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© Ernst & Sohn Verlag für Architektur und technische Wissenschaften GmbH & Co. KG, Berlin · Bautechnik 83 (2006), Heft 5 341
14370999, 2006, 5, Downloaded from https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/bate.200610029 by Ruhr-Universität Bochum, Wiley Online Library on [09/03/2024]. See the Terms and Conditions (https://onlinelibrary.wiley.com/terms-and-conditions) on Wiley Online Library for rules of use; OA articles are governed by the applicable Creative Commons License
T. Wichtmann/A. Niemunis/Th. Triantafyllidis · Gilt die Minersche Regel für Sand?
2 Literaturüberblick
4 Versuchsergebnisse
a)
Bild 10. q-e1-Hysteresen in sechs Versuchen mit Zyklenpaketen mit den Amplituden q ampl = 20, 40, 60 und 80 kPa in unter-
schiedlicher Reihenfolge (pav = 200 kPa, h av = 0,75, fB = 0,25 Hz)
Fig. 10. q-e1-hystereses in six tests with packages of cycles with amplitudes q ampl = 20, 40, 60 and 80 kPa in different
sequences (pav = 200 kPa, h av = 0.75, fB = 0.25 Hz)
25000 Zyklen. Die Reihenfolge der Amplituden qampl = 20, einer Deviatorspannung q ª qav + 3qampl = 210 kPa). In
40, 60 und 80 kPa wurde variiert. Einen Überblick über diesem Bereich des Spannungspfads ist die Steifigkeit wäh-
die getesteten Reihenfolgen gibt das Bild 9. rend der monotonen Belastung etwa identisch mit der Se-
Bild 10 zeigt die q-e1-Hysteresen der sechs Versuche. kantensteifigkeit während der vorangegangenen zyklischen
Das Teildiagramm 10d mit dem Versuch 20 Æ 80 Æ 40 Æ Belastung. Diese Steifigkeitserhöhung reduziert die blei-
60 macht deutlich, daß ein Paket mit kleinen Zyklen (hier bende Dehnung im ersten Zyklus eines folgenden Pakets
qampl = 20 kPa) die Steifigkeit bei einer weiteren monoto- mit größerer Amplitude (hier qampl = 80 kPa) drastisch. Dies
nen Belastung erhöht (in diesem Fall bis zum Erreichen führt dazu, daß die Dehnungen in den Anfangszyklen bei
Bild 11. Dehnungsamplituden als Funktion der Zyklenan- Bild 12. Akkumulationskurven e acc(N): a) mit und b) ohne
zahl N in sechs Versuchen mit Zyklenpaketen mit Amplitu- die bleibenden Dehnungen in den Anfangszyklen, sechs Ver-
den q ampl = 20, 40, 60 und 80 kPa in unterschiedlicher Rei- suche mit Zyklenpaketen mit Amplituden q ampl = 20, 40, 60
henfolge (pav = 200 kPa, h av = 0,75, fB = 0,25 Hz) und 80 kPa in unterschiedlicher Reihenfolge
Fig. 11. Strain amplitudes as a function of the number of Fig. 12. Accumulation curves e acc(N): a) with and b) with-
cycles N in six tests with packages of cycles with amplitu- out the residual strains in the first cycles, six tests with
des q ampl = 20, 40, 60 and 80 kPa in different sequences packages of cycles with amplitudes q ampl = 20, 40, 60 and
(pav = 200 kPa, h av = 0.75, fB = 0.25 Hz) 80 kPa in different sequences
einer Anordnung der Pakete in der Reihenfolge 20 Æ 40 Æ den. Dies ist auf die dann größeren bleibenden Dehnun-
60 Æ 80 verschwindend gering sind (Bild 10a). Je früher gen in den ersten Zyklen zurückzuführen (Bild 10). Sub-
die Pakete mit größeren Amplituden aufgebracht werden, trahiert man die Dehnungen in den Anfangszyklen, erhält
desto größer sind die bleibenden Verformungen in deren man Bild 12b. Hier zeigt sich, daß die Dehnungsakkumu-
Anfangszyklen. lation umso schneller verläuft, je später die Zyklenpakete
Bild 11 zeigt die Verläufe der Dehnungsamplituden mit den größeren Amplituden aufgebracht werden. Diese
mit N in den beiden Versuchen mit den Reihenfolgen 20 Æ langsamere Akkumulation in den Versuchen mit einer frü-
40 Æ 60 Æ 80 und 80 Æ 60 Æ 40 Æ 20. Eine Abnahme hen Applikation der großen Amplituden erklärt sich mit
der Dehnungsamplitude eampl mit N zu Beginn eines Zy- der größeren Verdichtung in den Anfangszyklen und den
klenpakets war bei den größeren Spannungsamplituden daraus folgenden kleineren Porenzahlen (= kleinere Ak-
qampl ≥ 60 kPa immer dann zu beobachten, wenn in den kumulationsraten) zu Beginn der weiteren Zyklen.
vorangegangenen Paketen keine größeren Amplituden qampl Die bleibenden Dehnungen am Ende der sechs Ver-
als diejenige des aktuellen Pakets aufgebracht wurden. suche unterscheiden sich um maximal 20 %. Damit wur-
Bild 12a zeigt die Entwicklung der bleibenden Deh- den ähnliche Ergebnisse erhalten, wie sie auch für wesent-
nungen eacc inklusive der Dehnungen in den ersten Zyklen lich kleinere Zyklenanzahlen (Nmax = 50 je Paket, Bild 3)
der Pakete. Die bleibende Dehnung am Ende des vierten von Kaggwa et al. [14] berichtet wurden. Ersetzt man für
Zyklenpakets war um so größer, je früher die Pakete mit eine Berechnung der Akkumulation mit einem expliziten
größeren Amplituden (qampl ≥ 60 kPa) aufgebracht wur- Modell eine unregelmäßige Belastung durch regelmäßige
2
Ê e ampl ˆ (4)
fampl = Á ampl ˜
Ë e ref ¯
C N1C N2
f˙N = + C41C4 (5)
1
1+42C N4N 1
23
N2 33
N
f˙B N
f˙NA
Bild 14. Numerisch generierte Akkumulationskurven e acc(N) für 5 · 104 Zyklen mit der Dehnungsamplitude e ampl = 2 · 10–4
und weitere 5 · 104 Zyklen mit e ampl = 4 · 10–4, angeordnet in unterschiedlichen Paketen und Reihenfolgen (fe fp fY fp = 1)
Fig. 14. Accumulation curves e acc(N) generated numerically for 5 · 104 cycles with strain amplitude e ampl = 2 · 10–4 and
5 · 104 cycles with e ampl = 4 · 10–4, applied in different packages and sequences (fe fp fY fp = 1)
folge der Pakete variiert wurde. Der Endwert der bleiben- Veränderung der Lastamplitude unter Berücksichtigung der
den Dehnung nach 105 Zyklen ist in den sechs Berech- vorangegangenen zyklischen Belastung gut wieder. Die be-
nungen identisch. Die Materialformulierung erfüllt dem- rechneten Akkumulationskurven folgen zutreffend den ex-
nach die Minersche Regel, nach der die Reihenfolge der perimentell ermittelten Verläufen eacc(N). Die vorgeschla-
Zyklenpakete keine Rolle spielt. genen expliziten Gleichungen scheinen daher geeignet, um
Die Gln. (2), (3), (4), (7) und (8) wurden weiterhin ver- das Materialverhalten unter Zyklenpaketen zu beschreiben.
wendet, um die zyklischen Triaxialversuche nachzurech- Es sei jedoch darauf hingewiesen, daß bisher nur Zy-
nen, deren Akkumulationskurven in Bild 12 dargestellt klen mit konstanter Polarisation (d. h. unveränderlicher
sind. Bild 15 vergleicht die Kurven eacc(N) im Elementver- Richtung im Dehnungsraum) betrachtet wurden. Verän-
such und in der Nachrechnung. Zunächst ist anzumerken, dert sich neben der Amplitude auch die Polarisation von
daß die Akkumulationsraten für die größte Spannungsam- Zyklus zu Zyklus, kann das Materialverhalten noch we-
plitude qampl = 80 kPa leicht zu groß prognostiziert werden. sentlich komplizierter sein. Hierzu liegen bisher jedoch
Dies liegt daran, daß die Abhängigkeit e◊acc(eampl) bei größe- keine experimentellen Untersuchungen vor.
ren Dehnungsamplituden nicht mehr quadratisch ist und Ein Problem für Akkumulationsprognosen stellt der
ab eampl ª 10–3 die Akkumulationsrate kaum noch mit der unbekannte Anfangswert der historiotropen Variable g0A
Dehnungsamplitude steigt (fampl = 100, von dieser Grenze in-situ dar. Da g0A nicht direkt gemessen werden kann, ist
ist man hier jedoch noch weit entfernt, siehe eampl(N) in es mit Hilfe von Korrelationen abzuschätzen. Trotz einiger
Bild 11). Darüber hinaus gibt das explizite Akkumulations- Bemühungen [17], [18], [19], [8] existiert bisher keine eta-
modell die Veränderung der Akkumulationsrate bei einer blierte Korrelation. Auch die Literatur weiß auf die Frage
Bild 15. Validierung der historiotropen Variable gA: Nachrechnung zyklischer Triaxialversuche mit Zyklenpaketen mit Ampli-
tuden q ampl = 20, 40, 60 und 80 kPa in unterschiedlicher Reihenfolge (pav = 200 kPa, h av = 0,75, 0,58 £ ID0 £ 0,63)
Fig. 15. Validation of the historiotropic variable gA: Re-calculation of cyclic triaxial tests with packages of cycles with am-
plitudes q ampl = 20, 40, 60 and 80 kPa in different sequences (pav = 200 kPa, h av = 0.75, 0.58 £ ID0 £ 0.63)
der Abschätzung der zyklischen Vorbelastung keine Ant- folge von Zyklenpaketen mit unterschiedlichen Amplituden
wort zu geben. Der Entwicklung von Methoden, mit de- wurde getestet. Die bleibenden Dehnungen am Versuchs-
nen g0A abzuschätzen ist, ist daher in Zukunft größtmög- ende unterschieden sich um maximal 20 %. Ersetzt man
liche Aufmerksamkeit zu widmen. in einer Berechnung mit einem expliziten Akkumulations-
modell eine Belastung mit variierender Amplitude durch
6 Zusammenfassung Zyklenpakete mit einer konstanten Amplitude innerhalb
des Pakets, so kann der Einfluß der Reihenfolge der Zy-
In zyklischen Triaxialversuchen an Sand wurde die Gül- klen im Hinblick auf den Endzustand in erster Näherung
tigkeit der Minerschen Regel für relativ große Zyklenan- vernachlässigt werden. In diesem Beitrag wurde gezeigt,
zahlen (N ≥ 105) überprüft, d. h. der Einfluß der Reihen- wie das in [5] detailliert erläuterte explizite Akkumulations-
modell das Materialverhalten unter Zyklenpaketen be- [9] Miner, M.: Cumulative damage in fatigue. Transactions of
schreibt. Hierzu wurde eine Variable für die zyklische Vor- the American Society of Mechanical Engineering 67 (1945),
belastung (Historiotropie) eingeführt, die neben der An- pp. A159–A164.
zahl auch die Amplitude der Zyklen in der Vergangenheit [10] Ishihara, K., Yasuda, S.: Sand liquefaction in hollow cylinder
torsion under irregular excitation. Soils and Foundations 15
berücksichtigt. Eine gute Approximation der Meßdaten
(1975), No. 1, pp. 29–45.
durch das Modell konnte gezeigt werden.
[11] Tatsuoka, F., Maeda, S., Ochi, K., Fujii, S.: Prediction of
cyclic undrained strength of sand subjected to irregular load-
Dank ings. Soils and Foundations 26 (1986), No. 2, pp. 73–89.
Diese Arbeit entstand im Rahmen des Teilprojektes A 8 [12] Seed, H. B., Idriss, I. M., Makdisi, F., Banerjee, N.: Repre-
„Einfluß der Strukturveränderung im Boden auf die Lebens- sentation of irregular stress time histories by equivalent uni-
dauer von Bauwerken“ im Sonderforschungsbereich 398 form stress series in liquefaction analyses. Technical Report
„Lebensdauerorientierte Entwurfskonzepte unter Schädi- EERC 75-29, Univ. of California, Berkeley, California, 1975.
gungs- und Deteriorationsaspekten“. An dieser Stelle wird [13] Seed, H. B., Idriss, I. M.: Simplified procedure for evaluat-
der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) für die Fi- ing soil liquefaction potential. Journal of the Soil Mechanics
nanzierung gedankt. and Foundations Division, ASCE 97 (1971), No. SM9,
pp. 1249–1273.
[14] Kaggwa, W. S., Booker, J. R., Carter, J. P.: Residual strains in
Literatur
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technical Engineering, ASCE 117 (1991), No. 2, pp. 201–218.
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[15] Wichtmann, T., Niemunis, A., Triantafyllidis, T.: Experi-
to cyclic wave loading. Journal of the Geotechnical Engineer-
mental evidence of a unique flow rule of non-cohesive soils
ing Division, ASCE 107 (1981), No. GT8, pp. 1129–1149.
under high-cyclic loading. Acta Geotechnica (2006), im Druck.
[2] Bouckovalas, G., Whitman, R. V., Marr, W. A.: Permanent
[16] Triantafyllidis, Th., Niemunis, A.: Offene Fragen zur Mo-
displacement of sand with cyclic loading. Journal of Geotech-
dellierung des zyklischen Verhaltens von nichtbindigen Bö-
nical Engineering, ASCE 110 (1984), No. 11, pp. 1606–1623.
den. In: Beiträge zum Workshop: Boden unter fast zyklischer
[3] Sawicki, A., Swidzinski, W.: Mechanics of a sandy subsoil
Belastung: Erfahrungen und Forschungsergebnisse, Veröffent-
subjected to cyclic loadings. International Journal For Nume-
lichungen des Institutes für Grundbau und Bodenmechanik
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der Ruhr-Universität Bochum, Heft 32, S. 109–134, 2000.
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dynamic loading history on dynamic properties of dry sand,
halten nichtbindiger Böden und Schotter unter zyklisch-dy-
part I: cyclic and dynamic torsional prestraining. Soil Dynamics
namischer Beanspruchung. Dissertation, Universität Gh Kas-
and Earthquake Engineering 24 (2004), No. 2, pp. 127–147.
sel, 2002.
[18] Wichtmann, T., Triantafyllidis, T.: Influence of a cyclic and
[5] Niemunis, A., Wichtmann, T., Triantafyllidis, T.: A high-
dynamic loading history on dynamic properties of dry sand,
cycle accumulation model for sand. Computers and Geotech-
part II: cyclic axial preloading. Soil Dynamics and Earthquake
nics 32 (2005), No. 4, pp. 245–263.
Engineering 24 (2004), No. 11, pp. 789–803.
[6] Suiker, A. S. J., de Borst, R.: A numerical model for the
[19] Wichtmann, T., Niemunis, A., Triantafyllidis, T., Poblete, M.:
cyclic deterioration of railway tracks. International Journal of
Correlation of cyclic preloading with the liquefaction resist-
Numerical Methods in Engineering 57 (2003), pp. 441–470.
ance. Soil Dynamics and Earthquake Engineering 25 (2005),
[7] Wichtmann, T., Niemunis, A, Triantafyllidis, T.: Setzungs-
No. 12, pp. 923–932.
akkumulation in nichtbindigen Böden unter hochzyklischer
Belastung. Bautechnik 82 (2005), H. 1, S. 18–27.
[8] Wichtmann, T.: Explicit accumulation model for non-cohe- Autoren dieses Beitrages:
sive soils under cyclic loading. Dissertation, Schriftenreihe Dr.-Ing. Torsten Wichtmann, Dr.-Ing. habil. Andrzej Niemunis, Univ.-Prof.
des Institutes für Grundbau und Bodenmechanik der Ruhr- Dr.-Ing. habil. Theodor Triantafyllidis, Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl
Universität Bochum, Heft 38, 2005. für Grundbau und Bodenmechanik, Universitätsstraße 150, 44780 Bochum