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Fachhochschule München
Fakultät 06 – Feinwerk- und Mikrotechnik / physikalische Technik
Inhalt
11 Wälzlager ............................................................................................................................4
11.1 Aufbau der Wälzlager ...................................................................................................4
11.2 Bauformen der Wälzlager .............................................................................................7
11.2.1 Rillenkugellager (DIN 625) .....................................................................................7
11.2.2 Schrägkugellager (DIN 628)...................................................................................7
11.2.3 Vierpunktlager (DIN 628) .......................................................................................8
11.2.4 Schulterkugellager (DIN 615).................................................................................8
11.2.5 Pendelkugellager (DIN 630)...................................................................................8
11.2.6 Zylinderrollenlager (DIN 5412) ...............................................................................9
11.2.7 Nadellager (DIN 625) .............................................................................................9
11.2.8 Kegelrollenlager (DIN 720)...................................................................................10
11.2.9 Tonnen- und Pendelrollenlager (DIN 635) ...........................................................10
11.2.10 Axial-Rillenkugellager (DIN 711,715) .................................................................11
11.2.11 Axial-Pendelrollenlager (DIN 728)......................................................................11
11.3 Bezeichnung von Wälzlagern .....................................................................................12
11.4 Konstruktive Gestaltung von Wälzlagern....................................................................14
11.4.1 Festlager – Loslager: ...........................................................................................14
11.4.2 Angestellte Lagerung ...........................................................................................17
11.4.3 Duplex Lager........................................................................................................18
11.4.4 Schwimmende Lagerung: ....................................................................................19
11.5 Einbauregeln für Wälzlager ........................................................................................20
11.5.1 Fixierung von Wälzlagern.....................................................................................20
11.5.2 Passung von Wälzlagern .....................................................................................22
11.5.3 Axiale Anstellkraft.................................................................................................23
11.5.4 Mindestbelastung .................................................................................................23
11.5.5 Einbau von Wälzlagern ........................................................................................23
11.6 Reibung und Schmierung ...........................................................................................24
11.6.1 Reibung................................................................................................................24
11.6.2 Schmierung der Wälzlager...................................................................................25
11.6.3 Abdichtung von Lagern ........................................................................................26
11.7 Werkstoffe für Wälzlager ............................................................................................28
11.8 Berechnung von Wälzlagern.......................................................................................29
11.8.1 Ermittlung der Lagerbelastung .............................................................................29
11.8.2 Statische Tragzahl ”C 0”........................................................................................29
11.8.3 Dynamische Tragzahl ”C” ....................................................................................29
11 Wälzlager
11.1 Aufbau der Wälzlager
Wälzlager dienen zur Aufnahme der Zapfen von Achsen und Wellen. Im Gegensatz zu
Gleitlagern rollen zwischen den Lagerpartnern Wälzkörper ab. Dadurch ist die Reibung 25 -
50% niedriger als bei hydrodynamisch geschmierten Gleitlagern.
Radiallager Axiallager
Kugel Zylinder Kugel
Wälzlagerkäfige:
a) Blechkäfig für Kugeln
b) Massivkäfig für Rollen
Käfigmaterial Stahlblech, Messing,
Leichtmetall, Kunststoff
Die Kugeln haben einen etwas kleineren Radius als die Laufbahnen und
zwischen den Kugeln und Laufbahnen ist die Radialluft s vorhanden.
Das Verhältnis der Radiusdifferenz zum Wälzkörper-∅ wird Schmiegung
genannt. Durch die Radialluft und die Schmiegung wird die Axialluft a
bestimmt. a zu s ist etwa 10 bis 15. Wenn die Belastung des Lagers rein
radial ist, liegen die belasteten Kugeln in der Mitte der Laufbahn auf. Der
Druckwinkel ist 0°.
Wenn ausreichende axiale Belastung vorhanden ist, liegen die Kugeln
unter einem Druckwinkel α an den Laufbahnen an. Bei Rillenkugellagern
hat α die Größenordnung 15°.
Die radiale Lagerluft s wird durch ein Nachsetzzeichen hinter dem
Lagerkennzeichen, beginnend mit C, angegeben. CN DIN 620–4
bedeutet normale Lagerluft und wird meist nicht angegeben. Die Folge
für größer werdende Lagerluft ist C2, CN, C3, C4, C5.
Einige Werte für die radiale Lagerluft s bei Gruppe CN (normal) für nicht eingebaute Lager
und Messlast 0:
Bei eingebauten Kugellagern soll das radiale Betriebsspiel etwa null sein oder es kann eine
geringe Vorspannung vorliegen. Beim Einbau der Lager mit Presssitz wird die Lagerluft
verringert. Wenn das Lager in eine Bohrung oder auf eine Welle mit einer festeren Passung
als J6 bzw. k5 montiert wird, muss im Allgemeinen eine größere Lagerluft gewählt werden,
z.B. C3.
Beim Rillenkugellager füllen die aneinander liegenden Kugeln ohne Käfig gut die Hälfte des
Umfangs aus. Die Ringe verformen sich elastisch, wenn der Innenring in die konzentrische
Stellung gedrückt wird. Die gleichmäßig verteilten Kugeln sind in einem Käfig gefasst und
damit auf Abstand geführt.
Lager, bei denen die Kugeln ohne Käfig dicht aneinander liegen, sog. vollkugelige Lager
benötigen eine Füllnut. Ihre Anwendung ist selten.
Die Lagerluft ermöglicht auch ein Verkippen des Innenrings gegen den Außenring. Auch
wenn dieser Kippwinkel nur klein ist, Größenordnung 2 bis 10 Winkelminuten, ermöglicht er
doch kleine Winkeltoleranzen auszugleichen.
Regelausführung
Kraftübertragung: radial und axial
Besonderheiten: können auch mit Deckscheiben (gegen Verschmutzung),
Dichtscheiben (Schmiermittel), Ringnut (für Sprengring)
geliefert werden
Einsatz: universell Maschinen- und Fahrzeugbau
Zweireihig
Bauart N
(Aussenbordlager)
Kraftübertragung: hohe radiale Tragfähigkeit, axial nicht oder nur gering belastbar
Besonderheiten: Linienberührung zwischen Rolle und Bahn führt zu höherer
radialer Tragfähigkeit, zerlegbar
Einsatz: als Loslager und für hohe radiale Belastung, z.B. Getriebe,
Elektromotoren, Achslager von Schienenfahrzeugen,
Walzenlagerungen (Walzwerke)
Kraftübertragung: radial
Besonderheiten: werden mit und ohne Innenring geliefert, kleine
Baudurchmesser, größere radiale Starrheit, geringe
Empfindlichkeit gegen stoßartige Belastungen, wenn Nadeln
direkt auf Welle laufen soll diese HRC 58…65 sowie
Oberflächengüte Ra ≤ 0,2µm aufweisen
Einsatz: bei begrenztem Einbauraum für kleinere und mittlere
Drehzahlen und Pendelbewegungen, z.B. Pleuellager,
Kipphebellager, Spindellager, für Schwenkarme, Pendelachsen
(Kfz), etc.
Beispiel:
2 2 3 16 M C3
M Massivkäfig aus
Pendel- Breitenreihe Durchmesser- Innen-Φ = Messing
rollenlager 2 reihe 3 16 mm C3 Lagerluft größer als
normal
Regel: Bei Lagerungen mit 2 Rillenkugellagern ist das Festlager an der Arbeitsseite.
Warum?
Æ Arbeitselement (z.B. ein Fräser) wird axial von Wärmedehnungen nur gering
beeinflusst.
Æ Wärmedehnungen wirken am weiter entfernten Loslager und sind dort unschädlich
Æ Festlager nimmt die größere Radiallast auf, dadurch kann das geringer belastete
Loslager den axialen Ausgleich besser ermöglichten
Æ Ausnahmen sind in begründeten Fällen erlaubt
Loslager mit Axialbeweglichkeit auf dem Wellenzapfen wenn das Gehäuse dreht
Vorteil: Nachteil:
Platz sparend, teurer als Fest- und Loslager
geringerer Einfluss unterschiedlicher bei Vorspannung etwas schwererer
Wärmedehnungen, Lauf
Spiel einstellbar, leiser Lauf
Angestellte Lagerung mit einstellbarem Spiel Angestellte Lagerung spielfrei durch Feder,
oder Vorspannung, O-Anordnung: X-Anordnung:
Achtung:
Übertragung der Kräfte bei Wälzlagern in Druckrichtung
Radiale Belastungskräfte müssen im Schnittpunkt der Drucklinien der Lager mit der
Wellenachse angesetzt werden.
Es entstehen bei Schräglagern somit axiale Kräfte!
Vorteil:
Hohe Präzision,
keine Einstellung bei der Montage.
Nachteil:
Teuer,
baut länger (außer bei auseinander gezogener Anordnung)
Ettemeyer, Olbrich, Fachhochschule München V 3.02
Konstruktionselemente - 11.19 - Kapitel 11 - Wälzlager
Zwei Loslager mit Längsspiel auf der Welle, wenn das Gehäuse dreht:
Schwimmende Lagerung: zwei Loslager mit Längsspiel in der Gehäusebohrung wenn die
Welle dreht
Begründung:
Wenn der Ring mit Umfangslast einen Schiebesitz hätte, wären der Umfang des Lagerrings
und des Umbauteils unterschiedlich. Beim Abwälzen entstände dadurch Schlupf und als
Folge davon feinster Abrieb, was Passungsrost ergäbe und zu einer raschen Zerstörung des
Lagersitzes führen würde.
Bei nicht zu hoher und stoßfreier Belastung und nicht zu hoher Drehzahl kann auch eine
enge Übergangspassung als „Festsitz“ ausreichend sein.
Guter Festsitz ist besonders wichtig, wenn
Kippmoment auf das Lager wirkt
bei hoher Drehzahl bzw. Beschleunigung
umlaufene Kraft (meist Unwucht) oder Erschütterungen Größenordnung der radialen
Lagerbelastung erreichen
bei geringer Last das Lager bei gewisser Schwergängigkeit noch funktionieren soll.
Beispiel für Auswahl von ISO Passungen für Welle und Bohrung zur Aufnahme eines
Rillenkugellagers mit Normaltoleranz PN:
ISO Toleranz für
Aufnahme des Lagers
Sitz mit Passung ergibt
auf Welle in Bohrung
Punktlast, z.B. für Loslager g6 (g5) H7 (H6) Schiebesitz
G7 (G6)
Umfangslast oder bei wechselnder j6 (j5) M7 (M6) Leichter Festsitz
bzw. unbestimmter Lastrichtung
k6 (k5) N7 (N6) Strenger Festsitz
11.5.4 Mindestbelastung
Bei hoher Drehzahl
Insbesondere bei hoher Winkelbeschleunigung
Mindestbelastung einhalten (Vermeiden von Schlupf Æ Geräusche und vorzeitiger
Verschleiß).
Empfohlene Mindestbelastung P ≈ 0,01·C (siehe Kap. Berechnung)
Berührungsfreie Dichtungen
Wirken erst bei drehender Welle
Umso besser, je höher die Drehzahl ist
enger Spalt dichtet bereits gegen Staub ab, wenn im Innenraum kein wesentlicher
Unterdruck herrscht.
Rückführungsrillen verhindern Austritt bei geringen Mengen drucklosen Öls
Labyrinth kann bei geringem Druckgefälle völlig abdichten. Erhöhung der Wirkung
Füllen mit steifem Fett
Spritzkanten mit Rücklaufkanal verhindern den Austritt von drucklosem Öl.
Auch Kombinationen dieser Varianten sind möglich
Achtung: diese Dichtungen sind bei nach unten herausgeführten Wellen kaum
wirksam.
axiale Labyrinthdichtung
Hinweise:
Die Lebensdauer ist abhängig von: Belastung, Drehzahl, Schmierung, Sauberkeit,
sonstige Umwelteinflüsse, Temperatur, sachgemäßem Einbau, Genauigkeit der
Umbauteile.
Nur Berücksichtigung von Belastung und Drehzahl; übrige Einflussfaktoren sind
„normal“ sind.
In vielen Fällen gelingt es, eine vergleichbare existierende Lagerung zu finden (auch
durch Beratung seitens der Lagerhersteller). Wenn man bei der neuen Lagerung in
gleicher Weise für Schmierung, Sauberkeit, Präzision der Umbauteile und
Vergleichbarkeit sonstiger Bedingungen sorgen und die Kräfte in gleicher Weise
ermitteln kann, kann man sich auf die Lebensdauerrechnung gut verlassen.
Die Lagerhersteller bieten Berechnungsprogramme an, die teilweise z.B. um die
Berechnung von Wellen und Auflagerkräften erweitert sind. Weitergehende
Berechnungsprogramme berücksichtigen auch die Elastizität des Lagers selbst.
Die Lebensdauerformel liefert für Lager mittlerer Größe gut brauchbare Ergebnisse.
Für kleine Lager mit Bohrungs-∅ bis etwa 10 mm sollte sie nur als Anhalt genutzt
werden. Insbesondere gilt dies wenn das Lager eine geringe Drehzahl hat.
Bei der Auslegung sollte C/P>10 sein. Dann können solche Lager auch mit einem
dünnflüssigen (Grund)-Öl betrieben werden, wodurch ein leichter Lauf erreicht wird.
Das Lager läuft dann zwar im Mischreibungsgebiet, erreicht aber trotzdem eine hohe
Lebensdauer.
Ettemeyer, Olbrich, Fachhochschule München V 3.02
Konstruktionselemente - 11.31 - Kapitel 11 - Wälzlager
11.9 Lagerschäden
11.9.1 Ursache für begrenzte Lebensdauer
Bei hoher Drehzahl und guter Schmierung:
Es bildet sich ein ca. 0,2 µm dicker elastohydrodynamischer Schmierfilm aus
Völlige Trennung von Laufbahn und Wälzkörper