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NUMMER 4

Zeitschrift für
Schadenverhütung und ~[?
Schadenforschung
der öffentl ich-rechtlichen
Versicherer
0
~
NOVEMBER 1985 14. JAHRGANG

Elektrochemische Grundlagen
der Korrosion
J. Hupfeid

1. Thematische Abgrenzung Teil 2 (Januar 1984) korrodierendes Metall erfüllt. Die Einstel-
"Elektrochemische Korrosion lung und Aufrechterhaltung des elektro-
Dieser Beitrag ist auf die Korrosion an
Korrosion , bei der elektrochemische Vor- nischen Gleichgewichts kann in Metallen
metallischen Werkstoffen im Zusammen- als stets gegeben angesehen werden ;
hang mit Leitungswassersystemen aus- gänge stattfinden. Sie laufen ausschließ-
lich in Gegenwart einer ionenleitenden elektronische Reaktionen sind den ioni-
gerichtet. Leitungswasser ist hier im schen bzw. chemischen in der Kinetik um
Sinne der Versicherungsbedingungen zu Phase ab. Hierbei muß die Korrosion
nicht unmittelbar durch einen elektrolyti- Größenordnungen überlegen.
verstehen, umfaßt demnach die Versor-
gung und die Entsorgung , die jeweils ein- schen Metallabtrag bewirkt werden, sie In diesen Zitaten ist die gemeinsame
gebundenen Anlagenteile sowie die Kor- kann auch durch Reaktion mit einem Basis des Fachschrifttums zu sammenge-
rosion von innen und von außen . elektrolytisch erzeugten Zwi schenpro- faßt. Speziell in der Anwendung elektro-
dukt (z. B. atomarer Wasserstoff) erfol- chemischer Aussagen und Gesetzmäßig-
Begriffe nach DIN 50900 [1]
gen. keiten auf praktische Problem e sind
Teil 1 (April 1982) jedoch in der Literatur unterschiedliche
Kennzeichnend für die elektrochemische
"Korrosion Korrosion ist eine Abhängigkeit der Kor- Auffassungen und zu Mißverständnissen
Reaktion eines metallischen Werkstoffs rosionsvorgänge vom Elektrodenpoten- führende Interpretationen festzustellen .
mit seiner Umgebung, die eine meßbare tial bzw. von einem Strom, der durch die Aus diesem Grund und wegen der den
Veränderung des Werkstoffs bewirkt und Phasengrenzfläche Werkstoff/Medium elektrochemischen Vorgängen zukom-
zu ein er Beeinträchtigung der Funktion fließt." menden allgemeinen Bedeutung sollen
eines metallischen Bauteils oder eines hier die Grundlagen der Korrosion, prak-
Nach allgemeinem Verständnis spricht tische Beispiele und Folgerungen für den
Systems führen kann . In den meisten Fäl- .
man von einer elektrochemischen Reak- Korrosionsschutz behandelt werden.
len ist diese Reaktion elektrochemischer
tion in strengem Sinn, wenn der Fluß elek-
Natur, in einigen Fällen kann sie jedoch
trischer Energie mit ihr verknüpft ist. 2. Elektrochemische Spannungsreihe
auch chemischer (nichtelektrochemi-
Einige Autoren geben , wie DIN 50900, die
scher) oder metallphysikalischer Natur der Metalle, chemische Triebkraft
Beteiligung eines Elektrolyten, andere
sein."
den Ladungsträgertransport über ato- Im Periodensystem der Elemente kann
mare Entfernungen hinaus als Kriterien als gemeinsames Kennzeichen aller
für elektroch emische Reaktionen an. Im Metalle ihre geringe Besetzung mit Elek-
Dr. phys. Jürgen HupfeId erweiterten Sinn werden diese Kriterien tronen auf der äußeren Energieschale
In stitut für Schadenverhütung und durch ein mit einer beliebig gearteten angesehen werden . Diese Val enzelektro-
Schadenforschung (/fS), Kiel Deckschicht aus Reaktionsprodukten nen führen als frei bewegliche Bestand-

sc hadenpris ma 4/85 61
teile einer Materialgesamtheit der Ele- Potentiale (lokale Störung der Elektro- Fig. 2 Normalpotentiale der wichtigsten
mente oder Legierungen zur charakteri- neutralität) zum Stillstand. Ein solches Elemente bei 25 °C, 1 bar in wäßrigen
stischen metallischen Bindung ; sie sind Potential ist ein direktes Maß für die Trieb - Lösungen in Volt (aus diversen Quellen
im chemischen wie im physikalischen kraft der chemischen bzw. elektrochemi- zusammengestellt)
Sinn dominierende eigenschaftsbestim- schen Reaktion. Meßtechnisch müssen Volt
mende Faktoren ("Elektronengas" metal- jeweils zwei solcher Vorgänge gegen- Mg = Mg 2 + + 2e - 2,34
lischer Werkstücke) . Der Elektronenent- einander erfaßt werden (geschlossener AI =AI 3 + +3e-1,69
zug durch elektronenaffine Agentien wird Meßkreis), wobei für Nichtmetalle, wie Mn = Mn 2 + + 2e - 1,05
im erweiterten Sinn Metalloxidation z.B. Gase, ähnliche Überlegungen gelten. Zn = Zn 2+ + 2e - 0,76
genannt. Die Eigenschaft, Elektronen Als Bezugssystem bzw. Referenzelek- Cr = Cr2 + + 2e - 0,51
abzugeben , ist bei den Alkali- und Erdal- trode hat man sich dahin geeinigt, die Fe = Fe 2 + + 2e - 0,44
kalimetallen besonders ausgeprägt, sie sogenannte Normalwasserstoffelek- Cd = Cd 2 + + 2e - 0,40
verliert sich mit Abstufungen bei den trode zu verwenden. In analogem Aufbau Ni = Ni 2+ + 2e - 0,24
Edelmetallen. Die in der Praxis im Bereich wurden die Metalle gemessen und ihre Sn =Sn 2 + +2e-O,14
der Thematik eingesetzten Werkstoffe Ergebnisse tabelliert. Die prinzipiellen Pb = Pb 2 + + 2e - 0,13
sind also, mehr oder weniger, leicht oxi- Vorgänge und die Messung sind in Fig . 1 H2 = 2H + + 2e 0,00
dierbar und damit korrosionsgefährdet. grafisch dargestellt. Aus experimentellen
Cu = Cu 2 + + 2e + 0,35
Gründen werden als Referenz häufig
Entsprechend ihrem Bestreben Valenz- Ag = Ag + + e + 0,80
sogenannte Elektroden zweiter Art
elektronen abzugeben, unterliegen die 2Hg = Hg 2+ + 2e + 0,80
benutzt, bei denen das potentialbestim-
Metalle in wäßrigen Systemen einem Hg = Hg 2 + + 2e + 0,85
mende Kation im Gleichgewicht mit sei-
materialspezifischen Lösungsdruck ; sie Au = Au 3 + + 3e + 1,38
nem Metall und seinem schwerlöslichen
gehen in ionischer Form in Lösung und Pt = pt 2 + + 2e + 1,60
Salz steht. Von Literaturbedeutung ist die
hinterlassen zunächst die zugehörigen gesättigte Kalomel -Elektrode (SCE aus
Elektronen . Ist eine Reaktion der Elektro- engl. saturated calomel electrode) mit
nen, die aufgrund ihrer Beweglichkeit einem Normalpotential von + 245 mV.
auch an entfernten Stellen ablaufen kann, Die Normalpotentiale beziehen sich auf
Darauf bezogene Angaben (v. SCE) sind
nicht mögl ich, so kommt der Vorgang additiv auf Normalpotential entspre- die Wasserstoffelektrode und Normalbe-
durch sich aufbauende elektrische chend umzurechnen. dingungen. Es ist qualitativ leichteinzuse-
hen, daß Temperatur, Konzentrationen,
wie auch Oxidationsstufen bzw. Wertig-
keit von Einfluß sein müssen . Die Nernst-
Gleichung trägt diesen Parametern
unmittelbar Rechnung .
o RT aox .
U = UH + zF In ared (Nernst-Glelchung)

U = Meßpotential, U~ = Normalpotential,
T = abs. Temperatur (K)
-1 -1
+ 0,762 V..-------,
r - - - - -....
R = 8,314 VAs mol K (universelle
Gaskonstante)
-1
F = 96492 As mol (Faradaykonstante)
z = Wertigkeit, a = Aktivität (Konzentra-
tion) , ox/red = oxidierte/reduzierte Stufe

T ...... ,...

o OHCI
.....
Aktivität 1
--- Bei einer metallischen Elektrode, die
unter Metallionenabgabe reagiert, liegt
als reduzierte Form das Metall selbst
kompakt mit der Aktivität 1 vor. Es ist
direkt zu erkennen , daß sich aus der
25 °C Nernst-Gleichung (wegen In 1 = 0) für die
Messung das Normalpotential ergibt,
o wenn die oxidierte Form ebenfalls die

L~ Elektrolyt- Aktivität 1 (Konzentration der Metallionen


= 1 mol/I) besitzt. Durch Einsetzen der
brücke Zahlenwerte (T = 298,15 K) und Umwand-
lung der natürlichen in dekadische Loga-
rithmen ergibt sich eine einfach zu hand-
HCI ....... ZnCI 2 --+ Zn 2+ + 2CI - habende Formel, die durch negatives
Vorzeichen von z auch für Anionen
2H+ + 2e- ....... H2----..Vr---Zn ....... Zn 2+ + 2e- anwendbar ist. Die auf 25 °C bezogene
"Nernstspannung " von 59 mV ändert sich
im Bereich üblicher Wassertemperatu-
+ Zn ....... Zn 2 + + H2
2H+ ren um ca. 0,2 mV K- 1• Die Nernstspan-
nung bzw. ihr Quotient mit z tritt als Stei-
[2HCI + Zn ....... ZnCI 2 + H2 ] gung in der graphischen Darstellung des
Elektrodenpotentials über log a auf
Fig. 1. Bestimmung der Standardpotentiale, Meßanordnung und Reaktio nen (siehe auch Fig. 3) .

62
Anwendung der Nernst-Gleichung für
Metalle.
1,2
o 8314 · 2981 5
U ~ UH + ~. 96492' v· 2,303 log aMez+
1,0
~ UO + 0,059 V . log a z+
H z Me
0,8
Die Normalpotentiale der Spannungs-
reihe bzw. die nach der Nernst-Gleichung 0,6
auf veränderte Bedingungen berechne-
ten Potentiale zeigen, wie sich die Ele- 0,4
mente geg enseitig aus der Ionenform zu
verdrängen vermögen. Betrachtet man 0,2
z.B. in vereinfachter Form das Daniell-Ele- 4 6 8 10 12 14
ment aus den beiden Halbzeilen Zn/Zn 2 + 0
(ZnS0 4- Elektrolyt, 1 molar) und Cu/Cu 2+ pH_
(CUS0 4 - Elektrolyt, 1 molar) bei 25 °C, so -0,2
ergibt sich aus der Spannungsreihe eine
Potentialdifferenz von 1,2 V, die das Ele- -0,4
ment im strom losen Idealfall aufzubauen
vermag. Der höhere Lösungsdruck des -0,6
unedleren (negativen) Zinks drängt
durch Elektronenübertragung (elektri- -0,8
scher Strom) das edlere (positivere) Kup-
fer aus der Lösung , bis durch Materialauf- Fig . 3. pH-Abhängigkeit der Gleichgewichtspotential e Sauerstoff- und Wasserstoffelektrode
zehrung bzw. Konzentrationsänderun- (25°C; 1 bar)
gen die Potentialdifferenz abgebaut ist.
Noch heute wird in einfachen physiologi-
schen Experimenten und Demonstratio-
nen eine Zink-Kupfer-Pinzette zur elek-
trochemischen Reizung von Nerven-
fasern benutzt.

Nicht nur als Bezugspunkt (Normalpoten-


tial = 0) ist das Potential des Wasserstoffs
von Bedeutung , das völlig analog zu den
Metallen zu betrachten ist; so zeigt die Die bisher gebrauchten Ausdrücke che- 3. Hemmungserscheinungen bei Elek-
Spannungsreihe allein vom negativen mische Triebkraft, Lösungsdruck, trodenvorgängen
Vorzeichen her schon an, welche Metalle Lösungsbestreben deuten an , daß Reak-
Die elektrochemischen Potentiale der in
sich in Säuren vom pH -Wert 0 (Aktivität tionsernergien in direktem Zusammen-
einem System in Verbindung stehenden
bzw. Konzentration H+ = 1 moili) lösen. hang mit den Potentialangaben stehen ;
Materialien geben Aufschluß über die
In neutraler wäßrig er Lösung dies läßt sich auch aus dem theoretisch
Richtung und die Triebkraft der zu erwar-
(pH = 7, Konzentration H+ = 10- 7 molll) möglichen maximalen Arbeitsinhalt elek-
tenden Reaktionen, sie ermöglichen
ergibt sich aus der Nernst-Gleichung trochemischer Elemente verstehen.
jedoch noch keine Aussagen über die
UH = 0,0 + 0,059 ' log 10- 7 = - 0,413 Vals G= -z F J U (G = Gibbs-Energie) Reaktionsgeschwindigkeiten. Hemmun-
Wasserstoffpotential. Es lösen sich also gen unterschiedlicher Art bestimmen den
unter Wasserstoffentwicklung nur Die Nernst-Gleichung trägt auch dem Geschehensablauf und ermöglichen
Metalle in ihrer Ionenlösung, die unedler Wertigkeitswechsel umladbarer Ionen überhaupt erst die langfristige Verwen-
sind (z. B. Eisen). Setzt man realistischere unmittelbar Rechnung. Die Redoxpoten- dung der reaktiven Metalle in Installa-
Konzentrationen der schon in Lösung tiale einiger wichtiger Metalle in Fig. 4las- tionssystemen.
befindlichen Metallionen an, z. B. sen in Kombination mit den Normal- Eine physikalische Hemmung plausibler
0,001 molll Cadmiumionen, so ergibt sich potentialen anderer Metalle in Fig . 2 die Arttritt beim Übergang von den idealisiert
für diesen Fall elektrochemische Wirkung erkennen . So zu betrachtenden Gleichgewichtspoten-
ist z. B. Fe 3 + als Oxidationsmittel gegen- tialen zu realen Stoffumsätzen durch den
U = -0,40+ -0,059
- ' Iog 10- 3 = - 0 ,49 V
Cd 2 über Cu anzusprechen. Fe 3+ kann bei inneren Widerstand der strom liefernden
Zutritt von Sauerstoff zu wäßrigen Syste- Zelle auf. Während im stromlosen
und damit ein Lösungsbestreben von
men im neutralen und sauren Bereich Zustand das elektrochemische Potential
Cadmium in neutralem Wasser.
entstehen. der Reaktion allein über den äußeren, als
unendlich anzusetzenden, Widerstand
Ähnlich wie das Wasserstoffpotential ist Fig. 4 Normalpotentiale von Redoxsyste- abfällt, ist es im stromführenden Fall
auch das Sauerstoffpotential mit dem pH- . men bei 25 °C und Atmosphärendruck in (Stoffumsatz) entsprechend den bekann-
Wert verknüpft. Das zugehörige Hydro- wäßrigen Lösungen in Volt, nach Holle- ten Ohmschen Gesetzen auf den inneren
xylion (OH-) ist für die Bestimmung des man Wiberg [3] (Die Potentiale stellen und äußeren Widerstand zu verteilen. Bei
Sauerstoffnormalpotentials mit einer sich ein, wenn beide Oxidationsstufen in stofflichem Umsatz an den Elektroden
Aktivität (Konzentration) 1 molll anzuset- gleicher Aktivität zugegen sind.) müssen die beteiligten Ionen zu- und
zen. Über das Ionen produkt des Wassers abgeführt werden . Entstehen hierbei, mit
(cH+ . cOH- = 10- 14 mo1 2 /1 2 ) ergibt sich lonenumladungen Volt steigendem Umsatz ist dies unvermeid-
hieraus der pH-Wert 14. Wegen der Cr 2+ = Cr3 + + e -0,41 bar, Konzentrationsgefälle, so bilden sich
Bedeutung der Wasserstoff- und Sauer- Sn 2 + = Sn 4+ + 2e +0,14 Konzentrationspotentiale, die denen der
stoffpotentiale in der elektrochemischen Cu l + = Cu 2 + + e +0,15 elektrochemischen Reaktion entgegen-
Korrosion ist deren pH-Abhängigkeit gra- FeH = Fe3+ + e +0,77 stehen (Konzentrationspolarisation).
fisch dargestellt (Fig. 3) . Pb 2 + = Pb 4 + + 2e +1 ,69 Ebenfalls vom Umsatz bzw. vom

schadenprisma 4/85 63
die Hemmungen mit ein . Elektroche-
misch ist derjenige Werkstoff beständi-
ger, der zur Erzwingung anodischer
J Ströme eines höheren Potentials bedarf.
Das sogenannte Ruhepotential, stromlo-
ser Kurvenschnittpunkt mit der Abszisse,
Anodenreaktion wird deshalb häufig als Kenngröße in
standardisierten Elektrolyten (syntheti-
sches Meerwasser oder Pthalatpuffer)
angegeben. Auch die sogenannten tech-
nischen Spannungsreihen, strom los
gegen Referenzelektroden in üblichen
Brauchwässern gemessen, sind hier ein-
zuordnen. Die Steigung der Strom-Span-
nungs-Kurven kann als Aussage über die
Polarisierbarkeit angesehen werden ;
u eine flachere Kurve bedeutet, daß das
untersuchte Metall polarisierbar und kor-
rosionsbeständiger ist.

Vor Verwechslungen mit der ausführli-


Ruhepotential cher behandelten Elektrochemischen
Spannungsreihe, die die chemische
Triebkraft der Grundmaterialien wieder-
spiegelt, muß eindringlich gewarnt wer-
den. Die praktischen oder technischen
Spannungsreihen werden durch die
Kathodenreaktion jeweiligen Oberflächenschichten be-
stimmt, so daß einzelne Metalle z. B. bei
Elektrolytwechsel oder Änderung sonsti-
Fig. 5. Strom-Spannungs-Kurve einer Metallelektrode(schematisch) ger Parameter sprunghaft ihre Position
und damit ihre elektrochemische Wir-
kung ändern können . Dieser Vorgang
wird allgemein als "Potentialumkehr"
bezeichnet. Als wichtigstes Beispiel ist
die "Potentialumkehr" zwischen Zink und
Stromdurchgang abhängig sind Polarisa- der größten unumgänglichen Hemmung Eisen bei Erwärmung auf über 60 °C in
tionserscheinungen an den Elektroden, bestimmt. Leitungswasser zu nennen . Sie beruht
die sich mit empfindlicherer Wirkung auf einerVeränderung in der Deckschicht
materialspezifisch bei von außen erzwun- des Zinks zum stabilen Zinkoxid hin. Als
4. Strom-Spannungs-Kurven, Prakti- Meßgröße tritt deshalb eine Potentialdif-
genem Stromdurchgang bemerkbar
sche Spannungsreihen ferenz auf, die das Verhalten der Deck-
machen. Gegenüber dem Nernst-Poten-
tial ist ein z. T. erheblich erhöhtes Poten- Um das elektrochemische Verhalten schichten von Zn und Fe gegenüber dem
tial zur Erzeugung des Stromdurchgangs eines Metalls gegenüber speziellen Elek- Elektrolyten bzw. gegeneinander im Elek-
erforderlich. Die Differenz wird Über- trolyten zu verfolgen und z.B. Korrosions- trolyten wiederspiegelt. Bezogen auf die
spannung genannt, man spricht von pola- prognosen stellen zu können, werden reinen Metalle bleibtZinkselbstverständ-
risierbaren Elektroden. Elektroden gegenüber einer Arbeitselek- lich auch bei 60 - 80 °C unedler als Eisen.
trode variabel polarisiert unter Verfol- Über diesen Mechanismus hinaus gibt
An der Anode, also der eigentlichen Kor- DIN 50930 Teil 3 [5] auch Kupferionen
gung des spannungsabhängigen Stroms.
rosionsstelle, bilden einige Metalle feste aus dem Leitungswasser als begünsti-
Um verfälschende Polarisierungen der
Verbindungen, die als Schutzschicht die gend für die Verschiebung des freien Kor-
Arbeitselektrode zu umgehen und einen
weitere Auflösung des Metalls behindern rosionspotentials von Zink zu positiveren
reproduzierbaren Bezugspunkt zu erhal-
oder unterbinden. Werten an. Dies läßt sich jedoch unter der
ten, werden die Potentiale der zu untersu-
In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich chenden Elektroden gegen eine Standard- Berücksichtigung einer "Legierungsbil-
um hydroxid ische bis oxidische fest auf- elektrode stromlos gemessen und auch dung" aus Zink und Kupfer (Messing) als
sitzende Deckschichten. Oxidierende in den Ergebnissen angegeben (Potentio- flächig entstehende Kathode auffassen,
Elektrolyte begünstigen diesen Vorgang , statenschaltung) . Beim Durchlaufen wie sie weiter unten in Fig . 8 erklärt wird.
man spricht von Passivität oder bei eines wenige Volt umfassenden Intervalls Hieraus ergibt sich die Korrosionsgefahr
gezielten Maßnahmen von Passivierung. um den Nullpunkt ergibt der zugehörige für verzinkte Stahlrohre in Gegenwart
Als Beispiel für Oxidschutzschichten sind Strom die Strom-Spannungs-Kurve (Fig . von Kupferionen unmittelbar; die "ver-
die Metalle AI, Cr (Legierungskompo- 5). Für die direkte Korrosion ist dem ano- messingten" Zinkflächen wären edler als
nente von Stahl) und mit begrenzter Wir- dischen Teilbereich (Freisetzung positi- kleine freiliegende Stahlflächen, was zu
kung Cu, Fe zu nennen. In Installationssy- ver Metallionen) bzw. der Übergang zu Lochkorrosionen Anlaß gibt. Nahelie-
stemen sind weitere Elektrolytbestand- diesem von überwiegendem Interesse, gend ist, daß die aus der Praxis bekann-
teile an der Schutzschichtbildung betei- indirekt kann jedoch auch der katho- ten Korrosionserscheinungen an verzink-
ligt, z.B. Karbonate. dische Teilbereich z. B. bei der Säurekor- tem Stahl in Warmwassersystemen pri-
rosion mit Wasserstoffentwicklung von mär auf die nachgewiesene erhöhte Kor-
In einem Reaktionssystem werden Hem- Bedeutung sein (Wasserstoffüberspan- rosionsrate des Zinks mit einem aus-
mungen soweit wie möglich umgangen nung als Reaktionshemmung). geprägten Maximum bei ca. 70°C [6]
(Weg des geringsten Widerstands); die zurückzuführen sind und erst sekundär
Geschwindigkeit der Gesamtreaktion In die Strom-Spannungskurven gehen an den hierdurch freigelegten Stahlflä-
wird vom langsamsten Teilschritt, also neben der chemischen Triebkraft auch chen lokaler Lochfraß auftritt. .

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als eigentliche Korrosionsursachen im
schädlichen Sinn anzusehen sind. Die frü-
J her im Vordergrund stehende soge-
nannte Agressivität des Wassers ist dem-
_ _ _.-+) Durchbruch- gegenüber mehr in einer sekundären
anodische Rolle als beschleunigender Faktor anzu-

/
Passivierungs-
reaktion sehen . Bei der Wirkungsweise des Was-
sers bzw. seiner Inhaltsstoffe ist jedoch
ein thermodynamisch aktiver Beitrag
(Triebkraftanteil) z. B. durch gelösten
reaktion Lochfraß mit Sauerstoff gegenüber thermodynamisch
passivem Beitrag (quasi-katalytische
Ausheilung Funktion) z. B. durch gelöste Salze zu
., unterscheiden. Dennoch sind die "passi-
I
:!

ven " Salze vielfach von entscheidender
I • Wirkung, wenn ein thermodynamisch
I
I hinreichend "aktives", das heißtaufgrund
der Potentialverhältnisse zur Reaktion
neigendes, System z. B. durch reaktions-
hemmende Deckschichten geschützt
u wird. Insbesondere die Anionen der Salze
durchbrechen als Elektrolyt die Schutz-
schichten. In der Praxis sind Chloride
(CI - ) und Sulfate (SO/ - ) als Leitungswas-
Ruhepotential serbestandteile von entscheidender
Bedeutung, die auch von DIN 50930
gegenüber allen Eisenwerkstoffen und
Kupfer entsprechend erfaßt werden. Die
Fig. 6. Strom-Spannung s-Kurve ein er passivi erbaren Metall elektrode (schemati sch) kationischen Anteile der Salze sind dem-
gegenüber nur indirekt wirksam , ent-
weder im Zusammenhang mit einer gege-
benenfalls sauren Hydrolyse der Salze
Die Strom-Spannungs-Kurve passivier- elektrochemischen Reaktionen müssen oder als Deckschichtkomponenten. Erst
barer Metalle zeigt im Regelfall ein niedri- deshalb differenziert und keinesfalls nur nach vielfachen Reaktionszyklen kommt
geres Ruhepotential mit steilem Kurven- unter dem Aspekt ihrer Unterdrückung es auch zu einer Fixierung der Salze in
durchgang, also hohe Korrosionsaktivi - betrachtet werden. Als Ziel mit fast allge- den Korrosionsprodukten bzw. in den
tät. Erst nach der damit verbundenen meiner Gültigkeit kann vielmehr angese- Deckschichten . Das in Fig . 7 dargestellte
Passivierungsreaktion wird ein Passivzu- hen werden (vor allem bei Neuinstallatio- Korrosionsmodell - Salzwassertropfen
stand bzw. eine Potentialzone niedriger nen) , eine gewisse Korrosionsrate mit auf einer Eisenfläche - ist fast in jedem
Reaktivität erreicht, die als Gebrauchszu- gleichmäßiger Verteilung auf di e Metali- Fachbuch wiederzufinden, ohne daß die
stand erwünscht ist. flächen zu erreich en. Nur bei Lokalisie- Salze in den Reaktionsgleichungen
rung auf enge Bereiche treten Abtra- berücksichtigt werden.
Metalle können idealisiert betrachtet als
gungsraten auf, die zu Durchbrüchen Wasser allein vermag den elektrochemi-
amorphe Masse oder geordnet als Kri-
innerhalb der vorgesehenen Standzeiten schen Potentialen entsprechend nur im
stalle vorliegen . Der sich unter realen
führen. Aus dem Vorgenannten wird sauren Bereich Eisen zu oxidieren (Was-
Bedingungen einstellende Zustand
deutlich, daß chemische und physika- serstoffkorrosion) . Der potentialbestim-
zusammengebackener Körner wird
lische Inhomog enität nach Zeit und Ort mende Sauerstoff depolarisiert die Was-
Gefüge genannt. Es ist leicht einzusehen,
daß selbst bei reinen Metallen entlang der
Korngrenzen, Oberflächen, Versetzun -
gen und sonstigen Fehlstellen Plätze und
Bereiche existieren, an denen die Reakti-
vität erhöht ist. Bei Legierungen und son-
stigen Metallzuschlägen kommen lokale
Entmischungen mit ähnlicher Wirkung
hinzu. Eine Elektrode mit Inhomogenitä-
ten der vorstehenden Art ist im Experi-
ment wie unter entsprechenden Umstän-
den auch in der Praxis durch ungleichmä-
ßige Stromflußdichte und Korrosionsra- .
ten gekennzeichnet. DIN 50 900 spricht
von heterogenen Mischelektroden.
----e - - - F e - - - e
5. Zum elektrochemischen Korrosions-
mechanismus
Anodenreaktion: 2Fe -+ 2 Fe2~ + 4e-
Die unerwünschte Lochkorrosion der in Kathodenreaktion: O 2 + 2 H 20 + 4 e - -+ 40H-
der Praxis eingesetzten Metalle wird
Rostbildung: 2Fe 2 + + 40H- + r02 -, 2 FeO (OH) + H 20
überwiegend durch natürliche Schutz-
schichten und -effekte verhindert, die Bruttoreaktion : 2FeO(OH)
ihrerseits ebenfalls auf (Flächen-) Korro-
sionswirkung zurückzuführen sind. Die Fig. 7. Eisenkorro sion unter ein em Salzwassertropfen

schadenprisma 4/ 85 65
Fig. 8. Kontaktkorrosion Eisen/Kupfer dann aus den Potentialen des unedleren
Metalls und des Sauerstoffs, unabhängig
vom Potential des edleren Metalls. Die
Elektrolyt elektrochemischen Vorgänge sind in Fig .
8 zum Vergleich nebeneinander gestellt.
In beiden Fällen wirkt das unedlere Metall
als Anode und das edlere als Kathode. Im
/'
Fall B ist das edlere Metall jedoch nicht in
I /
Ph den Reaktionen vertreten ; es übernimmt
die Funktion des am unedleren Metall
V\. W
2e- I gehemmten kathodischen Elektronen-
übertritts.
Der Fall A (in Kombination mit B) tritt in der
Fe Cu Praxis bei Mischinstallationen auf, in
denen z. B. in Fließrichtung das un ed le
Eisen dem edleren Kupfer nachgeschal-
Anode Kathode tet ist. Die an sich harmlose, flächige
(Sauerstoff-) Korrosion des Kupfers führt
Fe __ Fe 2+ + 2e- Cu 2+ + 2e- -- Cu zu geringer Kupferionenbelastung des
Wassers, die vom nachfolgend durch-
strömten Eisen aus der Lösung verdrängt
Potentialdifferenz Fe/Cu wird. Es bilden sich metallische Kupfer-
ausscheidungen an geringfügigen Inho-
A Mit Kupferionen im Elektrolyt (Ionenverdrängungsreaktion) mogenitäten, die ihrerseits für den weite-
ren Korrosionsvorgang als Kathoden
nach A und B fungieren . Der Fall Bist
durch jede Art Lokalelement gegeben,
wenn Werkstoff und Wasser gegen-
, .:;,. Rost ~" .•• einander thermodynamisch reaktiv sind,
, , ~'. . z. B. auch Kupfer (hier als Anode) gegen
luftgesättigtes Wasser mit edlerem
/' •• ' Elektrolyt '" Kathodenmaterial, z. B. Rost. Teilreaktio-

/ /Ft' / / ~)~~/~::)/
nen zwischen Rost und Kupfer (Sauer-
stoffübertragungsfunktion des Rostes)
sind als Parallelreaktion anzusehen . Die
Wirkung der Lokalelemente wird einge-
schränkt oder unterbunden, wenn sich
die jeweils unedleren Metalle mit einer
zuverlässigen , meist oxidischen Schutz-
Fe Cu schicht überziehen. So sind Lötverbin-
dungen des Kupfers mit dem unedleren
Zinn (Schutzschicht Zinnoxid) unproble-
matisch bezüglich der Metalle.
Anode Kathode
6. Korrosionsschutz
2- + H20 + 2 e - -- 2 OH -· Nun in wenigen Fällen ist es möglich,
einen gegenüber dem wäßrigen System
(2H-t + 2e -- H 2) vom Grundmaterial her chemisch
beständigen Werkstoff einzusetzen (z. B.
Potentialdifferenz Fe/02 (H 2) Eisen in Heizungssystemen, Keramik
oder Glas in der Entsorgung); Preis,
Bohne Kupferionen im Elektrolyt (Sauerstoffkorrosion)
Installationsaufwand oder mechanische
Eigenschaften stehen dem häufig ent-
gegen.
Zur Trennung vom angreifenden Medium
serstoffüberspannung der Kathode. Das Werkstoffinhomogenitäten an Löt-, werden korrosionsgefährdete Metalle
experimentell belegte Modellbeispiel ist Schweiß-, Übergangs- und sonstigen mit beständigeren Werkstoffen
durch Materialhomogenität und Elektro- KontaktsteIlen bei freiem Wasserzutritt beschichtet. Bei gegenüber dem Korro-
lytinhomogenität (Sauerstoffkonzentra- lassen sich durch ein galvanisches Ele- sionsvorgang unbeteiligten Materialien
tionsprofil) gekennzeichnet. Die Korro- ment aus einem unedlen und einem edie- ist die mechanische Beschaffenheit, ins-
sion tritt in Fugen, Spalten, Rissen oder ren Metall in einheitlichem Elektrolyt dar- besondere die vollständige und dichte
unter Schmutzablagerungen mit Rostbi"l- stellen. Die Differenz der Standardpoten- Bedeckung , von ausschlaggebender
dung (bedingte Schutzschichtwirkung) tiale gibt jedoch nur dann einen Anhalts- Bedeutung (Beispiele für Beschichtun-
außerhalb des eigentlichen Angriffsbe- punkt für die Triebkraft der Reaktion, gen: Kunststoff, Bitumen, Emaillen ,
reiches auf. Gewissermaßen als Parad- wenn beide Metalle in Ionenform im Elek- Anstriche) ; bei partieller Durchlässigkeit
oxon greift der im Wasser gelöste Sauer- trolyten enthalten sind; genauere Aus- für Elektrolytbestandteile (z. B. Wasser-
stoff dort materialabtragend an, wo er nur sagen ergeben sich aus der Anwendung dampfdurchlässigkeit der üblichen Lak-
schwer hingelangen kann . Das auf- und Berechnung der Nernst-Gleichung kierungen) wird die Metalloberfläche vor-
geführte Beispiel verdeutlicht aber auch auf die tatsächlichen Ionenkonzentratio- behandelt (z. B. Rostschutzgrundierung) .
in seiner thermodynamischen Auslegung nen. Hiervon zu unterscheiden ist ein Ele- In ähnlicher Weise sind Beschichtungen
die praktisch risikolose Verwendung von ment, in dem Inhaltstoffe des Elektrolyten mit edleren Metallen zu verstehen, bei
unlegiertem Eisen in geschlossenen Hei- als Oxidationsmittel wirken, z. B. gelöster denen jedoch durch perforierende
zungssystemen. Sauerstoff ; die Triebkraft errechnet sich Beschädigungen gefährlich korrosions-

66
Kathode Anode mit geeigneten Oxidationsmitteln oder
auch elektrochemisch verstärkt werden
(anodische Oxidation , Eloxal-Verfahren) .
Die praktischen Potentiale der "veredel-
Inertanode ten " Legierungen und passivierbaren
e- Graphit Metalle sind gegenüber den elektroche-
mischen der Grundmaterialien zu positi-
Fe J Pt veren Werten verschoben . Es sei hier die
Warnung wiederholt: das thermodyna-
mische Verhalten (die Triebkraft der
Reaktionen) des Grundmaterials bleibt
erhalten. Die korrosive Zerstörung von
Edelstahl durch Eisen (l11) -chlorid -Lösung
mag als Beispiel dienen.
Die Korrosion VOn außen bedarf einiger
Zusatzanmerkungen . Besonders durch
die Verwendung von Schaumstoffen bei
Opferanode Warmwassersystemen, aber auch durch
e e- galvanisch die allgemeine Zunahme von Dämmstof-
fen im Baubereich, entstehen an den

Fe I Mg,AI,Zn äußeren Metalloberflächen bei wech -


selndem Zutritt von Luft und Wasser kor-
rosionsgefährdete Zonen. Das ausführli-
cher diskutierte Belüftungselement sei
zum Verständnis der Korrosionsvor-
gänge von Grenzstellen zwischen Luft
und Wasser noch einmal erwähnt. Die
grünen Korrosionsprodukte an undich-
-I~ + ten Heizungsventilen aus Messing sind
r------~I-r-----tl e I-----...,...,~------, dem Praktiker hinlänglich bekannt. Bei
Opferanode der Planung und Ausführung in Dämm-

(t "
r
stoffen verlegter Wassersysteme ist des-
e.- mit
OH,.: ~ ~ "1.~
halb erhöhte Sorgfalt hinsichtlich des
äußeren Korrosionsschutzes geboten.
f- HilIspotential Wenn zuverlässige Lüftungs-(Trock-

Fe 4 I -" ~J i. Mg, AI, Zn nung) und Revisionsmöglichkeiten nicht


zur Verfügung stehen, kann die Wahl
eines hochwertigeren Werkstoffs erfor-
derlich werden. Ähnlich sind die Verhält-
nisse bei offen verlegten Systemen zu
beurteilen, wenn eine natürliche, mögli-
cherweise durch Kondenswasser wech-
selnde Raumfeuchtigkeit gegeben ist.
Fig. 9. Kathodischer Korrosionsschutz
Die beidseitige Verzinkung VOn Stahlroh-
Kathodenreaktionen Anodenreaktionen ren trägt dem beispielsweise Rechnung.
O2 + 2H 20 + 4e = 4 OH- 4 OW = O2 + 2H 20 + 4e Dem potentialbildenden elektrochemi-
schen Grundvorgang entsprechend, las-
(2W + 2e = H 2) Mg = Mg 2+ + 2e
sen sich korrodierende Metalle durch
AI = A13+ + 3e aufgezwungene gegenläufige Fremdpo-
tentiale in ihren Reaktionen umkehren
Zn = Zn 2+ + 2e (siehe auch Strom-Spannungs-Kurven) .
Die Fremdpotentiale können von einer
äußeren Quelle her an das zu schützende
Metall (Kathode) und eine dem gegen-
aktive Lokalelemente mit schnellem deren Wirksamkeit und Wirkungsmecha- über isoliert installierte inerte Gegenelek-
Lochfraß am freigelegten Basismaterial nismen die Diskussion noch nicht abge- trode (Anode) angelegt und mit relativ
(Anode) entstehen. Man spricht deshalb schlossen ist. geringem Stromfluß aufrechterhalten
auch von unechtem Korrosionsschutz. In stärkerem Maße vom Basismaterial werden. Die einzuhaltende Mindesthöhe
Als echter Korrosionsschutz werden selbst hängt die Bildung oxidischer des schützenden Potentials ergibt sich
metallische Überzüge aus unedlerem Schutzschichten ab. Ein wesentlicherTeil aus der Spannungsreihe unter Anwen -
Metall, das natürliche Schutzschichten der metallurgischen Entwicklungsarbei- dung der Nernst-Gleichung. Als zweck-
ausbildet, verstanden. Bei nicht durch- ten wird mit dieser Zielsetzung betrieben. mäßig hat sich im Sinne des Korrosions-
greifenden oder geringfügigen Beschädi- . Einige Werkstoffmetalle wie Aluminium schutzes wie des Energieverbrauchs
gungen wird das Basismaterial katho- und Titan bilden selbst dichte und schwer eine Potentiostatensteuerung bewährt.
disch polarisiert. (Beispiel : verzinkter lösliche Oxidhäute, bei anderen überneh- Eine weitere Möglichkeit ist durch den
Stahl). Ebenfalls als Schutzschicht, aber men Legierungsbestandteile diese Funk- Einsatz sogenannter Opferanoden aus
nicht mit überwiegend mechanisch, son- tion (Edelstähle). Im Gegensatz zu den den unedleren Metallen Magnesium, Zink
dern chemisch blockierender Wirkung weiter oben behandelten Beschichtun- oder auch Aluminium gegeben. Das
sind Behandlungen in Salzbädern zu ver- gen sind die Werkstoffe aus sich heraus, Potential wird in diesen Fällen aus dem
stehen mit anionenspezifischer Anlage- vom Volumen her, geschützt und damit galvanischen Element zu schützendes
rung (Phosphatieren, Oxalieren, Chroma- den Edelmetallen ähnlich ; bei der Ver- Metall! Opferanode gebildet, kann aber
tieren) . Schließlich sind hier auch die arbeitung entstehende frische Metali- auch durch eine zusätzliche Quelle unter-
natürlich in den Gebrauchswässern ent- oberflächen überziehen sich mit neuen stützt werden. In Fig. 9 werden die elek-
haltenen oder gezielt zugesetzten soge- Oxidhäuten. Die natürlichen Oxidschich- trochemischen Verhältnisse schema-
nannten Inhibitoren einzuordnen, über ten können durch gezielte Behandlung , tisch dargestellt.

schad enp risma 4/ 85 67


An den Elektroden bilden sich u. U. auch einen Teil des Wassers bzw. kam durch [4) Korrosionsschutz ;
Gase (Elektrolyse des Wassers), die nach anderweitige Absenkung des Wasser- E. Herre;
Möglichkeit in gelöster Form im Durch- standes mit platinierten Anoden in Kon- Krammer Verlag, Düsseldorf (1972)
fluß abtransportiert werden sollten. Zur takt. Platin wirkt auf Knallgas bzw. Was- [5) DIN 50930 Korrosion der Metalle,
Sicherheit sind ggf. Entlüftungsventile serstoff als kalalytischer Zünder. Korrosionsverhalten von metalli-
vorzusehen. Opferanoden unterliegen schen Werkstoffen gegenüber Was-
Gelegentlich taucht in der Fachliteratur
einem stromäquivalenten Materialabtrag ser
auch der Begriff anodischer Korrosions-
und müssen von Zeit zu Zeiterneuertwer-
schutz auf. Darunter ist eine anodische Teil 1 Allgemeines
den. In jedem Fall sind die Folgewirkun-
Verstärkung der Passivierungsschichten (Dezember 1980)
gen der vom Wasser aufgenommenen
oder eine Überdeckung der kathodi-
Gase oder Ionen bei der weiteren Was-
schen Bereiche durch edlere, aber mit Teil 2 Beurteilungsmaßstäbe für
serzuführung oder -nutzung zu berück-
erhöhter Überspannung behafteter unlegierte und niedriglegierte Eisen-
sichtigen. Ihrer Bauart nach sind die
Metalle zu verstehen. In allen Fällen setzt werkstoffe
Schutzelektroden nur in Behältern sinn-
man passivierbare Metalle (durch Zule- (Dezember 1980)
voll einzusetzen. Dennoch kann in den
gieren edlerer Bestandteile, durch
anschließenden Leitungssystemen eine Teil 3 Beurteilungsmaßstäbe für
Fremdpotentiale oder durch Abschei-
Schutzwirkung erzielt werden ; einerseits feuerverzinkte Eisenwerkstoffe
indem Ionen edlerer Metalle nicht aus dung edlerer Metalle mit Überspannung
(Dezember 1980)
aus dem Elektrolyten) einer erhöhten
apparativen Teilen in nachfolgende Lei-
anodischen Polarisierung analog der Teil4 Beurteilungsmaßstäbefür nicht-
tungsteile gespült werden, andererseits
anodischen Oxidation aus. rostende Stähle
indem Reaktionsprodukte aus dem elek-
trochemischen Korrosionsschutzverfah- (Dezember 1980)
ren zur Schutzschichtbildung beitragen . Teil 5 Beurteilungsmaßstäbe für
Letztere Wirkung wird dem aus Alumi- Kupfer und Kupferlegierungen
niumopferanoden entstehenden Alumi- (Dezember 1980)
niumoxidhydrat zugeschrieben.
[6) W. Katz in Korrosion und Korrosions-
Aus gegebenen Anlässen muß auf die mit Literaturverzeichnis
schutz, herausgegeben von F. Tödt,
dem kathodischen Korrosionsschutz ver- [1) DIN 50900 Korrosion der Metalle, 2. Auflage Walter de Gruyter Verlag,
bundene Gefahr der Wasserstoffent- Begriffe Berlin (1961), S. 215/216
wicklung hingewiesen werden, die insbe- (Zur Potentialumkehr siehe auch
Teil 1 Allgemeine Begriffe (April 1982)
sondere bei sauren Wässern und über- S.203-205)
höhten Schutzpotentialen bzw. Schutz- Teil 2 Elektrochemische Begriffe
strömen gegeben ist (Fig. 9) . Eine beab- Korrosion und Korrosionsschutz:
(Januar 1984)
sichtigte Erhöhung der Schutzwirkung H. Orth, Wissenschaftliche Verlags-
[2) Korrosionskunde im Experiment ; gesellschaft Stuttgart (1974)
durch "kräftiger" eingestellte Ströme
E. Heitz, R. Henkhans, A. Rahmei ;
kann über die Wasserstoffversprödung Ullmanns Encyklopädie der
Verlag Chemie, Weinheim (1983)
zu Korrosionsschäden anderer Art oder Technischen Chemie, 4. Auflage;
zu Explosionen führen . Bekannt gewor- [3) Lehrbuch der anorganischen Verlag Chemie, Wein heim (1978)
den sind Unfälle bzw. Schäden auf der Chemie; Band 3 "Werkstoffe", Band 15 "Korro-
Basis der Knallgasentwicklung (Fig. 9 Holleman - Wiberg ; sion" Reaktionen in und an festen
oben) in stöchiometrischer Zusammen- Walter de Gruyter Verlag, Berlin (in Stoffen ; K. Hauffe; Springer Verlag,
setzung . Das entwickelte Gas verdrängte ständiger Neuauflage) Berlin (1966)

Anmerkung der Redaktion


Unter den Schäden an wasserführenden metallischen
Rohrleitungssystemen nehmen die Schäden durch
Korrosion der Leitungsrohre einen herausragenden
Platz ein.
Das Institut für Schadenverhütung und Schadenfor-
schung (lfS), Kiel, hat sich daher besonders mit die-
sem Problemenkreis befaßt.
Mit dem vorstehenden Aufsatz setzen wir die in Heft
3/85 begonnene Veröffentlichung von Aufsätzen zu
diesem Thema fort, das auch in den folgenden Heften
noch behandelt werden soll.
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