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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung......................................................................................................................................... 3
4 Ergebnisse ..................................................................................................................................... 11
4.1 Die subjektive Einschätzung der Arbeitsbedingungen im Baugewerbe ............................. 11
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 21
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einer von Fluktuation und Abwanderung ge- ist, was sich nachteilig auf die sogenannte
prägten Branche (siehe hierzu Bosch/Hütten- Work-Life Balance auswirkt.
hoff 2022) wichtig um einen Hebel in die Hand
zu bekommen und diesen Tendenzen entge-
2.1 Hohe Arbeitsmarktdynamik
genzuwirken. Was erwarten Baubeschäftigte
von der Digitalisierung und inwieweit halten sie Bauarbeit ist nicht nur durch immer neue Ein-
ihren Betrieb für die Zukunft gut aufgestellt? satzorte gekennzeichnet, sondern auch durch
Das sind die Fragen, die wir im Dezember 2019 eine hohe Arbeitsmarktdynamik. Während in
rund 11.000 Mitgliedern der IG BAU gestellt ha- industriellen Großbetrieben die Arbeitskräfte
ben und von über 3052 Personen, Arbeitern oft langjährig in einem Betrieb beschäftigt sind,
und Angestellten, beantwortet bekommen ha- ist die Fluktuation im Bauhauptgewerbe über-
ben und deren Ergebnisse wir im Folgenden durchschnittlich hoch (Bosch/Hüttenhoff 2022:
darstellen möchten. 98ff). Witterungsabhängigkeit, eine hohe Kon-
Der Beitrag gliedert sich wie folgt. Zunächst ge- junkturempfindlichkeit der Bauinvestitionen,
hen wir knapp auf die zentralen Merkmale der das Risiko von fehlenden Anschlussaufträgen
Bautätigkeit ein, die das Arbeiten „auf dem sowie die unstete öffentliche Auftragsvergabe
Bau“ von anderen Tätigkeiten unterscheiden. lassen die Beschäftigung stärker schwanken als
Im Anschluss daran stellen wir das Vorgehen in den meisten anderen Branchen. Die Risiken
und die Inhalte der Befragung vor und be- der Bauarbeit erzeugen sowohl für die Beschäf-
schreiben die Stichprobe. Im Ergebnisteil zei- tigten als auch für die Betriebe beträchtliche
gen wir, wie Baubeschäftigte ihre Arbeit ein- Probleme: Bauarbeiter sind häufiger als Be-
schätzen, wir stellen sowohl positive wie auch schäftigte in stationärer Produktion arbeitslos
belastende Faktoren der Bautätigkeit dar und und müssen immer wieder mit Einkommens-
gehen auf die Frage ein, wie Betriebe dazu bei- verlusten rechnen. In Wirtschaftskrisen und bei
tragen können, Beschäftigte stärker und dauer- langen wetterbedingten Winterpausen wech-
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hafter an sich zu binden. Der Report endet mit seln daher immer wieder Fachkräfte in andere
einer kurzen Zusammenfassung und Diskussion Branchen und Sektoren, und meist kehren sie
der Ergebnisse. der Baubranche für immer den Rücken
(Bosch/Hüttenhoff 2022: 105f). Die Standort-
bindung und der temporäre Charakter des Bau-
2 Zentrale Kennzeichen der Tätig- ens begrenzt auch die Internationalisierung der
keit in der Bauwirtschaft Branche. Während in der verarbeitenden In-
dustrie Zwischen- und Endprodukte über die
Grenzen geliefert werden können, kaufen Bau-
Die Tätigkeiten in der Baubranche weisen spe- unternehmen zur Bedienung ausländischer
zifische Besonderheiten auf, die sie von ande- Märkte in den betreffenden Ländern Bauunter-
ren Branchen unterscheiden und die in der nehmen mit ihren Arbeitskräften ein oder
Summe dazu führen, dass der Bauberuf häufig gründen eigene Zweigstellen, um Beschäftigte
als unattraktiv angesehen wird und Fachkräfte vor Ort anwerben zu können. Importiert wer-
in andere Branchen abwandern. Ein zentrales den weniger Produkte als vielmehr Baudienst-
Merkmal besteht darin, dass die Produktion leistungen ausländischer Nachunternehmer,
dort stattfinden muss, wo die Endprodukte die ihre Arbeitskräfte auf die jeweiligen Bau-
auch gebraucht werden, da diese in der Regel stellen entsenden.
nicht transportfähig sind. Dementsprechend
wechselt der Arbeitsort von Baubeschäftigten
regelmäßig und findet nicht in stationären Fer- 2.2 Mindestlöhne
tigungsstätten statt – Bosch und Hüttenhoff
(2022) sprechen in diesem Zusammenhang von Ein weiteres zentrales Merkmal ist die frühe
„wandernden Fabriken“. In der Konsequenz Einführung eines Branchenmindestlohnes, für
bedeutet das, dass das Arbeiten im Bauge- den mit der Einführung der EU-Entsenderichtli-
werbe mit längeren Abwesenheiten von der Fa- nie 1996 die rechtliche Grundlage geschaffen
milie und/oder dem Freundeskreis verbunden wurde und der auch für ausländische Beschäf-
tigte bindend war. Im Bauhauptgewerbe
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1 Sogenannte BIM Systeme (BIM = Building Information Model) digitales Bauwerksmodell, auf das alle am Bau Beteiligten zugrei-
ermöglichen die vollständige Integration aller Tätigkeiten und fen können (Przybylo 2015).
Prozesse von der Ausschreibung über die Planung und Ausfüh-
rung bis hin zu Nacharbeiten und dem späteren Betreiben in ein
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nur, wie hoch die körperliche Belastung der be- dern auch, wie sehr sich ihre Belastung im Ver-
fragten männlichen Baubeschäftigten ist, son- gleich zu anderen Berufen unterscheidet
(BIBB/BAuA 2014: 1).
Abbildung 1: Prozent der Erwerbstätigen, die häufig von diesen Arbeitsbedingungen betroffen sind.
100%
90%
80%
70%
60%
50%
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20%
10%
0%
Arbeiten im Stehen Arbeiten mit den Händen schwer heben und tragen Arbeiten in Zwangshaltung
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Quelle: BAuA (2014: 1).
Bauarbeiter arbeiten nicht nur weitaus mehr Denn die Arbeit hat sich verändert, Hilfstätig-
als Männer in anderen Branchen im Stehen, keiten haben abgenommen oder wurden an
mit den Händen oder in Zwangshaltung, son- ausländische Beschäftigte ausgelagert, gleich-
dern auch deutlich häufiger unter schlechten zeitig ist die autonome Handlungsfähigkeit der
Umgebungsbedingungen wie „Arbeiten unter Beschäftigten gestiegen. Dadurch ist es Betrie-
ungünstigen Klima“ (Männer in Bauberufen - ben möglich, eigenständige Verantwortung
MiB: 79 Prozent vs. Männer in anderen Berufen nach unten mit wenig Überwachung durch Po-
- MaB: 23 Prozent), unter Lärm (MiB: 64 Pro- liere oder Vorarbeiter zu delegieren.
zent vs. MaB: 29 Prozent) oder in Schutzklei-
dung, oder -ausrüstung (MiB: 62 Prozent vs.
2.4 Rollenverteilung der Betriebe
MaB: 33 Prozent).
Auch wenn die harte körperliche Arbeit weiter- Ein markantes Strukturmerkmal des Bauhaupt-
hin ein zentrales Merkmal der Baubeschäfti- gewerbes ist die Rollenverteilung der Betriebe.
gung ist, so ist mit der zunehmenden Technisie- Viele mittlere und vor allem die größeren Bau-
rung und Digitalisierung doch ein Wandel der unternehmen haben sich in den vergangenen
Anforderungen an die Beschäftigten festzustel- Jahrzehnten zu Generalunternehmen und Bau-
len, der in einem deutlich höheren Fachkräf- dienstleistern entwickelt und übernehmen, je
teanteil mündet: Nur noch rund 10 Prozent der nach eigenem Leistungsspektrum, die kom-
Beschäftigten im Baugewerbe haben keine ab- plette Abwicklung eines gesamten Bauauftra-
geschlossene Berufsausbildung (zum Vergleich: ges, der teilweise mit eigenen Leuten und teil-
1980 hat mehr als jeder vierte Beschäftigte im weise mit Nachunternehmen ausgeführt wird.
Hochbau und sogar knapp 45 Prozent der Be- Generalunternehmen sind für alle bauausfüh-
schäftigten im Tiefbau keine abgeschlossene renden Leistungen bis zur Endabnahme des
Ausbildung (Bosch/Hüttenhoff 2022: 91f.). Bauwerkes verantwortlich (BWI-Bau 2013:
151f). Neben der kompetenzorientierten
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Vergabe von Aufträgen an andere Gewerke Bemühungen zeigt sich aber, dass diese Instru-
und an auf bestimmte Tätigkeiten spezialisierte mente auf einem durch Fachkräftemangel cha-
Unternehmen werden Lohnarbeiten zuneh- rakterisierten Arbeitsmarkt nicht ausreichend
mend auch zur Kostensenkung vergeben und sind, um insbesondere gut ausgebildete Be-
ausgelagert. Die kostenorientierte Vergabe ist schäftigte zu halten. Die Fluktuation im Bauge-
für mittlere und größere Unternehmen beson- werbe ist hoch, Betriebswechsel sind häufig.
ders attraktiv, wenn große Pools von Arbeits- Auch die Gefahr der Abwanderung in andere
kräften zur Verfügung stehen, die zu geringe- Branchen ist hoch (Bosch/Hüttenhoff 2022).
ren Löhnen als die Stammbeschäftigten der Eine Untersuchung der SOKA-BAU (2018) weist
Auftraggeber arbeiten. Solche Subunterneh- zudem darauf hin, dass der Exodus aus dem
merreserven können kleine und kleinste Unter- Baugewerbe schon sehr früh, nicht selten di-
nehmen im eigenen Land sein, die nicht die rekt nach der Ausbildung, beginnt.
gleichen Löhne wie ihre Auftraggeber zahlen.
Dies ist der Hintergrund, vor dem sich unser
Es kann sich aber auch um ausländische Subun-
Forschungsinteresse, mehr über die konkrete
ternehmer handeln, die ihre Arbeitskräfte zu
Arbeitssituation von Baubeschäftigten zu er-
Konditionen ihres Heimatlandes entsenden.
fahren, entfaltete.
Der zunehmende Einsatz von entsandten Be-
schäftigten erhöht gleichzeitig den Wettbe-
werbsdruck auf die Unternehmen mit der 3 Die Beschäftigtenbefragung
Folge, dass bestimmte Tätigkeiten aus Kosten-
gründen nicht mehr mit der eigenen Stammbe-
legschaft ausgeführt werden können und man In unserer Befragung haben wir nach der sub-
die Wahl hat, selber auf ausländische Nachun- jektiven Wahrnehmung der Arbeitssituation
ternehmen zurückzugreifen oder das Angebot von Baubeschäftigten gefragt. Dazu haben wir
auf spezielle Fachtätigkeiten zu beschränken. Fragen zu den Arbeitsbedingungen und ihrer
Bewertung gestellt und Informationen über die 7
Die besonderen Bedingungen des Bauarbeits- aktuelle Beschäftigungssituation und Tätigkeit,
marktes sind der Grund, warum in Deutschland den Betrieb, die Eingruppierung, Arbeitszeiten,
die Sozialpartner schon frühzeitig zusammen Work-Life Balance sowie demografische Anga-
mit dem Staat besondere kollektive Lösungen ben erhoben. Von besonderem Interesse wa-
für die genannten Probleme entwickelt haben. ren dabei auch die Gründe, die aus der Per-
Dies gelang mit der Einrichtung von tariflich spektive der Befragten für den Eintritt und Ver-
vereinbarten Sozialkassen, die den Grundstein bleib in der Baubranche bzw. für den Wunsch,
für eine „institutionalisierte Sozialpolitik“ in andere Branchen zu wechseln, sprechen. Die
(Schütt 2000) legten und einen sozialpartner- Befragung wurde im Dezember 2019 online
schaftlichen Kompromiss zwischen den sozia- und mithilfe des Befragungstools „Netigate“
len Interessen der Beschäftigten und den wirt- unter IG BAU Mitgliedern durchgeführt. Die
schaftlichen Interessen der Unternehmen dar- durchschnittliche Fragenbogendauer (Median)
stellen. Durch die Verwaltung der Urlaubsver- betrug knapp 10 Minuten (9 Minuten, 58 Se-
gütungen, der finanziellen Förderung der Be- kunden). Mitglieder, von denen Email-Adres-
rufsausbildung, der arbeitsmarktpolitischen sen vorlagen und die zur interessierenden
Förderung der ganzjährigen Beschäftigung, der Grundgesamt Baubeschäftigte gehörten, wur-
Absicherung von Arbeitszeitkonten sowie das den per Email durch die IG BAU kontaktiert und
Angebot einer Zusatzversorgung durch die So- erhielten einen Link zur Befragung. Insgesamt
zialkassen wird in diesem hochflexiblen Ar- konnten so rund 11.000 Mitglieder kontaktiert
beitsmarkt mit vielen Betriebswechseln sowie werden, von denen 3052 einen Fragebogen
saisonalen und konjunkturellen Schwankungen ausgefüllt haben. Da es sich nicht um eine Zu-
eine soziale Sicherheit und Nachwuchssiche- fallsstichprobe handelte und nur Gewerk-
rung wie in keiner anderen Branche garantiert. schaftsmitglieder befragt wurden, die eher in
Diese Regulierungssysteme stellen gleichzeitig mittleren und größeren Betrieben arbeiten und
wirtschaftliche Effizienz und sozialen Ausgleich eher nach Tarif bezahlt werden, ist unsere Be-
sicher und sind für einen funktionierenden fragung nicht repräsentativ. Wir stellen jedoch
Bauarbeitsmarkt zukunftsweisend. Trotz aller
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die These auf, dass die Bewertung der Arbeits- chen Arbeitssituation von Arbeitern und Ange-
bedingungen noch deutlich kritischer ausfallen stellten werden im Folgenden die Ergebnisse
würde, wenn die vielen Beschäftigten in den für beide Statusgruppen getrennt dargestellt.
Klein- und Kleinstbetrieben mit oft geringerer Das Durchschnittsalter der Befragten ist mit
Beschäftigungsstabilität und Bezahlung stärker 44,8 Jahren recht hoch (s = 12,6 Jahre), dabei
einbezogen worden wären. sind die Arbeiter in unserer Stichprobe mit 45,1
Jahren (s = 12,5) älter als die Angestellten (M =
44,8 Jahre, s = 12,6).
3.1 Stichprobenbeschreibung
Anders als es im klein(st)- und mittelbetrieblich
Mit 93,1 Prozent war die überwiegende Mehr- organsierten Baugewerbe eigentlich der Fall
heit der Befragten erwartungsgemäß männ- ist 3, arbeitet ein vergleichsweise hoher Anteil
lich, 6,6 Prozent weiblich und 0,4 Prozent unserer Befragten in größeren Betrieben, wo-
machten keine Angabe zum Geschlecht 2. Mit bei – und das ist wiederum erwartungsgemäß
61,6 Prozent war der Anteil der gewerblich Be- – Angestellte häufiger in größeren Betrieben zu
schäftigten, der Arbeiter, deutlich höher als der finden sind als Arbeiter (Abbildung 2). Das liegt
Anteil der Angestellten mit 38,4 Prozent, liegt daran, dass größere Betriebe mehr Verwal-
damit aber unter dem in der Realität zu erwar- tungsaufgaben haben als kleinere und gleich-
tenden Anteil, der bei rund 70 Prozent liegt zeitig auch mehr Dienstleistungen einkaufen,
(Bosch/Hüttenhoff, 2022). Zum Zeitpunkt der wofür ebenfalls extra Personal benötigt wird.
Befragung waren 96,7 Prozent erwerbstätig, Mit der Beschäftigung der Nachunternehmen
1,6 Prozent arbeitslos, 0,4 Prozent verrentet sinkt der Bedarf an eigenen gewerblich Be-
und 1,3 Prozent machten dazu keine Angabe. schäftigten. Eine sehr hohe Anzahl Befragter
Da es uns um die Arbeitssituation der Baube- gibt an, in einem Betrieb mit Betriebsrat zu ar-
schäftigten geht, wurden die bereits verrente- beiten (65,8 Prozent), wobei entsprechend der
ten und diejenigen, deren Erwerbsstatus nicht Verteilung auf die Betriebsgröße, Angestellte 8
feststellbar war, von der weiteren Analyse aus- häufiger in einem Betrieb mit Betriebsrat tätig
geschlossen. Die Fallzahl, auf der die Auswer- sind als Arbeiter (71,4 Prozent vs. 62,5 Pro-
tungen für diesen Report basiert, beträgt somit zent). Der Anteil der Arbeiter, die Mitglied ei-
2987. Aufgrund des hohen Anteils Angestellter ner Gewerkschaft sind, liegt mit 95,8 Prozent
in unserer Stichprobe und der unterschiedli- um knapp 4 Prozentpunkte höher als bei den
Angestellten (91,9 Prozent).
_
2Der Frauenanteil im Baugewerbe insgesamt lag 2021 bei rund 3Im Jahr 2020 waren 72 Prozent der Beschäftigten in Betrieben
13 Prozent, im Bauhauptgewerbe sogar nur bei rund 10 Prozent mit 1-9 Mitarbeitern beschäftigt und nur 1,2 Prozent in Betrieben
(HDB/Kraus 2022). Im Vergleich dazu ist der Frauenanteil bei den mit 100 und mehr Beschäftigten (Statistisches Bundesamt zit. n.
Mitgliedern der IG BAU mit rund 28% im Jahr 2020 sehr viel hö- Bosch/Hüttenhoff 2022: 79).
her (Bosch/Hüttenhoff 2022). Der Frauenanteil in unserer Stich-
probe ist also im Vergleich zur Grundgesamt deutlich unterreprä-
sentiert.
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60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
1-4 MA 5-9 MA 10-19 MA 20-49 MA 50-199 MA 200 + MA
Die Befragten sind gut ausgebildet. In der nissen eingruppiert werden sollen und dies ge-
Gruppe der Arbeiter gibt fast jeder Dritte mäß Paragraph 5 Absatz 2 BRTV auch schriftlich 9
(30,7%) an, Vorarbeiter oder Polier zu sein, festzuhalten ist (Bosch/Hüttenhoff 2022: 148).
mehr als jeder Zweite (52,2 Prozent) hat eine
In unserer Befragung gibt ein hoher Anteil der
Qualifikation zum Facharbeiter erworben, 5,7
Befragten an, nicht ausbildungsadäquat be-
Prozent sind Fachwerker und 3,5 Prozent Wer-
zahlt zu werden. Dabei liegt der Anteil bei den
ker. Immerhin 7,9 Prozent der Befragten fallen
Arbeitern mit 40,5 Prozent noch einmal deut-
in die Kategorie „Sonstiges“. Nach Lohngrup-
lich höher als bei den Angestellten (29,7 Pro-
pen 4 befragt, teilen sich die Befragten folgen-
zent).
dermaßen auf: In Lohngruppe 1 befinden sich
7,9 Prozent der Befragten, in Lohngruppe 2 und Der überwiegende Anteil der Befragten ist
2a 11,9 Prozent, in Lohngruppe 3 sind 18,4 Pro- schon längere Zeit im Bauberuf tätig, drei Vier-
zent eingestuft. 31,7 Prozent sind in Lohn- tel sogar länger als zehn Jahre, wobei der Anteil
gruppe 4, weitere 17 Prozent in Lohngruppe 5 der Arbeiter, die zehn Jahre oder länger im Be-
und in Lohngruppe 6 13,1 Prozent. Auch bei ruf stehen, mit knapp 80 Prozent deutlich hö-
den Angestellten sind die höheren Gehalts- her ist, als der Anteil der Angestellten mit rund
gruppen stärker besetzt als die unteren (A I 2,9 70 Prozent (Abbildung 3). Dabei waren 83 Pro-
Prozent, A II 6,0 Prozent, III:4,8 Prozent, IV: zent der Befragten durchgängig, das heißt ohne
11,4 Prozent, V: 10,4, VI: 11,7 Prozent, VII: 17,4 Unterbrechungen, im Baugewerbe tätig, wobei
Prozent, VIII: 23,7 Prozent, IX: 6,3 Prozent, X: sich Arbeiter und Angestellte in dieser Hinsicht
5,4 Prozent). Dabei gilt, dass Beschäftigte ge- kaum unterschieden (Arbeiter: 83,6 Prozent vs.
mäß ihrer Ausbildung, Fertigkeiten und Kennt- Angestellte: 84,7 Prozent).
_
4 Der Tarifvertrag für das Bauhauptgewerbe beschreibt die Ein- Dabei wird der Tariflohn in der Lohngruppe 4 (Spezialfacharbei-
stufungskriterien für sechs Lohngruppen, die von einfachen Bau- ter/Baumaschinenführer) als Ecklohn bezeichnet, der die Grund-
und Montagearbeiten ohne besondere Qualifikationsanforde- lage bei Tarifverhandlungen bildet. Auf seiner Basis werden mit
rungen (Lohngruppe 1) bis hin zu Führungstätigkeiten als Werk- prozentualen Auf- und Abschlägen die Tariflöhne der anderen
polier bzw. Baumaschinen-Fachmeister (Lohngruppe 6) reichen. Lohngruppen errechnet (siehe auch Bosch/Hüttenhoff 2022:
148).
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Abbildung 3: Wann haben Sie das erste Mal einen Beruf im Baugewerbe ergriffen?
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
vor bis zu 1 Jahr vor 2-4 Jahren vor 5-10 Jahren vor über 10 Jahren
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
in anderer Branche arbeitslos gesundheitliche andere Gründe keine Angabe
gearbeitet Gründe
Arbeiter Angestellte
70,0%
60,0%
50,0%
40,0%
30,0%
20,0%
10,0%
0,0%
(sehr) unzufrieden) teils/teils (sehr) zufrieden
Arbeiter Angestellter
Unsere Analyse der Bewertung von Einzelas- zung, die Arbeit im Baugewerbe sei abwechs-
pekten der Bautätigkeit zeigt, dass der Baube- lungsreich (81 Prozent) und dass die im Bauge-
ruf aus Sicht der Beschäftigten sowohl Licht als werbe übliche Teamarbeit gefalle (79 Prozent).
auch Schatten aufweist (Abbildung 6). Auf der Weniger einig sind sich die Befragten in der Be-
Plusseite der Bautätigkeit steht die Einschät- wertung der Aussage, „das Arbeiten mit ver-
schiedenen Gewerken gefalle gut“; aber auch
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hier stimmen noch immerhin rund zwei Drittel Angestellte schätzen die Bautätigkeit insge-
der befragten Arbeiter zu. 60 Prozent gaben an, samt positiver ein als Arbeiter es tun. Die
in ihrer Tätigkeit selbständige Entscheidungen höchsten Zustimmungswerte von Angestellten
treffen zu können, deutlich mehr als jeder erhält die Aussage, die Arbeit im Baugewerbe
Zweite ist der Auffassung, er könne ständig et- sei abwechslungsreich, gefolgt von der Aus-
was Neues lernen. In Anbetracht der Tatsache, sage, das Arbeiten im Team gefalle. Gleiche
dass die Bautätigkeit an wechselnden Standor- Einschätzungen von Arbeitern und Angestell-
ten stattfindet, ist es bemerkenswert, dass nur ten erhalten die Aussagen, der Fachkräfteman-
57 Prozent angeben, das Arbeiten an wechseln- gel sei bereits spürbar und die Arbeit habe sich
den Orten gefalle. in den letzten Jahren verdichtet. Angestellte
schätzen aber das Arbeiten mit verschiedenen
Etwas mehr als jeder Zweite (52 Prozent)
Gewerken deutlich positiver ein als Arbeiter,
stimmt der Auffassung zu, die Arbeit habe sich
sie sind eher der Ansicht, sie könnten selbstän-
durch neue Technologien verdichtet. Nur jeder
dig Entscheidungen treffen oder etwas Neues
Zweite berichtet von einem guten Betriebs-
lernen. Auch sie bewerten ihre körperliche Be-
klima in seinem Betrieb. Noch geringer werden
lastung als hoch, aber deutlich seltener als ihre
die Zustimmungswerte in der Einschätzung der
gewerblichen Kollegen. Im Gegensatz dazu lei-
Arbeitszeiten und des Gehalts. Deutlich weni-
den Angestellte eher als Arbeiter unter der Ver-
ger als jeder Zweite ist der Meinung, die Ar-
dichtung der Arbeit durch die Einführung neuer
beitszeiten passten gut zum eigenen Leben,
Technologien. Gleichwohl sehen sie in der Digi-
und noch weniger stimmen der Aussage zu, die
talisierung eher eine Chance als Arbeiter. Ange-
Arbeit sei gut bezahlt. Nur die Aussage, in der
stellte schätzen das Betriebsklima besser ein
Digitalisierung liege eine Chance für den Bau,
als Arbeiter. Auch wenn sie ihre Arbeitszeiten
erhält noch weniger Zustimmung von Arbei-
und ihre Bezahlung im Durchschnitt als
tern.
schlecht betrachten, ist die Bewertung doch
besser als bei den Arbeitern. 12
Abbildung 6: Einschätzung von unterschiedlichen Aspekten der Bautätigkeit von Arbeitern und Angestellten im
Baugewerbe
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
Arbeiter Angestellter
Quelle: IAQ/ IG BAU Beschäftigtenbefragung 2019, n körperliche Belastung = 2291, n Fachkräftemangel spürbar = 2251,
n abwechslungsreich = 2368 n Arbeitsbelastung stärker = 2289, n Arbeiten im Team = 2325, n Arbeiten in Gewerken = 2314, n selbständig
entscheiden = 2333, n Neues lernen = 2288, n wechselnde Orte = 2270, n Verdichtung = 2250, n Betriebsklima = 2287,
n Arbeitszeiten = 2302, n Bezahlung = 2312, n Digitalisierung = 2238.
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10,0
9,0
8,0
7,0
6,0
5,0
4,0
3,0
2,0
1,0
0,0
Zufriedenheit mit den Zufriedenheit mit Arbeitszeiten Zufriedenheit mit Bezahlung
Arbeitsbedingungen
Quelle: IAQ/ IG BAU Beschäftigtenbefragung 2019, n Arbeitsbedingungen = 2374, n Arbeitszeiten = 2433, n Bezahlung = 2564.
Vor dem Hintergrund der schlechten Bewer- schlechter ein als Angestellte (Abbildung 7).
tung von Arbeitszeiten und Bezahlung haben Auch die Zufriedenheit mit der Bezahlung ist
wir uns im Folgenden noch einmal stärker mit nur gering ausgeprägt (M = 6,0), und auch hier 13
beiden Aspekten befasst und uns die Zufrie- sind Arbeiter deutlich unzufriedener als Ange-
denheit mit Arbeitsbedingungen, Arbeitszeiten stellte.
und der Bezahlung angeschaut (Abbildung 7).
Bei der Gruppe der Arbeiter ist im Gegensatz zu
Insgesamt ist die Zufriedenheit mit der Arbeits- den Angestellten, bei denen der Fragebogen
zeit in der Baubranche nicht sehr hoch ausge- diese Unterscheidung nicht hergibt, eine wei-
prägt: Auf einer Skala von 1 (sehr unzufrieden) tere Aufschlüsselung in Tätigkeitsgruppen
bis 10 (sehr zufrieden) wird die Vereinbarkeit möglich. Wie Abbildung 8 zeigt, sind die Be-
der Arbeitszeiten mit den privaten Verpflich- schäftigten in den unteren Lohngruppen am
tungen nur mit 5,4 bewertet. Dabei schätzen wenigsten mit ihren Arbeitsbedingungen, ihrer
Arbeiter die Passung ihrer Arbeitszeit zu den Bezahlung und ihren Arbeitszeiten zufrieden.
privaten Anforderungen noch einmal deutlich
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7,0
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4,0
3,0
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1,0
0,0
Zufriedenheit Arbeitsbedingungen Zufriedenheit Bezahlung Zufriedenheit Arbeitszeiten
Quelle: IAQ/ IG BAU Beschäftigtenbefragung 2019, n Arbeitsbedingungen = 1310, n Bezahlung = 1408 , n Arbeitszeiten = 1347.
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
kein Wechselwunsch innerhalb Branche außerhalb Branche
Arbeiter Angestellte
Beschäftigte mit Wechselwunsch sind im Mittel von Facharbeitern (27 Prozent) und Vorarbei-
deutlich jünger als Beschäftige, die weiterhin in tern (17 Prozent) liegen deutlich darunter
ihrem Betrieb bleiben wollen (Arbeiter: 45,8 (ohne Abbildung). Es sind also vergleichsweise
Jahre vs. 38,5 Jahre, Angestellte: 44,6 Jahre vs. junge, gut ausgebildete Kräfte, die mit den „Fü-
37,2 Jahre). Hinzu kommt, dass die Mehrheit ßen abstimmen“ und den Arbeitgeber wech-
der Wechselwilligen gut ausgebildet ist: Drei seln wollen, wenn sie mit den Arbeits- oder Be-
Viertel der Wechselwilligen haben eine Fachar- schäftigungsbedingungen nicht zufrieden sind.
beiterausbildung oder sogar eine Aufstiegsfort- Für die Branche besonders problematisch sind
bildung abgeschlossen (Abbildung 10). Inner- die Wechselwünsche in andere Branchen und
halb der Qualifikationsgruppen äußern vor al- der damit verbundene hohe Verlust an über die
lem die Werker (60 Prozent) und Fachwerker Ausbildungsumlage gemeinschaftlich finanzier-
(39 Prozent) eine Wechselabsicht. Die Werte ten Ausbildungsinvestitionen.
60%
50%
40%
30%
15
20%
10%
0%
Sonstige Werker Fachwerker Facharbeiter Vorarbeiter/Polier
Was sind die Ursachen für einen Wechsel- Arbeitgebers in Betracht zu ziehen, sind deut-
wunsch? Für komplexe multivariate Verfahren lich und signifikant (p < .001) 5 unzufriedener
ist die Anzahl der Wechselwilligen in unserer mit den allgemeinen Arbeitsbedingungen und
Stichprobe zu gering. Die bivariate Analyse gibt der Bezahlung und geben häufiger an, die Ar-
uns jedoch einige Anhaltspunkte: Arbeiter und beitszeiten passten nicht zu ihrem Leben (Ab-
Angestellte, die angeben, einen Wechsel des bildung 11).
_
5 Die kompletten Analysen sind von den Autor*innen auf Nach-
frage zu erhalten.
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Abbildung 11: Arbeiter: Zufriedenheit mit den Arbeits- und Beschäftigungsbedingung und Wechselwunsch
8,0
7,0
6,0
5,0
4,0
3,0
2,0
1,0
0,0
Zufriedenheit Arbeitsbedingungen Zufriedenheit Arbeitszeit Zufriedenheit Bezahlung
Quelle: IAQ/ IG BAU Beschäftigtenbefragung 2019, n Arbeitsbedingungen = 1192, n Arbeitszeit = 1179, n Bezahlung = 1226.
Abbildung 12: Angestellte: Zufriedenheit mit den Arbeits- und Beschäftigungsbedingung und Wechselwunsch
8,0
7,0 16
6,0
5,0
4,0
3,0
2,0
1,0
0,0
Zufriedenheit Arbeitsbedingungen Zufriedenheit Arbeitszeit Zufriedenheit Bezahlung
Quelle: IAQ/ IG BAU Beschäftigtenbefragung 2019, n Arbeitsbedingungen = 756, n Arbeitszeiten = 771, n Bezahlung = 808.
Es sind aber nicht „nur“ subjektive Zufrieden- unter den derzeitigen Anforderungen Ihre jet-
heitseinschätzungen, die dazu führen, auf der zige Tätigkeit bis zum Rentenalter ausüben
Suche nach besseren Bedingungen den Arbeit- können?“ Die Antwort fällt unter den gewerb-
geber zu wechseln oder gar die Branche zu ver- lichen Beschäftigten im Baugewerbe eindeutig
lassen. Angesichts der hohen körperlichen Be- aus: 79,4 Prozent der befragten Arbeiter kön-
lastungen haben wir die Baubeschäftigten ge- nen sich nicht vorstellen, ihre Tätigkeit bis zum
fragt: „Wenn Sie an Ihre Arbeit und Ihren Ge- Eintritt der gesetzlichen Rente durchzuhalten.
sundheitszustand denken: Meinen Sie, dass Sie Insbesondere in den Beschäftigtengruppen der
Fachwerker (89 Prozent) und Facharbeiter
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(84,8 Prozent) ist die überwältigende Mehrheit ausgeglichen werden, um attraktiv für die Be-
nicht der Ansicht, bis zur Rente im Job verblei- schäftigten zu bleiben. Wir konnten oben zei-
ben zu können. gen, dass die Bautätigkeit im Dreiklang von
schwerer körperliche Arbeit, nicht zum Leben
Dass die körperliche Belastung diesbezüglich
passenden Arbeitszeiten und Unzufriedenheit
eine Schlüsselvariable darstellt, wird deutlich,
mit der Bezahlung stattfindet. Aber nur jeder
wenn man die Antworten der Angestellten im
zweite Arbeiter und 57 Prozent der Angestell-
Vergleich hinzuzieht, bei denen immerhin et-
ten stimmten der Aussage zu, das Betriebs-
was mehr als jeder Zweite (51,7 Prozent) er-
klima sei gut. Damit ist die Einschätzung des Be-
wartet, die aktuelle Tätigkeit bis zur Rente
triebsklimas in unserer Studie schlechter als
durchhalten zu können. Arbeiter und Ange-
z.B. im DGB-Index Gute Arbeit (2021a). Das ist
stellte, die glauben, die aktuelle Tätigkeit nicht
deshalb von Bedeutung, weil Studien zeigen,
bis zur Rente durchhalten zu können, sind
dass das Betriebsklima, operationalisiert als
deutlich jünger als diejenigen, die meinen, es
Unterstützung von Vorgesetzten, eine wichtige
bis zum gesetzlichen Rentenalter zu schaffen
Rolle bei der Entscheidung spielt, den Arbeitge-
(Arbeiter: nein: 43,1 Jahre vs. ja: 51,7 Jahre; An-
ber wechseln zu wollen (v.d. Heijden et al.
gestellte: nein: 40,7 Jahre vs. ja: 46,9 Jahre).
2010). Vor diesem Hintergrund haben wir ana-
Ganz offensichtlich führen die schweren Ar-
lysiert, inwieweit die Einschätzung des Be-
beits- und Beschäftigungsbedingungen zu einer
triebsklimas mit dem aktuellen Wechsel-
frühen Selbstselektion. Wer meint, die Arbeit
wunsch von Baubeschäftigten zusammen-
nicht bis zur Rente durchhalten zu können, ver-
hängt. Wie Abbildung 13 zeigt, ist zumindest
lässt die Baubranche oft frühzeitig.
bivariat ein deutlicher Zusammenhang erkenn-
Wir haben auch gefragt, welches Rentenein- bar: Rund 73 Prozent der Arbeiter und sogar 77
trittsalter von den Beschäftigten als realistisch Prozent der Angestellten, die der Aussage, das
eingestuft wird. Die Angaben mit durchschnitt- Betriebsklima sei gut, nicht zustimmten, äußer-
lich 60,7 Jahren bei den Arbeitern und 61,7 Jah- ten gleichzeitig, in nächster Zeit den Arbeitge- 17
ren bei den Angestellten liegen beträchtlich un- ber wechseln zu wollen. Umgekehrt ziehen nur
ter dem gesetzlichen Renteneinstiegsalter von rund 12 Prozent der Arbeiter und 16 Prozent
derzeit 67 Jahren (für die ab 1964 Geborenen). der Angestellten, die das Betriebsklima als gut
Beschäftigte mit Wechselwünschen halten da- einschätzen, einen Wechsel des Arbeitgebers
bei ein geringeres Renteneintrittsalter für an- in Betracht. In einer Situation des Fachkräfte-
gemessener als Beschäftigte, die bei in ihrem mangels kann ein schlechtes Betriebsklima
Betrieb bleiben möchten (Arbeiter mit Bleibe- schnell zu einer „Abstimmung mit den Füßen“
wunsch 61 Jahre vs. Arbeiter mit Wechselab- führen. Beschäftigte bemühen sich nicht
sicht: 59,6 Jahre; Angestellte mit Bleibewunsch (mehr) um eine Verbesserung des Arbeitskli-
62,1 Jahre vs. Angestellte mit Wechselwunsch: mas vor Ort, sondern wechseln einfach den Ar-
60,6 Jahre). beitgeber. Diese Sichtweise wird in einer Un-
tersuchung der SOKA-BAU (2018) bestätigt, in
5.1 Welche Rolle spielt der Betrieb für der sowohl Arbeitgeber als auch gewerbliche
den Wechselwunsch? Arbeitnehmer angeben, die Verbesserung der
Kommunikation sowie die Schaffung eines gu-
Bei hohem Fachkräftemangel sollten hohe Ar- ten Betriebsklimas stelle eine wirksame Maß-
beitsbelastungen in einem Tätigkeitsfeld durch nahme zur Verhinderung von Abwanderung
positive Arbeitsbedingungen an anderer Stelle dar.
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90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
Betriebsklima ist gut teils/teils Betriebsklima ist nicht gut
Nicht nur sogenannte „weiche“ betriebliche oder Angestellte sind, die Effekte sind sehr ähn-
Faktoren prägen die Wechselstimmung der Be- lich ausgeprägt. Beschäftigte mit Wechselab-
fragten. Beschäftigte nehmen deutlich wahr, sicht schätzen ihren Betrieb signifikant schlech-
wie ihr Betrieb für die Zukunft aufgestellt ist ter ein in Bezug auf die Aktualität der techni- 18
und diese Einschätzung kann sich auf die Wech- schen Ausstattung, der ausreichenden Qualifi-
selneigung auswirken. Beschäftigte mit Wech- kation der Mitarbeiter, bei der Einführung
selwunsch schätzen ihren Betrieb als schlech- technischer Neuerungen und der Nachwuchs-
ter für die Zukunft gerüstet ein als Beschäftigte, förderung. Wenngleich die Digitalisierung, wie
die noch länger im Betrieb bleiben wollen. (vgl. oben gezeigt, insgesamt eher wenig positiv ein-
Abbildung 14 und Abbildung 15). Oder anders geschätzt wird, spielt sie doch für die Wechsel-
formuliert: Betriebe, die schlechter für die Zu- absicht eine Rolle: Beschäftigte, die ihrem Be-
kunft gerüstet scheinen, haben größere Prob- trieb bescheinigen, die Prozesse digitalisiert zu
leme, ihre Mitarbeiter zu halten, als diejenigen, haben, zeigen eine geringe Wechselneigung als
die besser aufgestellt sind. Dabei spielt es keine Beschäftigte, die ihren Betrieb als weniger digi-
besondere Rolle, ob die Beschäftigten Arbeiter talisiert wahrnehmen.
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5,0
4,5
4,0
3,5
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2,5
2,0
1,5
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0,5
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technische Ausstattung auf technischen Neuerungen: Nachwuchsförderung ist Prozesse sind digitalisiert
dem neuesten Stand alle MA qualifiziert aussreichend
Quelle: IAQ/ IG BAU Beschäftigtenbefragung 2019, n Ausstattung =1263, n Neuerungen = 1240, n Nachwuchsförderung = 1234,
n Prozesse = 1226; alle Unterschiede signifikant (p < .001)
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technische Ausstattung auf technischen Neuerungen: Nachwuchsförderung ist Prozesse sind digitalisiert
dem neuesten Stand alle MA qualifiziert aussreichend
Quelle: IAQ/ IG BAU Beschäftigtenbefragung 2019, n Ausstattung =779, n Neuerungen = 759, n Nachwuchsförderung = 758,
n Prozesse = 757; alle Unterschiede signifikant (p < .001).
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Frederic Hüttenhoff
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Flexibilität und Sicherheit (FLEX)
Mail: frederic.huettenhoff@uni-due.de 23
Telefon: +49 203 37 92683
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Redaktionsschluss: 15.06.2022
IAQ-Reports: Redaktion:
https://www.uni-due.de/iaq/reihen.php Claudia Braczko
claudia.braczko@uni-due.de
Über das Erscheinen des IAQ-Reports informieren wir
über eine Mailingliste: Thomas Haipeter
https://www.uni-due.de/iaq/newsletter.php thomas.haipeter@uni-due.de
DOI: 10.17185/duepublico/76127
URN: urn:nbn:de:hbz:465-20220622-135121-5