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Was sind Literaturepochen?

Eine Literaturepoche ist ein zeitlicher Abschnitt in der Literaturgeschichte, der dir dabei hilft, ein
Werk in eine bestimmte Zeit einzuordnen. Wenn du den geschichtlichen Hintergrund eines Textes
kennst, kannst du seine Themen besser verstehen. Denn Werke, die zu einer bestimmten Zeit
geschrieben worden sind, haben meist ähnliche Motive.
Allerdings ist es manchmal nicht so einfach, den Anfang und das Ende einer Epoche genau
festzumachen. Oft sind die Übergänge zwischen den Literaturepochen fließend oder sie laufen
parallel zueinander, wie z. B. der Vormärz und der Biedermeier. Häufig kannst du Autoren auch
mehreren literarischen Epochen zuordnen. So findest du Werke von Friedrich Schiller sowohl im
Sturm und Drang als auch in der Weimarer Klassik.

Mittelalter Literaturepoche Merkmale, Autoren & Werke


Mittelalter bezeichnet die Epoche von ca. 500-1600. Die damalige Gesellschaft wurde nicht nur von
dem herrschenden Feudalsystem beeinflusst, sondern auch von dem damals geltenden Weltbild.
Dieses wurde stark von der Kirche und der Bibel geprägt. Der Mensch war Teil des Kollektivs und
hatte - im Gegensatz zu der heutigen Vorstellung des Menschen als Individuum - einen festgelegten
Platz innerhalb der Gemeinschaft.
Die Literatur war lange Zeit dem Klerus und Adel vorbehalten, da der Großteil der Bevölkerung
weder Schreiben noch Lesen konnte. Zudem wurden die Werke des Mittelalters zu Anfang in Latein
verfasst und behandelten geistliche Themen. Erst im Laufe der Epoche erschienen erste
volkssprachige Werke mit weltlicher Thematik.

Name der Epoche Mittelalter


Der Begriff „,Mittelalter" wurde von den Humanisten geprägt und stammte als solcher aus der
Epoche der Renaissance, die auf die Epoche des Mittelalters folgte. Während der Renaissance
erlebte die Antike einen Aufschwung und gewann wieder an Bedeutung. Sie galt als Vorbild und
Maßstab der damaligen Zeit. Im Gegensatz dazu hilft man die Zeit des Mittelalters für her unwichtig
und weniger bedeutend, weswegen dem Begriff „,Mittelalter" viel mehr eine abwertende Bedeutung
anhaftete.

Merkmale der Literaturepoche Mittelalter ***

Mündliche Überlieferung
Da im Mittelalter der Analphabetismus vorherrschte, wurden Erzählungen, Märchen oder auch
Volkslieder von der einfachen Bevölkerung hauptsächlich mündlich weitergegeben. Auch der
Minnesang war darauf ausgelegt, an den Höfen der Adligen vorgetragen zu werden.

Kirchliche und Höfische Literatur


Die Literatur ließ sich vor allem in die Kirchliche Literatur und die Höfische Literatur unterteilen.
Während bei ersterer die lateinische Sprache verwendet und geistliche Themen behandelt wurden,
lag der Fokus der Höfischen Literatur auf weltlichen Themen und dem ritterlichen Ideal und sie
wurde in der Volkssprache verfasst.

Literatur entstand meist durch einen Auftrag


Vor allem in der Blütezeit des Minnesanges war die Literatur größtenteils nicht frei, sondern viel
mehr zweckmäßig und dienstbar. Die Minnesänger und Autoren wurden vom Adel finanziert und
banden sich damit oft an einen Hof, wo sie von ihren Schirmherren mit Essen, Schreibutensilien und
einer Unterkunft versorgt wurden. Dafür schrieben sie nach Vorlagen und Regeln, während sie
ebenfalls Loblieder für ihre Mäzene verfassten.
Das Allgemeingültige und die Idealisierung des Rittertums standen im Mittelpunkt
In der mittelalterlichen Literatur ging es weniger um die persönlichen Erfahrungen und
Beobachtungen eines Einzelnen, sondern viel mehr um das Allgemeingültige. Neben Erzählungen,
die das Rittertum idealisierten, gab es fiktive Fabeln und Heldengeschichten.

Keine Individualität
Da vor allem das Allgemeingültige dargestellt wurde, sollte der Mensch als solches ebenfalls
dargestellt werden. Das Individuelle spielte dabei keine Rolle, wodurch hauptsächlich auf traditionell
festgelegte Themen und Formen zurückgegriffen wurde.

Kampf von Gut gegen Böse


Die meisten Geschichten handelten von dem Kampf von Gut gegen Böse. Dabei spielte man
zumeist mit den Figuren des Helden (die Besten), der Damen (die Schönsten) und der Bösewichte
(die Schlechtesten). Es bestand eine Vorliebe für Klischees und traditionelle Figuren.

Dichtung und Prosa


Vor allem die Dichtung war im Mittelalter populär und so wurden die Werke in Vers- und
Reimform verfasst. Auf diese Weise ließen sich die Geschichten des Minnesanges gut merken und
vortragen. Erst gegen Ende der Epoche, als die Literatur zusehends vom aufsteigenden Bürgertum
und der Kultur der Städte, sowie den entstehenden Universitäten beeinflusst wurde, entstanden
mehr und mehr Werke in Prosaform.

Minnesang
Der Minnesang ist die älteste Liebesdichtung im westeuropäischen Sprachraum und fand seinen
Höhepunkt im Mittelalter. In dessen Mittelpunkt stehen die höfische Liebe und die Liebeserklärung
eines Ritters bzw. des Minnesängers an eine adlige Dame. Der Minnesang war das Instrument, um
das ritterliche Ideal darzustellen.

Phasen der Epoche Mittelalter


Am gängigsten ist die Unterteilung der Epoche des Mittelalters in drei Phasen: das Frühmittelalter,
das Hochmittelalter und das Spätmittelalter.

Während des Frühmittelalters (ca. 500-1180) gab es vor allem literarische Formen wie
beispielsweise Heldensagen, Zaubersprüche, oder Evangelienharmonien. Da sowohl das Lesen als
auch das Schreiben vor allem Geistlichen und Gelehrten vorbehalten war, wurden die Werke
vorwiegend in Latein geschrieben und besaßen den Zweck, den christlichen Glauben zu verbreiten.
Auch wurden die meisten Werke anonym verfasst. Erst gegen Ende dieser Phase setzte das
Althochdeutsch ein, womit war erste Geschichten auch in der Volkssprache geschrieben wurden,
dennoch überwiegend mündlich weitergetragen wurden.

Zur Zeit des Hochmittelalters (ca. m 1170-1250) erlebte der Minnesang seine Blütezeit und auch die
höfische Dichtung war auf dem Vormarsch. Die Werke des Hochmittelalters behandelten das Leben
der Adligen oder auch das ritterliche Ideal. Zudem entstanden viele Geschichten nach französischen
Vorlagen und wurden in Mittelhochdeutsch verfasst. Während das Bürgertum und der Adel
langsam begannen, sich vom Klerus und dessen Dominanz zu emanzipieren, entstanden weitere
literarische Formen wie unter anderem das Heldenepos, die Spruchdichtung, das Tagelied und das
Kreuzlied oder auch der deutsche Artusroman.
Im Spätmittelalter (ca. 1250-1500) gewann das aufsteigende Bürgertum immer mehr an Einfluss,
während das Rittertum in den Hintergrund rückte. Auch die Pest prägte diesen Zeitraum, wodurch
innerhalb der Bevölkerung zusehends Pessimismus herrschte. Dadurch waren viele Werke von
einer Melancholie und Hoffnungslosigkeit geprägt. Die höfische Literatur - und mit ihr die
Versdichtung - verschwand langsam. Stattdessen wurde immer mehr in Prosaform verfasst und
literarische Formen wie der Schwank, Totentanz, Legenden, Geistliches Drama oder auch
Legenden entstanden.

DIE FRÜHMITTELALTERLICHE DICHTUNG CA. 500 - 1180

1. Begriff
Der Begriff Mittelalter ging aus der nachfolgenden Epoche, der Renaissance, hervor. Die Humanisten
wählten den Begriff für die Zeit zwischen Antike und der Neuzeit.

2. Germanische Literaturzeugnisse
Die Germanen brachten bei ihrer Völkerwanderung eine eigene Literatur mit. Es entstanden in
verschiedenen Gegenden unterschiedliche Sagenkreise. Überlieferungen aus der Germanischen
Literatur sind das Hildebrandslied und die Merseburger Zaubersprüche.
Die Merseburger Zaubersprüche wurden erst im 10. Jahrhundert aufgezeichnet, entstanden
wahrscheinlich aber noch vor 750. Der erste Spruch dient der Befreiung eines Gefangenen, der
zweite Spruch zur Heilung eines verrenkten Pferdefußes.
Das Hildebrandslied ist das einzige germanische Heldenlied in althochdeutscher Sprache. Das
Hildebrandslied wurde um 830 von zwei Mönchen des Fuldaer Klosters auf die inneren Deckblätter
eines Gebetbuches geschrieben. Entstanden ist es um 770/780. Die 68 erhaltenen stabenden
Langzeilen berichten vom Vater-Sohn-Kampf zwischen Hildebrand und Hadubrand, die Handlung
bricht aber mitten im Kampf ab. Aus altnordischen Dichtungen geht hervor, dass Hildebrand seine
Sohn erschlägt.

3. Althochdeutsche Literatur (760-1060)


Unter Karl dem Großen (768-814) wurden die Germane christianisiert, und die Geistlichen
betrachteten es als ihre Aufgabe, den "Bekehrten" die christliche Literatur nahezubringen. Die Lese-
und Schreibkunst blieb lediglich den Mönchen vorbehalten. Die althochdeutsche Literatur vereint
zwei Traditionsstränge: germanisch-heidnische Element und christlich-antike Element. Um
760/765 verfasste der Bischof Arbeo von Freising in lateinisch-deutsches Wörterbuch, das nach
seinem ersten Eintrag benannt wurde: Abrogans. Dieses Werk ist das erste erhaltene Zeugnis der
deutschen Sprache.

Heidnische Zaubersprüche wurden von den Christen als Segenssprüche übernommen. Die
heidnischen Götter wurden dabei ausgelassen und für sie wurde Gott eingesetzt.

Für die deutsche Literaturgeschichte ist die um 865 entstandene Evangelienharmonie von Otfrid von
Weißenburg von großer Bedeutung. Otfrid führte als erster Dichter den Endreim in die
deutschsprachige Literatur ein. Seine Evangelienharmonie, die das Leben Jesu von der Geburt bis
zur Auffahrt in den Himmel schildert, ist in vier Handschriften überliefert.

4. Frühmittelhochdeutsche Literatur (1060-1120)


Die Paraphrase des Hohen Liedes (um 1060) von Williram von Ebersberg markiert den Beginn der
mittelhochdeutschen Dichtung. Darin deutete Williram das Verhältnis Braut - Bräutigam auf das
Verhältnis Kirche - Gott um.
Das über den Kölner Erzbisch Anno verfasste Annolied (ca. 1080) ist das erste biographische Werk
der deutschen Sprache. Im Annolied wird Anno als Heiliger dargestellt, der gegen die
zerstörerischen Folgen weltlicher Taten im Sinne der weltverneinenden Haltung der
kluniazensischen Reform wirkt. Das Werk beginnt aber mit einer Abhandlung der
Menschheitsgeschichte bis hin zum Römischen Reich. Außerdem enthält es einen Hinweis auf die
„Krimgoten.

5. Vorhöfische Literatur (1120-1180)


Zwischen 1120 und 1140 entstand das Alexanderlied des Pfaffen Lamprecht. Es ist das erste Werk
in der deutschen Literaturgeschichte, das nicht auf eine lateinische Quelle, sondern eine
volksprachliche (altfranzösische) Quelle zurückgeht: ein Gedicht von Alberich von Besançon.
Zudem ist es das erste weltliche Epos in deutscher Sprache. Das Alexanderlied berichtet über das
Leben Alexanders des Großen.

Eine der bekanntesten Vertreterinnen der Mystik war Hildegard von Bingen (1098-1179) mit ihrem
Werk Liber Scivias (Wisse die Wege, 1141/53), welches den Beginn der deutschsprachigen Mystik
markiert.

Deutsche Literatur von ihren Anfängen bis zum Ende des frühen
Mittelalters
Althochdeutsche Literatur in der Karolingerzeit (750-900)

Die Hauptsprache des frühen und hohen Mittelalters war Latein. Fast alle Zeugnisse aus Politik,
Verwaltung, Geschichtsschreibung, Theologie und anderen Wissenschaften wurden in lateinischer
Sprache aufgeschrieben.
Sprache des Volkes : Erst im 8. Jh. n. Chr. begann die Überlieferung in deutscher Sprache, und zwar
in den verschiedenen althochdeutschen Dialekten. Diese entwickelten sich später zum
Mittelhochdeutschen und seine Varianten. Im Vergleich zu lateinischen Texten wurde vom 8. bis ins
11. Jh. insgesamt nur wenig in der Sprache des Volkes (,, theodisca lingua" aus ,,theodisk" entstand
„deutsch“) abgefasst. Man zählt deshalb alle überlieferten deutschen Texte des Zeitraums zur
deutschen Literatur, z. B. auch politische und religiöse Gebrauchstexte (Gebete, Beichtformeln,
Taufgelöbnisse, Glaubenssätze, Predigten, Psalmen) oder Übersetzungen einzelner Wörter (Glossen,
s. S.15). Diese deutsche Literatur befasste sich mit zentralen Lebensbereichen der Zeit wie Religion,
Recht, Kriegerleben u. a. und stand so in einem unmittelbaren Bezug zur allgemeinen Geschichte.

Zeitliche Verschiebung von Erzählstoff, Formulierung und Niederschrift : Die Literatur war aber
nicht nur eng mit der zeitgenössischen Kultur und Politik verbunden, sie überlieferte auch die bis
dahin nur mündlich tradierte Dichtung vorangegangener Jahrhunderte. Das freie Vortragen von
Literatur und ihre mündliche Weitergabe über einen längeren Zeitraum hinweg waren noch
jahrhundertelang neben der schriftlichen Überlieferung üblich. Deshalb können die Entstehungszeit
eines Erzählstoffes, die Zeit der Entstehung seines formulierten Textes und die Zeit seiner
Niederschrift im Mittelalter mehr oder weniger stark differieren. Aus diesem Grund weichen
verschiedene Handschriften eines Textes auch oft in der Wortwahl, im Umfang und sogar im Inhalt
voneinander ab. Die Handschriften wurden einzeln mit Feder und 'Tinte auf Pergament, ab der Mitte
des 14. Jhs. meist auf Papier angefertigt.
Am bekanntesten und umfangreichsten ist die Handschrift der Älteren oder Lieder-Edda, die im 13.
Jh. in Skandinavien entstanden ist. Die etwa 30 Götter- und Heldenlieder sind in altnordischer
Sprache geschrieben und wurden Anfang des 20. Jhs. von Felix Genzmer übersetzt.

Hildebrandslied : Das einzige Heldengedicht, das uns in althochdeutscher Mundart germanisches


Gedanken gut vermittelt, ist das Hildebrandslied. Es wurde von zwei Mönchen um 830/840 in Fulda
aufgeschrieben. Der unvollständige Text steht in 68 Langzeilen auf den Deckelinnenseiten einer
theologischen Handschrift. Das Gedicht berichtet - meist in Dialogform - vom schicksalsergebenen
Leben des germanischen Kriegers, das durch absolute Gefolgschaftstreue bestimmt war: Der alte
Hildebrand (ein Gefolgsmann Dietrichs von Bern) kommt nach dreißig Jahren in seine Heimat zurück.
Er begegnet seinem Sohn Hadubrand, der jedoch den Vater nicht erkennt. Die Kriegerehre zwingt
Vater und Sohn zum - wahrscheinlich tragisch endenden - Zweikampf (erst eine Bearbeitung aus
dem 13. Jh. zeigt ein glückliches Ende).
Stabreimdichtung: Das Fragment ist in der Form des Stabreimverses (Alliteration) geschrieben: Zwei
Kurzzeilen, die durch den Gleichklang im Anlaut der betonten Wörter miteinander verbunden sind,
bilden eine Langzeile. Dabei reimen gleiche Konsonanten und alle Vokale miteinander und bilden
sogenannte Stäbe.

Die zwei oder drei Stäbe der Langzeile tragen die Hauptbedeutung und heben wichtige Stellen
hervor. Der Stabreim wird besonders in Heldengedichten verwendet, wo das formale, rhythmische
Fortschreiten Würde und Regelhaftigkeit des Kriegerlebens widerspiegelt; den in germanischer Zeit
war der Dichter zugleich Krieger:

III

Die Alliteration wurde auch später als Stilmittel in der Lyrik angewandt (z. B. Klopstock, Goethe,
Schiller. )

Zaubersprüche : In germanisch-heidnische Zeit reichen auch die Zaubersprüche zurück, mit denen
die Menschen Götter und mythische Wesen um Hilfe gegen Krankheiten, Unheil und feindliche
Mächte baten. In einer geistlichen Handschrift des 10. Jhs. hat man in Merseburg die beiden
Merseburger Zaubersprüche gefunden. In eindringlichen Stabreimversen wird die Befreiung von
Gefangenen aus ihrer Haft und die Heilung des verletzten Beines eines Pferdes erfleht:

III

Andere Zaubersprüche wurden mit christlichen Gebeten und Segenssprüchen vermischt, so z. B. der
Wiener Hundesegen, Lorscher Bienensegen, Trierer Blutsegen, Bamberger Blutsegen, Wurmsegen.

Karl der Große : Entscheidend für das gesamte geistige Leben des Abendlandes war die
Regierungszeit Karls des Großen (768-814). Der Aachener Hof des im Jahr 800 zum Kaiser gekrönten
fränkischen Herrschers wurde zum Mittelpunkt seiner kulturellen Bemühungen: Nach antikem
Vorbild sollten Wissenschaft, Kunst und Bildung wieder stärker gefördert werden und größere
Bedeutung bekommen. Die wichtigsten Gelehrten der Zeit sammelten sich um den Kaiser. Sie
arbeiteten in seiner neugegründeten Hofakademie oder in Klöstern. Die Klöster Fulda, St. Gallen,
Reichenau u. a. wurden nach dem Tod Karls des Großen zu Trägern seiner angestrebten Reformen.
In den neugegründeten Klosterbibliotheken, in Kloster- und Domschulen wurden antike und
christliche Lehren und Sitten erneuert und stabilisiert, Sprache und Schrift reformiert
(Karolingische Renaissance). Das Latein wurde verfeinert und blieb für Jahrhunderte die Sprache
der Gelehrten. Doch auch die Volkssprache (,, theodisca lingua' erstmals 786 so genannt) sollte
nach Karls Willen an Bedeutung gewinnen: In der Admonitio Generalis von 789 räumte man der
Verkündigung des Christentums in der Volkssprache einen größeren Raum ein. Diese Schrift zeigt die
Bemühungen, sowohl das Christentum zu fördern wie die eigene Kultur und Sprache neu zu beleben.
Religiöse Gebrauchstexte (s. S. 11) und Bibeltexte würden in die deutsche Sprache übertragen. Das
Althochdeutsche entwickelte sich dank Übersetzung der Bildungsarbeit in den Klöstern zu einer
Sprache, in der man auch poetische Literatur verfassen und niederschreiben konnte.

Abrogans : Das älteste Zeugnis deutscher Literatur ist der Abrogans, ein lateinisch-deutsches
Wörterbuch (ursprünglich ein lateinisches Synonymen-Lexikon). Er entstand etwa um 760 in
Freising. Der Name kommt vom ersten (lateinischen) Wort der Handschrift „abrogans“, was mit
(althochdeutsch) ,,dheomodi“ -„demütig" übersetzt ist.
Glossen : Neben Wörterverzeichnissen sind uns aus der Frühzeit „Glossen“ überliefert. Die Glossen
sind Übersetzungen oder Erklärungen zu einem lateinischen Text. Sie wurden zwischen dessen
Zeilen (als Interlinearglossen), auf dem Rand (als Marginalglossen) und im fortlaufenden Text
eingetragen.

Der Vocabularius Sancti Galli (zwischen 770 und 790), der Althochdeutsche Isidor (De fide catholica
contra Judaeos, kurz vor 800) und Tatians Evangelienharmonie (~830) sind die berühmtesten
Zeugnisse dieser althochdeutschen Übersetzungsarbeit. Mit dem althochdeutschen Tatian lag
erstmals ein Buch über das Leben Jesu in deutscher Sprache vor.

Altsächsische Genesis, Heliand : Die Altsächsische Genesis und der ebenfalls altsächsische Heliand
sind bereits selbständig verfasste religiöse (Groß-)Dichtungen im Stabreimvers, die wohl um 830-
850 in Fulda niedergeschrieben wurden. In den 6000 Versen des Heliand wurde das Leben Christi -
nach dem Vorbild Tatians - in die germanische Welt übertragen und damit auch dem einfachen
Volk bekanntgemacht. In der Altsächsischen Genesis wurde der Bibelstoff von der Erschaffung der
Welt freier behandelt.
Wessobrunner Schöpfungsgedicht : Zu den bekannt gewordenen Gebeten dieser Zeit gehört das
Wessobrunner Schöpfungsgedicht oder Wessobrunner Gebet (Ende 8. Jh.), dass die Erschaffung der
Welt und die Existenz des allmächtigen Gottes beschreibt:

Muspilli : Ein Gegenstück dazu ist das Muspilli (entstanden im frühen 9. Jh.), eine aufrüttelnde
Schilderung vom Weltende, vom Schicksal der Seele nach dem Tod und vom Jüngsten Gericht. Es
wird auch das verzweifelste Stück althochdeutscher Dichtung" genannt.

Otfrids Evangelienbücher : Während diese Gebete in Stabreimen geschrieben sind, verwendete


Otfrid von Weißenburg, der erste namentlich bekannte deutsche Dichter, in den fünf Büchern
seiner Evangelienharmonie (~870) erstmals (stablosen) Endreimvers und alternierende Hebung und
Senkung. Er erklärte im Vorwort, dass er in deutscher Sprache schreibe, weil diese fähig sei,
lateinische Verskunst nachzuahmen.

Ludwigslied : Endreim zeigt auch das Ludwigslied (881/882), das älteste historische Gedicht in
deutscher Sprache. Das christliche Heldenlied preist den Sieg Ludwigs III. über die Normannen bei
Saucourt im Jahr 881 und stellt den Westfranken als Streiter Gottes im Kampf dar.
Das auf der Insel Reichenau entstandene Gedicht Christus und die Samariterin (~900) führt das letzte
mal in althochdeutscher Sprache Otfrids Verstradition fort.

Weltliche Texte : Weltliche Gebrauchsliteratur aus dieser Zeit ist in lateinischer Sprache
überliefert. Einhart schrieb z. B. am Hof Karls des Großen die erste Herrscherbiografie des
Mittelalters: Vita Caroli Magni (~830). Die Admonitio Generalis (789, s. S. 14) beschreibt Karls
bildungspolitisches Programm. Die Würzburger Markbeschreibungen (vor 790) sind wichtige
Zeugnisse, da sie Orts- und Eigennamen in deutscher Sprache überliefern.
Die Straßburger Eide (842) lassen das Problem mit den verschiedenen Sprachen erkennen. Die Söhne
Ludwigs des Frommen, Karl der Kahle (Westfrankenkönig) und Ludwig der Deutsche
(Ostfrankenkönig), verbündeten sich gegen ihren Bruder Lothar I. In diesen Eiden benutzten die
Herrscher die jeweils fremde Sprache, um vom Heer des anderen verstanden zu werden.

III

Literatur aus der Zeit der Ottonen und frühen Salier (900-1050)
Ungefähr gleichzeitig mit dem Aussterben der Karolinger (911) und dem Beginn der
Ottonenherrschaft brach die deutschsprachige Literatur bis zur Mitte des 11. Jhs. ab. 150 Jahre lang
war allein die lateinische Sprache literaturfähig - und Latein blieb bis ins 17. Jh. die Sprache von
Wissenschaft und Bildung.
Hrosvith von Gandersheim, die erste deutsche Schriftstellerin, verfasste Legenden und
Lesedramen in mittellateinischer Sprache (Vorbild war der römische Dichter Terenz). Der St. Galler
Mönch Notker Balbulus (Notker der Stammler, ~840-012) schuf die lateinischen Sequenzen: Das
Alleluja am Ende eines liturgischen Gesangs wurde erweitert und mit Text ausgestattet. Notkers
Klosterbruder Tuotilo führte die Tropen, musikalisch-dramatische Wechselgesänge, in die Liturgie
ein. Daran knüpfte später das geistliche Schauspiel (Oster- und Weihnachtsspiel, s. S. 34) an, das
solche ‚Liturgie-Dramen" aus dem Gottesdienst herauslöste und selbständig aufführte. Quern
quaeritis in sepulchro, o christicolae? (Wen sucht ihr im Grabe, Christusliebende?) ist der
bekannteste Ostertropus.
Ruodlieb: Aus dieser Zeit stammt auch Ruodlieb, der erste Roman in deutscher Sprache (Mitte 11.
Jh.). Der Verfasser, in Tegernseer Mönch, stellte Ruodlieb seinen Helden als vorbildlichen
christlichen Ritter dar, der seine Erfahrungen mit dem Hofleben macht.
Notker Labeo : Große Verdienste um die deutsche Sprache machte sich in dieser Zeit als einziger der
Benediktiner Notker Labeo, der am Ende der althochdeutschen Sprachepoche steht. Seine zahlreich
überlieferten Übersetzungen und Kommentare sollten lateinische Bibel- und Kirchentexte leichter
verständlich machen. Notkers Hauptwerk Psalter zeugt von seiner Sorgfalt bei der Übertragung:
„Notkers Anlautgesetz“ (der erste Versuch einer Regelung der althochdeutschen Schreibsprache)
beweist sein Formbewusstsein. Auch bei der Wahl des treffenden Wortes, für Rhythmus,
Wortstellung und Syntax zeigte Notker großes Sprachempfinden.

Buß- und Heilsdichtung in der Zeit der Salier, vorhöfische Dichtung und
Spielmannsdichtung (1050-1170)
Nach der erwähnten Pause stand die Literatur in deutscher Sprache ganz im Zeichen der kirchlichen
Reformbewegung. Ausgehend vom 910 gegründeten Kloster Cluny im französischen Burgund drang
eine Welle der Rückbesinnung auf Zucht und die Forderung nach frommem Gehorsam und
asketischer Weltflucht in den deutschen Sprachraum.
Scholastik : Verschiedene Ordensgründungen fallen in diese Zeit. Es entstand eine neue Theologie,
die Scholastik. Sie verstand Weltgeschichte als Offenbarung Gottes und versuchte, die
Glaubenswahrheiten mit Hilfe der Philosophie wissenschaftlich zu begründen. In dieser Zeit der
tiefen Religiosität fand der erste Kreuzzug (1096-1099) nach Judäa statt, um die Stätten des Wirkens
Christi von der islamischen Herrschaft zu befreien.
Mystik : Weltverachtung, Scholastik (unter Abälard) und die zuerst vom Zisterziensermönch
Bernhard von Clairvaux geprägte Mystik bestimmten Mystik das deutsche Geistesleben des frühen
und beginnenden hohen Mittelalters. In der Mystik sollte die Trennung zwischen Gott und der
menschlichen Seele durch asketische Abkehr von der Sinnenwelt aufgehoben werden.
Die Literatur der Zeit bestand aus religiösen Gebrauchstexten (s. S.11). Sie wurden in deutscher
Sprache verfasst und sollten allen Schichten des Volks verständlich sein, um allen den rechten Weg
zur Ewigkeit weisen zu können.
Am Anfang dieser religiösen Dichtung steht das Ezzo-Lied (1063) eines Bamberger Domherrn, Ezzo.
In dieser kurzen Weltchronik erscheint Gott als das rettende Licht aus Finsternis und Tod:

III

Von dieser Heilsgewissheit hebt sich Nokers von Zwiefalten düsteres Memento mori (~1070,
Gedenke des Todes!) deutlich ab. Im Hinblick auf das Jenseits fordert der gereimte Bußaufruf zur
Weltabkehr und Askese im Geist von Cluny auf.

Mit einem ,,memento mori“ beginnt auch das Annolied (wahrscheinlich um 1085). Das Lied schildert
die Erschaffung der Welt bis zum Tod Christi und verherrlicht schließlich den Erzbischof Anno von
Köln als einen Heiligen. Im Annolied taucht der Begriff , ,deutsch" erstmals als politischer Begriff auf,
der Land und Leute einschließt.
Für heutige Leser fanatisch und grausam klingen die Warnungen vor Heinrich Sittenverfall und
Weltlust, die Heinrich von Melk in der Erinnerung an den Tod (memento mori) und im Priesterleben
predigt (~1160). Mit diesem letzten Höhepunkt der Literatur der asketischen Weltabkehr geht die
Zeit der kluniazensischen Bußdichtungen zu Ende.
Zarter und versöhnlicher ist der Ton der Mariendichtungen des 12. Jhs. Volkstümliche Frömmigkeit,
die immer reicher ausgeschmückte Gestalt Marias, die als gütige Vermittlerin und Gebetserhöherin
betrachtet wird, und eine erweiterte religiöse Symbolik kennzeichnen diese Blütezeit der
Marienverehrung. Das Melker Marienlied, das Arnsteiner Gebet, die Mariensequenzen aus Seckau
und Muri sind lyrische Formen der Marienverehrung:

Die Marienlyrik dieser Zeit lebt vor allem in Lieder bis heute fort.
In erzählender Form schildert Wernhers Marienleben (1172) das Lebender Mutter Gottes. Es ist
eingeteilt in Driu liet von der maget (Drei Geschichten von der Magd).
Im Laufe des 12. Jhs. wurde in der sogenannten vorhöfischen Dichtung die Betonung von weltlichen
Abenteuern und ritterlichem Leben allmählich stärker. Die Epoche der religiös motivierten Dichtung
kam dagegen nach und nach zu ihrem Ende. Der Akzent lag nicht mehr einseitig auf christlicher
Lehre und kluniazensischer Weltabkehr, auch wenn die Verfasser der weltlichen Epen weiterhin
meist dem geistlichen Stand angehörten. Man wollte Gott und zugleich der Welt gefallen.

In der Kaiserchronik (~ 1150), der ersten deutschsprachigen Geschichtsdichtung in erzählender


Form, sind geistliche Elemente mit weltlichen verbunden. Geschichte wird als Kaisergeschichte (Karls
des Großen) dargestellt, wobei die religiöse Auffassung von Geschichte als Heilsgeschichte
zugrundeliegt. Am Ende triumphiert das Christentum. Mit dem Jahr 1147 bricht die Chronik nach
etwa 17 000 Versen abrupt ab.

Im Alexanderlied des „,Pfaffen Lamprecht" (zwischen 1120 und 1150) wurde zum erstenmal in der
deutschsprachigen Literatur ein antiker Stoff (Alexander der Große) einer französischen Vorlage
nachgebildet (nicht mehr einem lateinischen Vorbild wie bisher). Für Jahrhunderte prägte von da an
die französische Literatur Stil und Stoff der deutschen Dichtung.

Das bedeutende altfranzösische Epos Chanson de Roland (~1100) war die Vorlage für das
Rolandslied (~1170) des „Patten Konrad“. Der Verfasser formte seine Quelle entscheidend um und
betonte statt der politischen die religiöse Seite. Das Lied besingt die Kämpfe Karls des Großen gegen
die Mauren (Araber) und preist den heldenhaften Märtyrertod seines Neffen Roland. Rittertum und
Frauenverehrung werden unter dem Aspekt des vorbildlichen Kreuzfahrers und Glaubensstreiters (,,
miles christianus“, s. Ruodlieb, S. 17) beschrieben.
Die Zeit bot Erzählstoffe in reicher Fülle an. Berichte aus Italien, Frankreich und England, Erzählungen
der Kreuzfahrer, eigene und fremde Sagen, Märchen und Tatsachenberichte sowie seltsame
Abenteuer wurden in der Spielmannsdichtung zu unterhaltsamen Geschichten zusammengestellt.
Verweltlichte Legendendichtung ohne den feierlichen Ernst der geistlichen und vorhöfisch-
heroischen Literatur wurde in Verse gebracht und von den Spielleuten mündlich vorgetragen. Junge
Geistliche und Absolventen der Klosterschulen zogen herum und unterhielten ihr teilweise adliges
Publikum mit einer Mischung aus Ernst und Scherz.

Die bekanntesten Spielmannsepen sind König Rother (~1150) und Herzog Ernst (~1180). Sowohl bei
der Brautwerbungs- und Entführungsgeschichte als auch hinter dem Konflikt zwischen Vater und
Sohn bzw. Vasall und Herrscher kann man historische Gestalten und Begebenheiten erkennen.
Erinnerung an Heldenturn ist mit spielmännischer Fabulierkunst vermischt. Man kann erstmals von
„Unterhaltungsdichtung“ sprechen. Die Spielmannsdichtung hat, wie die vorhöfische Literatur, ihre
Heimat meist im welfisch-bairischen Raum.
In der Spielmannsdichtung wie in der vorhöfischen Dichtung kann man bereits die Zeit der ritterlich-
höfischen Gesellschaft erkennen, die die folgende Epoche. bestimmt.

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