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Valenzgrammatik und Valenz bei Tesnière

Lucien Tesnière (1893-1954): französischer Linguist, Begründer der Dependenzgrammatik→

der zentrale Gegenstand der Dependenzgrammatik bestimmt sich durch die Abhängigkeiten
(Dependenzen) zwischen den einzelnen Elementen des Satzes.

Valenztheorie
Durch Valenz verstähen wir die Fähigkeit eines Wortes Leerstellen zu produzieren, die gefüllt
werden müssen.

Im Mittelpunkt der Valenztheorie steht das Verb (Verbvalenz), aber auch andere Wortarten wie
zum Beispiel Substantive (Substantivvalenz) oder Adjektive (Adjektivvalenz) sind valenzfähig.

Als Inspirationsquelle für den Begriff Valenz hatte Tesnière den Fach der Chemie, der dort die
Anzahl von Bindungen bezeichnet, die ein bestimmtes Atom in einem Molekül zu anderen
Atomen eingeht.

Die Valenztheorie wird auf zwei Pläne gespaltet: Inhaltsseitige und Ausdrucksseitige Valenz.

In der Inhaltsseitigen Valenz sprechen wir von semantische Valenz und logische Valenz.

Semantische Valenz: die semantischen Beschränkungen der Leerstellenbesetzer. Das heißt das
Verb legt für seine Mitspieler bestimmte semantische Merkmale fest: belebt, flüssig, konkret, Ort
etc.: Der Tisch trinkt einen Apfel.

Logische Valenz: aufgrund seiner logischen Struktur gibt das Verb eine bestimmte Anzahl an
Leerstellen vor, die in einer bestimmten außersprachlich festgelegten Beziehung zum Prädikat
stehen: Ich trinke Wein.

Im Falle der Ausdrucksseitigen Valenz haben wir den Unterschied zwischen quantitative und
qualitative Valenz.

Quantitative Valenz: Anzahl der Leerstellen, die das Verb eröffnet

Qualitative Valenz: die syntaktische Realisierungsmöglichkeiten der Leerstellen, die Anzahl der
Ergänzungsklassen, die die Leerstellen besetzen können

Das Element welches den Valenzträger ergänzt und welches regiert und bestimmt wird, wird
Ergänzung genannt. Dises unterscheidet sich von der Angabe. Wie die Ergänzungen hängen
auch die Angaben vom Verb ab. Im Gegensatz zu den Ergänzungen sind Angaben aber nicht
verbspezifisch, sie lassen sich mit vielen Verben kombinieren und sind weglassbare Elemente.

Heute essen wir ein Eis. Heute lesen wir einen Roman. Heute geschah ein Unfall.


Ergänzungen werden weiterhin in obligatorische und fakultative Ergänzungen getrennt.
Obligatorische sind solche die nicht weggelassen werden können, ohne dass der Satz
ungrammatisch wird. Fakultative Ergänzungen sind diejenigen die im Satz weglassbar sind.

I. Maria schreibt Briefe.→ Maria schreibt.


II. Maria schreibt Briefe.→Schreibt Briefe.

Die verschiedenen Beziehungen zum Prädikat bezeichnet man als Argumentklassen oder auch
semantische Rollen. Die häufigst erwähnten semantischen Rollen sind:

1. Adressat: Maria schreibt einen Brief der Freundin.


Zeigt and wem die kommunikative Handlung gerichtet ist.
2. Agens: Maria tantzt sehr schön.
Zeigt wer die Handlung kontrolliert.
3. Benefiziär: Maria kaufte ihrer Schwester einen Rock.
Zeigt wer von der Handlung profitiert.
4. Experiens: Maria ärgert sich.
Zeigt wer einen Gefühl wahrnimmt.
5. Instrument: Maria isst die Suppe mit dem Löffel.
Zeigt was vom Agens in die Handlung benutzt wird.
6. Komitativ: Maria half Ana beim rudern.
Zeigt wer einen anderen Partizipanten in der Handlung hilft.
7. Locus: Maria lebt in Wien.
Zeigt wo die Handlung lokalisiert wird.
8. Patiens: Maria fährt das Auto.
Zeigt wer oder was durch die Handlung beeinflusst wird.
9. Rezipient: Maria schmiss den Ball zu Ana.
Zeigt wer einen transferierten Gegenstand in der Handlung erhaltet.
10. Thema: Maria freute sich über die Blumen.
Zeigt wovon die kognitive, kommunikative oder emotionale Situation handelt.
11. Ursprung: Maria rennte aus dem Haus.
Zeigt wo die Bewegung einer Handlung beginnt.
12. Ziel: Maria reiste nach Rio de Janeiro.
Zeigt wohin die Bewegung in der Handlung gerichtet ist.

Bibliographie:http://www.christianlehmann.eu/ling/lg_system/sem/index.html?
http://www.christianlehmann.eu/ling/lg_system/sem/semant_rollen.php

Zimmermann, Claudia: Systemstrukturen des Deutschen. In: Klein, Wolf Peter u.a.(Hrsg.):
Würzburger elektronische sprachwissenschaftliche Arbeiten, 2. Auflage. Würzburg: 2015

George Blajan, GE-NO

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