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In Vers zehn gibt es eine weitere Personifikation: „Dann geht ein Bild hinein“. Dieses Stilmittel
steht wie das „Vorübergehn der Stäbe“ (V. 1) für die Passivität des Panthers. Dinge um ihn herum
geschehen nur noch, er selbst scheint darauf kaum mehr Einfluss zu haben.
Beachtenswert ist auch die Metapher „Herz“ in Vers zwölf. Das Herz steht hier für das ganze
Lebewesen, in dem das Bild „zu sein“ aufhört. Der Eindruck von außen löst in dem Tier keine
Reaktion aus, da er sein Inneres überhaupt nicht erreicht. Das bedeutet, dass der Panther nicht mehr
in Kontakt mit der Außenwelt steht. So wie der Panther in dem Käfig gefangen gehalten wird, so
auch der Blick in dem Körper des Tieres. Ebenso wie der Panther hört der Blick dort auf „zu sein“
(V. 12), das heißt er und somit auch der Panther existieren nicht mehr in ihrer wirklichen Funktion.
Zuletzt soll noch die Bewegung des Panthers betrachtet werden. Interessant ist, dass sich das Tier
unablässig den „weichen Gang“ (V. 5) vollführt. Durch die Bewegung bekommt der Leser die
Vorstellung, dass es für den Panther die Möglichkeit gibt zu entkommen oder, dass er noch
unversehrt ist. Äußerlich hat der Panther noch nicht aufgegeben, jedoch wird in der letzten Strophe
klar, dass dies innerlich schon lange geschehen ist. Gerade durch die Betonung der Bewegung in
den ersten beiden Strophen scheint das Raubtier lebendig, um so größer wirkt der Bruch in dem
letzten Vers in dem beschrieben wird, dass in ihm nicht mal mehr ein Blick seiner Umgebung
existieren kann.
Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass in dem Gedicht „Der Panther“ von Rainer Maria
Rilke der Zustand der Gefangenschaft auf eindrucksvolle Weise geschildert wird, indem das Tier
zuerst von außen und am Schluss dessen Inneres beschrieben wird.
Eine weitere wichtige Funktion des Dinggedichts ist die Möglichkeit der Übertragung auf andere
Situationen. Automatisch folgt die Assoziation mit der Gefangenschaft von Menschen. Jedoch ist
die Lage des „Gefangenseins“ nicht ausschließlich auf Haftstrafe zu beziehen. Der Mensch befindet
sich in vielen alltäglichen Zwängen, die ihm die Gesellschaft auferlegt oder die er sich selbst
schafft. Diese können äußerst vielfältig sein und im Beruf oder auch im Privatleben auftreten. Eine
eigene Befreiung des Panthers scheint in dem Gedicht unmöglich. Jedoch kann es vielleicht auch
als Appell wirken sich nicht zu sehr von den fortwährenden Zwängen gefangen nehmen zu lassen,
da sonst Innere Leere droht.
Anmerkungen und Stilmittel
1 Dinggedicht: Bei einem Dinggedicht wird versucht ein Objektiv mit
möglichst formalen und sprachlichen Mitteln symbolisch zu deuten.
Damit soll das innere Wesen eines Gegenstandes ausgedrückt wer-
den. Das besagte Objekt wird dabei meist so beschrieben, als
spräche es über sich selbst, sodass das lyrische Ich in den Hinter-
grund tritt.
2 Kadenz: Männliche (stumpfe) Reime (einsilbig): Not/Tod, Mut/Gut;
Weibliche (klingende) Reime (zweisilbig mit Betonung auf der vorlet-
zten Silbe): singen/klingen, sagen/fragen.
3 Assonanz (Antonym: Dissonanz): Halbreim. Die Assonanz stellt
lediglich den Gleichklang der Vokale dar, z. B. „Schwindsucht und
Bindung“ oder „Laterne und Kapelle“.
4 Repetitio (Stilmittel): Wiederholung von Satzgliedern mit dem Ziel,
eine Aussage zu verstärken.
5 Personifikation: Bei der Personifikation wird ein lebloser oder ein ab-
strakter Begriff, oder aber auch ein Tier, „vermenschlicht“. Person-
ifikationen treten z. B. immer in Fabeln auf (da Tiere wie Menschen
handeln). Anderes Beispiel: Der Mond schaut zornig drein; der Mond
nimmt hier also charakteristische menschliche Züge an.
6 Alliteration: Bei der Alliteration beginnen mehrere Worte mit dem gle-
ichen Anfangslaut. Beispiel: „Milch macht müde Männer munter.“
7 Paradoxon: (Schein-)Widerspruch.
8 Metapher (Stilmittel): Bild.