Sie sind auf Seite 1von 79

Medikamentöse Schmerztherapie

P. Bialas
Studien zur medizinischen Kommunikation

• Der Arztreport der Barmer GEK (2010) zeigte, dass jeder Arzt im
ambulanten Setting ca. 45 Patienten pro Arbeitstag versorgt.

• Die durchschnittliche Dauer das Patientenkontakts im


allgemeinärztlichen Setting liegt bei 8 Minuten.
Þ Somatischen Erkrankungen: 6,2 Minuten
Þ Psychischen Erkrankungen: 11, 6 Minuten

• Ärzte unterbrechen Patienten im Schnitt nach 20 Sekunden

• Zeigen Ärzte zu Beginn des Gesprächs eine passive, zuhörende


Haltung, sprechen die Patienten ca. 1 Minute bis sie eine Frage an
den Arzt richten.

Kruse et al., 1998; Langewitz et al. 2002


Schmerz
• Schmerz nicht reine Reizwahrnehmung
• Schmerz setzt sich aus: - sensorisch-diskriminativen,
- autonom-vegetativ,
- emotional und kognitive Aspekte
- motorisch

Þ Beeinflussung durch biologische Faktoren oder


Sozialisation unterschiedlich sein

Kröner-Herwig 1990; Ernst 2000; Bergener 1987


Was beeinflusst die
Schmerzwahrnehmung?
Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung Schmerz

• Schlaflosigkeit
• Sorgen
• Angst
• Traurigkeit
• Introversion
• Depression
• Soziale Abhängigkeit
• Langeweile
• Isolation
Bio-psycho-soziales Schmerzmodell!
Mechanismus-orientierte Vorgehensweise

Die Diagnose des Schmerzmechanismus

Þ Es sollte versucht werden die Schmerzart zu bestimmen, an der der

Patient leidet

Þ Schmerzintensität

Das Verständnis des ursächlichen Mechanismus ist von Bedeutung

Þ Zur Ausrichtung eines mechanismenbezogenen Behandlungsansatzes

Þ Zur Optimierung der medikamentösen Therapie und der Aussicht auf eine

erfolgreiche Behandlung
Schmerzarten
Analgetika und ihre Wirkorte

Schmerz Opioide
NOPA

Opioide
Antidepressiva
Antikonvulsiva NSAR

Trauma
Aufsteigende Schmerzbahnen
Aufsteigender Traktus spinothalamicus
Lokale Absteigende Schmerzmodulation
Anästhetika Hinterhorn Ganglion
NSAR Peripherer Nerv
Periphere Nozizeptoren
Nicht- Schwach wirksame Stark wirksame
Opioidanalgetika Opioide Opioide

Oxycodon/Naloxon
NSAR, Cox, Cox-2 Oxycodon
Paracetamol Hydromorphon
Metamizol Morphin
Dihydrocodein Buprenorphin
etc. Tilidin/Naloxon Fentanyl
Tramadol etc. etc.

WHO - I WHO - II WHO - III

Co-Therapeutika/Analgetika

nichtmedikamentöse Maßnahmen

schwache Schmerzen mittlere Schmerzen starke Schmerzen


(NAS ≤ 3/10) (NAS = 3 – 7/10) (NAS ≥ 7/10)
Co- Analgetika

- Medikamente die nicht zu den Analgetika gerechnet

werden

- Einsparen von Analgetika

- Wirkverstärkung von Analgetika


Co- Analgetika
Antidepressiva
Bei brennendem Schmerzcharakter
Zur affektiven Distanzierung
Beispiel: Amitriptylin, Doxepin, Mirtazapin

Antikonvulsiva
Bei einschießendem Schmerzcharakter
Beispiele: Carbamazepin, Gabapentin,
Pregabalin

Glukocortikoide
Bei Hirndruck, Leberkapselschmerz
Beispiel: Dexamethason

Bisphosphonate
Bei somatischen Schmerzen der Knochen
Beispiel: Pamidronat
Antidepressiva
Antidepressiva

Antidepressiva Blockade der


Transmitter-
Wiederaufnahme
Zahlreiche Antidepressiva
werden erfolgreich gegen
neuropathische Schmerzen Blockade von
Ionenkanälen
eingesetzt.

Zur Schmerztherapie sind


geringere Dosen erforderlich
als zur Therapie der Depression.
Blockade von
Alle wirken auf neuronaler Rezeptoren
Ebene und beeinflussen hier
sehr unterschiedlich
Ionenkanäle und/ oder den
Neurotransmitter-Reuptake.

Mutschler Arzneimittelwirkungen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 9. Aufl. 2008, S. 253 ff.


TCA Amitriptylin

Sehr häufige Nebenwirkungen von Amitriptylin:

Mundtrockenheit, Verstopfung
Muscarin-Rezeptoren
Herzrhythmusstörung, Tachykardie

Müdigkeit, Schwitzen
Histamin-Rezeptoren
Benommenheit/Schwindel

Hypotonie
α-Rezeptoren
Orthostat. Dysregulation

Gewichtszunahme Serotonin-Rezeptoren

Fachinformation Saroten, März 2008


TCA (Trizyklische Antidepressiva) z. b. Amitritylin,
Nortriptylin, Desipramin
TCA - Einsatz bei neuropathischen Schmerzen

Belegte gute Wirksamkeit bei Schmerzen, insbesondere


neuropathischen Schmerzen.
Empfohlene Vertreter zur Behandlung des
neuropathischen Schmerzes:
Amitriptylin, Nortriptylin, Desipramin
Alle TCA müssen titriert werden.
Durch die sehr breite Wirkung an vielen
unterschiedlichen Angriffspunkten:
sehr hohes Nebenwirkungs- und Interaktionspotenzial
und dadurch limitierter Einsatz.

Mutschler Arzneimittelwirkungen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 9. Aufl. 2008, S. 175 ff. und 253-254
Pharmakodynamische Interaktionen mit Opioiden –
Serotoninsyndrom
Opioide Methadon, Pethidin, Fentanyl,
Tramadol

+
MAO-Hemmer (Selegin, Rasagilin, Moclobemid), SSRI,
SNRI (Venlafaxin), Mirtazapin, Trizyklische Antidepressiva
(TZA), Johanniskrautextrakte, Setrone, Triptane, Levodopa

Möglicher Gefahr des Serotoninsyndroms:


Effekt Unruhe, Verwirrtheit, Schwitzen, Herzrasen, Tremor,
Muskelzuckungen, evtl. Krämpfe, Hyperthermie – in
schweren Fällen bis hin zu hypertensiven Krisen und
Tachykardien, die in einem kardialen Schock enden
können

Empfehlung • Opioide und TZA (serotonerge Substanzen)


nicht mit einem MAO-Hemmer kombinieren!
• Absetzen des MAO-Hemmers 2 Wochen vor einer
Opioidtherapie!
Pharmakodynamische Interaktionen mit Opioiden –
Serotoninsyndrom
TRIAS beim Serotoninsyndrom (nach Sternbach)

• Fieber
• Neuromuskuläre
Symptome: Tremor,
Hyperreflexie,
Myoklonie, Rigidität
• Psychopathologie:
Desorientiertheit,
Verwirrtheit,
Erregungszustände

zusätzlich:
Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe, Hyperhidrosis, Hypertonie, Tachykardie, Tachypnoe,
Mydriasis
SNRI = sSNRI (Selektive Serotonin-/ Noradrenalin-Reuptake-Inhibitoren)
bei red. Schmerzhemmung z.B. Duloxetin, Venlaflaxin

Deszendierende Bahnen
Nächste Generation der
Antidepressiva.

Sie hemmen selektiv die Wiederauf-


nahme von Serotonin bzw.
Noradrenalin und erhöhen dadurch
deren Konzentration im synaptischen
Spalt.
Durch selektivere Wirkung wesentlich
besser verträglich als TCA
Keine Acetylcholin-Komponente
Keine Histamin-Komponente
Das bedeutet: Weniger NW als TCA Schmerzmodulation:
verstärkte Schmerzhemmung durch SNRI

Mutschler Arzneimittelwirkungen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 9. Aufl. 2008, S. 253 ff.


SNRI = sSNRI (Selektive Serotonin-/ Noradrenalin-Reuptake-Inhibitoren)
z.B. Duloxetin, Venlaflaxin

Zulassung und Sicherheit von SNRI Sehr häufige NW

Depressive Erkrankungen (Major Depression), Übelkeit, Mundtrockenheit,


Schläfrigkeit, Schlaflosigkeit,
Schmerzen bei diabetischer Polyneuropathie
Schwindel, Kopfschmerzen.
bei Erwachsenen, generalisierte Angststörung

Kontraindikationen:
Lebererkrankung, die zu einer Leber-
funktionseinschränkung führt, keine
Kombination mit starken CYP1A2-
Inhibitoren, schwere Nierenfunktions-
einschränkung, unkontrollierter Bluthochdruck.

Fachinformation Cymbalta Dezember 2009


Antikonvulsiva
Natrium-Kanalblocker (Antikonvulsiva)
z.B. Carbamazepin, Oxcarbazepin, Lamotrigin

Carbamazepin u.a.
Membranstabilisierender Effekt
Blockade schnell feuernder Natrium
Na+-Kanäle
Natriumkanal
Dadurch werden Impulse und
neuronale Übererregbarkeit
unterbunden

Zulassung Carbamazepin:
Glutamat
Trigeminus-Neuralgie,
Glossopharyngeus-Neuralgie
schmerzhafte diabetische
Neuropathie

Fachinformation Tegretal, September 2004


Natrium-Kanalblocker (Antikonvulsiva)
z.B. Carbamazepin, Oxcarbazepin, Lamotrigin

Carbamazepin Sehr häufige NW

Kontraindikationen: Schwere Leberfunktions- Schwindel, Ataxie, Schläfrigkeit,


Sedierung, Somnolenz, Throm-
störungen und AV-Block.
bozytopenie, Leukopenie, Leu-
Zahlreiche Interaktionen durch Induktion des kozytose, Blutbildveränderungen,
CYP3A4-Subtyps. allergische Reaktionen der
Haut, Nesselsucht, Hautjucken.

Oxcarbazepin Sehr häufige NW

Besser verträglich als Carbamazepin, geringeres Schwindel, Schläfrigkeit, Kopf-


schmerzen, Doppeltsehen,
Interaktionspotenzial.
Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit.
Vorsicht bei Nieren- und Leberinsuffizienz

Fachinformationen Tegretal (September 2004) und Trileptal (März 2009)


Kalzium-Kanalblocker (Antikonvulsiva)
z.B. Pregabalin/Gabapentin

Pregabalin / Gabapentin
Membranstabilisierender Effekt
Reduzierter Kalzium-Einstrom Kalzium
in die Zelle
Kalziumkanal
Verringerte Ausschüttung des
schmerzerzeugenden
Transmitters Glutamat
Reduzierte elektrische
Erregbarkeit von Neuronen Glutamat
Kalzium-Kanalblocker (Antikonvulsiva) z.B.
Pregabalin/Gabapentin

Gabapentin Sehr häufige NW

Zur Behandlung von peripheren Somnolenz, Schwindel,


Ataxie, Fieber, Ermüdung,
neuropathischen Schmerzen
Virusinfektionen.
wie schmerzhafte, diabetische
Neuropathie und postherpetische
Neuralgie.

Pregabalin Sehr häufige NW

Benommenheit, Schläfrigkeit.
Zur Behandlung von peripheren
und zentralen neuropathischen Pregabalin ist insgesamt etwas
Schmerzen und zur Behandlung besser verträglich.
von generalisierten Für beide sind keine relevanten
Angststörungen Interaktionen bekannt

Fachinformation Lyrica® (August 2009), Fachinformation Neurontin ® (Dezember 2009)


Fazit
• Bei neuropathischen Schmerzen, erste Wahl

• Kann auch kombiniert werden mit anderen Analgetika

• Im Hochdosisbereich Wechselwirkung mit einer Vielzahl

an Medikamenten, auch Opioide


Topische Therapie – Capsaicin

Capsaicin (Vanilloid-Rezeptor-Agonist)
TRPV1 (transient receptor potential vanilloid 1)

führt nach längerfristiger Auftragung zu


einem reversiblen Funktionsverlust
und einer reversiblen Degeneration
der afferenten Nerven.
Neuaussprossung von Nervenfasern
Nach 4–8 Wochen Anwendung
mindestens 2 Wochen Pause*!
Heftige lokale Reizsymptomen und
neurotoxische Folgeerscheinungen
möglich.
DESENSIBILISIERUNG des TRPV1

* Baron R, proCME Neuropathischer Schmerz, S. 15 / *Stracke H, Diabetische Polyneuropathie, Med Welt 2008; 5: 165-171 /
** Lechleitner M, Die diabetische Polyneuropathie, Wien Klin Wochenschr 2007; 119/15-16 (Suppl 2): 27-31
Lidocain-Hydrogelpflaster

Substanz Anfangs- Standarddosis Maximal- Evidenz


dosis (Erwachsene) dosis Indikation:
NNT
Lidocain 1 Pflaster 1 – 3 Pflaster 3 Pflaster 3,4
für 12 h/d für 12 h/d für 12 h/d
Topische Therapie – Lidocain

Lidocain

Blockiert Natrium-Kanäle auf


Aδ- und C-Fasern.
Blockiert nicht die Natrium-Kanäle auf
sensorischen Aβ-Fasern, dadurch Analgesie
ohne lokalanästhetische Wirkung
(Taubheit).
Wirkt nur lokal auf überaktive Nervenfasern,
unterbindet dadurch
ektope Aktionspotenziale.
Kühlende Wirkung und mechanischer
Schutz. Keine systemische Wirkung wegen
lokaler Applikation.

Baron R, Therapie neuropathischer Schmerzen - Überholte Konzepte und neue Entwicklungen,


Journal für Anästhesie und Intensivbehandlung 2005; 2: 12
Ziconotid (Prialt®)
Peptid (25 Aminosäuren)

• Gift der Kegelschnecke


• N-Typ-Calciumkanalblocker (neuronal
calcium channel blocker, NCCB)
• Hemmt Einstrom von Calcium in die
primären nozizeptiven afferenten Nerven
im Rückenmark
Þ Freisetzung von Neurotransmittern
gehemmt
Þ Schmerzleitung unterbunden
Ziconotid (Prialt®)

• Nebenwirkungen:
Þ Verwirrung, Schwindel, Kopfschmerz
Þ Übelkeit, Erbrechen
Þ Nystagmus
Þ Kraftlosigkeit
Eine alte Substanz „neu“ entdeckt
Was verbindet ihr mit Cannabis?
Begrifflichkeiten

Cannabis gesamte Hanfpflanze

Haschisch gepresstes Harz der weiblichen Hanfpflanze

umgangssprachlich “Shit” oder “Dope”

Marihuana getrocknete weibliche Blütenstände + Blätter

umgangssprachlich “Gras”
Meilensteine
o 1964 beginn der Cannabis Forschung, Isolierung des psychoaktiven Cannabinoids THC

o Es gibt mehr als 120 verschiedene Cannabinoide, die aus verschiedenen Cannabissorten
identifiziert und isoliert wurden.

o 1992 nächster Meilenstein in der Cannabis-Forschung

o Ein Forschungsteam des National Institute of Mental Health (NIMH, Bethesda, Maryland/USA)
entdeckt das Endocannabinoid-System (ECS) im menschlichen Körper.

o „Der Entourage-Effekt“: nicht nur THC und CBD


o Neben Cannabinoiden, machen auch Terpene oder Flavonoide – die Wirkung aus
o Dieses Zusammenspiel nennt man Entourage-Effekt
Cannabis indica / sativa ?
Klassifizierung: Abhängig von Pflanzenmorphologie

Sativa high: stimulieren und energisierend => Kopf high (Halluzinogene Effekte)

Indica: sedierend, Stressreduktion, Gefühl von Ruhe und Gelassenheit => Körper high
(besser bei Schlaflosigkeit)

CAVE: Weder THC- noch CBD Gehalt charakterisieren die Cannabissorten


Cannabis: Wirkungsweise

š Angenehme Wirkungen:
Ø Entspannung und Ausgeglichenheit
Ø Ausgeprägte Hochgefühle
Ø Gesprächigkeit und bessere Kontaktfähigkeit
Ø Intensivere Wahrnehmung

š Unangenehme Wirkungen
Ø Ruhelosigkeit
Ø Sinnestäuschungen
Ø Angst und Panik
Ø Orientierungsverlust.

Wirkungseintritt beim Rauchen direkt nach dem Konsum.


Cannabiskonsum: Risiken
š eingeschränktes Erinnerungsvermögen

š Konzentrationsschwäche

š verlängerte Reaktionszeiten

Ø Einschränkung der schulischen und beruflichen Leistungsfähigkeit

Ø Erhöhtes Unfallrisiko im Straßenverkehr und am Arbeitsplatz

Je jünger der/die Konsument/in ist, desto größer sind die Risiken!


Ø Behinderung Hirnentwicklung

Risiken bei längerfristigem Konsum (Tabakbasierend)

š Steigerung der Herzfrequenz, Veränderung des Blutdruckes

š Belastung der Atemwege, Chronische Bronchitis, Krebserkrankungen

š Psychische Abhängigkeit, langfristig auch körperliche Abhängigkeit möglich

š Cannabiskonsum kann psychische Probleme (z.B. Depressivität, Angst) verstärken


Was sind die Gründe für die Effekte?
Das ECS: Ein körpereigenes, essentielles
Regulationssystem

Modulierende Wirkung

Endocannabinoid-System Schmerz
(ECS)
Appetit
Im Menschen
Schlaf
und in allen Wirbeltieren
Kognition
Essentielles
Regulationssystem Entzündung

! Überlebenswichtig
Die wichtigste Rolle des
Endocannabinoid-Systems ist die
Aufrechterhaltung und
Wiederherstellung der Homöostase.
Reduzierte und verstärkte Aktivität des
Endocannabinoidsystems

Beispiele für eine reduzierte Aktivität (Endocannabinoid-Mangel)


• Migräne
• Fibromyalgie
• Reizdarm
• Epilepsie

Beispiele für eine Überaktivität:


• Spastik: Endocannabinoide “bekämpfen” die Erkrankung
• Übergewicht: Endocannabinoide fördern die Erkrankung
• Schizophrenie: “Bekämpfen” oder fördern Endocannabinoide die
Erkrankung?
Liganden: die 2 wichtigsten
Endocannabinoide sind AEA und 2-AG

AEA (Anandamid) • Körpereigene Botenstoffe,


Arachidonylethanolamid werden bei Bedarf
synthetisiert

Verantwortlich für die


2-AG

Informationsübertragung
2-Arachidonylglycerol innerhalb des ECS

Quelle: Schneider et al. Cannabis, Cannabinoide und das Endocannabinoidsystem. In: Hoch et al. (Hrsg.) Cannabis: Potenzial und Risiko. Springer, Berlin, Heidelberg, 2019, 1-36.
Rezeptoren: Die 2 wichtigsten Cannabinoid-
Rezeptoren sind ubiquitär im Körper vertreten

CB1-Rezeptoren
vorwiegend
auf
Nervenzellen
CB2 -Rezeptoren
vorwiegend
auf
Immunzellen

Weitere Rezeptoren sind bekannt:


z.B. TRPV1, GPR 55, GPR 18, GPR 119, 5-HT1A, 5-HT3 à Komplexe Interaktionsmöglichkeiten, Fokus weiterer Grundlagenforschung
Enzyme: die 2 abbauenden Enzyme regulieren
das ECS

Verantwortlich für den Abbau


FAAH •
der
Fettsäureamidhydrolase
Endocannabinoide AEA und
2-AG
• Regulieren das
MAGL Endocannabinoid-
Monoacylglycerinlipase gleichgewicht im Körper

Quelle: Schneider et al. Cannabis, Cannabinoide und das Endocannabinoidsystem. In: Hoch et al. (Hrsg.) Cannabis: Potenzial und Risiko. Springer, Berlin, Heidelberg, 2019, 1-36.
Inhibition der Signalweiterleitung durch das ECS:
AEA blockt Ca2+-Einstrom und wirkt
neuromodulatorisch

1 Freisetzung von AEA (Anandamid)

2 Aktivierung des CB1-Rezeptor

3 Schließung der Ca2+-Kanäle

4 Neurotransmitterfreisetzung gehemmt

5 Signaltransduktion gestoppt

Regulation von vitalen Funktionen


(Schmerz, Appetit, Kognition etc.)

Quellen: Russo et al. Role of Cannabinoids in Pain Management. Comprehensive treatment of chronic pain by medical, interventional, and integrative approaches.

Springer. 2013; 181-197. | Giacoppo et al. Cannabinoids: new promising agents in the treatment of neurological diseases. Mol Basel Switz. 2014;19(11):18781–816. | Marzo et
al. The endocannabinoid system and its therapeutic exploitation. Nat Rev Drug Discov. 2004; 3: 771–784. | Pertwee et al. Emerging strategies for exploiting cannabinoid
receptor agonists as medicines. Br J Pharmacol. 2009; 156(3):397–411.
Das ECS moduliert die Entzündungsreaktion:
AEA blockt Freisetzung von Zytokinen und wirkt
immunmodulatorisch

1 AEA bindet an CB2-Rezeptoren von Immunzellen

2 Freisetzung von inflammatorischen Zytokinen


wird inhibiert

3 Proliferationsrate von Immunzellen sinkt

Entzündungshemmung

Quellen: Schwarz et al. Anadamide, an endogenous cannabinoid receptor agonist inhibits lymphocyte proliferation and
induces apoptosis. J Neuroimmunol. 1994;55(1) | Cencioni et al. Anandamide suppresses proliferation and cytokine release
from primary human T-lymphocytes mainly via CB2 receptors. PLoS One. 2010 Jan 14;5(1):e8688.
Hauptbestandteile der Cannabispflanze

• mind. 560 verschiedene Bestandteile (El Sohly et al. 2017)


• Verschiedene chemische Klassen:
• Terpene (120)
• Flavonoide (23)
• Fettsäuren (23)
• Aminosäuren (20)
• .....
• Cannabinoide (>120)
• Medizinisch relevante Bestandteile
Entourage-Effekt
synergistische Effekte verschiedener Pflanzenstoffe

• THC und CBD sind die therapeutisch wichtigsten Bestandteile der


Cannabispflanze.1 Weitere Cannabinoide, Terpene und Flavonoide tragen
zur Wirkung bei, diese Synergie wird Entourage-Effekt genannt.2

• Beeinflussen sich gegenseitig auf positive Art in ihrer Wirkung2,3


> 120
• Bei bestimmten Darreichungsformen (z. B. Vollextrakt, Blüten) kann man Cannabinoide 2
von diesem Effekt profitieren2,3

• Laborstudie an Mäusen & Menschen 1974: Cannabis erzeugte 2 – 4fach


∼ 20 > 200
so starke Effekte wie aufgrund seines THC-Gehaltes zu erwarten gewesen
wäre4 Flavonoide 3 Terpene 2,3

Zusammensetzung von medizinischem Cannabis

di Tomaso E et al. Nature 1996; 382: 677-8

ECS: Endocannabinoidsystem; CBD: Cannabidiol; CBDV: Cannabidivarin; THC: Δ9-trans-Tetrahydrocannabinol; THCV: Tetrahydrocannabivarin
1. Bialas P et al. Schmerz 2019;33(5):399–406
2. Russo EB. Br J Pharmacol 2011;163:1344-1364
3. Andre CM et al. Front Plant Sci 2016;7:19
4. Carlini E.A. & Karniol I.G. Effects of marihuana in laboratory animals and in man. Br. J. Pharmac. (1974), 50, 299-309
Die drei wichtigsten Wirkstoffe der Cannabispflanze:
THC, CBD, Terpene

Δ9-trans-Tetrahydrocannabinol (THC)
Schmerzreduzierend

Cannabidiol (CBD)
Entzündungshemmend
Schmerzreduzierend

Terpene (Bsp.: Myrcen, β-Caryophyllen)


Durchschlaffördernd1
Antidepressiv1

1
Im Tiermodell | Quellen: Russo et. al. Role of Cannabinoids in Pain Management. Comprehensive treatment of chronic pain by medical, interventional, and integrative approaches. Springer. 2013; 181-197. | Serpell et al. A
double-blind, randomized, placebo-controlled, parallel group study of THC/CBD spray in peripheral neuropathic pain treatment. Eur J Pain. 2014 Aug;18(7):999-1012. | Johnson et al. Multicenter, Double-Blind, Randomized,
Placebo-Controlled, Parallel-Group Study of the Efficacy, Safety, and Tolerability of THC:CBD Extract and THC Extract in Patients With Intractable Cancer-Related Pain. J Pain Symptom Manage. 2010;39(2):167-179.| Irving et al. A
Randomized, Double-blind, Placebo-controlled, Parallel-group, Pilot Study of Cannabidiol-rich Botanical Extract in the Symptomatic Treatment of Ulcerative Colitis; Inflamm Bowel Dis. 2018 Mar;24(4):714-724. | do Vale et al. Central
effects of citral, myrcene and limonene, constituents of essential oil chemotypes from Lippia alba (Mill.) n.e. Brown. Phytomedicine. 2002 Dec;9(8):709-14. | Bahi et al. β-Caryophyllene, a CB2 receptor agonist produces multiple
behavioral changes relevant to anxiety and depression in mice. Physiol Behav. 2014 Aug;135:119-24.
THC: Δ9-trans-Tetrahydrocannabinol

THC
…das wohl bekannteste
Cannabinoid Schmerzreduzierend

Psychoaktiv1

Partialagonist an beiden
Rezeptortypen mit vergleichbarer
Affinität
1
Das gilt vor allem bei der inhalativen Einnahme von medizinischem Cannabis. | Quelle: Grotenhermen. Pharmacokinetics and pharmacodynamics of
cannabinoids. Clin Pharmacokinet. 2003;42(4):327-60.
THC – Wirkweise im
Endocannabinoidsystem

Schmerzreduktion Psychoaktiv
Schmerzleitung Nozizeption1 Wohlbefinden
Via CB1: Inhibition der Neurotransmitter- Via CB2: Stimulation der Freisetzung Via CB1: hemmt GABA, einem Dopamin
Ausschüttung endogener Opioide Inhibitor

1 Effektwurde für CB 2-Agonisten nachgewiesen und THC als CB 2-Agonisten wird eine Rolle in diesem Prozess zugesprochen. | Quellen: Ibrahim et al. CB2 cannabinoid receptor activation
produces antinociception by stimulating peripheral release of endogenous opioids. cProc Natl Acad Sci USA. 2005 Feb 22;102(8):3093-8. | Monory, Lutz. Pain killer without a high. Nat Med.
2005 Apr;11(4):378-9. | Bloomfield et al. The effects of Δ9-tetrahydrocannabinol on the dopamine system. Nature. 2016 Nov 17;539(7629):369-377. | Russo et al. Role of Cannabinoids in Pain
Management. Comprehensive treatment of chronic pain by medical, interventional, and integrative approaches. Springer. 2013; 181-197. | Giacoppo et al. Cannabinoids: new promising
agents in the treatment of neurological diseases. Mol Basel Switz. 2014;19(11):18781–816. | Marzo et al. The endocannabinoid system and its therapeutic exploitation. Nat Rev Drug Discov.
2004; 3: 771–784. | Pertwee et al. Emerging strategies for exploiting cannabinoid receptor agonists as medicines. Br J Pharmacol. 2009; 156(3):397–411.
Die drei wichtigsten Wirkstoffe der Cannabispflanze:
THC, CBD, Terpene

Δ9-trans-Tetrahydrocannabinol (THC)
Schmerzreduzierend

Cannabidiol (CBD)
Entzündungshemmend
Schmerzreduzierend

Terpene (Bsp.: Myrcen, β-Caryophyllen)


Durchschlaffördernd1
Antidepressiv1

1 Im Tiermodell | Quellen: Russo et. al. Role of Cannabinoids in Pain Management. Comprehensive treatment of chronic pain by medical, interventional, and integrative approaches. Springer. 2013; 181-197. | Serpell et al. A
double-blind, randomized, placebo-controlled, parallel group study of THC/CBD spray in peripheral neuropathic pain treatment. Eur J Pain. 2014 Aug;18(7):999-1012. | Johnson et al. Multicenter, Double-Blind, Randomized,
Placebo-Controlled, Parallel-Group Study of the Efficacy, Safety, and Tolerability of THC:CBD Extract and THC Extract in Patients With Intractable Cancer-Related Pain. J Pain Symptom Manage. 2010;39(2):167-179.| Irving et al. A
Randomized, Double-blind, Placebo-controlled, Parallel-group, Pilot Study of Cannabidiol-rich Botanical Extract in the Symptomatic Treatment of Ulcerative Colitis; Inflamm Bowel Dis. 2018 Mar;24(4):714-724. | do Vale et al. Central
effects of citral, myrcene and limonene, constituents of essential oil chemotypes from Lippia alba (Mill.) n.e. Brown. Phytomedicine. 2002 Dec;9(8):709-14. | Bahi et al. β-Caryophyllene, a CB2 receptor agonist produces multiple
behavioral changes relevant to anxiety and depression in mice. Physiol Behav. 2014 Aug;135:119-24.
CBD: Cannabidiol

CBD
Entzündungshemmend

• Geringe Affinität zu den Schmerzreduzierend


Cannabinoid-Rezeptoren
• Wirkung wird durch Bindung an
andere Rezeptor-Typen entfaltet

Quellen: Burstein. Cannabidiol (CBD) and its analogs: a review of their effects on inflammation. Bioorg Med Chem. 2015 Apr 1;23(7):1377-85. | Pertwee. The diverse CB1 and CB2 receptor
pharmacology of three plant cannabinoids: Δ9-tetrahydrocannabinol, cannabidiol and Δ9-tetrahydrocannabivarin. Br J Pharmacol. 2008 Jan; 153(2): 199–215. | Mishima and Irie. [Central Effect of
Components of Cannabis: Utility and Risk]. Yakugaku Zasshi. 2020;140(2):193-204
CBD – Wirkweise im
Endocannabinoidsystem

Schmerzreduktion Entzündungshemmend
Inhibition der Neurotransmitter-Ausschüttung Reduziert Zytokinausschüttung,
durch Erhöhung AEA-Konzentration hemmt Leukozyten-Proliferation

Quellen: Bisogno et al. Molecular targets for cannabidiol and its synthetic analogues: effect on vanilloid VR1 receptors and on the cellular uptake and enzymatic hydrolysis of anandamide. Br J Pharmacol. 2001;134(4):845-52. |
Leweke et al. Cannabidiol enhances anandamide signaling and alleviates psychotic symptoms of schizophrenia. Transl Psychiatry. 2012 Mar 20;2(3): e94 | Russo et al. Role of Cannabinoids in Pain Management. Comprehensive
treatment of chronic pain by medical, interventional, and integrative approaches. Springer. 2013; 181-197. | Giacoppo et al. Cannabinoids: new promising agents in the treatment of neurological diseases. Mol Basel Switz.
2014;19(11):18781–816. | Marzo et al. The endocannabinoid system and its therapeutic exploitation. Nat Rev Drug Discov. 2004; 3: 771–784. | Pertwee et al. Emerging strategies for exploiting cannabinoid receptor agonists as
medicines. Br J Pharmacol. 2009; 156(3):397–411. | Schwarz et al. Anadamide, an endogenous cannabinoid receptor agonist inhibits lymphocyte proliferation and induces apoptosis. J Neuroimmunol. 1994;55(1). | Cencioni et al.
Anandamide suppresses proliferation and cytokine release from primary human T-lymphocytes mainly via CB2 receptors. PLoS One. 2010 Jan 14;5(1):e8688.
Die drei wichtigsten Wirkstoffe der
Cannabispflanze:
THC, CBD, Terpene

Δ9-trans-Tetrahydrocannabinol (THC)
Schmerzreduzierend

Cannabidiol (CBD)
Entzündungshemmend
Schmerzreduzierend

Terpene (Bsp.: Myrcen, β-Caryophyllen)


Durchschlaffördernd1
Antidepressiv1

1
Im Tiermodell | Quellen: Russo et. al. Role of Cannabinoids in Pain Management. Comprehensive treatment of chronic pain by medical, interventional, and integrative approaches. Springer. 2013; 181-197. | Serpell et al. A
double-blind, randomized, placebo-controlled, parallel group study of THC/CBD spray in peripheral neuropathic pain treatment. Eur J Pain. 2014 Aug;18(7):999-1012. | Johnson et al. Multicenter, Double-Blind, Randomized,
Placebo-Controlled, Parallel-Group Study of the Efficacy, Safety, and Tolerability of THC:CBD Extract and THC Extract in Patients With Intractable Cancer-Related Pain. J Pain Symptom Manage. 2010;39(2):167-179.| Irving et al. A
Randomized, Double-blind, Placebo-controlled, Parallel-group, Pilot Study of Cannabidiol-rich Botanical Extract in the Symptomatic Treatment of Ulcerative Colitis; Inflamm Bowel Dis. 2018 Mar;24(4):714-724. | do Vale et al. Central
effects of citral, myrcene and limonene, constituents of essential oil chemotypes from Lippia alba (Mill.) n.e. Brown. Phytomedicine. 2002 Dec;9(8):709-14. | Bahi et al. β-Caryophyllene, a CB2 receptor agonist produces multiple
behavioral changes relevant to anxiety and depression in mice. Physiol Behav. 2014 Aug;135:119-24.
Terpene sind sekundäre Pflanzenstoffe

Bestandteile einer
Pflanze
Funktion

Primäre Pflanzenstoffe Energiehaushalt

Funktion

Sekundäre
Fraßabwehr Lockstoffe
Pflanzenstoffe

Terpene fallen in diese Gruppe UV-Schutz Bestäubung

Quellen: Hanuš et al. Phytocannabinoids: a unified critical inventory. Nat Prod Rep. 2016 Nov 23;33(12):1357-1392. Gallily et al. The Anti-Inflammatory Properties of Terpenoids from Cannabis.
Cannabis Cannabinoid Res. 2018; 3(1): 282–290. | Downer. Anti-inflammatory Potential of Terpenes Present in Cannabis sativa L.. ACS Chem Neurosci. 2020 Mar 4;11(5):659-662.
Terpene: lindernden Effekte
Wirkung in der Pflanze Medizinische Wirkung

Menthol • Kühlend
Pfefferminze
Abwehr vor Insekten • Schmerzstillend

Linalool
Wechselwirkung mit Insekten
Lavendel • Anxiolytikum
(Untersucht an
Tabakschwärmer)

Eukalyptol (Cineol) • Sekretomotorisch (Bronchitis)


Eukalyptus Abwehr vor Pathogenen und • Chronische Atemwegs-
Pflanzenfressern erkrankungen

Jede Pflanze hat eigene Terpenzusammensetzung. Vielzahl an Terpenen


bekannt.
Quellen: http://www.chm.bris.ac.uk/motm/cineole/cineoleh.htm [abgerufen am 23.08.2021]| https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/journal/mein-linalool-dein-linalool-
anziehungskraft-eines-pflan-11084 [abgerufen am 23.08.2021] | Nuutinen. Medicinal properties of terpenes found in Cannabis sativa and Humulus lupulus. Eur J Med Chem. 2018 Sep 5;157:198-228.
Cannabisrezeptoren und
Effekte

CB 1-Rezeptor vermittelte Effekte THC (Übelkeit, Emotionen,


Schmerz)

CB 2-Rezeptor vermittelte Effekte CBD / THC (Immunmodulation)

CB 1 und 2-Rezeptor vermittelte Effekte (Zellproliferation ↓,


Apoptose ↑ Angiogenese ↓, Metastasierung ↓)

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK65755/#CDR0000683767__5
Wechselwirkungen?
Pharmakodynamische Wechselwirkungen
von Cannabis

• Opioidanalgetika:
- durch gleichgerichteten Einfluss auf dasselbe Effektorsystem kann Cannabis die
analgetische Wirkung von Opioiden verstärken
- Reduktion der Opioid-Dosis möglich

• Neuroleptika
Medizinisches - durch gleichgerichteten Einfluss auf dasselbe Effektorsystem kann Cannabis die
Cannabis Wirkung
von Neuroleptika verstärken
- Reduktion der Neuroleptika möglich

• Antihypertensiva
- Durch die blutdrucksenkenden Effekte von Cannabis könnte eine Dosisreduktion von
Antihypertensiva möglich sein
Pharmakokinetische Wechselwirkungen
von Cannabis
• Metabolisierung von THC über v.a. CYP3A4 zu aktivem Metaboliten 11-OH-THC
- Starke Enzyminhibitoren wie z.B. Verapamil à
Anstieg THC-Konzentration und Senkung 11-OH-THC
THC - Starke Enzyminduktoren wie z.B. Johanniskraut à
Senkung THC-Konzentration und Anstieg 11-OH-THC

• direkte Interaktion von THC mit CYP-Enzymen vernachlässigbar gering

• Metabolisierung von CBD vor allem über CYP2C19, aber auch CYP3A4 und
CYP2C9: kein aktiver Metabolit entsteht
• CBD ist selbst ein mittelstarker Enzym-Inhibitor à kann in hohen Dosen einen Anstieg des
CBD Plasmaspiegels von CYP-Substraten auslösen
- CYP3A4: z.B. Tacrolimus (Immunsuppressivum)
- CYP2C19: z.B. Clobazam (Antiepileptikum), Warfarin (Vitamin-K- Antagonisten)

Cannabinoide haben geringes Potenzial für Arzneimittelinteraktionen.


Was macht den Unterschied
Inhalation vs. orale Aufnahme?
Die Pharmakokinetik unterscheidet sich
bei oraler und inhalativer Einnahme

Inhalation Orale Einnahme

innerhalb weniger Sekunden


Wirkeintritt bis weniger Minuten
nach ca. 30 – 90 Minuten

Maximale
nach ca. 20 Minuten nach ca. 2 – 4 Stunden
Wirkung

Dauer der
ca. 2 – 3 Stunden ca. 4 – 8 Stunden
Wirkung
Diverse Produktklassen haben jeweils Vor- &
Nachteile, die es in der Therapie zu
berücksichtigen gibt

Vollextrakte Reinsubstanz Blüten

• Verzögerte Wirkung, • Verzögerte Wirkung,


• Schnelle Anflutung, hohe
moderate moderate
Plasmakonzentration
Pharmakokinetik Plasmakonzentration Plasmakonzentration
(psychoaktiv1)
(kaum psychoaktiv1) (kaum psychoaktiv1)
• Längere Wirkdauer • Längere Wirkdauer
• Kürzere Wirkdauer

Dosierung + Leichte Dosierung + Leichte Dosierung - Schwerer zu dosieren

+ Volles Spektrum
Wirkstoffspektrum + Volles Spektrum - Isolierte Wirkstoffe - Schädliche Substanzen beim
Rauchen
Die gängigsten Darreichungsformen für medizinisches
Cannabis

• Öl • (Tee)
Oral
Resorption über Darm • Kapseln • (Kekse)

Sublingual
Aufnahme über • Spray
Mundschleimhaut

Pulmonal • Vaporisator
Aufnahme über
Lunge • (Joint)

• Salbe
Dermal
Aufnahme über Haut
• (Pflaster)
Medizinisches Cannabis:
Schmerzmedizin der Zukunft?
• Zunehmend positive Studienlage bzgl. Wirksamkeit und Sicherheit von
Cannabis-basierten Analgetika
• Breites Wirkungsspektrum ermöglicht Einsatz in verschiedenen
Indikationsgebieten
• Gut verträgliches Nebenwirkungsprofil und individuelle Dosierung
• Vielzahl von Kasuistiken mit Behandlungserfolg aus der ärztlichen Praxis
• Seit 2017 erstattungsfähig

Cannabinoide haben großes Potential, traditionelle Schmerztherapie zu


ergänzen und teilweise zu ersetzen.
Studienlage Schmerzmedizinische Behandlung
Reduktion der Medikamentenlast durch Cannabinoide

“Adherence, Safety, and Effectiveness of Medical Cannabis and Epidemiological Characteristics of the Patient
Population: A Prospective Study”, Bar-Lev Schleider et al. 2022
100
90
80 50 % Krebspatienten, diverse andere Indikationen
Anteil der Patienten [%]

69,3
70
60 52,5
50
39,2 36,7
40 35,4 33,8 35,7
31,9
30 23,6
20
10 Dosisreduktion Absetzen der Medikation
0
de ik a ika iva oid
e va ika a i en
pioi lget lyt dat er e ssi e pt e tik
ant
xio t r l
O a Se os p pi iem La
x
An An /
tr ic ide tie nt
re ti ka t n A
de o Co An A
a n pn
Hy

Durch die Add-on-Therapie mit Cannabinoiden konnten Standardmedikamente reduziert werden, was zur Reduktion
von Nebenwirkungen und Medikationskosten beitragen kann.1,2

1. Bar-Lev Schleider et al. Prospective analysis of safety and efficacy of medical cannabis in large unselected population of patients with cancer. Eur J Intern Med 2018;49:37-43
2. Bar-Lev Schleider et al. Adherence, Safety, and Effectiveness of Medical Cannabis and Epidemiological Characteristics of the Patient Population: A Prospective Study. Front. Med. 2022. 9:827849
Der Einfluss der Cannabinoide auf die Lebensqualität

“Adherence, Safety, and Effectiveness of Medical Cannabis and Epidemiological Characteristics of the Patient
Population: A Prospective Study”, Bar-Lev Schleider et al. 2022

Veränderung der Lebensqualität nach 6 Monaten

2500 2279

2000
1567
Patientenzahl

1500
1211

1000 832 914


619
456
500 281
50 77 vor Behandlung
0 nach Behandlung
sehr schlecht schlecht weder gut noch gut sehr gut
schlecht
Die Add-on-Therapie mit Cannabinoiden führte zu einer deutlichen Steigerung der Lebensqualität
von Patienten verschiedener Indikationen.

1. Bar-Lev Schleider et al. Prospective analysis of safety and efficacy of medical cannabis in large unselected population of patients with cancer. Eur J Intern Med 2018;49:37-43
2. Bar-Lev Schleider et al. Adherence, Safety, and Effectiveness of Medical Cannabis and Epidemiological Characteristics of the Patient Population: A Prospective Study. Front. Med. 2022.
9:827849
Schmerzmedizin

o Systematische Übersichtsarbeiten von 16 RCTs mit 1750


o Patienten mit zentralen oder peripheren neuropathischen Schmerzen
o 10 RCTs mit Nabiximols, je 2 RCTs mit Cannabisblüten,
o Nabilon und Dronabinol
o NNT* 30 % Schmerzreduktion: 11
o NNT globale Besserung: 11
o NNH Abbruch wegen Nebenwirkungen: 25

o NNT = Anzahl der notwendigen Behandlungen


o NNH = Anzahl der Nebenwirkungen
Schmerzmedizin
CBD, THC und THC/CBD bei peripheren neuropathischen
Schmerzen

o Systematische Versagen mindestens einer etablierten Therapie


o 118 Patienten, 8 Wochen
o Flexible Dosen: Entweder CBD 5–50 mg oder THC 2,5–25 mg oder
CBD/THC 5 mg/2,5 mg–50 mg/25 mg
o Kein statistisch signifikanter Unterschied bzgl.
Schmerzreduktion, Aktivität, Stimmung und Schlaf (Ausnahme CBD)
Schmerzmedizin

o RCT mit 18 brasilianischen Patientinnen mit


o Fibromyalgiesyndrom
o 8 Wochen, THC-reiches Cannabisöl (mittlere Dosis: 4,4 mg
o THC und 0,08 mg CBD)
o Statistisch signifikante Überlegenheit von Cannabisöl in FIQ-R*
o Gesamtscore, Schmerz, Müdigkeit und Beeinträchtigungserleben

o *Spezieller Fibromyalgie-Fragebogen mit 21 Fragen zu den Aspekten Funktionsbeeinträchtigung,


allgemeines Befinden und Symptome (Fibromyalgia Impact Questionnaire-Revised, FIQ-R)
Schmerzmedizin
Kohortenstudie

o 136 Patienten aus saarländischen Schmerzpraxen mit


nichttumorbedingten Schmerzen, 2017–2018
o 71 % waren aus ärztlicher Sicht Responder (klinisch relevante Reduktion
von Schmerz oder von anderen Symptomen). Bei 29 % erfolgte ein
Abbruch der Therapie wegen Wirkungslosigkeit und/oder
Nebenwirkungen

Bialas P, Drescher B, Gottschling S, Juckenhöfel S, Konietzke D, Kuntz W, Kühne-Adler I, Merl-


Ripplinger H, Preisegger D, Schneider K, Strauß M, Welsch P, Häuser W. Cannabispräparate bei
chronischen Schmerzen: Indikationen, Präparateauswahl, Wirksamkeit und Sicherheit : Erfahrungen
der saarländischen Schmerztherapeuten Schmerz 2019;33(5):399–406
Schmerzmedizin
Kohortenstudie

o 187 konsekutive Patienten aus 3 saarländischen Schmerzzentren;


nichttumorbedingte Schmerzen
o 44,9 % berichteten starke und 43,3 % mäßige globale Besserung
o Absetzen von Opioiden bei 65 %, von Antidepressiva bei 60 % und von
Antikonvulsiva bei 58 %

Böttge-Wolpers C, Bialas P, Gottschling S, Juckenhöfel S, Konietzke D, Madlinger A, Welsch P, Häuser


W. Nutzen und Schaden von Cannabisarzneimitteln aus Sicht von Patienten mit chronischen
Schmerzen und ihren Ärzten : Eine Kohortenstudie in drei saarländischen Schmerzzentren. Schmerz
2023 Jan 20
Warum zögern Ärzte bei der
Verschreibung von Cannabis?
Keine ausreichende „Evidence“
Keine Leitlinien über Anwendung
- Auswahl
- Verwaltung
- Dosierung
- Monitoring
Angst vor Abhängigkeit und Missbrauch (=> Oxycodon)
Angst vor Regularien
Patienten wissen besser bescheid
Zeitdauer für den Antrag
Gibt es Kontraindikationen?
Kontraindikationen der Cannabis-Therapie
Medizinisches Cannabis nicht bzw. nur nach sorgfältiger Abwägung einsetzen bei:

• Allergie/Überempfindlichkeit

• Kinder/Jugendliche unter 18 Jahren


• Schwangerschaft, Stillzeit, Kinderwunsch

• Schizophrenie, Psychosen
• Suchtmittel-, Medikamenten-, Alkoholmissbrauch oder
-abhängigkeit1

Das könnte Ihnen auch gefallen