M. Goebeler
P. Walter
M. Westhofen
Augenheilkunde,
Dermatologie, HNO
IN 5 TAGEN
Unter Mitarbeit von
K. Hartmann, M. Hermel, J. Ilgner, A. Jung,
P. Mayser, N. Plange
123
Prof. Dr. med. Matthias Goebeler
Zentrum für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Universität Gießen
Gaffkystr. 14
35392 Gießen
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gebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen.
SPIN 80023662
Vorwort
Augenheilkunde, HNO und Dermatologie in 5 Tagen für das sogenannte Hammerexamen zu lernen, stellt
gewiss eine große Herausforderung dar. Das vorliegende Buch soll Medizinstudierende dabei unterstützen,
Ihre Prüfungsvorbereitung so effizient wie möglich zu gestalten. In 38 Kapiteln haben wir den prüfungs-
relevanten Stoff dieser drei Fächer so aufgearbeitet, dass Sie nach intensiver Lektüre und Lernen den Anfor-
derungen des Staatsexamens mehr als genügen sollten.
Dieses Buch kann und will Lehrbücher und den Unterricht vor Ort nicht ersetzen; es erhebt keinen
Anspruch, das jeweilige Fach vollständig und in der Tiefe darzustellen. Manche Themen, über die man je-
weils ganze Bücher verfassen könnte, werden nur kurz angerissen. Das »5-Tage-Buch« konzentriert sich
vielmehr auf die prüfungsrelevanten Inhalte und versteht sich als Intensivrepetitorium oder kommentierten
Index der jeweiligen Fächer.
Die in diesem Buch gemeinsam auftretenden Disziplinen Augenheilkunde, Dermatologie und HNO
gelten im medizinischen Fächerkanon gemeinhin als »kleine Fächer«. Im Vergleich zur Inneren Medizin
oder Chirurgie werden sie im Staatsexamen mit einer kleineren Zahl von Fragen bedacht; der Umfang des
Repetitoriums trägt dieser Situation Rechnung. In der klinischen Realität der Aus- und Weiterbildung wer-
den jedoch diejenigen von Ihnen, die sich nach dem Examen in einem dieser Fächer weiterbilden, feststellen,
dass es sich tatsächlich um große, inhaltsreiche Fächer mit mehreren Subdisziplinen handelt.
Die Herausgeber und Autoren dieses Repetitoriums wünschen Ihnen für die Prüfungsvorbereitung das
notwendige Durchhaltevermögen, einen klaren Durchblick, offene Ohren, einen guten Riecher und, bei
aller Lernerei, trotzdem etwas Spaß.
Für die Prüfung wünschen wir Ihnen viel Erfolg!
Inhaltsverzeichnis
6 Glaukom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 13 Augenerkrankungen
bei Allgemeinleiden . . . . . . . . . . . . . 97
7 Glaskörper und Netzhaut . . . . . . . . . 55
7.1 Glaskörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 14 Tropenophthalmologie . . . . . . . . . . 100
7.2 Netzhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 14.1 Trachom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
14.2 Lepra . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
8 Aderhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 14.3 Onchozerkose . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101
8.1 Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 14.4 Vitamin-A-Mangelerkrankungen . . . . . . 102
8.2 Fehlbildungen – Aderhautkolobome . . . 67 14.5 Katarakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
8.3 Entzündungen der Aderhaut
(Uveitis posterior) . . . . . . . . . . . . . . . . 67 15 Sehbehinderung, Rehabilitation
8.4 Lymphome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 und rechtliche Grundlagen . . . . . . . . 103
8.5 Aderhautmelanom . . . . . . . . . . . . . . . 68 15.1 Sehbehinderung und Erblindung . . . . . 104
8.6 Aderhautnävus . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 15.2 Verkehrmedizin . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
VIII Inhaltsverzeichnis
Autorenverzeichnis
Prof. Dr. med. Matthias Goebeler Prof. Dr. med. Peter Mayser
Zentrum für Dermatologie, Venerologie Zentrum für Dermatologie, Venerologie
und Allergologie und Allergologie
Universität Gießen Universität Gießen
Gaffkystr. 14 Gaffkystr. 14
35392 Gießen 35392 Gießen
Tag 1 – Augenheilkunde
1.1 Anamnese – 2
1.1.1 Aktuelle und organzentrierte Anamnese – 2
1.1.2 Frühere Augenleiden und deren Behandlung – 2
1.1.3 Allgemeine Anamnese – 2
1.1.4 Sozialanamnese – 2
1.1.5 Familienanamnese – 2
1.2 Untersuchung – 2
1.2.1 Äußere Untersuchung – 3
1.2.2 Funktionstests – 3
1.2.3 Farbensehen – 4
1.2.4 Elektrophysiologische Untersuchungen – 4
1.2.5 Spaltlampenuntersuchung des vorderen
und hinteren Augenabschnitts – 5
1.2.6 Ophthalmoskopie – 5
1.2.7 Druckmessung – 5
1.2.8 Bildgebende Diagnostik – 6
4 Organsysteme
4 Allergien
4 Medikamente
4 Operationen
1.1.4 Sozialanamnese
4 familiäre Situation
4 berufliche Situation (Exposition mit ggf. toxischen Stoffen u. a.)
1.1.5 Familienanamnese
4 erbliche Erkrankungen
4 Augenleiden in der Familie
1.2 Untersuchung
1.2.2 Funktionstests
4 Refraktionsuntersuchung:
5 objektive Messung am Autorefraktometer
5 subjektive Messung am Phoropter oder an der Probebrille
J beste sphärische Korrektur, astigmatische Korrektur
J beste monokulare Werte, dann binokularer Abgleich
J Bestimmung der Akkomodation
J Bestimmung des erforderlichen Presbyopieausgleichs
4 Visusbestimmung
5 erfolgt mit der besten Korrektur für die Ferne in 4–6 m
5 Optotypenprojektor oder Tafel
5 Zahlen, E-Haken, Buchstaben, Kinderbilder, Landolt-Ring
5 Visus ist ein Maß für den Sehwinkel, unter dem zwei Objekte ge-
trennt wahrgenommen werden können
5 normal: 1/60 Grad = 1 Bogenminute entsprechend 1,0
5 Visus ist eine Funktion der Makula
5 Nahvisusprüfung erfolgt mit speziellen Nahsehprobentafeln in
30 cm
4 Gesichtsfelduntersuchung (Perimetrie)
5 das Gesichtsfeld beschreibt quantitativ die Empfindlichkeit des
Sehsystems in einem bestimmten Punkt des Sehraumes
5 es werden absolute und relative Gesichtsfeldausfälle (Skotome)
entdeckt
5 Patient fixiert monokular eine zentrale Marke
5 Wahrnehmungsschwellen einzelner Punkte im Gesichtsfeld werden
registriert
5 statische und kinetische Verfahren
5 wichtig für die Verlaufskontrolle vieler Erkrankungen
4 Kapitel 1 · Anamnese und Untersuchung
1.2.6 Ophthalmoskopie
1.2.7 Druckmessung
Ultraschalldiagnostik
4 A-Bild-Sonographie
5 meist zur Biometrie
5 zur Bestimmung der Stärke einer Intraokularlinse für die Katarakt-
chirurgie
4 B-Bild-Sonographie
5 zur Abklärung der intraokularen Situation, wenn durch Medien-
trübungen ein Einblick in das Auge nicht besteht
5 zur Bestimmung der Ausdehnung von Augentumoren oder zur
Identifikation von intraokularen Fremdkörpern
Hornhauttopographie
4 Reflexbilder der Hornhaut zur ortsaufgelösten Bestimmung der Krüm-
mungseigenschaften der Hornhaut
4 Farbkodierte zweidimensionale Darstellung
Endothelmikroskopie
4 mikroskopisches Verfahren zur Darstellung aller Schichten der Hornhaut
4 Darstellung einzelner Zellen in der Hornhaut beim Patienten möglich
4 Differenzialdiagnose von Hornhauterkrankungen
4 Verlaufsdiagnostik nach Kataraktoperationen, aber auch vor und nach
Keratoplastik
2
Tag 1 – Augenheilkunde
2.1 Anatomie – 8
2.1.1 Aufbau – 8
2.1.2 Funktion – 8
2.1.2 Funktion
4 Hordeolum (Gerstenkorn)
5 Superinfektion und Sekretstau einer Lidranddrüse
5 Therapie: topische Antibiose, warme Umschläge, ggf. bei Persistenz
Inzision und Ausräumen
4 Abszess des Lides
5 nach einschmelzender Entzündung einer Hautdrüse, nach Trauma
etc.
5 Antibiose lokal, ggf. systemisch, ggf. Inzision
4 Phlegmone des Lides
5 ausbreitende infektiöse Entzündung des Lides
5 ! Cave Gefahr der Fortleitung über die V. angularis in den Sinus
cavernosus!
5 bei Kindern wegen des nicht voll entwickelten Septum orbitale auch
Gefahr der Ausbildung einer Orbitaphlegmone (7 Kap. 10)!
5 Therapie
J obligate systemische (i.v.) Antibiose
J lokale Antibiose
J engmaschige Überwachung
4 Blepharitis chronica
5 häufige Liderkrankung, in der Regel symmetrisch bilateral
5 oft Mischbild aus
J seborrhoischer Komponente mit Hyperämie der Lidkante, Ver-
krustung der Basis der Wimpern, Sekretstau in den Liddrüsen
J infektiöser Komponente durch Staphylokokken
J chronischer Meibom-Drüsendysfunktion
5 Augenbrennen, Symptome der begleitenden Konjunktivitis
5 Therapie: mühsam
J Lidrandhygiene: Warme Umschläge, Reinigung der Wimpern-
basis z. B. mit Babyshampoo
J Ausmassieren der Liddrüsen zur Lidkante hin
J antibiotische Eradikation der Superinfektion lokal, ggf. syste-
misch; oft Rezidive
J ggf. Tränenersatzmittel
4 Chalazion (Hagelkorn)
5 Stauung und Superinfektion einer Meibom-Drüse am Boden der
chronischen Blepharitis mit Meibomdrüsendysfunktion
5 Therapie:
J wie Blepharitis
J bei Persistenz: chirurgische Exzision der Drüse, histologische
Kontrolle
10 Kapitel 2 · Lider und Tränenwege
Herpes simplex
4 bläschenartige Effloreszenzen, als Primärinfektion oder Reaktivierung
möglich
4 assoziierter Bindehaut-/Hornhautbefall (7 Abschn. 3.2.12)
4 Therapie: topisch antiviral, ggf. systemisch
Molluscum contangiosum
4 humanspezifischer Pockenvirus, befällt vor allem kleine Kinder, Kontakt-
übertragung und Autoinokulation
4 Knötchen mit eingesenkter Grube, ca. 3–4 mm
4 Therapie: ggf. Exzision, Kryotherapie, Laser
2.2.5 Lidfehlstellungen
J Therapie: je nach Ursache und Dauer der Fazialisparese (spontane Eigene Notizen
Paresen können sich weitgehend zurückbilden): Stufentherapie
konservativ und chirurgisch (7 Abschn. 3.2.16)
Trichiasis
4 Wimpernkratzen
4 einzelne/gruppiert fehlstehende Wimpern
5 bei einzelnen Wimpern: Elektroepilation, Kryodestruktion
5 bei Gruppen vom Wimpern: ggf. tarsokutane Verschiebeplastik
(Verschiebung der vorderen Lamelle des Lides incl. Wimpernboden
in Bezug auf die Tarsusplatte, weg vom Auge)
4 Entropium, involutiv oder narbig
5 Therapie s. oben
4 Distichiasis
5 fehlangelegte zweite Wimpernreihe
5 oft jahrelang durch die Kinder gut toleriert (Kontrollen!)
5 ggf. chirurgische Resektion der hinteren Wimpernreihe
Ptosis
4 Herabhängen des Oberlides
4 senile Ptosis
5 Desinsertion der Sehne des M. levator palpebrae vom Tarsus
5 Therapie: Reinsertion der Sehne an den Tarsus, sollte immer bilate-
ral vorgenommen werden, da bei unilateraler Korrektur der weniger
ausgeprägte, aber immer vorhandene kontralaterale Befund zum
Vorschein kommt
12 Kapitel 2 · Lider und Tränenwege
Dermatochalasis
4 altersbedingte Erschlaffung der Haut der Ober- bzw. Unterlider
4 Therapie: Blepharoplastik (Resektion des Hautüberschusses)
Blepharochalasis
4 Erschlaffung der Haut der Lider als Folge chronisch rezidivierender
Lidödeme, auch schon in der Jugend
4 Therapie
5 ggf. Lymphdrainagen
5 Blepharoplastik (Resektion des Hautüberschusses) nach Ab-
schwellen
2.2.6 Lidtumoren
Benigne Lidtumoren
4 Xanthelasmen
5 gelbe, prominente Ablagerung von Lipiden in der Haut der medi-
alen Oberlider, auch Unterlider
5 ältere Menschen
5 bei Jüngeren ggf. Assoziation mit Fettstoffwechselstörung (abklären!)
5 ggf. Therapie:
J Lasertherapie
J Exzision
J Rezidive sind die Regel
4 Zysten/Knoten
5 Chalazion (7 Abschn. 2.2.2)
5 Epidermoidzysten; Einschlusszysten der diversen Drüsen
5 Dermoide
5 ggf. Exzision
4 Papillome
5 Plattenepithelpapillome, variables Aussehen
5 Basalzellpapillome (»senile Warzen«)
5 ggf. Exzision
2.2 · Pathologie der Lider
13 2
Maligne Lidtumoren
4 Basalzellkarzinom (Basaliom; . Abb. 2, Farbteil)
5 häufigster maligner Tumor
J älteres Lebensalter
J helle Haut, Sonnenexposition
J vor allem Unterlid, medialer Kanthus
5 langsam wachsend
J lokal-invasiv, respektiert keine Strukturen!
J z. B. lokaler Wimpernverlust
J keine Metastasierung
5 noduläres Basaliom
J ggf. zentrale Ulzeration
J histologisch recht scharf begrenzt
5 sklerodermiformes Basaliom
J wächst fingerförmig unter der Epidermis, klinisch schlecht ein-
schätzbar!
5 Therapie: Resektion unter histologischer Kontrolle, dann Über-
wachung auf Rezidive
5 ! Cave: Prädisponierte Patienten entwickeln oft im Laufe der Zeit
multiple Basaliome!
4 Plattenepithelkarzinom
5 Sonnenexposition
5 entsteht de novo oder aus Präkanzerosen Hautläsionen
5 Regionale Lymphknoten nicht selten befallen, perineurale Aus-
breitung
5 Formen
J Cornu cutaneum: Präkanzerose, oft an der Basis entartet!
J nodulär
J ulzerierend
5 Exzision, ggf. interdisziplinäre Behandlung
4 Merkelzellkarzinom
5 seltener neuroendokriner Tumor des Älteren
5 Schnellwachsend, hochmaligne, intakte Haut
5 Exzision, Radiotherapie
14 Kapitel 2 · Lider und Tränenwege
4 kongenital
4 erworben, z. B. nach vernarbenden Bindehauterkrankungen
4 Therapie: chirurgische Eröffnung
4 Epiphora
4 oft Ursache für rezidivierende Dakryozystitis
4 Therapie
5 Dakryozystorhinostomie (Schaffung einer künstlichen knöchernen
Öffnung vom Saccus lacrimalis in die Nase
J transkutan (nach Toti)
J endoskopisch
J endonasal
5 dabei Schienung der Tränenwege und der neuen Knochenöffnung
für mehrere Monate mit einem Silikonstent
2.3.5 Dakroyzystitis
4 Risikofaktor: Abflussstenose
4 Infektion des Tränensackes mit eitrigem Hydrops
4 bei akutem Verlauf schmerzhaft
5 systemische Antibiose
5 Spülversuche über die Tränenwege bleibt oft erfolglos, können den
Zustand auch verschlechtern
5 ggf. spontane Eröffnung transkutan, oder transkutane Inzision zur
Eröffnung
4 chronische Dakryozystitis
5 Hydrops des Tränensackes mit Prominenz
5 Ursache für Rezidive
4 Therapie: Dakroyzystorhinostomie nach Abklingen der akuten Ent-
zündung
16 Kapitel 2 · Lider und Tränenwege
7 Kap. 12
3
Tag 1 – Augenheilkunde
3.1 Bindehaut – 18
3.1.1 Anatomie – 18
3.1.2 Funktion – 18
3.1.3 Generelle Reaktionsweisen und Pathologien – 18
3.1.4 Diagnostik der Bindehaut – 19
3.1.5 Konjunktivitis (Bindehautentzündung) – 19
3.1.6 Vernarbende Schleimhauterkrankungen – 22
3.1.7 Tränenfilm des Auges – 22
3.1.8 Keratoconjunctivitis sicca (»trockenes Auge«) – 23
3.1.9 Degenerationen der Bindehaut – 24
3.1.10 Tumoren der Bindehaut – 24
3.2 Hornhaut – 25
3.2.1 Anatomie – 25
3.2.2 Funktion und besondere Eigenschaften – 25
3.2.3 Diagnostik – 26
3.2.4 Kongenitale Hornhautveränderungen – 26
3.2.5 Keratektasien – 26
3.2.6 Hornhautdegenerationen – 27
3.2.7 Hornhautdystrophien – 28
3.2.8 Bakterielle Keratitis/Ulkus – 28
3.2.9 Fungale Keratitis/Ulkus – 29
3.2.10 Therapie der infektiösen Keratitis – 29
3.2.11 Akanthamöben-Keratitis – 30
3.2.12 Viruskeratitis – 31
3.2.13 Hypersensitivitätsbedingte Marginalkeratitis – 32
3.2.14 Periphere ulzerierende Hornhauterkrankungen – 32
3.2.15 Neurotrophische Keratitis – 33
3.2.16 Expositionskeratopathie – 34
4 Schleimhaut
3 4 bedeckt Lidinnenseite und Auge (außer Hornhaut), Umschlagsfalten in
den Fornices der Lider
4 nicht-verhornendes Plattenepithel mit Becherzellen
4 Immunzellen
3.1.2 Funktion
4 Hyperämie = Injektion
5 oberflächlich bei oberflächlicher Irritation oder Entzündung
5 tief limbusbetont bei intraokularem Reiz
4 Chemosis (Ödem)
5 glasige Schwellung
5 subtarsal als Papillen (klein, samtartig, Zentralgefäß)
5 Riesenpapillen bei Zerstörung der bindegewebigen Septen durch
chronischen Reiz
4 Follikel
5 lymphatische Zellansammlungen, fornixbetont
5 größer als Papillen, Randgefäße
4 Hyposphagma = Einblutung
5 (Bagatell-)Trauma, Blutdruck, Gerinnungsstörung abklären, Alter
5 i. d. R. kein Behandlungsbedarf
4 Pseudomembran = fibrinöse Auflagerung, blutet nicht beim Abziehen
4 Membran = Fibrinnetz verwachsen mit Schleimhaut
5 blutet beim Abziehen
5 z. B. bei Diphtherie
4 Metaplasie, meist in verhornendes Epithel (Keratinisierung), durch
chronische Exposition
4 Vernarbung
5 bis hin zum Synblepharon (Lidverwachsung)
5 u. U. Trichiasis durch Einwärtsdrehen des Lides, dadurch Erblin-
dungsgefahr
4 Degenerationen: Kalkinfarkte, Zysten etc.
3.1 · Bindehaut
19 3
3.1.4 Diagnostik der Bindehaut Eigene Notizen
4 Spaltlampenuntersuchung
5 ggf. subtarsale Inspektion unter Ektropionieren, am Oberlid ggf.
»doppeltes Ektropionieren«
4 je nach Situation:
5 Abstriche des Sekrets
5 Tränenfilmdiagnostik (7 Abschn. 3.1.7)
5 Färbung (Bengalrosa, Fluoreszein) zur Visualisierung von Epithel-
läsionen
5 Dokumentation von Veränderungen, z. B. mittels Photographie,
Messung der Fornixtiefen etc.
5 Impressionszytologie
5 Biopsie der Bindehaut
Virale Konjunktivitis
4 Keratoconjunktivitis epidemica (. Abb. 5a, Farbteil)
5 Beginn meist einseitig
5 Adenovirus (meist 8 und 19)
5 meist präaurikuläre Lymphknotenschwellung
5 hochinfektiös
J !Cave: Arztpraxen, Notaufnahme, Ambulanz!
J Desinfektionsmaßnahmen
J Hygienemaßnahmen im häuslichen Umfeld
5 Therapie: konservativ
5 evtl. Narben der Hornhaut mit Visusminderung, Therapie ggf. mit
topischem Ciclosporin A
4 pharyngokonjunktivales Fieber
5 Adenovirus 3 + 7
5 Kinder mit Pharyngitis und Lymphadenopathie
5 Therapie: konservativ/Kinderarzt, Dauer 7–14 Tage
4 akute hämorrhagische Konjunktivitis
5 Picornavirus
5 hochinfektiös
4 herpetische Konjunktivitis (7 Abschn. 3.2.12)
Ophthalmia neonatorum
4 perinatale Infektion
3.1 · Bindehaut
21 3
Ätiologie Eigene Notizen
4 Neisseria gonorrhoae
5 gefährliche Verläufe, kann intaktes Epithel penetrieren!
5 in den Industrieländern nur noch selten
4 Chlamydia trachomatis
4 andere Bakterien und Viren
Klinik
4 wässriges, dann mukopurulentes Sekret
4 papilläre Konjunktivitis
4 evtl. Blepharopasmus (! Cave: u. U. herausspritzen des Sekretes bei
forcierter Lidöffnung!)
4 bei Gonokokken evtl. Hornhautulkus bis zur Perforation, Vernarbungen
im Spätverlauf
Therapie
4 lokale und systemische Antibiose, je nach Erreger
Prophylaxe
4 früher: Credé-Prophylaxe mit Silbernitrat-Augentropfen direkt nach
Entbindung
4 heute in den Industrieländern: oft gar keine Prophylaxe, evtl. Desinfek-
tion der Bindehaut mit Polyvidon-Iod bzw. lokale Antibiose
Hypersensitivitätskonjunktivitis
4 allergische Konjunktivitis
5 Symptome: Juckreiz (Leitsymptom), Hyperämie, Chemosis
5 follikuläre Schwellung
5 oft saisonal
5 Therapie
J lokal Mastzellstabilisatoren bzw. Antihistaminika (H1)
J evtl. systemische Antihistaminika (H1)
J evtl. lokale Kortikoisteroide unter engmaschiger Kontrolle
4 Konjunktivitis vernalis und atopische Keratokonjunktivitis
5 Ätiologie: Atopie (Typ I)/unbekannt
J Eosinophilie
J Riesenpapillen (DD Kontaktlinsenbedingt)
J bei Atopikern evtl. chronisch schwerere Verläufe mit Vernarbung,
Keratinisierung und Hornhautbeteiligung
5 Therapie
J wenn möglich, Antigenkarenz
J antientzündlich wie oben, aber evtl. sowohl aggressiver als auch
dauerhafter
J Komplikationen behandeln
4 mikrobiell-allergische Keratokonjunktivitis
5 Ätiologie
J Hypersensitivität bei chronisch-entzündlichem Fokus (meist
Staphylokokken-Blepharitis)
22 Kapitel 3 · Bindehaut und Hornhaut
Ätiologie
4 unzureichende Menge oder Zusammensetzung der Tränen mit Instabi-
lität des Tränenfilms, Benetzungsstörung und entzündlicher Beteiligung
der Augenoberfläche
4 sekretionsbedingt
5 primäre altersbedingte Hyposekretion
5 Sjögren-Syndrom
J autoimmune Systemerkrankung
J entzündliche Infiltration von exokrinen Drüsen und mukösen
Membranen
J primär oder bei Kollagenosen
J Tränengewebsdestruktion
5 anderweitige Destruktion der Tränendrüsen
5 Narben mit Verschluss der Drüsenausführungsgänge und Zer-
störung der Becherzellen (Xerosis = schweres trockenes Auge durch
Vernarbung und Keratinisierung der Bindehaut)
J Stevens-Johnson-Syndrom, okuläres Pemphigoid
J Trachom Endstadium, Verätzung, Trauma
5 neurogen (Parkinson, Sensibilitätsstörungen der Oberfläche)
5 hormonelle Umstellungen
5 Vitamin-A-Mangel (Xerophthalmie)
4 evaporativ
5 Meibom-Drüsendysfunktion/-Schädigung, z. B. durch Entzün-
dungen
5 Lidfehlstellungen, Exophthalmus
5 Kontaktlinsen, Umweltfaktoren
Klinik
4 Trockenheitsgefühl. Fremdkörpergefühl, Augenbrennen
4 verschlechtert im Tagesverlauf/beim Autofahren/bei konzentrierter
Arbeit
24 Kapitel 3 · Bindehaut und Hornhaut
Epitheliale Tumoren
4 Plattenepithelpapillome
5 Genese viral (Papovavirus), neoplastisch oder UV-bedingt
5 breitbasig, gestielt, evtl. eingezogen
5 Entartung selten, oft Rezidive
3.2 · Hornhaut
25 3
3.2 Hornhaut
3.2.1 Anatomie
4 Epithel
5 Oberflächenschutz
5 Regeneration vom Limbus aus, dort limbale epitheliale Stammzellen
ansässig
4 Stroma
5 Brechkraft (ca. 43 dpt)
5 Klarheit durch regelmäßige Struktur der Fasern
5 Zellarmut
5 Traumaresistenz
26 Kapitel 3 · Bindehaut und Hornhaut
3.2.3 Diagnostik
4 Spaltlampenmikroskopie/regredientes Licht
4 Färbung (Bengalrosa, Fluoreszein) zur Visualisierung von Epithel-
läsionen
4 Keratometrie (Hornhautradienmessung)
4 Hornhauttopographie
4 Pachymetrie (Dickenmessungen)
4 optische Kohärenztomographie (OCT)
4 konfokale In-vivo-Mikroskopie
3.2.5 Keratektasien
4 Keratokonus
5 Klinik
J progrediente Ausdünnung des Stromas im Zentrum bzw. para-
zentral unten
J progressive Myopie mit zunehmendem Astigmatismus
J ggf. plötzliche zentrale Dekompensation durch Deszemeteinriss
und Wassereinstrom mit Eintrübung
5 Beginn in der Pubertät
5 auch systemische Assoziationen (z. B. Down-, Marfan-, Turner-
Syndrom etc.)
3.2 · Hornhaut
27 3
3.2.6 Hornhautdegenerationen
3 3.2.7 Hornhautdystrophien
Ätiologie
4 Kontaktlinsen!
4 Trauma/operative Eingriffe
4 Oberflächenerkrankung der Hornhaut
4 systemisch (Diabetes, Immunsuppression etc.)
4 Problemkeime
5 Pseudomonas und Streptokokken – oft aggressiv
5 Akanthamöben (7 Abschn. 3.2.11)
5 Ausnahmekeime (penetrieren intaktes Epithel!):
J Neisseria gonorrhoeae
J Neisseria meningitidis
J Corynebacterium diphtheriae
J Haemophilus influenzae
3.2 · Hornhaut
29 3
Klinik Eigene Notizen
4 Schmerzen, Bindehautrötung, ziliare Injektion, ggf. eitriges Sekret der
Bindehaut
4 weißliches Infiltrat der Hornhaut
4 Ringinfiltrat hinweisend auf Pseudomonas oder Akanthamöben
4 evtl. Beteiligung der Vorderkammer
5 Endothelbeschläge
5 Zellreiz
5 Hypopyon
5 Reizmiosis
5 Endophthalmitis durch Durchwanderung möglich
4 bei Substanzdefekt des Stromas: Ulkus
4 ! Cave Aufklaren des Infiltratzentrums im Verlauf kann eine drohende
Perforation anzeigen (Deszemetozele)!
4 Progression bis zur Perforation/Endophthalmitis möglich
4 auch bei Abheilung oft Hornhautnarben mit signifikanter Visusein-
schränkung!
Ätiologie
4 wie bakterielle Keratitis
4 zusätzlich: Verletzung mit pflanzlichem Material
Klinik
4 Candida spp.
5 dichtes, gelb-weißes Infiltrat
5 überwiegen in milderen Regionen
4 Aspergillus spp. etc.
5 progressive fädige Infiltrate, Satellitenherde
5 Überwiegen in tropischen Regionen
Diagnostik
4 Spaltlampenmikroskopie
4 Abstriche, ggf. auch Direktpräparat der Hornhaut (Abkratzpräparat)
4 > Memo Kontaktlinsen und Behälter nicht wegwerfen, sondern zur
Mikrobiologie einschicken!
4 Auswahl der Initialtherapie erfolgt nach der Anamnese und dem kli-
nischen Bild
4 aggressive antibiotische Intensivbehandlung (stündlich) mit mehreren
lokalen Antibiotika/Antimykotika und sehr hoher Tropffrequenz
30 Kapitel 3 · Bindehaut und Hornhaut
3.2.11 Akanthamöben-Keratitis
Ätiologie
4 Acanthamoeba spp. ubiquitär vorkommende Protozoen
5 Erde, stehende Gewässer
5 Zysten sind hochresistent, Tropozoiten aggressiv
4 weiche Kontaktlinsen (Reinigung mit Leitungswasser!)
Klinik
4 nichteitrige Keratitis
4 initial unspezifische epitheliale Läsionen, ähnlich wie Dendritika (7 Ab-
schn. 3.2.12)
4 limbale Infiltrate, Progression zum Ringinfiltrat, dann Ringabszess
4 ggf. Skleritis
4 Einschmelzung möglich
4 starke Schmerzen
Diagnostik
4 mikrobiologiche Untersuchungen (Kontaktlinsen, -behälter/-flüssig-
keit, Abstrich)
4 Kultur (E. coli »Fresszellenassay« oder Suspensionskultur)
4 PCR
4 direkte Mikroskopie (Hornhautbiopsat)
4 Konfokale In-vivo-Mikroskopie der Hornhaut
Therapie
4 schwierig und langwierig
4 Epithelabrasio
4 topische Amöbizide
5 Propamidin 0,1% (Brolene = Schwimmbadreiniger) + Polyhexam-
ethylen Biguanid 0,02%
5 Hexamidin + Chlorhexidin 0,02%
5 initial viertelstündlich, dann über Monate ausschleichend
4 begleitend antibiotische Lokaltherapie
4 Schmerzkontrolle
4 ggf. Keratoplastik im Spätverlauf, gelegentlich auch à chaud
3.2 · Hornhaut
31 3
> Memo: »Monatslinsen« bedürfen der gleichen Aufmerksamkeit und Hy- Eigene Notizen
giene wie Dauertragelinsen. Gerade bei diesen Linsen werden Hygienemaß-
nahmen vernachlässigt, oft mit fatalen Folgen. Auch die Kontaktlinsenbe-
hälter und deren Deckel müssen mit desinfiziert und regelmäßig ausge-
tauscht werden.
3.2.12 Viruskeratitis
Herpes simplex
Klinik
4 Primärinfektion meist im Kindesalter
5 Blepharitis
5 unspezifische (Kerato-)Konjunktivitis
4 Reaktivierung
5 bäumchenartige Dendritika-Figur des Epithels
5 Sensibilitätstörung
4 disziforme Keratitis (. Abb. 5b, Farbteil)
5 Befall von Keratozyten oder Endothelium bzw. Immunreaktion
5 evtl. Deszemetfalten/Ödem bei Endothelitis
5 Sensibilitätsstörung
5 selten stromale Nekrose
5 Narbenbildung
5 später evtl. Metaherpetische Ulzeration (durch Denervierung und
Epitheltoxitizät)
Diagnostik
4 Sensibilitätsstörung der Hornhaut
4 Virusnachweis ggf. durch Spezialkultur oder PCR aus Biopsat/intra-
okularer Flüssigkeit möglich
Therapie
4 lokal antiviral
4 lokale Antibiotikaprophylaxe bei Epithelläsion
4 bei disziformem Befall im Zentrum zusätzlich Kortikosteroid
4 ggf. systemisch Aciclovir/Valaciclovir
4 langsames Ausschleichen der Therapie
4 bei Nekrose/Ulkus: Reepithelisierungsmaßnahmen
4 Rezidivprophylaxe evtl. mit systemischem Aciclovir/Valaciclovir
4 ggf. Keratoplastik
4 ! Cave Deutlich erhöhtes Risiko von Abstoßungsreaktionen und Re-
zidiv im Transplantat!
Herpes Zoster
Klinik
4 direkte Invasion: Konjunktivitis/epitheliale Keratitis
4 sekundäre Entzündung: Keratitis, Episkleritis, Skleritis, Uveitis
4 Reaktivierung, Zoster ophthalmicus (7 Kap. 2)
32 Kapitel 3 · Bindehaut und Hornhaut
Diagnostik
3 4 klassischer segmentaler Hautbefall bei Zoster
4 Sensibilitätsstörung der Hornhaut
4 Hutchinson-Zeichen (Nasoziliarisbefall der Hautläsionen) hinweisend
auf Augenbefall
Therapie
4 lokal antiviral und systemisch antiviral
4 Schmerztherapie
4 Behandlung der Komplikationen (Drucksenkung, antientzündlich
etc.)
7 Abschn. 3.1.5
Rosazea-Keratitis
Klinik
4 assoziiert mit Acne rosazea
4 Konjunktivitis, evtl. Vernarbend
4 peripher betonte Keratitis bis hin zur Einschmelzung
Therapie
4 Blepharitisbehandlung mit lokaler Antibiose/Fusidinäure, ggf. lokale
Kortikoide
4 systemisch Doxycyclin oder Tetracyclin
4 ggf. Immunsuppression
Ulkus Mooren
Klinik
4 idiopathische Hornhauteinschmelzung von peripher aus, »unterwan-
derter« Rand, vor allem oben
4 Neovaskularisation und Abheilen des Ulkus mit bleibender Ausdün-
nung
4 Perforation möglich
3.2 · Hornhaut
33 3
Therapie Eigene Notizen
4 kaum kausale Therapie möglich
4 lokale Kortikoide oder Ciclosporin A
4 Tränenersatz
4 Kollagenasehemmung (Azetylzystein)
4 systemische Immunsuppression (auch wenn meist frustran)
4 evtl. Bindehautresektion limbal
4 Chirurgie der Komplikationen (periphere lamelläre Keratoplastik)
Therapie
4 systemische hochdosierte Immunsuppression im Rahmen der Behand-
lung der Grunderkrankung, in Kooperation mit Rheumatologen
4 lokale Kortikoide oder Ciclosporin A
4 evtl. Tränenersatz, Kollagenasehemmung
4 Chirurgie der Komplikationen (Notfallkeratoplastik bei Perforation,
evtl. später elektive Keratoplastik)
Ätiologie
4 Denervierung der Hornhaut durch
5 Systemerkrankung (Diabetes, Lepra)
5 Herpesinfektion
5 toxische Medikation
Klinik
4 schmerzlose Keratitis/Ulkus
4 Sensibilitätsstörung
Therapie
4 supportiv
4 Benetzung/Schutz/Verbandslinsen/Amnionmembrandeckung/Ble-
pharorhhaphie
4 evtl. Behandlung von Komplikationen
34 Kapitel 3 · Bindehaut und Hornhaut
Diagnostik
4 Lidspaltenmessung, Lidschlussprüfung
4 Bell-Phänomen prüfen
4 Tränenfilmdiagnostik
Therapie
4 regelmäßige Kontrollen
4 Behandlung der Grunderkrankung
4 intensive Benetzung, bei Epitheldefekt lokale Antibiothikaprophylaxe
4 Schutz (Uhrglasverband)
4 evtl. chirurgische Verkleinerung der Lidspalte, Verminderung des Lid-
schlussdefektes und der Evaporationsfläche (z. B. Blepharorrhaphie,
laterale Zügelplastik, Unterlidsuspension an das Oberlid)
7 Kap. 12
4 Prinzip
5 Veränderung der Hornhautbrechkraft, um die Refraktion zu ver-
bessern bzw. eine Unabhängigkeit von Brille bzw. Kontaktlinse zu
erreichen
5 meist ein »Lifestyle-Eingriff«
4 Beispiele
5 Schwächung der Krümmung durch Hornhautinzisionen
J limbale Inzisionen zur Astigmatismuskontrolle, schwer dosierbar
J radiäre Keratotomien zur Myopiebehandlung (nicht mehr üblich)
3.4 · Hornhautchirurgische Verfahren
35 3
4 Formen
5 penetrierende = perforierende Keratoplastik: alle Schichten
5 lamelläre Keratoplastiken: nur bestimmte Schichten
J vordere lamelläre (inbesondere tiefe vordere lamelläre bei stro-
maler Pathologie und intaktem Endothel des Empfängers
J hintere lamelläre (endotheliale) Keratoplastik zum Ersatz des
Endothels und weitgehendem Erhalt des Empfängerepithels/
Stromas
5 Limbustransplantation/Transplantation von kornealen epithelialen
Stammzellen (bei Regenerationsinsuffizienz des Hornhautepithels)
4 besondere Situation: immunologisches Privileg der Hornhaut (7 Ab-
schn. 3.2.2)
5 erste erfolgreiche Keratoplastik 1905 durchgeführt
5 in Normalrisikofällen ohne systemische Immunsuppression gut
möglich
5 bei erhöhtem Operationsrisiko evtl. dauerhafte Immunsuppression
(bei Diabetes, Herpes, Hornhaut-Neovaskularisation, Oberflä-
chenerkrankung, Vortransplantationen ist das Immunprivileg ver-
mindert bzw. aufgehoben).
5 HLA-Matching vermindert Risiko von Abstoßungsreaktionen, vor
allem bei Hochrisikopatienten
4 Spendermaterial: postmortale Hornhautspende (Gewebespende)
5 Frischtransplantation (heute kaum praktiziert wegen mangelnder
Möglichkeit zur Qualitätskontrolle und Infektionsdiagnostik sowie
wegen der Logistik)
5 Kältelagerung (v. a. USA) bis 12–14 Tage
5 Organkultur (v. a. Europa) bis 4 Wochen
4
Tag 1 – Augenheilkunde
4.1 Sklera – 37
4.1.1 Anatomie – 37
4.1.2 Farbänderungen – 37
4.1.3 Episkleritis – 37
4.1.4 Skleritis – 37
4.2 Iris – 38
4.2.1 Anatomie – 38
4.2.2 Aniridie – 38
4.2.3 Kolobome – 38
4.2.4 Iritis – Iridozyklitis – 38
4.2.5 Uveitis – 39
4.2.6 Endophthalmitis – 41
4.2.7 Sympathische Ophthalmie – 42
4.2.8 Iristumoren – 42
4.2.9 Gefäßneubildung der Iris – 43
4.1.1 Anatomie
4 die Sklera (Lederhaut) ist die feste weiße Hülle des Auges
4 hier inserieren die Ansätze der Augenmuskeln
4 vorne Übergang in die transparente Hornhaut
4 besteht aus zellarmen kollagenem Bindegewebe
4 Spaltlampe: Sklera scheint weißlich durch die durchsichtige Bindehaut
durch und man erkennt die auf der Sklera liegenden episkleralen Gefäße
4.1.2 Farbänderungen
4 dunkel, bläulich
5 sehr dünne Sklera bei Myopie
5 Sklerastaphylom
5 rheumatische Erkrankungen
5 Verletzungen
4 gelb beim Ikterus
4 rot bei Entzündungen durch die Hyperämie der Gefäße
4.1.3 Episkleritis
4.1.4 Skleritis
4.2 Iris
4.2.1 Anatomie
4
4 Die Iris ist der vordere Teil der Tunica vasculosa oculi, die Fortsetzung
der Aderhaut nach vorne
4 sie bildet mit ihrer vorderen Öffnung die Pupille
4 vorderes Blatt mit unterschiedlicher Pigmentierung (Augenfarbe)
4 hinteres Blatt mit Irispigmentzellen
4 beim Albinismus ist die Pigmentbildung defekt, die Iris erscheint hell-
blau und ist im regredienten Licht durchleuchtbar. Oft findet man dann
auch nur einen sehr geringen Pigmentierungsgrad der Netzhaut
4 die Iris geht an ihrer Basis in den Ziliarkörper über
4 der M. dilatator upillae (Sympathikus) und der M. sphincter pupillae (Pa-
rasympathikus) regeln die Pupillenweite und die Pupillenreaktionen
4.2.2 Aniridie
4.2.3 Kolobome
Ätiologie
4 immunologische Erkrankungen (z. B. M. Bechterew, M. Reiter, Sarkoi-
dose, multiple Sklerose und andere) oder infektiös (z. B. Lues, Borrelio-
se, Tuberkulose)
4 oft keine Ursache identifizierbar
4.2 · Iris
39 4
Klinik Eigene Notizen
4 rotes Auge mit Schmerzen
4 Sehverschlechterung
4 ziliare Injektion – Hyperämie der limbalen Gefäße
4 Zellablagerungen am Hornhautendothel, vor allem unten im Arlt-
Dreieck
4 bei sehr starker zellulärer Reaktion Hypopion möglich: Spiegel von Zel-
len im Kammerwinkel unten
4 enge Pupille, die nur wenig auf Licht reagiert
4 Tyndall-Phänomen in der Vorderkammer durch hohen Proteinanteil
im Kammerwasser
4 bei rezidivierenden Formen Verklebungen zwischen der Iris und der
Linse typisch (hintere Synechien) und Kataraktbildung
4 sekundäres Glaukom möglich
Therapie
4 Behandlung der Grunderkrankung notwendig
4 Lokaltherapie mit steroidhaltigen Augentropfen und Mydriatika, ggf.
Antibiotika
4 systemische Steroidtherapie ist nur in seltenen sehr ausgeprägten Fällen
angezeigt
4.2.5 Uveitis
Uveitis intermedia
Ätiologie (. Tabelle)
4 idiopathische Formen
4 Sarkoidose
4 Borreliose
4 Encephalitis disseminata
Klinik
4 Sehverschlechterung
4 meist nicht sehr schmerzhaft
4 zellige Infiltration des Glaskörpers (Vitritis)
4 nicht selten mit weißlichen Infiltraten in der Pars plana (Pars planitis)
40 Kapitel 4 · Sklera, Iris, Uveitis
Therapie
4 nach Ursache,
4 4 parabulbäre Steroidinjektionen
4 orale Steroide
4 bei infektiöser Genese gezielte antiinfektiöse Therapie
Komplikationen
4 Makulaödem
4 Papillenödem
4 Katarakt
Uveitis posterior
4 Manifestation entzündlicher Prozesse an der Netzhaut oder der Ader-
haut
Ätiologie (. Tabelle)
4 infektiös (z. B. Toxoplasmose, CMV, Lues)
4 besonders bei immunsupprimierten Patienten möglich
5 unter Chemotherapie
5 unter chronischer medikamentöser Immunsuppression
5 Steroidabusus
5 HIV
4 immunologisch (z. B. Birdshot-Chorioretinopathie)
Klinik
4 schmerzlose Sehverschlechterung
4 Schleiersehen
4.2 · Iris
41 4
Diagnostik
4 klinisches Bild
4 Labordiagnostik
4 ggf. Glaskörperbiopsie
4 ggf. Netzhaut-/Aderhautbiopsie
Therapie
4 abhängig von der Ursache
4 bei infektiösem Geschehen immer gezielt auf den Erreger
4 bei immunologischem Geschehen Steroide und andere antiinflamma-
torische Therapie z. B. Methotrexat, Ciclosporin, TNFα-Antagonisten
wie Infliximab etc.
4 ggf. Vitrektomie zur Reduktion des entzündlichen Geschehens
4.2.6 Endophthalmitis
Ätiologie
4 Operationen (Kataraktchirurgie!)
4 Trauma ( ! Cave landwirtschaftliches Umfeld, offene Verletzungen!)
4 selten endogen bei abwehrgeschwächten Patienten
5 Chemotherapie
5 Drogen/Alkoholabusus
5 chronische Steroidtherapie
Klinik
4 erhebliche Sehverschlechterung
4 massive Schmerzen
4 Tränenfluss
4 Chemose und diffuse Rötung der Bindehaut
4 Hypopion (Leukozytenansammlung im Kammerwinkel, . Abb. 6,
Farbteil)
4 kein oder nur sehr reduzierter Funduseinblick
4 Fibrin in der Vorderkammer
42 Kapitel 4 · Sklera, Iris, Uveitis
Therapie
4 systemische und lokale Antibiose
4 ggf. systemische Steroiden
4 immer Probenentnahme (Vitrektomie)
4 mikrobiologische Erregerdiagnostik
4 4 Umstellen auf gezielte Therapie
4 Prognose ungünstig
4.2.8 Iristumoren
4 Iriszysten
5 meist angeboren
5 meist keine Beschwerden
5 selten Sekundärglaukom
5 selten Trübung der Hornhaut
5 Diagnostik mittels Ultraschallbiomikroskopie und Verlaufskon-
trolle
5 selten Feinnadelbiopsie oder Exzision erforderlich
4 Irisnävus
5 relativ häufige fokale Hyperpigmentierung der Iris
5 manchmal auch knötchenartig in die Vorderkammer vorwu-
chernd
5 Größenzunahme möglich
5 in Zweifelsfällen Resektion oder Feinnadelbiopsie
5 photographische Verlaufskontrolle
4 Irismelanom
5 bösartiger Tumor
5 dunkler knotiger Tumor mit Größenwachstum in der Verlaufskon-
trolle
5 nicht selten in Verbindung mit dem Ziliarkörper
5 ggf. tumoreigene Gefäße
5 Blockresektion oder Enukleation erforderlich
5 ungünstige Prognose
4.2 · Iris
43 4
4.2.9 Gefäßneubildung der Iris Eigene Notizen
Ätiologie
4 diabetische Retinopathie
4 ischämische Formen der Zentralvenenthrombose
4 Karotisverschluss mit ischämischer Ophthalmopathie
Therapie
4 panretinale Laserkoagulation
4 drucksenkende Maßnahmen
Komplikationen
4 Blutansammlung in der Vorderkammer (Hyphäma)
4 Sehverschlechterung
4 Sekundärglaukom
5
Tag 1 – Augenheilkunde
5 Linse
M. Hermel
5.1 Anatomie – 45
5.2 Funktion – 45
5.5 Entwicklungsstörungen – 46
4 avaskulär
4 zwiebelschalenartiger Aufbau
5 faserartige Fortsätze des Linsenepithels
5 Kern, Epinukleus und Rinde können unterschieden werden
5 Wachstum und zunehmende Verdichtung des Linse im Laufe des
Lebens, daher nimmt der Kern an Größe zu
5 Linsenkapsel
4 Aufhängung über Zonulafasern auf dem Ziliarkörper
4 aktiver Stoffwechsel des Linsenepithels
5.2 Funktion
4 Verlagerung aus der normalen Position, bis hin zum Absturz in das
Auge
4 erworben, dann als Linsenluxation bezeichnet
5 mechanisch oder traumatisch bedingt
4 kongenital
5 ohne systemische Assoziation
5 mit systemischer Assoziation bei Syndromen oder Stoffwechsel-
erkrankungen (z. B. Marfan-Syndrom, Homozystinurie)
46 Kapitel 5 · Linse
4 Lenticonus anterior/posterior
4 Lentiglobus
4 Mikrosphärophakie, Mikrophakie
4 Kolobom
5 Die nicht behandelte Katarakt stellt nach den nicht korrigierten Refraktions-
fehlern weltweit die zweithäufigste Ursache einer Sehschwäche bzw. Erblin-
dung dar. Die Kataraktoperation ist wohl der häufigste operative Eingriff
weltweit.
4 2/3 bilateral
Ätiologie
4 genetisch
4 Chromosomenanomalien (z. B. Trisomie 21), skelettale Syndrome
4 intrauterine Infekte und Schäden (z. B. Rubella)
4 Systemerkrankungen (z. B. Galaktosämie)
Diagnostik
4 verschiedene morphologische Erscheinungsformen
4 oft Leukokorie (weißer Lichtreflex) im Brückner-Test oder bei Blitz-
aufnahmen, abklärungspflichtig (wichtige Differenzialdiagnosen
7 Abschn. 7.1.1)
4 ! Cave: Gefahr der Amblyopieentwicklung (Deprivationsam-
blyopie)!
Therapie
4 bei dichten oder deutlich asymmetrischen Befunden frühe Kataraktex-
traktion, u. U. wenige Tage nach der Geburt!
4 Vorbeugung bzw. Behandlung der Amblyopie durch Refraktionskorrek-
tur und Okklusionstherapie – je nach Ausprägung, Sehfunktion und
Symmetrie der Katarakt
5.6.3 Kataraktoperation
Tag 1 – Augenheilkunde
6 Glaukom
N. Plange
Ätiologie
4 mechanische (durch Augendruck) und vaskuläre (durchblutungsbe-
dingter) Schädigung des Sehnerven
4 Nervenfaserdefekte führen zu korrespondierenden Gesichtsfelddefekten
4 > Memo Der Nervenfaserverlauf hat physiologisch eine horizontale
Raphe (die Nervenfasern »respektieren« die Horizontale). Daher ergibt
sich bei Glaukom meist ein typischer asymmetrischer Schaden in der
oberen versus unteren Gesichtsfeldhälfte.
4 ! Cave Der Glaukompatient bemerkt zu Beginn der Erkrankung meist
keine Einschränkung, erst bei fortgeschrittenem Schaden fällt der Ge-
sichtsfelddefekt auf. Ausnahme: Glaukomanfall (akuter Sehverlust,
Schmerzen).
4 Risikofaktoren
5 Augendruck
5 Alter
5 schwarze Rasse
5 Myopie, dünne Hornhaut, Pseudoexfoliatio lentis
5 positive Familienanamnese
5 vaskuläre Risikofaktoren
Klassifikation
4 nach Anatomie (Kammerwinkel offen oder eng), zeitlichem Auftreten,
primär oder sekundär (andere Grunderkrankung), nach Schadensaus-
maß, nach Augendruckniveau
4 primäre Glaukome
5 kongenitales Glaukom (. Abb. 8, Farbteil)
5 Offenwinkelglaukom (ca. 90% aller Glaukome)
J primäres Offenwinkelglaukom (Augendruck >21 mmHg)
J Normaldruckglaukom (Augendruck <22 mmHg)
J okuläre Hypertension (Augendruck >21 mmHg, aber kein Glau-
komschaden)
5 Engwinkelglaukom
4 sekundäre Glaukome (<5% aller Glaukomformen)
5 Glaukome bei kongenitalen Anomalien
5 sekundäre Glaukome bei Augenerkrankungen/Allgemeinerkran-
kungen
J Pseudoexfoliatio-lentis-Glaukom (PEX-Glaukom)
J Pigmentglaukom
J Neovaskularisationsglaukom
J Glaukom bei Iritis/Uveitis
J steroidinduziertes Glaukom
J Glaukom bei intraokularer Blutung, Tumor, Trauma, durch
Linsen-, Netzhaut- oder Orbitaerkrankung, nach Augenoperation
52 Kapitel 6 · Glaukom
Therapie
4 Prinzip: Augendrucksenkung nach individuellem Zieldruck
4 bei sekundärem Glaukom Behandlung der Grunderkrankung
4 Berücksichtigung von Lebensqualität, Nebenwirkungen, lokaler Unver-
träglichkeit
4 lokale medikamentöse Augendrucksenkung
5 α-adrenerge Agonisten (nicht-selektive, selektive: Clonidin, Brimo-
nidin u. a.)
J Wirkung: verminderte Kammerwasserproduktion, vermehrter
Kammerwasserabfluss
J Nebenwirkungen: zentrale Blutdrucksenkung, Müdigkeit, KI bei
Kleinkindern (Apnoe)
5 β-adrenerge Antagonisten (β-Blocker)
J Wirkung: verminderte Kammerwasserproduktion
J Nebenwirkungen: Blutdrucksenkung, Bronchokonstriktion, KI
bei Asthma
6 · Glaukom
53 6
Glaukomanfall (Winkelblockglaukom)
! Cave Glaukomanfall ist ein Notfall – sofort zum Augenarzt!
Ätiologie
4 akuter Verschluss des Kammerwinkels bei Prädisposition (Hyperopie =
kurzes Auge, Katarakt, anatomisch enger Kammerwinkel) mit massiver
Augendruckerhöhung
Klinik
4 schmerzhaftes rotes Auge
4 harter Augapfel
4 Schmerzen auch ausstrahlend, DD akutes Abdomen/Herzinfarkt,
Übelkeit
4 Sehverschlechterung
4 Ringe um Lichtquellen (durch Hornhautödem)
4 entrundete, lichtstarre Pupille
54 Kapitel 6 · Glaukom
6
7
Tag 1 – Augenheilkunde
7.1 Glaskörper – 56
7.1.1 Entwicklungsstörungen – 56
7.1.2 Glaskörpertrübungen – 56
7.1.3 Glaskörperabhebung – 56
7.1.4 Glaskörperblutung – 57
7.2 Netzhaut – 57
7.2.1 Anatomie – 57
7.2.2 Degenerationen am Übergang zwischen Glaskörper und Netzhaut – 58
7.2.3 Periphere Degenerationen – 58
7.2.4 Netzhautablösung – 59
7.2.5 Retinitis pigmentosa – 60
7.2.6 Dystrophien der Makula – 60
7.2.7 Altersmakulopathie, altersbedingte Makuladegeneration (AMD) – 61
7.2.8 Venenthrombosen – 62
7.2.9 Zentralarterienverschluss – 63
7.2.10 Diabetische Retinopathie – 63
7.2.11 Frühgeborenenretinopathie – 64
7.2.12 Retinoblastom – 65
7.1.1 Entwicklungsstörungen
7.1.2 Glaskörpertrübungen
4 im Kindes- und Jugendalter ist der Glaskörper sehr fest geformt und
glasklar, später kommt es zu Trübungen durch Auflösung der kolla-
genen Struktur
4 Trübungen bei Kurzsichtigen früher und stärker ausgeprägt
4 Beschwerden (individuell sehr unterschiedlich): fliegende Mücken
(»mouches volantes«), umherflottierende Schatten
4 Beschwerden können individuell sehr unterschiedlich sein
4 Therapie: normalerweise Beruhigung des Patienten, in extremen Son-
derfällen Vitrektomie möglich
7.1.3 Glaskörperabhebung
4 Zugwirkung des Glaskörpers auf die Netzhaut möglich, dadurch kön- Eigene Notizen
nen Netzhauteinrisse entstehen
4 Netzhautlöcher als Vorstufen für Netzhautablösung
7.1.4 Glaskörperblutung
Ätiologie
4 symptomatische Glaskörperabhebung
4 diabetische Retinopathie
4 Venenthrombosen
4 Makuladegeneration
4 Medikamentenwirkungen (Marcumar, Acetylsalicylsäure)
4 Trauma
4 Komplikation nach Operationen
Klinik
4 Leitsymptom: akute schmerzlose Sehverschlechterung
Diagnostik
4 kein Einblick auf den Fundus mehr möglich
Therapie
4 operative Entfernung des Glaskörpers mittels Vitrektomie
4 Ersatz des Glaskörpers durch Elektrolytlösung, flüchtige Gase oder Si-
likonöl
7.2 Netzhaut
7.2.1 Anatomie
4 macular pucker
4 epiretinale Gliose
4 vitreomakuläres Traktionssyndrom
4 Makulaforamen
Ätiologie
4 meist idiopathisch
4 seltener sekundär
5 nach Verletzungen
5 nach Augenoperationen auftreten
5 bei chronischem Ödem
5 medikamentös
7
Klinik
4 Verzerrungen
4 Leseverschlechterung
4 Sehverschlchterung
Diagnostik
4 Funduskopie
4 optische Kohärenztomographie (OCT)
Therapie
4 meist Vitrektomie mit Entfernung der inneren Grenzmembran.
Prognose
4 mittels Operation kann oft eine bessere Sehschärfe erreicht werden
4 oft deutliche Besserung der Verzerrungen möglich
4 Netzhautausdünnungen
4 Pigmentepithelalteration
4 Glaskörperadhäsionen
4 zystenartige Netzhautdopplungen
4 Netzhautlöcher
Klinik
4 unspezifisch bis keine Symptome
4 gelegentlich floater
4 manchmal Lichtphänomene, Blitze
Diagnostik
4 Funduskopie
7.2 · Netzhaut
59 7
Therapie Eigene Notizen
4 Beobachtung
4 Laserkoagulation bei Netzhautlöchern
7.2.4 Netzhautablösung
Klinik
4 Schattensehen
4 Blitzesehen, andere Lichtphänomene
4 »aufsteigende Staubwolken«
4 Gesichtsfeldausfälle
Diagnostik
4 Funduskopie
4 ggf. Ultraschall
Therapie
4 rhegmatogene Amotio
5 Buckelchirurgie zum externen Lochverschluss: Plombe, Cerclage,
Kryopexie des Loches
5 primäre Vitrektomie zum internen Lochverschluss: Füllung mit Gas
oder Silikonöl, Laserkoagulation des Loches
60 Kapitel 7 · Glaskörper und Netzhaut
Prognose
4 rhegmatogene Amotio
5 Wiederanlegung der Netzhaut in 70–80% mit einer Operation
5 mit mehreren Operationen in 95%
4 traktive Amotio
5 Wiederanlegung gut machbar
5 dauerhaft Rezidive möglich
4 exsudative Amotio
5 hängt von der Behandelbarkeit der Ursache ab
7
7.2.5 Retinitis pigmentosa
Ätiologie
4 Ursache sind zahlreiche Gendefekte für Schlüsselproteine des Sehkas-
kade
4 je nach Mutation autosomal-dominant, autosomal-rezessive, X-chro-
mosomal gekoppelt oder spontan
Klinik
4 Nachtblindheit und zunehmende Einschränkung des Gesichtsfeldes
4 Röhrengesichtsfeld
4 Erblindung in späten Stadien
4 Erkrankung beginnt im mittleren Erwachsenalter oder früher, selten in
der Kindheit
Diagnostik
4 Pigmentverklumpungen in Form von Knochenkörperchen
4 wachsgelbe Papille
4 stumpfer Netzhautreflex
4 Elektroretinogramm (ERG): erloschen
Therapie
4 keine ursächliche möglich
4 Rehabilitation: vergrößernde Sehhilfen, Kantenfiltergläser, Mobilitäts-
training, Blindenschrift
Ätiologie
4 degenerative Prozesse im retinalen Pigmentepithel
5 Drusenbildungen
5 Verdickung der Bruch-Membran
5 Ablagerung toxischer Stoffwechselprodukte
4 bei Vorliegen bestimmter Mutationen hohes genetisches Risiko
Klassifikation
4 frühe Form mit Drusen und Pigmentverschiebungen
4 späte Formen:
5 trockene AMD mit Atrophie des retinalen Pigmentepithels
(. Abb. 12a, Farbteil)
5 feuchte AMD mit subretinaler Neovaskularisation oder Pigment-
epithelabhebung (. Abb. 12b, Farbteil)
Klinik
4 Leseverschlechterung
4 Verzerrungen
Diagnostik
4 Visus
4 Amsler-Test
4 Funduskopie
4 Fluoreszenzangiographie
4 optische Kohärenztomographie
Therapie
4 frühe Formen: beobachten
4 späte Form:
5 Atrophie: Rehabilitation mit vergrößernden Sehhilfen
5 feuchte Form: Anti-VEGF-Injektionen in den Glaskörperraum
5 ggf. bei großen Blutungen auch operatives Vorgehen mittels Vitrek-
tomie
62 Kapitel 7 · Glaskörper und Netzhaut
Ätiologie
4 Ursachen sind Gefäßwandschäden meist durch Atherosklerose
4 seltener genetisch bedingte Hyperkoagulolabilität, z. B. Faktor-V-Lei-
den-Mutation, AT3-Mangel, APC-Resistenz
Klinik
4 akute schmerzlose Sehverschlechterung
Diagnostik
4 Funduskopie
5 streifenförmige Blutungen entlang der Nervenfaserschicht
7 (. Abb. 13a, Farbteil)
5 Makulaödem
5 Cotton-wool-Exsudate
4 Zentralvenenthrombose: Blutungen disseminiert über den ganzen
Fundus
4 Astvenenthrombose: Blutungen im Stromgebiet eines Venenastes
Therapie
4 Ursachenabklärung
4 Einstellung des Hämatokrits auf ca. 40% mittels isovolämischer Hämo-
dilution
4 Gabe von Thrombozytenaggregationshemmern
Prognose
4 bei nicht-ischämischen Formen kann es zu einer Abheilung kommen
4 Visus oft durch Makulaödem reduziert
4 bei ischämischen Formen bleibt oft ein erheblicher Funktionsausfall
zurück
Komplikationen
4 Neovaskularisationen an der Iris
4 Sekundärglaukom
4 Glaskörperblutungen
4 Prophylaxe und Therapie der Komplikationen
5 bei ischämischen Formen Laserkoagulation der avaskulären Netz-
haut
5 bei Glaskörperblutungen Vitrektomie
5 bei Makulaödem Anti-VEGF-Injektionen oder intravitreale
Steroide
7.2 · Netzhaut
63 7
7.2.9 Zentralarterienverschluss Eigene Notizen
Ätiologie
4 vollständiger oder unvollständiger Verschluss der A. centralis retinae
4 meist durch atherosklerotische Wandveränderungen der A. centralis
retinae
4 seltener durch Embolien aus dem Vorhof oder den Karotiden
Klinik
4 akuter schmerzloser nahezu vollständiger Verlust des Sehvermögens
Diagnostik
4 deutliche afferente Pupillenstörung
4 Funduskopie
4 blasse Papille
4 kirschroter Fleck in der Makula (. Abb. 13b, Farbteil)
4 ischämisches Netzhautödem
4 kein Fluss in den retinalen Arterien
4 internistische und/oder neurologische Abklärung
Therapie
4 Minderung des intraokularen Drucks
5 Parazentese
5 Acetazolamid
5 Bulbusmassage
5 Thrombozytenaggregationshemmern
5 ggf. Hämodilution
4 Prognose: sehr ungünstig, selten Verbesserungen möglich, dann meist
bei unvollständigen Verschlüssen
Komplikationen
4 Makulaödem
4 traktive Netzhautablösung
64 Kapitel 7 · Glaskörper und Netzhaut
Therapie
4 straffe Zuckereinstellung
4 gute Blutdruckeinstellung
4 panretinale Laserkoagulation bei proliferativer diabetischer Retino-
pathie
4 Kataraktoperation bei diabetischer Katarakt
4 fokale Laserkoagulation bei diabetischem Makulaödem
4 ggf. Injektion mit Anti-VEGF-Präparaten und/oder Steroiden
4 Vitrektomie bei Glaskörperblutung und/oder Netzhautablösung
4 Kataraktoperation bei diabetischer Katarakt
4 drucksenkende Maßnahmen beim Glaukom
7
7.2.11 Frühgeborenenretinopathie
Ätiologie
4 Wachstum der retinalen Gefäße ist erst am Termin abgeschlossen
4 vermehrte Sauerstoffgabe postpartal führt zu einem Stop des Gefäß-
wachstums
4 bei reduziertem Sauerstoff nach der Inkubatorphase oder bei Schwan-
kungen der Sauerstoffsättigung kommt es zur Hypoxie der peripheren
nicht vaskularisierten Netzhaut
4 die Hypoxie führt sekundär zu Neovaskularisationen und Wachstum
fibrovaskulärer Membranen
4 Risikofaktoren
5 Kinder <1000 g Geburtsgewicht ( > Memo Screeningprogramm
für alle Frühgeborenen vor der 32. SSW und unter 1000 g vorge-
schrieben!)
5 Geburt vor der 32. SSW
5 komplizierter postpartaler Verlauf
5 Bluttransfusionen
Klassifikation
4 Stadium 1: avaskuläre Netzhaut
4 Stadium 2: Demarkationslinie
4 Stadium 3: prominente Leiste
4 Stadium 4: partielle Netzhautablösung
4 Stadium 5: totale Netzhautablösung
4 plus Kriterium wenn deutliche Neovaskularisationstendenz vorliegt,
z. B. Tortuositas, Blutungen
Therapie
4 laufende Kontrollen für Stadium 1 und 2
4 Laserkoagulation im Stadium 3 mit Aktivitätszeichen
7.2 · Netzhaut
65 7
Spätfolgen
4 Myopie
4 Schielen
4 Amblyopie
4 Netzhautablösung
7.2.12 Retinoblastom
Ätiologie
4 genetisch bedingt durch RB1-Gen (Tumorsuppressorgen)
4 bei Keimbahnmutation beidseitiges Vorkommen und familiär gehäuft
4 bei somatischer Mutation einseitiges sporadisches Vorkommen
Klinik
4 weißliche Tumor der aus der Netzhaut in den Glaskörperraum vor-
wächst (endophythisch, exophytisch), manchmal Aussaat von Tumor-
zellen im Glaskörperraum
Diagnostik
4 meist zufällig entdeckt, durch Leukokorie oder Schielen
Therapie
4 Enukleation bei einseitigem Befall
4 bei beidseitigem Befall Enukleation des Auges mit dem größeren Tumor,
Versuch, das 2. Auge zu erhalten durch Brachytherapie, Laser-/Kryoko-
agulation.
4 Polychemotherapie als Basistherapie
4 Prognose: 5-Jahres-Überlebensrate 95%
8
Tag 1 – Augenheilkunde
8 Aderhaut
P. Walter
8.1 Anatomie – 67
8.4 Lymphome – 68
8.5 Aderhautmelanom – 68
8.6 Aderhautnävus – 69
Ätiologie
4 bakterielle, virale oder pilzbedingte Infektionen
4 besonders häufig: Lues, Toxoplasmose, Tuberkulose, Borreliose, Toxo-
cara canis
4 immunologische Prozesse
4 nach Verletzung am Partnerauge (sympathische Ophthalmie)
Klinik
4 unspezifische Sehbeschwerden
4 Schatten sehen
4 Sehverschlechterung
4 meist schmerzlos
Diagnostik
4 Fundus. weißliche zuerst unscharf begrenzte Herde peripher oder
zentral unter der Netzhaut
4 Labor
4 ggf. Aderhautbiopsie
Therapie
4 richtet sich nach der Ursache
4 spezifisch bei Infektionen (Antibiotika u. a.)
4 Steroide bei immunologischen Prozessen
68 Kapitel 8 · Aderhaut
Klinik
4 Allgemeinsymptome
4 ggf. auch neurologische Ausfälle
Diagnostik
4 Fundus:
5 weißlich Herde unter der Netzhaut
5 im Verlauf der Erkrankung größer werdend
4 Aderhautbiopsie
4 CT/NMR, um ZNS-Beteiligung auszuschließen
8
Therapie
4 Bestrahlung
4 Chemotherapie
8.5 Aderhautmelanom
Pathogenese
4 können aus einem Aderhautnävus entstehen
4 knotenförmiges Wachstum unter der Retina
4 gehen von maligne transformierten Melanozyten der Aderhaut aus
4 Durchstoßen die Bruch-Membran
4 wölben sich in den Glaskörperraum vor
4 können die Sklera infiltrieren und nach außen durchbrechen
4 können auch vom Ziliarkörper ausgehen oder in den Ziliarkörper infil-
trieren
Histologie
4 spindelförmige Typen mit hoher Differenzierung
4 epitheloide Typen mit niedrigem Differenzierungsgrad
4 gemischte Formen
Klinik
4 meist zufällig entdeckt
4 Sehbeschwerden oder -verschlechterung oft als später Befund
4 Glaukom mit Schmerzen
8.6 · Aderhautnävus
69 8
Diagnostik
4 Funduskopie (. Abb. 15, Farbteil)
4 Ultraschall zur Größenbestimmung und Therapieplanung
4 Staging
Therapie
4 größen- und lageabhängig
4 Brachytherapie mittels Aufnähen eines episkleralen Rutheniumplaque
4 Protonenbestrahlung
4 Gamma-Knife-Bestrahlung
4 Resektion
4 Enukleation
Prognose
4 abhängig von:
5 Tumorgröße
5 Lokalisation
5 histologischem Typ
5 Genetik (Monosomie 3)
5 Skleradurchbruch
8.6 Aderhautnävus
Tag 1 – Augenheilkunde
9.1 Optikusatrophie – 71
9.7 Sehbahn – 73
9.7.1 Anatomie – 73
9.7.2 Topographische Anatomie des Chiasma opticum – 74
9.7.3 Sehbahnläsionen und Gesichtsfelddefekte – 74
9.7.4 Pupillenstörungen und Anisokorie – 74
Klinik
4 plötzliche Visusminderung, meist einseitig
4 Papillenschwellung meist sektoriell/asymmetrisch, streifige Sehnerven-
blutungen (. Abb. 17, Farbteil)
4 Gesichtsfelddefekt häufig altitudinal, variabel bis Erblindung
Diagnostik
4 Fundus: ischämische (= blasse) Sehnervenschwellung
4 Visusverlust, Gesichtsfelddefekt
4 Arteriitis temporalis Horton?
5 Kopfschmerzen, Kauschmerzen
5 A. temporalis: vermehrte Tortuositas, Druckschmerzhaftigkeit
5 Labor: hohe BSG (Sturzsenkung), hohes CRP
5 A. temporalis Biopsie (Histologie: Riesenzellarteriitis?)
5 meist hohes Alter (>60 Jahre) und niedriger Hämatokrit
5 Assoziation mit Polymyalgia rheumatica
4 Abklärung vaskulärer Risikofaktoren (arterielle Hypertonie, Diabetes
mellitus, Blutfette, Nikotin, kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre
Erkrankungen)
4 neurologisches Konsil, Karotisdoppler
4 Differenzialdiagnose: s. Differenzialdiagnose Papillenschwellung (7 Ab-
schn. 9.6)
4 > Memo Bei jeder ischämischen Optikusneuropathie muss ein Arteri-
itis-Ausschluss erfolgen!
Therapie
4 systemisch Steroide bei nicht-arteriitischer AION
4 hochdosiert Steroide bei arteriitischer AION
4 Hämodilution
72 Kapitel 9 · Sehnerv und Sehbahn
4 Stauungspapille
5 bei erhöhtem Hirndruck (s. a. Pseudotumor cerebri), beidseitig,
hochprominente Papillenschwellung (»Sektkorken«)
5 vergrößerter blinder Fleck oder geringe Gesichtsfelddefekte
5 Rückbildung nach Wochen, Optikusatrophie bei persistierend
hohem Hirndruck möglich
5 Foster-Kennedy Syndrom: keine Stauungspapille bei Optikus-
atrophie
5 Abklärung durch Neurologen, Bildgebung
4 anteriore ischämische Optikusneuropathie (7 Abschn. 9.2)
5 einseitige asymmetrische Papillenschwellung mit Randblutungen,
akuter Visusverlust
4 Papillitis (7 Abschn. 9.8)
5 einseitige Papillenschwellung mit allmählichem Sehverlust,
Schmerzen
4 andere
5 vaskuläre Papillenschwellung (z. B. bei Fundus hypertonicus Grad
IV, Zentralvenenverschluss)
5 Infiltration des Sehnerven durch entzündliche/immunologische Er-
krankungen und Malignome
5 Kompressive Optikusneuropathie bei orbitaler Druckerhöhung
(z. B. bei Blutungen, endokrine Orbitopathie)
5 Pseudopapillenödem (z. B. bei Drusenpapillen, Hyperopie)
5 Lebersche Optikusneuropathie (7 Abschn. 9.4)
9.7 Sehbahn
9.7.1 Anatomie
4 inferior: Hypophyse
4 lateral: A carotis int., N. III, N. IV, V1 und V2, Sympathikusfasern
4 posterior: III. Vetrikel
4 perichiasmal: Sinus Cavernosus
4 superior: A. cerebri ant.
4 > Memo Zur Ursachenabklärung bei Anisokorie muss eine ophthal- Eigene Notizen
mologische Untersuchung zum Ausschluss anderer Erkrankungen des
Auges mit sekundärer Anisokorie erfolgen.
Diagnostik
4 immer ophthalmologischer Organbefund
4 afferente Störung (ophthalmologische oder neuroophthalmologische
Erkrankung als Ursache)
4 efferente Störung
5 Sympathikusläsion (enge Pupille): Kokain-Test (Kokain AT 10%):
Mydriasis wenn Sympathikus intakt, persistierende Anisokorie bei
Horner-Sydrom (dann weitere neurologische Abklärung)
5 Okulomotoriusläsion (weite Pupille): Miosis nach Pilokarpin AT
1%; weitere neuroophthalmologische Ablärung (Motilitätsein-
schränkung, Ptosis)
4 Miosis nach Pilokarpin AT 0,1%: Pupillotonie
4 keine Miosis nach Pilokarpin AT 1%: pharmakologische Mydriasis
4 > Memo Trias bei Horner-Syndrom: Miosis, Ptosis, Enophthal-
mus.
Ätiologie
4 idiopathisch
4 multiple Sklerose
4 infektiöse Erkrankungen des Kindesalters, virale Infektionen
4 fortgeleitete Entzündungen (Nasennebenhöhlen, Orbita, ZNS)
4 granulomatöse Entzündungen und Infektionen (Tuberkulose, Syphilis,
Sarkoidose, Borreliose u. a.)
Klinik
4 allmählicher Sehverlust (meist über Tage), meist einseitig
4 relatives afferentes Pupillendefizit (RAPD)
4 Bewegungsschmerz, Repulsionsschmerz
4 Farbsinnstörung (Rotentsättigung)
4 Alter 10–45 Jahre (Retrobulbärneuritis: junge Erwachsene, Papillitis:
meist beidseitig, Kinder)
4 Uthoff-Zeichen: verstärkte Sehstörungen bei körperlicher Anstrengung
oder Erhöhung der Körpertemperatur
76 Kapitel 9 · Sehnerv und Sehbahn
Therapie
4 intravenöse Hochdosissteroidtherapie (insbesondere bei schlechtem
Visus) oder abwarten
4 ggf. Therapie der Grunderkrankung
Prognose
4 günstig (meist Visusrehabilitation über Monate)
4 Rezidive möglich
4 abhängig von möglicher Grunderkrankung
9 > Memo Retrobulbärneuritis: Patient sieht nichts, Arzt sieht nichts.
10
Tag 1 – Augenheilkunde
10 Orbita
K. Hartmann
10.1 Anatomie – 78
10.3 Tumoren – 79
10.3.1 Maligne Tumoren – 80
10.3.2 Benigne Tumoren – 81
4 nach hinten hin spitz zulaufender knöcherner Trichter, vorne durch den
Bulbus oculi und das Septum orbitale begrenzt
4 Gesamtvolumen 30 ml, davon 7 ml Bulbus oculi (von normaler Größe)
4 knöcherne Wände: Os zygomaticum lateral unten, Os frontalis lateral
oben und oben, Ala major des Os sphenoidale hinten lateral unten, Ala
minor hinten medial, Os ethmoidale (Lamina papyracea) medial,
Maxilla unten
4 medial, unten und oben vorne enger Kontakt zu den Nasenneben-
höhlen
4 Durchtrittsstellen: Fissura orbitalis superior (zwischen Ala major und
Ala minor) – durch diese verlaufen von medial nach lateral: V. orbitalis
inferior, N. nasociliaris, N. abducens, N. oculomotorius, N. trochlearis,
N. frontalis, N. lacrimalis, V. orbitalis superior; Canalis opticus (medial
der Fissura orbitalis superior) – durch diesen verlaufen der N. opticus
und die A. ophthalmica, um diese Austrittsstelle liegt der Anulus tendi-
nosus communis, aus dem alle äußeren Augenmuskeln entspringen mit
Ausnahme des M. obliquus inferior (dieser entspringt vom vorderen
medialen Orbitaboden)
4 Extrakonalraum: zwischen den knöchernen Orbitawänden und den ge-
raden Augenmuskeln und sie umgebendem Bindegewebe; beinhaltet
10 u. a. Orbitafett (als Gleitlager wichtig), Orbitavenen, lateral oben vorne
die Tränendrüse
4 Intrakonalraum: Inhalt zwischen den geraden Augenmuskeln und sie
umgebendem Bindegewebe, vorne durch den Bulbus begrenzt; bein-
haltet u. a. Orbitafett, N. opticus, Äste der A. und V. ophthalmica
4 > Memo: Entweder der Bulbus »gibt nach« (eher selten) oder die knö-
chernen Strukturen, sehr selten beides.
4 Bulbusverletzung (Contusio bulbi)
5 Vorderkammerreiz
5 Augeninnendruck zu hoch (Verlegung des Kammerwinkels mit
Zelldetritus) oder zu niedrig (Ziliarkörper hat durch stumpfes Trau-
ma (Perfusion p) Produktion eingestellt oder reduziert)
5 Pupillenfunktionsstörung und -entrundung (M. sphincter pupillae
bezüglich der arteriellen Versorgung »letzte Wiese«, Iris sehr vulne-
rabel)
5 Berlin-Ödem der Netzhaut (durch Wassereinlagerung Verdickung
der Netzhaut, dadurch wird die Netzhaut dicker und die Aderhaut
schimmert nicht gut durch → weißliche Farbe entspricht Eigenfarbe
der Netzhaut)
5 Bulbusberstung (Sollbruchstellen = dünnste Stellen der Sklera am
Limbus und unter den Ansätzen der geraden Augenmuskeln)
5 Therapie
10.3 · Tumoren
79 10
10.3 Tumoren
Klinik
4 Visusminderung
4 Gesichtsfeldausfälle
4 Protrusio bulbi
4 Doppelbilder
4 Bewegungsschmerzen des Auges
4 Druckgefühl
Diagnostik
4 Visus reduziert bei Affektion des N. opticus
4 Gesichtsfeldausfälle bei Beteiligung des N. opticus
4 Swinging-flashlight Test = relatives afferentes Pupillendefizit, falls nur
eine Seite betroffen ist, werden die Pupillen bei gleicher Beleuchtung wie
beim Partnerauge beide weiter
4 Motilitätsanalyse – Doppelbilder?, Bewegungseinschränkungen durch
mechanische Behinderung?
4 Binokularstatus
80 Kapitel 10 · Orbita
Eigene Notizen 4 Exophthalmometrie nach Hertel – auf der betroffenen Seite meist Pro-
trusio bulbi, Ausnahme: bei szirrhösem Mammakarzinom (Metastase)
Enophthalmus möglich durch narbige Schrumpfung der die Umgebung
infiltrierenden Metastase
4 Organbefund (vorderer Augenabschnitt, Tensio, Fundus)
4 Photodokumentation
4 Ultraschall, CT oder NMR der Orbita
4 histologische Diagnosesicherung – diese sollte immer angestrebt wer-
den mit folgenden Ausnahmen:
5 kavernöse Hämangiome in der Orbita werden oft bei bildgebender
Diagnostik des Schädels als Zufallsbefund entdeckt, sie wachsen,
wenn überhaupt, langsam und stören meist nicht, ihre radiolo-
gischen Kriterien sind recht spezifisch – hier sind Verlaufskontrol-
len zu empfehlen
5 infauste Prognose quoad vitam – hier sollte bedacht werden, ob
nicht alleinige palliative Maßnahmen sinnvoller sind
liegen Interaktionen mit negativer Auswirkung sowohl auf immu- Eigene Notizen
nologischer Ebene als auch bezüglich der mechanischen Komplika-
tionen, Raucher sind stärker betroffen mit schwereren und protra-
hierteren Krankheitsverläufen
5 Therapie: Rauchen einstellen!
5 die Erkrankung durchläuft zunächst eine Akutphase über Wochen,
erreicht dann über Wochen bis Monate ein Plateau, um dann lang-
sam »auszubrennen«
5 bei schlaffem Septum orbitale kann das Gewebe nach vorne aus-
weichen, es entwickelt sich eine deutlich sichtbare Protrusio bulbi,
allerdings baut sich in der Orbita kein hoher Druck auf, so dass die
Perfusion des N. opticus bei dieser Konstellation besser ist
5 bei straffem Septum orbitale entwickelt sich nur eine geringe Protrusio
bulbi, allerdings ein erhöhter intraorbitaler Druck mit nachfolgender
Perfusionsstörung des N. opticus (»Optikuskompression«), hier sind
v. a. Männer betroffen, die von der Erkrankung weniger häufig befal-
len sind, aber deutlich häufiger Optikopathien entwickeln
5 bezüglich der Therapie muss die Schilddrüse optimal therapiert
werden: Euthyreose, ein Jahr lang thyreostatische Therapie,
dann Auslassversuch, bei Rezidiv Radiojodtherapie ( ! Cave
Ausschwemmung von TSH-Rezeptor-Autoantikörpern → Ver-
schlechterung der endokrinen Orbitopathie → Steroidprophylaxe
erforderlich!) oder Thyreoidektomie
5 bezüglich der ophthalmologischen Therapie muss klinisch entschie-
den werden, ob die Erkrankung noch floride ist oder nicht mehr
floride (= ausgebrannt)
Therapie
4 Tränendrüsenbefall → Sicca-Syndrom (wird durch weitere Lidspalte
verstärkt, da mehr Schleimhautoberfläche (Hornhaut und Bindehaut)
freiliegt): künstliche Tränen als Augentropfen; damit kann eine Ulkus-
bildung der Hornhaut vermieden werden
4 präseptale Lidschwellung/Ödem: systemisch Steroide (i.v. günstiger als
oral, da besserer Effekt, weniger Nebenwirkungen, mehr Responder)
oder – bei milderen Formen – Lymphdrainage
4 Lidretraktion → wenn nicht mehr floride: operative Lidverlängerung
4 Exophthalmus = Protrusio bulbi: wenn nicht mehr floride zur kosme-
tischen Rehabilitation Orbitadekompression = Entfernen von Knochen-
strukturen zu den NNH → das Gewebe kann nach hinten »sinken« oder
Orbitafettresektion
4 Motilitätsstörung, Doppelbilder: bei Floridität wenn möglich Ausgleich
mit Prismengläsern oder Okklusion eines Auges, evtl. Retrobulbärbe-
strahlung, später Augenmuskelchirurgie
4 Visusminderung durch Perfusionsstörung des N. opticus: hochdosiert
Steroide i.v. und knöcherne Orbitadekompression (auch wenn die Er-
krankung noch floride ist) oder Orbitafettresekion (wenn v. a. das Fett-
volumen vermehrt ist)
11
Tag 1 – Augenheilkunde
11 Strabismus
K. Hartmann
11.1 Definitionen – 85
11.2 Grundlagen – 85
11.3 Begleitschielen – 85
4 Schielen: Fehlstellung eines Auges; das fixierende Auge ist auf das Seh-
objekt gerichtet, das nicht fixierende (schielende) Auge weicht ab
4 Begleitschielen, Strabismus concomitans: angeboren oder in früher
Kindheit erworben → keine Diplopie, Suppression → Amblyopiegefahr
4 paretisches Schielen, Strabismus incomitans: Augenmuskellähmungen,
meist erworben → Doppelbilder (Diplopie)
11.2 Grundlagen
11.3 Begleitschielen
Eigene Notizen zwischen Retina und visuellem Kortex ist in diesem Fall minder-
repräsentiert. Der Visus bei einem Neugeborenen liegt geschätzt nur bei
0,1, alles andere wird durch Lernen = »Benutzen« erst erworben.
4 > Memo Schielen ist keine Krankheit der Augen, sondern des Gehirns
= der beidäugigen Bildverarbeitung«.
4 Inzidenz: 5–7% (Mitteleuropa); häufiger bei Risikogeburten, Frühge-
burten; familiär gehäuft
4 Amblyopie
5 Schwachsichtigkeit ohne organischen Fehler oder mit einem, der
nicht im Verhältnis zum Grad desselben steht
5 neuronale Verschaltungen zwischen Retina und visuellem Kortex
werden in der Kindheit (bis zur Pubertät) aufgebaut = »learning by
using«, Abbau → Visus p ist jederzeit möglich
5 der Visus des amblyopen Auges ist beim Schielen mit streng einsei-
tiger Führung ohne Therapie nur 0,1!
5 Therapie: schielendes Auge zum Sehen zwingen, indem das Füh-
rungsauge abgeklebt = okkludiert wird
5 Schielen ist die Hauptursache für Amblyopie
5 weitere Ursachen: Deprivationsamblyopie durch Ptose, Hämangi-
om des Oberlides, kongenitaler Katarakt und persistierendem hy-
perplastischem Glaskörper und Refraktionsamblyopie bei hoher
Hyperopie, hohem Astigmatismus, Anisometropie
4 bei kleineren Schielwinkeln wird die Fovea des fixierenden Auges mit
einer etwas in Richtung Schielwinkel abweichenden Netzhautstelle des
11 nicht fixierenden Auges verschaltet = anomale Netzhautkorrespondenz.
Dies ermöglicht grobes Binokularsehen. Daraus ergibt sich ein Anoma-
liewinkel, der nicht operabel ist, aber auch (ähnlich wie die Größe und
Defekttiefe der Suppressionsskotome) dynamisch ist und verschoben
werden kann
4 Phorie
5 latentes Schielen
5 kein Parallelstand, wenn die beidäugige Zusammenarbeit unterbro-
chen ist, Einstellbewegungen nur bei Aufdecken (Refusion) oder im
alternierenden Abdecktest
5 »normal«: 80% aller Menschen haben keinen Parallelstand, wenn
das beidäugige Sehen unterbrochen ist
5 selten Dekompensation → asthenopische Beschwerden: »blurred
vision«, bifrontale Kopfschmerzen, Brennen, Tränen, Diplopie
5 Dekompensation bei Übermüdung oder unter Alkoholeinfluss
normal
5 Therapie: Prismenausgleich, Augenmuskeloperation
Diagnostik
4 Covertest = Abdecktest
5 das führende = fixierende Auge wird abgedeckt
5 nun muss das nicht fixierende Auge die Führung aufnehmen und
macht eine Bewegung = Einstellbewegung. Dies beweist manifestes
Schielen
11.3 · Begleitschielen
87 11
5 wird die Führung mit dem nun fixierenden Auge gehalten? Wenn Eigene Notizen
ja, wie lange? → Rückschluss auf den Schweregrad der Amblyopie
4 Uncovertest = Aufdecktest
5 weicht ein Auge unter dem Abdecken in eine »Ruheposition« ab, die
nicht dem Geradeausblick entspricht, und liegt beidäugiges Ein-
fachsehen vor, so macht dieses Auge nach Aufdecken eine Fusions-
bewegung (latentes = phorisches Schielen)
4 Prismencovertest
5 mit Prismen (lenken den Lichtstrahl in einer definierten Größe zur
Basis hin ab) kann man den Schielwinkel neutralisieren und so die
Größe bestimmen (die beim Begleitschielen nicht statisch, sondern
dynamisch ist und sich situativ ändern kann)
4 Visusprüfung (zentrale Sehschärfe)
5 mit »konservativen« Methoden ab dem 2. Lebensjahr möglich, mit
speziellen Tests (»preferential looking«) schon bei Säuglingen
5 wichtig: Seitendifferenz und absolute Werte streuen erheblich (Auf-
merksamkeit, Lerneffekt, Angst vor Fehlern bei Schulkindern)
5 Visus für Einzeloptotypen (einzeln stehende Sehzeichen) steigt etwa
bis zum 8. Lebensjahr auf 1,0; der Reihenvisus ist erst zur Pubertät
voll entwickelt
5 normierte Sehzeichen sollten verwendet werden
4 Stereotests, Prüfung des Simultansehens (Bagolini-Lichtschweiftest)
4 Organbefund: Trübung der brechenden Medien? Netzhautverände-
rungen? Refraktion?
4 abgegrenzt werden müssen:
5 Pseudostrabismus: bei breitem Nasenrücken, Epikanthus → schein-
bares Innenschielen; bei positivem oder negativem Winkel Kappa
(Winkel zwischen Gesichtslinie (Fovea centralis → Objekt) und Pu-
pillenachse (Pupillenmitte → Hornhautscheitel); die Fovea centralis
liegt in der Regel nicht genau am hinteren Augenpol, sondern etwas
nach temporal verschoben → dies verursacht einen positiven Winkel
Kappa (scheinbares Außenschielen bei monokularer Fixation)
5 Lidasymmetrien (durch einen Oberlidhöherstand kann z. B. ein
Höhenschielen vorgetäuscht werden)
Definitionen
4 Tropie: manifestes Schielen
4 Phorie: latentes Schielen
4 Esotropie: Innenschielen
4 Exotropie: Außenschielen
4 Hypotropie: Tieferstand rechts = Höherstand links; –VD (Vertikaldevi-
ation)
4 Hypertropie: Höherstand rechts = Tieferstand links; +VD
88 Kapitel 11 · Strabismus
Schielformen
4 akkommodative Esotropie
5 Beginn um das 2. Lebenshalbjahr (Fixationsbeginn)
5 durch Hyperopie ausgelöst: scharfes Sehen in der Ferne nur durch
Akkommodation → löst Konvergenzimpuls aus
5 Brille → Parallelstand
4 frühkindliches Schielsyndrom
5 frühkindliche Esotropie: mit Abstand häufigste Schielform, Beginn
im 1. Lebensjahr
5 Innenschielen + Nystagmus latens (jeweils außenschlägiges Augen-
zittern, wenn dem Partnerauge Licht entzogen wird) + dissoziiertes
Höhenschielen (Abdriften des schielenden Auges nach oben) +
Kopfzwangshaltung + »crossed fixation« (Fixation in Adduktion –
weil hier der Nystagmus latens am ruhigsten ist und ein schärferes
Bild resultiert) + Winkelschwankungen (größerer Winkel bei Mü-
digkeit und in der Nähe)
4 Mikrostrabismus
5 meist Mikroesotropie, selten Mikroexotropie
5 Schielwinkel <5° (kosmetisch unauffällig)
5 anomale retinale Korrespondenz, Simultansehen, manchmal sub-
normales Stereosehen, meist strenge Führung eines Auges
11.4 · Paretisches Schielen
89 11
5 ! Cave Bei fehlender Vorsorge wird das Schielen oft erst spät Eigene Notizen
(6. Lebensjahr) erkannt. Mit Amblyopietherapie kann dann kein
voller Visus mehr erreicht werden.
5 Vorsorge daher sehr wichtig
4 normosensorisches Spätschielen
5 Schielbeginn >3. Lebensjahr
5 oft Diplopie, Zukneifen eines Auges (anfangs)
5 strabologischer Notfall: sofortige Entlastung durch Prismen, Bril-
lenbestimmung → akkommodativ?
5 falls mit Brille keine Rekompensation: rasche Operation, sonst droht
Verlust des Stereosehens
4 Strabismus divergens intermittens
5 häufigste Form des Außenschielens
5 zeitweise Parallelstand mit normalem bis subnormalem Binokular-
sehen, zeitweise Exotropie ohne Diplopie mit Suppression (2 senso-
rische binokulare Verarbeitungen wechseln sich ab)
5 oft Lichtempfindlichkeit (Ursache unklar)
5 Operation nur bei Dekompensation >50% der Wachzeit oder bei
Visusabfall
4 die Wirkungen beziehen sich auf den Geradeausblick. Anhand des Pfeil-
verlaufes kann man diese ableiten. Der Muskel steht jeweils an der Stel-
le seiner Hauptwirkung (seines effektivsten Hebelarmes), dies entspricht
jedoch nicht der Zugrichtung!
4 der Hebelarm der Obliqui kommt von vorne und setzt schwerpunktmä-
ßig hinter dem Äquator an, daher hebt der Obl. inferior und der Obl.
superior ist ein Senker
4 Definition: Inzyklorotation: die obere Hälfte des Bulbus rotiert zur
Nase hin, Exzyklorotation: die obere Hälfte des Bulbus rotiert nach
außen
90 Kapitel 11 · Strabismus
Tag 1 – Augenheilkunde
12 Verletzungen
P. Walter
12.1 Lidverletzungen – 93
12.3 Verätzungen – 95
Ätiologie
4 Wurfgeschosse
4 Holzscheite
4 Explosionen
4 Messerstiche
4 Hundebisse
4 Kleiderbügelhaken u. v. a. m.
Klinik
4 z. T. erhebliche Zerreißungen der Lider und der Tränenwege
Therapie
4 Tetanusprophylaxe
4 Inspektion und Reinigung der Wunde
4 schichtweiser, anatomisch korrekter mikrochirurgischer Wundver-
schluss
4 Rekonstruktion der Tränenwege primär anstreben mit Schienung und
direkter Naht der Canaliculi
4 Antibiose insbesondere bei Bissverletzungen unumgänglich
Komplikationen
4 Infektionen
4 Narbenektropium, -entropium
4 sekundärer Tränenwegsverschluss mit Epiphora
Klassifikation
4 nicht-bulbuseröffnende Verletzungen
5 Bindehautrissen
5 Lazerationen der Hornhaut
5 Erosio corneae
5 Licht-/Temperturschäden
5 Verätzungen
5 Prellungen
4 bulbuseröffnende Verletzungen
5 Hornhautperforation
5 Bulbuspenetration mit oder ohne Fremdkörper
5 Bulbusperforation mit Eintritts- und Austrittsöffnung
5 Bulbusberstung
94 Kapitel 12 · Verletzungen
Therapie
4 Bindehauteinrisse: Naht
4 Hornhautlazeration: Kontaktlinse
4 Erosio corneae: Gleitmittel, lokale Antibiose
4 Metallfremdkörper auf der Hornhaut: Fremdkörperentfernung und
Ausfräsen des Rosthofs
4 Hornhautperforation: Naht, ggf. Kontaktlinse
4 Bulbusprellung mit Netzhautödem: Steroide
4 intraokulare Verletzungen: operative Rekonstruktion
12.2.1 Orbitabodenfraktur
Ätiologie
4 Hammer-/Meißel-Verletzungen
4 Stichverletzung
4 Geschossverletzung
4 Explosion
4 schwerste Prellung mit Bulbuszerreißung
12.3 · Verätzungen
95 12
Klinik Eigene Notizen
4 manchmal weitere Verletzungen, Polytrauma
4 Augapfel eingesunken ( ! Cave nicht immer, siehe gedeckte Ruptur!)
4 bei gedeckter Ruptur scheint der Augapfel intakt, der Riss ist unter der
Bindehaut verborgen, Augeninhalt kann unter der Bindehaut liegen
4 Linse, Iristeile, Aderhaut, Glaskörper, Netzhaut treten vor
4 oft ausgedehnte Bulbusblutung
Therapie
4 primärer Wundverschluss
4 bei Verdacht auf eine gedeckte Ruptur immer in Operationsbereit-
schaft
4 unter dem Operationsmikroskop inspizieren, ggf. Bindehaut eröffnen
4 nach ca. 1 Woche dann definitive Versorgung mit Rekonstruktion
4 oft Silikonölendotamponade erforderlich
Komplikationen
4 Traktionsamotio
4 Sekundärglaukom
4 Hypotonie
4 Hornhauttrübung
4 Endophthalmitis
4 sympathische Ophthalmie (7 Kap. 4)
4 Siderose (eisenhaltige intraokulare Fremdkörper)
4 Chalkose (bei kupferhaltigen Fremdkörpern)
Prognose
4 hängt vom Ausmaß der Gewebszerreißung ab
12.3 Verätzungen
Ätiologie
4 unfallbedingte oder durch Attentate bedingter Kontakt mit Säuren
(Koagulationsnekrosen) oder Laugen (Kolliquationsnekrosen)
Klinik
4 Bindehautchemose
4 Injektion der Bindehautgefäße
4 Hornhautstippung
4 Erosio corneae
4 Bindehautischämien mit Gefäßabbrüchen
4 Hornhauttrübung
4 intraokularer Reizzustand
4 weiße Hornhautverfärbung (»gekochtes Fischauge«)
96 Kapitel 12 · Verletzungen
Komplikationen
4 Sicca-Syndrom
4 Lidkantenvernarbung
4 dauerhafte Hornhauttrübung
4 Limbusinsuffizienz
Prognose
4 hängt vom Schweregrad ab, je ischämischer desto ungünstiger
12
13
Tag 1 – Augenheilkunde
13 Augenerkrankungen
bei Allgemeinleiden
P. Walter
Tag 1 – Augenheilkunde
14 Tropenophthalmologie
P. Walter
Therapie
4 Erythromicin oder Tetracyclin Augensalbe
4 operative Korrektur des Entropiums
4 Prognose der Keratoplastik beim Trachom ungünstig
4 Prophylaxe: Hygiene!
14.2 Lepra
Klinik
4 akute Iritis
4 chronische Iritis
4 Skleritis, Episkleritis
4 Keratitis
4 Sekundärglaukom
Therapie
4 systemisch mit Dapson und Rifampicin
4 lokal mit Steroiden
14.3 Onchozerkose
Klinik
4 Uveitis
4 Keratitis
4 Skleritis
4 sekundäre Katarakt
102 Kapitel 14 · Tropenophthalmologie
Therapie
4 Suramin, Diethylcarbamazin
4 symptomatisch
14.4 Vitamin-A-Mangelerkrankungen
Klinik
4 Nachtblindheit
4 Austrocknen der Bindehaut und Hornhaut
4 Hornhauttrübung
4 Metaplasie
Therapie
4 Vitamin-A-Substitution
4 eiweißreiche Ernährung
4 Verhindern von Durchfallserkrankungen und anderen Infektions-
krankheiten
14.5 Katarakt
14
15
Tag 1 – Augenheilkunde
15 Sehbehinderung, Rehabilitation
und rechtliche Grundlagen
P. Walter
> Memo Die Einstufung als »blind« vor dem Gesetz bedingt, dass dieser
Personenkreis Leistungen nach den Landesblindengesetzen beziehen
können wie z. B. Blindengeld.
Erblindungsursachen
4 häufigste Erblindungsursachen in den Industrienationen
5 altersbedingte Makuladegeneration
5 diabetische Retinopathie
5 Glaukom
4 häufigste Erblindungsursachen in den Entwicklungsländern
5 Katarakt
5 Trachom
15.2 Verkehrmedizin
Es gibt klare Richtlinien, wie die Sehschärfe mindestens sein muss, wenn der
Führerschein für eine bestimmte Klasse beantragt wird. Besteht der Bewer-
ber den Sehtest bei einer amtlich zugelassenen Sehteststelle nicht, so erfolgt
eine Untersuchung durch den Augenarzt, der dann zu prüfen hat, ob die
Mindestanforderungen erfüllt sind.
4 Mindestanforderungen für Führerscheinbewerber Klassen A, A1, B, BE,
M, S, L T
5 besseres Auge 0,5 oder besser
5 schlechteres Auge 0,2 oder besser
15 5 bei Einäugigkeit 0,6 oder besser auf dem einzigen Auge
4 Mindestanforderungen für Führerscheinbewerber Klassen C und D
5 besseres Auge 1,0
5 schlechteres Auge 0,8 oder besser
4 Beispiel: ein Busfahrer (Klasse D), der auf einem Auge nur noch eine
Sehschärfe von 0,5 hat, wird berufsunfähig
15.3 Entschädigungsrecht
rung der Gebrauchsfähigkeit erfolgt nach Tabellen. Die Erblindung Eigene Notizen
eines Auges beispielsweise bedingt bei normalem anderem Auge eine
Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25%.
4 In die Bestimmung der Minderung der Erwerbsfähigkeit bzw.
Minderung der Gebrauchsfähigkeit eines Auges geht aber nicht nur die
Sehschärfe ein sondern auch das Gesichtsfeld und andere funktionelle
Ausfälle. So resultiert eine 100% MdE auch bei doppelseitiger Ein-
schränkung des Gesichtsfeldes auf 5°.
4 Sehbehinderungen sind wichtige Ursachen für Arbeitsunfähigkeit und
Berufsunfähigkeit. Ein Dachdecker, der auf einem Auge erblindet, kann
seinen Beruf nicht mehr ausüben, wohl aber nach entsprechenden
Umschulungsmaßnahmen in anderen Berufen arbeiten.
15.4 Rehabilitation
Tag 1 – Augenheilkunde
16 Leitsymptome
P. Walter
Tag 2 – Dermatologie
17 Grundlagen
A. Jung
17.1.1 Epidermis
Desmosomen
4 Desmosomen vermitteln die Kohäsion benachbarter Keratinozyten,
enthalten u. a. Desmoglein-1 und -3
4 Hemidesmosomen: Adhäsionsorganellen zwischen basalen Keratino-
zyten und der Basalmembran, enthalten u. a. Kollagen XVII = bullöses
Pemphigoidantigen II = bullöses Pemphigoidantigen 180 kD = BP180
Antimikrobielle Peptide
4 Keratinozyten synthetisieren verschiedene antimikrobielle Substanzen:
Beta-Defensine, Cathelizidine, S100-Proteine wie Psoriasin, RNAsen,
Protease-Inhibitoren
17.1.2 Dermis
4 Stratum papillare: oberer Teil der Dermis mit Papillenspitzen, die in die
Epidermis einstülpen; enthält oberflächlichen horizontalen Gefäßplexus
4 Stratum reticulare: unterer Teil der Dermis mit tiefem horizontalen
Gefäßplexus
4 Zellen der Dermis: Fibroblasten, Endothelzellen, Mastzellen, dermale
dendritische Zellen, Makrophagen
4 Kollagenfasern (besonders Typ I) gewährleisten Dehnbarkeit bei erhal-
tener Reißfestigkeit
4 elastische Fasern stellen die Ausgangslage wieder her
4 Proteoglykane und Glykosaminoglykane bilden gelartige Grund-
substanz und sind wesentlich verantwortlich für Gewebsturgor
(Wasserspeicher)
114 Kapitel 17 · Grundlagen
17.2 Hautanhangsgebilde
17.2.1 Haare
Haartypen
4 Lanugohaar: Haar des Feten
4 Vellushaar: dünn und marklos, bis höchstens 2 cm Länge, fast an der
gesamten Körperoberfläche
4 Terminalhaar: dick, markhaltig, pigmentiert, wächst ca. 1 cm im
Monat
4 Sexualhaar: entsteht unter Androgenwirkung mit der Pubertät als Ter-
minalhaar genital und axillär sowie im Bartbereich und als Körperbe-
haarung
4 Palmae und Plantae sind haarlos
4 am Kapillitium finden sich 80–95% der Haare in der Anagen- und Eigene Notizen
5–20% in der Telogenphase sowie vereinzelt Katagenhaare
4 Haarverlust am Kapillitium von bis ca. 100 Haaren täglich ist physio-
logisch
Talgdrüsen
4 freie Talgdrüsen ohne Verbindung zu einem Haarfollikel sind lediglich
am Lippenrot und der Mundschleimhaut, genital sowie perimamillär
anzutreffen
4 ein Talgdrüsenfollikel ist eine große, multilobuläre Talgdrüse, die ins
Infundibulum eines Vellushaares mündet, sie finden sich in den sebor-
rhoischen Arealen = Gesicht, V-förmiger Brust- und Rückenausschnitt,
seitlich an den Oberarmen und in den Ohrmuscheln
Schweißdrüsen
4 ekkrine Schweißdrüsen sind über den gesamten Körper verteilt (höchste
Dichte an der Fußsohle), ihr Ausführungsgang ist unabhängig von
Haarfollikeln
4 apokrine Schweißdrüsen = Duftdrüsen münden über ihren Aus-
führungsgang in den Haarfollikel und finden sich axillär, genitoanal,
vereinzelt auch perimamillär und -umbilikal
Nägel
4 Nagelmatrix: Bildungszone der Nagelplatte unter dem proximalen
Nagelwall
4 die Nagelplatte schiebt sich tangential über das Nagelbett (Hyponychi-
um) nach distal
4 der proximale Nagelwall (Paronychium) geht nach distal in das Nagel-
häutchen (Kutikula) über, das der Nagelplatte zum Schutz vor einer
Infektion der Matrix anhaftet
4 Wachstumsgeschwindigkeit: Erneuerung eines Fingernagels nach 4–6
Monaten, eines Fußnagels nach 12–18 Monaten
17.3 Effloreszenzenlehre
17.3.1 Primäreffloreszenzen
17.3.2 Sekundäreffloreszenzen
4 Ulkus (Geschwür): tiefer Gewebsdefekt, der auch Knorpel und Knochen Eigene Notizen
betreffen kann
4 Atrophie: Schwund von Hautanteilen ohne vorherigen Substanz-
defekt
4 Cicatrix (Narbe): minderwertiger Gewebsersatz ohne Neubildung
sekundärer Hautanhangsgebilde
4 Rhagade: Hauteinriss bis in die Dermis
4 Fissur: Hauteinriss am Übergang zur Schleimhaut, reicht bis in die
Dermis
4 Lichenifikation: Epidermisverdickung, die mit einer Vergröberung des
Hautspaltlinienreliefs einher geht
17.4 Befundbeschreibung
4 Lokalisation
5 bei Einzelläsion Benennung der betroffenen Stelle
5 sind mehrere oder viele Stellen betroffen, so ist die Beschreibung des
Verteilungsmusters essentiell
4 Verteilung
5 im betroffenen Areal: diffus = alles gleichmäßig betroffen; dissemi-
niert = regellose Streuung der Einzelläsionen; gruppiert = Läsionen
finden sich überwiegend in Gruppen mit nur wenigen Einzel-
läsionen
5 Anzahl der betroffenen Körperregionen: lokalisiert = eine Region;
limitiert = wenige (bis 5) Regionen; generalisiert = viele Körperre-
gionen; universell = alle Körperregionen
5 Körperseiten: einseitig; einseitig betont; beidseitig gleichförmig
verteilt
5 Systeme: betroffenes Areal entspricht Dermatomen oder den Blasch-
ko-Linien
4 Größe: Größenangaben sollten in einem metrischen Maß erfolgen; bei
vielen Einzelläsionen empfiehlt sich die Angabe der typischen Spann-
breite (z. B. 2–6 mm)
4 Konfiguration: Beschreibung des Aussehens der Läsionen: rund, ovalär
(evtl. mit Ausrichtung der Längsachsen in den Hautspaltlinien), poly-
zyklisch, kokardenförmig, konfettiartig, polygonal, landkartenartig
4 Begrenzung: Übergang der betroffenen zur gesunden Haut: scharf ver-
sus unscharf; regelmäßig versus unregelmäßig
4 Farbe: Benennung der Farbtöne, z. B. rot, livid, apfelgelee-farben
4 Symmetrie: zeigen Einzelläsionen Achsen- oder gar Punktsymme-
trie?
4 Oberflächenbeschaffenheit: z. B. kleinpapulös, zerklüftet, ohne epider-
male Beteiligung
4 Konsistenz: z. B. prall-elastisch bei Zysten, derb bei Dermatofibromen
4 Begleitsymptome: Erwärmung, Juckreiz, Brennen, einschießende
Schmerzattacken
118 Kapitel 17 · Grundlagen
Tag 2 – Dermatologie
18 Erkrankungen durch
physikalische und
chemische Noxen
A. Jung
Ätiologie
4 Dermatitis solaris wird vor allem durch UV-B hervorgerufen
4 Ausmaß hängt ab von Hauttyp, Vorbräunung und exponierter Dosis
(hohe Dosen wirken insbesondere bei Exposition zur Mittagszeit, am
Wasser oder im Hochgebirge ein)
4 nach Überschreitung der minimalen Erythemdosis (= MED, entspricht
etwa einer Exposition von 20 min zur Mittagszeit im Sommer bei klarem
Himmel) kommt es zur Apoptose von Keratinozyten (»sunburn cells«)
sowie zur Freisetzung zahlreicher proinflammatorischer Zytokine und
weiterer Mediatoren; Erythem als Folge der Gefäßweitstellung in der
oberen Dermis
4 bei weiterer Exposition führt die zunehmende Apoptose der Keratino-
zyten zur Blasenbildung
122 Kapitel 18 · Erkrankungen durch physikalische und chemische Noxen
Diagnostik
4 Anamnese mit entsprechend langer Sonnenexposition
Differenzialdiagnosen
4 Hautreaktionen nach Einnahme lichtsensibilisierender Medikamente
(z. B. Tetrazyklin-Derivate, Chinolone, Furosemid)
4 phototoxische Reaktionen z. B. nach Kontakt mit Pflanzen (Wiesen-
gräserdermatitis = Dermatitis pratensis)
Therapie
4 lokal kühlend mit feuchten Umschlägen, Schüttelmixturen oder
Lotionen, evtl. mit Kortikoidzusatz
4 keine okkludierende Externa wie Salben
4 bei ausgedehnten Sonnenbränden systemisch Kortikoide und Azetyl-
salizylsäure bzw. Antiphlogistika
Klinik
4 mit einer Latenz von Stunden bis Tagen kommt es an lichtexponierten
Arealen zu stark juckenden Erythemen, Papeln, Papulovesikeln, Plaques,
Hämorrhagien oder Blasen
4 intraindividuell findet sich bei Rezidiven wiederkehrend der gleiche
Effloreszenzentyp
4 interindividuell ausgesprochene Polymorphie der Hautläsionen
4 Prädilektionsstellen: Decolleté, Hals, Extremitätenstreckseiten, evtl.
Gesicht
4 Abheilung bei Sonnenkarenz nach ca. 1 Woche
4 zunehmende UV-Toleranz über den Sommer
Diagnostik
4 typische Anamnese
4 Photoprovokation mit UV-A und UV-B an den Prädilektionsstellen
4 evtl. Histologie
124 Kapitel 18 · Erkrankungen durch physikalische und chemische Noxen
Therapie
4 lokal: Lotion, Creme oder Schüttelmixtur mit Kortikoid bei konse-
quenter Sonnenkarenz
4 Sekundärprävention: UV-Schutz durch Präparate, die insbesondere
auch im UV-A-Bereich filtern, durch Kleidung und Verhaltensände-
rung
4 Licht-»Hardening« durch präsaisonale, über Wochen verteilte repetitive
unterschwellige Bestrahlung mit dem auslösenden UV-Spektrum (meist
UV-A)
Klinik
4 Gradeinteilung:
5 Grad 1: Schädigung der Epidermis; schmerzhaftes Erythem ohne
Blasenbildung, narbenfreie Abheilung
5 Grad: 2a: Schädigung von Epidermis und oberer Dermis; schmerz-
haftes Erythem mit Blasenbildung und nässenden Erosionen; häufig
narbenfreie Abheilung
5 Grad 2b: Schädigung von Epidermis und auch tieferen Dermis-
schichten; Blasen und weißliche, nässende Wundfläche; Vellushaare
lassen sich schmerzfrei epilieren, herabgesetztes Berührungsemp-
finden; hinterlässt häufig hypertrophe Narben
5 Grad 3: vollständige epidermale und dermale Destruktion mit
Zerstörung der Hautadnexe; verhärtete Konsistenz, durch Eiweiß-
denaturierung weißlich-trockener Wundgrund, kein Berührungs-
empfinden; narbige Abheilung
5 Grad 4: Verkohlung bis in tiefere Schichten (Muskeln)
4 Bestimmung der Ausdehnung mit der Neunerregel nach Wallace
18 (Anteil an der Körperoberfläche): jeweils 9% für Kopf und jeden Arm,
jeweils 2×9% für jedes Bein, den Stamm ventral und dorsal, 1% fürs
Genitale
4 Schockgefahr bei Kindern bereits bei 10% betroffener Körperoberfläche,
bei Erwachsenen ab ca. 20%
4 ! Cave Risiko der Superinfektion!
18.6 · Verätzung
125 18
Therapie Eigene Notizen
4 Erstmaßnahme: Kühlung mit kaltem Wasser zur Verhinderung weiterer
Gewebsschädigung sowie zur Schmerzlinderung
4 Tetanusprophylaxe
4 Grad 1: kühlende kortikoidhaltige Lotionen oder Cremes und An-
algesie
4 Grad 2: Abpunktieren von Blasen, spezielle Wundauflagen, Metallfolien;
antiseptische und ggf. kortikoidhaltige Lokaltherapie
4 Grad 3: evtl. Frühexzision des geschädigten Gewebes
4 bei Ausdehnung der Schädigung auf über 10% der Köperoberfläche
Volumensubstitution (hypovolämischer Schock)
4 bei größerer Ausdehnung (Kleinkinder >5%, Kinder >10%, Erwachsene
>10–15% der Körperoberfläche) ist stationäre Behandlung erforderlich;
ggf. Verlegung in ein spezialisiertes Verbrennungszentrum
Klinik
4 Gradeinteilung:
5 Grad 1: narbenlos abheilendes Erythem
5 Grad 2: nach der Schädigung Bildung junktionaler Blasen bei Wie-
dererwärmung, teils hämorrhagisch; narbenlose Abheilung
5 Grad 3: trockene Nekrose (Mumifikation) oder feuchte Nekrose
(Gangrän)
Therapie
4 Wärmezufuhr durch temperiertes Wasser (35–40°C) für ca. 20 min
4 Analgetika, Blasen punktieren, Tetanusprophylaxe
4 bei Grad 3: Amputation bei feuchter Gangrän früh, bei Mumifikation
postentzündlich nach Demarkation
4 ggf. Antibiotikaprophylaxe
18.6 Verätzung
Diagnostik
4 > Memo Die Ermittlung der auslösenden Chemikalie ist essenziell!
Therapie
4 Sofortige Spülung unter fließendem Wasser für mindestens 10 min
4 bei Flusssäure, die sich schnell in tiefe Gewebsschichten ausbreitet,
Unterspritzung mit Kalziumglukonat (bildet Kalziumfluorid)
4 Exzision des Schorfs und klassische Ulkusbehandlung
4 Kompressionstherapie im weiteren Verlauf bei Hinweisen für Keloid-
bildung
18.7 Dekubitus
Klinik
4 Gradeinteilung nach Tiefe des Ulkus:
5 Grad 1: bis Dermis, schmerzloses Erythem, das bei Druckentlastung
schnell abheilt
5 Grad 2: bis Subkutis, livides Erythem mit Blasenbildung und
Schmerzen
5 Grad 3: bis Faszie und Muskel, Ulkus mit Nekrosen und entzünde-
tem Randödem, weniger Schmerzen
5 Grad 4: alle Schichten mit Knochen, offenes Ulkus
5 Grad 5: Unterminierung, Taschen und Fistulation
4 Wundzustand:
5 A: sauber
5 B: lokale Infektion mit schmierigen Belägen
5 C: systemische Infektion
18 Therapie
4 suffiziente Druckentlastung durch Abpolsterung und konsequente
Lagerungstherapie entscheidend, evtl. Spezialbetten, Dekubitus-
matratzen; Anwendung spezieller Wundauflagen
4 Prophylaxe durch Frühmobilisation postoperativ
4 ab Grad 3 ist eine alleinige konservative Therapie nur bedingt Erfolg
versprechend
19
Tag 2 – Dermatologie
19 Intoleranzreaktionen
A. Jung
4 Typ I = Soforttypreaktionen
5 führen zur IgE-vermittelten Degranulation von Mastzellen bzw.
Basophilen; ein Allergen muss benachbarte, mit ihrem Fc-Fragment
an IgE-Rezeptoren bindende IgE-Moleküle quervernetzen, um ein
degranulierendes Signal zu generieren
5 Reaktionseintritt innerhalb weniger Minuten bis weniger Stunden
5 häufige Typ-I-Allergene sind Pollen, Hausstaubmilben, Tierhaare,
Nahrungsmittel, Bienen- oder Wespengift, Latex, Penicillin
4 Typ-II-Reaktionen
5 zytotoxische Antikörper (IgM/IgG) binden an Blutzellen und akti-
vieren über ihr Fc-Fragment Komplement mit konsekutiver Poren-
bildung in der Zellmembran
5 führen zu Leukopenie, Thrombozytopenie, hämolytischer Anämie
5 Auslöser z. B. Medikamente
4 Typ III = Immunkomplexreaktionen
5 Antikörper gegen Fremdproteine von Krankheitserregern, Auto-
antigene, Tumorantigene oder Medikamente führen bei nicht aus-
gewogenem Mischungsverhältnis bzw. bei Schädigung der Ab-
baumechanismen zur Bildung von Antikörper-Antigen-Komplexen
(= Immunkomplexe), die in den postkapillären Venolen eine Gefäß-
entzündung mit Schädigung von Endothel und Basalmembran in-
duzieren
5 es resultiert z. B. in der Haut eine Immunkomplexvaskulitis, bei der
es in Folge der Gefäßschädigung zum Austritt von Erythrozyten in
das Gewebe kommt (klinisch Petechien bzw. Purpura)
4 Typ-IV-Reaktionen
5 von T-Lymphozyten vermittelte antigenspezifische Immunreak-
tion vom verzögerten Typ (= Spättypreaktion), z. B. allergisches
Kontaktekzem, manche medikamentöse und erregerbedingte
Exantheme
5 Typ-IV-Reaktionen lassen sich je nach dominierendem Zelltyp und
Zytokinmuster weiter unterteilen (z. B. TH1- und TH2-Reaktionen)
130 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen
19.2 Allergietestung
4 Epikutantestung
5 potenzielle Kontaktallergene werden mittels okklusiver Testkam-
mern auf die in den Wochen vor Testung möglichst nicht UV-expo-
nierte Rückenhaut aufgeklebt
5 Entfernung der Testsubstanzen zur ersten Ablesung nach 24 oder
48 h sowie zweite Ablesung nach 72 h, im Einzelfall nochmals nach
einigen Tagen
5 da viele Kontaktallergene auch irritativ-toxische Reaktionen aus-
lösen können (z. B. Glutaraldehyd), dient die mehrfache Ablesung
auch zur Unterscheidung zwischen allergischen und irritativ-
toxischen Reaktionsmustern: die allergische Reaktionsstärke nimmt
19 i. d. R. bis zur Zweitablesung weiter zu (Crescendo-Reaktion), die
toxische Reaktionsstärke nimmt nach Entfernung der Substanz bis
zur Zweitablesung bereits ab (Decrescendo-Reaktion)
5 Hauttestungen möglichst nur im beschwerdefreien Intervall (d. h.,
bei Abwesenheit z. B. einer symptomatischen Rhinoconjunctivitis
19.3 · Rhinoconjunctivitis allergica
131 19
allergica oder eines generalisierten Kontaktekzems) und bei Infekt- Eigene Notizen
freiheit durchführen!
5 positive Allergietestergebnisse werden als Sensibilisierung bezeich-
net; erst in wertender Zusammenschau mit Anamnese und kli-
nischem Befund kann eine allergische Erkrankung diagnostiziert
werden.
5 positive Testreaktionen werden in einem Allergiepass vermerkt, der
neben der Angabe der nachgewiesenen Sensibilisierung auch über
Vorkommen und Verbreitung des Allergens informiert
Klinik
4 bereits wenige Minuten nach Expositionsbeginn akute Niesattacken,
Naselaufen mit wässrigem Sekret, Augenjucken
4 häufig aber chronische Symptomatik über Wochen und Monate mit
ausgeprägter eosinophiler Schleimhautentzündung und weiterer TH2-
Stimulation (IL-4, IL-5)
4 Etagenwechsel – Etagenerweiterung: Symptomverschiebung, bzw. meist
Erweiterung zum allergischen Asthma bronchiale
4 orales Allergie-Syndrom: beim Verzehr von Nahrungsmitteln kommt es
bereits während des Kauvorganges zu Juckreiz und Schwellung an Lip-
pen, Mundschleimhaut und Gaumen
4 das orale Allergie-Syndrom findet sich häufig bei Birkenpollenallergi-
kern mit Nahrungsmittelkreuzallergien zu Kern- und Steinobst
Diagnostik
> Memo Die Bedeutung der Anamnese kann nicht überschätzt werden.
4 ausgehend vom Beschwerdezeitraum (Birke: Ende März bis Mai; Grä-
ser: Juni bis August; Hausstaubmilbe: ganzjährig, besonders während
Heizperiode) Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper gegenüber na-
tiven Allergenen
4 durch Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper gegen rekombinant
hergestellte Allergene lässt sich die Reaktivität weiter aufschlüsseln und
das Potenzial der Kreuzallergenität abschätzen
4 Pricktestung mit Allergenlösungen zur Befundbestätigung
4 ggf. nasale Provokation: nach tiefem Einatmen wird eine potenzielle
Allergenlösung auf die Nasenschleimhaut gesprüht und die prompte
Symptomentwicklung klinisch beobachtet
132 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen
Sekundärprävention
4 spezifische Immuntherapie = Hyposensibilisierung mit Allergen-
extrakten: Beginn mit deutlich niedrigeren Allergendosen als bei natür-
licher Exposition und schrittweise Steigerung auf das Mehrfache der
natürlichen Exposition
4 Allergenzufuhr entweder subkutan an der distalen Oberarmaußenseite
(Möglichkeit des Abbindens bei allergischer Reaktion während der
Therapie) oder sublingual
4 häufig werden die Allergene mittels Glutaraldehyd zur Reduktion
der IgE-Bindungsfähigkeit bei Erhalt der T-Zell-Epitope modifiziert =
Allergoide
4 oft Zusatz eines Adjuvans wie Aluminiumhydroxid oder Monophos-
phoryllipid A
4 Goldstandard ist nach wie vor die perenniale subkutane Hyposen-
sibilisierung mit nativen Allergenen über 3 Jahre
4 Induktion regulatorischer T-Zellen mit langfristiger Reduktion der
spezifischen IgE-Synthese, verminderter Bindungsaffinität des noch
gebildeten IgE und Bildung von allergenspezifischem IgG, welches
Allergene bereits vor dem IgE-Kontakt binden und/oder an den Mast-
zellen mit der IgE-Brückenbildung interagieren kann.
19.4 Nahrungsmittel-Typ-I-Allergie
4 während bzw. bis zu wenige Stunden nach dem Verzehr des auslösenden
Nahrungsmittels kommt es in variabler Ausprägung zu:
5 oralem Allergiesyndrom
19 5 Urtikaria und/oder Angioödem
5 Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
5 anaphylaktischem Schock
4 häufige Nahrungsmittelallergene: Hühnereiweiß, Milcheiweiß, Weizen-
mehl, Erdnuss, Fisch und Sojabohne
19.5 · Bienen- und Wespengiftallergie
133 19
Diagnostik Eigene Notizen
4 Anamnese entscheidend
4 Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper gegen verdächtigte Lebens-
mittel sowie Prick-Testung mit nativen Lebensmitteln
Therapie
4 Meidung der als allergen identifizierten Nahrungsmittel
4 Hyposensibilisierung mit Nahrungsmittelallergenen bisher nicht
möglich
4 bei Kindern große Chance, dass sich Nahrungsmittelallergien im Zeit-
verlauf zurückbilden
Klinik
4 wenige Minuten bis einige Stunden nach dem Stichereignis (meist
15–30 min): als Frühsymptom oft Juckreiz an Handflächen und Fuß-
sohlen, dann Urtikaria
4 Einteilung des Schweregrades nach der Maximalreaktion:
5 I: alleinige Hautsymptomatik wie Juckreiz, Flush, Urtikaria, Angio-
ödem
5 II: Übelkeit, Bauchkrämpfe, Heiserkeit, Dyspnoe, Tachykardie,
Hypotonie, Arrhythmie
5 III: Erbrechen, Defäkation, Larynxödem, Bronchospasmus, Zyanose,
Schock
5 IV: Atemstillstand, Herzkreislaufstillstand
4 Risikofaktor für schwere Reaktionen: Mastozytose
Diagnostik
4 > Memo Die Anamnese ist von essenzieller Bedeutung.
4 unterstützend Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper gegenüber
nativem sowie gegenüber rekombinant hergestelltem Bienen- und
Wespengift
4 da rekombinant in Bakterienkulturen hergestellte Antigene nicht glyko-
syliert sind, kann bei Verwendung entsprechender Testsysteme die
i. d. R. klinisch nicht relevante Reaktivität gegenüber Kohlenhydrat-
seitenketten ausgeschlossen werden
4 Bestimmung der basalen Mastzell-Tryptase als Marker für eine Masto-
zytose
134 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen
Therapie
4 Notfallset zur Selbstbehandlung durch den Patienten: trinkbare
Lösungen mit
5 H1-Blocker
5 Kortison
5 Autoinjektor mit Adrenalin
4 Hyposensibilisierung mit nativem Bienen- oder Wespengift mit statio-
närer Therapieeinleitung und Aufdosierung auf das Mehrfache der na-
türlicherweise bei einem Feldstich übertragenen Giftmenge; ambulante
Hyposensibilisierungsinjektionen erfolgen dann ca. alle 4 Wochen über
3–5 Jahre
19.6 Latexallergie
Ätiologie
4 Mastzelldegranulation in der oberen Dermis mit Quaddelbildung
4 zentraler Mediator ist Histamin: es kommt zu Gefäßdilatation, Plasma-
austritt ins Gewebe, Kontraktion glatter Muskulatur und Juckreiz
4 weitere Mediatoren sind Bradykinin, Prostaglandine, Leukotriene,
Tryptase und Chymase
4 Urticae können prinzipiell an allen Hautstellen auftreten, die Rückbil-
dung der Einzelherde erfolgt meist innerhalb von Stunden, definitions-
19 gemäß nach maximal 24 h
4 anamnestisch wird häufig auch von Angioödemen berichtet
4 selten treten nur Angioödeme auf
4 Angioödeme entstehen subkutan bis tief dermal durch Mastzelldegra-
nulation
19.7 · Urtikaria
135 19
Klinik
4 Einteilung nach dem zeitlichen Verlauf:
5 akute Urtikaria (bis 6 Wochen)
5 chronische Urtikaria (länger als 6 Wochen, oft über Jahre und Jahr-
zehnte)
4 Einteilung nach der Ursache
5 induzierbare Urtikaria (offensichtlicher Auslöser)
5 spontane Urtikaria (unklarer Auslöser)
4 Induzierbarkeit auch durch physikalische Reize möglich: Kratzen,
Druck, Vibration, Kälte, Wärme, Licht, aber auch körperliche Anstren-
gung oder Wasserkontakt
4 bei der akuten spontanen Urtikaria können Typ-I-Allergien gegenüber
Nahrungsmitteln relevant sein, bei der chronischen Verlaufsform ist
dies extrem selten
4 Formen der spontanen Urtikaria:
5 Intoleranzurtikaria
J direkte Mastzelldegranulation durch Nahrungsmittelzusatzstoffe
wie Farbstoffe, Konservierungsstoffe oder Salicylate, die sich teil-
weise auch hochkonzentriert in Obst und Gemüse finden
J Quaddeln treten typischerweise zeitverzögert 4–12 h nach der
Nahrungsaufnahme auf
5 medikamentös bedingt
J nicht-steroidale Antiphlogistika können dramatische Urtikaria-
Schübe bis hin zum anaphylaktoiden Schock provozieren
J ACE-Hemmer und seltener auch Angiotensin-II-Antagonisten
können auch nach jahrelanger problemloser Einnahme durch
Hemmung des Bradykininabbaus zu Angioödemen führen
5 autoreaktive Urtikaria
J Autoantikörper gegenüber dem hochaffinen IgE-Rezeptor der
Mastzellen, gegenüber IgE oder anderen bisher unbekannten
Antigenen
J Assoziation mit Autoantikörpern gegenüber Thyreoperoxidase
5 Infekturtikaria
J jeder Entzündungsfokus im Körper kann zu dieser Variante
führen
J wichtig insbesondere Streptokokkeninfekte (z. B. Tonsillitiden
oder vereiterte Zahnwurzeln) und Helicobacter-pylori-assoziier-
te Gastritiden
5 psychosomatisch in chronischen Belastungssituationen bei einge-
schränkten Coping-Möglichkeiten
5 idiopathisch
136 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen
Therapie
4 Meidung unspezifischer Provokationsfaktoren wie Alkohol, nicht-
steroidale Antiphlogistika, scharfe Speisen, heiße Getränke, körperliche
Anstrengung und Stress
4 symptomatisch bis zur Ursachenklärung oder bei nicht identifizierbarer
bzw. behandelbarer Ursache:
5 nicht-sedierende H1-Blocker in bis zum vierfachen der sonst
üblichen Dosierung (off-label)
5 ggf. zusätzlich Leukotrienantagonist (off-label)
5 ggf. zusätzlich H2-Blocker (off-label)
5 ggf. Immunsuppression mit Ciclosporin, Chloroquin, Dapson
(off-label) bzw. internen Kortikoiden
Ätiologie
4 Gen-Defekte, die zu einer Bradykinin-Überproduktion über eine er-
höhte Kallikrein-Aktivität führen:
5 Typ I: C1-Esterase-Inhibitor-Konzentration und -Aktivität vermin-
dert
5 Typ II: C1-Esterase-Inhibitor-Konzentration normal, aber Aktivität
vermindert
5 Typ III: (aktivierende) Mutationen im Gerinnungsfaktor XII
Klinik
4 Schub-Auslöser: kleinere Traumen, psychischer Stress, Östrogene (be-
sonders Typ III)
4 Beginn in Kindheit und oft mit der Pubertät, bei Einnahme der Pille
oder Schwangerschaft
4 ausgeprägte subkutane Schwellungen sind an allen Körperstellen mög-
lich
4 Schwellungen an Zungengrund, Pharynx und Larynx sind oft lebensbe-
drohlich
4 häufig Bauchschmerzattacken durch Schwellungen im Verdauungstrakt
Diagnostik
4 Typ I/II: Bestimmung der C1-Esterase-Inhibitor-Aktivität und -Kon-
zentration
4 Typ III: Sequenzanalyse des Faktor XII
Therapie
4 akut: Substitution des C1-Esterase-Inhibitors (Blutprodukt, i.v.)
4 oder Bradykinin-B2-Rezeptor-Antagonist (Icatibant, s.c.)
4 ! Cave: Adrenalin, H1-Blocker oder Kortison sind nicht hilfreich!
4 Prophylaxe: Anabolika wirken günstig über eine Änderung des Leber-
stoffwechsels (off-label)
4 ! Cave: die Gabe von ACE-Hemmern kann tödlich enden!
Genetik
4 mindestens 25% der Patienten weisen eine Loss-of-function-Mutation
im (Pro-)Filaggrin-Gen auf, die zu einer Störung der Hautbarriere des
Stratum corneum führt
4 Polymorphismen der Gene für Interleukin-4 und -13 sowie des Rezep-
tors für Interleukin-4 führen über eine verstärkte T-Helferzellen-Typ-
2-(TH2)-Antwort zu einer erhöhten IgE-Synthese
138 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen
Eigene Notizen 4 die hohe Rate der Profilaggrin-Gen-Mutationen erklärt auch die starke
Assoziation mit der Ichthyosis vulgaris
Atopische Disposition
4 Neigung, gegenüber Aero-Allergenen (z. B. Pollen von Gräsern, Birke,
Beifuß; Hausstaubmilben oder Tierhaaren), spezifische IgE-Antikörper
zu produzieren:
5 dies führt einerseits durch IgE-vermittelte Mastzelldegranulation zur
Rhinoconjunctivitis allergica und zum allergischen Asthma bronchi-
ale und andererseits IgE-vermittelt über eine verstärkte spezifische
Antigenpräsentation durch Langerhanszellen und Stimulation von
Eosinophilen zu einer TH2-mediierten Ekzemreaktion der Haut
5 80% der Patienten mit atopischem Ekzem weisen erhöhte spezi-
fische IgE-Spiegel auf = »IgE-assoziiertes« = »extrinsisches« ato-
pisches Ekzem; abzugrenzen vom »nicht-IgE-assoziierten« ato-
pischen = »nonatopischen« Ekzem
Epidemiologie
4 Prävalenz bei Kindern in Industriestaaten bei 10–20%
4 Zunahme in den letzten 50 Jahren auf das zwei- bis dreifache
4 bei 2/3 der Patienten positive Atopieanamnese eines Elternteils
4 haben beide Eltern eine positive Atopieanamnese, so liegt das Risiko für
ein atopisches Ekzem bei ca. 75%
4 bei 60% manifestiert sich das atopische Ekzem im 1. Lebensjahr (meist
erst ab dem 3. Lebensmonat), bei weiteren 30% bis zum 5. Lebensjahr
4 bis zur Pubertät heilt das atopische Ekzem häufig ab
4 eine Erstmanifestation im höheren Erwachsenenalter = »spätmanifestes
atopisches Ekzem« ist eine Rarität (DD kutanes T-Zell-Lymphom)
4 Risikofaktoren aus der Umwelt für die Manifestation eines atopischen
Ekzems sind elterliches Rauchen und Katzenhaltung (die Rolle anderer
Haustiere wird kontrovers diskutiert)
4 präventiv wirken Stillen bis zum 4. Lebensmonat und häufiger Fischver-
zehr
»Atopischer Marsch«
4 im Laufe des Lebens entwickelt sich häufig in Ergänzung zum ato-
pischen Ekzem eine Typ-I-Allergie gegenüber Aeroallergenen oder
Nahrungsmitteln sowie ein allergisches Asthma bronchiale
Klinik
4 Säugling
5 ab dem 3. Lebensmonat Bildung von »Milchschorf«: am Kapillitium
besonders parietal und an den Wangen finden sich auf erythema-
19 tösem Grund ausgeprägte weiß-gelbliche Krusten, die an »einge-
trocknete« Milch erinnern sollen (keine Milchallergie!)
5 darüber hinaus mit Prädilektion der Extremitätenstreckseiten und
des Rumpfes Ausprägung weiterer, mitunter exsudativer Ekzem-
herde
19.9 · Atopisches Ekzem
139 19
Komplikationen
4 Superinfektion mit Staphylococcus aureus
4 Eczema herpeticatum = Streuung einer Herpes simplex-Infektion meist
großflächig im Gesicht mit multiplen, disseminiert stehenden wenige
mm großen Erosionen, Krusten, selten Bläschen
4 erhöhtes Risiko für das Auftreten von Mollusca contagiosa (Dellwarzen)
140 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen
Therapie
4 im Schub
5 phasen- und lokalisationsadaptierte Lokaltherapie mit kortikoid-
haltigen Cremes und Salben
5 Kortikoidexterna sind keine Dauertherapie, sondern nur für die
akute Intervalltherapie sinnvoll
5 Meidung nachgewiesener Typ-I-Allergene
5 systemisch H1-Blocker zur Juckreizlinderung
5 bei Superinfektionen topische Antiseptika bzw. ggf. systemische An-
tibiotika nach Antibiogramm
5 topische Calcineurin-Inhibitoren (Tacrolimus, Pimecrolimus)
5 Lichttherapie mit UV-A1 oder UV-B (besonders UV-B 311 nm),
ggf. Bade-PUVA
5 in ausgeprägten Fällen ggf. systemische Immunsuppression mit
Ciclosporin A
4 nach Befundstabilisierung
5 rückfettende Externa, die frei sind von potenziellen Kontaktaller-
genen wie Duftstoffen, Pflanzenextrakten, Farb- und Konservie-
rungsstoffen, Wollwachs
5 bei Hautbesiedelung mit Staphylococcus aureus antiseptische Lo-
kaltherapie mit z. B. Triclosan oder Chlorhexidin oder Tragen von
Kleidung mit antiseptisch wirksamer Silberbeschichtung
4 Neurodermitisschulung zur Optimierung von Coping-Strategien, Un-
terbrechung des Juck-Kratz-Zirkels und Verhinderung psychischer Fol-
geerkrankungen
4 »proaktive« Therapie: auch bei klinisch abgeheilten Läsionen zweimal wö-
chentlich Lokalbehandlung mit einem topischen Calcineurin-Inhibitor
19.10 Kontaktekzem
4 Kontaktekzeme gehen mit einer Barrierestörung der Epidermis einher; Eigene Notizen
beim irritativen Kontaktekzem kann es in der Folge zur Allergisierung
gegenüber der ursprünglich nur irritativ wirkenden Substanz oder ge-
genüber ko-exponierten potenziellen Kontaktallergenen kommen, die
in tiefere Epidermisschichten und die Dermis eindringen können
(»Pfropfallergie«)
4 klinische Verlaufsformen des Kontaktekzems:
5 akutes Kontaktekzem
J verschiedene Phasen lösen sich ab = metachrone Polymor-
phie
J Beginn mit scharf auf das Expositionsareal begrenztem Erythem
= Stadium erythematosum
J bei schwacher Schädigung direkte Abheilung möglich
J bei stärkerer Schädigung Ausbildung von Bläschen mit Juckreiz =
Stadium vesiculosum
J nach Platzen der Bläschen entstehen nässende Erosionen = Stadi-
um madidans
J Sekrettrocknung mit Krustenbildung = Stadium crustosum
J Übergang zur Schuppung = Stadium squamosum
J Abheilung bei Expositionskarenz
5 chronisches Kontaktekzem
J durch repetitive Einwirkung der Noxe kommt es zum gleichzei-
tigen Auftreten der bei der akuten Kontaktdermatitis genannten
Stadien = synchrone Polymorphie
J zudem Papeln, Kratzexkoriationen und Lichenifikation
J Begrenzung der Läsionen eher unscharf
Klinik
4 im akuten Stadium Erytheme, Bläschen und Erosionen, im chronischen
Stadium zunehmend Hyperkeratosen und Rhagaden (»kumulativ-to-
xisches Kontaktekzem«)
4 Sonderform: Windeldermatitis, entsteht durch Einwirkung von Urin
und Stuhl unter Okklusion mit nachfolgender Mazeration in der Geni-
toanalregion
Diagnostik
4 typische Anamnese, aus der sich ein Kontakt mit potenziellen Irritan-
tien ergibt
142 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen
Klinik
4 charakteristische Ekzeme (s. o.) im Bereich der Expositionsorte mit un-
scharfer Begrenzung zur Umgebung und Streuphänomenen; Maximal-
variante: generalisiertes allergisches Kontaktekzem
4 an den Händen meist geringere Ausprägung an Arealen mit dickerer
Hornschicht, stärkere Ausprägung an Fingerseiten und -zwischenfalten
sowie Finger- und Handrücken
Diagnostik
4 sorgfältige Anamnese, insbesondere in Bezug auf Kontaktsubstanzen
und zeitliche und örtliche Dynamik der Hautläsionen
4 lokalisationstypische Allergene:
5 Bartbereich: Allergen in Rasierschaum? (z. B. Duftstoffe)
5 Fußrücken: Allergen in Schuhen? (z. B. Kaliumdichromat in Leder)
5 Kontaktbereich zu Latexhandschuhen: Gummiakzeleratoren? (z. B.
Thiurame, Carbamate)
19 5 Perianalregion: z. B. Lokalanästhetika in Hämorrhoidalsalben
5 aerogenes allergisches Kontaktekzem
J unbedeckte Körperregionen wie Gesicht und Decolleté betroffen
J hochgradige Allergisierung gegenüber Stäuben, z. B. Korbblüt-
lern oder Duftstoffaerosolen möglich
19.10 · Kontaktekzem
143 19
Therapie
4 entscheidend ist die Allergenerkennung und -meidung (letztere ist
allerdings bei beruflicher Exposition oftmals nur schwer umsetzbar)
4 stadien- und lokalisationsgerechte Lokaltherapie mit Kortikoiden wie
beim irritativen Kontaktekzem:
5 auf nässende Ekzeme bevorzugt als Lotion oder Creme,
5 adstringierend und kühlend mit Schwarztee-Umschlägen, z. B. im
Gesicht
5 auf trockene, lichenifizierte Ekzeme Kortikoid-Salben
4 systemische H1-Blocker gegen den Juckreiz
4 bei therapierefraktären Ekzemen ggf. Calcineurin-Inhibitoren
4 ggf. UV-B- oder topische PUVA-Therapie
144 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen
Klinik
4 Prädilektionsstellen: Unterschenkel, Rücken, Oberarme
4 teilweise starker Juckreiz
4 besonders bei älteren Erwachsenen finden sich münzförmige, eher
scharf begrenzte, einige cm große Ekzemherde, die zu Beginn aufgrund
multipler, oftmals erodierter Papulovesikel exsudativ imponieren und
später mit Krusten bedeckt sind
4 Streuherde in die Umgebung sind möglich
4 Neigung zu chronischem Verlauf
Diagnostik
4 Ausschluss eines atopischen Ekzems anhand klinischer Atopiezeichen
und Screening auf spezifische IgE-Antikörper gegenüber Aeroaller-
genen
4 Epikutantestung
4 Abklärung auf Superinfektion
Therapie
4 bei Keimnachweis lokal antiseptisch (z. B. Triclosan, Chlorhexidin,
Clioquinol) sowie antientzündlich mit topischen Kortikoiden in
stadien- und lokalisationsgerechter Grundlage
Klinik
4 blass-rote, überwiegend scharf begrenzte Erytheme bis flache Plaques
mit gelblicher (»fettiger«) kleieförmiger Schuppung
19 4 lokalisiert an Kapillitium, Gesicht mit Betonung von Glabella, Augen-
brauen, Nasolabialfalten, Haaransatz, Koteletten, Retroaurikulärregion;
prästernal und interskapulär; seltener axillär und inguinal – häufig
starke Ausprägung bei Patienten mit M. Parkinson und bei HIV-Infi-
zierten
19.13 · Weitere Ekzemerkrankungen
145 19
Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose anhand der charakteristischen Morphe und des
Verteilungsmusters; Differenzialdiagnosen: atopisches Ekzem, Psoriasis
vulgaris
4 Koinzidenz eines seborrhoischen Ekzems bei Psoriasis vulgaris = Sebor-
rhiasis
Therapie
4 antientzündlich mit Kortikoiden in Cremegrundlagen oder am Kapilli-
tium als Lösung
4 antimykotisch mit Azolen oder Ciclopiroxolamin als Creme oder
Shampoo
4 ggf. topische Calcineurininhibitoren (off-label)
4 ggf. Salicylsäure zum Ablösen stärkerer Kopfschuppung
19.13.1 Exsikkationsekzem
19.13.2 Stauungsekzem
Klinik
4 an Stamm und proximalen Extremitäten Ausbildung stark juckender
Papeln mit zentralem Bläschen (Seropapeln), die zerkratzt werden
4 als Kratzfolge verbleiben zentral eingesunkene Närbchen mit hyperpig-
mentiertem Randsaum
4 Körperregionen wie die Interskapularregion und der mittlere Rücken,
die beim Kratzvorgang nicht erreicht werden können, sind ausgespart
Diagnostik
4 Ausschluss von Pruritus-assoziierten Systemerkrankungen; ggf. psy-
chosomatische Abklärung
Differenzialdiagnose
4 Prurigoformen des atopischen Ekzems
4 blasenbildende Autoimmunerkrankungen (bullöses Pemphigoid, Der-
matitis herpetiformis Duhring)
Therapie
4 topische Glukokortikoide
4 Polidocanol
4 bei Juckreizattacken kurzfristige Kühlung mit Gelkissen
4 Phototherapie (UV-A1, Bade-PUVA)
4 systemische H1-Antagonisten
4 ggf. Naltrexon, Mirtazapin, Gabapentin
4 psychosomatische Mitbetreuung bei i. d. R. stark eingeschränkter Le-
bensqualität
Klinik
4 an den Extremitätenstreckseiten, weniger am Rumpf unter Aussparung
der Interskapulärregion, multiple, disseminierte, bis zu 3 cm große, der-
be, kuppelförmige, stark juckende Knoten mit oft hämorrhagischen
Krusten oder verruziformen Keratosen sowie im Hautniveau gelegenen
hyperpigmentierten oder atrophen Narben
148 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen
Differenzialdiagnose
4 Prurigoform des atopischen Ekzems
4 bullöses Pemphigoid
4 Lichen ruber verrucosus
Therapie
4 wie Prurigo simplex subacuta
4 zusätzlich intraläsionale oder topische Glukokortikoide unter
Okklusion
4 Vereisung mit flüssigem Stickstoff
4 bei Juckreizattacken kurzfristige Kühlung mit Gelkissen
4 Phototherapie (UV-A1 oder Bade-PUVA)
4 systemisch: H1-Blocker, Naltrexon, Mirtazapin, Gabapentin zur
Therapie des Pruritus; ggf. antientzündliche Systemtherapie mir Ciclo-
sporin A oder anderen Immunsuppressiva (off-label)
4 psychosomatische Mitbetreuung bei i. d. R. stark eingeschränkter
Lebensqualität
19.16 Arzneimittelreaktionen
Pathogenese
4 T-Zell-vermittelte Immunreaktion mit evtl. direkter Interaktion des
Medikaments oder seiner Metaboliten mit T-Zell-Rezeptor bzw. der
Antigenpräsentation
4 Beginn der Hauterscheinungen bei vorhandener Sensibilisierung
innerhalb von 1–3 Tagen, bei neu erworbener Sensibilisierung nach ca.
7–12 Tagen
4 Medikamente, die bereit länger als 8 Wochen eingenommen werden,
sind als Auslöser extrem unwahrscheinlich
19 4 häufige Auslöser: Antibiotika (Penicilline und Cephalosporine, Sulfo-
namide; . Abb. 26, Farbteil), Pyrazolone, Antiepileptika (Carbamazepin,
Phenytoin)
4 Kofaktoren: Infektionskrankheiten: Einnahme von Amoxycillin bei
Mononukleose führt in nahezu 100% der Fälle zum Exanthem
19.16 · Arzneimittelreaktionen
149 19
Klinik Eigene Notizen
4 sehr vielgestaltig in Hinblick auf Verteilungsdynamik sowie Größe und
Morphe der Einzelläsionen
4 i. d. R. an beiden Körperhälften gleichförmig ausgeprägt
4 häufig Beginn am Stamm mit Ausbreitung auf Extremitäten unter Be-
tonung der Streckseiten; das Gesicht ist weniger betroffen
4 meist 3–5 mm große rote Makulopapulae, teilweise großflächig konflu-
ierend
4 ! Cave: Stevens-Johnson-Syndrom, toxische epidermale Nekrolyse
oder Hypersensitivitäts-Syndrom können zu Beginn als makulo-papu-
löses Arzneimittelexanthem imponieren!
Diagnostik
4 sorgfältige Anamnese mit systematischer Erfassung aller in den voraus-
gegangenen Wochen applizierten Medikamente
4 Labor (Differenzialblutbild, Leberwerte, Entzündungsparameter zur
Erfassung infektiös bedingter Exantheme); ggf. Histologie
4 Differenzialdiagnosen: erregerbedingte Exantheme (z. B. Virusexan-
theme, Lues im Stadium II)
Therapie
4 strikte Meidung des auslösenden und ggf. kreuzreagierender Medika-
mente mit Ausstellung eines (Verdachts-)Allergiepasses
4 ggf. Juckreizlinderung durch H1-Blocker
4 lokal mit kühlenden Umschlägen und Lotionen
4 kortikoidhaltige Externa und systemische Glukokortikoide nur selten
erforderlich
Pathogenese
4 zugrunde liegt eine Mastzelldegranulation, die durch IgE oder durch
direkte Stimulation vermittelt wird
4 ! Cave: Gefahr der systemischen Mitreaktion: anaphylaktischer bzw.
anaphylaktoider Schock!
4 häufige Auslöser: Penicilline und andere Antibiotika, Analgetika (bes.
Acetylsalicylsäure oder Diclofenac), Kontrastmittel
Klinik
4 Minuten bis Stunden nach Medikamentenapplikation kommt es zur
generalisierten Urtikaria, evtl. mit Angioödem oder Schock
4 > Memo Beim Anhängen jeder ersten Penicillin-Infusion eines
Therapiezyklus sollte der Patient einige Minuten beobachtet werden,
um Frühsymptome einer urtikariellen Arzneimittelreaktion wie Juck-
reiz an Handinnenflächen oder Fußsohlen zu erkennen.
150 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen
Therapie
4 sofortige Unterbrechung der weiteren Zufuhr bzw. Applikation des
mutmaßlich auslösenden Medikaments
4 systemische Gabe von H1-Blockern und Glukokortikoiden, bei
Anaphylaxie auch Adrenalin
4 Ausstellung eines (Verdachts-)Allergiepasses
Ätiologie
4 wahrscheinlich Typ-IV-Reaktion mit ungewöhnlichem Tropismus der
Gedächtnis-T-Zellen, da bei Reexposition die vormals betroffenen
Hautstellen erneut reagieren
4 häufige Auslöser: Sulfonamide (bes. Cotrimoxazol), Tetracycline (be-
sonders Doxycyclin), Analgetika
Klinik
4 früher Beginn, oft bereits Stunden nach Reexposition
4 häufig genital, im Gesicht und an den Händen finden sich einzelne,
rund bis ovale, rötlich bis bräunliche, sukkulente Plaques mit zentraler
livider Note, mitunter auch Blasenbildung
4 nach wiederholter Exposition häufig zunehmende Anzahl von Einzel-
herden: fixes (toxisches) Arzneimittelexanthem
4 Verteilung der Einzelläsionen eher ungleichmäßig auf beide Körper-
hälften
Diagnostik
4 durch kurzen zeitlichen Zusammenhang zwischen Medikamentenein-
nahme und klinischer Manifestation Erkennung meist unproblematisch
4 ggf. Histologie
4 nach Abheilung kann in einem vormals betroffenen Hautareal (»im
Herd«) mit verdächtigen Medikamenten ein Epikutantest durchgeführt
werden
19
Therapie
4 lokal kühlend, evtl. topische Glukokortikoide; selten systemische
Glukokortikoide erforderlich
4 Ausstellung eines (Verdachts-)Allergiepasses
19.16 · Arzneimittelreaktionen
151 19
19.16.4 Akute generalisierte exanthematische Eigene Notizen
Pustulose (AGEP)
Ätiologie
4 T-zellulär regulierte Immunreaktion, bei der IL-8-vermittelt infiltrie-
rende Neutrophile zur Ausbildung subkornealer, nicht-follikulärer
Pusteln führen
4 häufige Auslöser: Ampicillin/Amoxicillin, Chinolone, Makrolide,
Diltiazem, (Hydroxy)-Chloroquin
Klinik
4 Beginn ca. 2 Tage nach Medikamentenexposition mit großflächigen
Erythemen, die von zahlreichen Pusteln durchsetzt sind; Pusteln
können großflächig konfluieren und zur Ablösung der Hornschicht
führen
4 häufig Fieber über 38°C
4 Neutrophilie im peripheren Blut
4 keine Schleimhautbeteiligung
4 i. d. R. Abheilung innerhalb einer Woche nach Absetzen des aus-
lösenden Medikaments
Diagnostik
4 Anamnese mit meist eindeutigem Bezug zum auslösenden Medika-
ment
4 Histologie: spongiforme subkorneale Pustel mit Neutrophilen und
papilläres Ödem
19.16.5 Hypersensitivitätssyndrom
Klinik
4 Beginn erst 2–8 Wochen nach Ansatz des auslösenden Medikaments
4 ausgeprägtes, lang persistierendes, makulopapulöses Exanthem bis hin
zur Erythrodermie
4 häufig ausgeprägte Gesichtsschwellung
4 mitunter Pustulation
4 hohes Fieber
4 Lymphknotenschwellung
4 Eosinophilie (≥1500/μl im peripheren Blut)
4 Organbeteiligung (Hepatitis, Nephritis, Pneumonie, Myokarditis,
Pankreatitis)
152 Kapitel 19 · Intoleranzreaktionen
Therapie
4 strikte Meidung des auslösenden Medikaments mit Ausstellung eines
(Verdachts-)Allergiepasses
4 Fieber und Exanthem sprechen relativ rasch auf systemische Kortikoide
an
4 Abheilung dauert oft deutlich länger als 2 Wochen
Ätiologie
4 zytotoxische T-Lymphozyten zerstören insbesondere die Basalzell-
schicht; es resultiert die Ablösung der gesamten Epidermis
4 häufige Auslöser: Allopurinol, Sulfonamide, Oxicame, Antiepileptika
(Lamotrigin, Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital), Nevirapin
(bei HIV-Infektion eingesetzter nicht-nukleosider Reverse-Transkrip-
tase-Hemmer)
Klinik
4 Beginn der ersten Hautläsionen meist 4–14 Tage nach Therapiebe-
ginn
4 stammbetont Ausbildung multipler, 1–2 cm großer, roter Makulae mit
zentral dunklerem Farbton
4 einzelne Läsionen erinnern an Kokarden
4 im Verlauf zentral Blasenbildung
4 oft Konfluenz zu großflächigen Erythemen mit großflächiger Ablösung
der Epidermis
19 4 Schleimhautbeteiligung mit großflächigen Erosionen, die zu Verkle-
bungen neigen
4 Nikolski-Zeichen I positiv
19.16 · Arzneimittelreaktionen
153 19
Diagnostik Eigene Notizen
4 Erfassung aller in den vorangegangenen Wochen (insbesondere der in
den letzten 4–14 Tagen vor Exanthembeginn) applizierten Medika-
mente
4 Hautbiopsie zur histologischen Sicherung: subepidermale Spaltbildung
mit Nekrose der Epidermis
4 wichtige Differenzialdiagnose: »staphylococcal scalded skin syndrome«
(SSSS): in der Histologie findet sich hier die Spaltebene subkorneal
4 im Tzanck-Test vom Blasengrund keine intakten Epidermiszellen nach-
weisbar
Therapie
4 Absetzen aller verdächtigen Medikamente
4 bei großflächiger Epidermisablösung ausgeprägter Flüssigkeits- und
Proteinverlust mit Störung von Temperaturregulation und Nierenfunk-
tion
4 intensivmedizinische Betreuung mit interdisziplinärer Kooperation er-
forderlich (Spezialbett, Lagerung auf Metallfolie, Volumensubstitution,
Erhöhung von Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit etc.)
4 Systemtherapie mit kurzfristig hochdosierten systemischen Glukokor-
tikoiden; ggf. hochdosierte intravenöse Immunglobuline (IvIg); ggf.
Ciclosporin A
4 ! Cave: Gefahr von Synechien an Schleimhautgrenzen, insbesondere
eines Symblepharons mit Gefahr der Erblindung!
4 toxische epidermale Nekrolyse zeigt hohes Letalitätsrisiko
20
Tag 2 – Dermatologie
4 Synonym: Wundrose
4 akut verlaufende Infektion in der oberen Dermis unter Beteiligung der
dermalen Lymphspalten/-gefäße durch Streptokokken
4 Erreger: Streptococcus pyogenes (Gruppe A, β-hämolysierend) ist für
~90% aller Infektionen verantwortlich; weitere Erreger dieser Gruppe:
Streptococcus viridans (α-hämolysierend), Streptococcus pneumoniae
4 Erreger gelangen durch Eintrittspforten (z. B. Mazeration bei Tinea
pedis interdigitalis, kleine Verletzungen, Stichreaktionen) in die Haut
Klinik
4 scharf begrenztes Erythem mit zungenförmigen Ausläufern, bei
schwereren Verläufen mit blasiger Abhebung der Haut, Hämorrhagien
und Nekrosen (. Abb. 27, Farbteil)
4 hohes Fieber, Schüttelfrost, allgemeines Krankheitsgefühl
4 > Memo Bei rezidivierenden Erysipelen ist die klinische Symptomatik
oft abgeschwächt, es besteht das Risiko der Entwicklung chronischer
Lymphödeme durch Obliteration der Lymphwege (»Elephantiasis
nostras«).
Diagnostik
4 charakteristisches klinisches Bild
4 Leukozytose, CRP-Erhöhung, im Verlauf Anstieg des Antistreptolysin-
und des Anti-Streptokokken-DNAse-B-Titers
4 ggf. Abstriche von Ulzerationen und Erosionen für mikrobiologische
Diagnostik
Differenzialdiagnosen
4 Kontaktdermatitis
4 beginnender Herpes zoster (insbesondere Gesicht)
4 Erysipeloid
4 tiefe Venenthrombose
4 Stauungsdermatitis
4 Erysipelas carcinomatosum
4 Erythema chronicum migrans
Therapie
4 Penicillin G i.v. oder Cephalosporin (z. B. Cefuroxim i.v. oder p.o.)
4 bei Penicillinallergie Clindamycin oder Makrolid
4 Ruhigstellung und Hochlagern betroffener Extremitäten, ggf. Throm-
boseprophylaxe
20.2 Erysipeloid
4 Synonym: Rotlauf
20 4 Zoonose durch Erysipelothrix rhusiopathiae (grampositives Stäbchen;
Hauptwirte sind Schweine und Salzwasserfische)
20.3 · Impetigo contagiosa
157 20
4 Erreger gelangen über kleine Verletzungen beim Zubereiten von infi- Eigene Notizen
ziertem Fleisch in die Haut
4 Risikogruppen: Metzger, Fischer
Klinik
4 lividrote randbetonte Erytheme, meist im Bereich der Hände
4 randbetonte Ausbreitung, erysipelähnlich (Name!)
4 kaum Allgemeinsymptome
4 Komplikationen: Arthritis
Diagnostik
4 Anamnese
4 ggf. Erregernachweis im Biopsiematerial
Differenzialdiagnosen
4 Erysipel (Fieber)
4 Erythema chronicum migrans (langsamere Ausbreitung)
Therapie
4 Penicillin
Klinik
4 initial Rötung, dann Ausbildung von Erosionen, die von honiggelben
Krusten bedeckt sind
4 bei der bullösen Impetigo Bläschen oder Blasen unterschiedlicher
Größe, die nach Erosion ebenfalls honiggelbe Krusten hinterlassen
Diagnostik
4 Abstrich für mikrobiologische Diagnostik
4 Labor: Leukozytose und CRP-Erhöhung in ca. 50% der Fälle
4 ggf. Urinstatus mit Wiederholung nach 6 Wochen zum Ausschluss einer
Poststreptokokken-Glomerulonephritis
Differenzialdiagnosen
4 Dermatophytosen
4 Herpes-simplex-Infektion
158 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
Klinik
4 Ostiofollikulitis: das Infundibulum ausfüllende Pustel mit erythema-
tösem Hof, meist an Stamm, Gesäß, Oberschenkel (»Jeanshosen-
Follikulitis«), Bartbereich
4 Furunkel: derber, stark schmerzhafter, geröteter Knoten mit Einschmel-
zung (Abszedierung), narbige Abheilung
4 Karbunkel: plattenartige Infiltrate mit Einschmelzung
Diagnostik
4 mikrobiologischer Abstrich
4 bei Furunkel/Karbunkel Suche nach möglichen Prädispositionsfaktoren
(Reservoir für Staphylococcus aureus im Nasenrachenraum oder peri-
neal; Diabetes mellitus; Immundefekte)
Differenzialdiagnosen
4 zur Ostiofollikulitis: gramnegative Follikulitis, Acne vulgaris, Malasse-
zia-Follikulitis, Candida-Follikulitis, Tinea
4 zu Furunkel und Karbunkel: tiefe Trichophytie, Acne conglobata, Acne
inversa, Aktinomykose
Therapie
4 Ostiofollikulitis: lokale Antiseptika, bei ausgedehntem Befall ggf. orales
penicillinasefestes Penicillin oder Cephalosporin
4 Furunkel/Karbunkel: Ruhigstellung, Inzision und Drainage nach Ein-
schmelzung (Fluktuation), penicillinasefestes Penicillin oder Cephalo-
sporin
4 bei allen Formen sorgfältige Haut- und Kleiderhygiene
20
20.6 · Gramnegativer Fußinfekt
159 20
20.5 Phlegmone Eigene Notizen
Klinik
4 tiefgreifende, lividrote, unscharf begrenzte Schwellung mit Nekrosen
und Abszedierung
4 zunehmende Allgemeinsymptomatik
Diagnostik
4 Labor: Leukozytose, oft massive Erhöhung von CRP und BSG
4 mikrobiologische Diagnostik: Materialgewinnung ggf. auch durch In-
zision bzw. Biopsie (auch Anaerobier sollten erfasst werden)
4 ggf. bildgebende Ausbreitungsdiagnostik (MRT)
Therapie
4 Antibiotikum nach Antibiogramm
4 ggf. Inzision und Drainage
Klinik
4 Erytheme mit nässenden Erosionen der Zehenzwischenräume und des
Vorfußes, Schwellung
4 aufdringlicher, süßlich-fauliger Geruch
Diagnostik
4 Abstrich für bakteriologische Diagnostik
4 mykologisches Nativpräparat und Kultur zum Ausschluss einer oft
gleichzeitig bestehenden Tinea pedis
Therapie
4 Antiseptika in austrocknender Grundlage (z. B. Polihexanid-Gel,
Clioquinol-haltige Paste)
4 systemische Antibiotika nach Antibiogramm, z. B. Chinolone oder
Cephalosporine der 3. Generation
160 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
Klinik
4 feinschuppende, leicht bräunliche Erytheme insbesondere an Leistenre-
gion und Axillen
Diagnostik
4 unter Illumination mit Woodlicht (Wellenlänge 365 nm) korallenrote
Fluoreszenz durch von Corynebakterien produzierte Porphyrine
Differenzialdiagnosen
4 Tinea (zeigt stärkere Randbetonung und Schuppung)
4 Candidose (zeigt stärkere Mazeration und Satellitenherde)
Therapie
4 topische Breitspektrumantimykotika (Azole, Ciclopiroxolamin)
20.8 Borreliose
Klinik
4 stadienhafter Verlauf
5 Stadium I = lokalisierte Frühborreliose (ca. 1–8 Wochen)
J gekennzeichnet durch Allgemeinsymptome (Kopfschmerzen,
Gliederschmerzen) und Erythema chronicum migrans
J Spontanheilung möglich
5 Stadium II = disseminierte Frühborreliose (Monate bis 1 Jahr)
J Borrelienlymphozytom (Lymphadenosis cutis benigna)
J neurologische Veränderungen (Bannwarth-Meningopolyradiku-
loneuritis, Hirnnervenausfälle insbesondere des N. facialis, lym-
20 phozytäre Meningitis)
J Karditis (Perikarditis, Myokarditis mit AV-Block, Pankarditis)
20.8 · Borreliose
161 20
Diagnostik
4 serologischer Nachweis zirkulierender IgG- und/oder IgM-Antikörper
gegen Borrelienantigene mittels ELISA (als Suchtest) und Westernblot
(als Bestätigungstest)
4 in den ersten 4 Wochen nach Infektion nur in ca. 50% der Fälle positive
serologische Reaktionen, d. h., eine negative Borrelienserologie schließt
eine floride Infektion nicht aus
4 Serologie erlaubt keine sichere Unterscheidung zwischen einer floriden
Spätinfektion und der Seronarbe einer ausgeheilten Infektion
4 Serologie eignet sich nur bedingt zur Kontrolle des Therapieerfolgs
4 falsch-positive IgM-Titer möglich bei Syphilis, Malignomen, Autoim-
munerkrankungen, akuter EBV-Infektion
4 bei aktiver Neuroborreliose Nachweis einer entzündlichen lymphozytären
Liquor-Pleozytose sowie einer intrathekalen Antikörperproduktion
4 histologische Befundsicherung i. d. R. bei Verdacht auf Lymphozytom
und Acrodermatitis chronica atrophicans und bei unklarem klinischen
Bild eines Erythema chronicum migrans
162 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
20.9 Syphilis
4 Synonym: Lues
4 vornehmlich durch Geschlechtsverkehr übertragene Infektion durch
Treponema pallidum (pallidus = blass; verweist auf schlechte Anfärb-
barkeit des Erregers in Ausstrichen/Gewebe)
4 6–20 μm lange und 0,1–0,2 μm dicke Spirochäte mit 10–20 schrauben-
förmigen Windungen, zentral »kleiderbügelartig« abgeknickt
4 sehr austrocknungsempfindlich, kaum Überleben in freier Umgebung
(für Beurteilung des Übertragungswegs wichtig)
4 Infektion erfordert engen Gewebekontakt und Mikrotraumen
4 lange Generationszeit der Spirochäten (>30 h), für Therapiedauer
wichtig
Systematik
4 Frühsyphilis (nach WHO-Definition: 0–2 Jahre bzw. CDC-Definition:
0–1 Jahr nach Infektion) umfasst die
5 primäre Syphilis (= Lues I): Primäraffekt und Befall regionärer
Lymphknoten
5 sekundäre Syphilis (= Lues II): disseminierte Infektion mit Bak-
teriämie, Systemzeichen und Exanthem/Enanthem (»Syphilide«)
5 seropositive latente Syphilis (= Lues latens seropositiva): ist
Ausdruck unbehandelter oder subkurativ behandelter Infektion
(nicht zu verwechseln mit »Seronarbe« nach erfolgreicher
Therapie)
4 Spätsyphilis (Syphilis ab vollendetem zweitem Jahr [nach WHO] bzw.
erstem Jahr nach Primärinfektion [nach CDC]) umfasst die
5 tertiäre Syphilis (Lues III) – granulomatöse, erregerarme tuberono-
döse Läsionen und Gummen
5 quartäre Syphilis: erregerarme Veränderungen und Neurolues
(Tabes dorsalis, progressive Paralyse)
4 kongenitale Syphilis (Lues connata)
5 entsteht durch diaplazentare Übertragung von Treponema pallidum
während der Schwangerschaft auf den Feten
20
20.9 · Syphilis
163 20
Klinik Eigene Notizen
4 primäre Syphilis
5 ca. 3 Wochen nach Infektion an Inokulationsstelle zunächst dunkel-
rotes Knötchen, dann schmerzlose (nicht bei rektalem oder analem
Befall) Ulzeration mit hellrotem Randsaum (sog. Primäraffekt), pal-
patorisch derb = Ulcus durum (»harter Schanker«; . Abb. 30, Farb-
teil); gelegentlich ausgeprägte Schwellung (Vorhautödem mit Para-
phimose, »Glockenschwengelpenis«)
5 prinzipiell ist jede Lokalisation möglich, auch extragenital (z. B.
Lippen, Zunge, Pharynx)
5 ohne Therapie Heilung des Primäraffektes nach 3–8 Wochen
5 regionale Lymphadenitis: 1–2 Wochen nach Ulcus durum auf-
tretende Lymphknotenschwellung meist einseitig, derb – indolent;
sog. Primärkomplex
4 sekundäre Syphilis
5 Exantheme/Enanthem der Syphilis (»Syphilide«) als Ausdruck einer
Dissemination von T. pallidum
5 große Vielfalt möglicher Morphen: Syphilis ist der (nahezu alles
nachahmende) »Affe unter den Hautkrankheiten«
5 Exantheme der sekundären Syphilis jucken nicht und sind nur selten
bullös
J makulöses Syphilid (Roseola): zartrote, unscharf begrenzte
Makulae
J papulöses Syphilid: zunehmende Gewebeimmunität führt zu im-
mer umschriebeneren Veränderungen; Mundschleimhaut zeigt
mitunter weißliche Plaques = Plaques muqueuses
J Palmoplantarsyphilid: 1–2 cm große rotbraune Papeln an Hand-
innenflächen und Fußsohlen (»Clavi syphilitici«)
J Condylomata lata: erosive genitale Papeln, sehr erregerreich
J bei Immunsuppression Erosion der Veränderungen möglich
(»Lues maligna«)
J syphilitisches Leukoderm: Abheilung der Exantheme mit postin-
flammatorischer Hypopigmentierung (z. B. am Hals: »Halsband
der Venus«)
J syphilitische Alopezie: kleinherdiger, »mottenfraßähnlicher«
Haarausfall
5 generalisierte Lymphadenopathie (derb, indolent); »Schwieger-
vaterhandgriff«: Ertasten der antekubitalen Lymphknoten beim
Händedruck
5 akute Hepatitis
5 akute Glomerulonephritis
5 Splenomegalie
5 Meningitis/Meningoenzephalitis (insbesondere bei Immunsup-
pression – HIV/AIDS)
5 muskuloskelettale Veränderungen (Periostitis – nächtlicher
Knochenschmerz), Polyarthritis
164 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
Diagnostik
4 serologische Testmethoden
5 Suchtests
J TPPA (früher TPHA): mit Treponema pallidum beladene Partikel
(TPPA) oder Hammelerythrozyten (TPHA) werden mit Patienten-
serum inkubiert; im Falle des Vorliegens von Antikörpern kommt es
zur Agglutination (= positiver TPPA); Test wird etwa 3 Wochen nach
erfolgter Infektion positiv; Titer persistiert meist zeitlebens; TPPA
und TPHA eignen sich nicht zur Erfolgskontrolle einer antibioti-
schen Therapie oder zur Einschätzung der Therapienotwendigkeit
J VDRL (»veneral disease research laboratory«): weist mittels
Flockungstest Antikörper gegen Phospholipide/Kardiolipin nach,
die nach Befall mit Treponema pallidum durch Gewebszerfall
freigesetzt werden; Test ist unspezifisch (falsch-positive Ergeb-
nisse z. B. bei Vorliegen eines Lupus erythematodes möglich),
erlaubt aber wegen des Titerabfalls nach Therapie Aussagen zur
Effektivität derselben; Test 2–3 Wochen nach Infektion positiv
5 Bestätigungstests
J Westernblot bzw. ELISA werden als Bestätigungstests eingesetzt,
die unter Verwendung von Treponema pallidum-Antigenen den
Nachweis spezifischer IgG- und IgM-Antikörper im Patien-
tenserum erlauben
J FTA-ABS (= Fluoreszenz-Treponema-Antikörper-Absorpti-
onstest): gestattet den Nachweis zirkulierender Antikörper mittels
Immunfluoreszenz gegen Treponema pallidum-Antigene, die auf
einem Objektträger suspendiert sind; wird etwa 4 Wochen nach
Infektion positiv; Modifikationen dieses Tests erlauben den früh-
zeitigen Nachweis von IgM-Antikörpern bereits 2 Wochen nach
Infektion (IgM-FTA-ABS; 19S-IgM-FTA-ABS)
5 bei Verdacht auf Neurolues Untersuchung des Liquors bezüglich des
Vorhandenseins treponemenspezifischer Antikörper
4 Diagnostik der primären Syphilis
5 Direktnachweis mittels Dunkelfeldmikroskopie aus Reizserum vom
Ulcus (kräftiges Reiben des Ulkus mit einer NaCl-getränkten
Mullkompresse, bis klare Lymphe austritt)
5 Dunkelfeldmikroskopie ist bei Veränderungen im Mundbereich
nicht verlässlich (apathogene Treponemen der Mundhöhle sind
schwer abgrenzbar)
5 Serologie (s. oben)
166 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
Therapie
4 Penicillin als Mittel der Wahl (bisher keine Resistenzentwicklung)
4 vorzugsweise intramuskuläre Applikation: therapeutische Serumkon-
zentration muss mindestens über 7 Tage bestehen, da die Generations-
zeit von Treponema pallidum etwa 30 h beträgt
5 Frühsyphilis: Benzathin-Penicillin 2,4 Mio. IE i.m. einmalig (ggf.
Wiederholung am Tag 8)
5 Spätsyphilis: Benzathin-Penicillin 2,4 Mio. IE i.m. dreimalig an den
Tagen 1,8 und 15
5 Neurosyphilis: 6×4 Mio. IE Penicillin G i.v. pro Tag über 14 Tage
4 Komplikation: Jarisch-Herxheimer-Reaktion
5 akute Systemreaktion durch Zerfallsprodukte von T. pallidum unter
Penicillintherapie besonders bei Frühsyphilis
5 2–6 h nach Gabe grippeähnliche Symptomatik, Fieber, Kopf- und
Gelenkschmerzen
5 Therapie: systemische Glukokortikoide
5 Differenzialdiagnose: Penicillinunverträglichkeit
4 serologische Kontrolle nach 3, 6, 12, 24 und 36 Monaten zur Validierung
des Therapieerfolgs (VDRL, Westernblot IgM bzw. IgM-FTA-ABS)
4 > Memo Eine Syphilis-Infektion verleiht keine Immunität.
4 bei nach Therapie erneut positivem IgM-FTA-ABS-Test bzw. erneutem
20 Nachweis von IgM im Westernblot und steigendem VDRL-Titer ist Re-
Infektion wahrscheinlich
20.10 · Gonorrhö
167 20
20.10 Gonorrhö
4 Synonym: Tripper
4 Erreger: Neisseria gonorrhoeae (gramnegative aerobe Diplokokken –
semmelförmig)
4 häufigste bakterielle sexuell übertragene Erkrankung
4 Infektionsraten: 35% der Männer nach Geschlechtsverkehr mit einer
infizierten Frau; 60–90% der Frauen nach Geschlechtsverkehr mit
einem infizierten Mann
4 Erregerreservoir: asymptomatische Frauen mit oft lang persistierender
Infektion
4 Infektion der oberflächlichen Schleimhäute (Urethra, Rektum, Endo-
zervix, Pharynx, Konjunktiven)
4 Dissemination möglich
Klinik
4 genitale Gonorrhö des Mannes
5 Urethritis 3–4 Tage nach Infektion, Dysurie und eitriger Ausfluss
(»Bon-jour-Tropfen«)
5 Komplikationen: akute Epididymitis, chronische Prostatitis
4 genitale Gonorrhö der Frau
5 Urethritis: oft übersehen, in 80% der Fälle wie die Zervizitis asym-
ptomatisch; Inkubationszeit 5–8 Tage
5 Komplikationen:
5 Salpingitis: über Spermien mit anhaftenden Gonokokken Infektion
der Eileiter; häufige Komplikation: Peritonitis/Perihepatitis
5 »pelvic inflammatory disease« (PID)
J Infektion von Eileitern, Ovarien und Peritoneum
J chronische Bauchschmerzen
J ! Cave Geht mit Gefahr der Eileiterschwangerschaft und Steri-
lität einher!
4 Sonderformen:
5 Gonoblennorrhö: Infektionen von Augenlidern und Konjunktiven
besonders bei Neugeborenen. Gefahr der Hornhautulzeration
5 anorektale Gonnorhö: verläuft oft asymptomatisch
5 pharyngeale Gonorrhö: uncharaktistische Beschwerden (»Hals-
schmerzen«), in 90% der Fälle asymptomatisch
5 disseminierte Gonokokkeninfektion (Gonokokkensepsis) mit
Trias:
J Polyarthralgie ohne Arthritis, später Monarthritis (fast immer
Knie, Gonokokken im Gelenkpunktat)
J Tenosynovitis
168 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
Eigene Notizen J Dermatitis: Pusteln auf erythematösem Grund oft über den Ge-
lenken – septische Vaskulitis
5 Fieber, Schüttelfrost, Abgeschlagenheit
Diagnostik
4 direkter Erregernachweis mittels urethralem/zervikalem Abstrich mit
Anfärbung intrazellulärer gramnegativer Diplokokken
4 PCR-Diagnostik (unter Verwendung von Erststrahlurin)
4 Anzüchtung mittels Kultur (Thayer-Martin-Agar, 37°C in CO2-Atmo-
sphäre; nach 24–36 h positive Oxidasereaktion mit Schwarzfärbung
durch Dimethylparaphenylendiamin), erlaubt Durchführung eines An-
tibiogramms
4 > Memo Eine kulturelle Diagnostik vom Rektum sollte bei allen an
Gonorrhö erkrankten Frauen, eine Kultur von Rektum- und Pharynx-
abstrichen bei allen an Gonorrhö erkrankten homosexuellen Männern
angelegt werden.
Differenzialdiagnosen
4 beim Mann
5 andere Urethritiden
4 bei der Frau
5 andere bakterielle Infektionen
5 Herpes simplex
Therapie
4 wegen Zunahme der Resistenzentwicklung Therapie möglichst immer
nach Antibiogramm
4 unkomplizierte urethrale Gonorrhö: Ceftriaxon oder Cefixim als Ein-
maldosis
4 oft begleitende Chlamydieninfektion
4 Ausschluss begleitender Syphilis- bzw. HIV-Infektion
4 ggf. Mitbehandlung von Sexualpartnern
4 Kontrolle des Therapieerfolgs mittels Kultur 4–7 Tage nach Therapieende
Klinik
4 Beginn mit kleiner rötlicher Papel (gelegentlich auch mehrere Läsionen
20 in abklatschartiger Verteilung), innerhalb von 2–3 Tagen Pustel und
Ulzeration
20.12 · Lymphogranuloma venereum
169 20
Diagnostik
4 charakteristische Klinik: schmerzhaftes weiches Ulkus
4 mikrobiologischer Abstrich: gramnegative Stäbchen in fischzugartiger
Anordnung
4 Kultur nur auf Spezialmedien möglich
4 Nachweis mittels PCR
4 Untersuchung auch von Sexualpartnern
4 Mischinfektionen (insbesondere Syphilis und HIV) sollten ausge-
schlossen werden
Differenzialdiagnosen
4 primärer Herpes simplex (Beginn mit Bläschen)
4 syphilitischer Primäraffekt (zeigt derbes, nicht schmerzhaftes Ulcus; die
einschmelzende Lymphadenopathie fehlt)
4 Lymphogranuloma venereum (Ulkus ist kleiner, geht mit bilateraler und
indolenter Lymphadenopathie einher)
Therapie
4 Antbiotika: Cetriaxon oder Azithromycin als Einmaldosis
Klinik
4 genitale Infektion
5 Primärläsion: 5–8 mm große schmerzlose, oft übersehene Erosion.
Abheilung innerhalb weniger Tage
5 inguinale Lymphadenopathie: bilateral oberhalb und unterhalb des
Leistenbandes (»Furchenzeichen«); Verbacken der Lymphknoten
zu großen Konglomeraten, ggf. Fistelbildung, Ruptur; unbehandelt
narbige Abheilung innerhalb von 2–3 Monaten
170 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
Diagnostik
4 serologischer Nachweis von Chlamydien-Antikörpern
4 Identifikation des Erregers aus Abstrichen
4 PCR
4 Lymphknotenhistologie (Mikroabszesse, Granulome mit Riesenzellen)
4 Untersuchung auch von Sexualpartnern
Differenzialdiagnosen
4 Syphilis
4 Herpes genitalis
4 Granuloma inguinale
4 Acne inversa
4 Erkrankungen mit analer/rektaler Entzündung und Fistelbildung (z. B.
M. Crohn)
4 Lymphome (insbesondere bei oraler Lokalisation)
Therapie
4 Doxycyclin
4 ggf. chirurgische Maßnahmen
20
20.13 · Superfizielle Mykosen (Dermatomykosen)
171 20
20.13.1 Erkrankungen durch Dermatophyten Eigene Notizen
Einteilung
In Abhängigkeit vom natürlichen Vorkommen werden 3 Gruppen von Der-
matophyten unterschieden:
4 anthropophile Dermatophyten
5 sind an den Menschen angepasst und rufen zumeist nur gering ent-
zündliche chronische Infektionen hervor
5 mit Abstand häufigster Erreger: Trichophyton rubrum
4 zoophile Dermatophyten
5 werden vor allem von warmblütigen Tieren durch Kontaktinfektion
übertragen und führen zu meist stark entzündlich verlaufenden In-
fektionen beim Menschen
5 Tiere oft nicht selbst erkrankt, aber asymptomatische Überträger
5 wichtige Erreger: Trichophyton interdigitale (zoophil; Hauptwirt:
Nager u. a.), Trichophyton verrucosum (Hauptwirt: Rinder u. a.),
Microsporum canis (Hauptwirte: Katzen, Hunde u. a.)
4 geophile Dermatophyten
5 Saprophyten im Erdboden
5 verursachen nur selten Mykosen beim Menschen
5 Infektionen verlaufen jedoch zum größten Teil stark entzündlich,
weil der Erreger nicht adaptiert ist
5 wichtigster Erreger: Microsporum gypseum
Diagnostik
4 ggf. Untersuchung mittels UV-Licht (~365 nm = Wood-Licht; gelb-grü-
ne Fluoreszenz bei Microsporum spp., blauweiße Fluoreszenz bei Tri-
chophyton schoenleinii [Erreger des Favus])
4 Direktpräparat (Nativpräparat): aus dem Randbereich verdächtiger Lä-
sionen werden feine Schuppen gewonnen und auf einem Objektträger
in 15%iger Kalilauge inkubiert; anschließend erfolgt mikrokopische
Untersuchung auf Hyphen und Sprosszellen
4 im Allgemeinen kann aus dem Nativpräparat keine Aussage zur vorlie-
genden Gattung oder Spezies gemacht werden (Ausnahme: Pityriasis
versicolor)
4 die Pilzkultur auf speziellen Nährböden erlaubt Erregerdifferenzierung
anhand makroskopischer, mikroskopischer und ggf. physiologischer
Eigenschaften
4 ggf. molekulare Diagnostik und Differenzierung (ITS 1 und 2 der
rDNA)
172 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
Differenzialdiagnosen
4 Ekzeme (zeigen unscharfe Begrenzung mit Punctum maximum der
Entzündung im Zentrum, bei allergischem Kontaktekzem z. T. mit
Streuphänomenen)
4 Psoriasis vulgaris
4 Parapsoriasis en plaques
4 Mycosis fungoides
4 Pityriasis rosea
4 diskoider (CDLE) oder subakut kutaner Lupus erythematodes (SCLE)
4 Erythrasma (befällt Leistenregion; es fehlt die Randbetonung; ziegelro-
te Fluoreszenz im Wood-Licht)
4 > Memo »Wenn eine Läsion schuppt, sollte eine Mykose ausgeschlos-
sen werden«.
Tinea manus/manuum
Klinik
4 meist einseitig lokalisiert, greift erst bei längerem Bestehen auf die
andere Hand über
4 am häufigsten squamös-hyperkeratotische oder hyperkeratotisch-
rhagadiforme Tinea manus mit Befall der Palmae, der palmaren Finger-
anteile und der Fingerkuppen
4 in der Hohlhand feine, teils auch Collerette-artige Schuppung mit
Akzentuierung im Bereich der Handlinien
4 dyshidrosiforme Tinea manus: juckende Bläschen und Pusteln an
Handtellern, seitlichen und volaren Fingerregionen
20 4 »One-hand/two feet«-Mykose: beide Fußsohlen sowie eine Handfläche
(meist die dominante Hand) betroffen
20.13 · Superfizielle Mykosen (Dermatomykosen)
173 20
Differenzialdiagnosen Eigene Notizen
4 hyperkeratotisch rhagadiformes oder dyshidrosiformes Handekzem
(mit beidseitigem Befall)
4 atopisches Handekzem
4 Kontaktekzeme
4 Psoriasis palmaris (häufig Psoriasisläsionen auch an anderer Stelle)
4 Mykidreaktion der Hände (wie bei Fußmykose)
Tinea pedis/pedum
4 Synonym: Fußpilz
4 eine der häufigsten dermatologischen Erkrankungen (Prävalenz in
Deutschland bei Erwachsenen etwa 20%)
Klinik
4 interdigitale Form am häufigsten
5 Mazeration und groblamelläre Schuppung vornehmlich in den be-
sonders engen 3. und 4. Zehenzwischenräumen
4 squamös-hyperkeratotische Form
5 charakterisiert durch eine wenig entzündliche diffus schuppende
Keratose der gesamten Fußsohle
5 oft fälschlicherweise als Hauttrockenheit fehlinterpretiert
4 Mokassin-Mykose
5 an den Fußrändern scharf begrenzte, randbetonte Schuppung auf
erythematösem Grund
4 vesikulös-dyshidrotische Tinea pedis
5 besonders am Fußgewölbe sowie Klein- und Großzehballen dyshi-
drosiforme, oft leicht getrübte Bläschen auf entzündlich gerötetem
Grund
5 heftiger Juckreiz
5 gelegentlich zusätzlich dyshidrosiformes Mykid an den Händen
Differenzialdiagnosen
4 zum intertriginösen Typ der Tinea pedis
5 einfache Intertrigo
5 bakterielle Fußinfekte (insbesondere gramnegativer Fußinfekt)
5 Kandidose
4 zum squamös-hyperkeratotischen Typ der Tinea pedis
5 hyperkeratotische oder hyperkeratotisch rhagadiforme Fußekzeme
5 Psoriasis plantaris
5 Lichen ruber
5 hereditäre Palmoplantarkeratosen
4 zum dyshidrosiformen Typ der Tinea pedis
5 dyshidrosiforme Ekzeme (meist doppelseitig)
5 Pustulosis palmoplantaris
5 ! Cave Wichtige Komplikation der Tinea pedis sind Erysipele der
unteren Extremität. Erosionen und Rhagaden in den Zehen-
zwischenräumen stellen häufig eine Eintrittspforte für Bakterien
dar.
174 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
Klinik
4 häufig assoziiert mit Mykosen der Leistenhaut
4 leicht gelbliche Verfärbung der Nagelplatte bis hin zum vollständigen
krümeligen Zerfall
4 im Hinblick auf therapeutische Aspekte werden unterschieden:
5 distolaterale subunguale Onychomykose (DLSO)
J häufigste Form
J Pilz (meist T. rubrum) dringt via Hyponychium in die Unterseite
der Nagelplatte ein und breitet sich von distal langsam nach
proximal zur Matrix aus
5 weiße superfizielle Onychomykose (WSO; Leukonychia tricho-
phytica)
J gekennzeichnet durch weißliche Maculae mit Pilzelementen (oft
T. interdigitale) in den oberen Schichten des Nagelkeratins
5 proximale subunguale Onychomykose (PSO)
J Eindringen des Pilzes über das Eponychium zur Nagelmatrix und
in die Nagelplatte
5 total dystrophische Onychomykose (TDO)
J weitgehende Zerstörung der Nagelplatte als Endzustand der
3 vorgenannten Formen
Differenzialdiagnosen
4 Psoriasis vulgaris des Nagelorgans
4 Lichen ruber
4 Trauma des Nagelorgans
4 paraunguale Ekzeme
4 > Memo Ein Pilznachweis schließt eine Nagelpsoriasis nicht aus.
Trichomykosen
4 Dermatophytosen der Terminalhaare
20 4 aus klinisch-praktischen Erwägungen wird zwischen Tinea im engeren
Sinne, Mikrosporie und Favus (Tinea favosa) unterschieden
20.13 · Superfizielle Mykosen (Dermatomykosen)
175 20
4 Tinea capitis im engeren Sinne (sensu stricto) (. Abb. 28, Farbteil) Eigene Notizen
5 häufigste Dermatophytose im Kindesalter
5 anthropophile Erreger: insbesondere T. tonsurans, T. violaceum
und T. soudanense verursachen endotriche Infektion des Haares
5 das Haar ist bei intakter Kutikula mit Sporen angefüllt und aufgrund
der Trichomalazie als kleiner schwarzer Punkt in der Follikelöff-
nung erkennbar (»black-dot ringworm«)
5 Kopfhaut zeigt bei fehlender oder geringer Rötung oft nur eine
pityriasiforme Schuppung
5 dringen die Pilze an den Haarfollikeln in die Tiefe vor, so kommt es
zu follikulären Pusteln mit u. U. massiver eitriger Sekretion, die mit
Allgemeinerscheinungen (Fieber, Kopfschmerzen, Lymphknoten-
schwellung) einhergehen können
5 Maximalvariante: Kerion (griech. Honigwabe) Celsi (Celsus: römi-
scher Arzt, 30 vor Chr. bis 40 nach Chr.) mit abszedierender tiefer
Infektion des Haarfollikels
5 Zerstörung der Haarwurzeln mit bleibender Alopezie (Pseudopela-
dezustand) möglich
4 Mikrosporie
5 nicht-abszedierende, fast reaktionslos verlaufende tiefe Follikulitis
durch M. audouinii oder M. canis
5 betroffen fast nur präpubertäre Kinder
5 glanzlose Haare brechen in den wie mit Mehl bestäubt erschei-
nenden Herden kurz über dem Haarboden ab
5 wichtigste Differenzialdiagnose: Alopecia areata
4 Favus
5 gekennzeichnet durch Myzelmassen enthaltende, schildchenför-
mige Schuppenkrusten (= Scutula; Scutulum = Schildchen), die sich
im und um den Haarfollikel herum entwickeln
5 Erreger: Trichophyton schoenleinii
5 unangenehmer Geruch (soll an Mäuseurin erinnern)
5 früher in Mitteleuropa endemisches Auftreten, jetzt vorrangig im
Mittleren und Nahen Osten
5 Abheilung mit narbiger Alopezie (Pseudopeladezustand)
4 Tinea barbae
5 tiefe abszedierende Follikulitis der Barthaare insbesondere durch
T. verrucosum
5 oft von Allgemeinsymptomen begleitet, Lymphadenopathie
5 zunächst vereinzelte eitrige Follikulitiden, wobei die Erreger beim
Rasieren weiterverbreitet werden
5 Vordringen der oberflächlichen Entzündung mit Rötung, Schup-
pung und Pusteln in die Tiefe der Haarfollikel, es resultieren weiche,
infiltrierte, furunkuloide Knoten
5 bei Landwirten nach Nachweis der Kausalkette (Rinder als Wirt)
Anerkennung als Berufskrankheit möglich
176 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
Mykide
4 infektassoziierte sterile Immunreaktion vom verzögerten Typ gegen
Pilzantigene (Dermatophytid)
4 Mykide können auch während intensiver Behandlung einer manifesten
Mykose auftreten, vermutlich ausgelöst durch verstärkte Antigenfreiset-
zung nach Abtötung der Erreger
4 Mykide bilden sich nach Behandlung der Mykose spontan zurück
Klinik
4 häufigste Form: symmetrische, dyshidrosiforme Eruptionen an Händen
und Füßen
4 seltener ist der Lichen trichophyticus: symmetrisch am Stamm grup-
piert stehende, blasse, rötliche, spitzkegelige, follikuläre Papeln
4 Hefen der Gattung Candida finden sich beim Menschen als Kommen-
sale im Gastrointestinaltrakt, oberen Respirationstrakt sowie im weib-
lichen Genitalbereich
4 es handelt sich hierbei um eine Kolonisation, nicht um eine Infektion,
wobei sich letztere jedoch nach Eintreten bestimmter Prädispositions-
faktoren relativ rasch manifestieren kann:
5 lokale Prädispositionsfaktoren
J vorbestehende Haut- und Schleimhauterkrankungen
J oral angewandte Steroide
J chronische Mazeration der Haut (besonders der Intertrigines)
J erhöhte Schweißneigung
J Okklusion durch Verbände, geschlossenes Schuhwerk
J Eintrittspforten durch Kunststoffteile: Venenverweilkatheter, Im-
plantate
5 systemische Prädispositionsfaktoren
J > Memo »very old, very young, very sick«
J gestörte zellvermittelte Immunantwort bei Neugeborenen und
Greisen, angeborene Immunmangelsyndrome, HIV-Infektion,
unter zytostatischer und immunsuppressiver Therapie, bei Neu-
tropenie
J endokrine Faktoren: Schwangerschaft, Diabetes mellitus, Morbus
20 Cushing, Morbus Addison, Hypoparathyreoidismus, Hypo-
thyreose
20.13 · Superfizielle Mykosen (Dermatomykosen)
177 20
Diagnostik
4 bei schuppenden Herden: Entnahme von Schuppenmaterial und Di-
rektpräparat wie unter Dermatophytosen beschrieben
4 bei Läsionen an den Schleimhäuten und Intertrigines: Abstrich von der
Oberfläche
4 Anzüchtung auf Nährböden; Kulturergebnis liegt nach meist 1–4 Tagen
vor: weiße, cremefarbene oder rote Kolonien mit matter Oberfläche
ohne Luftmyzel
4 Differenzierung der Hefespezies anhand der Kulturmakromorphologie
ist im Allgemeinen nicht möglich: daher Reisextraktagar (C. albicans
bildet charakteristische dickwandige Dauersporen = Chlamydosporen)
4 aufwändiger ist die Differenzierung anhand physiologischer Leistungen
mittels Assimilations- und Fermentationstests
Therapie
4 Ausschalten von Prädispositionsfaktoren (oft opportunistische Infekti-
onen)
4 topische und ggf. systemische antimykotische Therapie
4 wirksame Substanzklassen sind insbesondere Polyene (Nystatin, Am-
photericin B), Azole
4 Auswahl geeigneter Grundlagen in Abhängigkeit von der Lokalisation:
Cremes und Salben für Körperstamm und Extremitäten, Pasten für
Intertrigines, Lacke für Nägel, Suppositorien und Vaginaltabletten für
die Vaginalregion, Lutschtabletten und Suspensionen für die Mund-
schleimhaut
4 bei stark entzündlichen Verläufen ggf. kurzfristige Kombinationsthera-
pie mit topischen Steroiden (für maximal 5 Tage)
4 systemische Therapie einer lokalen Kandidose mit Azolen (Fluconazol,
Itraconazol; ggf. Voriconazol, Posaconazol)
4 Amphotericin, Echinocandine und Flucytosin müssen i.v. verabreicht
werden und sind vornehmlich der Therapie invasiver Kandidosen vor-
behalten
4 Griseofulvin bei Hefen nicht wirksam
Candidaintertrigo
4 häufigste Komplikation einer Intertrigo
4 Hauptlokalisation sind die anatomischen oder funktionellen intertrigi-
nösen Hautregionen (Axillae, Leistenbeugen, Bauchfalten, Submam-
mär-, Perigenital- und Perianalregion)
Klinik
4 relativ scharfe Begrenzung durch eine dem entzündlich geröteten und
nässenden Herdzentrum zugewandte Schuppenkrause (Collerette)
178 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
Eigene Notizen 4 randwärts mitunter als Primäreffloreszenzen kleine Pusteln mit weiß-
gelblichem Inhalt (im Gegensatz zur meist staphylogenen Ostiofolliku-
litis nicht an die Haarfollikel gebunden)
4 Streuherde (Satellitenläsionen) in der näheren Umgebung (»islands in
front of the coast«)
Differenzialdiagnosen
4 einfache Intertrigo
4 toxische oder allergische Kontaktdermatitis
4 intertriginöse Psoriasis vulgaris
4 Morbus Hailey-Hailey
Differenzialdiagnosen
4 Paronychie und Onychodystrophie durch Dermatophyten und Bakte-
rien (Staphylokokken, Streptokokken, Pseudomonas aeruginosa, Prote-
us mirabilis), selten auch durch Schimmelpilze
Differenzialdiagnosen
4 Lichen ruber der Mundhöhle
4 Plaques muqueuses bei sekundärer Syphilis
4 bei HIV-Infizierten Haarleukoplakie an den Seitenkanten der Zunge
4 zu beachten ist die Möglichkeit der gleichzeitigen Manifestation mehre-
rer der angeführten Erkrankungen
Candidafollikulitis
Klinik
4 insbesondere im Bartbereich erwachsener Männer honiggelbe Krusten,
20 kleine follikuläre Pusteln oder mit Krusten bedeckte, von Pusteln durch-
setzte Papeln und Knoten
20.13 · Superfizielle Mykosen (Dermatomykosen)
179 20
Differenzialdiagnosen
4 Impetigo contagiosa
4 Tinea barbae
4 staphylogene Ostiofollikulitis
4 gramnegative Follikulitis
Vulvovaginale Kandidose
4 von Hefepilzen der Gattung Candida hervorgerufene Entzündung der
Vulva und/oder der Vagina
4 vermutlich erkranken drei von vier Frauen wenigstens einmal im Leben
an einer vulvovaginalen Kandidose
4 in 80–90% der Fälle Erreger Candida albicans
4 begünstigende Faktoren: Schwangerschaft, Diabetes mellitus, orale Kon-
trazeptiva, Glukokortikoidtherapie, antimikrobielle Chemotherapie (so-
wohl systemisch als auch lokal), mechanische Reize (Intrauterinpessare,
Koitus), mechanische und chemische Irritation (Scheidenspülungen)
Klinik
4 reichlich weißlichcremiger bis käsigkrümeliger Ausfluss
4 weißliche, abwischbare Auflagerungen auf der Scheidenwand
4 ausgeprägtes Erythem der Vulva und der angrenzenden Inguinal-
region
Differenzialdiagnosen
4 bakterielle Vaginose
4 bakterielle Vaginitis insbesondere mit Nachweis von Streptokokken der
Gruppe A
180 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
Candidabalanitis
4 insbesondere durch C. albicans hervorgerufene Infektion der Glans pe-
nis und des Präputiums
4 begünstigend wirken feuchtwarmes Milieu im Präputialraum, mangel-
hafte Hygiene, speziell ungenügende Abtrocknung nach dem Waschen
oder bei Vorliegen einer Candidavulvovaginitis bei Sexualpartnerinnen
Klinik
4 umschriebene Rötungen, grauweißliche Auflagerungen oder nässende
Erosionen im Vorhautraum (Balanoposthitis)
4 im Krankheitsverlauf ggf. akut oder subakut entzündliche Schwellung
des inneren Präputialblatts bis zur entzündlichen Phimose
4 bakterielle Sekundärinfektion
4 subjektiv Brennen und Juckreiz
Differenzialdiagnosen
4 bakteriell bedingte Infektionen
4 allergisches Kontaktekzem
4 Balanitis plasmacellularis Zoon
4 Lichen sclerosus et atrophicus
4 Balanitis erosiva circinata
4 Herpes-simplex-Infektionen
4 Psoriasis inversa
4 Erythroplasie Queyrat
4 Synonym: Tinea versicolor (der Begriff Tinea sollte jedoch den Derma-
tophytosen vorbehalten sein)
4 eine der häufigsten superfiziellen Mykosen der Haut
4 durch lipophile Hefen der Gattung Malassezia verursacht
4 betroffen vor allem Jugendliche und jüngere Menschen in der 2. und
3. Lebensdekade, nach dem 60. Lebensjahr Inzidenz deutlich geringer
4 in tropischen bis subtropischen Regionen etwa jeder Zweite erkrankt; in
Nord- und Mitteleuropa Inzidenz 0,5–1% mit einem jahreszeitlichen
Maximum in den Monaten Mai bis September
4 Prädispositionsfaktoren
5 tropisch-feuchtwarmes Makroklima
20 5 individuelle Schweißneigung (ggf. beeinflusst durch Hyperthyreose,
Tuberkulose, Malignome)
20.14 · Infektionen mit Herpes-simplex-Viren
181 20
Klinik
4 hell- bis dunkelbraune, zum Teil rötliche Makulae bevorzugt in den
talgdrüsenreichen Arealen des Körperstammes
4 Läsionen sind anfänglich 3–5 mm groß, neigen im Verlauf zu landkar-
tenartiger Konfluenz
4 beim Streichen über die Läsionen mit einem Holzspatel entsteht eine
feine, kleieartige (pityriasiforme) Schuppung (Hobelspanphänomen)
4 häufig unter UV-Exposition Umwandlung der hyperpigmentierten Are-
ale in weiße, nicht oder nur gering schuppende Läsionen (Pityriasis ver-
sicolor alba); Repigmentierung kann bis zu einigen Monaten dauern
Diagnostik
4 Diagnosestellung erfolgt klinisch, ggf. ergänzt durch Wood-Licht-Un-
tersuchung (gelblich-grüne Fluoreszenz)
4 im KOH-Nativpräparat zeigen sich charakteristische kurze, zum Teil
fragmentierte Pilzfäden neben runden Hefezellen (»Spaghetti und
Fleischklößchen«)
4 Kultur verzichtbar
Differenzialdiagnosen:
4 hyperpigmentierte Läsionen
5 seborrhoisches Ekzem (zeigt stärkere entzündliche Komponente)
5 Pityriasis rosea
5 Tinea corporis
4 hypopigmentierte Läsionen (Pityriasis versicolor alba)
5 Vitiligo
5 postinflammatorische Hypopigmentierung
Therapie
4 topische Azolzubereitungen, Azol-haltiges Shampoo
4 bei ausgedehnten Herden und häufigen Rezidiven ggf. systemische an-
timykotische Therapie mit z. B. Itraconazol
Diagnostik
4 charakteristische Klinik
4 Virusnachweis aus Bläschenmaterial mittels Immunfluoreszenz oder
PCR
4 Tzanck-Test: Nachweis von mehrkernigen Riesenzellen in der Ab-
klatschzytologie
Differenzialdiagnosen
4 initialer Herpes zoster (ist i. d. R. unilateral, nur sehr selten Rezidive in
loco)
4 zur Gingivostomatitis herpetica: Herpangina (Infektion mit Coxsackie-
Viren)
4 zur genitalen HSV-Infektion: Aphthen, M. Behçet, Lues im Stadium I
4 anogenitale Läsionen: CMV-Infektion
Therapie
4 topische Virustatika (Aciclovir) bzw. Antiseptika
4 bei schweren Verläufen bzw. Eczema herpeticatum systemische Virusta-
tika wie Aciclovir
4 ggf. Rezidivprophylaxe, insbesondere bei rezidivierendem, durch HSV
getriggerten Erythema exsudativum multiforme
20.15 Varizella–Zoster-Virus-(VZV)-Infektionen
20.15.1 Varizellen
Klinik
4 rasch aufschießende rötliche Maculae an Kopfhaut und Stamm, die sich
rasch vesikulös umwandeln und dann krustös abheilen
184 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
Diagnostik
4 charakteristische Klinik
4 VZV-Nachweis im Bläscheninhalt mittels Immunfluoreszenz oder
PCR
Differenzialdiagnosen
4 Zoster generalisatus (unter Immunsuppression auftretend; Efflores-
zenzen finden sich hier meist im gleichen Entwicklungsstadium)
4 disseminierte HSV-Infektion
4 multiple Insektenstiche
Therapie
4 topische austrocknende und antiseptische Therapie (z. B. Lotio alba
aquosa, Clioquinol-Lotio)
4 Antihistaminika zur Juckreizstillung
4 bei schweren Verläufen systemische Gabe von Aciclovir
4 bei VZV-Kontakt seronegativer Schwangerer oder immunsupprimierter
Patienten: VZV-Immunglobulin
4 Prophylaxe durch Impfung: für Kinder ab vollendetem 1. Lebensjahr
sowie seronegative Risikogruppen
4 Synonym: Gürtelrose
4 hervorgerufen durch Reaktivierung von VZV, das nach Varizelleninfek-
tion in sensorischen Ganglien des ZNS »latent« persistiert
4 Erkrankungsgipfel: 50. bis 70. Lebensjahr
4 bei Erkrankung jüngerer Patienten sollten Zustände einer Immunsup-
pression abgeklärt werden
Klinik
4 Prodromalstadium: Dysästhesie oder Schmerz im Versorgungsgebiet
des betroffenen Nerven ohne sichtbare Hautveränderungen
20 4 im Bereich eines Dermatoms, seltener mehrerer benachbarter Derma-
tome, finden sich gruppierte Vesikel auf gerötetem Grund, die gelegent-
20.15 · Varizella–Zoster-Virus-(VZV)-Infektionen
185 20
Diagnostik
4 charakteristisches klinisches Bild
4 Nachweis von VZV im Bläscheninhalt mittels Immunfluoreszenz oder
PCR
4 bei Zoster ophthalmicus ophthalmologische Diagnostik, bei Zoster oti-
cus HNO-ärztliche Mitbetreuung
Differenzialdiagnosen
4 Herpes-simplex-Infektion
4 hämorrhagische und bullöse Verlaufsformen des Erysipels
4 Kontaktekzem
4 Photodermatitis
Therapie
4 topische austrocknende und antiseptische Therapie (z. B. Clioquinol-
Lotio)
4 systemische Virustatika (Aciclovir, Valaciclovir, Brivudin)
4 Schmerztherapie
4 > Memo Ein Herpes zoster kann sich nur nach einer vorangegangenen
VZV-Infektion entwickeln, die apparent (in Form von Varizellen) oder
inapparent verlaufen ist. VZV-seronegative Individuen können sich
durch Kontakt mit Varizellen- oder Herpes-zoster-Patienten anstecken
und entwickeln dann Varizellen.
186 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
Diagnostik
4 charakteristisches klinisches Bild
4 ggf. Histologie
Differenzialdiagnosen
4 Molluscum contagiosum
4 Clavus (»Schwiele«)
4 aktinische Keratose
4 spinozelluläres Karzinom
Therapie
4 hohe Spontanheilungsrate
4 schmerzhafte und narbenträchtige therapeutische Prozeduren sollten
vermieden werden
4 Keratolyse (mit Salicylsäure-haltigem Pflaster) und anschließende me-
chanische Abtragung
4 Kryotherapie
4 Virustatika-haltige Lacke, Fluorouracil-Lösung; ggf. Imiquimod (off-
label)
4 ggf. Laserablation
20.16.2 Plantarwarzen
20 4 Synonym: Dornwarzen
4 HPV-1, -2, -4, seltener -60 und -63
20.16 · Infektionen mit humanen Papillomviren (HPV)
187 20
Klinik Eigene Notizen
4 oft solitäre Papel im Bereich der Plantae mit reaktiver Hyperkeratose
4 endophytisch wachsend (Name!), druckschmerzhaft
4 Sonderform: Mosaikwarzen mit diffus-flächiger Anordnung kleinerer
Warzen
Diagnostik
4 punktförmige Hämorrhagien
4 Papillarleistenverlust
4 Druckschmerz
Differenzialdiagnosen
4 Klavus (druckinduzierte reaktive Hyperkeratose)
4 verruköses Plattenepithelkarzinom (Epithelioma cuniculatum)
Therapie
4 Keratolyse und anschließende mechanische Entfernung; ggf. Entfer-
nung mittels scharfem Löffel (Exkochleation)
4 ggf. adjuvante Therapie einer zugrunde liegenden Hyperhidrose
4 hervorgerufen durch HPV-3 und -10, seltener durch -28 und -29
Klinik
4 1–2 mm große hautfarbene, plane Papeln
4 besonders an Gesicht und Handrücken
4 Verbreitung durch Autoinokulation (Kratzen)
4 betroffen meist Kinder und Jugendliche
Differenzialdiagnosen
4 Epheliden
4 Xanthelasmen
4 kleine und flache Verrucae seborrhoicae
Therapie
4 wegen des isomorphen Reizeffektes sollten invasive therapeutische
Maßnahmen mit Zurückhaltung eingesetzt werden
4 Kryotherapie
4 topische Retinoide, z. B. Tretinoin
Klinik
4 kleine weiße Papeln mit rascher Größenzunahme
4 Neigung zur flächigen Ausbreitung mit Bildung papillomatös-ver-
ruziformer Beete
4 mitunter langes Zeitintervall zwischen Infektion und klinischer Mani-
festation
4 im Falle des Auftretens bei Kindern Möglichkeit des sexuellen Miss-
brauchs erwägen
4 abzugrenzen ist die bowenoide Papulose:
5 genitales Carcinoma in situ, oft hervorgerufen durch HPV-16
oder -18
5 bräunlich-pigmentierte Papeln im Bereich der genitoanalen Haut,
insbesondere am Penisschaft
Diagnostik
4 Betupfen betroffener Areale mit 5%iger Essigsäure führt zur weiß-
lichen Verfärbung und erlaubt die Erkennung auch diskreter Kon-
dylome
4 proktologische Untersuchung
4 gynäkologische Untersuchung der Zervix betroffener Frauen
4 Ausschluss weiterer sexuell transmittierter Inefektionen (insbesondere
von Lues und HIV) sowie Hepatitis B und C
4 Untersuchung auch der Sexualpartner
Differenzialdiagnosen
4 Condylomata lata bei Lues II (breitbasig aufsitzende, oft erodierte und
nässende Papeln; Luesserologie)
4 Mollusca contagiosa
4 freie Talgdrüsen
4 Lichen planus
Therapie
4 topisch appliziertes Podophyllotoxin
4 Imiquimod-Creme
4 grüner Tee (Trockenextrakt in Salbe zur topischen Applikation)
4 Kryotherapie
4 Abtragung mittels Laser oder Elektrokauter (Cave: verdampfendes
Material muss abgesaugt werden, da infektiös)
4 ggf. Zirkumzision
4 Prävention durch HPV-Impfung 12- bis 17-jähriger Mädchen
20
20.18 · Erythema infectiosum
189 20
20.17 Molluscum contagiosum Eigene Notizen
4 Synonym: Dellwarze
4 quaderförmiges DNA-Virus aus der Gruppe der Molluscipoxviren,
streng epidermotrop
4 Auftreten überwiegend im Kindesalter
4 Prädisponierend sind atopische Dermatitis, Immundefekte incl. HIV/
AIDS, immunsuppressive Therapien
4 Übertragung durch Fremd- und Autoinokulation
Klinik
4 auf normaler Haut wenige mm große, breitbasig aufsitzende, isoliert
oder gruppiert stehende, perlenartige bis mittelderbe, zentral ge-
dellte Papeln (»Dellwarzen«) von weißlicher, gelb bis blassroter
Farbe
4 Prädilektionsstellen: Gesicht, Hals sowie periaxilläre, perigenitale und
perianale Regionen
4 bei Patienten mit atopischer Dermatitis ggf. Auftreten in großer Zahl
(»Eczema molluscatum«)
4 bei Immundefekten finden sich bis zu 1 cm große Dellwarzen (= Mol-
luscum contagiosum giganteum)
Diagnostik
4 charakteristisches klinisches Bild
4 Histologie: infizierte Keratinozyten sind ballonartig aufgetrieben (=
Molluscum-Körperchen)
Differenzialdiagnosen:
4 Milien, Hydrozystom
4 Verruca vulgaris
4 bei Immunsupprimierten auch kutane Kryptokokkose
Therapie
4 spontane Abheilung möglich
4 Kürettage der Dellwarzen unter Lokalanästhesie mit z. B. Lidocain/Pri-
locain-Creme
4 im Falle des Vorliegens zahlreicher Dellwarzen ggf. Abtragung in kurzer
Allgemeinanästhesie
4 antiseptische Lokaltherapie kann vor Autoinokulation und Re-Infektion
schützen
Eigene Notizen 4 Parvovirus B19 infiziert Retikulozyten und führt zur Lyse
4 Inkubationszeit: 4–14 Tage
Klinik
4 makulopapulöses Exanthem meist ohne Prodromi
4 Beginn meist an den Wangen unter Aussparung der Nasen-/Mundre-
gion (»slapped cheek«), später Befall der Extremitäten; Rumpf meist
schwächer betroffen
4 figurierte Morphe durch Konfluenz und zentrale Abblassung der Lä-
sionen: Bild der »Ringelröteln«
4 assoziiert sind Pharyngitis, Lymphadenopathie, Fieber; gelegentlich Ar-
thralgien
4 Komplikation: transitorische aplastische Krise
4 bei Infektion während der Schwangerschaft kommt es je nach Zeitpunkt
zu intrauterinem Fruchttod, Hydrops fetalis oder transienter aplasti-
scher Anämie
4 »Papular-purpuric gloves and socks-Syndrom«: bei jungen Erwachse-
nen nach Parvovirus B19-Infektion an Palmae und Plantae auftretende
schmerzhafte Erytheme, Petechien und Purpura
Diagnostik
4 charakteristisches klinisches Bild
4 Titerbestimmung von IgM- und IgG-Antikörpern gegen Parvovirus
B 19
Therapie
4 symptomatisch
4 bei Komplikationen ggf. hochdosierte intravenöse Immunglobuline
20.20 Trichomoniasis
Klinik
4 oft oligosymptomatischer Verlauf
4 Frauen: zunächst Vaginitis mit übel riechendem, gelblich-schaumigen
Fluor, dann Vulvitis; keine Aszension
4 Männer: meist asymptomatisch, gelegentlich milde Urethritis
Diagnostik
4 Untersuchung von Abstrichmaterial in Kochsalzlösung mittels Nativ-
mikroskopie zeigt bewegliche Flagellaten
192 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
Therapie
4 Metronidazol
20.21 Leishmaniose
4 Synonym: Orientbeule
4 kutane Infektion mit Leishmania-tropica-Komplex (Mittelmeerraum,
mittlerer Osten)
4 Inokulation durch Sandfliegen (nachtaktiv, Flughöhe <3 m; geringeres
Infektionsrisiko bei Aufenthalt/Schlafen nicht in Bodennähe) – komple-
xer Lebenszyklus
4 Inkubationszeit meist 2–4 Wochen (sehr variabel)
Klinik
4 Entwicklung einer Papel, Übergang in Knoten, zentral Ulzeration
4 besonders exponierte Regionen sind Wangen und Arme
4 Abheilung nach ca. 1 Jahr mit Narbe
4 Sonderformen:
5 Leishmania rezidivans – chronischer Verlauf mit Progredienz an der
Peripherie
5 disseminierte kutane Form bei Immunsuppression
5 viszerale Leishmaniose (Kala Azar): Dissemination, verläuft unbe-
handelt meist innerhalb von 1–2 Jahren tödlich
Diagnostik
20 4 Histologie (Giemsa-Färbung; Donovan-Körperchen in Makrophagen)
4 PCR aus Gewebe
20.22 · Pedikulose
193 20
Differenzialdiagnosen Eigene Notizen
4 Insektenstichreaktion
4 bakterielle Infektionen, insbes. Furunkel
4 Lymphom
4 Basalzellkarzinom
4 Spinalzellkarzinom
Therapie
4 meist Spontanheilung
4 topisches Paromomycin
4 intraläsionale Injektion von Antimonverbindungen
4 ! Cave Knotige oder ulzerierende Hautläsionen, die nach Aufent-
halten in Endemiegebieten auftreten, sollten an eine Leishmaniose
denken lassen!
20.22 Pedikulose
4 Kopflaus (Pediculus capitis) ist 2,0–3,5 mm lang, hat drei Paar sehr
kräftige, mit Krallen versehene Beine (flügelloses Insekt)
4 Übertragung von Mensch zu Mensch (Kinder und Erwachsene), insbe-
sondere bei Langhaarigen
4 getrennt von ihrem obligaten Wirt überleben Kopfläuse nur 24–36 h, in
Ausnahmefällen bis zu 4 Tage
194 Kapitel 20 · Infektionskrankheiten der Haut
Diagnostik
4 Nachweis von Nissen, die knospenartig an die Haare geklebt sind und
sich im Gegensatz zu Kopfschuppen nicht vom Haar abstreifen lassen;
Prädilektionsstellen sind Haarpartien hinter den Ohren
4 Eier mit noch enthaltender Larve erscheinen dunkel und finden sich
meist in Kopfhautnähe, während die »Nissen« weiß wirken. Letztere
können auch als leere Eihüllen nach Beseitigung der Läuse noch lange
vorhanden sein und sind daher kein Indiz für einen akuten Befall
4 bevorzugter Sitz der Läuse im Bereich des Haarbodens ist der Grund des
Haarschafts
4 Auffinden wird durch Kämmen der angefeuchteten Haare mit einem
Metallkamm (Zinkenabstand maximal 0,2–0,3 mm) und Verwendung
einer Lupe deutlich erleichtert (»wet combing«)
Differenzialdiagnosen
4 Kopfekzem
4 Impetigo contagiosa
4 Tinea capitis
Therapie
4 Lokaltherapie mit Dimeticon (Derivat des Silikons) führt durch Ver-
stopfen der Atmungsöffnungen der Läuse zum Erstickungstod
4 Permethrin ( ! Cave Resistenzentwicklung!)
Klinik
4 als Reaktion der Haut auf Stiche insbesondere periaxillär, genitokrural
sowie im Bereich des Rock- und Hosenbundes starker Pruritus mit röt-
lichen Papeln
20 4 sekundär impetiginisierte Kratzeffekte (»Vagabundenhaut«)
20.23 · Cimikose (Wanzenbefall)
195 20
Diagnostik Eigene Notizen
4 Nachweis von Kleiderläusen und Nissen in den Nähten der Unterwäsche
durch Entfernung mittels Pinzette und Betrachtung der Erreger in der
Lupenvergrößerung
Therapie
4 Reinigung der Wäsche durch Auskochen oder Desinfektion erforderlich
4 ggf. antiekzematöse Therapie
4 Filzlaus (Pediculus pubis) kleiner als die Kopf- bzw. Kleiderlaus (1,5–
2 mm Länge) und von breiter, schildförmiger Körperform
4 Filzläuse bewegen sich im Gegensatz zu Kopf- und Kleiderläusen wenig
und sind daher schwerer zu erkennen
4 Übertragung bei engem Körperkontakt, häufig während des
Geschlechtsverkehrs sowie von Eltern auf Kinder durch Benutzung
gemeinsamer Bettwäsche, gemeinsamer Kleidung oder gemeinsamer
Handtücher
Klinik
4 bevorzugte Lokalisation im Bereich der Schambehaarung sowie genito-
anal, im Bereich der Achselhaare und der Brust- und Bauchbehaarung
(insbesondere Regionen mit apokrinen Schweißdrüsen)
4 bei Kleinkindern selten auch Befall der Augenbrauen, Wimpern und des
Haarbodens
4 meist gering ausgeprägter Pruritus, nachts stärker als am Tage; es finden
sich mitunter wenige Exkoriationen
4 als Folge der Filzlausstiche bilden sich verwaschene, schieferfarbene bis
stahlblaue, 2–8 mm große Flecke (= Maculae coeruleae oder »taches
bleues«); entsprechen punktförmigen Einblutungen, die unter dem
Einfluss von Läusespeichel entstanden sind
Diagnostik
4 Nachweis der Läuse und Nissen
Therapie
4 lokale Anwendung der Insektizide Permethrin, Allethrin oder Pyrethrin,
Wiederholung nach einer Woche
4 > Memo Die Mitbehandlung von Kontaktpersonen ist erforderlich.
Klinik
4 gruppierte, teils lineare und häufig hämorrhagisch tingierte Stichreak-
tion besonders an unbedeckten (Urticaria e cimicibus)
Diagnostik
4 charakteristisches klinisches Bild
4 Kotbestandteile der Wanzen finden sich gelegentlich als schwarze
Flecken in der Bettwäsche
Therapie
4 symptomatisch juckreizstillend, z. B. mit Polidocanol
4 Entwesung
20.24 Skabies
4 Synonym: Krätze
4 stark juckende Infestation mit der Milbe Sarcoptes scabiei var. hominis
4 außerhalb des Wirtes sind Milben unter optimalen Bedingungen (nied-
rige Temperatur und relative Feuchte nahe Sättigung) für maximal 48 h
überlebensfähig
Klinik
4 Übertragung durch intensiven körperlichen Kontakt
4 bei Erstinfektion Auftreten von Symptomen nach 2–5 Wochen
(»Juckreiz in Bettwärme«); bei Zweitinfektion Juckreiz bereits nach
1–4 Tagen
4 charakteristisch sind kommaartige, wenige mm lange Milbengänge, an
deren Ende im sog. Milbenhügel die weibliche Milbe zu finden ist
4 insbesondere sind Hautareale mit hoher Temperatur und dünner Horn-
schicht befallen wie Fingerzwischenräume, Beugeseite der Handge-
lenke, Mamillen- und Nabelregion, Penisschaft; der Kopf ist in der Regel
ausgespart (Ausnahme: Kleinkinder)
4 postskabiöse persistierende Papeln (= Granulombildung)
4 Sonderformen
5 Kinder in infestierter Familie oft am stärksten betroffen, bei Klein-
kindern auch Befall des Kopfes ( ! Cave Superinfektion durch
Gruppe-A-Streptokokken)
20 5 »gepflegte« Skabies bei guter Körperhygiene oder Anwendung
lokaler Glukokortikoide
20.24 · Skabies
197 20
Diagnostik
4 Identifikation der Milbe am Ende des Milbengangs mittels Auflicht-
mikroskopie bzw. Dermatoskopie
4 Milbengang dann mit Kanüle eröffnen, Inhalt auf einen Objektträger
aufbringen und bei 10-facher Vergrößerung mikroskopieren
4 geeignete Untersuchungsstellen sind z. B. die Hände
Therapie
4 Mittel der Wahl: Permethrin 5% Creme; alternativ Benzylbenzoat oder
Crotamitex
4 Nachtherapie bei postskabiösen persistierenden Papeln und irritativem
Ekzem: rückfettende Hautpflege bzw. topische Steroide
4 anfänglich täglicher Wechsel von Bett- und Körperwäsche
4 Wäsche und Gegenstände, die für längere Zeit mit dem Körper in
Kontakt kommen (z. B. Stofftiere), sollten bei 60°C gewaschen oder für
mindestens 4 Tage bei mindestens 20°C trocken in Plastiksäcken ge-
lagert werden
4 Untersuchung und simultane Mitbehandlung aller Personen, zu denen
enger persönliche Kontakt besteht (Familienmitglieder, Sexualpartner)
4 bei Vorliegen einer Scabies crustosa auch Behandlung von Personen, zu
denen nur ein flüchtiger Kontakt bestand
21
Tag 2 – Dermatologie
21 Entzündliche Hauterkrankungen
M. Goebeler
Klinik
4 Leiteffloreszenz: monomorphe, scharf begrenzte erythrosquamöse
Plaque mit silbrig-weißer, abstreifbarer Schuppung
4 klassische Psoriasisphänomene, die sich sukzessive auslösen lassen:
»Kerzenwachsphänomen«: Schuppen lassen sich mit Holzspatel leicht
abheben
»Phänomen des letzten Häutchens«: bei weiterem Kratzen mit dem Spatel
lassen sich die unteren Zelllagen der Epidermis mit einem Mal entfernen
»Phänomen des blutigen Taus« (Auspitz-Phänomen): durch Traumati-
sierung der Kapillaren in den Papillenspitzen kommt es zu punkt-
förmigen Blutungen
200 Kapitel 21 · Entzündliche Hauterkrankungen
Diagnostik
4 Histologie
5 Akanthose und Parakeratose der Epidermis mit verlängerten
Reteleisten
5 Papillen sind kolbig aufgetrieben und zeigen vermehrt Kapillaren
5 gemischtzelliges Entzündungsinfiltrat
5 Neutrophile steigen in die Dermis bis zum Stratum corneum auf,
gelegentlich aggregieren Neutrophile subkorneal zu Munro-Mikro-
abszessen
4 Abklärung möglicher Triggerfaktoren
5 Köbner-Phänomen (isomorpher Reizeffekt): exogene Reize wie
mechanische Traumen, Tätowierungen, UV-Exposition und irrita-
tive externe Therapien können charakteristische Psoriasisläsionen
hervorrufen
5 Infekte: Streptokokken (Bestimmung des ASL-Titers, besonders bei
Kindern und jungen Erwachsenen; ggf. HNO- und zahnärztliche
Konsiliaruntersuchungen), HIV (bei exsudativen Formen der
Psoriasis)
5 Medikamente: Lithium, Interferon, (Hydroxy-)Chloroquin; der
Zusammenhang mit der Einnahme von β-Blockern und ACE-
Hemmern ist umstritten
5 Nikotin und Alkohol
5 Stress
4 Abklärung einer möglicherweise assoziierten Psoriasisarthritis
5 Erhebung des CASPAR-Scores als Screening-Instrument
5 Bestimmung des Rheumafaktors (Psoriasisarthritis ist seronegativ)
5 ggf. bildgebende Diagnostik (Röntgen, Sonographie bzw. MRT
betroffener Gelenke) und rheumatologische Konsiliarunter-
suchung
4 Abklärung möglicher Komorbiditäten
5 chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (insbesondere M.
Crohn)
202 Kapitel 21 · Entzündliche Hauterkrankungen
Differenzialdiagnose
4 Pityriasis lichenoides, Pityriasis rosea
4 Parapsoriasis en plaque, Mycosis fungoides
4 subakut-kutaner Lupus erythematodes (SCLE)
4 nummuläres Ekzem
4 zur Psoriasis intertriginosa: Intertrigo, allergisches Kontaktekzem, M.
Hailey-Hailey
4 zu generalisierten pustulösen Psoriasisformen: pustulöses Arzneimittel-
exanthem, subkorneale Pustulose
4 zur erythrodermatischen Psoriasis: Erythrodermie bei Mycosis fungo-
ides und atopischem Ekzem; Pityriasis rubra pilaris
Therapie
4 je nach Krankheitsausprägung topische, systemische oder photothera-
peutische Behandlung
4 häufig Kombination unterschiedlicher Therapien
4 topische Therapie
5 Salizylsäure
J wirkt keratolytisch
J > Cave: ist potenziell nephro- und neurotoxisch!
5 Harnstoff (Urea)
J wirkt keratolytisch
J schwächer wirksam als Salizylsäure
5 Dithranol (Cignolin, Anthralin)
J klassisches topisches Therapeutikum zur Behandlung der Psoria-
sis vulgaris
J Wirkmechanismus unklar
J wirkt bei Überdosierung irritativ-toxisch
J erfordert kontrollierte Erhöhung der Konzentration
21.1 · Psoriasis (Schuppenflechte)
203 21
Eigene Notizen J vergleichsweise schwache Wirkung, eignet sich gut zur Kombina-
21 tion mit UV-Lichttherapie
J unerwünschte Wirkungen: Teratogenität ( ! Cave: Einsatz bei
Frauen im gebärfähigen Alter verlangt strikte Kontrazeption!),
Xerosis, Erhöhung der Blutfette
4 ! Cave: Systemische Glukokortikoide sind zur Behandlung der Psori-
asis nicht indiziert.
4 Systemtherapie mit Biologicals
5 gentechnisch hergestellte Antikörper oder Fusionsproteine, die die
Wirkung natürlicherweise vorkommender entzündungsfördernder
Zytokine gezielt blockieren
5 sind i. d. R. effektiver als klassische Systemtherapien; dürfen bei mit-
telschwerer und schwerer Psoriasis verordnet werden, wenn letztere
wirkungslos oder kontraindiziert sind oder zu schwerwiegenden
Nebenwirkungen geführt haben
5 unerwünschte Wirkungen: erhöhtes Infektionsrisiko; vor Therapie-
beginn Tuberkulose- und Virushepatitis-Ausschluss erforderlich
5 TNF-Antagonisten: Adalimumab, Infliximab (Antikörper gegen
TNF); Etanercept (lösliches TNF-Rezeptor-Protein, das zirkulie-
rendes TNF antagonisiert); je nach Präparat Applikation s.c. bzw.
i.v.; wirksam auch bei Psoriasisarthritis
5 IL-12/IL-23-Antagonist: Ustekinumab
4 UV-Therapie (Phototherapie)
5 UV-B der Wellenlänge 311 nm (monochromatisches UV-B mit
»Aktionsspektrum« der Psoriasis = wirksamster Wellenbereich);
häufig Kombination mit topischen Therapien und Solebädern (Bal-
neophototherapie)
5 Photochemotherapie (PUVA): der Photosensibilisator Psoralen
wird systemisch (»orale PUVA«) oder topisch (in Form von Bädern
(»Bade-PUVA«), Lösungen oder Cremes (»Creme-PUVA«) appli-
ziert, anschließend erfolgt eine UVA-Bestrahlung; kann mit dem
Retinoid Acitretin kombiniert werden (»Re-PUVA«)
5 ! Cave Phototherapien (PUVA > UVB) begünstigen die Haut-
alterung und erhöhen das Risiko für kutane Malignome; photosen-
sibilisierende Medikamente sollten unter UV-Therapie gemieden
werden.
Prognose
4 chronisch-stationärer oder schubweiser Verlauf
4 Komorbiditäten (insbesondere kardiovaskuläre) können die Prognose
beeinträchtigen
Klinik
4 »lichenoide« Papel als Leiteffloreszenz: violett-rote, polygonale, pflaster-
steinartige, flache Papel mit glänzender Oberfläche, die mitunter ein
weißliches Netzwerk erkennen lässt (Wickham-Streifung, korrespon-
diert histologisch mit Hypergranulose (= fokale Verbreiterung des
Stratum granulosum))
4 Papeln können zu größeren Plaques konfluieren
4 Prädilektionsstellen der Haut: Beugeseiten der Handgelenke und der
distalen Unterarme, Handrücken, Ventralseite der Unterschenkel,
Sakral- und Nackenregion
4 Lichen ruber mucosae: solitär oder in Kombination mit Hautbefall,
retikuläre, weißliche Streifen, mitunter erosiv
4 Prädilektionsstellen der Schleimhaut: bukkale Mukosa, Zunge, Gingiva,
auch Vulva und Glans penis
4 Lichen ruber der Nägel: longitudinale Riffelung der Nagelplatte, z. T.
Fissuren, als Ausdruck der Beteiligung der Nagelmatrix; Verlust der
Nagelplatte mit Vernarbung möglich
4 Lichen ruber follicularis: besonders am Kapillitium violett-rötliches,
perifollikuläres Erythem mit Schuppenkrause; bei Voranschreiten der
Entzündung Vernarbung mit Verlust des Haarfollikels, es resultiert ver-
narbende Alopezie
4 weitere Formen:
5 Lasseur-Graham-Little-Syndrom: Triade aus
J vernarbender Alopezie am Kapillitium
J nicht-vernarbendem axillären und genitalen Haarverlust mit
hyperkeratotischen follikulären Papeln
J kutanem und/oder mukosalem Befall
5 hypertropher Lichen ruber (Lichen ruber verrucosus): Variante
mit stark juckenden hyperkeratotischen Plaques, besonders prä-
tibial
206 Kapitel 21 · Entzündliche Hauterkrankungen
Diagnostik
4 Histologie
5 Hyperkeratose ohne Parakeratose
5 fokale Verbreiterung des Stratum granulosum
5 Akanthose mit Sägezahnmuster
5 vakuolige Degeneration basaler Keratinozyten
5 bandförmiges, lymphozytäres Infiltrat an der dermoepidermalen
Junktionszone (»interface dermatitis«)
4 direkte Immunfluoreszenz
5 Kolloid-Körperchen (Civatte-Körperchen), stellen apoptotische
Keratinozyten des Basalzelllagers dar
5 gelegentlich Fibrinogenablagerungen entlang der Junktionszone
4 weitere Labordiagnostik
5 Hepatitis-C-Serologie (besonders Lichen ruber mucosae kann mit
Hepatitis C assoziiert sein)
Differenzialdiagnose
4 lichenoide Arzneimittelreaktionen (s. oben)
4 »graft-versus-host disease«
4 Lichen nitidus, Lichen striatus, Lichen sclerosus et atrophicus
4 Lupus erythematodes
Therapie
4 in erster Linie topische Glukokortikoide
4 an Schleimhäuten ggf. topische Kalzineurin-Antagonisten (Tacrolimus,
Pimecrolimus; off-label)
4 bei exanthematischem Lichen ruber Bade-PUVA oder UV-A1-Photo-
therapie
4 in schweren und ansonsten therapierefraktären Situationen: systemi-
sche Gaben von Glukokortikoiden, Acitretin, Cyclosporin, Mycophe-
nolatmofetil
Prognose
4 chronischer Verlauf
4 selten Ausbildung von Plattenepithelkarzinomen bei langjährig beste-
hendem Lichen ruber mucosae und hypertrophem Lichen ruber
21.4 · Erythema multiforme
207 21
21.3 Pityriasis rosea Eigene Notizen
Klinik
4 Beginn mit solitärer, ovalärer, 3–4 cm großer, zentral eingesunkener,
feinlamellös schuppender, hellroter Plaque meist am Rumpf (»Primär-
medaillon«, »tache mère«), die im Randbereich eine dem Zentrum zu-
gewandte Schuppenkrause (»collerette«) aufweist
4 nach wenigen Tagen Ausbildung eines stammbetonten papulösen Ex-
anthems mit colleretteartig schuppenden, ca. bis 1 cm großen ovalären
Plaques, die mit der Längsachse an den Spaltlinien der Haut orientiert
sind
4 gelegentlich Juckreiz
4 innerhalb von 4–8 Wochen spontane Abheilung
Diagnostik
4 Histologie
5 nicht spezifisch
5 Parakeratose, Spongiose, mildes perivaskuläres lymphozytäres In-
filtrat
5 Biopsiegewinnung i. d. R. nicht erforderlich
Differenzialdiagnose
4 Virusexantheme
4 Lues im Stadium II (ggf. Kontrolle Lues-Serologie)
4 Psoriasis guttata (nach vorangegangenem Infekt; Psoriasisphänomene
überprüfen)
4 Tinea corporis (mikroskopische und kulturelle Untersuchung von
Hautschuppen)
Therapie
4 wegen der zu erwartenden Spontanremission meist nicht erforderlich
4 glukokortikoidhaltige Cremes
4 ggf. UV-B-Lichttherapie (UV-B 311 nm)
4 ggf. orale Makrolide
Klinik
4 abrupt auftretende papulourtikarielle Plaques mit zonalem Aufbau, die
an Kokarden oder Schießscheiben erinnern (»target lesions«); typische
Läsionen umfassen mindestens drei konzentrische Ringe und können
konfluieren
4 zentral mitunter Vesikel bzw. Kruste
4 zusätzlich meist atypische Läsionen mit weniger charakteristischem
Aufbau
4 Prädilektionsstellen: besonders Handrücken und Streckseiten der Un-
terarme; auch Handinnenflächen, Gesicht, Hals und Rumpf können
betroffen sein
4 bei der Major-Form zusätzlich vesikulobullöse, erosive oder ulzerieren-
de Schleimhautläsionen an Wangen, Lippen, Augen und/oder Genitale;
auch Allgemeinsymptome wie Fieber und Abgeschlagenheit
Diagnostik
4 Histologie
5 uncharakteristisch
5 fokale vakuoläre Degereneration basaler Keratinozyten
5 dermales Ödem und perivaskuläres, mononukleäres Entzündungs-
infiltrat
Differenzialdiagnose
4 Urtikaria (Urticae sind flüchtiger und bestehen weniger als 24 h)
4 fixe Arzneimittelreaktion, Stevens-Johnson-Syndrom
4 subakut-kutaner Lupus erythematodes (SCLE)
4 polymorphe Lichtdermatose
Therapie
4 topische und ggf. systemische Glukokortikosteroide
4 bei rezidivierenden HSV-assoziierten Formen des Erythema multi-
forme ggf. prophylaktische Gabe von niedrigdosiertem Aciclovir, Vala-
ciclovir oder Brivudin (off-label)
21.5 · Nicht-infektiöse granulomatöse Erkrankungen
209 21
Prognose Eigene Notizen
4 selbstlimitierter Verlauf
4 Rezidive insbesondere bei Herpes simplex-assoziierten Formen
21.5.1 Sarkoidose
Klinik
4 rötlich-bräunliche bis rötlich-gelbliche Papeln und Plaques, die auf
Glasspateldruck ein als apfelgeleeartig beschriebenes Eigeninfiltrat
hinterlassen; gewöhnlich nicht schuppend
4 Prädilektionsstellen: Gesicht, Rumpf, obere Thoraxapertur
4 Auftreten spezifischer Läsionen auch in Narben (Narbensarkoi-
dose)
4 Lupus pernio: Erscheinungsform der Sarkoidose an kälteexponierten
Lokalisationen mit bräunlich-lividen spezifischen Läsionen (Nase, Ohr-
läppchen, Wange)
4 Erythema nodosum (bei gleichzeitigem Auftreten mit Fieber, Arthral-
gien und bihilärer Lymphadenopathie spricht man vom Löfgren-
Syndrom)
4 systemische Manifestationen: Lunge (in 90%), Lymphknoten (in 90%),
Muskel und Knochen (40%), Zentralnervensystem, Herz, Leber,
Niere
4 besondere Manifestationsformen:
5 Heerfordt-Syndrom: granulomatöse Entzündung von Augen (Irido-
zyklitis), Parotis und anderen Speicheldrüsen sowie ZNS (Hirnner-
venausfälle)
5 von-Mikulicz-Syndrom: Befall von Parotis, Tränen- und Speichel-
drüsen, geht mit Sicca-Symptomatik einher
5 Ostitis multiplex cystoides Jüngling: zystische Knochenumwand-
lung an den Phalangen
210 Kapitel 21 · Entzündliche Hauterkrankungen
Differenzialdiagnose
4 andere granulomatöse Erkrankungen incl. Hauttuberkulose (Lupus vul-
garis)
4 kutane Lymphome
4 Pannikulitiden
Therapie
4 in Abhängigkeit vom Befall innerer Organe ggf. mit systemischen
Glukokortikosteroiden (anfängliche Dosis: 1 mg/kg KG/Tag Predniso-
lonäquivalent)
4 kutane Sarkoidose: topische Glukokortikoide, ggf. läsional oder unter
Okklusion; niedrigdosierte systemische Glukokortikoide (10 mg/Tag
Prednisolonäquivalent); Hydroxychloroquin; Alternativen: Metho-
trexat, Isotretinoin, Allopurinol, Minozyklin, Thalidomid
Prognose
4 hohe spontane Remissionsrate, in 1/3 der Fälle chronischer Verlauf mit
Gefahr der Organschädigung
Diagnostik
4 Histologie: histiolymphozytäres Infiltrat in Palisadenstellung (Palisa-
dengranulom), zentral degeneriertes Bindegewebe (Nekrobiose); ge-
legentlich Riesenzellen
Differenzialdiagnose
4 andere granulomatöse Erkrankungen
4 Lupus erythematodes (SCLE, CDLE)
4 Erythema anulare centrifugum
4 Erythema elevatum et diutinum
Therapie
4 topische Glukokortikoide, ggf. unter Okklusion
4 Creme- oder Bade-PUVA, UV-A1-Lichttherapie
4 Kryotherapie
4 Hydroxychloroquin, Dapson
Prognose
4 meist spontane Remission innerhalb von 2 Jahren, Rezidive sind
häufig
Klinik
4 meist prätibial: unregelmäßig und scharf begrenzte, gelblich-bräunliche,
atrophe, teleangiektatische Plaques mit betontem Rand
4 häufig multiples und bilaterales Auftreten
4 in 1/3 der Fälle kommt es zur Ulzeration, meist nach vorangegangenem
Trauma
4 selten extratibialer Befall (Kopf, obere Extremitäten)
212 Kapitel 21 · Entzündliche Hauterkrankungen
Differenzialdiagnose
4 Granuloma anulare, Sarkoidose
4 zirkumskripte Sklerodermie
4 Pannikulitis
Therapie
4 zufriedenstellende Therapien existieren nicht
4 Versuch mit potenten topischen Glukokortikoiden (läsional, ggf. unter
Okklusion)
4 Creme-PUVA, UV-A1-Phototherapie
4 chirurgische Exzision mit Spalthautdeckung
Prognose
4 chronisch mit Neigung zur Ulzeration
4 bei Patienten mit Diabetes mellitus hat die Blutzuckereinstellung keinen
Effekt auf den Krankheitsverlauf
Klinik
4 persistierende Schwellung der Unter- oder der Oberlippe; Schwellung
beider Lippen (»Tapirmund«) ist selten
4 Melkersson-Rosenthal-Syndrom: zusätzlich periphere Fazialisparese
und multipel gefurchte Zunge (Lingua plicata)
Diagnostik
4 Histologie: lymphozytäres Infiltrat mit Epitheloidzellgranulomen
4 bei entsprechender Anamnese gastroenterologische Diagnostik zur Ab-
klärung eines M. Crohn
Differenzialdiagnose
4 Angioödeme (bilden sich in der Regel innerhalb von 24–48 h zurück)
21.5 · Nicht-infektiöse granulomatöse Erkrankungen
213 21
Therapie Eigene Notizen
4 häufig unbefriedigend
4 Versuch mit Hydroxychloroquin, Dapson, Salazosulfapyridin, Clofazi-
min oder läsionalen Glukokortikoiden
21.5.5 Rheumaknoten
21.5.6 Fremdkörpergranulome
Tag 3 – Dermatologie
22 Autoimmunerkrankungen
der Haut
M. Goebeler
Klinik
4 Pemphigus vulgaris
5 schmerzhafte Erosionen und Ulzerationen besonders der Mund-
schleimhaut, nur selten Blasen
5 auch Befall von Nasenschleimhaut, Larynx und Pharynx möglich,
dann Nasenbluten, Heiserkeit und Schluckbeschwerden
5 seltener Befall von Ösophagus, Genitale und Anus
5 an der Haut bei zusätzlichem Vorliegen von Anti-Dsg1-Antikör-
pern schlaffe Blasen und Erosionen besonders an Kopf, Rumpf und
Intertrigines
5 positives Nikolski I-Phänomen (auch Nikolski II-Phänomen wäre
positiv, ist aber in der Praxis nicht relevant)
22.1 · Blasenbildende Autoimmundermatosen
217 22
Diagnostik
4 direkte Immunfluoreszenz: interzelluläre Ablagerungen von IgG in der
Epidermis
4 indirekte Immunfluoreszenz: am Ösophagusepithel (Substrat) findet
sich interzelluläre Fluorezenz; im ELISA Nachweis von Antikörpern
gegen Dsg3 (und ggf. zusätzlich gegen Dsg1) beim Pemphigus vulgaris
bzw. nur gegen Dsg1 beim Pemphigus foliaceus
4 Histologie
5 beim Pemphigus vulgaris suprabasale Spaltbildung in der Epider-
mis; basale Keratinozyten an der Unterseite des Spalts erinnern an
eine Reihe von Grabsteinen (»row of tombstone«-Muster)
5 beim Pemphigus foliaceus subkorneale Spaltbildung mit ent-
sprechend dünner Blasendecke, diese ist allerdings nur selten er-
halten
Differenzialdiagnose
4 Pemphigus vulgaris: an der Mundschleimhaut Aphthen, Licher ruber
mucosae, virale Infektionen; Erythema exsudativum multiforme majus,
Stevens-Johnson-Syndrom, toxische epidermale Nekrolyse, andere bla-
senbildende Autoimmundermatosen
4 Pemphigus foliaceus: seborrhoisches Ekzem, subakut-kutaner Lupus
erythematodes
218 Kapitel 22 · Autoimmunerkrankungen der Haut
Prognose
4 unbehandelt verläuft der Pemphigus vulgaris innerhalb von 1–2 Jahren
letal (Tod durch Infektionen, Flüssigkeitsverlust und Kachexie)
4 in der Mehrzahl der Fälle trotz Therapie chronischer Verlauf
4 Serumspiegel der Autoantikörper korrelieren mit Krankheitsaktivität
und können zur Therapiesteuerung herangezogen werden
Bullöses Pemphigoid
4 gegen hemidesmosomale Strukturproteine (BP180 und BP230) basaler
Keratinozyten gerichtete IgG-Autoantikörper führen zur Spaltbildung
in der Lamina lucida der Basalmembranzone; es resultieren subepider-
male Blasen
4 in Europa mit Abstand häufigste blasenbildende Autoimmundermatose
4 Beginn meist jenseits des 6. Lebensjahrzehnts; Prävalenz steigt deutlich
mit dem Alter
Diagnostik
4 direkte Immunfluoreszenz: lineare Ablagerungen von C3 und IgG an
der dermoepidermalen Junktionszone
4 indirekte Immunfluoreszenz: auf NaCl-separierter Spalthaut Nach-
weis von Autoantikörpern, die im Dach der artifiziellen Blase binden
(Spalthaut: humane Spenderhaut, in der durch Vorinkubation mit
NaCl eine Spaltbildung in Höhe der Lamina lucida der Basalmembran
hervorgerufen wird; diese wird anschließend mit Patientenserum
überschichtet); im ELISA Nachweis von Autoantikörpern gegen BP180
bzw. BP230
4 Histologie: subepidermale Spaltbildung mit eosinophilenreichem Ent-
zündungsinfiltrat
4 Labor: häufig Eosinophilie
Differenzialdiagnose
4 andere blasenbildende Autoimmunerkrankungen
4 Prurigo simplex subacuta und Prurigo nodularis
4 Prurigoformen des atopischen Ekzems
4 bullöse Formen des allergischen und irritativen Kontaktekzems
4 Impetigo bullosa
4 bullöse Arzneimittelreaktionen
4 bullöse Iktusreaktionen
4 bullöses Erythema exsudativum multiforme
Therapie
4 topische Therapie mit potenten Glukokortikoiden (Clobetasol) häufig
ausreichend
4 zur Vermeidung von Superinfektionen topische Antiseptika (z. B.
Triclosan)
4 ggf. niedrig dosierte orale Glukokortikoide (initial 0,5 mg/kg KG
Prednisolonäquivalent) in Kombination mit Dapson oder Immun-
suppressiva (Azathioprin, Mycophenolatmofetil)
4 milde Therapiealternative: Doxycyclin in Kombination mit Niacinamid
(wirkt antientzündlich)
220 Kapitel 22 · Autoimmunerkrankungen der Haut
> Memo Das bullöse Pemphigoid verläuft weniger aggressiv als der Pem-
phigus vulgaris. Die Mortalität hängt ab von (meist altersbedingten) Ko-
morbiditäten und der Aggressivität der Therapie, nicht vom Ausmaß der
Blasenbildung.
Pemphigoid gestationis
4 schwangerschaftsassoziierte, selbstlimitierte Autoimmundermatose mit
Autoantikörperbildung gegen BP180
4 genetische Assoziation mit HLA-DR3 und HLA-DR4
4 alte, heute obsolete Bezeichnung: Herpes gestationis
Klinik
4 meist im letzten Schwangerschaftsdrittel oder post partum Auftreten
juckender ekzematöser, papulöser oder urtikarieller Läsionen, häufig
Beginn in der Abdominalregion, typischerweise periumbilikal
4 später Hinzutreten von gruppiert angeordneten Bläschen
4 Schleimhautbeteiligung nur selten
Diagnostik
4 direkte Immunfluoreszenz: lineare Ablagerungen von C3 und IgG in der
Junktionszone
4 indirekte Immunfluoreszenz: auf NaCl-separierter humaner Spalthaut
Nachweis von Autoantikörpern, die im Dach der artifiziellen Blase bin-
den; Erhöhung der Sensitivität des Tests, wenn zusätzlich mit frischem
Serum gesunder Spender als Komplementquelle inkubiert wird. Im ELI-
SA Nachweis von Autoantikörpern gegen BP180
4 Histologie: eosinophilenreiche lymphohistiozytäre Infiltrate, gelegent-
lich Spaltbildung in der Junktionszone erkennbar
Differenzialdiagnose
4 polymorphe Schwangerschaftsdermatose (»pruritic urticarial papules and
plaques of pregnancy«), Ekzemerkrankungen, Arzneimittelexantheme
Therapie
4 Antihistaminika und topische Glukokortikoide meist ausreichend
4 Behandlung mit niedrigdosierten systemischen Steroiden nur in
schweren Fällen erforderlich
Prognose
4 selbstlimitierende Erkrankung, bei erneuter Schwangerschaft Rezidiv-
risiko
4 erhöhtes Risiko für »Small-for-date-Babys« aufgrund leichter Plazenta-
insuffizienz; Fehlbildungsrate nicht erhöht
22.1 · Blasenbildende Autoimmundermatosen
221 22
Lineare IgA-Dermatose Eigene Notizen
4 junktionale blasenbildende Autoimmundermatose, hervorgerufen
durch IgA-Antikörper gegen die extrazelluläre Domäne von BP180
(= LAD-1)
4 häufigste blasenbildende Autoimmundermatose des Kindesalters, tritt
auch im Erwachsenenalter auf
4 medikamentöse Auslösung möglich (Vancomycin)
Klinik
4 Erytheme und urtikarielle Plaques; Bläschen in anulärer, rosettenartiger
Anordnung (erinnert an »juwelenbesetzte Krone«)
4 häufig Befall der Schleimhäute, bei Befall der Konjunktiven Vernarbung
möglich
Diagnostik
4 direkte Immunfluoreszenz: lineare Ablagerungen von IgA in der Junk-
tionszone
4 indirekte Immunfluoreszenz: auf NaCl-separierter humaner Spalthaut
Nachweis von IgA-Autoantikörpern, die im Dach der artifiziellen Blase
binden; im Western Blot Nachweis von Autoantikörpern gegen BP180
(LAD-1)
4 Histologie: subepidermale Spaltbildung mit Neutrophilen-dominiertem
Infiltrat
Differenzialdiagnose
4 bei Kindern: bullöse Impetigo, hereditäre Epidermolysen
4 sonst bullöses Pemphigoid, Dermatitis herpetiformis Duhring
Therapie
4 Dapson
4 topische und ggf. systemische Glukokortikoide
Prognose
4 bei Kindern Ausheilung innerhalb weniger Jahre, bei Erwachsenen eher
chronischer Verlauf
4 wie beim Schleimhautpemphigoid bei Beteiligung der Konjunktiven
Erblindung möglich
Schleimhautpemphigoid
4 alte Bezeichnung: vernarbendes Pemphigoid
4 heterogenes Krankheitsbild, hervorgerufen durch Autoantikörper ge-
gen unterschiedliche Zielstrukturen der dermoepidermalen Junktions-
zone: BP180, α6β4-Integrin, Laminin 332 (= Laminin 5)
Klinik
4 alle Schleimhäute können betroffen sein
4 Mundschleimhaut: Rötung, Erosionen, z. T. fibrinbelegt
4 Nasenschleimhaut: Erosionen, Nasenbluten
222 Kapitel 22 · Autoimmunerkrankungen der Haut
Diagnostik
4 direkte Immunfluoreszenz: falls Schleimhautbiopsie an anderer
Lokalisation nicht möglich, Biopsieentnahme von der Wangen-
schleimhaut; lineare Ablagerungen von IgG, C3 und/oder IgA an der
Junktionszone
4 indirekte Immunfluoreszenz: auf NaCl-separierter humaner Spalthaut
Nachweis von Autoantikörpern, die im Dach (Antikörper gegen BP180)
oder im Boden der artifiziellen Blase binden (Antikörper gegen Lami-
nin 332)
4 Histologie: subepidermale Spaltbildung und gemischtzelliges Entzün-
dungsinfiltrat; ältere Läsionen sind entzündungsärmer
4 je nach Symptomatik ophthalmologische, HNO-ärztliche, gynäkolo-
gische und gastroenterologische Konsiliaruntersuchungen
Differenzialdiagnose
4 Pemphigus vulgaris
4 Lichen ruber mucosae
4 Aphthosen und M. Behçet
4 systemischer Lupus erythematodes
4 Erythema multiforme
Therapie
4 richtet sich nach dem Befallsmuster
4 bei Befall von Konjunktiven, Nasopharynx, Larynx, Ösophagus,
Genital- und Analregion (»High-risk-Schleimhautpemphigoid«)
höheres Risiko für Vernarbung, Erblindung, bzw. Strikturen; daher ag-
gressivere Therapie: systemische Glukokortikosteroide (1–2 mg/kg KG)
in Kombination mit Immunsuppressiva, Cyclophosphamid-Dexame-
thason-Pulstherapie; ggf. Rituximab, hochdosierte intravenöse Immun-
globuline
4 bei Befall nur der Mundschleimhaut (»Low-risk-Schleimhautpemphi-
goid«): topische bzw. systemische Glukokortikoide in Kombination mit
Dapson häufig ausreichend
Prognose
4 chronischer Verlauf
4 Gefahr der Erblindung, Strikturen
22.1 · Blasenbildende Autoimmundermatosen
223 22
22.1.3 Epidermolysis bullosa acquisita Eigene Notizen
Klinik
4 mechanobullöse Variante: erhöhte Verletzlichkeit der Haut an mecha-
nisch belasteten Stellen mit Blasen und Erosionen, die narbig abheilen;
auch narbige Alopezie und Nageldystrophie bzw. -verlust möglich
4 entzündliche Variante: klinisch wie bullöses Pemphigoid
4 Befall der Schleimhäute möglich
Diagnostik
4 direkte Immunfluoreszenz: Ablagerung von IgG an der dermoepider-
malen Junktionszone
4 indirekte Immunfluoreszenz: unter Verwendung von NaCl-separierter
Spalthaut Nachweis von Autoantikörpern im Boden der artifiziellen
Blase
4 Histologie: subepidermale Spaltbildung; bei der mechanobullösen
Variante weniger ausgeprägtes Infiltrat als bei der entzündlichen
Form
Therapie
4 systemische Glukokortikoide in Kombination mit Immunsuppressiva
oder Dapson;
4 ggf. Colchicin
4 Vermeidung von Traumen
4 topische Antiseptika
Diagnostik
4 direkte Immunfluoreszenz: granuläre IgA-Ablagerungen in den Papil-
lenspitzen der Dermis oder kontinuierliche granuläre Ablagerungen an
der dermoepidermalen Junktionszone
4 indirekte Immunfluoreszenz: Nachweis von IgA-Autoantikörpern ge-
gen Endomysium; im ELISA Nachweis von IgA-Autoantikörpern gegen
epidermale Transglutaminase und Gewebstransglutaminase
4 Histologie: subepidermale Blasenbildung mit Dominanz neutrophiler
Granulozyten
Therapie
4 lebenslange glutenfreie Diät (Gluten ist enthalten in Weizen, Gerste und
Roggen)
4 Dapson (1,5–2 mg/kg KG), darunter rasche Befundbesserung
Klinik
4 scheibenförmige (diskoide), rote, keratotische Plaques besonders im
Kopfbereich und an oberer Thoraxapertur
4 follikuläre Keratosen (»Tapeziernagelphänomen«)
4 Hyperästhesie
4 anfangs entzündlich infiltriert, später Abheilung mit Atrophie, Hyper-
und Hypopigmentierungen, Vernarbung
4 Schleimhautbefall möglich
4 am Kapillitium vernarbende Alopezie
22.2 · Lupus erythematodes
225 22
22.2.2 Subakut-kutaner Lupus erythematodes (SCLE) Eigene Notizen
Klinik
4 an UV-exponierten Lokalisationen (obere Thoraxapertur, Streckseiten
der Arme, Wangen) anuläre, z. T. polyzyklische Plaques von psoriasi-
formem Charakter mit nach innen gerichteter Schuppenkrause, mitun-
ter exsudativer Aspekt
4 diffuse Alopezie, Schleimhautulzerationen möglich
4 Hautläsionen heilen unter Hinterlassung von Hypopigmentierungen
ab, im Gegensatz zum CDLE jedoch keine Vernarbung
4 Allgemeinsymptome (Abgeschlagenheit, Fieber), häufig Arthralgien,
Myalgien
Klinik
4 bilaterales, schuppendes Erythem an den Wangen, das sich über das
ganze Gesicht ausdehnen kann (Schmetterlingserythem)
4 Erythema multiforme-artige Exantheme, häufig mit hämorrhagischem
Aspekt
4 periunguale Erytheme und Teleangiektasien, gelegentlich Raynaud-
Symptomatik
4 diskoide Plaques wie beim CDLE
4 diffuse Alopezie, bei Auftreten von diskoiden Läsionen am Kapillitium
auch vernarbende Alopezie
4 Erosionen und fibrinbelegte Ulzerationen an der Mundschleimhaut
4 erhöhte Photosensitivität
4 weitere Befunde:
5 Abgeschlagenheit, Fieber, Lymphadenopathie
5 Arthralgien und Myalgien
5 Serositis (Pleuritis, Perikarditis)
5 kardiovaskuläre Symptome (erhöhtes Risiko für koronare Herz-
krankheit, Myokardinfarkt; Libman-Sacks-Endokarditis)
5 Nephritis (mit Hämaturie, Proteinurie, Einschränkung der Nieren-
funktion; Ödeme, Hypertonie)
5 hämolytische Anämie, Leukopenie mit Lymphozytopenie, Throm-
bozytopenie
5 ZNS-Beteiligung (Krampfanfälle, Apoplex, Psychosen, einge-
schränkte Konzentrations- und Merkfähigkeit, u. a. m.)
5 Antiphospholipid-Syndrom (arterielle und venöse Thrombosen,
die zu zerebrovaskulären Ischämien und Aborten führen)
Diagnostik
4 Histologie
5 atrophe Epidermis mit vakuoliger Degeneration der Keratinozyten
des Stratum basale
5 in der PAS-Färbung verdickte Basalmembran
5 Muzinablagerungen
5 lymphozytäres, vorzugsweise perivaskuläres Infiltrat
5 je nach klinischer Manifestationsform auch Orthohyperkeratose
und Parakeratose
4 direkte Immunfluoreszenz von läsionaler Haut: bei SLE, SCLE und
CDLE meist bandförmige Ablagerungen von IgG, seltener IgM und IgA,
sowie C3 an der dermoepidermalen Junktionszone
4 Lupus-Band-Test (direkte Immunfluoreszenz von normal erschei-
nender, nicht-UV-exponierter Haut): zeigt beim SLE in ca. 50% der
Fälle, nicht jedoch beim SCLE und CDLE, bandförmige Ablagerungen
von Immunglobulinen und C3 in der Junktionszone
4 indirekte Immunfluoreszenz: SLE: ANA in >95% der Fälle, Anti-dsDNA
(60%), Anti-SM (30%); SCLE: ANA in > 95% der Fälle, Anti-Ro (SS-A)
(75%); Anti-La (SS-B) (35%); CDLE: niedrigtitrige ANA in <20% der
Fälle
4 Labor: beim SLE häufig Komplementverbrauch (C3 und C4 erniedrigt)
4 weitere Diagnostik: in Abhängigkeit vom (potenziellen) Organbefall
4 ACR-Kriterien zur Klassifikation des systemischen Lupus erythema-
todes (SLE) (mindestens 4 der 11 Kriterien müssen erfüllt sein):
1. Schmetterlingserythem
2. diskoide Läsionen
3. Photosensitivität (Exanthem nach Sonnenexposition)
4. orale oder nasopharyngeale Ulzerationen
22.3 · Dermatomyositis
227 22
Differenzialdiagnose
4 andere UV-sensitive Hauterkrankungen (polymorphe Lichtdermatose,
photoallergische Kontaktdermatitis), Rosacea
4 Psoriasis
4 Arzneimittelreaktionen
4 Erythema multiforme
4 Erythema anulare centrifugum
4 Granuloma anulare, Sarkoidose
4 andere Kollagenosen (Dermatomyositis, »mixed connective tissue
disease«)
Therapie
4 Vermeiden von UV-Exposition, Lichtschutz
4 Verlaufsformen, bei denen die Hautbeteiligung im Vordergrund steht:
topische Glukokortikoide, Antimalariamittel (Hydroxychloroquin (ma-
ximal 6,5 mg/kg (Ideal-)Körpergewicht pro Tag), Chloroquin)
4 Verlaufsformen mit viszeraler Beteiligung: systemische Glukokortikoide
in Kombination mit Immunsuppressiva (Azathioprin und Mycophe-
nolatmofetil); Cyclophosphamid-Pulstherapie; Rituximab, u. a. m.
Prognose
4 schubweiser Verlauf, bei Männern schwerer als bei Frauen
4 Prognose hängt ab vom Ausmaß des Organbefalls, insbesondere der
Niere
4 erhöhtes Infektionsrisiko
4 erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Komorbiditäten
22.3 Dermatomyositis
Diagnostik
4 Labor: Erhöhung der CK, die eine Muskelbeteiligung widerspiegelt;
auch Erhöhung von GOT und LDH
4 indirekte Immunfluoreszenz: ANA in etwa 50 % der Fälle; gelegentlich
Autoantikörper gegen Mi-2 oder Jo-1
4 Histologie: ähnlich wie bei Lupus erythematodes
4 Direkte Immunfluoreszenz: negativ, d. h. kein Nachweis von Immun-
globulinablagerungen
4 Myositis-Diagnostik: EMG (zeigt Myopathiemuster), Magnetresonanz-
tomographie (hat die früher übliche tiefe Muskelbiopsie weitgehend
abgelöst)
Differenzialdiagnose
4 systemischer Lupus erythematodes, Sklerodermie und Overlap-Erkran-
kungen
4 Hydroxyurea-induzierte dermatomyositisartige Hautläsionen
4 Polymyositis und andere Myopathien
4 Trichinose
Therapie
4 systemische Glukokortikoide in Kombination mit Immunsuppressiva
(Azathioprin); Methotrexat; hochdosierte intravenöse Immunglobuline
(IvIg); Rituximab; TNF-Antagonisten
22.4 · Progressive systemische Sklerodermie
229 22
Prognose
4 adulte Form der Dermatomyositis kann mit Malignomen assoziiert
sein, wobei die Hauterkrankung dem Malignom häufig vorausgeht;
daher sind nach Diagnose Tumorsuche und regelmäßige Vorsorge-
untersuchungen angezeigt
4 am häufigsten assoziiert sind Malignome von Ovar, Mamma, Lunge
und Colon/Rektum sowie Non-Hodgkin-Lymphome
4 sofern keine Malignome vorliegen, günstige Prognose
4 ! Cave adulte Form der Dermatomyositis kann mit Malignomen
assoziiert sein und erfordert Tumorsuche und regelmäßige Vorsorge-
untersuchungen.
Klinik
4 2 Hauptformen:
5 limitierte (akrale) systemische Sklerodermie (betrifft die Akren und
ggf. das Gesicht)
5 diffuse systemische Sklerodermie (betrifft zusätzlich proximale
Extremitäten und Stamm)
4 Sonderform der limitierten Sklerodermie mit milderem Verlauf:
CREST-Syndrom, gekennzeichnet durch Calcinosis, Raynaud-Sympto-
matik, ösophageale Dismotilität, Sklerodaktylie, Teleangiektasien
4 anfangs teigig-ödematöse Schwellung, später symmetrische Induration
und Sklerosierung der Akren, die Haut lässt sich dann nicht mehr in
Falten abheben; Einschränkung der Beweglichkeit; kegelartige Zuspit-
zung der Endglieder (»Madonnenfinger«)
4 diffuse Hyperpigmentierung, mitunter mit eingestreuter perifolliku-
lärer Depigmentierung (»Salz und Pfeffer«-Zeichen)
4 Teleangiektasien, auch an Nagelfälzen
4 Raynaud-Symptomatik: episodische Farbveränderungen der Akren
durch Vasokonstriktion der Fingerarterien (»weiß«) mit nachfolgender
Hypoxämie (»blau«) und anschließender reaktiver Hyperämie (»rot«)
4 Calcinosis cutis, insbesondere akral
230 Kapitel 22 · Autoimmunerkrankungen der Haut
Diagnostik
4 indirekte Immunfluoreszenz
5 Nachweis von ANA; bei diffuser Sklerodermie häufig Anti-Topo-
isomerase-I-Antikörper (Scl-70)
5 beim CREST-Syndrom Anti-Zentromer-Antikörper
4 direkte Immunfluoreszenz: negativ, d. h. keine Ablagerung von Immun-
globulinen
4 Histologie
5 exzessive Ablagerungen von Kollagen in der Dermis
5 Atrophie der Schweißdrüsen
5 spärliches lymphozytäres Infiltrat
5 die Entnahme einer Probebiopsie ist i. d. R. nicht erforderlich
4 organbezogene Diagnostik
5 Lungenfunktionstest
5 bronchoalveoläre Lavage
5 HR-CT der Lunge
5 Echokardiographie
Differenzialdiagnose
4 zirkumskripte Sklerodermie (= Morphaea; 7 Abschn. 26.1)
4 Scleroedema adultorum Buschke, Skleromyxödem Arndt-Gottron,
eosinophile Fasziitis
4 chronische »graft-versus-host disease« (GVHD)
Therapie
4 schwierig, erfordert interdisziplinäre Zusammenarbeit besonders in
Bezug auf Lunge und Niere
4 Raynaud-Symptomatik: Nikotinkarenz, Vermeidung von Kälteexposi-
tion; ggf. Kalziumantagonisten, Sartane, Prostaglandin-Agonisten,
Sildenafil, ASS
4 digitale kutane Ulzerationen: Bosentan (Endothelin-Rezeptor-Antago-
nist), Prostaglandine; hydrokolloidale Wundauflagen
4 kutane Sklerose: D-Penicillamin ist von zweifelhaftem Nutzen; ggf.
Methotrexat; ggf. Bade- bzw. Creme-PUVA- oder UVA1-Lichttherapie
4 interstitielle Lungenbeteiligung: systemische Glukokortikoide in
Kombination mit Cyclophosphamid; pulmonale Hypertonie: Bosentan,
Prostacycline, ggf. Sildenafil
22.5 · Kryoglobulinämie
231 22
Prognose Eigene Notizen
4 limitierte Sklerodermie hat günstigere Prognose als diffuse Sklerodermie
4 Haupttodesursache: interstitielle Lungenbeteiligung, pulmonale Hyper-
tonie
4 foudroyanter Verlauf mit Herz- und Nierenversagen möglich
22.5 Kryoglobulinämie
Klinik
4 purpurische, netzartige Läsionen an den Akren nach Kälteexposition, die
nach Gefäßokklusion zu Hautnekrosen und Ulzerationen führen können
4 Akrozyanose, mitunter Raynaud-Phänomen, Livedozeichnung und
palpable Purpura
4 gelegentlich Arthralgien, Hepatomegalie und Nierenbeteiligung
Diagnostik
4 Blutentnahme zum Nachweis der Kryoglobuline; Transport und Zentri-
fugation müssen bei 37°C erfolgen; bei Abkühlung entsteht Kryopräzi-
pitat
4 Histologie: Okklusion kleiner Gefäße; bei Immunkomplexgenese
Zeichen einer leukozytoklastischen Vaskulitis
Differenzialdiagnose
4 Kryofibrinogenämie, Kälteagglutininkrankheit, Vaskulitiden, Per-
niones, Chilblain-Lupus, Antiphospholipid-Syndrom
Therapie
4 Vermeidung akraler Kälteexposition
4 Erkennung und Behandlung zugrunde liegender Erkrankungen
23
Tag 3 – Dermatologie
23 Hereditäre Erkrankungen
der Haut
A. Jung
Diagnostik
4 Histologie, ggf. Elektronenmikroskopie
4 biochemische bzw. molekularbiologische Diagnostik
Therapie
4 rückfettende, hydratisierende, schuppenlösende Hautpflege mit Harn-
stoff-, Milchsäure- oder kochsalzhaltigen Externa
4 wegen der meist erforderlichen großflächigen Anwendung sollten
salicylsäurehaltige Externa angesichts der Resorptionsgefahr (Nephro-
toxizität) gemieden werden
4 ggf. Einsatz niedrigdosierter systemischer Retinoide (Acitretin, Isotre-
tinoin; ! Cave Teratogenität!)
Klinik
4 am Rumpf und besonders an den Extremitätenstreckseiten in beidseitig
gleichförmiger Ausprägung fein- bis mittellamellöse Schuppung ohne
Erythem
234 Kapitel 23 · Hereditäre Erkrankungen der Haut
Klinik
4 am Rumpf und besonders an den Extremitätenstreckseiten in beid-
seitig gleichförmiger Ausprägung mit Beginn in den ersten Lebensmo-
naten helle lamellöse Schuppung, die sich im Laufe der Kindheit in
eine dunkelbraune, polygonale Schuppung wandelt (»Ichthyosis
nigricans«)
4 häufig Befall der Nackenregion (»dirty neck«)
4 große Gelenkbeugen meist ausgespart
4 Keratosis pilaris und palmoplantare Hyperlinearität fehlen
4 keine Besserung nach der Pubertät
4 häufig assoziiert mit Kryptorchismus und Hornhauttrübung
4 anamnestisch ist mitunter eine Wehenschwäche der Mutter erfragbar
(bei der Geburt durch Steroidsulfatasemangel verlangsamte Öffnung
des Muttermundes mit verzögertem Geburtsverlauf)
Klinik
4 bei Geburt häufig Erythrodermie mit Kollodium-Membran (pergament-
artige Membran, die das gesamte Integument umgibt; kann auch bei
anderen Ichthyose-Formen auftreten)
4 in den ersten Lebenswochen variable Ausprägung einer fein- bis grob-
lamellösen, bräunlichen Schuppung
4 häufig Ektropium und Eklabium
4 palmoplantare Hyperkeratosen und -linearität
23.2 · Palmoplantarkeratosen
235 23
23.1.4 Harlekin-Ichthyose (Harlekin-Fetus) Eigene Notizen
23.2 Palmoplantarkeratosen
Klinik
4 mit Beginn in den ersten Lebensmonaten Ausbildung orangegelber
Hyperkeratosen an Palmae und Plantae mit erythematösem Rand-
streifen zur Umgebung
4 Hyperhidrose
4 Neigung zur Infektion mit Dermatophyten (Tinea manuum)
236 Kapitel 23 · Hereditäre Erkrankungen der Haut
Klinik
4 Beginn meist im 2.–3. Lebensjahrzehnt
4 besonders in den seborrhoischen Arealen multiple, mehrere mm große,
rot-bräunliche, keratotische Papeln
4 zentral Konfluenz zu Plaques, peripher satellitenartig auslaufend
4 bei Ablösung der Keratosen großflächige Erosionen mit Neigung zu
Superinfektion und Fötor
4 intertriginös Papillomatose und Mazeration
4 Assoziationen:
5 Nageldystrophie mit Längsriffelung und erhöhter Brüchigkeit
5 palmoplantare Unterbrechung der Papillarleisten durch mm-große
Grübchen (»pits«)
5 weißliche Papeln der Mundschleimhaut, besonders am harten Gau-
men
5 hautfarbene, flache, warzenartige Papeln an der Dorsalseite von
Händen und Füßen (Acrokeratosis verruciformis Hopf)
4 Provokation: UV-Exposition, Wärme und Okklusion verschlechtern
das Krankheitsbild
4 Komplikation: erhöhtes Risiko für HSV-Infektionen, die unter dem Bild
eines Eczema herpeticatum verlaufen
Diagnostik
4 Blickdiagnose
4 Histologie: fokale Akantholyse und Dyskeratose von Keratinozyten
(»corps ronds«)
Therapie
4 antiseptische Externa (Triclosan, Octenidin, Chlorhexidin)
4 Retinoide: topisch Adapalen, systemisch ggf. Isotretinoin oder Acitretin
( ! Cave Teratogenität!)
4 Dermabrasion, evtl. CO2-Laser
23.4 · Neurokutane Erkrankungen (Phakomatosen)
237 23
23.4 Neurokutane Erkrankungen (Phakomatosen) Eigene Notizen
Klinik
4 zur Diagnosestellung müssen mindestens zwei der folgenden Kriterien
zutreffen:
5 Café-au-lait-Flecke: präpubertär mehr als 5 hellbraune, scharf be-
grenzte Maculae mit einem Durchmesser von über 5 mm (postpu-
bertär über 15 mm Durchmesser); Café-au-lait-Flecken stellen das
früheste Symptom dar!
5 Neurofibrome: mindestens zwei hautfarben bis braune, kuppel- bis
knopfartige, weiche, symmetrische Papeln und Knoten, die sich auf
Druck mit anfänglichem Widerstand in die Haut eindrücken lassen
(»Klingelknopf-Phänomen«) oder mindestens ein plexiformes Neu-
rofibrom (subkutane, sich an den Verlauf der Nerven orientierende
Neurofibrome)
5 disseminierte Lentiginose: besonders axillär (»axillar freckling«)
und inguinal sommersprossenartige Flecken
5 Optikusgliome
5 mindestens zwei Lischknötchen (Hamartome der Iris)
5 charakteristische Knochenveränderungen: Pseudoarthrosen der
Röhrenknochen, Makrozephalie, Skoliose)
5 Vorliegen einer Neurofibromatose Typ I bei Verwandten ersten
Grades
4 assoziierte Erkrankungen: erhöhtes Risiko für Epilepsie, mentale Retar-
dierung und Tumoren (juveniles Xanthogranulom, juvenile chronisch-
myeloische Leukämie, malignes Schwannom, malignes Gliom, Ependy-
mom, Neurofibrosarkom, Rhabdomyosarkom, Phäochromozytom,
Wilms-Tumor)
Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose (7 Diagnosekriterien)
4 bildgebende Diagnostik; ophthalmologische, neurologische und ortho-
pädische Konsilaruntersuchungen
4 Mutationsanalyse des Neurofibromin-Gens aufgrund der Genlänge
aufwändig und i. d. R. nicht erforderlich
238 Kapitel 23 · Hereditäre Erkrankungen der Haut
Therapie
4 interdisziplinäre Betreuung und regelmäßige Verlaufskontrollen
( ! Cave Malignome!)
4 Exzision schnellwachsender und funktionell behindernder Neurofi-
brome
4 humangenetische Beratung
Klinik
4 hypopigmentierte, mehrere cm große Makulae (»Eschenlaubfecken«)
als früheste Hautzeichen
4 zentrofaziale Angiofibrome (»Adenoma sebaceum«) entwickeln sich ab
2. Lebensjahr
4 Bindegewebsnävi (»shagreen-patches«, die an Leder erinnern) er-
scheinen ab dem 2. Lebensjahr meist lumbosakral
4 Ausbildung periungualer Fibrome (Koenen-Tumoren) ab der Pubertät
4 assoziierte Erkrankungen: erhöhtes Risiko für Epilepsien, mentale
Retardierung und Tumoren (Riesenzellastrozytome, Astrozytome der
Retina, kardiale Rhabdomyome, renale Angiomyolipome)
Diagnostik
4 meist klinische Blickdiagnose
4 ggf. positive Familienanamnese
4 bildgebende Diagnostik; neurolologische, internistische und ophthal-
mologische Konsilaruntersuchungen
Therapie
4 symptomatisch: ablative Laser-Therapie der fazialen Angiofibrome
4 ggf. Antikonvulsiva bei Epilepsie
4 ggf. Einsatz von Rapamycin, das den bei der tuberösen Sklerose dysre-
gulierten mTOR-Signalweg hemmt
23.6 · Epidermolysis bullosa hereditaria
239 23
23.4.3 Sturge-Weber-Syndrom Eigene Notizen
Klinik
4 lateralisierter Nävus flammeus meist im Versorgungsgebiet des 1. oder
2. Trigeminusastes, gelegentlich auch bilateral
4 Augenbeteiligung (Glaukom, vaskuläre Malformation)
4 ZNS-Beteiligung mit Paresen, Epilepsie, Minderbegabung
Diagnostik
4 neurologische und ophthalmologische Konsilaruntersuchungen bei
Vorliegen eines Nävus flammeus im Trigeminusbereich
4 bildgebende Diagnostik (MRT, ggf. PET)
Therapie
4 Lokaltherapie des Naevus flammeus mit Farbstofflaser oder Abdeckung
mittels Camouflage
23.5 Marfan-Syndrom
Klinik
4 Trias: Linsenluxation, Aortenaneurysma, auffällig lange Extremitäten-
knochen mit Arachnodaktylie
4 Hautmanifestationen (verdünnte, hyperextensible Haut; Striae disten-
sae; gelegentlich Elastosis perforans serpiginosa) stehen nicht im Vor-
dergrund der Erkrankung
Diagnostik
4 konventionelle histologische Techniken erlauben keine Ermittlung der
Höhe der Spaltbildung, daher spezialisierte Untersuchungstechniken:
»antigen-mapping« (immunfluoreszenzmikroskopische Unter-
suchungstechnik, die die Ermittlung der Spaltebene durch Antikörper-
Färbung von Strukturproteinen in läsionalem Nativmaterial erlaubt)
oder Elektronenmikroskopie
4 Nachweis der Mutation mittels Sequenzierung
Therapie
4 humangenetische Beratung
4 kausale Therapien existieren (bislang) nicht
4 Vermeidung von Bagatelltraumen
4 Hautpflege mit antiseptisch wirksamen Externa
4 Blasen sollten unter Belassung des Blasendachs (Infektionsschutz) ab-
punktiert werden
4 Behandlung von Hautdefekten mit nichtklebenden Wundauflagen
4 ggf. Operation von Strikturen
4 Krankengymnastik zur Besserung von Kontrakturen
Klinik
4 Typ Weber-Cockayne: häufigster Typ der EBS; Manifestation meist in
der Kindheit an Händen und Füßen nach mechanischer Belastung (z. B.
durch enges Schuhwerk, bei sportlicher Betätigung)
4 Typ Köbner: Beginn bei Geburt mit milder generalisierter Blasenbil-
dung
4 Typ Dowling-Meara: schwerer verlaufende Form mit generalisierter
herpetiformer Blasenbildung, Erosionen, Hyperkeratosen, Nageldys-
trophien und Schleimhautbeteiligung
23.7 · Xeroderma pigmentosum
241 23
23.6.2 Epidermolysis bullosa junctionalis Eigene Notizen
4 autosomal-rezessive Vererbung
4 Abheilung ohne Narbenbildung
4 breites Krankheitsspektrum von mildem Verlauf bis hin zu früher
Letalität
Klinik
4 Typ Herlitz
5 postpartal große, teils hämorrhagische Blasen und Erosionen an
mechanisch belasteten Hautregionen und Schleimhäuten
5 meist letal in ersten Lebensjahren
4 Typ Non-Herlitz
5 nicht letale Form
5 ab Geburt generalisierte, chronisch-rezidivierende Blasen-
bildung, später Hautatrophie sowie Hyper- und Hypopigmentie-
rungen
5 typisch sind weiterhin Alopezie, Nageldystrophie und Zahn-
schmelzdefekte
Klinik
4 generalisierte Blasenbildung und oberflächliche Ulzerationen führen
bereits während der Kindheit zu Narbenplatten, Nagelverlust, Syne-
chien, Kontrakturen und Mutilationen unter Mitbeteiligung der
Schleimhäute
Klinik
23 4 bereits in früher Kindheit schwere Sonnenbrände nach minimaler UV-
Exposition
4 frühzeitig chronische Lichtschädigung der Haut: Lentiginose, Hyper-
und Hypopigmentierungen, Teleangiektasien, Hautatrophie
4 Hauttumoren in UV-exponierten Arealen: aktinische Keratosen,
Plattenepithelkarzinome, Keratoakanthome, Basaliome, Melanome
4 auch erhöhtes Tumorrisiko an Schleimhäuten und inneren Organen
4 Assoziation mit neurologischen Symptomen möglich (Hyporeflexie,
Epilepsie, mentale Retardierung, Taubheit)
Diagnostik
4 klinisch charakteristisches Bild mit Aussparung lichtgeschützter
Körperregionen (z. B. Gesäß)
4 ggf. positive Familienanamnese, evtl. Konsanguinität der Eltern
4 Sequenzierung der Genmutationen möglich
Therapie
4 konsequenter Lichtschutz
4 Meidung von Kokarzinogenen wie Rauchen
4 orale Kalzium- und Vitamin-D-Supplementation
4 ggf. systemische Retinoide wie Acitretin zur Prävention von Mali-
gnomen
4 engmaschige dermatologische Betreuung zur Früherkennung von
Malignomen
24
Tag 3 – Dermatologie
Klinik
4 hautfarbene, nicht schmerzhafte, prallelastische Knoten, langsam an
Größe zunehmend. Inhalt breiig-käsiges Hornmaterial
4 mitunter Ruptur mit abszedierender und granulierender Entzündungs-
reaktion
Differenzialdiagnosen
4 Trichilemmalzyste
Therapie
4 chirurgische Exstirpation
24.1.2 Milie
4 Synonym: »Hirsekorn«
4 kleine interfollikuläre Epidermalzyste; Wandaufbau entspricht dem der
Epidermis
4 Auftreten mitunter nach Trauma oder nach Abheilung subepidermaler
blasenbildender Erkrankungen
Klinik
4 kleine weißliche Papeln
Therapie
4 Anritzen und Exprimieren des Inhalts
24.1.3 Trichilemmalzyste
4 Synonym: »Grützbeutel«
4 entsteht in Höhe oder unterhalb der Einmündung des Ausführungs-
ganges der Talgdrüse in den Follikelkanal
4 Zystenwand zeigt den Verhornungstyp der äußeren Haarwurzelscheide
(Trichilemm): das Stratum granulosum ist nicht ausgebildet
246 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut
Therapie
4 chirurgische Exstirpation
24
24.1.4 Pilonidalsinus
Klinik
4 vorwiegend intertriginös, insbesondere auch im Bereich des Steißbeins
durch chronische Druckbelastung (Fahrrad-, Motorradfahrer)
4 Männer sind häufiger betroffen
4 fluktuierende Schwellung, einschmelzende Knoten, sterile Abszesse
und Fistulationen mit Sekretaustritt, Superinfektion möglich
Therapie
4 großzügige Exzision des gesamten unterminierten Abszessgewebes ein-
schließlich Haaranlagen bis zur Faszie; sekundäre Wundheilung oder
primärer Verschluss
4 Nävi
5 Fehlbildungen als Manifestation genetischer Mosaike, die Struk-
turen der Haut bzw. der Schleimhaut oder der Hautanhangsgebilde
betreffen
5 keine malignen Neoplasien
4 Mosaik
5 Zustand, bei dem sich in einem Organismus genetisch unterschied-
liche Zellpopulationen finden
5 entsteht z. B. durch eine postzygotische Mutation
5 je früher das Mutationsereignis stattfindet, desto größer das be-
troffene Hautareal
5 die sog. Blaschko-Linien spiegeln ein kutanes Mosaikmuster
wider
24.2 · Nicht-melanozytäre Nävi
247 24
24.2.1 Epidermaler Nävus Eigene Notizen
Klinik
4 rötlich- bis dunkelbraune, weich papillomatöse oder hyperkeratotisch-
verruköse Läsion
4 einzeln oder gruppiert; in der Regel angeordnet im Verlauf der Blasch-
ko-Linien
Therapie
4 ggf. Dermabrasio
4 ggf. ablative Laserchirurgie
4 ggf. Exzision
Klinik
4 streifige psoriasiforme oder ekzemartige Areale meist an Extremitäten
4 Erstmanifestation in der Adoleszenz bis in das 3. Lebensjahrzehnt
Differenzialdiagnosen
4 andere lineäre/streifenförmige Dermatosen, insbesondere Lichen striatus:
5 striäre Lichen-ruber-artige Entzündungsreaktion unklarer Genese
5 im Bereich aller Körperareale möglich
5 im Gegensatz zum ILVEN spontane Rückbildung, aber oft postin-
flammatorische Hyperpigmentierung
Therapie
4 unbefriedigend; symptomatisch topische entzündungshemmende The-
rapie mit Calcipotriol, Glukokortikosteroiden oder Tacrolimus
4 Synonym: Talgdrüsennävus
4 vergleichsweise häufiger »organoider« Nävus, der Epidermis und Adnex-
anlagen (insbesondere Talgdrüsen) betrifft
Klinik
4 schon bei Geburt bestehende, scharf begrenzte, orangegelbe, haarlose,
flach erhabene Plaque
4 in der Pubertät verruköse oder knotige Umwandlung
248 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut
Differenzialdiagnosen
4 Syndrom des lineären Naevus sebaceus (Schimmelpennig-Feuerstein-
Mims-Syndrom)
24 5 unilateral kopfbetont streifenförmiger, den Blaschko-Linien
folgender N. sebaceus und multiple weitere Fehlbildungen (Augen,
ZNS, Skelettsystem)
Therapie
4 Exzision
Klinik
4 präpubertär unilateral auftretende, hyperpigmentierte, unregelmäßig
begrenzte, flache Plaque
4 meist am oberen Stamm (Schulterpartie)
4 mit Beginn der Pubertät durch Androgenwirkung Ausbildung einer
Hypertrichose
Histologie
4 variable Akanthose und Papillomatose
4 Hyperpigmentierung durch Vermehrung des Melanins bei weitgehend
normaler Melanozytenzahl
4 Hyperplasie der Haarfollikel
4 Vermehrung glatter Muskelstränge
Therapie
4 im allgemeinen nicht erforderlich
4 ggf. Epilation
Differenzialdiagnosen
4 Verruca vulgaris
4 Basalzellkarzinom
4 aktinische Keratosen
4 melanozytäre Nävi und Neoplasien
Therapie
4 aus differenzialdiagnostischen Erwägungen oder bei Beschwerden Ent-
fernung (mittels Kürettage, Dermabrasio, Laser) und histologische Be-
fundbestätigung (Akanthose, Hyperkeratose, Pseudohornzysten, Papil-
lomatose; keine Zellatypien)
24.4 Basalzellkarzinom
4 Synonym: Basaliom
4 häufigster maligner Hauttumor (Inzidenz: 1–2/1000/Jahr)
4 tritt nur an Hautarealen mit Haaranlage auf
4 wächst lokal invasiv und destruierend, metastasiert aber nicht (daher
auch als semimaligner Tumor bezeichnet)
4 Auftreten meist in chronisch UV-exponierter Haut (80% im Gesicht
oberhalb der Linie Mundwinkel/Ohrläppchen)
4 genetische Prädisposition: heller Hauttyp I/II, Basalzellnävussyndrom
(Gorlin-Goltz-Syndrom) mit Mutationen im PTCH-Gen, dem hu-
manen Homolog des Drosophila-Gens »patched« und Rezeptor des
Hedgehog-Signalwegs
4 auch bei sporadisch auftretenden Basaliomen sind Mutationen im
PTCH-Gen wie auch weiteren Genen (p53) pathogenetisch bedeutsam
4 weitere Auslöser: chemische Karzinogene (Arsen), UV- und ionisieren-
de Strahlen, Immunsuppression
Klinik
4 solides (knotiges) Basalzellkarzinom (. Abb. 34, Farbteil)
5 häufigste Form (ca. 60%)
5 breitbasig aufsitzende, glasige Knötchen
5 oft perlschnurartig aufgeworfener, transluzenter Randsaum mit
Teleangiektasien
5 bei Fortschreiten kraterartige zentrale Ulzeration
250 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut
Diagnostik
4 charakteristische Morphe; diagnostische Schwierigkeiten bereiten mit-
unter sklerodermiforme Basalzellkarzinome
4 ggf. Probebiopsie zur histologischen Befundsicherung bzw. zur Aus-
breitungsdiagnostik
5 atypische basaloide Keratinozyten mit Palisadenstellung der rand-
ständigen Kerne, umgeben von fibromyxoidem Stroma
5 artefizielle, durch Fixierung bedingte Spaltbildung zum umgebenden
Gewebe
Therapie
4 Therapie der Wahl Exzision mit histologischer Schnittrandkontrolle
4 bei klinisch nicht zu definierender Begrenzung als mikrographisch kon-
trollierte Chirurgie (exakte Lagezuordnung des Präparates durch (Fa-
den-)Markierung, temporärer Defektverschluss, endgültiger Verschluss
nach histologischer Befundung)
4 Alternativen
5 bei superfiziellen Basalzellkarzinomen: Kryotherapie, topisches
Imiquimod (= Aktivator von TLR7 und TLR8 = Rezeptormolekülen
des natürlichen Immunsystems) oder photodynamische Therapie
(PDT)
5 Röntgentherapie insbesondere bei älteren Menschen bzw. in Pro-
blemlokalisationen
4 regelmäßige klinische Verlaufskontrollen (2×/Jahr) zur Erkennung von
Rezidiven und neuen Läsionen
4 > Memo Konsequenter UV-Expositionsschutz!
24.5 · Aktinische Keratose, Cheilitis actinica, Leukoplakie und spinozelluläres Karzinom
251 24
24.5 Aktinische Keratose, Cheilitis actinica, Eigene Notizen
Leukoplakie und spinozelluläres Karzinom
Klinik
4 scharf und unregelmäßig begrenzte, rötliche Papeln und Plaques mit
festhaftender Hyperkeratose
4 häufig multiples Auftreten an chronisch UV-exponierter Haut
4 gelegentlich ausgeprägte Hyperkeratose (hypertrophe aktinische
Keratose, »Cornu cutaneum«)
Diagnostik
4 charakteristische Klinik
4 Histologie
5 Schichtungsstörung, Zell- und Kernatypien der Keratinozyten
5 Wechsel von Para- und Orthokeratose (»pink and blue«); Orthoke-
ratose im Bereich der Ostien der unbeteiligten Haarfollikel und
ekkrinen Schweißdrüsen
Therapie
4 Kryotherapie
4 Kürettage
4 Exzision (insbesondere bei hyperkeratotischen Formen mit fraglicher
Invasivität)
4 topisch Diclofenac, Imiquimod oder 5-Fluorouracil
4 photodynamische Therapie (= lokale Applikation einer photosen-
sibilisierenden Substanz wie δ-Aminolävulinsäure, dann Bestrahlung
mit Rotlicht, insbesondere bei flächigem Befall = sog. »field cancerisa-
tion«)
4 > Memo Wichtig sind nachhaltige UV-Protektion und regelmäßige
klinische Kontrollen.
Differenzialdiagnosen
4 Plattenepithelkarzinom der Lippe
4 Lichen ruber planus des Lippenrots
24 Therapie
4 Exzision des Lippenrotes und Defektdeckung durch mobilisierte Schleim-
haut (Vermillionektomie und Defektdeckung nach von Langenbeck)
4 ggf. Laser- oder kryochirurgische Abtragung
4 UV-Protektion und regelmäßige Nachsorge
Klinik
4 scharf begrenzte, homogen weißliche Plaque an der Schleimhaut, meist
ohne subjektive Beschwerden
4 im zeitlichen Verlauf mitunter Ausbildung verruköser oder rötlich-
erosiver Anteile, die eine maligne Transformation widerspiegeln können
(In-situ- oder bereits invasives Karzinom)
Diagnostik
4 falls nach Beseitigung möglicher auslösender Noxen (s. unten) inner-
halb von 4 Wochen keine Rückbildung: Entnahme einer Probebiopsie
zur Abklärung eines malignen Geschehens
Therapie
4 Beseitigung möglicher auslösender Noxen (z. B. Traumata durch Zahn-
fehlstellungen oder schlecht sitzende Prothesen, Nikotinabusus, Alko-
holabusus)
4 bei Persistenz bzw. nicht auszuschließender maligner Transformation
vollständige operative oder laserchirurgische Entfernung
Klinik
4 unscharf begrenzte, hautfarbene bis rötliche, hyperkeratotische, mitun-
ter exulzerierte und mit Krusten bedeckte Plaques oder Knoten
4 Wachstumsgeschwindigkeit erheblich variierend
4 Sonderform: verruköses Karzinom Ackerman
5 drei lokalisationstypischen Manifestationsformen:
J im Bereich der Mundschleimhaut: floride orale Papillomatose
J im Bereich der Genitalien: Riesenkondylom Buschke-Löwen-
stein
J an distalen Extremitäten: Epithelioma cuniculatum
5 hochdifferenziertes Plattenepithelkarzinom mit verruköser Ober-
fläche
5 lokal invasives Wachstum und geringe Metastasierungstendenz
5 Induktion in einem Teil der Fälle durch humane Papillomviren
(HPV)
Diagnostik
4 Histologie: eine starke Verhornung spiegelt einen hohen Differenzie-
rungsgrad wider, fehlende Verhornung korreliert mit Entdifferenzie-
rung und schlechterer Prognose
4 bei entdifferenzierten Tumoren und histologischer Tumordicke >2 mm
bildgebende Diagnostik (Sonographie regionärer Lymphknoten, Rönt-
gen-Thorax)
Differenzialdiagnosen
4 (hypertrophe) aktinische Keratose
4 Keratoakanthom
4 Basalzellkarzinom
4 irritierte seborrhoische Keratose
4 Verruca vulgaris
4 M. Bowen und Bowen-Karzinom
Therapie
4 Exzision mit 3–5 mm Sicherheitsabstand und histologischer Kontrolle
von Schnittrand und Wundgrund
254 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut
24 24.6 Keratoakanthom
Klinik
4 halbkugeliger rötlicher Tumor mit raschem, häufig eruptivem Wachs-
tum (Aufschießen innerhalb weniger Wochen)
4 zentraler Hornkegel
4 Größe meist 1–3 cm, selten auch größer (Keratoacanthoma gigantae-
um)
4 meist solitäres Auftreten an UV-exponierten Arealen
Diagnostik
4 histologische Befundsicherung: Abgrenzung zum Plattenepithel-
karzinom nur möglich bei Betrachtung der Architektur des Gesamt-
tumors (Symmetrie)
4 Stanzbiopsien nicht aussagefähig
Differenzialdiagnosen
4 Plattenepithelkarzinom (wächst im Allgemeinen langsamer und in-
filtriert die Umgebung diffus)
4 solides, zentral ulzeriertes Basalzellkarzinom
4 hypertrophe aktinische Keratose
Therapie
4 aufgrund des nicht vorhersehbaren Verlaufs Exzision
Diagnostik
5 Histologie: Akanthose, Verlust der normalen Schichtung der Epider-
mis; Kern- und Zellpolymorphie, Dyskeratosen, Mitosen in allen
Lagen der Epidermis
Differenzialdiagnosen
4 zum M. Bowen:
5 superfizielles Basalzellkarzinom
5 aktinische Keratose
5 Ekzem
5 Psoriasis
5 Tinea
4 zur Erythroplasie Queyrat:
5 Soor-Balanitis/Vulvitis
5 Balanoposthitis/Vulvitis plasmacellularis Zoon
5 fixe (toxische) Arzneireaktion
Therapie
4 Exzision
4 Abtragung mittels CO2-Laser
4 Kryochirurgie
4 ggf. topisches Imiquimod (off-label)
24.7.2 Bowen-Karzinom
24.8 Merkel-Zellkarzinom
Klinik
4 rasch wachsende bläulich-rote Knoten
24 4 hohes Metastasierungsrisiko
Diagnostik
4 Histologie und Immunhistologie (Anfärbung für Zytokeratin 20 und
Chromogranin A) incl. Untersuchung des Schildwächterlymphknotens
(Sentinel-Lymphknoten)
4 Staging mittels bildgebender Verfahren
Differenzialdiagnosen
4 Karzinommetastasen (insbesondere des kleinzelligen Bronchialkarzi-
noms)
4 Lymphome
4 amelanotisches Melanom bzw. Melanommetastasen
4 Schweißdrüsenkarzinom
Therapie
4 weiträumige Exzision mit 3 cm Sicherheitsabstand, anschließend
adjuvante Radiatio
4 im Falle einer Fernmetastasierung Radiatio und (Poly-)Chemo-
therapie
Klinik
4 hellbraune, mitunter auch tiefbraune bis schwarze, regelmäßig und
scharf begrenzte, 1–3 mm große Makula
Differenzialdiagnosen
4 melanozytäre Nävuszellnävi, insbesondere Junktionsnävi: zeigen histo-
logisch nachweisbare Nester
24.9 · Lentigines und melanozytäre Nävuszellnävi
257 24
Therapie
4 im Allgemeinen nicht erforderlich
4 ggf. Lasertherapie oder Peeling
Klinik
4 Flecken bzw. Papeln oder Plaques mit papillomatöser Oberfläche und
variabler Pigmentierung, oft Hypertrichose (dunkel pigmentierte
Terminalhaare)
4 Einteilung nach Größe, die im Erwachsenenalter erreicht wird (Um-
rechnung mittels Korrekturfaktoren):
5 »klein«: <1,5 cm
5 »mittel«: 1,5 bis <20 cm
5 »groß«: ≥20 cm
5 »riesig«: >40-50 cm , wesentliche Anteile einer anatomischen Re-
gion umfassend
4 ! Cave Kongenitale Nävi können entarten, wobei das Entartungsrisiko
mit der Größe steigt.
4 Melanome entstehen besonders im tiefen dermalen Bereich und sind
klinisch mitunter schwer frühzeitig zu erfassen
4 neurokutane Melanose: leptomeningeale Aussaat von Nävuszellen mit
der Gefahr der spinalen Kompression und der Erhöhung des Hirn-
drucks; tritt besonders bei großen und Riesennävi auf, die die Mittellinie
der Körperachse überschreiten
258 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut
Naevus spilus
4 Synonym: Kiebitzeinävus
4 kongenitaler Café-au-lait-ähnlicher Fleck, in dem sich eingesprenkelt
kleine melanozytäre Nävi oder Lentigines finden
Klinik
4 scharf und oftmals unregelmäßig begrenzte, bis zu mehrere Zentimeter
große hellbraune Makula mit kleinen dunkleren Einsprengseln (»wie
die Schale eines Kiebitzeis«)
Therapie
4 nicht erforderlich
4 extrem selten Melanomentstehung
Klinik
4 intraepidermale (junktionale) Nävi
5 zunächst homogen pigmentierte Makula, bei zunehmender Zahl
der Nävuszellen Papel
5 meist dunkel pigmentiert, da Pigment oberflächlich gelegen
24.9 · Lentigines und melanozytäre Nävuszellnävi
259 24
Therapie
4 Anleitung zur Selbstkontrolle (ABCDE-Regel, s. unten)
4 bei multiplen Nävi und insbesondere atypischen Nävi (s. unten) regel-
mäßige klinische Kontrollen incl. Auflichtmikroskopie und ggf. compu-
tergestützter Photodokumentation
Halo-Nävus
4 Synonym: Sutton-Nävus
4 melanozytärer Nävus mit umgebender Depigmentierung (»perinävoide
Vitiligo«), die durch eine Immunreaktion gegen Nävuszellen bzw.
Melanozyten hervorgerufen wird
4 Auftreten besonders im 2. Lebensjahrzehnt
4 oftmals vollständige Regression des Nävus (mit histologisch dichtem
lymphozytären Infiltrat) mit nachfolgend sukzessiver Repigmentierung
> Memo Halo-Nävi treten auch bei regressiven Melanomen auf, daher
dermatologische Ganzkörperuntersuchung und regelmäßige klinische
Kontrollen erforderlich.
Atypischer Nävus
4 Synonym: dysplastischer Nävus
4 durch unregelmäßige Begrenzung und Pigmentierung, überdurch-
schnittliche Größe und histologische Auffälligkeiten gekennzeichneter
melanozytärer Nävus
4 Auftreten meist nach der Pubertät
4 erhöhtes Risiko für Melanome, das mit der individuellen Anzahl und
der familiären Häufung atypischer Nävuszellnävi korreliert
Klinik
4 Unterscheidungsmerkmale zu gewöhnlichen erworbenen melano-
zytären Nävi:
5 >5 mm Durchmesser
5 unregelmäßige und unscharfe Begrenzung, asymmetrische Struktur
260 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut
Therapie
4 Anleitung zur Selbstkontrolle (ABCDE-Regel, s. unten)
24 4 Meidung intensiver UV-Exposition und Lichtschutz
4 6- bis 12-monatige klinische Kontrollen incl. Auflichtmikroskopie und
computergestützter Photodokumentation
4 Familienuntersuchung (zumindest Verwandte 1. Grades)
4 Exzision suspekter Nävi, insbesondere auch zur Abgrenzung von
Melanomen
Blauer Nävus
4 Synonym: Naevus coeruleus, Naevus bleu
4 umschriebene Ansammlung pigmentierter Melanozyten in der
Dermis
Klinik
4 meist flacher, etwa linsengroßer Fleck oder Knoten von blaugrauer
Farbe (Farbe erklärt sich aus der tiefen Lokalisation des Pigments =
Tyndall-Effekt)
Differenzialdiagnosen
4 malignes Melanom
4 Melanommetastase
4 pigmentiertes Dermafibrom
Therapie
4 nur bei Melanomverdacht Exzision
Ätiologie
4 genetische Disposition: familiäre Häufung von Melanomen z. B. bei
Mutationen im CDKN2A-Gen
4 somatische Mutationen in Genen von Schlüsselkomponenten ver-
schiedener intrazellulärer Signalwege (BRAF, NRAS u. a.)
4 weitere Risikofaktoren:
5 >50 melanozytäre Nävuszellnävi
5 atypische Nävuszellnävi
24.10 · Malignes Melanom
261 24
Diagnostik
4 ABCDE-Regel zur klinisch-makroskopischen Einschätzung:
5 Asymmetrie
5 Begrenzung: polyzyklisch, unscharf – Ausbreitung von Tumorzellen
innerhalb der Epidermis
5 Colour: unterschiedliche Pigmentierung
5 Durchmesser: >5 mm
5 Erhabenheit und rasche Größenzunahme (Enlargement)
4 Dermatoskopie
5 zur Abgrenzung von nichtmelanozytären Läsionen bzw. melano-
zytären Nävuszellnävi
5 auf ein Melanom hinweisen können:
J irreguläres Pigmentnetz
J irreguläre und radiäre Ausläufer, Pseudopodien
J »black dots« besonders in der Tumorperipherie
J grau-blaue Areale (Regressionszonen)
4 ggf. hochauflösender Ultraschall (20–50 MHz): zur orientierenden
präoperativen Bestimmung der Tumordicke
4 Labor (insbesondere LDH und Protein S100β im Serum als wichtige
Tumormarker)
4 Histologie und Immunhistologie
5 asymmetrische und irreguläre Nester atypischer Melanozyten (irre-
guläre Zellkerne unterschiedlicher Größe, prominente Nucleoli),
Melanozyten in höheren Lagen der Epidermis, fehlende Reifung zur
Tiefe hin, basisnahe Mitosen
5 zur Erkennung von Zellen melanozytären Ursprungs immunhistolo-
gische Färbung gegen melanozytäre Antigene: gp100/HMB45, Melan-
A/MART-1, S100 (wird auch von Langerhanszellen exprimiert)
5 histologische Prognoseparameter des Primärmelanoms: Tumor-
dicke in mm (≤1mm: »low risk«, >1 mm: »high risk«), Ulzeration,
Mitoserate (Mitosen/mm2)
4 Sentinel-Lymphknotenbiopsie
5 Entnahme und (immun-)histologische Untersuchung des ersten
drainierenden Lymphknotens
5 erfolgt i. d. R. ab einer Tumordicke >1 mm
24.10 · Malignes Melanom
263 24
5 > Memo Der Befall mit Mikro- oder Makrometastasen ist ein Eigene Notizen
wichtiger prognostischer Parameter und bestimmt die weitere
Therapie (Lymphknotendissektion, adjuvante Therapie).
4 Ausbreitungsdiagnostik: Röntgen-Thorax, Lymphknoten- und Abdo-
mensonographie; ggf. CT, MRT bzw. PET; Skelettszintigraphie
4 nach Vorliegen der o. g. Diagnostik erfolgt Eingruppierung hinsichtlich
des Stadiums nach der AJCC-Klassifikation (2009):
5 Stadium 0: Melanoma in situ (auf das epidermale Kompartiment
beschränkt)
5 Stadium I und II: Primärmelanome, Unterteilung in Abhängigkeit
von zunehmender Tumordicke, Mitoserate, Vorhandensein einer
Ulzeration
5 Stadium III: zusätzlich Lymphknotenmetastasen, Satelliten- (weni-
ger als 2 cm vom Primärtumor entfernt) oder In-transit-Metastasen
(mehr als 2 cm vom Primärtumor entfernt, aber vor dem drainie-
renden regionalen Lymphknoten)
5 Stadium IV: Fernmetastasen (hämatogen vor allem in Lungen,
Leber, ZNS und Knochen)
Therapie
4 Exzision des Primärtumors mit festgelegten Sicherheitsabständen:
5 In-situ-Melanom: 0,5 cm
5 Tumordicke <2 mm: 1 cm
5 Tumordicke ≥2 mm: 2 cm
4 bei Nachweis einer Metastasierung im Sentinellymphknoten: operative
Ausräumung der entsprechenden Lymphknotenstation
4 In-transit- bzw. Satellitenmetastasen: Exzision; ggf. Zytostatikaperfusion
bei Lokalisation an Extremitäten, Radiatio, intraläsionales Interleukin-2
oder topisches Imiquimod
4 adjuvante Therapie zur Elimination klinisch inapparenter Mikrometa-
stasen: Interferon-α2 nach Niedrigdosisschema ab einer Tumordicke
von 1,5–2,0 mm; nach Hochdosisschema bei nachgewiesener Lymph-
knotenmetastasierung nach Resektion
4 In-transit-/Satellitenmetastasen: Exzision, hypertherme Zytostatikaper-
fusion
4 Fernmetastasen: Exzision solitärer Metastasen, Radiatio (insbesondere
bei Knochen- und ZNS-Metastasen), Chemotherapie (Dacarbazin, Te-
mozolomid, Cisplatin, Taxol, Fotemustin u. a. m.); Vakzinierungsthera-
pien (im Rahmen klinischer Studien); sog. »targeted therapies« mit
BRAF-Inhibitoren oder immunologisch interferierenden Antikörpern
(gegen CTLA4 = Ipilimumab) zeigten jüngst vielversprechende Thera-
pieerfolge
Prognose
4 5-Jahres-Überlebensraten im Stadium I >90%, im Stadium IV ca. 10%
4 regelmäßige Nachsorge in Abhängigkeit vom Stadium
264 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut
24 4 Synonym: Säuglingshämangiom
4 gutartiger kapillärer Gefäßtumor bei Neugeborenen und Säuglingen
4 Prävalenz: ca. 5%
4 häufiger bei Frühgeborenen
4 häufiger bei Mädchen
4 in 20% der Fälle Auftreten multipler Hämangiome (mit erhöhtem Risiko
viszeraler Beteiligung)
4 immunphänotypische Ähnlichkeit mit vaskulärem Plazentagewebe
4 vermutet wird Triggerung durch peripartale Hypoxie
Klinik
4 entstehen meist in den ersten Lebenswochen
4 oberflächliche Hämangiome: hellrot; subkutane Hämangiome: blaues
oder reguläres Hautkolorit
4 Prädilektionsstellen: Gesicht und Kapillitium, oft entlang embryonal-
fazialer Verschlusslinien
4 phasenartiger Verlauf
5 Initialphase: rosa- bis pinkfarbene Makula
5 Phase raschen Wachstums: im Vergleich zum Körperwachstum
überproportionale Größenzunahme – gummiartige Knoten mit
glatter oder gelappter Oberfläche
5 stationäre Phase
5 Regressionsphase: beginnt meist im 2. Lebensjahr und erstreckt
sich über mehrere Jahre; es verbleiben häufig fibrotische Rest-
zustände
4 Komplikationen
5 Verdrängungssymptome durch Expansion ( ! Cave Bei Lokalisati-
on im Bereich von Auge, Nase, Mund, Ohr!)
5 viszerale/zerebrale Organfunktionsstörungen
5 Ulzeration mit nachfolgender Infektion
5 bei großen Hämangiomen Herzinsuffizienz, Verbrauchskoagulopa-
thie (Kasabach-Merritt-Syndrom)
Diagnostik
4 anfänglich engmaschige klinische Kontrollen zur Abschätzung der
Wachstumstendenz
4 Duplexsonographie zur Abgrenzung venöser Malformationen (z. B.
venöses Angiom, AV-Fistel)
4 bei multiplen Hämangiomen Ausschluss weiterer Symptome, insbeson-
dere viszeraler Beteiligung
24.11 · Tumoren der Gefäße
265 24
Differenzialdiagnosen Eigene Notizen
4 in der Initialphase: Naevus flammeus
4 vaskuläre Malformationen
4 andere Weichteiltumoren (insbesondere bei subkutanen Formen)
Therapie
4 wegen des phasenhaften Verlaufs mit Regression ist eine Therapie in der
Mehrzahl der Fälle kleiner Hämangiome nicht erforderlich
4 relative Indikation zur Therapie bei kosmetischer Beeinträchtigung mit
drohender psychosozialer Stigmatisierung
4 dringende Indikation bei größeren Hämangiomen mit Gefahr der Vo-
lumenbelastung sowie bei drohender Verdrängungssymptomatik und
Obstruktion
4 Therapieoptionen
5 Kontaktkryotherapie (begrenzte Eindringtiefe)
5 Lasertherapie (insbes. gepulster Farbstofflaser bei oberflächlichen,
Nd:Yag-Laser bei tieferen Läsionen)
5 Sklerosierung
5 Exzision
5 oral verabreichter β-Blocker Propranolol (off-label)
5 systemische Glukokortikosteroide
5 läsional appliziertes Interferon-α
Klinik
4 meist am Stamm kleine violettrote Makulae oder Papeln
Therapie
4 nicht erforderlich
4 bei kosmetischer Beeinträchtigung Behandlung mittels Laser oder Elek-
trokoagulation
24 Differenzialdiagnosen
4 amelanotisches Melanom
4 ulzerierte Tumoren bzw. Metastasen
4 Granulationsgewebe
4 bazilläre Angiomatose
4 > Memo Zur Abgrenzung der o. g. Differenzialdiagnosen ist eine
histologische Untersuchung unabdingbar.
Therapie
4 vorzugsweise Exzision
4 ggf. Laser- oder Kryotherapie; elektrokaustische Abtragung
24.11.4 Kaposi-Sarkom
Klinik
4 bläulich-rötliche bis bräunliche Maculae, aus denen sich Plaques,
Knoten und Tumoren entwickeln
4 anfänglich unilaterales Auftreten, später multifokale Dissemination
4 Regression einzelner Läsionen möglich, selten Ulzeration
4 Prädilektionsstellen: beim klassischen Kaposi-Sarkom meist untere
Extremitäten; beim HIV-assoziierten Kaposi-Sarkom vielfältige Erschei-
nungsformen mit Ausbreitung häufig entlang der Blaschko-Linien
4 Organbeteiligung: Lunge, Gastrointestinaltrakt, Lymphknoten
24.11 · Tumoren der Gefäße
267 24
Diagnostik Eigene Notizen
4 Histologie: im Korium Proliferate schlitzförmiger Gefäßstrukturen,
Erythrozytenextravasate, später Dominanz spindelförmiger Zellen
4 Nachweis von HHV8-DNA mittels PCR oder In-situ-Hybridisierung
4 bildgebende Ausbreitungsdiagnostik
Therapie
4 Exzision oder Kryotherapie bei Vorliegen solitärer Läsionen
4 Radiatio bei multifokalem kutanem Befall (das Kaposi-Sarkom ist sehr
radiosensitiv!)
4 systemische (Chemo-)Therapie bei rasch progressivem Verlauf bzw. bei
viszeralem Befall (liposomale Anthrazykline [Doxorubicin, Daunoru-
bicin]; Paclitaxel; Interferon-α; in Erprobung: antiangiogenetische The-
rapien und Kinaseinhibitoren [Imatinib])
4 bei HIV-assoziiertem Kaposi-Sarkom zunächst antivirale Therapie
(HAART)
4 bei Patienten mit iatrogenem Kaposi-Sarkom führt eine Reduktion der
Immunsuppression oft zur Besserung
24.11.5 Angiosarkom
24.12.1 Histiozytom
4 Synonym: Dermatofibrom
4 vermutlich reaktive Proliferation dermaler Fibroblasten z. B. nach In-
sektenstich
24 Klinik
4 meist an den Unterschenkeln lokalisierte derbe Papel, die bei seitlichem
Druck unter Hinterlassung einer Delle in die Tiefe absinkt
4 Papel tastet sich größer als klinisch vermutet (»Eisbergphänomen«)
Therapie
4 nicht erforderlich
Klinik
4 weich palpabler subkutaner Tumor
4 Angiolipom: gefäßreiches Lipom, oft schmerzhaft
4 Lipomatose: Auftreten multipler Lipome
Differenzialdiagnosen
4 Zysten
4 Fibrome
4 subkutane Metastasen
4 Liposarkom
Therapie
4 Exzision bei Schmerzhaftigkeit, mechanischer oder kosmetischer Be-
einträchtigung
24 Klinik
4 klassischer Verlauf nach Alibert-Bazin: anfangs »patches« (. Abb. 37,
Farbteil), dann Plaques und schließlich Tumoren; auch Nebeneinander
verschiedener Stadien möglich
5 Patch-Stadium (= »Ekzem«-Stadium, »prämykosides« Stadium):
atrophe, mitunter zigarettenpapierartig gefältelt wirkende, rötliche
Makulae mit diskreter, feinlamellöser Schuppung
5 Plaque-Stadium: infiltrierte, rötliche Plaques mit Schuppung
5 Tumor-Stadium: Knoten, die bei längerer Bestandsdauer zur Ulze-
ration neigen
4 Juckreiz variablen Ausmaßes
4 unspezifische Lymphknotenschwellungen möglich (dermatopathische
Lymphknoten = vergrößerte Lymphknoten, die bei histologischer Un-
tersuchung keine Infiltrate neoplastischer Lymphozyten zeigen)
4 in Spätstadien der Erkrankung Infiltration von Lymphknoten und vis-
zeralen Organe möglich
Diagnostik
4 Histologie: atypische Lymphozyten in bandförmiger Verteilung in der
Dermis mit Befall der Epidermis (Epidermotropismus = Tendenz der
neoplastischen Lymphozyten, in die Epidermis zu migrieren); gele-
gentlich Formation von Aggregaten atypischer Lymphozyten in der
Epidermis (= Pautrier-Mikroabszesse); Charakterisierung des T-Zell-
Infiltrats mittels Immunhistologie (neoplastische Zellen sind CD3+,
CD4+, CD8-); die Klonalität der neoplastischen T-Lymphozyten lässt
sich mittels des sog. T-Zell-Rezeptor-Rearrangements molekularbiolo-
gisch nachweisen
4 Labor: mitunter Eosinophilie und Erhöhung von LDH und β2-Mikro-
globulin
4 bildgebende Diagnostik: Röntgen-Thorax, Abdomensonographie und
Sonographie der zervikalen, axillären und inguinalen Lymphknoten; in
fortgeschrittenen Stadien MRT bzw. CT
Differenzialdiagnosen
4 Parapsoriasis en plaques
5 chronisch verlaufende Hauterkrankung, die klinisch dem Patch-
Stadium der Mycosis fungoides ähnelt
5 je nach Größe der Einzelläsion spricht man von Parapsoriasis en
petits plaques (<5 cm) oder Parapsoriasis en grands plaques
(>5 cm)
24.13 · Primär kutane Lymphome
271 24
5 letztere kann in eine Mycosis fungoides übergehen und stellt biolo- Eigene Notizen
gisch vermutlich eine Form des Patch-Stadiums der Mycosis fungo-
ides dar
4 Ekzeme (insbesondere atopisches Ekzem)
4 Psoriasis vulgaris
4 Tinea corporis
Therapie
4 phasenabhängig
5 in Frühstadien superpotente topische Steroide (Clobetasol); Photo-
therapie (Bade-PUVA, orale PUVA, UVA1-Therapie), ggf. in Kom-
bination mit Retinoiden (Bexaroten, Acitretin) oder Interferon-α
5 in fortgeschrittenen Stadien Radiatio (schnelle Elektronen), Metho-
trexat; bei viszeralem Befall (Poly-)Chemotherapie mit CHOP oder
Doxorubicin
4 Prognose im Allgemeinen recht gut
24.13.2 Sézary-Syndrom
Klinik
4 Erythrodermie mit ausgeprägter Schuppung, Erosionen und Lichenifi-
kationen
4 palmoplantare Hyperkeratosen
4 Onychodystrophie und Alopezie wechselnden Ausmaßes
4 massiv ausgeprägter Juckreiz
4 generalisierte Lymphadenopathie
Diagnostik
4 Histologie ähnlich wie bei Mycosis fungoides, jedoch monotoneres In-
filtrat und weniger ausgeprägter Epidermotropismus
4 definitionsgemäß finden sich im peripheren Blut mindestens 1000 Sé-
zary-Zellen/μl und eine CD4/CD8-Ratio >10; Phänotyp: CD3+, CD4+,
CD8-, CD7-
Differenzialdiagnosen
4 andere erythrodermatische Hauterkrankungen (atopisches Ekzem, Pso-
riasis, Pityriasis rubra pilaris, Arzneimittelreaktionen u. a. m.)
Therapie
4 extrakorporale Photopherese (ECP), ggf. in Kombination mit Interferon-
α; PUVA; Methotrexat; Chlorambucil in Kombination mit Prednison
4 Prognose deutlich schlechter als bei Mycosis fungoides
272 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut
Diagnostik
4 Histologie, Immunhistologie und Nachweis der Klonalität sichern die
Diagnose
4 LDH, Serumelektrophorese und Immunfixation
4 zusätzlich Knochenmarksbiopsie und bildgebende Ausbreitungs-
diagnostik
Therapie
4 Exzision im Falle solitärer oder weniger Knoten
4 Radiatio
4 Rituximab (Antikörper gegen das B-Zell-Antigen CD20, das bei vielen
B-Zell-Lymphomen exprimiert wird)
4 Polychemotherapie
4 gute Prognose bei Keimzentrums- und Marginalzonenlymphom,
deutlich schlechtere Prognose bei großzelligem B-Zell-Lymphom der
unteren Extremität
24.13.4 Pseudolymphome
Therapie
4 Behandlung der Grundkrankheit
4 Absetzen verdächtiger Medikamente
4 ggf. antibiotische Behandlung
4 ggf. topische Glukokortikoide
24.14 Mastozytosen
Diagnostik
4 Darier-Zeichen: wichtiges klinisches Zeichen, dass die Auslösung einer
urtikariellen Reaktion nach Reiben der Haut beschreibt
4 bei disseminierten Formen Bestimmung der Serum-Tryptase als Maß
für die Mastzell-Last
4 Histologie: Vermehrung unreifer Mastzellen in der Dermis (Giemsa-
Färbung)
274 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut
Klinik
24 4 solitäre oder multiple rötlich-braune Plaques oder Knoten
4 Darier-Zeichen häufig positiv
4 selten Blasenbildung nach exogener Reizung
Differenzialdiagnosen
4 juveniles Xanthogranulom
4 Pseudolymphom
4 Arthropodenreaktion
Therapie
4 spontane Rückbildung bis zur Pubertät abwarten
4 ggf. Exzision
Klinik
4 bräunliche, meist disseminiert in konfettiartiger Verteilung auftretende
1–5 mm große Makulae oder Papeln
4 Schweregrad und Ausdehnung variabel
4 Darier-Zeichen positiv
4 ! Cave Gefahr der Mediatorenfreisetzung (insbesondere Histamin)
bei Provokation (z. B. heißes Bad, Abreiben der Haut). Es kommt zu
Symptomen der anaphylaktischen Reaktion (RR-Abfall, Tachykardie).
4 Sonderform mit prominenten Teleangiektasien: Teleangiectasia macu-
laris eruptiva perstans, tritt bei Erwachsenen auf
Differenzialdiagnosen
4 systemische Formen der Mastozytose mit extrakutanen Manifestati-
onen im Gastrointestinaltrakt (Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö), Hepato-
megalie, Splenomegalie, Lymphadenopathie (hohe Serum-Tryptase,
Knochenmarksbiopsie)
4 Langerhanszell-Histiozytose
4 kleinknotige Sarkoidose
24.15 · Kutane Paraneoplasien
275 24
Therapie
4 Vermeidung von Triggerfaktoren (mechanische Irrititation, abrupte
Temperaturänderungen, histaminfreisetzende Medikamente, histamin-
reiche Nahrungsmittel u. a. m.)
4 Antihistaminika
4 Phototherapie: PUVA bzw. UVA1 führen zur Apoptose von Mastzellen
4 obligate Paraneoplasien
5 Akrokeratosis Basex: psoriasiforme Hyperkeratosen an Akren und
Gesicht
5 Hypertrichosis lanuginosa: plötzlich einsetzendes Wachstum von
Lanugo-Haaren
5 Erythema gyratum repens
J polyzyklisch konfigurierte, konzentrisch angeordnete Läsionen
mit rascher Wanderungstendenz
J Auftreten u. a. bei Bronchialkarzinomen
276 Kapitel 24 · Zysten, Nävi und Tumoren der Haut
Tag 3 – Dermatologie
25 Erkrankungen
des Pigmentsystems
A. Jung
Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose
4 Ganzkörperinspektion und Labordiagnostik zum Ausschluss assoziier-
ter Erkrankungen
4 ggf. Hautbiopsie: fehlende Melanozyten, gelegentlich diskretes lympho-
zytäres Infiltrat
25.2 · Melasma (Chloasma)
279 25
Therapie Eigene Notizen
4 bisher existiert keine zuverlässige und nebenwirkungsarme Therapie-
option
4 Camouflage = kosmetische Abdeckung der sichtbaren Vitiligo-
Läsionen
4 Lichtschutz der depigmentierten Läsionen
4 bei ausgedehntem Befall Phototherapie mit UV-B 311 nm oder (Creme-)
PUVA (zu Beginn Bräunung der periläsionalen Haut mit stärkerem
Kontrast zur depigmentierten Läsion)
4 bei begrenztem Befall topische Glukokortikoide; systemische Steroide
sind nicht angezeigt
4 Calcineurininhibitoren (wirksam insbesondere im Gesichtsbereich, off-
label)
Klinik
4 an Stirn, Wangen, Schläfen oder perioral finden sich in beiderseits
gleichförmiger Ausprägung scharf begrenzte, teils bizarr konfigurierte,
hyperpigmentierte Makulae
4 meist Rückbildung postpartal oder nach Beendigung der Hormon-
einnahme innerhalb von Monaten, eine Persistenz über Jahre ist
möglich
Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose
4 falls anamnestisch keine Beziehung zu Schwangerschaft oder hormo-
neller Kontrazeption gegeben ist, endokrinologische Abklärung zum
Ausschluss hormonproduzierender Tumoren
Therapie
4 ggf. Wechsel auf nicht-hormonelle Kontrazeptionsmethode sowie kon-
sequenter Lichtschutz des Gesichts
4 ! Cave Bleichmittel auf Hydrochinonbasis können zu unregelmäßigen
Hyper- und Hypopigmentierungen führen!
280 Kapitel 25 · Erkrankungen des Pigmentsystems
Klinik
4 nach Abklingen der primär entzündlichen Hautschädigung entwickelt
sich oder persistiert in den vormals betroffenen Körperstellen eine
Hyperpigmentierung
4 je nach auslösendem Schädigungsmechanismus bizarre Konfigurati-
onen wie z. B. Abrinnspuren bei phototoxischen Reaktionen möglich
4 gelegentlich bleibt die primäre Hautschädigung aufgrund geringer Aus-
prägung der Entzündungsreaktion oder bereits erfolgter Rückbildung
bei Vorstellung des Patienten unerkannt
Diagnostik
4 Verteilungsmuster der Hyperpigmentierungen und Anamnese weisen
den Weg
4 z. B. retikuläre Hyperpigmentierung im Kontaktbereich zur Wärm-
flasche an Bauch oder Oberschenkel (= Erythema ab igne = Erythema
e calore)
Therapie
4 Meidung identifizierter Auslöser
4 konsequenter UV-Schutz
4 Rückbildung nach Monaten, manchmal auch erst nach Jahren
26
Tag 3 – Dermatologie
Klinik
4 herdförmige zirkumskripte Sklerodermie
5 nach anfänglicher entzündlicher Rötung weißlich-gelbliche bis
26 bräunliche Induration der Haut, die häufig von einem fliederfar-
benen Erythem umgeben ist (»lilac ring«)
5 bei längerer Persistenz Atrophie mit Verlust der Haarfollikel, Hyper-
und Hypopigmentierungen
4 disseminierte (generalisierte) zirkumskripte Sklerodermie
5 Auftreten multipler sklerotischer Plaques, die konfluieren können
5 Brustwarzen meist ausgespart
5 Sklerosierungen behindern Thoraxexkursionen und damit die
Atmung
5 massive Bewegungseinschränkung möglich
4 lineare zirkumskripte Sklerodermie
5 bandförmige Sklerodermie, häufig frontoparietal mit Atrophie des
darunter liegenden Knochens (»sclérodermie en coup de sabre«)
5 Morphaea mit hemifazialer Atrophie: Parry-Romberg-Syndrom
5 bei Auftreten an den Extremitäten Bewegungseinschränkung mit
Kontraktur möglich
4 keine Raynaud-Symptomatik, keine digitalen Ulzerationen und Sklero-
sierungen
4 keine Beteiligung innerer Organe
Diagnostik
4 indirekte Immunfluoreszenz
5 gewöhnlich kein Nachweis von ANA
5 bei linearer und disseminierter/generalisierter zirkumskripter
Sklerodermie mitunter ANA nachweisbar
4 Histologie
5 anfänglich Ödem und perivaskuläres entzündliches Infiltrat
5 später Reduktion der Reteleisten, Abflachung der Papillen, Atrophie
der Adnexen, Vermehrung und Verbreiterung von Kollagenbündeln,
die parallel zur Junktionszone verlaufen
Differenzialdiagnose
4 progressive systemische Sklerodermie
4 eosinophile Fasziitis
4 Lichen sclerosus et atrophicus
26.2 · Lichen sclerosus et atrophicus
283 26
Therapie Eigene Notizen
4 im entzündlichen Stadium topische Glukokortikosteroide, ggf. unter
Okklusion
4 Phototherapie: UV-A1, Bade- oder Creme-PUVA
4 in ausgeprägten Fällen: Methotrexat, ggf. in Kombination mit syste-
mischen Glukokortikosteroiden
4 anekdotische Berichte über erfolgreiche Anwendung von Penicillin G
(10 Mega i.v./Tag über 3 Wochen)
Prognose
4 gut, kein Übergang in progressive systemische Sklerodermie
4 bei generalisierter zirkumskripter Sklerodermie mitunter trotz aggres-
siver Therapie Progress
Klinik
4 porzellanartig weiße, sklerotische Plaques mit pergamentartiger, atro-
pher Oberfläche, die scharf und unregelmäßig begrenzt sind
4 häufig starker Juckreiz
4 Prädilektionsstellen: Vulva, Präputium, Glans penis, Perianalregion;
kann zu narbiger Schrumpfung führen (Folge: Phimose, Synechien)
4 extragenitaler Lichen sclerosus et atrophicus: Läsionen in seitlicher
Halsgegend, submammär, an Extremitäten
4 gelegentlich Ausbildung von Blasen
4 nur selten Schleimhautbefall
Diagnostik
4 Histologie
5 anfänglich oberflächliches dermales Ödem, darunter bandartiges
lymphozytäres Infiltrat
5 Atrophie der Epidermis mit vakuoliger Degeneration basaler Kera-
tinozyten und Abflachung der Junktionszone
5 Homogenisierung des dermalen Kollagens mit Verlust elastischer
Fasern
Differenzialdiagnose
4 zirkumskripte Sklerodermie
4 in der Anogenitalregion: Lichen ruber mucosae
284 Kapitel 26 · Erkrankungen des Bindegewebes und der Subkutis
Prognose
4 in Einzelfällen sekundäre Entwicklung eines spinozellulären Karzinoms
beschrieben, möglicherweise nach HPV-Infektion
4 bei Auftreten von Leukoplakien bioptische Abklärung erforderlich
26
26.3 Narben und Keloide
Klinik
4 Narben und Keloide sind anfangs rosa bis lila, häufig schmerzhaft und
juckend; Rötung blasst mit der Zeit ab
4 i. d. R. geht Trauma voraus
4 Keloide entstehen auch nach Akne und Infektion bzw. ohne erinner-
liches vorangegangenes Trauma
4 Prädilektionsstellen: Ohrläppchen, obere Thoraxapertur (insbesondere
Decolleté)
Therapie
4 intraläsionale Glukokortikoide (Triamcinolon)
4 Silikongel-Auflagen
4 operative Entfernung, anschließend Druckverband und Silikongel-
Auflagen bzw. frühzeitig intraläsionale Glukokortikoide
4 weitere Therapieoptionen
5 Interferon-α2b intraläsional
5 5-Fluorouracil intraläsional
5 Radiatio
5 Blitzlampen-gepumpter, gepulster Farbstofflaser
Prognose
4 Therapieerfolg bei Keloiden häufig unbefriedigend; hohe Rezidivrate
26.5 · Pannikulitis
285 26
26.4 Striae distensae Eigene Notizen
Klinik
4 parallel angeordnete rosa bis lilafarbene Streifen, häufig den Haut-
spaltenlinien folgend
4 Prädilektionsstellen: Unterbauch, Schultergürtel, Hüfte, Oberschenkel-
innenseiten
Therapie
4 nicht erforderlich
4 ggf. Versuch mit topischem Tretinoin
4 ggf. Versuch mit Blitzlampen-gepumptem gepulsten Farbstofflaser
26.5 Pannikulitis
> Memo Falls zur Diagnosestellung eine Biopsie erfolgt, so muss diese
ausreichend tief sein, um die Subkutis zu erfassen (Inzisions- statt Stanzbi-
opsie).
4 Klassifikation der Pannikulitiden
5 überwiegend septale Pannikulitiden
J Erythema nodosum
J Pannikulitis bei Morphaea/zirkumskripter Sklerodermie
J Pannikulitis bei Alpha1-Antitrypsin-Mangel
5 überwiegend lobäre und gemischte Pannikulitiden
J Erythema induratum (noduläre Vaskulitis)
J Pannikulitis bei Pankreatitis und Pankreaskarzinom
J Pannikulitis bei Lipodystrophie
286 Kapitel 26 · Erkrankungen des Bindegewebes und der Subkutis
Klinik
4 bilateral schmerzhafte, indurierte, subkutane Knoten meist an der Ven-
tralseite der Unterschenkel, seltener an Oberschenkeln und Unter-
armen
Diagnostik
4 Histologie
5 septale Pannikulitis mit überwiegend neutrophilem Infiltrat
5 gelegentlich Miescher-Mikrogranulome aus Histiozyten
4 Abklärung möglicher Grundkrankheiten (Stuhluntersuchungen, Rönt-
gen-Thorax, Antistreptolysin-Titer, Tuberkulose-Ausschluss)
Differenzialdiagnose
4 andere Pannikulitiden, z. B. Erythema induratum (hier im Gegensatz zum
Erythema nodosum Läsionen an der Dorsalseite der Unterschenkel)
Therapie
5 Behandlung möglicher Grundkrankheiten
5 Bettruhe, Wickeln der Beine mit Kurzzugbinden oder Tragen von
Kompressionsstrümpfen
5 nichtsteroidale Antiphlogistika, z. B. Diclofenac
5 Kaliumjodid-Tropfen
Prognose
4 narbenfreie Abheilung innerhalb weniger Wochen
27
Tag 3 – Dermatologie
4 Effluvium: Vorgang des Haarausfalls: Verlust von täglich mehr als 100
Haaren am Kapillitium
4 telogenes Effluvium: Haarausfall mit erhöhtem Anteil von Haaren in der
Telogenphase (>20%)
4 Alopezie: Zustand der Haarlosigkeit (z.B. »Glatze«)
4 Hypotrichose: kongenital gering ausgeprägte Behaarung
4 Atrichie: angeborene Haarlosigkeit
4 Hypertrichose: verstärkter Haarwuchs mit Übergang von Vellushaaren
in Terminalhaare
27.2 Trichogramm
27 4 dient der Erhebung des Haarwurzelstatus
4 mit einer Haarklemme werden an zwei Lokalisationen des Kapillitiums
(frontal, okzipital) jeweils mindestens 50 Haare epiliert und bezüglich
des Verteilungsmusters der Haarzyklusphasen (anagen, katagen, telo-
gen) mikroskopisch untersucht
4 moderne digitalphotographisch basierte Methoden erlauben eine
nichtinvasive Erhebung des Haarstatus (»TrichoScan«)
4 Norm: mehr als 80% der Haare befinden sich im Anagen-, bis zu 1% im
Katagen- und bis zu 20% im Telogenstadium
Klinik
4 Mann
5 Beginn typischerweise nach der Pubertät mit frontotemporalem
Effluvium und Entwicklung von »Geheimratsecken«
5 frontaler Haaransatz median erst später betroffen
5 Ausweitung des Effluviums weiter nach temporal
5 zusätzliches Effluvium auch parietooccipital
27.4 · Alopecia areata
289 27
5 Konfluenz des Effluviums mit großflächiger Alopezie unter Ausspa- Eigene Notizen
rung lediglich eines temporookzipitalen Haarkranzes
5 variable Dynamik: Endstadium wird mitunter bereits im 3. Dezen-
nium, häufig erst im Senium oder auch nie erreicht
4 Frau
5 Beginn am Mittelscheitel und Ausbreitung nach lateral, es findet
sich ein diffuses Effluvium, das parietal i. d. R. nie zu völliger Haar-
losigkeit führt
5 meist ist der frontale Haarsteifen nicht betroffen
Diagnostik
4 klinisch typisches Alopeziemuster bei positiver Familienanamnese
4 Trichogramm: Vermehrung der Telogenhaarfraktion (telogenes Efflu-
vium)
4 > Memo Bei jungen Frauen sollte auf Hirsutismus und Zyklusunregel-
mäßigkeiten geachtet werden (Androgenisierungssyndrome: Über-
prüfung des Hormonstatus).
Therapie
4 Aufklärung, dass es sich um einen physiologischen, genetisch determi-
nierten Prozess handelt, der nicht auf eine gestörte Gonadenfunktion
zurückzuführen ist (Ausnahme: seltene Androgenisierungssyndrome);
Therapien daher nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung
4 topische Therapie mit Minoxidil (Männer 5%ige, Frauen 2%ige Lösung):
nicht-hormonelle Stimulation des Haarfollikels mit Blockade und teil-
weiser Umkehr der Vellushaarbildung
4 bei Frauen auch topische Therapie mit östrogenhaltigen Tinkturen
möglich
4 bei Männern systemische Gabe von Finasterid (5-α-Reduktase-II-Inhi-
bitor): verhindert die Umwandlung von Testosteron in das am Andro-
genrezeptor deutlich wirksamere Dihydrotestosteron; dies führt zu
einer reduzierten Androgenwirkung und hemmt die Umwandlung von
Terminal- in Vellushaarfollikel; Finasterid ist bei Frauen nicht (aus-
reichend) wirksam
4 bei Frauen im Falle von Virilisierungszeichen hormonelles Kontrazep-
tivum mit antiandrogenem Progesteronderivat
4 ggf. autologe Haartransplantation von Einzelhaarfollikeln (»micro-
grafts«) von okzipital in die Alopezieareale
4 Perücke
4 > Memo: nach Absetzen von Finasterid oder Minoxidil kommt es er-
neut zum Haarausfall.
Diagnostik
4 bei typischer Klinik und positivem Zupftest Blickdiagnose
4 ggf. durch Probebiopsie aus Randbereich einer Alopezie-Läsion histo-
logische Sicherung: erhaltene Haarfollikel mit peribulbärem lymphozy-
tären Entzündungsinfiltrat
27.5 · Trichotillomanie
291 27
Therapie Eigene Notizen
4 aufgrund der Neigung zur Spontanremission und bei unbefriedigender
Studienlage ist die Wirksamkeit üblicher Therapieansätze zurückhaltend
zu bewerten
4 anfangs werden meist topische Glukokortikoide eingesetzt; ob das peri-
bulbäre Entzündungsinfiltrat aufgrund der weiten Diffusionsstrecke
erreicht wird, ist allerdings fraglich
4 unterstützend Einnahme von Zinktabletten
4 bei einzelnen Alopezieherden ggf. intraläsionale Kortikoidinjektionen
( ! Cave: Risiko der Hautatrophie!)
4 systemische Kortikoide (1 mg/kg KG) können bei rasch progredienten
Formen wirksam sein, der Langzeiteffekt ist jedoch fraglich ( ! Cave:
Risiko unerwünschter Wirkungen!)
4 Auslösung und Unterhaltung eines chronischen allergischen Kontakt-
ekzems durch einmal wöchentliche epikutane Auftragung des obligaten
Kontaktallergens Diphencypron (DCP) auf die alopezischen Areale
(keine Zulassung!); hierdurch kommt es zur Suppression der gegen die
Haarfollikel gerichteten T-lymphozytären Immunreaktion
4 topische Psoralen-Applikation und anschließende UVA-Bestrahlung
(»Creme-PUVA«)
4 Psychotherapie zur Aufarbeitung von Lebensereignissen als Provokati-
onsfaktoren und zur Unterstützung der psychischen Bewältigungs-
möglichkeiten
27.5 Trichotillomanie
Klinik
4 Häufig finden sich parietal runde bis polyzyklisch begrenzte Alopezie-
Herde mit zonalem Aufbau:
5 zentral wenige mm lange, schlecht fassbare, unregelmäßig ausge-
richtete Haare
5 fehlende Haare mit durch die Epilation verursachten einzelnen
Hämorrhagien
4 verstärktes Auftreten in Phasen psychischer Belastung, z. B. während
Examensvorbereitung
Diagnostik
4 neben dem typischen zonalen Aufbau können die Patienten i. d. R. vom
impulsiven Auszupfen der Haare berichten (Para-Artefakt)
4 beim eigentlichen Artefakt erfolgt die Selbstschädigung in einem disso-
ziativen Bewusstseinszustand und bleibt unbewusst
292 Kapitel 27 · Erkrankungen von Haaren, Nägeln und Schleimhäuten
Eigene Notizen 4 mitunter ist Abgrenzung zur Alopecia areata schwierig; in solchen
Fällen kann eine Biopsie hilfreich sein (histologisch Nachweis von
Hämorrhagien bei Fehlen des für die Alopecia areata charakteristischen
peribulbären lymphozytären Entzündungsinfiltrats)
Therapie
4 je nach zugrunde liegender psychischer Komorbidität verhaltensthera-
peutische, psychoanalytische und/oder psychopharmakologische Kon-
zepte
4 Folliculitis decalvans
5 besonders parietal lokalisierte, staphylogene, chronische, tiefe
Follikulitis mit Pusteln, serösen Krusten und »Büschelhaaren«
(= mehrere Haare treten an der Kopfhaut aus einer gemeinsamen
Follikelöffnung aus)
4 Folliculitis et perifolliculitis capitis abscedens et suffodiens
5 großflächige Kopfhautentzündung mit Einschmelzung und Fistula-
tion
5 bei Druck Eiterentleerung aus weit auseinander liegenden Fistel-
öffnungen
4 auch eine Tinea capitis (am häufigsten hervorgerufen durch Micro-
sporum canis und Trichophyton tonsurans, früher auch durch
Trichophyton Schönleinii) kann unbehandelt zur vernarbenden
Alopezie führen
27.7 Hirsutismus
Klinik
4 Terminalhaare im Bartbereich, prästernal, perimamillär, an der Linea
alba und den Oberschenkelinnenseiten
Diagnostik
4 anamnestische Abklärung von familiärer Disposition, Zyklusunregel-
mäßigkeiten, Anabolikamissbrauch
4 besonders bei ausgeprägten Formen mit schneller Progression und
weiteren Virilisierungszeichen Bestimmung der Sexualhormone mit
Dihydroepiandrosteronsulfat (DHEAS) und Prolaktin sowie Tumor-
ausschluss durch bildgebende Verfahren
294 Kapitel 27 · Erkrankungen von Haaren, Nägeln und Schleimhäuten
27.8 Nagelerkrankungen
27
4 Aufbau des Nagels
5 Nagel besteht aus der Nagelplatte, die aus der Nagelmatrix hervor-
geht
5 Nagelplatte wird seitlich vom lateralen Nagelfalz (Paronychium) be-
grenzt, proximal vom Nagelhäutchen (Eponychium)
5 distal findet sich das Hyponychium, das den freien Nagelrand mit
der Fingerbeere verbindet
4 zahlreiche entzündliche, infektiöse, tumoröse und genetisch determi-
nierte Hauterkrankungen können sich (auch) am Nagelorgan manifes-
tieren: Psoriasis vulgaris, Lichen ruber, Tinea unguium, Paronychie,
Granuloma pyogenicum, M. Bowen, akrolentiginöses Melanom,
M. Darier, u. v. a. m. Auch bei manchen internistischen Erkrankungen
kommt es zu typischen Nagelveränderungen.
4 charakteristische Veränderungen von Nagelplatte und Nagelmatrix:
5 Beau-Furchen: Querrillen der Nagelplatte, können durch unter-
schiedliche Noxen, Infekte, Ekzeme hervorgerufen werden
5 Onycholyse: partielle Ablösung der Nagelplatte vom Nagelbett, z. B.
durch Trauma
5 Onychomadese: Ablösung der Nagelplatte im Bereich der proxima-
len Nagelfalte (Matrixregion)
5 Onychoschisis: horizontale Aufspaltung der Nagelplatte in zwei
Schichten
5 Onychorrhexis: erhöhte Brüchigkeit der Nagelplatte; vom freien
Nagelrand her häufig Aufsplitterung in Längsrichtung
5 Trachyonychie: Rauigkeit der Nagelplatte (»Sandpapiernägel«)
5 Leukonychie: Weißverfärbung der Nägel (punktförmig, streifen-
förmig oder diffus)
5 Pachyonychie: Verdickung der Nagelplatte
5 Koilonychie: löffelförmige, konkave Vertiefung der Nagelplatte
(»Löffelnägel«)
5 Röhrennägel (»pincer nails«): röhrenförmige Verformung der
Nagelplatte
27.10 · Morbus Behçet
295 27
Klinik
4 häufigere »Minor-Variante«
5 wenige, typische, schmerzhafte Aphthen der Mundschleimhaut, die
bis 5 mm groß werden
5 selten an der Genitalschleimhaut lokalisiert
5 pro Jahr mehrere Schübe mit narbenloser Abheilung nach circa
1 Woche
4 seltenere »Major-Variante«
5 bis zu 10 atypische, oft über 1 cm große, tiefreichende, sehr schmerz-
hafte Schleimhautulzerationen in Mund und Pharynx, selten an
anderen Schleimhäuten
5 Abheilung häufig mit Narbenbildung
4 seltene herpetiforme Variante
5 multiple, wenige mm große, schmerzhafte Aphthen in herpetifor-
mer Gruppierung an der Mundschleimhaut ohne Virusnachweis
mit unregelmäßigen Rezidiven
Diagnostik
4 bei ausgeprägten Formen mit Befall auch der Genitalschleimhaut Aus-
schluss von M. Behçet, M. Crohn und Colitis ulcerosa
Therapie
4 Optimierung der Mundhygiene durch antiseptische Mundspülungen
4 Vermeidung von Schleimhautverletzungen beim Kauakt
4 Mundspülungen mit Lokalanästhetika zur Schmerzlinderung
4 topische Glukokortikoide (zubereitet als Haftsalbe)
4 topische Calcineurinantagonisten (Tacrolimus; off-label)
4 bei schweren Formen evtl. Systemtherapie mit Dapson oder Colchizin
Eigene Notizen 4 am häufigsten bei Menschen aus dem östlichen Mittelmeerraum mit
einer Prävalenz von ca. 0,25%, etwas seltener bei Menschen mit Ab-
stammung aus weiteren Ländern entlang der ehemaligen »Seidenstraße«
von Japan/China nach Europa
4 sehr selten bei Individuen sonstiger ethnischer Herkunft
4 Manifestationsalter: meist 3.–4. Lebensdekade
4 Geschlechtsverteilung: ausgewogen
4 Assoziation mit HLA-B51
Klinik
4 klassische Trias:
5 Aphthen der Mundschleimhaut
5 Ulzera der Genital(schleim-)haut
5 Uveitis
4 Aphthen der Mundschleimhaut
27 5 einzeln bis multipel, schmerzhaft, 2 mm bis mehrere cm groß
5 Verlauf rezidivierend, sehr selten beschwerdefreies Intervall
4 genitale Ulzera
5 Läsionen meist tief und über 1 cm groß
5 meist narbige Abheilung an der Genitalschleimhaut, aber auch an
Genitalhaut wie Skrotum und Penisschaft
4 Auge
5 besonders die rezidivierende posteriore Uveitis und die Retina-
vaskulitis können zur Erblindung führen
5 die anteriore Uveitis kann klinisch als Hypopyoniritis imponieren =
Eiterspiegel in der vorderen Augenkammer
4 Haut
5 positives Pathergie-Zeichen: nach intradermaler Injektion von ca.
50 μl physiologischer NaCl-Lösung bildet sich nach 24–48 h eine
rote Papel oder Papulopustel, teilweise mit hämorrhagischer
Komponente
5 sterile Papulopusteln
5 Erythema nodosum
5 bis zu mehrere cm große, runde, rote bis hämorrhagische, suk-
kulente, schmerzhafte Plaques meist an den Beinen
5 Thrombophlebitis migrans
4 Gelenke
5 meist nicht-destruierende, rezidivierende Arthralgien
4 Nervensystem
5 selten mitunter dramatisch verlaufende Meningoenzephalitis
5 multiple neurologische Symptomkonstellationen möglich
4 Gastrointestinaltrakt
5 meist ileozökale Ulzerationen führen zu unspezifischen Bauch-
beschwerden bis hin zum akuten Abdomen
4 Gefäßsystem
5 selten Thrombosen tiefer arterieller oder venöser Gefäße
5 Aneurysmen
27.11 · Leukoplakie
297 27
Diagnostik Eigene Notizen
4 Diagnose gesichert bei Vorliegen aphthöser oraler Ulzerationen (min-
destens 3 Episoden in einem 12-Monats-Zeitraum) und mindestens
2 der nachfolgenden Kriterien
5 rezidivierende genitale Ulzerationen
5 Augenbeteiligung
5 Hautmanifestationen (Erythema nodosum, sterile Papulopusteln)
5 positives Pathergie-Phänomen
Therapie
4 symptomatische Lokaltherapie der Aphthen und Ulzera mit Antiseptika
und Lokalanästhetika, z. B. als Haftsalbe; topische Glukokortikoide
4 systemisch: nicht-steroidale Antiphlogistika, Kortikoide, Colchizin,
Dapson, Thalidomid, Azathioprin, Mycophenolatmofetil, Methotrexat,
Ciclosporin sowie TNF-α- oder Interleukin-1-Rezeptor-Antagonisten
(off-label)
27.11 Leukoplakie
Tag 3 – Dermatologie
28 Erkrankungen
der Talg- und Schweißdrüsen
A. Jung
Klinik
4 Mikrokomedo: nur mikroskopisch nachweisbare ballonartige Aufwei-
tung des Talgdrüsenfollikelinfundibulums durch hyperkeratotische
Hornmassen mit Vellushaaren, Sebum und Bakterien
4 makroskopisch sichtbarer Komedo
5 geschlossener Komedo: kompakter Pfropf im Follikelinfundibulum,
der aus Korneozyten, Sebum, Bakterien und Vellushaaren besteht;
eingeschnürtes Akroinfundibulum
5 offener Komedo: Vergrößerung des Komedonenpfropfes mit Auf-
weitung des Akroinfundibulums und Übergang in offenen Komedo
(»Mitesser«): die braun-schwarze Farbe des Komedos ist durch
Melanin bedingt, das aus dem Akroinfundibulum stammt
4 Erscheinungsformen (zunehmender Schweregrad):
5 Acne comedonica: in den seborrhoischen Arealen mit Betonung
des Gesichts finden sich multiple, offene und geschlossene Kome-
donen
300 Kapitel 28 · Erkrankungen der Talg- und Schweißdrüsen
Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose
4 bei schweren Verläufen Bestimmung von LH, FSH und Testosteron
sowie der Nebennierenrinden-Hormone Androstendion, DHEA-S und
17-OH-Progesteron zur Abklärung androgenproduzierender Tumoren
bzw. eines »late-onset«-adrenogenitalen Syndroms
Therapie
4 erfolgt meist in Form einer Kombinationsbehandlung
4 topische Therapie (in Gel- oder Cremegrundlage)
28 5 Retinoide reduzieren die Komedogenese: Adapalen ist im Vergleich
zu Tretinoin und Isotretinoin weniger hautreizend
5 Benzoylperoxid wirkt antibakteriell ohne Gefahr der Resistenz-
bildung und indirekt antientzündlich
5 Azelainsäure wirkt antibakteriell und antikomedogen
5 > Memo Antibiotika wie Erythromycin oder Clindamycin sollten,
wenn überhaupt, zur Vermeidung einer Resistenzentwicklung nur
kurzdauernd angewendet werden; die Kombination mit Benzoyl-
peroxid minimiert Gefahr der Resistenzbildung.
4 systemische Therapie
5 Antibiotikagabe: z. B. Doxycyclin; supprimiert Propionibacterium
acnes und wirkt antientzündlich; Therapie sollte i. d. R. nicht länger
als 3 Monate erfolgen
5 bei Frauen hormonelle Kontrazeption mit einem Kombinations-
präparat, das neben einem Östrogen ein antiandrogen wirksames
Progesteronderivat enthält (z. B. Cyproteronacetat, Drospirenon
oder Desogestrel)
5 Isotretinoin: Retinoid zur Behandlung schwerer, ansonsten therapie-
resistenter Akneformen (insbes. Acne conglobata) (! Cave Wegen
Teratogenität bei Frauen im gebärfähigen Alter nur in Kombination
mit sicherer Kontrazeption unter monatlicher Durchführung von
Schwangerschaftstests!)
4 Acne neonatorum
5 Auftreten entzündlicher Papeln und Pusteln in den ersten Lebens-
wochen durch Wirkung mütterlicher Androgene oder kurzdau-
ernder Nebennierenrindenaktivierung
5 selbstlimitierender Verlauf
28.3 · Acne inversa (Hidradenitis suppurativa)
301 28
Klinik
4 axillär, inguinal, perigenital, perineal, perianal und submammär,
seltener an Nacken, Kapillitium und Oberschenkeln, finden sich ent-
zündliche Knoten, Zysten und fuchsbauartige Fistelgänge mit eitrig-
fötider Sekretion
Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose
4 bei jahrzehntelangem Verlauf Entwicklung von sekundärer Amyloidose
und Plattenepithelkarzinomen möglich
302 Kapitel 28 · Erkrankungen der Talg- und Schweißdrüsen
28.4 Rosacea
Klinik
4 Beginn mit transienten zentrofazialen Flush-Reaktionen, besonders
nach Einwirkung der oben genannten Provokationsfaktoren
4 Erscheinungsformen (zunehmender Schweregrad):
5 Rosacea erythematosa-teleangiectatica: zentrofazial finden sich
flächige Erytheme und Teleangiektasien
5 Rosacea papulopustulosa: an Wangen und Nase Papeln und Papu-
lopusteln
5 glandulär-hyperplastische Rosacea: zusätzlich aufgrund einer
Gewebehyperplasie Knoten und Plaques, z. B. Rhinophym: knollen-
artige Vergrößerung der Nase durch Gewebehyperplasie
4 Varianten:
5 Rosacea conglobata
J zentrofazial finden sich hämorrhagische Knoten und Plaques mit
derben Strängen und Neigung zur Einschmelzung
J meist bei jungen Frauen
5 Rosacea fulminans
J abrupt einsetzende Maximalvariante mit Knoten und Pusteln
J begleitend Allgemeinsymptome wie Fieber
5 lupoide Rosacea
J bräunlich-rötliche Papeln, die auf Glasspateldruck ein Eigenin-
filtrat erkennen lassen
J histologisch granulomatöse Enzündungsreaktionen (granuloma-
töse Rosacea)
28.5 · Periorale Dermatitis
303 28
4 > Memo In bis zu 50% der Fälle kommt es zur Augenbeteiligung (ver- Eigene Notizen
minderter Lipidgehalt der Tränenflüssigkeit mit erhöhter Reizbarkeit
der Augen, Konjunktivitis, Keratitis).
Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose
4 ggf. ophthalmologische Konsilaruntersuchung
Therapie
4 Vermeidung von Triggerfaktoren (s. oben)
4 topische Therapie (in Gel- oder Cremegrundlage)
5 Metronidazol (Mittel der 1. Wahl)
5 Alternativen: Azelainsäure, Adapalen, Permethrin, topische Anti-
biotika wie Clindamycin und Erythromycin
4 systemische Therapie
5 systemische Antibiotika (Doxyzyklin als Mittel der 1. Wahl; Alter-
nativen: Makrolide, Metronidazol)
5 Isotretinoin (! Cave Wegen Teratogenität bei Frauen im gebär-
fähigen Alter nur in Kombination mit sicherer Kontrazeption!)
4 physikalische/operative Therapie
5 Laserbehandlung von Teleangiektasien
5 Operation insbesondere beim Rhinophym: Wiederherstellung der
Nasenkontur mittels Shaving, Dermabrasion oder anderer ablativer
Verfahren
Klinik
4 nasolabial und perioral mit Aussparung der Lippenränder finden sich
monomorphe, wenige mm große rote Papeln und Papulopusteln, teil-
weise mit feinlamellöser Schuppung
4 ähnliche Läsionen auch periokulär und an der Stirn möglich
4 Pruritus, Brennen
Diagnostik
4 klinische Blickdiagnose
4 positive Anamnese hinsichtlich der (exzessiven) Anwendung von Ge-
sichtskosmetika und topischen Glukokortikoiden
304 Kapitel 28 · Erkrankungen der Talg- und Schweißdrüsen
28.6 Hyperhidrose
Klinik
4 generalisiert
5 in vielen Körperregionen großflächige Schweißflecken der Beklei-
dung wie nach ausgiebiger körperlicher Anstrengung
5 anfallartiges Schwitzen ohne Anlass bzw. inadäquat übersteigert in
Beziehung zum Anlass
4 lokalisiert
5 palmoplantar: nasse bis triefende Handflächen oder Fußsohlen
(nasse Socken)
5 axillär: großflächige Schweißflecken der anliegenden Kleidung mit
Schweißrändern
4 Sonderform: aurikulotemporales Syndrom (Frey-Syndrom)
5 sekretomotorische Nervenfasern wachsen z. B. nach einer Parotis-
operation fehlgeleitet in einen Trigeminusast ein
5 Folge gustatorischen Schwitzens (umschriebene Hyperhidrose bei
Nahrungsaufnahme)
Diagnostik
4 anamnestisch Klärung, ob lokalisierte oder generalisierte Hyperhidrose
4 ggf. Diagnostik zum Ausschluss zugrunde liegender Erkrankungen
28.7 · Hypohidrose und Anhidrose
305 28
Therapie
4 topische Therapie
5 10–20% Aluminiumchloridhexahydrat in Gelgrundlage oder mittels
Deoroller abends mehrmals wöchentlich bis täglich zur Okklusion
des Akrosyringiums (zuvor gründliches Abtrocknen der Haut; wirkt
bei zu häufiger Anwendung irritativ)
5 Iontophorese: Behandlung durch schwachen Gleichstrom palmo-
plantar im Wasserbad bzw. axillär mit Pads;
5 intradermale Injektionen mit Botulinumtoxin A (hemmt die
Freisetzung von Acetylcholin aus cholinergen Neuronen; zugelassen
für die axilläre Hyperhidrose; Wiederholung der Injektionen alle
4–6 Monate erforderlich)
5 als Ultima ratio: operative Kürettage axillärer Schweißdrüsen; Sym-
pathektomie
4 systemische Therapie
5 Salbei-Dragees
5 Anticholinergika (Bornaprin, Methantheliniumbromid)
Tag 3 – Dermatologie
Diagnostik
4 Anamnese
4 ANA, Antikörper gegen extrahierbare nukleäre Antigene (ENA)
Therapie
4 Erkennung und Behandlung möglicher Grunderkrankungen
4 Vermeiden von Triggerfaktoren (Kälte, Nikotinkonsum)
4 ggf. Kalziumantagonisten (Nifedipin) oder Angiotensin-II-Rezeptor-
Blocker (Sartane)
4 topische Nitrate werden wegen möglicher paradoxer Reaktionen nicht
mehr eingesetzt
4 in ausgeprägten Fällen ggf. Prostaglandin-Agonisten oder Sildenafil
(off-label)
29.2 Livedoerkrankungen
Klinik
4 Leitsymptome kutaner Vaskulitiden (abhängig von der Größe der be-
troffenen Gefäße)
5 Petechien und Purpura (aufgrund des hydrostatischen Drucks be-
sonders an unteren Extremitäten)
5 Livedo reticularis
5 Ulzera
5 subkutane Knoten
5 Nekrosen
4 Zeichen extrakutaner (systemischer) Beteiligung
5 Fieber, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Nachtschweiß
5 Kurzatmigkeit, Husten, blutiger Auswurf bei pulmonaler Beteiligung
5 Brustschmerz, Kopfschmerzen, Zeichen der Herzinsuffizienz bei
kardialer Beteiligung
5 abdominale Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen, blutiger Stuhl bei gas-
trointestinaler Beteiligung
5 Hämaturie, Proteinurie, Ödeme bei renaler Beteiligung
5 Arthralgien, Myalgien bei Beteiligung von Gelenken und Muskeln
5 Kopfschmerzen, Benommenheit, Muskelschwäche, Parästhesien
bei neurologischer Beteiligung
Klassifikation
4 derzeit am meisten verwendete Klassifikation (Chapel Hill, 1994) ba-
siert im wesentlichen auf histologischen Kriterien, berücksichtigt aber
kutane Formen der Vaskulitiden nicht in ausreichender Weise
4 Einteilung richtet sich nach der Größe der vorwiegend betroffenen Ge-
fäße (. Tabelle)
Therapie
4 Erkennung und Behandlung zugrunde liegender oder assoziierter
Erkrankungen
29 4 medikamentöse Therapie richtet sich nach Ausmaß und Schwere insbe-
sondere der systemischen Beteiligung; eingesetzt werden:
5 systemische Glukokortikoide, ggf. in Kombination mit Azathioprin,
Mycophenolatmofetil, Methotrexat oder Cyclophosphamid
5 ggf. intravenöse Immunglobuline (IVIg), Rituximab, TNF-Antago-
nisten
Klinik
4 häufig Sehstörungen (Doppelbilder, Amaurosis fugax, Optikusneuro-
pathie), Kopfschmerzen
4 selten Hautbeteiligung mit Ulzerationen
Therapie
4 gutes Ansprechen auf systemische Glukokortikoide, ggf. in Kombinati-
on mit Methotrexat
29.3.2 Takayasu-Arteriitis
Klinik
4 in 50% der Fälle Hautbeteiligung mit Livedo reticularis, ausgestanzt
wirkenden Ulzera und schmerzhaften subkutanen Knoten
4 Fieber- und Gewichtsverlust, Abdominalschmerzen, Arthralgien,
Myalgien, Mononeuritis multiplex, renale Hypertonie, Orchitis
Diagnostik
4 wegweisend sind neben der Histologie (Mikro-)Aneurysmen renaler
und mesenterialer Gefäße
4 ANCA fehlen!
Therapie
4 Behandlung zugrunde liegender Infekte
4 systemische Glukokortikoide
29.3.4 M. Kawasaki
(mukokutanes Lymphknotensyndrom)
Klinik
4 fieberhafter Beginn mit Konjunktivitis, Erdbeerzunge, rissigen Lippen
4 ödematöse Schwellung der Hände und Füße, später Desquamation
4 polymorphes Exanthem
4 zervikale Lymphknotenschwellung
4 im Vordergrund steht die Herzbeteiligung mit Aneurysmen der Koro-
narien, Myokarditis, Perikarderguss und Herzinsuffizienz
Therapie
4 intravenöse Immunglobuline (IVIg)
312 Kapitel 29 · Erkrankungen des Gefäßsystems
Klinik
4 in 40% der Fälle Hautbeteiligung mit Purpura, oralen Ulzerationen,
subkutanen Knoten und papulonekrotischen Läsionen besonders an
den Extremitäten
4 Epistaxis, Nasenseptumperforation, Sattelnase, Dyspnoe, Husten, blu-
tiger Auswurf
4 Glomerulonephritis
Diagnostik
4 wegweisend sind Antikörper gegen zytoplasmatische Antigene von
Neutrophilen (= ANCA, meist c-ANCA mit anti-PR3)
Therapie
4 systemische Glukokortikoide in Kombination mit Azathioprin, Metho-
29 trexat oder Cyclophosphamid
4 intravenöse Immunglobuline (IVIg), Rituximab
Klinik
4 Beginn mit oft jahrelang persistierenden Symptomen einer allergischen
Rhinitis und Asthma, später auch Eosinophilie
4 nach Jahren Entwicklung einer granulomatösen Systemvaskulitis,
in 50% der Fälle Hautbeteiligung mit Purpura, subkutanen Knoten,
papulonekrotischen Läsionen; gelegentlich Livedo reticularis und
Urticaria
4 häufig Mononeuritis multiplex, gelegentlich Glomerulonephritis
Diagnostik
4 wegweisend sind ANCA (meist p-ANCA mit anti-MPO)
Therapie
4 systemische Glukokortikoide
29.3 · Vaskulitiden
313 29
29.3.7 ANCA-positive Vaskulitiden: mikroskopische Eigene Notizen
Polyangiitis
Klinik
4 Beginn mit Fieber, Gewichtsverlust, Arthralgien und Myalgien
4 in 50% der Fälle Hautbeteiligung mit Purpura, subkutanen schmerz-
haften Knoten, Ulzerationen, Livedo reticularis
4 in 90% Glomerulonephritis
4 Lungenbeteiligung
4 Mononeuritis multiplex
Diagnostik
4 wegweisend sind ANCA (c-ANCA mit anti-PR3 und p-ANCA mit anti-
MPO)
Therapie
4 systemische Glukokortikoide; falls nicht ausreichend, Kombination mit
Cyclophosphamid, Azathioprin, Mycophenolatmofetil oder intrave-
nösen Immunglobulinen (IVIg)
29.3.8 Immunkomplex-Vaskulitiden
Pathogenese
4 Vaskulitis der kleinen Gefäße, die durch Ablagerung von Immunkom-
plexen an der Gefäßwand ausgelöst wird
4 Neutrophile werden dadurch an die Gefäßwand attrahiert und aktiviert;
sie schädigen das Gefäß und gehen dabei selbst zugrunde (histologisch
sichtbar als »Kernstaub« in der Gefäßumgebung (Leukozytoklasie,
leukozytoklastische Vaskulitis))
4 es kommt zum Austritt von Erythrozyten aus dem Gefäßlumen (klinisch
als Petechie/Purpura wahrnehmbar)
4 Immunkomplexe (aus Antigen und Antikörper) entstehen insbesondere
bei Antigenexzess unterschiedlicher Ursache:
5 Infektionen bakterieller (Streptokokken, Mykoplasmen, Mykobak-
terien) oder viraler Genese (Hepatitis-C, -B, -A; Parvovirus B19,
HIV)
5 im Kontext entzündlicher Erkrankungen (Kollagenosen, rheumato-
ide Arthritis, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen)
314 Kapitel 29 · Erkrankungen des Gefäßsystems
Klinik
4 aufgrund des hydrostatischen Drucks meist an den unteren Extremi-
täten auftretende dunkelrote Maculae, später Petechien und Purpura
(. Abb. 41, Farbteil)
4 Petechien können konfluieren und in ausgeprägten Fällen nekrotisie-
ren; es resultieren Ulzerationen; selten auch Schleimhautbefall
4 häufig Allgemeinsymptome wie Fieber, Gewichtsverlust, Arthralgien,
Myalgien
4 gelegentlich gastrointestinale, renale und neurologische Symptome, die
auf eine Systembeteiligung verweisen können
4 bei Purpura Schönlein-Henoch häufig Abdominalschmerzen, blutiger
Stuhl, Erbrechen und renale Beteiligung (Hämaturie, milde Proteinurie)
Diagnostik
29 4 Histologie mit Nachweis einer leukozytoklastischen Vaskulitis
4 direkte Immunfluoreszenz mit Nachweis von IgG>IgM>IgA und C3 an
Gefäßwänden; bei Purpura Schönlein-Henoch Nachweis von IgA und C3
4 Nachweis von IgA-Ablagerungen deutet insbesondere bei Erwachsenen
auf einen schwereren Verlauf hin
Therapie
4 eine auf die Haut beschränkte Immunkomplexvaskulitis kleiner Gefäße
bessert sich häufig bereits nach Vermeidung des identifizierten Trigger-
faktors unter supportiven Maßnahmen (Hochlagerung bzw. Kompres-
sionsbehandlung der unteren Extremitäten)
4 bei sich andeutenden Nekrosen und Ulzerationen Einsatz systemischer
Glukokortikoide, bei längerer Bestandsdauer ggf. auch Dapson oder
Colchicin
4 bei der Purpura Schönlein-Henoch kann der Einsatz systemischer
Glukokortikoide die Abheilung beschleunigen
Klinik
4 Beginn meist an den unteren Extremitäten mit schmerzhafter hämor-
rhagischer Papel oder Papulopustel, seltener Vesikel, auf rotviolettem
Grund
29.4 · Pyoderma gangraenosum
315 29
Diagnostik
4 positives Pathergiephänomen (wie bei M. Behçet, 7 Abschn. 27.10):
Traumen, z. B. im Rahmen chirurgischer Eingriffe, können ulzerieren-
de Hautläsionen hervorrufen
4 Histologie: unspezifisch; Neutrophilen-dominiertes Infiltrat, häufig
begleitet von Leukozytoklasie
4 direkte Immunfluoreszenz: unspezifisch
4 Labordiagnostik: Differenzialblutbild, Serumelektrophorese, Immunfi-
xation; ANA, ANCA; Luesserologie
4 Bakteriologie: Pusteln sind steril
4 ggf. gastroenterologische (Koloskopie), hämatologische (Knochen-
marksstanze) und rheumatologische Konsilaruntersuchungen
Differenzialdiagnose
4 Infektionen (Streptokokken-Gangrän, Ecthyma, Lues im Stadium III,
tiefe Mykosen, atypische und typische Mykobakteriosen)
4 Ulzera venöser oder arterieller Genese
4 Vaskulitiden und Pannikulitiden
4 Malignome (Basalzellkarzinome, Plattenepithelkarzinome, kutane T-
und B-Zell-Lymphome)
4 neutrophile Dermatosen: Sweet-Syndrom (= akute febrile neutrophile
Dermatose; meist postinfektiöse, seltener paraneoplastische Erkran-
kung, bei der es zur Ausbildung schmerzhafter, sukkulenter Plaques
kommt; geht mit Fieber, Leukozytose und erhöhtem CRP einher), M.
Behçet
Therapie
4 Erkennung und Behandlung assoziierter Erkrankungen
4 systemische Glukokortikoide und superpotente topische Glukokorti-
koide (Clobetasol)
4 in milderen Fällen Dapson oder Clofazimine
316 Kapitel 29 · Erkrankungen des Gefäßsystems
29.5.1 Varikose
Therapie
4 Kompressionsbehandlung mit Kompressionsstrümpfen (Klasse II–III)
4 Sklerosierung von Besenreisern und retikulären Varizen durch Ver-
ödungsmittel
4 endoluminale Lasertherapie
4 operative Entfernung insuffizienter epifaszialer Venen durch Stripping
mit Krossektomie und Ligatur der Perforansvenen
29.5 · Erkrankungen der Venen
317 29
29.5.2 (Thrombo-)Phlebitis Eigene Notizen
Therapie
4 Kompression, Kühlung, ggf. nichtsteroidale Antiphlogistika; bei Variko-
phlebitis zusätzlich Heparinisierung und Stichinzision zur Thrombus-
entfernung
Therapie
4 Kompression
4 sofortige Heparinisierung in therapeutischer Dosierung; überlappend
Beginn einer Therapie mit Vitamin K-Antagonisten
4 ggf. Lysetherapie oder interventionelle Thrombektomie
Klinik
4 Corona phlebectatica paraplantaris: plantar seitlich angeordnete Besen-
reiser
4 Ödem
4 Hyperpigmentierung: gelblich-bräunliche Verfärbung durch ab-
gelagertes Hämosiderin abgebauter Erythrozyten (Purpura jaune
d’ocre)
4 Lipodermatosklerose: Induration und Fibrosierung des subkutanen
Gewebes
318 Kapitel 29 · Erkrankungen des Gefäßsystems
Therapie
4 Kompressionstherapie mit Kompressionsstrümpfen bzw. im Falle des
Vorliegens venöser Ulzera mit Kurzzugbinden (Cave: bei peripher arte-
29 rieller Verschlusskrankheit ist Kompression nicht indiziert)
4 vorzugsweise mechanisches Débridement der Ulzera, ggf. auch enzy-
matisch oder biochirurgisch (Maden)
4 Versorgung der Ulzera mit adäquaten Wundauflagen (z. B. Hydrogele,
Hydrokolloide, Alginate, Polyurethanschaumstoffe, ggf. mit Silberbe-
schichtung zur Antisepsis)
4 Einsatz antiseptischer Lokaltherapeutika in der Ulkusumgebung
( ! Cave Sensibilisierung mit Entwicklung eines allergischen Kontakt-
ekzems!)
4 im Falle von Infektionen (nicht bei Kolonisation!) systemische Anti-
biotika, möglichst nach Antibiogramm
4 ggf. Vakuumversiegelung
4 ggf. operative »Shave«-Exzision der Ulzera mit anschließender Spalt-
hauttransplantation, ggf. Fasziotomie
4 soweit möglich, kausale Therapie mit operativer Entfernung insuffizi-
enter epifaszialer Venen durch Stripping mit Krossektomie und Ligatur
der Perforansvenen
Klinik
4 eindrückbare Schwellungen besonders in abhängigen Körperpartien
4 Stemmer-Zeichen: die Haut über den Zehen kann nicht mit den Fingern
als Falte abgehoben werden
4 ggf. Elephantiasis (ausgeprägte unförmige Schwellungen)
4 bei längerer Bestandsdauer der Lymphödeme verruziforme Hyperkera-
tosen und papillomatöse Plaques
4 Komplikationen: sekundäre Infektionen, insbesondere Erysipel
Diagnostik
4 Abklärung möglicher Grunderkrankungen
4 Infektionsdiagnostik
4 ggf. bildgebende Diagnostik
Therapie
4 soweit möglich, Behandlung der Grundkrankheit
4 Kompressionstherapie mit Kompressionsstrümpfen der Klassen II, III
oder IV
4 physikalische Entstauungstherapie
4 gute Hautpflege unter Einbeziehung antiseptischer Externa zur Ver-
meidung infektiöser Komplikationen
4 Sanierung möglicher Eintrittspforten
320 Kapitel 29 · Erkrankungen des Gefäßsystems
Klinik
4 Ulzerationen an mechanisch belasteten Stellen durch repetitive (Baga-
tell-)Traumen, Druck (enges Schuhwerk) und Scherkräfte besonders an
der Plantarseite über den Metatarsalköpfchen sowie an (Groß-)Zehen
und Fersen
4 Ulzera wirken wie ausgestanzt und sind häufig von einem Kallussaum
umgeben
4 Okklusion besonders der tibialen und peronealen Arterien, während
die A. poplitea meist gut palpabel ist
4 Komplikationen: Infektionen (Erysipel, Phlegmone, Tinea pedum,
Osteomyelitis), Gangrän
Diagnostik
4 Labordiagnostik (Glucose und HbA1c; CRP und Blutbild zur Diagnos-
tik von Infekten)
4 mikrobiologische Abstriche von Ulzera
4 bei Ulzerationen unklarer Ätiologie Entnahme einer Probebiopsie zum
Ausschluss von Malignomen, Vaskulitis und Pannikulitis
4 Duplexsonographie der Arterien; ggf. MRT-Angiographie
4 bei Verdacht auf Osteomyelitis Bildgebung (Röntgen, MRT bzw.
Knochenszintigraphie)
Differenzialdiagnose
4 Ulzera anderer Genese (bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit,
Vaskulitis, Malignomen, Pyoderma gangraenosum u. a. m.)
29.7 · Diabetische Ulzera
321 29
Therapie Eigene Notizen
4 Druckentlastung und Vermeidung von Deformitäten durch angemes-
senes orthopädisches Schuhwerk
4 Vermeidung von Bagatelltraumen
4 gute Fußpflege unter Einbeziehung antiseptischer Externa zur Ver-
meidung infektiöser Komplikationen
4 Optimierung der metabolischen Einstellung
4 Débridement der Ulzera und Versorgung mit Wundauflagen (Hydrogel,
Hydrokolloid, Alginat)
4 im Falle von Infektzeichen systemische Antibiotikagabe
4 topische Antimykotika bei Vorliegen einer Tinea pedum
4 ggf. chirurgische Revaskularisation; Amputation als Ultima ratio
30
Tag 3 – Dermatologie
30 Proktologie
P. Mayser
Klinik
4 meist bei 3°°, 7°° und 11°° in Steinschnittlage
4 Grad I
5 nur proktoskopisch sichtbare vergrößerte Hämorrhoidalknoten
5 gelegentlich Blutung
4 Grad II
5 insbesondere beim Pressen Prolaps der Knoten aus dem Analkanal
5 spontane Retraktion
5 Symptome: Blutung, Nässen, Juckreiz
4 Grad III
5 permanentes Prolabieren bei Druck, aber noch reponibel
5 Symptome: Blutung, Nässen, Juckreiz, Ekzem
4 Grad IV
5 Analprolaps, nicht reponibel
5 ggf. Schmerzen infolge von Inkarzeration und/oder Thrombosie-
rung
Diagnostik
4 Inspektion der Analregion, ggf. auch unter Pressen, Palpation
4 Proktoskopie
Therapie
4 ballaststoffreiche Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Ver-
meidung zu starken Pressens bei der Defäkation; keine Laxanzien
4 »Analgymnastik«: ggf. unter Verwendung eines Analdehners mehrmals
täglich Analsphinkter kontrahieren
4 Sklerosierungsbehandlung (»Verödung«) und Gummibandligatur bei
Grad I-II, operativ-chirurgische Therapie bei Grad III und IV
4 Externa (Cremes, Salben, Suppositorien) allenfalls kurzfristig zur sym-
ptomatischen Anwendung
4 ! Cave Langfristige Anwendung von Externa sollte bei Hämorrhoidal-
leiden vermieden werden, da hohes Risiko einer Typ-IV-Sensibilisie-
rung mit Entwicklung eines Kontaktekzems.
324 Kapitel 30 · Proktologie
Klinik
4 besonders nach Defäkation ausgeprägte Schmerzsymptomatik, da-
her Vermeidungsverhalten mit resultierender Obstipation (Teufels-
kreis)
4 fibrinös belegte, einige Millimeter breite Fissur bzw. Ulkus mit ver-
härtetem Randwall
4 proximal hypertrophe Analpapille, distal vor der Fissur sogenannte Vor-
postenfalte
4 erhöhter Sphinktertonus
Therapie
4 Stuhlregulation
30 4 Unterspritzen mit Lokalänasthetika
4 Auftragen von Glycerolnitrat-Creme mehrmals täglich zur Reduktion
des Spinktertonus (unerwünschte Wirkungen: Kopfschmerz, Blut-
druckabfall)
4 Injektion von Botulinumtoxin (unerwünschte Wirkung: passagere In-
kontinenz)
4 chronische Fissuren erfordern chirurgische Sanierung
30.2.2 Anorektalfisteln
Klinik
4 Schmerzen, bei Verhalt Fieber
4 aus der leicht geröteten perianalen Öffnung entleert sich auf Druck
Eiter
30.2 · Fissuren und Fisteln der Anal- und Rektalregion
325 30
Diagnostik Eigene Notizen
4 palpatorisch verdickter Knoten der Ausgangskrypte/-papille
4 Rektoskopie
4 Darstellung komplexer Fistelverläufe mittels MRT des Beckenbodens
Therapie
4 operative Fistelspaltung und Abszessdrainage unter Schonung des Kon-
tinenzapparates
4 ggf. Fadendrainage
30.2.3 Analvenenthrombose
Klinik
4 akute Entwicklung eines sehr schmerzhaften, prallelastischen, blauroten
Knotens am Analring
4 Abheilung oft mit einer Mariske (perianale, schlaffe, fibrosierte Haut-
falte), keine Füllung beim Pressen
Therapie
4 Stichinzision in Lokalanästhesie zur Entfernung der Koagula
4 nach Beschwerderückgang proktologische Untersuchung und evtl. The-
rapie eines zugrunde liegenden Hämorrhoidalleidens
4 Marisken: bei erschwerter Analhygiene Abtragung vergrößerter
Marisken
31
Tag 3 – Dermatologie
31 Andrologie
A. Jung
Diagnostik
4 klinische Untersuchung im Stehen, um eine Varikozele mittels Valsalva-
Manöver (Blutrückfluss bei Bauchpresse im Plexus pampiniformis)
verifizieren zu können
4 Normalbefund: Samenleiter als derber Strang ausgehend vom Neben-
hoden gut tastbar
4 sonographische Darstellung von Hoden, Nebenhoden, Bläschendrüsen
und Prostata
4 entsprechen Stimmlage, Körperbehaarung, Körperproportion, Bart-
wuchs und Geheimratsecken dem männlichen Phänotyp, so ist Andro-
genmangel unwahrscheinlich
4 vermindertes Hodenvolumen (Norm: pro Seite jeweils ≥12 ml) kann auf
gestörte Spermatogenese hinweisen
4 höckrige Hodenoberfläche bei Vorliegen eines Hodentumors
328 Kapitel 31 · Andrologie
Parameter Untergrenze
(95%-Perzentile)
Gesamtmotilität (%) 40
Vitalität (%) 58
Spermatozoenmorphologie (Normalformen in %) 4
Tag 4 – HNO
32 Ohr, Otobasis
M. Westhofen
Grad II äußere Form erhalten, jedoch Defizit an Haut und/oder Knorpel mit Not-
wendigkeit des plastischen Ersatzes bei Korrektur, äußerer Gehörgang oft
verengt
Grad III vollständiges oder nahezu vollständiges Fehlen des äußeren Ohrs, Lobulus
ventralwärts verlagert, äußerer Gehörgang fehlt oder stark verengt
Ätiologie
4 chromosomale Aberrationen (Gen 5q32-3.1.)
4 embryonale oder fetale externe Schädigung (z. B. Röteln)
4 gemeinsam mit mandibulofazialer Fehlbildung (Francheschetti-
Syndrom, Berry-Treacher-Collins-Syndrom) (7 Abschn. 32.4.1)
334 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis
Punkte Kriterium
2 Stapes vorhanden
1 Mittelohrkavität vorhanden
1 Hammer/Amboss beteiligt
1 Mastoid pneumatisiert
1 Amboss-Stapes-Verbindung erhalten
Diagnostik
4 Inspektion, Photodokumentation
4 Ausmessen Concha-Mastoid-Winkel, Helix-Mastoid-Abstand
4 ggf. Sondierung der Fistel
4 Mikrootoskopie
4 Prüfen der Luft- und Knochenleitungsschwelle im Vorschulalter durch
objektive Audiometrieverfahren mittels BERA
4 ggf. ASSR (Tieftonhören), positive Befunde oft bei Typ-II-Fehlbildung
(s. oben)
32.1 · Erkrankungen des äußeren Ohrs
335 32
Therapie Eigene Notizen
4 Makrotie
5 operative Verkleinerung nach Cheyne und Burghard
5 nach Gersuny durch Haut- und Knorpelresektion
4 Mikrotie
5 2–4 Schritte zum Aufbau (Knorpelgewinnung aus Rippe, Ohr-
läppchenpositionierung, Formen der retroaurikulären Falte, Tragus-
aufbau)
5 alternativ Implantation einer Polyethylenform und parietotempora-
lem Faszien- und/oder Kutislappen (nach Berghaus)
5 Beginn im 4.–7. Lebensjahr
5 Hörverbesserung durch knochenverankertes Hörgerät oder besser
durch Mittelohrimplantat (MOI) (. Abb. 46i, Farbteil), einem Im-
plantat, das durch elektromechanischen Wandler die Gehörknöchel-
chenkette bewegt. Energie und Signal zur Ansteuerung des Im-
plantats werden von außen durch einen batteriegetriebenen Audio-
prozessor durch die geschlossene Haut gesendet und dort dekodiert
und an den elektromechanischen Wandler weitergegeben (. Abb.
42, Farbteil)
5 ggf. Cochlea-Implantat (CI) bei kochleärer Gehörlosigkeit oder
Ertaubung auch bei unilateralem Befund (. Abb. 43, Farbteil)
4 Otabtosis
5 Resektion – oder besser Anschleifen – des Knorpels mit Nahttechnik
von retroaurikulärem Zugang
5 Hautresektion
4 Fistel, Zyste
5 Exzision nach Farbstoff-Gel-Füllung, ggf. unter Fazialismonitoring
32.1.2 Atherome
Klinik
4 derber Knoten periaurikulär, größenprogredient, dann oft teigig, prall
oder fluktuierend
4 Superinfektion mit akuter Rötung und Schwellung, Druckgefühl und
Schmerz
Diagnostik
4 Inspektion
4 Palpation
4 Differenzialdiagnose: Halslymphknotenschwellung
Therapie
4 Exzision
4 ggf. bei Superinfektion vorausgehend lokale Therapie (Betaisodona)
und systemische Antibiotikagabe (Clindamycin oder Flucloxacillin)
336 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis
Diagnostik
4 Inspektion: Verstreichen des Reliefs
4 Photodokumentation obligat
4 Palpation: weiche, prall-elastische Schwellung ohne Rötung
Therapie
4 Inzision von retroaurikulär wahlweise in Lokalanästhesie
4 Knorpelfensterung
4 Entfernen des Seroms/Hämatoms von der Rück- und Vorderseite des
Ohrs
4 Matratzennähte über Schaumstoffplatten
Klinik
32 4 oft Schmutztätowierung
4 abgetrennte Knorpelanteile werden bisweilen mitgebracht
4 > Memo Knorpel kann wegen seiner bradytrophen Eigenschaft reim-
plantiert werden.
4 bei Erfrierung bläuliche Verfärbung und Nekrosen (Pernio)
Diagnostik
4 Inspektion
4 Photodokumentation obligat
4 Prüfen des Tetanusschutzes
Therapie
4 abgetrennten Knorpel in frischem Zustand säubern, desinfizieren und
in retroaurikuläre Hauttasche implantieren
4 chirurgisches Débridement der Wundränder an Haut und Knorpel
4 primäre Naht innerhalb von ca. 6 h
32.1 · Erkrankungen des äußeren Ohrs
337 32
32.1.4 Entzündungen des äußeren Ohrs Eigene Notizen
und des Gehörgangs
Perichondritis, Erysipel
4 Erysipel: akute Entzündung der Subkutis retroauriculär und des äuße-
ren Ohrs unter Einschluss des Lobulus meist einseitig lokalisiert meist
durch Streptococcus pyogenes Gruppe A und Ausbreitung über lokale
Lymphwege
4 Perichondritis: akute Entzündung der perichondralen Schicht durch
Hautverletzung, ohrnahe Furunkel oder fortgeleitet bei Otitis externa
meist einseitig meist durch Streptococcus pyogenes Gruppe A
4 rezidivierendes Auftreten meist beidseitig bei rezidivierender Polychon-
dritis (Meyenburg-Altherr-Uehlinger-Syndrom) = Autoimmunopathie
Klinik
4 hochakute Rötung und schmerzhafte Schwellung bei Perichondritis un-
ter Aussparung des Lobulus. Lokale Lymphknotenvergrößerung
4 Ausbreitung in Gesichtsweichteile und Parotisloge
Diagnostik
4 Inspektion
4 Photodokumentation
4 bei rezidivierendem Auftreten Biopsie des Knorpels
Therapie
4 Cephalosporin 2. Generation (Cefuroxim) i.v.
4 lokal Sprühdesinfektion
4 ggf. Salben mit Gentamicin oder Betaisodonna
4 bei rezidivierender Polychondritis Prednisolon oral (60 mg/Tag), bei
Generalisierung Immunsuppression (Imurek 10 mg/Tag)
Klinik
4 Frühphase mit Bläschenbildung und Schmerz
4 zeitlich abfolgende Funktionsausfälle
5 periphere Fazialisparese
5 Hörminderung ipsilateral
5 Schwindelbeschwerden
5 Schmeckstörung bei Beteiligung der Chorda tympani
4 Superinfektion möglich
338 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis
Therapie
4 Aciclovir i.v. (5 mg/kg KG 4× täglich über 7 Tage)
4 Prednisolon 60 mg/Tag über 2 Tage, dann abfallend
4 Analgetika
Otitis externa
4 akute Dermatitis nach Verletzung z. B. bei Gehörgangssäuberung,
Rhagaden, fortgeleitet bei Furunkel des Gehörgangseingangs, bei akuter
Parotitis
4 Superinfektion bei atopischer Dermatitis des äußeren Gehörgangs (An-
algetikaintoleranz, Allergie, Kontaktallergie auf Hörgerätepassstück,
Haarspray)
4 Komplikation bei Otorrhoe: Superinfektion des feuchten äußeren
Gehörgangs mit Pilzen (Gehörgangsmykose), bei ungepflegter Radikal-
32 höhle Superinfektion unter Krusten und Zerumen
4 maligne Otitis externa (7 Abschn. 32.1.5)
5 chronischer Verlauf als Komplikation des Diabetes mellitus mit
nekrotisierender Ostitis des Felsenbeins und Beteiligung der Ge-
hörgangshaut
5 Besiedlung mit Pseudomonas aeruginosa
5 progrediente Hirnnervenausfälle Nn. VII, VIII
5 unbehandelt Risiko der Meningitis, Hirnabszess, letaler Ausgang
Klinik
4 Tragusdruckschmerz
4 Otalgie
4 Otorrhoe ggf. fötide
4 Verschwellen des Gehörgangs mit Schallleitungsschwerhörigkeit
4 Vorwölbung der Gehörgangshinterwand (Pseudomastoiditis)
Diagnostik
4 Medikamenten- und Berufsanamnese
4 mikrobiologischer Abstrich
4 bei chronischem Verlauf Allergietestung
4 Mikrootoskopie
32.1 · Erkrankungen des äußeren Ohrs
339 32
Therapie
4 lokale Desinfektion mit alkoholischer Fuchsinlösung
4 Antibiotika systemisch und lokal durch Salbenstreifen nach Abstrich-
ergebnis
4 ! Cave Keine ototoxischen Antibiotika in Tropfenform bei Trommel-
fellperforation oder liegendem Paukenröhrchen!
4 bei maligner Otitis externa (7 Abschn. 32.5.4): Ciprofloxazin i.v., früh-
zeitige operative Resektion des osteomyelitischen Knochens durch Fel-
senbeinteilresektion
Klinik
4 Chondrodermatitis nodularis chronica helicis: schmerzhaftes Knöt-
chen am Helixrand meist ca. 5 mm Durchmesser, zentrale Ulzeration
4 Basalzellkarzinom: s. unten
4 Plattenepithelkarzinom (Spinaliom): in 20% der Fälle lymphogene Me-
tastasierung
4 malignes Melanom: s. unten, Einteilung . Tabellen
4 bei den drei o. g. Tumoren ist eine sichere Differenzierung anhand kli-
nischer Kriterien nicht möglich. Das melanotische maligne Melanom
fällt durch die Schwarzfärbung auf, bei amelanotischen Melanomen
fehlt die Schwarzfärbung. Meist liegt bei malignen Tumoren eine zen-
trale Ulzeration mit Randwall vor. Exophytische Tumoren mit ulze-
rierter wie auch mit geschlossener Oberfläche kommen vor
340 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis
Eigene Notizen Clark-Level des malignen Melanoms, Einteilung des Stadiums nach Eindring-
tiefe
Level I Tumorausbreitung intraepidermal
Diagnostik
4 Inspektion
4 Photodokumentation als obligater Bestandteil der Tumordiagnostik
32 4 Exzision
4 Ausschluss maligner Tumoren (Basalzellkarzinom, Spinaliom, malignes
Melanom) durch histopathologische Untersuchung
4 Echographie der Halslymphknoten
Therapie
4 Chondrodermatitis nodularis chronica helicis
5 Exzision
5 plastische Defektdeckung oder primärer Verschluss
4 Basalzellkarzinom
5 lokale Exzision in den gesunden Grenzen
5 plastische Defektdeckung oder primärer Verschluss
4 Plattenepithelkarzinom (Spinaliom)
5 lokale Exzision mit 5–8 mm Sicherheitsabstand, regionäre Lappen-
plastik durch Transpositions-, Rotations- oder Insellappen
5 abhängig vom Tumorstadium operative Behandlung der Lymphab-
flusswege (Neck dissection) und postoperative Radiatio
5 bei ausgedehntem Befund Ablatio auris, ggf. totale Parotidektomie
5 bei lymphogener Metastasierung in jedem Fall Strahlentherapie
4 malignes Melanom
5 großzügige Exzision, ohne den Tumor zu inzidieren ( ! Cave Ge-
fahr der Aussaat!) (. Tabelle)
32.2 · Erkrankungen des äußeren Gehörgangs
341 32
In situ 0,5 cm
<1 mm 1 cm
1–2 mm 2 cm
>2 mm 3 cm*
32.2.1 Gehörgangsatresie
7 Abschn. 32.1.1
4 gutartig
5 Osteome als Gehörgangsexostosen durch häufigen Kontakt mit kal-
tem Wasser (Taucher, Schwimmer, Surfer mit ca. 50% Inzidenz bei
10-jähriger Exposition; Schwimmer bei 5-jähriger Exposition mit
10 °C temperiertem Wasser!)
5 Adenom (Zeruminom)
4 maligne
5 Basalzell-, Plattenepithelkarzinom, malignes Melanom, seltener:
adenoidzystisches Karzinom, verruköses Karzinom
5 Prognose maligner Tumoren des äußeren Gehörgangs zweifelhaft
342 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis
Diagnostik
4 Mikrootoskopie
4 Biopsie
4 bei malignen Tumoren Echographie der Gl. parotis und der Halslymph-
knoten, hochauflösende Dünnschicht CT des Felsenbeins
Therapie
4 Osteome werden bei rezidivierender Otitis externa, Schallleitungs-
schwerhörigkeit oder bei Okklusion des äußeren Gehörgangs als Hin-
dernis für eine Hörgeräteanpassung mikrochirurgisch transmeatal ent-
fernt
4 Resektion abhängig von der Tumorausdehnung, ggf. Felsenbeinteilre-
sektion, Parotidektomie, stadienabhängig modifiziert radikale Neck
dissection
4 postoperative Strahlen-Chemotherapie
Klinik
4 zentrale oder randständige Perforation
4 potenziell Gehörknöchelchen-Kettenluxation und/oder Innenohrtrau-
ma
4 initial blutige Otorrhoe möglich
Diagnostik
4 Mikrootoskopie
4 bei Gewaltdelikt mikro- oder endoskopische Photodokumentation
4 Tonschwellenaudiometrie
4 ggf. Labyrinthfunktionsdiagnostik (Kopf-Impuls-Test, VEMP)
32.3 · Erkrankungen des Mittelohrs, des Trommelfells und der Otobasis
343 32
Therapie Eigene Notizen
4 Myringoplastik durch Auskrempeln der Perforationsränder und Adap-
tation mittels Fließpapier oder Silikonfolie
4 bei Persistenz Tympanoplastik (Typ I)
4 bei Luxation der Gehörknöchelchenkette oder Fraktur des Amboss
Tympanoplastik mit Ketteninterposition (Typ III)
4 bei Innenohrbeteiligung Prednisolon 250 mg/Tag für 2 Tage, dann ab-
fallend
32.3.2 Felsenbeinfraktur
7 Abschn. 32.5.1
Ätiopathogenese
4 entstehen weit überwiegend durch Tubenventilationsstörung, akute
Otitis media (AOM) durch bakterielle oder virale Infektion, meist
durch aufsteigende Infektion über die Tuba Eustachii oder durch
Tubenventilationsstörung mit vergrößerten Adenoiden (Rachen-
mandeln)
4 im Kindesalter ist daher die sekretorische OM (SOM) eine der häu-
figsten Erkrankungen überhaupt. Sie geht mit Ergussbildung im
Mittelohr einher (»otitis media with effusion«, OME), die Folge einer
Schleimhautmetaplasie des Mittelohrs infolge der chronischen
Tubenventilationsstörung ist. Das Bild wird meist durch intermittie-
rende und rezidivierende AOM verschärft. Durch Viskositätszunahme
des Sekrets entsteht das sog. »Leimohr« (»glue ear«). Eine bakterielle
Superinfektion kann durch Bildung eines Biofilms chronifiziert
werden (. Abb. 46a–c, Farbteil)
4 genetische Ursachen (17q12, AP2B1, CCL5 und in 10q22.3, SFTPA2)
prädisponierend
4 Rauchen der Eltern und frühe Sozialisierung in Kinderhorten u. a.
krankheitsverstärkend
4 nach rezidivierender akuter OM entstehen oft atrophe Trommelfellnar-
ben, die bei fortbestehender chronischer Tubendysfunktion die Retrak-
tion des Trommelfells und damit die weitere Entwicklung der chro-
nischen OM oder des Retraktionscholesteatoms begünstigen
4 bei extremer Retraktion des Trommelfells entstehen die Atelektase des
Mittelohrs und der Adhäsivprozess des Trommelfells. Die chronische
OM kann als chronisch mesotympanale OM, als Cholesteatom oder als
spezifische OM (z. B. Mittelohrtuberkulose) auftreten
344 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis
Klinik
4 . Tabelle
Diagnostik
4 Mikrootoskopie
4 Prüfen der Trommelfellbeweglichkeit durch Siegle-Trichter (pneuma-
tische Ohrlupe)
4 Impedanzaudiometrie (Tympanometrie, Tubenfunktionsprüfung [Val-
salva-, Toynbee-Manöver]) nur möglich bei geschlossenem Trommel-
fell
4 Sinustonschwelle naudiometrie
4 Röntgenaufnahme des Mastoids nach Schüller, bei Komplikation hoch-
auflösendes Felsenbein-CT
346 Kapitel 32 · Ohr, Otobasis
Therapie
. Tabellen
Typ III a Kopplung zwischen Trommelfell (oder Transplantat) und Stapes oder
Stapesfußplatte ohne Kettenüberhöhung
Typ IV Auflegen des Trommelfell auf die Stapesfußplatte und Abdecken des
runden Fensters mit Knorpel zur Schallprotektion (selten ausgeführt)
Klinik
4 Otosklerose und idiopathische Hammerkopffixation
5 Hörminderung
5 unauffälliger Trommelfellbefund
5 regelrechte Pneumatisation des Mastoids (Röntgen des Mastoids
nach Schüller)
5 Schallleitungsschwerhörigkeit
5 Ausfall des Stapediusreflexes
5 bei Kapselotosklerose kombinierte Schwerhörigkeit
32.3 · Erkrankungen des Mittelohrs, des Trommelfells und der Otobasis
349 32
Diagnostik
4 Tonschwellenaudiogramm
4 Impedanzaudiometrie
4 Röntgen des Mastoids nach Schüller
4 Stapediusreflexmessung
Therapie
4 Otosklerose, idiopathische Hammerkopffixation
5 abhängig von der Innenohrleistung und dem Schallleitungsanteil
der Schwerhörigkeit Hörgeräteversorgung oder Tympanotomie
5 bei intraoperativem Nachweis der Otosklerose mit Stapesankylose
CO2-laserchirurgische Stapedotomie mit Perforation der ankylo-
sierten Fußplatte und Einsatz einer Titan-Stapesprothese, die am
langen Ambossfortsatz fixiert wird (. Abb. 46h, Farbteil)
5 bei Nachweis der idiopathischen Hammerkopffixation, Kettenun-
terbrechnung, Ambossentnahme, Abstanzen des Hammerkopfs
und Tympanoplastik Typ IIIb mit Titan-Protheseninterposition
(PORP) (7 Abschn. 32.3.3, Tympanoplastik)
4 Sarkoidose
5 Kortikoidtherapie
5 Tympanoplastik bei medikamentöser Beherrschung oder zumin-
dest Stabilisierung des Krankheitsbilds zur Beherrschung der Ohr-
sekretion und zur Hörverbesserung
5 Verlaufskontrolle hierzu notwendig
Typ Ausdehnung
Typ B Tumore mit Ausdehnung bis in die Paukenhöhle und den Mastoidbereich,
ohne Beteiligung des unteren Labyrinthbereiches
Klinik
Diagnostik
4 Mikrootoskopie mit dunkel rot durchschimmerndem Tumor hinter
dem transparenten Trommelfell, meist im hinteren unteren Quadranten
(. Abb. 48, Farbteil) (Differenzialdiagnose: hochstehender Bulbus venae
jugularis)
4 pulssynchroner Tinnitus ipsilateral
4 Schallleitungsschwerhörigkeit
32 4 bei zunehmender Größe durch Raumforderung im Foramen jugulare
Dysphagie, Parese des Nervus accessorius
4 Bilddiagnostik der Gefäßversorgung des Tumors mittels Angio-CT, An-
gio-MRT oder arterieller Angiographie
Therapie
4 präoperativ Tumorembolisation
4 Zugangsweg abhängig von der Tumorgröße transmastoidal/transzer-
vikal oder transtemporal, ggf. retrosigmoidal
4 in Einzelfällen wird strahlentherapeutisch ggf. auch postoperativ kom-
biniert behandelt
4 Rezidive in weniger als 5% der Fälle
Syndromale Innenohrschwerhörigkeiten
Syndrom Symptome
dominant
Apert-Syndrom Akrozephalosyndaktylie
rezessiv