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28 DEBATTE Deutsch perfekt

Den Bau von


Einfamilienhäusern verbieten?
Häuser für nur eine Familie verbrauchen viel Fläche, Material und Energie.
Trotzdem sind sie der Traum vieler Menschen. Ist es Zeit für ein Ende
dieser Art zu bauen? SCHWER
Deutsch perfekt DEBATTE 29

Ja „Einfamilienhäuser verbrauchen
am meisten Fläche.“ Nein „Stadtentwicklung muss sich
an den Wünschen orientieren.“

Pro Jahr werden in Deutschland Hundert- Der Wunsch nach Wohneigentum und
das Gew¡rbegebiet, -e der/die Betr¶ffene, -n
tausende Wohnungen neu gebaut, ohne , Ort/Stadtteil, wo es viele das möglichst im Grünen ist immer , Person, die einen Nach-
dass die Bevölkerungszahl steigt. Stark Firmen gibt noch sehr stark – vor allem Menschen teil oder Schaden hat
gestiegen ist deshalb die durchschnittli- das Fußballfeld, -er zwischen 18 und 39 Jahren würden ger- entspr¡chend
che Wohnfläche, auf der wir inzwischen , ≈ Fußballplatz ne kaufen. Wissenschaftliche Untersu- , hier: so, dass es für den
Markt genug ist
alle leben. Insgesamt werden durch Woh- die Grünfläche, -n chungen zeigen das jedes Jahr. Sicher ist,
nungsbau, neue Gewerbegebiete und , z. B. Park, Spielplatz … dass Menschen ihre Wünsche erfüllen „ngespannt
, hier: mit wenig Woh-
Straßen jeden Tag 50 Fußballfelder an versiegeln , hier: wollen, auf die eine oder andere Art – und nungen
≈ mit Beton vollmachen
wertvollen Grünflächen versiegelt. Die damit wichtige soziale und ökologische
ausweichen “n
verbleibende unbebaute und unzersiedel- verbleibend Entwicklungen verursachen. , hier: als Alternative
, was noch übrig bleibt
te Landschaft wird dafür immer weniger. Ein Teil der Betroffenen wird bei ent- wählen
¢nbebaut
Einfamilienhäuser sind dabei ganz sprechenden finanziellen Möglichkeiten die Etagenwohnung, -en
, so, dass darauf noch
klar die Wohnform, die am meisten Flä- in die schon lange angespannten Innen- , Wohnung auf einem
nicht gebaut wurde
kompletten Stockwerk
che verbraucht, vor allem wenn sie frei- ¢nzersiedelt stadtlagen ausweichen. Damit können sie eines meistens kleineren
stehen und auch noch ein großer Garten , L zersiedelt = so, dass wenigstens den Kompromiss der Etagen- Mietshauses
dazugehört. es immer mehr einzelne wohnung durch eine zentrale Lage kom- n¢tzen
Gebäude in der Landschaft,
Speziell in Corona-Zeiten erleben die pensieren. Wer den starken Wunsch nach , hier: benutzen
außerhalb von Orten gibt
Menschen auch, wie wichtig allgemein einem Einfamilienhaus nicht aufgeben der St„dtstaat, -en
freistehen
erreichbare Grünbereiche in der nahen will, wird die günstigeren Angebote in , hier: Stadt, die auch ein
, hier: ohne dass andere
Bundesland ist
Umgebung sind. Und wir erleben es als Gebäude direkt daneben Stadtnähe nutzen. Das kann aber beson-
stehen k¢rzfristig
wichtige Lebensqualität, wenn wir in ders in den Stadtstaaten politisch nicht
, hier: in naher Zukunft; in
Stadtvierteln mit kurzen Wegen woh- der Wohnraum, ¿e gewünscht sein. kurzer Zeit
, hier: Gebiet, in dem
nen, und das geht nur mit einer mög- Wohnhäuser stehen Die erste Gruppe verursacht kurzfris- sch„ffen
lichst kompakten Architektur. Immer tig eine Intensivierung des Problems auf , hier: verursachen
lebenswert
mehr Menschen streiten deshalb für die , mit hoher Lebensqualität dem angespannten städtischen Woh- der P¡ndelverkehr
verbleibenden Naturflächen. das Lebewesen, - nungsmarkt. Die zweite Gruppe schafft , ≈ Reisen, um einen ziem-
lich weiten Weg zwischen
Kluge moderne Stadtplanung schafft , ≈ Sein; Spezies durch Pendelverkehr ökologische Pro-
Arbeitsplatz und Wohnort
es, auf der einen Seite möglichst vielen das Gemeinschaftswohn- bleme. Die dringend in Stadtstaaten wie hin- und herzufahren
Menschen ausreichend gute Wohnräu- projekt, -e Bremen notwendigen Einkommenssteu- die Einkommenssteuer, -n
, z. B. Hausprojekt, in dem
me zu bieten – und auf der anderen Seite ern bekommen die Bundesländer in der , Steuer, die jemand z. B.
verschieden alte Personen
genug Platz zu lassen für alles, was die Nähe. Langfristig wird diese Gruppe dort auf Lohn, Gewinne der
unabhängig voneinander
eigenen Firma oder Geld
Stadt lebenswert macht und allen etwas zusammenleben wertvolle Wohnfläche blockieren. aus Vermietungen zahlt
bringt. Die automatische Konsequenz die Balance franz. Innenentwicklung und Nachverdich-
die Nachverdichtung, -en
sind andere städtische Bauformen als das , hier: gutes Maß für alle tung ist auch für Städte wie Bremen , ≈ dichtes Bauen auf noch
Seiten eines Problems
freistehende Einfamilienhaus. Aber das wichtig. Das Maß für die Stadtentwick- freien Flächen in einer Stadt
der/die Vorsitzende, -n
müssen keine Hochhäuser sein. lung muss sich jedoch an den Wünschen das Bed•rfnis, -se
, Person, die einen Verein
Viele merken auch, dass wir eigentlich der jungen Menschen und der Familien , hier: Wunsch
oder ein Meeting leitet
Fotos: Birgit Wingrat; Foto-Studio Penz; KB 3/Shutterstock.com

(auch auf größerer Distanz als eineinhalb der B¢nd, ¿e orientieren. Wenn man im Innenbereich der Geschæftsführer, -
, Manager, der eine Firma
Meter) doch vor allem auch soziale Lebe- , hier: Verein mit der Stadtentwicklung keine Antwor-
leitet
wesen sind. Deshalb sind auch spannende ten auf die Bedürfnisse findet, dann kann
der Gr¢nd
Gemeinschaftswohnprojekte ein sinn- die Lösung nicht sein, den Wunsch nach , hier: Stück Land
voller Trend, oft mit einer neuen Balance dem Leben in einem Einfamilienhaus zu
auch zur Natur. verbieten.

Klaus Prietzel ist Vorsitzender des Ingmar Vergau ist Geschäftsführer des
Bundes für Umwelt und Naturschutz Vereins Haus & Grund in Bremen.
in Bremen.

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