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GEBRAUCH des Konjunktivs I

I. Der Konjunktiv I in der indirekten Rede


 Man benutzt die indirekte Rede im Konjunktiv, wenn man das, was ein anderer gesagt oder geschrieben hat,
möglichst genau wiedergeben will und wenn man dabei gleichzeitig ausdrücken will, dass man für die
Richtigkeit der Aussage nicht garantieren kann.

 In der indirekten Rede werden die Aussagen einer anderen Person objektiviert und oft verkürzt wiedergegeben.
Von Reden, Schriften, öffentlichen Bekanntmachungen usw. wird meist nur das sachlich Wichtige berichtet.
Durch den Gebrauch des Konjunktivs I wird die Distanz zur wörtlichen Rede kenntlich gemacht.

 Die indirekte Rede findet man häufig in wissenschaftlichen Texten, in denen der Verfasser die Meinung
anderer Wissenschaftler wiedergibt, in Zeitungen und in Nachrichtensendungen. Weil meistens Äußerungen
dritter Personen referiert werden, kommen fast ausschließlich Formen der 3. Person Sg. bzw. Pl. vor.

 In der Umgangssprache wird in der indirekten Rede statt des Konjunktivs I meist der Indikativ oder der
Konjunktiv II verwendet:
 Bei Verwendung des Indikativs ist der Abstand des Sprechers zur Aussage gering.
z.B. Paul sagte, er kommt nicht. (Indikativ)
 Bei Verwendung des Konjunktivs II ist der Abstand des Sprechers zur Aussage größer, besonders in
eingeleiteten Aussagesätzen (= ohne dass).
z.B. Susi sagte, sie müsste die Zahlen noch einmal überprüfen. (Konjunktiv II)

 In der indirekten Rede benutzt man in der Regel den Konjunktiv I. Wenn Konjunktiv-I-Form und
Indikativform gleich sind, benutzt man den Konjunktiv II.

Direkte Rede Indirekte Rede


In der Wahlnacht spricht der Parteivorsitzende. Ein Journalist berichtet:
Er sagt unter anderem: Der Parteivorsitzende sagte,
a) „Ihnen, liebe Wählerinnen und Wähler, danke er danke seinen Wählerinnen und Wählern herzlich.
ich herzlich.“ (… dass er seinen Wählerinnen und Wählern
herzlich danke.)
zu a)
1. Die indirekte Rede kann mit einem dass-Satz eingeleitet werden. Bei einer längeren Mitteilung steht der
dass-Satz in der Regel nur am Anfang.
2. In der indirekten Rede ändern sich die Pronomen sinngemäß. Dabei ist besonders zu beachten,
a) wer spricht, b) zu wem oder von wem gesprochen wird, c) gegebenenfalls, wer die Rede wiedergibt.
b) Seinen Parteifreunden rief er zu: Seinen Parteifreunden rief er zu,
„Wir alle können stolz sein auf den gemeinsamen sie alle könnten stolz sein auf den gemeinsamen
Erfolg.“ Erfolg,
„Und jetzt heißt es: Vorwärts, an die Arbeit!“ und zu diesem Zeitpunkt heiße es, sofort mit der
Arbeit zu beginnen.
zu b)
1. Anreden, Ausrufe, spontane Redewendungen usw. fallen in der indirekten Rede meistens weg.
2. Man kann – damit der Zusammenhang besser verständlich wird – Namen wiederholen, Adverbien
einfügen oder sinngemäße Sätze oder Verben verwenden wie bejahen, verneinen, ablehnen.
c) „Für morgen ist ein Gespräch mit dem Für heute, Montag, sei ein Gespräch mit dem
Bundespräsidenten geplant.“ Bundespräsidenten geplant.
„In unserem Land muss es einige tiefgreifende In diesem Land müsse es tiefgreifende
Veränderungen geben.“ Veränderungen geben.
zu c)
Adverbiale Angaben des Ortes oder der Zeit müssen sinngemäß geändert werden (z.B.: jetzt – zu diesem
Zeitpunkt, heute – am gleichen Tag, gestern – am Vortag, morgen – am folgenden / nächsten Tag, morgig –
heutig, hier – dort usw.)
d) „Ich, als Demokrat, leite das aus dem Er, als Demokrat, leite das aus dem Wahlergebnis ab,
Wahlergebnis ab, das sonst ganz anders das sonst ganz anders ausgefallen wäre.
ausgefallen wäre.“
„Wir haben von den Wählern den Auftrag Sie hätten von den Wählern den Auftrag erhalten, die
erhalten, die Zukunft unseres Landes neu zu Zukunft des Landes neu zu gestalten.
gestalten.“
zu d)
Der Konjunktiv II bleibt in der indirekten Rede erhalten. Fällt die Form des Konjunktivs I mit einer Form des
Indikativs zusammen, so steht stattdessen ebenfalls der Konjunktiv II.

 Für die indirekte Rede stehen der Konjunktiv I und seine Ersatzformen (Konjunktiv II und die würde-Form) zur
Verfügung. Sie stehen:
 nach Verben des Sagens und Denkens (z.B. antworten, behaupten, bemerken, berichten, betonen, bitten,
denken, drohen, erinnern, erklären, erwarten, erwidern, erzählen, glauben, hinzufügen, hoffen, meinen,
melden, mitteilen, sagen, überzeugen, vermuten, versichern, versprechen, wünschen) bzw.
 nach Verben des Fragens (z.B. fragen, die Frage stellen, die Frage richten an, wissen wollen).

Bei längeren Texten reicht ein Einleitungssatz zu Beginn. Der Konjunktiv ist dann obligatorisch.

Bei einem Sprecherwechsel muss durch die Redeeinleitung deutlich werden, wer spricht.

Nebensätze, die mit der Konjunktion dass eingeleitet werden, haben Endstellung des finiten Verbs; in
uneingeleiteten Aussagesätzen (= ohne dass) steht das Verb in zweiter Position.

(Wenn die Zeitung am nächsten Tag von dem


Interview berichtet, steht dort:)
Der Politiker sagt/sagte gestern: „In der morgigen In dem gestrigen Interview gab der Politiker
Sitzung der Partei werden alle Diskussionspunkte zu erkennen, dass in der heutigen Sitzung der Partei
noch einmal besprochen. Ich kann deshalb jetzt noch alle Diskussionspunkte noch einmal besprochen
keine Einzelheiten nennen. Es wird einige würden. Er könne deshalb zu diesem Zeitpunkt
Kurskorrekturen geben, weil meine Partei auf die noch keine Einzelheiten nennen. Es werde einige
neue außenpolitische Entwicklung reagieren muss.“ Kurskorrekturen geben, weil seine Partei auf die
neue außenpolitische Entwicklung reagieren müsse.

 Die Frage wird in der indirekten Rede als Nebensatz wiedergegeben.

Direkte Frage Indirekte Frage


Er fragt: Er fragt,
a) „Gehst du morgen zur Wahl?“ ob ich morgen zur Wahl ginge.
zu a)
Bei Fragen ohne Fragewort wird die Konjunktion ob verwendet.
b) „Wann gehst du zum Wahllokal?“ wann ich zum Wahllokal ginge.
„Welche Partei willst du wählen?“ welche Partei ich wählen wolle.
zu b)
Bei Fragen mit Fragewort wird dasselbe Fragewort oder das erweiterte Fragewort als Konjunktion verwendet.
 Der Imperativ in der indirekten wird durch Modalverben wiedergegeben.

Direkter Imperativ Indirekter Imperativ


a) „Reg dich doch bitte nicht so auf!“ Er bat mich (freundlich), ich möge mich nicht so
aufregen.
zu a)
Bei einer höflichen Bitte gebraucht man mögen.
b) „Hört jetzt endlich auf, über das Wahlergebnis zu Er befahl uns (scharf), wir sollten aufhören, über das
diskutieren!“ Wahlergebnis zu diskutieren.
zu b)
Bei einer Aufforderung oder einem Befehl gebraucht man sollen, müssen oder nicht dürfen.

 Anmerkungen zur Zeichensetzung in der indirekten Rede


1. Der Doppelpunkt (:) und die Anführungszeichen („…“) der direkten Rede fallen weg. Nach der Einleitung zur
indirekten Rede (z.B. ich sag(t)e, … / sie berichtete(n), …) steht nur ein Komma (,).
2. Da von einer Aufforderung, einer Bitte, einem Befehl oder einer Frage nur berichtet wird, entfallen auch
Ausrufezeichen (!) und Fragezeichen (?).

 Bei unbezweifelbaren Tatsachen benutzt man für die indirekte Rede den Indikativ.

1a) Laut Regierungsbeschluss / Dem Regierungsbeschluss Nach den Präpositionen entsprechend,


zufolge wird es keine Steuererhöhungen geben. gemäß, laut, nach und zufolge (1a) sowie nach
1b) Wie aus Regierungskreisen verlautet / verlautete, wird der Konjunktion wie (1b) wird der Indikativ
über Steuererhöhungen nicht nachgedacht. gebraucht.
2) Die Parteichefs behaupten / behaupteten, dass sie gut Der Indikativ wird auch dann oft gebraucht,
zusammenarbeiten. wenn eine Aussage schon durch das
redeeinleitende Verb und die Nebensatz-
Konjunktion als indirekte Rede erkennbar ist
(2).
3) Der Politiker erinnert / erinnerte daran, dass es alle vier Der Indikativ wird auch bei feststehenden
Jahre Wahlen gibt. Tatsachen und objektiven Gegebenheiten
gebraucht (3).
4) Der Politiker sagt / sagte, dass es keine Ein Indikativ kann auch darauf hindeuten, dass
Steuererhöhungen gibt. der Sprecher die wiedergegebene Aussage
nicht bezweifelt, sondern für richtig hält (4).

 In Nebensätzen mit zwei Infinitiven steht die Personalform davor.

„ „Da ich mich früher in wichtigen Fragen auf eine breite Da er sich früher in wichtigen Fragen auf eine
Mehrheit stützen konnte, erwarte ich auch diesmal ein breite Mehrheit habe stützen können, erwarte
positives Ergebnis.“ er auch diesmal ein positives Ergebnis.

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