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Überspannungsschutz
Metalloxidableiter
in Mittelspannungsnetzen
Erste Auflage: November 1994
Zweite, überarbeitete Auflage: September 1995
Dritte, überarbeitete Auflage: Mai 1999
Vierte, neu bearbeitete und erweiterte Auflage: Juli 2008
Fünfte, überarbeitete Auflage: Mai 2011
© ABB Schweiz AG
Teilbereich Überspannungsableiter, Wettingen/Schweiz
ABB Schweiz AG
Wettingen, im Mai 2011
13 Isolationskoordination und
Auswahl von Ableitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
13.1 Nenn-Ableitstossstrom I n
und Leitungsentladungsklasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
13.2 Schutzpegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
13.3 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
13.3.1 Netz mit isoliertem Sternpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
13.3.2 Netz mit direkter Sternpunkterdung . . . . . . . . . . . . 71
13.3.3 Netz mit Erdschlussabschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
13.4 Wirtschaftliche Betrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
15 Abtrennvorrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
16 Anzeigeeinheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
18 Überlastung, Fehlerabklärung,
benötigte Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
Überspannungen in elektrischen Versorgungsnetzen entste- Zeitweilige (temporäre) Überspannungen treten etwa bei
hen durch Blitzeinwirkungen und Schalthandlungen und sind Lastabwurf oder bei Fehlern mit Erdberührung auf. Die Dauer
nicht zu vermeiden. Sie gefährden die Betriebsmittel, weil dieser betriebsfrequenten Überspannungen kann zwischen
deren Spannungsfestigkeit aus wirtschaftlichen Gründen 0,1 Sekunden und mehreren Stunden liegen. Sie liegen im
nicht beliebig hoch ausgelegt werden kann. Ein wirtschaft Allgemeinen nicht wesentlich über √3 p. u. und sind für den
licher und zuverlässiger Netzbetrieb erfordert also einen aus- Netzbetrieb und die Geräteisolation meist ungefährlich, für
reichenden Schutz der Betriebsmittel vor unzulässiger Über- die Dimensionierung der Ableiter jedoch massgebend.
spannungsbeanspruchung. Dies gilt allgemein für Hoch-
spannungs-, Mittelspannungs- und Niederspannungsnetze. Schaltüberspannungen (langsam ansteigende transiente
Der Überspannungsschutz kann grundsätzlich auf zwei Arten Überspannungen) entstehen bei Schalthandlungen und
erfolgen: bestehen meist aus stark gedämpften Schwingungen mit
• Vermeiden der Blitzüberspannungen am Entstehungsort, Frequenzen bis zu einigen kHz und einer Höhe bis zu 3 p. u.
zum Beispiel mit Erdseilen vor einer Schaltanlage, welche Beim Schalten induktiver Lasten können Überspannungen
Blitze abfangen. bis zu 4 p. u. auftreten.
• Begrenzung der Überspannung beim B et riebsm ittel, zum
Beispiel mit Überspannungsa bleitern in der Nähe des Blitzüberspannungen (schnell ansteigende transiente Über-
Betriebsm ittels. spannungen) haben ihre Ursache in atmosphärischen Ent
In Hochspannungsnetzen sind beide Schutzarten üblich. In ladungen. Sie erreichen ihren Scheitelwert nach wenigen
Mittelspannungsnetzen ist der Erdseilschutz im Allgemeinen Mikrosekunden und klingen anschliessend schnell wieder ab.
nicht sehr wirksam. Infolge der geringen Abstände zwischen Die Höhe dieser unipolaren Überspannungen kann in Mittel-
dem Erdseil und den Leiterseilen tritt bei einem direkten spannungsnetzen weit über 10 p. u. erreichen.
Blitze inschlag in das Erdseil sofort ein Überschlag zu den
Leiterseilen auf. Dazu kommt, dass das Erdseil induzierte
Überspannungen in den Leiterseilen nicht verhindern kann.
Bis Mitte der 80er-Jahre des vorigen Jahrhunderts wurden in 2.1 Ableiteraufbau
Mittelspannungsnetzen fast a usschliesslich so genannte
«konventionelle» A bleiter eingesetzt. Sie bestanden aus einer Im Prinzip bestehen MO-Überspannungsableiter aus zwei
Series chaltung von Siliziumkarbid-Widerständen (SiC) mit Teilen: Aus einem Aktivteil mit einem oder mehreren über
geringer Nichtlinearität und Plattenfunkenstrecken. Während einander gestapelten MO-Widerständen und aus einem
des Ansteigens der Überspannung erfolgt beim Ansprechen isolierenden Geh äuse, das neben der Isolation auch die
der Funkenstrecken ein Erdschluss. Der in Serie geschaltete mechanische Festigkeit gewährleistet.
SiC-Widerstand begrenzt den von der Netzspannung getrie- Es gibt im Wesentlichen drei unterschiedliche Konstruktions-
benen Folgestrom und ermöglicht so das Löschen des Licht- möglichkeiten [2]:
bogens in den Funkenstrecken beim nächsten Nulldurchgang • In ein mit Isoliermaterial beschirmtes glasfaserverstärktes
des Stroms. Kunststoffrohr (GFK-Rohr) wird das Aktivteil eingebaut,
In den letzten Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es zwei ähnlich wie bei Porzellanisolatoren. Diese hohlen
wesentliche Verbesserungen bei Überspannungsableitern für Verbundisolatoren haben die gleichen Nachteile wie
den Einsatz in Mittelspannungsnetzen. Zum einen wurde die Porzellanisolatoren, sie brauchen ein Dichtungs- und
S erieschaltung von Funkenstrecken und SiC-W iderständen Drucke ntlastungssystem, und es können im Inneren Teil-
abgelöst durch Metalloxidwiderstände sehr hoher Nicht entladungen a uftreten.
linearität ohne Funkenstrecken in Serie, zum anderen wurden • Das Aktivteil wird mit Glasfasermaterial umwickelt und mit
die bis dahin verwendeten Ableitergehäuse aus Porzellan Epoxydharz getränkt, was einen harten Körper ergibt. Über
abgelöst durch Gehäuse aus Polymermaterial (Kunststoff). diesen wird das isolierende Kunststoffgehäuse geschoben
Konventionelle Funkenstreckenableiter sind zwar noch in oder aufgeschrumpft. Diese Konstruktion hat den Nachteil,
grosser Anzahl in Mittelspannungsnetzen installiert, werden dass bei Überlastung der Giessharzblock gewaltsam auf-
aber nicht mehr hergestellt. bricht. Weiterhin sind auf Grund der verschiedenen Isolier-
stoffe und damit mehrerer Grenzschichten besondere
Der Fortfall der bei SiC-Überspannungsableitern nötigen Massnahmen zur Dichtung nötig.
Funkenstrecken hat die Konstruktion besonders von Über- • Das Aktivteil wird mit glasfaserverstärkten Schlaufen oder
spannungsableitern für Mittelspannungsnetze stark ver Bändern mechanisch zusammengehalten. Der Kunststoff
einfacht. Einige Bauformen sind durch die Entwicklung der (zum Beispiel Silikon) wird direkt auf die MO-Widerstände
MO-Widerstände und die Einführung von Kunststoffgehäusen aufgebracht. Dieser Direktverguss hat den Vorteil, dass
überhaupt erst möglich geworden. Der wesentliche Vorteil kein Gasvolumen im Ableiter verbleibt. Dichtigkeits
besteht darin, dass es nur noch ein «aktives» Element im probleme und innere Teilentladungen sind damit ausge-
Überspannungsableiter gibt, nämlich den MO-Widerstand schlossen. Es gibt keine Schnittstellen zwischen mehreren
bzw. die Säule aus übereinander gestapelten MO-Wider Kunststoffen, in die Feuchtigkeit eindringen kann. Weiterhin
ständen, dem so genannten Aktivteil. An die MO-Wider- ist die Gefahr einer E xplosion des Gehäuses oder ein Zer-
stände werden damit allerdings sehr hohe Anforderungen fallen gering.
gestellt, da sie alle Funktionen, die in SiC-Überspannungs-
ableitern auf verschiedene Komponenten verteilt waren, allein
übernehmen müssen. So sollen sie unter anliegender Dauer
betriebsspannung alterungsstabil sein, die während eines
Ableitvorgangs umzusetzende Energie aufnehmen und
anschliessend den Folgestrom (Leckstrom) auf für den
Betrieb ungefährlich kleine Werte begrenzen können. Damit
kommt der Entwicklung, der Herstellung und der Qualitäts
überwachung der MO-Widerstände sehr hohe Bedeutung zu.
Tabelle 1: Korrelation der Durchmesser der MO-Widerstände der ABB mit der Leitungsentladungsklasse und dem Nenn-Ableitstossstrom
und direkt damit gekoppelte Parameter entsprechend IEC 60099-4. Die Angaben in den vier unteren Zeilen sind herstellerabhängige Werte.
Die spezifische Energie W’ bezieht sich auf die Arbeitsprüfung der entsprechenden Ableiter (fett gedruckt) bzw. auf die Energie von zwei
Langwellen mit den angegebenen Stromhöhen. Siehe dazu auch Tabelle 2. Die spezifische Energie W’hc ist die Energie, die sich ergibt,
wenn ein vorgegebener Strom, in diesem Fall ein Hochstossstrom 4/10 µs, in den Ableiter eingeprägt wird. Diese Angabe ist rein informativ.
Siehe dazu auch Kapitel 3.2, Energieaufnahmevermögen.
Leitungsentladungsklasse IEC 60099-4 –/–* 1 2 2 3 4 5
Nenn-Ableitstossstrom I n in kA 5 10 10 10 10 20 20
Hochstossstrom I hc in kA 65 100 100 100 100 100 100
Schaltstossstrom I sw in A –/–** 125 / 500 125 / 500 125 / 500 250 / 1000 500 / 2000 500 / 2000
Arbeitsprüfung, durchgeführt mit 1 × I hc 1 × I hc 2 × I ld 2 × I ld 2 × I ld 2 × I ld 2 × I ld
W’ in kJ / kVU c 2,6 3,0 5,2 5,5 9,0 13,3 21,0
W’hc in kJ / kVU c 2,1 3,6 3,5 3,4 3,3 3,2 3,0
Langwelle I rw, 2 ms in A 250 250 500 550 1000 1350 2700
Durchmesser des MO-Widerstands in mm 38 38 42 47 62 75 108
* ohne Leitungsentladungsklasse
** in IEC 60099-4 nicht spezifiziert
I = k × U
1 2 3 4 5/6 7 8
Mischung der Sprühtrocknen Pressen der Sintern Metallisieren der Endprüfung der Fertige MO-Wider-
Metalloxid- der Pulver- MO-Widerstände Kontaktflächen; MO-Widerstände stände für den
pulver mischung Passivieren Einbau in Ableiter
der Mantelfläche
Sp
Bild 2: MO-Widerstände (Auswahl), hergestellt bei ABB Schweiz AG. Bild 3: Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme der MO-Struktur.
Bruchfläche in 2000-facher Vergrösserung. Deutlich zu sehen sind
die MO-Körner und die Korngrenzen zwischen den einzelnen
Körnern.
Li
Li
≤5 I = k x U mit ≈ 50 ≤5
U
d
B
c
b
A
a
Silikonkautschuk, auch Silikongummi, Silikone last oder kurz Alle MO-Ableiter der ABB Schweiz AG für den Einsatz in
Silikon genannt, ist ein hervorr agendes Isoliermaterial für M ittelspannungsnetzen sind nach dem gleichen Prinzip auf-
Hochspannungsisolatoren. Silikon wird zum Beispiel bei gebaut. Dieses von ABB patentierte Konstruktionsprinzip
Langstabisolatoren und Durchführungen seit ungefähr mit Silikon-Direktverguss besteht aus zwei Elektroden, die
40 Jahren in der Hochspannungstechnik erfolgreich einge- miteinander durch zwei oder mehrere glasfaserverstärkte
setzt. Die ersten MO-Ableiter mit dem typischen ABB-Direkt- Elemente verbunden sind. Es entsteht ein steifer Käfig oder
verguss kamen 1986 ins Netz. Mittlerweile sind mehrere Rahmen, der die mechanische Festigkeit gewährleistet. Im
M illionen dieser Ableiter weltweit unter allen klimatischen Innern werden die MO-Widerstände angeordnet. Zusätzliche
Bedingungen störungsfrei im Einsatz. Metallzylinderstücke mit gleichem Durchmesser wie die
Charakteristisch ist für Silikon das Si-O-Si-O-Grundgerüst M O-Widerstände füllen den Innenteil völlig aus. Dadurch ent-
mit den daran angehängten CH3-Gruppen (Methyl). Füllstoffe steht ein gleichmässig runder Aktivteil. Ein Zylinderstift im
und spezielle Additive bewirken die für Anwendungen in der Zentrum der unteren Elektrode wird mit einem definierten
Hochspannungstechnik erforderliche Lichtbogen- und Drehm oment angezogen und in der Endstellung gesichert.
Kriechstromfestigkeit. Neben der sehr hohen Elastizität und Dadurch hat jeder Ableiter einer Typenreihe den gleichen
Reissfestigkeit, der hohen Temperaturbeständigkeit, der Kontaktdruck. Bei einigen Bauformen geringer Bauh öhe wird
Schwerbrennbarkeit (Silikon ist ein selbstlöschendes Mate- der Kontaktdruck durch Federelemente erreicht. Der Aktivteil
rial) und der hohen elektrischen Durchschlagsfestigkeit ist wird nach Einlegen in eine Form vollständig mit Silikon
die bemerkenswerteste Eigenschaft die Hydrophobie: umgossen. Dadurch entsteht ein komplett dichter Überspan-
Wasser perlt von Silikon-Oberflächen einfach ab. Diese nungsableiter ohne Luftspalte oder Hohlräume im Innern.
Eigenschaft überträgt sich auch auf Fremdschichtbeläge, Bild 5 zeigt einen nach dieser Technik aufgebauten Ableiter
womit Silikonisolatoren selbst in stark verschmutztem vom Typ POLIM-D vor und nach dem Vergiessen mit Silikon.
Z ustand wasserabweisend sind und somit den damit isolier- Die sehr flexible Bauweise gestattet es, im Baukasten
ten Geräten besonders gute Betriebseigenschaften unter verfahren die Form der Ableiter allen gewünschten Anforde-
Fremdschichtbedingungen verleihen. rungen anzupassen.
Unter länger einwirkender Feuchtigkeit oder elektrischen
Oberflächenentladungen kann sich die Hydrophobie vermin-
dern, kehrt aber nach kurzer Zeit (wenige Stunden bis Tage)
wieder auf ihr ursprüngliches Mass zurück. Dieser Mechanis-
mus wirkt nach heutigen Erkenntnissen zeitlich unbegrenzt.
Tabelle 2: Elektrische Hauptd aten der ABB-Überspannungsableiter für den Einsatz in Mittelspannungsnetzen
Die Funktionsweise eines Überspannungsableiters, dessen Die Widerstandssäule des Überspannungsableiters verhält
Aktivteil nur aus einer Serieschaltung von MO-Widerständen sich bei anliegender Dauerbetriebsspannung Uc nahezu rein
besteht, ist sehr einfach. Bei einer Spannungserhöhung an kapazitiv. Die Streukapazitäten der einzelnen Widerstände
den Ableiteranschlüssen steigt der Strom entsprechend der gegen Erde bewirken daher, dass die Spannungsverteilung
dargestellten Kennlinie, Bild 8, kontinuierlich und verzöge- längs der Ableiterachse bei Uc nicht gleichmässig ist. Diese
rungsfrei an, das heisst, es gibt kein eigentliches Anspre- Ungleichmässigkeit nimmt mit der Länge der Widerstands-
chen, sondern der Ableiter geht kontinuierlich in den leiten- säule zu und kann gemäss [4] näherungsweise berechnet
den Zustand über. Nach dem Abklingen der Überspannung werden. Deshalb benötigen Hochspannungsableiter Steuer-
wird der Strom entsprechend der Kennlinie wieder kleiner. elemente, zum Beispiel Steuerringe, welche den ungünstigen
Einen Folgestrom, wie bei Funkenstrecken und Funkenstre- Einfluss der Streukapazitäten weitgehend kompensieren. Die
ckenableitern bekannt, gibt es nicht. Es fliesst nur der so Widerstandssäule bei Mittelspannungsableitern ist hingegen
genannte, nahezu rein kapazitive Leckstrom i c von ungefähr so kurz, dass hier die Versteuerung der Spannung zu ver-
1 mA. nachlässigen ist. Mittelspannungsableiter benötigen daher
keine Steuerringe. Im Folgenden sind typische Strom- und
Spannungsverläufe in verschiedenen Bereichen der Kennlinie
gezeigt und ihre technische Bedeutung kurz erläutert.
1,5 Linie
4/10 µs
U/U pl
1/9 µs
8/20 µs
1,0
30/60 µs
U ref AC
DC
Ur
0,5
Uc
i ref I sw In
0
10 −4 10 −3 10 −2 10 −1 10 0 10 1 10 2 10 3 10 4 10 5
I A
MWK/MWD
MO-Ableiter POLIM-D POLIM-K POLIM-I POLIM-S POLIM-H POLIM-X*
POLIM-C
Durchmesser MO-Widerstand in mm 38 42 47 62 75 108
i ref in mA sw 1,4 1,6 2,2 3,6 5,0 10,0
* Der POLIM-X wird als Typ POLIM-X..ND zurzeit nur in Gleichstrombahnnetzen eingesetzt.
Linie
Ur
Uc
i, u
i, u
ic i
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50
t ms t ms
U ref
15 10
i, u
12 8
9 6
i ref
6 4
3 2
0 0
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 0 10 20 30 40
t ms t µs
20 100
12 480
16 80
9 360
12 60
6 240
8 40
3 120
4 20
0 0 0 0
0 5 10 15 20 0 50 100 150 200
t µs t µs
15 10 12 600
10 500
12 8
8 400
9 6
6 300
6 4
4 200
3 2 2 100
0 0 0 0
0 5 10 15 20 0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0 4,5
t µs t ms
In LD Us L ZL T
kA kV km Ω ms
10 1 ≤ 245 300 450 2,0
10 2 ≤ 300 300 400 2,0
10 3 ≤ 420 360 350 2,4
20 4 ≤ 525 420 325 2,8
20 5 ≤ 765 480 300 3,2
Linie
Bild 17: Verlustleistung P der MO-Widerstände und der Wärmefluss Q
vom Aktivteil des Ableiters an die äussere Umgebung in Funktion der
Linie
Temperatur T der MO-Widerstände bei Dauerspannung Uc.
.
P, Q thermisches Kippen Linie
kritischer
Punkt
.
Q
T Q P
stabiler
Arbeitspunkt
T °C
1,1 Li
1,0
P
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
0 200 400 600 800 1000
t h
Linie
T
1,40
1,35
1,30
a
1,25
1,20
b
1,15
1,10
1,05
1,00
1 10 100 1000 10 000
t s
Die Ableiter von ABB sind auch in Gegenden mit starker Erd- Bis zu einer Einsatzhöhe von 1800 m über Meer können die
bebentätigkeit betriebssicher. Teilweise können sie Stützer- ABB-Ableiter ohne Gehäuseanpassung verwendet werden. In
funktion oder als Leitungsableiter auch die Funktion von höheren Lagen kann die Dichte der Luft so weit abgesunken
Hängeisolatoren übernehmen. Bei diesen Anwendungsfällen sein, dass die Haltespannung der Ableitergehäuse nicht
ist mit dem Hersteller Rücksprache zu nehmen. Die in mehr ausreicht. Für diesen Fall muss der unveränderte Aktiv-
Tabelle 3 angegebenen Werte dürfen dabei nicht überschrit- teil der Ableiter in einem verlängerten Gehäuse mit entspre-
ten werden. Ableiter, die auf rollendem Material eingesetzt chend grösserer Schlagweite untergebracht werden.
werden sollen, sind mit einer verstärkten Grundplatte erhält- Als Richtwert kann man annehmen, dass bei einer Einsatz-
lich und einer Vibrations- und Schockprüfung unterzogen höhe über 1800 m über Meer die Schlagweite des Ableiter-
worden. gehäuses um 12 % je 1000 m Höhe vergrössert werden
muss. Auf einer Höhe von beispielsweise 3300 m über Meer
muss die Schlagweite der Gehäuse 18 % grösser sein als bei
Standardausführungen.
4.4 Erhöhte Umgebungstemperatur Es ist hierbei zu beachten, dass besonders bei Ableitern für
die unteren Spannungsebenen die Schlagweiten von vorn
Die Garantiewerte der ABB-Ableiter (Wechsel- und Gleich- herein relativ gross sind, sodass sie die Mindestanforderungen
spannung) gelten für Umgebungstemperaturen bis zu 40 °C an die Haltespannung in der Regel übertreffen. Es sollte also
und einer maximalen Sonneneinstrahlung von 1,1 kW/m 2 von Fall zu Fall nachgerechnet werden, ob die Standard
für Freilufta bleiter. Befinden sich in der Nähe der Ableiter gehäuse nicht schon gen ügend Schlagweite haben für den
Wärmequellen, so muss gegebenenfalls der höheren Um- Einsatz in grösseren Höhen.
gebungstemperatur durch die Erhöhung von Uc R echnung
getragen werden. Bei Umgebungstemperaturen > 40 °C
muss pro 5 °C Temperaturerhöhung die Dauerspannung Uc
um 2 % erhöht werden. Diese Korrektur ist zulässig bis maxi-
mal 80 °C Umgebungstemperatur.
Als Standard-Abnahmeprüfungen werden durchgeführt: Im Rahmen der Entwicklung der Ableiter wurden in Zusam-
• Messung der Referenzspannung am Ableiter menarbeit mit Anwendern und wissenschaftlichen Instituten
• Messung der Restspannung am Ableiter oder an der weitere Prüfungen durchgeführt, um das Verhalten von
A bleitereinheit M O-Ableitern mit Silikongehäuse auch unter extremen Bedin-
• Prüfung der inneren Teilentladungen gungen zu untersuchen [2].
Abnahmeprüfungen sind bei der Bestellung zu vereinbaren.
Die Prüfungen werden durchgeführt an einer Anzahl der Temperaturzyklen
zu liefernden Ableiter, die sich aus der dritten Wurzel der zu Die Konstruktion und auch die verwendeten Materialien der
liefernden Ableiter, ganzzahlig nach unten abgerundet, MO-Ableiter der ABB Schweiz AG vertragen Temperaturen
ergibt. bis zu −60 °C und extreme Temperaturwechsel zwischen
Der Nachweis der thermischen Stabilität eines Ableiters im −40 °C und +40 °C ohne Veränderung der mechanischen und
Rahmen einer Abnahmeprüfung erfordert zusätzliche Ver elektrischen Eigenschaften. Zyklische Vereisungen haben
einbarungen zwischen Hersteller und Anwender und ist bei gezeigt, dass die Konstruktion der Ableiter und insbesondere
der Bestellung ausdrücklich anzugeben. Dies, weil der Nach- die Oberfläche des Silikons nicht durch die Eisbildung beein-
weis der thermischen Stabilität bedeutet, dass ein Teil der trächtigt werden.
Arbeitsprüfung durchgeführt werden muss. Das ist auf
wändig und kann nur in entsprechend ausgerüsteten Labo- Feuchtigkeitsprüfungen
ren durchgeführt werden, die rechtzeitig reserviert werden Langzeitversuche mit Prüfdauern von bis zu über zwei Jah-
müssen. ren, in denen die Ableiter einer relativen Luftfeuchte von über
90 % und regelmässiger Beregnung ausgesetzt waren,
zeigen, dass das elektrische Verhalten direkt mit Silikon
vergossener Ableiter nicht durch eindringende Feuchtigkeit
beeinflusst wird.
Brandverhalten
Silikon ist ein selbstlöschendes Material. Wird es durch eine
Flamme oder einen Lichtbogen e ntzündet, verlöscht das
brennende Silikon ungefähr eine Minute nach Entfernen oder
Abschalten der Brandursache von selbst. Zurück bleibt an
der Brandstelle ungiftiges, verbranntes Silikon, was nichts
anderes ist als feiner Quarzsand. Rauchgasanalysen haben
gezeigt, dass beim Brennen keine toxischen Stoffe entstehen.
Die Art der Sternpunktbehandlung hat wesentlichen Einfluss Ein Netz gilt als wirksam geerdet, wenn der Erdfehlerfaktor k
auf die Grösse der bei Fehlern mit Erdberührung auftreten- an keiner Stelle des Netzes den Wert 1,4 überschreitet. Dies
den Ströme, auf b etriebsfrequente Spannungserhöhungen ist in Netzen der Fall, die als starr oder direkt geerdet
und transiente Überspannungen. Einpolige Fehler (Erd- bezeichnet werden. Ist der Erdfehlerfaktor an einer beliebi-
schlüsse, Erdkurzschlüsse) sind die häuf igsten Fehler in Mit- gen Stelle des Netzes grösser als 1,4, gilt das Netz als nicht
tel- und Hochspannungsn etzen. wirksam geerdet. In solchen Netzen ist der Sternpunkt iso-
Kleine Ströme an der Fehlerstelle sind in der Regel mit hohen liert (auch als offen bezeichnet) oder kompensiert. Im Folgen-
und lange anstehenden temporären Überspannungen der den sind die unterschiedlichen Sternpunktbehandlungen kurz
nicht fehlerbehafteten Leiter verbunden. Dies ist der Fall bei erläutert und die für die Auswahl der MO-Ableiter wichtigen
Netzen mit isoliertem Sternpunkt oder Erdschlusskompen Grössen angegeben.
sation. In Netzen mit niederohmiger Sternpunkterdung wird
der einpolige Erdschluss vom Netzschutz erfasst und schnell
ausgeschaltet. Siehe auch [12].
Linie
Bild 20: Prinzipdarstellung eines Mittelspannungstransf ormators in Sternschaltung mit offenem Sternpunkt (Mp). Angegeben sind
die Spann ungen und Ströme bei symmetrischer Belastung, d. h. im ungestörten Betriebsfall. Die Spannungen U LE sind alle gleich gross.
Linie
Die Spannung des Sternpunkts U Mp-E gegen Erde ist null. Zur Veranschaulichung ist rechts das Spannungsdreieck angegeben.
Trafo i L1 Linie
L2
L1
Mp U LL = U s U LE
L2
L3
U LL
U Mp-E = 0 U LE
L3
Dies sind in der Regel Netze mit geringer Ausdehnung oder Dies sind meistens Freileitungsnetze mit Netzspannungen
Eigenbedarfsanlagen von Kraftwerken. Im Fehlerfall fliesst von 10 kV bis 110 kV. In diesen Netzen werden ein oder meh-
ein kapazitiver Erdschlussstrom I Ce von ungefähr 5 A bis 30 A. rere Transformatorsternpunkte über Erdschlusslöschspulen
Der Erdfehlerfaktor ist (Petersenspulen) sehr hochohmig geerdet. Im Fehlerfall
fliesst ein Erdschlussreststrom I Rest von ungefähr 5 A bis zu
k ≈ √3 60 A.
Der Erdfehlerfaktor beträgt
Bei intermittierenden Erdschlüssen kann der Erdfehlerfaktor
bis zu k = 1,9 betragen. Die Fehlerdauer liegt zwischen eini- k ≈ (1,0 … 1,1) × √3
gen Minuten und einigen Stunden.
Bei ungünstigen Bedingungen, zum Beispiel intermittieren-
den Erdschlüssen, kann ein Wert von 1,9 erreicht werden.
Wie im Netz mit isoliertem Sternpunkt ist auch hier von
Fehlerdauern von einigen Minuten bis zu mehreren Stunden
auszugehen.
Trafo i L1 L2 Lin
L1
Mp
L2
U L1-E U L2-E
L3
Ck U Mp-E
U LL= U s
U Mp-E = U LE I Ce U=0 U = U s = √3 × U LE I Ce
I Ce ≤ 30A L3
RE
k = (0,8 … 1,0) × √3
Bild 22: Hier ist ein Netz mit Erdschlusskompensation dargestellt. Der Sternpunkt Mp des Transformators ist über eine Erdschluss-
Linie
löschspule L (Petersenspule) hochohmig geerdet. Tritt ein einpoliger Erdfehler auf, ergeben sich die Spannungsverhältnisse wie in Bild 21.
Der Fehlerstrom kann über die Induktivität L ins Netz zurückfliessen. Der Erds chlussreststrom I Rest ergibt sich aus den entgegengesetzt
Linie
gerichteten Strömen I C und I L .
Trafo i L1 L2 Linie
L1
Mp
L2
U L1-E U L2-E
L3
Ck U Mp-E
L U LL= U s
IL I Rest U=0 U = Us IC
L3
RE RE
I Rest = I c − I L ≤ 60A
Bild 23: Der Sternpunkt des Transformators ist über einen ohmschen Erdungswiderstand niederohmig geerdet. Der E
rdkurzschlussstrom I k
Lin
kann im Fall eines Erdschlusses direkt über den ohmschen Widerstand ins Netz fliessen.
Trafo i Lin
L1
L1 L2
Mp
L2
L3
U L1-E U L2-E
R U Mp-E
U=0 U=
Ik
√3 × U LE U LL = U s
RE
I k = 500… 2000A L3
Bild 24: Eine weitere Möglichkeit der niederohmigen Sternpunkterdung ist die Erdung des Sternpunkts über eine Erdungsdrossel.
Lin
Auch in d iesem Fall fliesst der Erdkurzschlussstrom I k durch die F ehlerstelle über die Erdungsdrossel direkt ins Netz zurück, ähnlich wie im
Fall gezeigt in Bild 23. Erdungsdrosseln k
önnen m
aximal 3 s belastet werden, daher muss bei niedero hmiger induktiver Erdung das Netz
Lin
s pätestens nach 3 s abg eschaltet werden.
Trafo i Lin
L1
L1 L2 Lin
Mp
L2
Lin
L3
U L1-E U L2-E
L U Mp-E Lin
U=0 U=
Ik
√3 × U LE U LL = U s
RE
I k = 500… 2000A L3
Bild 25: Ist der Sternpunkt des Transformators direkt (oder starr) geerdet, fliesst bei Auftreten eines Kurzschlusses sofort ein sehr hoher
Kurzschlussstrom, und der Fehler wird sofort (t ≤ 0,5 s) wegg eschaltet.
Trafo i
L1
Mp L1 L2
L2
L3
U L1-E U L2-E
U=0 U= U Mp-E
IK IK
√3 × U LE U LL = U s
RE
I k ≤ 20 kA
L3
U TOV
Uc ≥
T(t)
Uc ≥ Us
Linie
Bild 26: Überspannungsschutz zwischen den Leitern und z wischen Leiter und Erde. T ist der zu schützende Transformator. Linie
a) 6-Ableiter-Schaltung mit U c ≥ U s für alle Ableiter. b) Neptunschaltung. A1, A2, A3 und A4 sind 4 gleiche Ableiter Linie
mit je U c ≥ 0,667 × U s.
Uc ≥
− Us
L1 T L1 T
L2 L2
L3 L3
Uc ≥
− Us A1 A2 A3
A4 Uc ≥
− 0,667 × U s
7.1.6.2 Neptunschaltung
Eine Abwandlung der 6-Ableiter-Schaltung ist eine Schal-
tung, die wegen der Anordnung der Ableiter «Neptunschal-
tung» genannt wird. Sie besteht aus vier gleichen Ableitern.
Zwischen Leiter und Erde sowie zwischen den Leitern
sind jeweils zwei Ableiter in Reihe geschaltet, wie in Bild 26
gezeigt. Diese Anordnung liefert daher einen Überspannungs
schutz sowohl zwischen den Leitern wie auch zwischen
L eiter und Erde. Sie hat aber einen wesentlichen Nachteil
gegenüber der 6-Ableiter-Schaltung: Bei einem Erdschluss
zum Beispiel der Leitung 1 sind die Ableiter A1 und A4 paral-
lel geschaltet. Da sich die Ableiter bei Dauerspannung kapa-
zitiv verhalten, bilden alle 4 Ableiter ein unsymmetrisches
kapazitives System. Dies hat zur Folge, dass die Spannung
an den Ableitern A2 und A3 den Wert 0,667 × Us erreicht. Alle
4 Ableiter sind daher für
Uc ≥ 0,667 × Us
auszulegen.
Ein Betriebsmittel ist umso besser gegen Blitzüberspannun- Tabelle 7 gibt eine Übersicht über typische Werte.
gen geschützt, je mehr seine Bemessungs-Blitzstossspan- Es ist zu beachten, dass die in Datenblättern angegebenen
nung (Lightning Impulse Withstand Voltage = LIWV) oberhalb Restspannungen Ures für die Anschlüsse des Ableiters gelten
der Restspannung des Ableiters bei Nenn-Ableitstossstrom I n und damit nur für den Ort, an dem der Ableiter eingebaut ist.
liegt. Aufgrund von Reflektionen der Überspannungen an den
Enden der Leitung ist die Spannung an den zu schützenden
Anmerkung: Der oft benutzte Begriff BIL für «basic lightning Geräten immer höher als die Spannung direkt an den
impulse insulation level» ist ausschliesslich in US-ameri- Ableitera nschlüssen.
kan ischen Standards (IEEE/ANSI Standards) d efiniert. Er ist Ab einer gewissen Entfernung zwischen Ableiter und zu
gleichzusetzen mit der Bemessungs-Blitzstossspannung schützendem Gerät ist der Überspannungsschutz also nicht
LIWV gemäss der IEC-Definition. mehr gegeben. Unter der Schutzdistanz L wird der maximale
Abstand zwischen Ableiter und dem Betriebsmittel ver
Moderne MO-Ableiter mit einer Restspannung von standen, bei dem dieses noch ausreichend geschützt wird.
Ures ≤ 3,33 × Uc (VDE-Empfehlung) bei I n halten einen Wert
von Upl ≤ 4 p. u. ein, selbst bei hochohmig geerdeten oder
isolierten Sternpunkten. Upl ist der Blitzstoss-Schutzpegel
des Ableiters [1].
Tabelle 7: Typische Werte der Bemessungs-Blitzstossspannung LIWV gemäss IEC [1] und Blitzstossschutzpegel U pl = 4 p. u.
Linie
Bild 27 a) und b): Wanderwellenvorgänge auf einer Freileitung F mit dem Wellenwiderstand ZL = 450 Ω. Am Ende der Leitung ist ein Trans-
Linie
formator angeschlossen. Vor dem Transformator befindet sich ein MO-Ableiter.
i i ZT => ∞
U res = 72 kV U res = 72 kV
a) Eine Überspannung U v mit der Steilheit S läuft mit der Geschwindig- b) Trifft die Wanderwelle U1v am Ort XT auf einen Transformator mit
keit v = 300 m/μs über die Leitung. ZT = ∞, wird sie dort positiv reflektiert. Am Ort XT baut sich eine
An der Stelle X A ist ein Ableiter installiert mit U res = 72 kV. Erreicht die Spannung U T mit doppelter Steilheit S auf, die zu dem dargestellten
vorlaufende Spannung den Wert von U v = 72 kV, begrenzt der MO-Ableiter Zeitpunkt ungefähr 72 kV erreicht hat. Die am Transformator reflektierte
und hält die Spannung auf diesem Wert konstant. Durch den Ableiter Spannung U1r läuft in Richtung Ableiter zurück.
fliesst der Blitzstrom i, d. h. der Ableiter stellt jetzt näherungsweise einen Der Ableiter am Ort X A ist nach wie vor leitend und stellt näherungsweise
Kurzschluss dar. Dadurch wird an der Stelle X A die weiter einlaufende einen Kurzschluss dar, an dem alle einlaufenden Spannungen negativ
Spannung negativ reflektiert (U r). Die Spannung U1v läuft mit gleicher reflektiert werden.
Steilheit S weiter über die Leitung in Richtung Leitungsende.
Lin
Bild 27 c) und d): Wanderwellenvorgänge auf einer Freileitung F mit dem Wellenwiderstand ZL = 450 Ω. Am Ende der Leitung ist ein Trans-
Lin
formator angeschlossen. Vor dem Transformator befindet sich ein MO-Ableiter.
i ZT => ∞ i ZT => ∞
U res = 72 kV U res = 72 kV
c) Die Spannung U1r hat den Ableiter erreicht und wird dort negativ d) Die Spannung U 2v ist wieder am Ort XT (Transformator) eingetroffen.
reflektiert (U 2v), um wieder in Richtung Transformator zu laufen. Am Ort Am Transformator hat sich mittlerweile die maximal mögliche Spannung
X A (Ableiter) wird die Spannung nach wie vor auf U res = 72 kV gehalten, von U T = 2 × U res = 144 kV aufgebaut. Die Spannung U 2v würde als
am Ort XT (Transformator) hat sich die Spannung weiter aufgebaut. Die Nächstes wieder positiv reflektiert in Richtung Ableiter zurücklaufen, wobei
Spannung U r ist weiter entgegen der x-Richtung gelaufen und baut die die Spannung U T entsprechend abgebaut werden würde. Dies bedeutet,
einlaufende Spannung U v ab. dass der Ableiter erst nach zwei Laufzeiten zwischen Transformator und
Ableiter die am Transformator auftretende Spannung U T begrenzt.
Am Ort X A (Ableiter) ist die Spannung U res = 72 kV konstant gehalten
worden.
2 × S × (a + b)
U E = Ures +
v
v = 300 m/µs
UT Linie
U v S
U1 a UE
LIWV E
U2 b
U res A U res
F X A1 Z L = 450 Ω X A2 XT
U: einlaufende Überspannungswelle
v: Geschwindigkeit der Wanderwelle
ZT => ∞
S: Frontsteilheit der Überspannung
A: Ableiter
U res: Restspannung des Ableiters
a, b: Länge der Verbindungsleitungen
E: Ende der Leitung. Angeschlossen ist zum Beispiel
ein Transformator oder ein offener Schalter.
U E: Spannung am Ende der Leitung
LIWV 2×S×L
≥ U E = Ures +
Ks v
8.3 Zu erwartende Steilheiten S
L=a+b von Blitzü berspannungen in MS-Schaltanlagen
Die gesuchte Gleichung für die Schutzdistanz erhält man Damit wie oben beschrieben die Schutzdistanz ermittelt wer-
damit zu den kann, muss die Steilheit S der einlaufenden Überspan-
nungswelle bekannt sein.
v LIWV
L≤ ×( − Ures ) Die Häufigkeit von Blitzeinschlägen und die damit verbunde-
2×S Ks
nen Überspannungen können nur aus Statistiken abgeleitet
Es sei darauf hingewiesen, dass die angegebene Näherungs- werden. Somit sind keine allgemeingültigen Angaben für die
formel für L streng genommen nur für b = 0 gilt, für die Praxis Steilheit der auftretenden Überspannung möglich. Der Erwar-
aber ausreichend genaue Werte liefert. tungswert einer Steilheit ist damit immer gekoppelt mit der
Wahrscheinlichkeit des Eintreffens.
Bild 30 zeigt einen Blitzeinschlag in ein Leiterseil. Die Zeit-
funktion des Blitzstroms ist mit i(t) bezeichnet. Im Leiterseil
fliessen vom Einschlago rt aus nach beiden Seiten die Blitz-
ströme i(t)/2. Ist Z der Wellenwiderstand des Leiters gegen
Erde, so erzeugen diese Ströme zwischen Leiterseil und Erde Lin
i (t)
U (t) = Z
2
i (t) t
i/2 i/2 U (t)
Z
F
F: Freileitung
Z: Wellenwiderstand der Freileitung
t: Zeit
i(t): Totaler Blitzstrom in Funktion der Zeit
di/dt: Maximale Steilheit des Blitzstromes
u(t): Blitzüberspannung in Funktion der Zeit
S: Maximale Steilheit der Blitzüberspannung
Die Konstante K ist von der Geometrie der Freileitung ab- Dabei wird davon ausgegangen, dass Freileit ungen mit Holz-
hängig und wurde für Mittelspannungsfreileitungen zu masten eine Überschlagsspannung von 3000 kV haben und
K = 5 × 10 −6 µs/kVm abgeschätzt [9]. Freileitungen mit geerdeten Traversen eine Überschlags
Ist der Einschlagort 135 m von der Anlage entfernt, verursacht spannung von 660 kV. Diese Werte gelten für Freileitungs
ein Blitz dort eine unendlich grosse Spannungssteilheit S 0. isolatoren in einem 24-kV-Mittelspannungsnetz bei Bean-
Nach obiger Formel wird aufgrund der Koronadämpfung eine spruchung mit steilen Spannungsimpulsen. Die kleineren
Steilheit in der Schaltanlage von S < 1500 kV/µs auftreten. Werte für S bei Leitungen mit geerdeten Traversen sind eine
Diese zwei willkürlich ausgewählten Beispiele geben die Folge der geringeren Überschlagsspannungen – und damit
Grössenordnung der Spannungssteilheiten an und sollen geringeren Steilheiten – der Isolatoren gegenü ber der Über-
zeigen, dass grosse Spannungssteilheiten seltener auftreten schlagsspannung entlang der Holzmasten.
als kleine.
Wesentliche Bedeutung kommt ferner dem Umstand zu, dass
der Anstieg der Blitzströme konkav verläuft [10]. Deshalb tritt
die höchste Steilheit der Überspannung, wie in Bild 30
a ngedeutet, erst im Bereich des Spannungsmaximums auf.
Bei Spannungswellen von Blitzen mit hohem Stromscheitel-
wert tritt vor Erreichen des Scheitelwerts ein Überschlag von
Leiter gegen Erde auf. Dadurch wird der obere Teil der
S pannungswelle abgeschnitten, sodass die maximale Steil-
heit nicht erreicht wird.
Scheitelwert: 30 kA Dies gilt für Netze mit Systemspannungen Us = 3,6 kV bis
Anstiegszeit: 5,5 µs Us = 36 kV und der Annahme, dass die Transformatoren einen
Rückenhalbwertzeit: 75 µs isolierten Sternpunkt haben oder mit Erdschlusskompensa-
tion betrieben werden, also die Dauerspannung Uc des Ablei-
Extreme Blitze erreichen Scheitelwerte bis zu 250 kA mit ters gemäss Kapitel 7.1.1 gewählt wird.
einer Rückenhalbwertzeit von bis zu 2000 µs. In Netzen, in denen der Transformatorsternpunkt direkt ge-
In der Normung und für Prüf- und Koordinat ionszwecke wird erdet ist und die Dauerspannung Uc gemäss Kapitel 7.1.3
für Überspannungsableiter oft ein Scheitelwert von 20 kA bei gewählt werden kann, ergeben sich mit den gleichen Annah-
einer Wahrscheinlichkeit von 80 % zugrunde gelegt. men Schutzdistanzen wie in Tabelle 8 angegeben.
Die bei einem direkten Blitzeinschlag auf das Leiterseil auf- Durch Ausnutzung der TOV-Kurve kann Uc deutlich reduziert
gebrachte Ladung fliesst in Form zweier gleich hoher Strom- werden. Die entsprechend tiefere Restspannung der Ableiter
wellen in beide Richtungen ausgehend vom Einschlagpunkt ergibt einen grösseren Schutzbereich. Ganz allgemein gilt,
ab. Über den Wellenwiderstand der Oberleitung sind mit den dass ein Ableiter mit einer tieferen Restspannung auch einen
Stromwellen Spannungswellen verknüpft. grösseren Schutzbereich hat.
U s L in m, L in m,
in kV Holzmast geerdete Traverse
3,6 2,3 4,4
7,2 3,3 6,3
12 3,5 6,7
17,5 3,8 7,3
24 5,0 9,6
36 6,3 12,2
Linien
Linie
Bild 31: Bewertung verschiedener Anschlussmöglichkeiten eines MO-Ableiters an einen Transformator
Freileitung Linie
b b a a
a b
T T T
C C C
1 2 3
1: Schlecht. Ableiter und Transformator haben 2: Gut. Ableiter und Transformator sind am 3: Sehr gut. Der Ableiter ist direkt am Trans-
nicht den gleichen Erdungspunkt. Die ein- gleichen Punkt geerdet. Die Verbindungen a formatorkessel geerdet. Die Verbindung b ist
laufende Überspannung trifft zuerst auf die und b sind etwa gleich lang. nahezu null. Damit trifft die einlaufende
Transformatordurchführung. Die Verbindung b Überspannung zuerst auf den Ableiter, der
ist zu lang. ohne Verzögerung die Überspannung begrenzt.
Aufgrund des begrenzten Schutzbereichs von Ableitern und ersten Blick fällt auf, dass LK im 3,6-kV-Netz unbegrenzt ist.
der räumlichen Abstände zwischen den Betriebsmitteln in Der Grund liegt in dem relativ hohen LIWV in dieser Netz
den Schaltanlagen ist es mitunter nicht ausreichend, nur ebene. Selbst die am Kabelende reflektierte Überspannung
einen Ableiter in der Schaltanlage zu installieren. Sind die liegt unter dem LIWV, sodass die Isolation nicht gefährdet ist.
Betriebsmittel zu weit auseinander angeordnet, muss über- Dies gilt allerdings nicht für die Betriebsmittel innerhalb der
legt werden, wo ein zweiter Ableiter eingebaut werden soll. Schaltanlage. Diese können durch zusätzliche Spannungs
Im Folgenden werden einige typische Fälle behandelt. reflektionen gefährdet werden, sodass gegebenenfalls Ablei-
ter vorzusehen sind.
Kabel im Zuge einer Freileitung sind naturgemäss von beiden
Seiten her blitzgefährdet. Bei nur einseitig geschützten
9.1 Überspannungsschutz bei Kabelstrecken Kabeln ist daher zu berücksichtigen, dass die Überspannung
auch von der ungeschützten Seite her einlaufen kann. In die-
Der wesentliche Unterschied in den elektrischen Daten von sem Fall wird die Schutzwirkung des Ableiters auf der ande-
Freileitung und Kabel ist der Wellenwiderstand der Leiter ren Kabelseite stark herabgesetzt. Die zulässige Länge von
gegen Erde. Er liegt bei Freileitungen in Mittelspannungs- Kabeln im Zuge einer Freileitung, bei denen ein einseitiger
Verteilnetzen etwa bei 300 Ω bis 450 Ω und bei Kabeln im Ableiterschutz ausreicht, ist daher kleiner. Sie ist besonders
Bereich von 30 Ω bis 60 Ω. Dieser Unterschied bewirkt vor- kurz bei Kabeln im Zuge von Holzmastleitungen, wie aus
erst eine starke Verkleinerung der Blitzüberspannung, sobald Tabelle 9 ersichtlich ist. Die angegebenen Werte gelten für
die Wanderwelle das Kabel erreicht hat. Die reduzierte Span- Kabelstrecken mit konstantem Wellenwiderstand. Andernfalls
nungswelle läuft durch das Kabel und wird am Ende wieder bewirken Spannungsreflektionen eine Verkürzung von LK .
positiv reflektiert, sodass sich die Spannung dort erhöht. Dies ist beispielsweise der Fall bei Kabelverzweigungen oder
Anschliessend kehrt die Welle an den Kabelanfang zurück wenn ein doppelt geführtes Kabel mit einem einfachen Kabel
und wird dort wiederum reflektiert usw. Auf diese Weise wird verbunden ist.
die Überspannung im Kabel stufenweise wieder aufgebaut.
Die Steilheit der Überspannung im Kabel ist zwar geringer,
aber der Maximalwert liegt in der Nähe der Blitzüberspan-
nung auf der Freileitung.
Durchschläge in der Kabelisolation führen zu schwerwiegen-
den Störungen und teuren und aufwändigen Reparatur
arbeiten. Überschläge längs des Kabelendverschlusses
können diesen beschädigen und damit die gleichen Folgen
zeigen wie ein Isolationsdurchschlag.
Weiterhin ist bekannt, dass wiederholte Überspannungs
belastungen das Alterungsverhalten der Kabelisolation nega-
tiv beeinflussen, das heisst die Lebensdauer der Kabel ver-
kürzen. Kabel sind daher wie Stationsmaterial zu behandeln
und mit Ableitern gegen Überspannungen zu schützen.
Auch hier sind die Ableiter unmittelbar neben den Kabelend-
verschlüssen aufzustellen. Die Anschlussleitungen sollen
möglichst kurz sein. Es ist darauf zu achten, dass der erd
seitige Anschluss des Ableiters direkt mit dem Kabelmantel
verbunden ist. Längere Kabel benötigen an beiden Enden
einen Ableiterschutz. Bei kurzen Kabelstrecken kann ein ein-
seitiger Schutz ausreichend sein. Dies deshalb, weil aufgrund
des Schutzbereichs ein Ableiter auf einer Seite des Kabels
das andere Kabelende noch ausreichend schützen kann. Ein
Kabel, das eine Freileitung mit der Schaltanlage verbindet, ist
oft nur auf der Freileitungsseite blitzgefährdet.
Der Ableiter muss daher beim Übergang von der Freileitung
zum Kabel angebracht werden. Auf der anderen Seite des
Kabels ist kein Schutz nötig, sofern die in Tabelle 9 angege-
bene Länge LK des Kabels nicht überschritten wird. Auf den
Tabelle 9: Maximal zulässige Länge LK einer Kabelstrecke bei nur einseitigem Ableiterschutz. Das Kabel ist mit einer blitzgefährdeten
eitung v erbunden. Die Anschlusslänge vom Ableiter zum Kabel sollte maximal 1 m sein. Die Zahlenwerte gelten für einen Ableiter mit
L
U pl = 4 p. u. und I n = 10 kA.
LK LK
U U
Tabelle 10: Maximal zulässiger Abstand a zwischen Kabelende und Transformator nach Bild 33 mit b = 0. Das Kabel ist mit einer blitz
gefährdeten Leitung verbunden und beidseitig mit MO-Ableitern (mit Uc = U s) geschützt. Der Transformator hat keinen zusätzlichen Schutz.
MO-Ableiter mit U pl = 4 p. u. bei I n = 10 kA Freileitung mit Holzmasten Freileitung mit geerdeten Traversen
ZK 30 60 30 60
Ω
U s a a a a
kV m m m m
3,6 100 100 500 500
7,2 45 40 60 55
12 17 12 22 15
17,5 15 9 20 13
24 13 9 18 11
36 7 6 18 11
Lin
Lin
Bild 33: Transformator am Ende eines Kabels
Lin
U
UK UT
F
b a
A1 A2
F: blitzgefährdete Freileitung
U: einlaufende Blitzüberspannung
K: Kabel
A1, A2: MO-Ableiter
a, b: Länge der Verbindungsleitung
UK: maximale Spannung am Kabelende
U T: maximale Spannung am Transformator
Bild 34: Durchkopplung einer Blitzüberspannung durch einen Mittelspannungstransformator. Neben einer Durchkopplung aufgrund der
Kapazitäten im Transformator gibt es auch eine resistive Übertragung über das Erdungssystem eines Teils der Blitzüberspannung auf
Linien
die jeweils andere Seite des Transformators. Im darg estellten Beispiel tritt die von einem Teil des Blitzstroms am Erdungswiderstand R E
auft retende Spannung U auch zwischen den Leitern und dem Mittelpunktsleiter auf der Niederspannungsseite auf.
Linie
MS NS Linie
0,4 U res U
i U res
RE U
Hochfrequenzsperren sind Luftdrosseln, die im Zuge von Als Leitungsableiter werden Ableiter bezeichnet, die auf Mas-
Hochspannungsleitungen geschaltet sind. Ihre Induktivität L ten im Zuge einer Freileitung parallel zu den Isolatoren instal-
ist im Bereich von mH. Wenn keine Massnahmen getroffen liert sind. Der Grund für den Einsatz von Leitungsableitern
werden, müssen die Blitzströme im Leiterseil durch die ist, das Auftreten von Kurzunterbrechungen oder Abschal-
Sperre fliessen. Bereits relativ kleine Stromsteilheiten von tungen von Freileitungen aufgrund von Blitzüberspannungen
einigen kA /µs würden längs der Sperre Überspannungen von zu vermeiden oder deren Häufigkeit zu reduzieren. In der
mehreren 1000 kV erzeugen und zu einem Überschlag füh- Regel werden Leitungsableiter im Zusammenhang mit einem
ren. Um dies zu verhindern, werden parallel zur Sperre zusätzlich mitgeführten Erdseil installiert.
A bleiter geschaltet, die den Blitzstrom übernehmen und die Leitungsableiter werden eingesetzt in Gebieten mit starker
Überspannung auf ihre Restspannung U res begrenzen. Gewittertätigkeit und sehr schlechten Erdungsverhältnissen.
Bei einem Erdschluss oder Kurzschluss im Hochspannungs- Die Dauerspannung Uc für MO-Ableiter für den Einsatz als
netz fliesst der Kurzschlussstrom I K im Leiterseil. Dieser Leitungsableiter wird genauso bestimmt wie für MO-Ableiter
n etzfrequente Strom würde den Ableiter überlasten. Uc ist für den Stations- oder Transformatorschutz. Da Leitungs
daher so zu wählen, dass dieser Strom durch die Sperre ableiter hauptsächlich gegen die Auswirkungen von Blitzen
fliesst. Er induziert an der Sperre die für Uc massgebende schützen sollen, ist bei der Dimensionierung auf die in der
temporäre Überspannung: betroffenen Gegend vorkommenden Blitzstromparameter
abzustellen (Häufigkeit, Stromsteilheit Ladung, usw.). In der
U TOV × L × I K
Uc ≥ = Regel werden Leitungsableiter mit Abtrennvorrichtungen
T T
a usgerüstet, damit ein überlasteter Ableiter selbsttätig vom
I K : maximaler Kurzschlussstrom durch die Sperre Netz getrennt wird und keinen Erdschluss verursacht.
L: Induktivität der Sperre
Tabelle 11: Ableiter parallel zu einer Kondensatorbatterie. Maximal zulässige Blindleistung S K der Kondensatorb atterie für den
ngeg ebenen Ableitertyp. Es sind drei E
a ntladungen der Batterie ohne Abkühlpause für den Ableiter zulässig. W/U c: auf Uc bezogenes
E nergieaufnahmevermögen der Ableiter.
Linien
Linie
Bild 35: Mögliche Ausführungen von Leitungsableitern (Prinzipdarstellung)
Erdseil Linie
NGLA EGLA
Leiterseil
RE
Mast Mast
R E,M
R E,M
MO-Ableiter parallel zu einem Isolator in einer MO-Ableiter mit einer externen Funkenstrecke
Freileitung. Diese so genannten NGLA (non in Reihe parallel zu einem Isolator in einer
gapped line arrester) werden wahlweise mit Freileitung (EGLA = externally gapped line
oder ohne Abtrennvorrichtung installiert. arrester).
Prinzipiell treten auch in Gleichspannungsnetzen durch Blitz- Weit verbreitet sind Gleichspannungsnetze bei den Bahnen.
einwirkungen oder Schalthandlungen verursachte Überspan- Die Nennspannungen in den öffentlichen Gleichstrom-Bahn-
nungen auf, die Geräte und Isolationen gefährden können. netzen liegen zwischen Un = 750 V bis Un = 3000 V. Neben
Auch in diesem Fall ist ein Ableitereinsatz zum Schutz gegen den hohen elektrischen Anforderungen an MO-Ableiter für
Überspannungen notwendig. Es eignen sich dazu besonders Bahnnetze sind besonders auch die mechanischen und
funkenstreckenlose MO-Ableiter, da sie nach der Überspan- sicherheitsrelevanten Anforderungen zu beachten. Die
nungsbegrenzung keinen Folgestrom führen, abgesehen von ABB Schweiz AG ist seit 2007 entsprechend dem Internatio-
einem Leckstrom von wenigen μA, und somit nicht das nal Rail Industry Standard (IRIS) zertifiziert. Die MO-Ableiter
P roblem besteht, einen Gleichstrom-Lichtbogen löschen zu der ABB Schweiz AG erfüllen ausserdem alle Anforderungen
müssen. der VDV Schrift 525 [23].
Beim Einsatz von MO-Ableitern in Gleichspannungsnetzen ist Aufgrund der Wichtigkeit eines optimalen Überspannungs-
zu beachten, dass nur MO-Widerstände eingesetzt werden, schutzes und der besonderen Bed ingungen in Bahnnetzen
die bei Gleichspannungsbelastung langzeitstabil sind (siehe wurde eine separate Anwendungsrichtlinie für MO-Ableiter in
Kapitel 3.4.2 Langzeitstabilität). Alle Typenprüfungen, bei Bahnn etzen erstellt [24].
denen Dauerspannung angelegt wird, sollten selbstverständ- Weitere Gleichspannungsanwendungen finden sich in Um-
lich mit Gleichspannung durchgeführt werden. richtera nlagen, bei Antrieben und in der Photovoltaik. Bei
Typische Gleichspannungsbelastungen findet man in der Einsatz von MO-Ableitern in solchen Anlagen ist unbedingt
Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ). Hinweise mit dem Hersteller Kontakt aufzunehmen.
zur Auswahl und zum Einsatz sind in [22] zu finden. Zurzeit
gibt es keine IEC- oder CENELEC-Norm zur Prüfung von
MO-Ableitern für den Einsatz in HGÜ-Anlagen. Es ist daher
in jedem Fall mit dem Hersteller Kontakt aufzunehmen, wenn
MO-Ableiter in HGÜ-Anlagen eingebaut werden sollen.
1
Xc =
×C
Xc = kapazitiver Blindwiderstand
= 2 × π × f = Kreisfrequenz
C = Kapazität des MO-Ableiters
Frequenz f in Hz 60 50 16,7
Verlustleistung P v in W 1,32 1,2 0,6
Dauerstrom i c in mA, rms 0,44 0,36 0,12
Ableiter werden generell als Einzelgeräte angesehen. Das 12.1 Parallelschaltung zur Erhöhung der
heisst, sie erfüllen ihre Funktion mit den spezifizierten Daten E nergieaufnahmefähigkeit
am installierten Ort, unabhängig von anderen Geräten in der
näheren Umgebung. Darum können prinzipiell unterschied Ergeben sich bei einem Anwendungsfall Energien, die von
liche Ableiter nebeneinander in einer Leitung im Netz installiert einem einzelnen MO-Ableiter nicht beherrscht werden kön-
sein. Es muss dabei beachtet werden, dass aufgrund unter- nen, können zwei oder mehrere MO-Ableiter zur Erhöhung
schiedlicher Funktionsweisen – zum Beispiel SiC-Ableiter der Energieaufnahmefähigkeit parallel geschaltet werden.
und MO-Ableiter parallel oder MO-Ableiter mit unterschied Bedingung für eine gleichmässige Strom- und damit Energie-
lichen Spannungs-Strom-Charakteristiken parallel – einige aufteilung zwischen den Ableitern ist, dass die Ableiter
Ableiter ihre Funktion verlieren und andere dagegen über nahezu identische Spannungs-Strom-Charakteristiken
lastet werden können. Gezielte Parallelschaltungen von haben. Aufgrund der extremen Nichtlinearität der MO-Wider-
M O-Ableitern werden vorgenommen, wenn die Energie stände bringen geringe Unterschiede in der Restspannung
aufnahme erhöht werden soll, die Restspannung etwas tiefer im Schaltstossbereich grosse Unterschiede im Strom. Bei
sein soll oder wenn gezielt Energieaufnahme und Restspan- einem Nichtlinearitätsfaktor von ≈ 30 ergibt sich bei einem
nung unterschiedlich ausgelegt werden sollen. Spannungsunterschied (Restspannung im Schaltstoss
bereich) von 5 % eine Stromaufteilung von 1:4 zwischen den
Ableitern.
Es ist also zwingend nötig, eine Stromaufteilungsmessung
bei allen parallel zu schaltenden MO-Ableitern durchzuführen.
Ist eine Parallelschaltung mehrerer MO-Ableiter vorgesehen,
muss dies dem Hersteller bei Bestellung mitgeteilt werden.
Ferner ist darauf zu achten, dass die Ableiter räumlich dicht
nebeneinander aufgestellt und mit kurzen induktivitätsarmen
Verbindungen zusammengeschaltet werden. Andernfalls kön-
nen Abstandseffekte zu einer ungleichmässigen Stromvertei-
lung und damit zur Überlastung eines Ableiters führen.
Die Parallelschaltung von MO-Ableitern hat neben der Auf
teilung des Stroms auf mehrere Ableiter den zusätzlichen
positiven Effekt eines besseren, das heisst tieferen Schutz
niveaus. Dies, weil aufgrund der Stromaufteilung die
S tromdichte pro Ableiter geringer wird und damit eine tiefere
Restspannung auftritt. Installiert man zum Beispiel zwei
M O-Ableiter parallel, so tritt bei einem Gesamtstrom von
10 kA mit der Wellenform 8/20 µs eine Restspannung an der
Parallelschaltung auf, die einem Strom von 5 kA mit 8/20 µs
eines einzelnen Ableiters entspricht.
Es sei aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es immer
besser ist, einen MO-Ableiter mit einem grösseren Durch-
messer des MO-Widerstands einzusetzen, als mehrere MO-
Ableiter mit kleineren Durchmessern des MO-Widerstands
parallel zu schalten.
Bild 36: Anordnung zweier MO-Ableiter zum Schutz einer Station mit Kabeleinführung. Der MO-Ableiter auf dem Mast direkt am Kabel
endverschluss ist zum Beispiel ein MWK 20 mit einem U pl = 61,4 kV, der Ableiter in der Station zum Beispiel ein POLIM-D 20 mit U pl = 70 kV.
Linien
Durch diese Koordination von Restspannung und Energiea ufnahmef ähigkeit ist sichergestellt, dass der grösste Teil des Stroms ausserhalb
der Station gegen Erde abgeleitet wird. Bei ungünstigen Erdungsv erhältnissen oder in stark blitzgefährdeten Gegenden empfiehlt es sich,
Linie
ein Erdseil vor der Station über einige Spannlängen anzuordnen.
Erdseil Linie
Leiterseil
Kabelendverschluss
R E, M R E, M
R E, S
Isolationskoordination ist die Abstimmung zwischen der Ein Ableiter hat zwei wesentliche Aufgaben zu erfüllen:
dielektrischen Festigkeit von Betriebsmitteln unter Berück- • er muss auftretende Überspannungen auf ein für die
sichtigung der Umgebungsbedingungen und den in einem B etriebsmittel ungefährliches Mass begrenzen und
Netz möglichen Überspannungen. Da aus wirtschaftlichen • er muss im Netz einen sicheren und fehlerfreien Betrieb
Gründen die Betriebsmittel nicht gegen alle auftretenden gewährleisten.
Überspannungen isoliert werden können, werden Über Die Auswahl der Dauerspannung Uc ist in K apitel 7 aus
spannungsableiter eingesetzt, um Überspannungen auf ein führlich beschrieben, sodass im Folgenden nur die benötigte
für die Betriebsmittel ungefährliches Mass zu begrenzen. Energieaufnahmefähigkeit und die Schutzcharakteristik
Ein MO-Ableiter sorgt also dafür, dass die an einem Betriebs- für MO-Ableiter in Mittelspannungsnetzen kurz behandelt
mittel auftretende maximale Spannung immer unter dem werden.
garantierten Haltewert der Isolation des Betriebsmittels Die Dauerspannung Uc ist so zu wählen, dass in allen Fällen
bleibt. sichergestellt ist, dass der Ableiter alle netzfrequenten Span-
In [1] und [7] sind die Grundlagen und Methoden der Isola nungen unter Berücksichtigung temporärer Überspannungen
tionskoordination eingehend beschrieben, [5] gibt allgemeine ohne Risiko einer Überlastung aushält. Dies bedeutet, dass
Richtlinien für die Auswahl von Überspannungsableitern T × Uc immer höher sein muss als die maximal möglichen
zum Schutz verschiedener Betriebsmittel in allen Spannungs temporären Überspannungen U TOV im Netz.
ebenen.
Im Folgenden werden die grundlegenden Zusammenhänge Anmerkung: Eine Ausnahme davon sind Ferroresonanzen.
und wichtigsten Auswahlkriterien für MO-Ableiter in Mittel- Ferroresonanzen können so hoch werden und lange anstehen,
spannungsnetzen kurz dargestellt, siehe dazu auch Bild 37. dass sie bei der Dimensionierung der Dauerspannung nicht
berücksichtigt werden können, wenn der Ableiter seine
Schutzfunktion noch sinnvoll ausüben soll. Sollten Ferro
resonanzen auftreten, wird der MO-Ableiter in der Regel
überlastet. Zur Vermeidung von Ferroresonanzen ist der
Netzbetreiber gehalten, geeignete Massnahmen zu ergreifen.
Linien
Bild 37: Gegenüberstellung der möglichen auftretenden Spannungen im Netz, der Haltespannung der Betriebsmittel und der Kenngrössen
eines MO-Ableiters. In Mittelspannungsnetzen sind die Überspannungen aufgrund von B litzeinwirkungen dimensionierend. Darum sind nur
Linie
die für Blitzüberspannungen wichtigen Grössen dargestellt.
Linie
10
U 9
Ungeschützter, p. u. Blitzüberspannungen
8
gefährdeter Bereich 7
LIWV 6
Ks
5
U pl 4
3
T × Uc 2
Uc U TOV
1 U L-E
Kenngrössen der Betriebsmittel, Kenngrössen der MO-Ableiter Kenngrössen des Netzes, bezogen auf U s
bezogen auf U m
1 p. u. = U s × √2 / √3
99,0
90,0
70,0
50,0
20,0
10,0
2,0
0,2
0 10,0 100,0 I kA
Es ergibt sich
mit Ks = 1,2:
75 kV/1,2 = 62,5 kV als maximal zulässige Spannung am
Betriebsmittel.
Wegen I n = 10 kA und Leitungsentladungsklasse 1 wird ein
MO-Ableiter Typ POLIM-D gewählt mit Upl /Uc = 3,5.
In der jeweiligen Betriebsanleitung für die MO-Ableiter sind Die zusätzlich induzierte Spannung berechnet sich entspre-
Angaben gemacht über Montage und Installation, Wartung, chend
Transport, Lagerung und Entsorgung.
Damit der MO-Ableiter seine Funktion richtig erfüllen kann, U i = L × di/dt
sind einige Punkte besonders zu beachten.
Bei einer Induktivität von L = 1 µH für einen geraden Draht
von 1 m Länge und einem Blitzstrom von 10 kA Scheitelwert
der Wellenform 8/20 µs ergibt sich ungefähr eine induktive
14.1 Anschlüsse Spannung von U i = 1,2 kV pro Meter Verbindungsleitung.
Bei einem Steilstossstrom mit einer Anstiegszeit von 1 µs
Prinzipiell sind für die Anschlüsse die nationalen Vorschriften und 10 kA Scheitelwert ergibt sich eine Spannung von
und Anforderungen der Anlagenbetreiber zu beachten. Der U i = 10 kV pro Meter Verbindungsleitung.
Querschnitt der Anschlüsse muss aber mindestens so Daraus folgt, dass die Verbindungen und die gesamte
gewählt werden, dass der für den jeweiligen Ableiter ange Schlaufe so induktivitätsarm wie möglich ausgeführt werden
gebene Kurzschlussstrom (für die angegebene Stromfluss- müssen. Es ist selbstverständlich, dass der Ableiter und der
dauer) nicht zum Schmelzen oder Abreissen der Anschlüsse Transformator am gleichen Erdungspunkt angeschlossen
führt. Dies gilt für die Hochspannungsanschlüsse und auch sein müssen. Erdausbreitungswiderstände sollten so klein
für die Erdverbindungen. wie möglich sein. Ein Wert von R E ≤ 10 Ω wird als ausreichend
Die Anschlüsse müssen so kurz und gerade ausgeführt wer- angesehen. Es ist noch zu beachten, dass Erdungswider-
den wie möglich. Der Grund ist folgender: An jedem Leiter stände meist mit Gleichstrom oder 50 Hz Wechselstrom
treten aufgrund der Eigeninduktivität beim Fliessen eines a usgemessen werden, bei hohen Frequenzen (oder Stoss-
Impulsstromes induktive Spannungen auf. Bei grossen strömen mit hohen Frequenzanteilen) aber einen weit
Stromä nderungen di/dt, wie sie bei Blitzströmen auftreten, h öheren Wert haben können. Zur wirksamen Ableitung von
sind diese induzierten Spannungen beträchtlich. Das Stossströmen werden darum speziell ausgeführte Erdungs-
M O-Material selbst reagiert nahezu verzögerungsfrei auch anlagen eingesetzt.
bei sehr steilen Spannungs- und Stromimpulsen [29]. Auf-
grund der räumlichen Ausdehnung der Ableiter selbst und
der Anschlüsse sind aber immer induktive Spannungen
vorhanden und müssen besonders bei Steilstossströmen
berücksichtigt werden [4]. Die in den Datenblättern ange
geben Restspannungen sind immer die zwischen dem Kopf-
und Fussteil, also direkt an den Ableiterklemmen auftreten-
den Spannungen, siehe zur Erläuterung auch Bild 39.
S
U
v a
Freileitung
b1
UT
U res T
C
b2
U T = U res + U i (b)
b = b1 + b 2
MO-Ableiter mit Silikongehäuse im Direktverguss enthalten Im Rahmen der Routineprüfungen wird jeder einzelne MO-
keine Verschleissteile und sind wartungsfrei. Weiterhin wirken Widerstand und jeder MO-Ableiter im Werk geprüft. Kontroll-
sich Verschmutzungen des Silikongehäuses nicht negativ auf messungen an den Ableitern vor Einbau in eine Anlage sind
die Isolationsfestigkeit des Gehäuses aus. Bei sehr starker nicht nötig.
Verschmutzung kann der Ableiter gereinigt werden. Dabei Wenn aus besonderen Gründen, zum Beispiel nach einem
sind lösungsmittelhaltige und abrasive Reinigungsmittel zu Fehler (Erd- oder Kurzschluss) in der Anlage oder im Rahmen
vermeiden. Am besten reinigt man die Silikonoberfläche mit einer routinemässigen Überprüfung aller Betriebsmittel, eine
sauberem warmem Wasser und einem fusselfreien weichen Überprüfung des Ableiters auf korrekte Funktion durchge-
Tuch. Nach der Reinigung sollte der Ableiter nicht mit Silikon- führt werden soll, ist der Ableiter vom Netz zu trennen und in
fett oder -öl behandelt werden. einem entsprechend eingerichteten Labor von dazu ausgebil-
Im Rahmen einer allgemeinen Kontrolle einer Unterstation deten Fachkräften zu überprüfen. Dabei sind vom Hersteller
oder Anlage genügt es, am Ableiter eine visuelle Inspektion die nötigen Informationen über die zu prüfenden Parameter
durchzuführen, z. B. eine Kontrolle und die dazu benötigten Einrichtungen einzuholen.
• der Ansprechzähler und mA-Meter, sofern vorhanden; Die beste Lösung ist, jeweils den Ableiter ins Werk zurückzu-
• des Gehäuses auf Risse oder sonstige Beschädigung; schicken und dort die Routineprüfung wiederholen zu lassen.
• der Anschlüsse, inklusive der Abtrennvorrichtungen, Messungen vor Ort mit Kurbelinduktoren (Megger) oder ein-
sofern vorhanden. fache Widerstandsmessungen mit einem Ohmmeter bringen
keine zuverlässige und ausreichende Aussage über den
Zustand eines MO-Ableiters.
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass bei
Isolationsmessungen in einer Anlage oder Station der Ablei-
ter vom Netz getrennt werden muss. Andernfalls kann das
Messergebnis verfälscht werden und zu falschen Schlüssen
führen. Unter Umständen kann auch der Ableiter zerstört
werden.
Abtrennvorrichtungen (auch Diskonnektoren genannt) werden Sind Hochspannungssicherungen im gleichen Strompfad mit
eingesetzt, um einen Ableiter, der überlastet wurde, auto Abtrennvorrichtungen installiert, müssen die Ansprech
matisch vom Netz zu trennen. Die Abtrennvorrichtung wird im charakteristiken beider Schutzgeräte aufeinander abgestimmt
Allgemeinen erdseitig direkt unter dem Ableiter montiert. Der sein. Die Abtrennvorrichtung muss zeitlich vor der Sicherung
Ableiter ist in solchen Fällen auf einem Isolierträger montiert, bzw. gleichzeitig mit der Sicherung auslösen. Es wird damit
siehe auch das Beispiel in Bild 32. Die Erdverbindung muss vermieden, dass bei Einsetzen einer neuen Sicherung auf
in diesem Fall flexibel ausgeführt sein und es muss genügend einen noch existierenden Kurzschluss geschaltet wird.
Platz unter dem Ableiter sein, damit die abgetrennte Erd
verbindung frei hängen kann und die in diesem Fall am Fuss
des Ableiters anliegende Betriebsspannung nicht zu Über-
schlägen führt. Bild 40 zeigt einen überlasteten abgetrennten
Ableiter.
Der Sinn von Abtrennvorrichtungen ist, dass überlastete
Ableiter nicht zu einem bleibenden Kurzschluss und damit
zur Abschaltung des Netzes führen. Die Verbraucher können
also weiterhin mit elektrischer Energie versorgt werden. Dies
ist in unzugänglichen Gegenden, oder wenn der überlastete
Ableiter nicht kurzfristig ersetzt werden kann, von Vorteil.
Der Nachteil ist, dass die Phase, in der der abgetrennte
Ableiter ist, keinen Überspannungsschutz mehr hat. Auch
vom Netz getrennte defekte Ableiter sollten daher so schnell
als möglich ersetzt werden.
Ausser bei den zeitlich sehr kurzen Ableitvorgängen verhält In Mittelspannungsnetzen hingegen ist der Einsatz solcher
sich ein MO-Ableiter wie ein Isolator. Der bei Dauerspannung Überwachungseinrichtungen auf wenige Sonderfälle
fliessende Leckstrom ist sehr gering. Wie in Kapitel 3.4.2 begrenzt. Das liegt zum e inen an den Kosten für die Überwa-
beschrieben, ist es unabdingbar, dass sich die Spannungs- chungsgeräte, die teurer sein können als die MO-Ableiter für
Strom-Charakteristik unter dauernd anliegender Spannung Mittelspannungsnetze selbst. Zum anderen ist die Aussage-
nicht ändert. Insbesondere ist ein Anstieg des Leckstroms kraft der gemessenen Daten in der Regel gering.
und damit der Verlustleistung und der Temperatur des Aktiv- Die Anzahl der gemessenen Ansprechereignisse eines Ablei-
teils nicht akzeptierbar. ters gibt keine Aussage über den Zustand oder die Funktions
Zur Zustandsüberwachung von MO-Ableitern wurden ver- fähigkeit eines Ableiters. Wenn die garantierten Energie- oder
schiedene Diagnosemethoden und Indikatoren diskutiert und Stromwerte nicht überschritten werden, treten keine mess-
entwickelt [5]. baren Veränderungen am Ableiter auf. Werden die garantier-
Die oben genannten Abtrennvorrichtungen und Anzeigeein- ten Werte deutlich überschritten, führt das zur Zerstörung
heiten zeigen die völlige Zerstörung eines Ableiters an. des Ableiters. Eine Zwischenstufe gibt es in der Regel nicht.
Wenn es von Interesse ist, die Häufigkeit des Ansprechens Überwachungseinrichtungen, die zum Beispiel den Leck-
eines Ableiters im Netz zu überwachen, können Ansprech- strom auf Oberwellen hin untersuchen oder die 3. Harmoni-
zähler eingesetzt werden. Diese Ansprechzähler zählen alle sche herausfiltern und bewerten, haben den Nachteil, dass in
Ansprechereignisse oberhalb eines Schwellenwerts des der Praxis die im Netz gemessenen Werte schwer zu inter-
Stroms durch den Ableiter. Moderne Ansprechzähler klassie- pretieren sind.
ren diese Ansprechereignisse nach der Stromhöhe und Die Messung des gesamten Stroms ist wenig aussagekräftig,
registrieren auch den Zeitpunkt des Ableitvorgangs. weil bei Dauerspannung der Leckstrom hauptsächlich kapa-
Soll der dauernd fliessende Leckstrom eines MO-Ableiters zitiv ist, etwaige Veränderungen aber in der sehr kleinen
überwacht werden, können Strommesser (mA-Meter) einge- ohmschen Komponente auftreten und daher kaum erfasst
setzt werden. Neuere Entwicklungen bieten beide Möglich- werden. Da der Leckstrom im Bereich der Dauerspannung
keiten in einem Gerät, zum Teil mit Schnittstellen, um die temperaturabhängig ist, muss für eine korrekte Bewertung
gespeicherten Daten auslesen zu können. der Messe rgebnisse jeweils auch eine Temperaturkorrektur
Werden Ansprechzähler oder Strommessgeräte eingesetzt, durchgeführt werden.
muss der Ableiter isoliert aufgestellt werden. Die Verlustleistung gibt eine gute Aussage über den Zustand
In Netzen mit Systemspannungen von 72,5 kV und höher des Ableiters. Allerdings ist die Messung der Verlustleistung
werden zur Überwachung der Ableiter häufig Ansprechzähler eines Ableiters im Netz aus praktischen Gründen nicht mög-
und mA-Meter eingesetzt. lich, denn es müsste neben jedem Ableiter ein Spannungs
teiler installiert sein. Ausserdem ist die Verlustleistung im
Bereich der Dauerspannung gering und stark temperatur
abhängig. Das erfordert sehr genaue, temperaturkompen-
sierte Messungen, die im Netzbetrieb mit vernünftigem Auf-
wand nicht möglich sind.
Die Zuverlässigkeit moderner MO-Ableiter ist sehr hoch. Die Im Fall einer Überlastung bildet der MO-Ableiter in der Regel
Ausfallwahrscheinlichkeit von Hochspannungsableitern ist einen bleibenden Erd- oder Kurzschluss. Bild 41 zeigt einen
nahezu null, bei Mittelspannungsableitern liegt sie im welt- im Labor im Rahmen einer Typprüfung überlasteten Ableiter.
weiten Schnitt bei 0,1 %, wobei es regional erhebliche Unter- Versagt ein Ableiter im Netz, kann unter Umständen aus dem
schiede gibt. Bei den veralteten Konstruktionen mit Porzellan Ausfallbild auf die Fehlerursache geschlossen werden. Die
gehäusen war bei einigen Produkten das Dichtungssystem Aussagekraft etwaiger Analysen an überlasteten Ableitern ist
eine Schwachstelle. Aufgrund von Korrosion an den Metall- aber eher vage, da in der Regel nicht festgestellt werden
teilen oder nachlassender Dichtigkeit der Dichtungsringe kann, was tatsächlich die Ursache war und was eine Folge-
konnte nach Jahren im Betrieb Feuchtigkeit in das Gehäuse schädigung aufgrund des Stromflusses und der Lichtbogen-
eindringen, was in der Folge nach einer gewissen Zeit zu wirkungen. Soll ein Überlastungsfall untersucht werden, müs-
einem Versagen der Ableiter führte. sen folgende Informationen zur Verfügung stehen:
Für moderne, direkt mit Silikon vergossene MO-Ableiter gibt • alle Blitzeinschläge vor dem Ausfall und in der Nähe des
es nur zwei Gründe für eine Überlastung. Diese können sein: Ableiters, möglichst auch die Höhe des Blitzstromes
extreme Blitzeinschläge in die Leitung in unmittelbarer Nähe • alle Schalthandlungen vor dem Ausfall der betroffenen
der Ableiter oder unerwartet hohe netzfrequente Über L eitung
spannungen aufgrund von Erdfehlern, Ferroresonanzen oder • die vor dem Ausfall vorhandene Spannung an den Ableiter-
einem Spannungsübertritt. klemmen, wenn möglich eine Mitschrift des Spannungs
verlaufs
• etwaige Erdfehler an anderer Stelle im b etroffenen Netzteil
• ein Übersichtsschaltbild der Leitung oder der A nlage mit
Einbauort des Ableiters vor dem Ausfall
• Zählungen der Ansprechzähler, soweit vorhanden
• Umgebungsbedingungen zum Zeitpunkt des Ausfalls
Bild 41: MO-Ableiter POLIM-K 36-08 nach einer Kurzschlussp rüfung
im Labor
Moderne MO-Ableiter mit direktem Silikonverguss sind in Die dabei gewonnenen Ergebnisse werden eine bessere und
einer alle Anwendungsfälle abdeckenden Vielzahl vorhanden klarere Definition für den Begriff «Energieaufnahmefähigkeit»
und haben sich in den vergangenen Jahrzehnten als sehr bringen und auch Einfluss auf Prüfungen und die dafür mass-
zuverlässige Schutzelemente im Netz erwiesen. Sie schützen geblichen Normen haben. In den vorliegenden Anwendungs-
weit teurere Betriebsmittel und gewährleisten somit eine richtlinien sind der aktuelle Stand unseres Produkteportfolios
hohe Zuverlässigkeit und Güte der Energieversorgung. Sie und die Auswahl sowie die typische Anwendung der MO-
sind eine Versicherung gegen Ausfälle aufgrund hoher Über- Ableiter beschrieben. Der neueste Stand der Normung wurde
spannungen. berücksichtigt.
In immer stärker vermaschten Netzen und bei immer weniger Es können prinzipiell nicht alle vorkommenden Anwendungen
verfügbarem Platz werden zunehmend integrierte Lösungen erfasst und beschrieben werden. Auch ist es im Rahmen der
eingesetzt und entsprechende Anlagen, Geräte und Kon- vorliegenden Broschüre nicht möglich, bei der Darstellung
zepte entwickelt. Das bedeutet, dass ein Gerät unter der Grundlagen und speziellen Anwendungen alle Aspekte
Umständen mehrere Funktionen übernehmen muss. Ein abzudecken und zu vertiefen. Bei offenen Fragen sind wir
Ableiter könnte also neben der Funktion des Überspannungs gerne bereit, weiterführende Informationen zu geben. Neue
schutzes auch die Funktion eines Stützers übernehmen. Dies spezielle Anwendungen brauchen in der Regel eine enge
bedeutet aber auch eine ständige Weiterentwicklung und Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Anwender, um
Optimierung der MO-Ableiter und a nderer Betriebsmittel. eine passende Lösung zu finden. Wir sind gerne bereit, bei
Gleichzeitig müssen auch Normen und Anwendungs auft retenden Fragen zum Überspannungsschutz mögliche
richtlinien überarbeitet werden, denn die Anforderungen und Lösungen zu diskutieren.
Möglichkeiten an Prüfungen werden sich auch ändern.
In den internationalen Normungsgremien des IEC und der
CENELEC werden die existierenden Normen ständig über
arbeitet und an neueste Entwicklungen angepasst. Für neue
Anwendungsfälle, wie zum Beispiel bei erneuerbaren Ener-
gien (z. B. Photovoltaik und Windkraft), werden neue Normen
erstellt. In der Cigré und CIRED werden in verschiedenen
Arbeitsgruppen vermehrt Fragen des Blitz- und Überspan-
nungsschutzes bearbeitet und dazu technische Broschüren
und Richtlinien erstellt. Auch hier bringen neue Erkenntnisse
und Methoden regelmässigen Fortschritt. In der Cigré-
Arbeitsgruppe «Überspannungsableiter» läuft zurzeit ein For-
schungsprogramm zum Thema «Energiea ufnahmefähigkeit
von MO-Widerständen».
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bemessung in Drehstromnetzen. 22. bis 23. November 2004
in Deidesheim.
ABB Schweiz AG
1HC0075561 D01 AB
High Voltage Products
Überspannungsableiter
Postfach, Jurastrasse 45
CH-5430 Wettingen/Schweiz
www.abb.com/arrestersonline
www.kommunikate.ch