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Wortschatzerwerb

- Der Wortschatz und dessen vielfältige Kombinationsmöglichkeiten zeigen den lexikalischen Ausdrucksreichtum
einer Sprache an.
- Beides entwickelt sich ständig weiter; neues Wissen wird im Wortschatz fundiert.

Kollektiver Wortschatz individueller Wortschatz

- individuelle Mitteilungswortschatz eines Erwachsenen: 10 000–20 000 Lexemen


- individuelle Verstehenswortschatz weitaus größer: 40 000–100 000 Lexeme
- Kinder mit deutscher Herkunftssprache aus bildungsnahen Familien erwerben vom Kindergartenalter bis zur
Einschulung einen Mitteilungswortschatz von ca. 5000 Wörtern und einen Verstehenswortschatz von ca. 14
000 Wörtern. Mit ca. 15 Jahren hat ein Jugendlicher den Wortschatz eines Erwachsenen erreicht.

Mentales Lexikon
- Lexikalisches Wissen ist als mentales Lexikon im Langzeitgedächtnis netzwerkartig gruppiert, wobei lexikalische
Einheiten in nachfolgenden Ordnungsprinzipen gespeichert werden: Sachfelder (enzyklopädisch), handlungs-
bezogene Frames und Scripts (lebensweltlich), Kollokationsfelder (usuell), Wortfelder, Wortfamilien (gramma-
tisch), Bewertungsnetze (konnotativ), Assoziationsnetze (individuell) (Kühn 2007, 159).

Wortschatzerwerbstheorien

Differenzhypothese Semantische Merkmalshypothese Funktionale Kernhypothese


- Ende der 1960er Jahre - vor allem von Clark (1973, 1983) - 1974 veröffentlicht von Nelson
- Amerikanischer Soziolinguist Labov - ausgehend von einem le- - Gegenmodell zur Semantischen
- kritische Reaktion auf die Defizithypo- xikalisch-semantischen System ei- Merkmalshypothese
these von Bernstein (1976) ner Einzelsprache und seiner - Angenommen wird eine symbo-
- Forderung, nicht bestimmte Sprachge- Struktur. lische Repräsentation im mentalen Lexi-
brauchsformen als normativer Maß- Bedeutung eines Wortes konstru- kon des Lerners. Das Wissen um ein Ob-
stab, sondern Fokus auf kommunikati- iert aus einem Bündel semanti- jekt liegt in seiner Funktion. Der Erwerb
ves Funktionieren und die spezifische scher Merkmale erfolgt über eine schrittweise Speziali-
Leistung einer Sprachform Wörter = konventionell relativ fest sierung der Wortbedeutungen durch
- Auffassung, dass jede Sprachform an gefügte Ausdrücke mit umgrenz- Ausbau der distinktiven Merkmale und
ihren jeweiligen Funktionsbereich ange- ten merkmalsanalytisch be- der lexikalisch-semantischen Struktur
passt ist (vgl. Labov 1969). schreibbaren Bedeutungen. Allge- des Wortschatzes. Dies geschieht in Nä-
- Nachweis durch Neuland (1976) mit- meine Merkmale werden vor spe- herung an die konventionelle Ordnung
tels mehrerer Wortschatztests: Proban- zifischen erworben. in der Standard- bzw. Erwachsenenspra-
den im Alter von 5–6 Jahren wurden Wortschatzerwerb verstanden als che. Wörter werden als unscharf umris-
verschiedene Substantive, Verben und der Erwerb von distinktiven se- sene Gebilde verstanden. Nelson unter-
Adjektive genannt. Die Untersuchung mantischen Merkmalen, die mit scheidet dabei zwischen semantischem
bestätigte, dass sich in den Bedeutungs- der ausdrucksseitigen Trä- Wissen (die Bedeutung, die Erwachse-
spektren der einzelnen Begriffe klassen- gerstruktur verknüpft sind. Kinder nen einer Äußerung zuschreiben) und
spezifische Sprachunterschiede als Ab- lernen zunächst reduzierte Bedeu- Funktionswissen (die funktionalen Kon-
bild der jeweiligen sozialen Realität wi- tungen, Teilmengen von Bedeu- zepte der Kinder, die durch Handlungen
derspiegeln. tungsmerkmalen. und Ereignisse erworben werden und
→Demnach gibt es im produktiven empirisch nachweisbar sind).
Wortschatz schichtenspezifische Reper-
toires.

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Faktoren, die den Wortschatzerwerb beeinflussen
Unterscheidung zwischen inneren und äußeren Faktoren:

- Inneren Faktoren: Alter; spezifische Kognitions- und Lernprozesse (z. B. kognitives Lernen vs. reflexi-
ves Lernen, Handmotorik)
- Äußeren Faktoren: sprachliche und nicht-sprachliche Input bzw. das (mehr-) sprachige Umfeld

Zusammenfassung zum Wortschatzerwerb in verschiedenen Altersstufen


Die folgende Tabelle 4 fasst die wichtigsten Errungenschaften des Wortschatzerwerbs vom Kleinkind- bis
zum Schulalter mit Blick auf wesentliche Merkmale der jeweiligen Sprachlernprozesse zusammen.

Abbildungen
aus Kerstin
Leimbrink: 2.
Wortschatzer-
werb Seiten
48f. entnom-
men.

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