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Abb. 1 Abb. 2
Bildatlas Mykosen
Mykosen im Bartbereich
Peter Mayser, Gießen
Zusammenfassung
Mykosen im Bartbereich werden oft mit einer bakteriellen Follikulitis verwechselt. Spätestens ein fehlendes
Ansprechen auf Antibiotika und ein chronischer Verlauf sollten an eine Mykose denken lassen. Eine Tinea
barbae kann durch die Untersuchung epilierter Haare diagnostiziert werden.
Eine systemische antimykotische Therapie ist regelhaft erforderlich. Die zusätzliche Lokaltherapie sollte
die Entzündung und den oft quälenden Juckreiz schnell lindern. Abb. 3
Schlüsselwörter: Mykosen, Bart, Tinea barbae, Candida-Follikulitis
Abstract
Mycoses in the beard area are often mistaken for a bacterial folliculitis. If there is no response to antibiotics
and the course is chronic, a mycosis should be considered at the latest. A tinea barbae can be diagnosed
by analyzing epilated hairs.
A systemic antimycotic therapy is essential in most cases. The additional local therapy should quickly
alleviate the inflammation and the – often nagging – itch.
Key words: mycoses, beard, tinea barbae, candida-folliculitis
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Abb. 5: Materialgewinnung bei abszedierender Tinea Abb. 6: Nativpräparat: Ketten von Arthrosporen (Glie- Abb. 7: Inokulation epilierter Haare in einen
barbae: Epilation befallener Haare. dersporen); Uvitex 2b-Färbung, Vergrößerung 500-fach. Cycloheximid-haltigen Agar. Bei Verdacht auf
T. verrucosum sollte aufgrund des langsamen Erreger-
wachstums bis zu sechs Wochen lang inkubiert werden.
zunächst oberflächliche Entzündung mit Vorteil, dass sie auch grampositive bakterielle
Rötung, Schuppung und Pusteln dringt rasch Erreger erfassen.
in die Tiefe der Haarfollikel vor, es entstehen Die abszedierende Entzündung und der
weiche, infiltrierte, furunkuloide Knoten. Nachweis von S. aureus veranlassen die
Die Herde sind von follikulären Pusteln Behandler oft dazu, die Veränderungen
übersät. Bei der schwersten Form der Tinea immer wieder chirurgisch zu eröffnen („Ubi
barbae entstehen durch Einschmelzung unter- pus, ibi evacua“). Dies ist nicht zielführend,
minierende und konfluierende Abszesse in es verzögert die Heilung und führt zu Nar-
großen Bereichen des Bartes. Lymphknoten- benbildung (Abb. 8-9).
schwellungen und Allgemeinerscheinungen
wie Fieber kommen vor. Kasuistik 1 (Abb. 10-13):
Tinea barbae durch T. interdigitale
Abb. 8 Diagnostik (zoophil) nach Kontakt mit Zucht-
Eine Abstrichuntersuchung ist meist nicht hasen
zielführend; dabei lässt sich meist Staphylo- Anamnese: 44-jähriger Patient mit seit meh-
coccus (S.) aureus (im Rahmen einer Sekun- reren Wochen bestehenden, teils abszedieren-
därinfektion) nachweisen. den Follikulitiden im Bartbereich. Zuneh-
Wichtig ist die Epilation betroffener Haare mende Ausdehnung in den vorderen Hals-
mit einer Pinzette, was häufig weitgehend bereich. Systemantibiotika sowie antibiotische
schmerzlos erfolgen kann (Abb. 5). Die Haare Lokaltherapien blieben ohne Erfolg. Kontakt
können nativmikroskopisch untersucht und mit Zuchthasen. Keine weiteren Vorerkran-
damit ein erster Erregernachweis geführt kungen.
werden. T. verrucosum und T. interdigitale Lokalbefund (Abb. 10-12): Im gesamten
verursachen einen Ektothrix-Befall, mit oft Bartbereich mit Ausdehnung auf die Hals-
großen Sporen und Arthrosporen (Abb. 6). region: konfluierende Follikulitiden, teils
Auch für den kulturellen Nachweis sollten übergehend in derbe plattenartige Entzün-
Abb. 9
Haare epiliert und in den Agar inokuliert wer- dungsinfiltrate. Fokal auf Druck: Entleerung
Abb. 8, 9: Nach chirurgischer Spaltung einer Tinea den (Abb. 7). von Eiter aus den Follikeln. Schwellung der
barbae unter dem Verdacht eines Staphylokokken- submandibulären und präaurikulären Lymph-
bedingten Karbunkels: verzögerte Heilung und Narben- Therapie knoten. Der Patient klagte über Druckschmerz
bildung. Eine systemische antimykotische Therapie, und Brennen. Temperatur bei der Erstunter-
vorzugsweise mit Terbinafin, ist dringend suchung: 37,5°C.
Bei Landwirten (Abb. 1-4) kann die Tinea erforderlich. Eine parallel durchgeführte Labor: leichte Erhöhung des CRP, übrige
barbae durch Kontakt mit infizierten Großtie- Lokaltherapie soll die massiv entzündlichen Routineparameter im Normbereich.
ren (Rinderflechte) beruflich bedingt sein und Veränderungen und den Juckreiz schnell Mikrobiologie: Im Abstrich S. aureus. Die
ist dann nach Nr. 3102 der Berufskrankhei- lindern. Hier bietet sich die Kombination epilierten Haare zeigten im Nativpräparat eine
tenverordnung (vom Tier auf den Menschen eines Antimykotikums mit einem entzün- Manschette aus Sporen und Hyphen. In der
übertragbare Erkrankungen) anzeigepflichtig. dungshemmenden Glukokortikosteroid an. Kultur wuchsen nach sechs Tagen T. interdi-
Die Erkrankung beginnt mit vereinzelten Breitspektrum-Antimykotika aus der Gruppe gitale (zoophil) (Abb. 13).
eitrigen Follikulitiden, wobei die Erreger beim der Azole sind gegen Dermatophyten und Therapie: Terbinafin-Tabletten (250 mg 1 x
Rasieren weiter verbreitet werden. Die pathogene Hefen sehr wirksam und bieten den tgl. abends über vier Wochen); Lokalbehand-
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Abb. 15 Abb. 16
Abb. 14: Tinea faciei durch T. rubrum bei einem Abb. 15, 16: Tinea barbae durch T. rubrum im Bereich der Wange bei einem 46-jährigen Patienten. Ausbildung von
73-jährigen Patienten: konzentrisches, gering infiltrie- Pusteln im Bereich der Oberlippe.
rendes Erythem mit feinlamellärer Schuppung.
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Abb. 17 Abb. 18
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Abb. 25 Korrespondenzadresse
Prof. Peter Mayser
Klinik für Dermatologie, Venerologie und
der follikulären Betonung der Läsionen Abstrich nachweisen, stellt aber eine Super-
Allergologie
zunächst an eine bakterielle Follikulitis (ins- infektion dar. UKGM Standort Gießen
besondere durch Staphylococcus aureus) Spätestens ein fehlendes Ansprechen auf Gaffkystr. 14, 35385 Gießen
gedacht. S. aureus lässt sich auch meist im Antibiotika und ein chronischer Verlauf soll- E-Mail:
ten an eine Mykose denken lassen. Peter.Mayser@derma.med.uni-giessen.de
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