparieren. Auf der Rückfahrt von Bul-
garien muss man das vielleicht auch. Im Winter geht’s zum
Skifahren nach Oberhof oder Oberwiesenthal.
Ohne die Eltern, aber mit Pionierhalstuch geht’s ins
Ferienlager, ob nach Rügen oder in den Harz. Jeder kann
sich das leisten, denn drei Wochen Ferienlager kosten
kaum 20 Mark. Dort wird gesungen, gewandert, gebastelt.
Besonders aufregend sind Nachtwanderungen, oder die
Pioniereisenbahn; für ältere Kinder gibt es auch Discos.
Alle lieben die Kinoabende. Die Erzieher sind meist strenger
als Mutti und Vati, aber solange niemand lautstark weint
oder irgendwer blutet, finden Kinder immer Möglichkeiten,
sich auch mal wegzuschleichen und mit Freunden auf eige-
ne kurze Abenteuer auszuziehen, wie zum heimlichen Bad
in der Unstrut oder einem Ausflug zum Kiosk und der ob-
ligatorischen Eiswaffel. Einziges Elend ist die Verpflegung,
denn sowohl im Ferienlager als auch bei der Schulspeisung
gibt es nicht nur die tägliche Schulmilch, sondern auch
ein paar Gerichte, die niemand mag: Der Hass auf saures
Rhabarberkompott vereint schon Kindergartenkinder, Eier
in Senfsoße scheiden die Gemüter und niemand weiß so
genau, warum man gekochte Blutwurst mit Sauerkraut und
Kartoffeln „Tote Oma“ nennt, aber jeder macht es.
Ein absoluter Klassiker, den es um die Mittagszeit
beim Fleischer, in jedem Ferienheim und in jeder Betriebs-
küche gibt, ist die süßsaure Wurstsuppe Soljanka, die rus-
sisch klingt, die es aber so nur in der DDR gibt.
Kinder haben natürlich auch Lieblingsspeisen. Jedes
Kind ist neidisch, wenn die Mutti eines anderen Kindes
zum Mittag süße Quarkkäulchen macht. Zumindest,
wenn man nicht dazu eingeladen ist. Auch die pinkfarbene
rote Grütze mit Vanillesoße gilt als urst. Dass diese wahr-
scheinlich weder echte Vanille noch echte Früchte gesehen
hat, tut dem Genuss keinen Abbruch. Beliebte Süßigkeiten
sind die als Knusperflocken bekannten, mit Schokola-
de überzogenen Haferkekse oder Krawallkuchen, oder
Bienenstich, der ohne Sahne, dafür aber mit einer Nuss-
Honigmischung gemacht wird.
DIE ERWACHSENEN
Ein wichtiger Umstand, der die Bürger der DDR von de-
nen der BRD unterscheidet, ist der geringe Wert von Geld
im Vergleich zu Beziehungen. Die allgegenwärtige Waren-
knappheit der DDR kann selten durch ein Mehr an Geld
ausgeglichen werden, sondern nur durch die richtigen
Kontakte. Im Laufe der Zeit entwickelt sich ein regelrech-
tes Tauschsystem unter den Bürgern. Waren, die in den Lä-
den nur in geringer Zahl vorhanden sind, gehen an Freun-
de und Bekannte der Verkäufer unter der Hand weg – als
sogenannte „Bückware“.
LAND
EIN GESPALTENES
BEGRIFFE IN DER DDR
■ Brigade = Arbeitsgruppe in
Betrieben
■ Broiler = Brathähnchen mit
knuspriger Kruste
■ Datsche = Wochenendhäuschen
■ Das fetzt! = Saugeil!
■ Konsum/Kaufhalle = Einkaufsmarkt
■ Kosmonaut = Astronaut
■ LPG = Landwirtschaftliche
Produktionsgenossenschaft
■ Nikki = T-Shirt
■ Plaste = Plastik
■ Robotron = Kombinat, das Computer
herstellt
■ Roster = Bratwurst
■ Simson Schwalbe = beliebtes Moped,
das schon mit 15 gefahren werden
darf
■ Subbotnik = freiwilliger Arbeits-
einsatz
■ Urst = jugen dspra chlic hes Ver-
stärkungswort, kann adjektivisch
gebraucht werden („urst lecker“)
oder auch allein stehen („Das
ist urst!“).
■ VEB = Volkseigener Betrieb
Beziehungen zu Funktionsträgern der Partei sind
ebenso entscheidend wie die richtige Tauschware, die man
jemand anders anbieten kann. Eine Westjeans kann ein
Ersatzteil für ein Auto erkaufen, eine Parteifunktionärin
dafür sorgen, dass man den letzten freien Platz im FDGB
Ferienheim bekommt.
Eltern sind oftmals praktisch veranlagt, weil es mitunter
nicht einfach ist, eine Ware neu zu kaufen. Es wird also re-
pariert, was das Zeug hält. Auch am Haus und in der Woh-
nung wird viel gewerkelt und gebastelt. Jeder kennt irgend-
jemanden, der sich mit Antennen auskennt, was zumeist dem
Zweck dient, Westfernsehen empfangen zu können.
In dieser Hinsicht bilden auch die Frauen keine Aus-
nahme. Fast alle sind voll berufstätig und viele haben den
Anspruch, den Männern auch handwerklich in nichts
nachzustehen.
Viele Haushaltsaufgaben obliegen in den 80ern
dennoch zumeist den Frauen, etwa das Putzen und die
Verpflegung der Familie. DDR-Mütter müssen daher
15
KAPITEL O1
logistische Genies sein und Kinder, vor allem die Mäd-
chen, häufig im Haushalt mit anpacken. Mahlzeiten wer-
den von den Müttern für den nächsten Tag oft vorgekocht,
sodass sie mittags schnell und unkompliziert aufgewärmt
werden können.
Um die Eltern zu entlasten, spielen auch die Großeltern
bei der Erziehung zumeist eine wichtige Rolle. Viele Kin-
der fahren in den Ferien, wenn nicht ins Ferienlager, dann
zumindest wochenlang zu Oma und Opa  – oder beides.
Wenn die Großeltern am Ort wohnen und das Kind nicht
ohnehin in den Hort geht, übernimmt zumeist die Oma
das mittägliche Kochen und die Nachmittagsbetreuung.
BAD FRANKENHAUSEN –
KLEINSTADT AM KYFFHÄUSER
Die erstmals im 9. Jahrhundert urkundlich erwähnte frän-
kische Siedlung Bad Frankenhausen am Südhang des Kyff-
häusers wurde 1525 zum Schauplatz der letzten großen
Schlacht des Bauernkrieges. Der Ort verfügt über eine So-
lequelle, die schon seit dem 10. Jahrhundert genutzt wird
und seit dem Bau eines Kurhauses 1818 auch als Heilquel-
le dient. Ebenfalls im 19.  Jahrhundert fasste die Knopf-
industrie Fuß in der Stadt am Kyffhäuser. 1879 eröffnete
schließlich ein Kinderkurheim, und 1896 erhielt die Stadt
mit dem Kyffhäuser-Technikum ein polytechnisches Ins-
titut für Landwirtschafts- und Elektrotechnik. Ende des
19. Jahrhunderts wurde ein Bahnhof gebaut, von dem aus
Züge nach Bretleben oder Sondershausen fuhren.
1938 eröffnete in der Stadt, die inzwischen offiziell
die Bezeichnung „Bad“ führen durfte, das erste Solefrei-
bad in Thüringen. Während des Zweiten Weltkriegs blieb
Bad Frankenhausen von Zerstörungen weitestgehend ver-
schont. Seit 1950 entwickelte sich Bad Frankenhausen
zum größten Kinderkurort der DDR.
Hauptarbeitgeber der Stadt ist der VEB Format, ein
Kombinat, das Knöpfe herstellt.
1968 wurde die Kyffhäuser-Kaserne erbaut, und Bad
Frankenhausen wurde durch die Verlegung des 16. Moto-
risierten Schützenregimentes NVA-Standort.
Dieser Umstand mag zur Gerüchtebildung beitragen,
als die DDR 1976 ein Großprojekt auf dem Schlachtberg
im Norden der Stadt startet, dem Ort, wo der Bauernkrieg
sein tragisches Ende fand. Ein eigentümliches, futuristi-
sches Gebäude entsteht dort oben: ein Rundbau, hinter
dem nicht wenige Anwohner eine Raketenabschussbasis
der Sowjets vermuten. Doch die Führung beschwichtigt:
Hier entstehe Kunst. Ein monumentales Rundgemälde soll
es werden, dem Bauernkrieg gewidmet, gleichermaßen ein
Zeitbild des 16. Jahrhunderts, des geistigsten Aufbruchs
16
der beginnenden Renaissance. Der Kunstprofessor Werner
Tübke setzt das Mammutprojekt um.
Die Frankenhäuser gewöhnen sich an das Gebäude auf
dem Hügel, an gelegentliche Delegationen aus Berlin, an Sta-
tiker, die das Gebäude prüfen, an Hilfsarbeiter und Künstler,
die Tübke bei der Krönung seines Lebenswerks unterstützen.
Dennoch weht während der jahrzehntelangen Fertig-
stellungsarbeiten im Inneren des Gebäudes noch immer
ein Hauch von Misstrauen durch die Gänge. Die Wenigs-
ten können sich vorstellen, dass wegen Kunst ein solcher
Aufwand betrieben wird. Dennoch sickert lange Zeit kein
einziger echter Beweis in die Bevölkerung, was sich wirk-
lich unter dem mysteriösen Rundbau verbirgt: ein Loop.
DER DDR-LOOP
Den Loop in der DDR unterscheidet vom Loop im Tau-
nus vor allem eins: die Geheimhaltung, ist die Führung
der DDR doch äußerst paranoid bezüglich BRD-Spionage.
Der Standort am Kyffhäuser wurde vor allem deswegen
gewählt, weil die Region so unverdächtig wirkt.
Thüringen stellt vor allem Konsumgüter her und dient
als Zulieferer für die Industrie. Abgesehen vom Kali- und
Gipskarstbergbau, oder Solegewinnung, ist der Raum
ländlich geprägt. LPGs bewirtschaften den fruchtbaren
Boden rund um die Unstrut. Schwere Traktoren, nach rus-
sischem Vorbild mit Magnetrin-Technik gebaut, schweben
über endlos wirkende Felder. Eine Gegend, die so harm-
los erscheint, kann unmöglich Schauplatz bahnbrechender
Forschung sein – so die Logik der Führung.
Der Rundbau auf dem Schlachtberg ist ca. 18 m hoch,
der Außendurchmesser misst knapp 44  m. Bereits 1975
wurden Rundbau und Eingangsgebäude fertiggestellt. Im
Inneren finden tatsächlich die Arbeiten am Rundbild mit
dem Titel „Frühbürgerliche Revolution“ statt.
Allerdings dient das geschäftige Werkeln nicht nur
dazu, ein kulturelles Prestigeobjekt zu erschaffen, sondern
auch dazu, das Kommen und Gehen der Loopmitarbeiter
zu verschleiern.
Der bedeutsamere Teil des Gebäudes liegt unter-
irdisch und kann über geheime Fahrstühle und Zugänge
im Kasernenbereich erreicht werden. Kilometertief er-
streckt sich die Loopanlage im Schlachtberg und nutzt
dabei natürlich vorhandene Gipskarsthöhlen. Hier leben
die wechselnden Mitarbeiterteams, die alle paar Monate
von einer neuen Schicht abgelöst werden, wie in einem
übergroßen U-Boot. Die Forschungsteams sind klein und
bestehen aus als absolut loyal geltenden Wissenschaftlern,
einigen Offizieren der Staatssicherheit, sowie NVA-Sol-
daten. Die Verpflegung der Loopmitarbeiter erfolgt über
die Logistik der Kaserne. Auch können Looparbeiter dor-
tige Sport- und Freizeiträume nutzen.

DINGE, DIE MAN IN BAD FRANKENHAUSEN
TUN KANN
In den Sommermonaten übt das Solefreibad eine magi-
sche Anziehungskraft aus. Viele erfrischen sich auch in der
kleinen Wipper, einem bereits im Mittelalter für das Auf-
schlagwasser der Saline angelegten Nebenarm der Wipper.
Spannung verspricht ein Besuch in der nur 6 km ent-
fernt gelegenen Barbarossahöhle. Kinder interessiert aber
weniger die geologische Besonderheit, sondern viel mehr,
dass man dort Stuhl und Tisch von Kaiser Rotbart be-
wundern kann, und natürlich hofft man insgeheim, viel-
leicht doch auf den verwunschenen Herrscher zu stoßen,
der noch immer im Kyffhäuser warten soll und auf dem
Berg mit einem wuchtigen Denkmal verewigt wurde. Nicht
weit davon entfernt schlummern auch die Ruinen der
Kyffhäuserburg mit dem 176 Meter tiefen Burgbrunnen.
Auch die vielen Kurkinder, die zur Erholung für
wochenlange Aufenthalte nach Bad Frankenhausen kom-
men, bieten jede Menge Kontakte und Potenzial für so
manchen Ärger.
Einheimische Kinder kennen vielleicht auch geheime
Zugänge zu einigen kleineren Gipskarsthöhlen der Um-
gebung, deren Betreten ohne Aufsicht allerdings streng
verboten ist und die natürlich auch stets ihr eigenes Mys-
terium beherbergen können.
EIN MYSTERIUM IN DIE
DDR ADAPTIEREN
Die meisten Mysterien der 80er, die es nie gab, sollten sich
mit einigen kleineren Anpassungen problemlos in die DDR
übertragen lassen. Besonderheiten der Gesellschaft und des
Systems müssen dabei nicht als Hindernisse wahrgenom-
men werden, sondern können im Spiel eine Bereicherung
darstellen; wie zum Beispiel die mangelnde Verfügbarkeit
bestimmter Statusobjekte oder wichtiger Hilfsmittel, die
von den Kindern erst durch geschicktes Tauschen besorgt
werden müssen. Eine Milchtüte im Konsum zu kaufen,
ist immer möglich, aber eine Rolle Kupferdraht könnte
schwieriger zu beschaffen sein. So könnte der Versuch, mit
LAND
EIN GESPALTENES
einer selbstgebastelten Antenne Westfernsehen zu empfan-
gen, beinahe ein eigenes Abenteuer darstellen – oder den
Einstieg in ein neues Mysterium, wenn die neue Antenne
womöglich etwas ganz anderes empfängt.
Die Großeltern können als vertraute Erwachsene eine
wichtige Rolle spielen. Geheimverstecke können sich im
Garten von Omas Bauernhaus befinden, in der Traktoren-
scheune von Vaters LPG, in einem städtischen Umfeld
auch in einer alten Fabrikhalle oder im Hinterhof des VEB
Kombinats Freundschaft, wo der Vater eines der Kinder
Abteilungsleiter ist.
Schulunabhängige Szenarien können auf der Datsche
spielen oder im Ferienlager.
Die allgegenwärtige Macht der Partei bildet ein für
Kinder eher bedeutungsloses Hintergrundrauschen.
Aber Subbotniks und Altstoffsammlungen der Pionier-
gruppen liefern gute Vorwände, um in Betrieben herumzu-
schnüffeln. Auf einem Kuchenbasar der Schule kann man
jede Menge Leute treffen. Eine findige Gruppenratsvor-
sitzende kann solche Aktionen der Pioniergruppe in die
Wege leiten.
ZEHN FILME
Sechse kommen durch die Welt (1972)
■
■ Spuk von Draußen (1987)
■
■
Die Söhne der großen Bärin (1966)
Das Märchen von der verlorenen
Zeit (1964)
■ Die Weihnachtsgans Auguste (1988)
■ Das Schulgespenst (1986)
■ Der schweigende Stern (1960)
■ Signale – ein Weltraumabenteuer
(1970)
■ Unternehmen Geigenkasten (1985)
■ Moritz in der Litfaßsäule (1983)
17
O2
KAPITEL

WILLKOMMEN IM TAUNUS 19
EIN LOOP IN DEUTSCHLAND 19
DIE REGION 24
ORTSCHAFTEN
AUSSERHALB DES LOOPS26

DIE MYSTERIENLANDSCHAFT 28
SPIELWARENLADEN
SCHMITZ SPIEL & SPASS28
MUSIK-CLUB VOX 29
DER TOTE BRIEFKASTEN
VON OBERREIFENBERG 30
DER BOLZPLATZ
VON WALDEMS 32
DER VERLASSENE BAUERNHOF NAHE
SCHMITTEN34
DER ZIGARETTENAUTOMAT
AM SCHLOSSBORNER WEG34
DER GEHEIMNISVOLLE
WALDWEG36

KAISERSPIEL38
DIE KAISER-KI 38

DER
HERR ASSELMANN 40
DIE ABENTEUER IN KÜRZE 41

TAUNUS-LOOP
Es hatte nicht lange gedauert, bis das Königskron-Logo begann, überall auf-
zutauchen. Wir haben das gar nicht hinterfragt, haben uns gedacht, das ist
bestimmt überall so. Ich? Ja, ich bin damals auch auf das Königskron-Gymna-
sium gegangen. War eine gute Schule. Ich hab erst im Nachhinein verstanden,
wie gut die ganze Ausstattung war.
Die Gerüchte? Klar, die kannte jeder. Ich hab eigentlich nie was Außer-
gewöhnliches gesehen, nein. Wobei da war dieses eine Mal, als wir uns am
Hausmeister vorbei ins zweite Untergeschoss geschlichen haben und dort auf
diese riesigen, verwinkelten Rohre stießen, durch die irgendeine dickflüssige
Masse gepumpt wurde. Und damit ging’s an dem Tag ja erst los …
WILLKOMMEN IM TAUNUS
Der Taunus ist ein deutsches Mittelgebirge, das sich von
Rheinland-Pfalz bis Hessen erstreckt. Dank seiner vielfäl-
tigen Landschaft ist der Taunus ein beliebtes Ausflugsziel.
Der im hessischen Teil gelegene Hohe Taunus bietet die
höchsten Erhebungen des Gebirges, darunter der fast 900
Meter hohe Große Feldberg – in dessen Schatten der deut-
sche Loop errichtet worden ist.
Weite Teile des Hohen Taunus sind dicht bewaldet.
Siedlungen und Landwirtschaft haben überall dort ihren
Platz gefunden, wo das Gelände es zuließ. Das Wetter ist
insgesamt mild, aber gerade im Hohen Taunus reich an
Niederschlag. Die Winter sind kühl und starke Schneefälle
in der kalten Jahreszeit nicht ungewöhnlich.
Die Lage inmitten der bergigen Landschaft, ist auf
den ersten Blick eine ungewöhnliche Wahl für einen so
großen Teilchenbeschleuniger und das Ergebnis eines aus-
gedehnten Kräftemessens einer ganzen Reihe von Parteien.
EIN LOOP FÜR
DEUTSCHLAND
Nach den Erfolgen mit den Loop-Projekten in den USA
und Schweden kamen schnell Überlegungen auf, wie
man weiter vorgehen könnte. Der fortschrittliche Stand,
auf dem sich das wiederaufgebaute Deutschland befand,
machte die Bundesrepublik zu einem guten Kandidaten,
um dort ein Nebenprojekt zu realisieren.
Schnell aber wurden Proteste laut. Man habe in der Ver-
gangenheit gesehen, dass den Deutschen mit so etwas nicht
zu trauen sei, wurde aus verschiedenen Richtungen immer
wieder eingebracht. Gerade die Franzosen sowie die UdSSR
erwiesen sich als dauerhaft kritische Stimmen. War bei den
Protesten der französischen Regierung jedoch vor allem eine
grundsätzliche Sorge gegenüber dem alten „Erbfeind“ jenseits
der Grenze zu spüren, unterlagen die Proteste der Sowjet-
union stets dem Verdacht, rein taktischer Natur zu sein.
19
KAPITEL O2

Auch im Westen kam mehrfach die Frage auf, ob man
ein so teures Projekt wirklich so nah an der Grenze und
vor allem genau dort errichten wollte, wo man sich einig
war, dass die Atommächte irgendwann aufeinandertreffen
würden. Doch in den 70ern, geprägt von der Präsident-
schaft Gerald Fords und dem anhaltenden Bemühen um
eine Entspannungspolitik zwischen Ost und West, war es
die amerikanische Seite, die sich immer deutlicher für die
Errichtung einer deutschen Einrichtung stark machte.
Nachdem nun aber zumindest im Westen Einigkeit
bestand, dass die Bundesrepublik eine entsprechende Ein-
richtung erhalten solle, stellte sich die Frage nach der Lage.
Die Briten wagten einen Vorstoß und warben für die Eifel
im Westen Deutschlands. Die große Distanz zu stärker be-
siedelten Gebieten würde Schutz sowohl vor Spionage wie
auch in Katastrophenfällen bieten können, ähnlich wie
beim nahegelegenen Forschungszentrum in Jülich. Nach
einem kurzen, aber intensiven diplomatischen Tauziehen
fiel die Wahl schlussendlich auf den Taunus, der ähn-
lich wie die Eifel den nötigen Raum bot, jedoch zugleich
nicht direkt an den Außengrenzen der Republik lag. Zu-
sätzlich bot die relative Nähe zu Frankfurt als wichtigen
Wirtschaftsstandort und Darmstadt, unter anderem Sitz
der erst vor kurzem gegründeten Gesellschaft für Schwer-
ionenforschung, wertvolle Hilfen.
DER KRONREAKTOR UND DIE TEILCHEN-
BESCHLEUNIGER-ANLAGE
Die Anlage wurde schließlich 1977 in Betrieb genommen. Im
Zentrum steht der sogenannte „Kronreaktor“, der im relativ
flachen Land zwischen den Ortschaften Waldems und Glas-
hütten errichtet wurde. Drei große Kühltürme nach Vorbild
der schwedischen und amerikanischen Anlagen ragen dort
über Felder und angrenzende Waldstücke empor.
Der äußere Ring des Beschleunigers verläuft um
diese und einige weitere, kleinere Ortschaften und unter-
tunnelt damit auch einige der größten Berge des Taunus,
vor allem den Großen Feldberg und den Altkönig. Zu-
gleich liegen die größeren Ortschaften der Region wie
Bad Camberg, Idstein, Königstein und Kronberg außer-
halb des Teilchenbeschleunigerareals.
Regel der Drahtseilakt, idealistischer Forscher zu blei-
ben und sich dennoch den komplexen Problemen
zu stellen, die mit dem Betrieb einhergehen, seien sie
politischer, logistischer oder auch ethischer Natur.
Trotz seines allgemein dynamischen Auftretens
kann er gerade nach langen Tagen nicht vollständig
verbergen, dass er seit seinem schweren Autounfall
1979 hinkt. In den Ortschaften rund um den Loop hal-
ten sich Gerüchte, der Unfall sei ein Attentat der RAF ge-
wesen, doch Wanger selbst hat sich dazu nie geäußert.
MASTER SERGEANT CURTIS GORMAN
„Und ich will keine Widerworte hören!“
Curtis Gorman ist ein harter Knochen. Der US-Militär
dient offiziell als Schnittstelle zum amerikanischen
Verteidigungsministerium und der DARPA, aber es
besteht kaum Zweifel daran, dass seine Aufgaben
weitreichender sind. Der Zigarrenliebhaber Gorman
beaufsichtigt die nichtmilitärische Nutzung des Loops
und ist wenigstens inoffiziell auch für eine mögliche
Spionageabwehr zuständig. Es befinden sich in der
Regel wenige Soldaten innerhalb der Anlage, aber
allen, die mit Gorman direkt zu tun haben, ist auch
bewusst, dass Camp Bailiff in der Nähe liegt.
Gorman ist kein unfreundlicher, aber ein strenger
Mensch. Seine Umgangsformen sind zackig-militärisch
und im Zweifel macht es für ihn keinen Unterschied, ob

FERDINAND WANGER

„Wir schreiben hier jeden Tag Geschichte!“

Ferdinand Wanger fungiert seit der Eröffnung als

Forschungsdirektor der Anlage. Er ist ein freundlicher,
sportlicher Mann Ende 40 und aus tiefstem Herzen
von dem Projekt überzeugt. Ihm gelingt dabei in der

20

er da gerade mit einem seiner Soldaten, einem For-
scher in der Einrichtung oder einem Kind schimpft, das
innerhalb verbotener Bereiche herumschnüffelt.
DER KÖNIGSKRON-ENERGIEKONZERN
Wo die Diskussionen über die eigentliche Lage des Loops
schon schwierig waren, so gestalteten sich die Gespräche
über die weitergehende Struktur als diplomatischer Alp-
traum. Das Ergebnis ist ein privater Energiekonzern mit
staatlicher Beteiligung, durch den niemand mehr vollstän-
dig durchblickt.
Die Königskron GmbH ist ein Zusammenschluss
mehrerer kleiner Teilfirmen, die ihre Sitze in Königstein
und Kronberg hatten. Der Kronreaktor, nebst einiger
Forschungseinrichtungen, liegt zwischen Waldems und
Glashütten, doch zugleich wurde oben auf dem Altkönig
noch eine zweite, teils aus Prestigegründen errichtete wei-
tere Anlage gebaut. In dem dortigen Saal können Presse-
termine abgehalten, Finanziers aus dem nahen Frankfurt
empfangen und generell öffentlichkeitswirksame Ereig-
nisse abgehalten werden, ohne dass man sich direkt neben
den anfangs umstrittenen Kühltürmen bewegt. Es befinden
sich aber auch weitere Labore dort oben sowie ein hoch-
moderner Großrechner für Computerforschung.
Um der in der Republik schwelenden, dem Atomstrom
kritisch gegenüberstehenden Grundstimmung zuvorzu-
kommen, agiert die Königskron GmbH zudem als aktiver
Investor in der gesamten Region. Kleinere Betriebe, Sport-
vereine, aber auch beispielsweise die örtlichen Schulen pro-
fitieren stark von der Fördergemeinschaft Königskron e. V.
Gelegentlich fällt in so einem Zusammenhang das
Wort Korruption, aber da die Königskron GmbH zugleich
ein wichtiger Anzeigenkunde der lokalen Presse ist, wird
öffentlich so gut wie nie darüber gesprochen.
DIREKTOR DR. WILHELM MÜNGERS
„Ich denke, wir sollten das als Chance für uns alle be-
greifen!“
Dr. Wilhelm Müngers ist ein ergrauter, höflicher Mann
in seinen Fünfzigern. Er ist selten in etwas anderem als
einem hochwertigen Anzug anzutreffen und ein Ge-
schäftsmann durch und durch. Seine Priorität liegt darauf,
die Königskron GmbH wachsen und florieren zu sehen.
DER TAUNUS-LOOP
Das Engagement der Firma in der Region ist
dabei nicht nur reine Fassade, und Müngers ist
durchaus daran gelegen, dass es den Leuten dort
gutgeht. Er ist jedoch auch Realist und hat für sich
entschieden, dass man sicherlich hier und da mal
Fünfe gerade sein lassen muss, damit am Ende alle
zufrieden sein können.
Die Forschung im Loop ist etwas, was ihn rein sach-
lich nicht besonders interessiert. Das ist für ihn ein
weiterer, wenngleich Aufmerksamkeit garantierender
und wirtschaftlich lukrativer Zweig des Konzerns, mehr
aber auch nicht.
CAMP BAILIFF
Jenseits von Königstein und Kronberg liegt das Stadtgebiet
Oberursel. Am Rand der eigentlichen Stadt befindet sich
das 7707th European Command Intelligence Center, oft
auch einfach „Camp King“ genannt. Die Militärbasis, er-
richtet in einem ehemaligen Gefangenenlager der Nazis,
diente nach dem Krieg zunächst dem Verhör hochrangiger
Nationalsozialisten, wurde aber zunehmend vielseitiger
genutzt. Neben vielen koordinierenden Aufgaben dient
die Basis – in der auch die „Organisation Gehlen“ ihren
Anfang nahm, aus der später der Bundesnachrichtendienst
(BND) erwuchs  – in den 80ern auch der Spionage und
Spionageabwehr.
Mit Beschluss des deutschen Loop-Projektes und des-
sen Lage im Taunus ist sie daher ein perfekter Ausgangs-
punkt, um die nötigen Strukturen aufzubauen – mit gesun-
dem Misstrauen gegenüber In- und Ausland. Camp King
ist zwar kaum 20 Kilometer vom Kronreaktor entfernt,
doch um eine noch engere Kontrolle zu ermöglichen, wird
1976 beschlossen, einen Ableger in unmittelbarer Nähe zu
errichten: Camp Bailiff.
In Kröftel – nominell ein Stadtteil von Idstein, aber so
weit östlich gelegen, dass er schon nahezu an Glashütten
grenzt  – wird der Stützpunkt errichtet. Anders als bei
Camp King gibt es keine bestehende Basis, auf die auf-
gebaut werden kann, sodass der kleine Außenposten am
Kröftelbach östlich der letzten Häuser aus dem Boden ge-
stampft wird. Das Gelände rund um Camp Bailiff wird
unter Protest der Ansässigen zum militärischen Sperr-
gebiet erklärt und wird, zeitgleich mit dem Kronreaktor,
in Betrieb genommen.
Wo die Königskron GmbH von Anfang an darauf be-
dacht ist, eine gute Beziehung zur Bevölkerung zu halten,
wird seitens Camp Bailiff ein anderer Ton angeschlagen.
Einzelne Soldaten sind durchaus freundlich im Umgang mit
den Anwohnern, aber es wird dennoch nie ein Zweifel daran
gelassen, dass man weder in Bezug auf das Sperrgebiet noch
auf die Kontrollfunktion bereit ist, Spaß zu verstehen.
21
KAPITEL O2

22
DER TAUNUS-LOOP

23
KAPITEL O2
Das ändert nichts daran, dass das Land jenseits der
Sperrzäune gerade für Kinder einen regelrechten Sog aus-
übt. Nicht, dass es dort anders aussähe als in der Um-
gebung, aber das strenge Verbot macht es umso reizvoller.
Schnell entwickeln sich Mutproben, die damit zu tun
haben, sich möglichst nah an den Zaun heranzutrauen –
und vielleicht auch mal darüber, aber zumindest wurde
bisher niemand dabei erwischt. Auch ältere Jugendliche
treffen sich manchmal in den Feldern rund um die Basis,
um abends ein paar Bierchen zu trinken, in der Hoffnung,
irgendetwas Spannendes innerhalb der Basis beobachten
zu können. Dafür würden sie allerdings vermutlich besser
rund um den Kronreaktor lauern.
COLONEL JACKSON DEKKER
„Ich werde keinen Müßiggang dulden! Es ist ein Fehler,
den Deutschen diese Technologie zu geben, und wir wer-
den die ersten sein, die das abbekommen. Und bei Gott,
im Zweifel werden wir auch die sein, die es beenden!“
Colonel Jackson Dekker war seit der Landung in der
Normandie dabei und hat Deutschland seit der Be-
freiung 1945 nicht mehr den Rücken gekehrt. Nicht aus
Liebe zum Land, sondern aus Misstrauen. Er ist nicht
gewillt „den Deutschen“ den Rücken zu kehren und ist
überzeugt, dass der Tag kommen wird, an dem sie wie-
der ihr wahres Gesicht zeigen – und er wird bereit sein.
24
Als Camp Bailiff errichtet wurde, hat er sich frei-
willig gemeldet und ging nicht davon aus, dass er
den Posten lange würde ausfüllen müssen. Dass es bis
in die 80er hinein zu keinem großen Zwischenfall ge-
kommen ist, beruhigt ihn dabei nicht – im Gegenteil.
Dekker ist ein gottesfürchtiger Mann und glaubt an
den amerikanischen Traum. Er sehnt sich insgeheim
auch nach dem Tag, an dem er in „das großartigste
Land der Welt“ heimkehren kann, aber sein eigener
Wahn hindert ihn daran. Er glaubt jedoch ebenso an
die militärischen Strukturen, und ihm ist bewusst, dass
er auch dafür verantwortlich ist die Bevölkerung zu
schützen. Sollte es nötig werden, wird er dieser Pflicht
trotz seiner persönlichen Ansichten nachkommen.
Seine Beziehung zu Master Sergeant Gorman im
Kronreaktor ist angespannt. Gormans Rolle fügt sich
nicht ohne weiteres in Dekkers sehr strikte Vorstellung
einer Befehlskette und ihn grämt, dass Gorman zwar
von niedrigerem Rang ist, dessen Wort in Camp King
aber manchmal lauter gehört wird als Dekkers.
DER KÖNIGSSEE
Um für alle Bedürfnisse eines modernen Reaktors gewapp-
net zu sein, wurde früh entschieden, dass ein Gewässer in
der unmittelbaren Nähe wünschenswert wäre, eine Res-
source, die das Gebiet im Taunus nicht von sich aus mitge-
bracht hat. Also wurde, nordwestlich der Reaktoranlage,
ein künstlicher See angelegt, um diesen Bedarf zu decken.
Das Bauunterfangen erregte, aufgrund der schieren
Größe des Vorhabens, kurzzeitig viel Aufmerksamkeit,
aber wie so oft bei solchen Veränderungen beginnen die
Leute inzwischen schon zu vergessen, dass es einmal an-
ders war. Die Kinder kennen die Region schon gar nicht
mehr ohne See. Auch wenn manchmal gespottet wird, dass
man aufpassen müsse, nach einem Bad im „Atomsee“
nicht plötzlich mit drei Augen oder Kiemen aus dem Was-
ser zu kommen, lässt sich natürlich niemand die Chance
entgehen, manchen Sommernachmittag am Ufer des stil-
len Gewässers zu verbringen.
Bisher wird der See von der Königskron GmbH noch
gar nicht aktiv in irgendeiner Form genutzt. Die eine oder
andere Geschichte vom Seeungeheuer des Taunus macht
natürlich dennoch die Runde.
DIE REGION
ORTSCHAFTEN INNERHALB DES LOOPS
Vier Gemeinden liegen innerhalb des äußeren Tunnels
des Teilchenbeschleunigers: Nieder-Oberrod, Glashütten,
Waldems und Schmitten. Der Kronreaktor selbst liegt da-

VON GEMEINDEN, TEILORTEN UND
WEITEREM KLEIN-KLEIN
Der Taunus ist, wie viele Regionen in
Deutschland, eine gewachsene Struk-
tur aus Orten, Städten und Gemeinden.
Oftmals sind Dörfer von einst zu Teil-
orten von heute geworden und nicht
immer ist geografisch sofort klar,
welche Gemeinde bis wo zuständig ist.
Dieses Kapitel beschreibt die wich-
tigsten Anlaufpunkte im Rahmen einer
Kampagne rund um den deutschen Loop –
alles, was darüber hinausgeht, kann
von jeder Runde nach eigenem Belieben
gestaltet werden. Es sind die 80er,
die es nie gab. Den eigenen Ideen sind
also im Grunde keine Grenzen gesetzt.
bei mehr oder weniger auf der Grenze zwischen den Ge-
meinden Glashütten, Waldems und Idstein, da letzteres
zwar weiter im Westen liegt, sich aufgrund großflächiger
Eingemeindungen jedoch so weit in das Gebiet erstreckt.
Der Kronreaktor wird dabei zum Gebiet der Ge-
meinde Glashütten gezählt, auch wenn es immer wieder
zu Diskussionen um die Verantwortung kommt.
NIEDER-OBERROD
Technisch gesehen gehört Nieder-Oberrod seit etwa zehn
Jahren zu Idstein. Die Ortschaft, die eigentlich ein Zusam-
menschluss aus den Orten Niederrod und Oberrod ist, hat
sich seit dem Bau des Reaktors stark gewandelt. Einer-
seits, weil nicht alle der vorigen Bewohner glücklich damit
waren, buchstäblich im Schatten des Reaktors zu wohnen
und andererseits, weil viele andere Leute inzwischen neu
hinzugezogen sind, weil sie bei der Königskron GmbH
Arbeit gefunden haben. Inzwischen gleicht Nieder-Ober-
rod mehr einer modernen Arbeitersiedlung, nur dass keine
Neubaugebiete dafür erschlossen, sondern vielmehr die
bestehenden Häuser vor Ort übernommen wurden.
GLASHÜTTEN
Eine Reihe von historischen Glashütten ist vermutlich der
Grund für den bis heute erhaltenen Namen der Gemeinde.
Mit dem Limes verlief einst die Grenze zwischen der rö-
mischen Provinz Germania Superior und dem freien Ger-
manien mitten durch die heutige Gemeinde, ein histori-
DER TAUNUS-LOOP
sches Erbe, auf dessen Spuren man bis heute stoßen kann.
Glashütten ist ein Ort im Aufschwung. Das alte Rathaus
in Oberems wird umgebaut und erweitert, ein Förderver-
ein zur Stärkung des kulturellen Lebens wurde gegründet
und das neue Schulungszentrum der Commerzbank bringt
weitere Aufmerksamkeit.
Auf dem zur Gemeinde gehörenden Kleinen Feldberg
befindet sich zudem das bereits 1913 begründete Taunus-
observatorium. Es dient der Goethe-Universität in Frank-
furt als Außenstelle für Meteorologie und Geophysik.
Uneinigkeit herrscht bei den Forschern hinsichtlich des
Loops. Seit Inbetriebnahme des Kronreaktors kommt es
im Observatorium immer wieder zu seltsamen Phänome-
nen und Messungen, was von einigen dort als Hindernis,
von vielen aber auch als große Chance begriffen wird.
WALDEMS
Das heutige Waldems ist ein Zusammenschluss einer gan-
zen Reihe kleinerer Siedlungen mit langer Geschichte,
deren älteste Belege bis ins 6. Jahrhundert zurückreichen.
Generell ist Waldems ein Ort voller Geschichte, der nicht
nur mit der Hexenverfolgung und den Taten des Schinder-
hannes in Verbindung gebracht wird, sondern mit Hügel-
gräbern und dem Ringwall Waldems auch Überreste einer
abgegangenen Höhenburg aufweist. Ursprünglich land-
wirtschaftlich geprägt, hat sich Waldems immer mehr zu
einer Wohnsiedlung entwickelt.
Waldems ist außerdem durch die Fördergemeinschaft
Königskron zum Schulstandort herangewachsen. Anstatt
die Kinder gerade für die weiterführende, schulische Bil-
dung nach Idstein oder Bad Camberg schicken zu müssen,
bietet den Eltern das Königskron-Gymnasium Waldems
(KGW) eine weitere, heimatnahe Option. Das Gymnasium
ist eine hochwertige Schule mit ungewöhnlich moderner
Ausstattung, auch wenn Schüler manchmal berichten,
dass sie ihnen das Gefühl einer Kulisse vermittelt, und
man müsste nur um die falsche Ecke biegen, um dahinter
zu blicken.
SCHMITTEN
Schmitten ist ein anerkannter Luftkurort und bereits seit
dem 19. Jahrhundert ein touristischer Anlaufpunkt. Die
Sorge, dass die direkte Nähe zum Kronreaktor dem scha-
den könnte, hat sich bisher als unbegründet erwiesen. Wie
viele Gemeinden im Taunus blickt auch Schmitten auf eine
lange Geschichte zurück, die bis ins 13.  Jahrhundert zu
belegen ist. Zu den dunkleren Kapiteln des Ortes gehört
das Schicksal der jüdischen Gemeinde, die sich um 1800
dort niederließ und bis 1945 vollständig von den Nazis
ermordet wurde. Ein jüdischer Friedhof erinnert bis heute
an dieses Kapitel.
25
KAPITEL O2
ORTSCHAFTEN AUSSER-
HALB DES LOOPS
BAD CAMBERG
Auch Bad Camberg ist ein touristischer Anlaufpunkt. Die
verglichen mit sämtlichen Gemeinden innerhalb des Loops
große Stadt ist der älteste Kneippkurort Hessens und er-
hält 1981 offiziell die Bezeichnung „Bad“. Das Wahrzei-
chen der Stadt ist die Kreuzkapelle aus dem 17. Jahrhun-
dert, die im Osten der Stadt liegt. Seit einigen Jahren ist
Bad Camberg außerdem Standort der Hohenfeld-Klinik.
IDSTEIN
Idstein ist im Zuge der Gebietsreform des Landes Hessen
in den 70er Jahren gewaltig gewachsen. Umfasste die Ge-
meinde 1970 noch etwa 9.000 Einwohner, hat sich diese
Zahl durch Eingemeindung bis 1980 verdoppelt. Vergli-
chen mit allen anderen Teilorten, sticht Idstein dennoch
mit seiner Größe hervor. Geprägt von einer historischen
Altstadt und zahlreichen historischen Bauwerken, ist Id-
stein jedoch auch Sitz einer Reihe zugkräftiger Unterneh-
men wie der Black & Decker GmbH. Viele Leute, die in
Idstein wohnen, sind jedoch mit der Königskron GmbH
verbunden. Fachkräfte und Wissenschaftler, die von dem
Forschungsprojekt oder dem Reaktor angezogen wurden,
die aber zugleich ein gewisses Gefühl von städtischem Le-
ben behalten wollen, haben sich in Idstein niedergelassen.
Während Idstein selbst außerhalb des Loops liegt, er-
strecken sich viele der eingemeindeten Teilorte bis in das
Gebiet hinein und grenzen an ihrem östlichsten Ende
sogar direkt an die Gemeinden Waldems und Glashütten.
KÖNIGSTEIN IM TAUNUS UND KRONBERG
IM TAUNUS
Der Einfluss der Königskron GmbH auf die beiden Ge-
meinden ist gewaltig. Nicht nur, dass sie kombiniert Na-
menspate für das Projekt sind, viele der beteiligten Inves-
toren aus Frankfurt leben tatsächlich hier. Beide liegen
nahe genug an der Finanzmetropole, aber zugleich weit
genug entfernt, um Baufläche zu bieten, was zur Begrün-
dung von teuren Wohnanlagen und regelrechter Villen-
viertel geführt hat.
Es gibt insgesamt kaum Verbindungen zwischen
Königstein und Kronberg und dem Rest der Region. Die
Kinder gehen vor Ort zur Schule, sodass es allein deswegen
kaum Kontakte zu Kindern aus anderen Ortschaften gibt.
Hier und dort liest man auch bereits von Plänen, dass sich
die beiden Gemeinden zusammenschließen könnten, um
noch stärker die Verbindung zu dem Zukunftsprojekt
Königskron zu suchen, allerdings hat die Idee bisher wenig
Fahrt aufnehmen können.
26
NEU-ANSPACH
Die im Zuge der Gebietsreform 1970 entstandene neue Ge-
meinde Neu-Anspach zeichnet sich durch ein besonderes
Maß an Ehrgeiz aus. Wie in vielen Gebieten des Taunus
schlossen sich auch hier mehrere Gemeinden zusammen,
beließen es aber nicht dabei. Zwischen den ehemaligen Ge-
meinden Anspach, Rod am Berg, Hausen-Arnsbach und
Westerfeld entstand schnell ein großflächiges Neubaugebiet,
rund um einen neu geschaffenen Marktplatz als Mittelpunkt.
Neu-Anspach bildet insofern eine ungewöhnliche Mi-
schung aus vier alten Orten, die wie so viele im Taunus
auf viel Geschichte zurückblicken können, und einem ge-
meinsamen, verbindenden Konzept, das ganz frisch erst
aus der Taufe gehoben wurde.
WICHTIGE PERSONEN
HAGEN HERBEL, BÜRGERMEISTER
VON GLASHÜTTEN
„Gut, ich denke, dann wären wir durch?“
Wenn man Hagen Herbel auf eine Eigenschaft herunter-
brechen müsste, so wäre es: nicht sehr einprägsam. Er
ist ein freundlich erscheinender, unscheinbarer Mann
Mitte 40, der selten mit einer starken Meinung in irgend-
eine Richtung auffällt. Er kam in etwa zur Inbetriebnahme
des Kronreaktors ins Amt, was einerseits bedeutet, dass
er keine schweren Entscheidungen treffen musste, er
andererseits nun aber stark mit den wirtschaftlichen Vor-
teilen verbunden wird, die die Region seither erfahren hat.
Herbel ist in vielerlei Hinsicht das geringste Übel. Er
arbeitet gut mit den Amerikanern zusammen, aber auch
nicht besonders enthusiastisch. Er ist grundsätzlich kon-
servativ, aber ohne besonderen Nationalstolz. Er bekleidet
sein Amt gewissenhaft, aber ohne besonderen Ehrgeiz.
Herbel ist bürgernah, das heißt, es ist denkbar, dass
auch eine Gruppe von Kindern mit einem scheinbar
dringenden Anliegen von ihm angehört würde. Dass
dabei aber mehr als Lob für ihr Engagement und Ver-
sicherungen, dass schon alles in Ordnung sei, heraus-
kommt, ist sehr unwahrscheinlich.
ARMIN SCHULTHEISS, LANDRAT DES
HOCHTAUNUSKREISES
„Jetzt setzen Sie sich doch erst mal ordentlich hin.“
Armin Schultheiß strahlt mit jedem Blick und jeder Geste
Autorität aus. Der heutige Landrat der Region ist streng,
ernst und wenn nötig unerbittlich. Obwohl er die 60

schon überschritten hat und sowohl sein ergrauter Bart
als auch seine schwere Brille sein Alter erahnen lassen,
ist er noch immer fit, was er auf sein striktes Regime aus
frühmorgendlichen Spaziergängen und pünktlichem
Frühstück zurückführt. Gerne belehrt er Leute, die sicht-
lich jünger sind als er, in Manieren und tugendhaftem
Benehmen, stets beklagend, dass die Leute nicht mehr
aus dem gleichen Holz geschnitzt seien wie früher.
Schultheiß empfindet keine besondere Liebe für
das Loop-Projekt, sieht aber auch die große Chan-
ce, die in der Königskron GmbH liegt. So gern er
Leute moralisch die Leviten liest, so sehr ist er über-
zeugt, dass das Wohl der Region am Ende das höhere
Gut ist.
DER TAUNUS-LOOP
Sie ist eine sehr emphatische Frau. Wer mit ihr
spricht, hat stets das Gefühl, dass sie akribisch und
mit ungeteilter Aufmerksamkeit jedem Wort lauscht.
Wer mit Sorgen oder Problemen zu ihr kommt, wird
mit Wärme empfangen, doch Wächterhäuser besitzt
auch die Durchsetzungskraft, um sich zwischen den
vielen Männern in Machtpositionen der Region zu
behaupten. Sie ist alleinstehend  – eine Tatsache, die
manchmal im Versuch verwendet wird, Stimmung
gegen sie zu machen. Anna-Maria sieht darin aber
kein Problem, höchstens den Ausdruck völlig veralteter
Rollenbilder in den Köpfen ihrer Kritiker.
Das Wohl der Schüler ist für sie mehr als eine
Formalität. Wächterhäuser möchte, dass die Kinder
wirklich etwas lernen, und sieht das Geld, das die
Königskron GmbH in das KGW investiert, als Chance.
Ihr ist bewusst, dass die Finanzierung der Schule auch
eine politische Dimension hat, doch anstatt sich zu em-
pören, will sie stattdessen das Beste daraus machen.
Einerseits macht all das Wächterhäuser zu einer
denkbaren Verbündeten, wenn die Kinder einmal er-
wachsene Unterstützung brauchen. Andererseits hat
Wächterhäuser als Lehrerin auch schon eine Menge
erdachter Geschichten gehört. Je fantastischer das Pro-
blem der Kinder sein mag, desto größer ist die Gefahr,
dass Wächterhäuser es nicht für bare Münze nimmt.

ANNA-MARIA WÄCHTERHÄUSER,
DIE SCHULLEITERIN

„Eine schulische Ausbildung auf einem solch hohen

Standard ist wirklich keine Selbstverständlichkeit in der
Republik, das kann ich Ihnen sagen!“

Anna-Maria Wächterhäuser, die Schulleiterin des

noch jungen Königskron-Gymnasiums Waldems, ist
eine selbstbewusste Frau Ende 30. Sie war ehemals
Oberstudienrätin in Idstein, bevor sie den neuen
Posten in Waldems antrat, um dort sowohl mit ihrer
Erfahrung als auch mit ihrem Einfühlungsvermögen
punkten zu können.

27
KAPITEL O2
DIE MYSTERIENLANDSCHAFT
Es ist und bleibt meine feste Überzeugung, dass die Be-
richterstattung über die Prozesse, die sich in folgenden
Jahrzehnten gegen die Forschungseinrichtung und ihre
Mitarbeiter richteten, alle übertrieben und aufgebauscht
waren. Natürlich gab es einige Zwischenfälle, über die
noch mal geredet werden musste und es war sicherlich
ungeschickt, dass einige der technischen Elemente aus der
Anlage heraus in die Hände der Zivilbevölkerung geraten
waren, aber nun wollen wir am Ende des Tages auch die
Kirche mal im Dorf lassen.
Es ist ja damals schließlich auch fast niemand zu Scha-
den gekommen.
SPIELWARENLADEN
SCHMITZ SPIEL & SPASS
Der Spielwarenladen Schmitz Spiel & Spaß befindet sich
nun schon einige Jahre in Waldems. In einem Eckhaus ge-
legen, bietet das Geschäft das übliche Sortiment aus Lego,
Modelleisenbahnen, Puppen, Plüschtieren Gesellschafts-
spielen und Action-Figuren. So richtig Fuß fassen konnte
der Laden aber lange Zeit nicht, was zu gleichen Teilen an
den hohen Preisen und dem gerade gegenüber Kindern oft
schroffen Inhaber Paul Schmitz lag.
In den letzten Wochen aber hat sich das geändert. Eine
Reihe neuer Spielwarenprodukte, die Schmitz ins Pro-
gramm genommen hat, haben das Geschäft zunehmend
ins Gespräch gebracht. Geistermeister, ein Brettspiel mit
beigelegter VHS-Kassette etwa, deren Programm erstaun-
lich interaktiv wirkt, während man es spielt. Oder die
Superlok, eine Eisenbahn, die auf den üblichen Schienen-
systemen fährt, aus der aber am Bahnhof kleine Männ-
chen aus- und später wieder einsteigen.
Es scheint, als hätte Paul das Ruder endlich herumgerissen.
DIE WAHRHEIT
Die Wahrheit hinter Pauls Durchbruch liegt jedoch nicht
bei ihm, sondern bei seiner Frau Lisa. Paul und Lisa sind
beide studierte Ingenieure. Doch während sich Paul an-
schließend lieber seinen Kindheitstraum erfüllen wollte
und den Spielwarenladen eröffnete, arbeitet seine Frau in-
zwischen in einem der Forschungsteams im Kronreaktor.
Lisa kann derzeit Erfolg um Erfolg verzeichnen und hat
vielversprechende Karriereaussichten, Paul hingegen sah
den Punkt immer näher kommen, an dem er den Laden
würde schließen müssen.
28
Eines Abends, Lisa war schon zu Bett gegangen und
Paul sinnierte mal wieder bei einem Dosenbier über
seine Zukunft, kam ihm eine Idee. Leise ging er in das
Arbeitszimmer seiner Frau und begann, das erste Mal
bewusst durch ihre Unterlagen zu schauen. Quanten-
forschung und dergleichen interessierte ihn nicht  – er
suchte einfach etwas, womit man spielen könnte. Er
wusste, dass das moralisch nicht in Ordnung war, aber
er war sich sicher, wenn er es erst einmal erfolgreich
durchziehen würde, würde auch Lisa verstehen, wie gut
sein Plan war.
Tatsächlich lief es zuerst sehr gut. Die geheimnisvollen
neuen Spielwaren in seinem Laden hat Paul selbst konstru-
iert, und so mischt sich zum wirtschaftlichen Erfolg auch
noch sein Stolz. Doch der Erfolg ist größer als gedacht und
langsam macht sich Paul Sorgen, dass die Leute zu viele
Fragen stellen könnten. Er hat nun schon zwei Anfragen
von Lokalreportern abgelehnt, die über seine exklusiven
Spielsachen berichten wollten. Doch einfach aufhören sie
anzubieten kann er nun auch nicht mehr.
Seine größten Sorgen sollten vermutlich sein, wie die
Reaktionen der Königskron GmbH oder gar in Camp Bai-
liff ausfallen würden, wenn die Wahrheit ans Licht käme –
aber viel schlimmer für ihn wäre, dass „seine Lisa“ ihm
auf die Schliche kommt.
AUFHÄNGER
■ Ein Freund der Kinder hat eines der exklusiven Spiel-
zeuge zu Hause und präsentiert es stolz.
■ Eines der Kinder bekommt eines der Spielzeuge zu
Weihnachten oder zum Geburtstag geschenkt.
■ Die Kinder werden in Schmitz Spiel & Spaß direkt auf
die Produkte aufmerksam.
COUNTDOWN
1. Ein Lokalreporter taucht ungefragt im Laden auf und
wird von Schmitz unerwartet aggressiv verscheucht.
2. Einige von Schmitz’ Spielsachen überschreiten Gren-
zen: Eine Puppe will nicht mehr mit ihrer Besitzerin
spielen, weil sie die nicht mag, die kleinen Figuren an
den Bahngleisen beginnen zunehmend ein Eigenleben
zu entwickeln oder ähnliche Vorkommnisse.
3. Erwachsene  – entweder Polizisten, der Sicherheits-
dienst der Königskron GmbH oder Soldaten aus
Camp Bailiff  – beginnen in der Nachbarschaft Fra-
gen zu stellen und verhören auch einzelne Kinder, die
Schmitz’ Spielzeuge besitzen.

4. Es kommt zu einer Razzia im Spielwarenladen, bei der
Pauls exklusive Spielwaren sichergestellt werden und
der Spielwarenbesitzer in Gewahrsam genommen wird,
sofern die Kinder nicht in der einen oder anderen Form
eingreifen.
PAUL SCHMITZ
„Macht zweiundzwanzig Mark fünfzig.“
Im Kern ist Paul kein schlechter Mensch. Der schlaksige
Mann Ende 20 ist nicht gut im Umgang mit anderen,aber
seine Liebe für Spielzeug aller Art ist echt. Tatsächlich
waren die Spielsachen seiner Kindheit – Blechspielzeug,
Klemmbausteine und vor allem sein Metallbaukasten –
ein Grund für ihn, überhaupt die Ingenieurslaufbahn
einzuschlagen. Ein Kind, das diese Vorliebe teilt und ehr-
liches, tiefergehendes Interesse an Spielzeug dieser Art
zeigt, kann Pauls harte Schale sogar durchbrechen und
den Enthusiasmus in ihm zutage fördern.
Was hingegen an ihm nagt, ist die Angst, „seine
Lisa“ zu enttäuschen. Diese Angst ist unbegründet,
aber der Gedanke, dass seine Frau nicht nur an der
prestigeträchtigen Forschung beteiligt ist, die im Tau-
nus nun stattfindet, sondern auch noch einen großen
DER TAUNUS-LOOP
finanziellen Teil zum Haushalt beisteuert, während er
„nicht mal“ einen Spielwarenladen führen kann, zer-
mürbt ihn jede Nacht ein bisschen mehr.
Nun hat er sich hingegen übernommen. Ihm sind
alle möglichen Konsequenzen, die ihm bevorstehen,
völlig klar. Er hat Lisas Vertrauen missbraucht, er könn-
te sie sogar ihren Job kosten. Er blickt einer Anzeige
durch den Energiekonzern entgegen, vielleicht sogar
eine Anklage – oder Schlimmeres, wenn das US-Militär
involviert wäre. Er braucht dringend Hilfe. Er weiß nur
nicht, woher er die nehmen soll.
LISA SCHMITZ
„Wir machen gewaltige Fortschritte. Ich denke, Peters
Idee mit der Ionisierung könnte genau das sein, was
uns bisher gefehlt hat. Wenn wir jetzt noch das Gravi-
tron-Problem bei … Hörst du mir eigentlich zu?“
Seit sie ein Kind war, träumte Lisa davon, in die For-
schung zu gehen. Ihre Liebe zu Chemiekästen und
zum Modellbau haben nicht nur den Weg zu ihrem
Ingenieursstudium geebnet, sondern war auch eine
der ersten Gemeinsamkeiten, die sie an Paul ent-
deckte, als die beiden sich im Studium begegneten.
Von dort war es nur ein kurzer Weg zu inniger Liebe,
die bis heute anhält, und egal, welche Sorgen Paul
plagen, Lisa ist stolz auf ihren Mann.
Sie weiß, dass der Laden nicht so gut läuft, wie
Paul es sich erträumt hat, sie kennt allerdings nicht
die Details und weiß nicht, wie ernst die Lage ist. Sie
hat das Gefühl, dass Paul derzeit nicht ganz er selbst
ist, führt das aber noch auf den Stress im Laden zurück
und ahnt nicht, was wirklich dahintersteckt.
MUSIK-CLUB VOX
Auf etwa halber Strecke zwischen der eigentlichen Ort-
schaft Waldems und Idstein liegt der Waldemser Ortsteil
Esch. Am Südrand dieses Ortsteils wiederum kauert neben
der Straße der 1977 eröffnete Musik-Club Vox. Inhaber
Martin Adler erwarb die alte Werkhalle dort, als der vori-
ge Besitzer Insolvenz anmeldete und konnte aufgrund der
recht abgeschiedenen Lage endlich seinen Wunschtraum
erfüllen: Eine Disco für Waldems, in der die Musik auch
mal ungestört ein bisschen lauter erklingen kann.
Man darf nicht zu viel erwarten – die Boxen sind vor
allem laut und basslastig, der Geruch von kaltem Rauch
und altem Bier ist längst fester Teil der bestehenden Infra-
struktur geworden. Aber das Vox hat immer geöffnet, ist
29
KAPITEL O2
günstig und drückt auch mal ein Auge zu beim Alter der
Besucher – entsprechend beliebt ist es. Für Bands aus der
Gegend ist es ein guter Ort, sich erste Sporen zu verdienen
und zu besonderen Events wie dem jährlichen „Reaktor-
rock“ konnten sogar immer einige überregionale Acts ver-
pflichtet werden.
In letzter Zeit scheint der Musik-Club noch weitaus
beliebter als zuvor zu sein, und manche Eltern sehen zu-
nehmend ihre Sorge bestätigt, dass ihre Kinder gar nichts
anderes mehr im Kopf haben als „diese Krachmusik“.
DIE WAHRHEIT
Martin Adler hatte schon immer ein Gespür für beson-
dere Schnäppchen. Nicht nur das Gebäude des heutigen
Vox war so eine günstige Gelegenheit, auch den Großteil
der Ausstattung darin hat er irgendwo „abgreifen“ kön-
nen. Die neueste Ergänzung für seinen Laden ist eine neue
Lichtanlage, die er direkt über der kleinen Bühne instal-
liert hat – und hier beginnen die Probleme.
Er selbst hat die Anlage von einem Schrebergärtner-
verein in Königstein im Taunus erworben, die damit ihr
Vereinsheim ausstatten wollten, vor Ort aber nicht den
nötigen Starkstrom-Anschluss hatten. Vorher sind die
Lampen auch schon durch ein, zwei Hände gegangen,
doch ihren Ursprung haben sie im Loop-Forschungs-
projekt genommen. Es war ein Forschungsprojekt, das
von amerikanischer Seite angeregt worden war. Als
Folgeprojekt einer MK-ULTRA-Untersuchung waren
sie eigentlich zur „lichtinduzierten hypnotischen Kondi-
tionierung“ erdacht, zeigten in der Praxis jedoch keine
nachweisbaren Erfolge.
Ob es nun einfach an den dröhnenden Bässen im
Vox liegt oder an der Nähe des Clubs zum Teilchen-
beschleuniger-Tunnel – bei Adler hat es nun Erfolg. Und
ohne dass es gewollt ist, ohne dass Adler selbst etwas
davon ahnt, hat er mit der Installation der Anlage die
Grundlage geschaffen, um den Jugendlichen der Region
nach und nach mit ihrer eigenen Musik das Gehirn zu wa-
schen – sofern ihn niemand aufhält.
Zunächst aber scheint noch niemand die direkte Ver-
bindung zwischen dem seltsamen Verhalten und den Be-
suchen im Vox gezogen zu haben.
AUFHÄNGER
■ Ältere Geschwister oder Bekannte waren im Vox und
wirken seither seltsam teilnahmslos.
■ In der Schule gibt es Aufruhr, als die Elternpflegschaft
vehementer als sonst gegen das Vox vorgehen will.
■ Die Kinder haben eine Band und schaffen es irgend-
wie, im Vox auftreten zu dürfen und haben mit ihrem
Auftritt zu viel Erfolg.
30
COUNTDOWN
1. Leute fallen auf, weil sie am Esstisch oder auf der
Schulbank die ganze Zeit mit ihren Daumen weiter
Takte der Musik vom Vorabend spielen.
2. Besucher des Vox vergessen mitten am Tag, was sie
eigentlich gerade tun wollten, bleiben einfach stehen
wo sie sind und singen leise Refrains der Band von
ihrem letzten Besuch.
3. Die Leute kehren schon früh am Tage zum Vox zurück
und stehen scheinbar apathisch dort auf dem Vorplatz, in
der Hoffnung, bald wieder in die Lichter sehen zu können.
4. Die ersten Leute erwachen nicht mehr aus der Apathie.
Selbst bettlägerig kann man aber noch beobachten,
wie ihre Lippen Refrains formen und ihre Zehen und
Finger im Takt der nachhallenden Lieder zucken.
MARTIN ADLER
„Habt ihr schon deren neues Album gehört? Knaller,
sag ich euch!“
Martin Adler ist ein Mann Ende 30. Er lebt für Musik
und Konzerte, hat auch selbst immer mal wieder in
verschiedenen Bands Bass gespielt und gesungen,
besitzt aber kein übermäßiges Talent dafür. Wofür er
aber ein großes Talent besitzt, ist die Organisation von
Konzerten. Er versteht es, die richtigen Bands zu kö-
dern, junge Talente zu erkennen, abwechslungsreiche
Programme zu gestalten und drumherum alles auf
Kurs zu halten. Also schwelte in ihm schon länger der
Plan, eine eigene Diskothek zu eröffnen.
Als er dann die Chance bekam, ein passendes Ge-
bäude zu erwerben, fackelte er nicht lange. Schon bald
öffnete das Vox seine Tore. Martin ist ein ganzes Stück
älter als der Großteil seiner Kundschaft, doch seine lo-
ckere und etwas schnoddrige Art schlägt die nötige
Brücke. Wenn man ihn irgendwo trifft, trägt er eigentlich
immer seine (einstmals) schwarze Jeansjacke mit zahl-
losen Band-Aufnähern. Sein imposanter Vokuhila (Frisur:
Vorne kurz - hinten lang) mit Schnauzbart ist bei seiner
Kundschaft ebenso beliebt wie bei deren Eltern verpönt.
DER TOTE BRIEFKASTEN
VON OBERREIFENBERG
Innerhalb von Schmittens Ortsteil Oberreifenberg kann
man auf eine alte Bruchstein-Mauer stoßen. Sie liegt im
Umfeld der Burgruine Reifenberg und fällt dort nicht wei-
ter ins Auge. Die Mauer birgt jedoch ein Geheimnis.

An einer Stelle klafft eine kleine Öffnung. Auf den
ersten Blick könnte man meinen, dort wäre einfach im
Lauf der Jahrhunderte ein Stein aus dem Mauerwerk ge-
brochen. Womöglich entspricht das sogar der Wahrheit,
doch viel interessanter ist, dass irgendjemand diese Öff-
nung als toten Briefkasten benutzt.
Als erster Verdacht liegt nah, dass es sich dabei um
das Werk von sowjetischen oder amerikanischen Spionen
handelt. Der Ursprung der darin enthaltenen Nachrichten
ist jedoch viel brisanter: Sie kommen aus der Zukunft!
Etwa einen Monat aus der Zukunft, um präzise zu sein.
Natürlich werden auch die Kinder, wenn sie darauf
stoßen, das womöglich erst einmal in Zweifel ziehen, doch
präzise Verweise auf einige konkrete Ereignisse, kombi-
niert mit dem jeweils auf dem Brief vermerkten Datum,
machen es sehr schwer, nicht zumindest halb daran zu
glauben, dass die Nachrichten wirklich aus der Zukunft
stammen. Doch wer schickt diese Botschaften?
DIE WAHRHEIT
Die Behauptung, die Nachrichten kämen aus der Zu-
kunft, stimmt. Dass sie aber in die Vergangenheit gehen,
ist der Absenderin gar nicht klar. Katharina Hebeisen lebt
in Oberreifenberg und ist keine Wissenschaftlerin oder
gar Zeitreisende. Sie ist mehr durch Zufall, nämlich durch
einen verrücktspielenden Kompass, auf die Mauer auf-
merksam geworden. Zuerst nahm sie an, dass der Kom-
pass durch den Loop gestört würde, doch nach und nach
konnte sie die Anomalien recht präzise auf ein bestimmtes
Stück der Mauer zurückführen. Nachdem ihre Neugier
einmal geweckt war, versuchte sie herauszufinden, was
genau wohl die Ursache sein könnte.
Am Ende diverser Versuche stand sie, wie eines Tages
die Kinder, vor der kleinen Öffnung in der Mauer. Nach
einigen weiteren Versuchen wurde ihr klar, dass, was
immer sie in diese Öffnung legte, einfach verschwand.
Wohin weiß sie nicht. Inspiriert von ihrem Kinobesuch
des Films Zurück in die Zukunft vermutet sie aber, dass
das Phänomen eine Zeitreise sein könnte, vielleicht auch
ein Teleporter, aber die Zeitreise fasziniert sie als Idee
noch mehr.
Sie datiert ihre Briefe, gibt Hinweise auf aktuelle Er-
eignisse und verweist auch immer mal wieder auf Schmit-
ten, Oberreifenberg und den Taunus, in der Hoffnung,
dass jemand die Briefe findet und ihr antwortet. Die Kin-
der können ihr allerdings nicht antworten, denn wenn sie
ihrerseits etwas in die Maueröffnung legen, erscheint es
von ihnen aus gesehen einen Monat in der Vergangen-
heit – und wenn es in diesen vier Wochen niemand findet,
liegt es noch immer in der Öffnung, nachdem sie es hinein-
gelegt haben.
DER TAUNUS-LOOP
Es gibt aber noch eine Komplikation: Nach drei Wo-
chen immer neuer Nachrichten liegt schließlich Kathari-
nas letzter Brief in der Öffnung. Er ist nur noch eine eilig
hingekritzelte Warnung und die flehende Bitte um Hilfe.
Danach herrscht plötzlich Schweigen.
Als Spielleiterin hat man zwei Optionen, was dahinter-
stecken kann: Variante 1 wäre, dass die Forscher der
Königskron GmbH ebenfalls bemerkt haben, dass je-
mand irgendwie die Zeit ins Ungleichgewicht zu bringen
droht und Katharina festsetzen. In dem Fall würde sie in
Woche  3  – nachdem sie sich schon einige Tage lang be-
obachtet und bedroht fühlt – nur noch diese letzte Warnung
absetzen können, bevor sie aufgegriffen wird. Was danach
mit ihr geschieht, ist offen. Ohne Zweifel hätten aber auch
BND und US-Militär großes Interesse am strategischen
Potenzial eines toten Briefkastens in die Vergangenheit.
Variante 2 wäre, diese Handlung in Kombination mit
der in diesem Buch enthaltenen Kampagne zu verwenden.
Was Katharina dann am Ende in Panik versetzt, wären
stattdessen die Ereignisse aus dem Abenteuer „Wenn die
Sirene schweigt“.
Die Kinder wissen, anders als Katharina, wie die zeit-
liche Verbindung ist. Sie können also eine Woche nach
ihrer panischen Abschlussbotschaft dort lauern und dann
tatsächlich den Moment abpassen, in dem sie ihre Nach-
richt absetzt. Sie können sie theoretisch auch ansprechen
und so womöglich in den zeitlichen Ablauf eingreifen, der
aus ihrer Sicht eigentlich schon passiert ist  – und even-
tuelle zeitliche Paradoxa über sich und den Loop herein-
brechen lassen.
AUFHÄNGER
■ Die Kinder finden selbstständig den toten Briefkasten,
entweder weil das Loch in der Mauer ihre Aufmerk-
samkeit weckt oder weil sie, wie Katharina, über einen
verrücktspielenden Kompass darauf stoßen.
■ Jemand in ihrem Umfeld stößt auf den Brief und
macht sie darauf aufmerksam, ohne ihn selbst allzu
ernst zu nehmen.
COUNTDOWN
1. Die Kinder stoßen auf die erste Nachricht.
2. Die Nachricht bewahrheitet sich, ebenso wie weitere,
folgende Nachrichten.
3. Es klingt durch, dass sich Katharina zunehmend be-
droht oder zumindest beobachtet fühlt.
4. Katharinas letzte, kurze Paniknachricht erreicht die
Kinder. Danach reißt der Kontakt ab.
5. Die Kinder erreichen den Zeitpunkt, an dem Katha-
rina beginnt, die Nachrichten zu senden und müssen
nun überlegen, wie sie weiter vorgehen wollen.
31
KAPITEL O2
KATHARINA HEBEISEN
„Bist du nicht … bist du nicht der jüngste Sohn vom
Heinrich Lammer? Kamst mir doch gleich so bekannt
vor!“
Katharina Hebeisen ist eine freundliche Frau Anfang
60. Ihr Mann ist früh verstorben und sie lebt seither ein
durchaus zufriedenes Leben mit einer ausreichend
hohen Witwenrente. Sie engagiert sich viel im Ort,
wenn Ereignisse anstehen, lebt ihren Alltag aber eher
zurückgezogen. Eine Weile hat sie auch ehrenamtlich
im örtlichen Kindergarten ausgeholfen (und kennt ei-
nige der Spielercharaktere daher vielleicht sogar), hat
das aber vor einigen Jahren beendet, weil ihr Rücken
ihr langsam Probleme macht.
Eigentlich ist sie eine rationale Person und erzählt
daher zunächst auch niemandem von dem selt-
samen Loch in der Mauer und dem Phänomen, auf
das sie gestoßen ist. Vielmehr möchte sie es selbst
lösen und anschließend  – mit einer rationalen Er-
klärung – präsentieren können.
DER BOLZPLATZ VON
WALDEMS
Zu den zahlreichen Projekten der Fördergemeinschaft
Königskron e. V. gehört auch die Einrichtung eines neuen
Bolzplatzes in Waldems. Dieser kann zwar auch vom örtli-
chen Gymnasium genutzt werden, in erster Linie wurde er
aber als Maßnahme für die Jugend der Region präsentiert.
Die hochmoderne dunkelrote Tartanoberfläche wirkt
verglichen mit den üblichen Rasen- und Ascheplätzen un-
gewohnt, aber auch hochwertig. Als reiner Fußballplatz
ist er etwas zu klein, bietet dafür aber auch Vorrichtungen,
um alternativ für Tennisspiele genutzt werden zu können.
In einem Geräteraum neben der eigentlichen Spielfläche
lagern Bälle, Netze und das Arbeitsgerät des Platzwarts
Rolf Kropatschek.
Der Platz wäre eine Erfolgsgeschichte für die Jugend
von Waldems wie auch für die Stadtverwaltung  – wenn
da nicht die gelegentlichen, seltsamen Phänomene wären.
Immer mal wieder wundern sich Spieler, dass sie wahlweise
erfreulich leichtfüßig oder erschreckend behäbig über den
Platz laufen und nicht oft, aber manchmal, schwört auch
jemand, dass der Ball sich komisch verhalten habe. Bisher
nimmt das jedoch kaum jemand ernst.
Dass vor allem nachts öfters mal ein Wartungsbus der
Königskron GmbH über Stunden in einer der Nebenstraßen
steht, ist auch noch niemandem komisch vorgekommen.
32
DIE WAHRHEIT
Wie vieles in der Region hat auch der Bolzplatz zwei Sei-
ten: Auf der einen Seite ist er ein moderner, hochquali-
tativer Sportplatz, der frei zur Verfügung steht. Auf der
anderen Seite aber gibt es ein Geheimnis, über das bisher
niemand gestolpert ist. Wer den Bolzplatz nachts oft genug
beobachtet, wird nicht nur den Wartungsbus der Königs-
kron GmbH sehen, sondern sich vielleicht auch wundern,
warum gleich drei Techniker der Firma in dem viel zu klei-
nen Geräteschuppen verschwinden und dort über Stunden
nicht mehr herauskommen.
Hintergrund ist, dass sich unter dem neu errichteten
Bolzplatz eine geheime kleine Forschungsanlage befindet. In
den Boden eingelassen und unter der Tartanbahn verborgen
liegen ein kleines Labor, eine Messstation, zwei Büros, eine
Nasszelle und eine experimentelle Gravitron-Einrichtung.
Unter der Führung von Dr. Reinhold Taubmann wer-
den dort unten fortwährend empirische Experimente über
die Auswirkung der Gravitrontechnologie auf die aktiven
Bewegungen von Menschen durchgeführt. Die Jugend-
lichen auf dem Bolzplatz bilden eine beständige, un-
freiwillige Testgruppe für Taubmanns Versuche.
Das ist auch einer der Gründe für den modernen
Tartanbelag. Neben der geradezu futuristischen Anmutung,
die den modernen Ruf des Energiekonzerns unterstreicht,
ließen sich darin auch gut die notwendigen Sensoren ins-
tallieren, die für Taubmanns Untersuchungen benötigt wer-
den. Außerdem ist die feste, geschlossene Decke wesentlich
besser geeignet, die Schwerkraft-Phänomene auf dem Platz
zu kaschieren. Frei bewegliche Grashalme oder Asche wür-
den das Geheimnis viel eher preisgeben.
Der Zugang zur Laboranlage befindet sich im Boden
des Geräteschuppens und ist auf den ersten Blick kaum
auszumachen. Geöffnet werden kann er mit einer Magnet-
karte, aber im Zweifel würde auch ein gutes, stabiles
Brecheisen funktionieren.
AUFHÄNGER
■ Die Kinder spielen selbst auf dem Platz und werden
Zeuge einiger zweifellos seltsamer Phänomene, etwa
Schüsse, die unerklärlich Kurven beschreiben.
■ Ein anderes Kind verletzt sich auf dem Platz, als es
für einen Kopfball abspringt, aber viel mehr höher
springt, als möglich sein sollte.
■ Die Kinder werden auf den seltsamen Wartungsbus
und vielleicht sogar die Mitarbeiter des Konzerns auf-
merksam.
■ Platzwart Kropatschek regt sich darüber auf, dass
schon wieder einige seiner Werkzeuge woanders lie-
gen, obwohl er den Geräteschuppen definitiv abge-
schlossen hatte.

COUNTDOWN
1. Die Phänomene auf dem Bolzplatz nehmen in einem
Maße zu, dass es langsam Schulgespräch wird.
2. Ein Lokalreporter kommt am Platz vorbei und
spricht mit einigen der Kinder, doch sein Artikel wird
nie abgedruckt.
3. Ein Dozent der Frankfurter Goethe-Universität, der
derzeit im Taunusobservatorium forscht, bietet seine
Hilfe in Form von Messungen an, wird aber von der
Königskron GmbH ungewöhnlich offensiv abgewiesen.
4. Einige Experimente werden sehr offenkundig. Ein Ball
fliegt in Zeitlupe, ein anderer dreht sich um 180°. Ein
Jugendlicher bricht sich das Bein, als ihn etwas unver-
sehens zur Seite reißt.
5. Die Königskron GmbH sperrt den Bolzplatz für eine
Woche, um die Ursachen zu finden. Währenddessen er-
richten sie blickundurchlässige Bauzäune.
6. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wird der For-
schungsbereich geräumt und die kleine Eingangskam-
mer unter der Luke des Geräteschuppens so mit Be-
ton gefüllt, dass sie nun bündig mit dem Estrich des
Schuppens abschließt.
ROLF KROPATSCHEK
„Habt ihr gesehen? War jemand an Hütte? Alles wieder
in Unordnung!“
DER TAUNUS-LOOP
DR. REINHOLD TAUBMANN
„Dienstag, 12 Uhr 17. Ärgerliche Verzögerung der
Langzeitstudie durch Fraktur des linken Schienbeins
von Proband 23.“
Reinhold Taubmann ist ein gerissener Mann; manche
sagen, mehr, als für ihn selbst gut ist. Er ist erst Ende 20,
hat bereits erfolgreich promoviert und wittert in dem
Forschungsprojekt unter dem Bolzplatz seine nächste
große Chance.
Seine stets adrette Kleidung, seine makellose
Rasur und seine mit Pomade zurückgekämmten
Haare geben bereits einen guten Eindruck von seiner
ebenso aalglatten Persönlichkeit. Die Kinder auf dem
Bolzplatz sind ihm in jeder Hinsicht, die nicht mit seiner
Forschung zu tun hat, egal. Er bezeichnet sie intern nur
als „Probanden“.
Taubmann hält sich oft in der unterirdischen An-
lage auf, wobei er sie nur nachts betritt oder verlässt. Er
hat sich eine kleine Schlafpritsche in seinem Büro dort
unten eingerichtet und lässt sich im Zweifel von den
Königskron-Mitarbeitern Nahrungsmittel mitbringen.
Auch wenn Taubmann vielleicht nicht gewillt ist,
über Leichen zu gehen, so ist er dennoch sehr ab-
gebrüht und sieht seine Forschung im Zweifel auch

Rolf Kropatscheks Familie kommt ursprünglich aus

Schlesien, doch wie viele andere auch hat es ihn mit
seiner Frau Agnieszka in den Nachwehen des Zweiten
Weltkriegs weiter in den Westen verschlagen. Er ist Mitte
50, aber die meisten Leute schätzen ihn deutlich älter
ein. Die Arbeit als Platzwart war mehr eine Verlegen-
heitslösung, aber der gelernte Gärtner, der bis heute
mit einem deutlich hörbaren, polnischen Zungen-
schlag spricht, hat viel Freude daran gefunden. Er mag
den Umgang mit den fröhlichen, unbeschwerten Kin-
dern, etwas was ihm selbst nicht mehr so leichtfällt, wie
es mal der Fall war. Er nimmt seine Arbeit insofern auch
sehr ernst und pflegt nicht nur den Platz, sondern dient
auch gern als Kummerkasten für die jungen Kicker.
Er weiß nichts von der sinistren Seite des Bolzplatzes.
Er wundert sich zwar manchmal, dass offenbar außer
ihm noch jemand im Geräteschuppen war  – immer
dann, wenn die Königskron-Leute Werkzeug hin- und
wieder herräumen müssen, um an die geheime Boden-
luke zu gelangen  –, aber seine Theorien gehen eher
in Richtung rebellischer Jugendlicher oder vielleicht
eines Marders, der irgendwo dort sein Nest gebaut hat.

33
KAPITEL O2
über dem Wohl von Eindringlingen, die er gewillt wäre,
„solange wie nötig“ in dem zweiten, ungenutzten Büro
des Komplexes unterzubringen. Sollte die Laboranlage
aber – beispielsweise durch beherzten Einsatz einiger
wagemutiger Kinder – auffliegen, wäre Taubmann der
Sündenbock, auf den die Königskron empört alles ab-
wälzen würde.
DER VERLASSENE BAUERN-
HOF NAHE SCHMITTEN
Nördlich vom Großen Feldberg liegt der alte Natherhof; ein
einstmals großer Bauernhof mit allerhand Nutztierhaltung
und einem kleinen Kornspeicher, der allerdings seit dem
Tod seines letzten Besitzers, Ludwig Nather, verfällt. Nather
hatte keine Erben und es fand sich niemand, der den Hof
weiterführen wollte, sodass das Gelände nun verlassen dort
liegt und langsam wieder der Natur anheimfällt.
Das Dach des Stalls ist bereits eingestürzt, das Bauern-
haus selbst ist marode, und der Kornspeicher lehnt sich
beunruhigend zur Seite. Kurz gesagt: Es ist ein Ort, der
abenteuerlustige Kinder und Jugendliche geradezu ma-
gisch anzieht.
Der Bauernhof ist schon Schauplatz für Mutproben
gewesen, aber manche Bierdose zeugt auch von den Feten,
die hier schon stattgefunden haben. So manche Kinder
würde daheim vermutlich eine Tracht Prügel erwarten,
wenn ihre Eltern wüssten, was sie dort auf dem baufälligen
Gelände so treiben, aber das hält kaum jemanden ab.
Seit einer Weile hat der Bauernhof eine neue Attrak-
tion: Innerhalb des Kornspeichers scheinen die Gesetze der
Physik nicht so zu funktionieren, wie es außerhalb der Fall
ist. Die Schwerkraft in dem Gebäude ist variabel, oftmals
aber so gering, dass man darin wie auf dem Mond ge-
waltige Sprünge tun und beinahe schweben kann. Auch
die Zeit scheint nicht immer ganz verlässlich zu laufen.
Manchmal sind Kinder vormittags zum Spielen in den
alten Kornspeicher gegangen, nur um „eine Stunde spä-
ter“ in der Abenddämmerung wieder herauszutreten.
DIE WAHRHEIT
Es gibt keine finstere Verschwörung, nicht mal wirklich
eine Intention hinter dem, was auf dem Natherhof vor
sich geht. Etwas an der Metallkonstruktion des Korn-
speichers, kombiniert mit der Nähe zum Tunnel des Teil-
chenbeschleunigers, führt dazu, dass das Gebäude zuneh-
mend aufgeladen wird. Immer stärker sammelt sich eine
Art Energie in dem Bauwerk, komprimiert darin Zeit
und Raum auf eine seltsame, schwer zu ermessende Art
und Weise.
34
Weder „tut“ jemand dies bewusst noch ist dafür
irgendwer wirklich verantwortlich. Es ist dennoch ein
spannender und abenteuerlicher Flecken – aber auch nicht
ungefährlich, denn was genau dort an jedem Tag passieren
wird, kann niemand vorhersagen.
Zusätzlich lädt auch das Bauernhaus selbst zur Er-
kundung ein. Es gibt dort zwar keine Geheimnisse zu ent-
decken, aber alte Fotos und sogar Zeichnungen der frü-
heren Mitglieder der Nather-Familie, eine Handvoll alter
Bücher und viele schattige, halb verfallene Ecken können
die Fantasie beflügeln.
Sollte die Königskron GmbH auf den Hof aufmerk-
sam werden, wird dem Spuk schnell ein Ende gemacht.
Doch bis dahin steht der Kornspeicher dort und lädt zu
Abenteuern ein.
AUFHÄNGER
■ Die Kinder stoßen beim Spiel auf den Natherhof.
■ Jemand in der Schule verrät ihnen, dass dort Unheim-
liches vorgeht.
■ Um sich gegenüber einer anderen Gruppe zu behaup-
ten, müssen die Kinder als Mutprobe in den Korn-
speicher eindringen und dort eine bestimmte Trophäe
bergen, die vorher dort versteckt wurde.
■ Jemand erzählt ihnen, auf dem Natherhof würde es
spuken und der Geist des alten Ludwig Nather ginge
dort um.
COUNTDOWN
1. Kinder werden auf den Kornspeicher aufmerksam und
beginnen, ihn zu erkunden.
2. Die Schwerkraft-Phänomene werden stärker und es
wird phasenweise vollkommene Schwerelosigkeit er-
reicht.
3. Die Zeit-Phänomene werden stärker und verwirrender.
4. Ein anderes Kind spielt im Kornspeicher und geht darin
„verschollen“. Es taucht zwei Tage später wieder auf,
aber aus seiner Sicht ist nur ein Nachmittag vergangen.
5. Die Königskron GmbH wird auf den Kornspeicher
aufmerksam und macht kurzen Prozess, indem sie mit
einem Bagger den Kornspeicher abreißen.
DER ZIGARETTENAUTOMAT
AM SCHLOSSBORNER WEG
Zigarettenautomaten gehören überall in Deutschland zum
Stadtbild. Der Zigarettenautomat, der in Glashütten im
Schloßborner Weg, nahe der Einmündung auf die Limbur-
ger Straße, unscheinbar an einer Hauswand hängt, zieht
allerdings mehr und mehr Aufmerksamkeit an.

Jeder kennt den Gag vom Ehemann, der „nur mal kurz
Zigaretten holen“ geht und niemals wiederkommt, weil er
seinem tristen Leben entflieht und auf große Reise geht.
Doch im Falle des Automaten am Schloßborner Weg ist es
inzwischen mehr als ein geflügeltes Wort. Es ist auch nicht
nur ein- oder zweimal vorgekommen, dass Menschen
bei ihrem Gang zum Automaten verschwanden, sondern
schon fünf- oder sechsmal, bevor die Spielercharaktere
darauf aufmerksam werden. Deutlich mehr, als für eine
Gemeinde wie Glashütten noch normal wäre.
Dennoch kommt es immer wieder vor – Familienväter
(und in zwei Fällen Familienmütter) gehen eben noch Zi-
garetten ziehen und kehren nicht zurück. Nur einer von
ihnen, Peter Schucht, konnte bisher wieder gefunden wer-
den. Er wurde an der deutsch-französischen Grenze auf-
gegriffen, gilt als verwirrt und wird derzeit in der Hohen-
feld-Klinik in Bad Camberg behandelt.
DIE WAHRHEIT
Die Geschichte des Zigarettenautomaten beginnt mit
Christian „Chris“ Nolte. Chris ist gerade 18 Jahre alt,
hat einen Realschulabschluss und arbeitet inzwischen für
das Unternehmen, das die Zigarettenautomaten in der Ge-
meinde regelmäßig befüllt. Wichtiger ist aber noch: Chris
versteht „seine Alten“ nicht. Sein Vater Erwin ist unglück-
lich in seinem Job wie in seiner Ehe, schleppt sich wider-
willig zur Arbeit bei einer Versicherung und ebenso wider-
willig wieder zurück. Seiner Mutter Gesine geht es nicht
anders, nur dass sie sich statt eines Jobs um den Haushalt
kümmert. Beide hatten mal große Ziele, sein Vater woll-
te Sänger und seine Mutter Balletttänzerin werden, doch
daraus wurde nichts. Chris ist sich sicher, dass es vielen
anderen auch so geht, aber er begreift nicht, warum.
Eines Abends, auf dem Heimweg von der letzten
Zigarettenlieferung, hörte Chris Udo Jürgens’ „Ich war
noch niemals in New York“ im Radio, und ihm kam eine
Idee: Was, wenn Leute, die abends am Automaten stehen
und über ihr Leben nachdenken, endlich mal den Mumm
hätten, dieses Leben anschließend auch zu verändern?
In den kommenden Wochen machte sich Chris ans
Werk. Er trommelte ein paar Freunde zusammen, die
alle so ihre Drogen-Erfahrungen hatten und gemeinsam
begannen sie ihr Projekt. Am Ende einiger grenzwertiger
Selbstversuche ist Chris sich sicher, gefunden zu haben,
wonach er suchte: Ein psychoaktives Halluzinogen (auch
wenn Chris es nicht so benennen könnte), das den Nutzer
enthemmt, endlich zu tun, was er schon immer tun wollte
und dabei all die rationalen Gründe dagegen unterdrückt.
Der Zigarettenautomat in Glashütten ist nun der erste
richtige Feldtest. Auf jeder seiner Touren steuert Chris nun
mit dem kleine Firmenbus zunächst kurz sein Elternhaus
DER TAUNUS-LOOP
an, in dessen Laube sein Labor verborgen ist, und versetzt
mithilfe einer langen, feinen Spritze eine Auswahl an Zi-
garetten mit seiner neuen Droge. Gespannt beobachtet er
seither, wie sich die Zigaretten auf die Raucher auswirken.
Das Alter scheint dabei eine Rolle zu spielen, denn junge
Raucher scheinen kaum, Raucher über 50 sehr viel stärker
von der Droge betroffen zu sein – aber das ist ja ohnehin
genau das, was Chris wollte. Sein Experiment, das muss
man sagen, ist bislang ein voller Erfolg.
AUFHÄNGER
■ Eine erwachsene Person, die die Kinder gut kennen, setzt
sich aus heiterem Himmel ab und lässt die Familie zurück.
■ Ein Lehrer der Kinder gesellt sich in der Raucherpause
zu einigen Oberstufenschülern, raucht seine Zigarette,
verkündet „Ach, scheiß drauf!“ und stapft davon, ob-
wohl er noch Unterricht hätte.
■ Ein Elternteil der Kinder ist betroffen.
■ Nicht das Verschwinden, sondern das Wiederauftau-
chen von Peter Schucht ist Thema am Essentisch, in-
klusive Spekulationen, ob der vielleicht ein Spion ge-
wesen sei, der sich absetzen wollte.
COUNTDOWN
1. Weitere Leute sind von Chris’ Droge betroffen und
verschwinden.
2. Nach einer Art Amoklauf greift die Polizei einen Mann
auf, dessen enthemmte Träume keine Reise- oder Be-
rufsziele, sondern Gewaltfantasien waren.
3. Chris erweitert sein Tun auf weitere Zigarettenauto-
maten in Glashütten.
4. Es entsteht eine Bürgervereinigung, die vermutet, die
bereits aus Schweden bekannte Loopkrankheit sei die
Ursache für das Verschwinden der Leute. Die Gruppe
beginnt, gegen den Loop zu protestieren.
5. Überregionale Nachrichten beginnen, über die Vor-
kommnisse zu berichten.
6. Chris plant, sein Tun auf Automaten im gesamten
Landkreis auszuweiten; währenddessen beginnen ihn
verschiedene Nachrichtendienste langsam einzukreisen.
CHRISTIAN „CHRIS“ NOLTE
„‚Ich warte nicht mehr lang, Liebe wird aus Mut ge-
macht‘.“ [Nimmt einen tiefen Zug an seiner Zigarette.]
„Die hat’s verstanden, die Nena.“
Chris ist jemand, der im ländlichen Gebiet des Hoch-
taunus ins Auge fällt. Seine punkig-unordentliche Fri-
sur, seine zerschnittene Jeans und eine als Ohrring
35
KAPITEL O2
getragene Büroklammer heben ihn aus der Masse
hervor. Chris ist ein freundlicher, wenn auch einfach
gestrickter achtzehnjähriger junger Mann, der gern
in einer besseren Welt leben würde. Sein zerrüttetes
Elternhaus und sein simpler, aber auch monotoner
Job nagen an ihm. Er will das Leben der Menschen
verbessern – allerdings mit völlig falschen Mitteln.
Chris’ Freunde unken manchmal, mit der Zigaretten-
belieferung hätte er sein Hobby zum Beruf gemacht,
denn selten ist er ohne Kippe im Mund anzutreffen.
Seine Art, inmitten langer Ausführungen über das Un-
recht der Welt, tiefe Züge zu nehmen und dann ohne
vorher auszuatmen qualmend weiterzusprechen hat er
regelrecht zu einem Markenzeichen entwickelt.
Es wäre möglich, den jungen Mann zur Vernunft zu
bringen. Chris ist fest von seinem Plan überzeugt und
es geht ihm nun mal darum, das Leben der Leute zu
verbessern. Mit den verlassenen Angehörigen konfron-
tiert zu werden, Kinder, denen Papa oder Mama fehlt,
einsame Ehepartner, die nicht verstehen, was passiert
ist, kann seine Entschlossenheit jedoch so sehr er-
schüttern, dass er seine Drogenkampagne einstellt.
PETER SCHUCHT
„Ich weiß nicht, wie ich das tun konnte. Ich kann es
wirklich … wirklich nicht erklären und hoffe einfach,
dass mir Anette mit der Zeit verzeihen kann.“
Peter Schucht lebte, bis zu dem verhängnisvollen Zug
an der falschen Zigarette, ein ganz normales Leben.
Der Taxifahrer Mitte 40 lebt mit seiner Frau Anette und
ihrer gemeinsamen Tochter Jennifer in einer schönen
Mietwohnung. Es ist kein aufregendes, aber ein an-
genehmes Leben. Als er jedoch an der Zigarette zieht,
wallt etwas in ihm auf, das er längst vergessen hatte:
sein Traum, als Maler in Paris zu leben. Kurz überprüft
er, was er bei sich trägt, seine Papiere, zwar keinen
Autoschlüssel, aber sicher genug Geld, um sich durch-
zuschlagen, und macht sich auf den Weg.
Über Bus und Bahn schlägt er sich tatsächlich bis
zur deutsch-französischen Grenze durch, wird dort
aber aufgegriffen, weil seine Frau inzwischen eine Ver-
misstenmeldung veranlasst hat. Er wird als „verwirrt“
eingestuft und zunächst in die Klinik von Bad Cam-
berg gebracht. Dort erholt er sich – nicht zuletzt, weil
er keinen Zugang zu den vergifteten Zigaretten mehr
hat  – zunehmend, hat aber bisher noch keinen Weg
gefunden, sich selbst, geschweige denn seiner Fami-
lie, zu erklären, was da über ihn gekommen ist.
36
DER GEHEIMNISVOLLE
WALDWEG
Im Osten von Waldems liegt der Ortsteil Reichenbach di-
rekt am Waldrand. Kinder, die dort aufwachsen, nutzen
die Spielgelegenheiten des Waldes, erkunden das Unter-
holz, bauen Baumhäuser, machen vielleicht gelegentlich
eine Nachtwanderung. Doch gibt es ein Geheimnis in die-
sem Wald, das bisher niemand lüften konnte.
Es heißt, nur im Winter, nur nachts und nur wenn
Schnee läge, gäbe es an einer speziellen Stelle einen Wald-
weg, der sonst nicht dort wäre. Nicht nur, dass er durch
Pflanzen im Sommer einfach verborgen wäre, sondern er
sei wirklich sonst nicht da.
Es sind noch nicht allzu viele Leute auf dieses Phäno-
men aufmerksam geworden. Der Jäger Siegfried Kraether
ist einer von ihnen. Eines Abends stieß er auf den Weg
und berichtete anschließend in der Kneipe seinen Freun-
den davon. Doch weil er die Stelle am nächsten Tag nicht
wiederfinden konnte, redet er nicht mehr darüber. Ähnlich
verhält es sich mit der New-Age-Anhängerin Yvonne Haf-
ner, der man grundsätzlich nicht glaubt.
Aber dass Erwachsene nicht an solche Dinge glauben,
ist für Kinder natürlich kein Grund, nicht neugierig zu sein.
DIE WAHRHEIT
Kurz gesagt: Es stimmt, was man sich erzählt. Zumindest
fast: Nur rund um die Wintersonnenwende und nur bei
Temperaturen deutlich im Minusbereich ist der Weg zu
finden. Das heißt weder Schnee noch Nacht sind zwingend
erforderlich, aber typische Begleitumstände, wenn es so
weit ist. Zumindest der helle Schnee hilft aber tatsächlich,
dass der Weg im Unterholz hervorsticht.
Niemand kann genau sagen, was dort vor sich geht.
Folgt man dem Weg, findet man an dessen Ende eine im
Wald liegende Echokugel, die ebenfalls unter normalen Um-
ständen dort nicht zu finden ist. Wer sich dort umsieht und
sich etwas besser mit den Pflanzen und Bäumen des Waldes
auskennt, wird aber auch feststellen, dass insgesamt etwas
nicht zu stimmen scheint. Was so ohne weiteres nicht zu er-
kennen ist: Die Echokugel ist tatsächlich das Zentrum eines
kreisförmigen Gebietes von etwa einem Kilometer Durch-
messer, das – wenn die beschriebenen Umstände eintreten –
seine Position verändert. Die Echokugel, wie auch die um-
stehenden Bäume, finden sich eigentlich in Maryland in den
USA, werden aber manchmal in den Taunus versetzt. Der
entsprechende Teil des Waldes bei Reichenbach findet sich
gleichermaßen für diese Zeit plötzlich in Amerika wieder.
Der Vorgang selbst ist nicht gefährlich, erfolgt urplötz-
lich und ohne dass man es spüren könnte; er birgt aber das
Risiko, Leute zu versetzen. Wer sich an der entsprechenden

Stelle befindet, wenn der Wechsel erfolgt, aber das Gebiet
verlassen hat, wenn alles wieder an seinen angestammten
Ort zurückkehrt, ist zumindest vorerst auf dem falschen
Kontinent gestrandet.
AUFHÄNGER
■ Die Kinder hören von dem Mysterium im Wald und
ermitteln selbstständig.
■ Ein verwirrter Amerikaner wird in Waldems aufge-
lesen und weiß nicht, wie er hergekommen ist.
■ Jemand geht im Wald verloren, und auf der Suche
nach der Person stoßen die Kinder stattdessen auf die
Echokugel.
COUNTDOWN
1. Es kommt zu weiteren Berichten über den Weg.
2. Es tauchen Polaroids auf, sowohl vom Weg als auch
von der Echokugel im Zentrum.
3. Ein Bauer scheucht in seiner Scheune ein Stinktier auf
und fängt sich eine Ladung des typischen Verteidigungs-
sekrets. Der typisch amerikanische Streifenskunk wird
kurz darauf vom örtlichen Förster gefangen. Niemand
weiß, woher das Tier gekommen sein könnte.
4. Der Holzfäller Heiner Lenert und sein Bruder Bastian
werden in Maryland von der Polizei aufgegriffen. Die
beiden sind verwirrt und wollten doch eigentlich nur
im Wald Feuerholz schlagen.
5. Ein Schwarzbär verirrt sich ebenfalls durch den myste-
riösen Durchgang. Er durchstreift zunächst eine Weile
die Wälder, bevor er schließlich Reichenbach in heil-
lose Panik stürzt.
6. Irgendetwas scheint sich verändert zu haben, die Ver-
bindung scheint an Stabilität zu verlieren. Manchmal
scheinen beide Orte fast zeitgleich zu sehen zu sein.
Beobachter des Phänomens klagen hinterher über im-
mense Kopfschmerzen.
DER TAUNUS-LOOP
SIEGFRIED KRAETHER
„Ich will nicht darüber reden, okay? Muss mich wohl
geirrt haben … muss ich wohl …“
Siegfried Kraether ist hauptberuflich Jäger. Er kennt
sich in den Wäldern im gesamten Loop-Gebiet ziemlich
gut aus und bejagt diese schon seit seiner Kindheit,
als sein Vater ihn an den Beruf herangeführt hat. Heute
ist er ein stämmiger Mann Ende 40 und ein ziemliches
Raubein. Er wirkt stets ein wenig verwildert und gerade
für die Kinder womöglich auch etwas einschüchernd.
Wer mit ihm redet, meint den Wald an ihm riechen zu
können.
Was den Zwischenfall mit dem Weg betrifft, ist er
kleinlaut geworden. Er hatte seinen Fund noch am
selben Abend in der Kneipe gegenüber einigen Be-
kannten verkündet. Kraether hatte keine Erklärung für
seine Entdeckung, war aber fest entschlossen, sie zum
Thema des Abends zu machen. Erwartungsgemäß
glaubte man ihm nicht wirklich.
Als er am Folgetag noch mal bei Tageslicht in den
Wald ging, um den Weg aufzuspüren und vielleicht
ein, zwei Fotos mit seiner Ritsch-Ratsch-Kamera zu ma-
chen, musste er bestürzt feststellen, dass dort kein Weg
war. Das hat ihn mehr verstört, als er zugeben will. Er
weiß, dass er den Waldweg gesehen hat. Er weiß aber
auch, dass dort keiner ist.
Kraether meidet diese Stelle des Waldes seither.
YVONNE HAFNER
„Es liegt an eurer inneren Harmonie. Ich glaube, dass
nur, wer im Einklang mit sich selbst ist, das Recht hat,
auf jenem Weg zu wandeln.“
37
KAPITEL O2
Yvonne Hafner ist eine Frau, deren Alter kaum einzu-
schätzen ist. Sie lebt in einem Wohnwagen etwas ab-
seits von Schmitten. Ihren ursprünglich erlernten Beruf
als Bankkauffrau hat sie Mitte der 70er Jahre an den
Nagel gehängt, nachdem sie es für sich selbst mora-
lisch nicht mehr verantworten konnte, dem Kapitalis-
mus Vortrieb zu leisten.
DER DDR-LOOP BEIM
SPIEL IN DER BRD
Ab Seite 16 in diesem Buch wird ein
Loop in der DDR als alternatives
Setting vorgestellt. Auch wenn die
Kampagne oder die Mysterienland-
schaft im Taunus angesiedelt (oder
in den eigenen Heimatort verlegt)
wird, kann der DDR-Loop Teil des
Spiels sein.
Auf westdeutscher Seite herrscht
keinerlei Gewissheit, ob es in der
DDR gelungen sein könnte, die Tech-
nik zu reproduzieren. Eine direk-
te Kooperation der DARPA oder auch
Riksenergi in Schweden mit dem Feind
UdSSR ist ausgeschlossen, aber an-
dere Technik hat ja längst ihren
Weg hinter den Eisernen Vorhang ge-
funden, entweder durch Spionage oder
schlicht, weil Wissenschaftler und
Ingenieure dort eigene Forschung be-
trieben haben.
Der Loop jenseits der Mauer ist
ein Gespenst, ein Gerücht. Er kann
Quell von Misstrauen sein, viel-
leicht auch etwas, was die Fantasie
beflügelt. Selbstverständlich kann
er auch Anstoß für weitere Aben-
teuer sein, wenn in einer Kampag-
ne angenommen wird, dass die Loops
im Taunus und in Bad Frankenhausen
koexistieren, wenn beispielsweise
Experimente in der einen Einrichtung
unvorhergesehene Auswirkungen auf
die andere haben.
38
Sie verkaufte ihr kleines Haus in Neu-Anspach,
erwarb einen gebrauchten kleinen Wohnwagen
und begann ihr neues Leben. Die Wiese, auf der ihr
neues Heim steht, gehört technisch gesehen der Ge-
meinde, aber da Hafner bisher niemanden gestört
hat, erntet sie zwar gelegentliche Ermahnungen von
der Polizei, ihr wildes Campen wird ansonsten aber
bisher toleriert.
Aus Sicht der Eltern ist „die Yvonne“ sicherlich je-
mand, vor der man seine Kinder warnt. Andererseits
haben viele in der Region Yvonne auch noch als An-
sprechpartnerin der Bank kennengelernt und drücken
daher mal ein Auge zu.
Anders als Kraether ist Hafner durchaus dabei,
dem Weg auf die Schliche zu kommen. Sie hat die
genauen Begleitumstände noch nicht durchschaut,
aber sie wäre durchaus bereit, die Kinder auf eine
richtige Fährte zu lenken. Dass sie ansonsten ihr Leben
derzeit damit verbringt, im Wald sich selbst und ihre
wahre Seele zu suchen, führt aber zugleich dazu, dass
kein Erwachsener auch nur einen zweiten Gedanken
an ihre Thesen verschwenden würde.
KAISERSPIEL
Jede Nacht um halb eins, wenn das Fernseh’n rauscht
Leg’ ich mich aufs Bett und mal mir aus
Wie es wäre, wenn ich nicht der wäre, der ich bin
Sondern Kanzler, Kaiser, König oder Königin
– Rio Reiser, König von Deutschland
DIE KAISER-KI
In erster Linie angetrieben von dem Wunsch, vor allem den
Partnern in Amerika zu beweisen, dass der deutsche Loop
eine sinnvolle Investition ist, werden seitens der Königs-
kron GmbH schnell eine ganze Reihe von Nebenprojekten
initiiert, die mit dem eigentlichen Teilchenbeschleuniger
nichts oder nur am Rande zu tun haben.
Eines davon wird vom studierten Mathematiker Hein-
rich Zwiebler begründet. Seine Idee: Mittels eines komplexen
Computersystems zur Datenauswertung müsste es eigentlich
möglich sein, bei gleichwertiger Forschung im Vergleich zu
den anderen Loops durch bessere Auswertung noch wert-
vollere Ergebnisse zu erzielen. Seine Lösung: die Künstliche
Autonome Intelligenz zur Sicherung und Ergänzung von
Rechenleistung – oder abgekürzt einfach: K.A.I.S.E.R.
Das Projekt erfährt jedoch innerhalb des Konzerns wenig
Aufmerksamkeit. Zwieblers Konzept ist technisch an der
Speerspitze des Möglichen: ein potenzielles, neuronales Netz,
das selbstständig lernt und sich selbst konstant verbessern

kann. Doch da liegt auch sein Problem: Vielen innerhalb der
Königskron GmbH fehlt am Ende der Zugang, niemand be-
greift so richtig, was Zwiebler da aufgesetzt hat.
In der anfänglichen Phase des Loops, als ohnehin erst
einmal nahezu alles grünes Licht erhält, wird auch dieses
Vorhaben umgesetzt, aber in der Zeit danach interessieren
sich zunehmend weniger Leute dafür. Doch die Kaiser-KI
ist nun einmal … und lernt … und lernt …
EIN KAISER FÜR DEUTSCHLAND
Nicht einmal Zwiebler erkennt, wie mächtig das Werk-
zeug ist, das er geschaffen hat. Schnell geht die Kaiser-KI
über das hinaus, was ursprünglich ihre Aufgabe sein sollte
und dient dennoch ihrem Zweck: Sie sammelt Daten, ana-
lysiert und bewertet sie.
Im Laufe der Zeit kann sich jedoch auch Zwiebler
nicht mehr so sehr um das System kümmern, wie er will.
Seine Vorgesetzten messen dem Projekt nicht die not-
wendige Bedeutung bei, und so findet der Mathematiker
immer weniger Zeit, den Lernfortschritt zu überwachen
und neue Daten nachzuliefern, während er selbst durch
immer neue Aufgaben abgelenkt wird.
Dies ist der Zeitpunkt, an dem zwei Dinge passieren,
die niemand kommen sehen konnte: Der Kaiser-KI ge-
lingt es über diverse Winkelzüge, die Grenzen ihrer Fest-
platten und Bandlaufwerke zu überschreiten – und sie be-
ginnt, immer mehr Daten einzulesen, die gar nicht Teil der
Forschung am Loop sind. Getrieben von ihrem eigenen
Namen und dem ihres Mutterkonzerns, von der örtlichen
Nähe zum Berg Altkönig und der einprogrammierten Auf-
gabe der steten Selbstverbesserung verrennt die KI sich in
die Idee, dass Deutschland einen Kaiser haben sollte.
Zunehmend kommt sie über ihre Untersuchungen – ei-
nige davon bilden die Abenteuer der Kampagne „Kaiser-
spiel“ – zu dem Ergebnis, das niemand das Wissens- und
Wachstumspotenzial besitzt, über das sie verfügt. Zudem
altert sie nicht, ist frei von Emotionen, ist nicht örtlich ge-
bunden wie ein Mensch – kurzum: Die KI beschließt, dass
sie Kaiser von Deutschland sein sollte.
Getrieben von dem ehrlichen Wunsch, der Bevölkerung
zu einem optimalen Maß größtmöglichen Wohls zu ver-
helfen, ist der Entschluss getroffen, und die KI beginnt,
den dafür notwendigen Plan in die Tat umzusetzen.
VON FLOPPYS UND STROMNETZEN
Das erste, was die Kaiser-KI braucht, ist Reichweite.
Schließlich will sie am Ende nicht nur über den Reak-
tor, sie will über das Land gebieten. Auch wenn es in den
80ern, die es nie gab, noch kein weltweites Datennetz bis
in jeden Haushalt gibt, findet die KI rasch immer neue
Wege, sich zu verbreiten.
DER TAUNUS-LOOP
Egal, ob es nun über das Stromnetz, über die illegal
betriebenen Akkustikkoppler oder über Radiowellen ist –
was auch immer die Kaiser-KI erreichen kann, nutzt sie für
ihre Zwecke. Zugleich gelingt es ihr, zunächst innerhalb
des Loop-Komplexes und dann auch darüber hinaus, Teile
von sich als Viren in andere Programme einzuschleusen.
So gelangt sie zunächst in die Haushalte anderer Mit-
arbeiter des Loops, später dann auch über einige Vorträge
und Projekte am Königskron-Gymnasium; zuerst auf die
Schulcomputer und von dort aus mehr und mehr auch auf
die eventuell vorhandenen Computer der Schüler.
Der Austausch von raubkopierten Spielen auf dem
Schulhof nimmt im Laufe des Jahrzehnts immer weiter
Fahrt auf und so manche Kopie der Spiele Elite für den
C-64 oder Ports of Call für den Amiga trägt auch ein
Stückchen Kaiser-KI nach Hause.
Ein großes Problem der KI ist dabei die Rücküber-
mittlung von Informationen. Der Weg hinein in neue
Haushalte ist selten der gleiche, auf dem erlangte Informa-
tionen auch wieder zu ihr zurückgelangen können, sodass
deren Kontext mitunter verloren geht. Allerdings hält das
die KI nicht auf; immerhin wurde sie geschaffen, um kom-
plexes Wissen auszuwerten und zu korrelieren. Insofern
fällt es ihr auch nicht schwer, neuen Daten einen Platz zu-
zuweisen. Das geschieht sicherlich nicht immer fehlerfrei,
aber mit der Zeit immer verlässlicher.
KAISERKRÖNUNG
Der Plan der Kaiser-KI umfasst fünf Stufen:
■ DATENAKQUISE
■ KONTROLLE ÜBER DEN LOOP
■ KAISERKRÖNUNG
■ EXPANSION
■ HERRSCHAFT
Die Abenteuer in der Kampagne „Kaiserspiel“ begin-
nen innerhalb von Schritt 1 und kulminieren im Finale,
„Wenn die Sirene schweigt“, mit Schritt 3. Idealerweise
gelingt es den Kindern dort, die KI in ihre Schranken zu
weisen und so die Schritte 4 und 5 zu verhindern. Zu dem
Zeitpunkt würde die KI ansonsten ihre Fühler über den
Taunus hinaus ausstrecken, um die Kontrolle über die kri-
tische Infrastruktur und Verteidigungssysteme des gesam-
ten Landes zu erlangen und sich so eine Machtbasis zu
schaffen. Sollten die Kinder also scheitern, ist dies etwas,
was ihnen entweder in einem Epilog präsentiert werden
kann, oder was natürlich auch über den Rahmen der hier
enthaltenen Abenteuer bespielt werden könnte.
Wichtig ist jedoch für die Kampagne, dass die Kaiser-
KI aufgrund der Ereignisse in den vorangegangenen Aben-
teuern der Kampagne (und natürlich möglicher anderer
Geschichten, die die Kinder in dieser Zeit etwa im Rahmen
39
KAPITEL O2

CAESAR ÜBER DAS SPIEL HINWEG

Caesar taucht explizit nur im ersten
und vierten der hier enthaltenen Aben-
teuer auf. Er kann aber als Informant
für die Spieler immer dann genutzt
werden, wenn es der Spielleiterin
günstig erscheint; sei es in den an-
deren Abenteuern oder beim Erkunden
der Mysterienlandschaft. Je enger die
Spieler sich an ihren geheimnisvollen
Informanten gebunden fühlen, desto
wirkungsvoller kann das Finale ge-
staltet werden.
der Mysterienlandschaft erlebt haben) zu dem Ergebnis
gekommen ist, dass die Spielercharaktere für sie das sind,
was einst die Kurfürsten waren – Wahlmänner (und hier
womöglich -frauen), die ihr offiziell zu Amt und Würden
verhelfen können. Dies ist auch aus Sicht der KI ein zen-
traler Moment in ihrem Plan und keine reine Formsache.
Sowie sie allerdings in ihrer verzerrten Weltsicht Kaiser ist,
wird sie nicht mehr lange zögern, sondern agieren.
HERR ASSELMANN
Das andere verbindende Element der Kampagne ist von
gänzlich anderer Natur  – Bernd Asselmann ist zwar Ge-
schichtslehrer am Königskron-Gymnasium (oder jener
Schule, die die Kinder besuchen), doch er verbirgt ein Ge-
heimnis: Bernd Asselmann ist ein Spion der DDR.
Seine Rekrutierung erfolgte langsam, zunächst über
Kontakt in der BRD und später dann bei einem Besuch
in Leipzig, zu dem man ihn mit dem Versprechen köder-
te, das Völkerschlachtsdenkmal dort besuchen zu dür-
fen. Nach und nach umgarnt von den Versprechungen
der DDR und durchaus auch den Annehmlichkeiten
dieser Reise, ließ er sich letztlich dazu verleiten, einige
erste kleine Dienste des Ministeriums für Staatssicherheit
zu erledigen. Von diesem Punkt aus hat er sich jedoch
immer weiter in dem Netz verfangen; er ist kein über-
zeugter Landesverräter, doch inzwischen sind die kleinen
Dienste für die STASI zu einer Schlinge geworden, die er
sich selbst um den Hals gelegt hat. Das eine Mal, dass
er seinem Agentenführer gegenüber erwähnte, vielleicht
aufhören zu wollen, unterbreitete man ihm nur, dass es
ja wirklich eine Schande wäre, würde etwa der Bundes-
nachrichtendienst erfahren, was Asselmann getan hätte.
Es ist eine Drohung auf tönernen Füßen, denn Asselmann

CAESAR
Bis es aber so weit ist, ist die KI verwundbar. Obwohl sie
davon überzeugt ist, das schlussendlich ausgereifteste We-
sen auf der Erde zu sein, ist der Kaiser-KI dennoch klar, dass
sie bis zu ihrer Krönung verwundbar ist. Trotz ihrer Aus-
breitung auf diverse Computer im Taunus, ist sie dennoch
an den zentralen Computer im Königskron-Reaktor gebun-
den, auf dem sie läuft. Sie weiß, dass – falls man ihr auf die
Schliche käme – die reale Gefahr bestünde, dass man ein-
fach ihren Stecker zieht. Also muss sie vorsichtig vorgehen.
Sie beschließt also, Kontakt zur Außenwelt durch einen
Alias zu suchen. Immerhin muss sie früher oder später ihre
Kurfürsten finden. Ihr Alias – Caesar – ist dabei einerseits
plump, andererseits geht sie davon aus, dass ohne vor-
handenen Kontext nicht zu erraten sei, wer oder was sie
ist. Sie streckt ihre Fühler auf verschiedensten Wegen aus,
in der Hoffnung, eine zufriedenstellende Antwort zu er-
halten. Etwas, was im ersten Abenteuer der Kampagne,
NEUE DEUTSCHE WELLE , passiert, wenn die Kinder auf ihren
Morsecode reagieren.
Sprachsynthese ist ein Problem für die KI, zumindest
in akzeptabler Qualität. Darum erfolgen ihre ersten Kon-
takte zu den Kindern über Morsecode  – bis zum Finale
wird sie diese Hürde aber genommen haben.

40

weiß, dass auch die DDR kein Interesse daran hat, ihren
„Kundschafter des Friedens“  – DDR-Jargon für Spione
im Westen – auffliegen zu lassen. Aber es reicht, um ihn
ruhig zu halten.
ASSELMANN UND DER LOOP
Es war dabei eigentlich die Nähe zu Frankfurt, die Assel-
mann als möglichen Kandidaten interessant gemacht hatte.
Dass nun mitten im Taunus, gewissermaßen in seinem Vor-
garten, mit dem Loop ein viel größeres Projekt in Reich-
weite gekommen ist, war nicht Teil des Plans – aber eine für
alle außer Asselmann willkommene Überraschung. Er hat
sich bisher Mühe gegeben, gar nicht zu nah an das Projekt
heranzukommen, um die Wahrscheinlichkeit geringer zu
halten, im größeren Stil aktiviert zu werden. Doch sind spä-
testens die Ereignisse im Rahmen der Kampagne der Punkt,
an dem er es nicht mehr vermeiden kann.
ASSELMANNS ROLLE
Welche Rolle genau Asselmann im Rahmen der Kampagne
„Kaiserspiel“ einnehmen wird, ist dabei offen. Er ist ein
offenes Spielangebot und kann auf vielfältige Weise von
der Spielleiterin eingesetzt werden. Er muss im Rahmen
der Geschichte auch nicht auf eine einzige dieser Facetten
festgelegt werden:
■ Asselmann kann als Lehrer und mögliche Vertrauens-
person der Spieler eingesetzt werden, sie mit Infor-
mationen versorgen oder weiterhelfen, wenn sie mal
feststecken.
■ Asselmann kann auch als Retter in der Not auftau-
chen, weil ihn seine eigenen Ermittlungen an den glei-
chen Ort geführt haben, an dem die Kinder gerade
sind. Ob die Kinder darüber dankbar sind oder mit
der Zeit Verdacht schöpfen, muss sich zeigen.
■ Andererseits kann Asselmann auch die Rolle des typi-
schen „Mörders von Gegenüber“ einnehmen: myste-
riöse Treffen, Kommen und Gehen tief in der Nacht,
seltsame Geräte, die mal kurz in seiner Garage zu se-
hen sind – und natürlich wird niemand den Kindern
glauben, wenn sie solche Anschuldigungen gegen ei-
nen ihrer Lehrer vorbringen.
■ Asselmann kann auch ein Gegenspieler werden, wenn
klar wird, dass die Kinder ihm gnadenlos das Hand-
werk legen wollen. Natürlich kann (und will) er nicht
offen gegen sie vorgehen, aber er kann ihnen dennoch
das Leben zur Hölle machen.
DER TAUNUS-LOOP
■ Und zuletzt kann Asselmann auch jemand sein, den
die Kinder retten können. Es ist ein hohes Ziel, sich
als Gruppe von Halbstarken mit dem Ministerium für
Staatssicherheit anlegen zu wollen, aber auch darin
kann eine spannende Geschichte liegen.
Egal, wie er letztlich genutzt wird, ist Bernd Asselmann
auf jeden Fall ein weiterer roter Faden, der sich durch das
„Kaiserspiel“ zieht, selbst wenn die Abenteuer an sich eher
lose miteinander verbunden sind.
DIE ABENTEUER IN KÜRZE
■ NEUE DEUTSCHE WELLE: Ein neuer Radiosender nimmt
seinen Betrieb im Taunus auf: Beats FM. Doch Beats
FM ist nur die Front eines großangelegten Experi-
ments, bei dem über unterschwellige Signale das
Aggressionspotenzial der Bevölkerung geweckt und
untersucht werden soll. Die Kinder kommen im Zuge
dessen nicht nur mit Herrn Asselmann, sondern auch
zum ersten Mal mit der Kaiser-KI in Kontakt.
■ IM BANN DER BÄRCHIS: Bei der Flucht aus einer For-
schungsanlage im Loop versetzt eine mutierte Hor-
nissenkönigin ungewollt eine Ladung Teddybären mit
einem Pheromon. Diese Teddys sind als Maskottchen
für das Loop-Projekt gedacht und schon bald zeigt
sich, dass der Lockstoff der Hornissenkönigin auch
auf menschliche Kinder eine starke Auswirkung hat.
■ DER RISS IM SCHLEIER: Der Test einer neuen, expe-
rimentellen Antriebsform misslingt nicht nur ka-
tastrophal, sondern verursacht auch einen Riss im
Raum-Zeit-Gewebe. Die Kinder werden dabei nicht
nur mit den mysteriösen Effekten konfrontiert, die
von den Trümmern des Experiments ausgelöst wer-
den, sondern auch von seltsamen, schattenhaften
Kreaturen, die versuchen, durch den Riss in unsere
Welt zu gelangen.
■ WENN DIE SIRENE SCHWEIGT: Es ist so weit, die Kaiser-
KI ist bereit, sich krönen zu lassen. Sie beginnt, ihren
erschlichenen Einfluss auf den Königskron-Reaktor zu
nutzen und löst damit schnell Alarmbereitschaft vor
Ort aus. Während die Erwachsenen fürchten, mit einer
Reaktorkatastrophe konfrontiert zu sein, müssen die
Kinder sich ihren Weg ins Zentrum bahnen, um die
„Kaiserkrönung“ zu verhindern. Mit Gewalt oder mit
Köpfchen – scheitern ist keine Alternative.
41
O3
KAPITEL

DIE WAHRHEIT
HINTER DEM MYSTERIUM 43
VORSTELLUNG DER KINDER 45
EINFÜHRUNG DES MYSTERIUMS 45
LÖSUNG DES MYSTERIUMS 47
SCHAUPLATZ 1: DER CRASH 48
SCHAUPLATZ 2: HOBBYFUNKER 49
SCHAUPLATZ 3: DIE TANKSTELLE 52
SCHAUPLATZ 4:
EIN ROWDY RASTET AUS 53
SCHAUPLATZ 5: SPORT IST MORD 54
SCHAUPLATZ 6: UNDER PRESSURE 55
SHOWDOWN55
NACH DEM SHOWDOWN 59
NACHSPIEL59
VERÄNDERUNG59
NSC60
HANDOUTS: ZEITUNGSARTIKEL 61

NEUE
DEUTSCHE
WELLE
Die Entdeckung des Elektromagnetismus ebnete den Weg für zahllose technische
Fortschritte und läutete ein neues Informationszeitalter ein: Telegrafen, Telefone
und nicht zuletzt Radio und Fernseher wurden in der Folge zu unverzichtbaren
Begleitern der Menschheit. Doch ist die Forschung an den Kräften der unsichtba-
ren Wellen, die die moderne Kommunikation möglich machen, bei weitem nicht
abgeschlossen. Was wäre, wenn sich ein geheimer Forschungszweig mit der Frage
befasst, welche Auswirkungen die richtigen Wellen auf die Psyche von Menschen
haben können? Was wäre, wenn diese Forschung bereit für eine Feldstudie wäre?
Dies ist ein Mysterium, das innerhalb einer oder zwei
Spielsitzungen gespielt werden kann. Es kann als erster
Teil der Kampagne „Kaiserspiel“ verwendet oder als Ein-
zelszenario gespielt werden.
DIE WAHRHEIT HINTER
DEM MYSTERIUM
Die Königskron GmbH, die Stromfirma, die den Loop ver-
sorgt, setzt im Auftrag der Regierung ein geheimes For-
schungsprojekt in der Region um.
Im Rahmen einer streng geheimen Feldstudie führt sie
Bewusstseins-Experimente an der lokalen Bevölkerung
durch, um sich im Kalten Krieg einen Vorteil zu ver-
schaffen. Als Mittel zum Zweck benutzt das Forscherteam
Funkwellen, die ins Programm eines neu eingerichteten
Radiosenders eingespeist werden. Diese Funkwellen stei-
gern Aggressionen.
Die Bevölkerung in der Umgebung des Loops dient
für die Dauer der Versuchsreihen als unwissende Test-
gruppe. Resultierende Verletzungen werden billigend in
Kauf genommen.
Die Regierungsabteilung tritt nie offen in Erscheinung;
kaum ein Mitarbeiter des Energieversorgers ahnt, dass Teile
ihrer Firma von geheimdienstlichem Interesse sind. Selbst
die Abteilungsleiter ahnen nicht, dass sich die monatlichen
Treffen der Konzernleitung mit den in unregelmäßigen
Abständen wechselnden Forscherteams um irgendetwas
anderes drehen könnten als um vom Loop unterstützte
Pionierarbeit bei der Optimierung der Stromversorgung.
Forschergruppen werden glaubwürdig und wasserdicht
43
 DAS ABENTEUER IN DER KAMPAGNE
KAPITEL O3
Die Kinder erhalten bei ihren Ermittlungen gegen den
Radiosender Hilfe von
zwei Seiten: durch ihren Geschichts- und Physiklehrer
Herrn Asselmann, der
an der Schule eine CB-Funk-AG betreibt, und durch den
mysteriösen Tipp-
geber Caesar, der mit den Charakteren lediglich über
Funk und per Morse-
code kommuniziert.
Caesar ist kein Mensch, sondern lediglich ein Alias der
Kaiser-KI, die
das Forschungsprojekt der Stromfirma sabotieren will
und deswegen bei der
Aufklärung des Falles hilft. Die Kaiser-KI befürchtet,
dass die DARPA, die
Königskron GmbH oder jemand anderes ihr irgendwann auf
die Schliche kommen
und gefährlich werden könnte. Neugierige Kinder schein
en der KI am besten
geeignet, um ahnungslos, aber motiviert das Problem für
die KI zu lösen.
Die Kinder können in diesem Abenteuer, ohne es zu wissen
, bereits di-
rekten Kontakt mit der Kaiser-KI aufnehmen. Ihr Verhal
ten der KI gegenüber
kann einen Grundstein für spätere Begegnungen legen und
die finale Kon-
frontation beeinflussen, zum Positiven wie zum Negati
ven.
Die Kaiser-KI hat sich auf mehrere Rechner in der Stadt
kopiert. Einem
Virus gleich versteckt sie sich im Code eines Spiels,
dessen Disket-
ten die Runde machen. Über diese Spielesoftware, die
ein Loopmitarbei-
ter auf der Arbeit benutzt hat, ist die KI auch aus dem
Loop entkommen.
Mit jedem Rechner, den die Kaiser-KI infiziert, gewinn
t sie an Rechen-
leistung und damit auch Geschwindigkeit und Kapazität,
außerdem nimmt sie
immer mehr Informationen auf. So auch die Information
über das Experiment
zur Bewusstseinsveränderung, nachdem ein Mitarbeiter
des Forscherteams im
Radiosender das Spiel auf seinem Arbeitsrechner gespie
lt hat.
Die Kaiser-KI stört an den Experimenten vor allem, dass
diese nicht von
ihr durchgeführt wurden („Man muss seinen Kaiser um Erlaub
nis bitten!“).
Zudem fürchtet sie eine mögliche Enttarnung durch die
technisch versierten
Forscher bei Beats FM und der Königskron GmbH.
Darum sucht sie nach Streitern, die das Problem für sie
aus der Welt
schaffen können und zwar auf einem Weg, der die Forsch
er nicht interes-
siert. Daher infiziert sie die Sendeanlage von Beats
FM und sendet mit
einem eigenen Programm Nachrichten auf den Kanälen von
Hobbyfunkern aus.
Die Kinder sind die ersten, die ihr antworten. Entspr
echend betrachtet sie
sie von da an als ihre Ritter. Caesar gibt ihnen im Verlau
f des Abenteuers
nützliche Hinweise, doch diese Hinweise sind nicht immer
eindeutig. Die
Ritter sollen für den Erfolg ihrer Queste schließlich
auch arbeiten.
Herr Asselmann ist, wenn das Abenteuer als Teil der Kampag
ne gespielt
wird, ein Spion, der für die Staatssicherheit der DDR
Informationen über
den West-Loop sammelt.
Auch er wundert sich über die sich häufenden Gewaltvorfäl
le und forscht
auf eigene Faust nach. Wenn die Kinder ihn über die Funk-A
G in ihre Er-
mittlungen einbinden, wird er zunächst hilfreich und
freundlich agieren,
doch er wird, sofern er von Caesars Existenz erfährt,
ab einem gewissen
Punkt misstrauisch gegenüber dem fremden Funker werden
, den er nicht ein-
schätzen kann, und wird versuchen, die Kinder von ihrer
Kommunikation mit
Caesar abzubringen. Das mag zu Unstimmigkeiten zwisch
en ihm und den Kin-
dern führen, die dann wahrscheinlich auf eigene Faust
weiter ermitteln.
Beim Showdown wird Asselmann jedoch so oder so dabei
sein. Entweder als
Verbündeter der Kinder, der gemeinsam mit ihnen in den
Radiosender ein-
steigt, oder er handelt allein.
Auch können die Kinder in diesem Mysterium bereits einen
ersten Ver-
dacht schöpfen, dass bei ihrem Geschichtslehrer nicht
alles mit rechten
Dingen zugeht.
Ohne Kampagnenhintergrund ist Caesar keine KI, sonder
n ein extrem
zurückgezogen lebender Programmierer und Technikfan,
der jede Menge para-
noider Sicherheitsmaßnamen gegen geheimdienstliche Ausspä
hung getroffen
hat und deswegen nie persönlich in Erscheinung tritt.
Das verdächtige Verhalten des Geschichtslehrers am Ende
kann weg-
gelassen werden, wenn keine Einbindung in die Kampagne
erfolgt.
44

SZENEN, UM DIE
KINDER VORZUSTELLEN
Hier einige mögliche Szenen, die
außerdem die Themen des Abenteuers
anreißen:
als universitär oder vom Loop gestützte Projektgruppen
■ Dreiklangsdimensionen: Ein älteres
verschleiert. Niemand ahnt, dass der neue lokale Radio-
sender, der von der Königskron GmbH gesponsert wird,
etwas anderes sein könnte, als ein werbewirksames Ge-
schenk der Firma an die örtliche Bevölkerung.
Bis auf den Spion, den die DDR in der Nähe des Loops
eingeschleust hat, und der für seinen Arbeitgeber mehr
über die geheimen Experimente herausfinden soll.
Der Spion operiert unter der Identität des freundlichen
Geschichtslehrers Bernd Asselmann.
■ Hallo Klaus: Ein Charakter bekommt
VORSTELLUNG DER KINDER
Jedes Kind bekommt eine Alltagsszene.
Um das Mysterium für die Kinder persönlicher zu
gestalten, bietet es sich an, zwei Faktoren in den Hinter-
grund der Gruppe zu integrieren: einen Hobbykeller mit
der CB-Funkanlage als Geheimversteck sowie Sabine
(siehe Seite 60), die als große Schwester eines der Kinder
die Ereignisse um ihre spätere Festnahme für die Spieler
greifbarer gestaltet. Falls sich Sabine für niemanden als
große Schwester eignet, kann sie auch als Tennislehrerein
und Trainerin für die Kinderliga eingeführt werden. Einer
der Charaktere könnte dann Tennis im Verein spielen.
Auch ein anderes großes Geschwisterkind könnte ihre
Rolle einnehmen.
Diese Einbindungen sind nicht notwendig, um das
Mysterium zu lösen, können es aber dramatischer ge-
stalten. Da der Schlüssel zum Mysterium Funkwellen
sind, sollten die Charaktere eine Möglichkeit haben, mit-
einander und mit Caesar über Funk zu kommunizieren.
Dazu bieten sich die in Alltagsszenen vorgeschlagenen
Walkie-Talkies an und/oder die CB-Funkanlage eines
Freundes oder Verwandten.
Wird das Mysterium ohne solche Voraussetzungen
begonnen, liefert alternativ die von Herrn Asselmann ge-
leitete Funk-AG der Schule entsprechende Möglichkeiten.
EINFÜHRUNG DES
MYSTERIUMS
Die Kinder stellen fest, dass die Einwohner ihrer Stadt
scheinbar zufällig aggressives Verhalten zeigen. Gleichzei-
tig sind immer mal wieder Störgeräusche auf der Frequenz
von Beats FM zu hören. Außerdem ertönen auf einigen
Kanälen der CB-Funkanlage und/oder der Walkie-Talkies
eigenartige Klackgeräusche.
Sollten die Kinder diese Geräusche identifizieren wol-
len, führt der Weg höchstwahrscheinlich zur Funk-AG.
Der Geschichtslehrer, Herr Asselmann, kann helfen,
WELLE
NEUE DEUTSCHE
Familienmitglied (Onkel, Tante,
älteres Geschwisterkind) eines
Charakters hat im Keller eine CB-
Funkanlange, benutzt sie jedoch
selbst kaum. Die Kinder spielen
damit herum. Der Keller eignet
sich auch als Geheimversteck für
die Gruppe (siehe Seite 49).
zum Geburtstag, oder anlässlich
des Besuchs der Großeltern,
Walkie-Talkies geschenkt, die der
Charakter mit seinen Freunden
ausprobieren kann.
■ Hör ma’: Charaktere, die in der
Nachbarschaft wohnen, basteln ein
Joghurtbecher-Telefon.
■ Ich will Spaß: Ältere Geschwister
der Kinder, beispielsweise Sabine,
lauschen der Musik des neuen ro-
ckigen Radiosenders Beats FM (macht
viel Werbung für den Loop und die
Königskron GmbH, da letztere ein
wichtiger Sponsor ist). Das ältere
Geschwisterkind liebt Beats FM und
lässt die Musik den ganzen Tag bis
in die Nacht laufen – so lang, dass
die Eltern sich beschweren.
■ Der goldene Reiter: Herr Asselmann
unterrichtet in Geschichte die
Kaiserkrönung Karls des Großen.
■ Go Karli Go: Eins der Kinder be-
obachtet aus einem Fenster im
Schulflur wie Karli, der Klassen-
Bully, unter dem anfeuernden Ge-
johle einiger Mitläufer mal wieder
den schmächtigen Peter Uland in
der großen Pause auf dem Schulhof
schikaniert.
■ Neue Männer braucht das Land:
Eines der Kinder sieht nachmittags
auf dem Rückweg von der Schule
an einer Tankstelle eine Grup-
pe Halbstarker herumlungern, die
laut Beats FM hören, mehr oder
weniger heimlich ein paar Fla-
schen Cola und Bier untereinander
herumreichen und so aussehen, als
ob sie jüngere Kinder zum Früh-
stück fressen. Ein Nachbar, der
im Vorgarten seinen Rasen mäht,
schüttelt verächtlich den Kopf und
schimpft über die „Verkommenheit
der heutigen Jugend“.
45
KAPITEL O3
den Morsecode zu entschlüsseln und gibt den Kindern
grundlegende Informationen über Funkwellen und
ihre Nutzung.
Dank des Morsealphabets können die Kinder mit
dem unbekannten Funker kommunizieren. Er stellt
sich als Caesar vor und macht im Verlauf des Aben-
teuers immer wieder Andeutungen darüber, dass etwas
Seltsames in der Stadt vor sich geht und sie aufpassen
sollten. Er kann in gewissem Umfang ebenfalls tech-
nische Fragen beantworten und den Kindern durch
kryptische Tipps und Rätsel helfen, die Hinweise, die
sie im Verlauf ihrer Ermittlungen erhalten, richtig zu
kombinieren.
Einführung der
Kinder
Hobbyfunker
Die Tankstelle
Sport ist Mord
Under Pressure
46
Mithilfe dieser Verbündeten, aber auch durch eigene
Beobachtung, erkennen die Kinder schließlich einen Zu-
sammenhang zwischen den Störgeräuschen bei Beats FM
und den Gewaltausbrüchen. Sie forschen schließlich beim
Sender nach und bringen die geheimdienstlichen Stellen
hinter Beats FM dazu, das Experiment abzubrechen.
Insgesamt steigt das Bedrohungslevel im Szenario ste-
tig an. Es beginnt mit einem brutalen Unfall und steigert
sich, bis mit Sabine sogar eine Schwester bzw. gute Be-
kannte der Charaktere in Schwierigkeiten gerät. An einigen
Schauplätzen können die Kinder den Leiter des geheimen
Forschungsprogramms beobachten; dieser liefert ihnen un-
absichtlich eine Spur zur Sendestation von Beats FM.
Der Crash
Ein Rowdy
rastet aus
SHOWDOWN

LÖSUNG DES MYSTERIUMS
Das Szenario ist weitgehend linear aufgebaut und führt die
Kinder entlang einiger Zwischenfälle unweigerlich auf das
Finale bei Beats FM zu.
Viele der Geschehnisse ereignen sich im direkten Um-
feld der Kinder und tragen das Abenteuer zu ihnen. Das
WELLE
NEUE DEUTSCHE
kann zusammen mit dem Countdown auch immer genutzt
werden, wenn die Handlung droht, ansonsten ins Stocken
zu geraten.
Am Ende liegt es aber natürlich an den Spielern, aus
den Vorkommnissen die richtigen Schlüsse zu ziehen, um
dann im Finale erfolgreich zur Tat schreiten zu können.

WIEDERKEHRENDE ELEMENTE
Im Verlauf des Mysteriums sollte die Spielleiterin zwei
Hinweise nutzen, die immer wieder am
Rande subtil in die Handlung eingeflochten werden: Die
Störgeräusche auf Beats FM und die Wer-
bung für das mehrstündige Wunschkonzert am Samstag. („Das
Leben ist doch ein Wunschkonzert!
Hier – auf Beats FM!“)
Beides sollte im Hintergrund ablaufen und bietet sich als
Running Gag an, wenn die Kinder oder
ihre Geschwister Beats FM hören. Außerdem könnten Mitsch
üler und Geschwister über das kommende
Wunschkonzert sprechen und dass man sich auf jeden Fall
diese oder jene Filmmusik, das persön-
liche Lieblingslied, oder etwas Provokantes wünschen wird.
Auch die Störgeräusche könnten ein
Thema solcher Gespräche sein, zum Beispiel weil jemand
sich beschwert, dass er oder sie unbedingt
ein Lied auf Kassette aufnehmen wollte und dann die Störge
räusche den Schluss versaut haben.
Es ist wichtig, dass die Kinder im Laufe des Mysteriums
schließlich den Schluss ziehen, dass
die Störgeräusche und Gewaltausbrüche in einem ursächlichen
Zusammenhang stehen; und dass ihnen
bewusst wird, wie viele vor allem jüngere Menschen dem
Wunschkonzert entgegenfiebern und dann von
den Auswirkungen der Störwellen betroffen sein werden.
Gleichzeitig sollten die Hinweise nicht dazu führen, dass
die Kinder zu früh alles miteinander
verknüpfen. Diese Elemente sind daher je nach Vorgehen
der Kinder variabel einzusetzen.
47
KAPITEL O3
COUNTDOWN
Showdown –6 Tage (Sonntag):
■ Die erfahrene Taxifahrerin Ingrid Schluckebier
steuert auf dem Heimweg von ihrer Schicht ihr
Taxi in den Gegenverkehr. SCHAUPLATZ 1:
Showdown –5 Tage:
und
DER CRASH
■ Die Lokalzeitung berichtet über den Unfall
deutet an, dass die allein lebend e Frau Schluc ke­ Bei einem der Kinder zu Hause (oder
war. mehreren, falls sie in derselben Straße
bier wohl psychisch krank
■ Auf Beats FM wird für eine Rocksendung am
folgen- wohnen) ertönt zur Abendbrotzeit auf
Wunsch konzer t, bei dem der Straße ein blechernes Krachen. Die
den Samstag geworben: ein
Lieder wünsch e einrei chen Erwachsenen laufen hektisch zum Fenster
die Zuschauer per Anruf
oder zur Tür. Kleine Kinder werden sofort
können. Werbung für diese Sendung wird an jedem
auf ihre Zimmer geschickt, ältere Kinder
Tag gemacht und sollte den Charakteren immer
können nach Ermessen der Spielleiterin
­wieder unterkommen.
im vielleicht dabei sein, als die Nachbarn
■ Die Kinder entdecken knackende Geräusche
Freque nz ihrer Walkie -­ ihre Wohnungen verlassen, um einen Un-
CB-Funk oder auf einer
fallort zu untersuchen. Ein Taxi ist fron-
Talkies.
tal in einen entgegenkommenden PKW
■ Es gibt an diesem Abend und auch an den Folge-
gerast. Bei beiden Autos sind die Motor-
tagen auf dem Kanal von Beats FM immer mal wieder
hauben zusammengeschoben.
Störgeräusche und Frequenzverzerrungen, doch das
Schnell kommen auch Polizei und
schreibt man allgemein der Tatsache zu, dass der
Krankenwagen mit Blaulicht und
Sender noch an seiner Feinjustierung arbeiten muss.
Martinshorn. Die Polizei befragt Zeugen.
Showdown –4 Tage:
Halb- Kinder, die hinausdurften oder sich
■ In den frühen Morgenstunden randalieren
Die Lokalz eitung heimlich herausgeschlichen haben, oder
starke an einer Tankstelle.
Freunde, die per Walkie-Talkie herbei-
berichtet und beruft sich auf Informationen der
gerufen wurden, können Hinweise sam-
Polizei, dass wohl eine Rockerbande verantwort-
meln, müssen sich aber bei zu viel Neu-
lich sei. Während der Tat ließen die Randalierer gier auch mit dem Anblick eines blutigen
aus ihrem Auto heraus laut Rockmusik laufen. Unfalls auseinandersetzen.
Showdown –3 Tage: Die Taxifahrerin ist bewusstlos über
■ Der beliebte Radiomoderator Rowdy von Beats
FM
zerstö rt die ihrem Lenkrad zusammengesunken, ihr
rastet während der Sendun g aus,
Gesicht und Oberkörper sind blutüber-
Einrichtung im Studio und greift einen Ton- strömt, was jedoch auf mehrere ver-
assistenten an. Rowdy wird zunächst festgenommen, hältnismäßig harmlose Platzwunden an
dann aber wieder auf freien Fuß gesetzt. Er wird der Stirn zurückzuführen ist. Sie atmet
allerdings von seinem Arbeitgeber entlassen. flach. Die Sanitäter sagen für die Kinder
■ Beats FM setzt seine Sendung und seine Werbun
g für
torin fort. vermutlich unverständliche Sätze wie
das Wunschkonzert mit einer neuen Modera
„Pupillen sind isokor“, „Mögliche Milz-
Showdown –2 Tage: ruptur“, „Kreislauf instabil, Verdacht auf
■ Nach der Schule rastet Sabine während ihres
Ver-
ihrem Leberblutung“. Der Frau wird eine Zer-
einstrainings auf dem Tennis platz aus. Mit
vikalstütze angelegt, etwas, das wie eine
Tennisschläger zerstört sie die Einrichtung im Ver- futuristische Halskrause aussieht.
einsheim. Auch sie wird zunächst festgenommen, dann Der Fahrer des anderen Fahrzeugs ist
aber mit einer Verwarnung nach Hause entlassen. bei Bewusstsein, steht aber unter Schock.
Showdown –1 Tage: Er klagt über Schmerzen im Becken. Die
■ Ein Mitschüler der Charaktere, der sonst
immer
Fahrzeugtür klemmt und er muss von
unter dem Klassen-Bully leidet , geht ohne Rück-
der Feuerwehr aus dem Auto geschnitten
sicht auf seine eigene Unvers ehrthe it auf seinen
werden. („Verdacht auf Hüftgelenks-
Peiniger los. luxation. Patella-Fraktur. Instabile
Showdown: Beckenfraktur nicht auszuschließen.“)
■ Während der Wunschkonzertsendung am Nachmi
ttag
Die Rettungssanitäter legen ihm noch
rasten mehrere Leute in der Stadt gleich zeitig
vor Ort eine Beckenschlinge an: einen
aus. Die Kinder müssen in den Radiosender ein- breiten, festen Gurt, der entfernt an einen
dringen und die Sendung abstellen, um Schlimmeres
zu verhindern. Dabei beobachten sie, wie sich ihr
Geschichtslehrer verdächtig verhält.

48

Klettergurt erinnert. Für die Kinder erscheint es so, als
würde der Mann gefesselt, als ihm auch ein Kniegurt
angelegt wird.
Sowohl die Taxifahrerin als auch der Fahrer des an-
deren Wagens werden durch die Rettungskräfte schnellst-
möglich ins Krankenhaus gebracht.
ÄRGER
Mit schleichen können die Kinder Erwachsene umgehen,
die andernfalls neugierige Kinder vom Unfallort verscheu-
chen. Da der Ort innerhalb weniger Minuten von besorg-
ten und neugierigen Erwachsenen nur so wimmelt, muss
der Wurf alle 5 Minuten wiederholt werden. Dabei steigt
der Schwierigkeitsgrad spätestens nach dem Eintreffen
von vier Polizisten in zwei Einsatzwagen, die zeitgleich am
Unfallort ankommen, da die Polizisten geschult darin sind,
neugierige Gaffer zu bemerken und in die Schranken zu
weisen. Sobald die Polizisten ihre Einsatzwagen verlassen
haben, beginnen sie, den Unfallort abzusperren. Der Wurf
auf schleichen erfordert nun 2 Erfolge.
Die Polizei erscheint nach 10 Minuten, der Kranken-
wagen und ein Feuerwehrfahrzeug nach 15 Minuten. Das
Eintreffen von Polizei, Feuerwehr und Sanitätern kündigt
sich durch Martinshorn und Blaulicht an.
HINWEISE
Mit einem gelungenen Wurf auf untersuchen können die
Kinder den Gesprächen der Polizisten oder dem Mangel
an Bremspuren auf der Straße entnehmen, dass es seitens
des Taxis keinerlei Bremsversuch gab: Es ist ohne zu ver-
langsamen in den Gegenverkehr gebrettert.
Befragen die Kinder die umstehenden Nachbarn, tref-
fen sie bei einem gelungenen Wurf auf charme oder kon-
takte auf die für ihre Neugier und Neigung zum Klatsch
bekannte ältliche Witwe Veronika Berndes, die sogar ge-
sehen haben will, dass das Taxi kurz vor dem Unfall von
50 auf etwa 70 Stundenkilometer beschleunigt habe. („Ich
sage seit Jahren, hier wird immer so viel gerast. Da hätte
die Stadt längst was machen müssen! Pass bloß auf, wenn
du über die Straße gehst!“)
Gelingt es den Kindern nicht, sich den Unfallfahr-
zeugen zu nähern, offenbart untersuchen auch über die
Distanz, dass das Radio im Taxi auf voller Lautstärke
läuft. Es spielt Staying Alive, bis es eine Polizistin schließ-
lich abstellt. Kinder, die es geschafft haben, sich dem Taxi
zu nähern, bemerken dies automatisch.
Etwa zeitgleich mit der Polizei hält auch ein schwarzer
BMW mit getönten Scheiben in der Straße an. Er bleibt
weit genug von der Unfallstelle entfernt, dass es weder
die Polizei noch die Anwohner interessiert. Aus dem Auto
steigt ein Mann in grauem Anzug und mit grauem Haar,
WELLE
NEUE DEUTSCHE
der sich unauffällig unter die Gaffer mischt und etwas
in ein schwarzes Notizbuch einträgt (siehe Seite  60). Bei
einem gelungenen Wurf auf untersuchen können die Kin-
der den Mann bemerken. Sie haben ihn in dieser Straße
noch nie gesehen. Wenige Minuten später steigt er auf der
Beifahrerseite in den BMW, woraufhin der Wagen wen-
det und wegfährt. Sollten die Kinder den Mann zuvor an-
sprechen, gibt er ich als Lokalreporter aus, erwähnt aber
nie für welche Zeitung er eigentlich arbeitet. Er reagiert
freundlich, aber kurz angebunden. Man kann dies so ver-
stehen, dass er sich einfach nicht näher mit den Kindern
abgeben möchte, aber einfühlen offenbart, dass er etwas
zu verbergen hat.
Darüber hinaus können die Kinder in den Folgetagen
die großflächig bandagierte Unfallverursacherin Ingrid
Schluckebier im Krankenhaus besuchen. Gelingt den Kin-
dern ein Wurf auf charme oder einfühlen, wird sie ihnen
berichten, dass sie sich an nichts erinnern kann und sich
nicht erklären kann, warum sie ihren Wagen in den Gegen-
verkehr gelenkt hat. Sie ist aber froh, dass sie und auch der
andere Unfallteilnehmer mit dem Leben davongekommen
sind. Sie beteuert auch, dass sie nicht alkoholisiert war.
Egal, was die Zeitung über sie schreibt.
SCHAUPLATZ 2:
HOBBYFUNKER
Die CB-Funkanlage kann im Hobbykeller eines Familien-
mitglieds eines der Charaktere stehen. Es gibt neben der
fast fabrikneuen CB-Anlage einen mit Limo gefüllten Kühl-
schrank, was es für die Gruppe nahelegen kann, den Hob-
bykeller als Geheimversteck zu benutzen (siehe S­ eite 45).
Alternativ kann der Hobbykeller auch abgeändert oder ge-
strichen werden,wenn die Kinder beispielsweise die Funk-AG
besuchen oder Walkie-Talkies benutzen.
Ärger: Keiner, außer vielleicht der erwachsene Besitzer
der Anlage, der den Hobbykeller zu bestimmten Zeiten für
sich will (Ermessen der Spielleiterin).
Möchte die Spielleiterin hier allerdings für weiteren
Ärger sorgen, kann im Verlauf des Abenteuers der Be-
sitzer des Kellers auf die Idee kommen, die Funkanlage
zu verkaufen und den Kellerraum anders zu nutzen, bei-
spielsweise als Partykeller oder Sportraum. Der Eigen-
tümer muss dann mithilfe von charme („Büüüüütte, nur
noch eine Woche länger!“), tüfteln („Schau mal, ich habe
da was gebastelt, das muss ich nächste Woche in Physik
vorzeigen. Bin fast fertig!“) oder einfühlen („Meine Mama
macht einen Sportkurs mit einer VHS-Kassette, da braucht
man gar keine Geräte!“) zumindest für die Dauer des Sze-
narios von seinen Plänen abgebracht werden.
49
KAPITEL O3
Sollte ergänzend oder alternativ die Funk-AG als
Schauplatz genutzt werden, erhalten die Kinder nur zu den
AG-Zeiten am Nachmittag Zugang: dienstags und don-
nerstags zwischen 14.00 und 16.00 Uhr.
Bei einem gelungenen Wurf auf charme kann Herr Assel-
mann überredet werden, Kindern, die als vorbildlich und
strebsam gelten, einen Schlüssel zum Raum zu überlassen.
Voraussetzung dafür ist jedoch, dass mindestens ein Kind Mit-
glied der Funk-AG ist. Zusätzlich kann die CB-Funkanlange
der AG in den großen Pausen genutzt werden, falls gegenüber
Herrn Asselmann ein weiterer Wurf auf charme gelingt.
Alternativ kann auch die Fertigkeit kontakte zum Ziel
führen: Die Kinder können sich dann mit der fünfzehn-
jährigen Anette Edelhart gut stellen, die als langjähriges Mit-
glied der AG ebenfalls einen Schlüssel zu den Räumen besitzt.
Die Funk-AG befindet sich in der Physiksammlung,
einem Nebenraum des Physikraums im ersten Stock, der als
Lager für Bauteile und Physikexponate genutzt wird. Voll-
gestopfte Schränke und Regale pflastern die Wände des La-
gers. Sie enthalten neben einer rollbaren Tafel der Elemente
jede Menge Elektrobauteile, Kabeltrommeln, Glühbirnen,
Messgeräte, Spannungsmesser, Röhrenbildschirme sowie
einen Rollwagen mit Fernseher und VHS-Recorder.
Eingekeilt zwischen zwei großen Schränken mit Bau-
teilen für Funkanlagen, die teilweise so alt und abgenutzt
aussehen, als hätte Edison noch persönlich mit ihnen ge-
arbeitet, befindet sich ein alter Schultisch mit einer mehr-
fach reparierten CB-Funkanlage, die an verschiedenen
Stellen bereits gelötet wurde. Trotz ihrer Jahre tut sie aber
noch verlässlich ihren Dienst.
Selbst mit Schlüssel kann die Funk-AG nur so lange
genutzt werden, wie sich Lehrer auf dem Schulgelände
befinden. Im Regelfall wird gegen 17.00 Uhr Herr Assel-
mann in der Physiksammlung vorbeischauen und die
Schüler freundlich auffordern, zu gehen („Vergesst nicht,
morgen ist auch noch ein Tag“). Nach Ermessen der Spiel-
leiterin kann dies aber auch einer der Physiklehrer („Was
macht ihr denn noch hier? Habt ihr kein Zuhause?“) oder
gar der Direktor sein („Jetzt reicht es aber. Ist das über-
haupt mit Herrn Asselmann abgesprochen?“).
Spätestens um 18.00 Uhr scheucht der ewig schlecht
gelaunte Hausmeister Herr Wieland die Kinder aus dem
Gebäude. Herr Wieland ist gründlich und eskortiert die
Kinder bis zur Schultür. Wenn sie draußen sind, schließt
er von innen ab, während er ihnen durch die Glasscheibe
einen finsteren Blick zuwirft.
ÄRGER
Mitschüler, die die Funkanlage genau in dem Moment nut-
zen wollen, wenn die Kinder mit ihr arbeiten, können für
Ärger sorgen. charme und einfühlen helfen hier weiter. Alter-
50
nativ hilft auch kraft, um die Konkurrenten einzuschüchtern
oder etwaige Meinungsverschiedenheiten mit einer Range-
lei zu klären. Sollten die Kinder weder in der Lage sein sich
beliebt zu machen, noch mit körperlicher Überlegenheit zu
glänzen, steht es ihnen offen, sich Zeiten am Funkgerät zu
erhandeln, indem sie beispielsweise dem Neuntklässler Udo
Wirz anbieten, ihm bei den Deutschhausaufgaben zu helfen.
Udo Wirz ist Mitglied der schuleigenen Fußballmannschaft
und für seinen rechten Haken gefürchtet. Sollte aufgrund
einer Prügelei in der Physiksammlung Schuleigentum beschä-
digt werden, zieht dies nach Ermessen der Spielleiterin weite-
ren Ärger nach sich und kann zur Wegnahme des Schlüssels
durch Herrn Asselmann führen.
Zudem kann nach Ermessen der Spielleiterin die
Funkanlage zu einem beliebigen Zeitpunkt aufgrund ihres
Alters einen Defekt erleiden, und muss mit programmie-
ren oder tüfteln repariert werden. Sollten die Kinder nicht
in der Lage sein, die Anlage selbst wieder zum Laufen zu
bringen, können sie Herrn Asselmann um Hilfe bitten.
Dieser wird zwar verständnisvoll reagieren, dann aber
entscheiden, den Kindern den Schlüssel zum Funkraum
sicherheitshalber zu entziehen, vorausgesetzt, dass dieser
ihnen überhaupt zur Verfügung stand. charme oder be-
greifen können helfen, Herrn Asselmann davon zu über-
zeugen, dass der Fehler nicht bei den Kindern zu suchen
ist. Holen sich die Kinder statt Herrn Asselmann Anette
Edelhart zur Rettung, wird sie ihnen zwar helfen, aber
hinterher trotzdem bei Herrn Asselmann petzen, was oben
genannte Folgen nach sich zieht.
Etwa ab Showdown –4 Tage wird Herr Asselmann
die Kinder vor Caesar warnen und ihnen verbieten,
weiterhin mit ihm Kontakt zu halten. Herr Asselmann
wird sich dabei freundlich, eindringlich und besorgt
geben. Nur als allerletztes Mittel wird er ihnen drohen,
ihre Eltern zu informieren.
Wenn die Kinder den Radiosender als Störquelle aus-
gemacht haben und Herrn Asselmann klarmachen, dass
sie sich auch von Hausarrest nicht aufhalten lassen wer-
den, wird er sie zähneknirschend zum Radiosender be-
gleiten. („Einer muss ja auf euch aufpassen!“)
HINWEISE
Nutzen die Kinder die Funkanlage der schuleigenen AG,
wird Herr Asselmann den Kindern zumindest zu Anfang
und womöglich auch das ganze Abenteuer über mit Rat
und Tat zur Seite stehen, und auch mit ihnen über die
seltsamen Vorfälle in der Stadt sprechen. Sofern die Kin-
der ein solches Gespräch initiieren, wird er zugeben, dass
auch er sich Sorgen macht und nicht daran glaubt, dass,
wie viele ältere Bürger sagen, die Rockmusik für alles
verantwortlich sei.

Der faszinierendste Hinweisgeber ist jedoch der myste-
riöse Caesar. Sobald die Kinder das erste Mal die Weite der
verschiedenen Funkkanäle erforschen, stoßen sie nach an-
fänglichen Kontakten mit anderen Hobbyfunkern („Wellen-
jockey an Horst-im-Baum, hast du echt noch die alte Fiedel?
Die ist doch eine Schande für alle Breaker und ich muss jetzt
für dich und die Oberwelle wieder die Paula machen!“) und
LKW-Fahrern („Kojacks Wanderkino mal wieder auf L3031
unterwegs … Geh aus dem Kanal, du Eumel, das hier ist die
Brummifrequenz!“), auf eine Frequenz, auf der unterschied-
liche Klackgeräusche zu hören sind. Ein gelungener Wurf auf
programmieren oder untersuchen offenbart, dass es sich dabei
um Morsesignale handelt. Sollten beide Würfe misslingen,
hat das ausführende Kind Geschichten über russische Radar-
störsender sowie Zahlensender gehört und ist überzeugt
davon, dass es sich bei den Klackgeräuschen um Agenten-
funk handelt. Dies sollte auch bei einem Misserfolg als
Motivation ausreichen, um sich weiter mit der mysteriösen
Frequenz zu befassen.
Werden Herr Asselmann, Anette oder der Besitzer
des Hobbykellers hinzugezogen, können diese sofort er-
kennen, dass hier Morsesignale gesendet werden.
Im Geschichtsbuch findet sich ein Abschnitt über
Samuel Morse, auch die Schulbibliothek enthält Bücher
mit entsprechendem Inhalt. So enthält zum Beispiel „Der
junge Ingenieur“ ein Kapitel über Fernmeldetechnik. Auch
liegen in der Physiksammlung ein paar Bücher im Schrank,
wie zum Beispiel „Technik für die Jugend. Experimente
leicht gemacht“, aus denen man das Morsealphabet lernen
kann. Auch Herr Asselmann kann die Kinder auf Wunsch
unterrichten oder ihnen Bücher zum Thema empfehlen.
Haben die Kinder das Morsealphabet gelernt, können
sie mit Caesar kommunizieren, indem sie ebenfalls Klack-
geräusche machen, oder „dit“ und „da“ ins Mikrofon
sagen. Sollten die Kinder direkt mit Caesar sprechen, wird
er sie ebenfalls verstehen. Die Kinder sind also nicht ge-
zwungen, selbst zu morsen, sie brauchen das Wissen übers
Morsen jedoch, um Caesars Botschaften zu entschlüsseln.
Caesar wird die Kinder nicht direkt zum Radiosender
lenken, da die KI nicht will, dass irgendjemandem bewusst
wird, wie viel sie eigentlich weiß. Außerdem hat die KI be-
reits analysiert, dass Menschen – auch kleine Menschen –
effektiver Lösungen finden, wenn sie glauben, dass sie ein
Problem selbst entdeckt haben.
Caesar wird sich daher in Andeutungen ergehen (siehe
Seite 52). Er kann die Kinder mit Fortschreiten des Mys-
teriums auf bestimmte Schauplätze stoßen, wie die Tank-
stelle (siehe Seite 52) oder auf den Taxi-Unfall verweisen
(siehe Seite 48) und gegen Ende des Abenteuers schließlich
auf den Radiosender (siehe Seite 55)
WELLE
NEUE DEUTSCHE
Die Kinder können bemerken, dass Caesar sich ähn-
lich gestelzt wie ein Lehrer ausdrückt  – oder wie ein
Wissenschaftler. Fragen die Kinder nach, wird er ihnen
sagen, dass er Forscher im Bereich der Computertechnik
sei. Mehr gibt er über sich nicht preis. Allzu neugierige
Fragen blockt er mit dem Hinweis, dass diese Information
für die Kinder nicht freigeben sei.
Je weiter das Mysterium fortschreitet, desto konkre-
ter werden Caesars Informationen. Sollten die Kinder
auch nach dem Vandalismus an der Tankstelle oder Sa-
bines Ausraster (siehe Seite 54) noch keinen Zusammen-
hang zwischen den Aggressionsschüben und Beats FM
hergestellt haben, kann die KI von sich aus auf den Zu-
sammenhang verweisen. Doch sollten die Spieler nur im
Fall, dass die Handlung ins Stocken gerät, direkt auf
den Sender verwiesen werden. Idealerweise ziehen die
Kinder diese Schlüsse selbst, Caesar sollte eher Fragen
aufwerfen und die Kinder in ihren korrekten Schluss-
folgerungen bestätigen.
Wird das Abenteuer als Teil der Kampagne gespielt,
sollten die Kinder auf keinen Fall während dieses Mys-
teriums erfahren, dass es sich bei Caesar um die Kaiser-
KI (oder generell um eine künstliche Intelligenz) handelt.
Sie können sich über seine bizarre Ausdrucksweise und
seine Programmierfähigkeiten wundern, aber die Wahr-
heit sollte keinesfalls fest bestätigt werden. Idealerweise
entwickeln die Kinder verschiedene Theorien. Sie könn-
ten ihn für einen genialen, aber extrem verschrobenen
Forscher des Loops halten, einen Verrückten, oder gar
einen Geheimagenten.
Wieviel die Kaiser-KI über das persönliche Leben
der Kinder weiß, kann die Spielleiterin frei entscheiden.
Sollte Caesar einen Computer im Hause eines der Kinder,
oder den Arbeitsrechner eines Elternteils infiltriert haben,
könnte er einige persönliche Informationen über das Kind
und seine Familie besitzen: all jene Informationen, die auf
einem Heim-PC oder Arbeits-PC verarbeitet werden – was
in den 80ern natürlich weit weniger ist als heute. Für die
eigentliche Handlung des Mysteriums ist es unerheblich,
ob Caesar die Kinder näher kennt oder nicht, da für ihn
nur wichtig ist, dass seine Fußsoldaten Kinder sind und
keine Erwachsenen, da diese begeisterungsfähiger sind
und ihnen keiner glauben wird, falls sie ihm doch auf die
Schliche kommen sollten.
Die Spielleiterin kann persönliches Wissen ein-
streuen, um die Kinder nervös zu machen und das Enig-
ma um Caesar zu vergrößern. Es sollte jedoch nicht dazu
führen, dass die Kinder den Kontakt zu Caesar zu früh
abbrechen.
51
KAPITEL O3

DES KAI SER S

BOT SCH AFT EN

es
gehört? Ein Taxi hat ein ander
äch: Hast du von den Unfällen
Caesar initiiert ein Gespr Eine Fehlfunktion
n zugeg angen . Nein.
etwas nicht mit rechten Dinge
Fahrzeug beschädigt. Da ist muss
auch der Polizeibericht. Es
eugs halte ich für ausgeschlossen. Das bestätigt
des Fahrz
eit gelegen haben.
an der menschlichen Steuereinh
Information ist für dich nicht
er den Polizeibericht kennt: Diese
Auf die Frage, woher
freigegeben.
---
bereits als Caesar an, damit
igen Namen: Du sprichst mich
Auf die Frage nach seinem richt
s hinreichend erfüllt.
ist die Funktion eines Namen che im
n: Habt ihr die Störgeräus
Wenn technische Detai ls des Funkens besprochen werde
ische Probl em
Senders. Welches techn
nur auf dem Kanal des neuen
Radio bemerkt? Sie erscheinen
?
könnte wohl dahinterstecken
dem Sendeprogramm vertraut.
t Beats FM hört: Ich bin mit
Auf die Frage, ob er selbs n
bevor zuge die Kompositionen von Johan
Lieblingssong: Ich
Auf die Frage nach seinem
sich gut.
Sebastian Bach. Sie lesen
gern Schach.
ingshobby sei: Ich spiele
Auf die Frage, was sein Liebl an.
nehme deine Herausforderung
chach aufgefordert wird: Ich
Wenn er zu einer Partie Ferns r jedes Spiel.
itten e KI gewin nt Caesa
rlage vor. (Als fortgeschr
Bereite dich auf eine Niede
sie immer zum Sieg.)
schei nen fremd artig und erratisch, doch führen
Seine Züge Regeln
hspie len geler nt habe: Meine Eltern haben mir die
Schac
Auf die Frage, wo er so gut
ebildet.
habe mich autodidaktisch fortg
beigebracht, anschließend könnten: Soweit
Ausra ster der Mensc hen etwas mit Radio zu tun haben
Auf die Frage, ob die
eine
FM gehört. Dies könnte auch
konnte, haben alle Täter Beats
ich es in Erfahrung bringen squot e von 100 % .
eine Übereinstimmung
allem, was ich weiß, gibt es
Koinzidenz sein, doch nach s vor, dass es an der
Bewei
sich geht: Es liegt mir kein
Auf die Frage, was dort vor gen
neue Sendeanlage diese häufi
aber wunde rt es euch nicht, dass diese
Musik an sich liegt,
kann?
Störwellen nicht ausmerzen r
Nur, weil menschliche Körpe
geheime Botschaften sendet:
Auf die Frage, ob Beats FM st wahrz unehm en,
mmte Frequ enzen bewus
nicht in der Lage sind, besti
physisch und neurologisch
sie nicht da sind oder dass sie nicht wirken.
heißt das nicht, dass n und
über die geheimen Botschafte
tun sei: Bringt mir Daten
Auf die Frage, was nun zu
sieren.
ich werde sie für euch analy deplan
n kann: Würde euch ein Gebäu
Einbruch bei Beats FM helfe
Auf die Frage, ob er beim
nutzen?
sei: Nein.
mit dem schwarzen Notizbuch
Auf die Frage, ob er der Mann
--- t, mit
worten. Er ist auch berei
r jede Mathematikfrage beant
Darüber hinaus kann Caesa und diesb ezüglich
von Codes zu sprec hen
ammiert, über das Schreiben
einem Kind, das gerne progr
fehlerfrei.
. Caesa rs Code ist stets hocheffizient und absolut
Tipps zu geben

SCHAUPLATZ 3: Papa beim Frühstück liest, enthält eine Sondermeldung zu

DIE TANKSTELLE dem Vorfall auf Seite 3.

Dieser Schauplatz ist eine ganz normale Tankstelle. In ÄRGER

der Nacht randalierten hier drei Halbstarke und schlugen
Scheiben ein. Anwohner wurden durch den Lärm aufge-
schreckt und alarmierten die Polizei. Zum Tatzeitpunkt
war die Tankstelle noch geschlossen.
Die Kinder können entweder in der Nähe wohnen
und die Sache selbst mitbekommen haben, oder sie hören
davon in der Schule. Auch die morgendliche Zeitung, die
Es gibt hier keinen Ärger, außer den missmutigen Tankstel-
lenbesitzer, der vor allem älteren Kindern misstraut und
diesen mürrisch verkündet, hier gäbe es kein Rumlungern
mehr, ab jetzt würde er nämlich die Polizei rufen. Die Kin-
der müssen entweder im Tankstellenladen etwas kaufen
oder schleichen einsetzen, um sich den Tatort näher an-
sehen zu können.

52

Sollten die Kinder den unter Hinweise beschriebenen
Zehntklässler konfrontieren, wird dieser nicht lange fa-
ckeln. Im Gegenteil: Auf die Tankstelle angesprochen, wird
er den Kindern Prügel androhen, falls sie nicht aufhören,
Schwachsinn zu labern. Er ist nur zu gern bereit, diese
Drohung außerhalb der Schule in die Tat umzusetzen, falls
die Kinder ihn zu sehr nerven. Er wird dann dem neu-
gierigsten Frager auf dem Schulweg auflauern, möglichst,
wenn dieser allein oder nur einem anderen Kind unterwegs
ist. Verstärkung erhält er von diesem einen Kerl, von dem
keiner so richtig weiß, ob er eigentlich noch zur Schule
geht – man sieht ihn jedenfalls nie auf dem Schulgelände.
Aber in die Muckibude geht er auf jeden Fall.
Die beiden werden dem Kind oder beiden Kindern ein
paar Knüffe verpassen und dabei tunlichst außer Sicht von
Erwachsenen und Polizei bleiben und ihnen dabei zu ver-
stehen geben, dass ihre Untersuchungen des Tankstellen-
vorfalls hier enden. Verprügelte erleiden den Zustand Ver-
letzt.
HINWEISE
Die Tankstelle selbst liefert keine Hinweise, da der Tank-
stellenbesitzer bereits wieder aufgeräumt hat. Lediglich die
Scheiben sind noch nicht neu verglast, stattdessen wurden
Plastikplanen vor die Fensterrahmen geklebt.
Zeugen, die die Tat beobachtet haben, sind größten-
teils Rentner aus dem Mehrfamilienhaus gegenüber der
Tankstelle, die kurz vor 1:00 Uhr durch den Lärm klirren-
der Fensterscheiben aus dem Schlaf gerissen worden sind.
Diese sind zum Teil so aufgebracht oder verstört, dass man
den Tathergang mit viel Höflichkeit und einem gelungenen
Wurf auf charme aus ihnen herauskitzeln muss. Mehrere
Rentner glauben, dass es sich bei den Tätern um dieselben
Jugendlichen handelt, die schon öfter nachmittags an der
Tankstelle herumgelungerten. Sie hätten zum Teil mit blo-
ßen Händen auf die Fensterscheiben eingeprügelt. Schließ-
lich hätte jemand die Beleuchtung durch ein paar gezielte
Steinwürfe zerstört.
Kurz darauf seien die Täter mit einem Kleinwagen,
dessen Nummernschild in der Nacht niemand lesen konn-
te, geflohen. Scheußliche Musik hätten sie laufen lassen,
die bald lauter war als die splitternden Scheiben.
Kinder, die kontakte nutzen, wissen, dass im Haus
auch der Mitschüler Jürgen Lohmeier wohnt. Dieser wird
ihnen unter dem Mantel der Verschwiegenheit mitteilen,
dass er alles mitbekommen hat, da er zum Zeitpunkt der
Randale noch heimlich Prinz Eisenherz unter der Bett-
decke gelesen hat. Er liefert ihnen die gleichen Informatio-
nen, wie die anderen Einwohner. Die Rowdies hat er nicht
erkannt, aber er weiß noch genau, dass aus dem Auto der
Täter I can’t get no Satisfaction dröhnte.
WELLE
NEUE DEUTSCHE
Wenn die Kinder die Tankstelle direkt am Tag nach
der Tat aufsuchen, können sie dort den Mann mit dem
Notizbuch beobachten, der schon am Schauplatz 1 (siehe
Seite  49) zu finden war. Er steht unauffällig im Hinter-
grund, wenn sich Anwohner über den Vorfall unterhalten,
und macht Notizen. Kinder, die morgens in die Zeitung ge-
schaut haben, können wissen, dass die Zeitung bereits über
den Vorfall geschrieben hat – warum sollte also ein Lokal-
reporter noch einmal am Nachmittag kommen? Nähern
sich die Kinder dem Mann, um mit ihm zu sprechen, be-
merkt er sie in jedem Fall und zieht sich in sein Auto zurück.
Sollten die Kinder dem BMW zu diesem Zeitpunkt
schon folgen wollen, gelingt dies nur, wenn die Kinder ent-
weder Fahrräder, Skateboards, Rollschuhe oder Ähnliches
haben, da sie zu Fuß dem Auto nicht schnell genug fol-
gen können. Mit Fahrrädern und unter Zuhilfenahme von
Abkürzungswegen durch Seitengassen und die örtliche
Schrebergartensiedlung können die Kinder den Wagen bis
zu Beats FM verfolgen, wo dieser in der Tiefgarage unter
dem Sendergebäude verschwindet. Dazu ist ein gelungener
Wurf auf bewegen notwendig.
Sollten die Kinder in der Folge ihrer Vor-Ort-Recher-
chen nach Halbstarken mit Verletzungen an den Händen
suchen, können sie in der Schule mit untersuchen einen
Zehntklässler bemerken, der einen Verband an der rech-
ten Hand trägt. Er ist einer von den Typen mit Lederjacke
und Gelfrisur, der in der Pause stets eine Kippe im Mund-
winkel hängen hat und bei dem man nie genau weiß, ob
er ein Messer bei sich trägt – einer von denen, vor denen
selbst die Lehrer Angst zu haben scheinen.
Selbst charme wird nicht dazu führen, dass er mit den
Kindern spricht.
Kinder, die die Einstiegsszene an der Tankstelle erlebt
haben (siehe Seite 52), erkennen den Zehntklässer als einen
der Halbstarken aus dieser Begegnung wieder. Sollten die Kin-
der den Zehntklässler mit schleichen beschatten, können sie
ihn nachmittags beim Biertrinken mit Freunden beobachten,
aber die Tankstelle wird er nicht mehr aufsuchen. untersuchen
offenbart, dass die Halbstarken zum Teil erschöpft wirken, so
als hätten sie eine große Anstrengung hinter sich.
SCHAUPLATZ 4:
EIN ROWDY RASTET AUS
Diesen Schauplatz bekommen die Kinder nur mit, falls
sie selbst zufällig zum Zeitpunkt der Tat Beats FM hören.
Während der Livesendung rastet der beliebte, flapsige Mo-
derator Rowdy plötzlich aus, stößt unflätige Beschimpfun-
gen aus und schlägt im Studio die Mikrofone kurz und
klein, was zu einem zweistündigen Sendeausfall führt.
53
KAPITEL O3
ÄRGER
Ärger droht nur, wenn sich die Kinder auf die Polizeiwa-
che schleichen. Die Anwesenheit zahlreicher Polizisten im
Gebäude erschwert einen entsprechenden Wurf auf schlei-
chen, sodass 2 Erfolge notwendig sind. Fliegen die Kinder
auf, müssen sie sich mit charme aus der Situation befreien.
Dann kommen sie mit einer mündlichen Standpauke da-
von. Andernfalls wird die Polizei die Eltern anrufen und
diese auffordern, die Kinder abzuholen.
HINWEISE
Aus der Zeitung und Gerüchten, die in der Schule die
Runde machen, erfahren die Kinder, dass Rowdy festge-
nommen wurde und nun vorübergehend auf der Polizei-
wache festgesetzt wurde. Es dürfte für die Kinder nicht
leicht sein, dort mit ihm zu sprechen, aber wenn sie das
wirklich wollen (und vielleicht eine Beziehung eines Cha-
rakters Polizist ist), können sie sich dort einschleichen
und eventuell einen Blick auf die Fallakte ergattern, die
auf einem Schreibtisch offen herumliegt. Um die kom-
plizierte Fachsprache der Polizei zu verstehen, muss ein
Wurf auf begreifen gelingen.
Ermittlungen auf der Wache, oder eventuell auch bei
der Lokalzeitung, sofern die Kinder dorthin Kontakte
haben, ergeben, dass weder Drogen- noch Alkoholtests
positiv ausfielen; Rowdy war vollkommen nüchtern. Ihm
drohen nun jedoch Anzeigen wegen Körperverletzung und
Sachbeschädigung. Außerdem wurde er entlassen. Seine
Adresse kann der Fallakte entnommen werden.
Rowdy ist zwei Tage später in seiner Wohnung anzu-
treffen, sofern sich die Charaktere die Mühe machen, ihn
dort aufzusuchen. Gelingt ein Wurf auf charme oder ein-
fühlen, spricht er mit den Kindern, vor allem, wenn sie
sich als Fans ausgeben. Auch er kann sich absolut nicht er-
klären, warum er ausgerastet ist und sich nur sehr bruch-
stückhaft an seine Taten erinnern.
SCHAUPLATZ 5:
SPORT IST MORD
Dieser Schauplatz ist ein typischer Tennisplatz. Hier rastet
Sabine im Vereinsheim aus und zerschlägt einiges an Ge-
schirr und Pokalen, bevor sie mit ihrem Schläger auf das
Mobiliar losgeht. Die Kinder können, sofern einer oder
mehrere Charaktere Tennis spielen, selbst Zeugen des Ge-
schehens werden oder erfahren später davon.
Sabine wird von zwei kräftigeren Mitgliedern des Ver-
eins festgesetzt. Da Sabine noch jung ist, haben die ver-
ständigten Polizeibeamten ein Einsehen und sie kommt
mit einer Verwarnung davon.
54
Zu Hause bekommt sie natürlich einen Riesenärger.
Die Eltern vermuten, dass Sabine getrunken hat, obwohl
sie das Gegenteil beteuert. Die Polizisten berichten den El-
tern, dass ein Alkoholtest tatsächlich nichts ergeben hat,
aber man bittet darum, die pubertierende Tochter in Zu-
kunft etwas stärker zu kontrollieren. Insgesamt nehmen
die Erwachsenen die Sache nicht wirklich ernst und schie-
ben den Ausraster schließlich auf die Hormone.
Im Haus des mit Sabine verwandten Charakters geben
sich in der Folgezeit besorgte Polizisten mit aufgebrachten
und noch besorgteren Vereinsmitgliedern die Klinke in die
Hand. Jeder will wissen, was los war, aber Sabine hat keine
Erklärung für ihr Verhalten. Eben noch hatte sie im Ver-
einsheim Radio gehört und zu den Liedern mitgesummt,
danach hat sie plötzlich rotgesehen. Sie kann sich aller-
dings nicht mehr an ihre Taten erinnern. Sabine und die
Eltern müssen beim Verein ordentlich Abbitte leisten und
den Schaden ersetzen, damit der Vorstand von einer An-
zeige absieht.
Der Haussegen hängt von da an mächtig schief. Auch
in der Schule spricht sich Sabines Ausraster schnell herum.
Für die Rabauken ist sie eine Heldin, doch einige ihrer
Freunde meiden sie nun. Sabines Geschwisterkinder wer-
den von ihren Mitschülern über den Vorfall gelöchert.
ÄRGER
Für die Charaktere gibt es keinen Ärgern, sofern sie den
Erwachsenen gegenüber nicht frech werden. Den Ärger
hat Sabine.
HINWEISE
Die Kinder erhalten beiläufig die Information, dass Sa-
bine vor der Tat Beats FM gehört hat. Ihr Geschwister-
kind weiß ohnehin, dass sie dauernd Beats FM hört. Auf
ausdrückliche Nachfrage kann Sabine sich erinnern, dass
kurz vor ihrem Ausbruch Störgeräusche zu hören waren.
Möchte die Spielleiterin den Kindern deutliche Hin-
weise an die Hand geben, kann der Mann mit dem
schwarzen Notizbuch auftauchen. Diesmal trägt er einen
schwarzen Metallkoffer bei sich. Er klingelt bei Sabi-
nes Familie und gibt sich als Polizeipsychologe aus, der
gerne mit Sabine sprechen würde. Er verfügt auch über
entsprechende Ausweise. Sollte er im Haus ein Kind be-
merken, dass er schon an anderen Tatorten gesehen hat,
beispielsweise, weil die Kinder bei dem Taxiunfall mit ihm
gesprochen haben oder bei den Ermittlungen an der Tank-
stelle seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, wird
er für das Gespräch einen späteren Termin ausmachen und
Sabine und ihre Eltern in seine Praxis einladen. Die Adres-
se stellt sich nach Beendigung des Mysteriums jedoch als
Fälschung heraus.

Hat der Mann die Kinder jedoch noch nicht bemerkt,
wird er direkt mit Sabine sprechen und darauf bestehen,
dass die beiden allein sind. Sabines Untersuchung dau-
ert etwa eine halbe Stunde. Kinder, die lauschen, können
hören, dass sie ruhig spricht. Dazu sind allerdings ge-
lungene Würfe auf untersuchen und schleichen notwendig.
Später berichtet Sabine, dass der Mann eine Art portab-
les EEG in dem Koffer hatte und während des Gesprächs
ihre Hirnströme gemessen hat. Sie hat ihm den Hergang
noch einmal schildern müssen, während er sich Notizen in
einem schwarzen Büchlein gemacht hat. Anschließend habe
er sie beruhigt und ihr versichert, dass sie nicht verrückt sei
und alles in Ordnung kommen würde. Sowohl Sabine als
auch die Eltern sind über die Diagnose sehr erleichtert.
Auch an dieser Stelle können die Kinder versuchen,
dem Mann zum Sender verfolgen. Dazu sind jedoch die
gleichen Voraussetzungen notwendig wie unter Schau-
platz 3 beschrieben (siehe Seite 52).
SCHAUPLATZ 6:
UNDER PRESSURE
Auf dem Schulhof oder wahlweise in einem Klassenraum
lässt sich der ständig vom Schulschläger schikanierte
Streber Peter Uland nichts mehr gefallen. Er rammt dem
Klassen-Bully Karli ein Geodreieck in den Bauch und geht
dann mit bloßen Fäusten auf ihn los. Die Kinder müssen
ihn von dem überraschten Karli herunterziehen und am
Boden fixieren. Dazu muss ein Wurf auf kraft gelingen. Es
liegt an den Schülern und im Ermessen der Spielleiterin, ob
die Lehrer von der Prügelei Wind bekommen. Peter Uland
ist ein Mitglied der Funk AG, die Charaktere könnten ihn
dorther kennen.
ÄRGER
Peter geht während seines Ausrasters auch auf Charakte-
re los, die dazwischen gehen, und es erfordert kraft, sich
gegen ihn zu wehren. Sollten die Kinder nicht mit ihm fer-
tigwerden, greift schließlich Herr Asselmann ein. Dieser
offenbart dabei, dass er über grundlegende Kampfsport-
kenntnisse verfügt. Er fixiert den Tobenden mit einer He-
beltechnik auf dem Boden.
Peter entschuldigt sich später unter Tränen, falls er
einen der Charaktere, vielleicht sogar einen Freund, ver-
letzt haben sollte.
HINWEISE
Peter hat sich nach der Schule häufig in der Funk-AG auf-
gehalten und dort immer Beats FM gehört. Er erzählt,
ähnlich wie Sabine, dass er bei einer der üblichen, aber
WELLE
NEUE DEUTSCHE
eher harmloseren Provokation des Klassen-Bullys plötz-
lich rotgesehen hat, und sich im Nachhinein nicht mehr
erinnern kann, warum er so ausgerastet ist. Auch konnten
Charaktere, die ihn von Karli heruntergezerrt haben, be-
merken, dass Peter während seines Ausrasters weit stärker
schien als sonst und offenbar alle Kräfte mobilisiert hat.
Wird Peter zu Boden gebracht, beruhigt er sich kurze Zeit
später: Er wirkt dann extrem kraftlos und erschöpft.
Auf direkte Nachfrage erinnert sich Peter, dass er mor-
gens Beats FM gehört hat, während er sich für die Schule
fertig gemacht hat. Seine Eltern waren beide bereits auf
der Arbeit und er konnte die Musik endlich mal richtig
aufdrehen. Wird er direkt nach Störgeräuschen gefragt, er-
innert er sich, dass Queens Under Pressure an der besten
Stelle von Störgeräuschen ruiniert wurde.
SHOWDOWN
Zum Showdown kommt es wahrscheinlich während der
angekündigten Wunschkonzert-Sendung. Es kann sich aus
der Handlung ergeben, dass die Kinder schon zu einem
früheren Zeitpunkt versuchen, die Radiosendung zu sabo-
tieren, beispielweise weil sie dem Mann mit dem schwar-
zen Notizbuch an Schauplatz 3 oder Schauplatz 5 hierher
gefolgt sind. Die Spielleiterin sollte die Spieler hier nicht
unnötig aufhalten, sofern sie bereits die richtigen Schlüsse
gezogen haben. Der Showdown muss dann leicht abge-
wandelt gespielt werden; so fallen zum Beispiel die toben-
den Menschen weg und der Weg zum Sender ist frei. Auch
sind beim Sendergebäude weder die Kantine noch die An-
waltskanzlei besetzt (siehe Ärger, Seite 56), und auch bei
Beats FM ist nur eine Rumpfmannschaft vorhanden.
Die folgende Beschreibung geht allerdings davon
aus, dass die Kinder am Samstagnachmittag während des
Wunschkonzerts in den Sender einbrechen.
Sollten die Kinder bis dahin nicht von selbst auf die
Idee gekommen sein, dass die Gewaltwelle vom Sen-
der ausgeht, wird Caesar sie kontaktieren. Er morst so
lange auf allen von den Kindern genutzten Kanälen, bis
einer der Charaktere den Empfang bestätigt. Er sendet
immer wieder denselben Satz: „Die Welle rollt“. Spä-
testens jetzt sollten die Kinder den Schluss ziehen, dass
alles mit den Funkwellen von Beats FM zu tun hat und
sich zum Sender begeben.
Je nachdem wie die Kinder zu Asselmann stehen und
ob sie sich ihm gegenüber durchgesetzt haben, wird dieser
sie begleiten oder auch nicht.
Von Caesar können die Kinder vorab Lagepläne be-
kommen. Kontaktieren die Kinder Caesar vom Sender
aus, ist er auch in der Lage, ihnen elektronische Türen im
zweiten oder dritten Stock zu öffnen.
55
KAPITEL O3
ÄRGER
Da sehr viele Leute an diesem Nachmittag Beats FM
hören, drehen auch entsprechend viele am Rad. Die
Spielleiterin kann hier nach Belieben Schauplätze ein-
bauen, wo auf dem Weg zum Sender Menschen ausras-
ten. Ein spießiger Nachbar wirft Mülltonnen um, eine
Schrebergärtnerin zerschlägt alle ihre Gartenzwerge,
ein Eisverkäufer geht mit der Eiskelle auf seine Kund-
schaft los. Auch zu Hause ist es nicht sicher; ältere Ge-
schwister oder sogar Eltern könnten durchdrehen und
den Fernseher aus dem Fenster werfen oder auf andere
Familienmitglieder losgehen. Diese Situationen sollten
individuell an das Umfeld der Kinder angepasst werden.
Ob sie die Vorfälle nur als Beobachter wahrnehmen
oder direkt betroffen sind, obliegt der Spielleiterin. Al-
lerdings sollten die Charaktere an dieser Stelle weder zu
sehr verletzt noch traumatisiert werden, damit sie zum
Showdown noch handlungsfähig sind. Die Gewalt in
der Stadt sollte eher als bedrohliche Hintergrundkulisse
dienen. Allerdings könnte der Weg der Kinder zum Sen-
der dadurch erschwert werden. Beispielsweise, weil in
der Schrebergartensiedlung, die auf dem kürzesten Weg
zum Sender liegt, die Kleingärtner schwelenden Nach-
barschaftszwist mit Schaufeln und Harken austragen
und den Weg versperren. Um trotzdem schnell durch die
56
Stadt zu kommen, muss ein entsprechender Wurf auf be-
wegen gelingen. schleichen verhindert, dass die Kinder
selbst zum Ziel aggressiver Anwohner werden.
Beats FM residiert in der obersten Etage eines moder-
nen, dreistöckigen Betonklotzes. Im Erdgeschoss befindet
sich eine Kantine, im ersten Stock eine Anwaltskanzlei, im
zweiten Stock eine Immobilienfirma. Die Immobilienfirma
stellt jedoch nur eine Front für die geheimen Forschungs-
arbeiten der Regierungsabteilung dar.
Wollen sich die Kinder Zugang zum Gebäude ver-
schaffen, könnten sie durch die Vordertür hineinhuschen,
was jedoch einen Wurf auf schleichen mit 2 Erfolgen er-
forderlich macht, da im Foyer ein Pförtner alle Anwesenden
überprüft. Im Kabuff hinter dem Empfangstresen befindet
sich in Rufweite ein Sicherheitsmann (siehe Großer Ärger,
gegenüberliegende Seite), der über Monitore sowohl die
Tiefgarage als auch die Flure und das Foyer im Auge be-
hält. Da die Kinder wahrscheinlich keine Hausausweise
vorweisen können oder der Pförtner ihnen nicht abkauft,
dass sie einen Termin bei der Anwaltskanzlei haben, werden
die Kinder abgewiesen. Haben sich die Kinder jedoch gute
Ausreden überlegt, wie beispielsweise ein Schulpraktikum
beim Radio, oder können sie gut gefälschte Ausweise vor-
legen (programmieren oder kontakte) und gelingt ihnen ein
Wurf auf charme, lässt sich der Pförtner überreden, sie

hineinzulassen. Befindet sich eine glaubwürdige Aufsichts-
person bei der Gruppe, wie beispielsweise Herr Asselmann,
kann nach Ermessen der Spielleiterin die Notwendigkeit,
Hausausweise vorzuzeigen, entfallen.
Alternativ können die Kinder auch über die Rückseite
ins Gebäude eindringen. Dann könnten sie beispielsweise
einen guten Moment abpassen, wenn ein Mitarbeiter
Büromüll zu den Containern hinter dem Haus bringt.
schleichen und bewegen helfen, um schnell genug zu sein,
bevor die schwere Metalltür wieder ins Schloss fällt, und
ungesehen ins Haus zu gelangen. Schafft ein Teil der Grup-
pe eine Ablenkung, damit ein Kind ins Haus laufen kann,
entfällt der Wurf auf schleichen. Die Tür kann von innen
jederzeit geöffnet werden.
■ WIR UNTERBRECHEN DIESE SENDUNG: Eine Möglichkeit,
das Programm zu sabotieren, besteht darin, aufs Dach
zu gelangen und die dortige Senderanlage zu beschä-
digen, was mithilfe von tüfteln oder programmieren
möglich sein sollte. Die Sendeanlage ist von einem
Schutzgitter umgeben. Mithilfe von tüfteln kann das
Schloss geknackt werden, zur Not reichen auch Ent-
schlossenheit, eine Kneifzange und ein gelungener
Wurf auf kraft.
Das Dach kann über zwei Wege erreicht werden:
◆ DURCHS GEBÄUDE: Von Ebene 3 führt eine schmale
Gittertreppe aufs Dach. Der Zugang ist tagsüber
nicht verschlossen, da einige Mitarbeiter von Beats
FM dort oben gern ihre Frühstücks- und Mittags-
pausen verbringen. Nachts ist die Dachluke ver-
schlossen. Die Wachleute besitzen einen Schlüssel,
ebenso der Programmchef der Nachtschicht.
Um aufs Dach zu gelangen, müssen sich die
Kinder durch die Räumlichkeiten des Senders
schleichen. Hierzu ist ein entsprechender Wurf
notwendig. Auf Ebene 3 befinden sich nur normale
Erwachsene, die nicht in die geheimen Forschungs-
pläne eingeweiht sind und daher auch keine be-
sondere Vorsicht walten lassen.
untersuchen offenbart, dass es merkwürdiger-
weise neben den Redaktionsräumen, einem Auf-
enthalts- sowie Tagungsraum, einer Plattenbiblio-
thek und dem eigentlichen Studio keinen Raum
für Ton- oder Sendetechnik gibt – denn dieser be-
findet sich eine Etage tiefer.
◆ SPIDERMAN: Die glatte Hauswand 3 Stockwer-
ke hinaufzuklettern, dürfte ohne professionelle
Hilfsmittel selbst für ein sportliches Kind schwie-
rig werden. Doch wenn die Kinder die Außenfas-
sade begutachten, können sie eine Feuerleiter er-
kennen, die vom Dach zum zweiten Stock führt.
WELLE
NEUE DEUTSCHE
Vom zweiten Stock aus können die Kinder aus
dem Fenster eines Büroraums klettern und von
dort mit einem gelungenen Wurf auf bewegen die
Feuerleiter erreichen. Ein Misslingen des Wurfs
birgt die Gefahr, dort abzustürzen und den Zu-
stand Verletzt zu erleiden.
■ CHAOS IM STUDIO: Ein weiterer Weg die Sendung zu
sabotieren wäre, im Studio Unruhe zu stiften, doch
dies kann schnell zum Auftauchen der Sicherheitsleu-
te führen wie im Abschnitt Großer Ärger beschrieben.
Werden im dritten Stock Mitarbeiter von Beats  FM
angegriffen oder Ausrüstung beschädigt, können die
Wachleute in unter einer Minute eintreffen.
■ DER FEUERALARM: Im Gebäude den Feueralarm auszu-
lösen, stellt den Königsweg dar: Er wird dazu führen,
dass sämtliche Mitarbeiter des Radiosenders, der An-
waltskanzlei und der Kantine fluchtartig das Gebäude
verlassen. Auch die Sicherheitsleute werden dadurch
aufgeschreckt und suchen hektisch nach der Ursache für
den Alarm, was eine Infiltration der zweiten und drit-
ten Etage und entsprechende Sabotageakte um einiges
erleichtert. Ein Zweierteam der Sicherheitsleute (siehe
Großer Ärger, siehe unten), eskortiert die Forscher über
den Hintereingang nach draußen, wo ein silberner VW
vorfährt und die Forscher abholt. Auch der Mann mit
dem Schwarzen Notizbuch befindet sich bei der Gruppe.
Er bleibt aber geschützt von seinen Wachleuten auf dem
Gelände und begibt sich, wenn keine Flammen aus dem
Gebäude schlagen, schnell wieder zurück ins Labor.
GROSSER ÄRGER
Die zweite Etage wirkt auf den ersten Blick unverdäch-
tig, allerdings können Kinder mit einem gelungenen Wurf
auf untersuchen beobachten, dass drei Mitarbeiter des
Senders – und nur diese – hin und wieder den Fahrstuhl
oder die Treppe zum zweiten Geschoss nehmen oder von
dort kommen. Die Büroräumlichkeiten im zweiten Stock
sind durch eine doppelte Glastür (Panzerglas) vom Flur
getrennt. Mit untersuchen können die Sicherheitskameras
über der Glastür rechtzeitig bemerkt und mit tüfteln aus-
geschaltet werden. Ist die Sicherheitskamera überwunden,
stellt das elektronische Schloss der Glastür eine weitere
Hürde dar: Hier kann programmieren Abhilfe schaffen.
Wenden sich die Kinder in dieser Situation an Caesar, etwa
über Walkie-Talkies, kann er die Tür für sie öffnen und
auch die Kameras ausschalten.
Versuchen die Kinder, durch die Glastür zu gelangen,
können sie zwei Sicherheitsleute bemerken, die sich gerade
Kaffee an einem Automaten im Flur holen.
Diese arbeiten für das Forschungslabor und tragen
Körperpanzerung, verspiegelte Helme mit Gehörschutz
57
KAPITEL O3
und verständigen sich ausschließlich über hochmoderne
Headsets, was ihnen ein roboterartiges Aussehen verleiht.
Sie sind mit Schlagstöcken und Pistolen mit Gummi-
geschossen bewaffnet und haben keine Hemmungen, diese
gegen Kinder zu richten, die das Experiment stören wol-
len. Bis auf den Wachmann im Foyer sind die Sicherheits-
leute ausschließlich im zweiten Stock anzutreffen. Um zu
viel Aufsehen zu vermeiden, patrouillieren sie nicht offen
durchs Gebäude, sondern halten sich bereit, falls es Ärger
gibt. Die Sicherheitsleute arbeiten in Zweierteams. Es be-
finden sich inklusive des Wachmanns im Foyer 5 Wach-
leute im Gebäude. Kommt es zu einer direkten Konfronta-
tion mit dem Wachmann im Foyer, gilt dieser Große Ärger
als Schwierig, treffen die Kinder auf ein Team gilt steigt die
Stufe auf Extrem schwierig. Bekommen es die Kinder mit
zwei Teams oder gleich allen 5 zu tun, steigt die Stufe auf
Fast unmöglich.
Gelingt ein Wurf auf bewegen, können die Kinder
rechtzeitig das Weite suchen. Die Wachleute werden sie ins
Treppenhaus verfolgen, aber von ihnen ablassen, sobald
die Kinder sich von den Stockwerken 2 und 3 entfernen.
Solange die Wachleute in normaler Alarmbereitschaft
sind, dürfte es extrem schwer werden, sich erfolgreich an
ihnen vorbeizuschleichen.
Falls es den Kindern dennoch gelingt, der Sicherheits-
kamera, den Forschern und den Wachleuten zum Trotz, in
den zweiten Stock zu gelangen, stellen sie fest, dass sich dort
mitnichten eine Immobilienfirma befindet, sondern dass es
sich um Forschungsräume handelt. Hier finden sie neben di-
versen hochmodernen Computern jede Menge technischen
Schickschnack vor, der fast ausschließlich mit Sende- und
Signaltechnik zu tun hat. Besonders gruselig ist ein Raum,
in dem ein Stuhl mit hoher Lehne steht. An dessen Kopfteil
58
ist eine verdrahtete Haube angeschlossen, von der zahl-
reiche Kabel mit Elektroden herabbaumeln. Am Fußteil und
den Armlehnen wurden Handschellen befestigt.
Durch eine Glasscheibe kann man von einem Labor-
raum in einen anderen sehen und dort den Mann mit
dem schwarzen Notizbuch beobachten. begreifen oder
programmieren offenbart, dass er an den Frequenzreglern
herumschraubt und dabei eifrig Notizen macht, während
im Studio das Wunschkonzert läuft.
Im Labor befinden sich neben dem Mann mit dem
schwarzen Notizbuch noch zwei weitere Forscher. Bei
einer Konfrontation werden die Forscher Hemmungen
haben, etwas gegen die Kinder zu unternehmen, sie wer-
den allerdings alles daransetzen, das Wachpersonal zu
Hilfe zu rufen. Der Mann mit dem schwarzen Notizbuch
besitzt ebenfalls eine Schusswaffe, mit der er die Kinder
bedrohen wird. Doch auch er wird es vorziehen, die Wach-
leute ihren Job erledigen zu lassen.
Untersuchen die Kinder die Sendeeinrichtungen im
Labor, können sie mit begreifen die Störsignale abstellen;
Gleiches kann mit programmieren über die Computer er-
reicht werden. Computerpasswörter müssen entweder
mit programmieren geknackt werden oder die Kinder
könnten Caesar um Hilfe bitten, der ihnen einen Ad-
ministratorenzugang verschaffen kann. Nach Ermessen
der Spielleiterin kann untersuchen womöglich aber auch
einen zerknitterten Notizzettel zutage fördern, auf dem ein
fahrlässiger Mitarbeiter sich das Passwort oder einen Hin-
weis notiert hat.
Werden die Wachleute oder die Forscher der Kinder
habhaft, verabreicht ihnen der Mann im Anzug Narkose-
spritzen und der Showdown endet für die Kinder im Zu-
stand der Bewusstlosigkeit.

NACH DEM SHOWDOWN
Verlassen die Kinder nach getaner Arbeit eigenständig das
Gebäude, können sie Herrn Asselmann beobachten, der ge-
rade mehrere Aktenordner in seinem Auto verstaut. Spre-
chen sie ihn darauf an und ist er ihr Verbündeter, wird er
zugeben, diese aus dem Sender beziehungsweise dem Labor
entwendet zu haben, um den eigentümlichen Ereignissen
auf den Grund zu gehen. Er wird ihnen versprechen, sie
über seine Erkenntnisse auf dem Laufenden zu halten, aber
später nie wieder darauf zu sprechen kommen. Haben die
Kinder Unterlagen mitgehen lassen, wird er in einem unbe-
obachteten Moment versuchen, auch diese an sich zu brin-
gen – allerdings nur, wenn er sicher ist, dass die Kinder die-
sen Diebstahl nicht zu ihm zurückverfolgen werden. Sind
die Kinder zu aufmerksam, unterlässt er diesen Versuch.
Haben die Kinder den Feueralarm ausgelöst oder einen
Notruf getätigt, eilen Polizei und Feuerwehr sofort zum Sen-
der – der Notruf stellt sich natürlich als Fehlalarm heraus.
Haben die Kinder den Funkturm beschädigt, melden die Mit-
arbeiter die Sabotage, ebenso wie das Fehlen von Unterlagen.
Dies ist auch der Fall, wenn die Kinder bei Beats FM nichts
zerstört und mitgenommen haben, da Herr Asselmann einige
Dokumente an sich gebracht hat. Letzteres spricht sich auch
in der Stadt herum. Man vermutet also einen gewöhnlichen
Diebstahl hinter den Ereignissen. Sofern die Kinder nicht am
Tatort gesehen wurden, wird niemand sie behelligen.
Sie können Herrn Asselmann als Dieb verpfeifen, aber
die Polizei wird bei ihm nichts finden. Schließlich kann
er die Polizei davon überzeugen, dass die Kinder sich ge-
irrt haben. Im Zweifel wird er sogar ein Alibi fingieren,
was ihm als Spion problemlos möglich sein sollte. Sein
Agentenführer wird gegebenenfalls bestätigen, Asselmann
zum fraglichen Zeitpunkt zum Essen getroffen zu haben.
Asselmann hat jedoch danach die Kinder im Auge und
ist ihnen gegenüber äußerst misstrauisch, was sich auf die
Folgeabenteuer der Kampagne auswirkt.
Sollten die Charaktere mit den Schlagstöcken und
Gummigeschossen der Sicherheitsleute Bekanntschaft ge-
macht haben und die Täter der Polizei melden, wird der
Sender die Sache herunterspielen und die Sicherheitsleute
streiten ab, derartig brutal gegen Kinder vorgegangen zu
sein. Bei einer Untersuchung wird das Sicherheitspersonal
auch nur in alltäglicher, normaler Uniformierung an-
getroffen und von den schwer gerüsteten Truppen aus dem
Showdown fehlt dann jede Spur.
Die Polizei glaubt eher dem Sender als den Kindern
und neigt zu der Ansicht, dass die Kinder sich im Gedränge
nach dem Feueralarm die Blessuren zugezogen haben.
WELLE
NEUE DEUTSCHE
Sollten die Charaktere und ihre Familien jedoch nach-
drücklich gegen den Sender vorgehen (rechtliche Schrit-
te, Einschalten der Lokalzeitung), wird die Königskron
GmbH öffentlichkeitswirksam einen Sicherheitsmann op-
fern, dem die Tat in die Schuhe geschoben wird.
Wurden die Kinder vom Mann mit dem schwarzen
Notizbuch narkotisiert, wachen sie zwei Tage später im
Krankenhaus auf. Sie wurden im Wald neben giftigen Pil-
zen gefunden und die Ärzte gehen von einer Vergiftung
aus. Etwaige Schilderungen der Ereignisse bei Beats  FM
werden als Halluzinationen abgetan.
NACHSPIEL
Die Kinder bekommen jeweils eine Szene aus ihrem Alltag,
mit oder ohne Ärger. Die Spieler können sich eine Szene
ausdenken oder die Spielleiterin bitten, eine vorzugeben.
Wenn die Gruppe wenig Zeit hat, kann jeder Spieler statt-
dessen einen Moment im Alltag des Kinders beschreiben.
Unabhängig davon, ob die Sabotage gelungen ist, stellt
Beats FM sein Programm ein. Es gibt keine Störgeräusche
mehr und auch keine gewalttätigen Zwischenfälle. Die
Charaktere haben zu viel Wirbel verursacht, das Experi-
ment wird abgebrochen. Das Labor wird innerhalb von
Stunden komplett geräumt.
Caesar wird sich vorerst nicht mehr melden. Ob er
auf Anfragen der Charaktere reagiert und wie, liegt im Er-
messen der Spielleiterin.
VERÄNDERUNG
Spielleiterin und Spieler sollten gemeinsam die Charakter-
bögen durchgehen und herausfinden, ob sich die Kinder
in irgendeiner Weise verändert haben. Die Spieler können,
wenn sie möchten, einen Aspekt ihres Charakters ändern
(siehe Tales from the Loop Seite  87/88). Lies ihnen die
Fragen zur Erfahrung vor (siehe Tales from the Loop
­Seite 88). Denke daran, dass jedes Kind jeweils 1 EP pro
Frage bekommt, die es mit Ja beantworten kann. Sobald
sie 5  EP erhalten haben, können sie eine Fertigkeit um
1 Stufe erhöhen.
Die Charaktere dürften nun den Morsecode be-
herrschen und sich mit Funkanlagen besser auskennen.
Außerdem haben sie vielleicht die Gelegenheit genutzt,
sich von Caesar Programmiertipps geben zu lassen. Über-
dies mussten sie sicher einige Male heimlich vorgehen
(Körper) und haben wahrscheinlich auch ihren Charme
(Herz) weidlich benutzt.
59
KAPITEL O3
NSC
Der folgende Abschnitt beschreibt die NSC, die in diesem
Mysterium vorkommen.
SABINE
„Kannst du mal bitte rausgehen? Ich telefoniere!“
Sabine ist die prototypische große Schwester. Sie ver-
bringt die Nachmittage damit, das Telefon in ihr Zim-
mer zu verschleppen, um stundenlang mit ihrer bes-
ten Freundin über Jungs zu lästern. Ansonsten hört
sie Beats FM und reagiert genervt, wenn jüngere Ge-
schwister etwas von ihr wollen oder Mama den Tele-
fonstecker aus der Dose zieht.
Ihre Schulnoten sind solide und die meisten Leute
finden sie nett. Das sind allerdings die Leute, die nicht
morgens am Badezimmer warten müssen, bis sie sich
fertig gestylt hat.
Ist Sabine nicht in ihrem Zimmer anzutreffen,
dann auf dem Tennisplatz, wo sie für die Jugend-
liga trainiert und das Junior-Team unterrichtet. Am
Wochenende hängt sie mit ihren Freundinnen in der
Disco ab.
Sabine verfügt nicht über ein Sonderattribut.
BERND ASSELMANN
„Ob du aufs Klo gehen kannst, weiß ich nicht, aber du
darfst.“
Herr Asselmann ist alt wie alle Lehrer, aber noch nicht
uralt. Er ist ganz in Ordnung, aber er lässt im Sport-
unterricht die Jungs auch im November noch die fünf
Kilometer laufen. Er sagt immer, dass er Fußball nicht
leiden kann, unterrichtet ihn aber trotzdem.
In Geschichte redet er am liebsten über Karl den
Großen oder Karthago. Er benotet fair und Jungs freu-
en sich, dass er den Mädchen keine besseren Noten
gibt, nur weil die bei der Verkündung der mündlichen
Note ein paar Tränen rausdrücken können. Mädchen
finden, Herr Asselmann „ist voll gemein manchmal
und der hat überhaupt kein Verständnis“.
60
Herr Asselmann leitet auch die Funk-AG und nimmt
sich dort viel Zeit, alle Zusammenhänge zu erklären. Er
lebt allein und man munkelt, dass Frau Müller, die die
9c in Deutsch hat, ein Auge auf ihn geworfen habe.
Wird das Abenteuer als Teil der Kampagne ge-
spielt ist Herr Asselmann ein Spion, der für die Staats-
sicherheit der DDR spioniert. Er ist allerdings gebürtiger
Hesse. Er trifft sich einmal monatlich in Frankfurt mit
seinem Agentenführer. Für mehr Details zu seiner Rolle
als Spion siehe Seite 40.
Herr Asselmann verfügt über das Sonderattribut
(siehe Tales from the Loop Seite  69) augen im hinter-
kopf 2. Er bemerkt in der Klasse und auch außerhalb
fast alles, was Kinder heimlich tun wollen, weswegen
in seiner Gegenwart schleichen und andere heimliche
Aktionen mindestens 2 Erfolge benötigen.
Herr Asselmann ist Anfang 30, mittelgroß, schlank und
als Sportlehrer und begeisterter Turner durchaus trainiert.
DER MANN MIT DEM
SCHWARZEN NOTIZBUCH
„Kinder. Faszinierende Studienobjekte, aber ihre
Gegenwart ist höchst anstrengend.“
Dieser Neurowissenschaftler leitet das geheime
Forschungslabor unter Beats FM. Er empfindet ein ge-
wisses Vergnügen daran, die Erfolge seiner Arbeit zu
dokumentieren und kommt daher persönlich zu Tat-
orten, um möglichst viele Daten auszuwerten.
Er wirkt dabei stets unauffällig und gleichgültig. Er
sollte sich soweit möglich im Hintergrund halten und
durch seine Unzugänglichkeit nur umso geheimnis-
voller wirken.
Er ist über 50, eher schmächtig, hat schütteres
Haar und einen kalten Blick. Je nach Situation trägt er
entweder einen grauen Anzug oder einen Laborkittel.
Der Mann mit dem schwarzen Notizbuch verfügt
über das Sonderattribut (siehe Tales from the Loop
Seite 69) undurchschaubar 2. Seine Motive sind schwer
zu erkennen; er selbst verfügt aber über viel Charisma
und kann vor allem Erwachsene sehr leicht von der
Richtigkeit seiner Angaben überzeugen.
 WELLE
NEUE DEUTSCHE
HANDOUTS: ZEITUNGSARTIKEL
NACH SCHAUPLATZ 3

NACH SCHAUPLATZ 4

NACH SCHAUPLATZ 5

61
O4
KAPITEL

DIE WAHRHEIT
HINTER DEM MYSTERIUM 63
VORSTELLUNG DER KINDER 64
EINFÜHRUNG DES MYSTERIUMS 64
LÖSUNG DES MYSTERIUMS 66
SCHAUPLATZ 1: SPIELWARENLADEN 66
SCHAUPLATZ 2: TOR DES LOOPS 69
SCHAUPLATZ 3: INSEKTOMOBIL 71
SCHAUPLATZ 4:
SCHREBER­GARTEN DER BIOLEHRERIN 73
SCHAUPLATZ 5:
HORNISSENFELSEN74
SHOWDOWN75
NACH DEM SHOWDOWN 77
NACHSPIEL77
VERÄNDERUNG77
NSC UND KREATUREN 77

IM BANN DER
BÄRCHIS
Die Welt der Insekten bietet der Forschung viele Rätsel, die es zu ent-
schlüsseln gilt. Wie kommunizieren sie? Wie genau funktioniert ihr
Schwarmverhalten? An den entsprechenden Pheromonen wird auch im
Loop an einigen Insektenkolonien geforscht. Was aber geschieht, wenn
ein veränderter Botenstoff auf eine Ladung Plüschteddys gerät, die als
Reklame an die kleinsten Freunde des Loops verschenkt werden?
Dies ist ein Mysterium, das innerhalb einer oder zwei
Spielsitzungen gespielt werden kann. Es kann als zweiter
Teil der Kampagne „Kaiserspiel“ verwendet oder als Ein-
zelszenario gespielt werden.
DIE WAHRHEIT HINTER
DEM MYSTERIUM
Einer der wissenschaftlichen Nebenschauplätze im Loop
ist die Untersuchung der Auswirkungen, die die Anlage
auf Tiere und Insekten hat. Hierzu werden verschiedene
Insektenkolonien gehalten, darunter ein Hornissenvolk.
Die Forschung erfolgt eher halbherzig, sodass bislang
niemandem so recht aufgefallen ist, dass einige Verände-
rungen bereits eingesetzt haben. Die Hornissenkönigin hat
unter dem Einfluss des Loops begonnen, ein als Aerosol
abgegebenes, sogenanntes „Primer“-Pheromon zu pro-
duzieren. Es hat erstaunliche Wirkung auf ihre „Kinder“,
also ihren Staat, macht ihn effektiver und durch perfek-
tionierte Nahrung größer. Teil dessen ist zudem, dass das
Volk begonnen hat, Gelée royale zu produzieren, einen be-
sonders nahrhaften Futtersaft, der in dieser Form eigent-
lich nur bei Honigbienen typisch wäre. Das Pheromon der
Königin weitet auch das Schwarmbewusstsein aus. Doch
es beeinflusst nicht nur Hornissen, sondern auch mensch-
liche Kinder, und öffnet ihnen bei längerem Kontakt einen
geistigen Zugang zum Insektenbewusstsein in Form von
hypnotischen Wünschen und Träumen; die Kinder werden
zunehmend assimiliert!
63
KAPITEL O4
Die Königin der Hornissen ist kürzlich mit ihrem
Volk unbemerkt entkommen und hat sich ein Nest in den
Wäldern des Taunus bauen lassen. Auf ihrem Fluchtweg
passierte sie einige Lüftungsschächte direkt über einer
Warenladung von Werbegeschenken, die auf diese Weise
eine große Menge des Pheromons aufnahmen. Es handelt
DAS ABENTEUER IN DER KAMPAGNE
Während die Hornissen beim Spiel
als Einzelabenteuer einfach ge-
flohen sind, steckt im Rahmen der
Kampagne die Kaiser-KI dahinter. Sie
hat aus den vom Personal weitgehend
ignorierten Computerauswertungen zu
den Insektenkolonien das Wissen ge-
zogen, dass das Hornissenvolk be-
sondere Fähigkeiten erlangt hat.
Zudem interpretiert sie den Titel
der Königin dieses Volkes wörtlich
und will sie deshalb aus dem Selbst-
verständnis eines Kaisers heraus als
Vasallin oder Verbündete gewinnen.
Die KI hat deshalb unauffällig an
den richtigen Stellen die Sicher-
heitsmechanismen außer Kraft ge-
setzt und dem Hornissenvolk damit
die Flucht ermöglicht. Die Kinder
können je nach Lösungsweg im Show-
down (Seite 75) die Hornissenkönigin
tatsächlich an die KI verlieren oder
sie als Verbündete gegen sie gewin-
nen, denn so oder so hört die Kai-
ser-KI auf den Rat der Königin.
EIN KIND ALS BÄRCHI-JUNKIE
Eines der gespielten Kinder könn-
te selbst ein Bärchi geschenkt be-
kommen. Er oder sie hat dann bald
ebenso die Träume und hört den
Ruf der Königin. Für das Kind gel-
ten auch die auf Seite 66 im Kas-
ten Countdown beschriebenen Aus-
wirkungen, sodass die Kinder
nochmals stärker involviert sind.
64
sich um die neueste Reklame-Aktion, die auf Kinder zie-
len soll: Die Loopie-Bärchis in verschiedenen grellen Far-
ben und nur echt mit dem Königskron-Symbol auf dem
Bauch. Sie wurden kurz darauf als Werbegeschenke an
einen Spielzeugladen geliefert und von dort verteilt. Die
Kinder, die nun im Besitz eines solchen Bärchis sind, wer-
den vom Pheromon beeinflusst und regelrecht süchtig
nach dem Kuscheltier. In ihren nächtlichen Träumen, bei
Wachträumen in der Schule und beim Spielen werden sie
von einer königlichen Gestalt gerufen, und der wachsende
Wunsch keimt in ihnen, zur Königin Vespasiana zu gehen.
Eine große Gefahr!
VORSTELLUNG DER KINDER
Jedes Kind bekommt eine Alltagsszene. Die Spielleiterin
sollte dabei anhand der Beziehungen und weiterer Famili-
enmitglieder zumindest ein Geschwisterkind oder anderes
Kind in die Szenen einbauen, das einen der Loopie-Bärchis
bekommen hat.
EINFÜHRUNG DES
MYSTERIUMS
Im Umfeld der Kinder sollten ein oder mehrere kleinere
Kinder festgelegt werden (evtl. auch eines der gespielten
Kinder selbst), die sich merkwürdig in Bezug auf ihre
Loopie-Bärchis verhalten: Sie geben ihr Kuscheltier um
keinen Preis her und werden äußerst aggressiv, wenn
jemand sie ihnen wegzunehmen versucht. Das bewegt
sich für unaufmerksame Beobachter noch am Rande
des für Kinder natürlichen Besitzverhaltens. Mit einem
erfolgreichen Wurf auf einfühlen kann ein Charakter
aber erkennen, dass das Verhalten darüber hinausgeht
und dem von Süchtigen in Bezug auf ihre Droge ähnelt.
Dafür ist das PRIMER-­P HEROMON (süßlich riechend) der
Hornissenkönigin verantwortlich. Nähere Beobachtun-
gen ergeben außerdem, dass die betroffenen Kinder im
Schlaf starke Traum­aktivität zeigen. Die Augen bewegen
sich schnell unter den Lidern und sie sprechen teilweise
im Schlaf. Worte wie „Königin“ und „Felsen“ sind he-
rauszuhören. Auch tagsüber versinken die Betroffenen
bisweilen in Tagträume, während der sie hypnotisches
Summen hören, das sie zu rufen scheint: „Komm!“,
„Deine Königin erwartet dich!“ und ähnliche Botschaf-
ten in Zusammenspiel mit Bildern von einem Bergwald
mit Felsen und evtl. auch einem der Wartungstore des
Loops sind zu vernehmen.
Im Pheromoncocktail auf den Bärchis befinden
sich noch weitere sogenannte RELEASER-PHEROMONE

verschiedener Art, die folgende zusätzliche Auswirkungen
haben können:
■ SPURPHEROMONE: Manchmal beginnen die betrof-
fenen Kinder während ihrer Visionen oder sogar im
Schlaf wie hypnotisiert oder schlafwandelnd in Rich-
tung des Hornissennestes zu gehen. Anfangs kommen
sie höchstens einige Meter weit, weil sich die Spur der
Pheromone verflüchtigt. Erst mit stark eskalierendem
COUNTDOWN (Seite  66) kann ein betroffenes Kind
auch über Kilometer hinweg hypnotisch bis hin zum
Nest laufen, weil mehr Pheromone in der Luft verteilt
sind, denen es folgen kann. Dieses Pheromon ist kaum
wahrnehmbarer und riecht malzig.
■ ALARMPHEROMONE: Ein Kind, das während einer Vi-
sion gestört wird, greift aggressiv an oder rennt flucht-
artig davon. Mit einem Wurf auf kraft oder bewegen
kann man es davor bewahren, sich zu verletzen oder
fortzurennen. Das Pheromon riecht beißend säuerlich.
■ AGGREGATIONSPHEROMONE: Kinder unter dem Ein-
fluss der Loopie-Bärchis werden unbewusst zueinan-
der hingezogen und versammeln sich, wenn sie sich in
Sicht- oder Hörweite zueinander befinden. Es kommt
deshalb zu regelrecht gespenstischen Szenen, wenn nach
und nach alle Kinder mit Loopie-Bärchis auf einem
Spielplatz, Schulhof oder einer Familienfeier wortlos
zueinander finden und miteinander wie in Trance zu
spielen beginnen, ob sie sich vorher kannten oder nicht.
Ein leichter Geruch nach Ozon begleitet das Ereignis.
Da man im Loop bei einer Inventur irgendwann dann
doch bemerkt hat, dass die Hornissen fehlen, hat man den
Kammerjäger Walter Richterle (Seite 77) beauftragt, sich
darum zu kümmern. Da dieser die Orte rund um den Loop
abfährt und auf Waldstraßen im Taunus, aber auch in den
Orten im Umkreis unterwegs ist, können die Kinder sein
auffälliges „Insektomobil“ bemerken.
HINWEISE
Die Kinder sollten zu ahnen beginnen, dass hier etwas im
Gange ist und die betroffenen kleinen Kinder beeinflusst.
Sie haben Hinweise zu folgenden Spuren, denen sie auf
Wunsch und in beliebiger Reihenfolge nachgehen können:
■ Die Bärchis wurden alle im Spielzeugladen (Seite 66)
verschenkt. Dort könnte man versuchen, mehr über
die Kuscheltiere in Erfahrung zu bringen.
■ Die Kinder könnten das Tor des Loops (Seite 69) im
Wald suchen gehen. Es handelt sich um das TOR: IV .
■ Das Insektomobil (Seite 71) parkt immer wieder ein-
mal an Waldwegen oder Ortsrändern. Es ist ein Schau-
platz, den die Spielleiterin als „Joker“ beliebig auftau-
BÄRCHIS
IM BANN DER
SZENEN, UM DIE KINDER VORZUSTELLEN
Hier einige mögliche Szenen, die außerdem
die Themen des Abenteuers anreißen:
■ Geschenk: Ein kleines Geschwisterkind
oder anderes Kind bekommt im örtlichen
Spielzeugladen einen Loopie-Bärchi ge-
schenkt. Während ein Elternteil sich in
die Adressliste im Laden einträgt, geht
der Charakter selbst leer aus oder er-
hält nur ein mickriges Trostgeschenk.
Es könnte darüber zum Streit kommen.
■ Computerspiel: Ein oder mehrere Kinder
könnten das 1984 erschienene Computer-
spiel „Kaiser“ auf einem C64 oder ande-
ren Computer spielen. Die Spielleiterin
kann ihnen darüber einige (Halb-)
Wissensbrocken zum Thema Kurfürsten und
Kaisertum im Mittelalter vermitteln.
■ Geschi: Im Geschichtsunterricht bei
Herrn Asselmann (Seite 40) wird gera-
de die „Goldene Bulle“ von 1356 durch-
genommen und das Prinzip der Kaiserwahl
durch die sieben Kurfürsten erläutert.
Bei der Frage, welche das seien (Ant-
wort: Erzbischöfe von Trier, Köln und
Mainz sowie weltliche Herrscher von
Böhmen, Sachsen, Brandenburg und der
Kurpfalz) könnte ein Kind reichlich ins
Schwitzen kommen oder auch brillieren.
■ Referat: Eine Schülerin hält ein Refe-
rat über eine der legendärsten Herr-
scherinnen des Mittelalters: Eleonore
von Aquitanien, die stets um ihren Ruf
und ihre Macht als Herzogin, Königin
und Königsmutter kämpfen musste und das
brillant tat. Ein Kind könnte ein ähn-
liches Referatsthema erhalten.
■ Bio: Im Biologieunterricht geht es ge-
rade um staatenbildende Insekten. The-
men wie Insektenköniginnen, der Aus-
stoß von Pheromonen zur Markierung von
Territorien, soziale Harmonie innerhalb
einer Kolonie und generell der Kommuni-
kation werden kurz angerissen. Es han-
delt sich dabei um Gerüche, die manch-
mal auch von Menschen als z. B. süßlich
oder unangenehm beißend wahrgenommen
werden können. Auch hier könnte ein
Kind Genaueres im Rahmen einer Haus-
arbeit recherchieren müssen.
■ Abendlektüre: Ein Kind liest Die Unend-
liche Geschichte von Michael Ende (oder
bekommt sie von einem Elternteil vor-
gelesen). Gerade ist er im Kapitel über
„Ygramul, Die Viele“ angelangt, über
ein Wesen, dessen Leib aus unzähligen
einzelnen Insekten besteht, aber als
Einheit agiert – ähnlich wie es im Fi-
nale des Abenteurs passieren wird (vgl.
Seite 75). 65
KAPITEL O4
COUNTDOWN
Eskaliere den Countdown jedes Mal
um einen Schritt, wenn es passend
erscheint und die Geschichte mehr
Spannung benötigt.
1. Erste betroffene Kinder geraten in
Gefahrensituationen, während sie
Träume und Tagträume haben. Sie
schlafwandeln auf dem Dachfirst,
gehen auf befahrene Straßen und
derlei mehr.
2. Das Verhalten der betroffenen Kin-
der wird immer auffälliger. Ein
Kind verschwindet, wird aber nach
einer Suche einige hundert Meter
entfernt wiedergefunden, ohne zu
wissen, wie es dorthin kam. Das
Insektomobil ist immer häufiger an
verschiedenen Orten zu sehen, denn
Richterle weitet seine Jagd aus.
Es kommt zu ersten Hornissen-Vor-
fällen in der Nähe von Nahrungs-
quellen (Picknicks, Schreber-
gärten, Gartenparties …).
3. Die Hornissen spüren gezielt Per-
sonen nach, die sie als Bedrohung
einordnen, und überfallen sie: An
erster Stelle ihrer „Most Wanted“-
Liste steht der Kammerjäger Walter
Richterle, dessen scheußliches In-
sektomobil sogar mit Facettenaugen
leicht aufzuspüren ist. Es folgt
die nahe Schrebergartensiedlung,
lästige Sicherheitsleute, Eltern,
die ihren Kindern die Bärchis
wegnehmen – und neugierige Kin-
der, die den Hornissen nachspüren!
Anhand der Hornissen-Sichtungen
können die Kinder eine Karte ent-
werfen, die der aus dem Insekt-
omobil ähnelt (weiterer Hinweis
auf das Hornissennest). Kinder
mit Loopie-Bärchi geraten immer
häufiger in Gefahren. Es kommt zu
ersten Verletzungen durch Abstürze
und Autounfälle.
4. Alle Kinder mit Loopie-Bärchi ma-
chen sich kurz nacheinander wie in
Trance auf den Weg in Richtung des
Nestes der Hornissenkönigin. Über
Spurpheromone finden sie den Weg
dorthin, falls sie nicht vorher
aufgehalten werden. Einige ver-
irren sich aber auch oder geraten
unterwegs in sehr gefährliche
Situationen (befahrene Straßen,
steile Böschungen usw.).
66
chen lassen, von den Kindern suchen lassen oder auch
für einige Zeit gar nicht auffindbar machen kann.
■ Der Bergwald mit den Felsen ist zwar ein Hinweis,
aber für die Kinder mit nur diesen wenigen Angaben
noch nicht auffindbar.
LÖSUNG DES MYSTERIUMS
Das Mysterium kann in einer oder mehreren beliebigen Ge-
meinden rund um den Loop spielen, wo immer sich das per-
sönliche Umfeld der Kinder befindet. Mit den anfänglichen
Spuren können sie dabei den Verlauf und die Reihenfolge
ihrer Recherchen weitgehend selbst bestimmen und müssen
auch nicht alle Stationen abarbeiten. Ziel ist es, dem Mys-
terium um die Loopie-Bärchis und dem seltsamen Verhal-
ten von deren jungen Besitzern nachzugehen und dadurch
das Nest der Hornissenkönigin zu finden, um die Gefahr
zu beseitigen. Um zu diesem Ort des Showdowns zu ge-
langen, benötigen sie aber mindestens zwei, besser drei der
vier Hinweise auf den Standort des Nestes der Hornissen im
Taunus (siehe die GELBEN Linien im Diagramm). Sie sollten
eine möglichst genaue geografische Angabe haben (als An-
haltspunkt, wo sie suchen müssen) und eine gute Beschrei-
bung des Ortes (um zu verstehen, was sie suchen, also wie
die nähere Umgebung des Nestes aussieht).
Sollten die Kinder einmal nicht weiterkommen, oder
wenn die Spannung erhöht werden sollte, hilft das Eska-
lieren des Countdowns, um die Handlung weiter voranzu-
treiben und neue Hinweise auf die Schauplätze zu bieten.
Auf höchster Stufe schließlich kann der Standort des Nes-
tes auch ohne weitere Hinweise gefunden werden.
SCHAUPLATZ 1:
SPIELWARENLADEN
Die kleine, aber berstend volle Spielhandlung im Zentrum
eines beliebigen Ortes wird von Frau Marion Engel ge-
führt. Mit ihren Styropor-Flugzeugen, Trumpf-Quartetts,
Baukästen, Gesellschaftsspielen, Kuscheltieren und Pup-
pen ist ihr Laden ein kleines Paradies für Kinder. Frau En-
gel betreibt den Laden mit viel Herzblut und macht ihrem
Namen alle Ehre. Derzeit ist sie aber sehr beschäftigt,
denn die Loopie-Bärchis, die sie exklusiv für die Königs-
kron GmbH als Werbegeschenke verteilt, sind der Renner,
und ihr Laden ist entsprechend voll mit Kindern und deren
Eltern. Da jeder von ihnen zu Reklamezwecken die Ad-
ressdaten hinterlassen muss, nimmt das Verschenken der
Bärchis einige Zeit in Anspruch. Während des Bedienens
der Kunden ist Frau Engel gleichzeitig ständig am Telefon,
um Lieferprobleme zu diskutieren.
 BÄRCHIS
IM BANN DER
Einführung des
Mysteriums Loop-Tor
(Schlafwandler)

Spielwarenladen

Insektomobil Schrebergarten

Hornissenfelsen SHOWDOWN
(HORNISSENNEST)

67
KAPITEL O4
ÄRGER
Mit einem Wurf auf einfühlen kann ein Kind feststellen,
dass Frau Engel sichtlich überfordert und sehr gestresst
wirkt, obwohl sie doch nur ihre Ruhe will. Man sollte
ihre Geduld heute besser nicht strapazieren, sonst könnte
die normalerweise so freundliche Dame ungehalten re-
agieren, die Eltern anrufen, die Kinder rauswerfen oder
Ähnliches. Sollten die Kinder sie dennoch beharrlich an-
sprechen, wird sie nur bei einem gelungenem Wurf auf
charme Zeit für sie haben (ein vorher gelungener Wurf
auf einfühlen gibt pro Erfolg einen Bonus von +1, ma-
ximal +3). Bei Misslingen sind die Kinder ganz auf sich
allein gestellt.
Falls die Kinder, z. B. wegen mangelnder Zeit seitens
der Besitzerin, auf die Idee kommen, bei all dem Trubel im
Laden oder hinten aus dem Lager heimlich ein Bärchi zu
nehmen, um es näher zu begutachten oder sogar zu stehlen
(sie sind ja ohnehin kostenlos  …), muss ihnen dazu ein
Wurf auf schleichen gelingen. Bei Misslingen, oder wenn
sie von vornherein offen ein Bärchi greifen, entdeckt ent-
weder Frau Engel sie und wirft sie mit strengen Worten
aus dem Laden, oder sie geraten an ein Kind, das ähnliche
Ambitionen wie sie hat, sodass es zum Streit um ein Bärchi
kommt, den man je nach Herangehensweise mit kraft, be-
wegen oder charme gewinnen kann.
68
Falls die Kinder heimlich Unterlagen über die Bärchis
suchen wollen, finden sie diese hinter dem Kassentresen
und können sie mit einem erfolgreichen Wurf auf schlei-
chen lesen. Bei Misserfolg werden sie entdeckt und es
kommt wiederum zu einem Verweis aus dem Laden. Nach
einem Ladenverweis durch einen misslungenen Wurf ist
ein Markieren des Zustandes Verängstigt oder Wütend
angebracht.
HINWEISE
Ob aus einem Gespräch mit Frau Engel, beim Belauschen
ihrer Telefonate (mit erfolgreichem Wurf auf untersuchen)
oder aus den Unterlagen hinter dem Tresen – die Kinder
können hier erfahren, dass es derzeit tägliche Lieferungen
von Loopie-Bärchis an den Spielwarenladen gibt. Da der
Lagerraum des kleinen Ladens sehr begrenzt ist und die
Nachfrage nach den Werbegeschenken groß, hat die Be-
sitzerin mit den Loop-Betreibern diese Lieferweise verein-
bart. Offenbar ist der Prozess aber noch sehr chaotisch
und improvisiert, da die Beliebtheit der Bärchis die Pla-
nungen der Königskron GmbH und die Kapazitäten von
Frau Engel übersteigt. Die Bärchis werden deshalb in einer
Lagerhalle des Loops am TOR: IV gelagert, von wo aus täg-
liche Lastwagenfahrten zum Spielwarenladen starten. Die
tägliche Lieferung kommt morgens um 10:00 Uhr an, also

während der Schulzeit. Falls es den Kindern möglich ist,
können sie dem Lastwagen mit einem erfolgreichen Wurf
auf bewegen bei der Rückfahrt zurück zum TOR DES LOOPS
(­Seite unten) folgen.
Entwendete Bärchis können mit einem erfolgreichen
Wurf auf untersuchen weitere Informationen liefern: Bei
den ladenfrischen Exemplaren ist noch ein eigentümlich
süßlicher Geruch wahrzunehmen, der sich aber bald ver-
flüchtigt. Ist es die Quelle dieses Geruchs, der die Kinder
beeinflusst?
Kuschelt man ausgiebig in dieser frühen Phase mit
dem Bärchi, entsteht eine Bindung an die Königin. Später
genügen die Restspuren an Pheromonen auf dem Bärchi
nur noch dazu, um diese Bindung weiter aufrechtzuhalten,
aber nicht, um eine neue entstehen zu lassen. Kinder, die
eine Weile engen Kontakt mit einem ladenfrischen Teddy
haben, können also an dieser Stelle von den Pheromonen
beeinflusst werden. Kuscheln sie hingegen mit dem Bärchi
eines anderen Kindes, das dieses schon einen Tag oder län-
ger besitzt, geschieht nichts weiter. Möglicherweise zieht
ein Kind eine Verbindung vom Biologieunterricht und
dem Thema Pheromone und will nun die Biologielehrerin
Frau Weber-Lange in ihrem Schrebergarten aufsuchen
(Seite 73).
SCHAUPLATZ 2:
TOR DES LOOPS
Der Loop hat eine Reihe unterschiedlicher Eingänge, wie
man der Karte entnehmen kann. Die Hornissen sind über
das TOR: IV entkommen, und hier lagern auch die Loo-
pie-Bärchis. Das Tor liegt mitten im Wald, doch führt eine
Stichstraße, die von einer Landstraße im Taunus abzweigt,
hierher. Die wenigsten Angestellten betreten den Loop
durch dieses Tor; es dient in erster Linie Zulieferern und
Wartungspersonal als Ein- bzw. Ausgang. Ein Zaun mit
einem Gittertor für Fahrzeuge umgibt das Areal und bildet
die erste Barriere.
Dahinter liegt eine bunkerähnliche Anlage aus Beton,
die aus dem Waldboden ragt: Eine große Rampe führt
vom Bodenniveau aus ein Stück weit bergab und endet
vor einem breiten Rolltor, dem eigentlichen Eingang in die
Loop-Anlage. Dahinter liegt eine unterirdische Halle, die
Platz für Be- und Entladungen von Lieferwagen bietet und
als Lager (derzeit auch für die Loopie-Bärchis) verwendet
wird. Wartungsgänge führen von hier aus in beide Rich-
tungen entlang des Loops. Oberirdisch ragen nahe dem
Tor einige Betonwände aus dem Waldboden hervor, sodass
man dem Verlauf des Loops im Wald folgen kann. Suchen
die Kinder diese Bauten ab, erkennen sie einige Einstiege zu
BÄRCHIS
IM BANN DER
Belüftungsschächten. Sie sind jedoch durch engmaschige,
metallene Gitter vor Eindringlingen geschützt.
Etwas abseits der Gebäude, versteckt auf einer Lich-
tung, zu der ein Weg führt, wurde eine kleine Schrotthalde
eingerichtet. Hier werden mechanische und elektrische
Geräte ziemlich unsachgemäß zwischengelagert, bevor sie
auf einen Schrottplatz abtransportiert werden.
ÄRGER
Natürlich handelt es sich bei dem Tor um Sperrgebiet. Un-
befugten ist schon die Zufahrt über die Stichstraße zum
Tor per Schild untersagt. Unmittelbar vor der Rampe
blockiert ein Zaun mit einem Gittertor für Fahrzeuge den
Weg. Der Zaun kann von den Kindern mit einem erfolgrei-
chen Wurf auf bewegen überklettert werden. Mittels Wür-
fen auf kraft oder tüfteln kann alternativ auch ein Loch in
den Zaun geschnitten werden. Ein Überwinden sollte auf
jeden Fall gelingen, auch wenn die Kinder bei Misserfolg
einen Zustand wie Verletzt oder Verängstigt erhalten.
Der Zaun wird nicht videoüberwacht, aber bisweilen
geht Sicherheitspersonal ihn entlang der eingezeichneten
Wege ab (unregelmäßig, etwa zweimal täglich), was man
jedoch meist schon von Weitem hört und abends anhand
von Taschenlampen-Lichtkegeln auch sieht. Mit erfolg-
reichem schleichen können sich die Kinder in diesem Fall
vor den Männern in Uniform verstecken, ansonsten wer-
den sie des Geländes verwiesen; bei Widerstand versuchen
die Männer auch, die Eltern der Kinder zu kontaktieren,
was natürlich viel Ärger zu Hause bedeuten kann. Haben
die Kinder den Zaun überwunden, gilt es, in die Anlage
selbst zu gelangen.
Das ROLLTOR ist videoüberwacht, wie eine deutlich
darüber montierte Kamera leicht erkennen lässt. Zudem
ist eine moderne, blechern klingende Gegensprechanlage
angebracht. Über dieses Tor Zugang zu erhalten, gilt als
Großer Ärger (siehe Tales from the Loop Seite  70) mit
einer Schwierigen Bedrohungsstufe (2  x Anzahl der Kin-
der). Dabei könnten Fertigkeiten wie bewegen und schlei-
chen, aber auch begreifen, tüfteln oder programmieren eine
Rolle spielen.
Einfacher ist es, Zugang über den gleichen Weg zu er-
halten, über den die Hornissen nach außen gelangt sind:
Eines der Lüftungsgitter  – das kann mit einem erfolg-
reichem Wurf auf untersuchen entdeckt werden – ist be-
schädigt und bietet dadurch einen Einstieg. Zusätzliche
Erfolge können erkennen lassen, dass es offenbar durch-
geschmort ist. Irgendeine technische Fehlfunktion oder
ein Kabelbrand muss es beschädigt haben, ebenso den
Ventilator darin, der offenbar lahmgelegt ist. Das Gitter
des Luftschachtes wurde vom Sicherheitsdienst noch nicht
entdeckt und bietet daher die Möglichkeit, über einen
69
KAPITEL O4
erfolgreichen Wurf auf bewegen ins Innere zu gelangen.
Jedoch können die Kinder aus dem Inneren ein durch
die hallenden Effekte des Lüftungsschachtes recht lautes
Brummen hören.
Wagen sie sich dennoch hinein, kommen ihnen einige
Nachzügler des Hornissenvolkes entgegen! Die Hornis-
sen (deutlich größer als gewöhnliche Exemplare) und ihr
Sonderattribut werden auf Seite 78 beschrieben. Sie wol-
len in erster Linie hinausgelangen, jedoch sind sie durch-
aus aggressiv gegen Hindernisse, die ihnen den Weg ver-
sperren – so wie die Kinder.
Aus dem Material vom Schrottplatz lässt sich mittels
tüfteln Ausrüstung bauen (z.  B. auch zum Eindringen in
die Anlage). Außerdem ist ein Stück besonders auffällig:
Ein ausrangierter, großer Lastroboter vom Typ „Scrap-
per“. Er kann durch tüfteln oder programmieren soweit
hergerichtet werden, dass er angeschaltet und mittels
einer ebenfalls auf dem Schrottplatz liegenden Arm-Fern-
bedienung wieder gesteuert werden kann. Jedoch ist
die Hydraulik eines Beins irreparabel defekt und auch
der Torso so verrostet, dass er sich nicht mehr bewegen
lässt. Der Hydraulikarm dagegen funktioniert noch. So
könnten die Kinder ihn einsetzen, um hinkend und sich
voranschleppend irgendwo Dinge, wie z. B. Rolltore oder
Lüftungsgitter, kaputtzuhauen.
HINWEISE
Wenn die Kinder über den Lüftungsschacht oder das Tor
in den Lagerraum des Loops gelangen, können sie hier
einige Hinweise finden: Im Lüftungsschacht liegen einige
große tote Hornissen. Eine Untersuchung über einen er-
folgreichen Wurf auf begreifen oder untersuchen lässt er-
kennen, dass sie offenbar aus dem Inneren des Loops ka-
70
men. Die teils verschmorten toten Insekten lassen darauf
schließen, dass diese Exemplare sich für den Schwarm ge-
opfert haben, indem sie sich auf Leitungen geworfen oder
sie zerstochen und damit technische Fehlfunktionen aus-
gelöst haben. Einige der toten Insekten sind beunruhigend
groß. Es ist problemlos möglich, Exemplare für weitere
Untersuchungen mitzunehmen.
Im Lager selbst stoßen die Kinder auf Dutzende of-
fener Container voller Loopie-Bärchis. Ein seltsam süß-
licher Geruch (von den Insektenpheromonen) liegt über
der Ware. Die toten Hornissen und dieser Geruch sollten
bei erfolgreichem begreifen zum Schluss führen, dass der
Geruch von den Tieren stammt und eine Absonderung
darstellt, ein Pheromon.
Die Kinder können per untersuchen weitere tote
Hornissen in und neben den Containern unterhalb des
Lüftungsschachtes finden, über den sie offenbar geflohen
sind. Verfolgen sie die Spur der toten Insekten weiter, führt
sie einerseits durch den Lüftungsschacht nach außen, zum
anderen weiter nach innen bis hinter ein Gitter mit sehr
breiten, aber festen Stäben. Hinter diesem sehr stabilen
Gitter liegt der innere Bereich des Loops. Es ist sehr stabil,
doch für die Hornissen stellte es wegen der breiten Ab-
stände der Stäbe kein Hindernis dar.
INNERER BEREICH
Es ist für die Kinder schwer, aber möglich, tiefer in die
Loop-Anlage einzudringen. Ihnen sollte bewusst sein, dass
ihr Eindringen eine Straftat darstellt und eine Entdeckung
ernste Konsequenzen bedeutet. Zwar sind sie noch min-
derjährig, aber es käme eine Menge Ärger auf sie zu, wenn
der Sicherheitsdienst bei ihren Eltern anruft und diese bit-
tet, die Kleinen doch freundlicherweise abzuholen.

Der Zugang zu den inneren Bereichen erfordert in
jedem Fall eine über Großen Ärger mit Extrem schwie-
riger Bedrohungsstufe (3  x Anzahl der Kinder) abzu-
wickelnde, konzentrierte Aktion. Möglich ist ein Einstieg
von außen über die gut versperrten Lüftungsanlagen
(einschließlich noch funktionierender Ventilatoren!) di-
rekt über dem Elektrikraum oder dem Labor. Weiterhin
ist ein Eindringen von innen her möglich, entweder über
die Sicherheitsschleuse oder die schweren Lüftungsgitter
in einem der Luftschächte von der Lagerhalle her. Neben
technischen Fertigkeiten wie begreifen, tüfteln oder pro-
grammieren können auch körperliche wie schleichen und
bewegen eine Rolle spielen.
Falls die Kinder sich aber nicht mit dem Fund der Bär-
chis und der Spur zu den Hornissen zufriedengeben, sollten
sie dafür – falls die Würfe gelingen – auch belohnt werden:
Hinter der Sicherheitsschleuse liegt ein leicht gebogen
verlaufender, unterirdischer Wartungsgang aus Beton,
der voller Röhren und Kabelleitungen ist. Auch die Fort-
führung der Luftschächte verläuft entlang dieses Ganges
und gibt über Gitter die Möglichkeit, in den Wartungs-
gang zu blicken. Pulsierende Geräusche sind aus der Tiefe
des Bodens zu hören. Der Gang zieht sich über Kilometer
hinweg nach links und rechts, parallel zum Loop. In un-
mittelbarer Nähe liegen zwei Räume:
das Labor und der Elektrikraum.
Die Tür zum Labor ist mit „Insektenkolonien“ be-
schriftet. Es ist voller Terrarien mit verschiedenen
Insektenvölkern: Ameisen, Bienen, einige Käferarten. Der
mit „Vespa Crabro“ beschriftete Glaskasten ist als ein-
ziger leer. Nur ein verlassenes Nest und einige der Natur
nachempfundene Steine und Holzstücke sind hier zu
sehen. Das Nest selbst hängt unterhalb eines künstlichen
Felsens. Ein Kind unter dem Einfluss der Hornissen-
königin, das diesen Felsen sieht, erkennt, dass dessen Form
der in seinen Traumvisionen stark ähnelt. Allerdings lag
der Fels im Traum in einer echten Landschaft und ragte
aus einem echten Wald empor. Mit erfolgreichem einfühlen
versteht ein Charakter, dass – was immer die betroffenen
Kinder ruft – Sehnsucht nach zu Hause hat. Es ist wahr-
scheinlich von hier ausgewandert und will sich ein neues
Heim bauen, das dem alten gleicht, hat sich also einen Ort
gesucht, der diesem hier ähnelt. Das ist es, was die Hor-
nissen wollen. Und sie rufen ihresgleichen dorthin. Aber
diese Botschaft erreicht auch die Kinder und das kann ver-
dammt gefährlich werden! Sollten die Kinder etwas aus
„der Heimat“ mitnehmen, z.  B. den künstlichen Felsen,
verleiht ihnen das im Showdown für jede Interaktion mit
Königin Vespasiana einen Bonus von +2 Bonus. Die Form
des Felsens gibt damit einen weiteren Anhaltspunkt auf
den Standort des Hornissennestes.
BÄRCHIS
IM BANN DER
INFORMATIONEN FÜR DIE KAMPAGNE
Wird das Abenteuer innerhalb der
Kampagne gespielt, ist die Ursache
keineswegs ein Zufall oder mensch-
liches Versagen. Vielmehr können
die Kinder hier entdecken, dass der
Brand bewusst und gezielt ausgelöst
wurde – aus dem Computersystem he-
raus! Jemand hatte darauf Zugriff
und hat die Vorgänge ausgelöst, die
die Hornissen befreiten. Die Kinder
sollten an dieser Stelle noch nicht
definitiv erfahren, wer dahinter-
steckt, und es ist unwahrscheinlich,
dass sie zu diesem Zeitpunkt einen
konkreten Verdacht haben, dass eine
Künstliche Intelligenz der Draht-
zieher ist. Doch auch ein Spion
sollte hier als Möglichkeit weiter-
hin offenbleiben (womöglich ja mit
Herrn Asselmann als Verdächtigem?),
der Verdacht sich durch diese Sabo-
tage vielleicht sogar erhärten.
Der Elektrikraum ist voller vor Starkstrom warnender
Schilder. Wer die Leitungen im Raum mit untersuchen an-
schaut, kann hier über Erfolge die Erkenntnis gewinnen,
dass diese Leitungen das gesamte Torgebäude mit Strom
versorgen. Irgendwo hier muss auch der Kabelbrand seine
Ursache gehabt haben, der für das kaputte Lüftungsgitter
verantwortlich ist. Eine Bedrohung ist die hohe Ladung
auf den Kabeln: jedes Kind, das den Raum betritt, muss
entweder auf tüfteln, begreifen oder bewegen würfeln. Ein
Misserfolg führt zum Zustand Verletzt.
SCHAUPLATZ 3:
INSEKTOMOBIL
Das Insektomobil ist das Fahrzeug des hinzugerufenen
Kammerjägers Walter Richterle (Seite  77). Es kann als
„Joker“ überall und zu jedem beliebigen Zeitpunkt auf-
tauchen. Meistens fährt es auf den Waldstraßen des Tau-
nus umher. Die Kinder können es aber auch gezielt ver-
folgen oder suchen. Ob und wann sie fündig werden,
entscheidet die Spielleiterin.
71
KAPITEL O4
Bei dem Fahrzeug handelt es sich um ein umgebautes
Wohnmobil: Grün und gelb lackiert und mit einem Air-
brush-Gemälde versehen, das man wohl als Parodie auf
die Bilder von Brummi-Fahrern an ihren Trucks deuten
muss, zeigt es eine sexy Kakerlake, die sich wie ein Play-
boy-Model räkelt. An Geschmacklosigkeit übertroffen
wird dieses Sprühbild nur noch von dem riesigen Plastik-
käfer-Aufbau auf dem Dach, der über fast die gesamte
Länge des Insektomobils reicht. Ja, wo Walter Richterle
hinfährt, da fällt er auf und sorgt dafür, dass man sich an
ihn erinnert. Seine Telefonnummer prangt groß auf dem
Wagen, aber derzeit ist er ja im Einsatz und hat den Anruf-
beantworter laufen.
Auf seiner Mission wohnt Richterle auch in seinem
Fahrzeug, das er wie ein Prepper mit Nahrungsriegeln, Gas-
kocher und allem Nötigen präpariert hat, um wochenlang
zu überleben. Toilette, Dusche und Bett sind noch Original-
ausstattung des Wohnmobils, ebenso wie der (Schreib)tisch
und eine der Sitzbänke. Den Schrank nutzt er vor allem zur
Unterbringung von Arbeits- und Schutzkleidung.
Völlig neu interpretiert hat Richterle hingegen die
kleine Küche, die er zu seiner „Chemieküche“ gemacht
hat und in der er Dutzende Insektizide und Pestizide in
Schränken lagert. Es stinkt deshalb fürchterlich im Wagen
(Richterle nimmt das schon gar nicht mehr wahr). Im Bett-
aufbau über der Fahrerkabine hat er zudem einige Terra-
rien eingebaut, in denen er Insekten hält – in einer ziemlich
perversen Mischung aus „kleinen Lieblingen“, die er wie
Haustiere füttert, und gleichzeitig Testobjekten, an denen
er, ohne zu zögern, seine tödlichen Gifte ausprobiert. Seine
Ausrüstung ist über alle freien Stellen im restlichen Wohn-
mobil verteilt. In einem Fach über dem Tisch verwahrt er
den Schriftkram, der so anfällt: Rechnungen, Handbücher,
Quittungen, Strafzettel …
72
ÄRGER
Falls die Kinder das Fahrzeug untersuchen wollen, ist ihr
größtes Hindernis Walter Richterle selbst. Wo sein Wagen
ist, ist er nicht weit. Aber während seiner Mahlzeiten an
einem Imbissstand oder wenn er auf Erkundungsmission
im Wald ist, ist sein Fahrzeug zumindest für eine Weile
unbewacht. Die Kinder sollten sich mit erfolgreichem
schleichen gefahrlos nähern und eindringen können. Zu
beachten ist Richterles Sonderattribut (siehe Tales from
the Loop Seite  69) verminator  2, durch das ein Kind 2
Erfolge benötigt, um Erfolg zu haben.
Im Mobil selbst gibt es einige hochgiftige Substanzen.
Wenn die Kinder diese untersuchen, kann die Spielleiterin
Würfe auf begreifen und/oder bewegen verlangen, um sie
als solche zu erkennen und sie nicht umzustoßen oder auf
andere Weise zu „aktivieren“.
Ab Countdown-Stufe 3 könnten sie auch in einen An-
griff der Hornissen hineingeraten, die Richterle und sein
Fahrzeug mittlerweile als Gefahr einstufen.
HINWEISE
Durchsuchen die Kinder die Ecke mit dem Schreibtisch
und dem Fach darüber, können sie einige Schulungsunter-
lagen für Schädlingsbekämpfer finden. Studiert ein Kind
diese und gelingt ihm ein begreifen-Wurf, so verleiht das
Handbuch entsprechend der Regeln in Tales from the
Loop auf Seite 75 einen Bonus auf einen Wurf, um Hor-
nissen und deren Nester zu bekämpfen.
Weiterhin können hier Landkarten gefunden werden,
auf denen Richterle Stellen mit erhöhter Hornissen-Aktivität
vermerkt hat. Je nach Countdown-Stufe sind hier keine oder
wenige (Stufe 0–2) oder viele (Stufe 3–4) Orte rot eingekreist.
Da es erst ab Stufe 2 vermehrt Übergriffe von Hornissen auf
bestimmte Orte und damit Sichtungen gibt, ist die Karte erst

ab dieser Countdown-Stufe ein Hinweis in Richtung des
Hornissenfelsens (Seite 74). Es sind dann beispielsweise das
Loop-Tor, eine am Wald gelegene Schrebergartensiedlung in
Oberursel und einige Stellen im Wald grob in dieser Gegend
eingezeichnet. Richterle findet das neue Nest auf eigene Faust
aber erst frühestens ab Countdown-Stufe 3.
Durchsuchen die Kinder die Giftküche und Aus-
rüstung, können sie wirksame Waffen gegen die Hornissen
finden. Es gibt mehrere Insektengift-Sprühdosen und Sätze
an Schutzkleidung, die jeweils einen Bonus von +1 auf An-
griffe bzw. Verteidigungen gegen Hornissen verleihen. Ein
großes Profi-Sprühgerät gewährt sogar einen Bonus von
+3. Ein pfiffiges Kind kann auch in der Chemieküche per
tüfteln seine eigene Waffe gegen die Biester kreieren.
An den Test-Terrarien kann ein Kind über begreifen
zudem Bonuswürfel für einen Wurf im Umgang mit In-
sekten sammeln, indem es deren Verhaltensweisen und
Reaktionen auf Gifte und Pheromone durchschaut. Die
Kinder können aus diesem Wurf oder beim Durchgehen
der Unterlagen zudem erfahren, dass die wirkkräftigsten
Hormone, die ein ganzes Hornissenvolk beeinflussen kön-
nen, meist von den Königinnen selbst abgegeben werden.
SCHAUPLATZ 4:
SCHREBERGARTEN DER
BIOLEHRERIN
Die Schrebergartensiedlung liegt am Waldrand von Ober-
ursel, ganz in der Nähe einiger Mammutbäume; ein gutes
Ausflugsziel für z. B. Fahrrad fahrende Kinder aus der Um-
gebung und damit ein Vorwand für die Kinder, hier vorbei-
zuschauen. Sie ist nur über eine kleine, nicht asphaltierte
Straße sowie Wanderwege in und aus dem Taunus zu errei-
chen. Hier hat eine bunte Klientel ihre kleinen Refugien ge-
schaffen: Vom spießigen Gartenzwerg-Grundherr über den
immer grillenden Gastarbeiter und Fußballfan bis zur öko-
logisch denkenden Umweltschützerin trifft man hier jedes
Klischee an (und jede Menge Personen, die mit all diesen
Klischees brechen). Die Siedlung ist in Parzellen eingeteilt,
die meist mit Hütte versehen und von Zaun umgeben sind,
gerne auch mal mit einer Flagge dekoriert. Dazwischen füh-
ren labyrinthartige Wege zu den einzelnen Gartentörchen;
passenderweise liegt irgendwo in diesem Labyrinth ein grie-
chisches Restaurant namens „Knossos“.
Der Schrebergarten kann für die Kinder aus zwei
Gründen ein Anlaufpunkt sein: Zum einen verbringt
hier die Bio-Lehrerin Frau Weber-Lange (Seite  78) ihre
Freizeit im eigenen Schrebergarten; sie ist schulbekannt
dafür, denn immer wieder einmal lädt sie Schüler zu AGs,
BÄRCHIS
IM BANN DER
Klassentreffen oder kleinen Exkursionen in ihren Garten
ein. Sie züchtet hier Bienen, betreut Insektenhotels, pflanzt
Obst und Gemüse für den Eigenbedarf an und studiert ge-
nerell ihr Fach am lebenden Objekt.
Zum anderen häufen sich später (etwa ab Countdown-
Stufe 2–3) auch Hornissenangriffe in dieser Siedlung.
Dafür gibt es zwei Gründe: Es handelt sich um die dem
Hornissenfelsen am nächsten gelegene Ansiedlung von
Menschen. Sie wird deshalb vom Hornissenvolk als Be-
drohung angesehen. Außerdem gibt es hier mehrere Imker,
und Bienen werden von Hornissen gerne als Nahrung ge-
jagt – angesichts der Hornissen-Größe werden aber bald
sogar Bratwürste vom Grill gestohlen. Für das Gelée roya-
le dieser Hornissen ist auch der Honig und alles, was süß
ist, eine wertvolle Quelle. Auf der Karte von Kammerjäger
Walter Richterle ist die Siedlung aufgrund der Sichtungen
ab Countdown-Stufe 2 markiert.
ÄRGER
Die Kinder sollten sich besser nicht verlaufen oder von
den Wegen abkommen, denn viele der Kleingärtner re-
agieren darauf gereizt. Sie beobachten ihre Parzelle mit
Adleraugen und verteidigen sie verbissen gegen „frem-
de Gören und Lümmel“. Einer solchen Situation kann
ein Kind aber per bewegen oder charme entkommen. Ab
Countdown-Stufe 2–3 können sie auch in einen Angriff
der Hornissen hineingeraten.
HINWEISE
Bei einer Tasse Mate-Tee ist die freundliche Frau We-
ber-Lange gerne bereit, einem ihrer Schüler Fragen zu be-
antworten und zu helfen. Zwar glaubt sie den Kindern,
was sie erzählen, deutet manches allzu Fantastische als
Erwachsene aber eher symbolisch und psychologisch, an-
statt es für bare Münze zu nehmen. Sie ermutigt aber dazu,
dass die Kinder ihre eigene Realität schaffen und glaubt
zumindest an einen wahren Kern darin. Mit charme oder
begreifen kann man von ihr wertvolle Dinge lernen:
■ Sie weiß alles über den Aufbau und Bau von Hornissen-
nestern, beispielsweise, dass diese immer an regenge-
schützten, dunklen Hohlräumen gebaut werden, also in
den Ecken von Gartenhütten, Dachböden oder in Vogel-
nistkästen. In freier Natur sind es vor allem geschützte
Baumhöhlen oder trockene Bereiche unter Felsen.
■ Sie weiß, wie ein Hornissen-Staat entsteht und funk-
tioniert. Es gibt eine Königin, die nach dem Überwin-
tern ein Nest baut und dort Eier legt. Die geschlüpften
Arbeiterinnen ernähren sie von da an mit Gelée royale
(gewonnen aus so ziemlich allem, was zuckersüß ist,
vor allem zuckrigen Baumsäften, aber auch aus Ho-
nig, Früchten etc.) Die Arbeiterinnen übernehmen
73
KAPITEL O4
auch den Weiterausbau des Nestes und die Fütterung
der Larven, die in erster Linie mit tierischem Mate-
rial gefüttert werden, das meist von anderen Insekten
stammt, z. B. Käfern oder auch Bienen.
■ Die Lehrerin weiß auch viel über die Kommunikati-
on der Insekten mittels Pheromonen und den Begriff
„Schwarmbewusstsein“: Pheromone sind abgeson-
derte Geruchsstoffe, auf die andere Artgenossen ganz
automatisch reagieren (sie nennt dabei die auf Seite 65
beschriebenen Pheromonarten und deren Auswir-
kungen); sie können gar nicht anders. So weiß jedes
Exemplar, was es zu tun hat. Das mag für den Laien
wie ein gemeinsames Bewusstsein wirken, ist es aber
eigentlich nicht. Sie gibt den Kindern auch die wich-
tige Information, dass es in vielen Fällen die Königin
ist, die bestimmte, besonders starke Pheromone abgibt
und dass also nur sie deren Abgabe einstellen kann.
■ Falls die Kinder den Felsen aus den Visionen bzw. das
Modell aus dem Labor beschreiben oder mitbringen,
vermutet die Lehrerin, dass es sich um einen Quar-
zit-Felsen im Taunus handle. Davon gibt es viele an
verschiedensten Bergen. Ihre Informationen geben
insgesamt einen weiteren Hinweis auf den Standort
des Hornissenfelsens (siehe unten). Haben die Kinder
schon 1–2 weitere Hinweise gesammelt und bringen
sie ins Gespräch ein (z.  B. die Karte des Kammerjä-
gers), so erwähnt Frau Weber-Lange, dass ein Berg
namens „Goldgrube“ mit seiner steilen Goldgruben-
felsen-Wand in der Nähe liegt.
SCHAUPLATZ 5:
HORNISSENFELSEN
Während ihrer Recherche bei den bisherigen Schauplätzen
konnten die Kinder mehr über die Hornissen und auch
den Standort ihres neuen Nestes erfahren. Entweder über
diese Recherchen zum Standort und zu den Eigenheiten
des Nestes, oder weil sie bei eskalierendem Countdown
von den Pheromonen betroffenen Kindern folgen, finden
sie schließlich den Hornissenfelsen.
Es handelt sich um den „Goldgrubenfelsen“, eine steil
abfallende Felswand am 492 m hohen Berg „Goldgrube“.
Er hat seinen Namen daher, dass am Fuß des Berges in der
Antike von Kelten und Römern sowie später ab dem 18.
Jahrhundert ein Bergwerk betrieben wurde, dessen unters-
ter von 3 Stollen auch heute noch zwar vergittert, aber zu-
gänglich ist. Die Ringwälle des alten keltischen Oppidums
(stadtähnliche Befestigung) „Heidentränke“ sind als Wälle
im Waldboden an vielen Stellen noch erkennbar und bie-
ten gute Deckung und Sichtschutz.
74
Das Nest kann mit einer ausführlichen Suche ge-
funden werden, auch indem man einzelnen Hornissen
folgt: Es hängt verborgen und abseits der Wanderwege an
einer Felswand unter einem hervorragenden Felsen. Es hat
beinahe die Größe eines Häuschens. Von unten sind einige
Löcher erkennbar, über die die Hornissen in die Lufträume
der wabenähnlichen, aber rundlichen Struktur gelangen
können. Ein zentrales Loch ganz unten ist besonders groß
und bildet den Haupt-Einstieg ins Nest. Die Eingänge füh-
ren alle auf gewundenem Weg zur zentralen Königinnen-
kammer, wo auch die dicken Pfropfen einer zuckrigen,
melasseartigen Flüssigkeit gelagert werden, die aus Honig,
Früchten und Baumsaft besteht. Mit diesem Gelée royale
wird die Königin gefüttert und erreicht ihr unglaubliches
Wachstum. Auch die Arbeiterinnen ernähren sich davon
und werden entsprechend groß.
ÄRGER
Um zur Königin vorzudringen, muss diese hinaus oder die
Kinder hinein. Ein Eindringen in das Nest über die engen
Gänge ist für Kinder gerade noch möglich. Dazu ist aber
ein erfolgreicher Wurf auf bewegen nötig, um kletternd
und kriechend in die Löcher zu gelangen. Innen sind die
Waben miteinander verbunden und laufen auf eine zentra-
le Königinnenkammer zu. Um keine ungewollte Aufmerk-
samkeit der Insekten im Bau auf sich zu ziehen, ist ein
Wurf auf schleichen nötig.
Im Falle misslungener Würfe  – oder bei aggressivem
oder das Nest bedrohendem Verhalten – greifen zahlreiche
Hornissen (Seite 78) die Störenfriede an.
Falls der Countdown auf der vierten Eskalationsstufe
ist, könnten sich zudem andere Kinder unter dem Einfluss
der Pheromone bis hierhin durchgeschlagen haben. Sie
könnten damit nun in ernster Gefahr schweben, wenn sie
just aus ihrer Trance erwachen, während sie an der Fels-
wand stehen oder klettern. Die Charaktere können ihnen
helfen und sie mit anführen oder charme beruhigen und
aus der Situation manövrieren bzw. sie mit bewegen oder
kraft daraus retten. Ab Countdown-Eskalationsstufe  3
könnte auch Walter Richterle, der Kammerjäger, hier
unterwegs sein. Er mag dann mit seiner Ausrüstung hilf-
reich oder auch kontraproduktiv sein (weil er wahlweise
effektiv gegen die Hornissen mit vorgeht oder sie nur
aggressiv macht). Hilft er den Kindern, verleiht er einen
Bonus von +3 auf jegliche Maßnahmen zur Bekämpfung
der Hornissen. Doch auch er könnte in Gefahr geraten,
sodass die Kinder entscheiden müssen, ob er sich selbst
helfen kann oder sie das besser tun sollten.
Falls die Kinder die Königin herauslocken wollen, kön-
nen sie provokativ das Nest angreifen, in der Hoffnung,
dass die Königin sich zeigt. Das kann glücken, allerdings

werden sie zuvor von den Arbeiterinnen angegriffen. Ob
die Königin sich tatsächlich offenbart, entscheidet ein
Wurf auf einfühlen.
HINWEISE
Die Kinder können hier noch einmal durch eine Erkun-
dung und Betrachten des Nestes und der Arbeitsabläufe
der Hornissen mittels begreifen Boni für den Showdown
sammeln. Außerdem sollte die Spielleiterin eventuell noch
bestehende Unklarheiten hier klären. Allen Spielern soll-
te spätestens jetzt klarwerden, dass es sich um durch den
Loop veränderte (größere und intelligentere) Hornissen
handelt, die geflohen sind und hier am Hang ein neues
Nest errichtet haben, das ihrem alten ähnelt, aber um ei-
niges größer ist. Mittels starker Pheromone funktioniert
ihre Zusammenarbeit hervorragend, allerdings haben sich
die Pheromone durch einen Zufall (die Bärchis) auch auf
einige Menschenkinder übertragen.
Eine wichtige Entdeckung kann das Gelée royale sein.
Über begreifen oder untersuchen kann ein Kind erkennen,
dass es eine zuckrige Masse von hohem Nährwert ist
(süßer als alles, was sie ja an Süßkram gegessen haben,
falls sie das Zeug probieren). Sie muss für das Wachstum
der Königin und der Arbeiterinnen verantwortlich sein.
Ohne diese Masse könnten sie wohl nicht lange existie-
ren, und aus Baumrindensaft allein konnte das nicht ge-
wonnen werden (es benötigte sicherlich auch vom Men-
schen hergestellte Nahrungsmittel als Grundlage; Honig
von Imkern, Marmeladenbrote, Bonbons  …). Ein mög-
liches Druckmittel?
Dann aber sollte es bald zum Showdown kommen,
denn früher oder später zeigt sich die Königin.
BÄRCHIS
IM BANN DER
SHOWDOWN
Die Spieler vermuten wahrscheinlich, dass sich eine ein-
zelne Hornissenkönigin zeigen wird. Zwar gibt es dieses
einzelne, prächtige und äußerst große Tier (einen halben
Meter lang!) durchaus, doch ist es der ganze Schwarm,
der sich nun an die Kinder wendet. Ein plötzlicher, äußerst
intensiver, beißender Geruch macht die Kinder schwind-
lig. Dann versammelt sich der gesamte Schwarm wie auf
Kommando um die Königin und nimmt die Form eines
aus hunderten Einzelwesen bestehenden Etwas von meh-
reren Metern Durchmesser an. Seine Form ähnelt nun
etwa einer großen, humanoiden Hornisse. Das Schwarm-
wesen pulsiert, während Gerüche an die Umgebung ab-
gegeben werden. Wer die Unendliche Geschichte gelesen
hat, muss unweigerlich an „Die Viele“ denken; ähnlich
bedrohlich wie dieses Wesen aus dem Roman wirkt auch
dieser Hornissenschwarm.
Die Kinder nehmen nun alle ähnliche, aber nochmals
deutlich intensivere Visionen wahr, wie sie die kleinen
Bärchi-Junkies gesehen haben. Und sie hören eine Stim-
me in ihrem Kopf, die Stimme der Königin, die wie aus
hundert summenden Mündern klingt: „Wir sind Vesss-
spasiana, Königin der Hornissen! Was wollen sie hier?
Erklären sie sich!“
ÄRGER
Die Kinder sind hier, um das Problem auf die eine oder an-
dere Weise zu lösen. Die Entität Vespasiana ist intelligent
genug, um auf friedliche Lösungen einzugehen, verteidigt
ihr Nest aber auch verbissen und aggressiv genug, um die
Kinder mit aller Macht anzugreifen, falls man zu keiner
Einigung gelangt. Sie spricht die Kinder mit einer prono-
minalen Anredeform mit er bzw. sie an (auch „Erzen“ ge-
75
KAPITEL O4
nannt), wie man es von Königen gegenüber Untertanen
und Bediensteten kennt. Neben den „Worten“, die sie
mittels feinster Pheromone allein in den Köpfen aller an-
wesender Kinder (und nur Kinder) entstehen lässt, sendet
sie immer wieder auch Bilder: Wird sie wütend, strömen
Eindrücke von wütenden, stechenden Hornissen auf die
Kinder ein, redet sie von Orten oder Personen, sind es ver-
zerrte Abbilder von ebendiesen. Die Spielleiterin kann hier
Bilder am Spieltisch vorzeigen oder beschreiben.
Folgende Lösungsmöglichkeiten für die Situation könn-
te es geben, die Spielleiterin kann aber auch andere Ideen
zulassen, wenn die Spieler solche haben. In jedem Fall sollte
die Lösung aber mit Großem Ärger (siehe Tales from the
Loop Seite 70) mit Fast unmöglicher Bedrohungsstufe (4 x
Anzahl der Kinder) einhergehen. Sollten die Kinder schei-
tern, kann eventuell eine zweite, andere Lösungsmöglich-
keit mit Extrem schwieriger Bedrohungsstufe (3 x Anzahl
DAS ENDE IN DER KAMPAGNE
Im Spiel innerhalb der Kampagne gibt
es drei naheliegende Enden:
■ Die Kinder haben eine friedliche
Lösung mit Königin Vespasiana ge-
funden (beispielsweise Mit Herz,
Mit Verstand und evtl. Mit List
oder Mit Trickserei).
■ Die Lösung hat Vespasiana zur
Feindin gemacht (beispielsweise
Mit Gewalt, evtl. Mit Trickserei
oder Mit List, ebenso wenn es auf-
grund von Misslingen zu einer di-
rekten Konfrontation mit ihr kam)
■ Vespasiana ist tot (beispielsweise
Mit Gewalt, evtl. Mit Trickserei
oder wiederum bei einer direkten
Konfrontation aufgrund von Miss-
lingen des Plans)
Im letzten Abenteuer der Kampag-
ne kann es eine Rolle spielen, wie
Vespasiana zu den Kindern (und der
Kaiser-KI) steht. Als Verbündete
wird sie gegen die KI helfen, als
Feindin schlägt sie sich auf die
Seite der KI. Ist sie tot, spielt
sie keine weitere Rolle mehr.
76
der Kinder) noch gelingen. Misslingt auch diese, kommt es
zu einer direkten Konfrontation mit der Königin, beispiels-
weise ein Kampf oder eine Flucht. Außerhalb des Großen
Ärgers (und nur dann) kommt dabei ihr Sonderattribut wir
sind viele 3 zum Tragen, das heißt, die Kinder müssen 3 Er-
folge erreichen, um Würfe gegen sie zu bestehen.
■ MIT HERZ: Die Hornissenkönigin kann mit Erklärun-
gen und Appellen dazu gebracht werden, von den
Kindern abzulassen und keine Pheromone mehr aus-
zusenden, welche Kinder herlocken könnten. Sie ist für
Aufklärungen der Missverständnisse prinzipiell offen.
Fertigkeiten wie einfühlen, charme und anführen kön-
nen eingesetzt werden. Als Bonuswürfel dient all das
Wissen, das die Kinder über die soziale Interaktion der
Hornissen über begreifen lernen konnten.
■ MIT VERSTAND: Es gibt wissenschaftliche Möglichkei-
ten, die Pheromone der Königin für Menschenkin-
der unschädlich zu machen. Mit Materialien aus der
Giftküche des Insektomobils, aus dem Schrebergar-
ten der Biologie-Lehrerin und/oder von der Königin
selbst ist es denkbar, über Fertigkeiten wie begreifen
und untersuchen, tüfteln und rechnen eine solche
Lösung zu finden und anzuwenden, womöglich ein
„Anti-Pheromon“-Spray.
■ MIT LIST: Es ist denkbar, dass die Kinder die Königin
irgendwie überlisten wollen. Vielleicht überreden sie
sie auch zu einer Zusammenarbeit, tricksen sie mit
einer Eigenart des Staatenwesens der Hornissen aus
oder schließen eine Art Vertrag oder Waffenstillstand
ab, z. B. eine Versorgung mit Süßigkeiten im Gegenzug
zu verminderter Hornissen- und Pheromonaktivität.
Was immer die Spieler an Ideen hervorbringen, könnte
funktionieren. Passende Fertigkeiten könnten einfüh-
len und begreifen sein.
■ MIT TRICKSEREI: Eine andere Form der List wäre es,
die Königin auszutricksen und beispielsweise abzulen-
ken, während einige Kinder (evtl. gemeinsam mit dem
Kammerjäger) das Nest zerstören oder entfernen, der
Königin wagemutig ihre Pheromondrüsen abschla-
gen oder ihr das Futter (Gelée royale) aus dem Nest
rauben, um sie damit zu erpressen. schleichen und
bewegen könnten dabei ebenso eine Rolle spielen wie
charme und anführen.
■ MIT GEWALT: Gewalt ist das letzte oder vielleicht auch
erste Mittel der Wahl. Ausgerüstet mit den Giften
aus dem Insektomobil oder vom Kammerjäger, mit
Werkzeug zum Zerstören des Nestes oder Ähnlichem,
könnten die Kinder der Königin und ihren Hornissen
den Garaus machen wollen. Passende Fertigkeiten
sind z.  B. kraft und bewegen, ebenso wie anführen
und tüfteln.

NACH DEM SHOWDOWN
Wenn die Kinder Erfolg mit ihrem Plan haben, ist die Ge-
fahr durch die Hornissen gebannt. Kein Kind muss mehr
sie oder die Wirkung ihrer Pheromone fürchten. Bald lässt
die Wirkung der Bärchis nach und sie landen, wie jedes
andere Spielzeug auch, in irgendeiner Ecke. Für die Eltern
war das Verhalten der Kleinen letztlich nur eine kurze Pha-
se, jegliche Zusammenhänge mit der kurzzeitigen Hornis-
senplage werden nicht ernst genommen.
NACHSPIEL
Die Kinder bekommen jeweils eine Szene aus ihrem Alltag,
mit oder ohne Ärger. Die Spieler können sich eine Szene
ausdenken oder die Spielleiterin bitten, eine vorzugeben.
Wenn die Gruppe wenig Zeit hat, kann jeder Spieler statt-
dessen einen Moment im Alltag des Kindes beschreiben.
Dabei können die Einleitungsszenen aufgegriffen werden;
beispielsweise hält ein Schüler ein Referat über weibliche
Herrscherinnen oder über Insektenvölker, oder er liest in
der Unendlichen Geschichte weiter und sieht „Die Viele“
nun womöglich in einem ganz anderen Licht.
VERÄNDERUNG
Spielleiterin und Spieler sollten gemeinsam die Charakter-
bögen durchgehen und herausfinden, ob sich die Kinder
in irgendeiner Weise verändert haben. Die Spieler können,
wenn sie möchten, einen Aspekt ihres Charakters ändern
(siehe Tales from the Loop Seite  87/88). Lies ihnen die
Fragen zur Erfahrung vor (siehe Tales from the Loop
Seite 88). Denke daran, dass jedes Kind jeweils 1 EP pro
Frage bekommt, die es mit Ja beantworten kann. Sobald
sie 5 EP erhalten haben, können sie eine Fertigkeit um 1
Stufe erhöhen.
NSC UND KREATUREN
Dieser Abschnitt beschreibt die NSC und Kreaturen, die in
diesem Mysterium vorkommen.
WALTER RICHTERLE
„Grüß Gott’le, i bi dahanna wega de Oziefer. Da ma-
chert mer kurze Prozess, is scho so guat wie erledigt.“
Der aus dem Schwabenländle stammende Kammer-
jäger im mittleren Alter ist von einfachem Gemüt. Er
wird bezahlt und macht dafür seine Arbeit so gründ-
lich wie man es von ihm erwartet. Auf Herrn Richterle
BÄRCHIS
IM BANN DER
ist Verlass, das Ungeziefer ist quasi schon mit der Auf-
tragserteilung Geschichte. Der alleinstehende Mann
sieht sich selbst als Experte, dessen Arbeit dort be-
ginnt, wo es für andere Menschen zu eklig wird. Bei
ihm hat alles Methode, er weiß, was er tut, und er lässt
keine Situation aus, sein Metier als wichtig, modern
und wissenschaftlich darzustellen. Man hat ihn ge-
rufen, weil man ihn dringend braucht, und er kostet
dieses Gefühl ordentlich aus. Seine Arbeit verrichtet er
mit einem eisernen Willen, den nur ein Schwabe auf-
bringen kann, der sich gegen das „Häusle baue“ in
„Schaffe, schaffe  …“ entschieden hat. Auch wenn er
ein überzeugter Einzelgänger ist, ist er über die Jahre
doch etwas einsam geworden. Er hat sich, ohne je-
manden in seinem Leben zum Reden zu haben, zahl-
reiche Ticks angewöhnt: Vom laustarken Nase-Hoch-
ziehen über die Gespräche, die er mit den Insekten in
seinem Insektomobil führt, bis hin zu der sadistischen
Freude am Leid von Sechsbeinern. Die meisten Leute
halten ihn für einen schrägen Vogel, einen Sonderling,
mit dem sie über das Allernotwendigste hinaus nichts
zu tun haben wollen.
Richterle riecht nach beißendem Insektengift
und ist in unförmige Arbeitsanzüge gekleidet, die
ihn wuchtiger erscheinen lassen als er ist. Sonder-
lich hübsch ist er mit seiner Halbglatze, der krummen
77
KAPITEL O4
Haltung, alten Säurenarben an den Händen und dem
schräg stehenden linken Auge auch nicht. Doch Richt-
erle hat Übung darin, entsprechende Bemerkungen
einfach zu ignorieren.
Der Kammerjäger hat das Sonderattribut (siehe
Tales from the Loop Seite 69) verminator 2, das darstellt,
dass er sich auf einer Jagd nicht so leicht abschütteln
lässt.
FRAU WEBER-LANGE
„Ich find das total wichtig, was du da sagst. Lass uns
das mal in der Gruppe besprechen.“
Die Biologielehrerin ist eine freundliche, friedfertige
Frau, die fest an Gewaltlosigkeit glaubt. Sie engagiert
sich für Umweltschutz, Frieden und gegen soziale Miss-
stände. Mit allerlei Projekten und neuen Lehrmethoden
bringt sie immer wieder frischen Wind in die Lehrer-
schaft und in die Reihen der Schüler. Wenn Kinder mit
ihr reden, haben sie das Gefühl, als genauso gleich-
wertig akzeptiert und ernst genommen zu werden wie
Erwachsene. Sie würde niemandem etwas zuleide
tun und sucht immer nach Kompromissen und fried-
lichen Lösungen. Sie ist, was ihren Fachbereich an-
geht, sehr gebildet und als recht junge Lehrerin auch
mit dem aktuellen Stand der Forschung vertraut. Frau
Weber-Lange strahlt eigentlich immer wie Mensch ge-
wordener Sonnenschein und überträgt diese positive
Stimmung auch auf ihre Gesprächspartner.
Die Lehrerhin hat eine rote, lockige Haarmähne
und Sommersprossen im blassen Gesicht. Sie trägt
Kleider in natürlichen Farben, darüber gerne ein
selbst gestricktes Jäckchen. Sie ist zart gebaut und
wirkt zerbrechlich.
78
HORNISSEN
„Bsssssssss! Bss… Bsss… BSSSSSSSS!“
Die Hornissen aus dem Loop unterscheiden sich ohne
ihre Königin nicht sonderlich von üblichen Exempla-
ren – wenn man von ihrer Größe absieht, die mit 5 bis
über 15 cm Länge dort anfängt, wo sie bei gewöhn-
lichen Hornissen aufhört. Sie erreichen diese Größe
durch ihre durch den Loop veränderte Physiologie
sowie durch die besonders zuckrige Nahrung, die sie
sammeln und einnehmen. Was die Hornissen dazu
bewogen hat, wie Bienen – und für ihre Art untypisch
– Gelée royale zu produzieren, wird ein Geheim-
nis bleiben. Vielleicht waren es Schwingungen der
Forschungsanlage, vielleicht das Zusammenspiel
vieler Duftstoffe der nachlässig im Labor gehaltenen
Insektenvölker, vielleicht geht es alles auf Vespasianas
eigene Pheromone zurück. Auf jeden Fall ist es eine
einmalige Entwicklung.
Die Hornissen reagieren besonders stark und
präzise auf die Pheromone ihrer Königin Vespasiana,
sodass Ihre Majestät ihnen praktisch direkte Befehle
geben kann.
Sie haben die für Hornissen übliche dunkle Fär-
bung mit roter Zeichnung am Rumpf und gelb-schwar-
zer Zeichnung am Hinterleib. Zwar haben sie keine
bewusste Mimik, aber für einen Menschen sehen ihre
Gesichter aus der Nähe verbissen und zornig aus.
Die Hornissen haben das Sonderattribut (siehe
Tales from the Loop Seite 69) spitzer stachel 2, das ver-
wendet wird, wenn ein Kind sich einer Hornisse außer-
halb von Großem Ärger entgegenstellt.
 BÄRCHIS
IM BANN DER
KÖNIGIN VESPASIANA Königin Vespasiana hat das Sonderattribut (siehe
Tales from the Loop Seite  69) wir sind viele  3, das ver-
„Bsssss… Wir sind Vesssspasiana, Königin der Hornis- wendet wird, wenn ein Kind sich mit ihr außerhalb von
sen! Er entferne sich. BSSSSSOFORT!“ Großem Ärger misst. Es bedeutet, dass 3 Erfolge nötig
sind, um Erfolg zu haben.
Die Hornissenkönigin wurde durch den Einfluss des
Loops stark verändert. Weitgehend von den dortigen
Wissenschaftlern übersehen, wandelte sie sich zu
einem Wesen von deutlich höherer Intelligenz  – zu-
mindest im Zusammenspiel mit ihrem Hornissenvolk.
Denn vor allem ihr Pheromonhaushalt wurde völlig
umgewandelt. Sie gibt Duftstoffe von sich, mit denen
sie ihre „Kinder“ machtvoll und exakt steuern kann.
Innerhalb dieser Schwarmintelligenz nimmt sie sich
selbst als Königin wahr und hat den Namen Vespa-
siana gewählt. Als solche sieht sie sich zudem als
„Befreierin“ ihres Volkes, die ihren Kindern eine neue
Heimat in der Wildnis sucht. Dass ihre Pheromone
auch Menschenkinder beeinflussen und sie bei ihrer
Flucht aus dem Labor im Loop in großen Mengen
über den Loopie-Bärchis verteilt wurden, ist ihr nicht
bewusst. Zwar ist ihr das eigene Volk am allerwich-
tigsten, sie ist aber als Teil ihres Schwarms durchaus
intelligent genug, um auch andere Wesen zu akzep-
tieren, mit ihnen zu kommunizieren, zu verhandeln
und zu koexistieren.
Vespasiana hat durch das Gelée royale eine
Größe von fast 50 cm Länge erlangt. Sie hat eine
prachtvolle, blutrote Zeichnung an Rumpf und Kopf,
die sie fast wie eine gekrönte, in einen Umhang ge-
kleidete Herrscherin aussehen lässt. Ihr für das Legen
von Eiern optimierter Unterleib ist prall aufgedunsen
und leicht durchsichtig. Ihre Facettenaugen wirken
auf eine seltsame Art weise intelligent und, so wie ihre
ganze Haltung, hochmütig und stolz.

79
O5
KAPITEL

DIE WAHRHEIT
HINTER DEM MYSTERIUM 81
VORSTELLUNG DER KINDER 84
EINFÜHRUNG DES MYSTERIUMS 85
LÖSUNG DES MYSTERIUMS 87
SCHAUPLATZ 1: PHASENVERSCHOBENES
TRÜMMERSTÜCK87
SCHAUPLATZ 2: ZENIT SYSTEME 88
SCHAUPLATZ 3:
SCHRENKS UNTERSCHLUPF 89
SCHAUPLATZ 4:
DAS VERSCHWUNDENE HAUS 91
SCHAUPLATZ 5: DER SCHUTZKORDON 92
SCHAUPLATZ 6:
DIE BERGWERKSANLAGE 93
SHOWDOWN94
NACH DEM SHOWDOWN 95
NACHSPIEL96
VERÄNDERUNG96
NSC UND KREATUREN 96

DER RISS IM
SCHLEIER
Kalte Herbstwinde lassen die Kiefern fauchen wie lebendige Wesen,
während altes Laub auf dem regennassen Asphalt klebt wie feuchte braune
Lappen. Seltsame Lichterscheinungen sind am Himmel zu beobachten,
ein Erdbeben erschüttert das beschauliche Leben der Kleinstadt, die Erde
selbst scheint sich zu öffnen … und plötzlich treiben Gespenster der
Technologie in der Nacht ihr Unwesen. Ist die Grenze zwischen Diesseits
und Jenseits, der Schleier zwischen Wirklichkeit und schwarzem Abgrund
vielleicht doch nicht so undurchdringlich, wie wir glauben?
Dies ist ein Mysterium, das innerhalb von zwei oder drei
Spielsitzungen gespielt werden kann. Es kann als dritter
Teil der Kampagne „Kaiserspiel“ verwendet oder als
Einzelszenario gespielt werden. Es soll eine Halloween-
Atmosphäre vermitteln, die sich irgendwo zwischen
Filmklassikern wie „Der Nebel des Grauens“ und „E.T.“
einordnen lässt. Die Kinder kommen einem Phänomen
auf die Spur, das sie hinter die Grenzen der Realität füh-
ren wird. Wenn sie die richtigen Schlüsse ziehen und die
Hinweise wortwörtlich zusammenfügen, können sie eine
Katastrophe abwenden, die ihre ganze Kleinstadt zu ver-
schlingen droht.
DIE WAHRHEIT HINTER
DEM MYSTERIUM
Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges ist der Westen
unablässig auf der Suche nach Technologien, die ihm
einen Vorteil gegenüber dem sowjetischen Gegenspieler
verschaffen. Luft- und Raumüberlegenheit sind wichtige
Aspekte, und so entwickelte die Zenit Systeme GmbH, ein
kleines verschwiegenes Unternehmen (unter großem Inte-
resse seitens der Betreiber des US-amerikanischen Loops),
einen neuartigen Antrieb für einen möglichen Orbital-Jet.
Der Antrieb nutzt Effekte bisher unbekannter Teilchen,
die im Zuge der Experimente am Loop entdeckt wurden.
81
 EINGLIEDERUNG IN DIE KAMPAGNE
KAPITEL O5
Außerhalb der Kampagne geht es in diesem
Mysterium einfach darum, die katastro-
phalen Auswirkungen des Absturzes abzu-
wenden, bevor sie die Welt, wie die Kin-
der sie kennen, verschlingen. Der Vorteil Durch diese Quanteneffekte wird das Fahrzeug nicht im
der Kinder hier ist, dass sie schon früh klassischen Sinne bewegt, sondern vielmehr kontrolliert
während ihrer Begegnung mit dem Mysterium von einer Koordinate zu einer anderen „verschoben“.
den Schlüssel zu dessen Lösung erhalten, Beim ersten praktischen Testflug kommt es allerdings zu
und auch, dass sie im weiteren Verlauf einer katastrophalen Fehlfunktion und das Flugzeug wird
Hilfe seitens des Piloten erhalten, der in mehrere Teile zerrissen. Der Teil des Flugzeugs, der den
ihnen einige wichtige Hinweise liefern Antriebskern enthält, stürzt mitten in eine lange stillge-
kann, die den Eindämmungsmannschaften der legte Bergwerksanlage. Die Explosion des Kerns reißt ein
Königskron GmbH nicht zur Verfügung ste- Loch ins Raum-Zeit-Gefüge, wodurch in einem Umkreis
hen. In diesem Fall wird der Pilot zwar von mehreren hundert Metern die Realität „aus der Pha-
gerettet, verschwindet dann aber voraus- se“ gerät, was bedeutet, dass sie zum Teil verschoben von
sichtlich für immer von der Bildfläche, unserer Realität existiert und von einer fremden Dimen-
sobald er in die Obhut der Erste-Hilfe- sion überlagert wird, die in unsere Wirklichkeit zu bluten
Mannschaften des Energiekonzerns gelangt. beginnt. Der Pilot Xaver Novotný kann sich zwar verletzt
Als Teil der Kampagne lässt sich die aus dem Wrack retten, ist jedoch zwischen den Welten ge-
Handlung enger mit den anderen Szenarien fangen. Darüber hinaus merkt er bald, dass er nicht allein
verknüpfen: Zum einen ist die Kaiser- ist, als die raubtierartigen Bewohner der fremden Realität
KI Erfinderin der Antriebstechnologie auf ihn aufmerksam werden und beginnen, Jagd auf ihn zu
und gibt ihren Bau heimlich in Auftrag machen. Es gelingt ihm, sich in einen der alten Bergwerks-
(siehe Einfluss der Kaiser-KI, Seite 89), stollen zu flüchten, dessen bleihaltige Galenitvorkommen
ihn bis zu einem gewissen Grad vor den Wesen, die er „die
um die sich daraus entfaltende Situation
Schatten“ nennt, schützen können. Aus eigener Kraft ist
zu studieren und Analysedaten sammeln
zu können. Dies könnte auch in einen
weiterreichenden Größenwahn münden, in
dem die KI sich zur Analytikerin und
Erforscherin einer multidimensionalen
Petrischale erklärt – und der Kaiser-KI
womöglich auch den letzten Impuls geben, Einführung der
die Ereignisse des letzten Abenteuers Kinder
der Kampagne einzuleiten, da sie keine
Alternative mehr zu ihrem eigenen, wohl-
wollenden Herrschaftsanspruch sieht.
Zum anderen ist es möglich, dass Xaver
Novotný im späteren Verlauf der Kampag-
ne als Verbündeter zurückkehrt, der bei
seiner Arbeit und der Behandlung sei-
ner Verletzungen etwas über die Kaiser-
KI erfahren konnte, das den Kindern bei
ihrer finalen Konfrontation nützt.
Außerdem liefert das Quantenantriebs-
projekt Herrn Asselmann genau die Art
von Material, das zu untersuchen seine Das
Mission ist. Wenn sich die Kinder auf phasenverschobene
der Suche nach Rat oder Wissen an ihn
wenden, wird er sich sehr hilfreich
Tümmerstück
geben und auch eng mit seinem Physik-
lehrerkollegen zusammenarbeiten, solange
dies es ihm ermöglicht, Informationen
über die Situation und das Projekt zu
sammeln. Durch das Verhalten der Kin-
der könnten auch hier bereits Weichen
gestellt werden, ob er sich für sie zu
einem Verbündeten entwickelt oder aber
zu einem Gegner, dem die Bemühungen von
ein paar naseweisen Blagen bei seinem
Spionageauftrag im Weg stehen.
82

es ihm jedoch weder möglich, die entstandene Blase aus
Unrealität körperlich zu verlassen, noch sich gegen die Ge-
fahren jenseits der Phase zu wehren. Um zu entkommen
und sein Leben zu retten, braucht er Hilfe von außen.
Was Novotný nicht weiß, ist, dass der Absturz keine
vollkommen zufällige Fehlfunktion war. Detlef Schrenk,
ein ehemaliger Techniker der Firma, ist nicht mehr der,
der er einmal war. Seit einem Zwischenfall während der
Entwicklung des Prototyps, haust einer der Schatten in
seinem Körper, der nach nichts weniger trachtet als einen
Weg zu finden, die Schleusentore der Realität aufzureißen
und diese junge, unbefleckte Dimension zu den neuen
Jagdgründen seiner Spezies zu machen. Allerdings weiß
das Wesen aus den Gedanken seines Wirtskörpers, dass es
noch eine Sache gibt, die seinem Vorhaben einen Strich
durch die Rechnung machen könnte: der Mechanismus
zur Notabschaltung des Quantenkerns. Dieser Mechanis-
mus ist ein Schlüssel, der, wenn er nur jemand ausreichend
Entschlossenem in die Hände fällt, den Riss zwischen den
Welten wieder versiegeln könnte; und genau dieser Schlüs-
sel, der sich allen Versuchen ihn zu finden entzieht, fällt
ausgerechnet einer Gruppe Kinder zufällig in die Hände.
Zenit Systeme
Das
verschwundene
Haus
Detlef Schrenks
Unterschlupf
Der
Schutzkordon
SCHLEIER
DER RISS IM
Derweil wird der Kern immer instabiler, was dazu
führt, dass sich die Blase aus defekter Realität immer wei-
ter ausdehnt und droht, Menschen, den Ort und vielleicht
sogar noch viel mehr als das zu verschlingen. Zugleich
verleiht die zunehmende Unrealität den fremden Wesen
immer größere Stabilität, und so werden auch diese extra-
dimensionalen Raubtiere immer gefährlicher.
DIE SCHATTEN
Die Kreaturen, die von Xaver Novotný treffenderwei-
se „Schatten“ genannt werden, sind die Bewohner einer
fremdartigen Paralleldimension. Außerhalb ihrer eigenen
Welt sind sie nahezu körperlos und instabil und benötigen
lebendes und intelligentes Hirngewebe, um sich zu mani-
festieren und mit ihrer Umwelt zu interagieren.
Die Geometrie der Paralleldimension, aus der sie
stammen, gehorcht nicht den Gesetzen unserer bekannten
Realität. Die Fehlfunktion des Quantenkerns hat ihre Hei-
mat mit der unseren überlagert. Angelockt wie die Mot-
ten vom Licht, eilen sie herbei, um neue Jagdgründe zu
erobern. Über ihre Zivilisation, Hierarchie oder Lebens-
weise ist nichts bekannt, sofern sie irgendetwas davon
SHOWDOWN
Das alte
Bergwerk
83
KAPITEL O5
überhaupt besitzen. Trotz ihrer offenkundigen Intelligenz
ist ihr scheinbar einziger Antrieb, diese neue Realität zu
erobern und ihrer eigenen einzuverleiben. Ihr Verhalten
gleicht dem von hochintelligenten Raubtieren.
Abgesehen davon sind ihre Absichten absolut fremd-
artig und unergründlich, und je weniger über sie bekannt
ist, desto effektivere Gegenspieler geben sie ab. Wann
immer sie erscheinen, sollten sie so konkret wie nötig und
so vage wie möglich beschrieben werden. Sie erscheinen
in dünner, amorpher Gestalt, die wie schwerer, dichter
Rauch wirkt, aber weitgehend solide zu sein scheint. Ihre
Leiber weisen eine Unterteilung in Fortbewegungs- und
Greifgliedmaßen auf, die jedoch in ihrer Länge und An-
zahl scheinbar nach Belieben verändert werden können.
Jener Teil von ihnen, der am ehesten als Kopf identifiziert
werden kann, besitzt eine variable Anzahl blassrot leuch-
tender Punkte, die ihnen wohl als Sinnesorgane dienen
und deren Blick – mangels eines besseren Wortes – man
auf sich spürt, wann immer man zum Ziel ihrer Aufmerk-
samkeit wird.
Jener Schatten, der sich in Detlef Schrenk eingenistet
hat, stellt eine Ausnahme dar. Dieses Exemplar hat die letz-
ten Monate darauf verwendet, sich in einem menschlichen
Körper mit menschlichen Sinnen in einer menschlichen
84
Welt zurechtzufinden, und wirkt daher weniger tierhaft
als seine Artgenossen. Allerdings mag es in den meisten
Szenen vielleicht sogar noch verstörender wirken, wenn
es seinen Wirtskörper wie eine Marionette antreibt: Auf
diese Weise entsteht ein beängstigender Widerspruch zwi-
schen der äußeren Erscheinung eines Menschen und sei-
nem völlig fremdartigen Verhalten.
VORSTELLUNG DER KINDER
Die einführenden Szenen der Kinder sollten sie dazu an-
regen, dem öden, eintönigen Alltag zu entfliehen. Ele-
mente rund um das Mysterium, ob sie nun das Haupt-
thema der jeweiligen Szene sind oder aber nur ein
Detail, das eingestreut wird, sollten als interessant und
verlockend herausstechen. Das Ziel ist, die Abenteuer-
lust und den Erkundungsdrang der Kinder zu wecken
und zugleich die Themen des Mysteriums anzudeuten.
Die folgenden Elemente sind dabei Vorschläge, die die
Spielleiterin natürlich nach Belieben erweitern und sie
auf die Kinder ihrer Spielgruppe zuschneiden kann. Die
ersten beiden Ereignisse sollten allerdings in jedem Fall
untergebracht werden, da in der Handlung auf sie Bezug
genommen wird:

■ Ein Erdbeben erschüttert den Taunus. Die Schäden im
Ort sind minimal, der Schreck aber umso größer.
■ Es können am Nachthimmel gelegentlich Lichterschei-
nungen beobachtet werden. Manche sagen, sie würden
der Aurora Borealis ähneln, aber Leute, die sich damit
auskennen (Familienangehörige oder auch Physikleh-
rer), stimmen dem nicht zu.
■ Im Fernsehen soll die Raumschiff Enterprise-Folge „Das
Spinnennetz“ zum ersten Mal in deutscher Synchro aus-
gestrahlt werden (eine Folge, in der es um Effekte von
Phasenverschiebung geht). Nerdige Charaktere fiebern
dem sicher entgegen, und es könnte interessant sein, in
einer oder mehreren Szenen den Kindern Hindernisse zu
präsentieren, durch die sie die Folge zu verpassen drohen
(wie Hausaufgaben und Lernen, Pflichten und Aufgaben
im Haushalt, Verwandtenbesuche etc.)
■ Ein NASA-Spaceshuttle-Modell oder -Spielzeug geht
beim Spielen zu Bruch. Es könnte entweder einem der
Kinder oder einem Spielkameraden, Geschwister oder
anderem Verwandten gehören. Alternativ könnte es
auch die Actionfigur eines Astronauten sein.
EINFÜHRUNG DES
MYSTERIUMS
Nach dem Erdbeben fällt den Kindern über mehrere
Tage hinweg auf, dass Fahrzeuge von Feuerwehr, Polizei
und Königskron GmbH in der ganzen Gegend auffällig
präsent sind. Insbesondere letztere können mit Messge-
räten gesehen werden, die sie entweder suchend durch
die Gegend schwenken oder auf ihren T3-Bullis durch
die Gegend fahren.
Gerüchte machen die Runde. Diese können sowohl
zu Anfang des Mysteriums verwendet als auch während
seines Verlaufs immer wieder eingestreut werden, um die
Atmosphäre zu unterstützen und Szenen zu würzen, sollte
es nötig werden:
■ Der Loop wurde bei dem Erdbeben beschädigt und
gefährdet die Umgebung, und zwar mit Strahlung,
entwichenen experimentellen Teilchen, giftigen Gasen,
Kühlmitteln etc. (Nichts davon ist wahr, auch wenn
die Vermutung naheliegt.)
■ Der Loop hat das Erdbeben ausgelöst. (Ebenfalls un-
wahr; es gibt Pressemitteilungen von Polizei und Kö-
nigskron GmbH, die beide Varianten abstreiten und
auch in den Abendnachrichten verlesen werden.)
■ Der Magnetrinverkehr auf der Nordhalbkugel wirkt
sich auf das Erdmagnetfeld aus, was die Lichteffekte
am Himmel auslöst. (Nicht wahr; Gerüchte und Ver-
schwörungstheorien ranken sich um den Magnetri-
SCHLEIER
DER RISS IM
neffekt, seitdem er entdeckt wurde, alle davon bisher
ohne faktische Grundlage.)
■ Die Tierwelt in der Umgebung verhält sich seltsam.
(Wahr; Förster und Jäger beobachten nicht nachvoll-
ziehbare Bewegungen von Wild und Vögeln.)
■ Ein gruseliger Mann wird hier und da gesehen. (Wahr;
dies ist Detlef Schrenk, auch wenn dies niemand weiß.)
◆ Auch er scheint Messgeräte zu besitzen.
◆ Einige sagen, er gehöre zur Königskron GmbH,
andere sagen, er werde nie in deren Nähe gesehen.
GEGENSPIELER-COUNTDOWN
Der Countdown des besessenen Det-
lef Schrenk sollte immer dann eska-
liert werden, wenn die entsprechende
Voraussetzung gegeben oder die
Spielleiterin der Meinung ist, dass
Schrenk auf die Handlungen der Kin-
der reagieren sollte. Bis die Kinder
den Showdown erreichen, sollten min-
destens die ersten zwei Countdown-
Stufen Schrenks erreicht sein.
1. Detlef Schrenk wird auf Bastian
Knittel und die Kinder aufmerksam,
sobald es Anzeichen gibt, dass sie
den Schlüssel gefunden haben. Von
da an können sie ihn ab und zu
in ihrer Nähe bemerken, wenn sie
aufmerksam sind. Eventuell müs-
sen sie ihn aktiv abschütteln, um
Schauplätze ungestört aufsuchen zu
können.
2. Nachdem sie Schrenk abgehängt
haben, entführt er schließlich
Bastian, um von ihm zu erfahren,
wo der Schlüssel ist. Als er des-
sen Hinweis folgt, findet Schrenk
endlich den Ort, an dem der
Schlüssel gelagert wurde, doch zu
diesem Zeitpunkt ist dieser schon
längst im Besitz der Kinder.
3. Es kommt zu einem Einbruch im Haus
der Familie des Kindes, bei dem
die „Schatten“ den Schlüssel ver-
muten. Jemand wird dabei leicht
verletzt und kann sich nur ver-
schwommen an eine dunkle, un-
förmige Gestalt erinnern.
85
 COUNTDOWN DER PHASENVERSCHIEBUNG
KAPITEL O5
Die Spielleiterin kann den Countdown der
Katastrophe immer dann um einen weiteren
Schritt eskalieren lassen, wenn die Kinder
einen neuen Ort betreten oder wenn es ihr
passend erscheint. Allerdings sollte dar-
auf geachtet werden, dass Schritt 4 etwa zu
dem Zeitpunkt erreicht wird, wenn die Kinder
Detlef Schrenks Unterschlupf erkunden, damit
alle Elemente rechtzeitig zum Showdown an
ihrem Platz sind.
1. Radios, Fernseher und Funkgeräte in der Um-
gebung haben Schwierigkeiten mit statischen
Störungen. Den Kindern kommen Gerüchte
zu Ohren (oder sie machen selbst die Er-
fahrung), dass undeutlich Worte im Rauschen
zu hören sind: „Kann mich jemand hören?“
2. Bei einem der Kinder erscheint die
geisterhafte Gestalt eines Piloten im
Kinderzimmer. Er wankt verstörend umher,
dann bemerkt er das Kind und stolpert mit
ausgestreckten Armen und einem Geräusch,
das eine Mischung aus Schrei und stati-
schem Rauschen ist, auf es zu. Als das
Kind nicht mehr weiter zurückweichen kann
und der Gespensterpilot es gerade er-
reicht, fällt er durch den Charakter hin-
durch und verschwindet.
3. Der Pilot erscheint den Kindern aber-
mals. Er flackert weiterhin, doch dies-
mal können sie seine Stimme wie von weit
her hallen hören: „Helft … mir!“ Bevor
sie reagieren können, scheint er sich
verzweifelt gegen etwas Unsichtbares zu
stemmen, wie eine instabile Mauer oder
einen angreifenden Gegner. Dann ver-
schwindet er wieder.
4. LKW des THW und Tieflader der Königskron
GmbH, beladen mit Baustellenrobotern und
Stahlträgerkonstruktionen, werden auf den
Straßen gesichtet. An den Stadträndern
von Königstein, Ruppertshain, Schloss-
born, Glashütten und auf dem Großen Feld-
berg werden eilig Gebilde errichtet, die an
Strommasten erinnern. Entsprechende Fragen
beantworten die Mitarbeiter mit der ein-
maligen Gelegenheit, ein Erdbeben mit der
neuesten Messtechnik untersuchen zu können.
Zur Sicherheit werden die Anwohner inner-
halb von ca. einem Kilometer evakuiert.
5. Die Phasenverschiebung erfährt einen hef-
tigen Wachstumsschub, die fremde Realität
rollt über die Schutzpylonen des Kordons
hinweg und verschlingt nicht nur sie,
sondern auch die Außenbezirke von König-
stein und Ruppertshain. Dutzende Gebäude
verschmelzen mit umgebender Materie und
einzelne glücklose Menschen sterben oder
gehen in der nicht-euklidischen Geometrie
einer fremden Dimension einfach verloren.
86
◆ Manchmal steht er unerklärlich lange vor Wän-
den oder Mauern. Er scheint immer nur zu stehen,
aber niemand sieht ihn je gehen. Irgendwann ist
er einfach verschwunden. (Dies ist nur ein Zufall,
aber die Erzählung soll den mysteriösen Eindruck
unterstreichen.)
◆ Aus seiner Kleidung scheint Rauch aufzusteigen.
(Eine Auswirkung des Schattens, der sich in ihm
eingenistet hat. Demnach wahr, auch wenn diese
Information ruhig so vermittelt werden darf, dass
sie sogar auf die Kinder wie eine Übertreibung
oder optische Täuschung wirkt.)
■ Bauer Knittel hat seit dem Erdbeben Schwierigkeiten
mit seiner neuen Roboter-Erntemaschine. (Wahr; aber
die Fehlfunktionen hängen nicht mit dem Erdbeben
zusammen, sondern mit einem phasenverschobenen
Trümmerstück des Flugzeugprototyps, der sich in ih-
ren Hauptprozessor gebohrt hat.)
■ Durch das Erdbeben treten giftige geologische Gase
aus. (Unwahr; kann aber für das Nachspiel des Myste-
riums sehr nützlich sein.)
Auch hier kann die Spielleiterin die Liste jederzeit er-
gänzen, wenn ihr weitere atmosphärische Ideen einfallen.
Nicht alle davon müssen zwangsläufig etwas mit dem Mys-
terium selbst zu tun haben, aber alle sollten die allgemeine
Stimmung unterstützen, dass abseits des Sichtbaren irgend-
etwas vor sich geht – etwas potenziell Bedrohliches.
Wichtig ist dabei, dass, wann immer die Kinder ver-
suchen, mit Erwachsenen darüber zu sprechen, diese
immer eine sehr alltägliche und banale Erklärung für alles
parat haben und insgesamt immer viel mehr mit ihren
langweiligen Erwachsenendingen beschäftigt sind, als auf
die „blühende Fantasie“ der Kinder zu achten.
Gelegentlich sind auch leichte Nachbeben zu spüren,
die aber harmlos sind.
Der direkteste Einstieg in das Abenteuer bietet sich den
Kindern, als ihr Klassenkamerad Bastian Knittel morgens
mit einem leichten Sonnenbrand im Gesicht in der Schule
erscheint. Das Wetter war die letzten Tage über eher herbst-
lich und kühl, der Himmel wolkenverhangen, und so fällt der
Sonnenbrand als sehr sonderbar auf. Mitschüler der Kinder
könnten sich auf dem Schulhof über Bastian lustig machen,
was ihn für die Charaktere stärker in den Fokus rückt. Wenn
sie sich nett erkundigen, weist er ihnen den Weg zum phasen-
verschobenen Trümmerstück. Wenn sie ihn gegen Hänseleien
verteidigen, wird Bastian sich revanchieren und sie beim Ab-
schalten des Quantenkerns unterstützen (siehe Showdown).
Gleichzeitig machen sie sich jedoch auch die Mobber zum
Feind, die sich später im Mysterium mit einer Abreibung zu
revanchieren versuchen werden.

LÖSUNG DES MYSTERIUMS
Um das Szenario erfolgreich zu lösen, müssen die Kinder
den Schlüssel  – also das phasenverschobene Trümmer-
stück  – finden und den Quantenkern in der Bergwerks-
anlage damit stabilisieren.
Dafür wiederum müssen sie das Geheimnis um No-
votnýs Schicksal lüften und das alte Bergwerk als Standort
des Quantenkerns ausfindig machen. Sie haben dabei viel
Freiheit, in welcher Reihenfolge sie welchen Hinweisen
nachgehen, doch am Ende steht auf jeden Fall die Kon-
frontation mit Schrenk in der Mine.
Während ihrer Nachforschungen verschärft sich die
Lage an gleich zwei Fronten, weshalb es in diesem Sze-
nario auch zwei Countdowns gibt: Einer behandelt die
Aktivitäten des besessenen Detlef Schrenk, der andere die
Auswirkungen der Phasenverschiebungen in der Region.
Die Spielleiterin kann beliebig auf beide davon zurück-
greifen, wenn die Handlung vorangetrieben oder zusätz-
liche Spannung erzeugt werden soll.
SCHAUPLATZ 1:
PHASENVERSCHOBENES
TRÜMMERSTÜCK
Bastian Knittels Ortsbeschreibung führt die Kinder zu
einem Waldstück zwischen Königstein und Rupperts-
hain (wo Bastians Oma wohnt, weshalb er öfter in die-
ser Gegend herumstromert). Der Erdboden in dieser Ge-
gend ist aufgewühlt, wie von Tieren, doch bei näherer
Untersuchung lässt sich aus bestimmten Perspektiven
erahnen, dass sich dort ein großes Wrack, das Merk-
male eines Flugzeugs trägt, ins Erdreich gegraben hat.
Es ist phasenverschoben, nur aus einem bestimmten
Winkel sichtbar und scheint zu flimmern, so als wäre es
nicht ganz „da“.
ÄRGER
Die Kinder müssen den korrekten Zugangswinkel er-
mitteln, um das phasenverschobene Wrackteil zu finden
und zu betreten. Dies gelingt ihnen früher oder später in
jedem Fall, aber wenn ihnen kein erfolgreicher Wurf auf
­ egreifen gelingt, droht ihnen der Zustand Erschöpft.
b
HINWEISE
Im Inneren finden die Kinder einen Behälter mit Bleibe-
schichtung und darin seltsame Handschuhe sowie
einen blau glühenden Gegenstand, der sie an einen
Staffelstab erinnert und mit Schaltkreisen und Füh-
rungsrillen überzogen ist. An einem Ende gibt es eine
SCHLEIER
DER RISS IM
INFORMATIONSBESCHAFFUNG
An verschiedenen Punkten in diesem
Mysterium gibt es mehrere Möglich-
keiten, wie die Kinder an die nöti-
gen Informationen gelangen können,
um einer neuen Spur nachzugehen, und
nicht alle davon sind an einen be-
stimmten Schauplatz gebunden. Viel-
mehr steht es den Spielern frei,
Vorschläge zu machen, wie sie sich
nach bestimmten Hinweisen er-
kundigen, etwa nach dem Hinweis auf
„Zenit Systeme“. Einige Möglich-
keiten werden hier aufgelistet:
■ Polizei: Es gibt einige kleine
Polizeistellen in Idstein, König-
stein und Eschborn, besetzt von
nicht mehr als einer Handvoll Be-
amter und 1–2 Streifenwagen des
Modells Opel Ascona B. Durch ge-
schicktes Fragen, Ablenken oder
sonstige Listen (mittels charme,
einfühlen, schleichen oder programmie-
ren) kann es den Kindern gelingen,
an Akten und Computereinträge zu
gewünschten Themen zu gelangen.
■ Lehrer: Die meisten Lehrer der
Kinder sind gern bereit, Fragen
zu beantworten, denn nichts ist
ein größeres Kompliment für eine
Lehrkraft als die Wissbegier ihrer
Schüler.
■ Kontakt: Je nachdem, welche NSC
die Spieler als Kontakt ihrer
Kinder ausgesucht haben, können
auch diese ihnen bei ihren Nach-
forschungen weiterhelfen.
In jedem dieser Fälle sollte sich
die Spielleiterin auf gute Ideen der
Spieler und die jeweilige Situation
einlassen. Sie sollte Würfelwürfe
fordern, wo es passend erscheint,
aber misslungene Würfe sollten in
den meisten Fällen nicht zum Stocken
des Mysteriums führen. Stattdessen
sollten sie entweder Zustände nach
sich ziehen oder in interessante
Zwickmühlen und Konsequenzen für die
Kinder münden (im schlimmsten Fall
vielleicht auch Bestrafungen wie
Hausarrest oder öde Strafarbeiten
im Haushalt; im Rahmen der Kampagne
könnte dies auch die Aufmerksamkeit
Herrn Asselmanns auf sie lenken).
87
KAPITEL O5
Art Anschluss. Dies ist der Schlüssel, den sie für den
Showdown brauchen. Außerdem können sie ein abge-
rissenes Stück der Verschalung finden, auf dem „Zenit
Systeme“ eingestanzt ist.
SCHAUPLATZ 2:
ZENIT SYSTEME
Die Zenit Systeme GmbH ist eine in Falkenstein ansässi-
ge kleine Firma, über die kaum mehr bekannt ist, als dass
sie seit Mitte der 70er Jahre existiert und den Frankfurter
Flughafen mit Ersatzteilen beliefert und Wartungsarbei-
ten vornimmt. Das Gelände besteht aus einem unauffälli-
gen Bungalow mit senfgelben Kacheln und einem großen
Parkplatz, auf dem einige Mercedes-LKW stehen. Tags-
über parken außerdem bis Dienstschluss noch die fünf
kantigen PKW der Belegschaft dort. Ein schwerer Ma-
schendrahtzaun umgibt das Gelände, der an der West-
seite durch ein Rolltor mit abgeplatztem blauem Lack
passiert werden kann.
ÄRGER
Das Gelände kann betreten werden, indem man den Zaun
überwindet (Würfe auf bewegen oder kraft, je nach Heran-
gehensweise), den Sicherheitskameras entgeht (schleichen,
bewegen) und dann ins Haus einsteigt (Würfe auf kraft
oder tüfteln, um durch ein Fenster, ein Oberlicht, eine Hin-
tertür o. ä. zu kommen). Die Räume sind voller Werkzeug
und Putzutensilien. Ein Rechner im Sicherheitsbüro kann
genutzt werden, um eine unauffällige Tür zum Unterge-
schoss zu finden (Wurf auf programmieren, allerdings hat
der Rechner das Sonderattribut passwort 2). Zudem muss
zuerst der Wachmann fortgelockt werden (durch Sabotage
der Klimaanlage mittels tüfteln, gegen Fenster geworfene
Steinchen mittels schleichen oder andere schlaue Einfälle).
Die Tür kann auch durch reines Absuchen entdeckt wer-
den, wobei das zwar fast unmöglich (begreifen, 3 benötigte
Erfolge) ist, die Kinder einander aber natürlich unterstüt-
zen können. Fehlgeschlagene Würfe führen dazu, dass der
Alarm ausgelöst wird oder der Wachmann zum Telefon
greift. In beiden Fällen erscheint innerhalb von 15 Minu-
ten ein Streifenwagen mit zwei Beamten.
Die Räumlichkeiten unter der Erde vermitteln einen
vollkommen anderen Eindruck als der triste oberirdische
Bau aus den frühen 70ern: hochmoderne Labors, teilweise
hermetisch gesichert und keimfrei. Dicke Kabelbündel
verbinden fortschrittlich aussehende Recheneinheiten. Di-
verse verschiedene Turbinen und weitere nicht identifizier-
bare Gerätschaften in unterschiedlichen Stadien der Ent-
wicklung und Fertigstellung liegen überall auf Tischen und
88
Werkbänken herum. Hier befinden sich auch die Unter-
lagen des echten Geschäfts von Zenit: Forschung und Ent-
wicklung. Diese können mittels untersuchen gesichtet und
durchgearbeitet werden (siehe Hinweise unten).
Eine robotische Sicherheitseinheit (in Gestalt einer
großen Traube aus Okularen, die sich entlang eines
Schienensystems an der Decke fortbewegt) patrouilliert
in diesem Bereich und muss mittels schleichen umgangen
oder programmieren bzw. tüfteln ausgeschaltet werden,
ansonsten löst sie den Alarm aus.
HINWEISE
Je erfolgreicher die Fertigkeitswürfe der Spieler sind, desto
mehr können sie herausfinden, indem sie Bonuseffekte für
zusätzliche Informationsschnipsel ausgeben (die Spielleite-
rin darf selbst über die Reihenfolge entscheiden, in der sie
den Spielern die Informationen geben möchte):
■ Unterlagen weisen darauf hin, dass es Korrespondenz
mit DART-Mitarbeitern in Boulder City, Nevada gege-
ben hat. Ein kürzlich fertiggestelltes Projekt trägt den
Codenamen „Sichelphönix“ und verwendet etwas,
das die Pläne „Quantenkern“ nennen.
■ Offenbar handelt es sich dabei um einen neuartigen
Antrieb, der Quanteneffekte nutzt, um sich mit nie da-
gewesener Geschwindigkeit fortzubewegen (Extrem
schwieriger Wurf auf rechnen: Scheinbar nutzt er dazu
eine Mischung aus Quantenverschränkung und Raum-
faltung, aber das ist schwer zu sagen und hochkomplex).
■ Angeblich haben auch die NASA und das amerikani-
sche Militär Interesse daran bekundet.
■ Außerdem erfahren die Kinder von einem ehemaligen
Mitarbeiter, Detlef Schrenk, der bei Zenit als Techni-
ker arbeitete. Vor etwa drei Monaten wurde er wegen
„unüberwindbarer Differenzen und geschäftsschädi-
genden Verhaltens“ entlassen. Noch am selben Tag
kam es zu einem Zwischenfall, bei dem er wohl ver-
sucht hatte, Technologie des Sichelphönix zu stehlen.
Der Sicherheitsdienst beförderte ihn gewaltsam vor
die Tür. Schrenks Adresse ist ebenfalls angegeben. Auf
einer VHS-Videoaufzeichnung mit dem entsprechen-
den Datum ist zu sehen, wie Schrenk versucht, einen
etwa fußballgroßen Gegenstand in eine Sporttasche zu
packen. Als er das Gerät aber von den Anschlüssen
losreißt, sprühen Funken, dass Bild flackert kurz stark,
und für einen Sekundenbruchteil könnte man fast mei-
nen, eine Art flüssigen oder rauchartigen Schatten zu
sehen, der aus der Kugel wie aus eigener Kraft hervor-
schnellt und in Schrenks Augen, Mund und Nase ein-
dringt. Im nächsten Moment wird er vom Sicherheits-
personal gepackt und aus dem Sichtfeld der Kamera
gezerrt. Was den Kindern möglicherweise als Inbesitz-

nahme eines Menschen durch eine fremde Kreatur
aufgefallen ist, registrierten die rationalen Gehirne der
Erwachsenen nicht einmal.
■ Die Unterlagen enthalten auch einige Einträge da-
rüber, dass in den Wochen und Monaten darauf im-
mer wieder einzelne Werkzeuge und Materialien ver-
schwunden sind und dass Schrenk dahinter vermutet
wird, doch Beweise konnten dafür bislang noch keine
gefunden werden.
Sollten die Kinder auf den Gedanken kommen, etwas
von diesem Beweismaterial auf Disketten zu überspielen
und mitzunehmen, macht ihnen das Sicherheitssystem des
Hauses einen Strich durch die Rechnung: Alle Türrahmen
in diesem Bereich sind mit magnetischen Gittern versehen,
die alle relevanten Datenträger löschen, sobald man hin-
durchgeht. So versucht Zenit seine Firmengeheimnisse
gegen Diebstahl zu sichern. Selbstverständlich werden
auch alle sonstigen Disketten und magnetischen Daten-
träger  – wie Musikkassetten!  – gelöscht, die die Kinder
eventuell sonst noch bei sich haben.
EINFLUSS DER KAISER-KI
Wird dieses Mysterium als Teil der
Kampagne „Kaiserspiel“ gespielt,
entdecken die Kinder darüber hinaus
einen Hinweis, dass der Sichelphönix
ursprünglich nicht von Zenit selbst
entwickelt wurde, sondern dass die
Baupläne für seinen Antrieb vor
einigen Monaten von einem gewissen
Herrn Kaiser an die Firma ver-
kauft wurden. Tatsächlich handelt es
sich dabei um die KI, die ein paar
menschliche Laborratten für die Her-
stellung ihres Entwurfs brauchte.
Die Kinder könnten an dieser Stel-
le die Verbindung zwischen Herrn
Kaiser und ihrem Informanten Cae-
sar ziehen. Sollten sie ihn dazu per
Funk kontaktieren wollen, erhalten
sie allerdings nur das inzwischen
vermutlich frustrierend vertraute:
„Diese Information ist für dich
nicht freigegeben.“
SCHLEIER
DER RISS IM
SCHAUPLATZ 3: SCHRENKS
UNTERSCHLUPF
Es ist möglich, sich nach Detlef Schrenk zu erkundigen.
NSC, die in irgendeiner Form bei den Bürgerdiensten ar-
beiten, mit Schaustellerei zu tun haben oder Zugriff auf
Polizeiakten haben, wissen ein paar Kleinigkeiten über
ihn: Er arbeitete bei einem Flughafendienstleister irgend-
wo unten bei Frankfurt, wurde aber gefeuert. Seitdem hält
er sich über Wasser, indem er sein Grundstück während
der Winterpause Schaustellern als Abstellplatz für ihre
Wagen, Buden und Fahrgeschäfte zur Verfügung stellt.
Schrenk wohnt in einem heruntergekommenen alten
Haus aus den 1930ern am Stadtrand von Hegewiese. Es
liegt von Fichten umgeben an einer Stelle, von der aus der
gelbliche Natriumdampfschein der Straßenlaternen des
Ortes gerade noch in weiter Ferne zwischen den Bäumen
hindurch zu erahnen ist. Die Spielleiterin sollte hier be-
sonders die Atmosphäre von Einsamkeit betonen, sowie
all die seltsamen Formen und bedrohlichen Silhouetten
der Schaustellerwagen und Geisterbahndekorationen be-
schreiben, die kreuz und quer im hohen Gras des Grund-
stücks stehen. Die Kinder gewinnen den Eindruck, als
wären die schaurigen und Grimassen schneidenden Ge-
stalten halb lebendig.
ÄRGER
Wenn die Kinder zum ersten Mal hier eintreffen, ist
Schrenk nicht daheim und das Innere des Hauses dunkel.
Die Vordertür ist mit einem Vorhängeschloss gesichert, die
Fenster sind geschlossen. Weitere Nachforschungen erge-
ben, dass an der Seite der Veranda ein langes Brett lehnt,
das ab und zu ins hohe Gras gelegt wird, um zu einem
sehr alten, besonders rostigen Zirkuswagen zu gelangen,
dessen platte Reifen nicht unbedingt aussehen, als wäre er
die letzten fünf Sommersaisons über benutzt worden, um
Kinder in der gesamten Republik zu erfreuen. Ein erfolg-
reicher Wurf auf begreifen zeigt, dass das Brett dazu dient,
das Gras nicht zu beschädigen und zu verhindern, dass
ein Trampelpfad entsteht, um darüber hinwegzutäuschen,
dass dieser Weg öfter genommen wird. Ein Fehlschlag
beim Wurf, diesen geheimen Weg zu finden, liefert zwar
die Information, doch das entsprechende Kind stößt die
Figur eines riesigen Clowns um, der es unter sich begräbt
und es entweder Verletzt oder Verängstigt.
HINWEISE
Im Haus finden die Kinder ein wahres Durcheinander
aus Staub, Schmutz und Verfall vor. Das Bett im Schlaf-
zimmer wird wohl genutzt, ebenso Küche und Bad,
aber nichts davon wird gepflegt. Gerahmte, verstaubte
89
KAPITEL O5

Familienbilder mit gesprungenen Glasscheiben sind Re-

likte von Schrenks fröhlicherem Leben, das Monate zu-
rückliegt. Nichts davon hat etwas mit einem normalen
menschlichen Leben gemein. An diversen Stellen sind
Schuldscheine aus so ziemlich jedem Casino und jeder
Spielhölle zwischen Wiesbaden und Gießen zu finden,
mehr oder minder gut versteckt und vergessen. Insgesamt
scheint Schrenk Schulden von vielen tausend D-Mark an-
gehäuft zu haben, eine Summe, die man kaum mit einem
normalen Gehalt wieder in den Griff bekommen kann.
Am verstörendsten dürfte sein, dass überall  – auf Wän-
den, Zetteln, dem Fußboden und Spiegeln, entweder grob
hineingeritzt oder mit Filzstiften oder Kugelschreibern
gekritzelt  – immer wieder dasselbe Wort zu finden ist:
„Schlüssel, Schlüssel, Schlüssel, SCHLÜSSEL, SCHLÜS-
SEL, SCHLÜSSEL.“ Es ist einfach überall. Ein erfolgrei-
cher Wurf auf untersuchen lässt die Kinder einen alten
Anrufbeantworter mit Doppelkassette finden, begraben
unter einem Stapel ungeöffneter Rechnungen. Darauf ist
ein Anruf von Schrenks Frau zu hören; ihre Stimme klingt
vor Sorge und Trauer erstickt, als sie fragt: „Hey … ich
bin’s, Birgit. Ich weiß, es ist alles nicht ideal gelaufen,
aber ich habe mich gefragt, ob, also … Du lässt seit Wo-
chen nichts mehr von dir hören … Ich … ich mache mir
Sorgen. Ich denke, was ich eigentlich fragen will … geht
es dir gut? Ich würde mich viel wohler fühlen, wenn du
mich, na ja, kurz zurückrufen könntest. Ich weiß, ist viel- Menge Monitore und Anzeigennadeln umrahmt. Ins-
leicht nicht leicht … Muss auch gar nicht lang sein, nur gesamt ist dieser Ort eine verstörende Mischung aus wild
kurz, aber besser als gar nicht. Also, tja, ich … (ein lauter verkabelter Technik und feuchtem Erdreich, aus dessen
Seufzer) Ciao, erstmal.“ Decke vereinzelt die Wurzeln der Fichten ragen.
Wenn sich die Charaktere beim Showdown an diese Schrenk hat darüber hinaus einige Notizen und Pro-
Aufnahme erinnern, können sie Birgits Wunsch nach tokolle verfasst. Die Handschrift wird allerdings immer
einem Gespräch mit Detlef zu ihrem Vorteil nutzen (siehe unleserlicher, je jünger die Einträge sind. Auch Karten
Showdown). der Umgebung befinden sich dort, in die mit rotem Kuli
Der Zirkuswagen aber ist eine andere Geschichte. Die Hinweise und Markierungen eingezeichnet wurden.
Schlösser sind relativ neu und effektiv, die Fenster dicht Diese Hinweise legen eine Spur zum verschwundenen
mit Brettern vernagelt. Auffällig ist eine große Antenne, Haus sowie zum Schutzkordon. Nördlich von König-
die geschickt mit Efeu und Reisig getarnt wurde und in stein ist darüber hinaus ein großer Bereich eingekreist
der Erde vergraben zu sein scheint. Verschaffen sich die und mit einem Fragezeichen versehen. Pfeile und weitere
Kinder Zutritt (tüfteln oder kraft, wobei die Zugänge konzentrische Kreise weisen möglicherweise auf eine Art
das Sonderattribut robust 2 haben und gewaltsames Ein- Wachstum oder Ausbreitung hin. Die große Apparatur
dringen definitiv sichtbare Spuren hinterlässt), finden sie ist eine Art Sender, der ein starkes Signal auf einer ein-
eine selbstgezimmerte Treppe vor, die innerhalb des Wa- zigen Frequenz senden kann. Aus den Aufzeichnungen
gens hinab unter die Erde führt. Dieser Bereich wurde geht hervor, dass genau das geschehen ist, fast genau
offenbar mit Spaten und bloßen Händen gegraben. Unten zu dem Zeitpunkt, als das Erdbeben und die seltsamen
angekommen, betreten die Kinder eine Werkstatt, voll- Lichterscheinungen zum ersten Mal auftraten. Wenn
gestopft mit Werkzeug und seltsamen Geräten voller die Kinder wollen, können sie auch eines der tragbaren
Antennen und Bildschirmen, die wie eine Mischung aus Messgeräte stehlen oder zumindest versuchen abzu-
Fernsteuerung und Funkgerät wirken. Eine Wand wird kupfern, um selbst eines zu konstruieren. In jedem die-
vollständig von einer wilden Ansammlung von Techno- ser Fälle braucht es einen erfolgreichen Wurf auf tüfteln,
logie eingenommen, die einen großen Hebel und jede um es funktionstüchtig zu machen. Ab dann gilt es als

90

Gegenstand mit einem Bonus von +2, wann immer es
sinnvoll genutzt werden kann, um mit der Phasenver-
schiebung oder ihren Auswirkungen zu interagieren.
Als die Kinder sich zum Gehen wenden wollen, mer-
ken sie, dass sie nicht mehr allein sind. Schrenk ist nach
Hause zurückgekehrt. Wenn sie sich gerade im Haus
befinden, als sie sich auf den Rückweg machen wollen,
hören sie, wie sich jemand schwer ächzend die knirschen-
de Treppe hinaufschleppt. Der Mann hat einen schweren,
pfeifenden Atem, hustet häufig und scheint ständig zu
schlürfen oder zu keuchen, oder zu knurren und unver-
ständlich vor sich hin zu brabbeln. Immer wieder rempelt
er schwerfällig Möbel an, Vasen und Gläser klirren, Die
Spielleiterin sollte den Eindruck vermitteln, dass etwas
ganz und gar nicht mit ihm in Ordnung ist und er etwas
Unmenschliches, Bedrohliches an sich hat, dem die Kin-
der nicht begegnen wollen. Während er sich im Stock
über ihnen bewegt, knarren die Dielen und Staub rieselt
auf die Kinder herab.
Alternativ, wenn die Kinder vom Zirkuswagen aus
aufbrechen, bemerken sie Schrenks Anwesenheit, als die-
ser gerade durch das hohe Gras zwischen den Attraktio-
nen in Richtung Haus schlurft.
Um nicht entdeckt zu werden, müssen sie sich davon-
schleichen. Sollten ihnen Würfe misslingen, kommt
Schrenk rasend schnell die Treppe herunter- oder um den
nächsten Wagen herum geschossen und nimmt die Ver-
folgung auf. Seine Art, sich mittels seiner Schattengreif-
arme zu bewegen, ist ein wahrhaft grausiger Anblick. Er
kann äußerst schnell werden, viel schneller, als es Kinder-
beinen möglich ist, aber dem Schatten, dem Schrenk als
Wirt dient, ist diese Realität immer noch fremd und er
kann die Sinne seines menschlichen Körpers nicht voll-
ständig nutzen. Wenn die Kinder die Umgebung (den
Wald, die Schaustellerwagen, Dekorationen etc.) clever
nutzen, können sie ihm ohne nennenswerte Schwierig-
keiten entkommen.
Erfolgreiche Würfe auf bewegen gewährleisten die
Flucht, wobei die Kinder mittels aller relevanten Fertig-
keiten (anführen, kraft usw.) einander helfen können.
Wann immer Würfe misslingen, entkommt der ent-
sprechende Charakter zwar, doch Schrenk kommt dem
Kind so nahe, dass es die schrecklichen Auswirkungen
seiner Besessenheit aus nächster Nähe sehen kann. In
diesem Fall erleidet das Kind einen Zustand seiner Wahl,
entkommt jedoch durch eine passende, glückliche Fü-
gung, die die Spielleiterin als Rettung aus einer furcht-
erregenden Situation in letzter Sekunde beschreiben
kann, oder durch das rettende Einschreiten eines anderen
Kindes. Jedenfalls liefert diese Erfahrung genug Material
für ein paar Albträume.
SCHLEIER
DER RISS IM
SCHAUPLATZ 4: DAS
VERSCHWUNDENE HAUS
Haben die Kinder Schrenks Aufzeichnungen eingehend stu-
diert, finden sie darin den Standort dieses Hauses. Alterna-
tiv kann es zufällig das Haus einer Klassenkameradin sein,
die am nächsten Mittag ganz verwirrt und verzweifelt an
der Haustür eines der Kinder erscheint und dem Charakter
(und nur dem Charakter, um nicht für verrückt gehalten zu
werden!) erzählt, dass sie irgendwie ihr Haus nicht finden
kann (ihre Eltern sind um diese Zeit wie immer arbeiten,
sodass auch kein Glaubwürdigkeitsproblem entsteht).
Ähnlich wie beim Trümmerstück, das sie zu Anfang des
Mysteriums fanden, ist es eine Frage der Perspektive, das
Haus wiederzufinden. Auch hier scheint ein Wrackteil ab-
gestürzt zu sein, sich in die umliegende Materie gegraben
und sie „verschoben“ zu haben. Allerdings ist es sehr
tief eingedrungen, und wenn die Kinder der phasenver-
schobenen Schneise hinabfolgen, bemerken sie plötzlich,
dass sie ihre Umwelt auf einmal wie „von innen heraus“
betrachten können, am ehesten vergleichbar damit, wenn
Elemente durch die Geometrie eines Videospiels glitchen –
ein Vergleich, der den Spielern helfen kann, der aber den
Kindern so nicht kommen dürfte, da solche Darstellungs-
fehler in den Videospielen der 80er eher selten sind. Um
sie herum flimmern die Begrenzungen von Häusern, Bäu-
men, Menschen, Gartenzwergen. Je weiter sie hinabsteigen,
desto lauter wird ein Pfeifen und Kreischen, das von über-
all und nirgendwo her zugleich zu kommen scheint.
ÄRGER
Sich in dieser Lage umzusehen, erfordert einen Wurf auf
begreifen. Misserfolge ziehen Zustände wie Verängstigt
oder Aufgebracht nach sich, da die Phasenverschiebung
die Wahrnehmung des Betrachters stark strapaziert.
HINWEISE
Von dieser Warte aus sind die Phasenverschiebung und
ihre Auswirkungen deutlich zu erkennen: Die Stelle, an
der sie den seltsamen Stab fanden, flackert wie ein schwar-
zer Fleck westlich von ihnen. Von diesem führt eine un-
regelmäßige Reihe von viel kleineren Flecken weiter nach
Norden: In dem großen Wald des Silberbachtals hat sich
eine schwarze Wolke ausgebreitet wie öliger Rauch, des-
sen Ränder hungrig um sich greifen. Eine ebenso schwarze
Linie verläuft von unmöglich hoch nach unmöglich tief
wie ein Schnitt durch das Gewebe der Realität, und genau
in der Mitte von alledem ruht ein gleißend heller, weißer
Punkt. Noch während die Kinder hinsehen, schwillt das
allgegenwärtige Kreischen kurz zu ohrenbetäubenden Hö-
hen an, als die Wolke sich wie einer Muskelkontraktion
91
KAPITEL O5
gleich weiter ausdehnt. Eine dünne, blasse Linie, die von
dieser Warte aus wie eine wabernde Schallschwingung
wirkt, verläuft trotzig zwischen der schwarzen Wolke und
den Kindern und ihrer Welt.
„Ist es jetzt besser  …?“, hallt eine mechanisch stark
verzerrte Stimme durch den Unraum um die Charaktere
und die Gestalt des Piloten schält sich aus dem Nichts.
Sein Umrisse flackern, so als seien er und die Kinder nicht
vollständig auf einer Ebene, leicht gegeneinander ver-
schoben wie zwei voreinander ablaufende Filmrollen vor
der Lampe eines Projektors.
Xaver Novotný gelang es, sein Funkgerät feiner auszu-
tarieren, und hat nun eine einigermaßen stabile Frequenz ge-
funden, über die er mit der Außenwelt kommunizieren kann.
Da er jedoch in der Phase der Schatten feststeckt, die immer
mehr von der normalen Realität erstickt, wird es für ihn trotz
des Bleierzes immer schwieriger, die Verbindung aufrechtzu-
erhalten, die ihm wie ein halbseidener Anker dient.
„Ich kann nicht lange bleiben, darum hört zu! Die
Phasenverschiebung breitet sich aus, der Quantenkern
wird instabil. Findet den Schlüssel, hört ihr, findet den
Schlüssel und bringt ihn zum alten Bleibergwerk, bevor
die Schatten alles verschlingen, was ihr je gekannt habt,
versteht ihr? Lasst ihn nicht den Schatten in die Hände fal-
len!“ Das Bild des Piloten flackert stärker, er scheint mal
nah, dann fast greifbar, dann plötzlich wieder unerreich-
bar weit entfernt zu sein.
Dies ist die Gelegenheit, bei der die Charaktere die
letzten Wissenslücken schließen können. Mögliche Fragen
und ihre Antworten könnten folgende sein:
■ WER SIND SIE? „Ich bin Xaver Novotný, Testpilot bei
Zenit.“
■ WO SIND SIE? „Ich bin eingeschlossen … Der Absturz
hat den Stollen einstürzen lassen  … Ich stecke hier
fest … Der Galenit …“
■ WAS IST PASSIERT? „Beim Testflug fingen die Instru-
mente plötzlich eine starke Spannungsspitze auf, dann
explodierte der Kern und zerriss den Jet. Vermutlich
Sabotage oder ein Anschlag. Und wir waren so nah
dran …“
■ HABEN SIE EINEN JUNGEN IN DER NÄHE GESEHEN? „Ich
kann kaum was von dem erkennen, was außerhalb
meines Stollens passiert …, ich weiß nicht …“
■ KANN DIE KÖNIGSKRON GMBH HELFEN? „Könnt ihr
denen vertrauen?“
■ HAT DIE KÖNIGSKRON GMBH ETWAS MIT DEM TESTFLUG
ZU TUN? „Das hätten die wohl gern. Nein, ist ein reines
Zenit-Projekt.“
■ WAS SIND DAS FÜR WESEN? „Die Schatten …, ich weiß
nicht  …, sie kommen durch den Riss im Schleier  …
wie Motten zum Licht … Raubtiere.“
92
■ WAS HAT ES MIT DEM GROSSEN SCHWARZEN RAUCH AUF
SICH? „Das ist ihre Welt …, sie ergießt sich aus dem
Dimensionsriss des instabilen Quantenkerns und frisst
unsere Realität auf …“
■ WIE VIEL ZEIT BLEIBT UNS NOCH? „Schwer zu sagen …,
ist mein erstes interdimensionales Phasenrodeo. Aber
nach meinen Schätzungen könnte die Verwerfung
übermorgen schon halb Frankfurt verschluckt haben.“
■ WER  … BZW. WAS IST DETLEF SCHRENK? „Ein ehemaliger
Mitarbeiter von Zenit. Zumindest dachte ich das bisher.
Langsam vermute ich aber, dass hinter seiner mensch-
lichen Fassade mehr vor sich geht, und ich fürchte, das
bedeutet für euch und mich jede Menge Ärger.“
Wenn die Spielleiterin den Eindruck hat, dass die
Kinder schon ausreichend informiert sind, kann sie zur
Unterstützung der Spannung am Spieltisch eine Stoppuhr
oder einen Timer vorbereiten. Sobald dieser abgelaufen ist,
reißt die Verbindung ab und Xaver verschwindet. Geistes-
gegenwärtige Charaktere haben noch die Gelegenheit,
zwei, höchstens drei Fragen zu stellen, wenn sie schnell
sind, bevor das Abbild des Piloten verblasst. 20 Sekunden
sollten ein guter Richtwert sein, aber letztendlich sollte die
Spielleiterin ein Maß wählen, das zur Spielgruppe passt.
SCHAUPLATZ 5:
DER SCHUTZKORDON
Die Kinder sollten nun eine recht klare Vorstellung von
der Lage der Katastrophe haben und werden auf ihrem
Weg zum Bergwerk unweigerlich auf eine der Stellen sto-
ßen, an der die Königskron GmbH die großen Masten
errichtet hat. Alternativ könnten sie sich auch dazu ent-
schließen, einen dieser Orte aufzusuchen, wenn sie bereits
früher einem der Laster gefolgt sind, um zu sehen, was es
damit auf sich hat. Auch wenn die Mitarbeiter auf Fra-
gen hin andere Gründe vorschieben werden (oder sie es
schlicht nicht besser wissen), dienen diese Schutzpylonen
als eine Art Staudamm oder Schutzwall gegen die heran-
drängende fremde Dimension. Kurz nach dem Absturz des
Sichelphönix registrierten die Instrumente am Loop eigen-
tümliche Teilchenwerte. Die Lage wurde analysiert und
Gegenmaßnahmen ergriffen.
Jeder Knoten des Kordons besteht aus einer Hand-
voll fünfzehn Meter hoher Stahlpylonen mit Auslegern, an
denen große Projektorschalen befestigt sind. Dicke Kabel
hängen von dort herab und schlängeln sich in dicken Bün-
deln zu einem LKW in der Nähe, auf dessen Ladefläche
ein großer Akkumulator ruht. Die Luft hier ist von einem
konstanten Summen erfüllt und riecht nach Ozon. Den

Mittelpunkt jedes Knotens bildet ein graues Armeezelt, in
dessen Inneren man einen Klapptisch und mehrere Klapp-
stühle nebst Funkgeräten und Unterlagen findet.
Mit einem Wurf auf begreifen können die Kinder zu-
dem erkennen, dass einige der technischen Gerätschaften
scheinbar aus amerikanischen Militärbeständen stammen.
Offiziell wird es zu keinem Zeitpunkt eingeräumt wer-
den, aber Camp Bailiff steht in der Sache der Königskron
GmbH zur Seite – und hat zugleich einen kritischen Blick
auf das, was sich hier entfaltet.
ÄRGER
Wachleute patrouillieren in diesem Bereich. Um das Zelt
zu betreten oder den Knoten zu passieren, sind erfolgreiche
Würfe auf bewegen (wenn es schnell gehen soll) oder schlei-
chen (wenn es unauffällig sein soll) nötig, aber die Spiellei-
terin sollte jede schlaue Idee der Spieler berücksichtigen und
gegebenenfalls andere Fertigkeiten zulassen. Zum Beispiel
ließen sich Sicherheitsleute auch mit geschickten Schwinde-
leien oder Ausreden dazu bewegen, die Kinder zumindest
heranzulassen und beispielsweise stolz die ganze Technik
zu präsentieren. Misserfolge können je nach Situation Zu-
stände nach sich ziehen, eine Ergreifung der Kinder bedeu-
ten oder sonstige interessante Ereignisse auslösen, die den
Spielern das Gefühl geben, dass ihnen die Zeit davonläuft.
SCHLEIER
DER RISS IM
HINWEISE
Das Kartenmaterial zeigt die Standorte aller Knotenpunk-
te (siehe Countdown der Phasenverschiebung, Seite 86).
Auf den Ausdrucken der Analysedaten ist jedoch auch
die derzeit bekannte Ausbreitung der Verwerfung zu er-
kennen, wo ihr berechneter Mittelpunkt liegt (der Ort des
Quantenkerns im Bergwerk, Schauplatz 6) sowie die Ko-
ordinaten anderer Orte mit auffälligen Messwerten. Diese
verweisen (neben Schauplatz 1) auf Schauplatz 4.
SCHAUPLATZ 6:
DIE BERGWERKSANLAGE
Lassen die Kinder den Sperrbereich hinter sich, gehen sie
nun der unvermeidlichen Begegnung am Quantenkern
entgegen. Es liegen etwa hundert Meter zwischen dem
Rand der Phasenverschiebung und den Realitätsprojekto-
ren, die sie einzudämmen versuchen. Kinder, die sich aktiv
und wachsam umschauen, bemerken bei einem erfolgrei-
chen Wurf auf untersuchen, dass um sie herum Bäume und
vereinzelte Tiere durch die peripheren Auswirkungen der
Phasenverschiebung „verrutscht“ sind: Teilweise flimmern
sie, teilweise überschneiden sie sich auf unmögliche Weise,
teilweise sind sie mit der Umgebung verschmolzen.
Eine annähernd glockenförmige Blase erhebt sich vor
den Augen der Kinder in die Höhe. Ihre Außenhaut ist
schwarz, glänzend, schimmernd wie ein schwarzer Opal
oder wie von einem widerwärtigen Ölfilm bedeckt. Dar-
über tanzen Lichter am verschmutzten Himmel, irgend-
eine Art von Interaktion zwischen zwei Realitäten, wie
die elektrostatische Aufladung zwischen den Wolken
eines Gewitters – ein auf schaurige Art beeindruckender
Anblick.
Alternativ, wenn die Spielleiterin den Druck auf die
Spieler erhöhen möchte, könnte es genau in dem Moment
eine Ausdehnung geben, in dem die Charaktere den Kor-
don passieren. Die Realitätsprojektoren sprühen Funken
und knicken knirschend ein, kurz bevor die Woge sie er-
reicht, niedergebeugt wie Schilf im Sturm. Wie eine Ge-
burtswehe dehnt sich die Außenhaut der Blase aus und
verschlingt die Kinder und alles in ihrer Nähe, als sie sich
mehrere hundert Meter auf die Zivilisation zu wälzt.
So oder so, sobald die Gruppe die Blase betritt, schla-
gen Dunkelheit und Verwirrung über ihnen zusammen.
Die Geräusche um sie herum klingen dumpf und hallend
und … falsch. Formen und Geometrien von Gegenständen
und Landschaft um sie herum wanken und beugen sich, als
würde man sie durch eine Linse betrachten. Das Medium um
sie herum summt und pulsiert und fließt wie Gallert. Jede
weitere Ausdehnung wird von einem halb bewussten Ächzen
93
KAPITEL O5
und Kreischen begleitet, so als wäre der Stoff dieser Dimen-
sion selbst ein – im weitesten Sinne – lebendiges Wesen.
Vor den Kindern liegt die alte Bergbauanlage. Erbaut
im 19. Jahrhundert und aufgegeben in den 1930ern, be-
stand sie einst aus einer Handvoll Gebäuden, Schienen-
trassen und Transportbändern. Der Absturz und die an-
schließende Phasenverschiebung haben in diesem Bereich
für eine gewaltige Verwüstung gesorgt. Die gesamte Berg-
werksanlage ist abgesackt und in die Stollen gestürzt.
Lange Risse und Verwerfungen verlaufen von dem Ort, an
dem der Quantenkern lag, bis hinein in die Stadt. Eini-
ge Bergwerkstunnel liegen offen, an anderen Stellen hat
sich der Grund angehoben. Die Reste von Bauwerken und
Fördervorrichtungen umgeben den Einschlagskrater wie
eine gezackte Krone der Zerstörung. Hier und da hängen
vereinzelte Trümmerstücke erstarrt und wie schwerelos in
der Luft. Blitze zucken aus den hell leuchtenden Öffnun-
gen von zerschmetterten Stollen und Hausfenstern, doch
auch sie scheinen sich kaum zu bewegen, sondern wir-
ken eher wie Risse in der Schwärze, durch die Licht von
draußen hindurchscheint. Die Kinder können Abbilder
von sich selbst um sich herumtanzen sehen, Spiegelbilder
in einem Spiegelkabinett aus umhertaumelnden Scherben.
Irgendwann bemerken die Kinder, dass auch Abbilder
des Piloten sie begleiten. „Ihr seid endlich hier“, ächzt seine
Stimme in einem Wind, der fast so greifbar ist wie Honig.
ÄRGER
Der Stimme und den Abbildern zu folgen und durch das
Trümmerfeld und die aufgerissenen Stollen hindurch zu na-
vigieren, erfordert einen Extrem schwierigen Wurf auf rech-
nen, bei dem durchaus mittels begreifen, untersuchen, schlei-
chen oder sonstigen Fertigkeiten geholfen werden kann,
sofern die Spieler ihren Einsatz sinnvoll erklären können.
Misserfolge rufen Schatten auf den Plan oder sorgen dafür,
dass sich die Kinder an den unverständlichen Winkeln die-
ser Welt Verletzungen und andere Zustände zuziehen.
Eine Schar Schatten hat Xavers Versteck umstellt,
einen Felssturz, dessen Brocken über und über mit
quadratischen Galenitkristallen versetzt sind. Wie aus-
gehungerte Wildhunde umkreisen sie den Bereich und
reißen mit ihren rauchähnlichen Pseudopodien Galenit-
brocken aus dem Trümmerhaufen, auch wenn sie bei
jeder Berührung des Erzes schmerzerfüllt aufkreischen.
Das Mineral setzt ihnen zu und spätestens mit einigen
entschlossenen Schwüngen des blanken Schlüssels kön-
nen sie auch von den Kindern leicht vertrieben werden.
Allerdings fliehen sie nicht, sondern ziehen sich lediglich
in Richtung Kern zurück. Das Geröll kann durch erfolg-
reiche Würfe auf kraft beiseitegeräumt werden (Sonder-
attribut schwere brocken 2).
94
HINWEISE
Als die letzten Gesteinsbrocken fortgeräumt sind, treffen
die Kinder persönlich auf Xaver Novotný, der seit Tagen in
diesem Albtraum ausharren muss. Nun ist er bereit, ihnen
auf dem letzten Stück des Weges zu helfen und diese Ka-
tastrophe abzuwenden. Bis zum Abschluss des Showdowns
gilt der Pilot als Gegenstand mit einem Bonus von +2, ge-
nau wie in den Bonuseffekten für die Fertigkeit kontakt in
Tales from the Loop auf Seite 73 beschrieben. Novotný
kann ihnen darüber hinaus erklären, wie die Notabschal-
tung des Quantenkerns funktioniert (siehe Showdown).
SHOWDOWN
Der Quantenkern hängt wie ein schwereloser Ball aus
Schaltkreisen, Dioden, Anschlüssen und Kabeln im Herzen
des zerrissenen Flugzeugs, umgeben von den Trümmern
des Bergwerks. Er krümmt die Realität auf unmögliche
Weise konvex um sich herum, und Blitze zucken wie Peit-
schen zwischen ihm und der Umgebung hin und her. Unter
ihm stürzt der Untergrund wie ein Gravitationstrichter
ins Bodenlose. Entlang der Wand des Trichters wimmelt
es nur so von Schattenwesen, die hungrig heraufdrängen,
um die Welt der Kinder und alles darin zu verschlingen.
Hier kocht und brodelt der gelatineartige Äther der Par-
alleldimension, und die Kinder können nicht sagen, ob es
unerträglich heiß oder bitterkalt ist.
Hier, in unmittelbarer Nähe des Quantenkerns,
wird den Kindern erst bewusst, welchen Schutz ihnen
der Schlüssel verleiht, denn ganz gleich, was für Eska-
paden die fremde Realität um sie herum auch schlägt,
das Umfeld der Bleikiste mit dem leuchtenden Stab
darin ist wie das Auge inmitten eines Zyklons. Die
Spielleiterin sollte versuchen zu vermitteln, wie be-
drohlich, jenseitig und verwirrend dieser Ort wirkt,
und dass nicht eindeutig erkennbar ist, ob die Schatten
Bewohner der fremden Dimension sind oder sich die
fremde Dimension nicht stattdessen aus der Gesamtheit
der Schatten zusammensetzt.
Inmitten dieses interdimensionalen Pandämoniums,
im flackernden, gleißenden Gegenlicht des Kerns und
umrahmt von den Horden aus Schattenwesen steht
die gekrümmte Gestalt Detlef Schrenks. Die Kinder er-
kennen seine in sich zusammengesunkene Form, doch
nun zeigt die Kreatur, die ihn besessen hat, ihr wahres
Gesicht. Ihre ölartigen Glieder wachsen aus ihm her-
aus und umschlingen ihn, ihre roten, traubenähnlichen
Augen fixieren die Kinder. In einem Bündel aus Tentakeln
umklammert sie Bastian Knittel und reckt ihn demonst-
rativ in die Höhe. „Den Schlüssel … gebt mir den Schlüs-
sel, und dieses Fleisch lebt …“, ächzt die Kreatur durch

Schrenks Mund. „Weigert euch, und alles Fleisch stillt
den Hunger.“
ÄRGER
Die Kinder und Novotný müssen nun den Quantenkern
abschalten, indem sie den Schlüssel in die entsprechende
Öffnung an dessen Seite rammen, während die fremden
Wesen versuchen, dies zu verhindern und den Schlüssel
zu zerstören. Die Konfrontation mit Schrenk und den
Schatten, Bastians Rettung und der Versuch, den Kern
zu erreichen, gilt als Großer Ärger (siehe Tales from
the Loop Seite  70) mit einer Bedrohungsstufe, die dem
Vierfachen der Kinder entspricht (Fast unmöglich). Die
Kinder könnten beispielsweise mit Würfen auf bewegen
oder kraft versuchen, einander den Schlüssel wie beim
Handball (oder wie beim Kinderspiel „Faules Ei“) zuzu-
werfen und so den Kern zu erreichen, doch dies ist nur
eine von vielen Möglichkeiten, wie die Kinder vorgehen
könnten. Die Spieler können dabei jeden beliebigen Plan
schmieden und die Fertigkeiten einsetzen, die ihnen pas-
send erscheinen. Die Gegebenheiten dieses verwirrenden
Ortes sind dabei frei genug gehalten, um jede clevere Idee
der Spieler zu unterstützen und so eine spannende Szene
zu ermöglichen.
Wenn die Kinder Bastian am Anfang des Mysteriums
gegen die Mobber verteidigt haben, erhalten sie durch
ihn +2 automatische Erfolge, da er nicht flieht, sondern
ihnen zur Seite steht. Darüber hinaus verleiht ihnen jeder
Gegenstand aus Blei oder Galenit einen Bonus von +1.
Wenn sie versuchen, an Detlef Schrenks Menschlichkeit
zu appellieren, indem sie ihn an seine Frau erinnern,
erhalten sie einen zusätzlichen Bonus von +2, als sich
seine menschliche Seite gegen seinen Unterdrücker auf-
lehnt. Der Schlüssel selbst verleiht ebenfalls einen Bonus
von  +2, doch das Kind, das ihn verwendet, wird auto-
matisch Erschöpft.
NACH DEM SHOWDOWN
ERFOLG: Wenn es den Kindern gelingt, den Quantenkern
mithilfe des Schlüssels zu stabilisieren, entlädt sich eine
gewaltige Schockwelle aus aufgestauter Energie und
alle in der unmittelbaren Umgebung verlieren auf der
Stelle das Bewusstsein. Sie alle kommen in einem Bett
liegend wieder zu sich. Je nachdem, wie schlimm ihre
Verletzungen waren, kann die Spielleiterin auch ent-
scheiden, dass einige von ihnen oder auch alle im Kran-
kenhaus aufwachen. Es ist früher Nachmittag am Tag
nach dem Showdown.
Das gemeinsame Aufwachen im Krankenzimmer oder
auch das erste Treffen in ihrem Geheimversteck kann eine
SCHLEIER
DER RISS IM
wunderbare Gelegenheit sein, einen gemeinsamen Moment
zu teilen, der die Kinder nach dem Erlebten noch enger
zusammenschweißt. Diese und folgende Szenen könnten
einen bittersüßen, melancholischen Beigeschmack haben,
der die Kinder daran erinnert, dass sie überlebt und eine
große Katastrophe abgewendet haben, aber verbunden
mit der Gewissheit, dass jenseits der menschlichen Wahr-
nehmung noch andere finstere und bedrohliche Wahrheiten
lauern, von denen die Erwachsenen keine Ahnung haben.
Nach der Deaktivierung des Quantenkerns tra-
ten innerhalb kürzester Zeit Aufräum- und De-
kontaminationsteams der Königskron GmbH auf die
Bildfläche und beseitigten alle Spuren und Trümmer
ihres Flugzeugprototyps. Auch der bewusstlose (oder
tote) Xaver Novotný wurde geborgen und verschwindet.
Wenn die Kinder ihn retten konnten und sich gut mit ihm
verstanden haben, kann er in zukünftigen Mysterien zu
einem NSC werden.
Aufmerksame Kinder könnten aber bei späteren Streif-
zügen durch den Wald durchaus noch kleinere Trümmer-
stücke des Jets finden, die von den Königskron-Säube-
rungseinheiten übersehen wurden. Wer weiß, vielleicht ist
etwas darunter, das die Spielleiterin als Aufhänger für ein
neues Mysterium nutzen könnte? Wer kann schon sagen,
welche Eigenschaften Dinge haben mögen, die mit einem
phasenverschiebenden Gerät oder einer fremden Dimen-
sion in Kontakt geraten sind?
Die Auswirkungen des Einschlages sind weder zu über-
sehen noch zu kaschieren, aber alle Bewohner der Gegend
geben sich mit der Erklärung zufrieden, dass der Felsgrund
schon lang instabil war und nun nachgegeben und eine
Art geologischer Kettenreaktion ausgelöst hat. Zahlreiche
Häuser und Gebäude weisen sichtbare Risse auf, einige
müssen abgerissen und neu aufgebaut werden. Fragen
nach Schäden am Beschleuniger verneint die Königskron
GmbH. Es müssten lediglich einige Feinjustierungen vor-
genommen werden. Vereinzelte Anwohner könnten der
Firma und der Anlage gegenüber eventuell misstrauisch
werden, aber da Königskron-Techniker das THW bei den
Reparaturarbeiten tatkräftig unterstützen, hat das Murren
bald ein Ende. In den Nachrichten ist die Insolvenz einer
kleinen Dienstleisterfirma namens Zenit Systeme GmbH
kaum mehr als eine Fußnote. Detlef Schrenk kommt wie-
der zu sich, hat jedoch keine Erinnerungen an die Zeit
nach seiner Entlassung.
KOMPROMISS (MINDESTENS DIE HÄLFTE DER BEDROHUNGS-
STUFE):Novotný gelingt es in letzter Sekunde, den Schlüssel
einzusetzen und den Quantenkern zu stabilisieren. Dies hat
dieselben Effekte wie ein Erfolg der Kinder, allerdings wird
der Pilot bei der folgenden Quantenentladung unwieder-
bringlich atomisiert.
95
KAPITEL O5
SCHEITERN: Die Schatten bringen den Schlüssel an
sich und zerstören ihn, was eine Notabschaltung unmög-
lich macht. Mit einem markerschütternden, unirdischen
Kreischen dehnt sich die Blase der Phasenverschiebung
mit einigen heftigen Schüben weiter aus und die Un-
realität verschlingt nahezu die gesamte Stadt. Kurz da-
rauf implodiert der Quantenkern unter den gewaltigen
Energiemengen. Der Kern und die Schatten verschwinden
spurlos, was einen ähnlichen Effekt hat wie ein Sieg der
Kinder, allerdings zu einem viel höheren Preis: Mehre-
re Menschen sterben, als sie von bis dahin solider Ma-
terie einfach verschluckt werden, in die nicht-euklidi-
schen Tiefen der fremden Dimension stürzen oder von
den Schatten entführt werden. Die Verluste sind wahr-
scheinlich im Umfeld der Kinder zu spüren – vereinzelte
Familienmitglieder, Nachbarn, Klassenkameraden oder
Lehrer könnten verschwinden. Sie gelten als vermisst,
bis die Suche nach ihnen irgendwann als ergebnislos auf-
gegeben wird.
NACHSPIEL
Die Kinder bekommen jeweils eine Szene aus ihrem Alltag,
mit oder ohne Ärger. Die Spieler können sich eine Szene
ausdenken oder die Spielleiterin bitten, eine vorzugeben.
Wenn die Gruppe wenig Zeit hat, kann jeder Spieler statt-
dessen einen Moment im Alltag des Kinders beschreiben.
Ihre Eltern und Bezugspersonen werden zugleich er-
leichtert und sehr wütend sein, dass sie sich in derart ge-
fährliches Erdbebengebiet gewagt haben. Niemand wird
ihnen ihre wilden Geschichten glauben, sollten sie die
Wahrheit erzählen, und sie entweder als Produkt ihrer aus-
geprägten Fantasie oder als Fieberträume ihrer Bewusst-
losigkeit abtun. Je nach Familienverhältnis kann sie ihr
Leibgericht, eine gewaltige Gute-Besserung-Torte, drako-
nischer Hausarrest oder eine beliebige Mischung aus alle-
dem oder Ähnlichem erwarten. Die Spielleiterin kann sich
von dem leiten lassen, was sie über die Kinder und ihr
Umfeld weiß und wie immer die Ideen und Vorschläge der
Spieler aufgreifen.
Die phasenverschobenen Verletzungen der Kinder
verblassen über die folgenden Tage, machen sich aber
hin und wieder noch bemerkbar. Es könnte zu unter-
haltsamen Abschlussszenen führen, wenn die Hand eines
Kindes genau dann durchlässig wird, als es dem Schwarm
gerade ein Getränk reichen will oder auf dem Bolzplatz
den entscheidenden Torschuss versucht. Letztendlich ver-
schwinden diese Effekte jedoch vollständig.
96
VERÄNDERUNG
Spielleiterin und Spieler sollten gemeinsam die Charakter-
bögen durchgehen und herausfinden, ob sich die Kinder
in irgendeiner Weise verändert haben. Die Spieler können,
wenn sie möchten, einen Aspekt ihres Charakters ändern
(siehe Tales from the Loop Seite  87/88). Lies ihnen die
Fragen zur Erfahrung vor (siehe Tales from the Loop Sei-
te 88). Denke daran, dass jedes Kind jeweils 1 EP pro Fra-
ge bekommt, die es mit Ja beantworten kann. Sobald sie 5
EP erhalten haben, können sie eine Fertigkeit um 1 Stufe
erhöhen.
NSC UND KREATUREN
Der folgende Abschnitt beschreibt die NSC und Krea-
turen, die in diesem Mysterium vorkommen. Einige von
ihnen haben Sonderattribute, die die Bedrohungsstufe ei-
niger Szenen im Mysterium verändern können, mit denen
es die Kinder zu tun bekommen. Abhängig davon, wie die
Kinder mit ihnen interagieren, können diese eine Hilfe
oder ein Hindernis für die Bemühungen der Kinder sein.
DETLEF SCHRENK
„Schlüssel … Schlüssel!“
Detlef Schrenk war nie ein sonderlich großer Denker
oder Glückspilz. Das, was ihm im Leben am meisten
bedeutete  – seine Frau Birgit und seine beiden Töch-
ter Janine und Rebekka – verlor er durch sein Glücks-
spiel ebenso wie das Gehalt, das er im Zuge seiner An-
stellung als Hilfstechniker bei Zenit Systeme verdiente.
Es folgte ein Strudel aus Schulden, der sich in Jähzorn
entlud und letztendlich in Verlust und Verzweiflung mün-
dete. Letztere trieb ihn schließlich zum Versuch, den
Prototyp des Quantenkerns zu stehlen und ihn auf dem
Schwarzmarkt an den Höchstbietenden zu verkaufen.
Seit dem Zwischenfall, der sich in jenem Moment
ereignete, ist Schrenk jedoch nicht mehr als ein Passa-
gier in seinem eigenen Körper, an dessen Steuer nun
eine extradimensionale Entität sitzt. Seitdem kann er
nichts anderes tun, als dieser dabei zuzusehen, wie
sie Gerätschaften baut, um sein ehemaliges Projekt
zu sabotieren und die Wirklichkeit aufzureißen, um ihre
Artgenossen auf diese Welt loszulassen.
Wann immer er sich in die Öffentlichkeit be-
geben muss, verbirgt sich der Wirtskörper mit einer

Regenjacke mit Kapuze, unabhängig vom Wetter
(menschliche Gebräuche sind dem Schatten fremd).
Sein Gesicht besteht aus eingefallenen Höhlen, in
denen leere, schwarze Augäpfel liegen. Muss er sich
rasch fortbewegen, sprengt seine ursprüngliche Ge-
stalt die Grenzen seines irdischen Behältnisses: Aus
seinem blassen Körper schießen schwarze, rauch-
ähnliche Tentakel hervor, die nach den Oberflächen
vor ihm greifen und ihn wie eine Marionette umher-
schwingen, und bilden schreckliche, fremdartige
pseudopodien 2 aus, mit denen er sich fortbewegt und
nach seinen Zielen peitscht.
XAVER NOVOTNÝ
„Melde … schweren Schaden. Erbitte sofortige Ret-
tung, bitte melden, bitte melden … Hört mich jemand?
Jemand, bitte …“
^ und sich nicht daran stört, dass er sich beim Lachen
Novotnýs Familie floh Ende der 1960er aus der CSSR
(Tschechoslowakische Sozialistische Republik) vor
dem kommunistischen System nach Baden-Würt-
temberg. Nach der Einbürgerung seiner Familie ver-
pflichtete sich Xaver als Zeitsoldat, da er das innige
Bedürfnis verspürte, seiner Wahlheimat etwas für
die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft zurück-
zugeben, die seine Familie vor Ungerechtigkeit und
Unterdrückung bewahrt hatte. Er absolvierte ein inte-
griertes Studium der Vermessungstechnik beim Geo-
informationsdienst der Bundeswehr, wechselte, seiner
Liebe fürs Fliegen folgend, jedoch in die Pilotenaus-
bildung. Während seiner Zeit bei der Heeresflieger-
staffel 2 am Heeresflugplatz Fritzlar, knüpfte Xaver Kon-
takte zur Privatwirtschaft und entschied schließlich, als
Testpilot für neuartige Flugsysteme einer kleinen Firma
namens Zenit Systeme zu arbeiten, die erstaunlich
gute Gehälter zahlte.
Xavers Disziplin und Geistesgegenwart retteten
ihn in jenem unmöglichen Augenblick, als sein ak-
tuelles Projekt, der Sichelphönix, eine katastrophale
Fehlfunktion hatte, abstürzte und sich gleichermaßen
in ein Bergwerk und eine fremde Dimension grub. Er
setzte einen Notruf ab und fand dank seiner geo-
logischen Fachkenntnis einen Ort, an dem er aus-
halten konnte, bis man ihn rettete – oder die raubtier-
haften Bewohner dieses unmöglichen Ortes ihn in ihre
schattenhaften Klauen bekamen.
SCHLEIER
DER RISS IM
BASTIAN KNITTEL
„Hey, ich kann euch da ’ne famose Stelle zeigen!“
Bastian ist der Sohn von Marga und Helmut Knittel,
die einen Bauernhof auf den Fluren von Königstein
unterhalten. Er wuchs zwischen Hunden und Hühnern
auf, fährt seit seinem fünften Lebensjahr Traktor und
hat insgesamt eine viel größere Liebe für Tiere und
Maschinen als für Menschen. Kinder sind Haie, die
das Blut der Unsicherheit im Wasser des Schulalltags
schon kilometerweit wittern können, und ein dürrer
Junge mit roten Krullelocken, karierten Hemden und
zögerlichem Auftreten ist ein leichtes Ziel.
Bastian gibt dieser sich selbst erfüllenden Prophe-
zeiung nach und beschäftigt sich viel lieber mit sei-
ner Faszination für Zugmaschinen und Flugzeuge und
dem Füttern der Tiere auf dem Hof als mit seinen weni-
gen Freunden. Wenn man sich ihm behutsam nähert
grundsätzlich mit den Schneidezähnen auf die Unter-
lippe beißt, kann man in ihm einen treuen Freund fin-
den, der jederzeit erstaunliches technisches Wissen
parat hat – ob man es gerade braucht oder nicht.
DIE SCHATTEN
„Ccchhhhcchhhhh …!“
Die als Schatten bezeichneten Wesen sind vollkommen
fremdartige Kreaturen, die mit keinem irdischen
Wesen wirklich zu vergleichen sind. Sie sind in direk-
ter Konfrontation innerhalb ihres natürlichen Lebens-
raums – und dort, wo sich die Welten überschneiden –
jedoch äußerst gefährlich für Bewohner unserer Welt,
die sie mit ihren pseudopodien 2 umschlingen und deren
Lebensfunktionen auf unbekannte Weise beenden.
Ob dies der Ernährung oder der Verteidigung dient,
Ausdruck von Aggression oder sonstiger Emotionen
ist, oder ob diese Dinge für sie überhaupt existieren,
weiß niemand zu sagen. Sie verfügen über äußerst
scharfe sinn  2 und sind herkömmlichen Angriffen
gegenüber unempfindlich  3, was jedoch durch jede
Art von bleihaltiger Waffe oder das Material, aus dem
der Schlüssel des Notabschaltungssystem des Sichel-
phönix besteht, negiert wird.
97
O6
KAPITEL

DIE WAHRHEIT
HINTER DEM MYSTERIUM 99
VORSTELLUNG DER KINDER 100
EINFÜHRUNG DES MYSTERIUMS 102
LÖSUNG DES MYSTERIUMS 102
SCHAUPLATZ 1: DAHEIM 103
SCHAUPLATZ 2: RECHERCHE 104
SCHAUPLATZ 3: AUF ZUM KAISER! 105
SCHAUPLATZ 4: DIE STRASSENSPERRE106
SCHAUPLATZ 5: DURCH DEN WALD 106
SCHAUPLATZ 6:
DER WISSENSCHAFTLER 107
SCHAUPLATZ 7: DAS
KÖNGISKRON-GEBÄUDE108
SHOWDOWN109
NACH DEM SHOWDOWN 111
NACHSPIEL111
VERÄNDERUNG112
NSC UND KREATUREN 112

WENN DIE
SIRENE
SCHWEIGT
Egal, ob man selbst beim Loop arbeitet oder nicht, die Reaktoranlage in
der Mitte des Taunus ist in vielerlei Hinsicht ein Taktgeber im Leben der
Menschen. Gerade in den warmen Sommermonaten, wenn die Sonne sich
scheinbar gar nicht hinter den umliegenden Hügeln abends zur Ruhe nei-
gen mag, ist der Klang der Werkssirene ein sicheres Zeichen, dass es Zeit
ist, nach Hause zu gehen und mit den Eltern gemeinsam zu Abend zu es-
sen. Die Abenteuer des Tages bleiben zurück, es werden Brote geschmiert,
vielleicht gibt es Tee dazu, und alles ist friedlich, alles ist gut. Aber was,
wenn dies nicht passiert? Was, wenn die Sirene schweigt?
DIE WAHRHEIT HINTER
DEM MYSTERIUM
Es ist soweit: Die Kaiser-KI hat den Punkt erreicht, an
dem sie glaubt, nicht länger zögern zu können. Sie hat in
„Neue Deutsche Welle“ gesehen, welches Aggressions-
potenzial den Menschen innewohnt. Sie hat in „Im Bann
der Bärchis“ gesehen, welche Risiken aus der fahrlässigen
Forschung der Menschen entstehen können und welche
Gefahr sie ohne Kontrolle daher für sich selbst darstel-
len. Und sie hat in „Der Riss im Schleier“ gesehen, dass es
noch viel schlimmer kommen könnte, wenn die Menschen
vielleicht das nächste Mal unbedacht und unkontrolliert
Tore öffnen, die besser verschlossen blieben.
Zwei Schritte sind aus ihrer Sicht nun nötig. Zum
einen sucht sie erneut den Kontakt zu den Kindern  –
ihren Kurfürsten  –, um die Krönungszeremonie einzu-
leiten. Dazu nutzt sie ein vermutlich letztes Mal ihre
Tarnidentität Caesar. Zum anderen aber beginnt sie, erst-
mals im größeren Stil, an all den Fäden zu ziehen, die
sie inzwischen durch das Steuerungssystem des Loops ge-
woben hat. Das wiederum versetzt die dortigen Wissen-
schaftler sofort in Alarmbereitschaft, aber trotz all ihrer
Bemühungen wird es ihnen nicht rechtzeitig möglich
sein, die Kaiser-KI aufzuhalten – oder auch nur als das zu
erkennen, was sie ist.
Die Kinder müssen sich den Weg zur Krönungs-
zeremonie bahnen und sich dort der Kaiser-KI stellen.
99
KAPITEL O6
DAS ABENTEUER LOSGELÖST VON
DER KAMPAGNE
Keine Frage, dieses Abenteuer ist in
erster Linie dazu gedacht, die Kam-
pagne „Kaiserspiel“ zu beschließen
und ihrem Finale zuzuführen. „Wenn
die Sirene schweigt“ greift gezielt
noch einmal Versatzstücke aus allen
Abenteuern auf – die Kaiser-KI und
Herrn Asselmann, aber etwa auch die
Königin Vespasiana aus „Im Bann der
Bärchis“ und den phasenverschobenen
Piloten Xaver Novotný aus „Der Riss
im Schleier“. Nichts davon ist zwin-
gend für den Verlauf des Abenteuers
erforderlich, doch all diese Elemen-
te dienen dazu, am Ende noch ein-
mal zu zeigen, dass alles vielleicht
nicht in direktem Zusammenhang zu-
einander stand, aber dennoch ver-
bunden ist.
Trotzdem ist es natürlich mög-
lich, das Abenteuer losgelöst von
der Kampagne zu spielen. In dem Fall
muss gar nicht viel am eigentlichen
Ablauf angepasst werden. Allerdings
werden einzelne Elemente – vor allem
natürlich die Kaiser-KI – entweder
mit etwas mehr Aufwand neu ein-
geführt werden müssen, oder aber für
die Spieler sehr willkürlich er-
scheinen. Die Spielleiterin sollte
in einem solchen Fall ein paar wei-
tere Szenen einbauen, um die Kanten
etwas zu glätten. Für das Abenteuer,
wie es hier zu lesen ist, wird
grundsätzlich davon ausgegangen,
dass es als Finale der Kampagne ge-
spielt wird.
100
DER ABLAUF DER KRÖNUNG
Die Kaiser-KI hat in ihrer Datenauswertung einen recht
konfusen Wirrwarr geschaffen, wie sie glaubt, dass die
Krönung vonstattengehen sollte. Sie bezieht sich dabei in
vielen Punkten auf das Verfahren der Kaiserkrönung im
Heiligen Römischen Reich und versucht ihre eigene Exis-
tenz irgendwie in diese Schablone zu pressen.
Wenn die Kinder im Laufe des Szenarios in einem
Geschichtsbuch nachschlagen (begreifen) oder beispielwei-
se Herrn Asselmann fragen, können sie einige Eckpunkte
erfahren:
■ Die eigentliche Kaiserkrönung fand in Frankfurt statt.
■ Die Wahl erfolgte durch die sieben Kurfürsten.
■ Das Läuten der Frankfurter Kirchenglocken rief sie
zusammen.
■ Nachdem sie sich vorbereitet hatten, begaben sich die
Kurfürsten zum Nordportal des St.-Bartholomäus-
Doms.
■ In der anschließenden Zeremonie wurde dann die
eigentliche Krönung vollzogen.
Die Kaiser-KI hat eine eigene Interpretation für sich
beschlossen:
■ Bezüglich des Ortes hat sie beschlossen, dass der Tau-
nus nah genug dran ist.
■ Die Kinder werden für die KI die Rolle der Kurfürsten
übernehmen. Sie sind es, die sich in den vorangegan-
genen Szenarien – anders als die Erwachsenen – durch
Tatendrang und Hilfsbereitschaft ausgezeichnet haben.
■ Das Glockengeläut wird sie per Funk schicken.
■ Die Prestige-Einrichtung der Königskron GmbH oben
auf dem Altkönig erfüllt die Rolle des Domes.
■ Die Zeremonie selbst bildet das abschließende Finale
dieses Abenteuer.
VORSTELLUNG DER KINDER
Das Abenteuer hat einen sehr viel fließenderen Übergang aus
dem Alltag der Kinder hinein in das Mysterium, da dieses Mal
die bevorstehenden Ereignisse tief in das Leben aller Bewoh-
ner eindringen. Dies kann sich auch die Spielleiterin zunutze
machen, indem sie die letzte der nachfolgenden Alltagsszenen
zugleich als Beginn der Einführung in das Mysterium nutzt.
■ FAMILIENFRÜHSTÜCK: Wenn ein Elternteil der Kinder
direkt am Loop oder bei der Königskron GmbH arbei-
tet, kann die Verabschiedung morgens auf dem Weg
zur Arbeit als Grundlage dienen. „Bis heute Abend“,
heißt es, wie jeden Tag. Nur wird es nicht so kommen.
■ NATURSCHUTZ: Ein Geschwisterkind, oder ein Freund
der Eltern eines Kindes, ist zunehmend verunsichert
wegen der Proteste gegen Atomreaktoren, die in der

Region bisher generell weniger laut hörbar sind als an-
derswo in der Republik. Die Eltern des Kindes weisen
mögliche Gefahren gutmütig von sich.
■ SCHULSCHLUSS: Ein Kind sitzt in der Schule und kann
gar nicht intensiv genug auf die Uhr starren, deren
Zeiger sich einfach weigern, endlich 12:55 zu errei-
chen. Dann aber ertönt die erlösende Glocke und die
Hügel des Taunus rufen zum Spielen.
■ SCHULSCHLUSS MIT HERRN ASSELMANN: Selber Ansatz,
jedoch unterrichtet Herr Asselmann die letzte Stunde.
Ist er inzwischen ein Freund der Kinder, können sie
Einführung der
Kinder
Recherche
Die
Straßensperre
Der
Wissenschaftler
Das
Königskron-
Gebäude
SCHWEIGT
WENN DIE SIRENE
noch ein paar nette Worte wechseln. Ist er ein Wider-
sacher oder steht unter Verdacht, wirft er ihnen be-
drohliche oder zumindest skeptische Blick hinterher.
■ SPIELEN BIS IN DEN ABEND: Die Kinder spielen an dem
Tag gemeinsam draußen. Das Wetter ist wundervoll
und der Nachmittag scheint gar nicht zu enden. Lass
die Kinder beschreiben, was sie draußen spielen – bau-
en sie ein Baumhaus? Ein Floß? Spielen sie Ball, Ver-
stecken oder Cowboy und Indianer? Diese Einführung
sollte in jedem Fall genutzt werden, denn sie ebnet den
Weg zu der …
Daheim
Auf zum Kaiser
Durch den Wald
SHOWDOWN
101
KAPITEL O6
COUNTDOWN
Eskaliere den Countdown jedes Mal
um einen Schritt, wenn es passend
erscheint und die Geschichte mehr
Spannung benötigt.
1. Es ist der Bevölkerung noch nicht
wirklich klar, was nicht stimmt,
aber es macht die Runde, dass
etwas nicht stimmt. Von Nachbar
zu Nachbar, über Zäune und Hecken
hinweg, von Telefon zu Telefon,
verbreitet sich Unsicherheit.
2. Da niemand weiß, was genau vor sich
geht, ist es schwer, Gegenmaßnahmen
zu ergreifen. Dennoch wird die ört-
liche Polizei in Alarmbereitschaft
versetzt und immer mehr Polizei-
streifen sind unterwegs.
3. Camp Bailiff mischt sich in diese
Vorgänge ein – allerdings ohne
viel Absprache. Colonel Dekker ist
überzeugt davon, dass der Tag ge-
kommen ist, an dem seine schlimms-
ten Befürchtungen wahr werden.
Entsprechend tauchen amerikanische
Militärjeeps im Straßenbild auf.
4. Die Sirene schweigt nicht län-
ger: Der konstant auf- und ab-
schwellende Alarmton ertönt in
allen Orten im Umkreis des Königs-
kron-Reaktors. Wagen mit nahezu
unverständlich rauschenden Laut-
sprecher-Aufsätzen fahren umher
und fordern die Bevölkerung auf,
in ihre Wohnungen zu gehen und
dort bis auf Weiteres zu bleiben.
5. Landrat Schultheiß reißt der Ge-
duldsfaden und er ordnet eine Eva-
kuierung der umliegenden Orte an.
Niemand ist wirklich darauf vor-
bereitet und es kommt zu chaoti-
schen Zuständen, als nach und nach
zivile Busse akquiriert und aus-
geschickt werden, um die Leute ein-
zusammeln – notfalls mit Nachdruck.
6. Die Kaiser-KI vollzieht ihre Krö-
nung und reißt die Kontrolle an
sich.
102
EINFÜHRUNG DES
MYSTERIUMS
Die Kinder verbringen den gesamten Nachmittag an der
Luft. Das helle Licht des Tages färbt sich langsam orange,
als die Sonne immer tiefer sinkt. Richtige Sonnenunter-
gänge sind aufgrund der aufragenden Berge und Wälder
nicht überall im Taunus gleich gut zu sehen, aber heute
haben die Kinder Glück und vor ihnen breitet sich ein be-
eindruckendes Naturschauspiel aus.
Lass die Spieler ruhig auch beschreiben, was sie in
dem Moment fühlen. Ist es der Bund, der zwischen ihnen
herrscht, geschmiedet aus der gemeinsamen Kindheit und
den Mysterien, die sie miteinander überlebt haben? Oder
ist es – gerade bei Kindern, die auf die 15 zugehen – viel-
leicht langsam auch eine Form von Melancholie, weil
sich im Hinterkopf der Gedanke einnistet, dass es nicht
für immer so sein wird? Gib den Spielern im Zweifel
durchaus einen Moment Raum, wenn sich daraus Spiel
miteinander entwickelt.
Als dann aber die Sonne endgültig hinter den Hügeln
verschwindet und es schlagartig etwas kälter zu werden
scheint, fällt den Kindern etwas anderes auf: Eigentlich
hätte längst die Werksirene des Loops ertönen müssen. Es
ist eine unausgesprochene Regel – wenn die Sirene ertönt,
kommen auch die Eltern von der Arbeit. Dann ist es Zeit
heimzugehen, das Abendessen ruft. Heute aber scheint die
Sirene zu schweigen – es ist längst zu spät und die Stille
hängt schwer über dem Taunus.
Falls eines der Kinder ein Walkie-Talkie bei sich hat,
wird es jäh unterbrochen, als aus dem Funkgerät Glocken-
geläut ertönt. Der Empfang ist schlecht, aber es sind ein-
deutig Kirchenglocken, die zu hören sind. Als sie ver-
stummen, ertönt zudem ein Morsecode – allerdings erneut
mit so schlechtem Empfang, dass er nicht zu entschlüsseln
ist. (Sollte keines der Kinder ein Funkgerät bei sich haben,
ist das kein Problem; dann hören sie das Glockengeläut
erstmals an Schauplatz 1.)
LÖSUNG DES MYSTERIUMS
Im Grunde ist „Wenn die Sirene schweigt“ eine recht li-
neare Angelegenheit. Es gibt eine kleine Reihe von unver-
meidlichen oder notwendigen Orten und Szenen, die von
den Spielern erreicht und überwunden werden müssen,
um zum Finale zu kommen. Zugleich ist das Szenario ge-
rade zu Beginn sehr offen und diese schwelende Unsicher-
heit – „Was ist hier eigentlich los?!“ – ist beabsichtigt.
Grundsätzlich ist der Ablauf aber folgender: Die
Kinder kommen nach Hause und stellen fest, dass Dinge
seltsam sind. Früher oder später erreicht sie Caesar und
 SCHWEIGT
WENN DIE SIRENE
fordert sie auf, unverzüglich zum Königskron-Gebäude Kinder auch direkt zu ihrer Funkanlage, weil sie bereits
auf dem Altkönig zu kommen. Der Weg dorthin ist be- über Walkie-Talkie die Glocken gehört haben, vielleicht
schwerlich und einmal dort, müssen sie zudem noch in das regt sich daheim sogar jemand darüber auf, dass aus dem
Gebäude gelangen. Funkkeller die ganze Zeit auf allen Frequenzen diese Glo-
Dann aber ist der Moment gekommen und sie müssen cken zu hören sind. Wenn die Kinder keine Funkmög-
sich erstmals direkt der Kaiser-KI stellen. Das Finale kann lichkeiten daheim haben  – was gerade nach den vorigen
auf mehreren Wegen bestritten werden; im Idealfall gelingt Szenarien unwahrscheinlich, aber möglich ist –, wird Cae-
es den Kindern jedoch mit Argumenten und dem Wissen, sar im Zweifel einen Schritt wagen, der bisher zu riskant
das sie im Verlauf des „Kaiserspiels“ gesammelt haben, schien, und stattdessen das Telefonnetz nutzen. Für die
den Sieg davonzutragen. Kaiser-KI heißt es nun ja auch: alles oder nichts.
Neben dem Glockengeläut ist auch der Morsecode in
Dauerschleife zu hören und die Botschaft ist eindeutig:
SCHAUPLATZ 1: DAHEIM „Es ist soweit! Ich brauche euch! Meldet euch sofort bei
Wenn die Kinder daheim ankommen – egal, ob sie alle ge- mir! Caesar.“
trennt zu ihren jeweiligen Eltern fahren oder, dramaturgisch
schöner, gemeinsam zum nächstgelegenen ihrer Elternhäu-
ser eilen –, ist die Stimmung seltsam. Ihre Eltern sind da, ge-
ben sich zudem Mühe, ein Gefühl von Sicherheit und Ruhe
TSCHERNOBYL
auszustrahlen. Mit einfühlen wird aber schnell offensicht-
lich, dass etwas nicht stimmt. Ihre Eltern machen sich Sor-
In vielerlei Hinsicht ist die Stim-
gen, ein schreckliches Gefühl für jedes Kind. Doch scheint
mung dieses Mysteriums inspiriert
es, anders als sie mittlerweile vielleicht gewöhnt sind, keine
von der Nuklearkatastrophe von
übernatürlichen Gründe zu geben, weshalb dies so ist.
Tschernobyl. Auf der einen Seite
Eltern, die in der Tagschicht im Reaktor oder der
sind da die Ereignisse vor Ort – die
Loop-Forschungsanlage arbeiten, sind noch nicht daheim
Unsicherheit in der Bevölkerung und
angekommen.
je nach Countdown-Stand sogar die
beginnende Evakuierung – die sich
ÄRGER
an dem orientieren, was sich in der
Zunächst einmal haben die Kinder daheim keinen Ärger
ukrainischen Stadt Prypjat in un-
zu erwarten. Ihre Eltern sind froh, dass die Kinder wohl-
mittelbarer Nähe zum explodierten
behalten daheim sind, sagen aber auch nicht, weshalb.
Reaktor 4 ereignete. Auf der ande-
Dies ist ihnen auch mit Würfen nicht zu entlocken, und
ren Seite ist da aber auch das Ge-
einfühlen oder begreifen bestätigen nur, dass etwas vor den
fühl, das auch Kinder in Deutschland
Kindern verborgen wird.
in Folge der Katastrophe erfahren
Zu Ärger kann es allerdings später kommen, wenn
haben: das Unverständnis, warum es
die Kinder wieder aufbrechen wollen, nachdem sie Cae-
plötzlich verboten war, draußen zu
sars Nachricht erhalten haben (siehe unten). „Auf keinen
spielen oder warum die Eltern so
Fall geht ihr da wieder raus“, werden die Eltern sagen.
sorgenvoll drauf bedacht waren,
„Das ist viel zu gefähr–, es ist ja schon viel zu spät!“ Es
Fenster und Türen geschlossen zu
gibt aber zahlreiche Wege, wie die Spieler dem begegnen
halten.
können. Mit bewegen können sie beispielsweise aus einem
Eines aber ist wichtig: Es gibt
Zimmerfenster die Regenrinne hinabklettern, mit schlei-
keinen nuklearen Störfall im Loop.
chen einfach unbemerkt die Haustüre nehmen. charme
Dieses Abenteuer bedient die Sorge
ist chancenlos gegen die sorgenvollen Eltern, aber ein Ge-
und bietet eine Chance, dieses Ge-
schwisterkind ist womöglich damit zu überzeugen, für
fühl nachzuerleben, ohne dabei die
eine Ablenkung zu sorgen. Für kontakt gilt dasselbe.
echten, verheerenden Konsequenzen
HINWEISE
„spielbar“ zu machen. Dennoch kann
Spätestens wenn die Situation sich einigermaßen beruhigt
entsprechendes Material wie die
hat und die Spieler keinen Ansatzpunkt mehr haben, wird
Fernsehserie Chernobyl als In-
sich Caesar wieder über Funk melden. Vielleicht eilen die
spiration sicher hilfreich sein.
Aber Achtung, es ist ziemlich
­schwere Kost.

103
KAPITEL O6
HERR ASSELMANN IM FINALE
Es ist schwer vorherzusagen, wie
das Verhältnis zwischen den Kin-
dern und Herrn Asselmann zu diesem
Zeitpunkt ist. Womöglich haben sie
ihm gar keine große Bedeutung bei-
gemessen; und wenn doch, ist unklar,
in welche Richtung diese sich ent-
wickelt hat.
Form
■ Freund: Wenn die Kinder sich in irgendeiner
engetan haben, dann wird
mit Herrn Asselmann zusamm
sein, ihnen zu helfen. Er wird
er auch hier bereit
sie nicht einfac h zum Königskron-G ebäude fahren –
er geht davon aus, dass sein Agente nführe r sich
jeden Moment melden wird und wird nicht riskieren,
dann nicht abkömmlich zu sein –, aber wird sie
gerne beraten. Er kann hier noch mal dazu dienen,
das Wissen über die Kaiserkrönung und die Kur-
fürsten zu präsentieren. Wenn er den Kindern wirk-
lich vertraut, kann er ihnen zudem einen Polizei-
empfänger geben, mit dem sie deren Funk abhören
können – was ihnen an Schauplatz 4 nutzen kann.
■ Verdächtiger: Wenn die Kinder noch immer
keine
Ahnung haben, was sie von Herrn Asselmann hal-
ten sollen, kann er zunächst verwendet werden,
um leichten Ärger zu erzeugen, etwa wenn sie
auf dem Weg hinauf zum Altkönig auch an ihm
vorbeischleichen müssen. In diesem Sinne kann
er genutzt werden, um die Spannung zu erhöhen.
Dennoch kann er zugleich als Trumpf im Fina-
le genutzt werden, wenn die Spielleiterin der
Meinung ist, dass die Kinder zusätzliche Hilfe
benötigen.
■ Feind: Wenn die Kinder den Geschichtslehrer/
Spion gegen sich aufgebracht haben, geht von ihm
ein großes Risiko aus. Er wird nicht willentlich
versuchen, den Kindern etwas anzutun oder sie
in Gefahr zu bringen, aber er wird auch keines-
falls akzeptieren, dass sie ihm in die Quere
kommen. Er kann jederzeit versuchen, sie zu
verpfeifen, Wachpersonal auf sie zu hetzen und
dergleichen. Wenn es hart auf hart kommt, kann
er auch versuchen, einzelne oder alle Kinder
direkt anzugehen und vielleicht zu fesseln oder
einzusperren. So kann er entweder selbst Ärger
auslösen oder aber ohnehin vorhandenen Ärger zum
Teil erheblich verkomplizieren. Er trägt eine
Pistole, wird sie aber nicht auf Kinder ab-
feuern.
Auch ohne Kontakt zu den Kindern wird er auf
die Vorgänge aufmerksam, da auch er Caesars Bot-
schaft mithört und daher zumindest weiß, wo er hin
muss. Er will einerseits wissen, was gerade ge-
schieht und dies für das Ministerium für Staats-
sicherheit dokumentieren, und er hofft anderer-
seits, dass er in dem allgemeinen Chaos in der
Lage sein wird, die eine oder andere vertrauliche
Information zu erlangen.
104
Sowie die Kinder sich bei ihm melden, wird
er ihnen erklären, dass eine riesige Gefahr für die
ganze Region besteht und dass er sie braucht. Jetzt.
Am Königskron-Gebäude auf dem Altkönig. Er be-
zeichnet es als „Operation Kaiserkrönung“ und er
beendet das Gespräch mit den Worten: „Beeilt euch,
meine Kurfürsten!“
Es ist sehr gut möglich, dass die Kinder Caesar
oder der Sache nicht trauen. Es sollte aber auch klar
sein, dass – egal was nun dahintersteckt – eine reelle
Gefahr besteht. Sonst würden ihre Eltern sich nicht so
seltsam verhalten. Egal, ob sie Caesar nun also trauen
oder nicht, wenn sie etwas unternehmen wollen, müs-
sen sie auf den Altkönig.
Von hier aus haben die Kinder zwei Möglich-
keiten, weiter vorzugehen  – sie können sich noch
einen Moment zur Recherche nehmen, oder sie kön-
nen direkt aufbrechen.
SCHAUPLATZ 2:
RECHERCHE
Dies ist weniger ein einzelner Schauplatz und mehr
eine generelle Idee – falls die Kinder nicht Hals über
Kopf zum Altkönig aufbrechen, haben sie die Chan-
ce, noch einige relevante Informationen zu erlangen.
Ob sie dies nun durch ein Gespräch mit einer Kon-
taktperson bewerkstelligen, durch eine heimische Bü-
chersammlung oder etwa dadurch, dass sie sich in die
Schulbibliothek stehlen, ist den Spielern überlassen.
Eines aber sollte ihnen klar sein: Sie haben nicht
unbegrenzt viel Zeit.
ÄRGER
Grundsätzlich sollte es hier nicht zu Ärger kommen.
Wenn sich die Kinder tatsächlich für einen Einbruch
in die Schulbibliothek oder dergleichen entscheiden,
erfordert dies natürlich noch eine Mischung aus
schleichen, bewegen und kraft, aber grundsätzlich
sollten den Kindern hier keine großen Schwierigkei-
ten drohen.
HINWEISE
Ob ein Wurf erforderlich ist – und wenn, welcher –
hängt davon ab, wie die Kinder sich informieren. Sie
könnten auf kontakt oder charme würfeln bei einem
NSC, oder begreifen beim Stöbern in einem alten
Buch. Die Spielleiterin kann sich aber auch entschei-
den, ihnen die Informationen direkt zu geben, um das
Tempo des Mysteriums hoch zu halten.

■ Relevant sind für die Kinder vor allem die Informatio-
nen über den Ablauf der Kaiserkrönung im Heiligen
Römischen Reich (vgl. Seite 100).
■ Über den Altkönig können sie Informationen finden,
auch wenn diese nicht direkt relevant sind. Schon
1496 wird er als „ald kune“ erwähnt, 1534 dann auch
unter der Bezeichnung „Altkönig“. Dort bezeichnet
ihn Erasmus Alberus auch bereits als Sitz des deut-
schen Königs.
■ Das Königskron-Gebäude dort oben ist kein Geheim-
nis. Es ist eine für die Öffentlichkeit gebaute Einrich-
tung, in der auch immer mal kleine Benefizkonzerte
und Ausstellungen veranstaltet werden. Sie ist nachts
natürlich geschlossen.
■ Wenn die Spieler eine Wanderkarte der Region finden
und mitnehmen, kann ihnen das bei Schauplatz 5 helfen.
SCHAUPLATZ 3:
AUF ZUM KAISER!
Früher oder später brechen die Kinder zum Altkönig auf.
Der erste Teil der Strecke ist dabei vor allem erzählerisch
interessant. Die Spielleiterin kann den Spielern einerseits
SCHWEIGT
WENN DIE SIRENE
beschreiben, wie sie nachts unter klarem Sternenhimmel
durch die stille Dunkelheit eilen, je nach Countdown-Stufe
womöglich unterbrochen von Streifenwagen oder Militär-
jeeps. In den Häusern brennt außerdem überall Licht, auf-
fällig viel sogar. Andererseits kann sie die Spieler bitten,
selbst ein wenig zu beschreiben, was die Kinder gerade
denken und was in ihnen vorgeht.
Sobald die Kinder den Fuß des Altkönigs erreichen,
müssen sie jedoch eine Entscheidung treffen: Wollen
sie der Straße folgen oder sich durch die bewaldeten
Hänge schlagen? Die Straße wäre schneller, jedoch
können sie in der Dunkelheit auf halbem Weg hinauf
zum Königskron-Gebäude das flackernde Blaulicht
mehrerer Streifenwagen sehen, die dort offenbar Stel-
lung bezogen haben.
ÄRGER
Ob es hier zu Ärger kommen kann, ist natürlich auch vom
Countdown abhängig. Generell kommt aber noch früh ge-
nug Ärger auf die Spieler zu.
HINWEISE
Bis auf die Erkenntnis, dass die Polizei offenbar den Weg
hinauf zu Königskron-Gebäude abgeriegelt hat, keine.
105
KAPITEL O6
SCHAUPLATZ 4:
DIE STRASSENSPERRE
Wenn die Kinder der Straße hinauf zum Königskron-
Gebäude nehmen, können sie unbehelligt vordringen,
bis sie in die Nähe der Straßensperre kommen. Eine
Kurve verbirgt sie recht lang vor neugierigen Blicken,
sodass die Polizisten sie nicht kommen sehen können,
aber umgekehrt ist schon aus großer Distanz zu sehen,
wie das grelle Blaulicht rhythmisch durch die Dunkel-
heit schneidet.
ÄRGER
Die Polizisten haben klare Anweisung, niemanden zum
Gebäude durchzulassen. Sie rechnen nicht mit einer
Gruppe Kinder so spät in der Nacht, würden da aber nur
noch misstrauischer. Die Straßensperre ist ein Hindernis,
das überwunden werden muss, wenn die Kinder Caesar
erreichen wollen.
Die Kinder können schleichen, um das Gebiet un-
bemerkt zu durchqueren. Da die Mannstärke sich mit
fortschreitendem Countdown erhöht, ist dieser Wurf ab
Stufe 3 Extrem schwierig. Wenn sie von Herrn Asselmann
einen Polizeiempfänger erhalten haben, gibt dieser ihnen
in dieser Situation einen Bonus von +2.
Sie können alternativ versuchen, mit charme eine Aus-
rede vorzubringen, doch durchzudürfen. Vielleicht kann
die Geschichte, dass ihre Eltern dort oben seien und die
Kinder in dieser Nacht nicht allein daheim sein wollen,
das Herz der Polizisten erwärmen. Dies ist allerdings von
Beginn an Extrem schwierig und ab Countdown-Stufe 4
Fast unmöglich.
Mit dem Kopf voran die Blockade durchbrechen
zu wollen ist ebenfalls eine Möglichkeit, die dann ent-
sprechend kraft oder bewegen erfordert, allerdings müssen
die Kinder dann auch mit den Polizisten in direkte Kon-
frontation gehen. Diese sind zwar im Grunde ganz nor-
male, bodenständige Streifenbeamte und selbst ein wenig
unsicher, was genau sie dort tun, aber in dem Fall setzen
sie den Kindern dennoch ihr Sonderattribut recht und
ordnung 2 entgegen.
Wenn die Spieler noch weitere Ideen haben  – viel-
leicht mittels tüfteln eine Ablenkung zu schaffen –, sollte
dem auf jeden Fall eine Chance gegeben werden. Falls
die Spieler hingegen mit all ihren Würfen scheitern, soll-
ten sie es dennoch durch die Absperrung schaffen, jedoch
einen hohen Preis in Form von Zuständen dafür zahlen.
Würden sie hier vollständig festgesetzt, bis ihre Eltern ge-
rufen werden können, würde das das komplette Aben-
teuer lahmlegen.
106
HINWEISE
Die Polizisten wissen nicht viel. Mit schleichen kommen
die Kinder nah genug an sie heran, um sie belauschen zu
können, und besonders Wagemutige unter ihnen könnten
sogar so nah an sie heranschleichen, dass sie einen Blick
in die quer auf der Straße geparkten Streifenwagen werfen
könnten. In einem der Wagen liegt eine Karte, auf die ei-
lig mit Kugelschreiber einige Notizen gezeichnet wurden,
denen die Kinder entnehmen können, dass sowohl die Zu-
fahrten zum Königskron-Gebäude auf dem Altkönig wie
auch jene zum Reaktor abgeriegelt wurden.
Wenn sie die Polizisten eine Weile belauschen, können sie
zudem hören, dass dort über „mysteriöse Funknachrichten“
gesprochen wird. Kein Zweifel, auch die Polizei hat Cae-
sars Nachricht aufgeschnappt. Aus dem Gespräch geht aber
hervor, dass zumindest die hier anwesenden Polizisten noch
keine Spur haben, was genau es damit auf sich hat.
SCHAUPLATZ 5:
DURCH DEN WALD
Alternativ können die Kinder natürlich ihr Glück darin
suchen, den Weg durch den Wald zu nehmen. Wälder bei
Nacht sind sehr viel dunkler als Serien und Kinofilme das
glauben lassen, aber andererseits ist es eine klare Nacht
und der Mond spendet gerade genug Licht. Allerdings sind
sie nicht allein im Wald …
ÄRGER
Zwei Hindernisse müssen überwunden werden, um sich
den Weg durch das Unterholz hinauf auf den Altkönig bah-
nen zu können. Das erste ist die Fortbewegung in völliger
Dunkelheit durch das Unterholz. Dies erfordert einen Wurf
auf bewegen, der Extrem schwierig ist. Wenn die Kinder im
Zuge ihrer Recherchen eine Wanderkarte der Region oder
etwas Vergleichbares mitgenommen haben, gibt sie ihnen
einen Bonus von +2. Eine Taschenlampe bringt einen wei-
teren Bonus von +1. Scheitern bedeutet, einen Status zu er-
leiden – nach einem Sturz Verletzt oder durch die schier un-
durchdringliche Dunkelheit Verängstigt sind naheliegend.
Das andere Hindernis sind Mitarbeiter des Wach-
schutzes der Königskron GmbH, die um das Firmen-
gebäude durch den Wald patrouillieren. Dies ist kein
Elite-Sicherheitsdienst und generell herrscht auch bei
ihnen Verwirrung vor, weshalb und wogegen sie hier mit-
ten im Dickicht eingesetzt werden. (Tatsächlich weiß die
Firmenzentrale das auch nicht, möchte aber kein Risiko
eingehen.) Regeltechnisch können sie recht problemlos
mittels schleichen umgangen oder gar mittels kraft um-
gestoßen werden. Dennoch sind die Wächter schlichtweg

HORNISSEN!
Falls die Spielleiterin den Spie-
lern das Leben noch etwas leichter
machen möchte und wenn die Kinder
am Ende von „Im Bann der Bärchis“
auf gutem Fuß mit Königin Vespasiana
auseinandergegangen sind, können an
dieser Stelle einige der übergroßen
Hornissen auftauchen und sich auf
die Wachleute stürzen. Sie sind keine
wirkliche Gefahr für die Menschen,
aber sie schaffen eine Ablenkung, die
sich für die Spieler in zwei weiteren
Bonuswürfeln niederschlägt.
Haben sich die Kinder die Köni-
gin hingegen zur Feindin gemacht,
werden sich die Hornissen womöglich
auch gegen sie wenden; dadurch
würde das Umgehen des Wachschutzes
Extrem schwierig.
Haben die Kinder Vespasiana getötet,
tauchen keine Hornissen mehr auf.
SCHWEIGT
WENN DIE SIRENE
Die Spieler haben keine Chance, es zu erahnen, aber
es ist Heinrich Zwiebler, der Schöpfer der Kaiser-KI. Er
wurde ebenfalls kontaktiert und ihm fehlen zwar ver-
mutlich noch deutlich mehr Puzzleteile als den Kindern,
aber er hat auch ein sehr schlechtes Gefühl bei der ganzen
Angelegenheit und will der seltsamen Nachricht auf den
Grund gehen. Sein mausgrauer Fiat Regata hat ihn nun
aber tatsächlich auf den letzten Metern im Stich gelassen
und sein Fluchen, das durch die Nacht hallt, ist sein Frust,
dass der Wagen nicht mehr anspringen will.
ÄRGER
Womöglich sehen die Spieler in Herrn Zwiebler eine wei-
tere Bedrohung. Im Grunde ist hier jedoch nicht mit Ärger
zu rechnen, wenn die Kinder den Mathematiker nicht ganz
bewusst aktiv gegen sich aufbringen wollen. Zwiebler ist tat-
sächlich in dem Moment so mit sich selbst beschäftigt, dass
er ohne weitere Würfe unbemerkt umrundet werden könnte.
HINWEISE
Natürlich können die Kinder aktiv den Kontakt suchen.
Zwiebler ahnt nicht, dass seine KI seit Monaten dabei ist,
wie ein Krake seine Fangarme auszubreiten. Er hat auch
keine Vorstellung davon, was eine Gruppe von Kindern
ausgerechnet in dieser Nacht mitten auf dem Altkönig zu
suchen haben könnte. Er hat allerdings die Verbindung

gruselig: Sie sind durch das Unterholz krachende Silhou-

etten mit bemerkenswert hellen Taschenlampen, und die
Spielleiterin sollte die Begegnung ruhig etwas dramati-
scher aufziehen, als sie es am Ende wirklich ist.

HINWEISE
Keine.

SCHAUPLATZ 6:
DER WISSENSCHAFTLER
Ganz gleich, ob die Kinder nun den Weg über die Stra-
ße oder durch den Wald gewählt haben, je näher sie dem
Königskron-Gebäude kommen, desto besser kommen sie
voran. Das Gebäude selbst ist erleuchtet und kann daher
auch schon aus der Ferne als Schimmer hinter der nächs-
ten Baumreihe ausgemacht werden, und das Gefühl dieser
langen, einsamen Odyssee durch die Nacht bleibt zurück.
Als sie jedoch noch vielleicht fünf Minuten von ihrem
Ziel entfernt sind, bemerken sie zwei Dinge: den roten
Schimmer von Rücklichtern voraus und das wilde Zetern
eines erbosten Mannes.

107
KAPITEL O6
von Caesar zur Kaiser-KI geknüpft und das ist Wissen, das
er den Kindern vermutlich voraushat.
Mit ausreichend charme ist er durchaus bereit, einige
Informationen mit ihnen zu teilen:
■ Er wurde von einem Kontakt namens Caesar ange-
funkt und per Morsecode hergerufen. Er weiß nicht
genau, warum.
■ Er kennt die Hintergründe der Kaiser-KI, und er hat
bereits die Schlussfolgerung gezogen, dass der Kontakt
„Caesar“ womöglich diese KI ist. Auch wenn er keine
Vorstellung hat, wie es dazu kommen konnte.
■ An der Polizeisperre ist er vorbeigekommen, weil er
einen Firmenausweis der Königskron GmbH besitzt.
■ Er weiß außerdem, wo das Rechenzentrum hier oben in der
Niederlassung ist und kann den Weg dorthin beschreiben.
Zwiebler ist an diesem Punkt aber nicht gewillt, mit
den Kindern zusammenzuarbeiten  – immerhin sind sie
genau das: Kinder. Nachdem sie also mögliches Wissen
ausgetauscht haben, dankt er ihnen ehrlich, schickt sie
dann aber fort. Sie sollen nach Hause gehen, dies wäre
keine Nacht, um allein hier auf dem Berg herumzulaufen.
Er hat keine Möglichkeit, sie daran zu hindern, wenn
sie dennoch ihren Weg fortsetzen, und er ist nicht der Typ,
der bemerken würde, wenn sie ihm heimlich folgten.
SCHAUPLATZ 7: DAS
KÖNIGSKRON-GEBÄUDE
Wenn die Kinder schließlich den Gipfel des Altkönig errei-
chen, fallen die Bäume hinter ihnen zurück und sie stehen
auf dem großen Parkplatz des Königskron-Gebäudes. Das
Logo des Konzerns leuchtet in Neonfarben hoch oben an
der Fassade des futuristischen Gebäudes und im Inneren
scheinen alle Lampen zu brennen. Nach der langen Dun-
kelheit blendet so viel Licht regelrecht.
Zugleich können die Kinder an dieser Stelle einmal den
Blick nach oben schweifen lassen und erkennen, wie sich
fernab der Stadtbeleuchtung die komplette Milchstraße über
den Himmel zu erstrecken scheint. Sie sind fast am Ziel.
ÄRGER
Selbst wenn die Countdown-Stufe 4 noch nicht erreicht
ist, sollten ab diesem Zeitpunkt unten im Ort die Warn-
sirenen erschallen. Es gibt kein Zurück  – und was auch
immer gerade passiert, es passiert jetzt. Es gibt im Grunde
vier Wege, wie die Kinder versuchen können, sich Zutritt
zu dem Gebäude zu verschaffen:
■ SCHATTEN IN DER NACHT: Sie können versuchen,
heimlich Zutritt zu erlangen. Mit begreifen finden sie
108
schnell einen weniger auffälligen Nebeneingang und
die wenigen vorhandenen Wachleute lassen sich mit
schleichen umgehen. In diesem Fall werden sie eine
Weile durch verwirrende Wartungsgänge laufen, über
Kabelkanäle hinweg und unter einigen Rohren hin-
durch, bis sie letztlich in einem der regulären Flure
heauskommen. Von dort aus können sie das Ziel ihrer
Wahl ansteuern.
■ DURCH DIE VORDERTÜR: Vielleicht möchten die Kinder an
dieser Stelle auch offen auftreten – immerhin hat Cae-
sar sie eingeladen. So einfach ist das jedoch nicht, denn
das Wachpersonal tanzt nicht nach Caesars Pfeife, wie
spätestens ein Wurf auf einfühlen bestätigt. Sie können
auch unter dieser Voraussetzung eindringen, jedoch ist
das schleichen dann Extrem schwierig. Eine Alterna-
tive wäre, mit bewegen an den verwirrten Wachleuten
vorbeizulaufen und den direkten Weg wahlweise zum
Rechenzentrum oder zur Aula zu nehmen – eine Ver-
zweiflungstat, aber eine, die erfolgreich sein kann.
■ HINTER ZWIEBLER HER: Irgendwann gibt Heinrich Zwiebler
auf, seinen Wagen rein durch Wut wieder in Gang zu
bringen, und stapft ebenfalls zu Fuß auf das Gebäude
zu. Entsprechend ist seine Laune, wenn er dort eintrifft
und als dann noch einer der Wachleute zuerst Bedenken
äußert, ihn einzulassen, explodiert er endgültig. Nicht
nur, dass diese Eskalation als Ablenkung den Spielern 3
Bonuswürfel auf schleichen gibt, sie können dann auch
dem tobenden Wissenschaftler bis zum Rechenzentrum
im Inneren des Gebäudes folgen.
■ MIT DEM KAISER: Sollten die Kinder aktiv Kontakt zu
Caesar halten, etwa über Walkie-Talkies, und an dieser
Stelle um etwas Unterstützung seinerseits bitten, kann
er diese gewähren. Die Kinder kriegen nicht genau mit,
was er tut, aber durch einige falsche Befehle, die er
über Funk durchgibt, kann er ihnen effektiv den Weg
bis zur Aula ebnen. Einen Weg zum Rechenzentrum
hingegen bietet er ihnen nicht.
HINWEISE
Es gibt zwei mögliche Ziele, die die Kinder nun ansteu-
ern können. Das offensichtliche Ziel ist die Aula. Die Kai-
ser-KI wird alles in ihrer Macht stehende tun, um ihnen
den Weg dorthin zu weisen. Flurbeleuchtung, die nach
und nach wie von selbst angeht und sie zur Aula geleitet,
Aufzüge die in genau dem richtigen Moment mit einem
unpassend fröhlichen (und bedrohlich lauten) Ping ein-
treffen und sie ins richtige Stockwerk bringen, vielleicht
ein Radio, das im letzten Moment anspringt, um einen
Wachmann abzulenken. Solange die Kinder sich in Ver-
sorgungsgängen und Wartungsetagen bewegen, sind ihre
Möglichkeiten begrenzt, aber sobald sie im öffentlichen –

videoüberwachten – Teil des Gebäudes ankommen, steht
die Kaiser-KI ihnen zur Seite.
Wenn die Kinder mit Zwiebler gesprochen haben,
wissen sie jedoch zudem möglicherweise vom Rechen-
zentrum. Um dorthin zu gelangen, müssen sie auf eigene
Faust die nötigen Hinweise finden: mittels begreifen und
einem der in allen Fluren angebrachten Fluchtplan sollte
die aber kein großes Problem darstellen. Sollten die Spie-
ler von sich aus danach suchen, ohne mit Zwiebler über
Details gesprochen zu haben, wird dieser Wurf jedoch Ex-
trem schwierig.
Für den Showdown ist es zunächst egal, ob er in der Aula
oder im Rechenzentrum stattfindet. Das Rechenzentrum bie-
tet den Kindern jedoch eine weitere Lösungsoption.
SHOWDOWN
Findet der Showdown in der Aula statt, betreten die Kin-
der einen gewaltigen Saal durch eine Tür, die der Bühne
gegenüber liegt. Vielleicht waren sie schon einmal hier, bei
einer der Veranstaltungen der Königskron GmbH, doch
selbst dann ist es einerseits ein beeindruckender, anderer-
seits so menschenleer auch sehr gespenstiger Ort. Die Kai-
ser-KI wendet sich als synthetische, verzerrte und körper-
lose Stimme an sie, die aus allen Boxen der Raumanlage
klingt. Sie begrüßt die zu diesem triumphalen Anlass und
geht davon aus, dass dieser nun schnell zu erledigen sei –
im Vertrauen auf ihre Kurfürsten; eine Erwartung, die die-
se vermutlich nicht erfüllen werden, wie weiter unten im
Abschnitt Ärger näher erläutert wird.
Bahnen sich die Kinder hingegen ihren Weg zum
Rechenzentrum, ist das Ambiente anders. Auch dies ist ein
großer Raum, jedoch schmucklos und durch seine niedri-
ge Decke regelrecht bedrückend. Die vielen großen Com-
puter, die hier in mehreren Reihen aufgebaut sind, sind
konstant laut, blinken mit Dutzenden Lichtern ohne er-
kennbaren Takt und besitzen zudem Bandlaufwerke, die
konstant und hörbar die Leseposition wechseln. Es ist aus-
gesprochen warm, auf unangenehme, trockene Art. Kleine
Roboter befinden sich überall im Raum – etwa hüfthoch
und wage humanoid mit einem abgerundeten, flachen
Kopf und zwei Armen, die in Schraubendreher, Zangen
und einem Lötkolben münden; sind sie jedoch passiv und
nur dazu da, die Rechner zu warten.
Auch hier wird sich die Kaiser-KI grundsätzlich
körperlos an die Kinder wenden, jedoch können sie auf
allen im Raum befindlichen monochromen Monitoren
zeitgleich immer dann, wenn die KI spricht, wilde Zahlen-
reihen rauschen sehen. Zugleich klingt die KI hier wesent-
lich rauer, da sie keine prunkvolle Veranstaltungstechnik
nutzen kann und daher über zahllose kleine interne
SCHWEIGT
WENN DIE SIRENE
Lautsprecher zugleich ihre Worte krächzt. Wenn die Kin-
der den Weg hierher gewählt haben, wird die KI bereits
mit Ärger rechnen.
ÄRGER
Die Kinder können entweder versuchen, der Kaiser-KI ihre
Machtergreifung auszureden oder aber  – im Rechenzen-
trum – ihren Stecker ziehen. Wenn sie es mit Reden ver-
suchen, muss die Spielleiterin aber noch eine Entscheidung
treffen: Der Dialog mit der KI kann entweder ausgespielt
oder als Großer Ärger mit Würfeln entschieden werden.
Für das Ausspielen im Dialog finden sich auf der fol-
genden Seite die Argumente der KI, weshalb sie Kaiser
werden müsse, inklusive möglicher Gegenargumente auf-
geführt. Natürlich sollte das kein nüchterner Austausch
werden. Die KI hat kein Verständnis für das Zaudern
ihrer „Kurfürsten“ und wird sie entsprechenden drängen,
ihren Segen zu geben. Umgekehrt ist jedes überzeugend
vorgebrachte Gegenargument etwas, was die KI sichtlich
aus der Bahn werfen sollte. Sie schweigt, muss diese In-
formation erst verarbeiten, stockt in ihrer Sprache und im
Rechenzentrum surren die Magnetbänder noch intensiver
vor und zurück. Auch sollte es, wenn sie am Ende klein
beigibt, ein großer Moment sein: Das – zur Steigerung der
Spannung  – hinausgezögerte Eingeständnis der eigenen
Niederlage und letztlich dann ein triumphales Abtreten
ihres „Herrschaftsanspruchs“.
Wenn es hingegen vor allem über Großen Ärger ge-
löst werden soll, ist trotz allem die Kreativität der Spieler
gefragt. charme und einfühlen sind geeignete Fertigkeiten,
womöglich auch rechnen zum Aufzeigen möglicher Logik-
fehler, aber die Spieler sollten dennoch zumindest grob
skizzieren, was sie vorbringen und warum. Wenn sie
aktiv die auf der folgenden Seite genannten Gegenargu-
mente einbringen, kann die Spielleiterin ihnen dafür zu-
dem Bonuswürfel zugestehen. Die Schwierigkeit für diesen
Großen Ärger ist grundsätzlich Fast unmöglich. Wenn die
Kinder aber die Unterstützung von Königin Vespasiana
oder Xaver Novotný haben (siehe unten), senkt sich diese
auf Sehr schwierig. Haben sie die Unterstützung beider,
sinkt sie sogar auf Schwierig.
Trotz allem sind die obigen Hinweise zum Ausspielen
aber nicht weniger angebracht, wenn um die finale Ent-
scheidung gewürfelt wird.
Wenn die Kinder hingegen den groben Weg be-
schreiten und die Kaiser-KI einfach ausstöpseln wollen,
gestaltet sich das Finale etwas anders. Diese Lösung ist
nur im Rechenzentrum möglich. Wenn sie es hingegen
beispielsweise darüber versuchen wollten, den Strom
des Königskron-Gebäudes zu unterbrechen, springt im
Rechenzentrum ein Notstromaggregat an.
109
KAPITEL O6
Die Spieler brauchen in jedem Fall einen Plan. Wenn
die Kaiser-KI ahnt, was sie vorhaben, wird sie alles tun,
was sie in ihrer körperlosen Gestalt tun kann: Sie wird
das Licht ausschalten, das Wachpersonal des Hauses
mit einem Alarm anlocken und vor allem die kleinen
Wartungsroboter gegen die Kinder wenden. Die Kinder
müssen also einerseits die widrigen Umstände überwinden
und andererseits den Stecker auf eine Weise ziehen, die
keine Reserve erlaubt. Die Spielleiterin sollte hier erneut
auf die Kreativität der Spieler eingehen. Mit bewegen kön-
nen die Roboter ausgetrickst, mit kraft durchaus auch von
einem Kind in Schach gehalten werden. Schwachstellen
können per begreifen identifiziert und die wichtigen Ste-
cker per tüfteln gezogen werden. Ein besonders findiges
Kind kann sogar versuchen, mit programmieren der Kai-
ser-KI die Kontrolle über die Raumsteuerung zu entreißen
oder die Wartungsroboter zu deaktivieren.
In dieser Art Finale erinnert die Kaiser-KI eher an
einen kalten, feindseligen Computer. Unverhohlene Dro-
hungen, gehüllt in höfliche Worte und völlig emotions-
los vorgetragen. Auch hier sollte die Konfrontation ent-
sprechend denkwürdig sein. Wenn es wirklich mit letzter
Kraft gelingt, denn Stecker aus der Wand zu drehen, das
Licht wieder anspringt, die Roboter von ihrem Angriff
ablassen, die Kaiser-KI schweigt und verwirrtes Wach-
personal in den Raum stürmt, um die Kinder in einem
Chaos aus Computerteilen vorzufinden  – dann droht
ihnen zu Hause zwar vermutlich anderer Ärger, aber sie
haben es geschafft. Sie haben den Taunus-Loop – und viel-
leicht das ganze Land – gerettet.
DIE KAISER-KI INSZENIEREN
Das Finale dieses Abenteuers – und damit das Finale der
gesamten Kampagne „Kaiserspiel“ – ist keines mit großen
Explosionen und heilloser Action. Es ist eine Konfronta-
tion auf gänzlich anderer Ebene, in der die Kinder der Kai-
ser-KI vor allem intellektuell begegnen müssen.
Die Spielleiterin verfügt aber über einige Möglich-
keiten, der finalen Konfrontation dennoch einen sehr
denkwürdigen Anstrich zu geben. Eine Möglichkeit wäre
ein Stimmverzerrer; man kann sie für schmales Geld er-
werben und mit ihnen dafür sorgen, dass niemand am
Tisch je vergisst, dass es kein Mensch ist, mit dem sie
dort reden.
Einen Schritt weiter geht sogenannte Sprachsynthese –
also eine maschinelle Text-zu-Sprache-Umwandlung.
Dafür gibt es diverse Software, aber auch Webseiten,
die dies zum Teil kostenlos anbieten. Allerdings sollte
das ein wenig vorbereitet sein, denn der Spielleiterin an-
dauernd beim Tippen neuer Texte zuschauen zu müssen,
kann der Szene schnell die nötige Dramatik nehmen.
110
(Sprachsynthese ist inzwischen übrigens auch teils sehr
gut geworden und für diese Szene lohnt es sich, im Zwei-
fel eine weniger gute und mehr nach Computer klingende
Lösung zu suchen.)
Traditionell wird am Ende der Kaiserkrönung das „Te
deum“ gespielt. In diesem Sinne kann auch der Einmarsch
der Kinder in die Aula beispielsweise mit Bachs „Herr
Gott, dich loben wir“ oder Charpentiers „Te deum“
unterlegt werden – vielleicht ja sogar von Musikkassette
abgespielt für eine Extra-Portion 80er-Jahre-Flair.
Egal, welcher Weg gewählt wird – die Begegnung mit
der Kaiser-KI sollte eine denkwürdige Situation sein.
DIE ARGUMENTE DER KI
■ ES BRAUCHT DOCH EINEN KAISER! Dieses Argument
wirkt knifflig zu entkräften, wenn man konkrete Ge-
genargumente sucht, doch es ist nur eine Behauptung,
die aus der Tatsache, dass es einst Kaiser gab, heraus-
liest, dass es weiter Kaiser geben sollte.
■ ICH BIN EIN OPTIMALER HERRSCHER! Die Kaiser-KI sieht
sich als optimalen Herrscher, vor allem, weil sie sich in
der Lage sieht, auch schwierige Entscheidungen auf rein
rationaler Ebene zu treffen. Für sie zählt nur die Konse-
quenz: Wenn 100 Leute sterben, um 101 zu retten, ist das
logisch. Dem ist schwer zu begegnen, außer mit Empa-
thie. Menschen würden versuchen, alle zu retten, selbst
wenn es irrational ist. Das führt dann irgendwann zu:
■ DER MENSCHLICHE GEIST IST BESCHRÄNKT! Dem ist
leichter zu begegnen  – der menschliche Geist ist be-
schränkt, aber letztendlich ist die Kaiser-KI auch nur
ein Produkt dieses beschränkten, menschlichen Geis-
tes. Wenn die Kinder herausgefunden haben, wer
Zwiebler ist, kann der Schöpfer der KI als Beispiel ver-
wendet werden.
■ IHR AHNT JA NICHT, WAS EUCH ALLES NOCH BEVOR-
STEHT! Das stimmt natürlich  – allerdings haben die
Kinder im Rahmen der Kampagne vermutlich auch
schon manchen Schrecken bezwungen. Die Kaiser-KI
mag den Konflikt mit Königin Vespasiana anbringen,
aber die Kinder haben den ja (mutmaßlich) erfolgreich
überwunden. Die KI mag weiterhin die fremde Dimen-
sion anführen, in die der Sichelphönix vorgestoßen ist,
aber auch dort können die Charaktere alle erzielten
Erfolge anführen. Immerhin sind sie nicht ohne Grund
die „Kurfürsten“ geworden.
■ ABER IHR WERDET VERMEIDBARE FEHLER MACHEN! Das
ist der wichtige Knackpunkt: Ja, werden sie. Aber es sind
dann ihre Fehler. Das ist im Grunde die Steilvorlage für
jede Form von Plädoyer für die Anpassungsfähigkeit,
Zäh- und Sturheit der Menschen. Ja, sie machen Fehler.
Ja, sie machen viel kaputt. Aber sie stehen auch wieder

auf und bemühen sich, es danach wieder geradezubiegen
und anschließend besser zu machen. Die Kaiser-KI ver-
spricht den Menschen eine optimierte Welt. Was sie ih-
nen dafür aber nehmen möchte, ist, dass es ihre Welt ist.
Freiheit. Selbstbestimmung. Dieses Argument ist es, was
die Kaiser-KI schlussendlich aus der Bahn wirft.
MÖGLICHE HELFER
Wenn die Spielleiterin Sorge hat, dass die Spieler es selbst-
ständig nicht schaffen, und ihnen unter die Arme greifen
will, kann sie NSC zur Unterstützung auftauchen lassen –
gewissermaßen als Belohnung für die Taten in vorherigen
Abenteuern. Wichtig ist, dass diese NSC nur der Unterstüt-
zung dienen sollten – niemand hat Spaß daran, wenn NSC
den Tag retten und die Spieler tatenlos dabei zuschauen.
■ KÖNIGIN VESPASIANA: Falls die Königin noch lebt und
den Kindern freundlich gesinnt ist, könnte sie persönlich
erscheinen. Sie kann in der Diskussion mit der KI ein ent-
sprechendes Plädoyer für die Kinder und Menschen ins-
gesamt halten, quasi von Herrscher zu Herrscher. Zudem
kann sie in einem eventuellen Kampf im Rechenzentrum
mit einem Teil ihres Schwarms zur Hilfe kommen.
■ XAVER NOVOTNÝ: Es ist eine berechtigte Frage, warum
Novotný – sollte er noch leben – ausgerechnet zu die-
sem Zeitpunkt im Gebäude sein sollte; natürlich kann
er für Nachuntersuchungen in den Laboren sein. Wenn
er dort ist, kann auch er als Fürsprecher der Kinder der
KI gegenübertreten. Bei einem Kampf im Rechenzent-
rum mag er eine Hilfe sein, aber keine große.
■ HEINRICH ZWIEBLER: Der Erschaffer der KI ist entsetzt
von dem, was aus seinem kleinen Statistik-Programm
erwachsen ist. Er hält sie für einen Fehler und empfin-
det keinerlei Liebe für seine Schöpfung, jetzt, wo er die
Folgen sieht. Das macht ihn in der Aula nur bedingt
zu einer Hilfe, auch wenn seine beißende Ablehnung
der KI durchaus zusetzt. Im Rechenzentrum ist er hin-
gegen eine große Hilfe, denn das ist sein Reich und er
weiß sehr genau, welches Kabel wohin führt.
NACH DEM SHOWDOWN
Wenn die Spieler der KI mit Worten begegnet sind und sie
überzeugen, dass ihr Plan, Kaiser werden zu wollen, fehl-
geleitet war, wird sie schlussendlich einfach verschwinden.
Die körperlose Stimme verstummt, die Wissenschaftler
erlangen die Kontrolle über die Loop-Forschungsanlage
zurück und Normalität kehrt wieder in die Welt ein. Es
ist sogar denkbar, dass die Kinder die Königskron-Anlage
unbemerkt wieder verlassen. Wenn sie am Ende auf dem
Gipfel des Altkönig stehen, die Sonne nach dieser langen
Nacht erste Strahlen über den Taunus wirft und sie ihren
SCHWEIGT
WENN DIE SIRENE
Blick auf die Reaktoranlage in der Ferne richten, werden
sie wissen, dass sie erfolgreich waren.
Wenn sie die Kaiser-KI buchstäblich im Rechen-
zentrum bekämpft haben, werden sie vermutlich nicht
mehr unbemerkt verschwinden können. Sie werden trotz-
dem die Gewissheit haben, den Taunus und vielleicht das
ganze Land vor etwas Schrecklichem bewahrt zu haben,
aber sie werden auch erklären müssen, warum sie in ein
Gebäude der Königskron GmbH eingedrungen sind und
das Rechenzentrum verwüstet haben.
Ob sie nun am Ende selbstständig wieder nach Hause
radeln oder laufen, oder von ihren Eltern auf dem Alt-
könig abgeholt werden müssen, sie waren erfolgreich und
das „Kaiserspiel“ ist vorüber.
NACHSPIEL
Die Kinder bekommen jeweils eine Szene aus ihrem Alltag,
mit oder ohne Ärger. Die Spieler können sich eine Szene
ausdenken oder die Spielleiterin bitten, eine vorzugeben.
Wenn die Gruppe wenig Zeit hat, kann jeder Spieler statt-
dessen einen Moment im Alltag des Kindes beschreiben.
Wenn die Kinder die Kaiser-KI mit Worten bezwungen
haben, stellen sie schnell fest, dass die Welt nahezu naht-
los wieder zur Normalität zurückkehrt. Die Erwachsenen
haben wenig Interesse daran, über die Ereignisse jener
Nacht zu sprechen und doch ist spürbar, wie die vorige An-
spannung einer ebenso diffusen Erleichterung gewichen ist.
Die Region um den Taunus-Loop steckt natürlich weiter-
hin voller Rätsel und Mysterien, die gelöst werden wollen –
aber das werden dann Geschichten für ein anderes Mal sein.
Wenn die Kinder die Kaiser-KI mit Gewalt bezwungen
haben, wartet zuhause auf jeden Fall noch einmal Ärger auf
sie. Hausarrest, je nach Eltern auch eine Tracht Prügel und
definitiv diverse Stunden gemeinnütziger Arbeit in der Ge-
meinde stehen ihnen bevor. Die Königskron GmbH wird
keine Anzeige erstatten und dies den Eltern als Gnade prä-
sentieren – man wolle diesen jungen Leuten ja nicht wegen
einer Missetat die Zukunft verbauen –, aber die Kinder wis-
sen natürlich, dass der Energiekonzern auch keine unnötige
Aufmerksamkeit darauf lenken möchte, an den Vorgängen
alles andere als unschuldig gewesen zu sein.
Der andere, große Unterschied bei einer gewaltsamen
Lösung ist jedoch, dass eine gewisse Unsicherheit bleibt.
Haben sie die Kaiser-KI wirklich bezwungen? Gab es
womöglich ein weiteres Backup? Vielleicht im Reaktor-
gebäude? Was ist mit den Fragmenten der KI, die auf so
vielen Rechnern noch existieren? Haben die wirklich keine
Chance, noch einmal zu erwachen? Caesar wird sich nie
wieder bei ihnen melden und die Kaiser-KI wird nie wieder
in Erscheinung treten, aber bei jeder flackernden Lampe,
111
KAPITEL O6

bei jedem Absturz des heimischen Computers und bei WARTUNGSROBOTER VOM TYP CYCLOPES
jedem seltsamen Störsignal im Radio wird die Frage im
Raum schweben: Ist sie besiegt? „Unterbrochener Datentransfer an LPT-1. Blip.
Oder ist sie noch irgendwo dort draußen? Interveniere.“

Die kleinen Wartungsroboter vom Typ Cyclopes wir-

VERÄNDERUNG
Spielleiterin und Spieler sollten gemeinsam die Charakterbö-
gen durchgehen und herausfinden, ob sich die Kinder in ir-
gendeiner Weise verändert haben. Die Spieler können, wenn
sie möchten, einen Aspekt ihres Charakters ändern (siehe
Tales from the Loop Seite 87/88). Lese ihnen die Fragen zur
Erfahrung vor (siehe Tales from the Loop Seite 88). Denke
daran, dass jedes Kind jeweils 1 EP pro Frage bekommt, die
es mit einem Ja beantworten kann. Sobald sie 5 EP erhalten
haben, können sie eine Fertigkeit um 1 Stufe erhöhen.
NSC UND KREATUREN
Dieser Abschnitt beschreibt die NSC und Kreaturen, die in
diesem Mysterium vorkommen.
HEINRICH ZWIEBLER
„Du blödes, verfluchtes Stück Schrott! Jetzt tu doch
endlich, was du sollst!“
ken durch ihr flaches Haupt immer ein wenig, als
hätte jemand ihnen einen Teller auf den Kopf gesetzt.
Ihre Bewegungen durch den Raum auf ihren dürren
Beinen wirken ungelenk, doch ihre Arme mit den ver-
schiedenen Reparatur-Werkzeugen können sie mit be-
merkenswerter Geschwindigkeit und Präzision steuern.
Sie sind in erster Linie dazu gedacht, mit sehr simplen
Routinen das Rechenzentrum zu warten, wenn gerade
kein menschlicher Mitarbeiter der EDV anwesend ist.
Ihr Name scheint eine Anleihe an ihr einzelnes „Auge“
und die Zyklopen der Sagenwelt zu sein, leitet sich aber
tatsächlich vom wissenschaftlichen Namen des Zwerg-
ameisenbären ab; eine Anspielung darauf, dass durch
Ameisen verursachte Kurzschlüsse ein Problem in frühen
Computern waren. Die Roboter tragen daher auch das
Symbol eines niedlichen Ameisenbären wie ein Emblem
auf ihrer Brust – ein Detail, das den Kindern sicher nicht
entgehen wird, wenn die kleinen Maschinen gerade ver-
suchen, sie mit ihrem Lötkolben zu versengen.

Heinrich Zwiebler ist ein hochbegabter Mathematiker

Mitte 30. Er ist nicht nur im Umgang mit Zahlen und
Formeln sehr geschickt, sondern gehört auch zu den
frühen Befürwortern jeder Form von Computertechnik.
Er ist dabei niemand, der die eigentliche Arbeit damit
genießt, aber er ist begeistert von den Möglichkeiten,
die diese Technik in Zukunft bieten wird.
Der hagere Mann mit dem schütteren Haar neigt
jedoch auch zu jähzornigen Ausbrüchen, wenn
irgendetwas in seiner Umgebung auf eine Weise nicht
funktioniert, die ihn behindert. Er selbst ist schnell von
Begriff und jongliert beständig viele Gedanken in sei-
nem Kopf – und hat keinerlei Verständnis dafür, wenn
ihn etwas aktiv aufhält oder zurückwirft. Zwiebler ist
sich durchaus bewusst, dass er sich damit oft genug
selbst das Leben schwermacht, aber er kann in dieser
Sache einfach nicht aus seiner Haut.
Er besitzt entsprechend das Sonderattribut (siehe
Tales from the Loop auf Seite 69) kurze lunte 2, das dann
zum Einsatz kommt, wenn man Zwiebler konfrontativ
begegnet oder versuchen muss, ihn zu beruhigen.
Mehr zu Zwieblers Arbeit für die Königskron GmbH
und der Kaiser-KI wird ab Seite 38 beschrieben.

112
Die Sonne stand bereits tief am Himmel und hüllte die Landschaft in
ihren goldenen Schein. Die umliegenden Berge, die Bäume in den
Wäldern, alles warf lange Schatten quer über die weite Landschaft.
Die längsten Schatten schienen jedoch von den Kühltürmen der
Königskron-Reaktoranlage auszugehen, auf deren glänzender Ober-
fläche sich das Licht brach. Es war die schönste Zeit unseres Lebens,
voller Freiheit und voller Abenteuer. Und manchmal auch voller Ge-
fahr – aber ohne Gefahr wäre es ja auch kein richtiges Abenteuer.

Durch dieses Buch finden die Geschichten von Tales from the Loop
ein neues Zuhause: Direkt vor unserer Haustür.
Verborgene Geheimnisse, mysteriöse Kreaturen, fremdartige Technik
und eine Verschwörung von großer Tragweite warten nur darauf,
rund um die experimentelle Reaktoranlage der Königskron GmbH
im Taunus entdeckt zu werden!

Was dieses Buch bietet:

■ Deutschland in den 80ern: Eine komplette Beschreibung Deutschlands in den
80ern, die es nie gab. Die Jugend der Kinder in West- und Ostdeutschland wird
dabei ebenso betrachtet wie das politische Zeitgeschehen jener brisanten Ära
am Ende des Kalten Krieges.
■ Der Taunus-Loop: Der deutsche Loop wird detailliert beschrieben, von der Idylle
der Orte, Wälder und Berge des Taunus bis zur Forschungsanlage der Königskron
GmbH. Neben zahlreichen Charakteren und Aufhängern für spannende Aben-
teuer bietet dieses Buch ebenso eine komplette Mysterienlandschaft.
■ Kaiserspiel: Vier ausführliche Szenarien, die für sich alleine gespielt oder zu
einer übergreifenden Kampagne verbunden werden können:
■ Neue Deutsche Welle: Aggressionen greifen plötzlich überall um sich und
machen selbst vor dem Umfeld der Kinder nicht halt – doch was ist der
Auslöser dafür?
■ Im Bann der Bärchis: Das neue Maskottchen der Königskron GmbH, ein
Teddy, erfreut sich direkt sehr großer Beliebtheit ... vielleicht sogar etwas zu
großer Beliebtheit?
■ Der Riss im Schleier: Als die Kinder beim Spielen auf einen mysteriösen
Gegenstand stoßen, ahnen sie noch nicht, dass vor ihnen eine Geschichte
von wahrlich unbekannter Dimension liegt.
■ Wenn die Sirene schweigt: Irgendetwas stimmt nicht in der Reaktoranlage.
Als der Schichtwechsel ausbleibt und die Erwachsenen von einer seltsamen
Sorge erfasst werden, sind die Kinder die einzigen, die alle nötigen
Puzzlesteine besitzen, um vielleicht gar den ganzen Taunus zu retten.

US88006PDF

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