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Reinhard Lerch

Elektrische
Messtechnik
Analoge, digitale
und computergestützte Verfahren
7. Auflage
Elektrische Messtechnik
Reinhard Lerch

Elektrische Messtechnik
Analoge, digitale und computergestützte
Verfahren

7., aktualisierte Auflage


Reinhard Lerch
Erlangen, Deutschland

Extras im Web http://www.springer.com/de/book/9783662469408

ISBN 978-3-662-46940-8 ISBN 978-3-662-46941-5 (eBook)


DOI 10.1007/978-3-662-46941-5

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Berlin Heidelberg
Vorwort zur siebten Auflage

Nunmehr erscheint die 7. Auflage dieses Werkes, dessen Erstausgabe bereits


über 20 Jahre zurückliegt. Als Autor eines Buches über Elektrische Mess-
technik wird einem bei der Überarbeitung bewusst, wie rasch und in welch
gehörigem Umfang sich die technischen Inhalte auf diesem Gebiet ändern.
Nachdem aber andererseits das Buch auch einen nicht unerheblichen Anteil
der Grundlagen in diesem Fach abdeckt, die sich im Laufe der Jahre nur wenig
oder gar nicht verändern, ist doch auch ein solider Anteil der Kapitel über
die Jahre stabil geblieben und musste keine größeren Änderungen erfahren.
Die Abschnitte über die moderne digitale Messtechnik und insbesondere die
Kapitel zur computerunterstützten Messdatenerfassung sind hingegen dafür
um so volatiler. Dem wurde natürlich auch bei der Aufbereitung der 7. Auf-
lage wieder Rechnung getragen. Wir haben speziell diese Abschnitte ergänzt,
überarbeitet und neu aufbereitet. So wurden neue Unterkapitel zu den The-
men Computerschnittstellen, Feldbusse, Einbindung des Ethernets in die heu-
tige Automatisierungstechnik, Speicherprogrammierbare Steuerungen, Einpla-
tinencomputer für Embedded Systems und Digitaloszilloskope aufgenommen
bzw. bestehende auf den neuesten Stand gebracht. Daneben gab es in nahe-
zu allen Kapiteln eine Reihe von Korrekturen, die notwendig wurden, sowie
Verbesserungen in didaktischer Hinsicht. Allen Lesern, die mich dabei un-
terstützt haben und Anregungen sowie Hinweise gegeben haben, sei an dieser
Stelle herzlich gedankt.
Ansonsten gilt der ausdrückliche Dank all meinen Mitarbeitern vom Lehr-
stuhl für Sensorik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Sie haben mich auch dieses Mal wieder tatkräftig unterstützt, die Neuauf-
lage mit all ihren Ergänzungen und Verbesserungen zeitgerecht fertigzustel-
len. Ohne deren Hilfe wäre die Pflege eines solch umfangreichen Werkes kaum
denkbar. Besonders bedanken möchte ich mich bei meinen wissenschaftlichen
Mitarbeitern, Herrn M.Sc. Michael Fink und Herrn Dipl.-Ing. Dominik Gede-
on, die dieses Mal einen gehörigen Teil der Last getragen haben. Mein Kollege
und Honorarprofessor unserer Universität, Prof. Dr. Klaus-Dieter Sommer,
hat dankenswerterweise den Abschnitt zur Erneuerung des SI-Systems ver-
VI

fasst. Außerdem wurde auf der beiliegenden DVD ein Kapitel zur Messun-
sicherheit aufgenommen, dessen Autor er ist. Auch dafür sei ihm herzlich
gedankt.
Des Weiteren gilt mein spezieller Dank Frau Christine Peter, die für die
technische Erstellung des Manuskriptes verantwortlich zeichnete. Auch Herrn
Michael Günther sei für seine Mitwirkung beim Update technischer Inhalte
gedankt. Die Zusammenarbeit mit dem Springer-Verlag war wie immer aus-
gezeichnet und verlief in sehr freundschaftlicher Atmosphäre.

email: reinhard.lerch@fau.de

Erlangen, im Sommer 2016 Reinhard Lerch


Vorwort zur sechsten Auflage

Dank der regen Nachfrage kann bereits knapp zwei Jahre nach dem Erschei-
nen der letzten Auflage nunmehr die 6. Auflage dieses Werkes erscheinen.
Neben allfälligen Korrekturen kleiner Fehler und Aktualisierungen auf dem
Gebiet Computerunterstützte Messdatenerfassung wurde bei der Neuaufbe-
reitung ein umfangreicher Abschnitt zum Thema Energiemeter hinzugenom-
men. In diesem Abschnitt (Kap. 11.10) werden die technischen Aspekte der
modernen Leistungs- bzw. Energiemessung ausführlich diskutiert. Einen we-
sentlichen Teil nimmt dabei die Besprechung von integrierten Schaltkreisen
ein, die der Messung elektrischer Leistung und Energie im elektrischen Ener-
gieversorgungsnetz dienen. Diese integrierten Schaltkreise bilden ja auch das
Herzstück von neuartigen Energiemetern, den sog. Smart Metern, also elektro-
nischen Energiezählern, die leicht in moderne IT-Infrastrukturen eingebunden
werden können. Somit sind sie auch im Hinblick auf Energieeinsparung sowie
die Kanalisierung und Steuerung von Energieflüssen im Zuge der dezentra-
len elektrischen Energieversorgung unersetzlich geworden. Die Smart Meters
sind notwendig, um die derzeit in Diskussion bzw. Planung befindliche Smart-
Grid-Technologie des elektrischen Energieversorgungsnetzes zu realisieren.
Darüberhinaus werden auch die Verfahren vorgestellt, mit denen Leistun-
gen bzw. Energien von Mikrowellenkomponenten gemessen werden, wie z. B.
Leistungssensoren für den GHz-Bereich. In diesem Zusammenhang werden
die Hochfrequenz-Leistungsmessungen unter Verwendung von thermoelektri-
schen Umformern und Bolometern besprochen. Des Weiteren werden Lei-
stungsmssköpfe auf der Basis von kaskadierten logarithmischen Verstärkern
behandelt sowie solche, die mit Diodengleichrichtern arbeiten.
Bei all diesen Arbeiten konnte ich wieder auf das bewährte Team mei-
nes Lehrstuhls vertrauen. Mein besonderer Dank gilt Frau Bettina Melberg
und Frau Cornelia Salley-Sippel für ihre Unterstützung bei der Erstellung des
Layouts sowie den Herren Dipl.-Ing. Thorsten Albach, Dipl.-Ing. Dominik Ge-
deon, Dr. techn. Stefan J. Rupitsch, Dr.-Ing. Alexander Sutor und Michael
Günther für Ihre tatkräftige Mithilfe bei der inhaltlichen Gestaltung des Ma-
nuskriptes. Für die Unterstützung bei der technischen Erstellung des Werkes
VIII

sowie beim Marketing gebührt Frau Hestermann-Beyerle und Frau Kollmar-


Thoni vom Springer-Verlag Heidelberg mein Dank.
Abschließend darf ich mich bei allen Lesern bedanken, die dieses Werk
erwerben, und darf Ihnen große Freude beim Lesen wünschen.

email: reinhard.lerch@lse.eei.uni-erlangen.de

Erlangen, im Sommer 2012 Reinhard Lerch


Vorwort zur fünften Auflage

Für die 5. Auflage dieses Buches sind wichtige inhaltliche Erweiterungen vor-
genommen worden. So wurde beispielsweise im Kapitel Messverstärker ein
Abschnitt über Operationsverstärker mit differentiellem Ausgang hinzugefügt
und im Kapitel Analoges Messen elektrischer Größen ein Abschnitt über
Strommeßzangen neu aufgenommen. Außerdem wurden dort die Operations-
verstärker-Datentabellen aktualisiert. Da insbesondere die Hard- und Softwa-
re zur Messdatenerfassung und Laborautomation kontinuierlicher Innovation
unterliegen, wurden die entsprechenden Kapitel auf den neuesten Stand der
Technik gebracht, so zum Beispiel auch der Abschnitt über PXI-Systeme, wel-
che in letzter Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnen. Auch der Abschnitt
über Analog-Digital-Umsetzer wurde aktualisiert. Das Angebot an Software,
Rechenbeispielen und sonstigen Übungsaufgaben, die sich auf der beiliegen-
den DVD befinden, wurde ergänzt und ebenfalls auf den neuesten Stand ge-
bracht. Weiterhin wurden alle Kapitel im Hinblick auf Inkompabilitäten in
der Schreibweise von Formeln und Formelzeichen überprüft und bestehende
Abweichungen korrigiert.
Bei all diesen Arbeiten konnte ich wieder auf das bewährte Team meines
Lehrstuhls vertrauen. Mein besonderer Dank gilt Frau B. Melberg und Frau
C. Salley-Sippel sowie den Herren Dipl.-Ing. Th. Albach, Dr. techn. S. J.
Rupitsch, Dr.-Ing. A. Sutor und M. Günther für Ihre tatkräftige Mithilfe.
Für die Unterstützung bei der technischen Erstellung des Werkes sowie beim
Marketing gebührt Frau Hestermann-Beyerle und Frau Kollmar-Thoni vom
Springer-Verlag Heidelberg mein Dank.
Abschließend darf ich mich bei allen Lesern bedanken, die dieses Werk
kaufen, und darf Ihnen große Freude beim Lesen wünschen.

email: reinhard.lerch@lse.eei.uni-erlangen.de

Erlangen, im Sommer 2010 Reinhard Lerch


Vorwort zur vierten Auflage

Zunächst einmal gilt mein besonders herzlicher Dank all denjenigen Lesern,
die im letzten Jahr dieses Buch käuflich erworben haben. Denn dank ihnen
ist es möglich geworden, schon ein Jahr nach Erscheinen der letzten Aufla-
ge die nunmehr 4. Edition dieses Werkes herauszugeben. Dadurch ist es in
relativ kurzer Frist gelungen, neben anstehenden kleineren Korrekturen we-
sentliche Erweiterungen bzw. Verbesserungen am Text und der beiliegenden
DVD vorzunehmen. Viele der Vorschläge dazu stammen von Fachkollegen an
Universitäten und Fachhochschulen. In diesem Zusammenhang gebührt mei-
nen Kollegen aus dem Kreise des AHMT (Arbeitskreis der Hochschullehrer
Messtechnik; www.ahmt.de) mein besonderer Dank. Denn vor allem von ih-
nen kamen konstruktive Vorschläge, das vorliegende Werk in Richtung Mess-
signalverarbeitung, Korrelationsmesstechnik, Regressions- und Test-Verfahren
auszubauen. Für diese sehr wertvollen Hinweise und Anmerkungen bei der
Evaluierung der letzten Auflage möchte ich an dieser Stelle nochmals meinen
besonderen Dank aussprechen.
Des Weiteren sind die Übungs- und Demonstrationsbeispiele auf beilie-
gender DVD in großem Umfang, insbesondere für die eben genannten Kapi-
tel, ausgebaut worden. Diese basieren im Wesentlichen auf dem Programm
LabVIEW (National Instruments), das auch bei dieser Auflage auf der DVD
in seiner neuesten Version (Studentenversion) vorliegt. Mit Hilfe der auf der
DVD enthaltenen Übungen, Programmier- und Demonstrationsbeispielen ist
es möglich, dass der Leser sein mit dem Studium des Werkes erworbenes
Wissen unmittelbar auf praktische ingenieurmäßige Problemstellungen an-
wendet. Das dieses Lehrbuch begleitende Übungsbuch “Elektrische Messtech-
nik - Übungsbuch” rundet die Übungsmöglichkeiten in den Bereichen ab, für
die Computerübungen weniger geeignet sind als Rechnungen mit Papier und
Bleistift. Für die entsprechende Unterstützung beim Erstellen der DVD und
die gewinnbringende Kooperation mit der Firma National Instruments möchte
ich mich vor allem bei den Herren Marc Backmeyer und Dipl.-Ing. Rahman
Jamal bedanken.
XII

Mein vorrangiger Dank gilt aber vor allem meinem Team des Lehrstuhls für
Sensorik, das durch seinen unermüdlichen Einsatz in der letzen Zeit die schnel-
le Erstellung dieser 4. Auflage ermöglicht hat. Hier sind vor allem zu nennen:
Herr Dipl.-Ing. Thorsten Albach, Frau Bettina Melberg, Frau Cornelia Salley-
Sippel, Herr Dr.-Ing. Alexander Sutor.
Nicht zuletzt darf ich auch die wiederum exzellente Zusammenarbeit mit
dem herausgebenden Verlag und seinen Mitarbeitern, vor allem Frau Eva
Hestermann-Beyerle und Frau Monika Lempe, hervorheben.

email: reinhard.lerch@lse.eei.uni-erlangen.de

Erlangen, im Sommer 2007 Reinhard Lerch


Vorwort zur dritten Auflage

Dank der recht großen Beliebtheit dieses Buches ist es möglich, bereits zwei
Jahre nach Erscheinen der letzten Auflage nunmehr die 3. Auflage dieses Wer-
kes vorstellen zu können.
Gegenüber der 2. Auflage wurden vor allem die Kapitel zur Rechner-
gestützten Meßdatenerfassung dem allerneuesten Stand der Technik angepaßt.
So wird der jüngst eingeführte LXI-Standard zur Vernetzung von Meßgeräten
ebenso behandelt wie die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Spei-
cherprogrammierbaren Steuerungen (SPS), der Digitaloszilloskope, der USB-
Meßmodule sowie moderne Source Measuring Units. Damit ist dieser Block
auf nunmehr 200 Seiten bzw. ein Drittel des Gesamtwerkes angewachsen.
Das Kapitel Elektromechanische Meßgeräte“(Kapitel 6.1) wurde beibe-

halten trotz der Tatsache, daß es sich dabei um eine in ihrer Bedeutung
zurückgehende Meßgeräteklasse handelt. Dennoch halte ich diesen Abschnitt
für äußerst wertvoll für Studierende des Faches Sensorik bzw. für das ge-
samte Gebiet der Mechatronik, da man anhand der Funktionsprinzipien für
elektromechanische Meßgeräte sehr schön die Interaktionen zwischen mecha-
nischen und elektromagnetischen Feldern lernen kann. Demzufolge sind die
hier behandelten elektromechanischen Grundprinzipien und Gesetzmäßigkei-
ten (z. B. die Lorentzkraft oder die Wirbelstromdämpfung) insbesondere für
das Verständnis von modernen elektromechanischen Sensoren und Aktoren
wichtig.
An dieser Stelle gilt es auch, zunächst einmal all denjenigen herzlich zu
danken, die mich in den beiden letzten Jahren auf Fehler bzw. unklare Dar-
stellungen in der 2. Auflage aufmerksam gemacht haben. Meistens handelte es
sich dabei um Studierende der Technischen Fakultät der Friedrich-Alexander-
Universität Erlangen-Nürnberg oder auch um Studierende anderer Univer-
sitäten und Fachhochschulen, die sich auf Prüfungen in ingenieurwissenschaft-
lichen Fächern vorbereitet haben. Alle berechtigten Einwände und Hinweise
wurden in der vorliegenden Auflage berücksichtigt.
Bei der Erweiterung des Buches haben mich die Mitarbeiter des Lehr-
stuhls für Sensorik der Universität Erlangen-Nürnberg wiederum mit großem
XIV

Einsatz unterstützt. In allererster Linie bin ich unserem akadem. Rat, Herrn
Dr.-Ing. Alexander Sutor, ebenso wie Herrn Dipl.-Ing. Martin Meiler, Herrn
Dipl.-Ing. Erich Leder sowie dem Leiter unserer Elektronikwerkstatt, Herrn
Michael Günther, für ihre Beiträge zu diesem Werk zu großem Dank verpflich-
tet. Für ihren unermüdlichen Einsatz bei der elektronischen Fertigstellung des
kamerafertigen Manuskriptes samt aller darin enthaltenen, teilweise diffizilen
Grafiken gilt mein besonders herzlicher Dank wiederum Frau Cornelia Salley-
Sippel und Frau Bettina Melberg.
Bedanken möchte ich mich auch bei den beiden verantwortlichen Mitar-
beiterinnen des Springer-Verlages, Frau Eva Hestermann-Beyerle und Frau
Monika Lempe, für die hervorragende Unterstützung und exzellente Zusam-
menarbeit.
Diesem Buch liegt eine CD-ROM mit Übungsaufgaben zur
Rechnergestützten Meßdatenerfassung in NI LabVIEW R
sowie
zur Programmierung von Speicherprogrammierbaren Steuerun-
gen (SPS) mit CoDeSys R
bei. Dabei gibt es Programmieraufga-
ben, deren Lösung via Internet auf eine am Lehrstuhl für Sensorik (Friedrich-
Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) aufgebaute Speicherprogrammier-
bare Steuerung heruntergeladen werden können. Anhand helligkeitsgesteuer-
ter Lampen und LEDs läßt sich mittels einer WebCam die erfolgreiche Pro-
grammierung dieser SPS beobachten.
Das oben gezeigte Icon weist an entsprechenden Stellen des Buches auf
thematisch passende Übungsaufgaben auf der CD-ROM hin. Weitere Übungs-
beispiele und Hinweise findet man unter
www.lse.e-technik.uni-erlangen.de/elektrische_messtechnik

email: reinhard.lerch@lse.eei.uni-erlangen.de

Erlangen, im Sommer 2006 Reinhard Lerch


Vorwort zur zweiten Auflage

Die zweite Auflage trägt insbesondere den aktuellen Entwicklungen im Bereich


Computerunterstützte Meßdatenerfassung Rechnung. Daher sind die entspre-
chenden Kapitel in der zweiten Auflage stark angewachsen und nehmen nun-
mehr über ein Drittel des Gesamtumfanges ein. Infolgedessen können alle we-
sentlichen Hard- und Software-Komponenten der modernen rechnergestützten
Meßdatenerfassung behandelt werden. So werden beispielsweise die weltweite
Vernetzung von Meßdaten- und Prozeßrechnern wie auch die Meßdatenerfas-
sung unter Zuhilfenahme von Virtual Private Networks besprochen.
Die zweite Auflage wurde ebenfalls erweitert auf dem Gebiet der Aus-
gleichsvorgänge in elektrischen Netzwerken, was der detaillierten Erläuterung
der dynamischen Meßfehler und ihrer Korrekturmöglichkeiten zugute kommt.
Auch die Analyse und Messung von nichtlinearen Bauelementen wurde in den
Stoff aufgenommen.
Bei der Erweiterung des Buches haben mich die Mitarbeiter des Lehrstuhls
für Sensorik der Universität Erlangen-Nürnberg mit großem Engagement un-
terstützt. In allererster Linie bin ich Herrn Dr.-Ing. Alexander Sutor und
Herrn Dipl.-Ing. Martin Meiler für ihre fachlichen Beiträge zu diesem Werk
zu großem Dank verpflichtet. Für ihren unermüdlichen Einsatz bei der Er-
stellung des Manuskriptes und der Grafiken gilt Frau Cornelia Salley-Sippel
und Frau Bettina Melberg mein besonderer Dank. An der Korrekturlesung
des Werkes waren alle Mitarbeiter des Lehrstuhls sowie Herr Dr.-Ing. Günter
Pretzl vom Lehrstuhl für Technische Elektronik und meine Ehefrau Elke be-
teiligt. Auch ihnen sei an dieser Stelle dafür herzlich gedankt. Dank gilt auch
den Mitarbeitern des Springer-Verlages für die hervorragende Kooperation,
insbesondere Frau Eva Hestermann-Beyerle und Frau Monika Lempe.

email: reinhard.lerch@lse.eei.uni-erlangen.de

Erlangen, im Sommer 2004 Reinhard Lerch


Vorwort zur ersten Auflage

Die in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts erfolgten innovativen Ent-


wicklungen auf dem Gebiet der Elektrotechnik haben für die Elektrische
Meßtechnik eine Vielzahl neuer Verfahren und Meßschaltungen mit sich ge-
bracht. So basiert die Messung elektrischer und nicht-elektrischer Größen heu-
te vorwiegend auf Schaltungen, die erst durch in jüngster Vergangenheit ent-
wickelte elektronische Halbleiterbauelemente und integrierte Schaltkreise, wie
beispielsweise Operationsverstärker, digitale Grundschaltungen und Analog-
Digital- bzw. Digital-Analog-Umsetzer, ermöglicht wurden. Die Nutzung die-
ser modernen Elektronik und die enormen Fortschritte auf dem Gebiet der
Digitalrechner haben zu einer sehr engen Verflechtung von Elektrischer Meß-
technik und Computertechnik bzw. Informatik geführt. Dies zeigt sich unter
anderem in der Tatsache, daß die heutige Meßdatenerfassung und Meßsignal-
verarbeitung zunehmend auf Digitalrechner oder digitale Signalprozessoren
verlagert werden und zum Teil in Software implementiert sind. Nachdem in
den letzten Jahren eine Vielzahl von leistungsfähigen Sensoren zur Detekti-
on nicht-elektrischer Meßgrößen entwickelt wurde, verstärkt sich der Trend,
daß viele nicht-elektrotechnische Wissenschaftszweige, wie z. B. der Maschi-
nenbau und die Verfahrenstechnik, ihre meßtechnischen Probleme mit rein
elektrotechnischen bzw. informationstechnischen Mitteln lösen.
Es wurde versucht, dieser Entwicklung mit der Struktur des vorliegen-
den Werkes Rechnung zu tragen, ohne die klassischen Grundlagen zu ver-
nachlässigen. So werden nach einem einführenden Kapitel über Meßfehler,
die konventionellen elektromechanischen Meßwerke besprochen, welche zwar
zunehmend von digitalen Meßgeräten abgelöst werden, deren grundlegende
Wandlungsmechanismen aber für das Gebiet der elektromechanischen Meß-
wertaufnehmer (Sensoren) von großer Bedeutung sind. Nach den Abschnitten
zur Messung von elektrischer Spannung, elektrischem Strom und elektrischer
Impedanz folgen als thematische Schwerpunkte die Methoden und Verfah-
ren sowie die daraus resultierenden elektronischen Schaltungen der modernen
Elektrischen Meßtechnik. Diese werden in den Kapiteln Operationsverstärker,
Darstellung elektrischer Signale, Digitale Meßtechnik, Messung von Frequenz
XVIII

und Zeit sowie Meßsignalverarbeitung und Rechnergestützte Meßdatenerfas-


sung behandelt.
Die in diesem Buch angesprochenen Themen und Fragestellungen decken
den Stoff einer einführenden Vorlesung Elektrische Meßtechnik ab. Darüber-
hinaus ist die Thematik einer weiterführenden Vorlesung Rechnergestützte
Meßdatenverarbeitung und Meßsignalverarbeitung enthalten, die als Wahlvor-
lesung für Studenten höherer Semester Bestandteil des an der Johannes Kepler
Universität Linz im Jahre 1990 eingerichteten Diplomingenieurstudiengan-
ges Mechatronik ist. Das Buch wendet sich jedoch nicht nur an Studenten
der Fachrichtungen Elektrotechnik, Mechatronik, Maschinenbau, Informati-
onstechnik, Physik und Chemie sondern auch an die bereits auf dem Gebiet
der Meßtechnik praktisch tätigen Ingenieure und Naturwissenschaftler, die
ihr Wissen über Meßtechnik auffrischen bzw. vertiefen wollen. Mit dem vor-
liegenden Werk sollen sowohl Kenntnisse über die bei der Messung elektri-
scher Größen eingesetzten Standardverfahren vermittelt als auch der neueste
Stand der zur modernen Elektrischen Meßtechnik zählenden computergestütz-
ten Meßdatenerfassung und Meßsignalverarbeitung beschrieben werden.
Das Buch ist in Verbindung mit dem Begleitwerk Übungen zur Elek-

trischen Meßtechnik“ (R. Lerch; M. Kaltenbacher; F. Lindinger: Übungen
zur Elektrischen Meßtechnik. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 1996) zum
Selbststudium geeignet. In diesem Übungsbuch werden neben kurzen Repe-
titorien zahlreiche praktische Aufgaben und weiterführende Beispiele zu dem
gesamten im Lehrbuch behandelten Stoff angeboten. Für das Verständnis
des in den beiden genannten Werken dargebotenen Stoffes werden lediglich
Grundkenntnisse auf den Gebieten Elektrotechnik, Mathematik sowie Schal-
tungstechnik erwartet.
Bei der Ausarbeitung des Manuskriptes habe ich viele Anregungen und
wesentliche Unterstützung von allen am Institut für Elektrische Meßtechnik
der Universität Linz tätigen Mitarbeitern erfahren. In allererster Linie bin ich
Herrn Dipl.-Ing. Manfred Kaltenbacher und Herrn Dipl.-Ing. Franz Lindin-
ger für ihre wesentlichen fachlichen Beiträge zu diesem Werk sowie ihren un-
ermüdlichen Einsatz im Zusammenhang mit der Erstellung des Manuskriptes
zu größtem Dank verpflichtet. Die wahrlich nicht immer einfachen Aufgaben
des computergerechten Textschreibens sowie der Anfertigung von Abbildun-
gen lagen in den Händen von Frau Waltraud Kratzer, die die immer wieder an-
stehenden Texterweiterungen und Änderungen der Abbildungen mit großem
Engagement und Sachverstand vorgenommen hat. Ihr gebührt mein herzlicher
Dank, ebenso wie Frau Sylvia Preßl, die ebenfalls viele der Grafiken angefer-
tigt hat, wie auch Frau Ingrid Hagelmüller, die für die Texteingabe sowie die
Erstellung der Abbildungen der ersten Manuskriptversion verantwortlich war.
All denjenigen, die an der Korrekturlesung dieses Werkes beteiligt waren und
Verbesserungsvorschläge eingebracht haben, d. h. meinen Kollegen, meinen
Assistenten, insbesondere den Herren Dipl.-Ing. Todor Sheljaskov und Dipl.-
Ing. Roland Exler, den Linzer Mechatronik-Studenten sowie meiner Ehefrau
XIX

Elke, möchte ich ebenfalls meinen herzlichen Dank für ihren großen Einsatz
aussprechen.
Mein Dank gilt auch dem Springer-Verlag, insbesondere Herrn Dr. Huber-
tus Riedesel, der die Anregung zur Abfassung des vorliegenden Werkes gab, so-
wie seinen Mitarbeiterinnen Frau Marianne Ozimkowski und Frau Gaby Maas
für ihre Unterstützung bei der Erstellung des kamerafertigen Manuskriptes.
Allen eben genannten Personen möchte ich auch danken für ihr Verständnis
und ihre Geduld bei der mehrmals verzögerten Abgabe des Manuskriptes.
Da es erwartungsgemäß auch bei noch so sorgfältiger Bearbeitung des Tex-
tes nicht möglich sein dürfte, die Erstauflage eines solchen Buches fehlerfrei zu
halten, möchte ich mich schon vorab bei allen Lesern für diese Fehler entschul-
digen und sie ermutigen, von ihnen eventuell entdeckte Fehler an die folgende
Adresse mitzuteilen:

O. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Reinhard Lerch


Institut für Elektrische Meßtechnik
Johannes Kepler Universität Linz
Altenberger Straße 69
A-4040 Linz
email: R.Lerch@jk.uni-linz.ac.at

Linz, im Januar 1996 Reinhard Lerch


Inhaltsverzeichnis

1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Messtechnik . . . . . 1


1.1 Zur Historie und Bedeutung der Messtechnik . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.2 Der Begriff des Messens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.3 Begriffsdefinitionen in der Messtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.3.1 Allgemeine Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.3.2 Messgerät und Messeinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.3.3 Messkette (Struktur einer elektrischen Messeinrichtung) 5
1.4 Vorschriften und Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.5 Klassifizierung von Messmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
1.5.1 Ausschlagmethode - Kompensationsmethode . . . . . . . . . 7
1.5.2 Analog - Digital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.5.3 Kontinuierlich - Diskontinuierlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.5.4 Direkt - Indirekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.6 Die Informationsträger im Messsignal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2 Die Grundlagen des Messens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11


2.1 Maßsysteme, Einheiten, Naturkonstanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.1.1 Maßsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.1.2 Naturkonstanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.1.3 Das SI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.1.4 Das künftige SI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.1.5 Abgeleitete Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.2 Größen- und Zahlenwertgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und


Vierpol-Übertragungsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
3.1 Fourier-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
3.2 Ausgleichsvorgänge in linearen Netzwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3.3 Die Laplace-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
3.4 Die Laplace-Transformierte elementarer Zeitfunktionen . . . . . . 31
XXII Inhaltsverzeichnis

3.5 Die Eigenschaften der Laplace-Transformation —


Laplace-Transformation einfacher mathematischer
Operationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.5.1 Überlagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.5.2 Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.5.3 Differentiation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.5.4 Produkt zweier Laplace-Funktionen — Faltung . . . . . . . 35
3.5.5 Multiplikationssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.5.6 Verschiebung im Zeitbereich (Oberbereich) . . . . . . . . . . 38
3.5.7 Verschiebung im Laplace-Bereich (Unterbereich) . . . . . . 38
3.5.8 Dehnung bzw. Stauchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3.5.9 Anfangswert-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3.5.10 Endwert-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3.5.11 Tabelle mathematischer Operationen . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3.6 Analyse eines RC-Netzwerkes mittels Laplace-Transformation . 40
3.7 Die Rücktransformation von Laplace-Transformierten in den
Zeitbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
3.8 Lösung von linearen Differentialgleichungen mit konstanten
Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
3.9 Berechnung von Einschwingvorgängen in elektrischen
Netzwerken mit konzentrierten linearen passiven Bauelementen 46
3.10 Rücktransformation mittels Residuenmethode -
Heavisidescher Entwicklungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
3.11 Vierpol-Übertragungsfunktion im Zeit- und Frequenzbereich . . 60
3.12 Beschreibung von linearen zeitinvarianten Netzwerken durch
ihre Sprungantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
3.13 Bode-Diagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
3.13.1 Regeln für Bode-Diagramme (reelle Pole und
Nullstellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
3.13.2 Regeln für Bode-Diagramme mit komplexen Polpaaren 72

4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und


Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C) . . . . . . . . . . . . 77
4.1.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.1.2 Nichtlinearer Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
4.1.3 Nichtlineare Induktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
4.1.4 Nichtlineare Kapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
4.2 Gesteuerte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . 96

5 Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
5.1 Systematische Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
5.2 Zufällige Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106
5.2.1 Normalverteilung, Mittelwert, Standardabweichung . . . 106
Inhaltsverzeichnis XXIII

5.2.2 Vertrauensbereich für den Schätzwert . . . . . . . . . . . . . . . 109


5.2.3 Fortpflanzung zufälliger Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
5.3 Genauigkeitsklassen bei Messgeräten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
5.4 Dynamische Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
5.4.1 Das Übertragungsverhalten von Messsystemen . . . . . . . 115
5.4.2 Definition des dynamischen Messfehlers . . . . . . . . . . . . . 119
5.4.3 Bestimmung des dynamischen Messfehlers . . . . . . . . . . . 120
5.4.4 Messsystem mit Tiefpassverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

6 Analoges Messen elektrischer Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125


6.1 Elektromechanische Messgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
6.1.1 Drehspulmesswerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126
6.1.2 Galvanometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
6.1.3 Elektrodynamisches Messwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
6.1.4 Dreheisenmesswerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
6.1.5 Drehspulquotientenmesswerk (Kreuzspulmesswerk) . . . 138
6.1.6 Drehmagnetmesswerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
6.1.7 Elektrostatisches Messwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
6.1.8 Schaltzeichen für Messgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
6.2 Messung von Gleichstrom und Gleichspannung . . . . . . . . . . . . . . 144
6.2.1 Messung von Gleichströmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144
6.2.2 Messung von Gleichspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147
6.2.3 Gleichzeitiges Messen von Strom und Spannung . . . . . . 150
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung . . . . . . . . . . . 151
6.3.1 Begriffsdefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
6.3.2 Gleichrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152
6.3.3 Messung des Scheitelwertes (Spitzenwert, Peak Value) . 154
6.3.4 Messung des Gleichrichtwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
6.3.5 Messung des Effektivwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158
6.3.6 Messwandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
6.3.7 Strommesszange für Wechselstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
6.3.8 Hallelement (Galvanomagnetischer Effekt) . . . . . . . . . . . 172
6.3.9 Strommesszange für Gleichstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

7 Messverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
7.1 Operationsverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
7.1.1 Idealer Operationsverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180
7.1.2 Realer Operationsverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
7.1.3 Definitionen von Operationsverstärker-Kenngrößen . . . 184
7.1.4 Operationsverstärker-Grundschaltungen . . . . . . . . . . . . . 192
7.1.5 Operationsverstärker mit differentiellem Ausgang . . . . . 204
7.2 Spezielle Messverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
7.2.1 Differenzverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209
7.2.2 Instrumentenverstärker (Instrumentierungsverstärker) . 211
7.2.3 Zerhacker-Verstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
XXIV Inhaltsverzeichnis

7.2.4 Ladungsverstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214


7.3 Rauschen von Messverstärkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

8 Messung der elektrischen Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229


8.1 Leistungsmessung im Gleichstromkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
8.2.1 Begriffsdefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231
8.2.2 Leistungsmessung im Einphasennetz . . . . . . . . . . . . . . . . 231
8.2.3 Leistungsmessung in Drehstromsystemen . . . . . . . . . . . . 233
8.3 Messung der elektrischen Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241

9 Messung von elektrischen Impedanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245


9.1 Messung von ohmschen Widerständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
9.1.1 Strom- und Spannungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245
9.1.2 Vergleich mit einem Referenzwiderstand . . . . . . . . . . . . . 246
9.1.3 Verwendung einer Konstantstromquelle . . . . . . . . . . . . . 248
9.1.4 Verwendung eines Kreuzspulinstrumentes . . . . . . . . . . . . 249
9.2 Kompensationsschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
9.2.1 Gleichspannungskompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250
9.2.2 Gleichstromkompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
9.3 Gleichstrom-Messbrücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252
9.3.1 Gleichstrom-Ausschlagbrücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253
9.3.2 Gleichstrom-Abgleichbrücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
9.4 Messung von Schein- und Blindwiderständen . . . . . . . . . . . . . . . 255
9.5 Wechselstrom-Messbrücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
9.5.1 Wechselstrom-Abgleichbrücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
9.5.2 Einflüsse von Erd- und Streukapazitäten . . . . . . . . . . . . 262
9.5.3 Halbautomatischer Brückenabgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . 263
9.5.4 Wechselstrom-Ausschlagbrücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267

10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale . . . . . . . . . . 273


10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273
10.1.1 Aufbau und Funktion der Elektronenstrahl-Röhre . . . . 273
10.1.2 Zeitablenkung und Triggerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
10.1.3 Funktionsgruppen eines Analog-Oszilloskops . . . . . . . . . 280
10.1.4 Sampling-Oszilloskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283
10.2 Spannungsteiler in Elektronenstrahl-Oszilloskopen . . . . . . . . . . . 286
10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie . . . . . . . 288
10.3.1 Statische Fehler (Fehler der Ablenkkoeffizienten) . . . . . 288
10.3.2 Linearitätsfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289
10.3.3 Dynamische Fehler des Oszilloskops . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
10.4 Digital-Speicheroszilloskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
10.4.1 Prinzipielle Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297
10.4.2 Wiedergabe des aufgezeichneten Bildes . . . . . . . . . . . . . . 299
10.4.3 Betriebsarten des Digital-Speicheroszilloskops . . . . . . . . 301
Inhaltsverzeichnis XXV

10.4.4 Einsatz von Digital-Oszilloskopen in Verbindung mit


Computern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302
10.5 Vergleich Analog- und Digital-Oszilloskope . . . . . . . . . . . . . . . . . 302
10.6 Digital-Phosphor-Oszilloskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
10.7 Analoger und digitaler Trigger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304
10.8 Mixed-Signal-Oszilloskope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
10.9 Stand der Technik bei Digital-Oszilloskopen . . . . . . . . . . . . . . . . 308

11 Digitale Messtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311


11.1 Duales Zahlensystem und Binärcodes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311
11.1.1 Dualzahlendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311
11.1.2 BCD-, Hexadezimal- und Gray-Code . . . . . . . . . . . . . . . . 312
11.1.3 Fehlererkennung und Fehlerkorrektur . . . . . . . . . . . . . . . 313
11.2 Binäre Signale und ihre Verknüpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313
11.2.1 Grundregeln bei der logischen Verknüpfung . . . . . . . . . . 313
11.2.2 Digitale Grundschaltungen (Gatterschaltungen) . . . . . . 314
11.2.3 Digitale Addierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318
11.3 Bistabile Kippschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319
11.3.1 RS-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320
11.3.2 Taktzustandgesteuertes RS-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . 321
11.3.3 Taktflankengesteuertes RS-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . . 322
11.3.4 Taktzustandgesteuertes D-Flip-Flop (Data-Latch) . . . . 322
11.3.5 Taktflankengesteuertes D-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
11.3.6 Taktflankengesteuertes JK-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . . 325
11.3.7 Taktflankengesteuertes T-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
11.4 Monostabile Kippstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327
11.5 Zähler-Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328
11.5.1 Dualzähler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329
11.5.2 BCD-Zähler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331
11.6 Digital-Analog-Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332
11.6.1 Grundlagen und Kenngrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332
11.6.2 Schaltungstechnische Realisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . 334
11.6.3 Fehler bei der Digital-Analog-Umsetzung . . . . . . . . . . . . 339
11.7 Analog-Digital-Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342
11.7.1 Abtastung (Sampling) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343
11.7.2 Abtast-Halte-Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346
11.7.3 Direktvergleichende Analog-Digital-Umsetzer . . . . . . . . 348
11.7.4 Analog-Digital-Umsetzung mit Delta-Sigma-Modulator 356
11.7.5 Time-Division-Multiplizierer (Impulsbreiten-
Multiplizierer, Sägezahn-Multiplizierer) . . . . . . . . . . . . . 364
11.7.6 Analog-Digital-Umsetzung mit Zeit oder Frequenz . . . . 366
11.7.7 Vergleich der Grundprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374
11.7.8 Fehler bei der Analog-Digital-Umsetzung . . . . . . . . . . . . 375
11.8 Digital-Multimeter (DMM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379
11.8.1 Anzahl der Stellen und Genauigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 379
XXVI Inhaltsverzeichnis

11.8.2 Beispiel eines 4 1/2 -stelligen Digital-Multimeters . . . . . . 380


11.8.3 Messungen des echten Effektivwertes von Signalen
mit Gleichanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382
11.8.4 Gesamtfehler infolge Scheitelfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . 382
11.9 Strom-/Spannungsquellen mit Rückmessfunktion (Source
Measure Units) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383
11.9.1 Source Measure Units in automatischen Testsystemen . 383
11.9.2 Messung kleiner Ströme bzw. Spannungen mit SMUs . 385
11.10 Elektronische Leistungsmesser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387
11.10.1 Leistungsmessung mit Hallelement . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387
11.10.2 Integrierte Schaltkreise zur Leistungsmessung . . . . . . . . 388
11.10.3 Smart Meter für die Messung des Verbrauchs an
elektrischer Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398
11.10.4 Leistungsmessungs-IC für HF-Anwendungen . . . . . . . . . 398
11.10.5 HF-Leistungsmessung mit kaskadiertem
logarithmischem Verstärker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402
11.10.6 HF-Leistungsmessung mittels thermoelektrischem
Wandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403
11.10.7 Thermoelement (Seebeck-Effekt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405
11.10.8 Bolometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407
11.10.9 HF-Leistungsmessung mit Diodengleichrichter . . . . . . . . 408

12 Die Messung von Frequenz und Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411


12.1 Mechanische Frequenzmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412
12.2 Digitale Frequenzmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413
12.3 Digitale Zeitmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414
12.3.1 Zeitintervallmessung (Zeitdifferenzmessung) . . . . . . . . . . 414
12.3.2 Periodendauermessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418
12.4 Digitale Phasenwinkelmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419
12.5 Rechnender Zähler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420
12.6 Zeit-Spannungs-Umsetzer (t/U-Umsetzer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421
12.7 Frequenz-Spannungs-Umsetzer (f/U-Umsetzer) . . . . . . . . . . . . . . 421
12.8 Oszillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422
12.8.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422
12.8.2 Harmonische Oszillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424
12.8.3 LC-Oszillator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425
12.8.4 Relaxationsoszillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427
12.8.5 Quarzoszillator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430
12.8.6 Operationsverstärker-Schaltung eines Quarzoszillators . 433
12.8.7 Fehler von Schwingquarzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434
12.9 Fehler bei der digitalen Zeitintervall- bzw. Frequenzmessung . . 436
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation . . . . . . . . . . 439
12.10.1 Atomuhren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439
12.10.2 DCF-77 Zeitzeichensender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441
12.10.3 NAVSTAR/GPS-Satellitennavigation . . . . . . . . . . . . . . . 442
Inhaltsverzeichnis XXVII

12.10.4 Galileo-Satellitennavigation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446


12.10.5 Störfaktoren bei der Satellitennavigation . . . . . . . . . . . . 449

13 Messsignalverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451
13.1 Aufgaben und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451
13.2 Signalarten und Analyseformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453
13.3 Multiplizieren, Dividieren, Quadrieren, Radizieren . . . . . . . . . . . 454
13.4 Ermittlung des Effektivwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457
13.4.1 Messung des Effektivwertes für beliebige Signalverläufe 459
13.5 Bestimmung von Mittelungswerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460
13.6 Kenngrößen nicht-sinusförmiger periodischer Signale . . . . . . . . . 462
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion 465
13.8 Äußere Störeinwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479
13.9.1 Übertragungsfunktion eines Optimalfilters . . . . . . . . . . . 479
13.9.2 Beispiel für ein Optimalfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483

14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-


Testverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491
14.1 Regressionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491
14.1.1 Ausgleichsgerade (lineare Regression) . . . . . . . . . . . . . . . 492
14.1.2 Güte der Anpassung bei der linearen Regression
(Varianz, Kovarianz, Restvarianz und
Korrelationskoeffizient) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495
14.1.3 Ausgleichspolynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499
14.1.4 Mehrfache lineare Regression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500
14.2 Lineare Korrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren) . . . . . . . . . . . . . . . . . 505
14.3.1 Testen von Hypothesen, Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . 505
14.3.2 Beispiele für Tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509

15 Grundlagen der Rechnergestützten Messdatenerfassung . . . 515


15.1 Grundstrukturen von rechnergestützten Messsystemen . . . . . . . 515
15.2 Basis-Hardware zur Messdatenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522
15.2.1 Multifunktions-Einsteckkarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524
15.2.2 Multiplexer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527
15.2.3 Störungen infolge Erdschleifen und Einkopplungen . . . . 529
15.2.4 Serielle Schnittstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531
15.2.5 Parallelbussysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531
15.2.6 Datenlogger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531
15.3 Grundtypen des Datentransfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532
XXVIIIInhaltsverzeichnis

16 Messdatenerfassung im Labor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533


16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle) . . . . . . . . 535
16.1.1 Übertragungsmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535
16.1.2 Leitungsbelegung und Steckerverbindung der
RS232C-Schnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536
16.1.3 Pegelfestlegung und deren logische Zuordnung . . . . . . . . 539
16.1.4 Logikdefinition für Datenleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539
16.1.5 Logikdefinition für Steuer- und Meldeleitungen . . . . . . . 540
16.1.6 Synchronisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540
16.1.7 Handshake-Verfahren (Quittierungsverfahren) . . . . . . . . 541
16.1.8 Software-Handshaking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541
16.1.9 Hardware-Handshaking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542
16.1.10 Hardware-Realisierung von seriellen Schnittstellen . . . . 543
16.2 Kenngrößen der seriellen Datenübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . 546
16.3 Die RS485-Schnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547
16.3.1 Eine Twisted-Pair-Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 548
16.3.2 Zwei Twisted-Pair-Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 548
16.4 Die 20 mA-Stromschleife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549
16.5 Inter Integrated Circuit (I2 C) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549
16.6 Die USB-Schnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551
16.7 Der IEC-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555
16.7.1 Historie des IEC-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555
16.7.2 Bezeichnungen des IEC-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555
16.7.3 IEC-Bus-Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 556
16.7.4 Gerätegrundfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557
16.7.5 IEC-Bus-Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557
16.7.6 Bus-Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559
16.7.7 Handshake-Verfahren (Dreidraht-Handshake) . . . . . . . . 560
16.7.8 Nachrichtenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562
16.7.9 Schlusszeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567
16.7.10 Statusabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567
16.7.11 IEC-Bus-Hardware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 568
16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570
16.8.1 VXI-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571
16.8.2 Resource Manager (System Manager) . . . . . . . . . . . . . . . 573
16.8.3 Commander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573
16.8.4 Servant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573
16.8.5 Busgliederung/Teilbusse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573
16.8.6 VXI- und IEC-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574
16.8.7 PXI-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574
16.8.8 PCI-Express . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577
16.8.9 PXI-Express (PXIe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578
16.8.10 MXI-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578
16.8.11 PXI MultiComputing (PXImc) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580
16.8.12 Historie der bisher diskutierten Bus-Standards . . . . . . . 581
Inhaltsverzeichnis XXIX

17 Messdatenerfassung im Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583


17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) . . . . . . . . . . . . . . 583
17.1.1 Aufbau einer SPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583
17.1.2 Programmstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583
17.1.3 Permanent-zyklischer Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584
17.1.4 Ausnahmen vom permanent-zyklischen Betrieb . . . . . . . 586
17.1.5 Besonderheiten der Programmierung . . . . . . . . . . . . . . . . 586
17.1.6 Programmiersprachen für SPS nach IEC 61131-3 . . . . . 586
17.1.7 Beispiele für die IEC-genormten SPS-
Programmiersprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren
Steuerungen (SPS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593
17.2.1 Vernetzung von Speicherprogrammierbaren
Steuerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593
17.2.2 Visualisierung von SPS-Daten und -Prozessen . . . . . . . . 597
17.2.3 Linux-basierte Speicherprogrammierbare Steuerungen . 602
17.2.4 SPS-Spezialklemmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603
17.2.5 EnOcean-Funkempfänger-Busklemmen . . . . . . . . . . . . . . 605
17.3 Einplatinen-Computer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 606
17.3.1 Einplatinen-Computer in der Mess- und
Automatisierungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607
17.4 Hierarchie industrieller Bussysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611
17.5 Vorschrift für eine einheitliche Kommunikation: Das
ISO-Schichtenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612
17.6 Netzwerktopologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614
17.7 Bus-Zugriffsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615
17.7.1 Klassifizierung der Bus-Zugriffsverfahren . . . . . . . . . . . . 616
17.8 Modulationsverfahren und Bitcodierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616
17.8.1 Alternierende Puls Modulation (APM) . . . . . . . . . . . . . . 616
17.8.2 Fehlererkennung und Datensicherung . . . . . . . . . . . . . . . 618
17.8.3 Bitcodierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619
17.9 Schnittstellenkonverter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620
17.10 Der Feldbus (FAN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621
17.10.1 ASI-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624
17.10.2 CAN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625
17.10.3 Flex Ray . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 628
17.10.4 PROFIBUS-DP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 630
17.10.5 FIP-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633
17.10.6 INTERBUS-S . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 634
17.10.7 BITBUS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636
17.10.8 KNX . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637
17.10.9 LON (Local Operating Network) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641
17.10.10DIN-Messbus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 642
XXX Inhaltsverzeichnis

18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)645


18.1 IP-Adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646
18.2 Subnetzmasken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647
18.3 Internet-Protokoll (IP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648
18.4 Transmission Control Protocol (TCP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648
18.5 Echtzeitfähigkeit des Ethernet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648
18.6 Übergeordnete Kommunikationsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649
18.7 Physikalische Ethernet-Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649
18.8 Ethernet-Telegrammstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 650
18.9 Verbindung mehrerer lokaler Netze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 650
18.10 Standortübergreifende Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652
18.10.1 Breitband-ISDN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652
18.10.2 Datex-P . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653
18.10.3 GSM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653
18.10.4 Powerline-Kommunikation (Power Line
Communication, PLC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654
18.10.5 Satellitenkommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 655
18.10.6 Metropolitan Area Network (MAN) . . . . . . . . . . . . . . . . . 656
18.10.7 Wide Area Network (WAN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656
18.10.8 Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetz FDDI . . . . . . . . . . . 657
18.11 Rechnernetze zur Messdatenübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 657
18.11.1 Spezielle Bussysteme zur Messdatenerfassung . . . . . . . . 658
18.11.2 Vernetzung von Messdatenerfassungssystemen
mittels Ethernet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 658
18.12 Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von USB-
Messmodulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 660
18.12.1 Funktionsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 660
18.12.2 Beispiele für USB-Messgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663
18.13 Ethernet-Nutzung zur Messdatenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 666
18.13.1 LXI - Ein neuer Standard für die Messtechnik . . . . . . . . 666
18.13.2 Die technische Basis von LXI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 667
18.13.3 Die 3 Geräteklassen A, B und C des LXI-Standards . . . 669
18.13.4 Triggermöglichkeiten von LXI-Geräten . . . . . . . . . . . . . . 669
18.13.5 Triggerung gemäß IEEE-1588 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 671
18.13.6 Die aktuelle Situation des LXI-Standards . . . . . . . . . . . . 672
18.14 EtherCAT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674
18.15 VPN - Virtual Private Network . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677

19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen . . . . . . . 681


19.1 Allgemeine Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681
19.2 IEC- und VXI-Bus-Kommunikation, SCPI-Standard . . . . . . . . . 682
19.2.1 Syntax der SCPI-Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 684
19.2.2 SCPI-Datenformate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 687
19.3 Einsatz kommerzieller Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 688
19.4 Kategorien von Softwarelösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 688
Inhaltsverzeichnis XXXI

19.4.1 Dialoggeführte Komplettpakete (Fertiglösungen) . . . . . 688


19.4.2 Modul-Bibliotheken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 689
19.4.3 Graphikorientierte Entwicklungssysteme
(Programmgeneratoren) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 689
19.4.4 Systeme mit speziellen Kommandosprachen . . . . . . . . . . 690
19.5 LabVIEW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 691
19.6 LabWindows . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695
19.7 MATLAB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 696

20 Gebäudeautomatisierung (Smart Home) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701


20.1 Struktur des Gesamtsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 702
20.2 Datenerfassung mit frequenzanaloger Schnittstelle . . . . . . . . . . . 703
20.3 Datenerfassung mit digitaler Schnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 705
20.4 Datenerfassung mit energieautarker digitaler Funkschnittstelle 706
20.5 Lokale und weltweite Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 709
20.5.1 LAN - lokales Netzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 709
20.5.2 Standortübergreifende Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 710
20.5.3 Weltweite Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 711
20.6 Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 711

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 715

Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723
1
Umfang und Bedeutung der Elektrischen
Messtechnik

1.1 Zur Historie und Bedeutung der Messtechnik


Die messtechnische Erfassung von physikalisch-technischen Gegenständen und
Prozessen stellt zusammen mit der logischen Denkfähigkeit des Menschen, also
insbesondere auch der Fähigkeit, diese Objekte und Vorgänge mathematisch
zu beschreiben, eine wesentliche Grundlage aller Natur- und Ingenieurwissen-
schaften dar. Schon der griechische Philosoph Platon (427-347 v. Chr.) hat auf
die große Bedeutung der Messtechnik hingewiesen, als er im X. Buch seines
Werkes Der Staat“ schrieb [144]:

’Dieselben Gegenstände erscheinen uns krumm oder gerade, je nachdem

wir sie in oder außer Wasser erblicken, ebenso hohl oder erhaben infolge der
Täuschung unseres Gesichtssinnes durch die Farben; und all dies deutet auf
eine Verwirrung in der Seele hin.’ (...)
’Messen, Zählen und Wägen zeigen sich dagegen als die willkommensten Hel-
fer, so dass in uns nicht das scheinbar Größere oder Kleinere oder Zahlreichere
oder Schwerere von Ausschlag ist, sondern das Rechnende, Messende, Wägen-
de.’
’Wie auch nicht!’
’Das ist die Aufgabe des vernünftigen Teiles in unserer Seele.’(...)
’Der Teil, der auf Maß und Berechnung vertraut, ist wohl der beste Teil der
Seele?’
’Natürlich!’
’Sein Gegenteil gehört zu dem Schwachen in uns?’
’Notwendigerweise!’“
Zwischen der Messtechnik, deren grundlegende Aufgabe die experimentel-
le Bestimmung physikalischer Größen ist, und der Entwicklung der Industrie-
landschaft aber auch der kulturellen Entwicklung bestehen seit jeher große
Abhängigkeiten. Die Messtechnik spielte schon in der Antike eine zentrale
Rolle, insbesondere im Zusammenhang mit Messgrößen, die Bestandteil des
täglichen Leben sind, wie z. B. Entfernungen oder das Gewicht von Waren.
Die entsprechenden Maßeinheiten lieferte oft der menschliche Körper, wie u.a.

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_1
2 1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Messtechnik

die in früheren Zeiten gebräuchlichen Einheiten Fuß“, Spanne“ oder Klaf-


” ” ”
ter“ zeigen. Wie die Funde von Wägesteinen belegen, war das für die Ent-
wicklung der Ware-Geld-Beziehung notwendige, auf Gewichtseinheiten basie-
rende Wiegen bereits Jahrtausende vor Christus eingeführt. Eines der älte-
sten, aus Babylon stammenden Maßsysteme enthielt auch schon Einheiten für
die Größen Länge“ (babylonische Elle), Fläche“, Volumen“ und Gewicht“.
” ” ” ”
Um dem im Laufe der Jahrhunderte entstandenen Wildwuchs an Maßeinhei-
ten Einhalt zu gebieten, war es eine Forderung der Französischen Revolution,
dass einheitliche Maße vereinbart werden sollten. Schließlich wurde im Jahre
1799 die Längeneinheit Meter“ als der vierzigmillionste Teil des Erdmeri-

dians zunächst in Frankreich, später auch in Preußen und Sachsen, festge-
schrieben, während von der industriellen Entwicklung Englands die bekann-
ten angelsächsischen Längenmaßeinheiten ausgingen. Bis ins 19. Jahrhundert
hinein beschränkte man sich auf die Messung geometrischer, mechanischer
und thermischer Größen. Für die quantitative Erfassung weiterer wichtiger
Messgrößen, wie z. B. die Ionendosis oder die Energiedosis von radioaktiver
Strahlung, standen bis dahin keine entsprechenden Messgeräte zur Verfügung;
es bestand jedoch schon die Möglichkeit ihres qualitativen Nachweises.
Die Messtechnik hat auch ganz wesentlich zur Weiterentwicklung aller
Natur- und Ingenieurwissenschaften beigetragen. So verhalf beispielsweise die
Zeitmesstechnik zu Aussagen über Unregelmäßigkeiten bei der Erdrotation.
Heute ist die Messtechnik als ein zentrales Element der modernen Technologie-
und Industrielandschaft etabliert. Sie dient dort neben dem Warenaustausch
vor allem der Forschung und Entwicklung, der Fertigung sowie der Qualitäts-
sicherung von Produkten. Eine Vielzahl technischer Funktionsabläufe muss
ständig messtechnisch kontrolliert werden, um beispielsweise die gewünschte
Qualität in der Fertigung zu erreichen oder auch um die notwendige Sicherheit
und Umweltverträglichkeit von Prozessen zu gewährleisten.
Ein Beispiel aus dem Bereich des Umweltschutzes zeigt auch, dass sich
manche der dort anstehenden Aufgaben erst mit der Entwicklung und Bereit-
stellung eines hochwertigen Messverfahrens lösen lassen. So wurde am Institut
für Hochfrequenztechnik der Universität Erlangen ein Empfänger für elek-
tromagnetische Submillimeterwellen (Frequenzen im Terahertzbereich) ent-
wickelt, welcher in Flugzeugen, die in großer Höhe fliegen, eingesetzt wer-
den kann, um dort Schadstoffkonzentrationen zuverlässig zu messen. Diese
Messungen basieren im Wesentlichen auf der Detektion elektromagnetischer
Strahlung, die bei einer Frequenz von 2,5 Terahertz von sog. Hydroxyl-Ionen
emittiert wird. Diese Hydroxyl-Ionen werden neben den Fluorkohlenwasser-
stoffen (FCKW) als eine Substanz angesehen, die zum Abbau der Ozonschicht
führt.
Viele technische Fortschritte spiegeln sich in der Entwicklung von Messver-
fahren und dazugehörigen Messgeräten wider, die ihrerseits wiederum zu einer
Verbesserung des Kenntnisstandes auf dem Gebiet der Elektrotechnik beitra-
gen. Eines der jüngsten Beispiele dafür ist der Quanten-Halleffekt, für dessen
Entdeckung im Jahre 1985 der Nobelpreis an Prof. von Klitzing vergeben
1.2 Der Begriff des Messens 3

wurde. Der Effekt konnte nur durch Bereitstellung und Nutzung einer sehr
hochwertigen Messtechnik entdeckt werden. Andererseits kann der Quanten-
Halleffekt wiederum zur hochgenauen Definition der Einheit des ohmschen
Widerstandes genutzt werden, womit er zu einer größeren Präzision in der
Elektrischen Messtechnik beiträgt.
In nahezu allen Disziplinen der Technik geht die entsprechende Messtech-
nik zunehmend in eine rein elektrische Messwertverarbeitung über. Der allge-
meine Trend besteht darin, für die verschiedenen Messaufgaben Messwert-
aufnehmer zu entwickeln, welche die unterschiedlichsten nicht-elektrischen
Messgrößen detektieren und in entsprechende elektrische Signale umsetzen.
Die weitere Verarbeitung dieser nunmehr elektrischen Signale (Messwerte) ist
dann weitgehend standardisiert und mittlerweile ein fester Bestandteil der
Elektrischen Messtechnik geworden. Der große Vorzug der Elektrischen Mes-
stechnik liegt dabei vor allem in der großen Präzision, mit der sich elektrische
Signale, etwa im Gegensatz zu mechanischen Größen, bei relativ geringem
Aufwand verarbeiten und speichern lassen.
Auch die Tatsache, dass sich die beiden Größen Frequenz“ und Zeit“
” ”
mit Hilfe der Methoden der Elektrischen Messtechnik mit großer Genauigkeit
bestimmen lassen, bildet eine weitere Basis ihres Erfolges. So beruht beispiels-
weise das Prinzip des heute weltweit angewendeten Navigationssystems GPS
(Global Positioning System) auf einer präzisen Messung von Zeiten, in diesem
Fall von Laufzeiten, die ein elektromagnetisches Signal von einem in bekann-
ter Position befindlichen Satelliten bis zu einem Empfangsort benötigt. An
diesem Empfangsort befindet sich ein portabler Empfänger, dessen geometri-
sche Breiten-, Längen- und Höhenkoordinaten aus diesen Zeitmessungen mit
hoher Genauigkeit bestimmt werden können.

1.2 Der Begriff des Messens

Unter Messen versteht man das quantitative Erfassen einer Größe, der sog.
Messgröße. Präziser formuliert heißt Messen, eine zu messende Größe als Viel-
faches einer allgemein anerkannten Einheitsgröße derselben physikalischen Di-
mension zu bestimmen, und zwar durch experimentellen Vergleich mit einer
Maßverkörperung dieser Einheit. Dabei bedienen wir uns sog. Messgeräte.
Messgeräte können insbesondere auch den Teil der Natur erschließen helfen,
für den unsere Sinne keine Empfindungen haben, wie z.B. der Schall im Ultra-
schallbereich oder alle Arten von ionisierender Strahlung. Zur Durchführung
von Messungen müssen die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sein:
• Existenz eines Zahlensystems
• Definition einer Messgröße
• Festlegung der Einheit.
Die Elektrische Messtechnik behandelt zunächst die Messung rein elektrischer
Größen, wie Spannung, Strom, elektrische Leistung und Impedanz (Wider-
4 1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Messtechnik

stand, Induktivität, Kapazität). Nach der eigentlichen Gewinnung (Detekti-


on) des Messsignals wird dieses verarbeitet, d. h. es wird u. a. kompensiert,
verstärkt, übertragen, linearisiert oder digitalisiert, bevor das Messergebnis
(Messwert) entweder
• auf einer Anzeige (analog oder digital) ausgegeben,
• mittels Schreiber oder Drucker dokumentiert oder
• zur Regelung eines Prozesses benutzt wird.
Ein weiteres wichtiges Teilgebiet der Elektrischen Messtechnik beschäftigt sich
mit der Messung nicht-elektrischer Größen. Dazu bedient man sich sog. Sen-
soren (Aufnehmer, Messfühler, Detektoren), welche die jeweilige physikalische
Größe in ein elektrisches Signal umwandeln, das dann leicht mit bewährten
Methoden der Elektrischen Messtechnik weiterverarbeitet werden kann.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich die Elektrische Mess-
technik mit den folgenden Teilaufgaben beschäftigt:
• Gewinnung des Messsignals, d. h. Detektion der (elektrischen oder nicht-
elektrischen) Messgröße und Umwandlung in ein für die weitere Verarbei-
tung geeignetes elektrisches Signal
• Verarbeitung und Übertragung des elektrischen Messsignals
• Darstellung, Dokumentation und Speicherung der Messwerte.
Die Verarbeitung elektrischer Messsignale zeichnet sich gegenüber den Messver-
fahren anderer Wissenschaftszweige durch folgende Vorzüge aus:
• leistungsarmes und damit rückwirkungsarmes Erfassen von Messgrößen
• großer Messbereichsumfang (hohe Dynamik)
• einfache Verarbeitbarkeit der Messsignale mit Hilfe elektronischer
Schaltungen
• leichte Übertragbarkeit und Speicherung der Messsignale mit
Standardverfahren der Nachrichtentechnik.

1.3 Begriffsdefinitionen in der Messtechnik


1.3.1 Allgemeine Begriffe

Im Folgenden werden die wichtigsten Begriffsdefinitionen der Messtechnik


nach DIN 1319 (Grundbegriffe der Messtechnik), VDI/VDE 2600 (Metrolo-
gie, Messtechnik) sowie DIN VDE 0410 (Bestimmungen für elektrische Mess-
geräte) zusammengefasst:
Messen ist der experimentelle Vorgang, durch den ein spezieller Wert ei-
ner physikalischen Größe als Vielfaches einer Einheit oder eines Bezugswertes
ermittelt wird (DIN 1319).
Die Messgröße ist die physikalische Größe, deren Wert durch eine Messung
ermittelt werden soll (VDI/VDE 2600).
1.3 Begriffsdefinitionen in der Messtechnik 5

Der Messwert ist der gemessene spezielle Wert einer Messgröße, er wird als
Produkt aus Zahlenwert und Einheit angegeben (DIN 1319).
Das Messergebnis ist ein aus mehreren Messwerten einer physikalischen
Größe oder aus Messwerten für verschiedene Größen nach einer festgelegten
Beziehung ermittelter Wert oder Werteverlauf. Ein einzelner Messwert kann
aber auch bereits das Messergebnis darstellen (VDI/VDE 2600).
Messprinzip heißt die charakteristische physikalische Erscheinung, die bei
der Messung benutzt wird (DIN 1319).
Messverfahren nennt man die spezielle Art der Anwendung eines Mess-
prinzips (VDI/VDE 2600). Man unterscheidet dabei im Wesentlichen zwi-
schen dem Ausschlagverfahren, bei dem der Ausschlag oder die Anzeige eines
Messwertes ein Maß für die Messgröße ist (idealerweise proportional), und
dem Nullabgleichverfahren, bei dem die in Kap. 1.5.1 beschriebene Kompen-
sationsmethode eingesetzt wird.

1.3.2 Messgerät und Messeinrichtung

Ein Messgerät liefert oder verkörpert Messwerte, auch die Verknüpfung meh-
rerer voneinander unabhängiger Messwerte, z. B. das Verhältnis von Messwer-
ten (DIN 1319).
Eine Messeinrichtung besteht aus einem Messgerät oder mehreren zusam-
menhängenden Messgeräten mit zusätzlichen Einrichtungen, die ein Ganzes
bilden (DIN 1319).
Als Hilfsgeräte werden die Komponenten bezeichnet, die nicht unmittelbar
der Aufnahme, der Umformung oder der Ausgabe von Messwerten dienen.
Messsignale stellen Messgrößen im Signalflussweg einer Messeinrichtung
durch zugeordnete physikalische Größen gleicher oder anderer Art dar (VDI/
VDE 2600).

1.3.3 Messkette (Struktur einer elektrischen Messeinrichtung)

Eine komplette Messkette besteht aus den in Abb. 1.1 gezeigten Komponenten.
Grundsätzlich besteht eine Messeinrichtung zur elektrischen Messung elektri-
scher bzw. nicht-elektrischer Größen aus den Messgeräten (Messgliedern), die
im Einzelnen folgende Aufgaben erfüllen:
• Aufnehmen der Messgröße
• Weitergeben, Anpassen und Verarbeiten des Messsignals
• Ausgeben des Messwertes.
Nach dem Geräteplan (Abb. 1.1) sind die hierfür notwendigen Messglieder in
einer Messkette zusammengeschaltet (VDI/VDE 2600, Bl. 3). Der Aufnehmer
wandelt die Messgröße entweder direkt oder über andere physikalische Größen
in ein elektrisches Messsignal y1 um. Die Anpasser enthalten Messgeräte, die
zwischen Aufnehmer und Ausgeber in der Messkette liegen. Dazu gehören vor
allem Messverstärker und elektronische Rechengeräte. Der Ausgeber gibt die
6 1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Messtechnik

Abb. 1.1. Struktur einer elektrischen Messeinrichtung nach VDI/VDE 2600

Messwerte z analog oder digital entweder direkt (d. h. sofort sichtbar und
verständlich) über eine Anzeige, Schreiber bzw. Zähler oder aber indirekt,
d. h. nicht ohne Spezialvorrichtung lesbar, zur weiteren Informationsverarbei-
tung aus. Die Hauptaufgabe des Hilfsgerätes ist es, die von den Messgeräten
eventuell benötigte Hilfsenergie zu liefern.

1.4 Vorschriften und Normen


In Tabelle 1.1 werden die wichtigsten nationalen und internationalen Institu-
tionen angeführt, die zur Normbildung und zur Definition von Vorschriften

Tabelle 1.1. Normbildende Institutionen und Standardisierungsgremien

ANSI American National Standards Institute, New York; USA/national


CCITT Comité Consultatif International Télégraphique et Téléphonique,
Genf; international
CEE Commission Internationale de Réglementation en vue
de l’approbation de l’Equipment Electrique; Europa
CENELEC Comité Européen de Coordination des Normes Electriques; Europa
DIN Deutsches Institut für Normung e. V., Berlin; national
EIA Electronic Industry Association; USA/national
IEC International Electrotechnical Commission; international
IEEE Institute of Electrical and Electronics Engineers,
New York; national/international
ISO International Standards Organisation, Genf; international
ÖVE Österreichischer Verband für Elektrotechnik, Wien; national
VDE Verband Deutscher Elektrotechniker e. V., Frankfurt; national
VDI Verband Deutscher Ingenieure e. V., Düsseldorf; national
DKE Deutsche Elektrotechnische Kommission im DIN und VDE; national
1.5 Klassifizierung von Messmethoden 7

Tabelle 1.2. VDE-Vorschriften und DIN-Normen (Auswahl)

Norm Inhalt
VDE 0410 Bestimmungen für elektrische Messgeräte
VDE 0411 Bestimmungen für elektronische Messgeräte und Regler
VDE 0414 Bestimmungen für Messwandler
VDE 0418 Bestimmungen für Elektrizitätszähler
VDE 2600 Metrologie (Messtechnik)
DIN 1301 Einheiten
DIN 1304 Formelzeichen
DIN 1313 Physikalische Größen und Gleichungen
DIN 1319 Grundbegriffe der Messtechnik
DIN 1333 Zahlenangaben
DIN 40108 Gleich- und Wechselstromsysteme
DIN 40110 Wechselstromgrößen
DIN 43710 Thermospannungen und Werkstoffe der Thermopaare
DIN 43780 Genauigkeitsklassen von Messgeräten
DIN 43802 Skalen und Zeiger für elektrische Messinstrumente
DIN 43808 Zungenfrequenzmesser
DIN 43821 Widerstandsferngeber
DIN 43830 Schreibende Messgeräte
DIN 43850 Elektrizitätszähler
DIN 5478 Maßstäbe in graphischen Darstellungen
DIN 5483 Zeitabhängige Größen

im Bereich der Elektrischen Messtechnik beitragen. In Tabelle 1.2 sind die


wichtigsten in der Elektrischen Messtechnik zu beachtenden Vorschriften und
Normen in tabellarischer Form zusammengefasst.

1.5 Klassifizierung von Messmethoden


Eine Klassifizierung von Messmethoden kann nach verschiedenen Kriterien
erfolgen. Die wichtigsten Klassifizierungsmethoden werden in den folgenden
vier Abschnitten kurz beschrieben.

1.5.1 Ausschlagmethode - Kompensationsmethode

Bei der Ausschlagmethode wird die Messgröße direkt oder über Zwischen-
größen in einen möglichst proportionalen Ausschlag umgewandelt, z. B. die
Winkelstellung eines Messgerätezeigers. Als Sonderfall kann dieser Ausschlag
auch in reiner Zahlendarstellung mit theoretisch unendlich vielen Nachkom-
mastellen erfolgen. Ein charakteristisches Kennzeichen dieser Messmethode
ist der Entzug von Energie aus dem Messobjekt, was eine Rückwirkung auf
die zu messende Größe zur Folge hat.
8 1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Messtechnik

Bei der Kompensationsmethode hingegen (Abb. 1.2) wird von der Messgröße
xE bzw. der daraus abgeleiteten Abbildungsgröße xB eine mittels einer Hilfs-
quelle erzeugte gleichartige und gleichgroße Kompensationsgröße xK (Ver-
gleichsgröße) subtrahiert, so dass die Differenz von Messgröße bzw. Abbil-
dungsgröße und Kompensationsgröße gerade Null ergibt. Die Messgröße wird
dabei zunächst mit Hilfe eines Aufnehmers in eine proportionale Abbildungs-
größe xB umgewandelt. Die Kompensationsgröße muß sowohl einstellbar als
auch messbar sein. Da hierbei die zur Messung notwendige Energie aus der
Hilfsquelle und nicht aus dem Messobjekt stammt, ist diese Messmethode
rückwirkungsfrei, d.h. die Messgröße wird nicht durch Energieentzug während
des Messvorganges verändert. Dem Nachteil des größeren gerätetechnischen
Aufwandes stehen bei dieser Methode aber weitere Vorteile gegenüber, wie
z. B. die Reduzierung des Störgrößeneinflusses beim Erzeugen der Kompen-
sationsgröße in einer zweiten gleichartigen Messstrecke oder die leichte Reali-
sierung großer Messbereiche [77].

Abb. 1.2. Signalfluss bei der Kompensationsmethode

1.5.2 Analog - Digital


Bei den analogen Messmethoden wird die Messgröße durch eine eindeutige
und stetige Anzeigegröße (Messwert) dargestellt. Häufig hat der Ausgeber
einer analog arbeitenden Messeinrichtung eine Skalenanzeige.
Im Gegensatz dazu wird bei den digitalen Messmethoden die Messgröße in
Form einer in festgelegten Schritten quantisierten Anzeigegröße dargestellt.
Der Ausgeber wird hier im Allgemeinen in Form einer Ziffernanzeige oder
einer Bildschirmausgabe realisiert.

1.5.3 Kontinuierlich - Diskontinuierlich


Von kontinuierlichen Messvorgängen spricht man, wenn die Messgröße ohne
zeitliche Unterbrechung erfasst und auch dargestellt wird. Von einer diskon-
1.6 Die Informationsträger im Messsignal 9

tinuierlichen Messung ist die Rede, wenn die Messgröße nur zu bestimmten
(diskreten) Zeitpunkten erfasst (abgetastet) wird.

1.5.4 Direkt - Indirekt


Bei den direkten Messmethoden wird die Messgröße unmittelbar mit einer
Maßverkörperung derselben physikalischen Dimension verglichen. Bei den in-
direkten Methoden wird die Messgröße zunächst in eine proportionale Zwi-
schengröße umgewandelt und erst diese wird schließlich mit der Maßverkörpe-
rung verglichen. Die Bestimmung des Volumens eines Zylinders über die Mes-
sung seines Durchmessers und seiner Länge ist ein typisches Beispiel für eine
indirekte Messung.

1.6 Die Informationsträger im Messsignal


Der Träger der Information in der Messtechnik ist das Messsignal, d. h. ei-
ne physikalische Größe mit einem informationstragenden Parameter, der eine
Information über eine Messgröße aufnehmen kann. In der Elektrischen Mess-
technik werden typischerweise elektrische Spannungen bzw. elektrische Ströme
als Informationsträger benutzt. Dabei werden von einem Signal folgende Ei-
genschaften verlangt:
• Das Signal ist eine physikalische Größe (Signalträger, Informationsträger),
die sich zeitlich verändern lässt.
• Der Signalträger besitzt einen wahrnehmbaren Parameter (Informations-
parameter), der die Werte der Messgröße eindeutig und reproduzierbar
wiedergeben kann, d. h. die Messgröße wird auf den Informationsparame-
ter in mathematisch eineindeutiger Weise abgebildet.
Da in der Elektrischen Messtechnik die Messsignale im Allgemeinen in Form
elektrischer Spannungen bzw. elektrischer Ströme verarbeitet werden, bieten
sich alle Standardformen des Informationsparameters an, die aus der elek-
trischen Nachrichtentechnik bekannt sind. Die den Messwert beschreibenden
Informationen werden dabei auf eine der folgenden Arten codiert:

Abb. 1.3. a) Amplitudenmoduliertes Signal (Der Messwert ist proportional zur Mo-
mentanamplitude.), b)Frequenzmoduliertes Signal (Der Messwert ist proportional
zur Momentanfrequenz.)
10 1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Messtechnik

• Amplitudenanaloges Signal (Amplitudenmodulation - AM)


Messwert ∼ Amplitude (Abb. 1.3a)
• Frequenzanaloges Signal (Frequenzmodulation - FM)
Messwert ∼ Frequenz eines zeitkontinuierlichen Signals oder einer Impuls-
folge (Abb. 1.3b)
• Zeitanaloges Signal (Pulsdauermodulation - PDM)
Messwert ∼ Pulsdauer (Abb. 1.4a)
• Digitales Signal (Pulscodemodulation - PCM)
Der Messwert wird digital codiert (Abb. 1.4b).

Abb. 1.4. a) Pulsdauermoduliertes Signal (Der Messwert ist proportional zur Puls-
dauer tX .), b) Pulscodemodulation (Der Messwert ist in Form einer Dualzahl co-
diert.)
2
Die Grundlagen des Messens

2.1 Maßsysteme, Einheiten, Naturkonstanten

2.1.1 Maßsysteme

Die Messung einer physikalischen Größe besteht im Vergleich mit einer Maß-
einheit, d. h. die physikalische Größe ergibt sich stets als Produkt aus einem
Zahlenwert und einer Maßeinheit:
Physikalische Größe = Zahlenwert · Einheit
Man ist bestrebt, die Einheiten durch unvergängliche atomare Größen zu de-
finieren, die prinzipiell an jedem Ort und zu jeder Zeit mit hoher Genauigkeit
bestimmt werden können. Die Generalkonferenz für Maße und Gewichte hat
daher im Jahre 1960 das inzwischen weltweit eingeführte Système Interna-

tional d’Unités“ (SI-System) vorgeschlagen, dessen Anwendung auch im deut-
schen Sprachraum gesetzlich vorgeschrieben ist. Das System definiert zunächst
die Basisgrößen und die dazugehörigen Basiseinheiten, welche beide in Tabel-
le 2.1 zusammengefasst werden.

Tabelle 2.1. SI-Basisgrößen und SI-Basiseinheiten

Basisgröße Formelzeichen Basiseinheit Einheitenzeichen


Länge l Meter m
Masse m Kilogramm kg
Zeit t Sekunde s
Stromstärke I Ampere A
Temperatur T Kelvin K
Lichtstärke Iv Candela cd
Stoffmenge n Mol mol

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_2
12 2 Die Grundlagen des Messens

Die Basiseinheiten der sieben Basisgrößen sind im SI-System exakt festgelegt


worden. Die entsprechenden Definitionen werden in der folgenden Aufstellung
beschrieben:
• Mechanik
– 1 Meter (Länge)
Länge der Strecke, die Licht im Vakuum während des Zeitintervalls von
(1/299 792 458) Sekunden durchläuft (1983).
– 1 Kilogramm (Masse)
Masse des internationalen Kilogrammprototyps (1889).
– 1 Sekunde (Zeit)
Die 9 192 631 770fache Periodendauer der dem Übergang zwischen den
beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des
Nuklids 133 Cs entsprechenden Strahlung (1967).
• Elektrotechnik
– 1 Ampere (Stromstärke)
Stärke eines zeitlich unveränderlichen elektrischen Stromes, der, durch
zwei im Vakuum parallel im Abstand von 1 m voneinander angeord-
nete, geradlinige, unendlich lange Leiter von vernachlässigbar kleinem,
kreisförmigem Querschnitt fließend, zwischen diesen Leitern pro 1 m
Leiterlänge elektrodynamisch die Kraft 0, 2 · 10−6 N hervorrufen würde
(1948).
• Thermodynamik
– 1 Kelvin (Temperatur)
ist der 273,16te Teil der thermodynamischen Temperatur des Tripel-
punktes des Wassers (1967).
• Optik
– 1 Candela (Lichtstärke)
ist die Lichtstärke in einer bestimmten Richtung einer Strahlungsquelle,
die monochromatische Strahlung der Frequenz 540 · 1012 Hertz aussen-
det und deren Strahlstärke in dieser Richtung (1/683) Watt je Steradi-
ant beträgt (1979).
• Chemie
– 1 Mol (Stoffmenge)
ist die Stoffmenge eines Systems bestimmter Zusammensetzung, das
aus ebenso vielen Teilchen besteht, wie Atome in (12/1000) kg des Nu-
klids 12 C enthalten sind (1971).
2.1 Maßsysteme, Einheiten, Naturkonstanten 13

2.1.2 Naturkonstanten

Zahlenwerte und Einheiten von Naturkonstanten werden derzeit durch das


System der Einheiten, das SI-System, festgelegt (Tab. 2.2). So ergibt sich
beispielsweise aus der Definition der Einheit der elektrischen Stromstärke die
magnetische Feldkonstante zu μ0 = 4π · 10−7 Vs/Am = 1, 2566 · 10−6 Vs/Am
[163]. Es ist aber zu erwarten, dass in Zukunft sieben ausgewählte physika-
lische Konstanten in der Hierarchie der Metrologie über den Basiseinheiten
stehen. Bezüglich der SI-Basiseinheiten Meter und Sekunde ist dies schon seit
einigen Jahrzehnten der Fall.

Tabelle 2.2. Wichtige Naturkonstanten

Naturkonstante Zeichen Zahlenwert Einheit


−19
Elektrische Elementarladung e 1, 6022 · 10 As
Elektrische Feldkonstante ε0 8, 8542 · 10−12 AsV−1 m−1
Lichtgeschwindigkeit im Vakuum c 299 792 458 ms−1
Magnetische Feldkonstante μ0 1, 2566 · 10−6 VsA−1 m−1
Masse des Elektrons m0 9, 1095 · 10−31 kg
Plancksches Wirkungsquantum h 6, 6262 · 10−34 Js

2.1.3 Das SI

Das SI besteht aus den sieben Basiseinheiten Kilogramm, Meter, Sekunde,


Ampere, Kelvin, Mol und Candela und daraus abgeleiteten Einheiten. Die ab-
geleiteten Einheiten lassen sich als Produkte von Potenzen der Basiseinheiten
definieren, daher ist das SI ein sog. kohärentes System.
Die einzelnen Definitionen der Basiseinheiten sind aus aktueller Sicht völlig
unterschiedlich angelegt: Während sich das Kilogramm noch auf den Interna-
tionalen Kilogramm-Prototypen beim Internationalen Büro für Maß und Ge-
wicht (BIPM) in Paris, also einen Artefakt bezieht, ist die Ampere-Definition
in abstrakter Weise, d. h. experimentell nicht reproduzierbar, mit dem Wert
der magnetischen Feldkonstante verbunden. Dahingegen sind die Grundlagen
der Meter- und der Sekundendefinition bereits Naturkonstanten, nämlich die
Lichtgeschwindigkeit bzw. eine durch Hyperfeinwechselwirkung entstehende
Übergangsfrequenz zwischen Energieniveaus des Atoms 133 Cs.
Das derzeitige SI erfüllt die heutigen Bedürfnisse von Wissenschaft und
Technik, ist aber von der Idealvorstellung, immerwährender“ Konstanz in

Zeit und Ort sowie (experimenteller) Nachvollziehbarkeit für alle Völker“

weit entfernt [67].
14 2 Die Grundlagen des Messens

2.1.4 Das künftige SI


Das künftige oder neue SI wird, mit Ausnahme der SI-Basiseinheit Candela,
der Einheit der Lichtstärke, alle Basiseinheiten mit Bezug auf Werte von Na-
turkonstanten definieren, davon ausgehend, dass diese Naturkonstanten, oder
auch einfach physikalische Konstanten genannt, zumindest nach menschlichem
Ermessen konstant über Zeit und Ort sind. Zugleich soll ein konsistenter De-
finitionsansatz die Verständlichkeit und Akzeptanz des Systems fördern sowie
es zumindest vom Grundsatz her für Alle“ zugänglich machen.

Über jegliche Änderungen des SI entscheidet die Generalkonferenz der Me-
terkonvention auf der Grundlage von Empfehlungen des Comité International
des Poids et Mesures (CIPM). Das CIPM hat sich nun schon soweit festgelegt,
dass das Meter (weiterhin) auf der Basis des Wertes der Lichtgeschwindigkeit
c definiert werden wird, das Kilogramm künftig mit Bezug auf den Wert der
Planck-Konstante h, die Sekunde (weiterhin) auf die Frequenz ν einer Strah-
lung, die aus dem Übergang zwischen zwei Hyperfein-Strukturniveaus des
Grundzustandes von Atomen eines bestimmten Nuklids resultiert, das Ampe-
re auf die Elementarladung e, das Kelvin auf die Boltzmann-Konstante k und
das Mol auf die Avogadrozahl NA [34][35]. Abbildung 2.1 illustriert diesen
Ansatz.

U=0 Definierende Konstanten


c, h, v, e, kB, NA, Kcd (unsicherheitsfrei)

SI-Basiseinheiten
m, kg, s, A, K, mol, cd (unsicherheitsbehaftet)

Messunsicherheit
(in Pfeilrichtung
ansteigend) Pa, N, Hz, Ω, W, ... μ0, R, γ, ε0, NL, F, ...
abgeleitete Einheiten
(unsicherheitsbehaftet) andere physikalische Konstanten
(unsicherheitsbehaftet)

Weitergabe der Einheiten an


Wirtschaft und Gesellschaft

Abb. 2.1. Das neue SI-Einheiten-System: Zuordnung von Einheiten zu Konstanten

Die Definition eines neuen SI soll mit Blick auf evtl. gravierende wirtschaft-
liche Auswirkungen keinesfalls zu Skalensprüngen in Bezug auf das derzeiti-
ge SI führen, wie das CIPM ausdrücklich fordert. Daher sind zunächst die
Werte der o. a. Konstanten mit höchster Genauigkeit auf der Grundlage des
derzeitigen SI zu bestimmen und international, möglichst auf experimentell
2.1 Maßsysteme, Einheiten, Naturkonstanten 15

unterschiedlichen Wegen, zu verifizieren. Die Konsistenz der noch nicht neu


festgelegten Werte wird dann durch eine Ausgleichsrechnung der CODATA,
einer international anerkannten Expertenkommission, hergestellt werden.
Völlig neu könnte auch die Art Definition der Basiseinheiten selbst wer-
den. Es ist nicht auszuschließen, dass eine sog. Gruppendefinition Anwendung
findet, die etwa wie folgt strukturiert und formuliert sein könnte:
Die Sekunde, Symbol s, ist die SI-Einheit der Zeit. Das Meter, Symbol m,
ist die SI-Einheit der Länge. Das Kilogramm, Symbol kg, ist die SI-Einheit
der Masse. Das Ampere, Symbol A, ist die SI-Einheit der Stromstärke. Das
Kelvin, Symbol K, ist die SI-Einheit der Temperatur. Das Mol, Symbol mol,
ist die SI-Einheit der Stoffmenge eines spezifizierten elementaren Teilchens,
welches ein Atom, ein Molekül, ein Ion, ein Elektron oder ein anderes Parti-
kel oder eine Gruppe von Partikeln sein kann. Die Candela, Symbol cd, ist
die Einheit der Lichtintensität in einer gegebenen Richtung. Diese Einhei-
ten sind definiert durch die fixen numerischen Werte der Cäsium-Frequenz zu
9, 192631770 · 109 ausgedrückt in der Einheit s−1 , der Lichtgeschwindigkeit in
Vakuum zu 2, 99792458 · 108 ausgedrückt in der Einheit m s−1 , der Planck-
Konstante zu 6, 62607(0040) · 1034 ausgedrückt in der Einheit kg m2 s−1 , der
Elementarladung zu 1, 60217(66208) · 10−19 ausgedrückt in der Einheit A s,
der Boltzmann-Konstante zu 1, 3806(4852) · 10−23 ausgedrückt in der Einheit
kg m2 s−2 K−1 , der inversen Avogadrozahl zu 1/6,02214(0857) · 1023 ausge-
drückt in der Einheit mol, der Lichtausbeute einer monochromatischen Strah-
lung der Frequenz 540 ·1012 Hz zu 683 (Photometrisches Strahlungsäquivalent)
ausgedrückt in der Einheit kg−1 m−2 s3 cd sr. 1
Es wird in den Definitionen also keine experimentelle Grundlage für die
Realisierung der Definitionen festgelegt werden. Diese werden sinnvollerweise
auf den derzeit entwickelten leistungsfähigen Experimenten zur Bestimmung
der physikalischen Konstanten beruhen und in einem vom CIPM zu verab-
schiedenden Mise en Pratique, also in der Hierarchie eine Stufe tiefer ange-
siedelt sein. Ziel dieser Strategie ist es, den Nationalen Metrologie-Instituten
eine möglichst hohe Flexibilität bei Realisierung der Einheiten einzuräumen.
Eine weitere Konsequenz dieser voraussichtlichen künftigen Neufassung wird
sein, dass den auf fixen Werten der Konstanten fußenden SI-Basiseinheiten
selbst eine Unsicherheit quantitativ zuzuordnen ist, resultierend aus der ver-
bleibenden und unvermeidlichen Unvollkommenheit eines jeden Experiments.
Die derzeit für Elektrotechniker besonders interessanten Experimente zur Be-
stimmung der quantitativen Zusammenhänge von Planck-Konstante und Ki-
logramm, von Elementarladung und Ampere sowie von Boltzmann-Konstante
und Kelvin seien hier kurz benannt:
1
Die hier angegebenen Werte sind weiterhin Gegenstand aufwändiger experimen-
teller Forschung und keinesfalls schon die Werte, die die Generalkonferenz für Maß
und Gewicht der Internationalen Meterkonvention verabschieden wird. Sie dienen
lediglich einer ersten Orientierung. Die Werte in Klammern werden endgültig von
der CGPM im Ergebnis der internationalen Experimente und des erforderlichen
Werteausgleichs festgelegt.
16 2 Die Grundlagen des Messens

• Planck-Konstante und Kilogramm


Die neue Definition der SI-Basiseinheit Kilogramm (kg) soll auf die Planck-
Konstante h zurückgeführt werden. Aus der Anzahl der Atome eines hin-
sichtlich seiner Masse und seines Volumens sehr genau (rel. Unsicher-
heit besser als 1 · 10−8 ) bekannten Siliziumskörpers, der gut bekannten
Rydberg-Konstanten sowie dem Verhältnis der relativen atomaren Mas-
se des Siliziums zu der des Elektrons kann die Planck-Konstante er-
rechnet werden. Objekte zur experimentellen Bestimmung der Planck-
Konstanten h sind als nahezu perfekte gefertigte Kugeln mit einer Masse
von 1 kg, die jeweils aus einem hochreinen isotopenangereicherten Silizium-
28-Einkristall (Isotopenreinheit 99,998 %) höchster Gitterperfektion be-
stehen. Masse und Volumen sowie die Oxidschicht an der Kugelober-
fläche sind genauestens gemessen und bekannt. Das Gleiche gilt für die
effektive atomare Masse des Siliziums. Die indessen erreichte rel. Unsi-
cherheit für den mit diesem Experiment ermittelten Wert der Planck-
Konstante ist kleiner als 2 · 10−8 . An der Neubestimmung der Konstan-
ten auf dem sog. Silizium-Pfad“ sind führend die nationalen Metrolo-

gieinstitute Deutschlands, die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in
Braunschweig und Berlin (PTB), Italiens (IMGC), Japans (NMIJ) der
USA (NIST) und Kanadas (NRC) sowie das Internationale Büro für Maß
und Gewicht in Paris (BIPM) beteiligt. Das isotopenangereicherte Silizium
kommt aus der Russischen Föderation. Neben der Bestimmung der Planck-
Konstante ermöglicht der Silizium-Pfad“ die Bestimmung der Avogadro-

zahl und bildet damit auch die Grundlage für die Definition der Einheit
der Stoffmenge, das Mol.
Für die künftige Massedefinition auf dem sog. Silizium-Pfad kann man
dann in umgekehrter Richtung vorgehen: Die Zahl der Si-Atome N in
einem makroskopischen Kristall (von angenommen völlig isotopenreinem
Silizium) wäre dann

N = 8VS /a(28 Si)3 (2.1)


mit
8: Zahl der Si-Atome pro Elementarzelle
a(28 Si)3 : Volumen einer Si-Elementarzelle
VS : Volumen der Kugel.

Die Masse der Kugel ergäbe sich zu

ms = N · m(28 Si) . (2.2)


Da der experimentell ermittelte Wert h/m(28 Si) mit hoher Genauigkeit
bekannt ist, kann man schließlich als Bestimmungsgleichung schreiben

m(28 Si)
ms = h · N . (2.3)
h
2.1 Maßsysteme, Einheiten, Naturkonstanten 17

Ein alternatives Experiment zur Bestimmung der Planck-Konstante und


später, nach Neudefinition, der Darstellung des Kilogramms, ist mithilfe
der sog. Wattwaage möglich. Hierbei wird eine Spule bestromt (Strom
durch Spule: I0 ), so dass ein Magnetfeld entsteht, das mit der daraus resul-
tierenden Magnetkraft einen Probekörper in der Schwebe hält. In diesem
Magnetfeld wird eine weitere Spule mit definierter Geschwindigkeit bewegt
und deren dabei induzierte Spannung U mit dem Strom I0 multipliziert.
Daraus ergibt sich eine sehr genau messbare Leistung. Mit der ebenfalls
hochgenau zu bestimmenden lokalen Erdbeschleunigung g an dem Mess-
ort lässt sich aus der wirkenden kinetischen und der potenziellen Energie
des Probekörpers (in Verbindung mit den Definitionen für das Meter und
die Sekunde) die Planck-Konstante ermitteln und festlegen. Eine große
experimentelle Herausforderung ist dabei die Bestimmung von Weg und
Geschwindigkeit der bewegten Spule mit extrem geringer Messunsicher-
heit.
• Elementarladung und Ampere
Das Ampere (1 A) entspricht dem Fluss von rund 1 · 1018 Elektronen pro
Sekunde (s. o.). Da die SI-Basiseinheit Sekunde mit einer rel. Unsicherheit
von besser als 1 · 10−14 definiert werden kann, ist es denk- und realisierbar,
das Ampere durch das Zählen von Elektronen in einem bestimmten Zeit-
intervall zu definieren bzw. in der derzeitigen Phase auf der Grundlage des
geltenden SI den Wert der Elementarladung e zu bestimmen. Um einen
entsprechenden messbaren Strom zu erzeugen, wurden sog. Einzelelektro-
nenpumpen (SET-Devices; SET=Single Electron Tunneling) entwickelt,
die mit sehr hoher Taktfrequenz Einzel-Elektroden durch eine Feldeffekt-
Halbleiteranordnung durchtunneln“ und zugleich detektieren. Die erreich-

bare relative Standardunsicherheit liegt derzeit schon unter 1 · 10−8 . Das
Hauptproblem besteht jedoch darin, dass die solcherart mit SET-Devices
erzeugten Ströme noch zu schwach sind (kleiner 10−6 A) und damit noch
nicht den mit hoher Genauigkeit klassisch messbaren Bereich erreichen.
• Boltzmann-Konstante und Kelvin
Die Definition der Einheit Kelvin (K) wird auf die Boltzmann-Konstante k
zurückgefürt werden. Die Boltzmann-Konstante wird derzeit international
nach mehreren physikalischen Prinzipien bestimmt, aus deren Mittel sie
einmal festgelegt werden soll. Das am häufigsten angewandte Messprin-
zip ist das der akustischen Gasthermometrie . Die Physikalisch-Technische
Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig verwendet alternativ ein Dielektri-
zitätskonstanten-Gasthermometer. Die dabei mit einer Messunsicherheit
von 4 ppm (4 · 10−6 ) ermittelte Boltzmann-Konstante beträgt nach der-
zeitigem Stand
J
k = 1, 380 648 52 · 10−23 . (2.4)
K
18 2 Die Grundlagen des Messens

2.1.5 Abgeleitete Einheiten

Durch Multiplikation oder Divison der Basiseinheiten werden die für die ande-
ren physikalischen Größen benötigten Einheiten abgeleitet, d. h. das SI-System
der Einheiten ist ein sog. kohärentes System. Einige wichtige und häufig be-
nutzte abgeleitete Einheiten haben einen eigenständigen Namen (Tab. 2.3),
wie z. B. der Druck p, gemessen in der Einheit Pascal (Pa; 1 Pa = 1 N m−2 ;
1 N = 1 kg m s−2 ) und die (elektrische) Leistung Watt (W; 1 W = 1 J s−1 ; 1 J
= 1 N m). Andere wiederum werden nur in Form ihrer multiplikativ verknüpf-
ten Basiseinheiten ausgedrückt, wie beispielsweise die magnetische Feldstärke
H mit der Einheit Ampere/Meter (A/m). Durch Vorsätze entstehen dezimale
Vielfache oder Teile von Einheiten (Tab. 2.4), z. B. das Megapascal (MPa),
das 106 Pa entspricht, oder das Millimeter (mm), das 10−3 m entspricht.

2.2 Größen- und Zahlenwertgleichungen


Die mathematische Beziehung zwischen physikalischen Größen wird durch
Gleichungen beschrieben. Man spricht von Größengleichungen, wenn sie aus-
schließlich den Zahlenfaktor  1 enthalten. Die elektrische Energie beispiels-
weise ist gegeben durch die Größengleichung (2.5). Darin bezeichnen U die
Gleichspannung, gemessen in Volt (V), I den Gleichstrom, gemessen in Am-
pere (A), und t die Zeit, gemessen in Sekunden (s)

E = U It . (2.5)

Bei Verwendung kohärenter Einheiten gelten für die Einheiten die gleichen
Formeln. Gleichung (2.5) resultiert also in folgender Einheitengleichung

1 Ws = 1 VAs = 1 Nm . (2.6)

In Zahlenwertgleichungen hingegen werden nicht-kohärente Einheiten ver-


knüpft, wie z. B. bei der Berechnung der elektrischen Energie in der Einheit
Kilowattstunde (kWh)

E (kWh) = 0, 278 · 10−6 U (V) I (A) t (s) = 0, 278 · 10−6 E (Ws) . (2.7)

Bei Zahlenwertgleichungen müssen die Einheiten mit angegeben werden. Ver-


schiedene Einheiten werden in einer Einheitengleichung verknüpft
1
1 kWh = 1000 VA 3600 s = VAs . (2.8)
0, 278 · 10−6
2.2 Größen- und Zahlenwertgleichungen 19

Tabelle 2.3. Abgeleitete SI-Einheiten mit eigenständigen Namen

Größe Formel- Abgeleitete Beziehung


zeichen SI-Einheit zu SI-Einheiten
ebener Winkel α Radiant rad 1 rad = 1 m m−1
räumlicher Winkel Ω Steradiant sr 1 sr = 1 m2 m−2
Frequenz f, ν Hertz Hz 1 Hz = 1 s−1
Kraft F Newton N 1N = 1 kg m s−2
Druck p Pascal Pa 1 Pa = 1 N m−2
= 1 kg m−1 s−2
Energie, Arbeit, E Joule J 1J = 1 Nm
Wärmeenergie = 1 kg m2 s−2
Leistung, P Watt W 1W = 1 Nm s−1
Energiestrom = 1 kg m2 s−3
Ladung Q Coulomb C 1C = 1 As
Spannung U Volt V 1V = 1 kg m2 s−3 A−1
Widerstand R Ohm Ω 1Ω = 1 kg m2 s−3 A−2
Leitwert G Siemens S 1S = 1 s3 A2 kg−1 m−2
Kapazität C Farad F 1F = 1 As V−1
= 1 A2 s4 kg−1 m−2
magn. Fluss Φ Weber Wb 1 Wb = 1 Vs
= 1 kg m2 s−2 A−1
magn. Flussdichte B Tesla T 1T = 1 V s m−2
= 1 kg s−2 A−1
Induktivität L Henry H 1H = 1 Wb A−1
= 1 Vs A−1
= 1 kg m2 s−2 A−2
Lichtstrom Φ Lumen lm 1 lm = 1 cd sr
Beleuchtungsstärke Ev Lux lx 1 lx = 1 lm m−2
= 1 cd sr m−2
Aktivität einer radio- A Becquerel Bq 1 Bq = 1 s −1
aktiven Substanz
Energiedosis D Gray Gy 1 Gy = 1 J kg −1
= 1 m2 s−2

Tabelle 2.4. Vorsätze zur Bezeichnung von dezimalen Vielfachen und Teilen von
Einheiten

Vorsatz Zeichen Zahlenwert Vorsatz Zeichen Zahlenwert


Atto a 10−18 Deka da 10+1
Femto f 10−15 Hekto h 10+2
Piko p 10−12 Kilo k 10+3
Nano n 10−9 Mega M 10+6
Mikro μ 10−6 Giga G 10+9
Milli m 10−3 Tera T 10+12
Zenti c 10−2 Peta P 10+15
Dezi d 10−1 Exa E 10+18
3
Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation
und Vierpol-Übertragungsverhalten

3.1 Fourier-Transformation

Fourierreihen periodischer Funktionen

Wir beginnen mit der Beschreibung periodischer Funktionen mit Hilfe von
Fourier-Reihenentwicklungen und leiten daraus die Beschreibung auch nicht-
periodischer Funktionen mittels der Fourier-Transformation ab.
Die periodische Funktion f (t) = f (t + T ) lässt sich bekanntlich in Form
einer trigonometrischen Reihe angeben [45]

a0 
f (t) = + (aν cos(νω0 t) + bν sin(νω0 t)) , (3.1)
2 ν=1

wobei sich die Fourierkoeffizienten aν und bν mit


 +T /2
2
aν = f (t) cos (νω0 t) dt ν = 0, 1, 2, · · · (3.2)
T −T /2
 +T /2
2
bν = f (t) sin (νω0 t) dt ν = 1, 2, · · · (3.3)
T −T /2

berechnen lassen und T die Periodendauer darstellt.


Eine alternative Darstellung kann in Form einer Cosinus-Reihe mit den
Koeffizienten cν und Phasenwinkeln ϕν erfolgen


f (t) = cν cos(νω0 t + ϕν ) mit ϕ0 = 0 . (3.4)
ν=0

Mit der bekannten Beziehung


1 jx
cos x = (e + e−jx ) (3.5)
2

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_3
22 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

lässt sich daraus eine äquivalente Exponentialreihe ableiten




f (t) = dν ejνω0 t (3.6)
ν=−∞
1 1
mit dν = cν ejϕν ; d−ν = d∗ν = cν e−jϕν (3.7)
2 2
und d0 = c0 . (3.8)

Um die komplexwertigen Koeffizienten dν aus der Funktion f (t) zu erhalten,


lösen wir Gl. (3.6) nach dν auf. Dazu multiplizieren wir beide Seiten mit
e−jμω0 t (μ ∈ Z) und integrieren über eine Periode (Periodendauer T = 2π/ω0 )
 T  T ∞

−jμω0 t
f (t)e dt = dν e−j(μ−ν)ω0 t dt . (3.9)
0 0 ν=−∞

Auf der rechten Seite lassen sich Integral und Summe vertauschen und dν
kann vor das Integral gezogen werden. Für das Integral gilt dann
 T 
0 für ν = μ 2π
e−j(μ−ν)ω0 t dt = , wenn ω0 = . (3.10)
0 T für ν = μ T
Daraus folgt unmittelbar
 T
f (t)e−jμω0 t dt = T dμ . (3.11)
0

Jetzt ersetzen wir noch μ durch ν, so dass sich die Koeffizienten folgenderma-
ßen berechnen lassen 
1 T
dν = f (t)e−jνω0 t dt. (3.12)
T 0

Übergang zur Fourier-Transformation

Wir betrachten noch einmal die Exponentialentwicklung (Gl. (3.6)) und fügen
einige günstige Erweiterungen ein (s. auch [188], [189])

1  2πdν jνω0 t
f (t) = e ω0 . (3.13)
2π ν=−∞ ω0

In Gl. (3.12) verschieben wir die Integrationsgrenzen um eine halbe Periode


 T /2
1 2π
dν = f (t)e−jνω0 t dt mit T = . (3.14)
T −T /2 ω0

Die Verallgemeinerung auf nicht-periodische Funktionen erreicht man, indem


man die Periodendauer T → ∞ gehen lässt. Die diskreten Frequenzen νω0
3.1 Fourier-Transformation 23

werden ersetzt durch die kontinuierliche Frequenz ω und die endlichen Fre-
quenzschritte ω0 durch das Differential dω.
Wenn man in Gl. (3.14) den Ausdruck T = 2π/ω0 auf die linke Seite
bringt, erhält man die Fourier-Transformierte F (jω) der Zeitfunktion f (t)
 ∞
2πdν
= f (t)e−jωt dt = F (jω). (3.15)
ω0 −∞

Zur Rücktransformation wird in Gl. (3.13) die Summe über die diskreten ν
ersetzt durch ein Integral über ω. Wir setzen dementsprechend die Fourier-
Transformierte F (jω) nach Gl. (3.15) ein und erhalten die Fourier-Rück-
transformation (inverse Fourier-Transformation)
 ∞
1
f (t) = F (jω)ejωt dω . (3.16)
2π −∞

Es sei noch angemerkt, dass die Fourier-Transformation bzw. die Fourier-


Rücktransformation symbolisch folgendermaßen geschrieben wird

F (jω) = F {f (t)} (3.17)


f (t) = F −1 {F (jω)} . (3.18)

Die absolute Integrierbarkeit einer Funktion f (t) ist hinreichende Bedingung


für die Existenz ihrer Fouriertransformierten
 ∞
|f (t)|dt < ∞ . (3.19)
0

Beispiele zur Fourier-Transformation

Gegeben sei folgende Funktion



1 für −T ≤ t ≤ T
f1 (t) = pT (t) = , (3.20)
0 sonst

welche einen Rechteckimpuls beschreibt. Die Fourier-Transformierte dieser


Funktion lässt sich mit Gl. (3.15) leicht berechnen
 T
2
F 1 (jω) = e−jωt dt = sin(T ω) . (3.21)
−T ω

Die Anwendung des Satzes von L’Hospital liefert an der Stelle ω = 0 den
Grenzwert 2T . Abbildung 3.1 zeigt die Darstellung dieser Funktion im Zeit-
und Frequenzbereich.
Weiterhin sei ein zeitlich unendlich andauerndes Sinus-Signal gegeben

f2 (t) = sin ω0 t. (3.22)


24 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

p (t)
T

-T T t

Re {F1(jω)}
Im {F1(jω)} = 0
2T

−π/T π/T 2π/T ω

Abb. 3.1. Der Rechteckimpuls im Zeit- und Frequenzbereich

Die Fourier-Transformierte dieses Signals lautet


π
F 2 (jω) = jπ [δ(ω + ω0 ) − δ(ω − ω0 )] = [δ(ω − ω0 ) − δ(ω + ω0 )] , (3.23)
j

wobei δ dem Dirac-Stoß (s. Kap. 3.4) entspricht. Das Spektrum dieses Signals
ist in Abb. 3.2 dargestellt. Es enthält nur einen Anteil bei der Frequenz ω0
bzw. −ω0 .

Im {F2 (jω)}

Re {F2 (jω)} = 0

ω0
−ω0 ω

Abb. 3.2. Das Sinussignal im Frequenzbereich


3.2 Ausgleichsvorgänge in linearen Netzwerken 25

Nun wollen wir durch Multiplikation der beiden Signale einen Teil des Sinus-
signals ausschneiden
f3 (t) = f1 (t) · f2 (t) = pT (t) sin ω0 t. (3.24)
Die Multiplikation im Zeitbereich entspricht einer Faltung im Frequenzbereich
mit dem Vorfaktor 1/2π (s. Kap. 3.5.4), wodurch man leicht die Fourier-
Transformierte F 3 (jω) erhält (∗: Faltungssymbol)
1 2 π
F 3 (jω) = sin T ω ∗ [δ(ω − ω0 ) − δ(ω + ω0 )]
2π ω j
 ∞
1 sin T Ω
= [δ(ω − Ω − ω0 ) − δ(ω − Ω + ω0 )]dΩ
j −∞ Ω
 
1 sin T (ω − ω0 ) sin T (ω + ω0 )
= − . (3.25)
j ω − ω0 ω + ω0
In Abb. 3.3 ist der erste Term der Gl. (3.25) dargestellt. Bildlich gesprochen
wird durch das Ausschneiden der unendlich scharfe Dirac-Stoß über einen
Frequenzbereich um ω0 verschmiert“, wobei der Impuls umso unschärfer ist,

je kürzer der Ausschnitt ist. Für ein unendlich langes Zeitfenster ergibt sich
wiederum der Dirac-Stoß aus Abb. 3.2.

j . F3(jω)
Re {F3 (jω)} = 0
T

ω0 −π/Τ ω0 +π/Τ
ω0 ω

Abb. 3.3. Das ausgeschnittene Sinussignal im Frequenzbereich

3.2 Ausgleichsvorgänge in linearen Netzwerken


Es sollen die zeitlichen Verläufe von Spannung und Strom in einem elektri-
schen Netzwerk ermittelt werden, wenn die Anregung einen beliebigen zeitli-
chen Verlauf zeigt. Schwerpunktmäßig betrachtete Spezialfälle sind dabei ei-
ne zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeschaltete periodische Anregung oder
eine nach dem Einschaltzeitpunkt konstante Anregung. Nach diesem (Ein-)
Schaltzeitpunkt läuft in dem Netzwerk ein sog. Einschwingvorgang ab, der
sich nach mehr oder weniger langer Zeit dem stationären oder eingeschwun-
genen Zustand annähert. Eine neuerliche Änderung der Anregung, z. B. das
Abschalten der Anregung, ruft einen weiteren Ausgleichsvorgang hervor.
26 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

Wenn wir uns auf ein elektrisches Netzwerk mit konzentrierten linearen und
zeitinvarianten Elementen beschränken, so erfolgt die mathematische Be-
schreibung dieser Ausgleichsvorgänge anhand einer linearen Differential-
gleichung (DGL) mit konstanten Koeffizienten.
Als Beispiel wollen wir den Einschwingvorgang einer RC-Tiefpassschaltung
betrachten, auf deren Eingangsklemmen zum Zeitpunkt t = 0 die Gleichspan-
nung U0 aufgeschaltet wird (Abb. 3.4).

t=0 R du c
i=C
dt

Uo C uc

Abb. 3.4. RC-Tiefpassschaltung, die zum Zeitpunkt t = 0 mit einer Gleichspannung


beaufschlagt wird.

Für Zeiten t > 0 kann die Maschengleichung

−U0 + R · i + uc = 0 (3.26)

unter Verwendung der Strom-Spannungs-Beziehung für den Kondensator

duc
i=C (3.27)
dt
zu einer Differentialgleichung 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten umge-
formt werden
duc
RC + uc = U0 . (3.28)
dt
Die allgemeine Lösung dieser Gleichung ergibt sich aus der Überlagerung der
Lösung der homogenen Differentialgleichung
duch
RC + uch = 0 (3.29)
dt
und einer partikulären Lösung der inhomogenen Differentialgleichung. Eine
solche spezielle Lösung ucp lässt sich leicht angeben, wenn man bedenkt, dass
für t → ∞ der Ausgleichsvorgang abgeschlossen sein muss. Dann ist der Kon-
densator auf die Spannung U0 aufgeladen und es fließt kein Strom mehr. Somit
ist diese partikuläre Lösung
ucp = U0 . (3.30)
Die allgemeine Lösung der homogenen DGL (Gl. (3.29)) lautet mit der Zeit-
konstanten τ = RC
uch = ke−t/τ , (3.31)
3.2 Ausgleichsvorgänge in linearen Netzwerken 27

wobei k eine noch festzulegende Konstante ist. Die Gesamtlösung lautet also

uc = uch + ucp = ke−t/τ + U0 . (3.32)

Aus dem Anfangswert der Kondensatorspannung zum Zeitpunkt t = 0


(uc (0) = 0) lässt sich die Konstante k bestimmen

k = −U0 . (3.33)

Die Gesamtlösung lautet somit

uc = U0 (1 − e−t/τ ) . (3.34)

Abbildung 3.5 zeigt den zeitlichen Verlauf der Kondensatorspannung uc .

uC(t)

U0

U0 (1-e -t/τ )

τ = RC t
Abb. 3.5. Zeitlicher Verlauf der Ausgangsspannung des RC-Tiefpasses

Auch bei komplizierteren Netzwerken ist die Vorgehensweise analog, d.h. unter
Verwendung der Kirchhoffschen Gesetze und den Strom-Spannungs-Beziehun-
gen von Widerstand, Spule und Kondensator wird ein System von linearen
Differentialgleichungen aufgestellt. Dessen Lösung ergibt sich aus der Über-
lagerung der allgemeinen Lösung des homogenen Systems und einer parti-
kulären Lösung des inhomogenen Systems. Wenn sich in einem Netzwerk nun
n unabhängige Energiespeicher (Kondensatoren und/oder Spulen) befinden,
so enthält die Lösung n Konstanten, die so bestimmt werden müssen, dass
die n Anfangswerte (Spannung bei Kondensatoren und Strom bei Spulen)
der Energiespeicher erfüllt werden, d. h. es muss ein lineares Differentialglei-
chungssystem mit n Unbekannten gelöst werden.
In aller Regel wendet man aber zur Berechnung von Einschwingvorgängen
eine elegantere Methode an, die uns das Auflösen dieses linearen Differential-
gleichungssystems erspart. Diese basiert auf der sog. Laplace-Transformation,
die eine spezielle Spektralzerlegung der Zeitfunktionen durchführt. Dies führt
schließlich zu einem Rechengang, der die bekannten Methoden der komplexen
Wechselstromrechnung [4], [161] benutzt.
28 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

3.3 Die Laplace-Transformation


Die Laplace-Transformation ist eine Verallgemeinerung der Fourier-Trans-
formation. Für die Berechnung von Einschwingvorgängen genügt die Be-
schränkung auf Zeitfunktionen, die für Zeiten t < 0 verschwinden. Man
spricht dann von einseitiger Laplace-Transformation. Bei dieser wird
nur über positive t integriert. Ausgangspunkt ist die einseitige Fourier-
Transformation  ∞
F (jω) = f (t)e−jωt dt (3.35)
0
bzw. die inverse Fourier-Transformation
 ∞
1
f (t) = F (jω)ejωt dω . (3.36)
2π −∞

Beim Übergang zur Laplace-Transformation wird nun die in Gl. (3.35) noch
rein imaginäre Frequenz jω durch die komplexe Frequenz

s = σ + jω (3.37)

ersetzt. Aus Gl. (3.35) wird dadurch die Basisgleichung der einseitigen
Laplace-Transformation (Laplace-Transformationsgleichung)
 ∞
F (σ + jω) = f (t)e−σt e−jωt dt (3.38)
0

bzw.  ∞
F (s) = f (t)e−st dt . (3.39)
0
Die hinreichende Bedingung für die Fourier-Transformierbarkeit einer Funk-
tion f (t) (Gl. (3.19))
 +∞
|f (t)| dt < ∞ (3.40)
−∞

wird nunmehr entschärft, da Gl. (3.40) in


 ∞
|f (t)| e−σt dt < ∞ (3.41)
0

übergeht. So genügen beispielsweise auch die Funktionen



1 für t ≥ 0
f (t) = (3.42)
0 für t < 0

für σ > 0 und



eα t t≥0
f (t) = (3.43)
0 t<0
3.3 Die Laplace-Transformation 29

für σ > α der Bedingung nach Gl. (3.41).


Wenn also der Wert σ in Abhängigkeit von f (t) nur genügend groß“

gewählt wird, so existiert die Laplace-Transformierte F (s). Das entsprechen-
de Integral (Gl. (3.39)) konvergiert absolut und gleichmäßig für alle s mit
σ > σmin , wobei der Wert σmin die von der jeweiligen Funktion f (t) abhängen-
de Konvergenzabszisse beschreibt.
Das Beispiel Gl. (3.42) impliziert, dass die Laplace-Transformation (im Gegen-
satz zur Fourier-Transformation) auch im Falle für t → ∞ nicht verschwinden-
der Funktionen ohne Distributionen auskommt. Für die Exponentialfunktion
(3.43) mit α > 0 existiert keine Fourier-Transformierte, aber sehr wohl deren
Laplace-Transformierte.
Die der Fourier-Rücktransformation entsprechende Laplace-Rücktransfor-
mation ergibt sich unter Verwendung der Gln. (3.35) bis (3.38) für t > 0
zu  ω=+∞
−σt 1
f (t)e = F (σ + jω) · ejωt dω (3.44)
2π ω=−∞
bzw.  ω=+∞
1
f (t) = F (σ + jω) · e(σ+jω)t dω . (3.45)
2π ω=−∞

Unter Verwendung der komplexen Frequenz s = σ + jω und der Beziehung


ds = jdω lässt sich die Laplace-Rücktransformation in der Form
 s=σ+j∞
1
f (t) = F (s)est ds (3.46)
2πj s=σ−j∞

darstellen.
Das Rücktransformations-Integral nach Gl. (3.46) existiert nur, wenn
F (s) an den Enden des Integrationspfades verschwindet. Der Integrationspfad
verläuft in der komplexen s-Ebene (Abb. 3.6) parallel zur imaginären Achse in
einem Bereich, wo σ > σmin gilt. Für σ > σmin ist F (s) eine holomorphe Funk-
tion. Es sei ergänzt, dass das Integral einer holomorphen Funktion nur von
den Endpunkten des Integrationspfades, nicht aber von dessen Wegführung
selbst, abhängt.

Symbolische Darstellungen

Laplace-Transformation:
F (s) = L{f (t)} . (3.47)
Rücktransformation:
f (t) = L−1 {F (s)} . (3.48)
Die Zuordnung wird auch durch folgendes Symbolzeichen dargestellt

f (t) ◦−−• F (s) , (3.49)


30 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

wobei wegen der Eindeutigkeit der Zuordnung (Eineindeutigkeit) aller im


Bereich t > 0 stetiger Funktionen diese Zuordnung in beiden Richtungen
der Transformation gilt, sofern der jeweilige Konvergenzbereich des Laplace-
Integrals bekannt ist.

Laplace-Ebene (s-Ebene)

j. ω
harmonische Schwingungen
mit konstanter Amplitude

exponentiell exponentiell
abklingende anwachsende
Schwingungen Schwingungen
σ = Re {s}

Abb. 3.6. Laplace-Ebene (s-Ebene)

Während die Fourier-Transformation auf die rein imaginäre Achse jω und


damit auf Sinusgrößen mit konstanter Amplitude beschränkt bleibt, kann mit
einer komplexen Frequenz auch eine exponentiell anwachsende oder exponen-
tiell abklingende Sinusgröße dargestellt werden (s. Abb. 3.6)
1
u(t) = Û · eσt cos(ωt + ϕ) = (U e(σ+jω)t + U ∗ e(σ−jω)t ) (3.50)
2
mit

U= Û · ejϕ (3.51)
U ∗ = Û · e−jϕ . (3.52)

Die äquivalente Darstellung in s bzw. s∗ lautet


1 ∗
u(t) = (U est + U ∗ es t ) (3.53)
2
mit

s∗ = σ − jω. (3.54)

Der Wert von σ stellt dabei das Dämpfungsmaß dar (σ < 0) und ω die Kreis-
frequenz (ω > 0). Es sei noch ergänzt, dass die rein reelle Achse (ω = 0) reine
Exponentialfunktionen mit reellen Exponenten verkörpert.
3.4 Die Laplace-Transformierte elementarer Zeitfunktionen 31

3.4 Die Laplace-Transformierte elementarer


Zeitfunktionen
Ziel dieses Abschnittes ist die Aufstellung einer Zuordnungstabelle, die ele-
mentare Zeitfunktionen und ihre entsprechenden einseitigen Laplace-Trans-
formierten enthält. Bei der einseitigen Laplace-Transformation wird vorausge-
setzt, dass die zu transformierende Zeitfunktion für Zeiten t < 0 stets identisch
Null ist.
Dies wird für jede Zeitfunktion durch Multiplikation mit der im folgenden
definierten Sprungfunktion ε(t) erreicht. Aufgrund der eindeutigen Umkehr-
barkeit der Transformation kann diese sowohl beim Übergang vom Zeit- in
den Laplace-Bereich als auch in umgekehrter Richtung verwendet werden.

Sprungfunktion

Die Sprungfunktion1 ε(t) beschreibt ein zum Zeitnullpunkt eingeschaltetes


zeitlich konstantes Signal

1 für t ≥ 0
f (t) = ε(t) = . (3.55)
0 für t < 0
Die Laplace-Transformierte lautet
 ∞ ∞
1 
F (s) = e−st dt = − e−st  . (3.56)
0 s 0

Für Realteile σ > 0 konvergiert das Integral in Gl. (3.56) und man erhält
1
F (s) = . (3.57)
s

Rampenfunktion

Für die ab dem Zeitnullpunkt linear ansteigende Rampenfunktion



t für t ≥ 0
f (t) = oder f (t) = ε(t) · t (3.58)
0 für t < 0
erhält man die Laplace-Transformierte nach einmaliger partieller Integration
 ∞ ∞ 
−st t −st  1 ∞ −st
F (s) = te dt = − e  + e dt . (3.59)
0 s 0 s 0
Auch hier konvergiert das Integral nur für komplexe Frequenzen s, deren Re-
alteil positiv ist (σ > 0). Man erhält schließlich
1
F (s) = . (3.60)
s2
1
Die Sprungfunktion wird im Folgenden stets mit ε(t) bezeichnet.
32 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

Parabelfunktionen

Die Laplace-Transformierte einer Parabel n-ten Grades (n = 0, 1, 2, 3, ...) er-


gibt sich durch n-malige partielle Integration
 n
t für t ≥ 0
f (t) = oder f (t) = ε(t) · tn (3.61)
0 für t < 0

entsprechend zu
n!
F (s) = . (3.62)
sn+1

Exponentialfunktion

Die Laplace-Transformierte der Exponentialfunktion


 st
e0 für t ≥ 0
f (t) = oder f (t) = ε(t) · es0 t (3.63)
0 für t < 0

ergibt sich zu
 ∞

(s0 −s)t 1 
(s0 −s)t 
F (s) = e dt = e  . (3.64)
0 s0 − s 0

Für σ > Re{s0 } erhält man Konvergenz und es folgt


1
F (s) = . (3.65)
s − s0

Hyperbelfunktionen

Da sich die Hyperbelfunktionen aus der Superposition von Exponentialfunk-


tionen ergeben
1  s0 t
cosh(s0 t) = e + e−s0 t (3.66)
2
1  s0 t
sinh(s0 t) = e − e−s0 t , (3.67)
2
lassen sich ihre Laplace-Transformierten aufgrund ihrer linearen Transforma-
tionseigenschaften leicht angeben


1 1 1 s
L{ε(t) · cosh(s0 t)} = + = 2 (3.68)
2 s − s0 s + s0 s − s20
bzw.


1 1 1 s0
L{ε(t) · sinh(s0 t)} = − = . (3.69)
2 s − s0 s + s0 s2 − s20
3.4 Die Laplace-Transformierte elementarer Zeitfunktionen 33

sin- und cos-Funktionen

Der Spezialfall s0 = jω0 liefert mit den Gln. (3.66), (3.67) und

cosh jω0 t = cos ω0 t (3.70)


sinh jω0 t = j sin ω0 t (3.71)

die Laplace-Transformierte harmonischer Signale


s
L{ε(t) · cos ω0 t} = (3.72)
+ ω02
s2
ω0
L{ε(t) · sin ω0 t} = 2 . (3.73)
s + ω02

Delta-Impuls δ(t)

Der Delta-Impuls (auch Dirac-Impuls bzw. Dirac-Stoß genannt), der bei


der Analyse elektrischer Netzwerke große Bedeutung hat, ist keine Funktion
im herkömmlichen Sinne, sondern mathematisch gesehen eine sog. Distribu-
tion. Die Distribution lässt sich durch einen Grenzübergang definieren. Dazu
betrachten wir Abb. 3.7. Der dort gezeigte Signalverlauf lässt sich folgender-
maßen beschreiben
1
für 0 < t < T
δT = T . (3.74)
0 sonst

Für T → 0 erhält man daraus den Delta-Impuls. +∞


Für den Dirac-Impuls gilt die Nebenbedingung −∞ δ(t)dt = 1. Die
Laplace-Transformierte des Zeitsignals nach Gl. (3.74) ergibt
 T 
1 −st 1 T −st 1 − e−sT
FT (s) = e dt = e dt = . (3.75)
0 T T 0 sT

δT δ

1 1
T
δ (t)

T t t
a) b)

Abb. 3.7. Delta-Impuls: a) Zeitfunktion, welche durch den Grenzübergang T → 0


den Delta-Puls definiert, b) Symbolische Darstellung: der Zahlenwert an der Spitze
+∞
des Pfeiles repräsentiert den Flächeninhalt des Integrals −∞ δ(t)dt.
34 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

Die Laplace-Transformierte des Delta-Impulses erhält man schließlich durch


den Grenzübergang T → 0

1 − e−sT
lim FT (s) = Fδ (s) = lim =1. (3.76)
T →0 T →0 sT

3.5 Die Eigenschaften der Laplace-Transformation —


Laplace-Transformation einfacher mathematischer
Operationen

Bei der Anwendung der Laplace-Transformation ist es allgemein von Inter-


esse, wie sich die Transformation auf einfache mathematische Operationen
auswirkt. Bei der Lösung von Differentialgleichungen mit Hilfe der Laplace-
Transformation ist es beispielsweise wichtig zu wissen, wie sich die Operatio-
nen Differentiation oder Integration transformieren.

3.5.1 Überlagerung

Wenn die Laplace-Transformierten zweier Zeitfunktionen f1 (t) und f2 (t) exi-


stieren

f1 (t) ◦−−• F1 (s) (3.77)


f2 (t) ◦−−• F2 (s) , (3.78)

so gilt für beliebige Konstanten c1 und c2 der Überlagerungssatz

c1 f1 (t) + c2 f2 (t) ◦−−• c1 F1 (s) + c2 F2 (s) . (3.79)

Seine Gültigkeit folgt unmittelbar aus der Linearität der Transformationsin-


tegrale.

3.5.2 Integration

Die Laplace-Transformierte des Integrals


 t
f (τ )dτ (3.80)
0

ergibt sich durch Einsetzen in die Transformationsformel (Gl. (3.39)) und


partielle Integration zu
 t
1
f (τ ) dτ ◦−−• F (s) , (3.81)
0 s
wobei F (s) die Laplace-Transformierte der Funktion f (t) ist.
3.5 Laplace-Transformation einfacher mathematischer Operationen 35

3.5.3 Differentiation

Unter der Voraussetzung, dass die Funktion f (t) differenzierbar ist und ihre
Laplace-Transformierte F (s) existiert, erhält man nach einmaliger partieller
Integration für die Laplace-Transformierte der Ableitung
 ∞
df (t) −st
F̃ (s) = e dt (3.82)
0 dt
die Zuordnung
df (t)
◦−−• s F (s) − f (0+ ) . (3.83)
dt
Der rechtsseitige Grenzwert f (0+ ) ist der Funktionswert zum Zeitpunkt t = 0,
wenn man den Funktionsverlauf von f (t) von Zeiten t > 0 kommend bis hin
zum Grenzwert für t → 0 verfolgt. Wenn alle Ableitungen von f (t) bis zur n-
ten sowie die entsprechenden Laplace-Transformierten existieren, kann analog
abgeleitet werden

dn f (t) d(n−1) f (t)


◦−−• snF (s)−sn−1 f (0+ )−sn−2 f  (0+ )−· · ·− | + . (3.84)
dt n dt(n−1) t=0
Nachdem sich die Operationen Integration und Differentiation im Laplace-
Bereich in eine Multiplikation mit 1s bzw. s überführen lassen, gehen linea-
re Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten, wie sie auch bei der
Analyse elektrischer Netzwerke auftreten, in lineare algebraische Gleichungen
über. Damit lassen sich insbesondere Einschwingvorgänge in linearen mecha-
nischen und elektrischen Netzwerken einfach berechnen (s. auch Kap. 5.4).

3.5.4 Produkt zweier Laplace-Funktionen — Faltung

Die für die Netzwerkanalyse wichtigste Eigenschaft ist die Transformation


des zeitlichen Faltungsintegrals, das die Berechnung einer Systemantwort bei
bekannter Erregung und gegebener Impulsantwort des Systems erlaubt (s.
auch Kap. 3.11).
Das Produkt zweier Laplace-Funktionen F1 (s) · F2 (s)
 ∞
F1 (s) = f1 (τ )e−sτ dτ (3.85)
 ∞
0

F2 (s) = f2 (ϑ)e−sϑ dϑ (3.86)


0

lässt sich (gleichmäßige Konvergenz vorausgesetzt) als Doppelintegral formu-


lieren  ∞ ∞
F1 (s) · F2 (s) = f1 (τ )f2 (ϑ)e−s(τ +ϑ) dτ dϑ . (3.87)
0 0
Die Variablensubstitution t = τ + ϑ führt mit ϑ = t − τ und dϑ = dt zu
36 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten
 t=∞  τ =t 
F1 (s) · F2 (s) = f1 (τ )f2 (t − τ )dτ e−st dt . (3.88)
t=0 τ =0

Die obere Grenze des inneren Integrals darf auf τ = t gesetzt werden, weil
f2 (t − τ ) bei kausalen Netzwerken für negative Zeiten verschwindet.
Das innere Integral ist gemäß der Laplace-Transformationsgleichung die
zu F1 (s) · F2 (s) gehörende Zeitfunktion. Daher ist die Integraloperation
 t
f1 (τ )f2 (t − τ )dτ (3.89)
0

das Zeitbereichsergebnis der Multiplikation F1 (s)·F2 (s). Man bezeichnet diese


Operation als Faltung und kürzt sie mit dem Symbol ∗ ab, um sie von der
gewöhnlichen Multiplikation zu unterscheiden
 t
f1 (t) ∗ f2 (t) = f1 (τ )f2 (t − τ )dτ . (3.90)
0

Es gilt also die Zuordnung

f1 (t) ∗ f2 (t) ◦−−•F1(s) · F2 (s) . (3.91)

Das Faltungsprodukt ist kommutativ, d. h. es gilt

f1 ∗ f2 = f2 ∗ f1 . (3.92)

Es sei ergänzt, dass sich die Faltung nach Gl. (3.90) auch ausführen lässt,
wenn f1 (t) und f2 (t) nur in rein graphischer oder numerischer Form gegeben
sind. Abbildung 3.8 soll die Faltungsoperation verdeutlichen.

f1 (t) f2 (t)

f2 (-t) f 2 (t)

t1 t t2 t

f 1, 2 f 1 (t) * f2 (t)
f1 (τ) : f 2 (t - τ) Faltungsergebnis
t=0 t > t2 t > t1 + t 2

-t 2 t1 τ t2 t1 t1+ t2 t
Abb. 3.8. Zur Veranschaulichung des Faltungsintegrals
3.5 Laplace-Transformation einfacher mathematischer Operationen 37

Aufgrund des Vorfaktors 1/πj in der Rücktransformationsformel Gl. (3.46)


erscheint dieser auch bei der Umkehrung von Gl. (3.90) bzw. (3.91) wie folgt
1
f1 (t) · f2 (t) ◦−−• F1 (s) ∗ F2 (s) . (3.93)
2πj
Dies bedeutet, dass einer Multiplikation im Zeitbereich das mit dem Vor-
faktor 1/2π versehene Faltungsprodukt der beiden entsprechenden Laplace-
Transformierten entspricht. Für die Fourier-Transformation gelten diese Re-
geln analog. Der Vorfaktor beträgt hier 1/2π
1
f1 (t) · f2 (t) ◦−−• F (jω) ∗ F 2 (jw) . (3.94)
2π 1
Analog zu Gl. (3.91) gilt

f1 (t) ∗ f2 (t) ◦−−•F 1 (jω) · F 2 (jw) . (3.95)

3.5.5 Multiplikationssatz

Ausgehend von der Transformationsgleichung (Gl. 3.39)


 ∞
F (s) = f (t)e−st dt (3.96)
0

erhält man durch Differenzieren nach s


 ∞
dF
= f (t)(−t) · e−st dt = L{−t · f (t)} . (3.97)
ds 0

Die n-malige Ableitung ergibt unmittelbar den Multiplikationssatz


dn F
= (−1)n L{tn · f (t)} (3.98)
dsn
bzw.
dn F
tn · f (t) ◦−−• (−1)n . (3.99)
dsn
38 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

3.5.6 Verschiebung im Zeitbereich (Oberbereich)

Es soll eine Funktion f (t) im Zeitbereich um eine Zeit t0 > 0 verschoben


werden. Für die daraus resultierende Funktion (Abb. 3.9)

f (t) f1 (t)

0 t 0 t0 t

Abb. 3.9. Verschiebung im Zeitbereich um die Zeit to


f (t − t0 ) für t ≥ t0
f1 (t) = bzw. f1 (t) = ε(t − t0 ) · f (t − t0 ) (3.100)
0 für t < t0

folgt deren Laplace-Transformierte


 ∞
F1 (s) = f (t − t0 )e−st dt . (3.101)
t0

Durch die Variablensubstitution τ = t − t0 wird

e−st = e−st0 · e−sτ (3.102)

und es folgt  ∞
F1 (s) = e−st0 f (τ )e−sτ dτ = e−st0 F (s) . (3.103)
0
Die Verschiebung im Zeitbereich um eine Zeit t0 entspricht also der Multipli-
kation im Frequenzbereich mit e−st0

ε(t − t0 ) · f (t − t0 ) ◦−−• e−st0 F (s) . (3.104)

3.5.7 Verschiebung im Laplace-Bereich (Unterbereich)

Wenn wir hingegen eine Verschiebung im Laplace-Bereich gemäß

F1 (s) = F (s + s0 ) (3.105)

vornehmen, folgt  ∞
F1 (s) = f (t)e−s0 t e−st dt . (3.106)
0

Dies bedeutet, dass F (s + s0 ) der mit e−s0 t multiplizierten Zeitfunktion f (t)


entspricht
3.5 Analyse eines RC-Netzwerkes mittels Laplace-Transformation 39

e−s0 t f (t) ◦−−•F (s + s0 ) . (3.107)


Die Anwendung dieses Satzes auf Gl. (3.62) ergibt schließlich
tn −s0 t 1
e ◦−−• . (3.108)
n! (s + s0 )n+1
Demnach lässt sich zu einer beliebigen rationalen Funktion in s die zugehöri-
ge Zeitfunktion direkt ermitteln. Dazu wird die Funktion in Partialbrüche
zerlegt und anschließend rücktransformiert. Für den Fall, dass die gebrochen
rationale Funktion denselben Zähler- und Nennergrad aufweist, muss vor der
Partialbruchzerlegung eine Polynomdivision durchgeführt werden.

3.5.8 Dehnung bzw. Stauchung

Eine multiplikative reelle Konstante c, die auch als zeitlicher Dehnungs-


bzw. Stauchungsfaktor interpretiert werden kann, wirkt sich wie folgt auf die
Laplace-Transformation aus
1 s
f (ct) ◦−−• F (c > 0) . (3.109)
c c

3.5.9 Anfangswert-Theorem

Mit Hilfe dieses Theorems kann aus einer Laplace-Transformierten F (s) direkt
der Anfangswert f (0+ ) der zugehörigen Zeitfunktion f (t) bestimmt werden,
ohne die Zeitfunktion selbst zu ermitteln [45]

lim f (t) = f (0+ ) = lim sF (s) . (3.110)


t↓0 Re(s)→∞

3.5.10 Endwert-Theorem

Mit Hilfe dieses Theorems kann aus einer Laplace-Transformierten F (s) direkt
der Grenzwert f (t → ∞) der zugehörigen Zeitfunktion f (t) ermittelt werden,
ohne diese direkt zu kennen [45]

lim f (t) = lim sF (s). (3.111)


t→∞ s→0

Voraussetzung hierfür ist natürlich die Existenz eines asymptotischen Grenz-


wertes im Zeitbereich.

3.5.11 Tabelle mathematischer Operationen

In Tabelle 3.1 sind nochmals die in den vorhergehenden Abschnitten disku-


tierten mathematischen Operationen bei der Laplace-Transformation zusam-
mengestellt.
40 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

Tabelle 3.1. Zusammenfassung der Laplace-Transformation einfacher mathemati-


scher Operationen

f (t) F (s) Bezeichnung

c1 f1 (t) + c2 f2 (t) c1 F1 (s) + c2 F2 (s) (Überlagerung)


t 1
0
f (τ ) dτ s
F (s) (Integration)

df (t)
dt
s F (s) − f (0+ ) (Differentiation)

dn f (t)
dtn
sn F (s) − sn−1 f (0+ ) − ...
... − sn−2 dfdt(t) |t=0+ − · · ·
d(n−1) f (t)
··· − dt(n−1)
|t=0+

f1 (t) ∗ f2 (t) F1 (s) · F2 (s) Produkt im Laplace-Ber.

f1 (t) · f2 (t) 1
F (s)
2πj 1
∗ F2 (s) Produkt im Zeitbereich

dn F
tn · f (t) (−1)n dsn
Multiplikationssatz

ε(t − t0 ) · f (t − t0 ) e−st0 F (s) Zeitverschiebung

e−s0 t f (t) F (s + s0 ) Frequenzverschiebung

1
s
f (ct) c
F c
(c > 0) Dehnung/Stauchung

lim f (t) = f (0+ ) = lim sF (s) (Anfangswert-Theorem)


t↓0 Re(s)→∞

lim f (t) = lim sF (s) (Endwert-Theorem)


t→∞ s→0

3.6 Analyse eines RC-Netzwerkes mittels


Laplace-Transformation
Mit Hilfe der Laplace-Transformation lässt sich beispielsweise der bereits in
Kapitel 3.2 behandelte Einschwingvorgang einer RC-Tiefpassschaltung (Abb.
3.4) wesentlich eleganter berechnen als im Zeitbereich. Wir gehen dazu von der
DGL (Gl. (3.28)) aus, welche die Spannung uc (t) am Kondensator beschreibt

duc (t)
RC + uc (t) = u(t) . (3.112)
dt
3.7 Die Rücktransformation von Laplace-Transformierten in den Zeitbereich 41

Die Anwendung der Laplace-Transformation führt mit Einführung der Zeit-


konstanten τ = RC zu folgender linearer Gleichung

τ [sUc (s) − uc (0+ )] + Uc (s) = U (s) , (3.113)

wobei gilt
Uc (s) = L{uc (t)} und U (s) = L{u(t)} . (3.114)
Diese Gleichung kann leicht nach Uc (s) aufgelöst werden
1
Uc (s) = [U (s) + τ uc (0+ )] (3.115)
1 + sτ
bzw.  
1 1 +
Uc (s) = 1 U (s) + uc (0 ) . (3.116)
s+ τ
τ
Wenn wir voraussetzen, dass der Kondensator zu Beginn des Einschaltvor-
ganges ungeladen ist
uc (0+ ) = 0 (3.117)
und zum Zeitnullpunkt eine Gleichspannung U0 eingeschaltet wird, erhalten
wir mit der Laplace-Transformierten der Sprungfunktion
1
ε(t) ◦−−• (3.118)
s
U0
U (s) = (3.119)
s
und Gleichung (3.115)
U0
Uc (s) = . (3.120)
s(1 + sτ )
Abschließend erfolgt nun die Rücktransformation von Gl. (3.120) in den Zeit-
bereich, was im folgenden Kapitel behandelt wird.

3.7 Die Rücktransformation von


Laplace-Transformierten in den Zeitbereich
Zur Rücktransformation einer Laplace-Funktion in den Zeitbereich ist prin-
zipiell das Umkehrintegral oder Rücktransformations-Integral (Gl. (3.46)) zu
lösen  s=σ+j∞
1
f (t) = F (s)est ds . (3.121)
2πj s=σ−j∞
Dieses Integral existiert, wenn F (s) für ω → ±∞ gegen Null strebt. Für die
Rücktransformation aus dem Laplace-Bereich in den Zeitbereich existieren die
bereits in Kapitel 3.3 eingeführten Nomenklaturen
42 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

Tabelle 3.2. Laplace-Transformierte einiger wichtiger Zeitfunktionen

f (t) F (s)

δ(t) 1
ε(t) 1/s
ε(t) · tn /n! (n = 0, 1, · · ·) 1/(sn+1 )
ε(t) · tn e−αt /n! (n = 0, 1, · · ·) 1/(s + α)n+1
ε(t) · cos βt s/(s2 + β 2 )
ε(t) · sin βt β/(s2 + β 2 )
ε(t) · sin(βt + ϕ) (s · sin ϕ + β · cos ϕ)/(s2 + β 2 )
ε(t) · cos(βt + ϕ) (s · cos ϕ − β sin ϕ)/(s2 + β 2 )
ε(t) · e−αt sin(βt + ϕ) [(s + α) sin ϕ + β · cos ϕ]/[(s + α)2 + β 2 ]
ε(t) · e−αt cos(βt + ϕ) [(s + α) cos ϕ − β · sin ϕ]/[(s + α)2 + β 2 ]
 
ε(t) · e−αt cos βt (s + α)/ (s + α)2 + β 2
 
ε(t) · e−αt sin βt β/ (s + α)2 + β 2
ε(t) · t cos βt (s2 − β 2 )/(s2 + β 2 )2
ε(t) · t sin βt 2βs/(s2 + β 2 )2
ε(t) · t2 sin βt 2β(3s2 − β 2 )/(s2 + β 2 )3
ε(t) · t2 cos βt 2(s3 − 3β 2 s)/(s2 + β 2 )3
 
ε(t) · cos2 βt (s2 + 2β 2 )/ s(s2 + 4β 2 )
 
ε(t) · sin2 βt 2β 2 / s(s2 + 4β 2 )
ε(t) · cosh βt s/(s2 − β 2 )
ε(t) · sinh βt β/(s2 − β 2 )
t
ε(t) · 2β
sinh(βt) s/(s2 − β 2 )2
sin βt
ε(t) · t
arctan βs
√ √
ε(t) · 1/ πt 1/ s
 √
ε(t) · 2 t/π 1/(s s)
3.8 Lösung von linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten 43

f (t) = L−1 {F (s)} (3.122)

bzw.
f (t) ◦−−•F (s) . (3.123)
Genauso wie bei der Fourier-Transformation ist die Zuordnung zwischen f (t)
und F (s) für alle im Bereich t > 0 stetigen Funktionen umkehrbar eindeu-
tig. Dies bedeutet, dass das Symbol ◦−−• in beiden Richtungen gelesen werden
kann. Diese Tatsache gibt Anlass zu folgender Strategie für die Rücktransfor-
mation:
Man zerlegt die rückzutransformierende Laplace-Funktion F (s) in eine Sum-
me von Teilfunktionen

F (s) = F1 (s) + F2 (s) + · · · Fn (s) , (3.124)

deren jeweilige Rücktransformation aus Tab. 3.2 bekannt ist. Insbesondere


lässt sich in Verbindung mit der Beziehung
tn −s0 t 1
ε(t) · e ◦−−• (3.125)
n! (s + s0 )n+1
zu jeder rationalen Funktion in s die dazugehörige Zeitfunktion unmittelbar
angeben, nachdem man die Funktion in Partialbrüche zerlegt hat.
Da andererseits die Lösung von linearen Differentialgleichungen mit kon-
stanten Koeffizienten im Laplace-Bereich auf rationale Funktionen führt, las-
sen sich diese DGLn, die ja lineare elektrische Netzwerke mit konzentrierten
Elementen beschreiben, mit Hilfe der Laplace-Transformation besonders leicht
lösen.

3.8 Lösung von linearen Differentialgleichungen mit


konstanten Koeffizienten
Zwecks leichterer Überprüfbarkeit der Lösung wenden wir uns nochmals dem
Beispiel aus Kapitel 3.2 zu. Die Differentialgleichung, die den Einschwing-
vorgang der RC-Schaltung aus Abb. 3.4 beschreibt, lautet (Gl. (3.28) bzw.
Gl. (3.112))
duc (t)
RC + uc (t) = u(t) . (3.126)
dt
Die Anwendung der Laplace-Transformation führt mit τ = RC zu

τ [sUc (s) − uc (0+ )] + Uc (s) = U (s) . (3.127)

Diese algebraische Gleichung lässt sich leicht nach der gesuchten Größe Uc (s)
auflösen (vgl. Gl. (3.116))
 
1 1 +
Uc (s) = U (s) + u c (0 ) . (3.128)
s + τ1 τ
44 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

Für den Fall, dass u(t) eine im Zeitnullpunkt t = 0 eingeschaltete Gleichspan-


nung U0 ist, d. h.
U0
U (s) = , (3.129)
s
und der Kondensator zu diesem Zeitpunkt ungeladen ist (uc (0+ ) = 0), folgt

U0
Uc (s) = . (3.130)
τ s(s + τ1 )

Diese rationale Funktion wird nun in Partialbrüche zerlegt, d. h. also in ratio-


nale Grundfunktionen, die in Tab. 3.2 enthalten sind
 
U0 C1 C2
Uc (s) = = U0 + . (3.131)
τ s(s + τ1 ) s+α s+β

Durch Koeffizientenvergleich erhält man die Werte der Konstanten


1
α= ; β=0 und C2 = −C1 = 1 . (3.132)
τ
Daraus folgt

−1 1
Uc (s) = U0 1 + s . (3.133)
s+ τ
Gemäß Superpositionsregel und Tab. 3.2 ergibt sich folgende Zeitfunktion
 
uc (t) = U0 − U0 e−t/τ = U0 (1 − e−t/τ ) . (3.134)

Der zeitliche Spannungsverlauf der Kondensatorspannung uc (t) wurde bereits


in Abb. 3.5 gezeigt. Das Ergebnis (Gl. (3.134)) entspricht der auf anderem
Wege ermittelten Lösung der linearen Differentialgleichung im Zeitbereich
(Gl. (3.34)).

Lösung für eingeschaltete Sinusspannung

Wenn die RC-Tiefpassschaltung gemäß Abb. 3.4 nun mit einer bei t = 0
eingeschalteten harmonischen Wechselspannung beaufschlagt wird, so lässt
sich das Ergebnis analog ermitteln. Dazu wird zunächst die Eingangsspannung
u(t)
u(t) = ε(t) · U0 sin ω0 t (3.135)
gemäß der Tab. 3.2 in den Laplace-Bereich transformiert
ω0
U (s) = U0 . (3.136)
s2 + ω02

Durch Einsetzen in Gleichung (3.128) erhält man die Kondensatorspannung


Uc im Laplace-Bereich
3.8 Lösung von linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten 45
 
1 1 U0 ω0
Uc (s) = 1 · +
+ uc (0 ) . (3.137)
s+ τ
τ s2 + ω02
Eine Partialbruchzerlegung führt zu


τ −s
1
1 U0 ω0 1 uc (0+ )
Uc (s) = 1 1 + 2 + . (3.138)
τ ω02 + τ 2 s + τ s2 + ω 0 s + τ1
Die Zuordnungstabelle (Tab. 3.2) liefert
1
1
τ

•−◦ ε(t) · sin ω0 t (3.139)
s2 + ω02 τ ω0
s

•−◦ ε(t) · cos ω0 t . (3.140)
s2 + ω02
Das Ergebnis im Zeitbereich lautet also


1 U0 ω0 1 −t/τ −t/τ
uc (t) = ε(t) · sin ω0 t − cos ω0 t + e + uc (0 ) · e
+
.
τ ω02 + τ12 τ ω0
(3.141)
Abbildung 3.10 zeigt den Spannungsverlauf für einen anfänglich ungeladenen
Kondensator uc (0+ ) = 0. Nach dem Ausgleichsvorgang (e−t/τ -Term), der mit
der Zeitkonstanten τ abklingt, bleiben nur noch die beiden sin −/ cos −Wechsel-
anteile übrig, die zu einer einzigen Sinusfunktion zusammengefasst werden
können 
1 1
sin ω0 t − ω0 cos ω0 t = ω02 + 2 sin(ω0 t − ϕ) (3.142)
τ τ
mit
ϕ = arctan(ω0 τ ) . (3.143)
Dieser Teil der Lösung beschreibt den eingeschwungenen Zustand, wie ihn
auch die einfache Wechselstromrechnung liefert. Für einen anfänglich ungela-
denen Kondensator (uc (0+ ) = 0) folgt also

uC(t)
U0 1/τ
sin(ω0 t-ϕ)
(1/τ)2+ω02

ϕ
t= ω t
0

Abb. 3.10. Einschwingverhalten des RC-Netzwerkes nach dem Einschalten der


Sinus-Spannung. Der stationäre Anteil ist gestrichelt gezeichnet.
46 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten
⎡ ⎤
U0 ⎣ 1 ω0
uc (t) = ε(t) ·  sin(ω0 t − ϕ) + e−t/τ ⎦ . (3.144)
τ 2
ω + 1 ω02 + τ12
0 τ2

3.9 Berechnung von Einschwingvorgängen in


elektrischen Netzwerken mit konzentrierten linearen
passiven Bauelementen
In diesem Abschnitt soll das der linearen Netzwerkanalyse zugrundeliegen-
de Schema erarbeitet werden, das die Berechnung von Ausgleichsvorgängen
mittels Laplace-Transformation behandelt.
Neben der bereits im vorhergehenden Abschnitt besprochenen Methode,
bei welcher die lineare Differentialgleichung des gegebenen Netzwerkes auf-
gestellt und mit Hilfe der Laplace-Transformation (Überführung der DGL in
eine algebraische Gleichung) gelöst wird, gibt es nämlich auch die Möglichkeit,
das zu analysierende Netzwerk direkt im Laplace-Bereich (Frequenzbereich)
zu beschreiben. Dazu müssen die einzelnen Elemente (Widerstand, Kondensa-
tor oder Spule) mit Anfangswertgeneratoren versehen werden. Im Folgenden
wird gezeigt, wie man daraus unmittelbar eine lineare algebraische Gleichung
in der Laplace-Variablen s gewinnen kann, welche nach Auflösen nach der
gesuchten Größe U (s) bzw. I(s) durch eine Laplace-Rücktransformation den
gesuchten Spannungs- und Stromverlauf u(t) bzw. i(t) liefert (Abb. 3.11) [25].

lineare Differential-
gleichungen +
Anfangsbedingungen

Laplace-
Transformation

gesuchte Größen im Zeitbereich


lineare algebraische In (s), Un (s)
Gleichungen in s in(t), un(t)
im Laplace-Bereich

Kirchhoff-
Gleichungen

Auflösen nach den Laplace-


Netzwerk mit Anfangs- gesuchten Rücktransformation
wertgeneratoren Spannungen und
im Frequenzbereich Strömen

Abb. 3.11. Prinzipielles Vorgehen bei der Berechnung von linearen Netzwerken mit
Hilfe der Laplace-Transformation
3.9 Einschwingvorgänge in Netzwerken mit linearen Bauelementen 47

Zwecks Gewinnung eines Ersatzschaltbildes im Laplace-Bereich müssen so-


wohl die Kirchhoffschen Gleichungen

uν (t) = 0 (Maschengleichung)
und (3.145)

iν (t) = 0 (Knotengleichung)

als auch die die Netzwerkelemente beschreibenden Spannungs-Strom-Be-


ziehungen

uR = RiR (ohmscher Widerstand) (3.146)


diL
uL = L (Spule)
dt
duC
iC = C (Kondensator)
dt
in den Laplace-Bereich transformiert werden.

Transformation der Kirchhoffschen Gleichungen

Wenden wir uns zunächst den Kirchhoffschen Gleichungen zu. Da die Laplace-
Transformation eine lineare Operation ist, gelten die Kirchhoffschen Gleichun-
gen für die Spannungen und Ströme in derselben Form wie im Zeitbereich

Uν (s) = 0 (Maschengleichung)
und (3.147)

Iν (s) = 0 (Knotengleichung) .

Transformation der Netzwerkelementgleichungen

1. Widerstandsgleichung
Da ein idealer ohmscher Widerstand keinerlei Zeitverhalten zeigt, bleibt
die Widerstandsgleichung bei der Laplace-Transformation unverändert
(Abb. 3.12)
UR (s) = RIR (s) . (3.148)

iR(t) I R(s)
R u R(t) R UR(s)

Abb. 3.12. Transformation eines ohmschen Widerstandes in den Laplace-Bereich


48 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

2. Kondensatorgleichung
Bei der Transformation der Kondensatorgleichung müssen die Anfangs-
werte der Kondensatorspannung berücksichtigt werden. Dazu betrachten
wir den allgemeinen Fall, dass ein ursprünglich auf eine Spannung uC (0− )
aufgeladener Kondensator zum Zeitpunkt t = 0 mit einer idealen (Innen-
widerstand Ri = 0) Spannungsquelle verbunden wird (Abb. 3.13).
Dabei springt die Kondensatorspannung2 von uC (0− ) auf uC (0+ ) = U0 .

i (t)
t=0
U0 uc (0-)

Abb. 3.13. Kondensator, der zum Zeitpunkt t = 0 mit einer idealen Spannungs-
quelle verbunden wird.

Dies geht einher mit einer ebenso sprunghaft stattfindenden Ladungsände-


rung, die von einem diracförmigen Strom begleitet wird [25]

i(t = 0) = C[uC (0+ ) − uC (0− )]δ(t) . (3.149)

Damit kann die allgemeine Spannungs-Strom-Beziehung des Kondensators


abgeleitet werden
 
duC
iC (t) = C + [uC (0+ ) − uC (0− )]δ(t) . (3.150)
dt

Mit der Laplace-Transformation geht Gl. (3.150) über in


2
Anmerkung: Es sei an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die
Kondensatorspannung und der Spulenstrom im Schaltzeitpunkt (hier t = 0)
nur im theoretischen Grenzfall bei idealen Netzwerkelementen, d. h. nicht ver-
lustbhafteten Kapazitäten bzw. Induktivitäten, und idealen Quellen (ohne In-
nenwiderstand) springen können. In der Praxis kommen diese Fälle jedoch nicht
vor, so dass hierbei nicht zwischen einem rechtsseitigen und linksseitigen Grenz-
wert unterschieden werden muss. Es gilt hier stets uC (0− ) = uC (0+ ) bzw.
iL (0− ) = iL (0+ ). Das Einschließen des o. g. theoretischen Grenzfalles und die
daraus resultierende Unterscheidung zwischen links- und rechtsseitigem Grenz-
wert wird jedoch hier in Anlehnung an die Lehre von Bosse [25] beibehalten,
weil sie aus Sicht des Autors das Übertragen des Netzwerkes vom Zeit- in den
Laplace-Bereich von der Vorstellung her erleichtert. Schließlich verbindet man
mit den Anfangswerten zum Zeitpunkt t = 0− gedanklich stets den Zustand
der Elemente (Kapazität bzw. Induktivität) unmittelbar vor dem Schalten.
Man muss bei der Analyse des Netzwerkes keine Überlegungen mehr anstellen,
was im Schaltzeitpunkt geschieht.
3.9 Einschwingvorgänge in Netzwerken mit linearen Bauelementen 49
 
IC (s) = C sUC (s) − uC (0+ ) + uC (0+ ) − uC (0− ) (3.151)
 
uC (0− )
IC (s) = sC UC (s) − . (3.152)
s

Ein Kondensator im Zeitbereich lässt sich also gemäß Abb. 3.14 in den
Laplace-Bereich transformieren. Die Spannungsquelle im Ersatzschaltbild
repräsentiert die Kondensatorspannung zum Zeitnullpunkt. Es handelt
sich dabei um die Kondensatorspannung unmittelbar vor einem eventuell
zum Zeitnullpunkt stattfindenden Spannungssprung.

I C (s)
iC (t) uc (0-)
s
C u C (t) UC (s)
sC

Abb. 3.14. Transformation eines Kondensators in den Laplace-Bereich [25]

3. Spulengleichung
Die Strom-Spannungs-Beziehung einer Induktivität
diL
uL = L (3.153)
dt
besagt, dass die Spannung uL einen δ-Impuls erfährt, wenn der Spulen-
strom iL und damit der magnetische Fluss in der Spule springt.
Wenn man nun zulässt, dass der Strom zum Zeitnullpunkt t = 0 von
iL (0− ) auf iL (0+ ) springt, so ergibt sich die Spannungs-Strom-Beziehung
in folgender ausführlicher Form [25]
 
diL
uL = L + [iL (0+ ) − iL (0− )]δ(t) . (3.154)
dt

Die Laplace-Transformation dieser Gleichung liefert mit Gl. (3.83)


 
UL (s) = L s · IL (s) − iL (0+ ) + iL (0+ ) − iL (0− ) (3.155)



iL (0 )
UL (s) = sL IL (s) − . (3.156)
s

Die entsprechende Ersatzschaltung wird in Abb. 3.15 gezeigt. Der Spule


mit der Impedanz sL ist eine Gleichstromquelle parallelgeschaltet, die den
im Zeitnullpunkt durch die Spule fließenden Strom repräsentiert und zwar
den Strom unmittelbar vor der eventuellen sprunghaften Änderung.
50 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

iL (t) I L(s)
i L(0-)
s UL(s)
L u L(t) sL

Abb. 3.15. Transformation einer Induktivität in den Laplace-Bereich [25]

Die eben hergeleiteten Ersatzschaltungen für Induktivitäten, Kapazitäten und


ohmsche Widerstände reduzieren sich auf die vereinfachte Form aus der Wech-
selstromrechnung, wenn die Elemente vor dem Schaltzeitpunkt (hier stets
als Zeitnullpunkt angenommen) energiefrei sind, d. h. die Kapazitäten sind
spannungs- und damit ladungsfrei und die Induktivitäten sind strom- bzw.
flussfrei.

Zusammenfassung der Regeln für die Netzwerkanalyse im


Laplace-Bereich

• Alle Zeitgrößen werden für t > 0 durch ihre Laplace-Transformierten er-


setzt
• Für die Impedanz im Laplace-Bereich

U (s)
Z(s) = (3.157)
I(s)
gilt

– ohmscher Widerstand
ZR (s) = R (3.158)
– Induktivität
ZL (s) = sL (3.159)
– Kapazität
1
ZC (s) = . (3.160)
sC
• Die Anfangswerte der Kondensatorspannungen und Spulenströme (Werte
zum Zeitpunkt t = 0− , also unmittelbar vor dem Schalt-Zeitpunkt t = 0)
werden durch zusätzliche Quellen (in Serienschaltung beim Kondensator
bzw. in Parallelschaltung bei der Spule) mit der Quellspannung uC (0− )/s
bzw. dem Quellstrom iL (0− )/s erfasst.
• Die Spannungen und Ströme lassen sich mit den Methoden der Wechsel-
stromrechnung und der linearen Netzwerkanalyse berechnen:
– beim Übergang zur Laplace-Transformation wird der Frequenzterm jω
durch die komplexe Frequenz s ersetzt
3.9 Einschwingvorgänge in Netzwerken mit linearen Bauelementen 51

– die transformierten Spannungen U (s) bzw. Ströme I(s) entsprechen


den komplexen Amplituden der Wechselstromrechnung; allerdings tra-
gen die Laplace-Transformierten die Dimension einer Amplitudendichte
(Einheit V/Hz“ bzw. A/Hz“).
” ”
• Nach dem Lösen der Netzwerkgleichungen im Frequenzbereich werden die
gesuchten Spannungen bzw. Ströme in den Zeitbereich zurücktransfor-
miert.

Beispiel — Analyse eines Serienschwingkreises

Für den in Abb. 3.16 gezeigten Serienschwingkreis (Reihenschwingkreis) ist


der Strom i(t) für t ≥ 0 zu berechnen. Dabei sind sowohl die Spannung u(t)
als auch die Anfangswerte des Spulenstromes iL (0− ) und der Kondensator-
spannung uC (0− ) bekannt.

R L C

i(t)

u(t)
Abb. 3.16. Serienschwingkreis im Zeitbereich

Zur Berechnung wird zunächst das Zeitbereichsersatzschaltbild (Abb. 3.16) in


den Laplace-Bereich transformiert (Abb. 3.17).
Aus dem Ersatzschaltbild des Serienschwingkreises im Laplace-Bereich
kann die Spannung U (s) abgeleitet werden


iL (0− ) I(s) uc (0− )
U (s) = RI(s) + sL I(s) − + + . (3.161)
s sC s

Diese Gleichung wird schließlich nach der gesuchten Größe I(s) aufgelöst

U (s) + LiL (0− ) − uc (0− )/s


I(s) = 1 . (3.162)
R + sL + sC

Wir gehen davon aus, dass die beiden Energiespeicher zum Zeitnullpunkt leer
sind und zu diesem Zeitpunkt eine Gleichspannung mit dem Wert U0 aufge-
schaltet wird
u(t) = ε(t) · U0 (3.163)
iL (0− ) = 0 und uc (0− ) = 0 . (3.164)
Daraus folgt
U0
I(s) = 1 (3.165)
s(R + sL + sC )
52 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

sL
R sC

I(s) uC(0-)
i L (0-) s
s
U(s)

Abb. 3.17. Serienschwingkreis im Laplace-Bereich

bzw.
1 U0
I(s) = · . (3.166)
L s2 + s R
L +
1
LC

Laplace-Rücktransformation einer rationalen Funktion zweiten


Grades

Die Aufgabe, den Strom I(s) nach Gl. (3.166) in den Zeitbereich zurückzu-
transformieren, soll möglichst allgemein formuliert werden. Deshalb wird die
Rücktransformierte folgender rationaler Funktion 2. Grades gesucht
A s+B
F (s) = . (3.167)
s2 + 2 d s + ω02

Diese Funktion hat die beiden Pole s1 und s2



s1 = −d + d2 − ω02 (3.168)

s2 = −d − d2 − ω02 . (3.169)

Für ω02 ≤ d2 liegen die Pole bei reellen und für ω02 > d2 bei komplexwertigen
Frequenzen.
Das mit einer Partialbruchzerlegung eventuell einhergehende Rechnen mit
komplexwertigen Größen lässt sich umgehen, indem man den Nenner von
Gl. (3.166) in eine Summe von Quadraten zerlegt

s2 + 2 d s + ω02 = (s + d)2 + (ω02 − d2 ) . (3.170)

Mit der Hilfsgröße ωd (sie entspricht der Kreisfrequenz, die sich im gedämpften
Schwingkreis einstellt)
ωd2 = ω02 − d2 (3.171)
lässt sich F (s) wie folgt angeben

A(s + d) + B − Ad
F (s) = . (3.172)
(s + d)2 + ωd2
3.9 Einschwingvorgänge in Netzwerken mit linearen Bauelementen 53

Die Anwendung des Verschiebungssatzes (Gl. (3.105)) auf die Beziehungen


s
ε(t) · cos ω0 t ◦−−• (3.173)
s2 + ω02
und
ω0
ε(t) · sin ω0 t ◦−−• (3.174)
s2 + ω02

liefert für ωd2 > 0, also für komplexwertige Pole, die Laplace-Zuordnungen

s+d
•−◦ ε(t) · e−dt cos ωd t
− (3.175)
(s + d)2 + ωd2
ωd
•−◦ ε(t) · e−dt sin ωd t .
− (3.176)
(s + d)2 + ωd2

Unter Zuhilfenahme dieser Zuordnungen kann die zu F (s) gehörige Zeitfunk-


tion f (t) angegeben werden


B − Ad
f (t) = ε(t) · e−dt A cos ωd t + sin ωd t . (3.177)
ωd
Sollten jedoch die Pole im Reellen liegen, so wird anstatt ωd die Hilfsgröße

ωr2 = d2 − ω02 (3.178)

verwendet. Dies führt schließlich mit den Korrespondenzen


s+d
•−◦ ε(t) · e−dt cosh ωr t
− (3.179)
(s + d)2 − ωr2
und
ωr
•−◦ ε(t) · e−dt sinh ωr t
− (3.180)
(s + d)2 − ωr2
zu der entsprechenden Zeitfunktion


−dt B − Ad
f (t) = ε(t) · e A cosh ωr t + sinh ωr t . (3.181)
ωr

Die Lösungen für komplexwertige Pole (Gl. (3.177)) und für reellwertige Pole
(Gl. (3.181)) lassen sich mit der Beziehung

ωd2 = −ωr2 (3.182)

bzw.
ωd = ±jωr (3.183)
ineinander überführen.
54 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

Es ist noch der sog. aperiodische Grenzfall zu behandeln, bei dem die
beiden Polstellen zusammenfallen, d. h. es gilt

s1 = s2 (3.184)
ω02 = d2 (3.185)

und
ωd = ωr = 0 . (3.186)
Die physikalische Deutung von Gl. (3.186) besagt, dass sich in der Sprung-
antwort gerade keine Schwingung mehr einstellt. Zur Berechnung der ent-
sprechenden Zeitfunktion f (t) ist ein Grenzübergang von Gl. (3.177) bzw.
Gl. (3.181) notwendig. Gleichung (3.177) beispielsweise führt mit

sin ωd t
lim =t (3.187)
ωd →0 ωd
zu
f (t) = ε(t) · e−dt [A + (B − Ad)t] . (3.188)

Anwendung auf den Serienschwingkreis

Wenn man nun die eben abgeleiteten Transformationen auf die Laplace-
Gleichung anwendet, die den Strom im Serienschwingkreis beschreibt (Gl.
(3.166)), so folgt mit

R
d= (3.189)
2L
1
ω02 = (3.190)
LC
A=0 (3.191)
2dU0 U0
B= = (3.192)
R L
und


1 R2 C
ωd2 = −ωr2 = 1− (3.193)
LC 4L

der Strom im Serienschwingkreis beim Anlegen eines Gleichspannungssprun-


ges
U0 −dt 2d
i(t) = ε(t) · e sin ωd t , (3.194)
R ωd
wenn die Pole komplexwertig sind, bzw.
3.9 Einschwingvorgänge in Netzwerken mit linearen Bauelementen 55

U0 −dt 2d
i(t) = ε(t) · e sinh ωr t
R ωr
U0 d −dt ωr t
= ε(t) · e (e − e−ωr t )
R ωr
U0 −t/τ1 
= ε(t) · e − e−t/τ2
2ωr L
U0 −(d−ωr )t 
= ε(t) · e − e−(d+ωr )t (3.195)
2ωr L
für reellwertige Pole, d. h. wenn

d2 − ω02 = ωr2 > 0 . (3.196)

Gleichung (3.194) beschreibt eine gedämpfte Sinusschwingung mit der Ab-


klingkonstanten d und der Kreisfrequenz

2
d
ωd = ω0 1 − . (3.197)
ω0

Für verschwindende Dämpfung (d = 0) handelt es sich dabei um eine harmo-


1
nische Schwingung mit der Kreisfrequenz ω0 = √LC .
Abbildung 3.18 zeigt den Stromverlauf für solche Dämpfungswerte, bei de-
nen die Pole konjugiert komplex sind, so dass eine abklingende Schwingung
entsteht. Liegen jedoch die Pole im Reellen, so dass i(t) durch Gl. (3.195)

i(t)
Hüllkurve
U0 U0 - d t ω0
ωd L
e d=
ωd L 4
ω0
d=
2
aperiodischer Grenzfall (d = ω0 )

U0
-
ωd L

Abb. 3.18. Der Stromverlauf des Serienschwingkreises für verschiedene Dämpfungs-


werte sowie für den aperiodischen Grenzfall. Die Polstellen sind konjugiert-komplex.
56 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

beschrieben wird, ergibt sich ein Zeitverlauf gemäß Abb. 3.19. Der zeitliche
Funktionsverlauf errechnet sich aus der Differenz zweier Exponentialfunktio-
nen mit negativen Exponenten. Der aperiodische Grenzfall ω02 = d2 führt zu
U0 Uo −dt
i(t) = ε(t) · 2 d t e−dt = ε(t) · te . (3.198)
R L
In den Abbildungen 3.18 und 3.19 ist dieser Stromverlauf zum Vergleich eben-
falls eingezeichnet.

i(t)
U0 . - t / τ
U0 e 1
2ωr L 3
2ωr L d= ω
2 0
aperiodischer Grenzfall (d = ω0 )

1
τ2 = d+
ωr
1
τ1 = d-ω t
r

U0 . - t / τ
- e 2
2ωr L
U0
-
2ωr L

Abb. 3.19. Vergleich des Stromverlaufs im aperiodischen Grenzfall mit dem Strom-
verlauf bei stärkerer Dämpfung. Die Pole liegen im Reellen. Es bilden sich keine
harmonischen Schwingungen mehr aus.

3.10 Rücktransformation mittels Residuenmethode -


Heavisidescher Entwicklungssatz
Ist die Laplace-Transformierte F (s) als Quotient zweier Polynome gegeben
Z(s)
F (s) = , (3.199)
N (s)
und hat F (s) nur einfache Pole bei s1 · · · sn
Z(s)
F (s) = , (3.200)
(s − s1 )(s − s2 ) · · · (s − sn )
so lässt sich die zu F (s) gehörende Zeitfunktion f (t) nach der sog. Resi-
duenmethode (auch als Heavisidescher Entwicklungssatz bezeichnet)
berechnen [25]
3.10 Heavisidescher Entwicklungssatz 57

n
Z(sν ) sν t 
n
f (t) =  (s )
e = rν esν t . (3.201)
ν=1
N ν ν=1

Dabei stellt N  (sν ) die Ableitung von N (s) nach s an der Stelle sν dar. Für
den Fall, dass N (s) Mehrfachpolstellen enthält, ist die Auswertung nach der
Residuenmethode etwas aufwendiger. Daher soll an dieser Stelle nur auf die
entsprechende Literatur verwiesen werden [25], [45].

Beispiel für die Anwendung des Heavisideschen Entwicklungssatzes

Wir betrachten einen Vierpol (Abb. 3.20) mit folgendem Übertragungsver-


halten

U2 (s) s2 − 2ds + ω02


GAP (s) = = 2 . (3.202)
U1 (s) s + 2ds + ω02
Ein solcher Vierpol wird auch als Allpass bezeichnet, weil er alle Frequen-
zen bezüglich ihren Amplituden gleichermaßen behandelt. Das heißt, für jede
beliebige harmonische Anregung mit jω ergibt sich ein konstanter Betrag der
Übertragungsfunktion von

|U 2 (jω)|
|GAP (jω)| = =1. (3.203)
|U 1 (jω)|

Abb. 3.20. Vierpol mit Allpasscharakter

Nur die Phase bzw. die Laufzeit der Signale wird durch den Allpass beein-
flusst. Dies kann auch anhand der vollkommen symmetrischen Anordnung
der Pole und Nullstellen eines Allpasses in der s-Ebene veranschaulicht wer-
den (Abb. 3.21). Die eingerahmten Pole bzw. Nullstellen entsprechen dem Fall
d2 > ω02 ; die konjugiert-komplexen Paare dem Fall d2 < ω02 . GAP (s) besitzt
Pole bei 
s1,2 = −d± d2 − ω02 . (3.204)
Es sind wiederum die drei Standardfälle

d2 > ω02 (3.205)


d2 < ω02 (3.206)
58 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

j. ω

j . √ω02 - d 2
s1 q1

-d +d

σ = Re {s}

s2 q2
- j . √ω 2 - d 2
0

Abb. 3.21. Pol-Nullstellen-Diagramm (s. S. 62) eines Allpasses. x: Polstellen, o:


Nullstellen, 2 : d2 > ωo2 (s. Gl. (3.202))

und

d2 = ω02 (3.207)

zu unterscheiden.
Die zu GAP (s) gehörende Zeitfunktion gAP (t) wird als Impulsantwort des
Vierpols bezeichnet (s. auch Kap. 3.11). Sie lässt sich nach der Residuen-
methode erst berechnen, wenn wir eine Polynomdivision vornehmen. Damit
wird sichergestellt, dass der Grad des Zählerpolynoms kleiner ist als der des
Nennerpolynoms

s2 − 2ds + ω02 4ds


GAP (s) = =1− 2 (3.208)
s2 + 2ds + ω02 s + 2ds + ω02
GAP (s) = 1 + G∗AP (s) . (3.209)

Wir wollen nun GAP (s) mit Hilfe der Residuenmethode zurück in den Zeitbe-
reich transformieren

gAP (t) = δ(t) + gAP (t) = δ(t) + r1 · es1 t + r2 · es2 t . (3.210)

Für die beiden Residuen von G∗AP (s) ergibt sich

Z(s1 ) −2ds1
r1 = = (3.211)
N  (s1 ) s1 + d
und
Z(s2 ) −2ds2
r2 = = . (3.212)
N  (s2 ) s2 + d
3.10 Heavisidescher Entwicklungssatz 59

Mit Gl. (3.204) folgt 


2d(d − d2 − ω02 )
r1 =  (3.213)
d2 − ω02
bzw. 
−2d(d + d2 − ω02 )
r2 =  . (3.214)
d2 − ω02
Mit der Hilfsgröße 
ωr = d2 − ω02 (3.215)
und Gl. (3.201) erhält man

gAP (t) = r1 e−dt eωr t + r2 e−dt e−ωr t . (3.216)

Schließlich ergibt sich mit Gl. (3.209) die Impulsantwort

gAP (t) = δ(t) + e−dt (r1 eωr t + r2 e−ωr t ) . (3.217)

Nun sind wiederum die drei bekannten Fallunterscheidungen zu treffen:


1. d2 > ω02 :
Es ergeben sich reelle Werte für r1 , r2 und ωr .

2. d2 < ω02 :
Es ergeben sich konjugiert-komplexe Werte r1 und r2 sowie ein rein ima-
ginärer Wert ωr . Mit der Beziehung ωd2 = −ωr2 (Gl. (3.182)) folgt


−2d(−d ± jωd ) d
r 1,2 = = −2d 1 ± j (3.218)
±jωd ωd

gAP (t) = r1 es1 t + r2 es2 t



d d
= −2d e−dt 1 + j ejωd t + 1 − j e−jωd t
ωd ωd
 
 d  jωd t
= −2d e−dt ejωd t + e−jωd t + j e − e−jωd t
ωd


d
gAP (t) = δ(t) − 4de−dt cos ωd t − sin ωd t . (3.219)
ωd

3. d2 = ω02 (aperiodischer Grenzfall):


Mit Anwendung der Regel von L’Hospital folgt

gAP (t) = δ(t) − 4de−dt (1 − d t) . (3.220)

Abbildung 3.22 zeigt die Impulsantworten des betrachteten Allpasses für ver-
schiedene Werte von d bezüglich ω0 .
60 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten
2
g (t) 2 2 d = ω2
d <ω 0
AP 0
1

2
d > ω2
0

-4d

Abb. 3.22. Impulsantwort des Allpasses für verschiedene Werte von d

3.11 Vierpol-Übertragungsfunktion im Zeit- und


Frequenzbereich
Wir gehen von einem Vierpol (Abb. 3.23) aus, der aus passiven linearen kon-
zentrierten Netzwerkelementen aufgebaut ist. Der Zusammenhang zwischen
dem zeitlichen Verlauf des Ausgangssignals y(t) und der zeitabhängigen Ein-
gangsgröße x(t) wird über das Faltungsintegral hergestellt
 +∞  +∞
y(t) = x(t) ∗ g(t) = x(τ )g(t − τ )dτ = x(t − τ )g(τ )dτ . (3.221)
−∞ −∞

Da wir kausale Systeme voraussetzen, deren Impulsantwort g(t) für t < 0


verschwindet, und auch die Anregungsfunktion für t < 0 zu Null angenommen
werden darf, kann die untere Grenze des Faltungsintegrals (−∞) durch 0“

und die obere Grenze (+∞) durch t“ ersetzt werden

 t  t
y(t) = x(τ )g(t − τ )dτ = x(t − τ )g(τ )dτ . (3.222)
0 0

Dabei bezeichnet g(t) die sog. Impulsantwort oder Gewichtsfunktion.


Man erhält sie als Ausgangssignal für den Fall, dass die Erregung am Ein-

x (t) g (t) y (t)

Abb. 3.23. Ein Vierpol kann durch seine Impulsantwort g(t) charakterisiert werden
3.11 Vierpol-Übertragungsfunktion im Zeit- und Frequenzbereich 61

gang ein Dirac-Impuls δ(t) ist, d. h. (Abb. 3.24)

y(t) = g(t) für x(t) = δ(t) . (3.223)

Im Laplace-Bereich vereinfacht sich das Faltungsintegral gemäß Kap. 3.5.4 zu


einer Multiplikation der entsprechenden Laplace-Transformierten der an der
Faltung beteiligten Funktionen, d. h.

y(t) = L−1 {Y (s)} = L−1 {G(s) · X(s)} . (3.224)

Dabei wird G(s) als Laplace-Übertragungsfunktion (auch Netzwerk-


übertragungsfunktion) des Systems bzw. Vierpols bezeichnet. Im Folgen-
den sollen die Eigenschaften und die Darstellungsmöglichkeiten dieser Über-
tragungsfunktion G(s) und der dazugehörigen Zeitfunktion g(t) (Impulsant-
wort) näher betrachtet werden.

Dirac-Stoß lineares Netzwerk Impulsantwort

x(t) δ (t) x(t) y(t) y(t)


Impulsant-
wort g(t) g(t)

t=0 t t
Abb. 3.24. Anregung eines linearen Systems durch einen Dirac-Stoß

Es kann gezeigt werden, dass G(s) für ein lineares passives Netzwerk aus
konzentrierten Elementen als Quotient zweier Polynome darstellbar ist

Z(s)
G(s) = . (3.225)
N (s)

Da G(s) gleichermaßen auch als Quotient von Laplace-Ausgangsfunktion Y (s)


zu Laplace-Eingangsfunktion X(s) dargestellt werden kann

Y (s)
G(s) = , (3.226)
X(s)

sind die Koeffizienten der Polynome Z(s) und N (s) reell und identisch mit
den Koeffizienten der Differentialgleichung (Gl. (5.69)), die den Zusammen-
hang zwischen y(t) und x(t) für t > 0 beschreibt. Aus diesem Grund liegen die
Nullstellen der Polynome Z(s) und N (s) bei reellen, bei paarweise entgegen-
gesetzt gleichen imaginären oder bei paarweise konjugiert komplexen Werten.
Die Pole sν von G(s), d. h. also die Nullstellen des Nennerpolynoms N (s),
werden auch als Eigenwerte des Netzwerkes bezeichnet. Liegen diese Pole
in der linken Laplace-Halbebene (σν < 0), dann gilt das Netzwerk als stabil,
weil keine aufklingenden Schwingungen auftreten können. Dies liegt daran,
dass die Pole bzw. Eigenwerte sν die Exponenten der in der Impulsantwort
62 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

auftretenden Schwingungen in der Form esν t festlegen. Bei Netzwerken, die


nur aus passiven Elementen bestehen, liegen die Pole immer in der abgeschlos-
senen linken Halbebene. Die Nullstellen qμ des Zählerpolynoms Z(s) hingegen
sind bzgl. ihrer Lage nicht auf die linke s-Halbebene beschränkt.
Zur anschaulichen Darstellung von Übertragungsfunktionen verwendet
man des öfteren sog. Pol-Nullstellen-Diagramme. Abbildung 3.25 zeigt
die Pol-Nullstellenverteilung einer Übertragungsfunktion vom Grad n = 3,
d. h. sie weist drei Pole auf,
(s − q1 )(s − q2 )
G(s) = const. · . (3.227)
(s − s1 )(s − s2 )(s − s3 )
Die Pole sind im Diagramm mit Kreuzen (x) und die Nullstellen mit Rin-
gen (o) gekennzeichnet. Das Pol-Nullstellen-Diagramm lässt das Übertra-
gungsverhalten des Vierpols, das ja durch G(s) mathematisch beschrieben
wird, für beliebige s, insbesondere auch für s = jω, d. h. also für ungedämpfte
harmonische Schwingungen, unmittelbar erkennen. Wenn nämlich das lineare
Netzwerk eine rein harmonische Anregung der Form
x(t) = Re{X̂(ω)ejωt } = Re{X̂(ω)ejϕx (ω) ejωt } (3.228)
erfährt, führt dies im eingeschwungenen Zustand bei einem linearen Vierpol
stets zu einem Antwortsignal y(t) mit derselben Frequenz aber veränderter
Amplitude und Phasenlage
y(t) = Re{Ŷ (ω)ejωt } = Re{Ŷ (ω)ejϕy (ω) ejωt } , (3.229)
wobei |X̂| = X̂ und |Ŷ | = Ŷ gilt. Die Übertragungsfunktion G(jω) des linearen
Systems ist dann folgendermaßen definiert

j. ω

s1

s3 q1 q2
σ = Re {s}

s2

Abb. 3.25. Pol-Nullstellen-Diagramm einer Übertragungsfunktion mit 2 Nullstellen


(o) und 3 Polen (x)
3.11 Vierpol-Übertragungsfunktion im Zeit- und Frequenzbereich 63

Ŷ (ω) Ŷ (ω)
G(jω) = = ej(ϕy −ϕx ) = |G(jω)|ejϕ(ω) . (3.230)
X̂(ω) X̂(ω)

Die komplexe Übertragungsfunktion G(jω) lässt sich aufspalten in den Be-


tragsgang |G(jω)| und den dazugehörigen Phasengang arg{G(jω)} = ϕ(ω).
Für den Sonderfall s = jω beschreibt also diese Übertragungsfunktion das
Netzwerkverhalten für den stationären harmonischen Betrieb bei der Kreis-
frequenz ω. Der Funktionsverlauf G(jω) wird als Frequenzgang bezeichnet.
Er ist komplexwertig und wird daher oft in den Amplitudengang und den
Phasengang aufgespalten.
Amplitudengang: |G(jω)|
Phasengang: arg{G(jω)}
Wir wollen zunächst den Amplitudengang betrachten
|jω − q1 ||jω − q2 |
|G(jω)| = |const.| · . (3.231)
|jω − s1 ||jω − s2 ||jω − s3 |
Die einzelnen Betragskomponenten in dieser Gleichung entsprechen den Di-
stanzen des beliebig variierbaren Aufpunktes jω zu den einzelnen Pol- und
Nullstellen sν bzw. qμ . Das Verhältnis dieser Beträge charakterisiert den Am-
plitudengang. Es lässt sich direkt aus dem Pol-Nullstellen-Diagramm ermit-
teln (Abb. 3.26). Es verdeutlicht auch, wie sich |G(jω)| bei Annäherung an
eine Polstelle vergrößert und bei Annäherung an eine Nullstelle verkleinert.
Der Phasenwinkel von G(jω) lässt sich ebenfalls aus dem Diagramm bestim-
men

j. ω

s1 jω − s 1
ϕP1 frei variierbares ω
jω − s 3 s = jω
jω − q = √ω 2 + q 2
jω − q1 2 2

ϕP3 ϕN1
ϕN2

s3 q1 q2 σ = Re {s}
jω − s2
= √s 2+ (s + ω  2 ϕ
P2
2R 2I
s2

Abb. 3.26. Bestimmung von Betrag und Phase einer Übertragungsfunktion anhand
der Einzelbeiträge aller Nullstellen und Pole
64 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

) G(jω) = ϕN1 + ϕN2 − ϕP1 − ϕP2 − ϕP3 .


< (3.232)
Allgemein kann man feststellen, dass in der linken Halbebene liegende Pole
sowie die in der rechten Halbebene liegende Nullstellen mit wachsendem ω den
Phasenwinkel verringern, während ihn die Nullstellen in der linken Halbebene
erhöhen. Nullstellen auf der imaginären Achse liefern einen Winkel von ±π/2,
der beim Überschreiten einer Nullstelle um π springt.
Der kleinstmögliche Winkelbeitrag ergibt sich, wenn alle Nullstellen von
G(s) in der linken Halbebene liegen. Übertragungsnetzwerke mit dieser Ei-
genschaft bezeichnet man als Minimalphasensysteme. Sobald Nullstellen
in der rechten Halbebene auftreten, enthält das Übertragungsnetzwerk einen
Allpassanteil (s. auch Kap. 3.10).

3.12 Beschreibung von linearen zeitinvarianten


Netzwerken durch ihre Sprungantwort
Die Antwort y(t) eines vom Ruhezustand aus mit der Sprungfunktion ε(t)

0 für t < 0
ε(t) = (3.233)
1 für t ≥ 0

angeregten Netzwerkes wird Sprungantwort h(t) oder auch Übergangsfunktion


genannt (Abb. 3.27). Sie charakterisiert das Netzwerk ebenso vollständig wie
die Impulsantwort g(t). Der Zusammenhang zwischen Sprungantwort h(t) und
Impulsantwort g(t) lässt sich leicht herleiten
 t
h(t) = g(τ )dτ . (3.234)
0

Sprunganregung Sprungantwort
x(t) x(t) y(t) y(t) h(t)
Lineares
Netzwerk
t=0 t t
Abb. 3.27. Anregung eines linearen Netzwerkes durch einen Sprung
3.13 Bode-Diagramme 65

3.13 Bode-Diagramme

Wir betrachten die Übertragungsfunktion G(s) eines zeitinvarianten linearen


Netzwerkes. Diese lässt sich gemäß Gl. (3.227) durch eine gebrochen rationale
Funktion der Form
(s − q1 )(s − q2 ) · · · (s − qn )
G(s) = (3.235)
(s − s1 )(s − s2 ) · · · (s − sm )

darstellen. Für den Spezialfall s = jω folgt die Übertragungsfunktion G(jω)

(jω − q1 )(jω − q2 ) · · · (jω − qn )


G(jω) = . (3.236)
(jω − s1 )(jω − s2 ) · · · (jω − sm )

Als erstes Beispiel wollen wir die einfache Übertragungsfunktion


10
G(jω) = (3.237)
jω + 10

betrachten. Abbildung 3.283 zeigt den im linearen Maßstab gezeichneten Am-


plitudengang.

G(jω)

1 10
G (s) =
s + 10

ω
100 200 300

10
Abb. 3.28. Amplitudengang der Übertragungsfunktion G(s) = s+10
in linearer
Darstellung

In der Praxis ist es jedoch üblich, solche Amplitudengänge in doppelt logarith-


mischer Form aufzutragen. Dazu wird |G(jω)| logarithmiert4 , mit 20 multi-
pliziert und in der Einheit Dezibel dB dargestellt (Abb. 3.29)
3
Die Einheitenbezeichnung der Frequenzachse wird hier wie in den folgenden Dia-
grammen weggelassen, da es sich hierbei um abstrakte Beispiele ohne konkreten
Bezug zu realen Systemen handelt.
4
Der hier verwendete Logarithmus mit der Basis 10 (Zehnerlogarithmus) wird in
diesem Buch stets mit lg“ bezeichnet.

66 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

G(jω)
0
dB 10
G (s) =
-10 s + 10

-20

-30

0,1 1 10 100 1000 ω

Abb. 3.29. Amplitudengang in doppelt logarithmischer Darstellung (sowohl die


Abszisse als auch die Ordinate ist logarithmisch unterteilt)

|G(jω)| = 20 · lg |G(jω)| dB . (3.238)

Die graphische Darstellung des Phasenganges

ϕ(jω) = arg{G(jω)} (3.239)

erfolgt in aller Regel einfachlogarithmisch, d. h. man trägt ϕ linear und ω lo-


garithmisch auf. Abbildung 3.30 zeigt den Phasengang der oben betrachteten
Übertragungsfunktion (Gl. (3.237)). Man bezeichnet diese Darstellungen als
Bode-Diagramm.
Solange die Pole und Nullstellen der Übertragungsfunktion im Pol-Nullstel-
len-Diagramm auf der negativen reellen Achse liegen, können die Asymptoten

arg{G(jω)}

10
G (s) =
s + 10
-45°

-90°
0,1 1 10 100 1000 ω

10
Abb. 3.30. Phasengang von G(s) = s+10
3.13 Bode-Diagramme 67

der Diagrammverläufe nach einem einfachen Schema festgelegt werden. Dazu


betrachten wir wiederum beispielhaft die Funktion
10
G(s) = , (3.240)
s + 10
die einen Pol bei s1 = −10 hat.
Eine einfache Analyse der Situation führt zu Tab. 3.3 und dem in den
Abbn. 3.31 und 3.32 dargestellten asymptotischen Verhalten.

10
Tabelle 3.3. Analyse der Übertragungsfunktion G(s) = s+10

ω G(jω) 20 · lg |G(jω)| dB Phase

ω=0 1 0 dB 0o

ω < 0, 1|s1 | 1 0 dB ≈ 0o

ω < |s1 | ≈1 0 dB

ω = |s1 | 10
js1 +10
- 3 dB −45o

ω > |s1 | ≈ 10

- 20 dB/Dekade

ω > 10|s1 | ≈ 10

- 20 dB/Dekade ≈ −90o

G(jω) approximierter
0 exakter Verlauf
-3
-10
10
dB G (s) =
s + 10
-20

-30

0,1 1 10 100 1000 ω

Abb. 3.31. Mit Hilfe von Asymptoten bestimmter Amplitudengang von


10
G(s) = s+10
68 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

arg{G(jω)}

-6°
exakter Verlauf

10
-45° G (s) =
s + 10

-84°
-90°

0,1 1 10 100 1000 ω

10
Abb. 3.32. Mit Hilfslinien angenäherter Phasengang von G(s) = s+10

Hat die Übertragungsfunktion statt des Pols eine entsprechende Nullstelle bei
s = q1 , kehrt sich das Diagramm um (Abbn. 3.33 und 3.34).

G(jω)
50
dB
40
G (s) = s + 10
30
exakter Verlauf
23
20

0,1 1 10 100 1000 ω

Abb. 3.33. Mit Asymptoten angenäherter Amplitudengang von G(s) = s + 10


3.13 Bode-Diagramme 69

arg{G(jω)}
+90°
+84°

G (s) = s + 10

+45°

+6° exakter Verlauf


0,1 1 10 100 1000 ω

Abb. 3.34. Vergleich des exakt berechneten sowie des mit Hilfslinien angenäherten
Phasenganges der Übertragungsfunktion G(s) = s + 10

3.13.1 Regeln für Bode-Diagramme (reelle Pole und Nullstellen)

Für den Fall, dass die Übertragungsfunktion mehrere reelle Pole und Null-
stellen enthält, geht man folgendermaßen vor: Man zerlegt die Übertra-
gungsfunktion multiplikativ in Systeme 1. Ordnung und addiert dann den
logarithmisch dargestellten Amplitudengang sowie die linear dargestellte Pha-
se. Unter der Bedingung, dass sich alle Pole und Nullstellen auf der negativen
reellen Achse des Pol-Nullstellen-Diagramms befinden und der gegenseitige
Abstand genügend groß ist, lassen sich Regeln definieren, die das Abschätzen
der Amplituden- und Phasenverläufe erleichtern [66], [151]:

Amplitudengang

1. Lage und Vielfachheit von Polen und Nullstellen bestimmen


2. Achsen zeichnen und Eckfrequenzen eintragen
3. Bei ω → 0 beginnen:
a) weder Pol noch Nullstelle bei s = 0: Steigung 0 dB/Dekade
b) pro Pol bei s = 0: Steigung -20 dB/Dekade
c) pro Nullstelle bei s = 0: Steigung +20 dB/Dekade
4. Gerade Linie bis zur nächsten Eckfrequenz
5. Für jeden Pol Steigung um 20 dB/Dekade verringern, für jede Nullstelle
Steigung um 20 dB/Dekade erhöhen. Punkte 4 und 5 so lange wiederholen,
bis alle Eckfrequenzen abgearbeitet sind
6. Beschriftung der vertikalen Achse durch Ausrechnen von |G(jω)| in einem
waagrechten Bereich des Bode-Diagrammes.
7. Ecken um 3 dB pro Pol bzw. Nullstelle abrunden
70 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

Phasengang

1. Achsen zeichnen und Eckfrequenzen eintragen


2. Bei ω → 0 beginnen:
a) weder Pol noch Nullstelle bei s = 0: Phase 0◦
b) pro Pol bei s = 0: Phase −90◦
c) pro Nullstelle bei s = 0: Phase +90◦
d) Ein negativer reeller Vorfaktor bewirkt einen Phasenoffset von 180◦ .
3. Gerade Linie bis 0, 1× nächste Eckfrequenz
4. Jeder Pol subtrahiert 90◦ , jede Nullstelle addiert 90◦ über einen Bereich
von 0, 1× Eckfrequenz bis 10× Eckfrequenz verteilt. Auf diese Art alle
Eckfrequenzen abarbeiten
5. Phasenskizze glätten, so dass arctan-Verläufe entstehen. Abrundungen ca.
6◦ pro Pol bzw. Nullstelle bei 0, 1× Eckfrequenz und 10× Eckfrequenz

Beispiel: Bode-Diagramm mit reeller Pol-Nullstellenverteilung

Betrachten wir folgende Laplace-Übertragungsfunktion


s + 1000
G(s) = . (3.241)
(s + 10)2

Es befinden sich weder Pole noch Nullstellen bei s = 0, daher ergibt sich
bei ω → 0 für den Amplitudengang |G(jω)| = 20 dB und eine Steigung von
0 dB sowie für den Phasengang arg{G(jω)} = 0. Bei s = −10 befindet sich ein
doppelter Pol, daher fällt der Amplitudengang ab ω = 10 mit −40 dB/Dekade
ab und die Phase verringert sich auf −180◦ über einen Bereich von ω = 1 bis
ω = 100 verteilt. Die Nullstelle bei s = −1000 führt dazu, dass die Steigung
des Amplitudenganges sich ab ω = 1000 auf −20 dB/Dekade erhöht und die
Phase auf −90◦ ansteigt. Die Abbildung 3.35 zeigt die approximierten sowie
die exakten Verläufe.
3.13 Bode-Diagramme 71

G(jω)
20
17 s + 1000
14 G (s) = 2
10 (s + 10)
dB

0,1 1 10 100 1000 10000 ω

-20

-40

exakter Verlauf
-60

arg{G(jω)}

0,1 1 10 100 1000 10000 ω

-45° exakter Verlauf


s + 1000
G (s) = 2
(s + 10)
-90°

-135°

-180°
Abb. 3.35. Approximierter und exakt berechneter Amplituden- und Phasengang
72 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

3.13.2 Regeln für Bode-Diagramme mit komplexen Polpaaren

Wenn die Übertragungsfunktion ein komplexes Polpaar aufweist, bedeutet


dies, dass ein schwingungsfähiges System beschrieben wird, z. B. ein Reso-
nanzkreis. Man hat zwei Fälle zu unterscheiden (Abb. 3.36):

j. ω

schwach gedämpft

σ = Re {s}

stark gedämpft

Abb. 3.36. Konjugiert-komplexe Polstellen für schwach gedämpftes sowie stark


gedämpftes System

schwach gedämpftes System

Ob eine schwache oder eine starke Dämpfung vorliegt, lässt sich an der Lage
der Doppelpolstelle ablesen. Gilt für den Betrag des Imaginärteils |Im(si )|
|Re(si )|, so herrscht schwache Dämpfung vor, was dazu führt, dass es im Am-
plitudengang zu einer deutlichen Resonanzüberhöhung kommt.
Für Frequenzen weit oberhalb der Eckfrequenz fällt der Amplituden-
gang mit 40 dB/Dekade aufgrund des doppelten Pols. Ferner findet die Reso-
nanzüberhöhung bei ω ≈ |Im (si )| statt, d.h. in der Nähe des Imaginärteils des
Pols. Diese ist umso ausgeprägter, je näher der Pol an der imaginären Achse
liegt. Näher“ heißt, dass der Winkel zwischen der Verbindungsgeraden (Pol

- Nullpunkt) und der imaginären Achse kleiner ist. Die Phase fällt an dieser
Stelle wegen des doppelten Pols nahezu sprunghaft um 180◦ ab. Die Nähe der
Pole zur imaginären Achse ist ein Maß für die Steilheit dieses Phasensprungs.
3.13 Bode-Diagramme 73

stark gedämpftes System

Bei stark gedämpften Systemen ist der Realteil der konjugiert-komplexen Pol-
stelle wesentlich größer als der Imaginärteil. Es gilt |Im(si )| |Re(si )|. Auch
hier fällt der Amplitudengang mit 40 dB/Dekade für Frequenzen oberhalb der
Eckfrequenz ab. Die Überhöhung im Amplitudengang infolge Resonanz geht
allerdings immer mehr zurück und verschwindet für den Grenzfall, dass die
konjugiert-komplexe Polstelle in einen Doppelpol übergeht. In diesem Grenz-
fall zeigt der Amplitudengang den bereits oben diskutierten 6 dB-Abfall bei
der Eckfrequenz ω ≈ |Re(si )|.

Systeme mit mittlerer Dämpfung

Für Fälle, die zwischen den o. g. Extrema (|Im(si )| |Re(si )| und |Im(si )|
|Re(si )|) liegen, gelten folgende Regeln:
1. Ein Überschwingen tritt auf, sobald der Imaginärteil der Polstelle größer
wird als der Realteil, d. h. für |Re(si )| < |Im(si )|.
2. Die Eckfrequenz ω ergibt sich aus dem Betrag der Polstelle

ω = Re(si )2 + Im(si )2 . (3.242)

3. Das Maximum der Überschwingungsamplitude liegt zwischen der Fre-


quenz ω = 0 und der Eckfrequenz aus Pkt. 2.

Beispiele: Bode-Diagramme für komplexe Polpaare

Im Folgenden wollen wir zwei Beispiele diskutieren. Zunächst betrachten wir


die Übertragungsfunktion
1
G(s) = . (3.243)
s2 + 0, 4s + 1, 04

Sie besitzt lediglich ein komplexes Polpaar bei s1,2 = −0, 2 ± j. Daraus
folgt, dass für kleine ω die Phase gleich Null ist. Außerdem erhält man für
ω → 0 einen waagrechten Amplitudenverlauf mit |G(jω)| ≈ 0 dB. Das Pol-
paar führt zu einer deutlichen Resonanzüberhöhung an der Stelle ω ≈ 1; für
höhere Frequenzen lässt sich der Amplitudenverlauf durch eine Gerade mit
−40 dB/Dekade Steigung annähern. Die Phase fällt bei ω ≈ 1 um −180◦ ab
(Abb. 3.37). Um den Einfluss der Pol-Nullstellenkonfiguration auf das Über-
tragungsverhalten eines Netzwerkes zu verdeutlichen, betrachten wir die Über-
tragungsfunktion

s(s + 100)2 (s + 104 )


G(s) = . (3.244)
(s + 0, 2 + j)(s + 0, 2 − j)(s + 20 + 1000j)(s + 20 − 1000j)
74 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

G(jω)
20
17
10

dB
0,01 0,1 1 10 100 1000 ω

-20
1
G (s) =
s2 + 0,4s + 1,04

-40

-60

arg{G(jω)}

0,01 0,1 1 10 100 1000 ω

-45°
1
G (s) =
s2 + 0,4s + 1,04

-90°

-135°

-180°
Abb. 3.37. Amplituden- und Phasengang mit einer Resonanzüberhöhung bei ω ≈ 1
3.13 Bode-Diagramme 75

j. ω

s5

s2
s1
s7 s4 σ = Re {s}
s3

s6

Abb. 3.38. Pol(x)-Nullstellen(o)-Diagramm der Übertragungsfunktion nach


Gl. (3.244)

Diese Darstellung lässt die Lage der Pole und Nullstellen sofort erkennen
(Abb. 3.38). Die Nullstelle bei s1 = 0 führt dazu, dass die Amplitude für kleine
ω mit 20 dB/Dekade ansteigt (Abb. 3.39). Die erste Resonanzüberhöhung wird
durch das komplexe Polpaar s2,3 = −0, 2 ± j verursacht und befindet sich bei
ω ≈ 1. Hier ändert sich die Steigung um −40 dB/Dekade auf −20 dB/Dekade.
Als nächstes folgt eine doppelte Nullstelle auf der reellen Achse bei s4 =
−100. Daher ändert sich die Steigung bei ω = 100 um +40 dB/Dekade auf
+20 dB/Dekade. Wegen des komplexen Polpaares s5,6 = −20±1000j kommt es
bei ω ≈ 1000 abermals zu einer Resonanzüberhöhung. Die Steigung des Am-
plitudenganges ändert sich um −40 dB/Dekade auf −20 dB/Dekade. Schließ-
lich gilt es noch die Nullstelle s7 = −104 zu beachten, welche dazu führt, dass
sich die Steigung bei ω = 104 um +20 dB/Dekade auf 0 dB/Dekade erhöht.
Beim Vergleich des approximierten Amplitudenganges (Abb. 3.39) mit der
exakten Lösung fällt auf, dass die zweite Resonanz wesentlich stärker ausge-
prägt ist als die erste. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Polpaar s5,6
näher an der imaginären Achse liegt als das Polpaar s2,3 . Näher“ heißt, dass

der Winkel der Pole mit der imaginären Achse kleiner ist. Abschließend muss
noch die vertikale Achse beschriftet werden. Hierzu benutzt man die Tatsache,
dass der Amplitudenverlauf für ω → ∞ waagrecht ist und dass die Amplitude
dort 0 dB beträgt (limω→∞ |G(jω)| = 1). Für die Phase bei kleinen Frequen-
zen erhält man wegen der Nullstelle bei s1 = 0 den Wert +90◦. Beim ersten
komplexen Polpaar ändert sich die Phase um −180◦ auf −90◦ . Die doppel-
te Nullstelle bei s4 = −100 führt zu einem Anstieg um 180◦ auf (ungefähr)
zwei Dekaden verteilt. Das zweite komplexe Polpaar verursacht wiederum eine
Phasenänderung um −180◦. Schließlich bleibt noch die Nullstelle s7 = −104
76 3 Ausgleichsvorgänge, Frequenz-Transformation und Übertragungsverhalten

G(jω) s (s + 100)2 (s + 104 )


60 G (s) =
(s + 0,2 + j) (s + 0,2 - j) (s + 20 + 1000j) (s + 20 - 1000j)
dB

40

20 exakter
Verlauf
approximierter

0
0,1 1 10 100 1000 10000 ω

4
arg{G(jω)} s (s + 100)2 (s + 10 )
G (s) =
(s + 0,2 + j) (s + 0,2 - j) (s + 20 + 1000j) (s + 20 - 1000j)
+90°

exakter
Verlauf
+45° approximierter


0,1 1 10 100 1000 10000 ω

-45°

-90°
Abb. 3.39. Amplituden- und Phasengang mit zwei Resonanzüberhöhungen bei
ω ≈ 1 und ω ≈ 1000

wodurch die Phase auf 0◦ zurückgeht. Betrachtet man den exakten Phasenver-
lauf in Abb. 3.39, so erkennt man, dass sich hier die stärkere zweite Resonanz
in einem deutlich steileren Phasenübergang auswirkt.
4
Nichtlineare elektrische Bauelemente,
Schaltungen und Systeme

Im Gegensatz zu den vereinfachenden Annahmen, dass die in den betrachte-


ten elektrischen Netzwerken enthaltenen Bauelemente zeitinvariant, d.h. keine
Funktion der Zeit darstellen, und linear sind, d. h. keine Abhängigkeiten der
Widerstands-, Kapazitäts- und Induktivitätswerte von den angelegten Span-
nungen bzw. den durch sie fließenden Strömen vorhanden sind, wollen wir in
diesem Kapitel gerade diese Abhängigkeiten zulassen. Wir sprechen in diesem
Fall allgemein von zeitvarianten
R, L, C = f (t) (4.1)
bzw. nichtlinearen
R, L, C = f (u, i) (4.2)
Bauelementen und Netzwerken. Sie stellen eine Verallgemeinerung der linearen
Bauelemente und Netzwerke dar.

4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)


4.1.1 Vorbemerkungen
Nichtlineare Bauelemente werden im Allgemeinen durch ihre Kennlinien be-
schrieben. Kennlinien können als geschlossene analytische Ausdrücke, in Form
von Tabellen oder als gemessene Kurven vorliegen. Bei einem Widerstand
spricht man von einer Strom-Spannungs-Kennlinie, bei einer Induktivität
von einer Fluss-Strom-Kennlinie und bei einer Kapazität von einer Ladungs-
Spannungs-Kennlinie. Ist der Kennliniengraph punktsymmetrisch zum Ur-
sprung, so bezeichnet man diesen als bilaterale Kennlinie. Kennlinien, die
bei sehr langsam veränderlichen oder zeitlich konstanten anregenden Größen
aufgenommen werden, heißen statische Kennlinien.
Bei linearen Elementen und sinusförmiger Anregung kann eine Kennlinie,
welche die Momentanwerte von Strom√ und Spannung beschreibt, durch ein-
fache Skalierung mit dem Faktor 2 auf beiden Achsen gemäß

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_4
78 4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme

Û Iˆ
Ueff = √ und Ieff = √ (4.3)
2 2
in eine Kennlinie zur Beschreibung der Effektivwerte umgewandelt werden,
wobei Û und Iˆ die Scheitelwerte von Spannung bzw. Strom bezeichnen.
Bei Bauelementen mit nichtlinearer Kennlinie besteht natürlich keine li-
neare Beziehung mehr zwischen Strom und Spannung. Bei Anlegen einer si-
nusförmigen Wechselspannung an ein nichtlineares Element ist der Strom nicht
mehr sinusförmig. Er enthält neben der Grundfrequenz noch höhere Harmo-
nische. Der Effektivwert bestimmt sich dann zu


1 T 2
Ieff = i (t) dt . (4.4)
T 0

Aus diesem Grunde gehen Momentanwert- und Effektivwertkennlinie nicht


mehr einfach durch Maßstabsänderung auseinander hervor. Der Unterschied
zwischen beiden Kurven ist aber im Allgemeinen gering, da sich bei der Bil-
dung des Effektivwertes die Oberwellen quadratisch zur Grundwelle addieren
und deren Amplituden (im Vergleich zur Grundwelle) mit der Ordnungszahl
der Harmonischen abnehmen.

4.1.2 Nichtlinearer Widerstand

Das Schaltsymbol für einen nichtlinearen Widerstand ist in Abb. 4.1 gezeigt.
Man unterscheidet zwischen stromgesteuerten Widerständen, die in
der Form
u = R(i) i (4.5)
und spannungsgesteuerten Widerständen, die in der Form

i = G(u) u (4.6)

dargestellt werden. Im zeitvarianten Fall tritt zu der jeweiligen Abhängigkeit


noch die der Zeit t hinzu.

u
Abb. 4.1. Schaltsymbol für nichtlinearen Widerstand

In Abb. 4.2 ist exemplarisch eine Strom-Spannungs-Kennlinie eines nichtlinea-


ren (stromgesteuerten) Widerstandes gezeigt. An dieser Kennlinie sind nun
allgemein zwei verschiedene Größen zur Beschreibung des Bauteils definiert.
Betrachtet man einen speziellen Arbeitspunkt (u0 , i0 ), so wird die Steigung
der Ursprungsgeraden durch diesen Punkt als statischer Widerstand
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C) 79

R s (i 0) R(i 0)
u
u0

a)
i0 i

R s (i)

R(i)
b)
i
Abb. 4.2. a) Strom-Spannungs-Kennlinie eines nichtlinearen ohmschen Widerstan-
des mit Ursprungsgerade und Tangente im Arbeitspunkt (u0 , i0 ), b) statischer RS
und differentieller Widerstand R

u0
Rs (i0 ) = (4.7)
i0
bezeichnet (Abb. 4.2). Er ist eine Funktion des Arbeitspunktes. Die Steigung
der Tangente an die Kurve im Arbeitspunkt (i0 ) hingegen entspricht dem
differentiellen Widerstand

du 
R(i0 ) = . (4.8)
di i=i0

Neben der Betrachtung der (statischen) Kennlinie des nichtlinearen Bauele-


ments ist auch dessen Zeitverhalten von grundlegender Wichtigkeit. So rea-
giert ein reales nichtlineares Bauelement, je nach zugrundeliegendem physika-
lischem Mechanismus, der für die Nichtlinearität verantwortlich ist, nicht so-
fort auf eine Änderung der äußeren elektrischen Größen. Innere physikalische
Vorgänge, die zur Nichtlinearität führen, können z. B. einem Exponentialge-
setz mit einer bestimmten Zeitkonstante τ gehorchen. Ist die Nichtlinearität
des Bauteils temperaturbedingt, so kann die entsprechende Erwärmungszeit-
konstante im Bereich von Sekunden oder Minuten liegen. Bauelemente mit
einer im Vergleich zur Periodendauer der anregenden Größe T großen Zeit-
konstanten τ bezeichnet man als träge Bauelemente. Man hat drei Fälle
zu unterscheiden [140]:
80 4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme

1. Die Periodendauer der anregenden Größe ist sehr groß im Vergleich zur
Zeitkonstanten des nichtlinearen Bauelementes (T  τ ):
Hier verhält sich das Bauelement trägheitslos. Ein nichtlinearer Wider-
stand verhält sich hier wie sein differentieller Widerstand im jeweiligen
Arbeitspunkt.
2. Die Periodendauer der anregenden Größe ist sehr klein im Vergleich zur
Zeitkonstanten des nichtlinearen Bauelementes (T  τ ):
Das Bauelement ist träge, d. h. es ändert seinen Widerstandswert fast
nicht. Somit verhält es sich bei dieser Anregung wie ein lineares Bauele-
ment mit konstantem Widerstandswert, der seinem statischen Widerstand
entspricht. Die Kennlinie geht über in eine Ursprungsgerade mit dem An-
stieg des statischen Widerstandes.
3. Die Periodendauer der anregenden Größe liegt in der Größenordnung der
Zeitkonstanten des nichtlinearen Bauelementes (T ≈ τ ):
Der Widerstandswert ändert sich verzögert, d. h. die Kennlinie erhält die
Form einer geschlossenen Kurve, die den Arbeitspunkt umfasst. Es tritt
also eine Hysterese auf und Strom sowie Spannung am Widerstand werden
gegeneinander in der Phase verschoben, so dass zusätzlich zum ohmschen
Widerstand kapazitive und induktive Anteile hinzutreten.

Abb. 4.3. Kennlinie eines bilateralen Widerstandes

Passive Widerstände sind Widerstände, die weder Quellen enthalten noch


Halbleitereigenschaften aufweisen. Sie zeigen eine bzgl. des Koordinatenur-
sprunges im u − i−Kennlinienfeld punktsymmetrische Kennlinie (Abb. 4.3).
Man bezeichnet diese Widerstände bzw. ihre entsprechende Kennlinie auch
als bilateral. Die Klemmen dieses Widerstandes sind beliebig vertauschbar.
Diese Punktsymmetrie geht verloren, wenn die Bauelemente Halbleiter mit
pn−Übergängen enthalten, wie z. B. Dioden. Abbildung 4.4 zeigt die typische
i − u−Kennlinie einer Diode
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C) 81

IS u

Abb. 4.4. Typische Diodenkennlinie mit Schaltzeichen

i = Is (eu/UT − 1), (4.9)

wobei UT die Temperaturspannung bezeichnet


k·T
UT = (4.10)
e
mit
k: Boltzmannkonstante k = 1, 38 · 10−23 Ws K
e: Elektronenladung e = 1, 6 · 10−19 As
T : absolute Temperatur.

Eine besondere Eigenschaft weisen die sog. Tunneldioden auf; sie zeigen
nämlich in ihrer i − u−Kennlinie Bereiche mit negativer Steigung (Abb. 4.5).
Dies bedeutet, dass sich die Tunneldiode dort wie ein negativer differentiel-
ler Widerstand verhält. Bezüglich eines vorgegebenen Stromwertes i kann es

i
di
<0
du
u

Abb. 4.5. Kennlinie und Schaltzeichen einer Tunneldiode


82 4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme

zu Mehrdeutigkeiten kommen. So weist die Kennlinie für gewisse Stromwerte


beispielsweise 3 Schnittpunkte mit dazugehörigen Spannungswerten auf. Die
Tunneldiode ist daher als spannungsgesteuerter, zeitinvarianter nichtlinearer
Widerstand zu betrachten.
Aufgrund des negativen differentiallen Widerstands eignen sich Tunneldi-
oden für den Aufbau von Oszillatorschaltungen. Eine solche Schaltung ist in
Abb. 4.6 gezeigt. Sie enthält neben der Tunneldiode noch eine Induktivität LS

Abb. 4.6. Einfache Oszillatorschaltung mit einer Tunneldiode und Induktivität.

mit zugehörigem Wicklungswiderstand RS . Der Messwiderstand RShunt dient


der Strommessung im Experiment. Die Schaltung wird von einer Gleichspan-
nungsquelle U0 > 0 mit vernachlässigbarem Innenwiderstand gespeist. Die
Differentialgleichung des vorliegenden Netzwerks lautet für Zeiten t ≥ 0
diD (t)
U0 = iD (t)(RS + RShunt ) + uD (t) + LS . (4.11)
dt
Diese muss zu jedem Zeitpunkt erfüllt sein. Die Spannung an der Tunneldi-
ode uD (t) ist dabei mit dem Strom iD (t) über deren nichtlineare Kennlinie
(Abb. 4.7) verknüpft. Da der Diodenstrom iD (t) auch durch die Spule fließt,
können keine Unstetigkeiten (Sprünge) in dessen zeitlichem Verlauf auftreten.
Abhängig vom Wert der Gleichspannung U0 sind prinzipiell drei verschiedene
statische Arbeitspunkte (AP) denkbar: (i) AP auf dem linken steigenden Ast
der Kennlinie (bis Punkt B). (ii) AP auf dem fallenden Ast der Kennlinie
(zwischen den Punkten B und D). (iii) AP auf dem rechten steigenden Ast
der Kennlinie (ab D).
Wird nun die Quelle U0 zum Zeitpunkt t = 0 mit dem Netzwerk verbun-
den, steigt der Strom zunächst an. Wird die Spannung U0 derart gewählt,
dass sich ein statischer AP (i) ergibt, so wird der steigende Kennlinienast bis
zu diesem Punkt durchlaufen und das Netzwerk hat einen stabilen Zustand
erreicht. Auch der AP (iii) stellt einen stabilen Zustand des Netwerks dar. Ein
AP im Bereich (ii) kann dagegen mit dem vorliegenden Netzwerk nicht erreicht
werden. Der Grund hierfür ist der negative differentielle Widerstand der Tun-
neldiode in diesem Bereich. Wird nach Durchlaufen des steigenden Asts das
lokale Maximum der Kennlinie (Punkt B) überschritten, müsste der Strom
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C) 83

Strom iD
10
mA
8 u-i Diagramm der Oszillation

6
B C
4

2
D
0 A

-2
Diodenkennlinie
-4

-6

-8

-10
-0.1 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6
V
Spannung uD
Abb. 4.7. Gemessene Kennlinie der Tunneldiode und XY-Auftragung der Messda-
ten aus Abb 4.8.

wieder sinken, um den AP zu erreichen. Durch den negativen Spannungsbei-


trag der Spule im Maschenumlauf, stellt dies aber keine gültige Lösung der
DGL (4.11) dar. Nach Überschreiten von Punkt B springt daher die Spannung
bei konstantem Strom zum Punkt C auf der Kennlinie. Von hier aus wird der
steigende Ast der Kennlinie von C nach D durchlaufen. Am Punkt D der
Kennlinie müsste wiederum der Ast mit negativem differentiellen Widerstand
durchlaufen werden, um den AP zu erreichen, was aus den genannten Gründen
nicht möglich ist. Daher springt die Spannung am Punkt D bei konstantem
Strom zurück nach Punkt A. Die beim entsprechend Abb. 4.7 eingezeichneten
Durchlaufen der Kennlinie entstehenden Strom- und Spannungsverläufe sind
in Abb. 4.8 als Oszillogram dargestellt.
Ein weiterer Typ von Widerständen wird in der Sensorik zur Tempera-
turmessung eingesetzt. Es handelt sich dabei um sog. Heißleiter (NTC-
Widerstände) oder um Kaltleiter (PTC-Widerstände) (NTC: Negative
Temperature Coefficient; PTC: Positive Temperature Coefficient). Ihr Wi-
derstandswert ist temperaturabhängig (Abb. 4.9).
Heißleiter bestehen aus oxidischen Mischkristallen, deren Kristallgitterauf-
bau an den Korngrenzen durch Mischung verschiedener Oxide gestört wird.
84 4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme

Strom iD Spannung uD
6 0.6
mA
uD V
iD C
5 0.5

4 0.4
D

3 0.3

2 0.2

1 0.1

0 B 0
A
-1 -0.1
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4
ms
Zeit t
Abb. 4.8. Strom und Spannungsverläufe der Oszillatorschaltug mit Tunneldiode.

Dadurch wird der ursprünglich hohe spezifische Widerstand der reinen Oxide
stark vermindert. Dieser Effekt ist, wie die Kennlinie aus Abb. 4.9 belegt, stark
temperaturabhängig. Im Bereich der Raumtemperatur betragen die Tempe-
raturkoeffizienten ca. −3 bis −6%/K. Heißleiter werden bis zu Temperaturen
von mehreren Hundert Grad Celsius eingesetzt.

R
R0
3
Heißleiter Kaltleiter

- 100 - 50 0 +50 +100


°C ϑ

Abb. 4.9. Widerstandscharakteristiken von Heiß- und Kaltleitern

Kaltleiter hingegen weisen positive Temperaturkoeffizienten auf (Abb. 4.9).


Sie bestehen aus halbleitenden polykristallinen ferroelektrischen Keramiken,
z. B. Bariumtitanat (BaTiO3 ). Ihr ohmscher Widerstand steigt oberhalb der
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C) 85

sog. Curie-Temperatur sprunghaft an (Abb. 4.9), da sich an den Korngrenzen


Sperrschichten ausbilden. Sie werden aufgrund ihrer relativ hohen Kennli-
nienstreuung in aller Regel weniger für Messaufgaben als für Regelungs- und
Überwachungsaufgaben herangezogen. Die Strom-Spannungs-Kennlinie eines
typischen Kaltleiters wird in Abb. 4.10 gezeigt. Sie hat zunächst den Charak-

i
iE

uE u max uD
u
Abb. 4.10. Strom-Spannungs-Kennlinie eines typischen Kaltleiters [185, 153]

ter eines nahezu linearen ohmschen Widerstandes. Wird die Spannung weiter
gesteigert, so steigt mit der zunehmend verbrauchten Leistung infolge Eigen-
erwärmung die Temperatur des Bauelementes an, bis zur sog. Einsetztempera-
tur, bei der sich der Widerstand nahezu sprunghaft ändert, so dass der Strom
abnimmt (Werte uE , iE ). Der Kaltleiter könnte zwar prinzipiell bis zur Durch-
bruchspannung uD (Abb. 4.10) betrieben werden; aus Sicherheitsgründen be-
schränkt man sich aber auf Betriebsspannungen u ≤ umax . Außerdem muss
die Betriebsspannung auf umax begrenzt werden, um die ansonsten zu groß
werdende Eigenerwärmung zu vermeiden.

4.1.3 Nichtlineare Induktivität

Induktivitäten weisen häufig nichtlineare Eigenschaften auf, die auf die Ma-
gnetisierungseigenschaften der verwendeten permeablen Kernmaterialien zu-
rückzuführen sind. Auch können sie, insbesondere in elektrischen Maschinen,
ein zeitabhängiges Verhalten zeigen. Das Schaltsymbol für eine nichtlinea-
re Induktivität ist in Abb. 4.11 dargestellt. Eine allgemeine, zeitvariante,
nichtlineare Induktivität kann durch eine Funktion
Φ = fL (i(t), t) (4.12)
beschrieben werden. Dabei bedeutet Φ den magnetischen Fluss durch die In-
duktivität, welcher bei Betrachtung einer realen Spule dem mit der Windungs-
86 4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme

u
Abb. 4.11. Schaltsymbol für nichtlineare Induktivität

zahl verketteten Gesamtfluss entspricht. Die Induktivität heißt dann stromge-


steuert. Es ist zu beachten, daß in Gl. (4.12) neben der direkten Zeitabhängig-
keit außerdem der Strom i(t) eine Funktion der Zeit darstellt. Im Weiteren
wird aus Gründen der Lesbarkeit nur noch i anstelle von i(t) geschrieben.
Die Zeitabhängigkeit des Stromes ist aber insbesondere bei der Bildung der
Differentialquotienten zu beachten.
Eine nichtlineare Induktivität wird durch eine Fluss-Strom-Kennlinie be-
schrieben, wie sie bespielhaft in Abb. 4.12 dargestellt ist. Die Kennlinie ist
wiederum punktsymmetrisch zum Koordinatenursprung und wird daher auch
als bilateral bezeichnet. Bei einer zusätzlichen Zeitabhängigkeit ergibt sich
eine Fluss-Strom-Kurvenschar mit dem Scharparameter t. Mögliche Hystere-
seerscheinungen werden hier nicht berücksichtigt.

Abb. 4.12. Fluss-Strom-Kennlinie einer nichtlinearen, sättigungsbehafteten Induk-


tivität. Der Begriff Sättigungsfluß ist so zu verstehen, daß ab Erreichen dieses Wertes
der Fluß nur noch mit der Steigung der Vakkuumpermeabilität μ0 ansteigt.

Die allgemeine Strom-Spannungs-Beziehung lautet nach dem Induktionsgesetz

dΦ(i, t)
u(i, t) = . (4.13)
dt
Unter Berücksichtigung der Zeitabhängigkeit des Stromes ergibt sich

∂Φ(i, t) di ∂Φ(i, t)
u(i, t) = + . (4.14)
∂i dt ∂t
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C) 87

Dabei wird der Term 


∂Φ(i, t) 
L(i0 , t) := (4.15)
∂i i=i0
als differentielle Induktivität (im Arbeitspunkt (i0 )) definiert. Sie ent-
spricht der Steigung der in Abb. 4.12 gezeigten Kennlinie in einem jeweils
betrachteten Arbeitspunkt (i0 , Φ0 ) zu einem fixen Zeitpunkt t0 und wird auch
als Kleinsignalinduktivität in der Umgebung dieses Arbeitspunktes be-
zeichnet. Ihr typischer Verlauf ist in Abb. 4.13 zu sehen.

Abb. 4.13. Typischer Verlauf einer Kleinsignalinduktivität (differentielle Indukti-


vität)

Aus Gl. (4.15) ergibt sich



Φ(i, t) = L(i, t) di . (4.16)

Unter Verwendung von Gl. (4.14) bis Gl. (4.16) findet sich schließlich als
Linearisierung um den Arbeits (i0 )- bzw. Zeitpunkt t0
 
di  dL(i, t) 
u(i, t) = L(i, t)  +i . (4.17)
dt t=t0 dt i=i0

Es sind nun verschiedene Fälle zu unterscheiden, bei denen sich die allgemei-
nen Gleichungen vereinfachen:
1. zeitvariante, nichtlineare Induktivität:
Dies ist der allgemeine Fall und wird durch Gl. (4.15) und Gl. (4.17) be-
schrieben.

2. zeitinvariante, nichtlineare Induktivität:

di dΦ(i)
u(i) = L(i) und L(i) = (4.18)
dt di
88 4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme

3. zeitvariante, lineare Induktivität:

di dL(t) Φ(t)
u(t) = L(t) +i und L(t) = (4.19)
dt dt i

4. zeitinvariante, lineare Induktivität:


Dies ist der einfachste Fall, die Induktivität ist konstant und es gilt
di Φ
u=L und L = . (4.20)
dt i
Im Fall der linearen Induktivität ergibt sich als Fluss-Strom-Kennlinie eine
Ursprungsgerade, deren Steigung der Induktivität L entspricht. Zeitvarianz
führt hier zu einer Schar von Ursprungsgeraden mit dem Scharparameter t.
Neben der differentiellen Induktivität lässt sich für ein nichtlineares Bau-
element auch eine statische Induktivität definieren, und zwar als die Stei-
gung der Ursprungsgeraden durch den Arbeitspunkt (i0 , Φ0 ) der Fluss-Strom-
Kennlinie
Φ0
Ls (i0 , t) = . (4.21)
i0
Im linearen Fall ist sie gleich der differentiellen Induktivität (vgl. Abb. 4.2).
Die in der nichtlinearen Kennlinie (Abb. 4.12) erkennbaren Sättigungsei-
genschaften sind auf magnetische Eigenschaften der meist verwendeten fer-
romagnetischen Spulenkernmaterialien zurückzuführen. Da die Magnetisie-
rungsvorgänge in Ferromagnetika, wie z. B. Eisen, recht kompliziert sind, wer-
den sie in aller Regel nicht auf die physikalischen Vorgänge in der Mikrostruk-
tur zurückgeführt, sondern mit der experimentell bestimmten Abhängigkeit
des magnetischen Flusses bzw. der magnetischen Flussdichte B  (= ma-
gnetische Induktion) von der magnetischen Feldstärke H  beschrieben.
 
Die Funktion B = f (H) (Abb. 4.15) wird auch als Magnetisierungskenn-
linie oder Magnetisierungskurve bezeichnet.
Die Permeabilität des Materials ist im nichtlinearen Fall nicht mehr kon-
stant, sondern eine Funktion der anregenden magnetischen Feldstärke
 .
μr = f (H) (4.22)
Man bezeichnet die Permeabilität (Kleinsignalpermeabilität) in einem be-
stimmten Arbeitspunkt H0 als sog. differentielle Permeabilität μd . Sie
entspricht der Steigung der Magnetisierungskurve im jeweiligen Arbeitspunkt.
Abbildung 4.14 zeigt die Permeabilitätskurve von sog. Elektroblech.

Hysteresekurven
Wenn ein typisch ferromagnetisches Material, wie z. B. Eisen, aus einem völlig
unmagnetisierten Zustand heraus erregt wird, startet die Magnetisierungskur-
ve im Ursprung, d. h. für i = 0 und damit H = 0 ist auch der Wert der
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C) 89

μr
5000
4000
3000
2000
1000

0 1 2 3 4 A 5 H
cm
Abb. 4.14. Relative Permeabilität von Elektroblech als Funktion der magnetischen
Feldstärke

Induktion B = 0. Mit zunehmendem Strom und damit zunehmender magne-


tischer Feldstärke1 H steigt die magnetische Flussdichte entsprechend der in
Abb. 4.15 mit Neukurve bezeichneten Kurve an.

2,0
T
1,5 Br : weichmagnetisch
1,0
: hartmagnetisch
0,5
0 : Neukurve
-0,5 -Hc Hc Hc : Koerzitivfeldstärke
-1,0
-Br Br : Remanenzinduktion
-1,5
-2,0
-100 -60 -20 0 20 60 A 100 H
cm
Abb. 4.15. Hystereseschleifen einer magnetisch harten und einer magnetisch wei-
chen Eisensorte

Wenn dann ab einem bestimmten erreichten Wert für H bzw. B die magneti-
sche Erregung wieder verringert wird, nimmt die magnetische Flussdichte we-
niger ab, d. h. sie bleibt auf höheren Werten, als dies der Neukurve entspricht.
1
Bei den in diesem Kapitel folgenden Betrachtungen können wir uns auf die Be-
träge der magnetischen Flussdichte B und der magnetischen Feldstärke H
be-
schränken, die vereinfacht mit B bzw. H bezeichnet werden.
90 4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme

Insbesondere nimmt sie noch einen positiven Wert Brem (Remanenzinduk-


tion) an, wenn die magnetische Feldstärke bereits auf H = 0 reduziert wurde.
Der weitere Verlauf führt bis zu einem negativen Sättigungswert. Für danach
wieder ansteigende H-Werte wird bei H = 0 die negative Remanenzinduktion
−Brem erreicht und schließlich mündet die Kurve wieder in den o.g. positiven
Umkehrpunkt. Dazwischen erreicht bei der sog. Koerzitivfeldstärke Hc die
magnetische Induktion den Wert B = 0. Die negative Koerzitivfeldstärke −Hc
ergibt sich entsprechend im linken Kurvenast.
Man bezeichnet die so gewonnene Magnetisierungskennlinie auch als Hy-
steresekurve. Abbildung 4.16 zeigt solche Hysteresekurven für verschiedene
Umkehrpunkte. Die von einer Hysteresekurve umschlossene Fläche entspricht

Abb. 4.16. Hysteresekurven eines magnetischen Materials für verschiedene Um-


kehrpunkte

der dem ferromagnetischen Material bei einem Ummagnetisierungszyklus zu-


geführten Wärmeenergie. Diese auch als Hystereseverlustenergie bezeichnete
Energie wird bei der Drehung (Umorientierung) der Elementardipole dem
Magnetfeld entzogen und in Wärme umgewandelt.
Zur näherungsweisen Berücksichtigung des Hysterese-Verhaltens bei der
Beschreibung der nichtlinearen Induktivität kann das Bauelement um einen
nichtlinearen Wirkwiderstand erweitert werden. Dieser beschreibt nun die auf-
tretenden Hystereseverluste. Beide Elemente können dann wieder durch eine
jeweils eindeutige Kennlinie beschrieben werden. Somit wird die Mehrdeu-
tigkeit der Hysterese-Kennlinie eliminiert. Eine detaillierte Beschreibung der
Vorgehensweise findet sich in [140].

Messung von Hysteresekurven


Die Hysteresekurven von magnetischen Materialien (Abb. 4.17a)
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C) 91

B(H) = μH (4.23)

können mittels der in Abb. 4.17b gezeigten Anordnung gemessen werden.


Dazu wird ein Oszilloskop (Kap. 8) benötigt, dessen Horizontalkanal (x-
Ablenkung) von außen angesteuert werden kann, d. h. es wird nicht die stan-
dardmäßige Zeitablenkung (Sägezahnspannung) auf das x-Plattenpaar gege-
ben. Stattdessen nimmt man eine Spannung uR , die proportional zum Erre-

Br

Hc H

a)

Magnetische Probe
R
Oszilloskop
u uc C
u0
I R shunt

uR

b)

Abb. 4.17. a) Hystereskurve von ferromagnetischem Material, b) Anordnung zur


Messung der Hysteresekurve

gerstrom I der Primärwicklung ist. Nach dem Durchflutungsgesetz ist dieser


Strom nämlich proportional der magnetischen Feldstärke

I∼H. (4.24)

Nach dem Induktionsgesetz ist andererseits die an der Sekundärwicklung ab-


greifbare Spannung
dB
u∼ , (4.25)
dt
so dass nach zeitlicher Integration dieser Spannung ein der magnetischen In-
duktion B proportionales Signal vorliegt

B ∼ udt . (4.26)
92 4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme

Diese Integration wird von dem an die Sekundärwicklung angeschlossenen


RC-Tiefpass vorgenommen. Die integrierte Spannung kann am Kondensator
in Form von uc abgegriffen werden, d. h.

uc ∼ B . (4.27)

Sie wird zur Darstellung der Hysteresekurve auf den Vertikalkanal gelegt.

4.1.4 Nichtlineare Kapazität

Das Schaltungssymbol für eine nichtlineare Kapazität wird in Abb. 4.18


gezeigt. Eine allgemeine, zeitvariante, nichtlineare Kapazität kann durch

u
Abb. 4.18. Schaltsymbol für eine nichtlineare Kapazität

eine Funktion
q = fC (u(t), t) (4.28)
beschrieben werden. Dann heißt die Kapazität spannungsgesteuer t. Durch q
wird die im Kondensator gespeicherte elektrische Ladung beschrieben. Im
Weiteren wird für die Spannung u(t) aus Gründen der Übersicht nur u ge-
schrieben. Die Kennlinie beschreibt die von der Kapazität gespeicherte Ladung
q als Funktion der angelegten Spannung (Abb. 4.19). Man spricht von einer
Ladungs-Spannungs-Kennlinie. Auch hier kann eine zusätzliche Zeitabhängig-
keit durch eine Kennlinienschar mit dem Scharparameter t ausgedrückt wer-
den.

Abb. 4.19. Bilaterale Ladungs-Spannungs-Kennlinie einer nichtlinearen Kapazität


4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C) 93

Für den allgemeinen Fall einer nichtlinearen und zeitvarianten Kapazität gilt
folgende Strom-Spannungs-Beziehung
dq(u, t) ∂q(u, t) du ∂q(u, t)
i(u, t) = = + . (4.29)
dt ∂u dt ∂t
Dabei wird der Term

∂q(u, t) 
C(u0 , t) := (4.30)
∂u u=u0

als differentielle Kapazität oder Kleinsignalkapazität definiert. Sie


entspricht der Steigung der Kennlinie aus Abb. 4.19 im jeweiligen Arbeits-
punkt (u0 , q0 ) sowie zu einem Zeitpunkt t0 und hat typischerweise den in
Abb. 4.20 gezeigten Verlauf.

Abb. 4.20. Typischer Verlauf einer Kleinsignalkapazität

Für die Ladung ergibt sich aus Gl. (4.30)



q(u, t) = C(u, t) du (4.31)

und unter Verwendung von Gl. (4.29) bis Gl. (4.31) folgt als Linearisierung
um den Arbeits- (i0 ) bzw. Zeitpunkt (t0 )
 
du  dC(u, t) 
i(u, t) = C(u, t) +u . (4.32)
dt t=t0 dt u=u0

Auch hier vereinfacht sich Gl. (4.32) in vielen praktischen Fällen:


• zeitvariante, nichtlineare Kapazität:
Dies ist der allgemeine Fall, beschrieben durch Gl. (4.30) und Gl. (4.32).

• zeitinvariante, nichtlineare Kapazität:

du dq(u)
i(u) = C(u) und C(u) = (4.33)
dt du
94 4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme

• zeitvariante, lineare Kapazität:

du dC(t) q(t)
i(t) = C(t) +u und C(t) = (4.34)
dt dt u

• zeitinvariante, lineare Kapazität:


In diesem Fall ist die Kapazität konstant und es gilt
du q
i=C und C = . (4.35)
dt u
Als Ladungs-Spannungs-Kennlinie der linearen Kapazität ergibt sich wieder
eine Ursprungsgerade deren Steigung der Kapazität C entspricht.
Für die statische Kapazität, definiert als die Steigung der Ursprungsge-
raden durch den Arbeitspunkt der Ladungs-Spannungs-Kennlinie, ergibt sich
q0
Cs (u0 , t) = . (4.36)
u0
Im linearen Fall ist sie gleich der differentiellen Kapazität.
Kapazitäten können nichtlineare Eigenschaften aufweisen, wenn als Dielektri-
kum ein ferroelektrischer Stoff verwendet wird. Die im Dielektrikum stattfin-
denden Polarisationsvorgänge führen zur gezeigten Krümmung der Kennlinie
und zu den ersichtlichen Sättigungserscheinungen. Wie bereits betrachtet zei-
gen die ferromagnetischen Materialien Hysterese-Verhalten in Bezug auf die
magnetischen Feldgrößen. Ähnlich zeigen auch die ferroelektrischen Materia-
lien eine Hystereseerscheinung in Bezug auf die elektrischen Feldgrößen D
(dielektrische Verschiebung) und E (elektrisches Feld). Auch hier kann das
Hysterese-Verhalten, analog zur hysteresebehafteten Induktivität, näherungs-
weise durch eine Erweiterung um einen nichtlinearen Wirkwiderstand erfasst
werden. Eine mögliches zeitabhängiges Verhalten einer Kapazität zeigt sich
beispielsweise durch Verstellen eines Drehkondensators oder durch das Ändern
des Plattenabstandes eines Plattenkondensators.

Varaktordiode

Das klassische Beispiel für eine nichtlineare Kapazität ist die sog. Varaktordi-
ode. Diese stellt eine im Sperrbereich betriebene Halbleiterdiode dar, welche
die Spannungsabhängigkeit der Kapazität von Halbleiterdioden nutzt. Die
klassischen Sperrschicht-Varaktoren mit ihrer veränderlichen Sperrschichtka-
pazität werden oft zur Abstimmung von Schwingkreisen eingesetzt. Mit der
folgenden Gleichung kann in vielen Fällen die Abhängigkeit der Kapazität C
von der Spannung u über dem pn-Übergang beschrieben werden

C = γ(UD + u)− k ,
1
(4.37)

wobei UD die sog. Diffusionsspannung darstellt. Für den abrupten pn-Über-


gang mit beidseitig konstanter Dotierung wird
4.2 Gesteuerte Quellen 95

εe NA ND
γ=A (4.38)
2 (NA + ND )

und k = 2. Dabei bedeuten A die Kapazitätsfläche, ε die Permittivität des


Halbleitermaterials, e die Elementarladung, NA die Akzeptor-Konzentration
und ND die Donator-Konzentration. Für diesen Fall zeigt Abb. 4.21 einen
Funktionsverlauf. Beim pn-Übergang mit linear ortsveränderlicher Dotierung
C

60
pF
40

20

-6 -4 -2 0 u
V
a) b)

Abb. 4.21. Varaktordiode: a) Kennlinie, b) Schaltzeichen

wird k = 3, wobei sich der Wert von γ gegenüber dem vorgenannten Fall
entsprechend ändert. Durch spezielle Dotierungsverläufe können auch andere
k- und γ-Werte eingestellt werden.

4.2 Gesteuerte Quellen

uA

Stg. V
uE uE . V uA
uE

Abb. 4.22. Spannungsgesteuerte Spannungsquelle als Ersatzschaltung für einen


idealen Verstärker

Insbesondere zur vereinfachten Beschreibung aktiver Bauelemente, wie z. B.


Transistoren, oder ganzer Schaltungen, wie z. B. Operationsverstärker, ver-
wendet man sog. gesteuerte Quellen. Gesteuerte Quellen sind Spannungs- oder
Stromquellen, deren Quellspannung bzw. deren Quellstrom von einer Steuer-
größe abhängt. Diese Steuergröße ist in aller Regel eine Spannung oder ein
96 4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme

Strom. So wird beispielsweise ein, abgesehen vom nicht unendlich hohen Ver-
stärkungsgrad, idealer Operationsverstärker durch die in Abb. 4.22 gezeigte
gesteuerte Quelle beschrieben. Wird zusätzlich die Begrenzung der Ausgangs-
spannung infolge Sättigung berücksichtigt, so ändert sich die approximierte
Kennlinie gemäß Abbildung 4.23.

uA
+UB

-UB/V
+UB/V uE

-UB

Abb. 4.23. Kennlinie eines Verstärkers (Verstärkungsgrad V), bei dem die Sätti-
gungserscheinungen berücksichtigt sind (approximierter Verlauf)

Die Spannung der Quelle lässt sich nun wie folgt angeben:

⎨ uE V für − UVB ≤ uE ≤ UVB
uA = +UB für uE > UVB . (4.39)

−UB für uE < − UVB

UB entspricht in der Praxis der um ca. 1 Volt reduzierten Versorgungsspan-


nung des Operationsverstärkers.

Kollektor
Basis iC
iB u CE
uBE
Emitter

Abb. 4.24. Schaltzeichen eines Bipolartransistors

Auch Transistoren lassen sich in Form von gesteuerten Quellen darstellen. Bei
Bipolartransistoren (Abb. 4.24) ist der Basisstrom iB die steuernde Größe und
der Kollektorstrom die gesteuerte Größe (Abb. 4.25).

4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke


Die Analyse von elektrischen Netzwerken, die nichtlineare Bauelemente ent-
halten, ist in aller Regel bedeutend aufwendiger als die Analyse vergleichba-
rer linearer Netzwerke. Dies beginnt damit, dass das Superpositionsprinzip
nicht mehr anwendbar ist. Selbst einfache Netzwerke mit nur einem oder zwei
nichtlinearen Elementen erfordern oft numerische Lösungen. Bei einfacheren
4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke 97

iB
iC

u CE
iB

u BE u CE
a) b)

Abb. 4.25. Transistorkennlinien: a) Eingangskennlinienfeld eines Bipolartransistors


und b) Ausgangskennlinienfeld

Netzwerken ist die graphische Bestimmung der (des) Arbeitspunkte(s) oft eine
Alternative mit Anschauungscharakter. Wir beginnen daher mit der graphi-

Ri
Uo u RL

Abb. 4.26. Zu analysierendes Netzwerk

schen Bestimmung des Arbeitspunktes des in Abb. 4.26 gezeigten linearen


Widerstandsnetzwerkes, das von einer Quelle gespeist wird.
Bei der graphischen Lösung werden die beiden Geraden, welche einerseits
den ohmschen Lastwiderstand RL und andererseits die Quelle mit dem Innen-
widerstand Ri beschreiben, in das i−u-Kennlinienfeld eingetragen (Abb. 4.27).
Der Schnittpunkt, der auch als Arbeitspunkt bezeichnet wird, liefert die Lösung
für den Strom iAP , der durch den Zweig des Netzwerkes fließt, sowie die Span-
nung uAP am eingezeichneten Klemmenpaar
U0
iAP = , (4.40)
Ri + RL
RL
uAP = U0 . (4.41)
Ri + RL
Im Falle eines nichtlinearen Lastwiderstandes kann es keine, eine, mehrere
oder sogar unendlich viele Lösungen, sprich Arbeitspunkte, geben (Abb. 4.28
und 4.29).
Formelmäßig lässt sich die Situation der mit einem nichtlinearen Wider-
stand belasteten Quelle folgendermaßen beschreiben. Die unabhängige Quelle
mit Innenwiderstand Ri wird durch
98 4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme

Arbeitspunkt
u = RL i
U0
u u = U0 - R i i
AP

i U0 i
AP
Ri

Abb. 4.27. Graphische Arbeitspunktbestimmung der Schaltung aus Abb. 4.26

u = U0 − Ri i (4.42)

charakterisiert.
Wenn sich der Lastwiderstand RL durch eine analytische Funktion der
Form
FRL (i, u) = 0 (4.43)
darstellen lässt, so führt die Tatsache, dass der Strom durch die Quelle mit
dem durch den Lastwiderstand in Betrag und Richtung identisch ist, zu der
Gleichung
FRL (i, U0 − Ri i) = 0 . (4.44)

U0
Kennlinie der Quelle
Kennlinie des
nichtlinearen
Lastwiderstandes

Abb. 4.28. Graphische Bestimmung des Arbeitspunktes – Beispiel für nichtexisten-


te Lösung
4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke 99

Dies ist im allgemeinen Fall eine nichtlineare transzendente Gleichung, die mit
Hilfe eines geeigneten numerischen Verfahrens, z.B. mit der Newton-Raphson-
Methode, gelöst werden kann.
Prinzipiell ist also eine Gleichung der Form

f (x) = 0 (4.45)

iterativ zu lösen, bis ein gewünschtes Abbruchkriterium unterschritten wird.


Dabei muss die Lösung, wie Abb. 4.29 zeigt, nicht eindeutig sein, sondern sie

Kennlinie der Quelle


U0
uAP

Kennlinien zweier beispielhafter


nichtlinearer Lastwiderstände

iAP i

Abb. 4.29. Graphische Bestimmung des Arbeitspunktes der Schaltung aus


Abb. 4.26. Die durchgezogene Kennlinie liefert einen Arbeitspunkt, auf der gestri-
chelten sind zwei Arbeitspunkte möglich.

kann vom Startpunkt x(0) abhängen. Die Lösung erhält man durch fortlau-
fende Iterationen über n
f (x(n) )
x(n+1) = x(n) − . (4.46)
f  (x(n) )
Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Verfahrens ist die stetige Differen-
zierbarkeit der Funktion f (x).

Beispiel — Lineare Spannungsquelle mit Diode

Es soll die in Abb. 4.30 gezeigte Schaltung analysiert werden. Die Diode lässt
sich durch u
i = Is (e UT − 1) (4.47)
beschreiben. Im konkreten Fall betragen die Werte für den Sättigungssperr-
strom der verwendeten Siliziumdiode

IS = 10 pA (4.48)
100 4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme

und für die Temperaturspannung bei Raumtemperatur

UT = 26 mV . (4.49)

Für die Leerlaufspannung der Quelle gilt U0 = 3 V und für ihren Innenwider-
stand Ri = 1 kΩ. Da in diesem Fall zu erwarten ist, dass i IS ist, vereinfacht
sich die Diodengleichung zu u
i = IS e UT . (4.50)

Ri
i

Uo u

Abb. 4.30. Zu analysierende Schaltung

Wenn man jetzt die Quelle mit der Gleichung

u = U0 − Ri i (4.51)

berücksichtigt, erhält man folgende transzendente Gleichung zur Beschreibung


der Schaltung u
f (u) = u − U0 + Ri IS e UT = 0 . (4.52)
Die Ableitung nach u ergibt
df Ri IS Uu
f = =1+ e T. (4.53)
du UT
Da wir wissen, dass die Durchlassspannung von Siliziumdioden bei etwa 0, 6 V
liegt, nehmen wir diesen Wert als Startwert u(0) für das Iterationsverfahren.
Es ergeben sich die Iterationen von Spalte 1 der Tab. 4.1. Auch für kleinere
Startwerte konvergiert der Algorithmus (Spalte 2). Je schlechter der Startwert
gewählt wird, umso mehr Iterationen werden benötigt (Spalte 3).
Weitere Verfahren zur Analyse von nichtlinearen Netzwerken finden sich
in [189].
4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke 101

Tabelle 4.1. Iterative Lösung von Gl. (4.52) für verschiedene Startwerte u(0)

Spalte 1 Spalte 2 Spalte 3


(0) (0) (0)
u = 0.6000 V u = 0.4500 V u = 2.0000 V
u(1) = 0.5746 V u(1) = 0.6127 V u(1) = 1.9740 V
(2) (2) (2)
u = 0.5503 V u = 0.5871 V u = 1.9481 V
(3) (3) (3)
u = 0.5284 V u = 0.5621 V u = 1.9221 V
(4) (4) (4)
u = 0.5121 V u = 0.5388 V u = 1.8961 V
..
u(5) = 0.5042 V u(5) = 0.5193 V .
(6) (6)
u = 0.5028 V u = 0.5070 V u(58) = 0.5110 V
(7) (7) (59)
u = 0.5027 V u = 0.5031 V u = 0.5039 V
u(8) = 0.5027 V u(8) = 0.5027 V u(60) = 0.5028 V
(61)
u = 0.5027 V
5
Messfehler

Messungen sind in der Regel fehlerbehaftet, auch wenn sie noch so präzi-
se durchgeführt werden. Die Ermittlung und Angabe der entsprechenden
Messfehler sollte zu jeder zuverlässigen Messung gehören, damit die aus dem
Messergebnis abgeleiteten Schlüsse bzw. Entscheidungen auf einer sicheren
Grundlage basieren. So besteht bei vielen Arten von Messungen die Gefahr,
dass sich die zu messenden Größen durch das Einbringen der Messgeräte
verändern. Beispielsweise kann ein Spannungsmesser die zu messende Span-
nung verändern, weil er infolge seiner nicht idealen (d. h. nicht unendlich
hohen) Innenimpedanz die Spannungsquelle belastet. Generell ist darauf zu
achten, dass solche Rückwirkungen der Messeinrichtung auf die Quelle, der die
Messgröße entstammt, so gering wie möglich gehalten werden. Eine weitere
typische Fehlerquelle besteht in der unsachgemäßen Anwendung der Geräte,
wie z. B. dem Betrieb in einem nicht spezifizierten Frequenz- oder Tempe-
raturbereich. Aber selbst bei bestimmungsgerechter und rückwirkungsfreier
Anwendung von Messgeräten gibt es Messfehler, die zufälliger Natur sind, wie
z. B. die Ablesefehler.
Die Charakterisierung eines Messfehlers erfolgt durch Angabe des absolu-
ten oder des relativen Messfehlers. Der absolute Messfehler F ist definiert als
Differenz aus dem Messwert A (Anzeigewert) und dem wahren Wert W

F = A−W . (5.1)

Der relative Fehler f entspricht dem absoluten Fehler, bezogen auf den wahren
Wert
F
f= 100% . (5.2)
W
Bei nicht bekanntem wahren Wert W und kleinem Messfehler (|F/A| 1)
darf folgende Näherung angewendet werden
F
f≈ 100% . (5.3)
A

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_5
104 5 Messfehler

Zur Charakterisierung von Messgeräten bezieht man den absoluten Messfeh-


ler des Gerätes häufig auf den Messbereichsumfang, die sog. Messspanne Msp,
welche der Differenz zwischen Messbereichsendwert und Messbereichsanfangs-
wert entspricht
F
f˜ = 100% . (5.4)
Msp
Die Größe f˜ wird als normierter bzw. zum Teil auch als reduzierter Fehler
bezeichnet.
In der Messtechnik unterscheidet man prinzipiell zwischen systematischen
Messfehlern und zufälligen Messfehlern. Der wesentliche Unterschied zwischen
diesen Fehlerarten liegt in der Vorhersagbarkeit und damit der Korrigierbar-
keit der systematischen Fehler, welche bei den zufälligen nicht gegeben ist.
Die zufälligen Fehler lassen sich nur noch mit Hilfe von Wahrscheinlichkei-
ten beziffern. Der Fehler beim Ablesen einer Messgeräteskala ist ein typischer
zufälliger Fehler. Eine weitere Klassifizierung unterscheidet zwischen stati-
schen und dynamischen Fehlern. Während sich die statischen Fehler nur auf
die statischen Eigenschaften der Messeinrichtung beziehen und damit nur für
rein statische Messgrößen bzw. für den statischen Anteil von dynamischen
Messgrößen relevant sind, beschreiben die dynamischen Messfehler das Ver-
halten bei zeitlich variablen Messgrößen. Dynamische Messfehler sind die aus
den nicht idealen Übertragungseigenschaften des Messsystems resultierenden
Abweichungen vom wahren zeitlichen Verlauf der Messgröße.

5.1 Systematische Messfehler


Bei den systematischen Fehlern sind die Ursachen bekannt. Es gibt systema-
tische Abweichungen, die während einer Messung einen konstanten Betrag
und ein bestimmtes Vorzeichen haben (statische Messfehler) und solche, die
eine zeitliche Veränderung des Messwertes während einer Messreihe bewirken
(dynamische Messfehler). Wenn die systematischen Fehler bekannt sind, kann
nach Gl. (5.1) der wahre Wert berechnet werden. Da systematische Fehler also
prinzipiell korrigierbar sind, sollten sie nach Möglichkeit im ersten Schritt der
Messwertverarbeitung berichtigt werden.

Fortpflanzung systematischer Fehler

Ist das Messergebnis y eine Funktion mehrerer Messgrößen xi (i = 1 ... n), so


muss die gesuchte Größe y durch Auswertung des sog. Aufgabengesetzes

y = Fkt.(x1 , ..., xn ) (5.5)

ermittelt werden. Mit dem wahren Wert yw ergibt sich schließlich der absolute
Messfehler Δy zu
5.1 Systematische Messfehler 105

Δy = y − yw
= f (x1 + Δx1 , ..., xn + Δxn ) − f (x1 , ..., xn ) . (5.6)

Wenn der absolute Einzelmessfehler Δxi klein ist gegenüber der entsprechen-
den Einzelmessgröße xi (|Δxi | |xi |), lässt sich Δy aus den partiellen Ablei-
tungen und den kleinen Änderungen Δxi auf der Basis der nach den linearen
Gliedern abgebrochenen Taylorreihe der Funktion y entwickeln
n
∂y
Δy = Δxi . (5.7)
i=1
∂xi

Aus Gl. (5.7) lassen sich die folgenden Regeln für die Fortpflanzung systema-
tischer Fehler herleiten:
• Bei der Addition von Messgrößen werden die absoluten Fehler addiert.
• Bei der Subtraktion von Messgrößen werden die absoluten Fehler subtra-
hiert.
• Bei der Multiplikation von Messgrößen werden die relativen Fehler addiert.
• Bei der Division von Messgrößen werden die relativen Fehler subtrahiert.
Besteht das Aufgabengesetz beispielsweise aus einer Multiplikation von Mess-
größen mit gleichzeitiger Potenzierung

y = kxr11 xr22 · · · xrnn , (5.8)

so ergibt sich der absolute Fehler Δy durch Auswertung von Gl. (5.7)

n
Δxi
Δy = y ri . (5.9)
i=1
xi

Daraus kann der gesamte relative Fehler Δy/y als Summe der mit den Expo-
nenten ri gewichteten relativen Einzelfehler fi errechnet werden

Δy  Δxi 
n n
= ri = ri fi . (5.10)
y i=1
xi i=1

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die oben beschriebene vorzei-
chenbehaftete Behandlung von Fehlern nur Sinn macht, wenn man die Vorzei-
chen der Fehler explizit kennt. In vielen Fällen allerdings sind die Richtungsab-
weichungen der Fehler und damit ihre Vorzeichen unbekannt. Deshalb macht
man von Gl. (5.7) in abgewandelter Form Gebrauch
n  
 ∂y 
Δy =  
 ∂xi Δxi  , (5.11)
i=1

d. h. man geht vom “worst case” aus, dass alle Fehler in die selbe Richtung
weisen. Die Abweichung Δy entspricht also dann dem maximalen (Absolut-)
Fehler, der auftreten kann.
106 5 Messfehler

5.2 Zufällige Messfehler

5.2.1 Normalverteilung, Mittelwert, Standardabweichung


und Stichprobe

Zufällige Fehler sind nicht unmittelbar erfassbare Abweichungen vom wahren


Wert. Sie können nur in Form von Wahrscheinlichkeitsaussagen beschrieben
werden. Typischerweise liefern die Wiederholungen eines Messvorganges un-
terschiedliche, streuende Messwerte xi . Zur Beurteilung zufälliger Fehler ist es
daher notwendig, mehrere bzw. soviele Messungen wie möglich durchzuführen.
Aus der Annahme, dass unendlich viele voneinander unabhängige, gleichver-
teilte (rein zufällige) Einflussgrößen wirksam sind und genügend (theoretisch
unendlich) viele Einzelmessungen durchgeführt wurden, liegt eine Normalver-
teilung (Gaußverteilung) der Messwerte vor. Dies geht aus dem Normalver-
teilungsgesetz für zufällige Fehler hervor. Die Abweichungen sind dann durch
folgende Eigenschaften charakterisiert: positive und negative Abweichungen
treten gleich häufig auf und mit zunehmender Größe der Abweichung nimmt
die Wahrscheinlichkeit für ihr Auftreten ab. Die Häufigkeit ihres Auftretens
wird durch die Wahrscheinlichkeitsdichte p(x) beschrieben. Sie entspricht ei-
ner Gauß- bzw. Normalverteilung (Abb. 5.1)
1 1 x−μ 2
p(x) = √ e− 2 ( σ ) . (5.12)
σ 2π
Der arithmetische Mittelwert μ aller Messwerte xi , der auch als Erwartungs-
wert bezeichnet wird, ergibt schließlich den gesuchten wahren Wert xw

1 
N
xw = μ = lim xi . (5.13)
N →∞ N
i=1

Abb. 5.1. Gaußsche Verteilungsfunktion p(x)


5.2 Zufällige Messfehler 107

Ein Maß für die Abweichung der Einzelwerte vom Mittelwert μ ist die mitt-
lere quadratische Abweichung, die man als Standardabweichung σ und deren
Quadrat als Varianz σ 2 bezeichnet

1 
N
σ = ! lim (xi − μ)2 . (5.14)
N →∞ N
i=1

Die statistische Sicherheit (Wahrscheinlichkeit) P für das Auftreten eines ein-


zelnen Messwertes in einem Intervall x1 ≤ x ≤ x2 errechnet sich wie folgt
 x2  x2
1
e−(x−μ) /2σ dx
2 2
P = p(x) dx = √
x1 σ 2π x1
 x2  x1
1 −(x−μ)2 /2σ2 1 2 2
= √ e dx − √ e−(x−μ) /2σ dx . (5.15)
σ 2π 0 σ 2π 0
2
Da das Integral ekx dx keine analytische Lösung besitzt, wurde die sog.
Errorfunction erf(x) eingeführt
 w
2
e−c dc ,
2
erf(w) = √ (5.16)
π 0

welche in Tafelwerken, z. B. in [1], tabelliert ist. Dabei besteht folgender Zu-


sammenhang zwischen der Variablen c der Errorfunction und der Variablen x
der Wahrscheinlichkeitsdichte
x−μ
c= √ . (5.17)
σ 2
Aus Gl. (5.15) folgt unter Zuhilfenahme der Errorfunction die statistische
Sicherheit P 


1 x2 − μ x1 − μ
P = erf √ − erf √ . (5.18)
2 σ 2 σ 2
Aufgrund des schiefsymmetrischen Verhaltens der Errorfunction

erf(w) = −erf(−w) (5.19)

errechnet sich die statistische Sicherheit P für das Auftreten eines Messwertes
xi im Bereich −δ ≤ x − μ ≤ δ zu


δ
P (δ) = erf √ . (5.20)
σ 2
In Tab. 5.1 sind charakteristische Werte von P (δ) notiert (s. auch Abb. 5.1).
Wenn im Rahmen einer Messreihe die Standardabweichung σ ermittelt wur-
de, lässt sich mit Hilfe von Tab. 5.1 der zu einer bestimmten statistischen
Sicherheit P gehörende Vertrauensfaktor t bestimmen
108 5 Messfehler

Tabelle 5.1. Fehlerwahrscheinlichkeit P (statistische Sicherheit) bei sym-


metrischem Intervall −δ ≤ x − μ ≤ +δ

δ 0,5 σ 0,67 σ 1 σ 1,65 σ 1,96 σ 2,58 σ 3,0 σ 3,3 σ


P [%] 38,3 50 68,3 90 95 99 99,73 99,9

δ = tσ . (5.21)

Der zufällige Fehler Fxi eines Einzelmesswertes xi liegt dann mit einer stati-
stischen Sicherheit (Wahrscheinlichkeit) von P innerhalb des Intervalls ±tσ

Fxi = ±tσ . (5.22)

Bei der hier zunächst angenommenen unendlich hohen Anzahl von Messungen
hängt der Vertrauensfaktor t in der nach Tab. 5.1 bezifferten Weise nur von
der frei gewählten statistischen Sicherheit P (Wahrscheinlichkeit) ab. Wenn
beispielsweise eine statistische Sicherheit von 95 % gefordert wird, beträgt der
Vertrauensfaktor t nach Tab. 5.1 t = 1,96. Dies bedeutet, dass die Abweichung
des Einzelmesswertes vom wahren Wert μ = xw bei einer Wahrscheinlichkeit
von 95 % nicht größer ist als ± 1,96 σ.
Wird die Messung einer Messgröße mit denselben Mitteln und unter glei-
chen Bedingungen N-mal wiederholt, bezeichnet man dies als Stichprobe aus
der Grundgesamtheit der theoretisch unendlich vielen Messungen. Für den
praktischen Fall einer nur endlichen Anzahl von Messungen (N < ∞) kann
aus den einzelnen Messwerten xi (i = 1...N ) der Mittelwert μ (wahrer Wert
xw ) nicht mehr nach Gl. (5.13) gebildet werden, sondern nur noch ein Schätz-
wert x̃ angegeben werden
1 
N
x̃ = xi . (5.23)
N i=1
Für eine endliche Anzahl N von Messwerten definiert man anstelle der Stan-
dardabweichung σ die Schwankung s (empirische Standardabweichung) bzw.
die Streuung s2 
1 
N
s=! (xi − x̃)2 . (5.24)
N − 1 i=1

Der Wert von s wird auch als mittlerer quadratischer Fehler (vom Schätzwert)
der Messwerte xi bezeichnet.

Tip:
Diese Thematik kann man anhand der LabVIEW Übungs-
aufgabe 2.2a auf der CD-ROM vertiefen.
5.2 Zufällige Messfehler 109

5.2.2 Vertrauensbereich für den Schätzwert

Im Zusammenhang mit Messfehlerabschätzungen stellt sich im allgemeinen


auch die Frage nach der Güte des im Rahmen einer Messserie ermittelten
Schätzwertes x̃. Die Antwort auf diese Frage kann ebenfalls nur in Form ei-
ner statistischen Sicherheit P (Wahrscheinlichkeit) gegeben werden. Um die
Güte des Schätzwertes x̃ anzugeben, muss festgestellt werden, wie nahe dieser
Schätzwert x̃ (Mittelwert aus N Messungen) dem wahren Wert xw (Mittelwert
für N → ∞) liegt. Dazu nehmen wir zunächst an, dass eine unendlich hohe
Anzahl von Einzelmessungen xi vorliegt. Die Standardabweichung dieser sog.
Grundgesamtheit wird mit σ bezeichnet. Wenn wir dieser Grundgesamtheit ei-
ne Stichprobe mit N Einzelmesswerten entnehmen, können wir deren Schätz-
wert x̃ errechnen (Abb. 5.2). Werden mehrere solcher Stichproben genommen,
so gelangt man zu einer Verteilung von Schätzwerten. Die Schwankung sx̃ die-
ser Schätzwerteverteilung liefert schließlich den gesuchten Vertrauensbereich
des Schätzwertes x̃. In der Praxis jedoch wird man nicht mehrere Stichpro-
ben entnehmen, sondern sich auf eine beschränken. Dies führt letztendlich
zum selben Ergebnis, da wir davon ausgehen, dass alle in der Grundgesamt-
heit vorkommenden Messwerte xi voneinander unabhängig sind. Aus diesem
Grund lässt sich die Schwankung sx̃ berechnen, indem man das Gaußsche
Fehlerfortpflanzungsgesetz (Kap. 5.2.3) auf die in Abb. 5.2 gezeigte Stichpro-
be selbst anwendet. Die Schwankung sx̃ lässt sich demnach wie folgt ermitteln

Grundgesamtheit

s: Standardabweichung
N, ~
x, s der Grundgesamtheit

Stichprobe x w : wahrer Wert = Schätzwert


der Grundgesamtheit

Abb. 5.2. Grundgesamtheit von Messwerten mit einer Stichprobe zu N Einzel-


messwerten. Die Stichprobe hat den Schätzwert x̃ und die Schwankung s.
110 5 Messfehler

N

 2
∂x̃
sx̃ = ! σ2 . (5.25)
i=1
∂xi

Mit " #
1 
N
∂x̃ ∂ 1
= xi = (5.26)
∂xi ∂xi N i=1 N
folgt aus dem Gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetz (Gl. (5.25))


N
1 2 1 1
sx̃ = ! σ = N σ2 = √ σ . (5.27)
N 2 N 2
i=1
N

Die Schwankung der √ Verteilung der Schätzwerte x̃ ist also gemäß Gl. (5.27)
um den Faktor 1/ N kleiner als die der Einzelwerte xi (s. auch Gl. (5.24)).
In der Praxis kann man den exakten Wert von σ nicht ermitteln, da unend-
lich viele Messungen vorausgesetzt werden. Daher wird man anstatt σ die
Schwankung s aus der aktuellen Stichprobenverteilung (Abb. 5.2) verwenden.
Die vollständige Angabe eines Messergebnisses x erfolgt durch Bezifferung
des Schätzwertes x̃ und seiner Vertrauensgrenzen V in der Form
ts
x = x̃ ± V = x̃ ± √ . (5.28)
N
Der zufällige Fehler Fx̃ des Schätzwertes beträgt demnach
ts
Fx̃ = ± √ . (5.29)
N
Der Vertrauensfaktor t ist bei einer endlichen Anzahl von Messwerten neben
der gewählten statistischen Sicherheit P auch von der Anzahl N der Einzel-
messungen abhängig. Die Funktion der entsprechenden Fehlerverteilung ist die
sog. Student-Verteilung (Abb. 5.3), die auch als t-Verteilung bezeichnet
wird. Die Student-Verteilung ist also die Verteilung der Stichprobe (N < ∞),
welche verständlicherweise breiter ist als die Normalverteilung, weil die Ver-
trauensgrenzen bei gleicher statistischer Sicherheit P aufgrund der Tatsache,
dass man über weniger Messwerte mittelt, größer sind als bei der für N → ∞
geltenden Normalverteilung (Tab. 5.2). Mit einer für die Praxis ausreichen-
den Genauigkeit gehen Student- und Normalverteilung ab N > 200 ineinander
über.

Tip:
Auf der CDROM befindet sich das LabVIEW-Programm
student_density.vi, mit dem die Studentverteilung gra-
phisch dargestellt werden kann. Der Wertebereich kann frei
gewählt und Werte für N können definiert werden.
5.2 Zufällige Messfehler 111

p(x)

pN

pt

μ−σ μ μ+σ x
Abb. 5.3. Vergleich von Normalverteilung pN und Student-Verteilung (t-Verteilung)
pt für N = 5

Für N = 50 Messwerte beispielsweise bedeutet dies, dass der gefundene


Mittelwert (= Schätzwert
√ x̃) mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,73 % um
höchstens ±3, 16 sx̃/ 50 vom unbekannten wahren Wert xw abweicht. Der
Wert von t = 3, 16 kann Tab. 5.2 entnommen werden. Aus Tab. 5.2 ist auch
abzulesen, dass der Vertrauensfaktor für die Normalverteilung (N → ∞) mit
dem für die Student-Verteilung (N < ∞) ab einer Losgröße von N > 200
nahezu identisch ist.
Die bei einer Wahrscheinlichkeit von 68,3 % bestehende Unsicherheit wird
als der mittlere Fehler Δx des Schätzwertes bezeichnet
s
Δx = |xw − x̃| = √ . (5.30)
N
Die zufälligen Fehler können im Gegensatz zu den systematischen Fehlern

Tabelle 5.2. Abhängigkeit des Vertrauensfaktors t von der Anzahl der Messungen
N bei verschiedener statistischer Sicherheit P

P = 68, 3% =
ˆ 1, 0σ P = 95% =
ˆ 1, 96σ P = 99% =
ˆ 2, 58σ P = 99, 73% =
ˆ 3, 0σ
√ √ √ √
N t t/ N t t/ N t t/ N t t/ N
2 1,84 1,30 12,7 8,98 63,7 45,0 236 167
3 1,32 0,76 4,30 2,48 9,92 5,73 19,2 11,1
4 1,20 0,60 3,18 1,59 5,84 2,92 9,22 4,61
6 1,11 0,45 2,57 1,05 4,03 1,65 5,51 2,25
10 1,06 0,34 2,26 0,72 3,25 1,03 4,09 1,29
20 1,03 0,23 2,09 0,47 2,86 0,64 3,45 0,77
50 1,01 0,14 2,01 0,28 2,68 0,38 3,16 0,45
100 1,01 0,10 1,98 0,20 2,63 0,26 3,08 0,31
200 1,00 0,07 1,97 0,14 2,60 0,18 3,04 0,22
> 200 1,00 1,00

N
≈0 1,96 1,96

N
≈0 2,58 2,58

N
≈0 3,0 3,00

N
≈0
112 5 Messfehler

grundsätzlich nicht korrigiert werden. Zufällige Fehler können allerdings durch


eine hinreichend große Anzahl von Einzelmessungen beliebig klein gehalten
werden.

Tip:
Mit dem LabVIEW-Programm student_table.vi kann die
Tab. 5.2 berechnet werden. Die Wahrscheinlichkeiten sowie
die Werte für N können eingestellt werden.

Beispiel — Messreihe mit zufälligen Fehlern

Im Rahmen einer Messreihe wurden folgende 10 Werte gemessen:


i 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
xi 85,0 85,6 84,7 84,9 85,8 85,2 84,6 85,3 85,1 85,4

Der Schätzwert x̃ beträgt nach Gl. (5.23)

1 
10
x̃ = xi = 85, 16 . (5.31)
10 i=1

Die Schwankung s (empirische Standardabweichung) berechnet sich nach (Gl.


(5.24)) zu 
1 
10
s=! (xi − x̃)2 = 0, 381 . (5.32)
10 − 1 i=1

Der zufällige Fehler Fxi der Einzelmessung beziffert sich bei einer (frei gewähl-
ten) statistischen Sicherheit von 95 % nach Tab. 5.2 auf

Fxi (95 %) = ±ts = ±2, 26 · 0, 381 = ±0, 861 . (5.33)

Der zufällige Fehler des Schätzwertes Fx̃ ergibt sich bei derselben statistischen
Sicherheit von 95 % zu
ts
Fx̃ (95 %) = ± √ = ±0, 272 . (5.34)
N
Damit kann die vollständige Angabe des Messergebnisses in folgender Form
geschehen
x = 85, 16 ± 0, 272 , (5.35)
wobei sich die Angabe der absoluten Toleranzgrenzen von ±0, 272 auf eine
gewählte statistische Sicherheit von 95 % bezieht.
5.2 Zufällige Messfehler 113

Tip:
Eine LabVIEW-Aufgabe zum Thema “Schwankung des
Schätzwertes in Abhängigkeit von der Probenlänge” findet
sich auf der CD-ROM (Aufgabe 2.2b).

5.2.3 Fortpflanzung zufälliger Fehler

Wenn die gesuchte Messgröße y eine Funktion mehrerer mit voneinander un-
abhängigen zufälligen Fehlern behafteter Einzelmessgrößen xi (i = 1, . . . , n)
ist
y = Fkt.(x1 , . . . , xn ) , (5.36)
lässt sich der Mittelwert μy , der dem wahren Wert yw entspricht, wie folgt
berechnen
yw = μy = Fkt.(μ1 , . . . , μn ) , (5.37)
wobei μi die Mittelwerte der Einzelmessgrößen xi bezeichnen (Anzahl der
jeweils aufgenommenen Messwerte N → ∞). Unter der Voraussetzung klei-
ner Einzelstandardabweichungen σi lässt sich die Standardabweichung σy des
Mittelwertes μy nach dem Gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetz (Gl. (5.38))
ermitteln 
n
2 
∂y 
σy = !  σi2 . (5.38)
∂xi 
i=1 (μ1 ,μ2 ,...,μn )

Ist beispielsweise das Aufgabengesetz vom Typ

y = kxr11 xr22 , (5.39)

so ergibt sich der mittlere relative Fehler fy (Wahrscheinlichkeit von 68,3 %)


zu
Fy σy
fy = =
y y


2
2
r1 2 r2
= σ1 + σ22 . (5.40)
x1 x2

Dabei wurde berücksichtigt, dass der absolute zufällige mittlere Fehler Fy ,


d. h. der Fehler für eine Wahrscheinlichkeit von 68,3 %, gerade der Standard-
abweichung σy entspricht.
Da im praktischen Fall die Anzahl der aufgenommenen Messwerte endlich
bleibt (N < ∞), handelt es sich bei dem errechneten Mittelwert nur um einen
Schätzwert ỹ des wahren Wertes yw . Wenn x̃i den Schätzwert der Einzelmess-
größe xi bezeichnet, gilt

ỹ = Fkt.(x̃1 , . . . , x̃n ) . (5.41)


114 5 Messfehler

Unter der Voraussetzung einer Normalverteilung und für kleine Schwankungen


(si |xi |) berechnet sich die Schwankung sỹ des Schätzwertes ỹ wiederum
nach dem Gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetz aus den Schwankungen si der
Einzelmessgrößen

n
2 
∂y 
sỹ = !  s2i . (5.42)
∂xi 
i=1 (x̃1 ,x̃2 ,...,x̃n )

5.3 Genauigkeitsklassen bei Messgeräten


Für standardmäßige elektrische Messgeräte wird vom Hersteller eine Genau-
igkeitsklasse, d. h. eine garantierte obere Fehlergrenze angegeben, die i. Allg.
mit G oder Gk bezeichnet wird. Sie gibt den Betrag der auf den Messbereichs-
endwert bezogenen maximal möglichen Abweichung Δx vom wahren Wert in
Prozent an
 
 Δx  |Fehlangabe|
G=   100% = 100% . (5.43)
xend  |Messbereichsendwert|
Es gibt folgende genormte Genauigkeitsklassen nach VDE 0410:
• Betriebsmessgeräte: 1; 1,5; 2,5; 5,0
• Feinmessgeräte: 0,05; 0,1; 0,2; 0,5.
Der entsprechende maximale relative Fehler beträgt demnach
Δx xend G
=± . (5.44)
x x 100%
Er nimmt also stark zu, wenn der Messbereich nur im unteren Teil genutzt
wird. Der durch die Genauigkeitsklasse beschriebene Maximalfehler gilt selbst-
verständlich nur bei Einhaltung der ansonsten vom Hersteller spezifizierten
Randbedingungen, wie der Einhaltung von Temperaturgrenzen, Frequenzbe-
reich, Fremdfeldeinfluss, Lage etc.. Bei Instrumenten, deren Messbereichsan-
fangswert nicht mit dem Nullpunkt identisch ist, wird die Fehlangabe statt
auf den Messbereichsendwert auf den Messbereichsumfang bezogen, die auch
als Messspanne Msp bezeichnet wird (Gl. (5.4)).

5.4 Dynamische Messfehler


Bei der Messung zeitlich variabler Größen treten infolge der nicht-idealen
Übertragungseigenschaften der Messsysteme stets dynamische Messfehler auf.
Diese sind im Wesentlichen auf Trägheiten der Messeinrichtungen (Tief-
passverhalten) zurückzuführen, welche sich infolge ihrer Speichereigenschaften
bezüglich mechanischer, thermischer oder elektromagnetischer Energie nicht
5.4 Dynamische Messfehler 115

vermeiden lassen. Da das Verständnis von dynamischen Messfehlern grundle-


gende Kenntnisse auf dem Gebiet der systemtheoretischen Beschreibung von
Messsystemen verlangt, folgt zunächst ein Abschnitt, der die entsprechende
Systemtheorie kurz wiederholen soll (s. Kap. 3).

5.4.1 Das Übertragungsverhalten von Messsystemen

Beschreibung des Übertragungsverhaltens durch Impulsantwort


bzw. Sprungantwort

Ein lineares Messsystem liefert an seinem Ausgang die Impulsantwort g(t)


(Gewichtsfunktion), wenn die Eingangsgröße ein Dirac-Impuls δ(t) ist (Abb.
5.4) (Kap. 3.11).

Abb. 5.4. Impulsantwort g(t) eines linearen Messsystems

Für eine beliebige Anregungsfunktion x(t) ergibt sich das Ausgangssignal y(t)
durch Faltung mit der Impulsantwort (Kap. 3.11)
 +∞  +∞
y(t) = x(τ )g(t − τ ) dτ = x(t − τ )g(τ )dτ = x(t)  g(t) . (5.45)
−∞ −∞

Da wir kausale Messsysteme voraussetzen, deren Impulsantwort g(t) für t < 0


verschwindet und auch die Anregungsfunktion x(t) für t < 0 zu Null anneh-
men, kann man die untere Grenze des Faltungsintegrals (−∞) durch  0 und
die obere Grenze (+∞) durch  t ersetzen (Gl. (3.222))
 t  t
y(t) = x(τ )g(t − τ ) dτ = x(t − τ )g(τ ) dτ . (5.46)
0 0

Anstatt ein Messsystem durch seine Impulsantwort zu beschreiben, ist es in


der Messtechnik auch gebräuchlich, seine Sprungantwort h(t) anzugeben.
Diese erhält man als Ausgangssignal, wenn man als Anregungssignal x(t) eine
Sprungfunktion verwendet (Abb. 5.5), wobei die Sprungfunktion folgender-
maßen definiert ist ⎧
⎨ 1 f ür t ≥ 0
ε(t) = (5.47)

0 f ür t < 0 .
Der Zusammenhang zwischen Sprungantwort h(t) und Impulsantwort g(t)
wurde bereits in Kapitel 3.12 hergeleitet (Gl. (3.234))
116 5 Messfehler
 t
h(t) = g(τ ) dτ . (5.48)
0

Der Wert, der sich nach einer Sprunganregung als stabiler Wert einstellt, wird
als Beharrungswert bezeichnet.

Abb. 5.5. Sprungantwort h(t) eines linearen Messsystems

Beschreibung des Übertragungsverhaltens durch


Übertragungsfunktionen

Aus der linearen Systemtheorie weiß man (Kap. 3.11), dass harmonische An-
regungen der Form

x(t) = Re{X̂(ω)ejωt } = Re{X̂(ω)ejϕx (ω) ejωt } (5.49)

bei linearen Systemen im eingeschwungenen Zustand stets zu einem Antwort-


signal y(t) mit derselben Frequenz aber veränderter Amplitude und Phasen-
lage führen
y(t) = Re{Ŷ (ω)ejωt } = Re{Ŷ (ω)ejϕy (ω) ejωt } , (5.50)
wobei |X̂| = X̂ und |Ŷ | = Ŷ gilt. Die Übertragungsfunktion G(ω) des linearen
Systems ist dann folgendermaßen definiert

Ŷ (ω) Ŷ (ω)
G(ω) = = ej(ϕy −ϕx ) = |G(ω)|ejϕ(ω) . (5.51)
X̂(ω) X̂(ω)

Die komplexe Übertragungsfunktion G(ω) lässt sich aufspalten in den Betrags-


gang |G(ω)| und den dazugehörigen Phasengang arg{G(ω)} = ϕ(ω). Daraus
lassen sich die Dämpfung a(ω) und deren Phase b(ω) wie folgt errechnen

a(ω) = −20 lg |G(ω)| [dB] (5.52)


b(ω) = −arg(G(ω)) . (5.53)

Die Übertragungsfunktion gibt also Auskunft darüber, wie das Messsystem


die Amplitude und die Phasenlage einer harmonischen Anregung verändert.
Für beliebige (nicht-periodische) Zeitsignale berechnet sich die Über-
tragungsfunktion eines linearen Systems aus den Quotienten der Fourier-
Transformierten (Tab. 5.3) F {y(t)} und F {x(t)} vom Ausgangs- und Ein-
gangssignal y(t) bzw. x(t)
F {y(t)}
G(ω) = . (5.54)
F {x(t)}
5.4 Dynamische Messfehler 117

Tabelle 5.3. Definitionsgleichungen der Laplace- und Fourier-Transformationen


(Kap. 3)

Fourier-Transformation Fourier-Rücktransformation
F{x(t)} = X(ω) x(t) = F −1 {X (ω)}
 +∞  +∞
= −∞ x(t)e−jωt dt 1
= 2π −∞
X(ω)ejωt dω

Laplace-Transformation Laplace-Rücktransformation
L{x(t)} = X(s) x(t) = L−1 {X (s)}
∞  σ+j∞
= 0 x(t)e−st dt 1
= 2πj σ−j∞
X(s)est ds

Mit diesen Zusammenhängen und der Eigenschaft, dass eine Faltung zweier
Signale im Zeitbereich einer Multiplikation der Fourier-Transformierten im
Frequenzbereich entspricht, erhält man aus Gl. (5.45)

Y (ω) = X(ω) G(ω) . (5.55)

Daraus folgt auch, dass die Fourier-Transformierte der Gewichtsfunktion der


Übertragungsfunktion entspricht.

G(ω) = F {g(t)} . (5.56)

Beschränkt man sich auf kausale Zeitsignale (x(t) = 0 für t < 0), so ist es
zweckmäßig, anstatt der Fourier-Transformation die Laplace-Transformation
(Tab. 5.3) zu verwenden. Die Laplace-Übertragungsfunktion G(s) eines linea-
ren Systems ist folgendermaßen definiert

L{y(t)} Y (s)
G(s) = = . (5.57)
L{x(t)} X(s)

Dabei sind L{x(t)} und L{y(t)} die Laplace-Transformierten (Tab. 5.3) der
Zeitfunktionen x(t) und y(t), wobei s = σ + jω die Laplace-Variable darstellt.
Die Faltungsoperation (Gl. (5.46)) vereinfacht sich für kausale Zeitsignale und
Systeme im Laplace-Bereich ebenfalls zu einer Multiplikation der entsprechen-
den Laplace-Transformierten (Kap. 3.5.4)

Y (s) = G(s)X(s) . (5.58)

Die Übertragungsfunktion G(s) ist demnach auch die Laplace-Transformierte


der Impulsantwort g(t)
G(s) = L{g(t)} . (5.59)
Entsprechend dem Integrationssatz der Laplace-Transformation (Kap. 3.5.2)
 t $
1
L f (τ ) dτ = F (s) , (5.60)
0 s
118 5 Messfehler

wobei
L{f (t)} = F (s) , (5.61)
folgt aus Gl. (5.48) der Zusammenhang zwischen der Übertragungsfunktion
G(s) und der Sprungantwort h(t)
 $
G(s)
h(t) = L−1 . (5.62)
s

Zusammengesetzte Systeme

Die Gesamtübertragungsfunktionen der in Abb. 5.6 gezeigten zusammenge-


setzten Systeme ergeben sich wie folgt: Serienschaltung (Abb. 5.6a)

Y (s)
G(s) = = G1 (s)G2 (s) (5.63)
X(s)

Parallelschaltung (Abb. 5.6b)

Y (s)
G(s) = = G1 (s) + G2 (s) (5.64)
X(s)

Rückkoppelschaltung (Kreisschaltung) (Abb. 5.6c)

Y (s) G1 (s)
G(s) = = . (5.65)
X(s) 1 + G1 (s)G2 (s)

Abb. 5.6. Zusammengesetzte Übertragungssysteme: a) Serienschaltung (Hinterein-


anderschaltung), b) Parallelschaltung, c) Rückkoppelschaltung (Kreisschaltung)
5.4 Dynamische Messfehler 119

Beschreibung des Übertragungsverhaltens durch


Differentialgleichungen

Für lineare Systeme kann der mathematische Zusammenhang zwischen dem


Anregungssignal x(t) und dem Ausgangssignal y(t) in Form einer Differenti-
algleichung mit konstanten Koeffizienten beschrieben werden ( =d/dt)
ˆ

a0 x + a1 x + . . . + an x(n) = b0 y + b1 y  + . . . + bm y (m) . (5.66)

Gemäß dem Differentiationssatz der Laplace-Transformation (Kap. 3.5.3)

L{f (n) (t)} = sn F (s) − sn−1 f (t)|t=0


− . . . sf (t)(n−2) |t=0 − f (t)(n−1) |t=0 , (5.67)

wobei f (n) die n-te Ableitung der Funktion f nach der Zeit t ist, kann
Gl. (5.66) für den vereinfachten Fall, dass alle Anfangswerte f (t = 0) bis
f (t)(n−1) |t=0 Null sind, folgendermaßen im Laplace-Bereich dargestellt wer-
den

a0 X(s) + a1 sX(s) + . . . + an sn X(s) = b0 Y (s) + b1 sY (s) + . . . + bm sm Y (s) .


(5.68)
Damit ergibt sich folgender fester Zusammenhang zwischen der Übertra-
gungsfunktion G(s) im Laplace-Bereich und den Koeffizienten der Differenti-
algleichung
a 0 + a1 s + a2 s 2 + . . . + an s n
G(s) = , (5.69)
b 0 + b 1 s + b 2 s2 + . . . + b m sm
wobei stets n ≤ m gilt. Der Quotient E
a0
E= (5.70)
b0
wird auch als Empfindlichkeit des Messsystems bezeichnet.
Bei Kenntnis der Laplace-Übertragungsfunktion G(s) bzw. der Fourier-
Übertragungsfunktion G(ω), der Impulsantwort g(t) bzw. der Sprungantwort
h(t) oder auch der Koeffizienten ai und bj der Differentialgleichung lassen sich
die dynamischen Messfehler eines Messsystems beschreiben. Die Definition
des dynamischen Messfehlers und seine Bestimmung anhand dieser Kennwerte
wird in den beiden folgenden Abschnitten beschrieben.

5.4.2 Definition des dynamischen Messfehlers

Beim Erfassen zeitlich veränderlicher Messgrößen entstehen aufgrund der oben


beschriebenen (nicht-idealen) Übertragungseigenschaften unweigerlich dyna-
mische Messfehler. Da sich im Falle linearer Messsysteme die dynamischen
Fehler von den statischen separieren lassen, können wir uns im Folgenden oh-
ne Einschränkung der Allgemeinheit auf dynamische Messfehler konzentrieren
120 5 Messfehler

und die statischen ausschließen. Der momentane dynamische Messfehler


Fdyn ist definiert als
Fdyn = x(t) − xw (t) , (5.71)
wobei x(t) und xw (t) die zeitlichen Verläufe des Messwertes bzw. des wahren
Wertes darstellen.
Praktischer als die Angabe der Momentanverläufe von Fehlern ist die An-
gabe ihrer Mittelwerte. Wenn wir einen stationären Verlauf der Messgröße
voraussetzen (stationär heißt, dass die sich durch zeitliche Mittelung erge-
benden Kenngrößen, wie z. B. der quadratische Mittelwert des Signals (Kap.
6.3.1), konstant bleiben), lässt sich als wichtige Kenngröße der mittlere qua-
dratische dynamische Fehler angeben

2 1 T 2
Fdyn = lim Fdyn (t) dt . (5.72)
T →∞ T 0

Wenn der Messgrößenverlauf periodisch ist, darf die Integrationszeit T auf die
2
Periodendauer begrenzt werden. Da Fdyn einen absoluten Fehler beziffert, ist
es zweckmäßig, diesen auf den quadratischen Mittelwert x2 des Messsignals
zu normieren (Kap. 6.3.1)
 T
1
x2 = x2 (t) dt . (5.73)
T 0

Es ergibt sich somit der bezogene quadratische Mittelwert des dynamischen


2
Fehlers fdyn
2
Fdyn
2
fdyn = . (5.74)
x2

5.4.3 Bestimmung des dynamischen Messfehlers

Im Folgenden wird angenommen, dass der dynamische Fehler durch das (nicht-
ideale) Übertragungsverhalten des Messsystems, das sich durch die Übertra-
gungsfunktion G(s) beschreiben lässt (Abb. 5.7), verursacht wird. Bei deter-
ministischen Anregungssignalen lässt sich der dynamische Messfehler mit der
bekannten Übertragungsfunktion des Messsystems G(s) ermitteln

Abb. 5.7. Dynamischer Messfehler aufgrund des (nicht-idealen) Übertra-


gungsverhaltens des Messsystems. G(s) ist die Übertragungsfunktion im Laplace-
Bereich.
5.4 Dynamische Messfehler 121

Fdyn (s) = X(s) − Xw (s)


= Xw (s)[G(s) − 1]
 
1
= X(s) 1 − . (5.75)
G(s)

Für den Fall, dass das Eingangssignal (wahrer Wert) des Messsystems be-
kannt ist (Vorwärtsanalyse), erhält man den Momentanverlauf des absolu-
ten Messfehlers Fdyn (t) durch folgende Laplace-Rücktransformation

Fdyn (t) = L−1 {Xw (s)[G(s) − 1]} . (5.76)

Im umgekehrten Fall (Rückwärtsanalyse) ist der Messwert x(t) bekannt,


und man erhält Fdyn (t) als
  $
−1 1
Fdyn (t) = L X(s) 1 − . (5.77)
G(s)

5.4.4 Messsystem mit Tiefpassverhalten

In aller Regel zeigen Messsysteme ein mehr oder weniger ausgeprägtes Tief-
passverhalten. Im Folgenden soll daher zunächst der aus einem Tiefpass 1.
Ordnung resultierende dynamische Fehler berechnet werden (Abb. 5.8), wenn
der wahre Wert zum Zeitpunkt t = 0 auf den Wert X0 springt.

1
xw (t) Xw (s) GM(s) = X (s) x (t)
1+sτ
M

Abb. 5.8. Messsystem (Tiefpass 1. Ordnung)

Vorwärtsanalyse

Wenn der wahre Wert bekannt ist, lässt sich gemäß Gl. (5.76) der absolute
dynamische Messfehler wie folgt berechnen

Fdyn (t) = L−1 {Xw (s)[GM (s) − 1]} = L−1 {F (s)} . (5.78)

Mit
X0
Xw (s) = (5.79)
s
folgt  
X0 1 X0 τM
F (s) = −1 =− . (5.80)
s 1 + sτM 1 + sτM
122 5 Messfehler

Der zeitliche Verlauf des dynamischen Messfehlers lautet

Fdyn (t) = −X0 · e−t/τM . (5.81)

Der mittlere quadratische dynamische Fehler beträgt (Gl. (5.72))


 T
1
2
Fdyn = lim X02 e−2t/τM dt
T →∞ T 0
T
−X02 τM 1 −2t/τM 
= lim e 
2 T →∞ T 0
−X02 τM 1  −2T /τM 
= lim e −1 =0. (5.82)
2 T →∞ T

Rückwärtsanalyse

Hier ist nur der gemessene Wert bekannt. Aus Gl. (5.77) folgt der dynamische
Fehler   $
−1 1
Fdyn (t) = L X(s) 1 − . (5.83)
GM (s)
Die Auswertung führt zum selben Ergebnis wie die Vorwärtsanalyse
 $
−1 −X0 τM
Fdyn (t) = L = −X0 · e−t/τM . (5.84)
1 + sτM

Verringerung des dynamischen Fehlers durch Korrekturnetzwerk

Der vom Messsystem herrührende dynamische Fehler kann durch ein nach-
geschaltetes Korrekturnetzwerk zum Teil kompensiert werden. Dies soll an-
hand eines Beispiels demonstriert werden. Das Ausgangssignal des Messsy-
stems (Tiefpass 1. Ordnung) wird aus diesem Grund mittels eines Oszilloskop-
Tastkopfes abgegriffen (s. auch Kap. 10.2). Die gesamte Messkette wird in
Abb. 5.9 gezeigt.
Mit
RT
VR = . (5.85)
RE
lautet die Übertragungsfunktion der gesamten Messkette (Messsystem und
Tastkopf)

XT (s) 1 1 + sτT
Gges (s) = = · . (5.86)
XW (s) 1 + sτM 1 + sτT + VR (1 + sτE )
Dabei wird vorausgesetzt, dass die Ein- bzw. Ausgangsimpedanzen vom
Messsystem und dem Tastkopf so gewählt wurden, dass die beiden Netzwerke
auch nach der Zusammenschaltung ihr ursprüngliches Übertragungsverhalten
beibehalten.
5.4 Dynamische Messfehler 123

Abb. 5.9. Messsystem mit Korrekturnetzwerk (Tastkopf). Die Zeitkonstanten sind


folgendermaßen definiert: τT = RT CT ; τE = RE CE .

Um die Auswirkung des Korrekturnetzwerkes auf das Ausgangssignal zu de-


monstrieren, werten wir wiederum das Ausgangssignal xT (t) (bzw. zunächst
XT (s)) für eine Sprunganregung aus
X0 1 1 1 + sτT
XT (s) = · · · . (5.87)
s 1 + sτM 1 + VR 1 + s τT1+V
+VR τE
R

Mit
τT + VR τE
τ∗ = (5.88)
1 + VR
erhält man
1 + VR 1 1 1 + sτT
XT · = · · . (5.89)
X0 s 1 + sτM 1 + sτ ∗
Eine Partialbruchzerlegung
1 + VR A B C
XT · = + + (5.90)
X0 s 1 + sτM 1 + sτ ∗
liefert

A=1 (5.91)
τM (τT − τM )
B = τB = (5.92)
τM − τ ∗
τ ∗ (τT − τ ∗ )
C = −τC = − . (5.93)
τM − τ ∗
Mit
 
X0 1 τB 1 τC 1
XT (s) = + · − ∗ · (5.94)
1 + VR s τM s + 1/τM τ s + 1/τ ∗
ergibt sich die entsprechende Zeitfunktion zu
 
X0 τB −t/τM τC −t/τ ∗
x(t) = ε(t) + ·e − ∗ ·e . (5.95)
1 + VR τM τ
124 5 Messfehler

Abbildung 5.10 verdeutlicht die Verbesserung des dynamischen Verhaltens


der Messeinrichtung durch das nachgeschaltete Korrekturnetzwerk. Es wur-
den folgende Werte verwendet: X0 = 10 V; τM = 100 μs; VR = 9; τE = 0
(Weglassen von CE ). Die Zeitkonstante τT wird variiert.

x (t)
T τ T = 1,17 τ
M

1V

τ = 1,00 τ
T M
0,5V
τ T = 0,81 τ
M
τ =0
T

100 500 t (μs)

Abb. 5.10. Den schnellsten Einschwingvorgang ohne Überschwingen erhält man,


wenn die Nullstelle des Tastkopfes genau auf dem Pol des Tiefpasses liegt. Der Wert
τT = 0 liefert den prinzipiellen Zeitverlauf der Sprungantwort des Messsystems ohne
Korrekturnetzwerk.
6
Analoges Messen elektrischer Größen

Die Grundfunktionen eines Messgerätes gliedern sich in die Aufnahme der


Messgröße, die Verarbeitung des Messsignals und in die Ausgabe des Messwer-
tes (Abb. 6.1). Bei den Messgeräten zur Messung von elektrischem Strom bzw.
elektrischer Spannung unterscheidet man zwischen den klassischen elektro-
mechanischen Instrumenten mit analogen Zeigerskalen und den moderneren
elektronischen, auf digitaler Basis arbeitenden Geräten mit interner Analog-
Digital-Umsetzung und Ziffern- oder Bildschirmausgabe. Obwohl die klassi-
schen Zeigergeräte in den letzten Jahren an Bedeutung verloren haben, sollen
diese im Kap. 6.1 ausführlich beschrieben werden, da die in diesen Geräten
genutzten Wandlungsprinzipien von grundlegender Bedeutung für die Elek-
trische Messtechnik sind, insbesondere für die Sensortechnik bei der Messung
mechanischer Größen. Auf die auf digitaler Basis arbeitenden Messgeräte wird
in Kap. 11 näher eingegangen.

Abb. 6.1. Grundfunktionen eines Messgerätes

6.1 Elektromechanische Messgeräte


Elektromechanische Messgeräte beruhen auf dem Prinzip, einer zu messenden
elektrischen Größe (i. Allg. Strom oder Spannung) mit Hilfe eines geeigneten
physikalischen Effektes eine Kraftwirkung zuzuordnen. Diese Kraft wird auf

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_6
126 6 Analoges Messen elektrischer Größen

einen Zeiger übertragen, der durch eine im Allgemeinen von einer Feder er-
zeugten Gegenkraft in einer Stellung verharrt, so dass der Zeigerausschlag ein
Maß für die Messgröße darstellt, wenn möglich ihr proportional ist.

6.1.1 Drehspulmesswerk

Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter im Magnetfeld

Einer der im Bereich der Elektromechanik vielfach genutzten Effekte ist die
Kraftwirkung auf einen stromdurchflossenen Leiter im Magnetfeld. Wenn sich
ein gerader linienförmiger Leiter der Länge l, der einen Strom I führt, in
einem homogenen Magnetfeld mit der magnetischen Induktion B  befindet

(Abb. 6.2), wirkt auf ihn die mechanische Kraft F [25]

F = I(l × B)
 . (6.1)

Dabei zeigt l in die positive Stromrichtung des Leiters.

Abb. 6.2. Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter im Magnetfeld

Aufbau und Prinzip

Das Drehspulmesswerk ist ein Standardmesswerk, bei dem der eben beschrie-
bene physikalische Effekt genutzt wird, gemäß dem auf einen stromdurch-
flossenen Leiter in einem Magnetfeld eine mechanische Kraft ausgeübt wird.
Das Drehspulmesswerk besteht aus einem mit Polschuhen versehenen, festste-
henden Dauermagneten, der in Verbindung mit einem zylindrischen Weich-
eisenkern in einem begrenzten Winkelabschnitt des Luftspaltes ein radial-

homogenes B-Feld erzeugt (Abb. 6.3). Der Weicheisenkern wird von einer
drehbar gelagerten Spule mit rechteckigem Spulenrahmen und Windungszahl
N umschlossen. Die Höhe des Spulenrahmens beträgt l, seine Breite 2r. Wird
die Spule von einem Strom I durchflossen, ergibt sich die Kraftwirkung auf
einen einzelnen Leiter nach Gl. (6.1). Das auf die aus N Leiterwindungen
bestehende Spule wirkende Drehmoment M  el berechnet sich somit zu
6.1 Elektromechanische Messgeräte 127

Abb. 6.3. Drehspulmesswerk: a) Prinzipieller Aufbau, b) Schnitt durch den Spu-


lenrahmen, c) Symbol

 el = 2Nr × F
M
= 2Nr × [I(l × B)]

= 2N rIlBea , (6.2)

wobei der Einheitsvektor ea in Richtung der Drehachse zeigt. Durch eine an
der Spule angebrachte Spiralfeder (Federkonstante D) wird das Rückstellmo-
ment M mech erzeugt
 mech = −Dαea .
M (6.3)
Aus der Gleichgewichtsbedingung M  mech = 0 folgt der Winkel α, bei
 el + M
dem sich Gleichgewicht einstellt bzw. bei dem der Zeiger verharrt
2N lBr
α= I = Si I . (6.4)
D
Dabei bezeichnet Si die Stromempfindlichkeit des Drehspulmesswerkes. In
technischen Ausführungen wird anstatt der Spiralfeder oft ein Spannband
benutzt, das neben der Erzeugung des Rückstellmomentes sowohl der Strom-
zuführung als auch der reibungsarmen Lagerung der Drehspule dient.

Dynamisches Verhalten eines Drehspulmesswerkes

Für eine winkelgeschwindigkeitsproportionale Dämpfung mit dem Dämp-


fungsmoment η α̇ und dem Beschleunigungsmoment Θα̈ (das Trägheitsmoment
der Drehspule wird mit Θ bezeichnet) ergibt sich die den Winkelausschlag α
beschreibende Differentialgleichung zu

Θα̈ + η α̇ + Dα = Mel (t) , (6.5)

wobei ein Punkt über dem Formelzeichen die zeitliche Ableitung der entspre-
chenden Formelgröße nach der Zeit und zwei Punkte die zweifache zeitliche
Ableitung bedeuten. Mit den Substitutionen für die Eigenkreisfrequenz ω0 des
ungedämpften Systems
128 6 Analoges Messen elektrischer Größen

D
ω0 = (6.6)
Θ
und mit dem normierten Dämpfungskoeffizient η̃
η
η̃ = √ (6.7)
2 ΘD
ergibt sich die folgende Differentialgleichung
1 2η̃ 1
2 α̈ + α̇ + α = Mel (t) . (6.8)
ω0 ω0 D

Von den Lösungen dieser Differentialgleichung interessiert im Allgemeinen die


Antwort auf eine zeitlich sprunghaft ansteigende Eingangsgröße (Sprungant-
wort). In Abhängigkeit des (normierten) Dämpfungskoeffizienten η̃ erhält man
die normierte Sprungantwort α/α0 , wobei α0 den Ausschlag für t → ∞ be-
zeichnet (Abb. 6.4):
• keine Dämpfung (η̃ = 0)
α
= 1 − cos ω0 t (6.9)
α0
• periodische (schwingende) Einstellung η̃ < 1
α ω0 −η̃ω0 t
= 1− e cos(ωt − ϕ) (6.10)
α0 ω
mit 
ω = ω0 1 − η̃ 2 (6.11)

Abb. 6.4. Auf den Endausschlag α0 bezogene Sprungantwort eines Drehspulinstru-


mentes bei verschiedenen (normierten) Dämpfungskoeffizienten η̃
6.1 Elektromechanische Messgeräte 129

und " #
η̃
ϕ = arctan  (6.12)
1 − η̃ 2
• aperiodischer Grenzfall (η̃ = 1)
α
= 1 − e−ω0 t (1 + ω0 t) (6.13)
α0
• aperiodische (kriechende) Einstellung (η̃ > 1)
 
α 1 1 1
=1+ √ − e−t/τ1 + e−t/τ2 (6.14)
α0 2ω0 η̃ − 1 τ2 τ1
mit
1
τ1 =  (6.15)
ω0 (η̃ − η̃ 2 − 1)
und
1
τ2 =  . (6.16)
ω0 (η̃ + η̃ 2 − 1)

Dämpfung beim Drehspulmesswerk

Ein Dämpfungsmoment entsteht, wenn die durch die Drehspulenbewegung im


Magnetfeld induzierte Spannung über einen Widerstand zu einem Strom führt.
Nach der Lenzschen Regel wirkt dieser Ausgleichstrom dem Messstrom ent-
gegen und dämpft damit die Ausschlagbewegung des Zeigers. Bei einer Spule
mit Rahmenhöhe l und Windungszahl N beträgt die induzierte Spannung uind

dφ d  dA

uind = −N = −N B
dt dt
% & '
∂B
=N dA − (v × B)
 ds
A ∂t
&
= −N ωrB ds

= −2N lrB . (6.17)
dt

Dabei wurde berücksichtigt, dass ∂ B/∂t  d ist
= 0. Das Dämpfungsmoment M
dem resultierenden Strom iind proportional
 d = 2Nr × F = 2Nr × [iind (l × B)]
M  (6.18)
Md = 2N rlBiind . (6.19)

Wenn die induzierte Spannung uind den Strom iind in einem Kreis mit Wider-
stand RK hervorruft, ergibt sich das Dämpfungsmoment
130 6 Analoges Messen elektrischer Größen

1 dα
Md = (2N rlB)2 . (6.20)
RK dt
Mit
Md = η α̇ (6.21)
folgt für den (nicht-normierten) Dämpfungskoeffizienten η aus Gl. (6.5)

(2N rlB)2
η= . (6.22)
RK
Dabei setzt sich der Gesamtwiderstand des Messkreises RK , der sog. Schlie-
ßungswiderstand, aus dem Widerstand der Messspule RSP , einem eventuell
vorhandenen Abgleichwiderstand RT und dem Widerstand des äußeren Krei-
ses RA zusammen
RK = RSP + RT + RA . (6.23)
Wenn ein Abgleichwiderstand RT vorhanden ist, kann dieser bei konstan-
tem RA genutzt werden, um beispielsweise eine aperiodische Dämpfung zu
erzielen. Die kürzeste Einstellzeit wird allerdings für einen Dämpfungsgrad
η̃ < 1, also nach leichtem Überschwingen erreicht. Abbildung 6.5 zeigt die auf
die Periodendauer T0 der Grundschwingung bezogene Einstellzeit TE , die das
Messwerk nach einer Sprunganregung benötigt, um innerhalb einer Schwan-
kungsbreite von ± 1,5 % des Endausschlages zu bleiben. Die für den Wert
± 1,5 % ermittelte Zeit wird auch als Beruhigungszeit bezeichnet. Nachtei-
lig an dem eben beschriebenen Dämpfungsmechanismus ist allerdings, dass
die Größe der Dämpfung über den Schließungswiderstand RK vom jeweiligen
Widerstand RA des äußeren Kreises abhängt.

Abb. 6.5. Bezogene Einstellzeit TE /T0 als Funktion des normierten Dämpfungsko-
effizienten η̃ bei einem zulässigen Toleranzbereich von ± 1,5 % um den Endausschlag
6.1 Elektromechanische Messgeräte 131

Um diese Abhängigkeit zu vermeiden, setzt man vorzugsweise die sog. Rah-


mendämpfung ein, bei der die Spule auf einen elektrisch leitenden Alumini-
umrahmen aufgebracht wird. In dem Aluminiumrahmen werden infolge der
Drehbewegung elektrische Spannungen induziert, die im geschlossenen Rah-
men Wirbelströme zur Folge haben. In Verbindung mit dem Magnetfeld des
Permanentmagneten bilden sich infolge dieser Ströme Kräfte (Gegenkräfte)
aus, die gemäß der Lenzschen Regel so gerichtet sind, dass sie die Bewegung
bremsen und damit dämpfen. Im Allgemeinen werden Drehspulinstrumente
so ausgelegt, dass die Rahmendämpfung überwiegt, um die Dämpfungswerte
von den oben beschriebenen Einflüssen des jeweiligen Messkreises (Gln. (6.22)
und (6.23)) unbeeinflusst zu lassen.

6.1.2 Galvanometer

Spezielle Bauformen des Drehspulinstrumentes, die darauf abzielen, eine be-


sonders hohe Stromempfindlichkeit zu erreichen, werden als Galvanometer
bezeichnet. Da sie im Allgemeinen zum Feststellen der Stromlosigkeit in
Messbrücken oder Kompensatoren eingesetzt werden, benötigen Galvanome-
ter keine in Strom- bzw. Spannungswerten kalibrierte Skala. Wenn der me-
chanische Zeiger durch einen Lichtzeiger ersetzt wird, führt dies zu besonders
hoher Empfindlichkeit. Dieser Lichtzeiger besteht aus einem am Spannband
befestigten Spiegel, dessen Winkelstellung mit Hilfe eines auf ihn auftreffen-
den und aus seiner Ruhelage ausgelenkten Lichtstrahles detektiert wird (Abb.
6.6). Typische Werte für die Stromempfindlichkeit von solchen Drehspul-
Spiegelgalvanometern liegen zwischen Si = 10 mm/pA und Si = 105 mm/pA
für 1 m Lichtzeigerlänge. Die hohe Stromempfindlichkeit Si wird durch Ver-
wenden einer Feder mit kleiner Drehfederkonstante D erreicht (Gl. (6.4)).
Damit andererseits die Eigenfrequenz ω0 nicht zu klein und damit die Ein-
schwingdauer nicht zu groß werden, muss auch das Trägheitsmoment Θ gemäß
Gl. (6.6) gering gehalten werden, was durch eine Spule mit geringem Rahmen-
durchmesser erreicht wird.
Das dynamische Verhalten von Galvanometern wird durch die dämpfende
Wirkung des im Messkreis induzierten Stromes gesteuert. Für die aperiodi-
sche Dämpfung η̃ = 1 fordern die Gln. (6.7) und (6.22) einen Schließungswi-
derstand RKaper , der sich wie folgt ergibt

Abb. 6.6. Spiegelgalvanometer


132 6 Analoges Messen elektrischer Größen

2
RKaper = √ (N rlB)2 . (6.24)
ΘD
Durch eine geeignete Wahl des Abgleichwiderstandes RT kann nach Gl. (6.23)
das Galvanometer so eingestellt werden, dass sein Zeiger entweder schwingend
(RK > RKaper ) oder kriechend (RK < RKaper ) seine Endstellung erreicht. Die
Einstellung der Dämpfung von Galvanometern lässt sich gemäß Gl. (6.22) bei
entsprechenden Bauformen auch durch Verändern der magnetischen Induktion
 in Form eines veränderlichen magnetischen Nebenschlusses erreichen. Es ist
B
allerdings zu beachten, dass durch diese Maßnahmen auch die Empfindlichkeit
des Galvanometers verändert wird.

Kriechgalvanometer

Mit Hilfe eines kriechend gedämpften Galvanometers (RK RKaper ), einem


sog. Kriechgalvanometer, bei dem außerdem das Richtmoment vernachlässig-
bar klein ist (D → 0), kann ein

Spannungsstoß = u dt (6.25)

unmittelbar gemessen werden. Da wegen der kriechenden Einstellung (RK ist


sehr klein) außerdem das Beschleunigungsmoment Θα̈ vernachlässigt werden
darf, ist in diesem Fall nur das Dämpfungsmoment relevant. Aus den Gln.
(6.2) und (6.5) folgt für D = 0
Θα̈ + η α̇ = Mel (t) = 2N rlBi(t) . (6.26)
Wegen der dominierenden Spulendämpfung ergibt sich mit Gl. (6.20) aus
(2N rlB)2 2N rlBu(t)
Θα̈ + α̇ = (6.27)
RK RK
unter Vernachlässigung des Beschleunigungsmoments die Spannung zu
dα dα
u(t) = 2N lrB = cf (6.28)
dt dt
bzw. der Spannungsstoß
 t2
u(t) dt = cf [α(t2 ) − α(t1 )]
t1
= cf [α2 − α1 ] . (6.29)
Bei bekannter Flussmeterkonstante cf kann die Größe des Spannungsstoßes
unmittelbar aus der Differenz der Winkelstellungen (α2 − α1 ) des Zeigers zu
den Zeiten t2 und t1 ermittelt
werden. Eine solche Anordnung kann aufgrund
des Zusammenhanges φ = u dt zur Messung des magnetischen Flusses φ
bzw. der magnetischen Induktion unter Verwendung von Prüfspulen eingesetzt
werden.
6.1 Elektromechanische Messgeräte 133

Ballistisches Galvanometer

Das ballistische Galvanometer dient dem Zweck, die von einem Stromstoß ge-
lieferte Ladungsmenge zu messen. Dies wird dadurch erreicht, dass beim bal-
listischen Galvanometer ein im Vergleich zur Periodendauer der Messwerk-
grundschwingung zeitlich sehr kurzer Stromstoß einen Drehimpuls erzeugt.
Mit Hilfe von Gl. (6.2) lässt sich der Drehimpuls M (t) dt, welcher der Dreh-
spule durch den Stromstoß verliehen wird, wie folgt angeben
 T  T
M (t) dt = 2N rlB i(t) dt = 2N rlBQ0 . (6.30)
0 0

Q0 ist die mit dem Stromstoß zugeführte Ladungsmenge. Die Integrationszeit


T in Gl. (6.30) wird so gewählt, dass der Strompuls bei t = T bereits wie-
der abgeklungen ist. Aus diesem Drehimpuls resultiert eine Schwingbewegung
der Drehspule, die nach Gl. (6.5) beschrieben werden kann. Bei der Lösung
dieser Differentialgleichung gehen wir davon aus, dass der Drehimpuls der
Drehspule eine Anfangswinkelgeschwindigkeit α̇(t = 0) verleiht, aber bereits
zu Beginn der eigentlichen Schwingung die Anregung durch das Moment M 
wieder abgeklungen ist. Damit kann man sich auf die Lösung der homogenen
Differentialgleichung beschränken

Θα̈ + η α̇ + Dα = 0 . (6.31)

Mit den geltenden Anfangsbedingungen

α(0) = 0 (6.32)

und

1 T
α̇(0) = ω(0) ≈ ω(T ) = M (t)dt
Θ 0
1 Si DQ0
= 2N rlBQ0 = = Si ω02 Q0 (6.33)
Θ Θ
folgt als Lösung der Differentialgleichung für den aperiodischen Grenzfall

α(t) = ω(0)te−ω0 t , (6.34)

wobei ω0 die Kreisfrequenz der Grundschwingung der an der Drehfeder (Fe-


derkonstante D) aufgehängten Drehspule mit dem Trägheitsmoment Θ be-
zeichnet 
D
ω0 = . (6.35)
Θ
Es sei erwähnt, dass der Standardbetriebsfall für das ballistische Galvanome-
ter der aperiodische Grenzfall (η̃ = 1) (Gl. (6.7)) ist.
134 6 Analoges Messen elektrischer Größen

Beim ballistischen Galvanometer interessiert von der Drehbewegung im we-


sentlichen nur der sog. ballistische Ausschlag αball , welcher der ersten Schwin-
gungsamplitude entspricht. Dieses Schwingungsmaximum erhält man durch
Nullsetzen der Funktion α̇(t)

α̇(t) = ω(0)e−ω0 t (1 − ω0 t) = 0 . (6.36)

Daraus folgt, dass sich der als ballistische Ausschlag bezeichnete Maximalaus-
schlag αmax zu einem Zeitpunkt t = 1/ω0 einstellt. Der dazugehörige Winkel
αball ergibt sich zu
ω(0) Si ω 0
αball = αmax = = Q0 . (6.37)
eω0 e
Der ballistische Ausschlag ist somit proportional zur zugeführten Ladungs-
menge Q0 . Die Proportionalitätskonstante zwischen dem ballistischen Aus-
schlag αball und der Ladungsmenge Q0 wird als sog. ballistische Konstante
cball bezeichnet
e eT0
cball = = , (6.38)
Si ω 0 2πSi
wobei cball folgendermaßen definiert ist
T
Q0 = i(t)dt = cball αball . (6.39)
0

In Gl. (6.38) bezeichnen e die Eulersche Zahl (e = 2, 71828) und T0 die Peri-
odendauer der ungedämpften Messwerkgrundschwingung.

6.1.3 Elektrodynamisches Messwerk

Das elektrodynamische Messwerk besitzt, ähnlich dem Drehspulmesswerk, ei-


ne bewegliche, von einem Messstrom durchflossene Drehspule, die an einer
Drehfeder aufgehängt ist. Der Unterschied zum Drehspulmesswerk besteht
darin, dass das zur Erzeugung der mechanischen Auslenkkraft notwendige
Magnetfeld von einer zweiten, feststehenden Spule, der sog. Feldspule gelie-
fert wird. Wenn diese Feldspule einen Eisenkern besitzt, spricht man von der
sog. eisengeschlossenen Form des elektrodynamischen Messwerkes (Abb. 6.7).
Die feststehende Spule mit der Windungszahl N1 wird vom Strom I1 , die be-
wegliche mit Windungszahl N2 vom Strom I2 durchflossen. Mit dem auf die
Feldspule angewendeten Durchflutungsgesetz [25]
&
H · ds = N I (6.40)

folgt
2bL · H
 L + lFe · H
 Fe = N1 I1 , (6.41)
6.1 Elektromechanische Messgeräte 135

I1
N1
N2 b)

B feststehende
Spule

bL
I2
hochpermeabler
a) Weicheisenkern Drehspule Weicheisenkern c)

Abb. 6.7. Elektrodynamisches Messwerk (eisengeschlossen): a) Prinzipieller Auf-


bau, b) Schaltzeichen, c) Symbol für die eisengeschlossene Form

wobei bL den radialen Abstand zwischen Weicheisenzylinder und Polschuh,


lFe die Weglänge des magnetischen Feldes im Eisen, H  Fe die magnetische

Feldstärke im Eisen und HL die magnetische Feldstärke im Luftspalt bezeich-
nen. Mit B  = μH ergibt sich unter der Voraussetzung einer sehr großen Per-
meabilität des Eisenkerns (μFe μ0 ) die im Luftspalt erzeugte magnetische
Induktion B L
 L | = BL = μ0 N1 I1 .
|B (6.42)
2bL
Das Drehmoment M  el auf die vom Strom I2 durchflossene Drehspule mit der
Spulenquerschnittsfläche 2rl und der Windungszahl N2 beträgt mit Gl. (6.2)
(ea : Einheitsvektor in Richtung der Drehachse)
 
M el = 2N2r × F = 2N2r × I2 (l × B
 L)

μ0 rlN1 N2
= 2N2 rI2 lBLea = I1 I2ea . (6.43)
bL
Analog zum Drehspulmesswerk resultiert daraus für das mit einer Rückstell-
feder der Federkonstanten D ausgestattete elektrodynamische Messwerk ein
Zeigerausschlag um den Winkel α
μ0 rlN1 N2
α= I1 I2 = kI1 I2 . (6.44)
bL D
Das elektrodynamische Messwerk ist also ein multiplizierendes Instrument,
welches das Produkt zweier Ströme anzeigt. Wenn man das elektrodynamische
Messwerk mit sinusförmigen Strömen i1 (t) und i2 (t) (Kap. 6.3) derselben
Frequenz speist
136 6 Analoges Messen elektrischer Größen

i1 (t) = Iˆ1 sin ωt (6.45)


i2 (t) = Iˆ2 sin(ωt + ϕ) , (6.46)

dann ist die Anzeige zu dem Produkt der Effektivwerte und dem Cosinus des
Phasenwinkels ϕ zwischen den Strömen proportional
 T
1
α = ki1 (t)i2 (t) = k i1 (t)i2 (t) dt
T 0
 T
1
=k Iˆ1 Iˆ2 sin ωt sin(ωt + ϕ) dt
T 0
 T
k Iˆ1 Iˆ2
= Iˆ1 Iˆ2 [cos ϕ − cos(2ωt + ϕ)] dt = k cos ϕ
2T 0 2
= kI1eff I2eff cos ϕ . (6.47)

Bei der Auswertung von Gl. (6.47) wurde angenommen, dass die Trägheit des
Instrumentes so groß ist, dass es in Bezug auf die Wechselgrößen eine zeitliche
T
Mittelung vornimmt, d. h. der Term 0 cos(2ωt + ϕ) leistet keinen Beitrag
zum Zeigerausschlag α.
Das Haupteinsatzgebiet von elektrodynamischen Messwerken liegt dem-
zufolge auf dem Gebiet der Leistungsmessung. Man unterscheidet beim elek-
trodynamischen Messwerk zwei Bauformen: Das eisengeschlossene elektrody-
namische Messwerk besitzt einen hochpermeablen Eisenkern, der oft aus ge-
schichteten und isolierten Blechen aufgebaut ist, um die Wirbelstromverluste
gering zu halten. Dabei wird auch auf geringe Hystereseverluste geachtet. Die
eisengeschlossene Form ermöglicht geometrisch kleine Bauausführungen, bei
der die magnetische Induktion B  L innerhalb des Luftspaltes stets in radialer
Richtung verläuft, so dass der Übergang vom Vektorprodukt zum Skalarpro-
dukt in Gl. (6.43) analog zum Drehspulmesswerk erlaubt ist. Außerdem bleibt
der Fremdfeldeinfluss bei dieser Bauform gering.
Beim eisenlosen elektrodynamischen Messwerk nach Abb. 6.8 lässt sich

Abb. 6.8. Elektrodynamisches Messwerk (eisenlos): a) Prinzip, b) Symbol


6.1 Elektromechanische Messgeräte 137

durch geeignete Bauformen der Spulen erreichen, dass die am Spulenrahmen


in tangentialer Richtung angreifende und für die Drehbewegung maßgeben-
de Kraftkomponente (in Abb. 6.8 eingezeichnet) in einem Drehwinkelbereich
von α = ±45◦ bei konstanten Strömen I1 und I2 praktisch einen konstan-
ten Betrag hat. Denn durch spezielle Spulenformen wird gerade ein solches
Magnetfeld aufgebaut, dass die sich gemäß Gl. (6.43) ergebende Kraft eine
auf den Spulenrahmen bezogene konstante und nicht von der Winkelstellung
abhängige Tangentialkomponente aufweist. Damit ist das mechanische An-
triebsmoment und in Folge auch der Ausschlag α wiederum proportional zum
Produkt I1 I2 aus Feld- und Drehspulenstrom.
Nachdem die magnetische Induktion der Feldspulen typischerweise in der
Größenordnung B = 0, 01 T liegt, ist auf Messfehler durch Fremdfelder zu
achten, z. B. auch auf die Ausrichtung im Erdmagnetfeld (B = 10−4 T). Bei
eisenlosen Messwerken entfallen die Fehlereinflüsse infolge von Wirbelstrom-
und Hystereseverlusten, so dass sie als Präzisionsleistungsmesser eingesetzt
werden können.

6.1.4 Dreheisenmesswerk

Als physikalischen Effekt nutzt das Dreheisenmesswerk die Kraft zwischen


zwei Magnetpolen, wobei das benötigte Magnetfeld von dem zu messenden
Strom erzeugt wird. Man verwendet eine feststehende Spule, in deren Feld zwei
Eisenplättchen gleichsinnig magnetisiert werden und sich infolgedessen absto-
ßen (Abb. 6.9). Die mechanische Kraft (Kraft zwischen zwei Magnetpolen) ist
proportional dem Quadrat der von der Spule erzeugten magnetischen Induk-
tion, welche wiederum proportional dem durch die Spule fließenden Strom I
ist.

Abb. 6.9. Dreheisenmesswerk: a) Prinzip, b) Aufbau, c) Symbol


138 6 Analoges Messen elektrischer Größen

Die in der Spule mit der Selbstinduktivität L des Dreheisenmesswerks auf-


grund des Messstromes I gespeicherte magnetische Energie Emagn beträgt
1 2
Emagn = LI . (6.48)
2
Wenn das Messgerät als verlustfrei angenommen wird, entspricht die Redu-
zierung der magnetischen Feldenergie bei einer Zeigerdrehung exakt der Zu-
nahme der in der Drehfeder gespeicherten potentiellen Energie (dEmech =
−dEmagn ). Damit lässt sich das erzeugte Drehmoment M el aus der Änderung
der magnetischen Feldenergie errechnen

 el = dEmagn ea = 1 dL I 2ea .


M (6.49)
dα 2 dα
Dabei bezeichnet ea den Einheitsvektor in Richtung der Drehachse. Da der
Term dL/dα von der Winkelstellung abhängt, ergibt sich ein bauformabhängi-
ger, im Allgemeinen nichtlinearer Verlauf des Drehmoments als Funktion des
Winkels α. Mit dem durch eine Drehfeder (Drehfederkonstante D) erzeugten
Gegendrehmoment M  mech

 mech = −Dαea
M (6.50)

lässt sich der Winkel α des Zeigerausschlages für den Gleichgewichtszustand


(M  el + M
 mech = 0) angeben

1 dL 2
α= I = k(α)I 2 . (6.51)
2D dα
Durch entsprechende geometrische Formgebung der Plättchen, d. h. eine
Beeinflussung des Terms dL/dα bzw. k(α), kann eine annähernd lineare
Abhängigkeit des Ausschlags α vom Strom I erreicht werden. Bei Wechsel-
strom schwankt das Drehmoment infolge der quadratischen Abhängigkeit vom
Strom mit der doppelten Frequenz. Infolge der mechanischen Trägheit des
Messwerkes wird damit der quadratische Mittelwert, also der Effektivwert,
angezeigt. Dies kann analog zum elektrodynamischen Messwerk abgeleitet
werden (Gl. (6.47)).
Der Energieverbrauch des Dreheiseninstrumentes und damit auch seine
Rückwirkung auf den Messvorgang sind größer als beim Drehspulinstrument.
Es wird als robustes und preiswertes Betriebsinstrument vorwiegend in der
elektrischen Energietechnik eingesetzt. Bei höheren Frequenzen wird der Feh-
ler vor allem von Wirbelstromverlusten in den Blechteilen des Messwerkes
bestimmt.

6.1.5 Drehspulquotientenmesswerk (Kreuzspulmesswerk)

Beim Drehspulquotientenmesswerk, das auch als Kreuzspulmesswerk bezeich-


net wird, sind zwei Spulen mit rechteckigem Spulenquerschnitt und demselben
6.1 Elektromechanische Messgeräte 139

Kreuzspule
F1 F2

I1 I2 Permanentmagnet
N α S
B
β=90°
F2 F1 r
a) b)

Abb. 6.10. Drehspulquotientenmesswerk: a) Prinzipieller Aufbau, b) Symbol

Rahmendurchmesser (Windungszahlen: N1 bzw. N2 ; Spulenströme: I1 bzw.


I2 ) starr miteinander verbunden, so dass ihre Querschnittsebenen einen Win-
kel von β = 90◦ bilden (Abb. 6.10) . Das Magnetfeld sei homogen zwischen den
Polen N und S, was bedeutet, dass es im Gegensatz zum Drehspulmesswerk
radial inhomogen ist. Die von den Messströmen I1 und I2 hervorgerufenen
mechanischen Kräfte F1 und F2 ergeben sich zu

F1 = N1 I1 (l × B)
 (6.52)
F1 = N1 I1 lB (6.53)
F2 = N2 I2 (l × B)
 (6.54)
F2 = N2 I2 lB . (6.55)

Wenn ea den in Richtung der Drehachse der Spule zeigenden Einheitsvektor
und r den Radius der Spulenrahmen bezeichnen, folgen mit M = 2r × F die

Einzeldrehmomente M1 und M2 

 1 = 2rF1 sin α ea


M (6.56)
 2 = −2rF2 cos α ea .
M (6.57)

Nachdem Kreuzspulinstrumente keine Drehfedern zur Erzeugung der mecha-


nischen Rückstellkraft enthalten, lautet die Gleichgewichtsbedingung

M 2 = 0 .
1 +M (6.58)

Daraus folgt der Zusammenhang zwischen den Strömen I1 und I2 sowie dem
Winkel α des Zeigerausschlages
F2 N2 I2
tan α = = (6.59)
F1 N1 I1
bzw.

I2
α = arctan k . (6.60)
I1
140 6 Analoges Messen elektrischer Größen

Es ist anzumerken, dass Drehspulquotientenmesswerke nach Gl. (6.60) unmit-


telbar zur Widerstandsmessung eingesetzt werden können, da ihr Ausschlag
vom Quotient zweier Ströme bestimmt wird (Kap. 9.1.4).
Für Ausführungsformen, bei denen die Winkelstellung zwischen den beiden
Spulen nicht 90◦ sondern β beträgt, gilt
"I N #
I1 N1 + cos β
2 2

α = arctan . (6.61)
sin β

6.1.6 Drehmagnetmesswerk
Das Drehmagnetmesswerk besteht aus einer feststehenden, vom Messstrom I
durchflossenen Feldspule der Länge l und Windungszahl N (Abb. 6.11). Bei
Vernachlässigung der Streuverluste erzeugt der Strom in ihrem Inneren ein
Magnetfeld der magnetischen Feldstärke H I , die sich aus dem Durchflutungs-
gesetz berechnet
&
 s = NI
Hd (6.62)
N
HI = I. (6.63)
l

Abb. 6.11. Drehmagnetmesswerk: a) Prinzip, b) Symbol

In diesem Magnetfeld dreht sich ein Permanentmagnet. Die notwendige Rück-


stellkraft wird durch das Feld H R eines zusätzlichen permanenten Richtma-
gneten gebildet. Die magnetischen Felder der Spule (H  I ∼ I) und des Richt-

magneten (HR = const.) überlagern sich vektoriell (Abb. 6.12) und der be-
wegliche Magnet zeigt in Richtung des resultierenden Feldes, dessen Richtung
(und Stärke) vom Strom I abhängt. Der Proportionalitätsfaktor k ist wieder-
um eine Funktion des Ausschlagwinkels α, so dass die Skala nichtlinear geteilt
ist. Für obige Anordnung gilt nach Abb. 6.12
6.1 Elektromechanische Messgeräte 141

Abb. 6.12. Vektorielle Überlagerung der magnetischen Felder im Drehmagnetmess-


werk

HI N
tan α = = I. (6.64)
HR lHR
Mit der Stromrichtung ändert sich also auch das Vorzeichen des Drehwinkels,
der infolge der mechanischen Trägheit des Messwerkes letztlich ein Maß für
den zeitlichen Mittelwert (Gleichstromwert) des Spulenstromes ist.
Die Vorzüge des Drehmagnetmesswerkes liegen in seiner einfachen Kon-
struktion; so ist beispielsweise keine Stromzuführung zu den beweglichen Tei-
len notwendig, wie dies beim Drehspulmesswerk der Fall ist. Nachteilig wirkt
sich jedoch der hohe Eigenverbrauch und seine im Vergleich zum Drehspul-
messwerk geringere Empfindlichkeit aus.

6.1.7 Elektrostatisches Messwerk

Die nach dem elektrostatischen Prinzip arbeitenden Messwerke beruhen auf


der Coulombschen Anziehungskraft zwischen elektrischen Ladungen. Die elek-
trostatischen Messwerke dienen der Messung elektrischer Spannungen bzw.
Ladungen. Im allgemeinen wird eine feststehende Elektrode mit dem span-
nungsmäßig hohen Messpotential verbunden und eine mechanisch bewegliche,
meist drehbar gelagerte Elektrode auf Massepotential gelegt (Abb. 6.13).
Das aus der Coulombschen Anziehungskraft resultierende Drehmoment
M el lässt sich auf der Basis des Energieerhaltungssatzes berechnen, demzufolge
sich die Zunahme der mechanischen Energie Emech aus der Abnahme der
elektrischen Energie Eel ergibt

bewegliche Platte

α U
Δx

a) feststehende Platte (Stator) b)


Abb. 6.13. Elektrostatisches Messwerk: a) Prinzip, b) Symbol
142 6 Analoges Messen elektrischer Größen

dEmech = −dEel . (6.65)

Die elektrische Energie Eel entspricht der Energie, die im Kondensator gespei-
chert ist, während sich die mechanische aus dem Produkt von Drehmoment
M el und Drehwinkel α errechnet. Mit Gl. (6.65) folgt

1 2
Mel dα = u dC , (6.66)
2
wobei u die am Messwerk anliegende Spannung und C die Kapazität zwischen
den Elektroden bezeichnen. Infolge des mit Federkraft erzeugten Rückstellmo-
mentes
Mmech = Dα (6.67)
ergibt sich der Ausschlagwinkel α aus der Gleichgewichtsbedingung (Mmech +
Mel = 0)
1 dC 2
α= u = k(α)u2 . (6.68)
2D dα
Bei angelegter Wechselspannung zeigt das Gerät den quadrierten Effektiv-
wert der Spannung an, falls das Messwerk als mechanisch träge gegenüber
der Wechselspannungsfrequenz bezeichnet werden kann. Diese Tatsache kann
wiederum analog zu Gl. (6.47) abgeleitet werden. Durch spezielle Plattengeo-
metrien kann der Zusammenhang zwischen dem Ausschlagwinkel α und der
angelegten Spannung u linearisiert werden. Absolute elektrostatische Hoch-
spannungsmesser beruhen auf der Messung der Anziehungskraft zwischen par-
allelen Kondensatorplatten. Dabei werden Messgenauigkeiten im Bereich von
0,01 % erreicht [162].
Der ohmsche Innenwiderstand elektrostatischer Messwerke liegt in der
Größenordnung 1012 bis 1014 Ω. Die Hochfrequenztauglichkeit wird allerdings
durch den mit der Frequenz zunehmenden Blindstrom sowie den ebenfalls

Abb. 6.14. Aufbau eines elektrostatischen Messwerkes, das auf der Influenz von
Ladungen basiert.
6.1 Elektromechanische Messgeräte 143

parasitären Einfluss der Zuleitungsinduktivitäten begrenzt. Eine besondere


Bauform eines elektrostatischen Hochspannungsmesswerkes wird in Abb. 6.14
gezeigt. Es beruht auf der Influenz von Ladung auf der beweglichen Rotor-
elektrode, die über die Drehfeder geerdet ist. Die Dämpfung des Messwerkes
wird bei dieser Bauform durch Luftkammerdämpfung erzielt, also eine durch
die Bewegung der Rotorplatte hervorgerufene Strömungsdämpfung.

6.1.8 Schaltzeichen für Messgeräte

In Tabelle 6.1 sind die für den Bereich der elektromechanischen Messgeräte
wichtigsten Schaltzeichen und Symbole zusammengefasst.

Tabelle 6.1. Symbole für Messgeräte nach VDE 0410 und DIN 43802
144 6 Analoges Messen elektrischer Größen

6.2 Messung von Gleichstrom und Gleichspannung


In diesem Abschnitt wird die direkte Messung von Gleichstrom und Gleich-
spannung mit Hilfe von Strom- und Spannungs-Messwerken beschrieben.

6.2.1 Messung von Gleichströmen

Die Messung des Gleichstromes in einem Zweig eines beliebigen, aus ohmschen
Widerständen, Gleichspannungs- und Gleichstromquellen zusammengesetzten
linearen Netzwerkes kann nach dem in Abb. 6.15 gezeigten Prinzip der Er-
satzspannungsquelle ohne Einschränkung der Allgemeinheit auf das in Abb.
6.16 dargestellte Problem reduziert werden. Wenn der Messzweig aus dem Wi-
derstand RL besteht und das restliche Netzwerk durch die Spannungsquelle
(mit Leerlaufspannung UQ und Innenwiderstand RQ ) ersetzt wird, lässt sich
der zu messende Strom IL mit einem idealen, d. h. widerstandslosen (RM = 0)
Strommesser exakt bestimmen
UQ
IL = . (6.69)
RQ + RL

Bei einem realen Messgerät fließt infolge des endlichen Innenwiderstandes RM


des Messgerätes nicht mehr der ursprünglich zu messende Strom IL (wahrer

Abb. 6.15. Äquivalenz von einem Tor eines linearen Netzwerkes und einer Ersatz-
spannungsquelle bzw. einer Ersatzstromquelle
6.2 Messung von Gleichstrom und Gleichspannung 145

Abb. 6.16. Strommessung in einem Zweig eines Gleichstromnetzwerkes

Wert), sondern der geringere Strom IL

UQ
IL = . (6.70)
RQ + RL + RM

Nur für RM (RQ + RL ) wird näherungsweise der wahre Wert gemessen


(IL ≈ IL ), ansonsten führt der endliche Innenwiderstand des Messgerätes
bei der Strommessung zu einem Belastungsfehler. Dies ist ein systemati-
scher Messfehler, der sich wie folgt ermitteln lässt. Für den vereinfachten Fall
RL = 0 (Kurzschluss) berechnen sich der wahre Wert IL und der tatsächlich
gemessene Wert IL zu

UQ
IL = (6.71)
RQ
UQ
IL = . (6.72)
RQ + RM

Der relative Messfehler fI beträgt in diesem Fall also

IL − IL −1
fI = = RQ
. (6.73)
IL 1 + RM

Bei unbekanntem Innenwiderstand der Quelle RQ , muss dieser vor einer Feh-
lerermittlung bzw. -korrektur nach Gl. (6.73) ebenfalls gemessen werden. Dies
kann im (theoretisch vereinfachten) Fall durch Messung von Leerlaufspannung
UQ und Kurzschlussstrom IK der Ersatzspannungsquelle geschehen. Der In-
nenwiderstand RQ ergibt sich bei Messungen von UQ und IK mit idealen
Messwerken zu
UQ
RQ = . (6.74)
IK
Für den allgemeinen Fall RL = 0 ist RQ durch (RQ + RL ) zu ersetzen. Das
negative Vorzeichen in Gl. (6.73) bedeutet, dass infolge des systematischen
Fehlers bei der Strommessung stets ein zu niedriger Wert gemessen wird. Man
kann aus Gl. (6.73) bzw. der entsprechenden graphischen Darstellung (Abb.
6.17) als Regel ableiten, dass bei der Strommessung der Innenwiderstand
146 6 Analoges Messen elektrischer Größen

Abb. 6.17. Betrag des relativen Fehlers fI bei der Strommessung als Funktion
von RQ /RM . RM : Messgeräteinnenwiderstand, RQ : Innenwiderstand der Ersatzspan-
nungsquelle

des Messgerätes möglichst klein sein sollte. Bei bekannten Innenwiderständen


RMU bzw. RMI von Spannungs- bzw. Strommesswerk kann RQ aus der mit
 
systematischen Fehlern behafteten Spannung UQ (UQ ist der Messwert, den
ein an die Klemmen der Ersatzspannungsquelle angeschlossenes Spannungs-
 
messwerk mit Innenwiderstand RMU anzeigt) und dem Strom IK (IK ist der
Messwert, den ein an die Klemmen der Ersatzspannungsquelle angeschlosse-
nes Strommesswerk mit Innenwiderstand RMI anzeigt) ermittelt werden. Die
entsprechende Fehlerkorrektur liefert den exakten Wert von RQ

U
RMU RMI − I Q
K
RQ = UQ . (6.75)
I  − RMU
K

Messbereichserweiterung für die Strommessung

Zur Messung von Strömen, welche den Messbereich des unbeschalteten Messwer-
kes übersteigen, sind entsprechende Maßnahmen zur Messbereichserweiterung
zu treffen. Drehspulmesswerke beispielsweise haben, je nach Auslegung, End-
bereichswerte von nur IMend = 10 μA...100 mA bei einem Spannungsabfall von
UMend = 2 mV...200 mV. Praktische Messgeräte hingegen weisen mehrere um-
schaltbare Messbereiche auf, so dass auch wesentlich höhere Ströme mit ein-
und demselben Instrument gemessen werden können. Um einen Strommesser
für einen höheren Messbereich vorzubereiten, wird dem Messwerk ein Wider-
stand RP , ein sogenannter Shunt, parallel geschaltet (Abb. 6.18). Wegen der
Parallelschaltung der Widerstände RM und RP gilt
RM IM = RP IP = RP (I − IM ) . (6.76)
6.2 Messung von Gleichstrom und Gleichspannung 147

RM
IM

IP

I RP

Abb. 6.18. Messbereichserweiterung für die Strommessung

Damit kann die Dimensionierung von RP für einen geforderten Messbereichs-


endwert Iend = vi IMend nach folgender Formel erfolgen
IMend RM
RP = RM = . (6.77)
Iend − IMend vi − 1
In Gl. (6.77) bezeichnet IMend den Strom durch das Messwerk bei Vollaus-
schlag und vi den Faktor, um den der Strommessbereich erweitert wird. Ab-
bildung 6.19 zeigt die Schaltung eines Vielfachmessgerätes für Strom mit den
Messbereichsendwerten 1 mA, 10 mA und 0,1 A. Durch die gezeigte Schaltung
(Abb. 6.19) wird vermieden, dass der Kontaktwiderstand des Schalters das
Verhältnis RM /RP beeinflusst.

Abb. 6.19. Vielfachmessgerät zur Strommessung (IMend =0,1 mA; Iend = 1 mA bis
0,1 A)

6.2.2 Messung von Gleichspannungen

Messwerke, die der Strommessung dienen, können prinzipiell auch zur Span-
nungsmessung eingesetzt werden, indem der bei Anlegen einer Spannung U
an das Messwerk fließende Strom mit dem Innenwiderstand RM multipliziert
und als Spannung ausgegeben wird. Abbildung 6.20 zeigt die entsprechen-
de Messschaltung. Für eine nicht vorhandene Last (RL → ∞) kann folgende
Maschengleichung angegeben werden

IM RQ + IM RM − UQ = 0 . (6.78)

Daraus folgt
148 6 Analoges Messen elektrischer Größen

Abb. 6.20. Spannungsmessung in einem Zweig eines Gleichstromnetzwerkes

IM RM = UM = UQ − IM RQ . (6.79)
Der relative Messfehler fU (Belastungsfehler) beträgt somit
UM − UQ −1
fU = = . (6.80)
UQ 1+ R
RQ
M

Für den Fall eines endlichen Lastwiderstandes RL verringert sich der relati-
ve Messfehler fU , da anstatt RQ in Gl. (6.80) jetzt der geringere Wert der
Parallelschaltung von RQ und RL einzusetzen ist
−1 −1
fU = RM RM
= RQ +RL
. (6.81)
1+ RQ + RL 1 + RM RQ RL

Abbildung 6.21 zeigt den Betrag des relativen Messfehlers bei der Spannungs-
messung. Aus den Gln. (6.80) und (6.81) und der entsprechenden graphischen
Darstellung kann die Regel abgeleitet werden, dass bei der Spannungsmessung
der Innenwiderstand des Messgerätes möglichst groß sein sollte.

Abb. 6.21. Betrag des relativen Fehlers fU bei der Spannungsmessung als Funktion
von RM /RQ . RM Messgeräteinnenwiderstand; RQ Innenwiderstand der Quelle, deren
Leerlaufspannung gemessen wird.
6.2 Messung von Gleichstrom und Gleichspannung 149

Messbereichserweiterung für die Spannungsmessung

Durch Vorschalten eines Präzisionswiderstandes RS kann eine Erweiterung des


Spannungsmessbereiches erfolgen (Abb. 6.22). Für einen geforderten Messbe-
reichsendwert von Uend = vu UMend folgt für die Dimensionierung von RS
vu − 1
RS = RM . (6.82)
vi

Abb. 6.22. Messbereichserweiterung für die Spannungsmessung

Für den Fall, dass keine Strommessbereichserweiterung (vi = 1 bzw. RP → ∞)


vorgenommen wird, gilt
Uend
RS = (vu − 1)RM = − RM . (6.83)
IMend
Durch Vorschalten von Widerständen kann das in (Abb. 6.19) gezeigte Strom-
messgerät zu einem Universal-Vielfachmessgerät aufgerüstet werden (Abb.
6.23). Es ist anzumerken, dass der Innenwiderstand von Spannungsmess-
geräten meistens auf den Messbereichsendwert bezogen wird. Die Angabe
100 kΩ/V beispielsweise bedeutet, dass im Messbereich mit dem Endwert 10 V
der Innenwiderstand des Gerätes 1 MΩ beträgt.

Abb. 6.23. Universal-Vielfachmessgerät für Spannung und Strom


150 6 Analoges Messen elektrischer Größen

6.2.3 Gleichzeitiges Messen von Strom und Spannung

Bei der gleichzeitigen Messung von Strom und Spannung ergeben sich zusätz-
liche Fehler. Es gibt zwei Möglichkeiten der Schaltungsanordnung. Bei der
Variante nach Abb. 6.24a wird die Generatorspannung UM sowie der Last-
strom IL pseudokorrekt angezeigt, bei der Variante nach Abb. 6.24b hingegen
wird die Lastspannung UL sowie der Generatorstrom IQ pseudorichtig gemes-
sen. Der Begriff pseudokorrekt“ bzw. pseudorichtig“ soll aussagen, dass
” ”
die entsprechenden Messwerke zwar die aktuelle Messgröße richtig messen,
dass jedoch durch das Vorhandensein eines realen (nicht-idealen) Messwerkes
die ursprüngliche Messgröße infolge des oben besprochenen Belastungsfehlers
verfälscht wird.

Abb. 6.24. Gleichzeitige Messung von Strom und Spannung: a) Messung pseudo-
korrekt für Generatorspannung UM und Laststrom IL , b) Messung pseudokorrekt
für Lastspannung UL und Generatorstrom IQ

Bei den nicht pseudokorrekt“ gemessenen Größen hingegen wird noch nicht

einmal die aktuelle Größe richtig angezeigt. So wird beispielsweise bei der
Schaltungsvariante nach Abb. 6.24a die aktuelle Lastspannung UL vom Span-
nungsmesser nicht erfasst. Für die Schaltungsvariante nach Abb. 6.24a ergibt
sich folgender relativer Messfehler fIL bei der Bestimmung des Laststromes
IL
RQ RL + RMI (RMU + RQ )
fIL = − . (6.84)
RMU RQ + (RMI + RL )(RMU + RQ )
Für die Schaltungsvariante nach Abb. 6.24b hingegen errechnet sich der rela-
tive Fehler bei der Strommessung zu

RQ RL + RMI (RMU + RL )
fIL = − . (6.85)
RMU RL + (RMI + RQ )(RMU + RL )

Bei den relativen Messfehlern nach den Gln. (6.84) und (6.85) ist als wahrer
Wert stets derjenige Laststrom angenommen, welcher bei nicht vorhandenen
bzw. idealen Messgeräten fließen würde.
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 151

6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung


6.3.1 Begriffsdefinitionen

Es sei vorausgeschickt, dass die folgenden Definitionen gleichermaßen für eine


elektrische Spannung u(t) und für einen elektrischen Strom i(t) gelten. Eine
Wechselspannung u(t) mit sinusförmigem Zeitverlauf wird durch Gl. (6.86)
beschrieben, wobei U( den Scheitelwert der Wechselspannung, ω = 2πf ihre
Kreisfrequenz (Einheit (s−1 )), f die Frequenz der Wechselspannung (Einheit
(Hz)) und ϕ den Phasenwinkel (Einheit (rad)) bezeichnen

( sin(ωt + ϕ) .
u(t) = U (6.86)

In der Messtechnik sind folgende Größen von Bedeutung:


• Arithmetischer Mittelwert
 T
1
u= u(t) dt (6.87)
T 0

• Gleichrichtwert  T
1
|u| = |u(t)| dt (6.88)
T 0

• Effektivwert (quadratischer Mittelwert)




1 T 2
Ueff = u (t) dt . (6.89)
T 0

Eine Gleichspannung mit U = Ueff setzt in einem Verbraucher (ohmscher


Widerstand) die gleiche Leistung um wie die Wechselspannung mit dem Ef-
fektivwert Ueff . In den Gln. (6.87 - 6.89) versteht man unter T = 1/f die
Periodendauer der Wechselspannung (Einheit (s)). Es sei ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass obige Definitionsgleichungen auch auf nicht-sinusförmige
Zeitverläufe angewendet werden dürfen, solange das Signal periodisch ist. Sie
gelten beispielsweise auch für Wechselspannungen mit überlagertem Gleich-
anteil. Wie man den Effektivwert von Signalen ermittelt, die nicht periodisch
sind, wird in Kap. 13.4.1 behandelt. Weiterhin sind definiert:
• Scheitelfaktor

Scheitelwert (
U
Scheitelfaktor (crest factor) = C = = (6.90)
Effektivwert Ueff
• Formfaktor
Effektivwert Ueff
Formfaktor = F = = . (6.91)
Gleichrichtwert |u|
152 6 Analoges Messen elektrischer Größen

Für rein sinusförmige √
Größen beträgt der Scheitelfaktor C = 2 und der
Formfaktor F = π/(2 2) = 1, 11. Setzt sich eine Spannung uges (t) aus ei-
ner Überlagerung von n Teilspannungen ui (t) (Gleichspannungen oder Wech-
selspannungen mit sinusförmigem Zeitverlauf und Frequenzen, die in einem
ganzzahligen Verhältnis stehen) zusammen

n
uges (t) = ui (t) , (6.92)
i=1

so ergibt sich deren Effektivwert Ueffges aus der quadratischen Überlagerung


der Effektivwerte der Teilspannungen

n
Ueffges = ! 2 .
Uieff (6.93)
i=1

Dies gilt insbesondere für eine aus einem Gleich- (u ) und einem (reinen)
Wechselanteil (u∼ ) zusammengesetzte Mischgröße der Form
u(t) = u + u∼ (t) . (6.94)
Der Effektivwert des Wechselanteils U∼eff ergibt sich gemäß Definitionsglei-
chung (6.89) zu 

1 T 2
U∼eff = u (t) dt . (6.95)
T 0 ∼
Der Effektivwert der Mischspannung Ugeseff lässt sich schließlich anhand von
Gl. (6.93) berechnen 
Ueffges = u 2 + U∼eff2 . (6.96)
In diesem Zusammenhang sollen auch die folgenden Größen definiert werden:
• Schwingungsgehalt s
U∼eff
s= (6.97)
Ueffges
• Welligkeit w
U∼eff
w= . (6.98)
u
Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass alle obigen Definitionen in analoger
Weise für einen Wechselstrom i(t) gelten.

6.3.2 Gleichrichtung
Zur Messung von Wechselgrößen mit Hilfe der in der elektrischen Messtechnik
vorzugsweise eingesetzten Messwerke benötigt man Schaltungen zur Gleich-
richtung des Messstromes bzw. der Messspannung. In diesen Schaltungen ver-
wendet man heute im Allgemeinen Halbleiterdioden, die der Einweg- bzw. der
Zweiweg-Gleichrichtung der elektrischen Wechselgrößen dienen.
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 153

Einweg-Gleichrichtung

Wenn bei der Messung einer Wechselspannung eine Halbwelle unterdrückt


werden soll, so ist die Gleichrichtung mit einer einfachen Diode zu bewerk-
stelligen. Die Anordnung nach Abb. 6.25 misst den halben Gleichrichtwert
der angelegten Spannung bzw. des Stromes. Genaugenommen ist noch das
nicht-ideale Diodenverhalten in Form des Diodeninnenwiderstandes sowie der
Schwellenspannung von 0,7 V (bei Siliziumdioden) zu berücksichtigen, die im

Abb. 6.25. Messung des halben Gleichrichtwertes einer Wechselspannung mit Hilfe
eines Drehspulmessgerätes

Durchlassbetrieb stets an der Diode abfällt. Aus dem nicht-idealen Diodenver-


halten (s. dazu die Kennlinien (ideal, idealisiert und real) einer Siliziumdiode
in Abb. 6.26) resultiert das in Abb. 6.27 gezeigte Ersatzschaltbild einer Halb-
leiterdiode, das aus einer Serienschaltung von idealer Diode, Diodeninnenwi-
derstand und einer Spannungsquelle, welche die Schwellenspannung1 repräsen-
tiert, besteht. Die Schwellenspannung von typischen Siliziumdioden beträgt
ca. 0,7 V. Die Schwellenspannung von Germanium- und auch Schottky-Dioden
[183] liegen bei 0,3 V. Die parasitäre Parallelkapazität (= Sperrschichtkapa-
zität) Cg wirkt sich bei höheren Frequenzen (typischerweise oberhalb 10 kHz)
aus, indem sie die Diode für hochfrequente Ströme überbrückt und damit zum
Teil ihre Gleichrichterwirkung aufhebt.

iD iD

ideale reale idealisierte


Diode Kennlinie Kennlinie

uD 0,7 V uD

Abb. 6.26. Kennlinie einer Siliziumdiode (ideal, idealisiert und real)

1
Die Schwellenspannung wird auch als Durchlassspannung, Schleusenspannung
oder Kniespannung bezeichnet.
154 6 Analoges Messen elektrischer Größen

0,7 V
iD

Cg uD

Abb. 6.27. Ersatzschaltbild einer Siliziumdiode

Zweiweg-Gleichrichtung (Vollweg-Gleichrichtung)

Die Graetz-Schaltung (Abb. 6.28) ermöglicht die vollständige Gleichrichtung


beider Halbwellen, womit der vollständige Gleichrichtwert mit Hilfe eines
Drehspulmessgerätes gemessen wird. Bei dieser Schaltung sind stets zwei der
vier Dioden in Durchlassrichtung geschaltet, so dass die am Messgerät anlie-
gende Spannung uM im Vergleich zur Eingangsspannung u∼ um den doppelten
Wert der Diodenschwellenspannung reduziert wird (Abb. 6.28b). Bei Anliegen
der positiven Halbwelle sind die Dioden D1 und D4 leitend, während hingegen
bei der negativen Halbwelle die Dioden D2 und D3 leiten.

Abb. 6.28. a) Graetz-Schaltung zur Erfassung beider Halbwellen bei der Gleich-
richtung, b) Spannungsverlauf

6.3.3 Messung des Scheitelwertes (Spitzenwert, Peak Value)

Der Scheitelwert US (Spitzenwert, Peak Value) ist der innerhalb eines definier-
ten Zeitraumes betragsmäßig größte Wert des Signals. Bei unsymmetrischem
Kurvenverlauf gilt
US = Û = max{Û+ , Û− } , (6.99)
wobei Û+ und Û− die im positiven bzw. negativen Amplitudenbereich liegen-
den Spitzenwerte sind (Û+ ≥ 0 und Û− ≥ 0). Zur Messung des positiven
Spannungs-Scheitelwertes (Û+ ) dient die Schaltung nach Abb. 6.29. Es wird
hierbei der Ladekondensator auf den Spitzenwert der angelegten Spannung
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 155

Abb. 6.29. Schaltung zur Messung des Spannungs-Spitzenwertes (bei symmetri-


schem Spannungsverlauf)

aufgeladen und vom Messgerät gemessen. Zur Messung des negativen Spit-
zenwertes Û− muss lediglich die Diode in der Messschaltung (Abb. 6.29) um-
gepolt werden. Die durch das Messgerät verursachten Ladungsverluste werden
durch kurzzeitige Ladeströme, die je Periode einmal auftreten, ausgeglichen
(Abb. 6.30). Zur exakten Messung des Spitzenwertes werden daher vorwie-
gend Geräte mit elektronischem Eingangsverstärker eingesetzt, welche sehr
hohe Eingangsimpedanzen aufweisen.

Abb. 6.30. Spannungsverlauf bei der Spitzenwertgleichrichtung nach Abb. 6.29

Zur Messung des Spitzenwertes von Spannungen mit unsymmetrischem Kur-


venverlauf eignet sich die sog. Villard-Schaltung (Abb. 6.31), die auch als
ein-stufige Kaskadenschaltung bezeichnet wird. Die beiden Dioden laden den
Kondensator C2 auf die Summe der Beträge von positivem und negativem
Spitzenwert auf. Es handelt sich also um die Messung des Spitze-Spitze-Wertes
(Peak to Peak Value) USS

USS = Û+ + Û− . (6.100)

Die Schaltung funktioniert so, dass während der negativen Halbwelle nur
die Diode D1 leitet und den Kondensator C1 auf den negativen Spitzenwert
auflädt
156 6 Analoges Messen elektrischer Größen

Abb. 6.31. Villard-Schaltung zur Messung des Spitze-Spitze-Wertes USS (Peak to


Peak Value) bei Spannungen mit unsymmetrischem Kurvenverlauf

uC1 = Û− . (6.101)


Während der positiven Halbwelle leitet D2 und lädt die Kapazität C2 am
Ausgang auf die Spannung

uA = uC1 + Û+ = Û− + Û+ (6.102)

auf. In praktischen Schaltungen sind allerdings noch die Diodenschwellenspan-


nungen und die Entladung durch den Innenwiderstand des angeschlossenen
Spannungsmesswerkes zu berücksichtigen. Die Villard-Schaltung kann also
bei gewöhnlicher symmetrischer Eingangsspannung zur Spannungsverdopp-
lung eingesetzt werden. Sie lässt sich aber auch in Form einer mehrstufigen
Kaskadenschaltung aufbauen, so dass in jeder Stufe die Spannung verdoppelt
wird. Allerdings treten dabei relativ hohe Innenwiderstände auf.
Die in Abb. 6.32 gezeigte Delon-Schaltung eignet sich ebenfalls zur Mes-
sung des Spitze-Spitze-Wertes USS . Während der positiven Halbwelle wird C1
über D1 auf Û+ aufgeladen, während in der negativen Halbwelle die Span-
nung am Kondensator C2 auf Û− ansteigt, so dass sich als Ausgangsspannung
uA wiederum der nach Gl. (6.100) definierte Spitze-Spitze-Wert USS ergibt.
Die Delon-Schaltung wird auch als Greinacher-Schaltung oder als doppelte
Einweg-Gleichrichterschaltung bezeichnet.

Abb. 6.32. Delon-Schaltung zur Messung des Spitze-Spitze-Wertes USS


6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 157

6.3.4 Messung des Gleichrichtwertes

Prinzipiell lässt sich die Bestimmung des Gleichrichtwertes von Wechselgrößen


mit Hilfe eines Doppelweggleichrichters durchführen. Nachteilig wirkt sich al-
lerdings die Nichtlinearität der Dioden aus. Es besteht außerdem das Pro-
blem, dass die Diodenschwellenspannung zweifach vorhanden ist. Aus diesen
Gründen ist die Schaltungsvariante nach Abb. 6.34a günstiger, bei der in Reihe
mit dem Messgerät jeweils eine Diode und ein Vorwiderstand RV liegen. Der
Vorwiderstand dient der in Abb. 6.33 erläuterten Linearisierung der Kennlinie.
Da jedoch ein Teil des Stromes am Messwerk vorbeifließt, werden für Wechsel-
größen sowohl die Empfindlichkeit des Messgerätes als auch sein Innenwider-
stand geringer. Dies belegt das Beispiel eines Standard-Messgerätes, dessen
Innenwiderstand mit RM = 33 kΩ/V für Gleichstrom und RM = 10 kΩ/V für
Wechselstrom angegeben wird.

Abb. 6.33. Linearisierung einer Diodenkennlinie durch eine Serienschaltung mit


einem hochohmigen Widerstand

Bei Verwendung eines Messwandlers (Transformator mit Mittelanzapfung)


(Abb. 6.34b) kann der Nachteil der Schaltungsvariante mit Vorwiderständen
(Abb. 6.34a) vermieden werden. Die bessere Linearität erreicht man bei die-
ser Schaltung durch Hochtransformieren der Spannung (ü < 1), wodurch die
Kennlinienkrümmung der Diode einen geringeren Einfluss hat. Dies geht aller-
dings wiederum auf Kosten des Innenwiderstandes, denn der Transformator
setzt diesen um den Faktor ü2 herab (Zprimär = Zsekundär · ü2 ; ü: Übersetzungs-
verhältnis des Transformators; ü < 1, s. Abb. 6.34b). Außerdem lassen sich
158 6 Analoges Messen elektrischer Größen

RM ü:1 RM
iM iM
u u

Z primär
Z sekundär

a) b)

Abb. 6.34. Schaltungen zur Messung des Gleichrichtwertes von Spannungen: a)


Brückenschaltung mit Dioden und Widerständen, b) Transformatorbrücke

Messwandler nur zur Messung reiner Wechselspannungen (ohne Gleichanteil)


einsetzen.

6.3.5 Messung des Effektivwertes

Bei Verwendung eines Drehspulmesswerkes in Verbindung mit den oben ge-


zeigten Vollweg-Gleichrichterschaltungen misst man den Gleichrichtwert |u|
einer Spannung (bzw. eines Stromes |i|). Für einen bekannten Zeitverlauf kann
dieser Gleichrichtwert in einen Effektivwert umgerechnet werden. Bei entspre-
chender Kalibrierung zeigt das Gerät dann den im Allgemeinen interessieren-
den Effektivwert an. Meistens erfolgt diese Kalibrierung für rein sinusförmige
Zeitverläufe (Formfaktor F = 1,11). Für nicht sinusförmige Messgrößen wird
somit ein falscher Messwert angezeigt.
Das Dreheiseninstrument hingegen lässt sich unmittelbar zur Effektivwert-
messung einsetzen. Es handelt sich hierbei um einen echten Effektivwertmes-
ser, da das Messwerk die Operationen Quadrieren und Mitteln bis zu Frequen-
zen in der Größenordnung von 1 kHz ohne weitere Beschaltung durchführt. Bei
Dreheiseninstrumenten ist allerdings zu beachten, dass ihr Innenwiderstand
nicht rein ohmsch ist, sondern auch merkliche induktive Anteile enthält. Dies
kann aber durch Zuschalten von Kapazitäten für einen bestimmten Frequenz-
bereich wieder kompensiert werden.
Auch das elektrodynamische Messwerk kann zur Effektivwertmessung ein-
gesetzt werden. Zur Messung des Stromeffektivwertes werden beide Spulen des
Messwerkes in der Regel parallel- oder auch in Reihe geschaltet. Aufgrund der
mechanischen Trägheit bildet das Messwerk den Mittelwert des Stromquadra-
tes, d. h. der Ausschlagwinkel α seines Zeigers ergibt sich wie folgt

α = ki2 . (6.103)

Somit entsteht eine Anzeige, die dem quadratischen Mittelwert des Stromes
und damit dem Quadrat des Effektivwertes proportional ist. Dabei ist aller-
dings darauf zu achten, dass die Innenwiderstände beider Pfade (feststehende
Spule und Drehspule) klein gegenüber dem Widerstand des Messkreises sein
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 159

sollten, um die systematischen Belastungsfehler so gering wie möglich zu hal-


ten.

Verhalten von Standard-Zeigermesswerken bei Wechselstrom

In Tabelle 6.2 wird das Verhalten der Standard-Zeigermessgeräte im Wechsel-


stromfall zusammengefasst.

Tabelle 6.2. Das Verhalten von Standard-Zeigermessgeräten bei der Messung von
Wechselgrößen

Typ Anzeige Verwendung


Drehspulmesswerk α ∼ i(t) = ī Universelles Messwerk
(hohe Empfindlichkeit)
Drehspulmesswerk α ∼ |i(t)| ∼ |i|· Formfaktor i. Allg. werden die Geräte
mit Gleichrichter mit einem Formfaktor
F = 1, 11 für rein sinusförmige
Wechselgrößen kalibriert
elektrodynamisches α ∼ i1 (t)i2 (t) Leistungsmessung
Messwerk (Effektivwertmesser)
Dreheisenmesswerk α ∼ i(t)2 = Ieff
2
robustes
Betriebsmessgerät
(Effektivwertmesser)
 
i2 (t)
Drehspulquotienten- α = arctan const. i1 (t)
Widerstandsmessung
messwerk = Kreuz-
spulinstrument
Drehmagnetmesswerk α = arctan(const. i(t)) robustes Betriebsmessgerät

6.3.6 Messwandler

Messwandler haben die primäre Aufgabe, hohe Ströme bzw. Spannungen


auf einfach messbare Werte zu transformieren. Weiterhin werden sie aus
Sicherheitsgründen eingesetzt, wenn das Messgerät galvanisch von den span-
nungsführenden Leitern getrennt werden soll, wie z. B. bei Messungen an
Hochspannungsanlagen. Sie sind aber auch in der Lage, infolge ihrer Übertra-
gungseigenschaften bezüglich hoher (Kurzschluss-) Ströme Schutzfunktionen
auszuüben.
Messwandler sind von ihrem Aufbau her Übertrager bzw. Transformatoren,
die aus einer auf einen gemeinsamen Eisenkern gewickelten Primärspule mit
Windungszahl N1 und einer Sekundärspule mit Windungszahl N2 bestehen
160 6 Analoges Messen elektrischer Größen

Abb. 6.35. Transformator

(Abb. 6.35). Das entsprechende, aus diskreten Schaltelementen bestehende all-


gemeine Ersatzschaltbild eines Transformators wird in Abb. 6.36 gezeigt. In
diesem Ersatzschaltbild stellen die Widerstände R1 bzw. R2 die ohmschen Wi-
derstände von Primär- bzw. Sekundärwicklung dar, während R1E die Verluste
im Eisenkern beschreibt. Die Induktivitäten X1σ bzw. X2σ repräsentieren die
Streuverluste auf der Primär- bzw. Sekundärseite. X1h ist die Primärinduk-
tivität, die den Magnetisierungsstrom trägt. Für einen idealen Transformator
gilt

R1 = R2 = 0 (6.104)
X1σ = X2σ = 0 (6.105)
X1h → ∞ (6.106)
R1E → ∞ . (6.107)

Das Ersatzschaltbild beschränkt sich damit auf den idealen Übertrager mit
dem Übersetzungsverhältnis ü. Die sekundärseitig angeschlossene Lastimpe-
danz (RL , XL ) wird Bürde genannt. In Abb. 6.37 wird ein zu dem Ersatzschalt-
bild von Abb. 6.36 äquivalentes Netzwerk gezeigt. Es wurden hier jedoch alle
sekundärseitig auftretenden Größen (Ströme und Spannungen) und Elemente
auf die Primärseite umgerechnet; außerdem wurde die infolge des Übertragers
stets vorhandene Potentialtrennung zwischen Primär- und Sekundärseite nicht
berücksichtigt. Prinzipiell wäre auch ein weiteres Ersatzschaltbild denkbar, bei
dem alle primärseitigen Größen und Netzwerkelemente auf die Sekundärseite
transformiert werden.

Abb. 6.36. Ersatzschaltbild eines Transformators. Der im Ersatzschaltbild enthal-


tene Übertrager (Übersetzungsverhältnis ü: 1) weist ideale Eigenschaften auf.
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 161

Abb. 6.37. Transformator-Ersatzschaltbild, bei dem alle sekundärseitig auftreten-


den Größen und Elemente auf die Primärseite umgerechnet wurden.

Stromwandler
Beim Stromwandler wird der zu messende (Wechsel-) Strom durch die Primär-
wicklung des Transformators geschickt, während die Sekundärwicklung im
Idealfall von einem Strommesswerk kurzgeschlossen wird (Abb. 6.38). Für
einen idealen Stromwandler (Übertrager) ergibt sich das Verhältnis von Primär-
zu Sekundärstrom aus dem Übersetzungsverhältnis ü, dessen Kehrwert im
Zusammenhang mit Messwandlern meistens mit ki bezeichnet wird
I1eff N2 1
= = = ki . (6.108)
I2eff N1 ü
Der Stromwandler ist also ein sekundärseitig kurzgeschlossener bzw. nieder-
ohmig abgeschlossener Transformator, der nur aus wenigen Primärwindungen
besteht. Der Transformator ist i. Allg. so ausgelegt, dass bei primärem Nenn-
strom I1 = INenn der Sekundärstrom I2 = 5 A bzw. I2 = 1 A beträgt. Bei
hohen Primärströmen I1 > 500 A genügt primärseitig meist eine Windung.
Der Kern eines Stromwandlers ist lediglich für den relativ geringen Dif-
ferenzfluss bemessen, da der vom Primärstrom erzeugte magnetische Fluss
im Falle des niederohmigen sekundärseitigen Abschlusses bzw. Kurzschlus-
ses von dem vom Sekundärstrom herrührenden Gegenfluss kompensiert wird.
Eine Auftrennung des Sekundärkreises hätte zur Folge, dass der gesamte
Primärfluss plötzlich vom Kern aufgenommen werden müsste, was leicht zu
thermischer Überlastung führen kann. Gleichzeitig würde eine sich aus dem
Übersetzungsverhältnis ergebende hohe Spannung an den Sekundärklemmen
anliegen.

Abb. 6.38. Stromwandlerschaltung mit standardmäßiger Bezeichnung der An-


schlussklemmen. K, L: Primäranschlussklemmen; k, l: Sekundäranschlussklemmen.
162 6 Analoges Messen elektrischer Größen

Um Spannungsüberschläge und Überhitzung zu vermeiden, dürfen Strom-


wandler daher sekundärseitig nicht im Leerlauf betrieben werden. Oft werden
aus diesem Grund Überspannungsableiter an Stromwandlern angebracht. Ab-
bildung 6.39 zeigt einen handelsüblichen Durchsteck-Stromwandler. Bei dieser
Ausführungsform wird der den Messstrom tragende Leiter durch den Messum-
former gesteckt. Dabei wird der Leiter von einem Sondenkern, auf den eine
Sondenspule gewickelt ist, umschlossen. Dieses Funktionsprinzip ist prinzipiell
identisch mit dem einer Strommesszange für Wechselstrom (s. Kap. 6.3.7).

Abb. 6.39. Durchsteck-Stromwandler für Schienenmontage mit ki = 8 (s. Gl.


(6.108)) und primärseitigen Nennstrom von I1eff =40 A.

Fehler des Stromwandlers

Der Fehler des Stromwandlers ist bei gegebenem Primärstrom I1 die Abwei-
chung des mit der Nennübersetzung kNi multiplizierten Sekundärstromes I2
vom Primärstrom. Der relative Fehler beträgt
I2ist − I2soll I2eff kNi − I1eff
fi = 100% = 100% . (6.109)
I2soll I1eff
Neben diesem in Gl. (6.109) angegebenen Betragsfehler gibt es noch einen
Winkelfehler. Der entsprechende Fehlwinkel δi ist die Voreilung des Sekundär-
stromes gegenüber dem Primärstrom. Beide Fehler (Betragsfehler und Win-
kelfehler) lassen sich dem Zeigerdiagramm entnehmen, welches in Abb. 6.40
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 163

I1R1

j . I1X1σ
U1
U1h

ü. j.I2 X2 σ
ü.I2R2
I2
ü .U2 ü
δi Iμ
Iμ I1
I1h
I1E

Abb. 6.40. Zeigerdiagramm eines Stromwandlers. I μ entspricht dem Magnetisie-


rungsstrom (= Primärstrom bei sekundärseitigem Leerlauf).

gezeigt ist. Man kann diesem Diagramm auch entnehmen, dass der Fehler des
Stromwandlers mit dem magnetischen Fluss bzw. dem Magnetisierungsstrom
I μ zunimmt.
Der Magnetisierungsstrom I μ ergibt sich als vektorielle Überlagerung aus
dem eigentlichen Magnetisierungsstrom I 1h und dem entsprechenden Verlust-
strom I 1E (Abb. 6.36 und 6.37). Durch geeignete Dimensionierung und Ma-
terialauswahl wird daher versucht, den Magnetisierungsstrom klein zu halten.
Die für Stromwandler standardisierten Fehlerklassen sind in Tab. 6.3 notiert.
Die jeweilige Fehlerklasse beziffert den maximalen relativen Betragsfehler nach
Gl. (6.109) in Prozent, während der zulässige Winkelfehler von der aktuellen
Belastung durch die Bürde abhängt. Mit Hilfe der Operationsverstärkerschal-
tung nach Abb. 6.41 kann der mit dem Magnetisierungsstrom gekoppelte Fluss
annähernd zu Null abgeglichen werden, so dass die Stromwandlerfehler sehr
klein werden, wenn es gelingt, die Streuverluste sowie die Windungsverluste

Tabelle 6.3. Fehlerklassen und Winkelfehler für Messwandler bei 25 bis 100 %
Nennbürde

Stromwandler Winkelfehler Spannungswandler Winkelfehler


in Bogenminuten in Bogenminuten
Fehlerklasse bei 1 . . . 1, 2Inenn Fehlerklasse 0, 1Inenn bei 0, 8 . . . 1, 2Unenn
0,1 5 0,1 5
0,2 10 0,2 10
0,5 30 0,5 20
1 60 1 40
164 6 Analoges Messen elektrischer Größen

Abb. 6.41. Fehlerkompensierende Stromwandlerschaltung; P r: Primärwicklung;


Se: Sekundärwicklung; F ü: Fühlerwicklung; R: (rein) ohmscher Widerstand.

ebenfalls klein zu halten [174]. Der in der Schaltung verwendete ohmsche Wi-
derstand sollte eine möglichst geringe parasitäre Kapazität bzw. Induktivität
aufweisen, weil eventuelle Blindanteile einen entsprechenden Winkelfehler ver-
ursachen.

Spannungswandler

Beim Spannungswandler wird die zu messende Wechselspannung an die Pri-


märwicklung des Transformators gelegt, während an die Sekundärwicklung ein
Spannungsmesser mit sehr hohem Innenwiderstand angeschlossen wird (Abb.
6.42). Für einen idealen Spannungswandler (idealer Übertrager) ergibt sich
das Verhältnis von Primär- zu Sekundärspannung wiederum aus dem Über-
setzungsverhältnis ü, das bei Spannungswandlern meistens mit ku bezeichnet
wird
U1eff N1
= = ü = ku . (6.110)
U2eff N2
Spannungswandler sind also sekundärseitig im Leerlauf betriebene bzw. sehr
hochohmig abgeschlossene Transformatoren. Die Sekundärspannung beträgt
bei primärseitig angelegter Nennspannung im Falle standardmäßiger Ausle-
gung U2 = 100 V.

Abb. 6.42. Spannungswandlerschaltung mit standardmäßiger Bezeichnung der An-


schlussklemmen. U , V : Primäranschlussklemmen; u, v: Sekundäranschlussklemmen.
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 165

Fehler des Spannungswandlers


Der Spannungsfehler eines Spannungswandlers ist bei gegebener Primärspan-
nung U1 die Abweichung der mit der Nennübersetzung kNu multiplizierten
Sekundärspannung U2 von der Primärspannung. Der entsprechende relative
Fehler fu beträgt
U2ist − U2soll U2eff kNu − U1eff
fu = 100% = 100% . (6.111)
U2soll U1eff

Abb. 6.43. Zeigerdiagramm eines Spannungswandlers

Sowohl dieser Betragsfehler als auch der ihm zugeordnete Winkelfehler (Win-
kel zwischen dem Spannungszeiger U 1 (Primärspannung) und dem Span-
nungszeiger U 2 (Sekundärspannung)) sind dem Zeigerdiagramm des Span-
nungswandlers (Abb. 6.43) zu entnehmen. Aus dem Zeigerdiagramm ist er-
sichtlich, dass der Fehler des Spannungswandlers sowohl vom Wandler selbst
als auch von der Bürde abhängt. Denn mit Verändern der Bürde ändert sich
der Stromzeiger I 2 und somit das Teilzeigerdiagramm, bestehend aus den
Zeigern üU 2 , üI 2 R2 , jüI 2 X2σ und U 1h , und damit letztlich auch der Fehler.
Die Genauigkeitsklassen beziffern wiederum den zulässigen relativen Span-
nungsfehler fu nach Gl. (6.111) in Prozent. Der entsprechende Spannunsfehl-
winkel δu ist in Tab. 6.3 notiert.
Für Messspannungen oberhalb 200 kV verwendet man kapazitive Span-
nungsteiler, welche die Hochspannung auf etwa 10 % ihres ursprünglichen Wer-
tes herabsetzen (Abb. 6.44). Die nachgeschaltete Drossel wird so bemessen,

Spannungswandler
C1
Drossel
U1

C2 U2

Abb. 6.44. Grundschaltung des Spannungswandlers mit kapazitiver Teilung zur


Messung sehr hoher Spannungen. C1 , C2 : Hochspannungs-Kondensatoren.
166 6 Analoges Messen elektrischer Größen

dass bei Nennfrequenz im Messkreis Resonanz herrscht [166]. Die zu messen-


de Spannung U 1 und die am Spannungsmessgerät anliegende Spannung U 2
haben in diesem Fall dieselbe Phasenlage.

6.3.7 Strommesszange für Wechselstrom

Strommesszangen sind potentialfrei arbeitende Strommesser, die nach dem


Induktionsprinzip arbeiten. Es handelt sich dabei um Messsonden, die den
Messstrom führenden Leiter zangenförmig umschließen, ohne dass dabei ir-
gendein elektrisch leitender Kontakt zwischen dem Leiter und der Messein-
richtung besteht (Abb. 6.45). Sie werden daher auch als Zangenamperemeter
bezeichnet. Man setzt sie heute sowohl im Bereich der Energie- als auch der
Nachrichtentechnik ein. Während in der Energietechnik typischerweise ho-
he Ströme (bis einige kA) niedriger Frequenz (bis 10 kHz) gemessen werden,
handelt es sich bei den nachrichtentechnischen Anwendungen eher um den
umgekehrten Fall niedriger Stromwerte (ab μA) bei höheren Frequenzen (bis
1 GHz). Die heutigen Zangenamperemeter sind im Allgemeinen in der Lage,

Abb. 6.45. Strommesszange

sowohl Wechselstrom als auch Gleichstrom zu messen. Das Funktionsprinzip


ist allerdings bei Gleichstrom ein gänzlich anderes. Während Wechselstrom-
zangen nach dem Induktionsprinzip arbeiten, basieren gleichstromgeeignete
Zangen auf einem Hallsensor, der das Magnetfeld in einem hochpermeablen
Kern misst, welcher den stromführenden Leiter wie im Wechselstromfall um-
schließt. Dieser gewichtige Unterschied führt zu der hier gewählten Gliede-
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 167

rung. Wir werden im direkten Anschluss die Wechselstrommesszangen behan-


deln. Danach folgt zunächst eine allgemeine Einführung in den galvanoma-
gnetischen Effekt sowie den Aufbau von Hallelementen, bevor abschließend
die Gleichstrommesszangen besprochen werden.

Funktionsprinzip und Ersatzschaltbilder

Strommesszangen koppeln das den Wechselstrom führenden Leiter stets um-


gebende Magnetfeld rein induktiv in die Sondenspule der Strommesszange.
Abbildung 6.46 zeigt den prinzipiellen Aufbau einer Wechselstrommesszange
und Abb. 6.48 das entsprechende Ersatzschaltbild. Die an der Sondenspule ab-
greifbare elektrische Wechselspannung ist proportional zum Strom durch den
Messleiter. Diese Proportionalität folgt unmittelbar aus dem Induktionsge-
setz, das hier Anwendung findet. Es handelt sich bei der Anordnung aus Mes-
sleiter und Sondenspule nämlich um einen Übertrager oder Transformator,
dessen Grundgleichungen (Gln. (6.112) und (6.113)) und Ersatzschaltbilder
(Abb. 6.47) hier gelten [4]

U 1 = jωL1 I 1 − jωM I 2 (6.112)


U 2 = jωM I 1 − jωL2 I 2 . (6.113)

I mess

Kern

Sondenwicklung

I mess

a) ZL

I mess

rm
Kernquer-
schnittsfläche A K
b)

Abb. 6.46. Strommesszange: a) prinzipielle Anordnung [33]; b) Querschnittsgeo-


metrie.
168 6 Analoges Messen elektrischer Größen

1 L1 - M L2 - M 2
I1 I2

U1 M U2

1' 2'
Abb. 6.47. Ersatzschaltbild eines Transformators. L1 und L2 sind die Eigen-
Induktivitäten von Primär- bzw. Sekundärwicklungen. M bezeichnet die Koppel-
induktivität zwischen Primär- und Sekundärseite.

Die Primärseite des Transformators (Eigeninduktivität L1 ) wird vom Mes-


sleiter und seine Sekundärseite (Eigeninduktivität L2 ) von der Sondenspule
gebildet (s. Abb. 6.48). Die Koppelinduktivität M sorgt für die Kopplung
von Primär- und Sekundärseite. Der Kern der Sondenspule, der gleichzeitig
den Messleiter umschließt, muss hochpermeabel sein, damit das Magnetfeld,
das der Messleiter generiert, sich vollständig im Kern konzentriert. Dadurch
werden zu Messfehlern führende Streufelder vermieden.
Der Strom durch den Messleiter erzeugt in der Umgebung des Leiters ein
 bzw. H-Feldlinien
Magnetfeld, dessen B-  den Leiter konzentrisch umschließen.
Die magnetische Feldstärke H  in radialer Entfernung r lässt sich aus dem
Maxwellschen Durchflutungsgesetz berechnen

 I
|H(r)| = . (6.114)
2πr
Aufgrund seiner hohen Permeabilität konzentriert sich das Magnetfeld auf
den Kern der Sondenwicklung. In dieser wird nach dem Induktionsgesetz eine
Spannung induziert, die dem Messstrom proportional ist. Wenn die Sonden-

I mess
L1 - M L2 - M

ZE M UL ZL

Messleiter
I mess

Abb. 6.48. Ersatzschaltbild einer Strommesszange, das aus konzentrierten Ele-


menten besteht. L1 ist die Eigeninduktivität des stromführenden Messleiters, M
die Koppelinduktivität und L2 die Eigeninduktivität der Stromzangenwicklung. Z E
die Lastimpedanz am Messort der Zange und Z L ist die Lastimpedanz des an die
Sondenwicklung angeschlossenen Spannungsmessgerätes.
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 169

spule (Kernquerschnittsfläche AK ) N Windungen aufweist, wird die Spannung


  
u0 (t) =  ds = −N ∂Φ = −N
E μ0 μrK
∂H 
dA (6.115)
L ∂t AK ∂t

induziert, wobei E die induzierte elektrische Feldstärke, L die Gesamtlänge


der Spulenwindungen, Φ den magnetischen Fluss, AK die Querschnittsfläche
und μ0 μrK die Permeabilität des Sondenkerns bezeichnen.
Infolge der Annahme sinusförmiger Zeitabhängigkeit lässt es sich die zeit-
liche Ableitung durch eine Multiplikation mit jω im Komplexen ersetzen

( jω .
= (6.116)
∂t
Daraus folgt für die komplexe Amplitude U 0 der induzierten (Leerlauf-) Span-
nung (s. auch Abb. 6.49)

Z i = jωL 2

U0= jωΜΙ mess UL ZL

Abb. 6.49. (Sekundärseitiges) Ersatzschaltbild einer Strommesszange. Z i = jωL2


wird auch als Schleifenimpedanz der Strommesszange bezeichnet. Z L stellt die La-
stimpedanz dar.


U0 = −  A
jωN μ0 μrK Hd  ≈ −jωN μ0 μrK H AK = −jωM I
m mess . (6.117)
AK

Dabei approximiert man das Integral in Gl. (6.117) durch die mittlere Induk-
tion B m bzw. die mittlere magnetische Feldstärke H m (s. auch Abb. 6.46b)
μ0 μrK
B m = μ0 μrK H m = I . (6.118)
2πrm mess
Die Koppelinduktivität M ergibt sich demnach wie folgt
μ0 μrK AK
M =N . (6.119)
2πrm
Die Messspannung U L lässt sich anhand von Abbildung 6.49 angeben. Sie
beträgt
ZL
UL = jωM I mess . (6.120)
Z L + jωL2
170 6 Analoges Messen elektrischer Größen

Um die Lastimpedanz Z E am Messort der Zange zu ermitteln, verwenden wir


die Ersatzschaltbilder aus Abbildung 6.48 bzw. 6.50. Die Impedanz ergibt sich
demnach zu
ω2M 2
Z E = jωL1 + . (6.121)
Z L + jωL2
Dabei ist L1 die primärseitige Eigeninduktivität, d. h. die Eigeninduktivität
des Messleiters, wenn sich die Zange am Messort befindet.

I mess 1 2

ZE UL ZL
I mess

1' 2'
Abb. 6.50. Transformatoren-Ersatzschaltbild einer Strommesszange. Z E bezeichnet
die Lastimpedanz der Strommesszange am Messort.

Übertragungsfaktor der Strommesszange (Transferimpedanz)

Der Übertragungsfaktor einer Strommesszange ist das Verhältnis aus der an


der Sondenspule induzierten Spannung und dem Messstrom
UL
Z Tr = . (6.122)
I mess

Da dieser Übertragungsfaktor die Einheit einer Impedanz trägt, wird er auch


als Transferimpedanz Z Tr bezeichnet. Infolge der Spannungsteilung an Z L
und jωL2 (s. Abb. 6.49) ergibt sich die Transferimpedanz zu (s. auch Gl.
(6.120))
UL jωM Z L
Z Tr = = . (6.123)
I mess Z L + jωL2
In Abhängigkeit der Lastimpedanz Z L (s. Abb. 6.49) unterscheidet man fol-
gende Fälle:
• 1. hochohmige Last Z L :
Die Transferimpedanz hat (zeitlich gesehen) differenzierenden Charakter
(Anstieg von 20 dB/Dek. im Bodediagramm, s. Kap. 3.13)

|Z L | ωL2 → Z Tr = jωM . (6.124)

• 2. niederohmige Last Z L :
Die Transferimpedanz ist frequenzunabhängig (ebener Verlauf ohne Stei-
gung im Bodediagramm)
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 171

M
|Z L | ωL2 → Z Tr = Z . (6.125)
L2 L
Insgesamt ergibt sich der typische Hochpasscharakter (Abb. 6.51) mit einer
3 dB-Eckfrequenz fg von
1 |Z L |
fg = , (6.126)
2π L2
d. h., wenn |Z L | kleiner wird, verringert sich auch fg .
Dies bedeutet, dass bei höherer Belastung (d. h. Z L wird kleiner) die Eck-
frequenz sinkt. Der von Stromzangen prinzipiell nutzbare Frequenzbereich
geht von der Rauschgrenze, die stets im differenzierenden Bereich liegt, bis
zu dem Resonanzbereich, der an den konstanten Frequenzgang oberhalb der
Eckfrequenz anschließt. Diese Resonanzen lassen sich nicht mehr anhand des
Ersatzschaltbildes (Abb. 6.48) beschreiben. Zur Erklärung dieses Phänomens
sei auf weiterführende Literatur verwiesen [119]. Abbildung 6.51 zeigt die
Transferimpedanz einer typischen Strommesszange. Im Allgemeinen wird man
bestrebt sein, den frequenzunabhängigen mittleren Teil oberhalb der Grenz-
frequenz fg für die Strommessung zu nutzen.

Z Tr

1000
Ω
100

10

0,1
1 10 100 1000
MHz
Frequenz

Abb. 6.51. Transferimpedanz einer Strommesszange [50]

Einfügeimpedanz einer Strommesszange

Die Strommesszange hat infolge der induktiven Kopplung zwischen ihrer Son-
denspule und dem Messleiter eine Rückwirkung auf die Strombelegung des
Leiters. Die Stärke dieser Rückwirkung lässt sich an der Größe der sog.
Einfügeimpedanz ablesen. Die Einfügeimpedanz Z ins der Strommesszange
entspricht der Impedanz Z E der Zange am Messort minus der Eigenimpedanz
des Messleiters Z 10 = jωL10
172 6 Analoges Messen elektrischer Größen

ω2M 2
Z ins = Z E − Z 10 = jωL1 + − jωL10 (6.127)
Z L + jωL2

mit (s. Gl. (6.119))


μ0 μrK AK
M =N . (6.128)
2πrm
Abbildung 6.52 zeigt die Einfügeimpedanz einer typischen Strommesszange.

Z ins

10
Ω
1

0,1

0,01

0,001

100 1k 10 k 100 k 1 M 10 M Hz 1G
Frequenz

Abb. 6.52. Einfügeimpedanz einer Strommesszange [100]

6.3.8 Hallelement (Galvanomagnetischer Effekt)

Der Halleffekt (galvanomagnetischer Effekt) wurde vom amerikanischen Phy-


siker Edwin Herbert Hall im Jahre 1879 entdeckt und ist eine Folge der Lor-
entzkraft. Bewegt sich nämlich ein geladenes Teilchen mit der Ladung q und

der Geschwindigkeit v in einem Magnetfeld der magnetischen Flussdichte B,
so wirkt auf dieses die mechanische Kraft (Lorentzkraft)

FL = Fmag = q(v × B).


 (6.129)

Diese Kraft bewirkt eine Ablenkung der Ladungsträger und führt in einem
Hallelement (Abb. 6.53) zu einer Ansammlung von Ladungsträgern bzw. einer
Aufladung der Hilfselektroden, was wiederum ein elektrisches Feld E H normal
zum Geschwindigkeitsvektor v zur Folge hat. Dieses elektrische Feld übt nun
seinerseits wiederum die Kraft

Fel = q E
H (6.130)
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 173

äußeres Magnetfeld b
B d

J EH _
+
Sensorelektrode
UH ez
ey

I ex

Abb. 6.53. Hallelement (Hallsensor)

auf die Ladungsträger aus. Der Gleichgewichtszustand stellt sich für

Fmag + Fel = 0 (6.131)

ein.
Mit dem in Abb. 6.53 eingeführten Koordinatensystem und der Festlegung
von Elektronen als Ladungsträger (q = −e0 ; mit der Elementarladung e0 ) gilt

Fmag = −e0 vB(−ey × ez ) = e0 vBex (6.132)


Fel = −e0 E
H . (6.133)

Mit Hilfe der Gleichgewichtsbedingung (Gl. (6.131))

 H + e0 vBex
0 = −e0 E (6.134)

H
berechnet sich das im Hallelement einstellende maximale elektrische Feld E
zu
 H = vBex .
E (6.135)
Nun kennt man noch den Zusammenhang zwischen der Geschwindigkeit v der
Ladungsträger und der elektrischen Stromdichte J

J = −e0 nv = e0 nvey , (6.136)

wobei n die Ladungsträgerdichte bezeichnet, d. h. die Anzahl der freien La-


dungsträger pro Volumeneinheit. Drückt man den Betrag der elektrischen
 durch den Strom I aus
Stromdichte |J|

 = I
|J| , (6.137)
bd
so erhält man unter Berücksichtigung von Gl. (6.135) den folgenden Ausdruck
H
für die elektrische Feldstärke E

 H = 1 I Bex .
E (6.138)
ne0 bd
174 6 Analoges Messen elektrischer Größen

Die an den (Sensor-)Elektroden messbare Hallspannung beträgt somit

2
UH =  H ds = 1 1 IB = RH 1 IB .
E (6.139)
ne0 d d
1

Dabei bezeichnet man den materialabhängigen Wert 1/(ne0 ) als Hallkonstante


1
RH = + . (6.140)
ne0
Man erkennt, dass für eine große Hallkonstante und somit eine hohe Empfind-
lichkeit die Anzahl der Ladungsträger gering sein muss. Damit kommen für
diesen Effekt nicht Metalle, sondern in erster Linie Halbleiter in Frage, wie
die folgende Gegenüberstellung zeigt:
Kupfer : n = 8, 7 · 1022 1/cm3
Silizium : n = 1, 5 · 1010 1/cm3 .
Ein Hallsensor liefert gemäß Gl. (6.139) eine Ausgangsspannung UH , die di-
rekt proportional der magnetischen Induktion B ist, welche ihn in senkrechter
Richtung durchsetzt. Allerdings hängt diese Hallspannung auch von der Um-
gebungstemperatur ab. Dies ist darauf zurückzuführen, dass wiederum die
Ladungsträgerbeweglichkeit und damit die Hallkonstante RH z. T. stark von
der Temperatur abhängig ist. In Tab. 6.4 findet man die Kennwerte von ty-
pischen Hallelementen.

Tabelle 6.4. Kennwerte von typischen Hallelementen

Type KSY10 SV200 Erklärung


Material GaAs InAs
KH in V/AT 170-230 > 10 Leerlaufempfindlichkeit (=UH /(BI))
IN in mA 5 20 Nennstrom
UH in mV bei B=0,5 T 25 > 100 Hallspannung
R1 in kΩ 1 60 Bahnwiderstand im Strompfad
R2 in kΩ 1 60 Bahnwiderstand im Spannungspfad
α in %/K -0,05 -0,1 Temperaturkoeffizient

Abbildung 6.54 zeigt schematisch die Feldverteilung in einem Hallelement.


Bei nicht vorhandenem Magnetfeld (Bz = 0) handelt es sich um den Stan-
dardfall, dass die Strombahnen auf kürzestem Wege von der Elektrode 1 zur
Elektrode 2 verlaufen. Die Äquipotentiallinien verlaufen in vertikaler Rich-
tung (y-Richtung). Bei eingeschaltetem Magnetfeld (Bz = 0) hingegen wirkt
die Lorentzkraft und es kommt zu Feldverzerrungen. Die Äquipotentiallini-
en verlaufen schräg, so dass an direkt gegenüberliegenden Punkten (dort, wo
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 175

Ua

UH

Äquipotentialflächen
ohne / mit Magnetfeld
1 ΘH
Elektrode
+ + + + + + + + + +
E ax
Fläche A jn
I
_ _ _ _ _ _ _ _ _ _
Elektrode 2 EH
ΘH E
Potentialdifferenz der
Äquipotentiallinien = Hallspannung Beispiel:
n-Halbleiter

x
B
Abb. 6.54. Verlauf der Äquipotentiallinien mit und ohne äußeres Magnetfeld. ΘH
ist der Hallwinkel.

die Sensorelektroden angebracht sind) eine Hallspannung anliegt. Da die bei-


den stromzuführenden Elektroden 1 und 2 aufgrund ihrer (idealen) Leiterei-
genschaften Äquipotentialflächen darstellen, kommt es in ihrer Nähe zu einer
weiteren Feldverzerrung. Der in Abb. 6.54 eingezeichnete Hallwinkel lässt sich
wie folgt berechnen
H|
|E
ΘH = arctan . (6.141)
 ax |
|E
Die Feldstärke E  in einem Hallelement ergibt sich aus der Überlagerung der
Feldstärke E ax , die durch die an die stromzuführenden Elektroden angelegte
äußere Spannung entsteht, mit der Feldstärke aufgrund des Halleffektes, der
Hallfeldstärke E  H , die Gesamtfeldstärke

 =E
E  ax + E
H = E
 ax − v n · B
z , (6.142)
dr

n
wobei vdr die Driftgeschwindigkeit der (negativen) Ladungsträger darstellt.
Der sog. Hallwinkel ΘH ist der Winkel zwischen dem resultierenden elektri-
schen Feld E und dem von außen angelegten Feld E  ax .
Eine typische Anwendung von Hallelementen ist die Messung von Gleich-
strömen mit Hilfe von Strommesszangen.
176 6 Analoges Messen elektrischer Größen

6.3.9 Strommesszange für Gleichstrom

Da das Induktionsprinzip wegen der fehlenden Zeitabhängigkeit nicht genutzt


werden kann, erfordert das Messen von Gleichströmen mittels Zangenam-
peremeter einen Sensor, der in der Lage ist, das vom Messleiter erzeugte

statische B-Feld in eine proportionale Messspannung umzuwandeln. Stan-
dardmäßig geschieht dies mit Hilfe der im vorhergehenden Abschnitt beschrie-
benen Hallelemente, die sehr wohl in der Lage sind, auch zeitlich konstante
Magnetfelder zu bestimmen. Dazu wird das Hallelement in den bei einem
bestimmten Umfangswinkel in radialer Richtung geschlitzten Sondenkern ein-
gebracht (s. Abb. 6.55). Aufgrund der im Vergleich zur Luftumgebung sehr ho-
hen Permeabilität des Kerns konzentriert sich auch hier (wie schon beim nicht
geschlitzten Sondenkern der Wechselstromsonde) das vom Strom im Messlei-
ter erzeugte Magnetfeld im Kern. Die Feldlinien der magnetischen Induktion
 verlaufen wie schon bei der Wechselstromsonde (s. Kap. 6.3.7) im Sonden-
B
kern prinzipiell in Umfangsrichtung. Aufgrund der Stetigkeitsbedingungen von
Magnetfeldern an permeablen Grenzschichten gehen die in normaler Richtung

aus der Sondenfläche austretenden B-Linien 
kontinuierlich in die B-Linien des
Luftspaltfeldes bzw. in das das Hallelement durchdringende Magnetfeld über.
Der in den Sondenkern eingebrachte Schlitz nimmt das Hallelement so auf,

dass das B-Feld das Hallplättchen in senkrechter Richtung durchsetzt. Die
Öffnung im Kern sollte möglichst klein gehalten werden, damit keine nen-
nenswerten Streufelder seitlich austreten können.
Geht man wie schon beim Wechselstromzangenamperemeter von einer
mittleren magnetischen Induktion |B  |=B
m m

Feldlinien der
magnetischen
Induktion B IS
Wicklungen zur Hallelement
Erzeugung des
Kompensationsflusses

I mess IH

stromführender Leiter
RM

UM
IS

Abb. 6.55. Prinzip einer Gleichstrommesszange mit Kompensationsprinzip nach


[158]. Die Messspannung UM ist proportional zum Messstrom Imess .
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 177
μ0 μrK
B m = μ0 μrK H m = I (6.143)
2πrm mess
aus, so lässt sich die Hallspannung nach Gl. (6.139) ermitteln

RH RH μ0 I mess
UH = IH B m = IH . (6.144)
d d 2πrm
Damit ist die Hallspannung proportional zum Messstrom. Bei der Messung
können aber verschiedene Fehler auftreten. Neben dem Erdmagnetfeld, das
die Genauigkeit im Allgemeinen negativ beeinflussen wird, verfälscht auch die
Temperaturempfindlichkeit des Hallelementes die Messung. Eine Möglichkeit,
die Messgenauigkeit zu erhöhen, besteht in der Anwendung des Kompensati-
onsprinzips (s. auch Kap. 9.2). Dazu wird im Sondenkern ein dem Magnetfeld
des Messstromes entgegengesetztes Magnetfeld erzeugt. Die Stärke des Gegen-
feldes entspricht genau der des primären Feldes, so dass das Magnetfeld im
Sondenkern zu Null abgeglichen wird. Da somit die Hallspannung stets Null
ist, geht beispielsweise auch der (temperaturempfindliche) Hallwiderstand RH
nicht mehr in die Messgenauigkeit ein. Um das Gegenfeld im Sondenkern zu er-
zeugen, wird eine Kompensationsspule auf den Kern gewickelt (s. Abb. 6.55),
die von einem geregelten Strom beschickt wird. Die Kompensationsschaltung
besteht aus dem Hallelement, dessen Hallspannung auf Null abgeglichen wird,
und einem Operationsverstärker, dessen Differenzeingangsspannung im einge-
regelten Zustand ebenfalls Null ist. Der Ausgangsstrom IS des Operations-
verstärkers wird durch die Kompensationswicklung geschickt und erzeugt das
Gegenfeld. Dieser Strom ist proportional zum Messstrom. Er wird mit Hil-
fe des Shunt-Widerstandes in eine Messspannung UM umgesetzt. Diese ist
die Ausgangsgröße der Gesamtanordnung und ein originalgetreues Abbild der
Messgröße, d. h. UM ∼ Imess .
7
Messverstärker

Um mit Messgeräten auch Spannungen und Ströme messen zu können,


die unterhalb der Ansprechempfindlichkeit des Messwerkes liegen, werden
Messverstärker eingesetzt. Sie wandeln die zu messende Spannung bzw. den zu
messenden Strom in ein proportionales Signal höherer Amplitude um. Dabei
werden folgende Eigenschaften der Messverstärker gefordert:
• geringe Rückwirkung auf die Messgröße
• Signaltreue (Linearität)
• hohe Amplitudendynamik
(niedriges Eigenrauschen, geringe Verzerrungen bei großen Amplituden)
• ausreichende Bandbreite
(Ausgangssignal muss dem Eingangssignal zeitlich folgen können)
• eingeprägtes Ausgangssignal (Spannung oder Strom).
Während man in der klassischen Messtechnik versucht hat, die Rückwirkungs-
freiheit einer Messung durch Kompensationsverfahren zu erreichen, bedient
sich die elektronische Messtechnik dazu eines Messverstärkers mit geeigneter
Eingangs- bzw. Ausgangsimpedanz. So kann beispielsweise die bei der Span-
nungsmessung stets vorhandene Belastung eines Messkreises infolge der endli-
chen Innenimpedanz des Messgerätes und der daraus resultierende Messfehler
durch die Verwendung eines Messverstärkers mit sehr hohem Eingangswider-
stand i. Allg. soweit reduziert werden, dass sie nicht mehr stört.
Elektronische Verstärkerschaltungen werden weiterhin eingesetzt, um die
in Form elektrischer Signale vorliegenden Messwerte in analoger Form weiter-
zuverarbeiten. So werden beispielsweise Verstärker verwendet, um Messwerte
zu addieren, subtrahieren, multiplizieren, logarithmieren, integrieren oder zu
differenzieren. Bei der Realisierung elektronischer Messverstärker werden, ab-
gesehen von Anwendungen im Bereich sehr hoher Frequenzen (> 150 MHz)
oder hoher Spannungen (> 150 V), heute vorwiegend integrierte Operati-
onsverstärkerschaltungen eingesetzt. Diese Operationsverstärker (Operational
Amplifier, OpAmp) dienen dabei nicht nur als reine Messverstärker sondern

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_7
180 7 Messverstärker

auch als universelle Grundbausteine der gesamten analogen Signalverarbei-


tung. Abbildung 7.1 zeigt die standardmäßig verwendeten Schaltsymbole für
elektronische Messverstärker.

Eingang Ausgang Eingang Ausgang


a)

uE uA uE uA uE uA

b)

Abb. 7.1. Schaltsymbole für elektronische Messverstärker: a) allgemeine Symbole,


b) massebezogene Darstellungen (allgemein, nicht-invertierend, invertierend)

7.1 Operationsverstärker

7.1.1 Idealer Operationsverstärker

Abbildung 7.2 zeigt das Schaltbild eines (idealen) Operationsverstärkers. Er


besitzt stets einen invertierenden mit  N bzw.  − gekennzeichneten und einen
mit  P bzw.  + gekennzeichneten nicht-invertierenden Eingang sowie einen
Ausgang. Sowohl die beiden Eingangsklemmen als auch die Ausgangsklem-
me bilden mit der Masseleitung jeweils ein elektrisches Tor. Das wichtigste
Kennzeichen eines (idealen) Operationsverstärkers ist, dass die Eigenschaf-
ten des mit ihm realisierten Verstärkers nur durch die äußere Beschaltung
des Operationsverstärkerbausteins festgelegt werden, welche i. Allg. auf rein
passiven Bauelementen basiert. Ein idealer Operationsverstärker ist äquiva-
lent einer spannungsgesteuerten Spannungsquelle mit der Leerlaufspannungs-

N iN

iA
uD
uN u DV0
P iP
uA
uP

Abb. 7.2. Ersatzschaltbild eines (idealen) Operationsverstärkers


7.1 Operationsverstärker 181

verstärkung V0 → ∞. Für die Ausgangsspannung uA gilt allgemein (Abb. 7.2)


uA = V0 uD = V0 (uP − uN ) . (7.1)
Die Eingangsströme iN bzw iP des idealen Operationsverstärkers sind Null
iN = iP = 0 . (7.2)
Infolgedessen muss für den Eingangswiderstand rE , der bei einem realen Ope-
rationsverstärker zwischen P - und N -Eingang liegt (Abb. 7.3),
rE → ∞ (7.3)
gelten. Der Ausgangswiderstand rA (Widerstand in Serie zur spannungsge-
steuerten Spannungsquelle, s. Abb. 7.3) beträgt wie bei einer idealen Span-
nungsquelle
rA = 0 . (7.4)
Weiterhin sind beim idealen Operationsverstärker alle Eigenschaften frequenz-
und temperaturunabhängig.

+UB
iN
u gl Vgl
u DV0 rA iA
u'D UD0 rE uD
iP
uN
uA
uP r gl r gl -UB

I N0 I P0

Abb. 7.3. Kleinsignal-Ersatzschaltbild eines realen Operationsverstärkers

7.1.2 Realer Operationsverstärker


In Abb. 7.3 wird das Schaltbild und in Abb. 7.4 die Kennlinie der Leerlauf-
verstärkung eines realen Operationsverstärkers gezeigt. Genauer gesagt han-
delt es sich dabei um einen dahingehend idealisierten Operationsverstärker,
dass er innerhalb seiner Aussteuerungsgrenzen (uAmin ≤ uA ≤ uAmax )
lineare Übertragungseigenschaften aufweist (s. Kennlinie der Leerlaufspan-
nungsverstärkung in Abb. 7.4). Die maximale und die minimale Ausgangs-
spannung uAmax bzw. uAmin liegen bei Standard-Operationsverstärkern be-
tragsmäßig etwa um 1 bis 3 V unter der Betriebsspannung ±UB des Ope-
rationsverstärkers. Die wesentlichen Unterschiede zum idealen Operations-
verstärker sind: a) Der Eingangs- und der Ausgangswiderstand nehmen end-
182 7 Messverstärker
uA
+UB
u Amax

UD0 uD
u Amin
-UB

Abb. 7.4. Kennlinie der Leerlaufverstärkung eines Operationsverstärkers


(gestrichelt: mit Offsetspannung)

liche Werte an: rE ≈ 1 MΩ bis 1 TΩ; rA ≈ 2 Ω bis 100 Ω, b) der reale


Verstärkungsgrad liegt zwischen 104 ≤ V0 ≤ 107 . Für den realen Operations-
verstärker sind die im Kap. 7.1.3 enthaltenen wichtigen Kenngrößen definiert.
Zum Verständnis dieser Kenngrößen ist die Erläuterung der Funktionsweise
einer Rückkopplungsschaltung, und im speziellen Fall die Funktion einer Ge-
genkopplungsschaltung, gemäß Abb. 7.5 notwendig. Eine solche Gegenkopp-
lungsschaltung enthält einen Verstärker mit der Leerlaufverstärkung V0 , ein
Rückkoppel-Netzwerk mit der Übertragungsfunktion Vg , welche im allgemei-
nen Fall frequenzabhängig sein kann, und einen Subtrahierer. Die Ausgangs-
spannung uA lässt sich anhand von Abb. 7.5 wie folgt angeben

uA = V0 uD = V0 (uE − uA Vg ) . (7.5)

Daraus folgt für die Gesamtverstärkung V


uA 1
V = = 1 . (7.6)
uE V0 + Vg

Im Falle eines idealen Verstärkers (V0 → ∞) ergibt sich die Gesamtverstärkung


der Gegenkopplungsschaltung zu
1 1
lim V = lim 1 = . (7.7)
V0 →∞ V0 →∞ Vg + V0
Vg

Die Gegenkopplungsschaltung aus Abb. 7.5 lässt sich für den Fall einer
sehr hohen Verstärkung (V0 → ∞) (Gl. (7.7)) durch einen invertierenden

V0
uD
uE uA

Vg
Rückkoppel-Netzwerk

Abb. 7.5. Gegenkopplungsschaltung


7.1 Operationsverstärker 183

Verstärker nach Abb. 7.6 realisieren, wenn die Leerlaufverstärkung des dort
verwendeten Operationsverstärkers ebenfalls gegen einen unendlich hohen
Wert strebt. Da bei einem Operationsverstärker die Eingangsströme idealer-
weise verschwinden (iP = iN = 0), ergibt sich aus der Schaltung nach Abb. 7.6

i1 + i2 = 0 . (7.8)

Zwei im Schaltbild (Abb. 7.6) vorgenommene Maschenumläufe ergeben wei-


terhin

uE = R1 i1 − uD (7.9)
uA = R2 i2 − uD = V0 uD . (7.10)

R2 i2

i1 R1 iN
uD V0
uE uA

Abb. 7.6. Invertierende Verstärkerschaltung

Aus den Gln. (7.8 - 7.10) folgt die Gesamtverstärkung V

uA −R R2
1
V = = R2
. (7.11)
uE 1 + V10 (1 + R1 )

Für einen idealen Operationsverstärker (V0 → ∞) folgt für die Gesamtverstär-


kung V schließlich
uA R2
lim V = =− . (7.12)
V0 →∞ uE R1
Ein Koeffizientenvergleich zwischen den Gln. (7.7) und (7.12) liefert die Be-
ziehung zwischen der Übertragungsfunktion Vg des Rückkoppel-Netzwerkes
(Abb. 7.5) und den Werten R1 und R2 der ohmschen Widerstände der Ope-
rationsverstärkerschaltung nach Abb. 7.6
R1
Vg = − . (7.13)
R2
Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass die in Gl. (7.13) angeführte Verstär-
kung Vg des Rückkoppel-Netzwerkes nur dann mit der aus Gl. (7.6) bzw.
Gl. (7.7) identisch ist, wenn V0 einen sehr hohen Wert annimmt.
Für die Analyse von Operationsverstärkerschaltungen in Gegenkopplung
(Rückkopplung vom Ausgang auf den invertierenden Eingang) ist es sinnvoll,
184 7 Messverstärker

die Differenzeingangsspannung uD zu betrachten. Ausgehend von Gl. (7.5)


ergibt sich
uE
uD = . (7.14)
V0 Vg + 1
Wird nun wiederum eine sehr hohe Leerlaufverstärkung (V0 → ∞) angenom-
men, so verschwindet die Differenzeingangsspannung
uE
lim = lim uD = 0 . (7.15)
V0 →∞ V0 Vg + 1 V0 →∞

Die verschwindende Differenzeingangspannung uD (auch als virtueller Kurz-


schluss bezeichnet) erleichtert die Analyse von Operationsverstärkerschaltun-
gen in Gegenkopplung erheblich. Man sollte sich aber darüber bewusst sein,
dass uD = 0 eine Idealisierende Annahme darstellt, deren Gültigkeit sicher-
gestellt sein muss. Für ein großes, aber endliches V0 darf beispielsweise Vg in
Gl. (7.15) nicht zu klein gewählt werden, um uD = 0 zu gewährleisten.

7.1.3 Definitionen von Operationsverstärker-Kenngrößen

Im Folgenden werden die wichtigsten Kenngrößen von Operationsverstärkern


bzw. Operationsverstärkerschaltungen beschrieben. Die verwendeten Größen-
bezeichnungen beziehen sich auf die in Abb. 7.2 und Abb. 7.3 gezeigten Er-
satzschaltbilder von idealem und realem Operationsverstärker sowie die in
Abb. 7.5 gezeigte Gegenkopplungsschaltung.
• Leerlaufspannungsverstärkung (open loop voltage gain) V0
Es handelt sich hierbei um die Differenzverstärkung der offenen Schleife,
d. h. des nicht-rückgekoppelten, unbeschalteten Operationsverstärkers.
∂uA
V0 = (7.16)
∂uD

- ideal: V0 → ∞
- real: 104 ≤ V0 ≤ 107
• Leerlaufspannungsverstärkungsmaß V0 [dB]


∂uA
V0 [dB] = 20 lg V0 = 20 lg (7.17)
∂uD

- ideal: V0 → ∞
- real: 80 dB ≤ V0 ≤ 140 dB
• Gleichtaktspannung (common mode voltage) ugl
Die Gleichtaktspannung entspricht dem arithmetischen Mittel der beiden
Eingangsspannungen uN und uP
uP + uN
ugl = . (7.18)
2
7.1 Operationsverstärker 185

• Gleichtaktspannungsverstärkung (common mode voltage gain) Vgl


Bei einem realen Operationsverstärker erscheint die um den Faktor Vgl ver-
stärkte Gleichtaktspannung Ugl am Ausgang

∂uA
Vgl = . (7.19)
∂ugl

- ideal: Vgl = 0
- real: Vgl ≈ 1
• Gleichtaktunterdrückung (common mode rejection ratio) CMRR


V0
CMRR [dB] = 20 lg (7.20)
Vgl

- ideal: CMRR → ∞
- real: CMRR ≈ 100 dB

• Verstärkung der geschlossenen Schleife (closed loop voltage gain),


Gesamtverstärkung V
Es handelt sich hierbei um die Gesamtverstärkung V des rückgekoppel-
ten Verstärkers nach Abb. 7.5 (die Übertragungsfunktion des Rückkoppel-
Netzwerkes wird mit Vg bezeichnet)

∂uA
V = (7.21)
∂uE
- ideal (V0 → ∞):
1
V = (7.22)
Vg
- real (Gl. (7.6)):
V0
V = (7.23)
1 + Vg V0
• Übertragungsfunktion (frequency response) G(ω)
Die komplexe Übertragungsfunktion G(ω) von Operationsverstärkerschal-
tungen, die auch als Übertragungsfaktor bezeichnet wird, entspricht der
komplexen Verstärkung, d. h. dem Verhältnis der in Zeigerform darge-
stellten Ausgangsspannung U A zur Differenzeingangsspannung U D . Die-
se Übertragungsfunktion lässt sich für reale Operationsverstärker nach
Gl. (7.24) approximieren

U A (ω) V
G(ω) = =  0  . (7.24)
U D (ω) ω
1 + j ω1 1 + j ωω2

G(ω) entspricht also der Übertragungsfunktion eines Tiefpasses mit den


beiden Eckfrequenzen ω1 und ω2 (ω2 > ω1 ) [165]. Dies bedeutet, dass
186 7 Messverstärker

der Betrag der Übertragungsfunktion ab der Frequenz ω1 = 2πf1 mit


20 dB/Dekade (= ( 6 dB/Oktave) und ab der Frequenz ω2 = 2πf2 mit
40 dB/Dekade (= ( 12 dB/Oktave) fällt. Der Wert V0 stellt die Gleichspan-
nungsverstärkung dar. Bei unbeschalteten Operationsverstärkern liegt f1
typischerweise im Bereich einiger Hertz, während f2 der oberen Grenzfre-
quenz des unbeschalteten Operationsverstärkers entspricht. Abbildung 7.7
zeigt den Frequenzgang der Leerlaufverstärkung des Universal-Operations-
verstärkers vom Typ μA 741 nach Betrag und Phase (Tiefpass-Eckfrequen-
zen: f1 ≈ 10 Hz und f2 ≈ 5 MHz).

|G(w)| [dB] j (°)

120 0

80 -45
-90
40
-135
0
-20 -180
100 102 104 106 f (Hz) 100 102 104 106 f (Hz)
a) b)
Abb. 7.7. Frequenzgang der Leerlaufspannungsverstärkung des Operations-
verstärkers μA 741 (UB = ±15 V) bei einer Temperatur von 25◦ C: a) Betrag,
b) Phase

• Gleichtakteingangswiderstand (common mode input resistance)


Der Gleichtakteingangswiderstand rgl wird wie folgt berechnet

∂ugl
rgl = 1 (7.25)
2 ∂(iP+ iN )

- ideal: rgl = ∞
- real: rgl = 1 GΩ . . . 100 TΩ
• Differenzeingangswiderstand (differential input resistance) rE
Da im Allgemeinen der Gleichtaktwiderstand rgl groß ist gegenüber dem
Differenzeingangswiderstand rE (rgl rE ), gilt folgende Definitionsglei-
chung für den Differenzeingangswiderstand
∂uD
rE = (7.26)
1
2 ∂(iP− iN )

- ideal: rE = ∞
- real: rE = 1 MΩ . . . 1 TΩ
• Ausgangswiderstand (output resistance) rA
7.1 Operationsverstärker 187

∂uA 
rA = − (7.27)
∂iA  uD =const.

- ideal: rA = 0
- real: rA = 2 Ω . . . 100 Ω
• Eingangsfehlspannung (input offset voltage), Offsetspannung UD0
Durch nicht-identische Eingangstransistoren des bei Operationsverstärkern
stets vorhandenen Differenzeingangsverstärkers [182] wird auch für uN =
uP = 0 beim realen Operationsverstärker eine Ausgangsspannung uA = 0
erzeugt. Jene Spannungsdifferenz UD0 , welche am Eingang angelegt wer-
den muss, um die Ausgangspannung auf Null abzugleichen, wird als Ein-
gangsfehlspannung oder als Eingangs-Offsetspannung UD0 bezeichnet. Sie
erscheint im Schaltbild des realen Operationsverstärkers als Spannungs-
quelle am Eingang (Abb. 7.3).
- ideal: UD0 = 0
- real: UD0 = 0, 5 μV . . . 5 mV
• Gesamtausgangsspannung (output voltage) uA
Die Gesamtausgangsspannung uA ergibt sich als Überlagerung aus der ver-
stärkten Leerlauf-Differenzeingangsspannung uD , die um die Offsetspan-
nung UD0 vermindert wird, und der mit der Gleichtaktverstärkung multi-
plizierten Gleichtaktspannung
uD = uP − uN (7.28)
uA = V0 uD + Vgl ugl = V0 (uD − UD0 ) + Vgl ugl (7.29)
= V0 (uP − uN − UD0 ) + Vgl ugl (7.30)
• Versorgungsspannungsunterdrückung (power supply rejection
ratio) PSRR
Die Versorgungsspannungsunterdrückung ist ein Maß dafür, welchen Ein-
fluss eine Spannungsschwankung der Versorgung auf die Ausgangsspan-
nung hat

∂uA
PSRR [dB] = −20 lg (7.31)
∂uB
- ideal: PSRR → ∞
- real: PSRR ≈ 100 dB
• Grenzfrequenz (cutoff frequency) fg , Bandbreite (bandwidth)
Die 3-dB-Grenzfrequenz fg ist jene Frequenz, bei der die Verstärkung ge-
genüber√ ihrem Gleichspannungswert um 3 dB (entspricht einem Faktor
von 1/ 2) gesunken ist. Diese obere Grenzfrequenz, die im Allgemeinen der
Bandbreite des Verstärkers entspricht, ist von der äußeren Beschaltung des
Operationsverstärkers abhängig. Für unbeschaltete Operationsverstärker
liegt sie bei einigen Hertz (Abb. 7.7).
• Anstiegsgeschwindigkeit (slew rate) SR
Die Anstiegsgeschwindigkeit (Einheit V/μs) entspricht der zeitlichen Ablei-
tung der Ausgangsspannung im Großsignalbetrieb bei Anlegen eines Span-
nungssprunges am Eingang
188 7 Messverstärker


∂uA
SR = (7.32)
∂t max

- ideal: SR → ∞
V V
- real: SR = 0, 5 μs . . . 10.000 μs
• Eingangsruhestrom (input bias current) IB
Die Eingangstransistoren eines Operationsverstärkers weisen grundsätzlich
Basis- bzw. Gateströme auf. Selbst bei Operationsverstärkerschaltungen
mit einer sog. inneren Bias-Stromversorgung sind die Ströme IN und IP
noch ungleich Null und müssen durch die äußere Beschaltung aufgebracht
werden. Trotz des möglichst symmetrischen Aufbaus der meisten Diffe-
renzeingangsstufen ist darüber hinaus IN = IP . In Datenblättern sind
stets die Mittelwerte von IN und IP sowie der Betrag ihrer Abweichungen
voneinander angegeben. Für den mittleren Eingangsruhestrom (Biasstrom,
Input Bias Current) IB gilt dabei folgende Definition
IN0 + IP0
IB = (7.33)
2
- ideal: IB = 0
- real: IB = 3 fA(FET) . . . 1 μA (bipolar, in Sonderfällen bis 25 μA)
• Eingangsfehlstrom (input offset current), Offsetstrom ID0
Der Offsetstrom ID0 eines Operationsverstärkers entspricht der Differenz
der Eingangsruheströme IN0 und IP0

ID0 = IN0 − IP0 (7.34)

- ideal: ID0 = 0
- real: ID0 = 1 fA ... 20 nA
• Offsetspannungsdrift (offset voltage drift)
Die Offsetspannungsdrift beschreibt die Abhängigkeit der Offsetspannung
UD0 von der Temperatur ϑ
∂UD0
(7.35)
∂ϑ
- ideal: 0
- real: 0, 01 μV/◦C . . . 15 μV/◦ C
• Eingangsstromdrift
Die Eingangsstromdrift beschreibt die Temperaturabhängigkeit des Ein-
gangsstromes 
∂(iP , iN ) 
(7.36)
∂ϑ uN =const.,uP =const.
- ideal: 0
- real: 10 fA/◦ C . . . 1 μA/◦ C
• Verstärkungs-Bandbreite-Produkt (gain bandwidth product) V fg
Wichtiger noch als der reine Verstärkungsfaktor ist das sogenannte Ver-
stärkungs-Bandbreite-Produkt fg0 V0 , welches bei Universaltypen bei etwa
7.1 Operationsverstärker 189

V0 fg0 = 106 Hz liegt und bei auf hohe Bandbreite ausgerichteten Operati-
onsverstärkern bis zu 3 · 109 Hz reicht. Durch eine Gegenkopplungsschal-
tung gemäß Abb. 7.5 wird der effektive Verstärkungsfaktor V und die effek-
tive Grenzfrequenz fg der Messschaltung eingestellt. Das Produkt aus Ver-
stärkungsfaktor V und Bandbreite bzw. Grenzfrequenz fg ist für Grenz-

V
V0
1

0,1

0,01 f g0 fg
0,01 0,1 1 10 100 f
f g0

Abb. 7.8. Zusammenhang zwischen Grenzfrequenz und Verstärkungsfaktor eines


Operationsverstärkers (Konstanz des Verstärkungs-Bandbreite-Produktes V fg )

frequenzen oberhalb von fg0 (fg > fg0 ) bei einem bestimmten Operations-
verstärkertyp stets ein konstanter Wert (Abb. 7.8)

V fg = V0 fg0 . (7.37)

• Transitfrequenz (unity gain bandwidth) fT


Die Transitfrequenz fT ist jene Frequenz, bei der die Leerlaufspannungs-
verstärkung auf 0 dB abgesunken ist.
In Tabelle 7.1 sind die Leistungsdaten einiger kommerziell erhältlicher Opera-
tionsverstärker zusammengefasst. Diese Zusammenstellung enthält neben den
beiden Universaltypen (μA 741, TL 081) Operationsverstärker, die im Hin-
blick auf bestimmte Leistungsdaten optimiert wurden, wie z. B. hohe Transit-
frequenz und hohe Slew-Rate (LMH5401), geringes Rauschen (AD797) oder
hohe Ausgangsspannung (PA99).
Anmerkung zu Tabelle 7.1:
Rail to Rail heißt, dass der jeweilige Operationsverstärker bezüglich Eingangs-
spannung (IN) bzw. Ausgangsspannung (OUT) bis an die Grenzen der Be-
triebsspannung betrieben werden kann [182].
190 7 Messverstärker

Tabelle 7.1: Leistungsdaten kommerziell erhältlicher Operations-


verstärker

Bezeichnung μA 741 TL 081 LM324 LMH5401


Hersteller Philips TI NXP TI
OPV-Typ Urvater Universal Low Cost High Slew-Rate
J-FET Universal
UD0 ± 1 mV 3 mV ± 2 mV ± 0,4 mV
IB 80 nA 30 pA 45 nA ∼ 1 mA
ID0 20 nA 5 pA ± 5 nA
rgl 2 MΩ 1012 Ω 4,6 kΩ
V0 200 V/mV 200 V/mV 100 V/mV
CMRR 90 dB 86 dB 85 dB 72 dB
SR 0,5 V/μs 13 V/μs 0,3 V/μs 17,5 kV/μs
fT 1 MHz 3 MHz 1 MHz 8 GHz
ts ∼ 1 μs ∼ 0,2 √
μs ∼ 12 μs√ 1 ns √
u-Rauschen 18 nV Hz 40 nV/ Hz 1,25 nV/ Hz
bei 1 kHz√ 1 kHz > 10 MHz

i-Rauschen 10 fA HZ 3,5 pA/ Hz
bei 1 kHz > 200 MHz
Iout ∼ 10 mA ∼ 50 mA ± 8 mA 50 mA
Ub max ± 18 V ± 18 V ± 16 V 5,25 V
Preis ca. 0,3 EUR 0,2 EUR 0,15 EUR 20,00 EUR

Bezeichnung ACPL-790B ADA4528 AD797 LTC2053


Hersteller Avago Analog Devices Analog Devices Linear Tech.
OPV-Typ Galvanische Zero Drift Ultralow Noise Instrumenten-
Trennung verstärker
UD0 ± 0,4 mV 0,3 μV 25 μV -5 μV
IB -0,1 μA 220 pA 250 nA 4 nA
ID0 440 pA 100 nA 1 nA
rgl 27 kΩ 225 kΩ 7,5 kΩ
V0 1 V/V 140 dB 20 V/μV
CMRR 76 dB 158 dB 130 dB 113 dB
SR 0,45 V/μs 20 V/μs 0,2 V/μs
fT 200 kHz 3 MHz 110 MHz 200 kHz
ts 2,6 μs 7 μs √ 800 ns √ √
u-Rauschen SNR: -62 dB 5,5 nV/ Hz 0,9 nV/ Hz 2,5 μV/ Hz
bei 1 kHz √ 1 kHz √ DC - 10 Hz
i-Rauschen 0,7 pA/ Hz 2 pA/ Hz
bei 1 kHz 1 kHz
Iout 11 mA ± 30 mA 50 mA ∼ 1 mA
Ub max 5,5 V +6 V ± 18 V ± 5,5 V
Rail to Rail IN + OUT IN + OUT
Preis ca. 7 EUR 3 EUR 10 USD 8 EUR
7.1 Operationsverstärker 191

Bezeichnung PA52 PA99A MCP6441 LM4702


Hersteller Apex Apex Microchip TI
OPV-Typ High Output High Output Low Power Audioendstufen
Current Voltage 450 nA Driver
UD0 5 mV 2 mV ± 4 mV 10 mV
IB 10 pA 50 pA ± 1 pA 500 nA
ID0 10 pA 5 pA ± 1 pA
rgl 100 GΩ 100 GΩ 10 TΩ 50 kΩ
V0 102 dB 117 dB 110 dB 93 dB
CMRR 100 dB 134 dB 76 dB
SR > 50 V/μs 30 V/μs 3 V/ms 15 V/μs
fT 3 MHz 28 MHz 9 kHz
ts 1 μs √
u-Rauschen 10 μV RMS 2 μV RMS 190 nV/ Hz 150μV
bei 100 kHz BW 20 kHz BW 1 kHz √ 0-30kHz√
i-Rauschen 0,6 fA/ Hz 1,1 pA/ Hz
bei 1 kHz
Iout 40 A 50 mA ±3 mA 5,5 mA
Ub max ± 100 V ± 1250 V +6 V ±100 V
Rail to Rail IN + OUT
Preis ca. 550 EUR 900 EUR 0,75 EUR 15 EUR

Bezeichnung LMC6041 LTC6090 MAX4223 TLC081


Hersteller National Linear Maxim TI
Technology
OPV-Typ Ultralow Bias High Voltage Current R/R Low cost
Feedback
UD0 1 mV 300 μV 0,5 mV 390 μV
IB 2 fA 3 pA 4 μA 2 pA
ID0 1 fA 0,5 pA 3 pA
rgl > 10 TΩ 45 Ω 1 TΩ
V0 120 dB 10 kV/mV 120 dB
CMRR 75 dB 140 dB 61 dB 110 dB
SR 0,02 V/μs 21 V/μs 1100 V/μs 16 V/μs
fT 75 kHz 12 MHz 1 GHz 10 MHz
ts 200 μs √ 2 μs √ 8 ns 180ns √
u-Rauschen 83 nV/ Hz 14 nV/ Hz 12 nV/ Hz
bei 1 kHz √ 1 kHz√ 1 kHz √
i-Rauschen 0,2 fA/ Hz 1 fA/ Hz 0,6 fA/ Hz
bei 1 kHz 1 kHz
Iout 22 mA 50 mA 80 mA 55 mA
Ub max 15,5 V 140 V ± 6V ± 17 V
Rail to Rail OUT OUT
Preis ca. 2 EUR 10 EUR 9 EUR 2 EUR
192 7 Messverstärker

7.1.4 Operationsverstärker-Grundschaltungen

Ein Operationsverstärker kann durch entsprechende äußere Beschaltung in


sehr vielfältiger Weise für Messaufgaben eingesetzt werden. Im Folgenden wer-
den verschiedene Standard-Operationsverstärkerschaltungen vorgestellt, wo-
bei jeweils das Verhältnis von Ausgangsgröße (i. Allg. die Ausgangsspannung
uA ) zu Eingangsgröße (i. Allg. die Eingangsspannung uE ) angegeben wird.
Die Beziehung zwischen Ausgangs- und Eingangsgröße lässt sich leicht ablei-
ten, wenn man den Operationsverstärker in der folgenden Weise idealisiert:
Eingangswiderstand rE → ∞, Eingangsströme iN = 0 bzw. iP = 0, Leer-
laufverstärkung V0 → ∞. Wird der Operationsverstärker in Gegenkopplung
betrieben, kann zudem uD = 0 angenommen werden, (siehe Kap. 7.1.2) Die
Auswertung der aus dem jeweiligen Schaltbild resultierenden Knoten- und
Maschengleichungen liefert dann unmittelbar den gesuchten mathematischen
Zusammenhang zwischen Ausgangs- und Eingangsgröße.

Invertierender Verstärker

Der invertierende Verstärker wurde bereits in Kap. 7.1.2 besprochen (s.


Abb. 7.6). Für einen idealen Operationsverstärker ergibt sich das Verhältnis
von Ausgangsspannung uA zur Eingangsspannung uE zu (s. Gl. (7.12))

uA R2
=− . (7.38)
uE R1

Invertierer

Der reine Invertierer (Abb. 7.9) hat die Aufgabe, die Polarität der Eingangs-
spannung am Ausgang umzukehren

uA = −uE , (7.39)

was dadurch erreicht wird, dass beim invertierenden Verstärker (Abb. 7.6) die
Widerstände R1 und R2 identisch gewählt werden.

Abb. 7.9. Grundschaltung des Invertierers


7.1 Operationsverstärker 193

Nicht-invertierender Spannungsverstärker

Der nicht-invertierende Spannungsverstärker (Abb. 7.10) behält die Polarität


der Eingangsspannung bei und erlaubt die Einstellung des Verstärkungsfak-
tors über die Widerstandskombination R1 und R2
uA R2
=1+ . (7.40)
uE R1

Abb. 7.10. Nicht-invertierender Spannungsverstärker

Addierender Verstärker

Der addierende Verstärker (Abb. 7.11) addiert die Eingangsspannungen und


dreht die Polarität nach der Summenbildung um. Mit Hilfe der Widerstands-
werte R1 und R2 lassen sich die Eingangsspannungen u1 und u2 mit Gewichts-
faktoren versehen


u1 u2
uA = iG R3 = −(i1 + i2 )R3 = − + R3 . (7.41)
R1 R2
Im Allgemeinen wählt man R1 = R2 = R3 , so dass eine ungewichtete Sum-
menbildung erzielt wird
uA = −(u1 + u2 ) . (7.42)

Abb. 7.11. Addierender Verstärker


194 7 Messverstärker

Subtrahierender Verstärker

Der subtrahierende Verstärker (Abb. 7.12) erlaubt die Differenzbildung der


beiden Eingangsspannungen u1 und u2 . Für beliebige Widerstandswerte lassen
sich wiederum Gewichtsfaktoren einstellen
R4 (R1 + R3 ) R3
uA = u2 − u1 . (7.43)
R1 (R2 + R4 ) R1

Für den Fall R1 /R3 = R2 /R4 ergibt sich die gewünschte Subtraktion der
Eingangsspannungen mit zusätzlicher Verstärkung um den Faktor R3 /R1

R3
uA = (u2 − u1 ) . (7.44)
R1
Für den reinen Subtrahierer wählt man R1 = R2 = R3 = R4 , so dass unge-
wichtet subtrahiert wird
uA = u2 − u1 . (7.45)

Abb. 7.12. Subtrahierender Verstärker

Impedanzwandler

Mit Hilfe des Impedanzwandlers (Abb. 7.13), der auch als Spannungsfolger
bezeichnet wird, werden Quellen mit hohem Innenwiderstand an Schaltungen
mit niedrigem Widerstand angepasst. So kann beispielsweise an hochohmigen
Schaltungen mit weniger hochohmigen Messwerken rückwirkungsfrei gemessen
werden. Die Eingangsspannung erscheint dabei unverändert am Ausgang

uA = uE . (7.46)
7.1 Operationsverstärker 195

Abb. 7.13. Impedanzwandler

Integrierender Verstärker

In der analogen Signalverarbeitung ist der auf einem Operationsverstärker


basierende Integrierer (Integrator) eines der zentralen Elemente. Der inte-
grierende Verstärker (Abb. 7.14) bildet das zeitliche Integral einer Eingangs-
spannung. Für den Fall, dass der Anfangswert der Ausgangsspannung uA zu
Beginn der Integration den Wert Null annimmt, folgt
   t
1 t 1 t 1
uA = iG dt = − iE dt = − uE dt . (7.47)
C 0 C 0 RC 0

Abb. 7.14. Integrierende Operationsverstärkerschaltung

Differenzierender Verstärker (Prinzip)

Der differenzierende Verstärker (Abb. 7.15) hat die Aufgabe, die Eingangs-
spannung uE zeitlich zu differenzieren
duE
uA = iG R = −iE R = −RC . (7.48)
dt

Abb. 7.15. Prinzip einer differenzierenden Operationsverstärkerschaltung


196 7 Messverstärker

Differenzierender Verstärker (praktische Realisierung)

Die Schwingneigung der Prinzipschaltung nach Abb. 7.15 kann vermieden wer-
den, wenn die modifizierte Differenzierer-Schaltung nach Abb. 7.16 verwendet
wird. Die reine Differenzierung der Eingangsspannung erreicht man durch die
Wahl entsprechender Zeitkonstanten R1 C1 und R2 C2 . Denn wählt man diese
so klein, dass die höchste in der Eingangsspannung enthaltene Signalfrequenz
ω klein ist gegenüber den Kehrwerten der beiden Zeitkonstanten
1
ω (7.49)
R1 C1
1
ω , (7.50)
R2 C2
folgt wiederum
duE
uA = −R2 C1 . (7.51)
dt
Eine modifizierte Operationsverstärkerschaltung eines Differenzierers wird in
[102] behandelt.

Abb. 7.16. Differenzierende Operationsverstärkerschaltung (technisch verwendbar)

Logarithmierender Verstärker mit Diode

Eine die Eingangsspannung logarithmierende Operationsverstärkerschaltung


enthält eine Diode im Rückkoppelzweig (Abb. 7.17). Mit der für den Durch-
lassbereich vereinfachten (Diodensperrstrom IS Diodenstrom iD ) Dioden-
kennlinie iD = f (uD )
uD
iD = IS e mUT (7.52)
folgt unter Berücksichtigung der Knotengleichung iD = iE die Ausgangsspan-
nung uA als logarithmierte Eingangsspannung uE


iE uE
uA = −mUT ln = −mUT ln für uE > 0 . (7.53)
IS IS R
7.1 Operationsverstärker 197

Dabei bezeichnen IS den temperaturabhängigen Sperrstrom der Diode, m =


1...2 den stromabhängigen Korrekturfaktor und UT die Temperaturspannung
der Diode
kT
UT = , (7.54)
e0
die bei einer Temperatur T = 25◦ C einen Wert von UT = 25, 7 mV aufweist.
In Gl. (7.54) wurden folgende Bezeichnungen verwendet: die Boltzmann-Kon-
stante k = 1, 38 · 10−23 Ws/K, die absolute Temperatur T (K) und die Ele-
mentarladung e0 = 1, 6 · 10−19 As.

Abb. 7.17. Logarithmierende Operationsverstärkerschaltung mit Diode

Logarithmierender Verstärker mit Transistor

Der Einfluss des stromabhängigen Korrekturfaktors m (Gl. (7.53)) lässt sich


umgehen, wenn man statt der Diode einen Transistor gemäß Abb. 7.18 ein-
setzt. Für den Kollektorstrom iC gilt bei kleinem Kollektorsperrstrom ICS
(ICS iC )
uBE
iC = ICS e UT , (7.55)
wobei uBE die Basis-Emitter-Spannung und UT die Temperaturspannung be-
zeichnen.

Abb. 7.18. Prinzipschaltung eines Logarithmierers mit Operationsverstärker und


einem Transistor im Rückkoppelzweig

Für die Ausgangsspannung uA des Logarithmierers folgt daraus für uE > 0


198 7 Messverstärker


uE
uA = −UT ln . (7.56)
RICS
e-Funktionsgenerator

Wenn man in der logarithmierenden Operationsverstärkerschaltung (Abb.


7.19) Widerstand und Transistor vertauscht, invertiert man die mathema-
tische Operation des Logarithmierens, d. h. der natürliche Logarithmus aus
Gl. (7.56) geht über in eine Exponentialfunktion. Für uE < 0 kann die Aus-
gangsspannung wie folgt angegeben werden

uA = RiC = RICS e−uE /UT . (7.57)

Abb. 7.19. Einfacher e-Funktionsgenerator

Komparator ohne Hysterese

Ein unbeschalteter Operationsverstärker, wie er in Abb. 7.20 gezeigt wird,


stellt einen Komparator ohne Hysterese dar. Seine Ausgangsspannung läuft
für positive Eingangsspannungen uD > 0, d. h. u1 < u2 , auf ihren positiven
Grenzwert uAmax
uA = +uAmax für u1 < u2 . (7.58)
Umgekehrt wird für eine negative Differenzeingangsspannung uD < 0, d. h.
u1 > u2 , der negative Grenzwert erreicht, der dem positiven mit umgekehrtem
Vorzeichen entspricht

uA = −uAmax für u1 > u2 . (7.59)

Abb. 7.20. Komparator ohne Hysterese


7.1 Operationsverstärker 199

Invertierender Komparator mit Hysterese (Invertierender


Schmitt-Trigger)

Bei einem Komparator mit Hysterese, der auch als invertierender Schmitt-
Trigger bezeichnet wird, gibt es im Gegensatz zu einem Komparator ohne
Hysterese zwei Schaltschwellen, die im Folgenden mit uEauf und uEab bezeich-
net werden. Dieses Schaltverhalten wird über eine Mitkopplung des Kompa-
rators erreicht (Abb. 7.21a), d. h. ein Teil der Ausgangsspannung uA wird
mit Hilfe des aus R1 und R2 bestehenden Spannungsteilers auf den nicht-
invertierenden Eingang des Operationsverstärkers zurückgekoppelt. Bei ver-
nachlässigbarer Differenzeingangsspannung liegt die Eingangsspannung uE am
Widerstand R1 des Spannungsteilers an, so dass unter Berücksichtigung der
Tatsache, dass die Ausgangsspannung infolge der Mitkopplung nur die Werte
+uAmax bzw. −uAmax annehmen kann, die Schaltschwellen uEauf bzw. uEab
(Abb. 7.21b) wie folgt hergeleitet werden können

R1
uEauf = −uAmax , (7.60)
R1 + R2
R1
uEab = +uAmax . (7.61)
R1 + R2
Es sei darauf hingewiesen, dass der einzige Unterschied zwischen der Schal-
tung eines Schmitt-Triggers (Abb. 7.21) und einem nicht-invertierenden Span-
nungsverstärker (Abb. 7.10) die Form der Rückkopplung ist. Während der
nicht-invertierende Spannungsverstärker gegengekoppelt ist (Rückkopplung
des Spannungsteilers auf den invertierenden Eingang des Operationsverstär-
kers) und damit absolut stabil arbeitet, ist die Rückkopplung beim Schmitt-
Trigger eine Mitkopplung (Rückkopplung auf den nicht-invertierenden Ein-
gang des Operationsverstärkers), so dass sich das gezeigte bistabile Verhalten
einstellt, d. h. die Ausgangsspannung läuft entweder auf ihren positiven oder
ihren negativen Endwert.

Abb. 7.21. Invertierender Schmitt-Trigger: a) Operationsverstärkerschaltung, b)


Kennlinien des invertierenden Schmitt-Triggers
200 7 Messverstärker

Multivibrator

Wenn die Ausgangsspannung eines invertierenden Schmitt-Triggers zeitlich


verzögert auf den Eingang zurückgeführt wird, entsteht ein sog. Multivibra-
tor. Dies ist ein Oszillator, der eine Rechteckschwingung liefert. Anhand des
Schaltbildes nach Abb. 7.22 lässt sich die Differentialgleichung für uC (t) ablei-
ten, indem man die Knotenregel für den Verbindungsknoten zwischen R und
C anwendet
duC ±uAmax − uC
= . (7.62)
dt RC

Abb. 7.22. a) Multivibrator mit Komparator, b) Spannungsverläufe in der


Multivibrator-Schaltung

Mit der Anfangsbedingung uC (t = 0) = uEauf ergibt sich die Lösung dieser


Differentialgleichung zu


2R1 + R2 −t/RC
uC (t) = uAmax 1 − e . (7.63)
R1 + R2
Die Periodendauer T der Rechteckschwingung beträgt somit


2R1
T = 2RC ln 1 + . (7.64)
R2
Für R1 = R2 folgt
T = 2RC ln 3 ≈ 2, 2RC . (7.65)

Voltmeterschaltung

Die Voltmeterschaltung (Abb. 7.23) ermöglicht eine hochohmige Spannungs-


messung mit einem Strommessgerät. Es handelt sich dabei um einen Span-
nungsverstärker mit Stromausgang. Bei Vernachlässigung der Differenzein-
gangsspannung fällt die Eingangsspannung uE direkt am Widerstand R ab,
so dass
7.1 Operationsverstärker 201
uE
iM = (7.66)
R
gilt, woraus unmittelbar die gewünschte Proportionalität zwischen uE und iM
folgt
iM ∼ uE . (7.67)

Abb. 7.23. Voltmeterschaltung

Stromgesteuerte Spannungsquelle

Abbildung 7.24 zeigt die Schaltung einer mit Hilfe eines Operationsverstärkers
realisierten stromgesteuerten Spannungsquelle. Bei einer stromgesteuerten
Spannungsquelle ist die Ausgangsspannung uA proportional dem Eingangs-
strom iE . Wenn man den Operationsverstärkereingangsstrom iN vernachlässigt,
folgt unmittelbar der Zusammenhang zwischen Eingangsstrom iE und der
Ausgangsspannung uA
uA = −iE R . (7.68)
Prinzipiell könnte diese Schaltung auch der Strommessung mit niedrigem In-
nenwiderstand dienen. Der Nachteil, dass eine Eingangsklemme auf Massepo-
tential liegt, wird allerdings erst durch die folgende Amperemeterschaltung
vermieden.

Abb. 7.24. Stromgesteuerte Spannungsquelle


202 7 Messverstärker

Amperemeterschaltung

Die Amperemeterschaltung (Abb. 7.25) erlaubt die niederohmige Strommes-


sung mit einem Spannungsmessgerät, wobei an den Messkontakten keine
Spannung abfällt, d. h. es wird leistungslos und damit ohne einen durch den
Innenwiderstand eines Messgerätes bedingten systematischen Fehler gemes-
sen. Bei Vernachlässigung der Eingangsdifferenzspannungen der Operations-
verstärker verschwindet die Eingangsspannung uE

uE = 0 . (7.69)

Weiterhin liegen die mit u gekennzeichneten Punkte auf gleichem Potential.


Die Potentialdifferenz gegen Masse beträgt u . Damit kann man bezüglich
der Operationsverstärker 1 und 2 die beiden folgenden Spannungsumläufe
angeben
−u + iE R1 + u2 = 0 (7.70)
und
−u − iE R1 + u1 = 0 . (7.71)
Die Subtraktion der Gl. (7.71) von Gl. (7.70) liefert

2iE R1 = −(u2 − u1 ) . (7.72)

Die Differenzbildung (u2 − u1 ) der beiden Teilspannungen wird von dem nach-
folgenden subtrahierenden Verstärker vorgenommen (siehe auch Abb. 7.12
bzw. Gl. (7.45)), so dass, wie bei der Strommessung gefordert, die Ausgangs-
spannung uA proportional dem Eingangsstrom iE ist

uA = u1 − u2 = −(u2 − u1 ) = 2R1 iE . (7.73)

Abb. 7.25. Erdfreie Amperemeterschaltung


7.1 Operationsverstärker 203
u

R1
iE
iM
iE + iM
R2 u

Abb. 7.26. Stromverstärker

Stromverstärker

Beim Stromverstärker (Abb. 7.26) ist der Strom iM , welcher durch das am
Ausgang des Operationsverstärkers liegende Messwerk fließt, proportional
zum Eingangsstrom iE . Wenn man wiederum die Differenzeingangsspannung
des Operationsverstärkers vernachlässigt, fällt an den Widerständen R1 und
R2 dieselbe Spannung u ab

iE R1 = −u (7.74)
(iE + iM )R2 = u . (7.75)

Aus den Gln. (7.74) und (7.75) folgt


R1 + R2
iM = − iE (7.76)
R2
bzw. die gewünschte Proportionalität zwischen dem Eingangsstrom iE und
dem Strom iM durch das Messgerät

iM ∼ iE . (7.77)

Aktiver Vollweg-Gleichrichter

Mit Hilfe von Operationsverstärkern lassen sich auch mit realen Dioden na-
hezu ideale Gleichrichter in Form sog. aktiver Gleichrichterschaltungen rea-
lisieren. Der Hauptnachteil von nicht-aktiven Gleichrichterschaltungen, also
Schaltungen, die nur auf Dioden basieren, beruht auf der endlichen Dioden-
schwellenspannung (0,7 V bei Siliziumdioden (Kap. 6.3.2)). Abbildung 7.27
zeigt eine aktive Vollweg-Gleichrichterschaltung, deren Ausgangsspannung uA
dem Betrag der Eingangsspannung uE entspricht

uA = |uE | . (7.78)

Der linke Abschnitt der Schaltung stellt einen aktiven Einweg-Gleichrichter


dar. Es gilt
204 7 Messverstärker

Abb. 7.27. Aktive Vollweg-Gleichrichterschaltung

uA1 = −uE für uE ≥ 0 (7.79)


bzw.
uA1 = 0 für uE < 0 . (7.80)
Die rechte Teilschaltung ist ein addierender Verstärker (Abb. 7.11 bzw.
Gl. (7.41)), der in Verbindung mit dem Einweg-Gleichrichter insgesamt zu
einem Vollweg-Gleichrichter führt. Damit ergibt sich die Ausgangsspannung
uA für negative Eingangsspannungswerte zu

uA = −uE für uE < 0 . (7.81)

Für positive Eingangsspannungen uE folgt aus der für den Addierer geltenden
Beziehung zwischen Ausgangsspannung und Eingangsspannung (Gl. (7.41))
" #
uE −uE
uA = − + R R = uE für uE > 0 . (7.82)
R 2

Die Auswirkungen von nicht vernachlässigbaren Diodenschwellenspannungen


bei endlicher Verstärkung der Operationsverstärker wird in [102] behandelt.
Es sei darauf hingewiesen, dass aus Offsetspannungen und Eingangsströmen
des Operationsverstärkers weitere Fehler resultieren können.

7.1.5 Operationsverstärker mit differentiellem Ausgang

Während die bisher behandelten Standard-Operationsverstärker einen masse-


bezogenen Ausgang (Single-ended Output) haben, finden seit einiger Zeit auch
spezielle Operationsverstärker mit einem differentiellen Ausgang (Abb. 7.28a)
häufiger Anwendung. Statt des einen Ausgangs gibt es hierbei zwei Aus-
gangsleitungen, eine positive und eine negative. Die negative Ausgangslei-
tung ist am Invertierungszeichen zu erkennen. Die Ausgänge sind hier wie
die Eingänge differentiell geschaltet. Dies bedeutet, dass die beiden Ausgänge
gegenüber Masse betragsmäßig dieselbe Spannung aufweisen, sie haben nur
umgekehrte Vorzeichen. Im Gegensatz zu den bisher behandelten Schaltungen
7.1 Operationsverstärker 205

mit Single-ended Ausgang sind nunmehr zwei Rückkopplungschleifen notwen-


dig (Abbn. 7.29 - 7.31), welche identisch aufgebaut sein müssen. Um einen
stabilen Betrieb zu ermöglichen, müssen die Ausgänge auf den Eingang mit
jeweilig umgekehrter Polarität (Vorzeichen) zurückgeführt werden.
Ein weiterer Unterschied zum klassischen Operationsverstärker ist die
zusätzliche Eingangsklemme uglA (Abb. 7.28b). Sie hat die Aufgabe, eventu-
ell auf beiden Eingängen (uP und uN ) gleichsinnig lastende Störspannungen,
d. h. also Gleichtaktspannungen, am Ausgang zu kompensieren. Dies bedeu-
tet, dass der Operationsverstärker mit differentiellem Ausgang in der Lage ist,
Gleichtaktstörungen zu unterdrücken. Für den Fall, dass kein Signal an den
uglA -Eingang angelegt wird, erscheint die halbe Betriebsspannung als Gleich-
taktsignal am Ausgang. Ansonsten erhält man das angelegte uglA -Signal als
Offset im Ausgangssignal.

Abb. 7.28. Differentieller Operationsverstärker: a) vereinfachte Darstellung; b)


Darstellung mit Eingang zur Regelung der Ausgangsgleichtaktspannung
206 7 Messverstärker

Definitionen für differentielle Operationsverstärker

• Differentielle Ausgangsspannung uDA



A − uA
uDA = u+ (7.83)

• Gleichtakt-Ausgangsspannung uglA

u+
a + uA
uglA = (7.84)
2
• (Gesamt-)Spannungsverstärkung VDA

A − uA
u+ uDA
VDA = = = 2 V0 (7.85)
uP − uN uD
Abbildung 7.29 zeigt eine Verstärkerstufe mit differentiellem Ausgang. Es gibt
nunnmehr zwei Rückkopplungsschleifen, welche identische Rückkopplungswi-
derstände (R1 ) enthalten. Die (differentielle) Spannungsverstärkung ergibt
sich wie im Fall des Operationsverstärkers mit nicht-differentiellem Ausgang
zu
u+ − u− R1
V = A A
− = , (7.86)
uE − uE
+
R2
d. h. wie gewohnt aus dem Verhältnis der Widerstände von Rückkopplungs-
und Eingangszweig. Es sei nochmals betont, dass im Gegensatz zum klas-
sischen Operationsverstärker hier beide Rückkopplungsschleifen geschlossen
werden müssen, um ein einwandfreies Arbeiten der Schaltung zu gewähr-
leisten. Im Falle von nicht identischen Rückkopplungszweigen kommt es zu
Gleichtaktfehlern im Ausgangssignal. So führt beispielsweise eine Abweichung
von 0,1 % in den Widerständen zu einem CMRR (s. Gl. (7.20)) von 60 dB.
In der Praxis ist oft die Konvertierung eines massebezogenen Signals in
ein nicht-massebezogenes differentielles Signal gefragt. Abbildung 7.30 zeigt
die beiden Schaltungsvarianten, die diese Aufgabe erfüllen. Sie arbeiten beide
gleichermaßen, auch wenn einmal das Eingangssignal auf den invertierenden
und das andere Mal auf den nicht-invertierenden Eingang gelegt wird.
Die Verstärkung V ergibt sich in beiden Fällen wiederum aus dem Verhältnis
der Widerstände von Rückkopplungs- und Eingangszweig

R1
_ R2 +
uE uA
+ _
uE uA
R2
R1

Abb. 7.29. Differentielle Verstärkerstufe


7.1 Operationsverstärker 207

Abb. 7.30. Schaltungen zur Konvertierung von massebezogenen Eingangssignalen


(single-ended input) in differentielle Ausgangssignale


A − uA
u+ R1
V = = . (7.87)
uE R2
Hierbei ist zu beachten, dass der Innenwiderstand RiQ der am Eingang ange-
 
schlossenen Quelle (z. B. RiQ = 50 Ω) in die Berechnung von R2 eingeht. R2
ist also um diesen Wert (50 Ω) zu vergrößern.
Eine der Hauptanwendungen von differentiellen Operationsverstärkern
ist die Ansteuerung von Analog-Digital-Umsetzern (s. Kap. 11.6). Moderne
Analog-Digital-Umsetzer (ADU bzw. ADC) besitzen in der Regel einen diffe-

rentiellen Eingang mit zwei Eingangssignalen u+IN und uIN (s. Abb. 7.31). Das

C1
R3

R1 + UB C2
_ R2
uE
u Esignal u+IN
_ ADU
+ R3 u IN
uE C2
R2 u glA u refADU
R1 _U
B

C1

Abb. 7.31. Schaltung mit differentiellem Operationsverstärker zur Ansteuerung


eines Analog-Digital-Umsetzers

auf diesen differentiellen Eingang bezogene Nullsignal entspricht der Gleich-



taktspannung an seinem Eingang. Diese beträgt 1/2 (u+ IN +uIN ). Das maximale

Eingangssignal uIN − uIN darf die Versorgungsspannung nicht überschreiten;
+

sie liegt meist bei wenigen Volt (3 V - 5 V). Die Bezugspotentiale des differenti-
ellen Eingangs entsprechen dabei einerseits dem Massepotential der Schaltung
208 7 Messverstärker

und andererseits dem Wert der Versorgungsspannung. In der potentialmäßi-


gen Mitte liegt das Nullsignal des ADU-Eingangs, welches, wie bereits oben
erwähnt, identisch ist mit der Gleichtaktspannung am Eingang des ADUs.
Die klassische Schaltungstechnik zur Ansteuerung von ADUs besteht in der
Verwendung von zwei Operationsverstärkern, die als Differenzverstärker ar-
beiten. Zusätzlich ist ein dritter Operationsverstärker notwendig, um den Dif-
ferenzverstärker mit der vom ADU benötigten Gleichtaktspannung vorzuspan-
nen. Die Alternativlösung verwendet einen Transformator zur Signalübertra-
gung am Eingang des ADU. Die letztgenannte Lösung schließt allerdings die
Analog-Digital-Umsetzung von Gleichsignalen aus.
Hier bieten differentielle Operationsverstärker nunmehr die Möglichkeit,
mit nur einem aktiven Bauteil und auch weniger passiven Bauelementen aus-
zukommen [134]. Um ein massebezogenes Eingangssignal in der oben be-
schriebenen Weise auf das Eingangsspannungsintervall abzubilden, muss al-
so die Gleichtaktspannung am Eingang des ADUs (entspricht dem Wert des
Nullsignals am Eingang) von der differentiellen Ausgangsstufe des Operati-
onsverstärkers bereitgestellt werden. Da die Ausgangsgleichtaktspannung am
Eingang uglA vorgegeben werden kann, nutzt man die Möglichkeit von mo-
dernen ADUs, genau diesen Spannungswert bereitzustellen. Die Treiberstufe
für den ADU auf Basis eines differentiellen Operationverstärkers funktioniert
also, wenn man dieses Ausgangssignal des ADU auf den uglA -Eingang des
Operationsverstärkers gibt.
Diese Schaltung hat den Vorteil einer im Idealfall nahezu vollständigen
Unterdrückung von Gleichtaktstörsignalen am Eingang. Zudem werden infol-
ge der differentiellen Ausführung die geradzahligen Vielfachen der Grundwelle
und damit die harmonischen Verzerrungen (s. a. Kap. 13.6 Klirrfaktor“) re-

duziert [134].

Tabelle 7.2: Leistungsdaten differentieller Operationsverstärker (Stand:


April 2016)

Bezeichnung ADA4960-1 LTC6406 LMH6554 LTC6412


Hersteller Analog Linear Texas Linear
Devices Technology Instruments Technology
Auswahl- ∗1 ∗2 ∗3 ∗4
kriterium
max. Leistung 300 mW 63 mW 260 mW 330 mW
SR 8,7 kV/μs 630 V/μs 6,2 kV/μs
fT 5 GHz 3 GHz 2,8 GHz 800 MHz
√ √ √ √
u-Rauschen 1,6 nV/ Hz 1,6 nV/ Hz 0,9 nV/ Hz 2,7 nV/ Hz
Ubmax 5,25 V 3,5 V ± 5,5 V 3,8 V
Preis ca. 14,99 EUR 7,23 EUR 9,03 EUR 10,50 EUR
7.2 Spezielle Messverstärker 209

Bezeichnung OPA1632 THS4532 LTC6409 LMH5401


Hersteller Texas Texas Linear Texas
Instruments Instruments Technology Instruments
Auswahl- ∗5 ∗6 ∗7 ∗8
kriterium
max. Leistung 210 mW 2,5 mW 275 mW 275 mW
SR 50 V/μs 200 V/s 3,3 kV/μs 17,5 kV/μs
fT 180 MHz 36 MHz 10 GHz 8 GHz
√ √ √ √
u-Rauschen 1,3 nV/ Hz 10 nV/ Hz 1,1 nV/ Hz 1,25 nV/ Hz
Ubmax 32 V 5,5 V ± 5,25 V 5,5 V
Preis ca. 5,72 EUR 5,54 EUR 11,41 EUR 13,35 EUR

∗1 Die Verstärkung des ADA4960-1 kann mittels eines Widerstandes eingestellt


werden.
∗2 Hohe Linearität für 16 Bit ADCs.
∗3 Der LMH6554 hat einen Abschalteingang, um die Leistungsaufnahme zu
reduzieren.
∗4 Die Verstärkung des LTC6412 ist mittels einer analogen Steuerspannung
beeinflussbar (AGC).
∗5 Audio Anwendung nur 0,000022% THD (Oberwellen).
∗6 Low Power.
∗7 Single-Ended to Differential Amplifiers.
∗8 Low Noise.
Es sei noch erwähnt, dass der durch die Bauelemente R1 und C1 gebildete
Tiefpass ein Anti-Aliasing-Filter (s. Kap. 11.7.1) darstellt. Es hat ein 3 dB-
Grenzfrequenz von
1
fg = . (7.88)
2πR1 C1
Der Widerstand R3 entkoppelt den Ausgang des Operationsverstärkers von
C2 , dessen Aufgabe das schnelle Laden der Eingangskapazität des Wandlers
(s. Kap. 11.7.2) ist. Typisch sind Werte R3 =10 bis 30 Ω und C2 = 0,1 bis 2 nF.
Tabelle 7.1.5 enthält typische Vertreter von kommerziell erhältlichen Ope-
rationsverstärkern mit differentiellem Ausgang. Weitere Informationen zu dif-
ferentiellen Operationsverstärkern findet der interessierte Leser in [88], [89].

7.2 Spezielle Messverstärker


7.2.1 Differenzverstärker

Ein Differenzverstärker ist notwendig, um die Signale von Quellen mit floaten-
dem Eingang (nicht massebezogenem Eingang) zu verstärken. Dabei handelt
210 7 Messverstärker

es sich um Quellen, deren Potentiale gegenüber Masse schwanken. Dies ist


z. B. bei Strommessungen mittels Shunt oft der Fall. Auch bei massebezoge-
nen Signalquellen bietet der Differenzverstärker den Vorteil hoher Gleichtakt-
unterdrückung (> 100 dB). Abbildung 7.32 zeigt den Schaltungsaufbau. Der

Abb. 7.32. Differenzverstärker

Verstärkungsgrad dieser Schaltung kann leicht nach dem Superpositionsprin-


zip berechnet werden
uA R1
V = = . (7.89)
uE2 − uE1 R2
Um die Eigenschaften des Differenzverstärkers zu verbessern, insbesondere im
Hinblick auf eine Erhöhung der Eingangsimpedanz werden sog. Instrumen-
tenverstärker eingesetzt, die auch als Instrumentierungsverstärker bezeichnet
werden (s. Kap. 7.2.2). Diese besitzen eine sehr hohe Eingangsimpedanz. Da-
bei ist zu bedenken, dass der Innenwiderstand Ri einer an den Differenzein-
gang des Verstärkers nach Abbildung 7.32 angeschlossenen Spannungsquelle
den Verstärkungsgrad verändert (s. Abb. 7.33)

2R1
V →V = . (7.90)
2R2 + Ri

Abb. 7.33. Differenzverstärker mit Signalquelle am Eingang


7.2 Spezielle Messverstärker 211

7.2.2 Instrumentenverstärker (Instrumentierungsverstärker)

In der Elektrischen Messtechnik werden häufig präzise arbeitende Mess-


verstärker benötigt, die in der Lage sind, einen hohen Gleichtaktstöranteil
möglichst vollständig zu unterdrücken und nur den Differenzanteil, der in
diesem Fall dem Nutzsignal entspricht, zu verstärken. Zur Erfüllung die-

Abb. 7.34. Schaltung eines Instrumentenverstärkers

ser Anforderungen scheiden somit alle Verstärkertypen aus, bei denen ei-
ner der Eingänge auf Bezugspotential liegt. Mit dem in Abb. 7.34 gezeig-
ten Instrumentenverstärker, der von einem Subtrahierverstärker mit zwei
vorgeschalteten Elektrometerverstärkern gebildet wird, werden die gestell-
ten Anforderungen erfüllt. Neben der hohen Gleichtaktunterdrückung zeich-
net sich der Instrumentenverstärker vor allem durch gute Linearitätseigen-
schaften, hohen Eingangswiderstand sowie eine geringe Beeinflussung durch
Eingangsstörgrößen aus. Die beiden Operationsverstärker 1 und 2 liefern die
Spannung u1


uE1 − uE2 R1 R1
u1 = uE1 + R1 = 1+ uE1 − uE2 (7.91)
R R R

bzw. die Spannung u2




uE1 − uE2 R2 R2
u2 = uE2 − R2 = 1+ uE2 − uE1 . (7.92)
R R R

Für eine reine Gleichtakteingangsspannung uE1 = uE2 = ugl ergibt sich dem-
nach für beide Stufen (1 und 2) eine Gleichtaktverstärkung vom Wert 1
u1 u2
= =1. (7.93)
ugl ugl
212 7 Messverstärker

Der nachgeschaltete Subtrahiererverstärker (OpAmp 3) liefert für die folgen-


dermaßen dimensionierten Widerstände
R4 R6
= (7.94)
R3 R5
die Ausgangsspannung uA (Gl. (7.43))
R4
uA = (u2 − u1 ) . (7.95)
R3
Mit den Gln. (7.91) und (7.92) ergibt sich die Differenzverstärkung zu


uA R4 R1 + R2
= 1+ . (7.96)
uE2 − uE1 R3 R
Wenn man die Schaltung vollkommen symmetrisch aufbaut (R1 = R2 = R
und R3 = R4 = R5 = R6 ), folgt
uA 2R
=1+ . (7.97)
uE2 − uE1 R
Die Gleichtaktverstärkung der Gesamtschaltung ist dann aus Symmetriegrün-
den (Gl. (7.93)) gleich Null. Die Differenzverstärkung lässt sich über R einstel-
len, ohne dass in die (abgeglichene) Stufe 3 eingegriffen werden muss. Instru-
mentenverstärker sind komplett integriert als 1-Chip-Bausteine kommerziell
erhältlich (z. B. LTC 2053 von Linear Technology (s. Tab. 7.1)).

7.2.3 Zerhacker-Verstärker

Mit Hilfe von Zerhacker-Verstärkern, die auch unter dem Begriff Chopper-
Verstärker bekannt sind, werden Gleichspannungen verstärkt, ohne dass größe-
re Fehler durch Offsetspannungen auftreten. Sie stellen hochwertige Gleich-
spannungsverstärker mit geringen Spannungsdriften (5. . . 25 nV/K) dar, al-
lerdings weisen sie höhere Rauschpegel als Verstärker ohne Chopper auf.
Das Prinzip des Zerhacker-Verstärkers beruht auf der Umwandlung (Zer-
hacken) einer Gleichspannung in eine Wechselspannung, der Verstärkung die-
ser Wechselspannung mit einem Wechselspannungsverstärker und einer an-
schließenden Synchron-Gleichrichtung. Abbildung 7.35 zeigt das Prinzip ei-
nes Eintakt-Zerhacker-Verstärkers. Der RC-Tiefpass am Eingang stellt sicher,
dass eventuell im Eingangssignal uE enthaltene höher frequente Spektralantei-
le weggefiltert werden; denn zum einwandfreien Funktionieren des Zerhacker-
Verstärkers ist es notwendig, dass die Zerhackerfrequenz wesentlich größer
ist als die höchste zu verstärkende Signalfrequenz. Die Hochpassfilternetzwer-
ke C2 R2 und C3 R3 befreien Verstärkereingangs- und -ausgangssignal jeweils
vom Gleichspannungsanteil. Für den Fall eines idealen Wechselspannungs-
verstärkers (frequenzunabhängige Verstärkung und keine Frequenzabhängig-
keit der Phasenverschiebung) sorgt das synchrone Umschalten der beiden
7.2 Spezielle Messverstärker 213

Abb. 7.35. Prinzipschaltung eines Zerhacker-Verstärkers. Der Verstärker V muss


keine Gleichspannungsübertragungseigenschaften aufweisen, da er als reiner Wech-
selspannungsverstärker arbeitet. Die Signalverläufe gelten für einen Verstärker, der
einen Gesamt-Verstärkungsfaktor (uA /uE ) von V = 2 aufweist.

Schalter S1 und S2 für eine am Ausgangstiefpass R4 C4 anliegende Signal-


spannung, die im wesentlichen wieder eine Gleichspannung ist. Die Schalter
S1 und S2 arbeiten dabei als Synchrongleichrichter. Wenn für die Zerhacker-
kreisfrequenz die Relation
1
ωtakt (7.98)
R4 C4
eingehalten wird, ergibt sich die Ausgangsspannung uA zu [93]
uA = V uE . (7.99)
Als nachteilig kann sich bei Zerhacker-Verstärkern die geringe Signalband-
breite auswirken, welche auf die am Eingang notwendige Tiefpassfilterung
zurückzuführen ist. In der Praxis lassen sich nur Signalbandbreiten von etwa
0, 1 · ftakt bis 0, 3 · ftakt realisieren.
214 7 Messverstärker

7.2.4 Ladungsverstärker

Die elektrische Ladung kann mit Hilfe eines ballistischen Galvanometers ge-
messen werden. Das ballistische Galvanometer ist eine spezielle Ausführungs-
form des Drehspulmessgerätes, dessen Wirkung darauf beruht, dass der balli-
stische Zeigerausschlag des Instrumentes unter bestimmten Bedingungen der
ihm zugeführten elektrischen Ladung proportional ist (siehe Kap. 6.1.2). Mit
ballistischen Galvanometern sind Ladungsmessungen ab Q = 1 nC möglich,
wenn die Integrationszeit (jene Zeit, in der dem Drehspulmesswerk die Ladung
durch einen Strom zugeführt wird) nicht größer ist als 10 % der Periodendau-
er der mechanischen Eigenschwingung des Galvanometers. In der modernen
(elektronischen) Messtechnik bedient man sich bei der Ladungsmessung elek-
tronischer Verstärkerschaltungen, die als Ladungsverstärker bezeichnet wer-
den. Mit Hilfe von Ladungsverstärkern lassen sich auch Ladungsmengen mes-
sen, die wesentlich kleiner sind als die oben angegebene Grenze von Q = 1 nC.
Beim Ladungsverstärker (Abb. 7.36) wird eine verlustarme Kapazität C ver-

Abb. 7.36. Ladungsverstärker

wendet, um die von einem Strom i(t) in einem definierten Zeitintervall [0,t]
gelieferte Ladung zu integrieren. Es gilt
 t
q(t) = i(t ) dt = Cu(t) . (7.100)
0

Bei Vernachlässigung der Eingangsdifferenzspannung (uA = −u(t)) folgt


1
uA (t) = − q(t) . (7.101)
C
Die Ausgangsspannung uA (t) ist also proportional der vom Strom i(t) gelie-
ferten Ladung q(t). Der effektive Eingangswiderstand eines idealen Ladungs-
verstärkers beträgt RE = 0. Problematisch sind bei Ladungs- und Integra-
tionsverstärkern die Nullpunktfehlergrößen, die auch bei nicht vorhandenem
Eingangssignal eine Hochintegration der Ausgangsspannung bis zur Begren-
zung durch eine der beiden Speisespannungen bewirken. Im Dauerbetrieb ist
entweder eine zyklische Rücksetzung der Spannung an der Integrationska-
pazität notwendig, oder es muss mit einem hochohmigen Parallelwiderstand
7.3 Rauschen von Messverstärkern 215

zur Kapazität dafür gesorgt werden, dass die durch Nullpunktfehler bedingte
langsame Aufladung der Kapazität durch einen ebenso großen Entladestrom
kompensiert wird.

7.3 Rauschen von Messverstärkern


Unter Rauschen versteht man die statistische Abweichung eines Signals von
seinem Sollwert. Bei elektronischen Bauteilen und damit auch bei elektroni-
schen Messverstärkern unterscheidet man die folgenden, auf unterschiedlichen
physikalischen Ursachen beruhenden Arten von Rauschen, welche verschiede-
nen Spektralbereichen zugeordnet werden können (Abb. 7.37).

spektrale Rausch- Popcorn-


leistungsdichte Rauschen

1/f - Rauschen
(Funkelrauschen)
Thermisches Rauschen,
Schrotrauschen

f
Abb. 7.37. Spektrale Zuordnung verschiedener Rauscharten

• Thermisches Rauschen (Johnson-noise)


Das thermische Rauschen, das auch Widerstandsrauschen genannt wird,
findet man in allen elektrischen Bauteilen mit Verlustwiderständen. Es ist
auf willkürliche Ladungsträgerbewegungen (Wärmebewegung der freien
Elektronen (Valenzelektronen)) zurückzuführen, die mit der Temperatur
an Intensität zunehmen. Ein ohmscher Widerstand kann bezüglich seines
Rauschverhaltens durch eines der in Abb. 7.38 gezeigten Ersatzschaltbil-
der dargestellt werden [20]. Die Effektivwerte der dort gezeigten Rausch-
Ersatzspannungs- bzw. Rausch-Ersatzstromquelle lassen sich anhand der
sog. NYQUIST-Formel ermitteln:
– NYQUIST-Formel in Bezug auf eine Ersatzspannungsquelle
2
Ureff = u2r (t) = 4kT RB (7.102)

– NYQUIST-Formel in Bezug auf eine Ersatzstromquelle (Abb. 7.38c)

2 1
Ireff = i2r (t) = 4kT B. (7.103)
R
216 7 Messverstärker

R
R bzw. G = 1R
ur ir
a) b) c)

Abb. 7.38. Ersatzrauschquellen eines ohmschen Widerstandes: a) rauschender


ohmscher Widerstand, b) Ersatzspannungsquelle: rauschfreier Widerstand mit
Rausch-Ersatzspannungsquelle, c) Ersatzstromquelle: rauschfreier Widerstand
(Leitwert G = 1/R) mit Rausch-Ersatzstromquelle

Dabei bezeichnen k = 1, 38 · 10−23 Ws/K die Boltzmann-Konstante, T (K)


die absolute Temperatur, B (Hz) die Beobachtungsbandbreite, R (Ω) den
Wert des ohmschen Widerstandes, Ureff die effektive Leerlaufspannung der
Rausch-Ersatzspannungsquelle und Ireff den effektiven Kurzschlussstrom
der Rausch-Ersatzstromquelle. Das thermische Rauschen ist ein sog. Wei-
ßes Rauschen, d. h. es zeigt im interessierenden Frequenzbereich keinerlei
spektrale Abhängigkeit.
• Schrotrauschen (Schottky-Rauschen)
Das Schrotrauschen, das auch als Stromrauschen bzw. Schottky-Rauschen
bezeichnet wird, entsteht in Halbleitern, wenn Ladungsträger eine Sperr-
schicht passieren. Abbildung 7.39 zeigt die Rausch-Ersatzschaltung eines
rauschenden pn-Überganges. Es handelt sich hierbei ebenfalls um weißes
Rauschen. Bei Operationsverstärkern wird das Schrotrauschen vom Ein-
gangsruhestrom verursacht. Der entsprechende Effektivwert des Rausch-
stroms Irschrot ergibt sich aus dem Eingangsruhestrom IB , der Elektronen-
ladung e0 sowie der Beobachtungsbandbreite B
2
Irschrot = 2|e0 |IB B . (7.104)

I I
rauschend rauschfrei

i rschrot

Abb. 7.39. Ersatzschaltung eines rauschenden pn-Überganges in Bezug auf sein


Schrotrauschen

• 1/f-Rauschen (Funkelrauschen)
Das 1/f-Rauschen, das auch als Funkelrauschen (Flicker Noise) bezeichnet
7.3 Rauschen von Messverstärkern 217

wird, erzeugt ein Rauschsignal mit einer Spektralverteilung, die mit 1/f zu
höheren Frequenzen hin abfällt. Bei Halbleiterbauelementen werden Ober-
flächeneigenschaften dafür verantwortlich gemacht, genau genommen han-
delt es sich dabei um fluktuierende Umladungen von Oberflächenzuständen
[20]. Das Funkelrauschen ist von seiner spektralen Verteilung her gesehen
ein Rosa Rauschen, d. h. ein Rauschen, dessen charakteristisches Merkmal
eine konstante Rauschleistung pro Frequenzdekade ist.
• Rekombinationsrauschen (r-g-noise) (Quantenrauschen)
Das Rekombinationsrauschen ist auf das willkürliche Einfangen (Trapping)
und Freigeben von Ladungsträgern in Halbleitern zurückzuführen, d. h. es
wird durch die zufällige Generation bzw. Rekombination von Ladungs-
trägern hervorgerufen.
• Popcorn-Rauschen
Das Popcorn-Rauschen, das auch als Burst-Rauschen bezeichnet wird, ist
auf metallische Verunreinigungen im Halbleiter zurückzuführen und äußert
sich in Form zufällig auftretender Änderungen der Gleichstrom-Parameter.
Es erscheint in der spektralen Rauschleistungsverteilung in Form eines
diracförmigen Gleichanteils bei der Frequenz f = 0 (Abb. 7.37) [64].

Die Beschreibung des Verstärkerrauschens

Das Verstärkerrauschen wird im Allgemeinen in Form der von den (inter-


nen) Rauschquellen des Verstärkers erzeugten Rauschleistung bzw. der dar-
aus resultierenden Reduzierung des Signal/Rausch-Verhältnisses zwischen
Eingangs- und Ausgangstor angegeben. Der Berechnung dieses Signal/Rausch-
Verhältnisses legt man bei Vierpolen und somit auch bei Verstärkern die
in Abb. 7.40 gezeigte Rauschersatzschaltung zugrunde. Dabei wird das ei-
gentliche Verstärkerrauschen durch die Angabe einer Rauschspannungsquelle
und einer Rauschstromquelle beschrieben. Beide Rauschquellen sind auf den
Verstärkereingang bezogen. Diese Rauschersatzquellen sind im Allgemeinen

durch die spektralen Werte der Rauschspannungsdichte
√ Ufr (f ) [nV/ Hz] bzw.
der Rauschstromdichte Ifr (f ) [pA/ Hz] gekennzeichnet. Die äquivalente Rau-
scheingangsspannung UrEges am Verstärkereingang erhält man durch quadra-
tische Überlagerung der von den Rauschquellen am Verstärkereingang hervor-
gerufenen Spannungsanteile. Diese wiederum ergeben sich aus der Integration
der spektralen Rauschdichtegrößen über das Frequenzintervall [fmin , fmax ],
in dem gemessen wird. Die Effektivwerte der Rauschspannung Ureff sowie des
Rauschstromes Ireff berechnen sich demnach wie folgt
 fmax
2
Ureff = Ufr2 (f ) df (7.105)
fmin
 fmax
2
Ireff = Ifr2 (f ) df . (7.106)
fmin
218 7 Messverstärker

Rausch- Rausch-
spannungsquelle stromquelle
ur

ir
uE uA uE uA
RE RE
Vierpol mit
rauschender Verstärker Rauschquellen rauschfreier Verstärker

Abb. 7.40. Ersatzschaltung eines rauschenden Verstärkers

Infolge der ohmschen Spannungsteilung (Abb. 7.41) ergibt sich die quadrati-
sche Überlagerung der Effektivwerte zu

2
2
2 RE 2 RE RQ
UrEges = Ureff + Ireff . (7.107)
RE + RQ RE + RQ

Rausch-Ersatz-
Spannungsquelle

RQ ir
uE ur uA
U0Signal RE
Rausch-Ersatz-
Stromquelle

Abb. 7.41. Rauschersatzschaltung eines mit einer Signalquelle beschalteten elek-


trischen Vierpoles

Die Spannung UrEges ist der Effektivwert der auf den Verstärkereingang bezo-
genen Rauschspannung, welche das gesamte Verstärkerrauschen im Frequenz-
intervall [fmin , fmax ] repräsentiert, d. h. der in Abb. 7.41 gezeigte eigentliche
Verstärker ist frei von Rauschquellen. In obiger Ableitung wurde die Korrela-
tion zwischen den beiden Rauschquellen vernachlässigt, was in vielen prakti-
schen Fällen in erster Näherung erlaubt ist. Für den Fall nicht vernachlässig-
barer Korrelation findet sich die entsprechende Herleitung in der Literatur,
z. B. in [111].

Das Rauschen von Operationsverstärkern

Im Gegensatz zu den oben beschriebenen Verstärkern ist beim Operations-


verstärker zu beachten, dass es sich hier nicht um ein Zweitor handelt. Der
7.3 Rauschen von Messverstärkern 219

Eingang des Operationsverstärkers besteht strenggenommen aus drei Klem-


men (invertierender Eingang, nichtinvertierender Eingang und Masse). Da-
her sind für die Beschreibung des Rauschens von Operationsverstärkern drei
voneinander unabhängige Rauschquellen erforderlich. Abbildung 7.42 zeigt

ur

uD uA uD uA

i r,1 i r,2

Abb. 7.42. Rauschersatzschaltung eines Operationsverstärkers

einen Operationsverstärker und dessen Rauschersatzschaltung. Die Beschrei-


bung mit einer Spannungsquelle und zwei Stromquellen ist die gängigste Dar-
stellung, wenn auch prinzipiell andere Darstellungsformen möglich sind. Für
die Stromquellen gilt aus Symmetriegründen, dass die Rauschleistungsdichten
gleich sind
i2r,1 = i2r,2 . (7.108)
Die Stromquellen sind dennoch als unkorreliert zu betrachten. Beispiele zum
Rauschen von Operationsverstärkern finden sich in [102].

Signal/Rausch-Verhältnis

Das Signal/Rausch-Verhältnis (Signal-to-Noise-Ratio) S/N an einem elektri-


schen Tor ist definiert als das Verhältnis von Signalspannung zu Rauschspan-
nung an diesem Tor. So ergibt sich das Signal/Rausch-Verhältnis am Aus-
gangstor des Verstärkers zu


S UArauschfrei
[dB] = 20 lg , (7.109)
N UrA
wobei UArauschfrei das Nutzsignal am Verstärkerausgang (Effektivwert) und
UrA die Rauschspannung am Verstärkerausgang (Effektivwert) bezeichnen.
Das Signal/Rausch-Verhältnis lässt sich aber auch auf den Verstärkereingang
beziehen. Für die in Abb. 7.41 gezeigte Beschaltung des Verstärkers gilt

" RE #
S UErauschfrei RQ +RE U0Signal
[dB] = 20 lg = 20 lg , (7.110)
N UrEges UrEges

wobei UErauschfrei das Nutzsignal am Verstärkereingang (Effektivwert) und


UrEges die Rauschspannung am Verstärkereingang (Effektivwert) bezeichnen.
220 7 Messverstärker

Bei obiger Berechnung wurde die Signalquelle (Abb. 7.41) zunächst als rausch-
frei angenommen. Soll das Rauschen des Innenwiderstandes RQ der Signal-

quelle berücksichtigt werden, muss UrEges in Gl. (7.110) durch UrEges ersetzt
werden

2
 RE
UrEges 2
= UrEges + 4kT RQ(fmax − fmin ) , (7.111)
RQ + RE

wobei UrEges die bereits in Gl. (7.107) berechnete, von den internen Rausch-
quellen des Verstärkers hervorgerufene Rauschspannung bezeichnet.

Rauschzahl

Die Rauschzahl F eines rauschenden (Verstärker-)Vierpols ist definiert als das


Verhältnis von Signal/Rausch-Verhältnis am Eingangstor zum Signal/Rausch-
Verhältnis am Ausgangstor
PsE
PrE PsE PrA
F = PsA
= . (7.112)
PrA
PsA PrE

Dabei bezeichnen PsE die Signalleistung am Eingang, PsA die Signalleistung


am Ausgang, PrE die Rauschleistung am Eingang (die von der Signalquel-
le oder von externen Störquellen eingespeiste Rauschleistung) und PrA die
Rauschleistung am Ausgang. Die Rauschzahl wird oft auch in logarithmischer
Form angegeben
F̃ (dB) = 10 lg F . (7.113)
Unter Einbeziehung der Leistungsverstärkung Vp des Vierpols

PsA
Vp = (7.114)
PsE
erhält man
PrA
F = . (7.115)
Vp PrE
Wenn man voraussetzt, dass der Verstärker für das Signal und das Rauschen
dieselbe Leistungsverstärkung aufweist, folgt für die Rauschleistung PrA am
Ausgang

PrA = PrE Vp + PrAamp = PrE Vp + PrEamp Vp = PrEtot Vp , (7.116)

wenn PrEamp die auf den Verstärkereingang bezogene und PrAamp die auf
den Ausgang bezogene Rauschleistung des Verstärkers darstellen. Aus den
Gln. (7.115) und (7.116) folgt für die Rauschzahl F
PrEtot PrAamp PrEamp
F = =1+ =1+ = 1 + Fz . (7.117)
PrE PrE Vp PrE
7.3 Rauschen von Messverstärkern 221

Der Term Fz bezeichnet die sog. Zusatzrauschzahl, welche im Falle eines nicht-
rauschenden Verstärkers identisch Null ist, d. h. F = 1. Da die Leistungen
PrEtot und PrE am selben Widerstand, nämlich dem Eingangswiderstand RE
des Verstärkers, wirken, folgt mit den oben gewählten Bezeichnungen und der
Rauschspannung UrEges aus Gl. (7.107)
2
UrEges
F =1+ 2 = 1 + Fz . (7.118)
UrQuelle

In Gl. (7.118) bezeichnet UrQuelle die effektive Rauschspannung der Quelle,
die mit dem Teilerverhältnis des Eingangsspannungsteilers gewichtet am Ver-
stärkereingang wirksam wird

 RE
UrQuelle = UrQuelle . (7.119)
RE + RQ

Wenn das Rauschen der Quelle durch das thermische Rauschen des Innenwi-
derstandes RQ der Quelle beschrieben werden kann, folgt für die entsprechen-
de Rauschspannung UrQuelle
2
UrQuelle = 4kT RQ(fmax − fmin ) . (7.120)

Im Weiteren wollen wir annehmen, dass der Eingangswiderstand RE des


Verstärkers wesentlich größer ist als der Innenwiderstand der Signalquelle
(RE RQ ). Unter dieser Annahme folgt mit Gl. (7.107) und den Gln. (7.118)-
(7.120)
2 2 2
Ureff + Ireff RQ
F =1+ = 1 + Fz . (7.121)
4kT RQ(fmax − fmin )
Im Allgemeinen definiert man noch den sog. äquivalenten Rauschwiderstand
Rr und den äquivalenten Rauschleitwert Gr des Vierpols, indem man den in
Gl. (7.121) vorkommenden Rauschleistungen diese Werte wie folgt zuordnet
2
Ureff = 4kT (fmax − fmin )Rr (7.122)
2
Ireff = 4kT (fmax − fmin )Gr . (7.123)

Damit lässt sich Gl. (7.121) in folgender Form schreiben


2
Rr + Gr RQ
F =1+ . (7.124)
RQ

Die durch Gl. (7.124) beschriebene Funktion F durchläuft in Abhängigkeit von


RQ ein charakteristisches Minimum (Abb. 7.43). Man spricht von Rauschan-
passung, wenn der Minimalwert Fmin der Rauschzahl erreicht wird. Der dazu
notwendige optimale Innenwiderstand RQopt der Signalquelle ergibt sich durch
Ableitung von Gl. (7.124) nach RQ und anschließendem Nullsetzen zu
222 7 Messverstärker

log F

F min

R Q opt log R Q

Abb. 7.43. Abhängigkeit der Rauschzahl vom Quellenwiderstand RQ


Rr
RQopt = . (7.125)
Gr
Damit lässt sich auch die bestenfalls erreichbare minimale Rauschzahl Fmin
angeben
 Ureff Ireff
Fmin = 1 + 2 Rr Gr = 1 + . (7.126)
2kT (fmax − fmin )

Rauschen von Kettenschaltungen

Um die resultierende Rauschzahl einer Verstärker-Kettenschaltung (Abb. 7.44)


zu ermitteln, wird zunächst jedem Vierpol eine Ersatzrauschspannungsquelle
(mit der effektiven Rauschspannung UrEgesi ) zugeordnet, welche die internen
Rauschquellen des Vierpoles äquivalent ersetzt. Wenn man alle Spannungen
auf den Eingang der ersten Vierpolstufe bezieht, folgt für den Signal/Rausch-
Verhältnis
" #
S U0Signal
= 20 lg  (7.127)
N UrEges
⎛ ⎞
⎜ U0Signal ⎟
= 20 lg ⎜
⎝
⎟ ,

2 2 U2 2
UrEges3
UrQuelle + UrEges1 + rEges2
V2
+ 2 V2
Vu1
+ ...
u1 u2

wobei UrEgesi die Ersatzrauschspannung des i-ten Vierpols und Vui die Span-
nungsverstärkung des i-ten Vierpols bezeichnen.
Friis hat in einer grundlegenden Arbeit [60] die Gesamtrauschzahl Fges einer
Vierpol-Kettenschaltung abgeleitet (siehe auch [20])

F2 − 1 F3 − 1 Fn − 1
Fges = F1 + + + ...+ . (7.128)
Vp1 Vp1 Vp2 Vp1 Vp2 . . . Vp(n−1)

In Gl. (7.128) bezeichnen Fi die Rauschzahl des i-ten Vierpoles und Vpi seine
Leistungsverstärkung. Für mehrstufige Verstärkerschaltungen kann bei genü-
7.3 Rauschen von Messverstärkern 223

UrQuelle UrEges1 UrEges2 UrEgesn


.....

RQ Vierpol 1 Vierpol 2 Vierpol n

VU1 VU2 VUn


U0Signal
.....

Abb. 7.44. Rauschen von Vierpol-Kettenschaltungen

gend hoher Leistungsverstärkung der einzelnen Stufen folgende Näherung an-


genommen werden
F2 − 1 F3 − 1 Fn − 1
F1 ... . (7.129)
Vp1 Vp1 Vp2 Vp1 Vp2 . . . Vp(n−1)
Dies bedeutet, dass das Rauschverhalten der Kettenschaltung im Wesentlichen
vom Rauschen der Eingangsstufe bestimmt wird.

Rauschmessung: Bestimmung der Rauschzahl

Ein ohmscher Widerstand gibt bei der absoluten Temperatur T gemäß den
Gln. (7.102) und (7.103) im Frequenzintervall B = fmax − fmin bei Leistungs-
anpassung die Rauschleistung PrR ab

PrR = kT B , (7.130)

wobei k die Boltzmann-Konstante k = 1, 38 · 10−23 Ws/K bezeichnet. Lei-


stungsanpassung heißt, dass der rauschende Widerstand seine Leistung an
einen Zweipol bzw. das Eingangstor eines Vierpols abgibt, dessen Innenwider-
standswert mit dem des Rauschwiderstandes übereinstimmt, so dass am Zwei-
pol nur die Hälfte der ursprünglichen Rauschspannung (Gl. (7.102)) anliegt.
Die auf diese Weise von einem ohmschen Widerstand abgegebene Rauschlei-
stung hängt nicht vom Widerstandswert ab, sondern wird nur von der Tem-
peratur des Widerstandes und der Beobachtungsbandbreite B bestimmt.
Gemäß einer zweiten Rauschzahl-Definition gibt die Rauschzahl F auch
an, um welchen Faktor ein Vierpol mit der Leistungsverstärkung Vp bei der
Referenztemperatur T0 = 290 K die thermische Rauschleistung PrR des In-
nenwiderstandes der Signalquelle durch sein Eigenrauschen vergrößert [111].
Die Umrechnung in die ursprüngliche Definition (Gl. (7.112)) lässt sich wie
folgt durchführen
PsE PrA PrA PrA
F = = = . (7.131)
PsA PrE Vp PrR Vp kT0 B
Gleichung (7.130) findet Anwendung, um die Rauscheigenschaften von Vier-
polen durch Angabe einer fiktiven Rauschtemperatur TR zu beschreiben. Dazu
224 7 Messverstärker

wird der Rauschleistung PrE mit Hilfe von Gl. (7.130) die Temperatur T0 und
der Rauschleistung PrEamp die Temperatur TR zugeordnet (s. auch Abb. 7.45).

Abb. 7.45. Prinzipschaltung zur Messung der Rauschzahl eines Verstärkers (=DUT
(Device Under Test)). Der Widerstand R gibt im Frequenzintervall B die tempe-
raturabhängige Rauschleistung PrE = PrR = kT B ab. Es wird Leistungsanpassung
zwischen dem als Rauschgenerator dienenden ohmschen Widerstand R und dem
Verstärkereingang vorausgesetzt.

Mit Gl. (7.117) ergibt sich dann die fiktive Rauschtemperatur TR zu


TR = (F − 1)T0 . (7.132)
Die Rauschmessung kann mit Hilfe der Prinzipschaltung nach Abb. 7.45 er-
folgen. Dabei wird die Rauschleistung am Ausgang eines Verstärkers, des-
sen Rauschzahl gemessen werden soll, für zwei unterschiedliche (aber bekann-
te) Eingangsrauschleistungen mit Hilfe eines Leistungsmessgerätes gemessen.
Bei linearem Verhalten des Verstärkervierpols gilt für die Gesamtrauschlei-
stung PrA an seinem Ausgang in Abhängigkeit der am Eingang eingespeisten
Rauschleistung PrE = kT B (Abb. 7.46)
PrA0 = kT0 BVp + Pramp = kT0 BVp F (7.133)
bzw.
PrA1 = kT1 BVp + Pramp , (7.134)
wobei Pramp die Gesamtrauschleistung der internen Rauschquellen des Ver-
stärkers bezeichnet. Infolge des linearen Verhaltens (Abb. 7.46) gilt weiterhin

T0 − 1
T1
F = (7.135)
PrA0 − 1
PrA1

bzw.


ΔT PrA1
F̃ (dB) = 10 lg − 10 lg −1 , (7.136)
T0 PrA0
wobei ΔT = T1 − T0 die Rauschtemperaturdifferenz beschreibt. In der Praxis
werden keine rauschenden Widerstände sondern Rauschgeneratoren verwen-
det, die in der Lage sind, definiert einstellbare Rauschleistungen abzugeben.
7.3 Rauschen von Messverstärkern 225

PrA

PrA1

kTBVP
PrA0 = kT 0 BVP F

Pramp

Pramp
-T R = - 0 T0 T1 T
kBVP

P rE0 PrE1 PrE =kTB


Abb. 7.46. Rauschleistung am Vierpolausgang als Funktion der Temperatur des
Quellwiderstandes bzw. als Funktion der Eingangsrauschleistung. Die Steigung bei-
der Geraden beträgt kBVp

Im Allgemeinen wird dann auch die in dB gemessene Rauschleistungserhöhung


ENR (Excess Noise Ratio)


ΔT
EN R = 10 lg (7.137)
T0

anstatt der Rauschtemperaturdifferenz ΔT angegeben. Der Quotient PrA1 /PrA0


wird oft auch als Y-Faktor bezeichnet
PrA1
Y = . (7.138)
PrA0
Daraus folgt
F̃ (dB) = EN R − 10 lg(Y − 1) . (7.139)
Bei vorgegebenem Wert von ENR kann mit Hilfe eines geeigneten Lei-
stungsmessers der Y-Faktor gemessen und damit die Rauschzahl anhand von
Gl. (7.139) bestimmt werden. Diese Art der Rauschmessung wird oft auch als
Y-Faktor-Methode bezeichnet. Als Rauschgenerator (Noise Source) kann
man eine der handelsüblichen Rauschquellen verwenden. Einer der meist ge-
bräuchlichen Rauschgeneratoren ist die Rauschquelle No. 346 in Ausführungs-
form A, B bzw. C (Abb. 7.47). Diese Quelle ist in der Lage, Rauschsignale im
Frequenzbereich 10 MHz bis 26,5 GHz zu liefern. Ihr Excess Noise Ratio be-
trägt 15 dB, entsprechend einer Rauschtemperatur von etwa 10.000 K (s. Gl.
(7.137)). Die Kalibrierung des ENR-Wertes hat aufgrund der hohen Bandbrei-
te, die das Gerät abdeckt, für spezifische Frequenzbänder separat zu erfolgen.
Abbildung 7.47b zeigt einen weiteren handelsüblichen Rauschgenerator, der
bis 50 GHz spezifiziert ist. Als eigentliche Rauschquellen werden in diesen
Rauschgeneratoren Siliziumdioden mit niedriger Kapazität genutzt, die mit
226 7 Messverstärker

Hilfe einer Konstantstromquelle im Bereich ihres Zenerdurchbruchs betrieben


werden. Die Dioden liefern in diesem Betriebszustand bis zu Frequenzen von
ca. 50 GHz ein nahezu konstantes Rauschspektrum [3], [74], [75].

a) b)
Abb. 7.47. Standard-Rauschquellen: a) Rauschgenerator 346B; b) Rauschgenera-
tor 4001A

Die Rauschzahl kann schließlich mit Hilfe eines Rauschzahlmessgerätes (NFA


(Noise Figure Analyzer)) (Abb. 7.48) oder auch eines Spektrumanalysators ge-

Abb. 7.48. Rauschzahlmessgerät (Noise Figure Analyzer (NFA))

messen werden. Das Herz eines Noise-Figure-Analysators besteht aus einem


hochgenauen Leistungsmesser (Power Detector), der in Kombination mit ei-
nem Rauschgenerator die Rauschzahl nach der oben beschriebenen Y-Faktor-
Methode bestimmt. Da Spektrumanalysatoren in der Lage sind, spektrale
Leistungsdichteverteilungen zu messen, läßt sich mit ihrer Hilfe ebenfalls die
Rauschzahl in Abhängigkeit der Frequenz bestimmen. Gegenüber einem rei-
nen Rauschzahlmessgerät besitzen sie den Vorteil einer universellen Verwend-
barkeit.
7.3 Rauschen von Messverstärkern 227

Rauschzahlmessung in geschirmter Umgebung

Die Messung von Rauschzahlen erweist sich in normaler Laborumgebung


aufgrund der dort im Allgemeinen vorhandenen Störeinflüsse oft als nicht
durchführbar. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine niedrige Rauschzahl
(F < 3 dB) gemessen oder wenn eine hohe Messgenauigkeit gefordert wird.
Solche Messungen erfordern dann entweder einen speziellen EMV-Messraum
oder zumindest eine Messbox, die für die notwendige Abschirmung gegen äuße-
re elektromagnetische Felder und auch Leitungsstörungen sorgt. Kommerziell
erhältlich gibt es verschiedene Ausführungsformen solcher Messboxen. Eine
davon wird von dem Messgeräte-Hersteller Rohde & Schwarz (R & S) ange-
boten [192]. Ihre äußeren Abmessungen (B×H×T) betragen ca. 700 mm ×
300 mm × 500 mm. Der Prüfling (DUT (Device Under Test)) wird zur Mes-
sung in das geschirmte Innere der Messbox gegeben. Die Box weist in ihrer
Hülle eine elektromagnetische Schirmung auf, die für eine obere Frequenz von
3 GHz und ein (frequenzabhängiges) Schirmmaß von 40 bis 75 dB spezifiziert
ist. In Verbindung mit einem Rauschgenerator und einem Vorverstärker, die
sich ebenfalls beide in der Messbox befinden, sowie einem außerhalb der Box
befindlichen Spektrumanalysator wird das Messsystem zur Rauschzahlmes-
sung komplettiert (Abb. 7.49). Die Rauschmessung kann dabei automatisch
per Softwaresteuerung von statten gehen. Dazu wird eine spezielle Messsoft-
ware (FS-3K) zur Verfügung gestellt, die seitens des Spektrumanalysators,
beispielsweise ein FSPx (x=3/7/13/30 steht für die obere Grenzfrequenz des
Analysators in GHz) von R & S, eine 28 V Gleichspannung bereitstellt. Mit-
tels dieser Spannung wird der Rauschgenerator gezielt ein- und ausschaltet.
Im ausgeschalteten Zustand beträgt seine Rauschtemperatur T0 =290 K (s.
Abb. 7.46), während sich im eingeschalteten Zustand die Rauschtemperatur
um ΔT auf T1 erhöht. Der Wert von ΔT lässt sich aus Gl. (7.137) aus dem
von Hersteller angegebenen ENR-Wert ermitteln. Das vor der Rauschquelle
angeordnete Filter dient der Eliminierung von Störungen, die sich eventuell
auf der 28V-Leitung befinden. Das Meßsignal gelangt nach der (eventuellen)
Vorverstärkung auf den Eingang des Spektrumanalysators. Der Spektrumana-
lysator mißt die frequenzabhängigen Signalleistungen (Y-Faktor) in Abhängig-
keit des vom Rauschgenerator vorgegebenen ENR-Wertes. Der Vorverstärker
wird aus Entstörgründen von einem in der Meßbox befindlichen Akkumula-
tor gespeist. Für den Fall, daß das Testobjekt einen Anschluß nach außen
benötigt, sind weitere Anschlüsse in Form entstörter Leitungsdurchführungen
vorhanden.
228 7 Messverstärker

28 VDC
Spektrumanalysator FSPx

elektromagnetisch
geschirmte
Messbox

Device
Vorver- under Test
stärker
Akku DUT

optionale
Anschlussleitungen
für DUT Rausch-
Filter
generator

Abb. 7.49. Rausch-Messplatz mit elektromagnetisch geschirmter Messbox der Fir-


ma Rohde & Schwarz [192]
8
Messung der elektrischen Leistung

8.1 Leistungsmessung im Gleichstromkreis


Die elektrische Leistung P an einem elektrischen Tor ergibt sich aus dem
Produkt von Spannung U und Strom I

P = UI . (8.1)

Diese Leistung kann mit Hilfe eines elektrodynamischen Messwerkes gemessen


werden. Dazu schickt man den Strom I durch die Feldspule (Widerstand RWA )
und legt die Spannung U an die Drehspule (Widerstand RWV ) an. Abbildung
8.1 zeigt die entsprechende Schaltung mit dem elektrodynamischen Messwerk.
Falls der Strom I2 durch die Drehspule gegenüber dem Verbraucherstrom IV
vernachlässigt werden darf, ist der Zeigerausschlag α proportional zur Lei-
stung PV des Verbrauchers

α = k̃I1 I2 = k̃(I2 + IV )I2 ≈ k̃IV I2


UV
= k̃IV = kUV IV = kPV . (8.2)
RWV
Die Feldspule sollte wegen der Strommessung niederohmig und die Drehspule
wegen der Spannungsmessung hochohmig sein.

Abb. 8.1. Leistungsmessung mit einem elektrodynamischen Messwerk. Der Punkt


kennzeichnet die Polarität des Spannungspfades.

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_8
230 8 Messung der elektrischen Leistung

Abb. 8.2. Leistungsmessung mit einem elektrodynamischen Messwerk: a) Es wer-


den der Quellstrom und die Verbraucherspannung richtig gemessen. b) Es werden
die Quellspannung und der Verbraucherstrom richtig gemessen.

Die von der Quelle gelieferte Leistung PQ teilt sich in die vom Verbraucher
umgesetzte Leistung PV und die vom Messgerät benötigte Leistung PM

PQ = PV + PM . (8.3)

Wie anhand von Abb. 8.2 deutlich wird, kann ein elektrodynamisches Mess-
werk stromrichtig oder spannungsrichtig angeschlossen werden. Die Begriffe
strom- und spannungsrichtig beziehen sich dabei entweder auf die Quellensei-
te (Quellentor) oder die Verbraucherseite (Verbrauchertor) des Messgerätes.
Spannungsrichtig in Bezug auf die Verbraucherseite heißt, dass die am Ver-
braucherwiderstand RV anliegende Spannung UV gemessen wird, während der
Strom, der durch die Stromspule des Messgerätes fließt, dem Quellstrom, d. h.
also der Summe aus Verbraucherstrom IV und Drehspulenstrom I2 , entspricht
(Abb. 8.2a). Bei der in Bezug auf die Verbraucherseite stromrichtigen Messung
ist es umgekehrt, hier wird der richtige Wert des Verbraucherstroms gemessen,
während am Spannungseingang die Summe aus Verbraucherspannung und
Feldspulenspannung anliegt. Eine korrekte Messung der Verbraucherleistung
PV bzw. der Quelleistung PQ ist erst möglich, wenn das elektrodynamische
Messwerk um eine Korrekturspule erweitert wird, welche dieselbe Windungs-
zahl aufweist wie die Stromspule (Abb. 8.3). Durch diese Korrekturspule fließt
der Strom, den auch die Drehspule führt (I2 ). Bei der Stromrichtung nach
Abb. 8.3a addiert sich die Wirkung dieses Korrekturspulenstroms zu der des
Feldspulenstroms I1 , so dass die Leistung quellrichtig gemessen wird. Bei Stro-
mumkehr nach Abb. 8.3b kann die Leistung verbraucherrichtig gemessen wer-
den. Es sollte jedoch erwähnt werden, dass generell bei allen Messungen durch
das Einbringen des elektrodynamischen Messwerkes systematische Messfehler

Abb. 8.3. Leistungsmessung mit einem elektrodynamischen Messwerk, das mit


einer Korrekturspule ausgestattet ist: a) Es wird die Quelleistung richtig gemessen.
b) Es wird die Verbraucherleistung richtig gemessen.
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis 231

auftreten. So wird bei einer verbraucherrichtigen Messung beispielsweise zwar


die aktuelle Verbraucherleistung korrekt erfasst, die Verbraucherleistung je-
doch, die bei nicht vorhandenem Messwerk im Verbraucher umgesetzt würde,
erhält man erst nach einer Fehlerkorrektur der systematischen Messfehler.

8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis


8.2.1 Begriffsdefinitionen

Nachdem sich mit Hilfe der Fourieranalyse jeder beliebige periodische Zeit-
verlauf einer Spannung bzw. eines Stromes in seine rein sinusförmigen Spek-
tralkomponenten zerlegen und in Form einer Fourierreihe darstellen lässt,
können wir uns im Folgenden ohne Einschränkung der Allgemeinheit auf rein
sinusförmige Zeitverläufe beschränken

u(t) = Û sin(ωt + ϕu ) (8.4)


i(t) = Iˆ sin(ωt + ϕi ) . (8.5)

Die entsprechenden Effektivwertbeträge erhält man mit der Definition aus


Kap. 6.3.1


Ueff = √ (8.6)
2

Ieff = √ . (8.7)
2
Die Wechselgrößen aus Gln. (8.4) und (8.5) lassen sich alternativ in komplexer
Schreibweise als Zeigergrößen

U = Û ejϕu U ∗ = Û e−jϕu (8.8)


ˆ jϕi I ∗ = Ie
I = Ie ˆ −jϕi , (8.9)

oder als Effektivwertzeiger angeben

U eff = Ueff ejϕu (8.10)


I eff = Ieff ejϕi . (8.11)

8.2.2 Leistungsmessung im Einphasennetz

In (einphasigen) Wechselstromkreisen sind die folgenden Leistungsgrößen de-


finiert:
232 8 Messung der elektrischen Leistung

Komplexe Leistung P

Die komplexe Leistung P ist folgendermaßen definiert

P = U eff I ∗eff = Ueff Ieff ejϕu −ϕi (8.12)


= Ueff Ieff ejϕui
P = Re(P ) + jIm(P ) = PW + jPB . (8.13)

Wirkleistung PW

Die Wirkleistung PW ist der Teil der komplexen elektrischen Leistung, der
in der Impedanz Z in eine andere (nicht-elektrische) Energieform, wie z. B.
in mechanische Energie oder in Wärmeenergie umgesetzt wird. Sie entspricht
dem Produkt von Spannungs- und Stromeffektivwert, multipliziert mit dem
Cosinus der Phasenwinkeldifferenz zwischen Strom und Spannung (Einheit
Watt (W))
PW = Re(P ) = Ueff Ieff cos ϕui . (8.14)
Die Messung der Wirkleistung kann direkt mit Hilfe eines elektrodynami-
schen Messwerkes erfolgen, da bei diesem der Zeigerausschlag dem Produkt
I1eff I2eff cos ϕ proportional ist (Gl. (6.47)). Es gelten ansonsten die bereits für
den Gleichstromkreis aufgestellten Regeln (Kap. 8.1).

Blindleistung PB

Die Blindleistung PB wird durch das Speicherverhalten einer komplexen Im-


pedanz verursacht. Dieser Teil der Leistung pendelt periodisch zwischen der
Quelle und dem Verbraucher mit der Impedanz Z hin und her (Einheit Volt-
Ampere-reaktiv (VAR bzw. VAr))

PB = Im(P ) = Ueff Ieff sin ϕui . (8.15)

Die Blindleistung wird ebenfalls mit Hilfe eines elektrodynamischen Messwer-


kes bestimmt. Allerdings muss ein 90◦ -Phasenschieber verwendet werden, der
den Strom des Spannungspfades gegenüber der Spannung U V um −90◦ dreht

Abb. 8.4. Messung der Blindleistung in einem Wechselstromkreis mit Hilfe eines
elektrodynamischen Messwerkes und einem 90◦ -Phasenschieber.
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis 233

(Abb. 8.4). Für den Zeigerausschlag α gilt dann

α = k̃I1eff I2eff cos ϕ ≈ kIVeff UVeff cos(ϕ − 90◦ ) = kIVeff UVeff sin ϕ . (8.16)

Da die 90◦ -Phasenverschiebung frequenzabhängig ist, sind die Geräte zur


Blindleistungsmessung üblicherweise für eine Frequenz von 50 Hz bzw. 60 Hz
konzipiert. Für stark oberwellenhaltige Signale ergeben sich daher fehlerhaf-
te Messwerte. Die Blindleistung wird bei induktiven Lasten positiv und bei
kapazitiven Lasten negativ angezeigt.

Scheinleistung PS

Die Scheinleistung ist die in einer komplexen Impedanz Z umgesetzte Lei-


stung. Sie entspricht dem Produkt der Effektivwerte von Strom und Spannung
an der Impedanz Z (Einheit Volt-Ampere (VA))

PS = |P | = Ueff Ieff = PW
2 + P2 .
B (8.17)

Messtechnisch lässt sich die Scheinleistung am einfachsten durch separate


Strom- und Spannungsmessungen der Effektivwerte Ieff und Ueff und die an-
schließende Produktbildung gemäß Gl. (8.17) ermitteln.

8.2.3 Leistungsmessung in Drehstromsystemen

Prinzipielle Schaltungsvarianten in Drehstromsystemen

Bei Drehstromsystemen unterscheidet man zwischen dem 3-Leiter-System und


dem 4-Leiter-System, je nachdem, ob ein Neutralleiter vorhanden ist oder
nicht. Abbildung 8.5 zeigt beide Varianten. Die komplexen Verbraucher Z 1 ,

Abb. 8.5. a) 4-Leiter-Drehstromsystem mit Sternschaltung der Verbraucher (N:


Neutralleiter), b) 3-Leiter-Drehstromsystem mit Dreieckschaltung der Verbraucher
234 8 Messung der elektrischen Leistung

Z 2 und Z 3 können in Form einer Sternschaltung (Abb. 8.5a) oder einer Drei-
eckschaltung (Abb. 8.5b) zusammengeschaltet werden. Beim 4-Leiter-System
hat man zwischen den Leiterspannungen (verkettete Spannung) U 12 , U 23 und
U 31 (Spannungen zwischen zwei Außenleitern) und den Sternspannungen U 1N ,
U 2N und U 3N (Spannungen zwischen Außenleiter und Neutralleiter) zu unter-
scheiden (Abb. 8.5). Der Neutralleiter wird auch als Sternpunkt bezeichnet.
Im Falle eines 3-Leiter-Systems kann man sich zu messtechnischen Zwecken
(Abb. 8.9) einen künstlichen Sternpunkt N  schaffen, indem man die drei Lei-
ter L1 , L2 und L3 jeweils mit einem hochohmigen Widerstand R zu dem
künstlichen Sternpunkt N  verbindet.
Im Folgenden wollen wir zunächst eine symmetrische Belastung voraus-
setzen, d. h. die drei Lastimpedanzen sind identisch Z 1 = Z 2 = Z 3 . Im Zei-
gerdiagramm (Abb. 8.6) erkennt man, dass sowohl die Leiterspannungen als
auch die Sternspannungen um jeweils 120◦ gegeneinander phasenverschoben
sind. In Drehstromnetzen gilt generell

U 12 = U 1N − U 2N (8.18)
U 23 = U 2N − U 3N (8.19)
U 31 = U 3N − U 1N . (8.20)

Dabei sollte erwähnt werden, dass sich in 3-Leiter-Systemen die Bezeichnung


N auf den künstlichen Sternpunkt N  bezieht. Im Speziellen gilt bei symme-
trischer Belastung

U 1N = U (8.21)
−j120◦
U 2N = U e (8.22)
+j120◦
U 3N = U e (8.23)

und
 √
|U 31 | = |U 1N |2 + |U 3N |2 − 2|U 1N ||U 3N | cos 120◦ = |U 1N | 3 . (8.24)

Die Leiterspannungen sind betragsmäßig stets gleich

Abb. 8.6. Zeigerdiagramm eines symmetrisch belasteten Drehstromsystems. Lei-


terspannungen: U 12 , U 23 , U 31 ; Sternspannungen: U 1N , U 2N , U 3N
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis 235
√ √
|U 12 | = |U 23 | = |U 31 | = |U | 3 = U 3 (8.25)

und ihre (Zeiger)-Summe ergibt Null

U 12 + U 23 + U 31 = 0 . (8.26)

Die Ströme des 4-Leiter-Systems genügen folgender Bedingung

I1 + I2 + I3 = IN . (8.27)

Für den Fall symmetrischer Belastung (gleiche Lastimpedanzen Z 1 = Z 2 =


Z 3 ) verschwindet der Strom im Neutralleiter des 4-Leiter-Systems. Weiterhin
gilt für die Leiterströme

I1 = I (8.28)
−j120◦
I2 = I e (8.29)
+j120◦
I3 = I e . (8.30)

Aus Abb. 8.7 folgt der Zusammenhang zwischen Leiterströmen und Strang-
strömen bei einer Dreieckschaltung
1
|I 12 | = |I 23 | = |I 31 | = √ |I| . (8.31)
3
Im 3-Leiter-System ist die Summe der drei Leiterströme infolge des nicht
vorhandenen Neutralleiters stets Null

I1 + I2 + I3 = 0 . (8.32)

Abb. 8.7. Zeigerdiagramm von Leiterströmen I i und Strangströmen I ij bei der


Dreieckschaltung. Die Form des gleichseitigen Dreiecks erhält man nur für symme-
trische (gleiche) Lasten Z i .
236 8 Messung der elektrischen Leistung

Messung der Wirkleistung in Drehstromsystemen

Für den Fall symmetrischer Belastung genügt ein Leistungsmesser, i. Allg.


wiederum ein elektrodynamisches Messwerk. Die umgesetzte Gesamtleistung
ergibt sich dabei als die dreifache Einzelleistung, welche gerade von dem einen
Leistungsmesser angezeigt wird. Für den allgemeinen Fall unsymmetrischer
Belastung jedoch werden beim 4-Leiter-System drei und beim 3-Leiter-System
zwei Leistungsmesser benötigt. Es gilt die generelle Regel, dass n−1 Leistungs-
messer eingesetzt werden müssen, wenn n Leitungen zu einem Verbraucher
führen, da eine der Leitungen stets als Rückleitung angesehen werden kann.

4-Leiter-System

Zur Wirkleistungsmessung in einem 4-Leiter-System werden drei elektrody-


namische Messwerke gemäß Abb. 8.8 zusammengeschaltet. Die Gesamtwirk-
leistung PWges ergibt sich als Summe der einzelnen Leistungen PWi

PWges = PW1 + PW2 + PW3


= U1Neff I1eff cos ϕ1 + U2Neff I2eff cos ϕ2 + U3Neff I3eff cos ϕ3 . (8.33)

Dabei bezeichnet ϕi den Phasenwinkel zwischen dem Strom Ii und der Span-
nung UiN .

Abb. 8.8. Wirkleistungsmessung in einem 4-Leiter-Drehstromsystem

3-Leiter-System

Oft werden auch bei 3-Leiter-Systemen drei Leistungsmesser eingesetzt, um


die einzelnen Leistungen getrennt beobachten zu können. Das Messergebnis
ist damit außerdem genauer, insbesondere bei kleinen Leistungen und großen
Phasenwinkeln. Da das 3-Leiter-System keinen Mittelpunktleiter aufweist,
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis 237

Abb. 8.9. Wirkleistungsmessung im 3-Leiter-System

müssen die drei Spannungspfade zu einem künstlichen Sternpunkt N  verbun-


den werden. Dies entspricht der Schaltung nach Abb. 8.9. Dabei müssen die
Widerstände bzw. Impedanzen der Spannungspfade aus Symmetriegründen
gleich sein. Die Gesamtwirkleistung lässt sich dann wiederum nach Gl. (8.33)
ermitteln.
Im 3-Leiter-System genügen allerdings auch zwei Leistungsmesser, wenn
man sie in Form der sog. Aaronschaltung (Abb. 8.10) zusammenschaltet. Die
beiden Messwerke zeigen die von ihnen gemessenen Wirkleistungen PW1 und
PW2 an, die sich in der Summe wie folgt darstellen

PW1 + PW2 = U13eff I1eff cos(<)U 13 , I 1 ) + U23eff I2eff cos(<)U 23 , I 2 ) . (8.34)

Die gesamte in einem Drehstromsystem umgesetzte komplexe Leistung P an-


dererseits beträgt definitionsgemäß

P = U 1N I ∗1 + U 2N I ∗2 + U 3N I ∗3 . (8.35)

Im Falle eines 3-Leiter-Systems stellen die Werte von UiN die Spannungen dar,
die zwischen dem jeweiligen Leiter Li und dem künstlichen Sternpunkt liegen.

Abb. 8.10. Zwei-Wattmeter-Verfahren (Aaronschaltung)


238 8 Messung der elektrischen Leistung

Aus dem Spannungszeigerdiagramm (Abb. 8.6) lassen sich die folgenden Zu-
sammenhänge ablesen

U 1N = U 13 + U 3N (8.36)
U 2N = U 23 + U 3N . (8.37)

Da außerdem die Summe der drei Leiterströme Null ergibt

0 = I1 + I2 + I3 , (8.38)

folgt aus Gl. (8.35) die gesamte komplexe Leistung P

P = U 13 I ∗1 + U 23 I ∗2 + U 3N (I ∗1 + I ∗2 + I ∗3 ) (8.39)
P = U 13 I ∗1 + U 23 I ∗2 . (8.40)

Der Realteil von P entspricht also der im Drehstromsystem umgesetzten Wirk-


leistung PW

PW = Re(P ) = U13eff I1eff cos(<


)U 13 , I 1 ) + U23eff I2eff cos(<)U 23 , I 2 ) . (8.41)

Die Identität mit Gl. (8.34) beweist, dass sich diese Gesamtwirkleistung auch
als Summe von PW1 und PW2 ergibt, jenen Leistungen also, die mit den beiden
Leistungsmessern der Aaronschaltung (Abb. 8.10) gemessen werden.

Messung der Blindleistung

Zur Messung der Blindleistung in Drehstromnetzen wird die Tatsache genutzt,


dass bei (annähernd) symmetrischer Lastverteilung die Sternspannungen und
Leiterspannungen paarweise um 90◦ phasenverschoben sind (Abb. 8.11). Nach
diesem Prinzip arbeiten die Schaltungen nach Abb. 8.12 und 8.14.

Abb. 8.11. Spannungszeiger in Drehstromsystemen


8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis 239

4-Leiter-System

Die Blindleistung in einem 4-Leiter-Drehstromsystem kann mit Hilfe von drei


elektrodynamischen Messwerken ermittelt werden. Dazu werden diese gemäß
Abb. 8.12
√ angeschlossen. Die Gesamtblindleistung ergibt sich nämlich aus der
durch 3 dividierten Summe (PB1 + PB2 + PB3 ) der Leistungen, welche die
Einzelmesswerke anzeigen
1
PBges = √ (PB1 + PB2 + PB3 ) . (8.42)
3
Die Einzelleistungen PB1 , PB2 und PB3 lassen sich unter Zuhilfenahme des
Spannungszeigerdiagrammes (Abb. 8.11) und der Annahme RV = 0 wie folgt
ableiten

) U 23 , I 1 ) = U23eff I1eff cos(<) (U 1N , I 1 ) − 90◦ )


PB1 = U23eff I1eff cos(<
= U23eff I1eff cos(ϕ1 − 90◦ ) = U23eff I1eff sin ϕ1

= 3U1Neff I1eff sin ϕ1 . (8.43)

Analog zu Gl. (8.43) gilt für die Anzeigen PB2 und PB3

) U 31 , I 2 ) = U31eff I2eff cos(<) (U 2N , I 2 ) − 90◦ )


PB2 = U31eff I2eff cos(<
= U31eff I2eff cos(ϕ2 − 90◦ ) = U31eff I2eff sin ϕ2

= 3U2Neff I2eff sin ϕ2 (8.44)

) U 12 , I 3 ) = U12eff I3eff cos(<) (U 3N , I 3 ) − 90 )
PB3 = U12eff I3eff cos(<
= U12eff I3eff cos(ϕ3 − 90◦ ) = U12eff I3eff sin ϕ3

= 3U3Neff I3eff sin ϕ3 . (8.45)

Abb. 8.12. Messung der Blindleistung im 4-Leiter-System. Die Leistungsmesser


haben identische Innenwiderstände.
240 8 Messung der elektrischen Leistung

Beim Anschließen der Leistungsmesser ist auf die richtige Polarität zu ach-
ten, welche durch die Punkte in Abb. 8.12 angezeigt wird. Wenn die Vorwi-
derstände RV so gewählt werden,
√ dass an den Spannungspfaden der Mess-
geräte eine um den Faktor 3 kleinere Spannung wirksam wird, ergibt sich
die Gesamtblindleistung als Summe der drei Anzeigewerte, was durch einen
Vergleich der Gln. (8.42 - 8.45) leicht verifiziert werden kann.

3-Leiter-System

Im 3-Leiter-System genügen wiederum zwei Leistungsmesser, deren Span-


nungspfade zu einem künstlichen Sternpunkt N  gemäß Abb. 8.14 zusam-
mengeschaltet werden. Dabei ist wiederum auf die richtige Polarität der Lei-
stungsmesser zu achten, die√in Abb. 8.14 durch einen Punkt am Messwerk
gekennzeichnet ist. Die mit 3 multiplizierte Summe PBges der von den bei-
den in Abb. 8.14 dargestellten Leistungsmessern angezeigten Leistung beträgt
√ √
PBges = 3(PB3 + PB1 ) = 3(Re(U 1N I ∗3 − U 3N I ∗1 )) . (8.46)

Unter Zuhilfenahme der Abb. 8.13 kann Gl. (8.46) folgendermaßen dargestellt
werden
1
PBges = √ Re((U 13 + U 12 )I ∗3 + (U 23 + U 13 )I ∗1 ) . (8.47)
3
Indem man Gl. (8.47) wie folgt erweitert
1
PBges = √ Re ((U 13 + U 12 )I ∗3 + (U 23 + U 13 )I ∗1 + U 31 I ∗2 − U 31 I ∗2 )
3
1
= √ Re (U 23 I ∗1 + U 31 I ∗2 + U 12 I ∗3 + U 13 (I ∗1 + I ∗2 + I ∗3 )) (8.48)
3
und die Tatsache berücksichtigt, dass die Summe der Leiterströme im 3-Leiter-
System verschwindet

Abb. 8.13. Zusammenhänge zwischen Stern- und verketteten Spannungen


8.3 Messung der elektrischen Arbeit 241

I 1 + I 2 + I 3 = I ∗1 + I ∗2 + I ∗3 = 0 , (8.49)

gelangt man zur allgemeinen Blindleistungs-Beziehung


1
PBges = √ Re(U 23 I ∗1 + U 31 I ∗2 + U 12 I ∗3 ) . (8.50)
3

Abb. 8.14. Messung der Blindleistung im 3-Leiter-System. Der Punkt gibt die
Polarität des Spannungspfades an. Der Widerstand RWV entspricht dem Innenwi-
derstand des Spannungspfades der (identischen) Leistungsmesser.

8.3 Messung der elektrischen Arbeit

Die elektrische Arbeit (Energie) ergibt sich aus der zeitlichen Integration der
elektrischen Wirkleistung PW (t)
 t
E= PW (t) dt . (8.51)
0

Zur Messung der elektrischen Energie werden im Wechselstromfall sog. Induk-


tionsmesswerke eingesetzt, die üblicherweise als Elektrizitätszähler bezeichnet
werden. In diesen Induktionsmesswerken wird vom Strom des Leistungskrei-
ses ein magnetisches Wechselfeld aufgebaut, das in einer elektrisch leitfähigen
Scheibe Induktionsspannungen und damit Wirbelströme hervorruft. Auf diese
wirkt ein zweites, von der Spannung des Leistungskreises generiertes Magnet-
feld, das in Verbindung mit den Wirbelströmen Kräfte erzeugt, welche die
Scheibe in Rotation versetzen. Die Rotationsgeschwindigkeit der Scheibe ist
letztlich ein Maß für die elektrische Momentanleistung. Induktionsmesswerke
können allerdings nur für Wechselstromanwendungen eingesetzt werden, da
sie auf dem Induktionsprinzip beruhen.
242 8 Messung der elektrischen Leistung

Funktionsprinzip des Induktionsmesswerkes (Elektrizitätszähler)

Der prinzipielle Aufbau eines Elektrizitätszählers wird in Abb. 8.16 gezeigt.


Die auf dem hufeisenförmigen Joch (Stromeisen) befindliche Spule 1 führt den
Strom i(t) des Leistungskreises

i(t) = Iˆ sin(ωt + ϕ) . (8.52)

Der dadurch entstehende magnetische Fluss φ1 durchsetzt die Aluminium-


scheibe und induziert in dieser die Wirbelströme iw . Entsprechend dem Durch-
flutungsgesetz sowie dem Induktionsgesetz lassen sich die folgenden Zusam-
menhänge für den magnetischen Fluss φ1

N1 i(t) N1 ˆ
φ1 ∼ B1 ≈ μ0 = μ0 I sin(ωt + ϕ) (8.53)
2δ 2δ
bzw. den Wirbelstrom iw ableiten
dφ1
iw ∼ uind ∼ ∼ ω Iˆ cos(ωt + ϕ) . (8.54)
dt
Dabei bezeichnen B1 den Betrag der magnetischen Induktion im Stromeisen,
φ1 den magnetischen Fluss im Stromeisen, N1 die Windungszahl des Stromei-
sens, δ den Luftspalt in Strom- und Spannungseisen (die Aluminiumscheibe
zählt in diesem Fall wegen μr = 1 zum Luftspalt) und ϕ den Phasenwinkel
zwischen Spannung u und Strom i. Legt man die Spannung u(t) des Leistungs-
kreises an die Spule 2 des Spannungseisens, welches die Aluminiumscheibe
U-förmig umschließt, entsteht im Luftspalt die magnetische Induktion B2 ,
welche sich wie folgt aus der angelegten Spannung u(t) über den durch die
Spule fließenden Strom i2 (t) berechnen lässt

u(t) = Û sin ωt (8.55)



1 t 1
i2 (t) = u dt = − Û cos ωt (8.56)
L 0 ωL
i 2 N2
B 2 ≈ μ0 ∼ −Û cos ωt . (8.57)
δ
Dieses magnetische Feld wirkt nun auf die in der Aluminiumscheibe induzierten
Wirbelströme (Abb. 8.15) und verursacht eine mechanische Kraftwirkung. Die
entsprechende Volumenskraft fr (räumliche Kraftdichte) ergibt sich nach [170]

 2 − 1 H 2 gradμ ,
fr = Jw × B (8.58)
2

wobei Jw den Stromdichtevektor bezeichnet, der dem Wirbelstrom iw propor-


tional ist. Da die Aluminiumscheibe eine konstante Permeabilität μ aufweist,
verschwindet der Term gradμ, und der Betrag F der Gesamtkraft lässt sich
wie folgt ermitteln
8.3 Messung der elektrischen Arbeit 243

Abb. 8.15. Wirbelströme in der Aluminiumläuferscheibe eines Elektrizitätszählers

F ∼ iw B2 ∼ IˆÛ cos(ωt + ϕ) cos ωt . (8.59)

Das auf die Aluminiumscheibe wirkende mittlere Moment Mel erhält man,
wenn man über die Periodendauer T integriert

1 T
Mel ∼ F (t) dt (8.60)
T 0

Û Iˆ T 1 Û Iˆ
∼ (cos ϕ + cos(2ωt + ϕ)) dt = cos ϕ .
T 0 2 2

Gleichung (8.60) sagt aus, dass das Antriebsmoment Mel proportional der
Wirkleistung PW des Leistungskreises ist

Mel = k1 Ueff Ieff cos ϕ = k1 PW . (8.61)

In der Praxis entsteht aufgrund des relativ großen Luftspaltes sowie der Eisen-
und Kupferverluste keine exakte 90◦ -Verschiebung zwischen dem Strom i2
in der Spule 2 und der Spannung u des Leistungskreises. Die exakte 90◦ -
Phasenverschiebung erreicht man erst durch den in Abb. 8.16 gezeigten ma-
gnetischen Nebenschluss des Spannungseisens (Grobabgleich der 90◦ -Phasen-
verschiebung durch Veränderung von δN ) und eine Hilfswicklung am Stromei-
sen, die über den regelbaren Widerstand R kurzgeschlossen ist (Feinabgleich
der 90◦ -Phasenverschiebung durch Veränderung des Widerstandes R).
Der als Wirbelstrombremse wirkende Permanentmagnet (Abb. 8.16), der
auch als Bremsmagnet bezeichnet wird, erzeugt ein Bremsmoment mit dem
244 8 Messung der elektrischen Leistung

Abb. 8.16. Prinzipieller Aufbau eines Elektrizitätszählers

Betrag Mbrems
Mbrems = k2 n , (8.62)
wobei n die Drehzahl der Aluminiumscheibe bezeichnet. Die Drehzahl n der
Scheibe lässt sich nun aus der Gleichgewichtsbedingung Mbrems = Mel ermit-
teln
k1
n = Ueff Ieff cos ϕ = kPW . (8.63)
k2
Nachdem die Drehzahl n der Scheibe proportional zur Wirkleistung PW ist,
erhält man die elektrische Energie durch Aufsummieren (zeitliche Integration)
der Umdrehungen der Aluminiumscheibe. Dies geschieht in einfacher Weise
mit Hilfe eines mechanischen Zählwerkes.

Hinweis:
Die Leistungsmessung in Energieversorgungsnetzen und insbesondere beim
Endverbraucher hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Denn der
erste Schritt zu einer Energieverbrauchsreduzierung ist die komfortable und
effiziente elektronische Messung von Wirk- und Scheinleistung sowie die des
Energieverbrauches. Dabei wird gefordert, dass die elektronischen Leistungs-
messer in moderne Informationsarchitekturen, wie z. B. das Internet, einbind-
bar sind. Das Herzstück eines solchen elektronischen Energiemeters ist ein in-
tegrierter Schaltkreis, der mit zwei Eingangssignalen, welche dem Laststrom
bzw. der Lastspannung proportional sind, gespeist werden und der an seinem
Ausgang ein Signal liefert, das der verbrauchten Wirkleistung oder alternativ
der verbrauchten Energiemenge entspricht. Diese elektronischen Energiemeter
werden in Kap. 11.10 behandelt.
9
Messung von elektrischen Impedanzen

9.1 Messung von ohmschen Widerständen

Ein ohmscher Widerstand R unterscheidet sich von einer komplexen Impedanz


Z dadurch, dass er keine kapazitiven oder induktiven Anteile enthält, was
eigentlich einen Idealfall darstellt, der in der Praxis nie ganz erreicht werden
kann. Für den ohmschen Widerstand gilt das Ohmsche Gesetz in der Form

u(t)
R= , (9.1)
i(t)

d. h. Strom und Spannung sind zu jedem beliebigen Zeitpunkt direkt propor-


tional. Die Messung ohmscher Widerstände ist im Rahmen der messtechni-
schen Praxis eine wichtige Aufgabe, weil einige Sensoren als Widerstandsauf-
nehmer arbeiten; d. h. ihr Widerstandswert ist ein Maß für die Messgröße.

9.1.1 Strom- und Spannungsmessung

Die Bestimmung des ohmschen Widerstandes kann durch eine Strom- und
eine Spannungsmessung erfolgen. Der Widerstandswert R wird dann nach
dem Ohmschen Gesetz (Gl. (9.1)) berechnet. Da hierbei stets zwei getrennte
Messungen erforderlich sind, tragen sowohl der Fehler der Strommessung als
auch der Fehler der Spannungsmessung zum Fehler des Messwertes R bei. Es
kommen die beiden in den Abb. 9.1a und 9.1b gezeigten Schaltungsvarianten
in Frage. Die jeweiligen systematischen Fehler können korrigiert werden, wenn
die Innenwiderstände des Spannungs- und des Strommessgerätes bekannt sind.
In der stromrichtigen Schaltung (Abb. 9.1a) ist die Spannungsmessung feh-
lerhaft und der Spannungsabfall RMI I am Strommesser ist zwecks Korrektur
des systematischen Messfehlers von der gemessenen Spannung abzuziehen
U − RMI I U
RX = = − RMI . (9.2)
I I

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_9
246 9 Messung von elektrischen Impedanzen

Abb. 9.1. Bestimmung des ohmschen Widerstandes RX durch separate Strom- und
Spannungsmessung: a) Stromrichtige Schaltung, b) Spannungsrichtige Schaltung

In der spannungsrichtigen Schaltung (Abb. 9.1b) ist der gemessene Strom zu


groß, so dass vom gemessenen Wert I der Teilstrom U/RMU abzuziehen ist,
der durch den Spannungsmesser fließt
U
RX = . (9.3)
I − RU
MU

Da im Allgemeinen der Innenwiderstand des Strommessers RMI viel kleiner ist


als der des Spannungsmessers RMU , wird die stromrichtige Schaltungsvariante
für große Widerstände (RX RMI ) und die spannungsrichtige für kleine
Widerstände (RX RMU ) eingesetzt.

9.1.2 Vergleich mit einem Referenzwiderstand

Spannungsvergleich

Der bei getrennter Spannungs- und Strommessung auftretende Fehler lässt


sich vermeiden, wenn ein Referenzwiderstand Rref zur Verfügung steht. Durch
Messung der beiden Spannungen URX und URref (Abb. 9.2) kann bei be-
kanntem Referenzwiderstand Rref der Widerstand RX bestimmt werden. Die
Spannung U0 , die an die aus den Widerständen RX und Rref bestehende Se-
rienschaltung angelegt wird, muss während der beiden Messungen konstant
gehalten werden. Der Innenwiderstand des Messgerätes geht für den Fall, dass
er bei beiden Messungen derselbe ist (Vorsicht bei Messbereichsumschaltung),
nicht in den Fehler ein, da die beiden Spannungsmesswerte ins Verhältnis ge-
setzt werden. Wenn man die Spannungen URref und URX in der Schaltung
nach Abb. 9.2 mit Hilfe eines Spannungsmessgerätes mit Innenwiderstand
RMU misst, ergeben sich infolge des endlichen Innenwiderstandes RMU die
 
fehlerbehafteten Messwerte URref und URX

 (Rref RMU )
URref = U0 (9.4)
(Rref RMU ) + RX
 (RX RMU )
URX = U0 . (9.5)
(RX RMU ) + Rref
9.1 Messung von ohmschen Widerständen 247

Abb. 9.2. Messung eines ohmschen Widerstandes mit Hilfe eines Referenzwider-
standes Rref und einer Konstantspannungsquelle

 
Wenn man jedoch die beiden Messwerte URref und URX ins Verhältnis setzt,
kürzt sich der Innenwiderstand RMU heraus, so dass das Spannungsverhältnis


URX RX URX
 = = (9.6)
URref Rref URref
frei von systematischen Fehlern bleibt
URX
RX = Rref . (9.7)
URref

Stromvergleich

Alternativ kann ein Stromvergleich nach Abb. 9.3 genutzt werden, um den
ohmschen Widerstand RX zu bestimmen. Auch hier heben sich die systema-
tischen Messfehler bei der Messung der Einzelströme IRX und IRref auf und
gehen somit nicht in die Bestimmung von RX ein. Die infolge des Innenwi-
derstandes RMI des Strommessgerätes mit systematischen Fehlern behafteten
 
Teilströme IRref und IRX ergeben sich entsprechend der Stromteilerregel bei
parallelgeschalteten Widerständen zu

Abb. 9.3. Messung eines ohmschen Widerstandes mit Hilfe eines Referenzwider-
standes Rref und einer Konstantstromquelle
248 9 Messung von elektrischen Impedanzen

 RX
IRref = I0 (9.8)
RRref + RMI + RX
 RRref
IRX = I0 . (9.9)
RRref + RMI + RX
Das Verhältnis dieser Teilströme ist wiederum frei von Belastungsfehlern

IRref RX IRref
 = = (9.10)
IRX Rref IRX

bzw.
IRref
RX = Rref . (9.11)
IRX
Während der beiden Strommessungen muss der in die Parallelschaltung ein-
gespeiste Strom I0 sowie der Innenwiderstand RMI des Messgerätes konstant
gehalten werden.

9.1.3 Verwendung einer Konstantstromquelle

Eine direkte und kontinuierliche Anzeige des Widerstandswertes ist mit Hilfe
einer Konstantstromquelle möglich (Abb. 9.4).

Abb. 9.4. Messung eines ohmschen Widerstandes unter Verwendung einer Kon-
stantstromquelle

Der eingeprägte Konstantstrom I0 fließt dabei über den zu messenden Wider-


stand RX , der gemäß Gl. (9.12) proportional zur gemessenen Spannung UX
ist
UX
RX = . (9.12)
I0
Mit der Korrektur des systematischen Fehlers, der durch den Innenwiderstand
RMU des angeschlossenen Spannungsmessers verursacht wird, erhält man
UX
RX = . (9.13)
I0 − RUMU
X

Eine auf einer Konstantstromquelle basierende Messschaltung wird in Abb. 9.5


gezeigt. Wenn man einen idealen Operationsverstärker voraussetzt (uD = 0),
9.1 Messung von ohmschen Widerständen 249

Abb. 9.5. Messung eines ohmschen Widerstandes mit Hilfe einer Konstantstrom-
quelle. Bei der Verwendung in Digital-Multimetern werden die Spannungen an den
Abgriffpunkten (1) und (2) dem Analog-Digital-Umsetzer zugeführt.

kann die Spannung UX auch mit einem nicht-idealen Spannungsmesser ohne


systematischen Messfehler gemessen werden, so dass die Auswertung für RX
nach Gl. (9.12) vorgenommen werden kann
UX UX
RX = = R0 . (9.14)
I0 Uref
Für Präzisionsmessungen sind allerdings die nicht-idealen Eigenschaften des
Operationsverstärkers zu berücksichtigen, wie z.B. endliche Verstärkung, Ein-
gangsstrom oder Offsetspannung. Als nachteilig kann sich auch die nicht-
massebezogene Messung erweisen, da so leicht Störspannungen auftreten
können.
In Digital-Multimetern werden die beiden Spannungen Uref und UX (s.
Abgriffpunkte (1) und (2) in Abb. 9.5) vom Analog-Digital-Umsetzer digita-
lisiert und anschließend nach Gl. (9.14) ausgewertet. Die relative Genauigkeit
für diese Messung liegt bei Standard-Digital-Multimetern typischerweise bei
0,02 bis 0,2 % (s. auch Tab. 11.14).

9.1.4 Verwendung eines Kreuzspulinstrumentes

Da der Zeigerausschlag α eines Kreuzspulinstrumentes eine Funktion des Ver-


hältnisses zweier Ströme I2 /I1 ist (Gl. (6.60)), kann es unmittelbar zur Wi-
derstandsmessung eingesetzt werden. Abbildung 9.6 zeigt die dazu notwendige
Beschaltung. Wenn der zu bestimmende Widerstand RX gegenüber dem Spu-
lenwiderstand R1 groß ist (RX R1 ) und außerdem der Widerstand R3 groß
im Vergleich zum Spulenwiderstand R2 (R3 R2 ) gewählt wird, kann RX
mit Hilfe der Schaltung nach Abb. 9.6a unmittelbar gemessen werden. Der
zu bestimmende Widerstand RX ergibt sich dann aus der Stromteilerregel, da
die beiden Widerstände RX und R3 näherungsweise an der Speisespannung
U0 liegen. Der Zeigerausschlag α hängt aber i.Allg. in nichtlinearer Weise vom
Stromverhältnis I2 /I1 ab (Gl. (6.60))
I2 1
RX = R3 = R3 f (α) = R3 tan α . (9.15)
I1 k
250 9 Messung von elektrischen Impedanzen

Abb. 9.6. Widerstandsmessung mit Hilfe eines Kreuzspulinstrumentes: a) Schal-


tungsvariante für große Widerstände, b) Schaltungsvariante für kleine Widerstände

Zur Messung kleiner Widerstände wird die Schaltungsvariante nach Abb. 9.6b
eingesetzt. Unter der Voraussetzung (R1 + R1 ) RX und (R2 + R2 ) R3
gilt näherungsweise

UX I1 (R1 + R1 ) (R1 + R1 )


RX = ≈ = R3 f˜(α) . (9.16)
IX I2 (R2 + R2 )/R3 (R2 + R2 )

9.2 Kompensationsschaltungen
Mit Hilfe sog. Kompensationsschaltungen kann die Beeinflussung des Messvor-
ganges durch das Messgerät infolge seiner nicht-idealen Innenimpedanz elimi-
niert werden. Ströme und Spannungen werden dabei leistungslos gemessen,
d. h. Ströme ohne Spannungsabfall über den Messkontakten und Spannun-
gen ohne (Parallel)-Ströme durch ein angeschlossenes Spannungsmessgerät.
Die von klassischen Messgeräten jedoch stets benötigte Energie wird dabei
einer Hilfsquelle und nicht, wie bei Standardmessungen üblich, der zu mes-
senden Schaltung entnommen. Der Hauptvorzug der Kompensatoren besteht
also darin, dass bei der Messung keine Belastung des Messkreises erfolgt. In-
folge der rückwirkungsfreien Messung wird eine sehr hohe Messgenauigkeit
erreicht. Als eigentliches Messinstrument ist dazu lediglich ein Galvanometer
zum Nullabgleich erforderlich. Da die Kompensationsschaltungen eine Vor-
stufe der Brückenschaltungen darstellen, die zur Messung von ohmschen Wi-
derständen bzw. komplexen Impedanzen eingesetzt werden, sollen sie an dieser
Stelle besprochen werden.

9.2.1 Gleichspannungskompensation

Abbildung 9.7 zeigt das Kompensationsprinzip für eine Gleichspannungsmes-


sung. Der Abgriff des Widerstandes wird dabei solange verändert, bis das
Galvanometer G stromlos ist. Es folgt damit
9.2 Kompensationsschaltungen 251

R
UX = UR = U0 . (9.17)
R0
Bei bekannten Größen U0 , R0 , R kann UX ohne einen durch den Leistungsver-
brauch eines Messgerätes hervorgerufenen Fehler bestimmt werden.

Abb. 9.7. Prinzip der Gleichspannungskompensation (UX ≤ U0 )

9.2.2 Gleichstromkompensation

Mit der Kompensationsschaltung nach Abb. 9.8 kann ein unbekannter Strom
IX kompensiert werden, indem Spannungsgleichheit an dem von dem Diffe-
renzstrom (I0 − IX ) durchflossenen Widerstand R und an dem vom Strom IX
durchflossenen Widerstand R1 erreicht wird

(I0 − IX )R = IX R1 . (9.18)

Weiterhin kann die folgende Maschengleichung aufgestellt werden

(I0 − IX )R + I0 (R0 − R) = U0 . (9.19)

Aus den Gln. (9.18) und (9.19) kann unmittelbar der zu messende Strom IX
bestimmt werden
R
IX = U0 . (9.20)
R0 (R1 + R) − R2
Da über den Messkontakten keine Spannung abfällt, wird leistungslos, d. h.
ohne Belastung des Messkreises, gemessen. Als Nulldetektoren verwendet man

Abb. 9.8. Gleichstromkompensationsschaltung. R0 ist der Gesamtwiderstand des


Spannungsteilers und R der Wert zwischen dem Teilerabgriff und dem positiven Pol
der Spannungsquelle
252 9 Messung von elektrischen Impedanzen

empfindliche Galvanometer mit Spannungsanzeigen im Bereich von 0,1 μV bis


1 μV bzw. empfindliche Spannungsverstärker mit kleiner Offsetspannung. In
der Praxis wird oft anstelle des Galvanometers ein Nullverstärker verwendet,
der ein motorbetätigtes Potentiometer ansteuert. Dabei wird der Schleifer ei-
nes Potentiometers mit Hilfe eines Stellmotors so lange verstellt, bis die Ein-
gangsspannungsdifferenz des Verstärkers zu Null abgeglichen ist. Damit ist die
Verstellung des Schleifers der zu messenden Spannung uE proportional. Ein
angekoppeltes Schreibgerät schreibt auf einem kontinuierlich bewegten Regi-
strierpapier einen Linienzug, der für den Fall entsprechend schneller Regelung
dem Signalverlauf uE (t) entspricht. Solche Anordnungen werden in Form sog.
Kompensationsschreiber realisiert (Abb. 9.9).

Abb. 9.9. Prinzip eines Kompensationsschreibers

9.3 Gleichstrom-Messbrücken

Die genaue Bestimmung von ohmschen Widerständen erfolgt in der Praxis oft
mit Hilfe von sog. Brückenschaltungen. Die dazu von Wheatstone vorgeschla-
gene Messbrücke (Wheatstonesche Messbrücke) besteht aus zwei parallelge-
schalteten Spannungsteilern (Abb. 9.10), die mit der Spannung UE gespeist
werden. Beim Betrieb unterscheidet man zwischen dem Ausschlagverfahren
(Gleichstrom-Ausschlagbrücke), bei dem die Diagonalspannung UD mit ei-
nem hochohmigen Instrument gemessen wird, und dem Abgleich- oder Null-
verfahren (Gleichstrom-Abgleichbrücke), bei dem die Diagonalspannung zu
Null abgeglichen wird.

Abb. 9.10. Wheatstonesche Messbrücke


9.3 Gleichstrom-Messbrücken 253

9.3.1 Gleichstrom-Ausschlagbrücken
Im nicht-abgeglichenen Zustand resultiert aus der Speisespannung UE eine
Diagonalspannung UD


R2 R4 R2 R3 − R1 R4
UD = UE − = UE . (9.21)
R1 + R2 R3 + R4 (R1 + R2 )(R3 + R4 )
Durch Messung der Spannungen UD und UE kann bei drei bekannten Wi-
derständen auf den vierten unbekannten Widerstand geschlossen werden. Die
Genauigkeit des Verfahrens hängt neben der Toleranz der Brückenwiderstände
von der Genauigkeit der Messgeräte zur Bestimmung von UD und UE ab. Bei
der Messung der Spannung UD ist zu berücksichtigen, dass der Innenwider-
stand RM des Messgerätes zu einem Fehler führt.

Abb. 9.11. a) Gleichstrom-Ausschlag-Brückenschaltung bei Berücksichtigung der


Innenwiderstände von Speisespannungsquelle und Messgerät, b) bezüglich der Klem-
men 1 und 1 wirksame Ersatzspannungsquelle

Die unter Berücksichtigung der Innenwiderstände der Quelle RI und des Mess-
gerätes RM geltende Ersatzschaltung wird in Abb. 9.11a gezeigt. Die im Falle
offener Klemmen (RM → ∞) effektiv wirksame Brückenspeisespannung UE
kann aus der Leerlaufspannung UE0 der Speisequelle mit
RB = (R1 + R2 )  (R3 + R4 ) (9.22)
wie folgt errechnet werden
RB
UE = UE0 . (9.23)
RI + RB
Damit lässt sich auch die Leerlaufspannung UQ der Ersatzspannungsquelle
aus Abb. 9.11b angeben
R2 R3 − R1 R4
UQ = UD |RM→∞ = UE (9.24)
(R1 + R2 )(R3 + R4 )
1 R2 R3 − R1 R4
UQ = UD |RM→∞ = UE0 RI (R1 +R2 +R3 +R4 )
1+ (R1 + R2 )(R3 + R4 )
(R1 +R2 )(R3 +R4 )
R2 R3 − R1 R4
= UE0 . (9.25)
(R1 + R2 )(R3 + R4 ) + RI (R1 + R2 + R3 + R4 )
254 9 Messung von elektrischen Impedanzen

Abb. 9.12. Dreieck-Stern-Umwandlung

Der Innenwiderstand RQ der Ersatzspannungsquelle ist der Widerstand, den


man von den Klemmen 1 und 1 des Netzwerkes aus sieht. Dieser lässt
sich durch eine sog. Dreieck-Stern-Umwandlung (Abb. 9.12) der Widerstände
R1 , R2 und RI zu der in der Abb. 9.13 gezeigten Schaltung vereinfachen. Die
beiden Schaltungen in Abb. 9.12 sind bezüglich der äußeren Klemmen 1, 2
und 3 äquivalent. Diese Umwandlung sowie die entsprechende Stern-Dreieck-
Umwandlung sind z. B. in [139] beschrieben. Der Innenwiderstand RQ der
Ersatzspannungsquelle nach Abb. 9.13 ergibt sich dann zu
RQ = R1S + (R3 + R3S )  (R4 + R2S )
(R3 + R3S )(R4 + R2S )
= R1S + . (9.26)
R3 + R3S + R4 + R2S
Unter Berücksichtigung des von den Widerständen RM und RQ gebildeten
Spannungsteilers in Abb. 9.11b lässt sich die Diagonalspannung UD für den
Fall nicht-idealer Innenwiderstände von Quelle und Messgerät wie folgt ablei-
ten
RM
UD = UQ . (9.27)
RM + RQ
Aus dem Vergleich mit der Diagonalspannung UD des idealen Falles (Gl. (9.21))
lässt sich schließlich der entsprechende Fehler ermitteln.

Abb. 9.13. Durch Dreieck-Stern-Umwandlung vereinfachte Schaltung aus Abb. 9.11


9.4 Messung von Schein- und Blindwiderständen 255

9.3.2 Gleichstrom-Abgleichbrücken

Zur Messung von ohmschen Widerständen wird i. Allg. das Abgleichverfah-


ren eingesetzt. Dabei wird einer der bekannten Brückenwiderstände, z. B. der
Widerstand R4 (Abb. 9.10), solange verändert, bis die Diagonalspannung UD
Null wird. Mit Gl. (9.21) folgt daraus


R2 R4 R2 R3 − R1 R4
UD = 0 = UE − = UE . (9.28)
R1 + R2 R3 + R4 (R1 + R2 )(R3 + R4 )
So kann ein unbekannter Widerstand, beispielsweise R2 , aus den übrigen
bekannten Widerstandswerten ermittelt werden. Die Abgleichbedingung aus
Gl. (9.28) lautet
R2 R3 = R1 R4 , (9.29)
bzw. nach dem gesuchten Widerstandswert R2 aufgelöst
R4
R2 = R1 . (9.30)
R3
Bei Präzisionsmessbrücken werden als einstellbare Widerstände sehr genaue
Widerstandsdekaden verwendet. Die Messunsicherheiten liegen hierbei im Be-
reich 10−5 . Ein wesentlicher Vorzug des Abgleichverfahrens besteht darin, dass
keine Absolutwerte von Spannungen oder Strömen gemessen werden müssen.
Auch die Brückenspeisespannung UE geht nicht in die Messung ein, so dass
an deren Konstanz keine hohen Anforderungen gestellt werden müssen. Ein
weiterer Vorzug besteht in der Tatsache, dass die Diagonalspannung UD nur
mittels Nullgalvanometer zu Null abgeglichen und nicht absolut erfasst werden
muss.

9.4 Messung von Schein- und Blindwiderständen


Eine komplexe Impedanz (Scheinwiderstand) setzt sich aus einer Wirkkompo-
nente R und einer Blindkomponente X zusammen
Z = Re(Z) + jIm(Z) = R + jX = |Z|ejϕz . (9.31)
Bei vernachlässigbarem ohmschen Anteil ergeben sich für
• eine Kapazität C (idealer Kondensator)
−j
Z = jX = (9.32)
ωC
• eine Induktivität L (ideale Spule)
Z = jX = jωL . (9.33)
Im realen verlustbehafteten Fall wendet man die im Folgenden beschriebenen
Ersatzschaltbilder an.
256 9 Messung von elektrischen Impedanzen

Reihen- und Parallel-Ersatzschaltbilder einer verlustbehafteten


Induktivität

Die Reihen- und die Parallel-Ersatzschaltung einer verlustbehafteten In-


duktivität werden in Abb. 9.14 neben den entsprechenden Impedanz- bzw.
Admittanz-Diagrammen gezeigt. Die Impedanz Z und die Admittanz Y der
verlustbehafteten Spule ergeben sich wie folgt
1 1
Z = RS + jωLS = = 1 1 . (9.34)
Y RP + jωL P

Mit den Ersatzschaltbildelementen können der Verlustfaktor tan δL sowie die


Güte Q angegeben werden
1 RS ωLP
tan δL = = = . (9.35)
Q ωLS RP

Abb. 9.14. Ersatzschaltbilder einer verlustbehafteten Induktivität mit entsprechen-


dem Impedanz- bzw. Admittanz-Diagramm: a) Reihenersatzschaltbild (Seriener-
satzschaltbild), b) Parallelersatzschaltbild

Reihen- und Parallel-Ersatzschaltbilder einer verlustbehafteten


Kapazität

Die Reihen- und die Parallel-Ersatzschaltung einer verlustbehafteten Ka-


pazität werden in Abb. 9.15 neben den entsprechenden Impedanz- bzw.
Admittanz-Diagrammen gezeigt. Die Impedanz Z und die Admittanz Y des
verlustbehafteten Kondensators ergeben sich zu
j 1 1
Z = RS − = = 1 . (9.36)
ωCS Y RP + jωCP

Mit den Ersatzschaltbildelementen lassen sich der Verlustfaktor tan δC sowie


die Güte Q bestimmen
1 1
tan δC = = ωRS CS = . (9.37)
Q ωRP CP
9.4 Messung von Schein- und Blindwiderständen 257

Abb. 9.15. Ersatzschaltbilder einer verlustbehafteten Kapazität mit entsprechen-


dem Impedanz- bzw. Admittanz-Diagramm: a) Reihenersatzschaltbild (Seriener-
satzschaltbild), b) Parallelersatzschaltbild

Ermittlung des Scheinwiderstandes

Zur Messung von Scheinwiderständen wird eine Wechselspannungsquelle be-


kannter Frequenz benötigt, welche die Impedanz Z speist

Z = Re(Z) + jIm(Z) . (9.38)

Der Scheinwiderstand |Z| kann nach separaten Messungen von Spannung und
Strom berechnet werden
Ueff
|Z| = . (9.39)
Ieff
Nachdem die komplexe Impedanz zwei skalare Unbekannte aufweist (Betrag
und Phase bzw. Real- und Imaginärteil), müssen zu ihrer vollständigen Be-
stimmung immer zwei getrennte Größen gemessen werden, wie z.B. der Schein-
widerstand und der Phasenwinkel oder der Scheinwiderstand und der Wirk-
widerstand.
Bei einer Spule beispielsweise können Schein- und Wirkwiderstand auf die
im folgenden beschriebene Art gemessen werden. Bei Anlegen einer Gleich-
spannung u− ergibt sich wegen X = 0 (Gl. (9.31)) der Wirkwiderstand R aus
einer Gleichstrommessung
u−
R= . (9.40)
i−
Bei Anlegen einer Wechselspannung u∼ lässt sich gemäß Gl. (9.39) der Schein-
widerstand |Z| aus der Messung der Effektivwerte von Spannung Ueff und
Strom Ieff ermitteln
Ueff u∼
|Z| = = . (9.41)
Ieff i∼
Anhand der Gln. (9.38), (9.40) und (9.41) kann schließlich auch der Blindwi-
derstand X berechnet werden

X = ωL = |Z|2 − R2 . (9.42)
258 9 Messung von elektrischen Impedanzen

Ermittlung einer komplexen Impedanz mittels der


3-Spannungsmesser-Methode

Verlustbehaftete Kondensatoren oder verlustbehaftete Spulen lassen sich mit-


tels der sog. 3-Spannungsmesser-Methode anhand von drei unabhängigen
Spannungsmessungen ermitteln (Abb. 9.16). Dazu schaltet man der unbe-
kannten Impedanz Z X einen ohmschen Widerstand RN in Serie und legt an
diese Serienschaltung eine Wechselspannung U an. Anschließend misst man
die Beträge bzw. Effektivwerte der Spannungen U N und U X , die an dem
Widerstand RN und der komplexen Impedanz Z X abfallen. Bei bekannter
Zeigerlänge von U hat man nunmehr drei Spannungszeiger in der komplexen
Ebene, von denen man lediglich die Beträge kennt. Damit lässt sich aber be-
reits das in Abb. 9.16 gezeigte Zeigerdiagramm konstruieren. Allerdings gibt
es ein zweites spiegelbildliches Zeigerdiagramm, das ebenfalls möglich wäre,
d. h. es lässt sich letztlich nur der Betrag des Phasenwinkels ϕ, nicht aber sein
Vorzeichen bestimmen. Durch Anwendung des Cosinussatzes auf das Dreieck
der Spannungszeiger erhält man den Phasenwinkel ϕ

2
|U | − |U N |2 − |U X |2
ϕ = ± arccos . (9.43)
2|U N ||U X |

Mit bekanntem Widerstandswert RN , dem ermittelten Phasenwinkel ϕ sowie


den Messwerten für |U X | und |U N | kann nunmehr Z X in Form der Elemente
der Reihenersatzschaltung (Z X = RX + jXX ) angegeben werden

|U X | |U |
RX = cos ϕ = RN X cos ϕ , (9.44)
|I| |U N |

|U X | |U |
XX = sin ϕ = RN X sin ϕ . (9.45)
|I| |U N |

Abb. 9.16. Bestimmung des Wirk- und Blindanteils verlustbehafteter passiver Bau-
elemente mit Hilfe der 3-Spannungsmesser-Methode. ϕ: Phasenwinkel von Z X
9.5 Wechselstrom-Messbrücken 259

9.5 Wechselstrom-Messbrücken
9.5.1 Wechselstrom-Abgleichbrücken

Prinzipiell ist die Funktionsweise einer Wechselstrom-Messbrücke mit der in


Kap. 9.3 vorgestellten Gleichstrom-Messbrücke identisch. Die Bedingung für
den Nullabgleich der Brückendiagonalspannung bezieht sich hier allerdings
auf die komplexen Impedanzen Z 1 , Z 2 , Z 3 , Z 4 (Abb. 9.17)

Z 2Z 3 = Z 1Z 4 . (9.46)

Abb. 9.17. Wechselstrom-Messbrücke

Gleichung (9.46) lässt sich in eine Betrags- und eine Winkelgleichung zerlegen

|Z 2 ||Z 3 | = |Z 1 ||Z 4 | (9.47)


ϕ2 + ϕ3 = ϕ1 + ϕ4 . (9.48)

Aus der Tatsache, dass Gl. (9.46) jeweils für Real- und Imaginärteil erfüllt
sein muss, ergeben sich mit

Z i = Ri + jXi (9.49)

folgende, zu den Gln. (9.47) und (9.48) äquivalente, Abgleichbedingungen

R2 R3 − X2 X3 = R1 R4 − X1 X4 (9.50)
X2 R3 + R2 X3 = X1 R4 + R1 X4 . (9.51)

Da beim Brückenabgleich zwei Bedingungen zu erfüllen sind, müssen auch


zwei unabhängig voneinander abgleichbare Elemente vorhanden sein.
Standard-Wechselstrom-Messbrücken sind beispielsweise die Kapazitäts-
messbrücke nach Wien (Wien-Brücke) zur Messung verlustbehafteter Kon-
densatoren oder die Induktivitätsmessbrücke (Maxwell-Wien-Brücke) zur Be-
stimmung verlustbehafteter Induktivitäten. Solche Standard-Brücken werden
in den folgenden Abschnitten beschrieben.
260 9 Messung von elektrischen Impedanzen

Wien-Brücke

Die Kapazitätsmessbrücke nach Wien wird in Abb. 9.18 in zwei unterschiedli-


chen Darstellungen gezeigt, und zwar einmal nach Abb. 9.18a zur Ausmessung
der Elemente des Reihenersatzschaltbildes und in Abb. 9.18b zur Ausmessung
der Elemente des Parallelersatzschaltbildes einer verlustbehafteten Kapazität.

Abb. 9.18. Zwei Schaltungsvarianten der Wien-Brücke: a) zum Bestimmen des


Reihenersatzschaltbildes einer verlustbehafteten Kapazität, b) zum Bestimmen des
Parallelersatzschaltbildes einer verlustbehafteten Kapazität

Die Abgleichbedingungen der Wien-Brücke lauten für beide Varianten


R4
CX = C2 (9.52)
R3
R3
RX = R2 . (9.53)
R4
Der Verlustfaktor der zu bestimmenden Kapazität tan δ beträgt damit bei der
Schaltungsvariante nach Abb. 9.18a (Reihenersatzschaltbild)

tan δR = ωC2 R2 (9.54)

und bei der Schaltung nach Abb. 9.18b (Parallelersatzschaltbild)


1
tan δP = . (9.55)
ωC2 R2

Schering-Messbrücke

Die Schering-Messbrücke wird vorwiegend zur Bestimmung der Elemente des


Ersatzschaltbildes von Hochspannungskondensatoren bzw. Hochspannungska-
beln eingesetzt (Abb. 9.19). Nachdem die Brücke mit Hochspannung gespeist
wird, ist Vorsicht in der Hinsicht geboten, dass die Brückendiagonalspannung
nicht zu groß wird. Es werden dementsprechend folgende Größenverhältnisse
gewählt: |Z X | R2 und |Z 4 | 1/ωC3 . Die Kapazität C3 muss also ein hoch-
spannungsfester und verlustarmer Kondensator sein. Die Abgleichelemente
9.5 Wechselstrom-Messbrücken 261

Abb. 9.19. Schering-Messbrücke zur Messung von Hochspannungskondensatoren

sollten jedoch vorsichtshalber mit Überspannungsableitern geschützt werden.


Für den Kapazitätswert CX folgt
R4
CX = C3 . (9.56)
R2 [1 + (ωR4 C4 )2 ]

Der im Allgemeinen interessierende Verlustfaktor tan δX ergibt sich mit Glei-


chung (9.48) zu
1
tan δX = tan(90◦ − δ4 ) = = ωC4 R4 . (9.57)
tan δ4

Wien-Robinson-Brücke

Brücken mit frequenzabhängigem Abgleich, wie die Wien-Robinson-Brücke


(Abb. 9.20), können als einfache Frequenzmessgeräte genutzt werden. Die Ab-
gleichbedingungen der Wien-Robinson-Brücke lauten
C4 R1 R3
= − (9.58)
C3 R2 R4
1
C3 C4 = . (9.59)
ω 2 R3 R4
Häufig wählt man R2 = R3 = R4 = R, R1 = 2R und C3 = C4 = C. Damit ist
Gl. (9.58) automatisch erfüllt, während Gl. (9.59) eine neue Abgleichbedin-
gung ergibt, aus der die Frequenz ω der Brückeneingangsspannung ermittelt
werden kann
1
ω= . (9.60)
RC
262 9 Messung von elektrischen Impedanzen

Abb. 9.20. Wien-Robinson-Brücke

Maxwell-Wien-Brücke

Die Maxwell-Wien-Brücke (Abb. 9.21) wird zur Messung verlustbehafteter In-


duktivitäten eingesetzt. Aus den Abgleichbedingungen dieser Brücke können
unmittelbar die Elemente LX und RX des Reihenersatzschaltbildes für ver-
lustbehaftete Spulen abgeleitet werden

LX = C4 R2 R3 (9.61)
R3
RX = R2 . (9.62)
R4

Abb. 9.21. Maxwell-Wien-Brücke

9.5.2 Einflüsse von Erd- und Streukapazitäten

Die Einflüsse von Erd- und Streukapazitäten kommen beim technischen Auf-
bau einer Wechselstrom-Messbrücke schnell zum Tragen. Abbildung 9.22 zeigt
sämtliche Erd- und Streukapazitäten, welche beim Aufbau einer Messbrücke
auftreten können. Durch die Einführung definierter Erdungs- und Schirm-
verhältnisse gilt es, die Einflüsse der parasitären Kapazitäten zu eliminieren
oder diese zumindest vernachlässigbar klein zu machen.
9.5 Wechselstrom-Messbrücken 263

Wagnerscher Hilfszweig

CAE CAC CAD


Z1 Z3 Z5

F
C D
CAB CCD

CCE CDE
E
Z2 Z4 Z6
CBE CBC CBD

B
Abb. 9.22. Potentielle parasitäre Erd- und Streukapazitäten bei Wechselstrom-
brücken

Möglichkeiten, dies praktisch zu realisieren, sind die einseitige Erdung der


Speisespannungsquelle oder die einseitige Erdung der Nullanzeigeeinrichtung.
Eine weitere Möglichkeit zur Beseitigung der Erdkapazitäten stellt die Ver-
wendung des Wagnerschen Hilfszweigs dar. Hierbei wird ein Hilfszweig
analog zu Z 3 und Z 4 eingeführt (siehe Abb. 9.22), welcher zwischen den ein-
geführten Hilfszweig-Impedanzen Z 5 und Z 6 auf Erdpotential liegt. Dieser
Punkt soll mit F bezeichnet werden. Nun wird abwechselnd der Zweig Z 3 ,Z 4
bzw. der Zweig Z 5 ,Z 6 hinzugeschaltet und beispielsweise anhand der Impe-
danzen Z 3 und Z 5 der jeweilige Zweig abgeglichen. Zeigt in beiden Fällen das
Anzeigeinstrument Null an, so liegen Punkt C und D ebenfalls auf Erdpoten-
tial und die hier angreifenden Erdkapazitäten werden wirkungslos [21]. Es sei
angemerkt, dass der Abgleich einer Messbrücke mit Wagnerschem Hilfszweig
aufwendig werden kann.

9.5.3 Halbautomatischer Brückenabgleich

Abgleich von Wechselstrom-Messbrücken

Da gemäß den Gln. (9.47) und (9.48) bzw. den Gln. (9.50) und (9.51) bei
Wechselstrom-Messbrücken stets zwei Abgleichbedingungen gleichzeitig zu
erfüllen sind, müssen in der Brücke mindestens zwei voneinander unabhängig
264 9 Messung von elektrischen Impedanzen

verstimmbare Bauelemente enthalten sein, welche den Betrags- und den Pha-
senabgleich (bzw. den Real- und den Imaginärteilabgleich) ermöglichen. Da
sich diese beiden Abgleichvorgänge in der Regel gegenseitig beeinflussen, ist
ein stetiger Wechsel zwischen den beiden erforderlich. Dies bedeutet konkret,
dass man zunächst mit Hilfe eines Abgleichelementes die Diagonalspannung
in ein lokales Minimum bringt. Dann setzt man den Abgleich mit dem zweiten
Abgleichelement fort, bis wiederum ein neues lokales Minimum erreicht wird.
Dieses schrittweise und wechselseitige Abgleichen wird solange fortgesetzt, bis
die Diagonalspannung ein globales Minimum bzw. im Idealfall den Wert Null
erreicht hat. Die Geschwindigkeit, mit der dieses globale Minimum eingestellt
werden kann, also die Schnelligkeit des Abgleichvorganges, ist ein wesentliches
Gütekriterium einer Wechselstrom-Messbrücke. Die dabei erzielbare Konver-
genz hängt von der Brückenstruktur, der Wahl der Abgleichelemente und der
Empfindlichkeit des Nullindikators ab. Es sei abschließend darauf hingewiesen,
dass auch bei prinzipiell abgleichbaren Brücken die Konvergenz des Abgleich-
vorganges nicht allgemein sichergestellt ist und von Fall zu Fall überprüft
werden muss. Dazu bedient man sich meist graphischer Methoden, bei denen
die Diagonalspannung U D in Form von Ortskurven in der komplexen Ebene
aufgetragen wird [73]. Eine solche Ortskurve beschreibt den Real- und Ima-
ginärteil von U D in Form einer graphischen Kurve, wobei das Abgleichelement,
z. B. ein einstellbarer Widerstand, innerhalb eines bestimmten Wertebereiches
variiert wird. Jedem Punkt dieser Ortskurve kann dann ein bestimmter Wert
des Abgleichelements zugeordnet werden.

Phasenempfindlicher Gleichrichter
Da beim halb- und vollautomatischen Abgleich von Wechselstrom-Messbrücken
sehr oft phasenempfindliche Gleichrichter (Synchrongleichrichter) benötigt
werden, soll deren Funktionsweise zunächst erläutert werden. Bei einem pha-
senempfindlichen Gleichrichter wird die Gleichrichterwirkung nicht, wie beim
normalen Gleichrichter üblich, von der Polarität der Eingangsspannung uE
gesteuert, sondern von der Phasenlage bzw. Polarität einer separaten Steuer-
spannung bestimmt (Abb. 9.23). Die Ausgangsspannung ūA ergibt sich auf-
grund der Tiefpassfilterung als zeitlicher Mittelwert des Produktes aus uE (t)
und einem Schaltersignal s(t)
ūA = uE (t)s(t) , (9.63)
wobei das Schaltersignal s(t) von der Polarität der Steuerspannung bestimmt
wird, d. h. ⎧
⎨ +1 f ür ust > 0
s(t) = sign(ust ) = . (9.64)

−1 f ür ust < 0
Für den Fall, dass die Steuerspannung einen sinusförmigen Zeitverlauf mit
derselben Frequenz wie die Eingangsspannung uE aufweist, jedoch zu dieser
phasenverschoben ist, ergibt sich
9.5 Wechselstrom-Messbrücken 265

Abb. 9.23. Phasenempfindlicher Gleichrichter: a) Prinzipschaltung bestehend


aus Schmitt-Trigger, Multiplizierer und RC-Tiefpass, b) Spannungsverläufe für si-
nusförmige Eingangs- und Steuerspannung, c) Schaltsymbol

uA (t) = ÛE sin(ωt) sign(Ûst sin(ωt − ϕ)) (9.65)

bzw.
uA (t) = ÛE sin(ωt + ϕ) sign(Ûst sin ωt) . (9.66)
Daraus kann der zeitliche Mittelwert ūA durch Integration über die Perioden-
dauer errechnet werden

1 T
ūA = ÛE sin(ωt + ϕ) sign(Ûst sin ωt) dt . (9.67)
T 0

Die Signum-Funktion kann ausgewertet werden, indem man das Integral in


zwei Teile aufspaltet
" T  T #
ÛE 2
ūA = sin(ωt + ϕ) dt − sin(ωt + ϕ) dt . (9.68)
T 0 T
2

Die Auswertung der beiden Teilintegrale liefert schließlich das Ergebnis, dass
die Ausgangsspannung ūA dem Gleichrichtwert der Eingangsspannung, die
mit dem Cosinus der Phasenwinkeldifferenz ϕ zwischen der Eingangs- und
Steuerspannung multipliziert wurde, entspricht

ÛE 4 ÛE 4T 2ÛE


ūA = cos ϕ = cos ϕ = cos ϕ . (9.69)
T ω T 2π π
Sollten in der Steuerspannung ust (t) Spektralanteile enthalten sein, die nicht
mit der Frequenz der Eingangsspannung uE identisch sind, liefern diese infol-
ge der zeitlichen Mittelwertbildung keinen Beitrag zur Ausgangsspannung ūA .
266 9 Messung von elektrischen Impedanzen

Unter Verwendung von zwei phasenempfindlichen Gleichrichtern, die aufgrund


ihrer Steuerspannungen um 90◦ gegeneinander phasenverschoben arbeiten,
lässt sich eine Wechselspannung, die an beiden Eingangstoren als Eingangs-
spannung anliegt, in ihren Real- und Imaginärteil zerlegen. Wenn man in die-
sem Fall die beiden Ausgangsspannungen quadratisch addiert, erhält man das
Quadrat des (mit dem Faktor 2/π multiplizierten) Betrages des komplexen
Zeigers der Eingangsspannung.

Halbautomatisch abgleichbare Wien-Brücke

Um den iterativen und wechselseitigen Abgleich von Wechselspannungs-Mess-


brücken nach Betrag und Phase zu umgehen, setzt man sog. halbautomati-
sche Messbrücken ein, die nur noch einen einfachen manuellen Abgleich erfor-
dern. Der zweite Abgleich erfolgt dabei automatisch im Gerät. Abbildung 9.24
zeigt das Prinzipschaltbild einer halbautomatisch abgleichbaren Wien-Brücke.
Wenn U R2 und U R4 die Spannungen an den Widerständen R2 bzw. R4 be-
zeichnen, ergibt sich die Brückendiagonalspannung U D wie folgt

U D = U R4 − U R2 = U R4 − Re(U R2 ) − jIm(U R2 ) . (9.70)

Da U R4 rein reell ist (U R4 = UR4 ), kann die Aufspaltung von Gl. (9.70) in
Real- und Imaginärteil in einfacher Weise erfolgen

Re(U D ) = UR4 − Re(U R2 ) (9.71)


Im(U D ) = −Im(U R2 ) = f (R3 , R4 ) . (9.72)

Phaseninformation

Nullabgleich 90° -
durch R 4 Phasen-
schieber
CX RX R3
U st
Verstärker
U E0 UD
UD V U DV
ϕ

C2 R 2 U R2 R 4 U R4

Regler Im ( U D )
R 2 : spannungssteuerbarer
Widerstand
Abb. 9.24. Halbautomatisch abgleichbare Wien-Brücke
9.5 Wechselstrom-Messbrücken 267

Der in der Schaltung nach Abb. 9.24 enthaltene phasenempfindliche Gleich-


richter filtert den Imaginärteil der Diagonalspannung U D heraus und gibt die-
se auf einen Regler, der den spannungssteuerbaren Widerstand R2 ansteuert.
Der Realteilabgleich wird per Hand an R4 vorgenommen, während der Ima-
ginärteilabgleich automatisch durch den spannungssteuerbaren Widerstand
R2 erfolgt. Der Realteilabgleich kann anhand des Betrages der Diagonalspan-
nung U D durchgeführt werden, da mit Hilfe der eben beschriebenen Regel-
schleife der Imaginärteilabgleich ständig nachgeführt wird. Aus den Abgleich-
bedingungen ergeben sich schließlich die zu ermittelnden Bauelementgrößen
der verlustbehafteten Kapazität
R4
CX = C2 (9.73)
R3
R3
RX = R2 . (9.74)
R4

9.5.4 Wechselstrom-Ausschlagbrücken

Mit Hilfe von Wechselstrom-Ausschlagbrücken werden oft die Impedanzände-


rungen von kapazitiven bzw. induktiven Sensoren gemessen. Dabei geht man
i. Allg. davon aus, dass die Kapazitäten bzw. Induktivitäten der Aufnehmer
verlustlos sind und verwendet die Schaltung nach Abb. 9.25. Bei einer solchen
Messbrücke stellt zumindest eine der Reaktanzen X1 oder X2 den Aufnehmer
dar, es können jedoch auch sowohl X1 als auch X2 dem Aufnehmer zugeordnet
sein. Die Diagonalspannung U D dieser Brücke ergibt sich analog zu Gl. (9.21)

j(X2 − X1 ) R0 U (X2 − X1 )
UD = UE = E . (9.75)
j(X2 + X1 ) 2R0 2 (X2 + X1 )

Im Weiteren unterscheidet man zwischen Viertel-, Halb- und Vollbrücken.

Abb. 9.25. Wechselstrom-Ausschlag-Messbrücke


268 9 Messung von elektrischen Impedanzen

Viertelbrücke

Man spricht von einer Viertelbrücke, wenn X1 = X0 und X2 = X0 + ΔX. Die


Diagonalspannung U D ist dann annähernd proportional zu ΔX
UE ΔX U
UD = ≈ E ΔX . (9.76)
2 2X0 + ΔX 4X0
Der Reaktanzanteil ΔX stellt dabei ein Maß für die aktuelle Messgröße des
Aufnehmers dar.

Halbbrücke

Bei der Halbbrücke wählt man

X1 = X0 − ΔX (9.77)

und
X2 = X0 + ΔX . (9.78)
Die Diagonalspannung U D ist damit exakt proportional zu ΔX

U E ΔX
UD = . (9.79)
2 X0
Auch hier ist ΔX ein Maß für die Messgröße; nach Möglichkeit sollte ΔX pro-
portional der vom Sensor zu detektierenden Messgröße sein. Die in Gln. (9.77)
und (9.78) vorkommenden entgegengesetzten Änderungen ±ΔX der Sensor-
reaktanz ergeben sich bei sog. Differentialsensoren [184].

Anwendungsbeispiel für eine Halbbrücke:


Tauchankersystem als Wegaufnehmer

Eine Spule mit verschiebbarem ferromagnetischem Kern (Abb. 9.26) kann als
einfacher Wegaufnehmer verwendet werden, da die Induktivität in eindeutiger
Weise von der Position des Kerns abhängt. Nachteilig an diesem als Tauchan-
kersystem bezeichneten Wegsensor ist allerdings die nichtlineare Abhängigkeit
von (Verschiebungs-)Weg und Induktivität.
Die Anwendung des Differenzprinzips führt in Erweiterung zu einem
Doppelspulen-Tauchankersystem nach Abb. 9.27. Dieser Differentialsensor
weist eine wesentlich bessere Kennlinien-Linearität als das einfache Tauch-
ankersystem auf. Außerdem lässt sich das Differenzprinzip zur Temperatur-
kompensation nutzen, wenn der Differential-Tauchankergeber, wie in Abb.
9.27 dargestellt, in Halbbrücken-Schaltung verwendet wird. Bei der Halb-
brücke werden nämlich gleichsinnige Änderungen bezüglich der Induktivität
der beiden Sensorspulen (Gleichtaktstörungen, wie Temperatureinfluss, etc.)
eliminiert und gegensinnige Änderungen (der eigentliche Messeffekt) addiert.
9.5 Wechselstrom-Messbrücken 269

verschiebbarer
Kern

a)
x0 Δx
Spule
L, L d

Ld
L0

-3 -2 -1 0 1 2 3 Δx
b) 0 1 2 3 4 x0 6 7 8 x

Abb. 9.26. Tauchanker-System als Wegsensor. a) Aufbau; b) Induktivität L der


Tauchankerspule als Funktion der Kernposition x. Ld bezeichnet die im Arbeits-
punkt x0 in Näherung linearsierte Induktivität.

Der Messeffekt führt zu gegensinnigen Änderungen in den Induktivitäten der


Teilspulen, da sich der Kern aus der einen heraus und in die andere hinein
bewegt. Dies führt zum gewünschten Ergebnis, dass die Brückendiagonalspan-

-x x=0 +x

verschiebbarer
Kern
Spule 2 Spule 1

UD
R0 R0

UE

Abb. 9.27. Doppelspulen-Tauchankersystem in Halbbrücken-Schaltung


270 9 Messung von elektrischen Impedanzen

nung UD über eine weite Wegstrecke linear von der Wegverschiebung (des
Kerns) abhängt.

Vollbrücke

Bei den Vollbrücken (Abb. 9.28) ändern sich alle vier Brückenreaktanzen um
den Betrag ΔX. Die Änderungen erfolgen in den Brückenzweigen 1 und 4
sowie den Brückenzweigen 2 und 3 jeweils gleichsinnig gemäß

X1 = X4 = X0 − ΔX (9.80)

und
X2 = X3 = X0 + ΔX . (9.81)
Analog zu Gl. (9.21) kann die Diagonalspannung U D abgeleitet werden

X2 X3 − X1 X4
UD = UE . (9.82)
(X1 + X2 )(X3 + X4 )

Die Auswertung von Gl. (9.82) ergibt, dass die Diagonalspannung U D der
doppelten der Halbbrücke entspricht
ΔX
U D = UE . (9.83)
X0

Abb. 9.28. Wechselstrom-Vollbrücke

Anwendungsbeispiel für eine Vollbrücke:


Druckmessung mit Halbleiter-DMS

Zur Messung von mechanischen Kräften oder auch Drücken werden des öfteren
Dehnungsmessstreifen in Verbindung mit Federkörpern eingesetzt. Sie wan-
deln die kraft- bzw. druck-proportionale Längendehnung des Federkörpers in
9.5 Wechselstrom-Messbrücken 271

ein entsprechendes elektrisches Signal um, wenn sie mit einer Hilfsquelle ge-
speist werden. Dehnungsmessstreifen (DMS) ändern ihren relativen ohmschen
Widerstand in Abhängigkeit einer mechanischen Längendehnung in linearer
Weise
ΔR Δl
=k . (9.84)
R l
Standardmäßig werden trotz ihres geringen k-Faktors (k ≈ 2) metallische
DMS eingesetzt. Dehnungsmessstreifen aus monokristallinem Silizium hinge-
gen zeigen sehr große k-Faktoren (typische k-Faktoren im Bereich k = 100),
so dass gegenüber den Metall-DMS eine wesentliche Erhöhung der Empfind-
lichkeit erreicht werden kann. Auf diesem Sachverhalt basiert die Technologie
der Silizium-Drucksensoren. Die Fertigung der Federkörper erfolgt in Form
dünner Kreis- oder Rechteckmembranen. Da die Herstellung monokristalli-
ner Dünnfilme technologisch nur mit hohem Aufwand zu realisieren ist, wird
die gesamte Druckmembran aus monokristallinem Silizium hergestellt und die
Dehnungsmessstreifen in Form piezoresistiver Zonen (Widerstände) in diese
hineindiffundiert (Abb. 9.29). Die Diffusion erfolgt mit typischen Fremdato-
men, wie etwa Bor. Die mechanische Bearbeitung des Siliziums geschieht mit
Methoden der sog. Silizium-Mikromechanik [80]. Dabei werden kleinste me-
chanische Strukturen aus Silizumwafern mit Hilfe von Fotolithographie und
anisotropen Ätzverfahren gefertigt. Dazu kommen noch Dünnschichtprozesse,

Kontaktierung
(Leiterbahn)
Membranzone
Druck p
DMS Kontaktierung
1 2 (piezoresistive (Leiterbahn)
Widerstände)
R1 Si 3N 4 SiO 2
R2 R3
R4

2' 1'
DMS
(piezoresistive Silizium- Glasträger Silizium-
Widerstände R 1 Substrat Epitaxie-
bis R 4 ) schicht
a) b)

Abb. 9.29. a) Anordnung (Aufsicht) der piezoresistiven Widerstände


(R1 , R2 , R3 , R4 ) in der Siliziummembran eines Drucksensors. Die Widerstände
sind zu einer Vollbrückenschaltung verschaltet. An den Kontakten 1 und 1’ kann die
Diagonalspannung abgegriffen werden. An den Kontakten 2 und 2’ wird die Spei-
sespannung der Brücke zugeführt; b) Aufbau des mikromechanisch hergestellten
Drucksensors im Querschnitt.
272 9 Messung von elektrischen Impedanzen

mit denen dünne Schichten aus Siliziumoxid (SiO2 ) und Siliziumnitrid (Si3 N4 )
auf dem Siliziummaterial aufgebracht werden.
Silizium zeigt ausgezeichnete elastische Eigenschaften: Es ist mit konstan-
tem Elastizitätsmodul dehnbar bis zu einer Bruchdehnung von ca. 0,5 %, wobei
die Reproduzierbarkeit der Dehnung und die Hysterese nicht schlechter sind
als bei anderen guten Federwerkstoffen.
Die Verschaltung der 4 DMS (piezoresistive Widerstände) erfolgt vorteil-
hafterweise in Voll-Brückenschaltung. Dies ist möglich, da die Widerstande R1
und R4 , die nahe dem Zentrum der Membran angeordnet sind, eine im Ver-
gleich zu den im Außenbereich der Membran angeordeneten Widerständen R2
und R3 entgegengesetzte Dehnung erfahren. Dies liegt daran, dass in der Zone
zwischen diesen beiden Widerstandspaaren, also bei einem mittleren Radius,
die spannungsneutrale Faser liegt. In Zonen mit größeren (von der neutra-
len Faser aus gesehen) Radien wird die Membran gedehnt, während sie bei
kleineren Radien gestaucht wird. Dies führt zu einer Vergrößerung der Wi-
derstandswerte bei R2 und R3 und zu einer Verringerung bei R1 und R4 .
Bei Umkehr des Druckes (Überdruck → Unterdruck) kehren sich auch bei
den Widerstandswerten die Verhältnisse um. Somit können die Widerstände
idealerweise zu einer Vollbrücke verschaltet werden. Dies führt, wie schon bei
dem Anwendungsbeispiel zur Halbbrückenschaltung, einerseits zu einer Linea-
risierung sowie andererseits zu einer Erhöhung der Empfindlichkeit gegenüber
Viertel- bzw. Halbbrückenschaltungen. Man erreicht dadurch schließlich über
weite Druckbereiche eine lineare Abhängigkeit der Brückendiagonalspannung
vom angelegten mechanischen Druck.
Bei Absolutdrucksensoren ist die untere Seite des Sensors gasdicht ge-
schlossen, so dass im Sensor ein vorgegebener permanenter Druck eingestellt
werden kann. Bei Differenzdrucksensoren hingegen ist die untere Seite
durchbohrt, so dass von unten ein Referenzdruck wirkt. Die Abb. 9.29b zeigt
den Aufbau eines monokristallinen (monolithischen) Silizium-Drucksensors.
Die Herstellung von Silizium-Drucksensoren mit niedrigen Temperaturkoeffizi-
enten erfordert einigen Aufwand, insbesondere wegen der vergleichsweise star-
ken Temperaturabhängigkeit des spezifischen Widerstands und des k-Faktors
von Silizium. Eine Reduktion der Temperaturabhängigkeit kann u. a. durch
eine Konstantstromspeisung der Brücke erreicht werden, da der Widerstand
des Siliziums mit der Temperatur ansteigt, während der k-Faktor hingegen
mit der Temperatur abnimmt.
10
Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer
Signale (Oszilloskope)

Es zählt zu den Standardaufgaben der elektrischen Messtechnik, den Zeit-


verlauf von elektrischen Signalen unter Angabe von Zeit- und Amplituden-
werten darzustellen bzw. zu registrieren. Sehr häufig wird dabei auf eine
Realzeitdarstellung Wert gelegt, bei der das Signal zeitgleich mit seinem
Auftreten bildlich dargestellt wird. In der Elektrischen Messtechnik setzt
man zu diesem Zweck Elektronenstrahl-Oszilloskope ein, welche der Visua-
lisierung des Zeitverlaufes einer elektrischen Spannung u(t) dienen. Die im
Folgenden beschriebenen Oszilloskope sind Geräte, die eine solche bildliche
Darstellung des Signals entweder in Realzeit oder in Äquivalenzzeit (zeitlich
gestaffelte Abtastung periodischer Signale) erlauben. Die Geräte können da-
bei auf analoger oder digitaler Basis arbeiten. Sie werden dementsprechend
als Analog-Oszilloskope (analoge Elektronenstrahl-Oszilloskope) (Kap. 10.1)
bzw. als Digital-Oszilloskope (Digital-Speicheroszilloskope, Digital Sampling
Oscilloscope (DSO)) (Kap. 10.4) bezeichnet. Im Gegensatz zu den früher ver-
wendeten Oszillographen, welche die Registrierung von elektrischen Signalen
auf fotografischem Papier ermöglichten, handelt es sich bei den heute ein-
gesetzten Oszilloskopen um Sichtgeräte, bei denen ein Elektronenstrahl mit
konstanter Geschwindigkeit in horizontaler Richtung über eine phosphoreszie-
rende Schicht geführt wird und beim Auftreffen auf diese Leuchtschicht für
eine kurze Zeitdauer einen sichtbaren Punkt erzeugt. Die vertikale Strahlab-
lenkung ist proportional der dargestellten Spannung, so dass bei entsprechend
schneller und permanenter Wiederholung des Schreibvorganges ein dauernd
sichtbares Leuchtbild der darzustellenden Signalspannung entsteht.

10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop


10.1.1 Aufbau und Funktion der Elektronenstrahl-Röhre

Das analoge Elektronenstrahl-Oszilloskop besitzt als Herzstück eine Braun-


sche Röhre, in der ein Elektronenstrahl den Zeitverlauf des angelegten elek-

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_10
274 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

Abb. 10.1. Elektronenstrahl-Röhre (Braunsche Röhre) mit elektrostatischer Strahl-


fokussierung und elektrostatischer Strahlablenkung

trischen Signals auf eine Leuchtschicht schreibt. Abbildung 10.1 zeigt den Auf-
bau einer solchen Elektronenstrahl-Röhre. Die Röhre besteht aus einem eva-
kuierten Glaskolben, der die zur Erzeugung, Fokussierung und Ablenkung des
Elektronenstrahls erforderlichen Einheiten enthält. Dabei werden die von einer
Glüh-Kathode emittierten Elektronen infolge der zwischen Kathode und An-
ode anliegenden elektrischen Spannung zunächst in Richtung des Leuchtschir-
mes beschleunigt. Auf diesem Wege wird der Elektronenstrahl durch weitere
elektrische Felder fokussiert, welche durch Anlegen von geeigneten elektrischen
Spannungen an den Wehnelt-Zylinder, die Anoden 1 und 2 sowie die beiden
Hilfsgitter erzeugt werden. Danach durchlaufen die Elektronen das Vertikal-
(y-Platten) sowie das Horizontal-Ablenksystem (x-Platten) und treffen schließ-
lich auf der Leuchtschicht der Röhrenvorderseite auf. Abbildung 10.2 ver-
deutlicht die Geometrie der vertikalen Strahlablenkung, die im Folgenden in
Abhängigkeit der Ablenkspannung sowie der Geometrie des Ablenksystems
berechnet wird. Durch das Anlegen einer Spannung uz zwischen Kathode

Abb. 10.2. Geometrie der Strahlablenkung in einer Oszilloskop-Röhre


10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop 275

und Anode entsteht ein elektrisches Feld Ez , welches die emittierten Elek-
tronen (Masse m0 = 9, 1 · 10−31 kg; Ladung e0 = 1, 6 · 10−19 As) auf eine
Horizontalgeschwindigkeit vz beschleunigt. Aus Energieerhaltungsgründen ist
die kinetische Energie Wkin des Elektrons gleich der beim Durchlaufen des
elektrostatischen Feldes aufgenommenen elektrischen Energie Wel , sodass die
Horizontalgeschwindigkeit vz des Elektrons aus der Anodenspannung uz wie
folgt ermittelt werden kann

Wkin = Wel (10.1)


1
m0 vz2 = e0 uz (10.2)
2 
e0
vz = 2 uz (10.3)
m0

vz (kms−1 ) = 1, 88 · 104 uz (kV) . (10.4)

Die mechanische Kraft Fy , die das Elektron in vertikaler Richtung ablenkt,


ergibt sich aus dem Produkt von Elektronenladung und der Feldstärke Ey ,
die zwischen den Vertikalablenkplatten herrscht

Fy = m0 ay = e0 Ey . (10.5)

Nach Durchlaufen der y-Plattenstrecke sz (Abb. 10.2) erreicht das Elektron


seine vorerst maximale y-Geschwindigkeit vymax , die sich aus dem Produkt von
y-Beschleunigung ay und der Verweilzeit Tz des Elektrons im y-Plattenpaar
errechnet
sz
vymax = ay Tz = ay . (10.6)
vz
Dabei wurde die Ablenkspannung uy und damit die Vertikalbeschleunigung
ay für die Verweildauer Tz des Elektrons im Vertikalablenksystem als konstant
angenommen. Die Ablenkung yL des Elektrons auf dem Schirm und damit die
Vertikalposition des Leuchtflecks ergibt sich mit den in Abb. 10.2 bezeichneten
Größen und unter Zuhilfenahme von Gln. (10.5) und (10.6)
lz sz l z e0 sz l z
yL = yp + vymax = y p + ay = yp + Ey 2 . (10.7)
vz vz vz m0 vz
Mit der Vertikalkomponente Ey der elektrischen Feldstärke zwischen den pa-
rallelen y-Ablenkplatten
uy
Ey = (10.8)
dy
und Gl. (10.3) erhält man schließlich den gesuchten Zusammenhang zwischen
der vertikalen Strahlablenkung yL , der Ablenkspannung uy , der Anodenspan-
nung uz und den geometrischen Abmessungen des Vertikalablenksystems so-
wie dessen Distanz lz zur Leuchtschicht
u y sz l z
yL = yp + . (10.9)
uz 2dy
276 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

Die absolute Auslenkung yL auf dem Leuchtschirm ist exakt proportional


der Ablenkspannung uy , wenn der Beitrag von yp (Abb. 10.2) vernachlässigt
werden darf (yp yL ), was in praktischen Fällen in der Regel erlaubt ist
u y sz l z
yL ≈ (10.10)
uz 2dy
bzw.
e 0 u y sz l z
yL ≈ . (10.11)
m0 dy vz2
Die Proportionalitätskonstante zwischen uy und yL wird als Ablenkkoeffizient
Ky bezeichnet
uy 2dy
Ky = = uz . (10.12)
yL sz l z
Der Ablenkkoeffizient wird i. Allg. in (V/cm) angegeben. Der Kehrwert
des Ablenkkoeffizienten Ky wird Ablenkempfindlichkeit genannt. Ein klei-
ner Vertikal-Ablenkkoeffizient Ky und damit eine hohe Ablenkempfindlichkeit
lässt sich durch folgende Maßnahmen erreichen:
- große Plattenlänge sz :
Wenn die Länge sz der y-Ablenkplatten groß ist, sind die Elektronen der
Beschleunigungskraft Fy länger ausgesetzt und infolgedessen nimmt die
Geschwindigkeitskomponente vymax zu, was wiederum zu höheren Auslen-
kungen auf dem Schirm führt (Gln. (10.7 - 10.12)). Lange Platten führen
allerdings zu Laufzeitfehlern, da sich während der Verweilzeit der Elektro-
nen zwischen den Platten die Ablenkspannung uy bereits zeitlich ändern
kann (Kap. 10.3). So ist es zum Erreichen einer hohen Grenzfrequenz des
Ablenksystems gerade notwendig, auf eine kurze Einwirkdauer der Cou-
lombschen Anziehungskraft Wert zu legen, d. h. man fordert dementspre-
chend eine hohe Elektronengeschwindigkeit im Ablenksystem und kurze
Ablenkplatten.
- großer Abstand lz Ablenkplatten - Leuchtschirm“:

Die Schirmauslenkung yL ist dem Abstand lz zwischen Ablenkplatten und
Schirm direkt proportional. Der Verlängerung dieses Abstandes steht al-
lerdings der Wunsch nach kompakten Röhren mit kurzen Baulängen ent-
gegen.
- geringer Plattenabstand dy :
Je kleiner der Plattenabstand dy , desto höher wird die Feldstärke Ey
(Gl. (10.8)) und damit auch die beschleunigende Kraft Fy (Gl. (10.5)).
Allerdings steht diese Forderung indirekt dem Wunsch nach langen y-
Ablenkplatten entgegen. Denn bei langen Platten mit geringen Abständen
läuft man Gefahr, dass die Elektronen auf die Platten auftreffen.
- geringe Anodenspannung uz :

Da die Horizontalgeschwindigkeit vz proportional uz ist, sinkt mit der
Anodenspannung die Horizontalgeschwindigkeit und damit steigt die Ver-
weildauer der Elektronen zwischen den Ablenkplatten. In ihrer Wirkung
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop 277

ist diese Maßnahme vergleichbar mit der Verlängerung der Platten. Da


eine niedrige Elektronengeschwindigkeit aber aufgrund der niedrigen kine-
tischen Energie der auftreffenden Elektronen auch zu einer Verringerung
der Strahlhelligkeit führt, verwendet man sog. Nachbeschleunigungselektro-
den (siehe Abb. 10.1). Diese auf hohem positivem Potential (10 bis 20 kV)
liegenden Elektroden haben die Aufgabe, die Elektronen zu beschleunigen,
nachdem sie das Ablenksystem bereits durchlaufen haben. Es wird damit
erreicht, dass einerseits die Elektronengeschwindigkeit im Ablenksystem
gering ist, während sie andererseits beim Auftreffen auf die Leuchtschicht
hoch ist. Es lassen sich also hohe Ablenkempfindlichkeiten bei gleichzei-
tig hoher Strahlhelligkeit verwirklichen. Die Nachbeschleunigungselektrode
ist i. Allg. in Form einer Graphitwendel ausgeführt, die so aufgebaut ist,
dass bei der Nachbeschleunigung eine möglichst geringe parasitäre Rich-
tungsbeeinflussung stattfindet. Aufgrund der Nachbeschleunigung kommt
es i. Allg. zu Linearitätsfehlern (Kap. 10.3.2), d. h. die Ablenkempfindlich-
keit am Rand ist nicht mehr mit der in der Bildmitte identisch.
Abschließend sei bemerkt, dass die oben abgeleiteten Beziehungen in ana-
loger Weise auch für das Horizontal-Ablenksystem gelten. Die Horizontala-
blenkplatten sind meistens nach dem Vertikal-Ablenksystem angeordnet, was
aufgrund der geringeren Entfernung lz zum Leuchtschirm zu einer kleineren
Ablenkempfindlichkeit führt (Gl. (10.12)).

10.1.2 Zeitablenkung und Triggerung

Üblicherweise werden Oszilloskope als Spannungs-Zeit-Schreiber (y-t-Schrei-


ber) genutzt. Dazu erzeugt der Horizontalverstärker (x-Verstärker) eine Span-
nung, die proportional zur Zeit ansteigt (Sägezahnspannung) (Abb. 10.3). Die
Anstiegszeit dieser Sägezahnspannung legt den Zeitmaßstab für die x-Achse
fest. Der Zeitablenk-Koeff izient dieser Sägezahnspannung Kx gibt somit je-
ne Zeit an, die der Strahl zum Durchlaufen einer Rastereinheit benötigt, z. B.
Kx = 100 μs/cm. Ein scheinbar stehendes Bild entsteht nur dann, wenn immer
wieder derselbe zeitliche Abschnitt eines Signals erfasst und dargestellt wird
(Abb. 10.5). Dafür sorgt die sog. Triggerschaltung, die erkennt, wann der ent-
sprechende Signalausschnitt beginnt. Nach Eintreten dieses Triggerereignisses
wird die horizontale Strahlablenkung gestartet, d. h. es wird die Sägezahn-
spannung an die x-Ablenkplatten gelegt.
Eine Triggereinrichtung (Abb. 10.4) gestattet zunächst die Erzeugung ei-
ner beliebigen Vergleichsspannung mit Hilfe des Level-Potentiometers. Ein
Komparator vergleicht schließlich den so gewählten Triggerpegel mit dem Ein-
gangssignal, und wenn die Eingangsspannung den voreingestellten Pegelwert
übersteigt, liefert der Komparator eine positive Taktflanke, die wiederum die
monostabile Kippstufe auslöst. Bei in  − -Stellung befindlichem Slope-Schalter
ist der Invertierer aktiv und das Monoflop wird bei Unterschreiten des vorein-
gestellten Pegels ausgelöst, d. h. es wird auf die abfallende Flanke (negative
278 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

Abb. 10.3. Erzeugung eines Oszillogramms (Schirmbildes) mit Hilfe der Spannung
uy (t) und der Sägezahnspannung ux (t)

Triggerflanke (Abb. 10.5)) getriggert. Bei Anliegen eines periodischen Ein-


gangssignals (Triggersignal) wird am Komparatorausgang ein Rechtecksignal
erzeugt, dessen Frequenz der des Triggersignals entspricht. Die monostabi-
le Kippstufe erzeugt bei jeder positiven bzw. negativen Flanke des Recht-
ecksignals einen Impuls konstanter zeitlicher Länge, welcher wiederum den
Sägezahngenerator startet. Die Impulsdauer muss so kurz sein, dass auch bei
der höchsten Triggersignalfrequenz die entstehenden Triggerimpulse getrennt
werden können.

Abb. 10.4. Prinzipschaltbild einer Triggereinrichtung


10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop 279

Abb. 10.5. Prinzip der Triggerung: a) Generieren der Sägezahnspannung ux (t) bei
positiver und negativer Triggerflanke, b) Schirmbilder bei positiver und negativer
Triggerflanke

Mit Hilfe einer sog. verzögerten Zeitbasis gelingt es, einen beliebigen zeitli-
chen Ausschnitt eines dargestellten Oszilloskopbildes auf die gesamte Breite
des Schirmes zu expandieren. Diese Lupenwirkung lässt sich unter Verwen-
dung von zwei unabhängigen Zeitbasen, der sog. Hauptzeitbasis (Main Time
Base MTB) und der verzögerten Zeitbasis (Delayed Time Base DTB), errei-
chen. Abbildung 10.6 erläutert die prinzipielle Arbeitsweise einer verzögerten
Zeitbasis. Sie enthält am Eingang eine der Abb. 10.4 entsprechende Trigger-
einheit, welche die Hauptzeitbasis und damit die gewöhnliche Schirmbilddar-
stellung startet. Die dazu notwendige Sägezahnspannung der Hauptzeitbasis
wird gleichzeitig mit Hilfe des gezeigten Komparators mit einem voreinge-
stellten Spannungswert verglichen, der einem Wert tV auf der Zeitachse des
Schirmbildes entspricht. Bei Erreichen dieses Schwellwertes bzw. der Zeit-
marke tV wird die verzögerte Zeitbasis gestartet, deren Sägezahnanstiegsge-
schwindigkeit i. Allg. um ein Mehrfaches höher liegt als die der Hauptzeit-
basis. Wenn für das dargestellte Schirmbild die Sägezahnspannung uXV der
verzögerten Zeitbasis verwendet wird, erscheint auf dem Schirmbild der mit
tV bezeichnete Ausschnitt des ursprünglichen Bildes (Ablenkspannung uXH )
auf der ganzen Breite des Schirmes. Im ursprünglichen Schirmbild wird dieser
280 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

Abb. 10.6. Prinzip einer verzögerten Zeitbasis: a) Prinzipschaltbild, b) Ablenkung


mit Hauptzeitbasis, c) Ablenkung mit verzögerter Zeitbasis

Ausschnitt zwecks Positionierung der Zeitmarke tV und Einstellen der Länge


tV des zu spreizenden Bildausschnittes aufgehellt dargestellt. Von dieser Art
der Darstellung wird man vor allem dann Gebrauch machen, wenn ein zeitlich
zu spreizendes Signaldetail erst lange Zeit nach einer möglichen Triggerstelle
im Signal folgt.

10.1.3 Funktionsgruppen eines Analog-Oszilloskops

Abbildung 10.7 zeigt das Blockschaltbild eines 2-Kanal-Oszilloskops mit Stan-


dardausstattung, allerdings ohne verzögerte Zeitbasis. Als Eingänge stehen
hier die beiden y-Eingänge y1 und y2 zur Messung zeitabhängiger Span-
nungen, der z-Eingang zur Helligkeitsmodulation des Elektronenstrahles, der
Triggereingang zum externen Start der Zeitbasis sowie ein x-Eingang zur
Einspeisung einer beliebigen Horizontal-Ablenkspannung zur Verfügung. So-
wohl der Eingang der Triggerschaltung als auch die Eingänge der y-Verstärker
sind mit einem Gleichspannungseingang (DC) und einem Wechselspannungs-
eingang (AC) versehen. Am Triggereingang ist ein Triggerfilter vorhanden,
welches das Ausblenden von hohen oder tiefen Spektralanteilen mit Hilfe ei-
nes RC-Tief- bzw. Hochpassfilters ermöglicht. Die Vertikalverstärker (Gleich-
und Wechselspannungsverstärker) sowie die Elektronenstrahl-Röhre samt ih-
rer Ablenksysteme bestimmen die obere Grenzfrequenz des Oszilloskops, wel-
che wiederum wesentlich den technischen Aufwand und damit die Herstel-
lungskosten beeinflusst. Zur unverfälschten Darstellung bzw. Aufzeichnung
eines Signals ist es generell notwendig, dass das Messsystem (Oszilloskop) ei-
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop 281

Abb. 10.7. Blockschaltbild eines 2-Kanal-Oszilloskops


282 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

ne Grenzfrequenz fg−Messsystem aufweist, die mindestens so hoch liegt wie die


des zu messenden Signals

fg−Messsystem ≥ fg−Signal . (10.13)

Im Falle von Oszilloskopen wird vom Hersteller anstatt der oberen Grenzfre-
quenz oft die Anstiegszeit tr (Risetime) angegeben. Sie ist die Zeit, die der
Strahl bei einem Spannungssprung am Eingang zum Schreiben des zwischen
10 und 90 % des Endwertes liegenden Signalverlaufes benötigt (Abb. 10.8).

Abb. 10.8. Definition der Anstiegszeit (Risetime) tr

Die obere Grenzfrequenz fg lässt sich aus der Anstiegszeit tr anhand der
Näherungsformel
fg tr ≈ 0, 35 (10.14)
bestimmen, welche in Kap. 10.3.3 hergeleitet wird. Die Verzögerungsleitung
im y-Kanal hat die Aufgabe, die y-Spannung zeitlich verzögert auf die Ab-
lenkplatten zu geben. Damit wird sichergestellt, dass bei Sprungsignalen auch
die ansteigende bzw. abfallende Flanke noch deutlich auf dem Schirm sicht-
bar ist. Ohne eine solche Verzögerungsleitung bestünde bei sehr schnellen
Signalen die Gefahr, dass die Flanke schon anliegt, bevor die Zeitbasis die
Strahlablenkung starten konnte. Zur gleichzeitigen Darstellung mehrerer, im
Allgemeinen zweier, Signale verwendet man in der Regel ebenfalls einstrahli-
ge Elektronenstrahl-Röhren, deren Vertikalablenksystem im Wechsel von ver-
schiedenen y-Kanälen über einen elektronischen Umschalter angesteuert wer-
den. Dieser in Abb. 10.7 mit ALT/CHOP“ bezeichnete Schalter wird übli-

cherweise in Form eines schnellen Analog-Multiplexers [182] realisiert. Die
Ansteuerung der y-Platten geschieht dabei entweder im Alternierenden-Mode
oder im Chopper-Mode (Abb. 10.9):
• Alternierender-Mode
Während einer vollständigen x-Ablenkperiode wird immer nur das Signal
eines Kanals, z.B. das Signal y1 (t), an die y-Platten gelegt, während in der
darauffolgenden Periode der x-Ablenkung das Signal y2 (t) des 2. Kanals
geschrieben wird. Für Phasenvergleiche zwischen den Signalen y1 (t) und
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop 283

Abb. 10.9. Funktionsprinzip des Chopperbetriebs: a) Zeitverläufe der Eingangssi-


gnale, b) Schirmbilddarstellung

y2 (t) ist darauf zu achten, dass die Triggerung immer vom selben Kanal,
entweder Kanal 1 oder Kanal 2, ausgelöst wird.
• Chopper-Mode
Im Gegensatz zum alternierenden Mode wird in dieser Betriebsart während
einer einzigen x-Ablenkperiode in zeitlich sehr kurzen Abständen zwi-
schen den Kanälen 1 und 2 umgeschaltet, so dass die Darstellung der
Signale y1 (t) und y2 (t) quasi zeitgleich, d. h. in einem, verglichen zur x-
Ablenkperiode und damit auch zum alternierenden Betrieb, kurzzeitigen
Wechsel erfolgt.

10.1.4 Sampling-Oszilloskop

Das Sampling-Oszilloskop ist eine Ausführungsform des Oszilloskops, das auf


die Darstellung periodisch wiederkehrender Signale mit sehr hohen Frequenz-
anteilen spezialisiert ist, wie z. B. die Visualisierung von in konstanten zeit-
lichen Abständen wiederkehrenden kurzen Pulsen. Dabei darf die Grenzfre-
quenz des (periodisch wiederkehrenden) Messsignals sogar weit über der obe-
ren Grenzfrequenz des Oszilloskops liegen. Die Funktionsweise des Sampling-
Oszilloskops beruht auf einer Signaldarstellung in Äquivalenzzeit, deren Prin-
zip anhand von Abb. 10.10 verdeutlicht werden soll. Das Messsignal wird von
einem Sampling-Oszilloskop stroboskopartig abgetastet, wobei die Abtastzeit-
punkte gegenüber einem zeitlich festen Bezugspunkt im Signalverlauf, z. B.
dem Triggerpunkt, um ein ganzzahliges Vielfaches von ΔT versetzt werden.
Dadurch gelingt die vollständige Abtastung des Signals mit einer Abtastfre-
quenz fa , die kleiner ist als der Kehrwert der Signalperiodendauer Ts
1
fa < . (10.15)
Ts
Die Dauer der Abtastperiode Ta beträgt im einfachen Fall (Abb. 10.10)

Ta = Ts + ΔT , (10.16)
284 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

Abb. 10.10. Sequentielle Abtastung einer periodischen Signalfunktion in Äquiva-


lenzzeit: a) Darstellung im Realzeitmaßstab, b) Darstellung im Äquivalenzzeitmaß-
stab

und im allgemeinen Fall

Ta = kTs + ΔT k = 1, 2, 3, ... . (10.17)

Dadurch erreicht man pro Abtastperiode eine auf die Äquivalenzzeit, d. h. auf
den einmaligen Puls, bezogene zeitliche Verschiebung des aktuellen Abtast-
zeitpunktes gegenüber dem vorhergehenden um ΔT . Mit fa = 1/Ta , fs = 1/Ts
und für k = 1 lässt sich diese zeitliche Verschiebung ΔT der Abtastzeitpunkte
aus den Gln. (10.16) bzw. (10.17) wie folgt ableiten
1 1
ΔT = − . (10.18)
fa fs
Nach N Abtastungen ist eine Periode des Messsignals vollständig abgetastet
(Rundungsfehler außer acht gelassen)
Ts fa
N= = . (10.19)
ΔT fs − fa
Bei dieser Form der Signalerfassung muss der eigentliche Abtastvorgang der
einzelnen Signalwerte allerdings auch in Realzeit erfolgen, d. h. die Abtastung
muss so schnell erfolgen, dass das Signal während dieser Zeit als konstant
angesehen werden kann, wohingegen die restliche Verarbeitung des Abtast-
wertes in einem gegenüber der Realzeit gedehnten Maßstab erfolgen darf. Die
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop 285

Grenzfrequenz des Oszilloskops wird damit letztlich von der Geschwindigkeit


bestimmt, mit der ein einzelner Wert erfasst (abgetastet) werden kann.
Das zeitliche Dehnungsverhältnis dvt , also das Verhältnis von Realzeit zu
Äquivalenzzeit (auf den abgetasteten Signalausschnitt bezogene Zeit) ergibt
sich zu (Abb. 10.10)
Tend N Ta Ta fs
dvt =  = = = . (10.20)
Tend N ΔT ΔT fs − fa
Wie die beim Sampling-Oszilloskop vorkommende Unterabtastung mit dem
Shannonschen Abtasttheorem (Kap. 11.6.1) vereinbar ist, soll anhand von
Abb. 10.10 und 10.11 demonstriert werden. Infolge der Abtastung entstehen
jeweils Duplikate des Spektrums des abgetasteten Signals bei den ganzzahligen
Vielfachen der Abtastfrequenz fa [135]. Die Abstände der Spektrallinien erge-
ben sich stets als Kehrwert der Zeit, bei der der gesamte Abtastvorgang been-
det wird. Im Falle der Abtastung nach Abb. 10.10a lassen sich zwei Endzeiten
definieren. Zum einen lässt sich die reale Endzeit Tend (Realzeit), nach der
die Abtastung aller N Signalperioden abgeschlossen ist (Abb. 10.10), gemäß
Gln. (10.16) und (10.19) wie folgt angeben

Tend = N Ta = N (Ts + ΔT ) . (10.21)

Damit ergibt sich der Spektrallinienabstand f0 für das abgetastete Spektrum
1 1 fs
f0 = = = . (10.22)
Tend N Ta dvt

Die zweite Endzeit Tend ist die, die auf den komprimierten Zeitmaßstab (Äqui-
valenzzeit) bezogen wird (Abb. 10.10b)

 Tend
Tend = = N ΔT = Ts . (10.23)
dvt

Diese Endzeit Tend ist hier vereinbarungsgemäß (Gl. (10.19)) mit der Peri-
odendauer Ts des Signals identisch. Der Frequenzabstand f0 zwischen den

Abb. 10.11. Spektrum (schematisiert) bei Abtastung in Äquivalenzzeit


286 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

einzelnen Linien im Spektrum des Originalsignals (in Abb. 10.11 mit Origi-

nalspektrum“ bezeichnet) entspricht damit der Wiederholfrequenz fs in der
Signalfunktion
1
f0 =  = f0 dvt = fs . (10.24)
Tend
Unter Berücksichtigung der oben abgeleiteten Zusammenhänge lässt sich das
Originalspektrum gemäß dem in Abb. 10.11 gezeigten Schema aus dem real
erhaltenen abgetasteten Spektrum rekonstruieren. Denn aus den Gln. (10.20),
(10.22) und (10.24) folgt die Beziehung

nf0 = nfa + nf0 n = 1, 2, . . . , N (10.25)

bzw.
fs
nfs = nfa + n n = 1, 2, . . . , N , (10.26)
dvt
welche besagt, dass die n-te Spektrallinie des Originalspektrums identisch ist
mit der n-ten Spektrallinie des abgetasteten Spektrums, das bei der n-fachen
Abtastfrequenz entsteht.

10.2 Spannungsteiler in Elektronenstrahl-Oszilloskopen


Spannungsteiler kommen in Elektronenstrahl-Oszilloskopen als Eingangstei-
ler oder als Tastkopf (s. auch Abb. 10.13) vor. Zur Erzielung eines guten
dynamischen Verhaltens ist es notwendig, diese Spannungsteiler frequenzkom-
pensiert auszuführen. Die daraus resultierende Schaltung besteht aus einem
Spannungsteiler, dessen Impedanzen jeweils aus einer Parallelschaltung eines
ohmschen Widerstandes und einer Kapazität bestehen (Abb. 10.12). Das Tei-
lerverhältnis V T , also das Verhältnis von Eingangs- zu Ausgangsspannung,
ergibt sich zu
U RT (1 + jωRE CE )
V T = E1 = 1 + . (10.27)
U E2 RE (1 + jωRT CT )
Wenn man die Zeitkonstanten τ1 und τ2 der beiden Impedanzen identisch
wählt

Abb. 10.12. Eingangsspannungsteiler eines Oszilloskops


10.2 Spannungsteiler in Elektronenstrahl-Oszilloskopen 287

τT = RT CT = RE CE = τE , (10.28)
ergibt sich das frequenzunabhängige Teilerverhältnis VTR

 RT
V T  = VTR = 1 + . (10.29)
τ1 =τ2 RE

Die Eingangsimpedanz Z Eges des Teilers ist aber auch in diesem Fall sehr wohl
frequenzabhängig. Sie beträgt bei Frequenzkompensation, d. h. für den Fall
τT = τE = τ ,
RT + RE RT + RE
Z Eges = = . (10.30)
1 + jωRE CE 1 + jωτ
Die entsprechende Eingangsadmittanz Y Eges ergibt sich dementsprechend zu

1
Y Eges = + jωCEges , (10.31)
REges

wobei sich REges und CEges mit dem reellen Teilerverhältnis VTR aus Gl. (10.29)
wie folgt berechnen

Abb. 10.13. Frequenzkompensation des Eingangsteilers: a) Ersatzschaltung eines


Tastteilers am Verstärkereingang, b) Unterkompensation (VTC > VTR ), Kompensa-
tion (VTC = VTR ) und Überkompensation (VTC < VTR )
288 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

REges = VTR RE (10.32)


CE
CEges = . (10.33)
VTR
Der Abgleich von CT kann gemäß Abb. 10.13 auf sehr einfache Weise durch
Anlegen einer Rechteckspannung überprüft bzw. eingestellt werden.

10.3 Fehler der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie


10.3.1 Statische Fehler (Fehler der Ablenkkoeff izienten)

Die einzelnen in Serie geschalteten Messglieder des x- und des y-Kanals sind
mit Empfindlichkeitsfehlern behaftet, die sich infolge der Multiplikation der
Empfindlichkeiten der einzelnen Stufen im jeweiligen Kanal zum Gesamt-
empfindlichkeitsfehler summieren. Typische Werte der Fehlergrenzen von Ab-
lenkkoeffizienten liegen sowohl für die Vertikal- als auch für die Horizontal-
Ablenkung bei etwa 1 - 3 %. Die Fehlerangaben können mit der absoluten
Größe des Ablenkkoeffizienten variieren, wobei i. Allg. die kleineren Ablenk-
koeffizienten größere Fehler aufweisen. Bei diesen Fehlern handelt es sich vor-
wiegend um systematische Fehler, die über den gesamten Anzeigebereich kon-
stant bleiben. Sie lassen sich also quantitativ ermitteln und korrigieren.

Beispiel — Fehler bei der Anstiegszeit

Es sollen die maximalen Fehlergrenzen bei der Messung der Anstiegsgeschwin-


digkeit einer Rampenspannung ermittelt werden, wenn die relativen Fehler fy
und fx der Vertikal- bzw. der Horizontal-Ablenkeinheiten bekannt sind. Der
relative Gesamtfehler fan bei der Ermittlung der Anstiegsgeschwindigkeit er-
gibt sich zu
ΔUMess
− ΔUw
fan = ΔtMessΔUw Δtw , (10.34)
Δtw

wobei ΔUMess /ΔtMess die mit dem Oszilloskop gemessene und ΔUw /Δtw die
wahre Anstiegsgeschwindigkeit ist. Aus Gl. (10.34) folgt mit den Definitions-
gleichungen für die relativen Fehler fy und fx von Vertikal- und Horizontal-
Ablenkeinheit
ΔUMess
= 1 ± fy (10.35)
ΔUw
und
ΔtMess
= 1 ± fx (10.36)
Δtw
der relative Gesamtfehler fan
ΔUMess Δtw 1 ± fy
fan = −1= −1. (10.37)
ΔUw ΔtMess 1 ± fx
10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie 289

Für kleine Fehler (|fy | 1) und (|fx | 1) gelten die Näherungen


1
≈ 1 ∓ fx (10.38)
1 ± fx
und
(1 ± fy )(1 ∓ fx ) ≈ 1 ± fy ∓ fx . (10.39)
Damit lassen sich die Fehlergrenzen bei der Messung der Anstiegszeit als Sum-
me der relativen (Einzel)-Fehler von Vertikal- und Horizontal-Ablenksystem
angeben
fan = ±(|fy | + |fx |) . (10.40)

10.3.2 Linearitätsfehler

Nichtlinearitäten im Horizontal- sowie dem Vertikal-Ablenksystem führen


zu Linearitätsfehlern, die sich darin äußern, dass die Ablenkkoeffizienten
Ky und Kx innerhalb des Schirmbildes nicht mehr konstant sind. Typi-
scherweise äußern sich Linearitätsfehler in den Randbereichen des Schirm-
bildes (Abb. 10.14). Zur Angabe des Linearitätsfehlers werden die Ablenk-
koeffizienten Ky und Kx jeweils im Bereich 1 des Schirmbildes (Abb. 10.14)
gemittelt (K x1 bzw. K y1 ) und als wahre Werte herangezogen. Als Istwerte
nimmt man jeweils die im Bereich 2 gemittelten Ablenkkoeffizienten (K x2
bzw. K y2 ), also die der Randbereiche. Damit ergibt sich der relative Linea-
ritätsfehler fNLy des Vertikalablenksystems zu

K y2 − K y1
fNLy = . (10.41)
K y1

Der entsprechende relative Linearitätsfehler fNLx des Horizontal-Ablenksys-


tems ergibt sich dementsprechend

Abb. 10.14. Beispiel eines Linearitätsfehlers bei der Vertikalablenkung. Die Soll-
Kennlinie ist eine Gerade.
290 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

K x2 − K x1
fNLx = . (10.42)
K x1
Typische Werte für die Linearitätsfehler liegen bei 2 - 5 %.

10.3.3 Dynamische Fehler des Oszilloskops

Da die Eingangsimpedanz eines Oszilloskops aus der Parallelschaltung eines


ohmschen Widerstandes und einer Kapazität besteht und damit frequenzab-
hängig ist, kann es bei der Messung von zeitlich veränderlichen Spannungen
zu dynamischen Messfehlern kommen. Der entsprechende systematische Feh-
ler soll im Folgenden für den Fall eines rein ohmschen Innenwiderstandes der
Signalquelle bestimmt werden (Abb. 10.15). Der Fehler f|U| in Bezug auf den
Betrag der gemessenen Spannung ergibt sich bei einer reinen Sinuswechsel-
spannung U Q (ω) der anregenden Signalquelle zu

|U E | − |U Q | 1
f|U| = =  2 −1. (10.43)
|U Q | RQ 2
1+ RE + (ωRQ CE )

Abb. 10.15. Beschaltung eines Oszilloskops mit einer Signalquelle

Dieser Betragsfehler ist in Abb. 10.16 als Funktion der Frequenz für verschie-
dene Widerstandswerte der Signalquelle aufgetragen. Für RE und CE werden
dabei die Standardwerte RE = 1 MΩ und CE = 20 pF verwendet. Bei Anre-
gung durch einen Spannungssprung kommt es aufgrund des (verlangsamten)
Anstiegs gemäß einer Exponentialfunktion zu Verzerrungen. Die Aufladung
des Eingangskondensators erfolgt dabei mit der Zeitkonstante
RE RQ
τ = CE . (10.44)
RE + RQ

Wenn man von einem ursprünglich ungeladenen Kondensator ausgeht, be-


trägt die Spannung uE (t) am Eingang des Oszilloskops bei einem Sprung der
Signalquellenspannung von 0 auf U0
10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie 291

Abb. 10.16. Systematischer Betragsfehler bei Oszilloskopen infolge der komplexen


Eingangsimpedanz Z E = (1 MΩ  20 pF)

RE 
uE (t) = U0 1 − e−t/τ . (10.45)
RE + RQ

Abbildung 10.17 zeigt die Verzerrung eines anregenden Spannungssprunges


infolge einer Standardeingangsimpedanz für verschiedene Widerstandswerte
RQ der Signalquelle.

Abb. 10.17. Verzerrung der (normierten) Sprungantwort bei Oszilloskopen infolge


der komplexen Eingangsimpedanz (1 MΩ  20 pF) für verschiedene Werte des Si-
gnalquellenwiderstandes RQ . Die Normierung erfolgte auf U0 = U0 RE /(RE + RQ ).
Die Sprunganregung findet zum Zeitpunkt t = t0 statt.
292 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

Verstärker-Grenzfrequenzen

Die Oszilloskop-Verstärker enthalten RC-Glieder, die zu einem Tiefpassver-


halten führen, das modellhaft durch ein Verstärkerersatzschaltbild gemäß
Abb. 10.18 beschrieben werden kann. Für ausgangsseitigen Leerlauf ergibt
sich das Übertragungsverhalten des Verstärkers im Frequenzbereich aus der
komplexen Übertragungsfunktion G(ω)

UA V
G(ω) = = , (10.46)
UE 1 + jωRC

wobei R und C die Werte des Tiefpasses aus Abb. 10.18 bezeichnen und
V eine in erster Näherung frequenzunabhängige Verstärkung ist. Die obere
Grenzfrequenz fg des Verstärkers ist erreicht, wenn die Ausgangsspannung
auf -3 dB ihres Gleichspannungswertes (ω = 0) abgesunken ist. Dies entspricht
einem Verhältnis von
 
 UA  1
  = √ ≈ 0, 707 . (10.47)
V U  2
E f =fg

Mit Gl. (10.46) ergibt sich daraus die obere Kreisgrenzfrequenz ωg bzw. die
obere Grenzfrequenz fg des Verstärkers zu

ωg RC = 1 (10.48)

bzw.
1
fg = . (10.49)
2πRC
Der Betragsfehler f|U| infolge dieser Bandbegrenzung beträgt
 
 UA 
f|U| =  −1 (10.50)
V UE 
1 1
f|U| =  −1=  2 − 1 . (10.51)
1 + (ωRC)2
1 + ffg

Abb. 10.18. Einfaches Modell eines Verstärkers mit der Verstärkung V


10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie 293

Beispiel — Fehler infolge oberer Grenzfrequenz


Mit einem Oszilloskop, das eine obere Grenzfrequenz von 40 MHz aufweist,
wird eine Spannungsamplitude bei 20 MHz bestimmt. Der relative Betrags-
fehler f|U| ergibt sich somit wie folgt
1
f|U| =   2 − 1 = −11% . (10.52)
1 + 12
Dieser systematische Messfehler ließe sich aber gemäß Gl. (10.53) zur Korrek-
tur des Messwertes Umess nutzen

2
f
Uw = Umess 1 + . (10.53)
fg
Die anhand von Gl. (10.53) ermittelte Spannung Uw entspricht dem wahren
Wert im Sinne der Fehlerrechnung.
Aufgrund des Verstärker-Tiefpassverhaltens ergibt sich wiederum eine ex-
ponentiell ansteigende Sprungantwort

uA (t) = V U0 1 − e−t/τ , (10.54)

wobei die Zeitkonstante τ die des Eingangstiefpasses aus Abb. 10.18 ist. Die
Zeitkonstante τ ist demnach der Kehrwert der Kreisgrenzfrequenz ωg
1 1
ωg = = . (10.55)
τ RC
Somit lassen sich auch die Anstiegszeit tr und die Grenzfrequenz fg des Ver-
stärkers ineinander umrechnen. Die Anstiegszeit tr der Sprungantwort beträgt
mit Gl. (10.54) und unter Berücksichtigung der Anstiegszeitdefinition (tr ist
die Zeit, die die Sprungantwort zwischen 10 und 90 % ihres Endwertes ver-
weilt)
tr = t2 − t1 = τ (− ln(0, 1) + ln(0, 9)) = 2, 197τ . (10.56)
Mit der Beziehung (Gl. (10.49))
1 1
fg = = (10.57)
2πRC 2πτ
erhält man schließlich
2, 197 0, 35
tr = = . (10.58)
2πfg fg
Die Angabe der Anstiegszeit von Oszilloskopen ist von unmittelbarer prak-
tischer Bedeutung (Kap. 10.1.3), weil ihr Zahlenwert deutlich macht, welche
zeitliche Spannungsänderung noch korrekt darstellbar ist. Bei der Darstellung
einer Rechteckspannung werden beispielsweise die Flanken als zeitlich expo-
nentiell ansteigend bzw. abfallend mit einer Zeitkonstanten auf dem Schirm-
bild erscheinen, die nach den Gln. (10.55), (10.57) bzw. (10.58) aus der An-
stiegszeit oder auch der oberen Grenzfrequenz des Oszilloskops ermittelt wer-
den können.
294 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

Anstiegszeit und Grenzfrequenz des eigentlichen Ablenksystems

Selbst wenn die Anstiegszeit des y-Verstärkers beliebig klein bzw. seine Grenz-
frequenz beliebig groß wäre, gäbe es ein weiteres Phänomen, das die Gesamt-
anstiegszeit des Horizontal-Ablenksystems nach unten begrenzt. Dies ist auf
die endliche Laufzeit der Elektronen zwischen den Platten des Ablenksystems
zurückzuführen. Wenn man sich den das Schirmbild schreibenden Elektro-
nenstrahl als eine Aneinanderreihung von gleich schnell fliegenden Elektronen
vorstellt, so dürfte klar werden, dass bei Anlegen eines Spannungssprunges
an den y-Ablenkplatten die Elektronen, die sich gerade am Eingang der y-
Ablenkeinheit befinden, zeitlich viel länger der in y-Richtung beschleunigen-
den Kraft ausgesetzt sind als die Elektronen, die bereits gerade die y-Platten
wieder verlassen. Diese endliche Verweilzeit zwischen den y-Platten führt im
Schirmbild bei Anlegen eines idealen Spannungssprunges zu einer mit der Zeit
linear ansteigenden Rampe (Abb. 10.19). Die Anstiegszeit dieser Rampe kann
anhand von Gl. (10.10) ermittelt werden, welche die Strahlablenkung yL auf
dem Schirm beschreibt, wenn dort anstatt der Plattenlänge sz die aktuelle
Lauflänge vz tz des Elektrons nach erfolgtem Sprung, also das Produkt aus
Horizontalgeschwindigkeit vz und der aktuellen Verweildauer des Elektrons
im y-Plattenpaar eingesetzt wird
uy vz tz lz
yL = . (10.59)
uz 2dy

In Gl. (10.59) wurden die bereits in den Kap. 10.1.1 (Abb. 10.2) eingeführten
Bezeichnungen verwendet. Mit Gl. (10.3) ergibt sich

lz 2e0 1
yL = u y tz . (10.60)
2dy m0 uz

Gleichung (10.60) verdeutlicht den linearen Anstieg der Strahlablenkung yL


mit der Verweildauer tz des Elektrons im y-Plattenpaar nach erfolgter Sprung-
anregung, wobei uy in diesem Fall der Amplitude des Spannungssprunges
entspricht. Erst wenn ein Elektron nach erfolgtem Sprung der Spannung uy

Abb. 10.19. Sprungantwort des Ablenksystems. tr : Anstiegszeit, yL : vertikale


Strahlablenkung
10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie 295

die gesamte Länge sz durchlaufen hat, erhält man den Endwert yLend der
entsprechenden Strahlablenkung
u y sz l z
yLend = . (10.61)
uz 2dy
Nach Normierung der zeitabhängigen Ablenkung yL aus Gl. (10.60) auf den
stationären Endwert yLend ergibt sich schließlich

yL 2uz e0 tz
= . (10.62)
yLend m0 s z
Aus Gl. (10.62) folgt unmittelbar die Anstiegszeit tr (Zeit zwischen
yL = 0, 1yLend und yL = 0, 9yLend)

1 m0
tr = 0, 8sz . (10.63)
2uz e0
Für eine Plattenlänge sz = 5 cm und eine Anodenspannung uz = 1 kV ergibt
sich bereits eine Anstiegszeit von tr = 2,1 ns.
Das diesem Laufzeitfehler entsprechende Frequenzverhalten lässt sich aus
dem Zeitverhalten der Ablenkkraft ermitteln. Die vertikale Ablenkkraft Fy
beträgt
e0 uy (t)
Fy (t) = m0 ay (t) = e0 Ey (t) = . (10.64)
dy
Mit bekannter Kraft Fy kann unmittelbar die y-Komponente der Elektronen-
geschwindigkeit vy durch zeitliche Integration errechnet werden
  
Fy (t) e0 1
vy = ay (t) dt = dt = uy (t) dt . (10.65)
m0 m0 dy
Im Hinblick auf eine spektrale Bewertung des Laufzeitverhaltens wollen wir
eine harmonische Ablenkspannung uy (t) = Û0 cos ωt voraussetzen. Es soll also
zum Zeitpunkt t = 0 die Amplitude der Sinusschwingung dargestellt werden.
Die Geschwindigkeit vyp in y-Richtung, welche die Elektronen beim Verlassen
des y-Plattenpaares haben, lässt sich demnach wie folgt berechnen
 +
ty  sz
+ 2v
e0 1 2 e0 1 z
vyp = Û0 cos ωt dt = Û0 cos ωt dt
m0 dy ty
− 2 m 0 dy sz
− 2v z
+ 2vsz
e0 1 1  z
= Û0 sin ωt 
m0 dy ω sz
− 2v

z
e0 2 1 ωsz
= Û0 sin . (10.66)
m0 dy ω 2vz
Unter Zuhilfenahme von Gl. (10.7) und Vernachlässigung von yp kann die
Strahlablenkung yL wie folgt angegeben werden
296 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale


lz lz lz e 0 1 1 ωsz
yL = vymax = vyp = 2Û0 sin . (10.67)
vz vz vz m0 dy ω 2vz

Bezieht man diese Ablenkung auf ihren wahren Wert (Gl. (10.10))

l z sz
yLw = Û0 , (10.68)
uz 2dy

so ergibt sich unter Beachtung der Energiebeziehung (Gl. (10.2))


1
e0 u z = m0 vz2 (10.69)
2
der Amplitudengang der y-Ablenkeinheit wie folgt

sin ωsz


yL 2vz ωsz ω
= ωsz = sinc = sinc , (10.70)
yLw 2vz 2vz ω 0

wobei
2vz
ω0 = . (10.71)
sz
Dabei bezeichnet sinc(x) = sin(x)/x die Spaltfunktion. Die 3-dB-Grenzfre-
quenz dieses Amplitudenganges berechnet sich wiederum aus der Bedingung

yL  1
= √ ≈ 0, 707 (10.72)
yLw f =fg 2
zu 
1, 39 1, 39 2vz 0, 44 2e0 uz
fg = 1, 39f0 = ω0 = = . (10.73)
2π 2π sz sz m0
So ergibt beispielsweise eine Plattenlänge von sz = 5 cm und eine Anoden-
spannung von uz = 1 kV eine obere Grenzfrequenz der y-Ablenkeinheit von
fg = 165 MHz. Mit dem Ergebnis für die Anstiegszeit tr (Gl. (10.63)) lässt
sich wiederum der Zusammenhang zwischen der Anstiegszeit tr und der oberen
Grenzfrequenz ableiten (Gl. (10.58))

0, 44 2e0 uz 1 1
fg = = 0, 44 · 0, 8 = 0, 35 . (10.74)
sz m0 tr tr
Abbildung 10.20 zeigt den Amplitudengang der Ablenkempfindlichkeit. Zwei
naheliegende Maßnahmen zur Erhöhung dieser Grenzfrequenz bzw. zur Ver-
ringerung der Anstiegszeit sind die Erhöhung der Beschleunigungsspannung
sowie die Verkürzung der Ablenkplattenlänge. Diese Maßnahmen stehen je-
doch insbesondere der Forderung nach hoher Ablenkempfindlichkeit entge-
gen (Kap. 10.1.1). In Oszilloskopen mit Grenzfrequenzen oberhalb 200 MHz
finden daher besondere Formen von Ablenkplatten, die sog. Wanderfeld-
Ablenkplatten, Einsatz [113].
10.4 Digital-Speicheroszilloskop 297

Abb. 10.20. Amplitudengang der Ablenkempfindlichkeit, bedingt durch den Lauf-


zeitfehler der Elektronen während ihrer Flugzeit zwischen den Ablenkplatten

10.4 Digital-Speicheroszilloskop
Im Gegensatz zum analogen Elektronenstrahl-Oszilloskop werden die Messsi-
gnale in Digital-Speicheroszilloskopen (DSO) intern in Form zeitlich diskre-
ter Binärzahlen verarbeitet. Dadurch ermöglichen diese Geräte vor allem den
kompatiblen Anschluss an die digitale Welt der rechnergesteuerten Messdaten-
erfassung sowie die der gesamten digitalen Signalverarbeitung. Andererseits
kann man sie auch wie konventionelle Analog-Oszilloskope betreiben.
Die Mitte der siebziger Jahre begonnene Entwicklung der Transientenrekor-
der zur digitalen Aufzeichnung von elektrischen Einzelvorgängen führte im
Laufe der letzten beiden Jahrzehnte im Zuge ihrer konsequenten Weiterent-
wicklung zum Digital-Speicheroszilloskop. Diese Entwicklung stützt sich im
wesentlichen auf die schnell voranschreitende Technologie der Analog-Digital-
Umsetzer, welche das Herzstück eines jeden Digital-Speicheroszilloskops sind.
Die Vorzüge des Digital-Speicheroszilloskops beruhen auf der leichten Speicher-
barkeit von digitalen Messwerten, ihrer einfachen rechnergestützten Weiter-
verarbeitung sowie der gleichzeitig vorhandenen Möglichkeit einer komforta-
blen Bildschirmdarstellung. Die Grenzen der digitalen Speicherung und Ver-
arbeitung liegen in den Nachteilen der notwendigen zeitlichen und amplitu-
denmäßigen Diskretisierung der ursprünglich analogen Messwerte.

10.4.1 Prinzipielle Funktionsweise

Digital-Speicheroszilloskope bestehen aus den in Abb. 10.21 gezeigten Stan-


dardbaugruppen Messkanal, Triggermodul, dem Takt- und Steuerungsmodul
sowie der Anzeige. Die wesentliche Komponente eines jeden digitalen Speicher-
298 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

Abb. 10.21. Blockschaltbild eines Digital-Speicheroszilloskops


10.4 Digital-Speicheroszilloskop 299

Oszilloskops bildet der Analog-Digital-Umsetzer mit einem nachgeschalteten


Speicher, den man sich zwecks einfacherer Erklärung in Form eines Schie-
beregisters (FIFO = First In First Out Speicher) vorstellen möge. Dieses
Schieberegister enthält k Digitalworte zu je n Bit. Mit jedem Taktwechsel
wird der Inhalt des Schieberegisters um eine Wortstelle nach rechts verscho-
ben, wobei das k-te Wort nach dem nächsten Wechsel in der Schalterstellung
S (Einspeichern) verlorengeht. Nur beim Auslesevorgang (Wiedergabe, Schal-
terstellung W ) wird das k-te Wort beim nächstfolgenden Taktwechsel an der 1.
Stelle wieder eingespeichert. Das Digitalwort an der k-ten Stelle wird mit Hil-
fe des Digital-Analog-Umsetzers jeweils in seinen entsprechenden Analogwert
umgewandelt und über den y-Endverstärker auf die Vertikal-Ablenkplatten
gegeben. Die Schalterstellung (S/W ) wird letztlich von der Triggereinheit ge-
steuert, welche aus einem Schwellwertkomparator mit nachgeschaltetem Flip-
Flop, einem UND-Gatter sowie einem Rückwärtszähler besteht, der eine Vor-
einstellung von  p erhält. Nach Eintreffen des Triggerereignisses zählt dieser
Zähler von  p auf  0 zurück und löst über die Steuerung das Umschalten
des Schalters von Einspeichern“ (S) auf Wiedergabe“ (W ) aus. Das be-
” ”
deutet, dass p Abtastwerte nach Eintreffen des Triggerereignisses und (k − p)
Abtastwerte vor Eintreffen des Triggerereignisses im Schieberegister gespei-
chert werden, die letztlich in der Wiedergabephase im Schirmbild erscheinen.
Bei den (k − p) Werten vor dem Triggerereignis spricht man vom sog. Pre-
trigger. Wählt man p = k, so wird nur das Signal nach dem Triggerzeitpunkt
dargestellt, so wie man es vom normalen Analog-Oszilloskop her gewohnt
ist. Bei der Einstellung p = 0 hingegen liegen alle k dargestellten Abtast-
werte vor dem Triggerzeitpunkt. Diese Art der Messung ist interessant bei
der Klärung unvorhergesehener Ereignisse, weil man auf diese Weise das Si-
gnal vor Eintreten des Triggerereignisses speichern bzw. analysieren kann. Die
Horizontal-Ablenkung erfolgt ebenfalls auf digitaler Basis, und zwar mit Hilfe
eines gewöhnlichen Vorwärtszählers, der mit einem nachgeschalteten Digital-
Analog-Umsetzer eine mit der Zeit ansteigende Rampenspannung erzeugt. Die
Anstiegsgeschwindigkeit wird über das Teilungsverhältnis r des Frequenztei-
lers vorgegeben. Nach Erreichen des Endwertes (der Strahl befindet sich dann
am rechten Bildschirmrand) wird der Zähler wieder zurückgesetzt, und der
Strahl springt an den linken Bildrand zurück.

10.4.2 Wiedergabe des aufgezeichneten Bildes

Die Wiedergabe des aufgezeichneten Bildes kann entweder, wie in Abb. 10.7
angedeutet, mit Hilfe einer konventionellen analogen Elektronenstrahl-Röhre
oder mit Hilfe eines mit magnetischer Ablenkung arbeitenden Rasterbildschir-
mes erfolgen. Bei neueren Geräten setzt sich allerdings die Verwendung von
TFT-LCD-Bildschirmen, die auch mehrfarbig ausgeführt sein können, immer
mehr durch (Abb. 10.22). Bei der letztgenannten Methode werden die digita-
len Amplitudenwerte (y-Werte) mit korrespondierenden x-Werten, welche den
zeitlichen Abtastpunkten entsprechen, verknüpft und als (x, y)-Bildpunkte auf
300 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

Vorverstärker

Datenspeicher LCD-
ADC μP Bildspeicher
Display

Abb. 10.22. Prinzip-Blockschaltbild eines digitalen Speicher-Oszilloskops

dem Rasterschirm in Form heller Bildpunkte dargestellt. Dies entspricht der


sog. Punktdarstellung. Als weitere wichtige Darstellungsarten werden die li-
neare Interpolation und die Sinusinterpolation verwendet (Abb. 10.23). Bei der
linearen Interpolation werden zeitlich aufeinanderfolgende Bildpunkte durch
Geraden verbunden, was bei der Darstellung glatter Signalverläufe eine hohe
Anzahl von Abtastwerten erforderlich macht, z. B. mindestens 10 Abtastwerte
pro Periode bei Sinusschwingungen. Für die Darstellung glatter Signalverläufe
ist die Sinusinterpolation empfehlenswert, bei der jedem einzelnen Abtastwert
x(i) ein sin t/t-Ausgangssignal (mit Maximalwert an der Abtaststelle x(t)) zu-
geordnet wird.
Das Ausgangssignal y(t) ergibt sich aus der additiven Überlagerung aller
sin t/t-Kurven gemäß

Abb. 10.23. Die wichtigsten Darstellungsarten von Digital-Speicheroszilloskopen:


a) Eingangssignal, b) Punktdarstellung, c) lineare Interpolation, d) Sinusinterpo-
lation
10.4 Digital-Speicheroszilloskop 301

 sin π t−tTaa(i)
y(t) = x(i) , (10.75)
i π t−tTaa(i)

wobei ta (i) der Abtastzeitpunkt des i-ten Abtastwertes x(i) und Ta die Dau-
er der Abtastperiode bezeichnen. Ein entsprechend dem Nyquist-Kriterium
abgetastetes, aus diskreten Abtastwerten bestehendes Signal kann nämlich
wieder zu dem ursprünglichen (zeitlich kontinuierlichen) Signal verzerrungs-
frei rekonstruiert werden, wenn man die Abtastwerte in zeitlicher Folge auf
einen idealen Tiefpass mit der Grenzfrequenz
1
fg = (10.76)
2Ta
gibt [135]. Dieser Tiefpass hat aber bezüglich der einzelnen Abtastwerte ge-
nau die Impulsantwort, die durch Gl. (10.75) beschrieben wird. Um auch im
Zuge der in der Praxis unvermeidbaren zeitlichen Begrenzung bei der Realisie-
rung der sin t/t-Funktion noch eine gute Rekonstruktion des Originalsignals
aus den Abtastwerten zu erhalten, ist es in der Praxis notwendig, mit min-
destens 2,5 Abtastwerten pro Periode der höchsten im abzutastenden Signal
vorkommenden Frequenzkomponente zu arbeiten. Um auf der sicheren Seite
zu sein, wird in der Regel eine Abtastung von 10 Abtastwerten pro Periode
veranschlagt, wenn es die hardwaremäßigen Voraussetzungen zulassen.

10.4.3 Aufzeichnungs-/Anzeigebetriebsarten des


Digital-Speicheroszilloskops

Recurrent-Mode (Refresh-Mode)

Diese Arbeitsweise ist ähnlich dem eines gewöhnlichen analogen Oszilloskops.


Kennzeichnend dabei ist die ständige Erneuerung des Speicherinhaltes, die
nach jedem Triggersignal erfolgt. Das Auslesen und die Anzeige der Spei-
cherwerte erfolgt in den Pausen zwischen den Abtastphasen. Es können aber
auch alternativ die Daten nach der Speicherphase in einen zweiten Speicher
transferiert werden, aus dem sie dann zur Bilddarstellung beliebig oft und
unabhängig von der eigentlichen Signalerfassung ausgelesen werden können.

Single Shot

Nach Eintreten des Triggerereignisses wird nur eine Aufnahme gemacht, auch
wenn danach die Triggerbedingungen erfüllt sein sollten. Diese Einzelauf-
nahme kann im Gegensatz zum analogen Oszilloskop beliebig lange auf dem
Schirm dargestellt werden.
302 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

Roll-Mode

Diese Aufzeichnungsart erlaubt das kontinuierliche Beobachten von langsamen


Vorgängen, deren zeitlicher Verlauf mit dem menschlichen Auge gerade noch
wahrgenommen werden kann. Das aufgezeichnete Signal wird dabei, ähnlich
wie auf einem Schreiber, von links nach rechts über den Bildschirm gezogen,
wobei der aktuelle Wert am gerade noch äußersten rechten Bildrand erscheint,
während der älteste Wert links aus dem Bild geschoben wird.

10.4.4 Einsatz von Digital-Oszilloskopen in Verbindung mit


Computern

Derzeit eingesetzte Digital-Oszilloskope sind in der Regel mit einer Schnittstel-


le zu Computern versehen, so dass die aufgezeichneten Signale zu einem Com-
puter übertragen und dort weiterverarbeitet oder archiviert werden können.
Die so erhaltenen Signale werden auf dem PC mit Hilfe von Signalverarbei-
tungsroutinen ausgewertet und können bei der heute üblichen Speichergröße
selbst bei größtem Umfang problemlos gespeichert werden. Dabei können
detaillierte Informationen über das betrachtete Signal extrahiert und dar-
gestellt werden. Weitere Informationen zu diesen neuen Digital-Oszilloskop-
Technologien finden sich in den Kapiteln 18.11 und 18.12.

10.5 Vergleich Analog- und Digital-Oszilloskope


In der Praxis werden für verschiedene Aufgaben unterschiedliche Oszillosko-
pe eingesetzt (Tab. 10.1). Analoge Oszilloskope werden vor allem bei schnel-

Tabelle 10.1. Vergleich der Vorteile von Analog- und Digital-Oszilloskopen


Analog-Oszilloskop Digital-Oszilloskop
+ schnelle Signalerfassung + Simultanbetrieb auf mehreren Kanälen
+ Darstellung der Signalintensität + Single-Shot Aufnahme möglich
+ Echtzeitdarstellung der Signale + Signalspeicherung möglich
+ Weiterverarbeitung der Daten im Computer
+ Signalanalyse möglich (z. B. FFT)
+ Pre-Trigger-Möglichkeiten

len Signalen verwendet, die in Echtzeit betrachtet werden und deren Inten-
sitätsänderung bzw. Signalstreuung durch die helligkeitsmodulierte Darstel-
lung sichtbar werden sollen. Analoge Oszilloskope eigenen sich daher in be-
sonderem Maße für periodische Signale.
Digitale Oszilloskope dagegen bieten den Vorteil, einmal aufgezeichnete
Signale langfristig und ohne Informationsverlust speichern zu können. Wei-
terhin erlauben sie einfache Analysefunktionalitäten, wie beispielsweise eine
10.6 Digital-Phosphor-Oszilloskop 303

Darstellung des betrachteten Signals im Frequenzbereich. Im Weiteren können


mit dem Digital-Oszilloskop aufgezeichnete Signale mittels eines Computers
weiterverarbeitet werden. Gemessene und aufgezeichnete Signale können bei
Bedarf wieder orginalgetreu abgerufen werden, so dass Vergleiche mit älteren
Messsignalen möglich sind.

10.6 Digital-Phosphor-Oszilloskop
Die Vorteile des Analog- sowie des Digital-Oszilloskops werden in einer neuar-
tigen Oszilloskopart, dem sogenannten Digital-Phosphor-Oszilloskop (DPO),
vereint. Dieses ermöglicht die Darstellung von schnellen Signalen in Echtzeit
und kann ebenfalls die Signalintensität bzw. Signalstreuung darstellen. Da-
durch ist es möglich, selten auftretende Signalstörungen zu erkennen, was
insbesondere bei der Fehlersuche von Vorteil ist [178].
Das Digital-Phosphor-Oszilloskop kann die Vorteile von analogem und di-
gitalem Oszilloskop nur deshalb vereinbaren, weil leistungsfähige Signalpro-
zessoren die Signalabbildung übernehmen. Dabei werden die Signaldaten in
Echtzeit von einem Erfassungs-Prozessor verarbeitet und in geeigneter Wei-
se gespeichert, während ein spezieller Signalabbildungsprozessor parallel dazu
die Signaldarstellung erledigt. Der Aufbau eines solchen Oszilloskops ist sche-
matisch in Abb. 10.24 dargestellt. Im Gegensatz zu einem digitalen Speicher-
Oszilloskop, welches keinen Mikroprozessor zur Aufbereitung der darzustellen-
den Daten besitzt (siehe Abb. 10.22), können Digital-Phosphor-Oszilloskope
die aufgezeichneten Daten schneller darstellen. Hierfür ist der spezielle Si-
gnalabbildungsprozessor verantwortlich, der die darzustellenden Werte ent-
sprechend aufbereitet.

Digital
Vorverstärker Phosphor Erfassungs-Prozessor

ADC Acquisition LCD-


Bildspeicher
Rasterizer Farbdisplay

μP

Abb. 10.24. Prinzip-Blockschaltbild eines Digital-Phosphor-Oszilloskops

Durch die Nachbildung des Nachleuchteffekts“ analoger Oszilloskope wurde



der Begriff Digital-Phosphor gewählt. Bei dieser Oszilloskopart werden die
vergangenen Bildsequenzen bzw. Signalverläufe in einer dritten Dimension
gespeichert und dann auf dem Bildschirm ausgegeben.
Die Intensität eines Signals ist ein Maß für die Signal-Varianz. So wird
beispielsweise ein rauschfreies Sinussignal immer mit gleicher Intensität dar-
304 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

gestellt. Wird nun dasselbe Sinussignal mit Rauschen überlagert, so ist die
Sinuswelle mit gleicher Intensität dargestellt. Die durch das Rauschen verur-
sachte Varianz des Sinussignals erscheint mit einer geringeren Intensität auf
dem Display.
Digital-Phosphor-Oszilloskope können die Signale im Gegensatz zu Ana-
log-Oszilloskopen farbig darstellen, wodurch sich die Signalverläufe vom Be-
obachter leichter erkennen lassen. Abbildung 10.25 zeigt ein Digital-Phosphor-
Oszilloskop moderner Bauart.

Abb. 10.25. Digital-Phosphor-Oszilloskop der Fa. Tektronix [178]

10.7 Analoger und digitaler Trigger


Standardmäßig wird das analoge Eingangssignal zum Festlegen des Trigger-
zeitpunktes herangezogen. Die Triggerung erfolgt also wie bei den klassischen
Analog-Oszilloskopen.
Im Gegensatz dazu spricht man von einem digitalen Trigger, wenn die
Triggerentscheidung auf der Basis des bereits digitalisierten Messsignals er-
folgt. Das bedeutet, dass der Triggerzeitpunkt unabhängig von der Abtastra-
te und einem eventuellen zeitlichen Versatz (Jitterfehler) zwischen analogem
Eingangssignal und dem weiter verarbeiteten digitalisierten Signal ist. Diese
Art von Oszilloskopen erreichen damit eine höhere Messgenauigkeit infolge
geringer Jitterfehler (Trigger-Jitter < 1 ps) [154]. Zudem werden oft diesel-
ben digitalen Filter für das Triggersignal vorgesehen wie für das Messsignal,
10.7 Analoger und digitaler Trigger 305

was das Ausfiltern von überlagerten Störsignalen, insbesondere Rauschen, er-


leichtert. Es kann auch das gefilterte Triggersignal verwendet werden, um das
ungefilterte Messsignal darzustellen.
Herkömmliche Oszillographen triggern in der Regel auf einen Spannungs-
pegel, d. h. die Zeitablenkung wird durch eine bestimmte Spannung am Ein-
gang gestartet. Mit der sogenannten Zone Trigger beschreitet Rohde & Schwarz
einen neuartigen Weg. Das digitalisierte Eingangssignal wird dabei mittels ei-
nes ASIC (application-specific integrated circuit) in Echtzeit mit einem vorge-
gebenen Muster verglichen, so dass sowohl auf Spannungswerte als auch auf
Pulsfolgen, bestimmte Frequenzen oder sonstige Merkmale getriggert werden
kann. Diese Ereignisse können vom Anwender frei definiert werden. Es gibt
praktisch keinen Triggerjitter. Diese Art von Triggerung ist zum Beispiel in
den akkubetriebenen Handheld-Oszilloskopen der Fa. Rohde & Schwarz im-
plementiert (siehe Bild 10.26).

Abb. 10.26. Akkubetriebenes Handheld Oszilloskop RTH1004 der Fa. Roh-


de & Schwarz. Die Abbildung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Herstellers.

Bei der digitalen Signalanalyse erlaubt ein sogenannter Serial Pattern Trigger
die Erkennung definierter Bitfolgen. Auf diese Art lassen sich spezielle Proto-
kollsequenzen, wie der Header eines Telegrammrahmens, erkennen.
306 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

10.8 Mixed-Signal-Oszilloskope

Zur Analyse von digitalen Logikschaltungen hat man in früheren Zeiten zwei
separate Messgeräte eingesetzt:
- Oszilloskope und
- Logikanalysatoren.
Diese sind mittlerweile in Form von sogenannten Mixed-Signal-Oszilloskopen
in einem einzigen Gerät vereint. Solche Oszilloskope lassen sich vor allem für
die messtechnische Analyse von sogenannten Mixed-Signal-Schaltungen einset-
zen. Bei diesen kommen in einer Schaltung sowohl analoge Signale (meistens
handelt es sich dabei um Hochfrequenz-Signale) und digitale Signale (im Sinne
von Logik-Signalen) vor.
Dazu weisen diese Oszilloskope neben 2 bzw. 4 Analogeingängen 16 bzw.
32 Digitaleingänge auf. Die anschließende Analyse der digitalen Eingangs-
signale ist neben allgemeinen Logikanalysemöglichkeiten auf die Analyse
von Standard-Bus-Systemen abgestellt, z. B. USB, I2 C, PCI, CAN, FlexRay,
RS 232, RS 485, SPI.
Als wesentliche Leistungsmerkmale sind zu nennen:
• Anzahl der Kanäle (analog und digital)
• Abtastrate bzw. Bandbreite der erfassbaren Signale
• Anzahl der aufgezeichneten Punkte (=Aufzeichnungslänge) und
• Zeitauflösung der digitalen Eingangskanäle.
Ist zusätzlich noch ein analoger Spektrumsanalysator in das Gerät integriert,
wie das zum Beispiel bei den von Tektronix vertriebenen Mixed-Domain-
Oszilloskopen der Fall ist, so ist als weiteres Leistungsmerkmal die
• Bandbreite des HF-Bereiches
mit anzuführen, die bei hochwertigen Geräten im einstelligen GHz liegt.
Mit Hilfe solcher Mixed-Domain-Oszilloskope ist nun erstmals die zeit-
gleiche bzw. zeitkorellierte Erfassung bzw. Darstellung von analogen, digi-
talen und HF-Signalen in einem einzigen Messgerät möglich. Dabei ist es
möglich, gleichzeitig das Zeitsignal und das mit Hilfe des (analogen) Spektral-
analysators ermittelte Spektrum des Signals auf dem Bildschirm darzustellen.
Gewöhnliche Digitaloszilloskope (DSOs) hingegen liefern als Ergebnis einer
Frequenzanalyse nur das per FFT (Fast Fourier Transformation) errechnete
Spektrum und das meist auch nur in sequentieller Reihenfolge mit der Si-
gnaldarstellung.
Mit Hilfe der Mixed-Signal-Oszilloskope ist vor allem auch ein Triggern
auf bestimmte Sequenzen, z. B. bestimmte Adressen, von Logiksignalen bis
hin zur automatischen Dekodierung verschiedener Datenformate möglich. Für
das genaue Messen des Timing-Verhaltens von Logik-Schaltungen ist eine hohe
zeitliche Auflösung notwendig, die bei Geräten der Oberklasse im Bereich von
ca. 60 ps liegt, was einer Abtastrate von etwa 16 Gsamples/s entspricht.
10.8 Mixed-Signal-Oszilloskope 307

Als Beispiel für eine typische Anwendung sei hier auf eine von der Firma
Tektronix vorgestellte Messung an einem seriellen USB-Interface verwiesen.
Bei seriellen Bus-Systemen enthält ein einziges Signal alle wesentlichen In-
formationen, wie Adresse, Kontroll-Bits, Daten und Takt(Clock). Die Fea-
tures automatischer Trigger, Dekodierung, Suche nach Bus-Ereignissen und
-Konditionen ermöglichen die effiziente und sichere Analyse von eventuellen
Problemen. Abbildung 10.27 zeigt die mit einem Tektronix Mixed-Signal Os-
zilloskop der Serie MSO 4000 aufgenommenen und analysierten USB-Signale.

Abb. 10.27. Signale, die an einem USB-Interface mit Triggerung auf ein OUT-
Zeichen aufgenommen wurden: oben: (D+)-Signal; unten: (D-)-Signal. Darunter ist
der dekodierte Inhalt des USB-Signals zu erkennen mit den Paketen: START, SYNC,
PID, Adresse, Ende-Zeichen, CRC, Daten und STOP.
308 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

10.9 Stand der Technik bei Digital-Oszilloskopen

Aufgrund der Tatsache, dass die Digital-Oszilloskope ihre analogen Counter-


parts mittlerweile vollständig vom Markt verdrängt haben, ist die Produkt-
vielfalt der angebotenen Digital-Oszilloskope heutzutage enorm groß. Zudem
werden die Produktzyklen aufgrund des rasanten Fortschritts der Digitaltech-
nik immer kürzer. Lesern, die sich über den jeweils aktuellen Stand auf dem
Markt der Digital-Oszilloskope informieren wollen, sei empfohlen, die Web-
seiten der führenden Hersteller zu besuchen. Die Webadressen der namhaften
Hersteller lauten:

Tektronix: www.tektronix.com bzw. www.tek.com


Keysight: www.keysight.com
LeCroy: www.teledynelecroy.com
Fluke: www.fluke.com
Rigol: www.rigol.eu
Rohde & Schwarz: www.rohde-schwarz.de
Yokogawa: www.yokogawa-mt.de

Einen Überblick über den derzeitigen Stand der Technik bieten die Tabel-
len 10.2 und 10.3, in denen die Oszilloskope von führenden Herstellern her-
ausgegriffen wurden.
Der in Tab. 10.2 angegebene theoretische Gewinn an Auflösung infolge Over-
sampling bzw. Mittelung kann anhand der Zusammenhänge (Gl. 11.85)

S
[dB] = (6N + 1, 76) (10.77)
N
bzw. (Gl. 11.43)
ΔS/N [dB] = 10 lg m (10.78)
ermittelt werden. Dabei bezeichnen N die Auflösung in Bit und m den Faktor
der Überabtastung.
Der Zugewinn ΔN [Bit] bezüglich der Auflösung lässt sich durch Gleichsetzen
obiger Gleichungen erreichen. Dies führt zu
10 lg m − 1, 76
ΔN [Bit] = . (10.79)
6
Die in Tab. 10.2 in der Spalte Theoretische Auflösungszunahme angegebenen
Werte lassen sich direkt aus Gl. 10.79 ermitteln. Die leichten Abweichungen
ergeben sich aufgrund der Tatsache, dass vom Hersteller anstatt Gl. 11.85
bzw. Gl. 10.77 die Überschlagsformel S/N = 6N verwendet wurde.
10.9 Stand der Technik bei Digital-Oszilloskopen 309

Tabelle 10.2. Leistungsdaten von Digital-Oszilloskopen, beispielhaft dargestellt


anhand der Digital-Oszilloskop-Familien der Fa. Tektronix
Produkt- Bandbreite Abtastrate Aufzeichnungs- Vertikale Auflösung
Familie [GHz] länge [Bit]
TPS2000B 0, 1 − 0, 2 1 − 2 GS/s 2, 5 kPoints 8+
DPO2000B 0, 07 − 0, 2 2x − 1 GS/s 1 MPoints 8+
MDO3000 0, 1 − 1 2x − 2, 5 GS/s 10 MPoints +
8 / <11**
MDO4000C 0, 2 − 1 2, 5 − 5 GS/s 20 MPoints 8+ / <11**
DPO7000 23 200 GS/s 1 GPoints 8+ / <11*

Produkt- Anzahl Theor. Aufl.- Prakt. Aufl.- Max. Aufl.


Familie Mittelungen Zunahme [Bit] Zunahme [Bit] Average [Bit]
TPS2000B 4 - 128 3,5 3,0 11,0
DPO2000B 2 - 512 4,5 4,0 13,0
MDO3000 2 - 512 4,5 4,0 13,0
MDO4000C 2 - 512 4,5 4,0 13,0
DPO7000 2 - 10000 6,6 6,0 14,1

Produkt- Max. Über- Theor. Aufl.- Prakt. Aufl.- Max. Aufl.-


Familie abtastzahl Zunahme [Bit] Zunahme [Bit] Zunahme [Bit]
TPS2000B 5.000 6,1 5,0 13,1
DPO2000B 5.000 6,1 5,0 13,1
MDO3000 5.000 6,1 5,0 13,1
MDO4000C 5.000 6,1 5,0 13,1
DPO7000 5.000 6,1 5,0 14,1

Produkt- Stand Preis Besonderheit


Familie [Euro]
TPS2000B Dez. 2012 2.940 Isolierte Eingänge, Akkubetrieb
DPO2000B Feb. 2015 1.050 Low Coast
MDO3000 Feb. 2016 3.180 Mixed-Signal
MDO4000C Feb. 2016 6.520 Hohe Speichertiefe
DPO7000 März 2016 166.000 Hohe Frequenz
+
= Single Shot; * = Average; ** = High Resolution

Die vier verschiedenen Aufzeichnungsmodi (= Aquisitionsmodi) Single Shot,


Average, High Resolution und Sequential Samling sind wie folgt charakteri-
siert:
Single Shot: Nicht repetierender Pulsbetrieb.
310 10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale

Average: Das Signal muss periodisch sein und es wird ein und derselbe
(zeitliche) Signalabschnitt mehrmals aufgenommen und gemittelt.

High Resolution: Das Signal muss nicht periodisch sein. Es erfolgt eine
um den Faktor m höhere zeitliche Abtastung als in der Darstellung. Da-
bei werden m Samplewerte zu einem Darstellungswert gemittelt.

Sequential Sampling: Das Signal muss periodisch sein. Es wird im sequen-


tiellen Samplingmode (s. Kap. 10.1.4) abgetastet.

Tabelle 10.3. Leistungsdaten von Digital-Oszilloskopen (Stand: 2016)


Modell Hersteller Bandbreite Anzahl Abtastrate
MHz Kanäle GSample/s
2025CL UNI-T 25 2 0,25
DS1102E RIGOL 100 2 1
1275 PeakTeck 300 2 1,6
DSOX2014A Keysight 100 4 2
RTH1024 R&S 200 4 5
190-204 Fluke 200 4 2,5
MSO4034B Tektronix 350 4 2,5
DLM4038 Yokogawa 350 8 1,5
HDO6054 LeCroy 500 4 2
RTO2044 R&S 4000 2 20
LabMaster10-100Zi LeCroy 100.000 4 bis 80 240

Modell Speicher- Auflösung Preis (ca.) Besonderheit


tiefe vertikal
Mpts Bit EUR
2025CL 1 8 280,- Low cost
DS1102E 1 8 390,- Low cost
1275 10 8 1.400,- 8 Zoll Display
DSOX2014A 1 8 2.200,-
RTH1024 0,5 8 4.450,- Handheld
190-204 0,04 10 5.250,- Handheld
MSO4034B 20 8 11.500
DLM4038 1,25 8 12.350,- 12 Zoll Display
HDO6054 250 12 18.950,- 16 Dig. Channels
RTO2044 50 16 35.000,- High Resolution
LabMaster10-100Zi 32 8 ca. 800.000,- High Speed
11
Digitale Messtechnik

Da die moderne Messtechnik zunehmend die Verfahren der rechnergestützten


Messwerterfassung und digitalen Signalverarbeitung nutzt, zählt es zu den
wichtigsten Aufgaben der Elektrischen Messtechnik, in analoger Form vorlie-
gende Messsignale zu digitalisieren. Während in der analogen Messtechnik alle
Messgrößen in wertkontinuierlicher Form verarbeitet werden, kennt die digi-
tale Messtechnik nur die binäre Darstellungsform. Binäre Signale können den
Wert  1 (alternativ  H für High) oder  0 (alternativ  L für Low) annehmen.
Für den Fall, dass der Wert  1 einem hohen Spannungspegel und der Wert  0
einem niedrigen Spannungspegel entspricht, bezeichnet man dies als positive
Logik, im umgekehrten Fall spricht man von negativer Logik. Binäre Signale
bieten den großen Vorteil, dass sie sich durch nur zwei, eindeutig zu unter-
scheidende Betriebszustände der verarbeitenden elektronischen Komponen-
ten darstellen lassen, wie z. B. Schalter EIN“ bzw. Schalter AUS“. Alle auf
” ”
Halbleiterelementen basierenden Schalter sind bezüglich ihrer High- und Low-
Spannungspegel mit so großzügigen Toleranzbändern versehen, dass Digital-
schaltungen im Allgemeinen sehr zuverlässig funktionieren. Beim Übergang in
die Digitalwelt müssen die wert- und zeitkontinuierlichen Signale in wert- und
zeitdiskrete Signale gewandelt werden. Dazu bedient man sich entweder der
Analog-Digital-Umsetzer (Kap. 11.7) oder der Zählerschaltungen (Kap. 11.5).
Zum Verständnis dieser Schaltungen sind Kenntnisse über Binärcodes und
digitale Grundschaltungen, wie Gatter und bistabile Kippschaltungen, not-
wendig. Diese Grundlagen sind Inhalt der Kap. 11.1 bis 11.3.

11.1 Duales Zahlensystem und Binärcodes

11.1.1 Dualzahlendarstellung

Da Digitalschaltungen Signale nur in binärer Form verarbeiten können, muss


man bezüglich der Zahlendarstellung vom üblichen Dezimalsystem zum binä-
ren System übergehen. Jede Dezimalzahl kann auch als Dualzahl dargestellt

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_11
312 11 Digitale Messtechnik

werden. Wenn wir uns zunächst auf ganze Zahlen beschränken, lässt sich die
Dezimalzahl Zdez mit Hilfe einer Zweierpotenzzerlegung in eine entsprechende
Dualzahlendarstellung konvertieren
Zdez = zN 2N + zN−1 2N −1 + . . . + z1 21 + z0 20 . (11.1)
Die entsprechende Dualzahl Zdual besteht dann aus den  0 - oder  1 -wertigen
Binärstellen zi , die mit den Koeffizienten der Zweierpotenzen identisch sind
Zdual = zN zN−1 . . . z1 z0 . (11.2)
So entspricht beispielsweise die Dezimalzahl  68 der Dualzahl  1000100. Die
 
0 - oder  1 -wertige digitale Informationseinheit wird dabei als 1 Bit und die
zu 8 Bit zusammengefasste Datenmenge als 1 Byte bezeichnet.

11.1.2 BCD-, Hexadezimal- und Gray-Code


In der Elektrischen Messtechnik wird oft der sog. BCD-Code (Binary Coded
Decimals) verwendet, bei dem die Dezimalziffern 0 bis 9 mit einer vierstelligen
Dualzahl der Wertigkeit 8-4-2-1“ dargestellt werden. So entspricht beispiels-

weise die Dezimalzahl 68 der BCD-Zahl 0110 1000. Da die Dezimalziffer bei
der BCD-Darstellung von einer vierstelligen Dualzahl mit den Stellenwerten
23 , 22 , 21 und 20 repräsentiert wird, wird dieser Code auch als 8-4-2-1-Code
bezeichnet.
Ein weiterer, insbesondere in der Computertechnik sehr verbreiteter Code
ist der Hexadezimalcode, der die Zahlen 0 bis 9 mit den entsprechenden Zif-
fern und die Zahlen 10 bis 15 mit den Buchstaben A bis F darstellt. Der in

Tabelle 11.1. Gebräuchliche Formen binärer Zahlendarstellungen

Dezimalzahl Dualzahl BCD-Code Gray-Code Hexadezimalzahl


0 00000 0000 0000 0000 0
1 00001 0000 0001 0001 1
2 00010 0000 0010 0011 2
3 00011 0000 0011 0010 3
4 00100 0000 0100 0110 4
5 00101 0000 0101 0111 5
6 00110 0000 0110 0101 6
7 00111 0000 0111 0100 7
8 01000 0000 1000 1100 8
9 01001 0000 1001 1101 9
10 01010 0001 0000 1111 A
11 01011 0001 0001 1110 B
12 01100 0001 0010 1010 C
13 01101 0001 0011 1011 D
14 01110 0001 0100 1001 E
15 01111 0001 0101 1000 F
11.2 Binäre Signale und ihre Verknüpfung 313

der vierten Spalte von Tab. 11.1 enthaltene Gray-Code zeichnet sich dadurch
aus, dass beim Übergang von einer Zahl zur nächsthöheren nur ein einziges
Bit seine Wertigkeit ändert, was oft zum Umgehen von Timing-Problemen in
Digitalschaltungen genutzt wird. Tabelle 11.1 zeigt die Darstellung der Dezi-
malzahlen 0 bis 15 mittels der oben besprochenen Codes.

11.1.3 Fehlererkennung und Fehlerkorrektur

Die Verfälschung eines einzelnen oder auch einer ungeradzahligen Anzahl von
Bits im BCD-Code beispielsweise ist erkennbar, wenn pro 4-Bit-Wort ein 5.
Bit, ein sog. Prüfbit, angehängt wird. Dabei wird auf gerade oder ungerade
Parität geprüft. Man spricht dann von einem fehlererkennenden Code [163].
Wenn neben dieser Erkennung eines Fehlers eine lokale Ortung des fehlerhaf-
ten Bits durchgeführt werden soll, werden pro Dezimalstelle 8 Bit statt der
vier des BCD-Codes benötigt. Man bezeichnet diesen Code dann als einen
fehlerkorrigierenden Code.

11.2 Binäre Signale und ihre Verknüpfung


mittels digitaler Schaltungen
Die Funktionen digitaler Geräte basieren im Wesentlichen auf dem Zusam-
menwirken digitaler Grundschaltungen, die auch als Gatterschaltungen be-
zeichnet werden. Diese Gatterschaltungen führen die logische Verknüpfung
von Binärsignalen durch.
In Kap. 11.2.1 sollen zunächst einige wichtige mathematische Grundregeln
beschrieben werden, welche die Verknüpfung von logischen Variablen beinhal-
ten, bevor anschließend die digitalen Grundschaltungen selbst erklärt werden
(Kap. 11.2.2). In Abschnitt 11.2.3 wird schließlich eine komplexere, aus meh-
reren logischen Grundschaltungen zusammengesetzte Schaltung beschrieben.

11.2.1 Grundregeln bei der logischen Verknüpfung binärer Signale

Die Grundlage der Mathematik von logischen Variablen bildet die Boolesche
Algebra [196]. Die drei grundlegenden Verknüpfungen zwischen zwei logischen
Variablen (x1 und x2 ) zu einem Ergebnis y sind die Negation, die Konjunktion
und die Disjunktion:

Negation (NICHT-Verknüpfung)

y = x̄ (11.3)

Konjunktion (UND-Verknüpfung)

y = x1 ∧ x2 = x1 · x2 = x1 x2 (11.4)
314 11 Digitale Messtechnik

Disjunktion (ODER-Verknüpfung)

y = x1 ∨ x2 = x1 + x2 . (11.5)

Die hardwaremäßigen Implementierungen obiger Verknüpfungen erfolgen mit


den in Kap. 11.2.2 beschriebenen Gatterschaltungen NICHT-Gatter, UND-
Gatter und ODER-Gatter. Für diese Grundrechenoperationen gelten eine Rei-
he von Gesetzen, wie die aus der Algebra reeller Zahlen bekannten Gesetze
Kommutativ-Gesetz, Assoziativ-Gesetz und Distributiv-Gesetz. Besondere For-
men nehmen im Falle von binären Variablen die folgenden Gesetze an:

Negationsgesetz xx̄ = 0 x + x̄ = 1

Tautologie x+x=x xx = x

Absorptionsgesetz x1 (x1 + x2 ) = x1 x1 + x1 x2 = x1

Morgansches Gesetz x1 x2 = x̄1 + x̄2 x1 + x2 = x̄1 x̄2 .

11.2.2 Digitale Grundschaltungen (Gatterschaltungen)

Im Folgenden werden die wichtigsten digitalen Grundschaltungen beschrie-


ben, und zwar für den Fall von zwei logischen Eingangsvariablen x1 und x2 .
Das jeweilige Ergebnis bzw. das Ausgangssignal wird mit y bezeichnet. Die
Gatterschaltungen werden jeweils sowohl mit dem früher üblichen Schaltzei-
chen als auch in Form des eckigen Schaltzeichens dargestellt, das der heutigen
Norm [43] entspricht.

NICHT-Gatter (NOT-Gatter)

Das NICHT-Gatter liefert am Ausgang das negierte Eingangssignal (Abb. 11.1).


Der kleine Kreis, der am Ausgang des Schaltsymbols eingezeichnet ist, deutet
in der Digitaltechnik stets darauf hin, dass das Binärsignal bzw. die logische
Variable an dieser Stelle negiert (invertiert) wird.

y = x̄

xy
0 1
1 0
11.2 Binäre Signale und ihre Verknüpfung 315

Abb. 11.1. Wahrheitstabelle und Schaltsymbole für das NICHT-Gatter (früher


gebräuchliche Form und normgerechte Darstellung)

UND-Gatter (AND-Gatter)

Mit dem UND-Gatter wird die Konjunktion realisiert, d. h. sein Ausgangssi-


gnal ist nur dann  1 , wenn alle Eingänge auf  1 gesetzt sind (Abb. 11.2).
y = x1 x2

x1 x2 y
0 0 0
0 1 0
1 0 0
1 1 1

Abb. 11.2. Wahrheitstabelle und Schaltsymbole für das UND-Gatter

NAND-Gatter

Das NAND-Gatter entspricht dem UND-Gatter mit negiertem Ausgangssignal


(Abb. 11.3).
y = x1 x2

x1 x2 y
0 0 1
0 1 1
1 0 1
1 1 0

Abb. 11.3. Wahrheitstabelle und Schaltsymbole für das NAND-Gatter


316 11 Digitale Messtechnik

ODER-Gatter (OR-Gatter)

Mit dem ODER-Gatter wird die Disjunktion realisiert, d. h. sein Ausgang ist
dann  1 , wenn mindestens eine der Eingangsvariablen den Wert  1 aufweist
(Abb. 11.4).
y = x1 + x2
x1 x2 y
0 0 0
0 1 1
1 0 1
1 1 1

Abb. 11.4. Wahrheitstabelle und Schaltsymbole für das ODER-Gatter

NOR-Gatter

Das NOR-Gatter entspricht der ODER-Schaltung mit negiertem Ausgangssi-


gnal (Abb. 11.5).

y = x1 + x2

x1 x2 y
0 0
0 1 0
1 0 0
1 1 0

Abb. 11.5. Wahrheitstabelle und Schaltsymbole für das NOR-Gatter


11.2 Binäre Signale und ihre Verknüpfung 317

EXOR-Gatter (Antivalenz-Gatter, Exklusiv-Oder-Gatter)

Das Ausgangssignal des EXOR-Gatters ist  1 , wenn genau eine Eingangsva-


riable den Wert  1 hat (Abb. 11.6). Diese auch als Antivalenz-Gatter bezeich-
nete Schaltung liefert also nur dann eine  1 am Ausgang, wenn die beiden
Eingangsvariablen ungleiche binäre Wertigkeit aufweisen.

y = x̄1 x2 + x1 x̄2

x1 x2 y
0 0 0
0 1 1
1 0 1
1 1 0

Abb. 11.6. Wahrheitstabelle und Schaltsymbole für das EXOR-Gatter

Äquivalenz-Gatter

Der Ausgang des Äquivalenz-Gatters wird auf  1 gesetzt, wenn die Eingangs-
signale dieselbe binäre Wertigkeit haben. Die Äquivalenz entspricht also der
negierten Antivalenz (Abb. 11.7).

y = x̄1 x̄2 + x1 x2

x1 x2 y
0 0 1
0 1 0
1 0 0
1 1 1

Abb. 11.7. Wahrheitstabelle und Schaltsymbole für das Äquivalenz-Gatter


318 11 Digitale Messtechnik

11.2.3 Digitale Addierer

Halbaddierer

Die Addition von zwei einstelligen Dualzahlen kann in zwei verschiedenen


Ergebnis- sowie zwei unterschiedlichen Übertragswerten resultieren (Tab. 11.2).
Der entsprechende Addierer muss also einen Summenausgang s sowie einen
Übertragsausgang c besitzen. Die hardwaremäßige Implementierung der da-

Tabelle 11.2. Addition zweier einstelliger Dualzahlen

x + y = Summe s Übertrag c
0 0 0 0
0 1 1 0
1 0 1 0
1 1 0 1

zugehörigen Wahrheitstabelle (Tab. 11.2) enthält ein Antivalenz- und ein


UND-Gatter. Die entsprechende Schaltung (Abb. 11.8) wird als Halbaddie-
rer bezeichnet, da sie nur für die Addition der niedrigsten Dualzahlenstelle
eingesetzt werden kann. Bei allen anderen Stellen muss der Übertrag von der
nächstniedrigeren Stelle ebenfalls Berücksichtigung finden.

Abb. 11.8. Halbaddierer: a) Schaltung, b) Schaltsymbol

Tabelle 11.3. Wahrheitstabelle des dualen Volladdierers

xi yi ci si ci+1
0 0 0 0 0
0 0 1 1 0
0 1 0 1 0
0 1 1 0 1
1 0 0 1 0
1 0 1 0 1
1 1 0 0 1
1 1 1 1 1
11.3 Bistabile Kippschaltungen 319

Volladdierer

Zur Berücksichtigung des Übertragswertes ci muss die Wahrheitstabelle (Tab.


11.2) entsprechend modifiziert werden (Tab. 11.3). Abbildung 11.9 zeigt das

Abb. 11.9. Volladdierer: a) Schaltung, b) Schaltsymbol

aus dieser modifizierten Wahrheitstabelle nach den Regeln der Booleschen


Algebra abgeleitete Schaltbild des Volladdierers. Ein aus einem Halbaddierer
und drei Volladdierern zusammengesetzter 4-Bit-Volladdierer ist in Abb. 11.10
dargestellt.

Abb. 11.10. 4-Bit-Volladdierer mit seriellem Übertrag

11.3 Bistabile Kippschaltungen


Bei den bistabilen Kippschaltungen, die auch Flip-Flop-Schaltungen genannt
werden, hängt das Ausgangssignal sowohl von den Eingangssignalen als auch
dem jeweiligen, von der Vorgeschichte bestimmten Zustand der Schaltung ab.
Im Gegensatz zu den in Kap. 11.2 behandelten kombinatorischen Schaltwerken
zeigen demnach die bistabilen Kippschaltungen Speicherwirkung. Der Begriff
der Bistabilität sagt aus, dass die Schaltung zwei stabile Zustände kennt, die
durch ein Setz-Signal bzw. ein Rücksetz-Signal erreicht werden.
320 11 Digitale Messtechnik

11.3.1 RS-Flip-Flop

Die bekannteste bistabile Kippschaltung ist das asynchrone RS-Flip-Flop


(nicht-taktgesteuertes RS-Flip-Flop), dessen Realisierung mit Hilfe von zwei
rückgekoppelten NOR-Gattern erfolgen kann (Abb. 11.11). Durch die Signal-
kombination S = 1 und R = 0 wird das Flip-Flop gesetzt, d. h. der Ausgang
Q nimmt den Wert  1 an. Die Schaltung führt dabei folgende logische Ope-
rationen durch

Q = S+Q=1+Q=0 (11.6)
Q = R+Q=0+0=1. (11.7)

Abb. 11.11. RS-Flip-Flop (R: Reset-Eingang; S: Set-Eingang; Q: Ausgang; Q̄:


invertierter Ausgang): a) Realisierung mit NOR-Gattern, b) Schaltsymbol, c) Zeit-
diagramm

Mit der Eingangskombination S = 0 und R = 1 wird der Ausgang Q zurück-


gesetzt (Q = 0). Die Ergebnisse der übrigen Eingangssignalkombinationen
finden sich in Tab. 11.4. Eine alternative Implementierung des RS-Flip-Flops
ergibt sich, indem man die NOR- durch NAND-Gatter ersetzt. Dabei ist zu
beachten, dass die Eingänge des Flip-Flops nunmehr invertiert und die Zu-
ordnung der Ausgänge Q und Q̄ vertauscht sind (Abb. 11.12). Die Äquivalenz

Tabelle 11.4. Wahrheitstabelle eines auf der Basis von NOR-Gattern realisierten
RS-Flip-Flops; (* je nach Innenschaltung des RS-Flip-Flops)

SRQ Q
0 0 Qn−1 Qn−1 speichern
1 0 1 0 setzen
0 1 0 1 rücksetzen
1 1 * * nicht erlaubt
11.3 Bistabile Kippschaltungen 321

Abb. 11.12. Realisierung eines RS-Flip-Flops mit NAND-Gattern

der Schaltungen folgt auch aus dem Morganschen Gesetz, das zwei logische
Variablen x1 und x2 nach den Regeln eines NOR- bzw. NAND-Gatters ver-
knüpft
x1 + x2 = x̄1 x̄2 . (11.8)
Die oben beschriebenen Kippschaltungen gehören zu der Klasse der trans-
parenten Flip-Flops, zu denen auch die im Folgenden beschriebenen taktzu-
standgesteuerten und taktflankengesteuerten RS-Flip-Flops zählen.

11.3.2 Taktzustandgesteuertes RS-Flip-Flop

Das taktzustandgesteuerte RS-Flip-Flop, das auch statisch getaktetes RS-


Flip-Flop genannt wird, reagiert auf Eingangssignale nur dann, wenn die sta-
tische Taktvariable (Clock) C = 1 gesetzt wird (Abb. 11.13). Es entspricht
dann einem normalen RS-Flip-Flop. Für C = 0 hingegen speichert das Flip-
Flop gemäß der Wahrheitstabelle (Tab. 11.5) den alten Zustand, da in diesem
Fall R̄ = S̄ = 1 gilt.

Abb. 11.13. Taktzustandgesteuertes (statisch getaktetes) RS-Flip-Flop: a) Schal-


tungstechnische Realisierung auf der Basis von NAND-Gattern (Die Schaltung in-
nerhalb des gestrichelten Rahmens entspricht einem RS-Flip-Flop mit negiertem
Eingangssignal in NAND-Realisierung gemäß Abb. 11.12.), b) Schaltsymbol
322 11 Digitale Messtechnik

Tabelle 11.5. Wahrheitstabelle eines auf der Basis von NAND-Gattern realisierten
RS-Flip-Flops (* je nach Innenschaltung des RS-Flip-Flops)

SRQ Q
1 1 Qn−1 Q̄n−1
0 1 1 0 setzen
1 0 0 1 rücksetzen
0 0 * * nicht erlaubt

11.3.3 Taktflankengesteuertes RS-Flip-Flop

Das taktflankengesteuerte RS-Flip-Flop zeigt Änderungen am Ausgang erst


bei einer Flanke des Taktsignals. Das R- und S-Signal bereiten gemäß der
Wahrheitstabelle 11.4 das Flip-Flop zum Setzen, Rücksetzen bzw. Speichern
vor, jedoch erst bei einem Wechsel des Taktsignals von  0 auf  1 (ansteigende
Taktflanke) bzw. von  1 auf  0 (abfallende Taktflanke) führt das Flip-Flop
die logische Operation durch. Abbildung 11.14 zeigt die Schaltsymbole des
taktflankengesteuerten RS-Flip-Flops für beide Varianten, also für ansteigen-
de Taktflanken (Abb. 11.14a) und abfallende Taktflanken (Abb. 11.14b). Das
Zeitdiagramm (Abb. 11.14c) gilt für die Version, die auf die ansteigende Takt-
flanke reagiert.

Abb. 11.14. Taktflankengesteuertes RS-Flip-Flop: a) Schaltsymbol für ansteigende


Taktflanke, b) Schaltsymbol für abfallende Taktflanke, c) Zeitdiagramm für die
Version mit ansteigender Taktflanke: tS1 Setzvorgang vorbereitet, tS2 Setzvorgang
durchgeführt, tR1 Rücksetzvorgang vorbereitet, tR2 Rücksetzvorgang durchgeführt.

11.3.4 Taktzustandgesteuertes D-Flip-Flop (Data-Latch)

Das taktzustandgesteuerte D-Flip-Flop ist in der Lage, den Wert einer logi-
schen Eingangsvariablen D zu speichern. Die entsprechende Schaltung wird
mit Hilfe eines taktzustandgesteuerten RS-Flip-Flops realisiert, bei dem eine
Verdrahtung gemäß S = D und R = D̄ vorgenommen wird. Zusätzlich zu dem
11.3 Bistabile Kippschaltungen 323

Abb. 11.15. Taktzustandgesteuertes (transparentes) D-Flip-Flop (Data-Latch): a)


Schaltungstechnische Realisierung. Die innerhalb des gestrichelten Rahmens befind-
liche Schaltung entspricht einem taktzustandgesteuerten RS-Flip-Flop. b) Schalt-
symbol

RS-Flip-Flop wird noch ein Inverter benötigt (Abb. 11.15 ). Wenn die stati-
sche Taktvariable C = 1 gesetzt wird, erscheint der Wert von D am Ausgang
Q. Man spricht daher auch von einem transparenten D-Flip-Flop.

Tabelle 11.6. Wahrheitstabelle eines taktzustandgesteuerten D-Flip-Flops

C D Qn
0 0 Qn−1
0 1 Qn−1
1 0 0
1 1 1

Für C = 0 hingegen wird der Wert des Ausgangs Q gespeichert (Qn = Qn−1 )
(Tab. 11.6). Die so aufgebaute Schaltung wird auch als Data-Latch bezeichnet.
Abbildung 11.16 zeigt eine aus nur vier Gattern bestehende schaltungstech-
nische Realisierung des taktzustandgesteuerten D-Flip-Flops.

Abb. 11.16. 4-Gatter-Realisierung eines taktzustandgesteuerten D-Flip-Flops


324 11 Digitale Messtechnik

11.3.5 Taktflankengesteuertes D-Flip-Flop

Beim taktflankengesteuerten D-Flip-Flop wird der Zustand des Eingangs D


mit der nächsten Taktflanke auf den Ausgang Q übertragen. Damit ergibt
sich die Ergebnisvariable Qn im n-ten Taktzyklus aus der Eingangsvariablen
Dn−1 des vorhergehenden Taktzyklusses

Qn = Dn−1 . (11.9)

Die entsprechende Schaltung lässt sich analog zum taktzustandgesteuerten


D-Flip-Flop mit Hilfe eines taktflankengesteuerten RS-Flip-Flops und eines
Inverters realisieren (Abb. 11.17). Es handelt sich hierbei um ein taktflan-
kengesteuertes RS-Flip-Flop, bei dem, wie auch bereits bei der Schaltung des
taktzustandgesteuerten D-Flip-Flops, der undefinierte Zustand R = S = 1
durch die Verkopplung von R- und S-Eingang über ein NICHT-Gatter ver-
hindert wird. Das Signal D = 1 führt zum Setzen des Q-Ausgangs, während
das Signal D = 0 das eindeutige Rücksetzen bewirkt. Mit Hilfe der nach außen
geführten S- und R-Eingänge (Abb. 11.17b) lässt sich wiederum ein eindeu-
tig definierter Anfangszustand herstellen. Ein solches flankengetriggertes D-

Abb. 11.17. Taktflankengesteuertes D-Flip-Flop: a) Realisierung mit Hilfe eines


taktflankengesteuerten RS-Flip-Flops und eines Inverters, b) Schaltsymbol

Flip-Flop lässt sich auch in Form einer Hintereinanderschaltung von zwei mit
komplementären Taktsignalen belegten taktzustandgesteuerten D-Flip-Flops
implementieren (Abb. 11.18). Das in der Reihenfolge erste Flip-Flop wird als
Master-, das zweite als Slave-Flip-Flop bezeichnet. Während einer negativen
Taktflanke (Übergang des Taktsignals C von  1 auf  0 ) wird der Zustand von
D auf den Ausgang Q1 geschaltet, d. h. das Master-Flip-Flop übernimmt den
Zustand von D. Mit der darauffolgenden positiven Taktflanke (Übergang des
Taktsignals C von  0 auf  1 ) wird der Ausgang Q1 (nun gleicher Zustand wie
Eingang D) des Master-Flip-Flops über das Slave-Flip-Flop auf den Ausgang
Q geschaltet, der damit denselben Zustand wie der Eingang D2 des Slave-
Flip-Flops erhält (Q = D2 ). Damit ist der Zustand des Ausgangs Q nach dem
Taktflankenanstieg mit dem Zustand des Eingangs D davor identisch, was
schließlich Gl. (11.9) entspricht.
11.3 Bistabile Kippschaltungen 325

Abb. 11.18. Realisierung eines taktflankengesteuerten D-Flip-Flops durch eine


Master-Slave-Anordnung, die aus einer Hintereinanderschaltung von zwei taktzu-
standgesteuerten Flip-Flops mit komplementären Takteingängen besteht.

11.3.6 Taktflankengesteuertes JK-Flip-Flop

Das taktflankengesteuerte JK-Flip-Flop entspricht einem RS-Flip-Flop, bei


dem beide Eingänge gesetzt sein dürfen. Erreicht wird dieses durch eine Rück-
kopplung der Q- und Q̄-Ausgänge über zwei UND-Gatter auf den Eingang des
RS-Flip-Flops, das bei einer fallenden Taktflanke schaltet (Abb. 11.19a). Die
freien Eingänge der UND-Gatter bilden dabei den J- bzw. den K-Eingang.
Die Signalkombination J = 1 und K = 0 setzt den Q-Ausgang auf Q = 1,
während ihn die Kombination J = 0 und K = 1 zurücksetzt. Die Eingangssi-
gnalkombination J = K = 1 bewirkt die Invertierung (Negierung) des aktu-
ellen Zustandes (Tab. 11.7).

Abb. 11.19. Taktflankengesteuertes JK-Flip-Flop: a) Prinzipieller Aufbau, b)


Schaltsymbol, c) Zeitdiagramm
326 11 Digitale Messtechnik

Tabelle 11.7. Wahrheitstabelle eines JK-Flip-Flops

J K Qn
0 0 Qn−1 speichern
1 0 1 setzen
0 1 0 rücksetzen
1 1 Qn−1 invertieren

11.3.7 Taktflankengesteuertes T-Flip-Flop (Toggle-Flip-Flop)

Wenn man bei einem taktflankengesteuerten JK-Flip-Flop den J- mit dem K-


Eingang verbindet, erhält man das taktflankengesteuerte T-Flip-Flop
(T-Speicherglied), das auch als Toggle-Flip-Flop bezeichnet wird. Die ent-
sprechende Wahrheitstabelle (Tab. 11.8) lässt sich anhand derjenigen für das

Tabelle 11.8. Wahrheitstabelle eines taktflankengesteuerten T-Flip-Flops

T Qn
0 Qn−1 speichern
1 Qn−1 invertieren

JK-Flip-Flop ableiten, indem man beachtet, dass J = K geschaltet ist. Der


Zustand der Ausgangsvariablen Q kann sich nur ändern, wenn ein  1 -Signal
am T-Eingang anliegt. Für T = 1 invertiert dieses Flip-Flop nach jeder Takt-
flanke den Ausgang, d. h. es liefert am Ausgang Impulse mit der doppelten
Periode des Taktsignals, was einer Halbierung der Eingangsfrequenz des Takt-
signals entspricht (Abb. 11.20). Mit dieser Eigenschaft wird das T-Flip-Flop
zu einem wichtigen Baustein in Digitalzählerschaltungen. Sowohl beim JK-
als auch beim T-Flip-Flop sind getrennte Setz- (S) und Rücksetz-Eingänge
(R) vorgesehen, mit deren Hilfe ein definierter Anfangszustand vorgegeben
werden kann.

Abb. 11.20. Taktflankengesteuertes T-Flip-Flop (Toggle-Flip-Flop): a) Schaltsym-


bol für invertierenden Taktflanken-Eingang, b) Zeitdiagramm
11.4 Monostabile Kippstufe 327

11.4 Monostabile Kippstufe

Eine monostabile Kippstufe, die auch als Monoflop oder Univibrator bezeich-
net wird, kennt im Unterschied zu den im Kap. 11.3 behandelten bistabilen
Kippstufen nur einen einzigen stabilen Ausgangszustand. Monostabile Kipp-
stufen haben die Aufgabe, bei einer ansteigenden oder abfallenden Taktflanke
in ihrem Eingangssignal einen Rechteckpuls mit einer definierten Amplitude
U0 sowie einer definierten zeitlichen Länge T0 als Ausgangssignal zu liefern.
Eine Realisierungsmöglichkeit von Monoflop-Schaltungen basiert auf der
in Abb. 11.21 gezeigten rückgekoppelten Gatterschaltung. Wenn die Eingangs-
spannung zunächst als Null angenommen wird (uE = 0), kann der sich daraus
ergebende stabile Zustand nur in einer Ausgangsspannung uA = 0 resultie-
ren, da nach einer bestimmten Zeit kein Kondensatorladestrom mehr durch
den Widerstand fließt. Die Spannung u2 ist dann identisch +U0 , was definiti-
onsgemäß dem  1 -Pegel entspricht. Somit liegt der Ausgang des Invertierers
und damit auch der zweite Eingang des NOR-Gatters auf  0 -Pegel. Im Falle
eines am Eingang eintreffenden positiven Pulses schaltet das Eingangsgatter
entsprechend seiner NOR-Funktion auf  0 -Pegel am Ausgang. Da die am Kon-
densator anliegende Spannung (u2 − u1 ) nur mit der Zeitkonstanten τ = RC
ansteigt (die Umladung des Kondensators erfolgt über den Widerstand R),
wird erst nach einer Zeit T0 der stabile Grundzustand wieder erreicht. Solange
aber die Umladung des Kondensators erfolgt, liegt u2 unterhalb der Schalt-
schwelle des Invertierers und die Ausgangsspannung uA auf hohem Potential

Abb. 11.21. Monostabile Kippstufe: a) Schaltungsvariante mit Standardgattern,


b) Signalverlauf, c) Schaltsymbol für ansteigende und abfallende Flanke
328 11 Digitale Messtechnik

( 1 -Pegel). Die Zeit T0 wird von der Zeitkonstanten τ in Verbindung mit der
Schaltschwelle des Invertierers festgelegt.
Mit Hilfe der in Abb. 11.22 gezeigten Monoflop-Realisierung auf der Ba-
sis von D-Flip-Flops ist es möglich, einen taktsynchronen Ausgangspuls zu
generieren. Die Dauer des Ausgangspulses entspricht dabei genau der Dauer
einer Periode des Referenztaktes. Das erste D-Flip-Flop schaltet nämlich sei-
nen Ausgang auf Q1 = 1, wenn bei einer positiven Flanke im Taktsignal uE
auf  1 -Pegel liegt. Gleichzeitig wird über Q1 das zweite D-Flip-Flop aktiviert,
sodass mit der nächsten positiven Taktflanke sein invertierter Ausgang auf
Q2 = 0 schaltet. Daraufhin sperrt“ das UND-Gatter und die Ausgangsspan-

nung uA fällt wieder auf uA = 0 ab. Die Schaltung reagiert erst wieder auf
einen positiven Impuls am Eingang, wenn die Eingangsspannung uE vorher
mindestens für die Zeit einer Taktperiode gleich Null war. Bei dieser Rea-
lisierungsvariante ist allerdings zu beachten, dass kurze Triggerpulse in uE ,
die nicht von einer positiven Taktflanke erfasst werden, keine Auslösung des
Monoflops bewirken.

Abb. 11.22. Realisierung einer monostabilen Kippstufe auf der Basis von taktflan-
kengesteuerten D-Flip-Flops

11.5 Zähler-Schaltungen
Jede Zählung bedeutet eine Summation, wobei bei Eintreten eines zu zählen-
den Ereignisses der Zählerstand jeweils um den Betrag 1 in positiver (Vorwärts-
zählung) bzw. in negativer Richtung (Rückwärtszählung) verändert wird. Ein
11.5 Zähler-Schaltungen 329

Zähler ist demnach ein Speicher, dessen Speicherplätze entsprechend dem vor-
gesehenen Zahlencode, z. B. dem Dualzahlencode oder dem BCD-Code, be-
setzt werden. Diese Speicherelemente müssen definierte stabile Zustände ha-
ben. Die wesentliche Eigenschaft einer Zählerschaltung besteht darin, dass ihre
in einem vereinbarten Zahlencode vorliegende Ausgangsgröße der Anzahl der
am Eingang eingetroffenen Zählerereignisse entspricht. Diese Einzelereignisse
müssen in eindeutig trennbarer Form vorliegen. Es sind dies i.Allg. ansteigende
bzw. abfallende Flanken von elektrischen Pulsen oder auch das Über- oder Un-
terschreiten von Signalschwellwerten, insbesondere die Nulldurchgänge von Si-
gnalspannungen. Die Schaltsymbole für Vorwärts-, Rückwärts- und den kom-
binierten Vorwärts-Rückwärtszähler werden in Abb. 11.23 gezeigt.

Abb. 11.23. Schaltsymbole für Zähler: a) Vorwärtszähler, b) Rückwärtszähler, c)


Vorwärts-Rückwärts-Zähler mit umschaltbarer Zählrichtung: ZR = 1: Zählrichtung
vorwärts, ZR = 0: Zählrichtung rückwärts

11.5.1 Dualzähler

Asynchroner Dualzähler

Die einfachsten elektronischen Zähler sind Dualzähler, also Zähler, deren


Zählerstand in Form einer Dualzahl codiert ist. Der asynchrone Dualzähler
kann in Form hintereinandergeschalteter T-Flip-Flops aufgebaut werden
(Abb. 11.24), deren T-Eingänge alle auf  1 gesetzt sind und deren Takteingän-
ge mit dem Q-Ausgang des jeweils vorhergehenden T-Flip-Flops verbunden
wurden. Wie bereits in Kap. 11.3.7 erläutert, untersetzt jedes dieser T-Flip-
Flops die Frequenz des vorhergehenden im Verhältnis 2:1. Um die Summe der
Taktimpulse zu erhalten, müssen nur die Ausgänge der Flip-Flops als Dual-
zahl interpretiert werden. Die Wertigkeit der n-ten Stufe beträgt Qn = 2n .
Über die Reset-Leitung, die mit R bezeichnet ist, kann der Zähler auf Null
gesetzt werden.
Der größte Nachteil der asynchron arbeitenden Zähler besteht darin, dass
der Ausgangszustand Qn der n-ten Stufe erst nach dem Umschalten (Kip-
pen) aller (n − 1) vorhergehenden Stufen erreicht wird, was zur Folge haben
kann, dass die Zählpulse so schnell eintreffen, dass die Flip-Flops der höher-
wertigen Stufen nicht mehr rechtzeitig schalten. Dann entspricht der aktuelle
Zählerstand nicht mehr der Anzahl der bereits eingetretenen Zählereignisse.
330 11 Digitale Messtechnik

Abb. 11.24. Asynchroner Vorwärts-Dualzähler: a) Schaltung auf der Basis von


Toggle-Flip-Flops, b) Zeitdiagramm

Synchroner Dualzähler

Während beim asynchronen Dualzähler nur das erste Flip-Flop vom Takt ge-
steuert wird und dadurch die eben beschriebenen Verzögerungen auftreten, ist
beim synchronen Dualzähler ein gleichzeitiges und damit schnelleres Schalten
der Flip-Flops durch einen gemeinsamen Takt gewährleistet (Abb. 11.25).
Die Bedingung, dass ein in einem Dualzähler enthaltenes Flip-Flop nur
kippen darf, wenn alle niederwertigen Flip-Flops auf  1 gesetzt sind, wird
mit Hilfe der UND-Gatter erreicht. Diese werten die niederwertigen Ausgänge
Q0 . . . QN−1 aus und geben des Ergebnis auf den T-Eingang der n-ten Stufe,
welche dann wiederum bei der nächsten Taktflanke den Zustand wechselt. Es
ist zu erwähnen, dass die bei realen Flip-Flops auftretenden Verzögerungs-
zeiten zwischen Eintreffen der Taktflanke und dem Einstellen des entspre-
chenden Ergebniswertes am Ausgang dafür sorgen, dass keine undefinierten
Schaltzustände auftreten.

Abb. 11.25. Schaltung eines synchronen Dualzählers


11.5 Zähler-Schaltungen 331

11.5.2 BCD-Zähler

Asynchroner BCD-Zähler

Aus einem vierstelligen Dualzähler kann man einen BCD-Zähler aufbauen,


wenn die vierstelligen Dualzähler nach jeder 10. Taktflanke einen Übertrag
generieren und den Zähler wieder auf  0000 setzen. Der in binärer Form vor-
liegende Zählerstand kann dann nach einer Dekodierung als Dezimalzahl aus-
gegeben werden. Mit BCD-Zählern ist die Anzeige in Form von Dezimalzahlen
einfacher zu bewerkstelligen als mit reinen Dualzählern, da sich jede Deka-
de für sich dekodieren lässt. Abbildung 11.26 zeigt eine prinzipielle Realisie-

Abb. 11.26. Prinzipschaltbild eines asynchronen BCD-Zählers

rungsmöglichkeit für einen asynchronen Vorwärts-BCD-Zähler. Dieser Aufbau


unterscheidet sich vom asynchronen Dualzähler (Abb. 11.24) durch die Hinzu-
nahme von zwei UND- und einem ODER-Gatter. Das UND-Gatter zwischen
dem 1. und dem 2. T-Flip-Flop bewirkt, dass Q1 mit der 10. Taktflanke nicht
gesetzt wird, solange Q3 = 1 ist. Dies ist eine Forderung, die sich unmittelbar
aus dem entsprechenden Zeitdiagramm (Abb. 11.27) ablesen lässt. Das zweite
UND-Gatter erreicht in Verbindung mit dem ODER-Gatter, dass Q3 nach
der 10. Taktflanke wieder auf  0 geht, was ebenfalls nach dem Zeitdiagramm
gefordert wird.

Takt 1 2 3 4 5 6 7 8 9 1011

Q0 t

Q1 t

Q2 t

Q3 t

0 123 456 7 89 0 1 t

Abb. 11.27. Zeitdiagramm eines BCD-Zählers


332 11 Digitale Messtechnik

Synchroner BCD-Zähler

Der synchrone BCD-Zähler weist im Vergleich zu der asynchronen Ausführung


den Vorteil auf, dass er höhere Zählfrequenzen gestattet. Abbildung 11.28 zeigt
den prinzipiellen Aufbau eines synchronen BCD-Zählers. Das UND-Gatter
zwischen dem 1. und 2. Flip-Flop bewirkt wiederum, dass Q1 mit der 10.
Taktflanke nicht gesetzt wird. Die beiden weiteren UND-Gatter wirken in
ähnlicher Weise wie die entsprechenden im synchronen Dualzähler. Um zu
erreichen, dass die 4. Kippstufe nach der 10. Taktflanke zurückgesetzt wird,
ist diese als JK-Flip-Flop ausgeführt. Der J-Eingang entspricht J = Q0 ·Q1 ·Q3
und der K-Eingang ist mit Q0 verbunden. Damit wird erreicht, dass vor der 10.
Flanke J = 0 und K = 1 werden, woraufhin mit der 10. Taktflanke Q3 wieder
zurückgesetzt wird. Der damit am Ausgang Q3 entstehende Übergang von  1
auf  0 kann der Erzeugung eines Übertragssignals für die nächste Zähldekade
dienen.

Abb. 11.28. Prinzipschaltbild eines synchronen BCD-Zählers

11.6 Digital-Analog-Umsetzung
11.6.1 Grundlagen und Kenngrößen

Eine häufig gestellte Aufgabe der Elektrischen Messtechnik besteht darin, in


digitaler Form codierte Messsignale wieder in analoge Spannungswerte zurück-
zuwandeln. Dazu bedient man sich der Digital-Analog-Umsetzer (DAU), die
auch als Digital-Analog-Converter (DAC) bezeichnet werden. Abbildung 11.29
soll das Prinzip der Digital-Analog-Umsetzung veranschaulichen. Im Folgen-
den wird angenommen, dass der Digitalwert Z mit einer Auflösung von N Bit
als Dualzahl im Dualcode vorliegt und in paralleler Form (1 Bit pro Daten-
leitung) zur Verfügung steht.
Weiterhin werden nur unipolare Digital-Analog-Umsetzer betrachtet, d. h.
solche, die nur positive Zahlen im Bereich
11.6 Digital-Analog-Umsetzung 333

Abb. 11.29. Prinzip der Digital-Analog-Umsetzung. Der Digitalwert Z wird in das


Eingangsregister geschrieben und vom eigentlichen Digital-Analog-Converter (DAC)
in die entsprechende Analogspannung uA (t) umgesetzt, welche wiederum von einem
Ausgangsverstärker ausgegeben wird.

0 ≤ Z ≤ Zmax = 2N − 1 (11.10)

verarbeiten können, wobei die Dualzahl Zdual = zN−1 . . . z1 z0 durch ihre N


Binärstellen zi festgelegt wird

Z = zN−1 2N −1 + . . . + z2 22 + z1 21 + z0 20 . (11.11)

Diese am Eingang des DAC anstehende N-Bit-Dualzahl wird zunächst in ein


Eingangsregister übernommen und bei der nächstfolgenden Flanke des Takt-
signals in ihren entsprechenden Analogwert umgesetzt (Abb. 11.29). Die aus
der Quantisierung resultierende Stufenbreite ULSB entspricht der Differenz im
analogen Ausgangssignal zwischen zwei aufeinanderfolgenden Digitalwerten
UAmax
ULSB = , (11.12)
2N
wobei UAmax die maximal mögliche Ausgangsspannung des Digital-Analog-
Umsetzers bezeichnet. Diese Stufenbreite entspricht auch dem zum niedrigst-
wertigen Bit gehörenden Analogwert. Das niedrigstwertige Bit wird auch als
Least Significant Bit (LSB) bezeichnet. Die aus K Punktwerten bestehende
Übertragungskennlinie eines idealen unipolaren Digital-Analog-Umsetzers ist
in Abb. 11.30 dargestellt. Dabei ist K die Anzahl der diskreten Kennlinien-
punkte, die sich aus der Bitanzahl N des Digital-Analog-Umsetzers ergibt

K = 2N . (11.13)

Die analoge Ausgangsspannung uA des Digital-Analog-Converters liegt im


Intervall
334 11 Digitale Messtechnik

Analogspannung u A
7 U Amax
8

U Amax
2

U Amax
4
U Amax
8

000 001 010 011 100 101 110 111 Digitalwert Z

Abb. 11.30. Übertragungskennlinie eines idealen unipolaren 3-Bit-Digital-Analog-


Umsetzers (ULSB = UAmax /8).

2N − 1
0 ≤ uA ≤ ULSB (2N − 1) = UAmax = UAmax (1 − 2−N ) . (11.14)
2N
Weitere wichtige Kenngrößen eines Digital-Analog-Umsetzers sind die Kon-
versionsrate (wird teilweise auch als Umsetz- bzw. Wandlungsrate bezeichnet)
und Konversionszeit (Umsetzzeit bzw. Wandlungszeit). Die Konversionsrate
gibt an, wieviele Digitalwerte pro Zeiteinheit in analoge Werte umgesetzt wer-
den können. Die Konversionszeit entspricht im Normalfall dem Reziprokwert
der Konversionsrate.

11.6.2 Schaltungstechnische Realisierungen von


Digital-Analog-Umsetzern

Summation gewichteter Spannungen bzw. Ströme

In Abb. 11.31 sind zwei prinzipielle Schaltungsvarianten für Digital-Analog-


Umsetzer dargestellt. Der in Abb. 11.31a gezeigte Umsetzer enthält einen
u/i-Verstärker, der für eine konstante Eingangsspannung Uref den konstanten
Ausgangsstrom Iref = Uref /Rref liefert. Wenn die parallel zu den ohmschen
Widerständen Ri liegenden Schalter Si von einem Digitalwort Z so gesteu-
ert werden, dass sie bei Anliegen einer digitalen  1 öffnen (Si (zi = 1) = 1)
und bei einer digitalen  0 geschlossen bleiben (Si (zi = 0) = 0), gilt für die
Ausgangsspannung

 −1 N −1
Uref 
N
uA = Iref Si Ri = Si Ri , (11.15)
i=0
Rref i=0
11.6 Digital-Analog-Umsetzung 335

Abb. 11.31. Prinzipielle Schaltungen von Digital-Analog-Umsetzern mit N -Bit-


Auflösung: a) Variante mit u/i - Verstärker, b) Variante mit i/u - Verstärker

wobei die Widerstände Ri binär gewichtet sind

Ri = 2i R i = 0, 1, ..., N − 1 . (11.16)

In der in Abb. 11.31b gezeigten Schaltungsvariante wird ein i/u-Verstärker


eingesetzt, der als invertierender Summierer betrieben wird. Im Gegensatz
zur vorher beschriebenen Schaltungsvariante sind die Schalter Si bei einer
digitalen  1 geschlossen (S̄i (zi = 1) = 1). Für die Ausgangsspannung uA gilt
demnach

N −1
1
uA = −Rref Uref S̄i , (11.17)
i=0
Ri

wobei die Widerstände Ri eine im Vergleich zu Gl. (11.16) reziproke binäre


Gewichtung haben
R
Ri = i = 0, 1, 2, ..., N − 1 , (11.18)
2i
und S̄i = 1, wenn die i-te Binärstelle gleich  1 ist, ansonsten S̄i = 0.
Eine entsprechende auf Halbleiterschaltern basierende Realisierung wird
in Abb. 11.32 gezeigt. Die Schaltung ist so dimensioniert, dass bei einer auf
 
1 gesetzten Binärstelle zi (entspricht einer positiven Spannung im Bereich
von UB , d. h. U (zi = 1) ≈ UB ) der entsprechende Transistor öffnet und sein
336 11 Digitale Messtechnik

Kollektorstrom, der vom Widerstand R/2i bestimmt wird, über den Sum-

mationswiderstand“ Rref fließt. Damit ist eine Summation gemäß Gl. (11.17)
gegeben. Die an den Widerständen R/2i anliegende Spannung beträgt Uref ,
da die Diodenschwellenspannung UD ungefähr der negativen Basis-Emitter-
Spannung UBE entspricht (UD ≈ −UBE ). Uref wird z. B. mit Hilfe einer Zener-
diode konstant gehalten.

Abb. 11.32. Realisierung eines 4-Bit-Digital-Analog-Umsetzers auf der Basis eines


i/u-Verstärkers

Bei solchen auf Widerstandsnetzwerken basierenden Digital-Analog-Umset-


zern müssen allerdings sehr hohe Anforderungen an die Genauigkeit der in
diesen Schaltungen eingesetzten Widerstände gestellt werden. Denn bei ei-
nem Digital-Analog-Umsetzer mit einer Auflösung von N Bit ergibt sich der
Zusammenhang zwischen der maximalen Ausgangsspannung uAmax und der
Quantisierungsschrittweite ULSB zu

uAmax = (2N − 1)ULSB . (11.19)

Wenn der maximale absolute Fehler |ΔuA | der Ausgangsspannung uA kleiner


als ULSB /2 bleiben soll (|ΔuA | ≤ ULSB /2), folgt aus der Anwendung des Feh-
lerfortpflanzungsgesetzes für systematische Fehler (Gl. (5.7)) auf Gl. (11.15)
N −1   −1
Uref   ∂Ri  Uref N  1
|ΔuA | = Si  ΔRi  = Si |ΔRi | < ULSB . (11.20)
Rref i=0 ∂Ri Rref i=0 2

Der Analogwert der ersten Quantisierungsstufe kann unter Beachtung von


Gl. (11.15) und (11.16) als Funktion der Referenzspannung sowie der Wider-
standswerte R und Rref ausgedrückt werden
Uref
ULSB = R. (11.21)
Rref
11.6 Digital-Analog-Umsetzung 337

Damit folgt aus Gl. (11.20)


N −1
Uref  1 Uref
|ΔuA | = Si |ΔRi | < R. (11.22)
Rref i=0 2 Rref

Im Worst-Case sind alle Si offen (Si = 1), so dass folgende Bedingung einge-
halten werden muss

N −1
1
|ΔRi | < R . (11.23)
i=0
2
Wenn wir gleiche relative Fehler für die einzelnen binär gewichteten Wider-
stände Ri annehmen, folgt aus Gl. (11.16)

|ΔRi | = |ΔR| 2i . (11.24)

Setzt man nun diesen Zusammenhang in Gl. (11.23) ein, erhält man schließ-
lich den aus der Forderung |ΔuA | ≤ ULSB /2 resultierenden maximal zulässi-
gen relativen Fehler, den die Einzelwiderstände Ri aus der Schaltung nach
Abb. 11.31 haben dürfen


N −1
1
|ΔR| 2i < R (11.25)
i=0
2

bzw.
|ΔR| 1
< . (11.26)
R 2(2N − 1)
Diese Bedingung muss insbesondere bei dem Widerstand RN−1 , der für das
höchstwertige Bit, das sog. Most Significant Bit (MSB), zuständig ist, beachtet
werden. Dieser Widerstand ist bezüglich der Fehlertoleranzen der kritischste,
weil er gemäß Gl. (11.23) den größten absoluten Fehler verursachen kann. Für
einen 12-Bit-Umsetzer bedeutet dies, dass der Widerstand R11 mindestens
folgende Genauigkeitsforderung erfüllen muss

|ΔR11 | 1
= = 0, 00012 =
ˆ 0, 012% . (11.27)
R11 2(212 − 1)

Leiternetzwerk

Der oben geschilderte Nachteil, dass Widerstände, die in ihren Werten zum
Teil um Größenordnungen auseinanderliegen, mit sehr geringen Toleranzen
gefertigt werden müssen, lässt sich mit einem DAC auf der Basis eines R-
2R-Widerstandsnetzwerkes umgehen. Bei diesem meist verwendeten DAC-
Typ wird die Gewichtung der Stufen durch Anwendung einer fortgesetzten
Spannungs- bzw. Stromteilung mit Hilfe eines Leiternetzwerkes realisiert. Die
entsprechende Schaltung, welche nur Widerstände mit den Werten R und 2R
338 11 Digitale Messtechnik

Abb. 11.33. Digital-Analog-Umsetzer mit R-2R-Widerstandsnetzwerk: a) Prinzip-


schaltung mit Stromquellen, b) Ersatzschaltung zwischen den Knoten  i und  i+1 ,
wenn zi = 1 und alle anderen Schalter offen, c) Prinzipschaltung mit Spannungs-
quelle.

benötigt, wird in Abb. 11.33 gezeigt. Der Ersatzschaltung (Abb. 11.33b), wel-
che die Verhältnisse zwischen zwei beliebigen Knoten i und i + 1 beschreibt,
kann man entnehmen (Stromteilerregel) [102], dass das Gewichtungsverhältnis
11.6 Digital-Analog-Umsetzung 339

der Ströme Ii+1 und Ii stets den Wert 1/2 annimmt


Ii+1 1
= . (11.28)
Ii 2
Dabei wurde angenommen, dass der zur i-ten Binärstelle gehörende Schalter
geschlossen ist, während alle anderen offen sind. Der Wert von 1/2 entspricht
andererseits genau der geforderten binären Wertigkeit des Schalters Si . Für
die Spannung ui erhält man mit Iref = Ii + Ii+1
2
ui = Ii R = Iref R . (11.29)
3
Infolge der Spannungsteilung zwischen den Knoten i und i + 1 folgt
ui+1 1
= . (11.30)
ui 2
Die Ausgangsspannung uA ergibt sich mit Anwendung des Superpositions-
prinzips zu
N−1
2
uA = Iref R Si 2i−N +1 (11.31)
3 i=0
unter Beachtung der binären Gewichtung der Teilspannung ui . Bei der Schal-
tungsvariante nach Abb. 11.33c wird anstatt der N Stromquellen eine Re-
ferenzspannungsquelle benötigt. Infolge der fortgesetzten Spannungsteilung
ergibt sich die Ausgangsspannung uA zu


N −1
2
uA = Uref Si 2i−N +1 . (11.32)
3 i=0

11.6.3 Fehler bei der Digital-Analog-Umsetzung

Statische Fehler

Die statischen Fehler sollen anhand der Kennlinie uA (Z) eines 3-Bit-Digital-
Analog-Umsetzers (Abb. 11.34) dargestellt werden. In Abb. 11.34 sind neben
den Kennlinienpunkten des idealen 3-Bit-Digital-Analog-Converters die des
realen eingezeichnet. Durch die Punkte des realen DACs wird eine als Best-

Straight-Line“ bezeichnete Bezugsgerade Ubest (Z) gelegt, welche garantiert,
dass die maximale Abweichung zwischen der Punktfolge und der Geraden mi-
nimal wird. Diese Bezugsgerade weist gegenüber der Sollkennlinie Uideal(Z)
normalerweise einen Nullpunktfehler (Offset) sowie einen Steigungsfehler auf.
Da sich diese beiden Fehler im Allgemeinen durch entsprechende Abgleich-
maßnahmen auf relativ einfache Weise eliminieren lassen, sollen sie hier keine
weitere Berücksichtigung finden. Die verbleibenden Fehler sind die Abweichun-
gen der Kennlinienpunkte von der Bezugsgeraden. Der entsprechende absolute
Fehler
340 11 Digitale Messtechnik

Abb. 11.34. Statische Fehler eines Digital-Analog-Umsetzers. Kennlinien von idea-


lem und realem Digital-Analog-Umsetzer. Ubest ergibt sich als Best-Straight-Line
durch die realen Kennlinienpunkte.

FNLint (Z) = uA (Z) − Ubest (Z) (11.33)


bzw. relative Fehler
uA (Z) − Ubest (Z)
fNLint (Z) = (11.34)
Ubest (Zmax )
wird als integrale Nichtlinearität bezeichnet (Abb. 11.34). Weiterhin weicht
beim realen Umsetzer auch die Schrittweite der analogen Ausgangsgröße von
ihrem Sollwert ULSB ab. Der entsprechende absolute Fehler
FNLdiff (Z) = [uA (Z + 1) − uA (Z)] − ULSB (11.35)
bzw. relative Fehler
[uA (Z + 1) − uA (Z)] − ULSB
fNLdiff (Z) = (11.36)
ULSB
wird als differentielle Nichtlinearität bezeichnet (Abb. 11.34). In den Daten-
blättern von Digital-Analog-Umsetzern werden im Allgemeinen nur die Ma-
ximalwerte |fNLint |max sowie |fNLdiff |max angegeben. Die differentielle Nicht-
linearität von Digital-Analog-Umsetzern sollte ±50% entsprechend ±1/2 ULSB
(absolut) nicht übersteigen, da sonst das niedrigstwertige Bit wertlos wäre.
Von einem Monotonie-Fehler spricht man, wenn der absolute differentielle
Nichtlinearitätsfehler kleiner als −ULSB ist, so dass bei steigendem Digital-
wert die analoge Ausgangsspannung abnimmt bzw. bei sinkendem Digitalwert
zunimmt.
11.6 Digital-Analog-Umsetzung 341

Dynamische Fehler

Neben den statischen Kennlinienfehlern treten bei Digital-Analog-Umsetzern


auch dynamische Fehler auf. Dazu sei beispielhaft eine Eingangs-Datenwort-
folge nach Tab. 11.9 sowie der zugehörige ideale Ausgangsspannungsverlauf
nach Abb. 11.35a betrachtet. Als wichtigste Ursachen für dynamische Fehler
sind zu nennen:
• Übersprechen
Das im Wesentlichen auf kapazitiver Kopplung beruhende Übersprechen
der Schalter-Ansteuersignale in einem Digital-Analog-Umsetzer führt zu
aussteuerungsabhängigen Störspitzen im Ausgangssignal.
• Zwischen-Codes
Wenn die Schalter die Operationen Öffnen bzw. Schließen unterschiedlich
schnell durchführen, so ist dies vergleichbar mit der Ansteuerung eines Di-
gital-Analog-Umsetzers mit einer gestörten Digitalwortfolge (s. Tab. 11.9
bzw. Abb. 11.35b).

Abb. 11.35. Dynamische Fehler bei Digital-Analog-Umsetzern: a) Ideale Ausgangs-


spannung, b) Fehler durch Zwischencodes, c) Fehler infolge Tiefpassverhaltens, d)
Überlagerung der dynamischen Fehler
342 11 Digitale Messtechnik

Tabelle 11.9. Digitalwortfolge in einem DAC. zEingang bezeichnet die am Eingang


anliegende und zwirksam die infolge der fehlerhaften Zwischencodes tatsächlich wirk-
same Codewortfolge.

t zEingang zwirksam
t0 1000 1000
t1 0100 0000
t1 + td 0100 0100
t2 0010 0110
t2 + td 0010 0010
t3 0010 0010
t4 0101 0111
t4 + td 0101 0101
t5 0111 0000
t5 + td 0111 0111
t6 0111 0111

• Tiefpassverhalten
Ein realer Umsetzer weist in seinem Übertragungsverhalten Tiefpassver-
halten auf (Abb. 11.35c), das auf (parasitäre) RC-Glieder sowie die Band-
begrenzung der verwendeten Verstärker zurückzuführen ist. Dieses Tief-
passverhalten führt nach jedem Codewechsel zu dem in Abb. 11.35c ge-
zeigten typischen Einschwingverhalten in der Ausgangsspannung in Form
von exponentiell ansteigenden oder abfallenden Flanken.
Die Zeitdifferenz zwischen dem Anlegen des maximal darstellbaren
Digitalwertes Zmax (Full Scale Sprung) und dem Zeitpunkt, ab dem die
Ausgangsspannung des Digital-Analog Umsetzers ein Toleranzband von
±ULSB /2 nicht mehr verlässt, wird als Einschwingzeit (Settling time) be-
zeichnet. Die Summenwirkung aller oben beschriebenen dynamischen Feh-
ler wird in Abb. 11.35d gezeigt.

11.7 Analog-Digital-Umsetzung

Eine der Standardaufgaben der Elektrischen Messtechnik besteht darin, ana-


loge Messsignale in entsprechende Digitalsignale, d. h. Binärzahlen, umzuwan-
deln. Selbst im Rahmen von einfacheren messtechnischen Aufgabenstellungen
werden analog arbeitende Messgeräte immer häufiger durch Digitalmessgeräte
abgelöst, und andererseits wird auch die Signalverarbeitung der aufgenomme-
nen Messsignale zunehmend auf Digitalrechner verlagert. Ein Übergang in die
Digitalwelt ist heute nicht zuletzt wegen der preiswerten auf Personalcompu-
tern basierenden Messdatenerfassungs- und Messsignalverarbeitungssysteme
attraktiv geworden. Als wesentliche Vorteile der digitalen Messtechnik ge-
genüber der konventionellen Analogtechnik können angeführt werden:
11.7 Analog-Digital-Umsetzung 343

• keine Ablesefehler
• unempfindlicher gegen äußere Störeinflüsse, wie z.B. mechanische Erschütte-
rungen oder Temperatureinflüsse
• Möglichkeit der direkten computergestützten Weiterverarbeitung der Messda-
ten
• direkte Übernahme der Messwerte in digitale Signalverarbeitungssysteme
• einfache und langzeitsichere Speicherung.

11.7.1 Abtastung (Sampling)

Der erste Schritt bei einer Analog-Digital-Umsetzung besteht aus der zeit-
lichen Abtastung (Sampling) des ursprünglich zeit- und wertkontinuierli-
chen Eingangssignals. Diese Abtastung wird mittels einer sog. Abtast-Halte-
Schaltung (Sample & Hold-Schaltung) vorgenommen. Durch diesen Abtast-
vorgang entsteht ein zeitdiskretes aber noch amplituden-kontinuierliches Si-
gnal (Abb. 11.36). In einem weiteren Schritt wandelt der eigentliche Analog-
Digital-Umsetzer die zeitdiskreten wertkontinuierlichen Abtastwerte in zeit-
und wertdiskrete Signale, die schließlich in Form von Binärzahlen dargestellt
werden.
Es stellt sich zunächst die Frage, wie die Abtastfrequenz gewählt wer-
den muss, wenn die zeitdiskreten Abtastwerte das ursprüngliche Signal ohne
Informationsverlust repräsentieren sollen, insbesondere im Hinblick auf eine

Abb. 11.36. Zeitliche und amplitudenmäßige Abtastung


344 11 Digitale Messtechnik

spätere Rückumsetzung in ein zeitkontinuierliches Analogsignal. Die Verhält-


nisse im Spektralbereich geben darüber Aufschluss. Abbildung 11.37 zeigt in
der linken Spalte die Zeitverläufe des Originalsignals y(t), der Sampling-Pulse
(Abtastsignal) g(t) sowie des abgetasteten Signals y ∗ (t), das bereits durch eine
Folge von zeitdiskreten Werten repräsentiert wird. In der rechten Spalte sind
die entsprechenden Betrags-Spektren |Y (f )|, |G(f )| und |Y ∗ (f )| dargestellt.
Nachdem das abgetastete Signal y ∗ (t) durch Multiplikation des Originalsi-
gnals y(t) mit dem Abtastsignal g(t) entsteht, ergibt sich das Spektrum des
abgetasteten Signals Y ∗ (f ) aus dem Spektrum des Originalsignals Y (f ) durch
Faltung mit dem Spektrum G(f ) der diracförmigen Abtastwerte [22], [165]
 +∞

Y (f ) = Y (η)G(f − η) dη . (11.37)
−∞

Anhand des Spektrums Y ∗ (f ) erkennt man (Abb. 11.37c), dass das Original-
signal aus dem abgetasteten Signal zurückgewonnen werden kann, wenn das
Originalspektrum oberhalb der Frequenz fa /2 keine Anteile mehr enthält.
Denn dann kann ein Tiefpassfilter (Rekonstruktionsfilter) mit hoher Flanken-
steilheit und der Eckfrequenz fa /2 (Abb. 11.37c) aus dem Spektrum Y ∗ (f )
das Originalspektrum Y (f ) herausfiltern. Aus diesem lässt sich im Zeitbe-
reich wieder das unverfälschte Originalsignal y(t) gewinnen. Wenn jedoch die

Abb. 11.37. Abtastung von Analogsignalen und die daraus resultierende Spek-
tralverteilung: a) Ursprüngliches Analogsignal mit dem höchsten Spektralanteil bei
f = fsmax , b) Abtastfunktion. (Die Abtastfrequenz fa entspricht dem Kehrwert der
zeitlichen Distanz Ta der Abtastwerte fa = 1/Ta .), c) abgetastetes Signal
11.7 Analog-Digital-Umsetzung 345

Abb. 11.38. Verletzung des Abtasttheorems (fsmax > fa /2): a) Spektrum des
Originalsignals y(t), b) Spektrum des abgetasteten Signals y  (t)

Abtastfrequenz zu niedrig gewählt wird, überlappen sich in Y ∗ (f ) das Ba-


sisspektrum und das nächsthöhere Faltungsprodukt des Basisspektrums mit
der Spektrallinie bei f = fa . Aufgrund dieses sog. Aliasing-Effekts lässt sich
das Originalspektrum dann nicht mehr zurückgewinnen (Abb. 11.38). Um aus
dem abgetasteten Signal das ursprüngliche Signal mit Hilfe eines (im Grenzfall
idealen) Tiefpasses (Abb. 11.37) wieder rekonstruieren zu können, dürfen sich
also das Originalspektrum und das durch den Abtastvorgang entstehende, an
der Spektrallinie f = fa gespiegelte Original-Spektrum nicht überlappen. Aus
dieser Forderung resultiert das in Form von Gl. (11.38) formulierte Shannon-
sche Abtasttheorem, das auch als Nyquist-Kriterium bezeichnet wird

fa > 2fsmax . (11.38)

Um sicherzustellen, dass die höchste im Originalsignal vorkommende Frequenz


fsmax kleiner ist als die halbe Abtastfrequenz, wird dem Sample & Hold-Glied
oft ein Tiefpass mit entsprechender Grenzfrequenz vorgeschaltet (Abb. 11.39).
Dieses Tiefpass-Filter wird auch als Anti-Aliasing-Filter bezeichnet.

Abb. 11.39. Prinzip der Analog-Digital-Umsetzung mit Anti-Aliasing-Filter und


Sample & Hold-Schaltung (siehe Kap. 11.7.2)
346 11 Digitale Messtechnik

11.7.2 Abtast-Halte-Schaltungen (Sample & Hold-Schaltungen)

Bei vielen Aufgaben der Elektrischen Messtechnik, so z. B. bei der Analog-


Digital-Umsetzung von Messsignalen ist es notwendig, eine analoge, zeitlich
veränderliche Spannung u(t) zu einem bestimmten Zeitpunkt abzutasten und
den so erhaltenen Analogwert für die Dauer eines festgelegten Zeitintervalles
zu speichern. Bei vielen Analog-Digital-Umsetzern beispielsweise muss das
Messsignal für die Dauer des Konversionsvorganges zeitlich konstant gehalten
werden. Dazu setzt man Abtast-Halte-Schaltungen ein, die i. Allg. als Folge-
Halte-Schaltungen (Track-and-Hold-Schaltungen) realisiert sind.

Abb. 11.40. Grundstruktur einer Folge-Halte-Schaltung

Das Prinzipschaltbild einer solchen Folge-Halte-Schaltung wird in Abb. 11.40


gezeigt. Je nach Schalterstellung lädt sich der Kondensator auf den Betrag
der Eingangsspannung uE (t) auf bzw. speichert den vor der Schalteröffnung
anliegenden Momentanwert der Eingangsspannung. Die beiden Operations-
verstärker dienen der Pufferung von Eingang bzw. Ausgang. Abbildung 11.41
zeigt eine Realisierungsmöglichkeit der Folge-Halte-Schaltung. Zwischen einen
ersten Operationsverstärker, der als nicht-invertierender Verstärker arbeitet,
und einen zweiten als Integrierer eingesetzten Operationsverstärker ist ein IG-
FET (Isolated-Gate-FET) geschaltet. Für usamp = 0 ist der FET leitend und
die Ausgangsspannung uA entspricht der negativen Eingangsspannung uE ,
vorausgesetzt die Integrationszeitkonstante des integrierenden Verstärkers,

Abb. 11.41. Prinzipielle Realisierung einer Folge-Halte-Schaltung mit einem nicht-


invertierenden und einem integrierenden Verstärker
11.7 Analog-Digital-Umsetzung 347

Abb. 11.42. Kenngrößen von Sample & Hold-Schaltungen (s. auch Tab. 11.10)

die im Wesentlichen durch die maximalen Ausgangsströme der Operations-


verstärker bestimmt wird, ist hinreichend klein. Wird der FET zum Zeitpunkt
t = t0 gesperrt, so bleibt auch die Kondensatorladung (Kondensatorspannung)
konstant und die Ausgangsspannung uA behält den beim Sperren des Feldef-
fekttransistors anstehenden Wert uA (t) = uA (t0 ), bis der FET wieder leitend
geschaltet wird. Bei gesperrtem FET werden die Dioden leitend und vermei-
den so eine Übersteuerung des Operationsverstärkers. Die Kenngrößen von
Sample & Hold-Schaltungen werden anhand von Abb. 11.42 und Tab. 11.10
erläutert.

Tabelle 11.10. Kenngrößen von Folge-Halte-Schaltungen (s. auch Abb. 11.42)

(Sample) Track : Ausgangsspannung folgt der Eingangsspannung.


Hold: Ausgangsspannung ist eingefroren.
Offset: Differenz zwischen Ausgangsspannung und Eingangs-
spannung im Sample-Betrieb.
Droop: Änderung der Ausgangsspannung im Hold-Betrieb auf-
grund von Kondensatorleckströmen und Eingangs-
strömen der Operationsverstärker (Haltedrift).
Slew Rate: Max. Anstiegsgeschwindigkeit der Ausgangsspannung.
Aperture Time tAP : Zeit zwischen dem Hold-Befehl und dem vollständigen
Öffnen des Halbleiterschalters.
Settling Time: Zeit zwischen Öffnen bzw. Schließen des Halbleiter-
schalters und dem Einschwingen der Ausgangsspannung
innerhalb einer bestimmten Fehlergrenze.
Aperture Time Jitter: Diese statistische und signalabhängige Unsicherheit der
Aperturzeit ΔtAp führt zu Amplitudenfehlern
Δu = (duE /dt)ΔtAp .
Acquisition Time: Zeit (Einstellzeit) zwischen dem Sample-Befehl bzw.
dem Hold-Befehl und dem Einschwingen innerhalb einer
bestimmten Fehlergrenze (beinhaltet Schaltzeit, An-
stiegszeit durch Slew Rate und Settling Time).
348 11 Digitale Messtechnik

11.7.3 Direktvergleichende Analog-Digital-Umsetzer

Bei den Analog-Digital-Umsetzern unterscheidet man prinzipiell zwischen den


in diesem Kapitel behandelten direktvergleichenden Umsetzern und de-
nen, die eine Frequenz oder eine Zeit als Zwischengröße verwenden, wie bei-
spielsweise die wichtige Klasse der integrierenden Umsetzer.

Parallel-Umsetzer (Flash-Converter, Vielfach-Diskriminator)

Abb. 11.43. 3-Bit-A/D-Umsetzer mit parallelen Komparatoren ULSB = Uref /2N =


Uref /8

Um eine sehr schnelle Umsetzung zu erreichen, werden Parallel-Umsetzer ein-


gesetzt, die auch als Flash-Converter oder als Vielfach-Diskriminatoren be-
zeichnet werden. Bei diesem Umsetzertyp wird die umzusetzende Spannung
gleichzeitig mit (2N − 1) Referenzspannungen verglichen (Abb. 11.43). Das

Abb. 11.44. Komparator-Schaltung. Die Ausgangsspannung uA = +UB entspricht


dem logischen Signal K = 1, während uA = −UB dem Wert K = 0 entspricht.
11.7 Analog-Digital-Umsetzung 349

Kernstück eines Parallel-Umsetzers bilden die (2N − 1) Komparatoren, de-


ren Funktion nochmals anhand von Abb. 11.44 verdeutlicht werden soll. Die
Wandlung in einem Schritt bewirkt die höchstmögliche Umsetzungsgeschwin-
digkeit, das Bereitstellen der (2N − 1) Komparatoren erweist sich jedoch als
aufwendig und führt damit zu höheren Kosten. Die Signale eines aus sieben
Komparatoren aufgebauten 3-Bit-Parallel-Umsetzers sind in Tab. 11.11 ent-
halten.

Tabelle 11.11. Signale eines 3-Bit-Parallel-Umsetzers (s. auch Abb. 11.43)

Eingangsspannung Komparatorsignale Binärcode Binärcode, in


K7 K6 K5 K4 K3 K2 K1 Z2 Z1 Z0 Analogspannung
uE umgerechnet
0 ≤ uE < 12 ULSB 0000000 000 0
1
U
2 LSB
≤ uE < 32 ULSB 0000001 001 Uref /8
3
U
2 LSB
≤ uE < 5
U
2 LSB
0000011 010 2 Uref /8
5
U
2 LSB
≤ uE < 7
U
2 LSB
0000111 011 3 Uref /8
7
U
2 LSB
≤ uE < 92 ULSB 0001111 100 4 Uref /8
9
U
2 LSB
≤ uE < 11
2
ULSB 0011111 101 5 Uref /8
11
2
ULSB ≤ uE < 2 ULSB
13
0111111 110 6 Uref /8
13
2
ULSB ≤ uE 1111111 111 7 Uref /8

Sukzessive Approximation (Wägeverfahren, Stufenumsetzer)

Dieser Methode liegt das Balkenwaageprinzip zugrunde. Ein nach dem Prin-
zip der sukzessiven Approximation arbeitender Umsetzer, der auch als Stu-
fenumsetzer bezeichnet wird, enthält neben einem Modul zur Ablaufsteue-
rung und einem Speicherregister als zentrales Element einen Komparator und
einen Digital-Analog-Umsetzer (Abb. 11.45). In sukzessiven Schritten wird
mit Hilfe des Komparators geprüft, ob die zu wandelnde Spannung größer
oder kleiner ist als die vom DAC erzeugte Spannung u(Z). Zunächst wird das
höchstwertige Bit (MSB) gesetzt, das vom DAC in eine entsprechende Ana-
logspannung u(Z) umgesetzt und mit der Eingangsspannung uE verglichen
wird. Je nachdem, ob das Ergebnis u(Z) kleiner oder größer ist als uE wird
die Referenzspannung zum Ergebnis addiert oder subtrahiert und die entspre-
chende Stelle der resultierenden Ausgangsbinärzahl auf  0 oder  1 gesetzt. In
jedem der darauffolgenden Zeitzyklen wird der eben beschriebene Vergleichs-
vorgang für die jeweils nächst niedrigere Binärstelle entsprechend wiederholt.
Für einen N -Bit-Umsetzer sind somit N Vergleichsschritte notwendig, die se-
quentiell abgearbeitet werden müssen.
350 11 Digitale Messtechnik

Abb. 11.45. 4-Bit-A/D-Umsetzer nach dem Prinzip der sukzessiven Approximation

Kaskadierter Vielfach-Diskriminator (Kombiniertes Parallel- und


Wägeverfahren)

Der kaskadierte Vielfach-Diskriminator schließt einen Kompromiss zwischen-


Umsetzungsgeschwindigkeit und Aufwand. Da für höhere Auflösungen beim
reinen Parallel-Umsetzer (Vielfach-Diskriminator) sehr viele Komparatoren
benötigt werden, z. B. 255 bei einem 8-Bit-ADC, kaskadiert man die Vielfach-
Diskriminatoren. Dies führt zu einer erheblichen Reduzierung der Anzahl an
Komparatoren bei leichten Einbußen in bezug auf die Umsetzungsgeschwin-
digkeit. Abbildung 11.46 zeigt die Realisierung eines 8-Bit-Umsetzers durch
zwei kaskadierte 4-Bit-Umsetzer (Parallel-Umsetzer). Der erste ADC über-
nimmt die Grobquantisierung, also die Quantisierung der vier höherwertigen
Bits. Das Ergebnis dieser Wandlung wird über einen Digital-Analog-Umsetzer
wieder in eine Analogspannung umgesetzt und von der Eingangsspannung sub-
trahiert. Das Differenzsignal wird vom zweiten (um den Faktor 16 feineren)

Abb. 11.46. Kaskadierter 8-Bit-Vielfach-Diskriminator


11.7 Analog-Digital-Umsetzung 351

Analog-Digital-Converter quantisiert. Das Ergebnis dieser Umsetzung liefert


die vier niederwertigen Bits. Die Einsparung an Komparatoren (beim obigen
Beispiel reduziert sich ihre Zahl von 255 auf 30) geht auf Kosten der Um-
setzungsgeschwindigkeit. Das in Abb. 11.46 gezeigte Umsetzungsprinzip wird
auch als Half-Flash-Umsetzer bezeichnet.

Umsetzer nach dem Subranging-Verfahren (Kaskadenverfahren)

Beim Subranging-Verfahren verwendet man einen N -Bit-Parallel-Umsetzer


(Flash-Converter) um einen 2N -Bit-Umsetzer nachzubilden [142]. Zur Um-
setzung sind hier jedoch drei Zeitzyklen erforderlich. Gegenüber dem eben
beschriebenen Half-Flash-Umsetzer spart man allerdings dafür auch einen der
beiden dort verwendeten Flash-Umsetzer ein. Das analoge Eingangssignal uE
wird in einem ersten Taktzyklus (S1 geschlossen, S2 offen) mit Hilfe eines
N -Bit-Umsetzers umgesetzt (Abb. 11.47). Das Ergebnis, das die N höchst-
wertigen Bits liefert, wird wiederum mit einem DAC in den entsprechenden
Analogwert zurückgewandelt und von der ursprünglichen Eingangsspannung
uE subtrahiert. Die Differenzspannung wird um den Faktor 2N verstärkt und
erneut auf den N -Bit-Parallel-Umsetzer gegeben (S1 offen, S2 geschlossen).
Durch Addition der Ergebnisse der 1. und 2. Umsetzung erhält man schließ-
lich das Endergebnis der ’Pseudo’-2N -Bit-Umsetzung. In der Praxis verwen-
det man Direktumsetzer mit einer höheren Auflösung als notwendig [76]. Die
dadurch gewonnene Redundanz zieht man zur Korrektur von Linearitätsfeh-
lern des Flash-Umsetzers heran. So wird beispielsweise zur Realisierung des
in Abb. 11.47 gezeigten 2(N − 1)-Bit-ADC ein N -Bit-Flash-Converter einge-
setzt. Bei der Realisierung der Schaltung muss darauf geachtet werden, dass
der Verstärkungsgrad des Verstärkers sehr präzise abgeglichen ist, weil er das
Restsignal auf den vollen Skalenbereich verstärkt. Aus demselben Grund sollte
der DAC nur sehr geringe Linearitätsfehler aufweisen.

Abb. 11.47. Analog-Digital-Umsetzer nach dem Subranging-Verfahren. MSB und


LSB bezeichnen hier die höherwertigen bzw. die niederwertigen Bits.
352 11 Digitale Messtechnik

Da der Markt heute schnelle Direktumsetzer mit Umsetzzeiten von 10 ns


und darunter bietet, stellt der eigentliche Analog-Digital-Umsetzer bei den
Subranging-Architekturen heute kaum die zeitkritische Komponente dar. Die-
se liegt eher im Rückkopplungszweig, da vor der zweiten Umsetzung das Ein-
gangssignal des Flash-ADC, d. h. die Differenz aus rückgewandelter Größe
und Eingangssignal, um einen recht hohen Faktor verstärkt werden und auf
die Genauigkeit des kompletten Wandlerbausteins eingeschwungen sein muss.
In der Praxis hängt deshalb die erreichbare Konversionszeit stark von der Ge-
schwindigkeit des Rückkopplungszweiges ab. Heute sind Subranging-Umsetzer
mit Konversionszeiten unter 100 ns kommerziell erhältlich.

Steuerung
und
Umsetzlogik

4-Bit-
S&H - V
Flash-ADC
uE V = 1, 8, 64, 512
u(Z) 12-Bit-
DAC
a)

u u u u
Uref Uref Uref
Uref u1+ u 2+ u 3+
8 64 512
Uref Uref Uref Uref
ULSB0 = { ULSB1= { ULSB2= { ULSB3 = {
16 128 1024 8192
(k+1)·ULSB0
uE
k·ULSB0 8ULSB1
uE
8ULSB2 uE
8ULSB3
uE

0 u1 u2 u3
Verstärkung: V = 1 V=8 V = 64 V = 512
Konversions-
zyklus Nr.: 1 2 3 4
2ULSB0
u 1 = k·ULSB0 - i ·
b) 16

Abb. 11.48. 12-Bit-Analog-Digital-Umsetzer nach dem rekursiven Subranging-


Verfahren. Zum Zwecke der Fehlerkorrektur werden anstatt der vier möglichen je-
weils nur drei Bit genutzt, so dass die Gesamtwandlung vier Konversionszyklen an-
statt der sonst drei erfordert: a) Prinzipieller Schaltungsaufbau, b) Ermittlung des
Digitalwertes durch sukzessive Eingrenzung (k und i sind natürliche Zahlen).
11.7 Analog-Digital-Umsetzung 353

Umsetzer nach dem Recursive-Subranging-Verfahren


(Kaskadenverfahren)

Beim Recursive-Subranging-Analog-Digital-Converter (RSR-ADC) wird mit


Hilfe eines N -Bit-Parallel-Umsetzers eine Analog-Digital-Umsetzung, die zu
einem n·N -Bit-Digitalwort führt, in theoretisch n Schritten durchgeführt. Die
prinzipielle Funktionsweise basiert auf dem Prinzip der schrittweisen Nähe-
rung mit dem Unterschied, dass anstatt des einfachen Analog-Komparators,
der als 1-Bit-Umsetzer angesehen werden kann, ein N -Bit-Parallel-Umsetzer
verwendet wird. Allerdings muss auch hier die Genauigkeit der Verstärker für
den vollen Skalenumfang von n · N -Bit gewährleistet sein. Wie beim reinen
Subranging-Verfahren wird mit Hilfe eines DAC der digitale Ergebniswert in
ein entsprechendes Analogsignal zurückgewandelt, das von der Eingangsspan-
nung uE subtrahiert wird. Es wird dabei ein n · N -Bit DAC verwendet. Die
wesentliche Verbesserung gegenüber dem Verfahren der schrittweisen Nähe-
rung besteht darin, dass bei einer n · N -Bit-Umsetzung nur noch n anstatt
der n · N Zeitzyklen benötigt werden. Ähnlich wie beim vorher beschriebenen
Subranging-Verfahren nutzt man das N -te Bit jeweils zur Fehlerkorrektur,
was allerdings einen weiteren Taktzyklus erforderlich macht. Abbildung 11.48
zeigt das Beispiel eines nach dem rekursiven Subranging-Verfahren arbeiten-
den ADC mit einer Auflösung von 12 Bit. Er basiert auf einem 4-Bit-Parallel-
Umsetzer, von dem jeweils das LSB zur Fehlerkorrektur verwendet wird. Es
sind dadurch vier anstatt der drei theoretisch möglichen Zeitzyklen zur Wand-
lung eines Wertes notwendig [199].

Pipeline-Umsetzer

Die Pipeline-Umsetzer stellen eine Weiterentwicklung der Analog-Dital-Umset-


zer dar, die nach dem oben beschriebenen Subranging-Verfahren (Kaskaden-
verfahren) arbeiten. Die Struktur dieser Umsetzer besteht aus einer Mo-
dulkette (Pipeline) von Flash-Umsetzern, die in Kooperation prinzipiell so
wie beim Subrangingverfahren funktionieren. Der wesentliche Unterschied
zum Subranging-Verfahren besteht darin, dass anstatt der zeitlich zyklischen
Verarbeitung eines Einzelwertes die aus der Prozessortechnologie bekannte
Pipeline-Technik angewendet wird. Pipeline-Technik bedeutet, dass alle Stu-
fen zeitlich parallel arbeiten aber an verschiedenen Abtastwerten. Das heißt,
dass zur Ermittlung eines vollständigen Digitalwortes zwar alle Stufen zeitlich
nacheinander, also Taktzyklus für Taktzyklus, durchlaufen werden müssen,
was zu einer Latenzzeit (Zeit zwischen Abtastzeitpunkt der analogen Ein-
gangsspannung und Ausgabe des entsprechenden Digitalwortes) führt. Es
steht aber mit jedem Taktzyklus ein fertiges Digitalwort am Ausgang zur
Verfügung. Dies begründet sich damit, dass mit jedem Taktzyklus ein neu-
er Analog-Wert abgetastet und in jeder Stufe der Pipeline zeitlich parallel
ein Teilergebnis in Form einer bestimmten Anzahl von Bits zwischen MSB
und LSB errechnet wird. Diese zeitlich synchron vorliegenden Teilergebnisse
354 11 Digitale Messtechnik

Takt

uE Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 ..... Stufe m

N+1 Bit N+1 N+1 N+1

Zwischenspeicher-(Latch-) und Korrektur-Modul


m . N Bit (Endergebnis)

Abb. 11.49. Struktur eines Pipeline-Analog-Digital-Umsetzers. Da die einzelnen


Stufen zeitlich synchron an verschiedenen Abtastwerten arbeiten, müssen die mit
jedem Taktzyklus gelieferten Werte in einem Zwischenspeicher gehalten und ent-
sprechend ihrer Zugehörigkeit zum m·N-Bit-Digitalwort zusammengesetzt werden.

gehören aber zu verschiedenen (wenn man zwei benachbarte Stufen betrach-


tet, zu zeitlich aufeinander folgenden) Analogwerten.
Abbildung 11.49 zeigt die Pipeline der Einzelmodule und Abb. 11.50 die
Struktur einer einzelnen Stufe. Sie besteht aus einem (N+1)-Bit-Parallelum-
setzer (Flash-ADC), einem (N+1)-Bit-Digital-Analog-Umsetzer, einem Sub-
trahierer und einem Verstärker mit Verstärkungsgrad 2N . In der ersten Stu-
fe der Pipeline werden die MSBs (Most signicant Bits) und in der letzten
die LSBs (Least significant Bits) ermittelt. In den Zwischenstufen nimmt die
Wertigkeit um jeweils den Faktor 2N ab. Die Ergebnisse werden in Form des
sog. Residuums (dies ist die um den Faktor 2N verstärkte analoge Differenz-
spannung zwischen dem Signalwert der (m-1)ten Stufe und der m-ten Stufe)
weitergereicht. Die Pipeline-ADCs erfordern ähnlich wie die ADCs nach dem
Subranging-Verfahren eine sehr hohe Linearität der einzelnen Stufen, insbe-
sondere Verstärker mit hoher Präzision. Mit Pipeline-Umsetzern erreicht man
bei einer vergleichbaren Anzahl von Komparatoren eine höhere Auflösung.
Dies geht allerdings auf Kosten der Konversionsrate. Im Allgemeinen verwen-
det man das LSB einer jeweiligen Stufe zur Fehlerkorrektur, so dass aus einem
vierstufigen Pipeline-ADC mit einem 4-Bit-Flash-ADC in jeder Stufe ein 12-
Bit-ADC resultiert. Diese Art der Fehlerkorrektur ist identisch mit der des

Sample & Hold Residuum

ADC DAC
V=2 N
N+1 N+1
uE zur nächsten
CSamp
Stufe der
Pipeline
N+1 Bit
Abb. 11.50. Einzelne Stufe eines Pipeline-Analog-Digital-Umsetzers
11.7 Analog-Digital-Umsetzung 355

Subranging-Verfahrens. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ein


wesentlicher Unterschied zwischen Subranging- und Pipeline-Verfahren dar-
in besteht, dass beim Subranging-ADC nur eine (N+1)-Bit-Stufe vorhan-
den ist, die zyklisch m mal nacheinander durchlaufen wird, während der
Pipeline-ADC aus m aneinandergereihten (N+1)-Bit-Stufen besteht, die zeit-
lich synchron (an verschiedenen Abtastwerten bzw. Digitalworten arbeiten.
Dies bedeutet, dass der Hardwareaufwand zwar m mal so hoch ist wie beim
Subranging-Verfahren, dafür aber ist ein Pipeline-ADC bedeutend schneller
(s. Tab. 11.12).
Es sei noch erwähnt, dass im Grenzfall statt eines Mehrbit-Umsetzters
in der Einzelstufe ein 1-Bit-ADC (bzw. im Falle von Fehlerkorrektur ein 2-
Bit-ADC), d.h. also ein einfacher Komparator, verwendet werden kann, was
zu einfachen Schaltungen mit geringer Chipfläche führt. Da die hierbei ver-
wendeten Komparatoren hochgenau sein müssen, ist man zu einem Zwei-
Komparatorprinzip (sog. Redundant Signed Digit Technik) übergegangen.
Näheres dazu findet der interessierte Leser in [65].

Inkrementaler Stufenumsetzer (Zählverfahren)

Bei den auf dem Zählverfahren basierenden Analog-Digital-Umsetzern wird


eine Vergleichsspannung u(Z) von einem DAC erzeugt, der eingangsseitig von
einem gewöhnlichen Zähler angesteuert wird (Abb. 11.51). Sobald u(Z) die zu
wandelnde Spannung uE übersteigt, wird die Umsetzung gestoppt. Aus dem
Zählerstand kann unmittelbar der Digitalwert der zu wandelnden Spannung
errechnet werden. Der wesentliche Vorzug des Verfahrens liegt im geringen
technischen Aufwand (es wird nur ein Komparator benötigt), während als
Nachteil die niedrige Geschwindigkeit angeführt werden muss. Die Anzahl der
zur Wandlung notwendigen Zeitzyklen hängt von der Größe der Eingangsspan-
nung uE ab. Es können zum Erreichen des N -Bit-Ergebniswertes maximal 2N
Zeitschritte notwendig werden.

Abb. 11.51. A/D-Umsetzer nach dem Prinzip der inkrementalen Stufenumsetzung


356 11 Digitale Messtechnik

Nachlaufumsetzer (Zählverfahren)

Der Nachlaufumsetzer zählt im Gegensatz zu dem im vorhergehenden Ab-


schnitt beschriebenen inkrementalen Stufenumsetzer rückwärts und vorwärts.
Der prinzipielle Aufbau des Nachlaufumsetzers (Abb. 11.52) unterscheidet sich
vom Inkrementalumsetzer im Grunde genommen nur in der Verwendung eines
kombinierten Vorwärts-Rückwärtszählers anstatt des reinen Vorwärtszählers
beim inkrementalen Stufenumsetzer. Das Ausgangssignal des DAC wird da-
durch der Eingangsspannung ständig nachgeführt. Dabei darf die Änderung
der Eingangsspannung während einer Taktperiode des Zählers nicht größer als
ULSB sein. Bei schnelleren Spannungsänderungen kann es recht lange dauern,
bis wieder ein Abgleich erreicht ist, im ungünstigsten Fall bis zu 2N Taktpe-
rioden.

Abb. 11.52. A/D-Umsetzer nach dem Nachlauf-Prinzip. Das Ausgangssignal des


Komparators bestimmt die Zählrichtung (vorwärts, rückwärts) des Zählers.

11.7.4 Analog-Digital-Umsetzung mit Delta-Sigma-Modulator

Die Delta-Sigma-Umsetzung ist ein Konvertierungsverfahren, bei dem eine


Quantisierung mit niedriger Auflösung, typischerweise 1 Bit, verwendet wird.
Durch eine hohe Überabtastung des Analogsignals wird die effektive Auflösung
erhöht und damit das Quantisierungsrauschen reduziert. Ein nachfolgendes
Digitalfilter unterdrückt zusätzlich noch verbleibende Rauschanteile und sorgt
für eine Bandbegrenzung.
Bevor das Prinzip des auf einem Delta-Sigma-Modulator basierenden ADC
beschrieben wird, soll zunächst die Funktionsweise eines Delta-Modulators
erörtert werden. Die Delta-Modulation ist eine Sonderform der in der Nach-
richtentechnik gebräuchlichen Differenzpulscodemodulation (DPCM), bei der
die Differenz zwischen einem Abtastwert und einem Vorhersagewert, z. B.
dem vorhergehenden Abtastwert, digital codiert wird [105]. Das ursprüngli-
che Signal kann schließlich auf einfache Weise wiedergewonnen werden, indem
11.7 Analog-Digital-Umsetzung 357

Ausgangssignalfolge
übertragenes Signal (rekonstruiertes Ein-
Eingangs- u E (n Ta ) − u E ((n-1) Ta ) gangssignal)
signalfolge + +
u E(n Ta ) u*(n
E Ta )
− +

Abtastwert- Abtastwert-
Speicher Speicher
u*E ((n-1)Ta ) u E((n-1) Ta)

Modulator, Codierer Demodulator, Decodierer

Abb. 11.53. Codierung und Decodierung eines Signals in Form von Differenzwerten
zum vorhergehenden Abtastwert. Die Abtastwertspeicher beinhalten stets den vor
dem aktuellen Abtastwert uE (nTa ) angestandenen Abtastwert uE ((n − 1)Ta ).

die Differenzwerte zu dem jeweils vorhergehenden Abtastwert addiert werden


(Abb. 11.53).
Das Blockschaltbild eines Delta-Modulators wird in Abb. 11.54 gezeigt.
Das zu wandelnde Signal uE (t) wird zusammen mit einer Rückführgröße
uR (t) einem Komparator mit nachgeschaltetem Schmitt-Trigger zugeführt.
Der Schmitt-Trigger wiederum steuert ein D-Flip-Flop, das entweder  0 oder
 
1 am Ausgang Q liefert, je nachdem, ob die Rückführgröße uR größer oder
kleiner ist als die Eingangsspannung uE . Das Rückführsignal uR (t) entsteht
durch zeitliche Integration, d. h. also Mittelwertbildung, des digitalen Aus-
gangssignals Q. Damit kann aus der Impulsfolge am Ausgang des Delta-
Modulators eindeutig auf die Änderung des Eingangssignals geschlossen wer-
den. Für eine originalgetreue Erfassung des Eingangssignals ist es allerdings
notwendig, dass dieses sehr hoch abgetastet wird, weil die Differenz zum vor-
hergehenden Wert eben nur mit einem Bit quantisiert wird. Konkret bedeutet
dies, dass man in den Phasen, die in Abb. 11.54b mit Anstieg bzw. Abfall be-
zeichnet sind, keine Information darüber hat, wie lange es noch dauern wird,
bis der aktuelle Wert der Eingangsspannung wieder eingeholt wird, bzw. wie
weit sich die Eingangsspannung infolge schneller Änderung bereits vom ange-

Abb. 11.54. Prinzip des Delta-Modulators: a) Prinzipschaltbild, b) Ausgangssignal


für verschiedene Zustände der Eingangsspannung
358 11 Digitale Messtechnik

Abb. 11.55. Funktionsgruppen eines Delta-Sigma-Modulators mit nachgeschalte-


tem Digitalfilter zur Mittelwertbildung und Abtastratenreduzierung (Dezimation)

zeigten Wert entfernt hat. Damit dürfte auch verständlich werden, dass dieses
Verfahren mit hohem Oversampling (1/Ta 2fsmax (fsmax : höchste im Ein-
gangssignal enthaltene Frequenzkomponente)) arbeiten muss [173].
Der Delta-Sigma-Modulator ist ein modifizierter Delta-Modulator, bei dem
sich ein weiterer Integrierer im Vorwärtszweig befindet. Dies setzt voraus,
dass die Eingangsspannung uE (t) keinen Gleichanteil enthält. Dadurch kann
aus der digitalen Ausgangsimpulsfolge durch Mittelwertbildung direkt auf
das analoge Eingangssignal geschlossen werden, d. h. das Eingangssignal kann
durch einfache Tiefpassfilterung des seriellen Bitstromes Q am Ausgang des
Delta-Modulators wieder rekonstruiert werden. Die dabei ablaufenden Signal-
verarbeitungsoperationen bestehen aus Integrieren, Differenzieren und Tief-
passfiltern mit Abtastratenreduzierung, der sog. Dezimation (Abb. 11.55)
[133].
Um zu einer realisierbaren Struktur des Umsetzers aus Abb. 11.55 zu
gelangen, ersetzen wir zunächst den Komparator des Delta-Modulators in
Abb. 11.54 durch einen Differenzverstärker, was an der Funktion nichts ändert.
In Abb. 11.56 sind die Funktionsgruppen des Delta-Sigma-Umsetzers aus

g (t) D Q Q (t)
u E(t) dt

Takt

dt

Σ Δ

Abb. 11.56. Blockschaltbild eines Delta-Sigma-Modulators


11.7 Analog-Digital-Umsetzung 359

u E(t) dt D

Q Q (t)

r (t)
Takt

Abb. 11.57. Funktionsgleiche Umwandlung des Blockschaltbildes aus Abb. 11.56

Abb. 11.55 in einem Blockschaltbild dargestellt. Man erkennt, dass sich die
Eingangsspannung des Schmitt-Triggers g(t) folgendermaßen berechnet
 
g(t) = uE (t)dt − Q(t)dt . (11.39)

Da sich die linearen Operationen Integrieren und Subtrahieren vertauschen


lassen, kann man das Blockschaltbild vereinfachen und gelangt zu Abb. 11.57.
Durch diese Maßnahme fällt auch die Einschränkung weg, dass keine Gleich-
anteile in uE (t) zulässig sind.
Bezüglich seiner Grundstruktur weist der ADC mit Delta-Sigma-Modulator
große Ähnlichkeit mit der Struktur eines ADC mit sukzessiver Approximati-
on auf. Eine einfache schaltungstechnische Realisierung zeigt Abb. 11.58. Die
Schaltung um den Operationsverstärker stellt einen invertierenden Integrierer
mit Summationspunkt dar. Da die Summe aus der Eingangsspannung uE (t)
und der rückgekoppelten Spannung r(t) gebildet wird, muss der 1-Bit-DAC
die Spannung invertieren. Der nachgeschaltete Komparator wirkt ebenfalls
invertierend, um die Vorzeichenumkehr des Integrierers auszugleichen. Das
Komparatorausgangssignal erscheint mit dem Takt am Ausgang des taktflan-
kengesteuerten Flip-Flops. Die Rückkopplung hält die Abweichung zwischen

C
invertierender
u E(t) R Komparator

K D Q (t)
R Q
r (t)

Takt
inv. summierender
Integrierer
Uref
1-Bit-DAC mit
Invertierer
Uref

Abb. 11.58. Schaltungstechnische Realisierung eines Delta-Sigma-Umsetzers


360 11 Digitale Messtechnik

uE (t) und Q(t) minimal. Der Mittelwert der 1-Bit-Datensequenz Q am Aus-


gang (Folge von  0 und  1 ) ist dabei der Eingangsspannung uE proportional.
Zur Mittelwertbildung wird ein digitales Tiefpassfilter nachgeschaltet, welches
aus dem (hochfrequenten) Ausgangssignal das interessierende (niederfrequen-
te) Signalband herausschneidet. Schließlich wird die Abtastrate durch den
Dezimator auf den gewünschten Wert reduziert.
Abbildung 11.59 zeigt die Struktur eines allgemeinen Analog-Digital-
Umsetzers in Delta-Sigma-Technik anhand eines Blockschaltbildes. Im Teil-
bild 11.59a wird die oben diskutierte konventionelle 1-Bit-Technik vorgestellt,
während in Abb. 11.59b ein sog. Multi-Bit-Delta-Sigma-ADC gezeigt wird.
Diese Multi-Bit-Technik wird zur Erzielung von Signal/Rausch-Verhältnissen
eingesetzt, welche sich mit der 1-Bit-Technik nicht mehr erzielen lassen, weil
dazu zu hohe Abtastraten erforderlich wären [106].

+
uE _  u E (t)dt Dezimator UQ

digitales
Mittelungsfilter
1-Bit-DAC
a)

+
uE _  u E (t)dt ADC Dezimator UQ

digitales
Mittelungsfilter
DAC
b)

Abb. 11.59. Analog-Digital-Umsetzer auf der Basis eines Delta-Sigma-Modulators:


a) Grundstruktur in 1-Bit-Technik, b) Grundstruktur in Multi-Bit-Technik

Signal/Rausch-Verhältnis und Überabtastung


Allgemein lässt sich sagen, dass man durch Überabtastung eines Signals das
Signal/Rausch-Verhältnis (Signal to Noise Ratio, S/N) einer AD-Umsetzung
verbessern kann. Nehmen wir zum Beispiel an, ein Messsignal mit der Band-
begrenzung fb soll mit einem AD-Umsetzer digitalisiert werden. Nach dem
Nyquist-Kriterium muss dieses Messsignal mit mehr als der doppelten Band-
breite abgetastet werden. Betrachten wir zunächst den Grenzfall, dass die
Abtastfrequenz fs gerade 2fb beträgt. Der ADC verursacht eine Quantisie-
rungsrauschleistung PQ , deren Rauschleistungsdichte dann
PQ
pQ,N = (11.40)
fb
beträgt, unter der Voraussetzung, dass von weißem Rauschen ausgegan-
gen werden kann. Tastet man das Signal mit einer höheren Abtastfrequenz
11.7 Analog-Digital-Umsetzung 361

S 5DXVFKOHLVWXQJVGLFKWH

S 41

34

3 42
S 42

I
IE IV

Abb. 11.60. Spektrale Verteilung des Quantisierungsrauschens PQ

fs > 2fb ab, so wird das Quantisierungsrauschen auf einen größeren Frequenz-
bereich verteilt (Abb. 11.60) und man erhält für die Rauschleistungsdichte bei
dieser Überabtastung
2PQ
pQ,O = . (11.41)
fs
Wendet man eine ideale Tiefpassfilterung mit der Grenzfrequenz fb an, so
reduziert sich das Rauschen im Signalband PQ,O zu

2PQ fb
PQ,O = pQ,O · fb = , (11.42)
fs

und man erhält für den Gewinn ΔS/N durch die Überabtastung (siehe
Gl. 7.109)

PQ PQ fs
ΔS/N [dB] = 20 lg = 10 lg = 10 lg = 10 lg m , (11.43)
PQ,O PQ,O 2fb

wobei m der Faktor der Überabtastung ist. Durch eine Vergrößerung der Über-
abtastung um den Faktor 4 erhält man also eine eine Verbesserung des S/N
um 6,02 dB. Dieser Zusammenhang ist in Abb. 11.61 dargestellt.
Der S/N-Gewinn durch die Überabtastung wird bei einem Delta-Sigma-
Modulator durch die Methode des Noise-Shapings noch wesentlich verbes-
sert [31]. Betrachten wir dazu das linearisierte Modell des Delta-Sigma-
Umsetzers im Laplace-Bereich (Abb. 11.62). Der Integrierer im Zeitbereich
wird durch eine Multiplikation mit k/s modelliert (s. Gl. (3.81)), wobei die
Verstärkung k noch nicht näher bestimmt ist. Der Komparator wird im
Laplace-Bereich durch Addition des Quantisierungsrauschens N (s) beschrie-
ben. Um die Übertragungsfunktion GUE für die Eingangsspannung zu erhal-
362 11 Digitale Messtechnik

Δ S/N

18
dB
12

0
1 2 3 4 5 10 15 20
Faktor der Überabtastung m
Abb. 11.61. Gewinn an Signal/Rausch-Verhältnis nach [180, 199]

ten, setzen wir zunächst das Quantisierungsrauschen N (s) ≡ 0 und erhalten


k
Q(s) = [UE (s) − Q(s)] . (11.44)
s
Damit lässt sich die Übertragungsfunktion
Q(s) k
GUE (s) = = (11.45)
UE (s) s+k

berechnen. Um die Übertragungsfunktion GN (s) für das Rauschen zu bestim-


men, setzen wir dann die Eingangsspannung UE (s) ≡ 0 und erhalten (hier:
N (s) = 0)
k
Q(s) = N (s) − Q(s) (11.46)
s
Q(s) s
GN (s) = = . (11.47)
N (s) s+k
Der Umsetzer wirkt also wie ein Tiefpass auf die Eingangsspannung, aber wie
ein Hochpass auf das Quantisierungsrauschen. Die Übertragungsfunktionen
und der Einfluss des dadurch entstehenden Noise-Shapings sind in Abb. 11.63
dargestellt. Der Ausdruck fp = k/2π steht für die Frequenz, an der der

1 V

8 V
(
N 4 V
V

Abb. 11.62. Darstellung des Delta-Sigma-Umsetzers im Laplace-Bereich


11.7 Analog-Digital-Umsetzung 363

G UE GN
0 dB

P Q,mod

f
fb fp

Abb. 11.63. Betragsfrequenzgang der Signal- und Rauschübertragungsfunktion

Pol in den Übertragungsfunktionen auftritt. Üblicherweise wird man fp fb


wählen, so dass für GN (s) im interessierenden Frequenzbereich (f ≤ fb ) nähe-
rungsweise gilt
s
GN (s) ≈ . (11.48)
k
Für die Rauschleistungsdichte nach der Modulation pQ,mod gilt dann (s. auch
Kap. 13.8)
2PQ ω 2
pQ,mod (ω) = pQ,0 |GN (jω)|2 = . (11.49)
fs k 2
Durch Integration erhält man das Gesamtrauschen im Signalband
 2πfb
2PQ 1
PQ,mod = pQ,mod dω = 8(πfb )3 . (11.50)
0 fs k 2 3

Mit k = 2πfp erhält man nun für den Gewinn ΔS/N


" #
PQ 3 fs fp2
ΔS/N [dB] = 10 lg = 10 lg . (11.51)
PQ,mod 4 πfb3

Mit dem Faktor der Überabtastung m = fs /2fb ergibt sich


" #
6 3 fp2 πf 2
ΔS/N [dB] = 10 lg m 2 = 30 lg m − 10 lg s2 . (11.52)
π fs 6fp

Der erste Term sagt aus, dass mit jeder Verdopplung der Überabtastrate das
Signal/Rausch-Verhältnis um 9,03 dB zunimmt, was eine erhebliche Steige-
rung gegenüber der gewöhnlichen Überabtastung bedeutet. Der zweite Term
364 11 Digitale Messtechnik

in Gl. 11.52 sollte möglichst klein sein, d. h. der Pol sollte betragsmäßig
möglichst groß sein. Dies erfordert allerdings eine größere Verstärkung k. Da
die Übertragungsfunktion der offenen Schleife einem reinen Integrierer ent-
spricht, sind dem in der Praxis stabilitätsbedingte Grenzen gesetzt.
Um das Signal/Rausch-Verhältnis weiter zu steigern, können auch Delta-
Sigma-Umsetzer höherer Ordnung aufgebaut werden [128]. Abbildung 11.64
zeigt einen Umsetzer zweiter Ordnung, mit dem ein ΔS/N von 15,1 dB/Oktave
erreicht wird. Die Herleitung dieses Zusammenhangs soll dem ambitionierten
Leser als Übung dienen [102].

N(s)

UE(s) k1 k2 Q(s)
s s

Abb. 11.64. Delta-Sigma-Umsetzer 2.Ordnung

11.7.5 Time-Division-Multiplizierer (Impulsbreiten-Multiplizierer,


Sägezahn-Multiplizierer)

Ein weiteres AD-Umsetzverfahren, das insbesondere bei der Leistungsmes-


sung eingesetzt wird, baut auf dem sog. Time-Division-Multiplizierer auf. Der
Time-Division-Multiplizierer ist eine spezielle Form eines Analog-Multiplizie-
rers, der bevorzugt zur Leistungsmessung mit digitaler Ergebniswertausgabe
eingesetzt wird. Dazu wird eine Rechteckspannung mit fester Periodendauer
T gemäß Abb. 11.65 erzeugt. Die positiven und negativen Amplitudenwerte
entsprechen dabei einer Eingangsspannung u1 , während die Differenz (t1 − t2 )
bezüglich der zeitlichen Dauer von positiver und negativer Halbwelle propor-
tional einer zweiten Eingangsspannung u2 ist. Das Tastverhältnis t1 /t2 wird
durch einen Vergleich von u2 mit einer zeitlich sägezahnförmigen Spannung
festgelegt (Abb. 11.65). Für u2 = 0 ist demnach das Tastverhältnis t1 /t2 = 1.
Die Periodendauer T , die dem Kehrwert der Pulsfolgefrequenz f entspricht,
ergibt sich aus der Summe der Zeiten t1 und t2 von positiver und negativer
Rechteckhalbwelle
1
T = t1 + t2 = . (11.53)
f
Aus dem in Abb. 11.65 gezeigten Zeitdiagramm lässt sich ablesen, dass die
mit Gl. (11.54) definierte Proportionalitätskonstante k

ku2 = t1 − t2 (11.54)
11.7 Analog-Digital-Umsetzung 365

Abb. 11.65. Prinzip des Time-Division-Multiplizierers. Der Mittelwert der Aus-


gangsspannung uA ist dem Produkt u1 u2 der Eingangsspannungen proportional: a)
Zeitverläufe von Eingangs- und Ausgangsspannungen, b) Prinzipschaltbild

dem Kehrwert der Steigung der Sägezahnspannung entspricht. Diese Konstan-


te lässt sich auch als Funktion der Periodendauer T bzw. der Pulsfolgefrequenz
f sowie den Sägezahnamplituden UΔmax ausdrücken
T 1
k= = . (11.55)
2UΔ max 2f UΔ max
Am Ausgang des Tiefpasses (Abb. 11.65b) erhält man den zeitlichen Mittel-
wert uA der Spannung uA (t)
⎡t ⎤
T 1 T
1 1
uA = uA (t) dt = ⎣ u1 dt + −u1 dt⎦
T T
0 0 t1
1 u1 u2
= (u1 t1 − u1 t2 ) = f u1 (t1 − t2 ) = f ku1 u2 = . (11.56)
T 2UΔ max
Dies bedeutet, dass die Ausgangsspannung uA proportional zum Produkt der
beiden Eingangsspannungen u1 und u2 ist. Die Frequenz f sollte dabei we-
366 11 Digitale Messtechnik

sentlich über den Grenzfrequenzen der zu messenden Spannungen u1 und u2


liegen, da vorausgesetzt wird, dass u1 und u2 während der Periode T konstant
sind.
Falls die Spannung u1 proportional der Spannung eines Leistungskreises
und die zweite Eingangsspannung u2 proportional dem Strom dieses Lei-
stungskreises ist, stellt der Time-Division-Multiplizierer ein elektronisches
Wattmeter dar (Abb. 11.66). Wenn an den Time-Division-Multiplizierer ein
Spannungs-Frequenz-Umsetzer angeschlossen wird, ist die Frequenz ein Maß
für die im Leistungskreis verbrauchte Leistung Pel , während der Zählerstand,
welcher in einem nachgeschalteten Zähler aufläuft, der innerhalb der Zähler-
Torzeit verbrauchten elektrischen Energie Wel entspricht.

Abb. 11.66. Elektronischer Leistungsmesser bzw. Energiezähler auf der Basis eines
Time-Division-Multiplizierers. Es wird vorausgesetzt, dass infolge zeitlicher Mitte-
lung am Ausgang des Time-Division-Multiplizierers bereits der der Wirkleistung
entsprechende Anteil der Momentanleistung vorliegt.

11.7.6 Analog-Digital-Umsetzung mit Zeit oder Frequenz als


Zwischengrößen

Single-Slope-Umsetzer (u/t-Umsetzer)

Bei einem Single-Slope-Umsetzer, den man auch als Sägezahnumsetzer be-


zeichnet, wird mit Hilfe eines Zählers die Zeit bestimmt, die vergeht, bis eine
zeitlich linear vom Wert Null ansteigende Spannung in bezug auf ihre Ampli-
tude die zu wandelnde Eingangsspannung uE erreicht hat (Abb. 11.67). Bei
einem Spannungswert der Sägezahnspannung von Null wird der Zähler ge-
startet. Erreicht die Sägezahnspannung die zu wandelnde Eingangsspannung
uE (nach einer Zeit tX ), wird der Zähler wieder gestoppt. Der Zählerstand
NX ist damit proportional der zu wandelnden Spannung uE . Mit dem Kehr-
wert K der Anstiegsgeschwindigkeit der Sägezahnspannung ergibt sich der
Zusammenhang zwischen der Messzeit tX (Torzeit des Zählers) und der Ein-
gangsspannung uE
tX = KuE . (11.57)
11.7 Analog-Digital-Umsetzung 367

u
K1 uE
uE
y uS
ZE NX 0
& tX t

K2 Takt f ref y
uS t
ZE
Start Rücksetzen
Steuerung
a) b) t

Abb. 11.67. Single-Slope-Umsetzer (Sägezahnumsetzer): a) Prinzipschaltbild, b)


Signalverläufe

Mit Hilfe der Taktfrequenz fref kann der Zählerstand NX berechnet werden

NX = tX fref = Kfref uE . (11.58)

Gleichung (11.58) zeigt die gewünschte Proportionalität zwischen dem Zähler-


stand NX und der Eingangsspannung uE . Als Nachteile dieses Verfahrens sind
unter anderem anzuführen, dass Steigungsfehler der Sägezahnspannung (Kon-
stante K in Gl. (11.58)) und Taktfrequenzfehler (fref in Gl. (11.58)) unmit-
telbar das Ergebnis verfälschen.

Dual-Slope-Umsetzer (Integrierender Zweirampen-Umsetzer)

Bei dieser Art der Analog-Digital-Umsetzung werden nicht einzelne Werte


der Eingangsspannung abgetastet, sondern der Mittelwert der Eingangsspan-
nung über ein bestimmtes Zeitintervall gebildet und dieser in eine Binärzahl
umgesetzt. Die Umsetzungszeit ist zwar höher als bei den Momentanwertum-
setzern, die Dual-Slope-Umsetzer liefern dafür allerdings im Allgemeinen eine
wesentlich höhere Genauigkeit.
Beim Dual-Slope-Umsetzer wird die Eingangsspannung innerhalb einer
Zeitspanne integriert, die durch das Überlaufen eines mit konstanter Takt-
frequenz fref angesteuerten Zählers festgelegt ist (Abb. 11.68). Der Schalter
S1 befindet sich während dieser Zeit in Stellung 1. Diese Integration findet
zwischen den Zeitpunkten t1 und t2 statt (Abb. 11.68b). Wenn der Zähler bei
einem Zählerstand Nmax überläuft, ergibt sich die entsprechende Zeitdifferenz
(t2 − t1 ) wie folgt
Nmax
t 2 − t1 = . (11.59)
fref
Ab dem Zeitpunkt t2 wird durch Umschalten von S1 die Referenzspannung
−Uref integriert, so dass die Integratorausgangsspannung uA zu einem Zeit-
punkt tX wieder den Wert Null erreicht. Daraufhin wird über das Kompara-
368 11 Digitale Messtechnik

Abb. 11.68. Dual-Slope-Umsetzer: a) Prinzipschaltbild, b) Signalverläufe

torausgangssignal K mit Hilfe des nachgeschalteten UND-Gatters der Zähl-


vorgang gestoppt. Der dann erreichte Zählerstand sei mit NX bezeichnet. Die
Zeitdifferenz (tX − t2 ) ist proportional zu diesem Zählerstand NX gemäß

NX
tX − t2 = . (11.60)
fref
Nachdem die Spannung uA zum Zeitpunkt tX wieder den Wert Null hat, kann
man die in den Zeitintervallen (t2 − t1 ) und (tX − t2 ) integrierten Ausgangs-
spannungsänderungen gleichsetzen. Es gilt demnach
 t2  tX
1 1
uE (t) dt = Uref dt . (11.61)
RC t1 RC t2

Mit  t2
1
uE = uE (t) dt (11.62)
t 2 − t1 t1
11.7 Analog-Digital-Umsetzung 369

folgt aus Gl. (11.61)


1 1
uE (t2 − t1 ) = Uref (tX − t2 ) . (11.63)
RC RC
Die Zusammenhänge in Gln. (11.59) und (11.60) bestätigen in Verbindung
mit Gl. (11.63) die gewünschte Proportionalität zwischen dem Zählerstand
NX und dem Mittelwert der Eingangsspannung uE
uE
NX = Nmax = const. · uE . (11.64)
Uref
Man erkennt, dass weder die Zeitkonstante RC des Integrierers noch die Takt-
frequenz fref das Ergebnis verfälschen können. Mit Hilfe des Schalters S2 wird
sichergestellt, dass zu Beginn der nächsten Umsetzungsphase die Kondensa-
torspannung Null ist.

Spannungs-Frequenz-Umsetzer (u/f-Umsetzer)

Die Spannungs-Frequenz-Umsetzung kann als besondere Art der Analog-


Digital-Umsetzung aufgefasst werden. Die zu wandelnde Spannung wird dabei
zunächst in die proportionale Zwischengröße Frequenz“ umgesetzt, die wie-

derum mit Hilfe eines Zählers leicht in eine digitale Information gewandelt
werden kann (Abb. 11.69). Die Messunsicherheit kann dabei aufgrund der
üblicherweise hohen Genauigkeit des Zeitnormals sehr klein gehalten werden.
Bei dieser Methode der Analog-Digital-Umsetzung ist allerdings zu beachten,
dass der Spannungswert 0 V aus verfahrenstechnischen Gründen nicht umge-
setzt werden kann, was in praktischen Schaltungen durch Aufschalten eines
Spannungsoffsets am Eingang des u/f-Umsetzers und Subtraktion des entspre-
chenden Zählerwertes vom aktuellen Zählerstand umgangen werden kann.
Infolge der bei der Messung sehr niedriger Frequenzen auftretenden Fehler
geht man in diesen Fällen zu einer Messung der Periodendauer (reziproke Fre-
quenzmessung) über. Eine elegante Lösung bietet sich in Form des rechnenden
Zählers an, der das einfache Umschalten zwischen den beiden Messmethoden
direkte Frequenzmessung“ und reziproke Frequenzmessung“ ermöglicht (s.
” ”
Kap. 12.5) [199]. Ein weiterer Vorzug solcher Zählverfahren besteht darin,
dass periodische Störspannungen ohne Einfluss bleiben, wenn man eine Torzeit
wählt, welche einem Vielfachen der Periodendauer des Störsignals entspricht.

Abb. 11.69. Prinzip der Analog-Digital-Umsetzung mit Hilfe von Spannungs-


Frequenz-Umsetzer und Zähler
370 11 Digitale Messtechnik

Ein Spannungs-Frequenz-Umsetzer ist ein Oszillator, dessen Schwingfrequenz


von einer von außen angelegten elektrischen Spannung gesteuert wird. Abbil-
dung 11.70 zeigt eine mögliche Schaltungsrealisierung. Diese besteht aus einem
integrierenden Verstärker, der im zeitlichen Wechsel die Eingangsspannung uE
bzw. ihren invertierten Wert −uE integriert. Das jeweilige Ergebnis dieser In-
tegration wird mit Hilfe zweier Komparatoren mit den Referenzspannungen
+Uref und −Uref verglichen. Wenn die Ausgangsspannung uA des integrieren-
den Verstärkers den Wert uA = +Uref erreicht, schaltet der Komparator K1
und setzt das RS-Flip-Flop. Gleichzeitig wird von der Steuerung der Schalter
S am Eingang umgelegt, so dass nunmehr die Spannung +uE integriert wird.
Die Eingangsspannung uE wird also solange integriert (fallende Rampe), bis
die Integratorspannung die untere Schwelle (−Uref ) unterschreitet, worauf-
hin die Steuerung den Eingangsschalter S umschaltet, so dass danach wieder
die invertierte Eingangsspannung integriert wird (steigende Rampe), bis die

Abb. 11.70. Spannungs-Frequenz-Umsetzer (u/f-Umsetzer): a) Prinzipschaltbild,


b) Signalverläufe am Ausgang des Integrierers (uA ) sowie am Ausgang des RS-Flip-
Flops (Q) für eine kleine (linkes Teilbild) und eine größere Eingangsspannung uE
(rechtes Teilbild)
11.7 Analog-Digital-Umsetzung 371

obere Schwelle (+Uref ) erreicht ist. Im stetigen Wechsel zwischen diesen zwei
Zuständen entsteht am Ausgang des Integrierers eine Schwingung mit einem
Zeitverlauf, der einem gleichschenkeligen Dreieck entspricht. Der Q-Ausgang
des RS-Flip-Flops liefert daraufhin eine unipolare Rechteckspannung mit der-
selben Frequenz. Anhand von Abb. 11.70b lassen sich die folgenden Zusam-
menhänge ableiten

1
uA (t) = − u1 (t) dt (11.65)
RC
1
uAmax = +Uref = −Uref + uE (tmax − tmin ) (11.66)
RC
1
uAmin = −Uref = Uref − uE (TX + tmin − tmax ) . (11.67)
RC
Die Subtraktion der Gln. (11.67) und (11.66) liefert
1
4Uref = uE TX . (11.68)
RC
Daraus lässt sich schließlich der gesuchte Zusammenhang zwischen der Fre-
quenz fX des Rechtecksignals am Ausgang des RS-Flip-Flops und der Ein-
gangsspannung uE ableiten
1 1
fX = = uE = const. · uE . (11.69)
TX 4Uref RC
Die Frequenz des Rechtecksignals am Ausgang ist also gemäß Gl. (11.69)
proportional zur Eingangsspannung uE . Sie lässt sich aus dem Zählerstand
bei vorgegebener Torzeit leicht ermitteln.

ADC nach dem Ladungskompensationsverfahren


(Charge-Balancing-Converter)

Eine Spannungs-Frequenz-Umsetzung lässt sich auch mit Hilfe eines sog.


Charge-Balancing-Converters durchführen, dessen prinzipielle Funktionswei-
se anhand von Abb. 11.71 erläutert werden soll. Beim Charge-Balancing-
Converter wird die Eingangsspannung uE ebenfalls bis zu einem vorgegebenen
Schwellwert USW integriert. Bei Unterschreiten des Schwellwertes USW wird
für eine Zeit T0 , die von der monostabilen Kippstufe definiert wird, zusätzlich
eine Stromquelle an den Ladekondensator angeschlossen. Mit diesem zusätzli-
chen (Ent-) Ladevorgang erreicht die Ausgangsspannung uA nach Ablauf der
Zeit T0 ihren Spitzenwert

uAmax = USW + ΔuA . (11.70)

Anschließend ist wiederum ausschließlich die Eingangsspannung uE am Lade-


vorgang beteiligt, sodass sich der zeitliche Verlauf der Ausgangsspannung uA
für diese Zeitphase wie folgt ergibt
372 11 Digitale Messtechnik

Abb. 11.71. Analog-Digital-Umsetzung nach dem Ladungskompensationsverfahren


(Charge-Balancing-Converter): a) Prinzipschaltbild, b) Signalverläufe

 T0 +t
1
uA (t) = uAmax − uE (t ) dt . (11.71)
RC T0

Nach einer Zeit Tload wird (vom Abtrennen der Stromquelle an gerechnet)
wiederum der Schwellwert USW erreicht. Es gelten folgende Zusammenhänge
1
ΔuA = + uE Tload (Ladevorgang) (11.72)
RC
1 uE 
ΔuA = Iref − T0 (Entladevorgang) . (11.73)
C R
Aus den Gln. (11.72) und (11.73) kann bereits die Frequenz fX der Recht-
eckfolge angegeben werden, welche schließlich mit Hilfe des Zählers und einer
Torzeitvorgabe bestimmt werden kann
1 1
fX = = uE . (11.74)
Tload + T0 RIref T0
Gleichung (11.74) lässt erkennen, dass die Frequenz fX nicht mehr vom Ka-
pazitätswert des Ladekondensators C abhängt, was bedeutet, dass dieser nur
noch kurzzeitstabil sein muss.
Wenn man das in bezug auf Genauigkeit kritischste Bauelement, die Mono-
flopstufe, durch ein D-Flip-Flop ersetzt, das von einem hochgenauen Taktge-
nerator angesteuert wird, gelangt man zum getakteten Ladungskompen-
sations-Konverter (Abb. 11.72) [136]. Dieses Schaltungsprinzip weist den
11.7 Analog-Digital-Umsetzung 373

Abb. 11.72. Getakteter Ladungskompensationskonverter [136]

großen Vorzug auf, dass die Dauer und damit auch die Größe der Ladungspulse
durch die Periodendauer derselben Frequenz (Taktfrequenz) bestimmt wird,
die auch die Torzeit des Zählers festlegt. Damit wird vermieden, dass dieser
Frequenzwert die Messgenauigkeit beeinträchtigt. Die Aufladung durch die
Eingangsspannung uE erfolgt kontinuierlich durch den dabei fließenden Ein-
gangsstrom iE
uE
iE = . (11.75)
R
Zur Entladung wird wiederum eine Stromquelle verwendet, die von einem
D-Flip-Flop geschaltet wird, dessen Steuertakt mit dem Referenztakt fref
identisch ist. Der mittlere Entladestrom īentl ergibt sich demnach zu

f¯S
īentl = Iref , (11.76)
fref

wobei f¯S die mittlere Frequenz der Steuerimpulse für den Stromschalter ist.
Infolge der durch die Schaltersteuerung entstehenden Rückkopplung wird sich
die mittlere Schaltersteuerfrequenz so einstellen, dass der zeitlich gemittelte
Entladestrom īentl gleich dem Ladestrom iE ist. Mit

iE = īentl (11.77)

liefern die Gln. (11.75) und (11.76) den Zusammenhang zwischen der mittleren
Schaltfrequenz f¯S und der Eingangsspannung uE
fref
f¯S = uE . (11.78)
R Iref
Dieser Frequenzwert ist also wiederum der Eingangsspannung proportional.
374 11 Digitale Messtechnik

11.7.7 Vergleich der Grundprinzipien direktvergleichender


Analog-Digital-Umsetzer

In Tab. 11.12 werden die sechs wesentlichen bei der Analog-Digital-Umsetzung


verwendeten Grundprinzipien verglichen. Tabelle 11.13 zeigt Analog-Digital-
Umsetzer der oberen Leistungsklasse. Das Parallel-Verfahren findet überall
dort Anwendung, wo es auf höchste Umsetzgeschwindigkeit (Konversionsrate)
ankommt. Für Auflösungen oberhalb von 10 Bit greift man i.Allg. zu den Kas-
kadenverfahren, wo ein oder mehrere N -Bit-Parallel-Umsetzer in theoretisch
n Zeitzyklen einen Umsetzer mit einer Auflösung von n · N Bit realisieren.
Das Kaskadenverfahren ist ein kombiniertes Parallel-Wäge-Verfahren. Das
reine Wägeverfahren bietet eine Kompromisslösung, einerseits zum Parallel-
Verfahren und andererseits zum Zählverfahren. Im Bereich von 8 bis 10 Bit
ist es langsamer, aber wegen der wesentlich geringeren Anzahl von Kompa-
ratoren deutlich kostengünstiger als das Parallel-Verfahren, während es bei

Tabelle 11.12. Grundprinzipien zur Analog-Digital-Umsetzung

Prinzip Zahl Zahl der Typ. Auflösung


der Zyklen Komparatoren Typ. Konversionsraten

Delta-Sigma- 14 ≤ N ≤ 24
Verfahren < 2 MSamples/s

Parallel- 1 2N − 1 N < 10
Verfahren (word at > 10 MSamples/s
(Flash) a time)

Wäge- N N 8 ≤ N ≤ 18
Verfahren (Bit at 10 kSamples/s − 2 MSamples/s
(SAR) time)

Zähl- 2N (max.) 1 8 ≤ N ≤ 20
Verfahren (level at < 1 kSamples/s
a time)

Kaskaden- n (bei 2N − 1 8 ≤ N ≤ 16
Verfahren einer Auf- 1 MSamples/s − 100 MSamples/s
(Kombiniertes lösung von
Parallel- n · N Bit)
Wäge-Verfahren)

Pipeline- 1 n(2N -1) 8 ≤ N ≤ 16


Verfahren (aber mit bzw. < 1 GSamples/s
Latenzzeit n(2N+1 -1)
von bei
n Zyklen) Fehlerkorrektur
11.7 Analog-Digital-Umsetzung 375

Auflösungen im Bereich 12 bis 16 Bit höhere Konversionsraten erlaubt als das


Zählverfahren, allerdings bei höheren Kosten. Die Zählverfahren ermöglichen
höchste Genauigkeit bei deutlich niedrigeren Konversionsraten.

Tabelle 11.13. Analog-Digital-Umsetzer der oberen Leistungsklasse


Prinzip Hersteller Typ Auflösung Konversionsrate Leistung
Delta-Sigma- Texas Instr. ADS1253 24 Bit 20 kSamples/s 8 mW
Verfahren Anal.Devices AD7760 24 Bit 2,5 MSamples/s 958 mW
Texas Instr. ADS1605 16 Bit 5 MSamples/s 560 mW
ADS1675 24 Bit 4 MSamples/s 575 mW

Parallel- National ADC12D1800 12 Bit 3,6 GSamples/s 4,1 W


Verfahren Semicond.
(Flash)

Wäge- Analog AD7641 18 Bit 2 MSamples/s 75 mW


Verfahren Devices AD7667 16 Bit 1 MSample/s 133 mW
(SAR) Texas Instr. ADS5500 14 Bit 125 MSamples/s 780 mW

Kaskaden- Maxim MAX1193 8 Bit 45 MSamples/s 57 mW


Verfahren
(Kombiniertes Linear LTC2242-12 12 Bit 250 MSamples/s 740 mW
Parallel- Technology
Wäge-Verfahren
(Half-Flash))

Pipeline- Anal.Devices AD9480 8 Bit 250 MSamples/s 590 mW


Verfahren Texas Instr. ADS5400 12 Bit 1 GSamples/s 2,2 W

11.7.8 Fehler bei der Analog-Digital-Umsetzung

Statische Fehler

Bei einem realen Analog-Digital-Umsetzer entsteht durch die endliche Stel-


lenzahl und die daraus resultierende (stufenförmige) Quantisierung ein sy-
stematischer Fehler, der sog. Quantisierungsfehler, welcher in der Übertra-
gungskennlinie des ADC abgelesen werden kann (Abb. 11.73). Er beträgt
beim idealen Umsetzer maximal die Hälfte der niedrigstwertigen Stelle ULSB .
Wird das digitalisierte Signal über einen Digital-Analog-Umsetzer wieder in
ein Analogsignal umgesetzt, so äußert sich dieser Fehler als eine Rauschspan-
nung, die als Quantisierungsrauschen bezeichnet wird. Im Folgenden soll das
Signal/Rausch-Verhältnis als Funktion der ADC-Auflösung bestimmt werden.
Das Signal/Rausch-Verhältnis S/N ist definiert als


S Useff
[dB] = 20 lg , (11.79)
N Ureff
376 11 Digitale Messtechnik

Abb. 11.73. Quantisierungsfehler bei der Analog-Digital-Umsetzung. Die Span-


nung uA (Z) ergibt sich durch ideale DA-Umsetzung der Zahl Z, die am Ausgang
des AD-Umsetzers auftritt: a) ideale und reale Kennlinie eines ADC, b) Quantisie-
rungsfehler als Funktion der Eingangsspannung

wobei Useff und Ureff die jeweiligen Effektivwerte der Signalspannung (Nutz-
spannung) bzw. der Störspannung (Rauschspannung) bezeichnen. Zur Ermitt-
lung des Signal/Rausch-Verhältnisses eines N -Bit-Umsetzers nimmt man eine
Vollaussteuerung des ADC mit einem Sinussignal us (t) an

us (t) = Û sin ωt . (11.80)

Wenn die maximale Aussteuerung des Umsetzers UAmax



UAmax = 2N − 1 ULSB ≈ 2N ULSB (11.81)

beträgt, gilt somit


2Û = UAmax . (11.82)
Damit ergibt sich der Effektivwert Useff einer sinusförmigen Signalspannung
an einem N -Bit-Umsetzer bei Vollaussteuerung zu
1 1 N 1 1
Useff = √ 2 − 1 ULSB ≈ √ 2N ULSB . (11.83)
22 22
Die effektive Rauschspannung des Umsetzers lässt sich aus dem Zeitverlauf
des Quantisierungsrauschens bestimmen, wenn keine sonstigen Fehlspannun-
gen berücksichtigt werden müssen. Wenn man annimmt, dass die Eingangs-
spannung uE zeitlich linear ansteigt, berechnet sich der Effektivwert Ureff der
11.7 Analog-Digital-Umsetzung 377

Rauschspannung aus dem zeitlichen Verlauf des Quantisierungsrauschens zu


(der Zeitverlauf lässt sich aus Abb. 11.73b ablesen, wenn man berücksichtigt,
dass uE zeitlich linear ansteigt)

+T
2
2
1 t ULSB
Ureff = ! ULSB dt = √ . (11.84)
T T 12
−T
2

Das Signal/Rausch-Verhältnis ergibt sich damit wie folgt



" #
√1 1 2N ULSB
S Useff 22 3 N
[dB] = 20 lg = 20 lg U√LSB
= 20 lg 2 (11.85)
N Ureff 2
12
= (6N + 1, 76) .

In realen Analog-Digital-Convertern ergibt sich aufgrund zusätzlicher Fehler


eine höhere Rauschspannung und damit unter praktischen Gegebenheiten ein
geringeres Signal/Rausch-Verhältnis als das in Gl. (11.85) angegebene. Solche
Fehler sind z. B. Offsetfehler (Übertragungskennlinie geht nicht durch den
Ursprung) oder Verstärkungsfehler (Steigung der Übertragungskennlinie hat
nicht den Wert Eins).
Weitere Fehler treten insbesondere in Form von Nichtlinearitäten auf, die
sich darin äußern, dass die Stufen der Kennlinie verschieden hoch bzw. ver-
schieden breit sind. Bei einer nichtlinearen Kennlinie liegen die Eckpunkte der
Stufenfunktion also nicht mehr auf einer Geraden (Abb. 11.74). Die Abwei-
chungen der Eckpunkte ui der bezüglich Offset- und Steigungsfehler korrigier-

Abb. 11.74. Übertragungsverhalten eines AD-Umsetzers mit Linearitätsfehler. Die


Spannung uA (Z) ergibt sich durch ideale DA-Umsetzung der Zahl Z, die am Ausgang
des AD-Umsetzers auftritt. Die Spannung ui liegt in der Mitte des Spannungsinter-
valls, das durch die beiden benachbarten Schaltschwellen definiert wird.
378 11 Digitale Messtechnik

ten realen Kennlinie (Abb. 11.74) zu denen der realen Kennlinie ohne Linea-
ritätsfehler bilden den sog. integralen (totalen) Nichtlinearitätsfehler FNLint
bzw. fNLint
FNLint (i) = ui − iULSB (11.86)
bzw.
ui − iULSB
fNLint (i) = . (11.87)
ULSB
Die Abweichungen von der idealen Stufenbreite ULSB werden als differentielle
Nichtlinearität FNLdiff bzw. fNLdiff bezeichnet

FNLdiff (i) = (ui+1 − ui ) − ULSB (11.88)

bzw.
(ui+1 − ui ) − ULSB
fNLdiff (i) = . (11.89)
ULSB

Dynamische Fehler

Die Dauer eines Umsetzungsvorgangs ergibt sich aus der als Acquisition -
Time bezeichneten Summe von Aperture Time und Settling Time des Sample
& Hold-Gliedes (Tab. 11.10) sowie der Konversionszeit (Conversion Time)
des eigentlichen Analog-Digital-Umsetzers. Diese Zeiten begrenzen daher die
maximale Abtastfrequenz, d. h. ihre Summe muss kleiner sein als der Rezi-
prokwert der doppelten Signalgrenzfrequenz fsmax , um das Shannonsche Ab-
tasttheorem zu erfüllen (Nyquist-Kriterium)

fa > 2fsmax . (11.90)

Die maximal mögliche Abtastfrequenz famax errechnet sich dabei als Rezi-
prokwert der Summe aller am Umsetzungsprozess beteiligten Zeiten
1 1
famax = = .
Tamin ApertureTime + SettlingTime + ConversionTime
(11.91)
Schwankungen der Aperture Time, die auch als Apertur Jitter bzw. Apertur-
Unsicherheit bezeichnet werden, bedeuten Schwankungen der Abtastzeitpunk-
te, was zu einem dynamischen Fehler führt. Dieser Fehler ist um so größer,
je größer die zeitliche Änderung der Eingangsspannung (duE /dt) ist. Die-
se zeitlichen Schwankungen der Abtastzeitpunkte machen sich in Form von
Amplitudenunsicherheiten bemerkbar, welche um so größer werden, je steiler
der zeitliche Anstieg der Eingangsspannung ist. Im Allgemeinen fordert man,
dass der daraus resultierende Betrag des absoluten Fehlers |ΔU | kleiner als
1
/2 ULSB bleiben soll, da ansonsten das niedrigstwertige Bit (Least Significant
Bit (LSB)) wertlos wäre
1
|ΔU | ≤ ULSB . (11.92)
2
11.8 Digital-Multimeter (DMM) 379

Um die aus dieser Vorgabe (Gl. (11.92)) resultierende Forderung bezüglich


der zeitlichen Schwankungen ΔTjitter der Abtastzeitpunkte herzuleiten, wollen
wir annehmen, dass die Eingangsspannung uE einen sinusförmigen Zeitverlauf
aufweist
uE (t) = Û sin ωt . (11.93)
Mit der Beziehung

duE (t)
ΔU = Δt (11.94)
dt max

folgt aus den Gln. (11.92) und (11.93) die entsprechende Forderung bezüglich
des zeitlichen Jitters ΔTjitter

1 ULSB
ΔTjitter ≤ . (11.95)
2 Û ω

Bei Vollaussteuerung des ADC (2Û = UAmax ) lässt sich daraus die Grenze für
den absoluten Jitterfehler angeben
ULSB 1 1
ΔTjitter ≤ = N ≈ N . (11.96)
UAmax ω (2 − 1)ω 2 ω

Soll beispielsweise mit Hilfe eines 8-Bit ADC ein 50-MHz-Signal umgesetzt
werden, leitet sich daraus die Forderung ab, dass die zeitliche Apertur-
Unsicherheit ΔTjitter ≤ 12, 5 ps sein muss.

11.8 Digital-Multimeter (DMM)


11.8.1 Anzahl der Stellen und Genauigkeit

Digital-Multimeter (DMM) sind universelle Messgeräte zur standardmäßigen


Messung von Spannung, Strom und ohmschen Widerständen. Sie bestehen ne-
ben einem Netzwerk von Messwiderständen und einer Stromquelle zur Wider-
standsmessung (s. Abb. 11.75) aus einem Effektivbaustein (s. Abschn. 11.8.2),
einem Analog-Digital-Converter (ADC) und einer Digitalanzeige. Als ADCs

Abb. 11.75. Blockschaltbild eines Digital-Multimeters


380 11 Digitale Messtechnik

verwenden sie meist Dual-Slope-Umsetzer, da diese bei ausreichender Messge-


schwindigkeit hohe Messgenauigkeiten bei geringem Hardware-Aufwand ga-
rantieren. Digital-Multimeter arbeiten mit drei bis zehn (in Sonderfällen bis
zu einigen hundert) Wandlungen in der Sekunde. Je nach Genauigkeitsan-
forderungen liegt die Anzahl der angezeigten Stellen zwischen 3 1/2 und 8 1/2
(Tab. 11.14). Dabei bezeichnet die erste Ziffer die Zahl der angezeigten Nach-
kommastellen. Die führende eins wird als halbes Digit angegeben.

Tabelle 11.14. Daten von Digital-Multimetern

Anzahl Anzeige- Auflösung typische Genauigkeit


der Stellen Umfang (Gleichspannung)
3 1/2 ± 1,999 5·10−4 0,25 %
4 1/2 ± 1,9999 5·10−5 0,05 %
5 1/2 ± 1,99999 5 ·10−6 0,01 %
7 1/2 ± 1,9999999 5·10−8 0,001 %

Es ist eine gewisse Diskrepanz zwischen der Auflösung und der Genauig-
keit festzustellen. Der grundsätzliche Fehler von Digital-Multimetern beträgt
±1 Digit, wobei 1 Digit der letzten angezeigten Nachkommastelle entspricht.
Ein typisches Gerätebeispiel soll dies verdeutlichen.
So beträgt die (relative) Auflösung eines 3 1/2 -stelligen DMM 1/(2000) =
0, 0005. Die Genauigkeit wird jedoch mit 0, 25% angegeben, was 5 Digits ent-
spricht (5/2000 = 0, 25%). Da sich die Verhältnisse bei Digital-Multimetern
mit noch mehr Stellen eher verschlechtern, muss in der Praxis meist die letzte
angezeigte Stelle wegen ihrer großen Unsicherheit bei den Genauigkeitsbe-
trachtungen gestrichen werden.

11.8.2 Beispiel eines 4 1/2 -stelligen Digital-Multimeters

In diesem Abschnitt soll der Zusammenhang zwischen den angezeigten Stellen


des Digital-Multimeters und der Auflösung seines Analog-Digital-Converters
(ADC) ermittelt werden. Nimmt man beispielsweise ein 4 1/2 -stelliges DMM,
so beträgt seine relative Auflösung 5 · 10−5 . Die entsprechende absolute
Auflösung ergibt sich zu 2 V · 5 · 10−5 = 10−4 V. Dieser Wert entspricht gleich-
zeitig dem absoluten Spannungspegel des Least Significant Bit (ULSB ) des
Analog-Digital-Converters. Mit dem Zusammenhang

Umax = (2N − 1) · ULSB (11.97)

folgt

2 V = (2N − 1) · 10−4 V
2N − 1 = 2 · 104
11.8 Digital-Multimeter (DMM) 381

2N ≈ 2 · 104
lg(2 · 104 )
N=
lg(2)
lg(2 · 104 )
= 14, 3 → N = 15 . (11.98)
lg(2)

Die entsprechenden Auflösungen für Digital-Multimeter mit anderer Stellen-


anzahl können Tab. 11.14 entnommen werden.
Im Allgemeinen bestimmt der Widerstand eines Eingangsspannungsteilers
den Eingangswiderstand des Digital-Multimeters (meistens in der Größenord-
nung 10 MΩ), während die eigentliche Messschaltung Innenwiderstände von
> 108 Ω aufweist. Moderne leistungsfähige Digital-Multimeter (Abb. 11.77)
verfügen im Allgemeinen über Standard-Rechnerschnittstellen, wie RS 232,
IEC-Bus, USB bzw. Ethernet (Kap. 16.7).
Für den Aufbau von Digital-Multimetern sind integrierte Schaltungen
erhältlich, die bereits wesentliche Funktionen, wie Verstärkung, Vorzeichen-
detektion mit Invertierung, Tiefpass-Filterung, A/D-Umsetzung und Aus-
gangsregister aufweisen. Digital-Multimeter enthalten zur Wechselspannungs-
bzw. Wechselstrom-Messung entweder Gleichrichter-Schaltungen zur Bildung
des Gleichrichtmittelwertes oder eine Schaltung zur Bildung des echten Ef-
fektivwertes nach Gl. (6.89). Die letztgenannten beruhen auf einem inte-
grierenden Operationsverstärker sowie einem als Quadrierer und einem als
Radizierer geschalteten Multiplizierermodul (Abb. 11.76). Die Operations-
verstärker-Schaltung realisiert einen Tiefpass 1. Ordnung mit der Eckfrequenz
fg = 1/(2πRC). Solche Schaltungen weisen Fehler im Bereich von 0,5 % auf.
Schaltungen zur Gleichricht-Mittelwert-Bildung arbeiten mit kleineren Feh-
lern (0,1 %). Allerdings führt die Messung nicht-sinusförmiger Größen zu ent-
sprechenden Fehlern.

Abb. 11.76. Prinzipschaltung eines Effektivwertbausteines


382 11 Digitale Messtechnik

11.8.3 Messungen des echten Effektivwertes von Signalen mit


Gleichanteil

In den Schalterstellungen “AC-Voltage” (Wechselspannung) bzw. “AC-Cur-


rent” (Wechselstrom) wird der Gleichanteil (DC-Anteil) bei der Messung un-
terdrückt. Das führt dazu, dass auch mit echter Effektivwertmessung ausge-
stattete Digital-Multimeter (DMM mit true RMS-Messung) nicht mehr den
echten Effektivwert messen, wenn das Messsignal einen Gleichanteil enthält.
Hier hilft nur folgende Vorgehensweise:
Man muss zwei seperate Messungen durchführen, und zwar wird einmal in
Schalterstellung “AC” der Effektivwert des reinen Wechselanteils (mit abge-
trenntem Gleichanteil) gemessen und in einer zweiten Messung in Schalterstel-
lung “DC” der reine Gleichanteil. Der Wechselanteil wird dabei automatisch
“herausintegriert”. Der echte Effektivwert des Gesamtsignals wird schließlich
durch effektivwertmäßige, d. h. quadratische, Überlagerung gemäß

xrms(AC+DC) = x2rmsAC + x2rmsDC (11.99)

bestimmt.
Bei der Messung des DC-Anteils sollte über mindestens 10 Perioden der
Energieversorgungsnetzfrequenz (50 Hz in Europa bzw. 60 Hz in USA) gemit-
telt werden. Intelligente Multimeter, wie z.B. das Agilent 34411A (Abb. 11.77)
messen unmittelbar nach ihrer Inbetriebnahme die Netzfrequenz und stellen
die Integrationszeit des verwendeten Dual-Slope-ADC (Kap. 11.7.6) auf opti-
male Mittelung ein. So garantiert dieses Gerät im langsamen Messmodus für
6 1/2 Stellen (Digits) eine Unterdrückung des Netzsignals um 70 dB.
Bei Überlegungen zur Messgenauigkeit von Digital-Multimetern bei AC-
Messungen muss des Weiteren der Scheitelfaktor (Crest Factor) (s. Gl. (6.90))
ins Kalkül gezogen werden. Denn je größer der Scheitelfaktor, um so größer
sind die Signalanteile bei (im Vergleich zur Grundwelle) höheren Frequenzen
(höheren Harmonischen), so dass mit zunehmendem Scheitelfaktor auch die
Messfehler bei der echten Effektivwertmessung steigen (s. Kap. 11.8.4).

11.8.4 Gesamtfehler infolge Scheitelfaktor

Als Beispiel wird hier eine Abschätzung der Fa. Agilent übernommen, die für
das 6 1/2 stellige DMM Modell 34411A (Abb. 11.77) gilt. Der Gesamtfehler
infolge Crest Factor (Scheitelfaktor) setzt sich wie folgt zusammen

Gesamtfehler = Fehler (Sinus) + Fehler (Crest Factor) + Fehler (Bandbreite)


(11.100)
Der Fehler (Bandbreite) ist der infolge der höheren Harmonischen. Er wird
wie folgt abgeschätzt

(C.F.)2 · F
Fehler (Bandbreite) = , (11.101)
4π · BW
11.9 Strom-/Spannungsquellen mit Rückmessfunktion (Source Measure Units) 383

Abb. 11.77. 6 1/2 stelliges Digital-Multimeter, Typ 34411A, der Fa. Agilent [2]

wobei C.F. der Crest Factor, F die Grundfrequenz des Messsignals und BW
die - 3 dB -Bandbreite (Bandwidth) des Messgerätes ist (hier 1000 kHz). Für
einen beispielhaften C.F. = 3 und eine Fundamentalfrequenz F = 20 kHz
ergibt sich ein Fehler (Bandbreite) von 1, 4 %. Mit den Fehlerspezifikationen
für das o. g. Gerät summiert sich der Gesamtfehler zu

Gesamtfehler = 0, 08% + 0, 15% + 1, 4% = 1, 6% . (11.102)

Dies bedeutet, dass der Bandbreitefehler infolge Scheitelfaktor den Gesamt-


fehler dominiert.

11.9 Strom-/Spannungsquellen mit Rückmessfunktion


(Source Measure Units)
11.9.1 Source Measure Units in automatischen Testsystemen

Strom-/Spannungsquellen mit Rückmessfunktion, auch als Source Measure


Units bezeichnet, bieten folgende vier Grundfunktionen bei der Messung elek-
trischer Größen:
• Spannungsquelle
• Spannungsmesser
• Stromquelle
• Strommesser
So kann beispielsweise im Zuge der Prüfung elektrischer bzw. elektronischer
Bauelemente dem Prüfling (Device under Test = D. u. T. bzw. DUT) ein
Konstantstrom eingeprägt und gleichzeitig die Spannung an seinen Klem-
men gemessen werden. Umgekehrt kann das Gerät die Stromaufnahme des
384 11 Digitale Messtechnik

Prüflings messen, während er mit einer Konstantspannung beaufschlagt wird.


Da diese Source Measure Units (SMUs) in aller Regel einen vollständigen 4-
Quadrantenbetrieb erlauben, kann das gesamte Kennlinienfeld des Prüflings
aufgenommen werden, indem Spannung bzw. Strom in systematischen Schrit-
ten verändert werden. Zwecks komfortabler Bedienung bzw. für automati-
sierte Testabläufe in der Produktion beispielsweise sind alle Funktionen der
SMUs programmierbar. Hauptanwendungsgebiete sind die vollautomatisier-
te Charakterisierung von Halbleiterbauelementen, Leckstrommessungen an
MOSFETs oder Untersuchungen zur Elektromigration.
SMUs sind standardmäßig mit IEC-Bus-Interfaces ausgestattet. Die neue-
ren Generationen enthalten auch USB- und Ethernet-Schnittstellen. Um die
Testabläufe zu beschleunigen und die zentralen Steuerrechner zu entlasten,
besitzen die SMUs leistungsfähige Controller, so dass komplette Testreihen ei-
genständig ablaufen können. So werden bei den meisten Fertigungsendprüfun-
gen von elektronischen Bauteilen und Komponenten sich ständig wiederholen-
de Testfolgen gefordert, bei denen eine Spannung oder ein Strom eingespeist
bzw. gemessen wird. Dabei wird festgestellt, ob das Bauteil innerhalb der spe-
zifizierten Grenzwerte liegt. Für die Fertigungskontrolle werden immer häufi-

GPIB
Beladeroboter

Digital I/O mechanische


Verbindung
2602 Test-Leitungen
SourceMeter
TSP-Link DUT
2602 Test-Leitungen
SourceMeter
TSP-Link

2602 Test-Leitungen
SourceMeter
TSP-Link
Series 2600
SourceMeter Test-Leitungen

Digital I/O (Trigger Signale)


weitere
Instrumente
Abb. 11.78. TSP-basierendes Testsystem mit mehreren Source Measure Units, die
über TSP-Link vernetzt sind [91] (TSP = Test Script Processor)
11.9 Strom-/Spannungsquellen mit Rückmessfunktion (Source Measure Units) 385

ger Testzeiten von unter 10 ms pro Bauteilprüfung verlangt, was zu erhöhten


Anforderungen bezüglich der Einschwingzeiten führt. Desöfteren sind Chips
mit höheren Pinzahlen zu prüfen. Um die entsprechenden Prüfungen zahl-
reicher Zweitore zeitsynchron durchführen zu können, werden mehrere SMUs
zu einem Testsystem zusammengeschaltet (Abb. 11.78). Die SMUs der 2600-
Familie der Fa. Keithley beispielsweise enthalten dazu einen sog. Test Script
Processor (TSP) und einen Hochgeschwindigkeitsbus (in Abb. 11.78 mit TSP-
Link bezeichnet) zur Vernetzung mehrerer SMUs im Master-Slave-Modus mit
entsprechenden Triggerfunktionen. Auf diese Weise ist ein echter Parallelbe-
trieb der angeschlossenen SMUs möglich [13].

11.9.2 Messung kleiner Ströme bzw. Spannungen mit SMUs

Bei den im vorigen Abschnitt besprochenen automatisierten Testabläufen


besteht eine weitere Problematik in der genauen Messung geringer Span-
nungen und Ströme, welche präzise Quellen- und Messfunktionen mit gerin-
gem Störpegel obligatorisch machen. So sind Strom-/Spannungsquellen mit
Rückmessfunktion kommerziell erhältlich, die Ströme im Sub-Femtoampere-
Bereich messen können. Abbildung 11.79 zeigt ein solches Sub-Femtoampere-
Meter der Fa. Keithley, einem der führenden Hersteller auf diesem Gebiet.

Abb. 11.79. Source Measuring Unit (Typ 6430) der Fa. Keithley für Messungen
im Sub-Femtoampere-Bereich. Spezifikationen: Rauschgrenze: 0, 4 fA (peak-to-peak)
(= 4 · 10−16 A); 6 1/2 stelliges Digital-Multimeter; 2000 Messungen pro Sekunde [91].

Das Gerät arbeitet mit einem Remote-Vorverstärker, der über ein 2 m lan-
ges Kabel an die eigentliche SMU angeschlossen ist. Dieser hochwertige
Messverstärker ist mit einem extrem hohen Eingangswiderstand ausgestat-
tet und mit einer sog. schwimmenden Masse (Guard) versehen. Er wird über
ein Triax-Kabel angeschlossen. Bei den Triax-Kabeln befindet sich zwischen
386 11 Digitale Messtechnik

Abb. 11.80. Aufbau eines Triax-Kabels

dem zentralen Innenleiter und dem Außenleiter (Schirmgeflecht wie beim


Koaxkabel) ein weiterer geflochtener metallischer Leiter (= Schutzschirm =
Guard) zwecks Schirmung (Abb. 11.80). Abbildung 11.81 zeigt das Anschluss-
prinzip unter Verwendung von Triax-Kabeln. Die gezeigte Schaltung dient
der Unterdrückung von Leckströmen infolge des endlichen Kabelisolationswi-
derstandes. Die entsprechende Technik wird auch als Guard- oder Schutz-
schirmtechnik bezeichnet. Dabei wird der innere Leiter von dem Schutz-
schirm (Guard) umhüllt. Mit Hilfe des Operationsverstärkers wird nun die
Potentialdifferenz zwischen Innenleiter und Schutzschirm auf annähernd Null
gebracht, so dass keine Ausgleichsströme durch den Isolationswiderstand RL
fließen können. Ein weiterer Vorteil dieser Schaltung ist, dass auch eine parallel
zu RL liegende Streu- bzw. Kabelkapazität wirkungslos gemacht wird. Damit
wird das Übertragungsverhalten für höherfrequente Signale verbessert.

Quelle Leitung mit Guard-Ring hochohmiger


(Triax-Kabel) Spannungsmesser
innerer Leiter
Guard

uD ≈ 0
Ri RL

Spannungs-
messer

äußerer Leiter
Abb. 11.81. Prinzip der Triax-Kabel-Verbindung einer Spannungsquelle mit einem
hochohmigen Voltmeter
11.10 Elektronische Leistungsmesser 387

11.10 Elektronische Leistungsmesser


Elektronische Leistungsmesser haben in jüngster Zeit stark an Bedeutung
gewonnen, insbesondere auch im häuslichen Bereich, wo sie in Haussteue-
rungen den Energieverbrauch von privaten und öffentlichen Gebäuden mes-
sen. In Kap. 11.7.5 wurde in Form des Time-Division-Multiplizierers ein
bereits seit längerer Zeit eingeführter elektronischer Leistungsmesser vorge-
stellt. In diesem Abschnitt sollen neben der klassischen Leistungsmessung
mit einem Hallelement, die im Wesentlichen im Analogen stattfindet, vor al-
lem auf digitaler Signalverarbeitung basierende ICs behandelt werden, die in
modernen Leistungs- und Energiemessgeräten zum Einsatz kommen. Dabei
wird vorausgesetzt, dass die Ströme und Spannungen aus dem elektrischen
Energieversorgungsnetz stammen, also bei einer Frequenz von 50 Hz harmo-
nisch sind und der Oberwellenanteil gering bleibt. In Abschnitt 11.10.4 wird
ein Leistungsmessungs-IC behandelt, der für Hochfrequenz-Anwendungen bis
6 GHz geeignet ist. Solch hohe Frequenzen erfordern allerdings wieder eine
analoge Signalverarbeitung.

11.10.1 Leistungsmessung mit Hallelement

Das in Kap. 6.3.8 behandelte Hallelement kann in idealer Weise zur Messung
der in einem Gleichstromkreis verbrauchten elektrischen Leistung eingesetzt
werden. Dazu muss der Strom IL dieses Kreises mit Hilfe eines als Spulenwick-
lung ausgeführten Shunts (Strommesswiderstand) in ein magnetisches Feld
umgesetzt werden (Abb. 11.82), dessen magnetische Induktion B  dem Strom

IL proportional ist. Dieses B-Feld durchsetzt das Hallplättchen in Dicken-
Richtung (s. Abb. 6.53). Die Hallspannung UH ist daher gemäß Gl. (6.139)
 und damit auch proportional IL
proportional |B|

UH ∼ IL . (11.103)

Hallelement

I H UL
UH UL. I L = P
Last-
UL
impedanz B

IL
B Φ IL
als Wicklung
ausgeführter Shunt

Abb. 11.82. Leistungsmessung im Gleichstromkreis mit Hallelement. Es wird die


in der Lastimpedanz umgesetzte Leistung P gemessen.
388 11 Digitale Messtechnik

Die leistungsbestimmende Spannung UL liegt an der Lastimpedanz an und


wird zum Erzeugen des Hallstromes herangezogen. Der durch das Hallelement
fließende Hallstrom IH ist somit proportional der Lastspannung UL

IH ∼ UL . (11.104)

Da gemäß Gl. (6.139) die Hallspannung UH auch proportional dem Hallstrom


IH ist, folgt schließlich die Proportionalität zwischen der Hallspannung und
der in der Last umgesetzten Gleichstrom-Leistung P

P = UL · IL ∼ UH . (11.105)

Somit liefert die Hallspannung UH ein lineares Maß für die verbrauchte elek-
trische Leistung P .
Das Hallelement übernimmt dabei die Aufgabe des (Analog-)Multiplizie-
rers, der Strom und Spannung multipliziert. Es wird daher oft auch als Hall-

Multiplizierer“ bezeichnet.
Für eine genaue Leistungsbestimmung muss darauf geachtet werden, dass
das Hallelement im linearen Bereich betrieben wird. Für typische Hallelemente
sollte die magnetische Induktion betragsmäßig unter 100 mT bleiben, da für
größere Induktionswerte starke Nichtlinearitäten infolge Sättigung auftreten.
Ein weiterer Punkt, den es zu beachten gilt, ist die Temperaturempfindlich-
keit von Halbleiter-Hallelementen, die in aller Regel eine Temperaturkompen-
sation erforderlich macht. Dies kann eleganterweise durch eine Anordnung in
Form einer Halbbrückenschaltung (s. Kap. 9.5.4) oder auch einer Vollbrücken-
schaltung geschehen.

11.10.2 Integrierte Schaltkreise zur Leistungsmessung

Die Messung der elektrischen Momentanleistung P (t) besteht stets aus der
Produktbildung der durch Einzelmessung gewonnenen Größen Strom iL (t)
und Spannung uL (t)
P (t) = uL (t) · iL (t) . (11.106)
Werden Spannung und Strom zunächst ohne Beachtung ihres Phasenbezugs zu
Effektivwerten verarbeitet und dann multipliziert, so erhält man die Schein-
leistung. Wenn die Spannung und der Strom in Phase sind, ergibt sich daraus
unmittelbar die Wirkleistung; sind sie hingegen um 90◦ phasenverschoben,
handelt es sich dabei um eine Blindleistung. Diese Zusammenhänge werden
in Kap. 8 dieses Buches ausführlich beschrieben. Bei den in diesem Abschnitt
behandelten elektronischen Leistungsmessern handelt es sich in allererster Li-
nie um Wirkleistungsmesser, da für die finanzielle Abrechnung der Lieferung
elektrischer Energie durch einen Energieversorger die Wirkleistung bzw. Wirk-
energie herangezogen wird.
Ein integrierter Schaltkreis zur Ermittlung der elektrischen Leistung be-
steht eingangsseitig aus zwei Kanälen, einem Strom- und einem Spannungs-
messkanal. Die Spannung wird dabei entweder über einen transformatorischen
11.10 Elektronische Leistungsmesser 389

Spannungswandler (s. Kap. 6.3.6) oder einen ohmschen Spannungsteiler ab-


gegriffen. Der Strom wird i. Allg. mit Hilfe eines Messshunts in eine propor-
tionale Spannung umgewandelt. Eine weitere Möglichkeit, den Strom in eine
Spannung umzusetzen, besteht in der Verwendung einer sog. Rogowski-Spule
(Abb. 11.83). Hierbei wird der Leiter, der den zu messenden Laststrom führt,
durch eine konzentrisch gewickelte Spule hindurchgeführt. Man benötigt einen
∂t = 0 bzw. ∂t = 0;
Wechselstrom, da erst durch die zeitliche Veränderung ( ∂i ∂Φ

Φ: magnetischer Fluss) eine Spannung in der Spule induziert wird. Gemäß dem
Induktionsgesetz ist diese Spannung der zeitlichen Ableitung des Laststromes
proportional
di(t)
u∼ . (11.107)
dt

stromführender
i (t) Leiter
di(t)
u(t)
dt
u(t)

Abb. 11.83. Prinzip einer Rogowski-Spule. Die in der Spule induzierte Spannung
u(t) ist gemäß dem Induktionsgesetz proportional dΦ(t)
dt
∼ u(t) bzw. di(t)
dt
∼ u(t).

In Abb. 11.84 ist die Struktur eines typischen Leistungsmessungs-ICs darge-


stellt. Die Ansteuerschaltung besteht aus einem Transformator-Wandler, der
den Laststrom iL in eine proportionale Spannung u1 wandelt. Diese steht
am Eingang des Strommesskanals zur Verfügung. Die Lastspannung uL wird
mit Hilfe eines ohmschen Spannungsteilers in eine proportionale Spannung
u2 umgesetzt. Die Eingangsspannungen u1 und u2 werden mit Hilfe je ei-
nes Verstärkers, dessen Verstärkungsgrad programmiert werden kann, in ein
für den jeweiligen Analog-Digital-Converter (ADC) normiertes Eingangssignal
konvertiert. Typischerweise werden hier 16-Bit-Umsetzer eingesetzt, die nach
dem Delta-Sigma-Verfahren arbeiten (s. Kap. 11.7.4). Nach der Digitalisierung
durch die ADCs werden die beiden in Form von Digitalwerten vorliegenden
Spannungen in einem Digital-Multiplizierer multipliziert. Um anschließend die
korrekte Wirkleistung zu erhalten, muss unter Umständen noch eine Phasen-
korrektur zwischen Strom- und Spannungskanal durchgeführt werden. Dabei
wird eine eventuell zwischen Strom- und Spannungsmesskanal vorhandene pa-
rasitäre Phasenverschiebung (Phasenoffset) wieder korrigiert. Dies kann im
390 11 Digitale Messtechnik

Abb. 11.84. Vereinfachtes Blockschaltbild eines typischen ICs zur Leistungs- bzw.
Energiemessung mit digitaler Signalverarbeitung
11.10 Elektronische Leistungsmesser 391

Zuge der Kalibrierung erfolgen. Diese Phasenkorrektur entspricht einer zeit-


lichen Verschiebung der Abtastwerte, welche mit Hilfe eines Schieberegisters
vorgenommen wird (s. Abb. 11.84).
Nach dem digitalen Multiplizierer, der ausgangsseitig die Momentanlei-
stung P (t) in Form von digitalen Abtastwerten liefert, folgt ein digitales Tief-
passfilter, an dessen Ausgang die zeitlich gemittelte Leistung P (t) vorliegt.
Die Periodendauer der Mittelung ist so gewählt, dass Schwankungen in der
Leistung noch sinnvoll dargestellt werden. Die Wirkleistung entspricht bei rein
sinusförmigen Größen dem Gleichanteil des Signals, da sich die Leistung wie
folgt errechnet (s. Abb. 11.85)

uL = ûL · sin ωt (11.108)


iL = îL · sin(ωt + <) {uL , iL }) (11.109)
P (t) = uL (t) · iL (t)
ûL îL ûL îL
= · cos(< ) {uL , iL }) − · cos(2ωt+ <
) {uL , iL }) (11.110)
2 2
ûL îL
P (t) = Pwirk = · cos(<) {uL , iL })
2
= uLeff · iLeff · cos(< ) {uL , iL }) . (11.111)

Da die Wirkleistung jedoch auch zeitlichen Schwankungen unterworfen ist,


handelt es sich nicht mehr um einen (theoretisch) reinen Gleichanteil, son-
dern um den spektralen Anteil von P (t), der sich im Vergleich zum mit 2ω

spektrale
Leistung

u L. i L u L. i L
cos ϕ Übertragungsfunktion 2
2
des Tiefpassfilters

1. Oberwelle

8Hz . 2π ω 2ω
Kreisfrequenz

Abb. 11.85. Funktion des Tiefpassfilters aus Abb. 11.84 zur Abtrennung des Wirk-
leistungsanteils. Die Eckfrequenz des Tiefpassfilters liegt typischerweise bei fg =
8 Hz. Der Wert von 2ω entspricht 100 Hz · 2π.
392 11 Digitale Messtechnik

flukturierenden Anteil nur langsam ändert, d. h. seine Periodendauer ist groß


gegen die der 100 Hz-Oberwelle. Der als Ausgangssignal vorhandene Wirklei-
stungswert ergibt sich aus der Integration über n Perioden der Grundfrequenz
n·T
1
P (t) = Pwirk = P (t)dt (11.112)
n·T
0

T : Periodendauer.
Mit längerer Integrationsdauer erzielt man zwar höhere Genauigkeiten,
integriert aber auch unter Umständen über zu messende Fluktuationen der
Wirkleistung hinweg. Die Integration wird mit Hilfe des in Abb. 11.84 ge-
zeigten Tiefpassfilters vorgenommen. Dessen Laplace-Übertragungsfunktion
(s. Kap. 3.13) lautet
1 1
GTP (s) = = , (11.113)
1 + nT s 1 + ωsgr

wobei ωgr die Eckfrequenz des Tiefpassfilters ist (s. auch Abb. 11.85). Um
den in Abb. 11.85 angegebenen Wert von ωgr = 8 Hz ·2π zu erreichen, müsste
über eine Periode (n = 1) gemittelt werden. Für eine größere Anzahl n von
1
Mittelungsperioden ergäben sich geringere Eckfrequenzen ωgr = n·T .
Im Anschluss an das digitale Tiefpassfilter folgt ein Digital-zu-Frequenz-
Konverter, der die Wirkleistung P (t) in eine Pulsfolge umwandelt. Die Puls-
folgefrequenz ist dabei proportional der Wirkleistung P (t). Dieses Pulsfol-
gesignal wird zum einen direkt ausgegeben. Es handelt sich dabei um ein
frequenzcodiertes Signal (s. Kap. 1.6), dessen aktuelle Pulsfolgefrequenz dem
momentanen Wert der verbrauchten Wirkleistung Pwirk = P (t) entspricht.
Zum anderen werden die Pulse mit Hilfe eines Zählers akkumuliert, was ei-
ner zeitlichen Integration der Wirkleistung entspricht. Dies liefert als zweites
Ausgangssignal die verbrauchte (Wirk-)Energie
T
Ewirk = Pwirk dt . (11.114)
0

Diese kann in Werten mit der üblichen Einheit kWh ausgegeben werden.

Energiemeter-IC mit Wirk- und Scheinleistungsbestimmung

Im Folgenden soll stellvertretend für ähnliche kommerziell erhältliche ICs


der integrierte Baustein ADE7763 [10] vorgestellt werden. Dieser integrierte
Schaltkreis erlaubt neben der Messung der Wirkleistung Pwirk sowie der ver-
brauchten Wirkenergie Ewirk auch die Bestimmung der Scheinleistung Pschein .
Als Eingangssignale müssen, wie bei dem im vorigen Abschnitt bespro-
chenen Leistungs- bzw. Energiemesser, zwei Spannungssignale bereitgestellt
werden, die der Lastspannung bzw. dem Laststrom proportional sind
11.10 Elektronische Leistungsmesser 393

u1 ∼ iL (11.115)
u2 ∼ uL . (11.116)

Die beiden programmierbaren Eingangsverstärker (PGA) liefern wiederum


das normierte Signal für zwei 16-Bit-Delta-Sigma-Umsetzer, die zeitlich syn-
chron die beiden leistungsbestimmenden Signale u1 und u2 abtasten und in Di-
gitalwerte umsetzen. Dem ADC des Spannungsmesskanals folgt wiederum ein
Schieberegister, das der Phasensynchronisierung von Strom- und Spannungs-
messkanal dient. Der Strommesskanal kann alternativ auf einen Temperatur-
sensor aufgeschaltet werden, der eine nachträgliche softwaremäßige Tempe-
raturkompensation erlaubt. Ein eventuell vorhandener Gleichspannungsoffset
(DC-Offset) wird im Strommesskanal durch ein entsprechendes digitales Hoch-
passfilter (Filter HP1 ) ausgeblendet. Diesem Digitalfilter folgt ein Integrie-
rer, der bei Verwendung von Rogowski-Spulen zur Stromdetektion aktiv und
ansonsten überbrückt geschaltet wird. Im Fall von Rogowski-Stromsensoren
(Abb. 11.83) ist das erhaltene Spannungssignal (gemäß Gl. (11.107)) propor-
tional der zeitlichen Ableitung von iL , so dass die Integration wiederum zu
einem dem Laststrom iL proportionalen Signal führt.
Der anschließende Mulitplizierer multipliziert die beiden Signale u1 ∼ iL
und u2 ∼ uL zur Momentanleistung. Der Tiefpass TP2 filtert wiederum gemäß
Abb. 11.85 die Wirkleistung Pwirk in Form des Gleichanteils von P (t) heraus

P (t) = Pwirk . (11.117)

Danach folgen noch ein Summierer zur Offset-Korrektur sowie ein Multipli-
zierer, der mittels eines Kalibrierfaktors die genaue (im Sinne von kalibriert)
Wirkleistung Pwirk liefert. Danach durchläuft das Signal auch hier einen DCF
(Digital-zu-Frequenz-Konverter) und einen Zähler, so dass am Ausgang wie-
derum ein Pulssignal zur Verfügung steht, dessen Pulsfolgefrequenz propor-
tional der Wirkleistung ist. Der Zähler liefert schließlich die verbrauchte Wir-
kenergie in der Einheit kWh.
Die beiden in Abb. 11.86 gezeigten Betragsquadrat-Bausteine mit nach-
geschalteten Tiefpässen bzw. Radizierern dienen der Bestimmung der jeweili-
gen Effektivwerte uLeff bzw. iLeff . Diese werden nach entsprechenden Offset-
Korrekturen, die durch Summationsbausteine erfolgen, in einem Multiplizierer
zur Scheinleistung
Pschein = uLeff · iLeff = Peff (11.118)
multipliziert. Nach Kalibrierung mit Hilfe eines weiteren Multiplizierers steht
diese am Ausgang in Form eines Digitalwertes zur Verfügung. Sowohl Pwirk als
auch Pschein = Peff lassen sich über ein Register des Bus-Interfaces auslesen.
394 11 Digitale Messtechnik

Abb. 11.86. Vereinfachtes Blockschaltbild des Energiemeter-ICs ADE7763 (Single-


Phase Active and Apparent Energy Metering IC) [10]
11.10 Elektronische Leistungsmesser 395

3-Phasen-Energiemeter-IC

Im Rahmen des Energiemeterings in Haussteuerungen muss der Energie-


verbrauch aller 3 Phasen des Drehstromnetzes gemessen werden (s. auch
Kap. 8.2.3). Dazu gibt es ebenfalls spezielle integrierte Bausteine, welche
gleichzeitig die Wirkleistungen aller 3 Phasen des Drehstromnetzes messen.
Hier soll ein solcher IC anhand des 3-Phasen-Energiemeter-ICs ADE7752 der
Fa. Analog Devices [9] vorgestellt werden. Abbildung 11.87 zeigt das verein-
fachte Blockschaltbild dieses Schaltkreises. In Abb. 11.88 wird gezeigt, wie
die Strom- und die Spannungsmesskanäle angekoppelt werden können. Dabei
ist sicherzustellen, dass bei Volllast, d. h. bei maximalem Strom bzw. bei der
höchsten zu messenden Spannung (i.Allg. Ueff = 230 V) die Eingangsspannung
der ersten Verstärkerstufe (betragsmäßg) 500 mV nicht übersteigt. Es ist noch
zu erwähnen, dass die Tiefpässe am Eingang (Abb. 11.88) dem Zweck dienen,
höherfrequente Störsignale zu unterdrücken.
In einem 3-phasigen Energiemeter stehen nun für jeden Strom- und
Spannungsmesskanal ein Analog-Digital-Konverter mit standardmäßig 16-Bit
Auflösung bereit, um die verstärkten und damit pegelmäßig normierten Ein-
gangssignale in entsprechende Digitalwerte umzusetzen. Wie schon bei der
oben besprochenen einphasigen Energiemeterschaltung folgen für jede Phase
(L1 , L2 , L3 ) ein digitales Hochpass-Filter (im Strommesskanal) zur Beseiti-
gung des DC-Offsets sowie eine Phasenkorrektur (im Spannungsmesskanal).
Danach übernimmt ein digitaler Multiplizierer die Produktbildung. Die
dadurch erhaltenen Momentanwirkleistungen PLi (t) (mit i=1,2,3) werden, wie
ebenfalls bereits oben beschrieben, je einem Tiefpassfilter (Grenzfrequenz fg
= 8 Hz) zugeführt. Diese Tiefpassfilter liefern am Ausgang den Gleichanteil
von PLi (t), welcher der Wirkleistung der jeweiligen Phase entspricht

PLi (t) = Pwirk Li . (11.119)

Je nach Wert des Signals am ABS-Eingang (ABS steht für Absolutwert bzw.
Betragsbildung) wird der Wert von PLi entweder vorzeichenbehaftet oder be-
tragsmäßig einem Summierer zugeführt


3
Pwirk = Pwirk Li für ABS = 1 (11.120)
i=1

bzw.

3
Pwirk = |Pwirk Li | für ABS = 0 . (11.121)
i=1

Die Option, die Summe der Beträge zu bilden (ABS = 0 ), bietet die Möglich-
keit, auch dann einen korrekten Wert für die Gesamtwirkleistung am Ausgang
zu erhalten, wenn das Energiemeter falsch an das Energienetz angeschlossen
ist, z. B. wenn die Anschlüsse des Stromwandlers verpolt wurden.
396 11 Digitale Messtechnik

Abb. 11.87. Vereinfachtes Blockschaltbild des 3-Phasen-Energiemeter-ICs


ADE7752 (Polyphase Energy Metering IC with Pulse Output) [9]
11.10 Elektronische Leistungsmesser 397

Am Ausgang konvertiert wiederum ein Digital-Frequenz-Konverter (DFC) den


Summenwert (Summe bzw. Absolut-Summe der 3 Wirkleistungen) in eine
Rechteckpulsfolge, dessen Pulsfolgefrequenz proportional dem Summenwert
bzw. dem Absolutsummenwert der 3 Einzelwirkleistungen ist.

i L(t)

500 mV

Eingangsver-
stärker des ICs
Stromwandler
Tiefpässe

a)

L1
(Ueff = 230 V)

500 mV

Eingangsver-
stärker des ICs
Spannungs-
Tiefpässe
wandler
b1)

L1
(Ueff = 230 V)

500 mV

Eingangsver-
stärker des ICs
b2)

Abb. 11.88. Ankopplungsmöglichkeiten des Strom- und Spannungsmesskanals an


das Energieversorgungsnetz: a) Strommesskanal; b1) Spannungsmesskanal über
Wandler; b2) Spannungsmesskanal über ohmschen Spannungsteiler.
398 11 Digitale Messtechnik

11.10.3 Smart Meter für die Messung des Verbrauchs an


elektrischer Energie

Ein für den elektrischen Energieverbrauch bestimmtes Smart Meter besteht


aus einem eichfähigen elektronischen Verbrauchszähler zur Messung des elek-
trischen Energieverbrauchs in einem Haushalt oder einem Unternehmen.
Dabei wird mit Hilfe der oben beschriebenen elektronischen Leistungsmes-
ser der Energieverbrauch durch zeitliche Integration der momentanen elek-
trischen Wirkleistung bestimmt und abgespeichert. Die dabei typischerweise
verwendeten Zeitintervalle betragen 15 Minuten. Das heißt, dass jede Viertel-
stunde der Verbrauch an elektrischer Energie an der Messstelle elektronisch
protokolliert wird. Diese Daten werden über das Verbrauchsjahr summiert
und an den Energieverbraucher über einen sicheren Informationskanal, z. B.
GSM, übermittelt. Dem Verbraucher selbst ist aber der Energieverbrauch als
Funktion der Zeit (mit den 15-minütigen Abtastintervallen) zugänglich. Bei
Großverbrauchern (die Definition ist länderspezifisch, z. B. 6 000 kW/Jahr in
Deutschland) werden die gemessenen Energieverbrauchswerte in täglichen In-
tervallen an den Energielieferanten übermittelt.
Für den Einsatz von solch intelligenten Stromzählern sprechen verschiede-
ne Gründe:
1. Der Verbraucher kann seinen Energieverbrauch genau im Auge behalten
und gegebenenfalls im Hinblick auf eine Verbrauchsminderung selbst steu-
ernd eingreifen.
2. Es lassen sich tageszeit- bzw. in Zukunft auch lastabhängige Stromtarife
einführen, d. h die elektrische Energie kann preiswerter bezogen werden,
wenn Überschuss herrscht.
3. In fernerer Zukunft wird unter Umständen die lastabhängige Steuerung
des Stromnetzes oder Teilen davon (Inseln im Sinne der sog. Smart-
Grid-Technologie) notwendig, die mit Hilfe von Smart Metern gesche-
hen könnte. Die Smart Meter dienen dann als Beobachter (im Sinne von
Energieverbrauchs-Sensoren) für den aktuellen Vor-Ort-Energieverbrauch.
Künftig soll zwischen Messstellenbetreiber unterschieden werden. Das würde
bedeuten, dass der intelligente Stromzähler von einem separaten Unternehmen
installiert oder zumindest gewartet wird. Mit welcher Geschwindigkeit die
Umrüstung auf intelligente Stromzähler in Deutschland nun erfolgen wird, ist
derzeit schwer abschätzbar. In Österreich hingegen hat jeder Netzbetreiber
bis Ende 2019 dafür zu sorgen, dass 95 % der an sein Netz angeschlossenen
Zähler Smart Meter sind.

11.10.4 Leistungsmessungs-IC für HF-Anwendungen

Die bisher behandelten Leistungsmessungs-Schaltkreise sind bezüglich ihrer


höchsten Spektralkomponente, die sie verarbeiten können, auf den Energie-
versorgungsbereich beschränkt. In diesem Abschnitt sollen jedoch Schaltkreise
11.10 Elektronische Leistungsmesser 399

vorgestellt werden, welche die Leistungsmessung von Hochfrequenz-Signalen


gestatten. Stellvertretend für ähnliche kommerziell erhältliche Schaltkreise
wird hier der IC AD8362 der Fa. Analog Devices [7] behandelt. Dieser Schalt-
kreis erlaubt die wellenformunabhängige Leistungsmessung von elektrischen
Signalen in einem Frequenzbereich von 50 Hz bis 3,8 GHz. Der sehr ähnlich
aufgebaute Schaltkreis AD8363 [8] erweitert den messbaren Frequenzbereich
sogar bis 6 GHz. Die Dynamikbereiche umfassen 65 dB (AD8362) bzw. 50 dB
(AD8363). Dabei werden Absolutleistungen von – 65 dBm1 (AD8362) bzw.
– 50 dBm (AD8363) bis 0 dBm gemessen. Typische Anwendungen liegen im
Bereich Mobilkommunikation, wie z. B. den Mobilfunkstandards [7]
• GSM = Global System for Mobile Communication
• LTE = Long Term Evolution
• CDMA = Code Division Multiple Access
• W-CDMA = Wideband Code Division Multiple Access.
Abbildung 11.89 zeigt das vereinfachte Blockschaltbild des Schaltkreises. Das
Eingangssignal, das von einer massebezogenen Quelle mit 50 Ω-Innenwider-
stand stammt, wird einem Eingangsteiler bzw. Verstärker mit steuerbarer
Verstärkung zugeführt. Darauf folgt ein hochgenauer Quadrierer-Baustein.
Dessen Ausgangssignal wird verglichen mit dem eines zweiten (identisch auf-
gebauten) Quadrierer-Bausteins, der vom Eingangssignal VTGT (Gleichspan-
nung) gespeist wird. Die Differenz dieser Signale wird mit Hilfe des Ausgangs-
verstärkers verstärkt und gleichzeitig integriert bzw. tiefpassgefiltert. Die Zeit-
konstante wird dabei mit Hilfe des internen Kondensators CF bzw. der zusätz-
lichen, extern zuschaltbaren Kapazität CFext festgelegt.
Im hier ausschließlich betrachteten Leistungsmesser-Mode wird die Aus-
gangsspannung VOUT auf den Eingang VSET zurückgekoppelt (VOUT =
VSET). Das Ausgangssignal ist dann proportional zum rms-Wert (= Effek-
tivwert; rms steht für root mean square) am Eingang, gemessen in der Einheit
dBm (1 dBm = ( 50 mV). Der IC ist noch für weitere Betriebsmodi ausgelegt,
z. B. einem Mode, wo er als Leistungsregler arbeitet. Diese werden im entspre-
chenden Datenblatt [7] beschrieben.

1
Die Einheit dBm bezieht sich auf den logarithmischen Leistungspegel
P
Lp = 10 lg dBm .
1 mW
400 11 Digitale Messtechnik

Variable Gain
Amplifier Wide-Band-
Quadrierer
VSIG VATG
Messsignal-
Eingang VGA X2 Σ X2 VTGT
VIN
I SIG I TGT
Ausgangs-Verstärker
und Tiefpass-Filter

Ausgangs-
CF
Referenz- signal
signal VOUT
I diff
VSET
= I SIG - I TGT

Spannungsteiler
CFext zur Einstellung
evtl. der Verstärkung
zusätzliche (V=5)
externe
Kapazität
a)

INHI
X2 CLPF
INLO

Σ  VOUT

VTGT X2
ACOM

VSET

b)

Abb. 11.89. Leistungsmessungs-IC AD8362 [7] der Fa. Analog Devices a)


Vereinfachtes Schaltbild; b) Vereinfachtes Blockschaltbild mit offiziellen PIN-
Bezeichnungen des Herstellers
INHI, INLO: Differentieller Eingang; VIN = INHI – INLO
VSET: Setpoint-Eingang (VSET = VOUT) im Leistungsmesser-Mode
VTGT: Gleichspannungs-Eingang zur Festlegung der Empfindlichkeit
(mV/dBm) bzw. des verarbeitbaren Crest-Faktors
ACOM: Masse des Ausgangssignals
VOUT: Ausgangssignal
CLPF: Eingang für zusätzliche Kapazität des Integrierers
11.10 Elektronische Leistungsmesser 401

Die Differenz der Ausgangsströme ISIG und ITGT der beiden Quadrierer wird
mit Hilfe des integrierenden Ausgangsverstärkers und der äußeren Rückkopp-
lung des Schaltkreises im zeitlichen Mittel zu Null geregelt, so dass gilt

Idiff = ISIG − ITGT = 0 . (11.122)

Da die Quadrierer identisch sind, resultiert daraus die Forderung

VSIG 2 = VATG 2 , (11.123)

d. h.
VSIGeff = rms{VSIG } = VATGeff = rms{VATG } . (11.124)
Dies wird durch Einstellen eines entsprechenden Verstärkungsgrades des VGA
(Variable Gain Amplifier = Verstärker mit spannungsgesteuertem Verstär-
kungsgrad) erreicht. Dieser Verstärkungsgrad GSET ergibt sich aus der kon-
stanten Grundverstärkung G0 und dem Quotienten2 VSET /VGNS wie folgt

GSET = G0 e−VSET /VGNS . (11.125)

Dabei ist VGNS die Spannung, welche den (logarithmischen) Leistungsmaßstab


(in dB pro Volt) definiert, und VSET ist die Spannung am VSET-Eingang des
ICs. Die Spannung VSIG ergibt sich damit zu

VSIG = GSET · VIN = G0 · VIN · e−VSET /VGNS . (11.126)

Einsetzen in Gl. (11.123) liefert

(G0 · VIN · e−VSET /VGNS )2 = (VATG )2 (11.127)

bzw.
rms{G0 · VIN /VATG } = eVSET /VGNS (11.128)
und
VSET = VGNS · ln(rms{VIN }/VZ ) , (11.129)
wobei VZ folgendermaßen definiert ist
VATG
VZ = . (11.130)
G0
Die Spannung VATG ergibt sich aus der am VTGT-Eingang angelegten Gleich-
spannung und dem konstanten Verstärkungsgrad des entsprechenden Eingangs-
Verstärkers. Sie bestimmt letztlich die Empfindlichkeit. Im Leistungsmesser-
Mode (s. o.) gilt infolge der direkten Rückkopplung (s. o.)

VOUT = VSET . (11.131)


2
Die elektrischen Spannungen werden in diesem Abschnitt mit ’V ’ bezeichnet, um
zum Original-Datenblatt des ICs kompatibel zu bleiben.
402 11 Digitale Messtechnik

Daraus folgt
VOUT = VSLP · lg(rms{VIN }/VZ ) , (11.132)
wobei VSLP die sog. Slope-Spannung VSLP mit der Einheit mV/dB ist
VSLP = VGNS · ln(10) = 2, 303 · VGNS . (11.133)
Im IC wird mit Hilfe von Laser-Trimmung die Slope-Spannung auf den Wert
von 50 mV/dB abgeglichen. Abschließend soll noch einmal erwähnt werden,
dass die Leistungsmessung hier auf eine Spannungsmessung reduziert wird. Es
wird nämlich die Leistung unter der Annahme ermittelt, dass die Eingangs-
spannung, deren Effektivwert-Quadrat gemessen wird, an einer 50 Ω Impedanz
anliegt, d. h. der leistungsmäßige Bezugswert ist die 50 Ω Impedanz.

11.10.5 HF-Leistungsmessung mit kaskadiertem logarithmischem


Verstärker

Eine weitere Möglichkeit, Leistungen im HF-Bereich zu messen, besteht in


der Verwendung eines in Form einer Kaskade aufgebauten Verstärkers. Die
Kaskade besteht bei dem Analog IC AD8307 [6] aus 9 HF-Verstärkern, wel-
che ihr jeweiliges Eingangssignal um 14,3 dB verstärken (Abb. 11.90). Das
Ausgangssignal einer jeden Verstärkerstufe wird mit Hilfe einer Diode gleich-
gerichtet und einem Summationsnetzwerk zugeführt. Mit größer werdendem
Eingangssignal geht zunächst der in der Kaskade am weitesten hinten an-
geordnete Verstärker in die Sättigung. Steigt das Eingangssignal weiter an,
antworten die in der Verstärkerkette weiter vorn liegenden Stufen mit Sätti-
gung. Die gleichgerichteten Signale der einzelnen Stufen werden so aufsum-
miert, dass das Ausgangssignal in logarithmischer Form vom Eingangssignal

HF-Signal
Eingang
+14,3 dB

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Summationsnetzwerk

DC-Signal-Ausgang
(25 mV/dB)

Abb. 11.90. Prinzipschaltbild eines logarithmischen Verstärkers in Kaskadenform


[6]. Die Leistungsmessung erfolgt von DC bis f = 500 MHz. Die 9 Verstärkerstufen
haben jeweils +14,3 dB Verstärkung bei einer 3 dB-Eckfrequenz von 900 MHz. Es
wird eine Signalquelle mit 50 Ω Innenimpedanz vorausgesetzt.
11.10 Elektronische Leistungsmesser 403

abhängt. Dadurch ist eine (lineare) Anzeige in dB-Werten möglich. Der Dyna-
mikbereich umfasst – 75 dBm bis + 17 dBm, hat also einen Umfang von 92 dB
(50 Ω-Quelle vorausgesetzt). Der Frequenzbereich reicht von DC bis 500 MHz.
Die Empfindlichkeit beträgt 25 mV/dB.

11.10.6 HF-Leistungsmessung mittels thermoelektrischem


Wandler

Bei sehr hohen Frequenzen im Bereich oberhalb von 10 GHz sind Spannungs-
bzw. Strommessung kaum mehr möglich. Hier tritt die reine Leistungsmessung
an ihre Stelle. Diese wird dann im Allgemeinem mit Hilfe von thermischen
Leistungsmessern durchgeführt. Dabei wird die zu messende HF-Leistung in
einem geeigneten Widerstand in Folge des von ihr erzeugten Wärmestro-
mes in eine proportionale Temperatur umgesetzt. Die Temperatur wieder-
um wird mittels eines thermoelektrischen Wandlers, eines sog. Thermoele-
ments (s. Kap. 11.10.7), in ein proportionales elektrisches Signal umgewan-
delt (Abb. 11.91). Die neuesten Leistungssensoren der Fa. Rohde & Schwarz
beispielsweise erlauben auf diesem Weg hochgenaue Leistungsmessungen im
Mikrowellenbereich (bis f = 67 GHz) [157]. Die thermischen Leistungssen-
soren sind ab einer Leistung von 1 μW einsetzbar. Unter Zuhilfenahme von
kalibrierten Dämpfungsgliedern oder Richtkopplern kann der erfassbare Lei-
stungsbereich bis in den Megawatt-Bereich erweitert werden.

Abb. 11.91. Thermoelektrischer Leistungsmesser. Das Thermoelement (s.


Kap. 11.10.7) misst die Temperatur des Abschlusswiderstandes, in dem die zu mes-
sende Leistung umgesetzt wird. Als Referenz dient die Umgebungstemperatur.

Die Vorzüge der thermischen Leistungsmessung beruhen vor allem auf hoher
Messgenauigkeit. So werden HF-Signale ohne systematische Bewertungsfehler
in Wärme umgewandelt, unabhängig von der Kurvenform des Messsignals.
Bei modulierten Signalen gibt es keine prinzipiellen Linearitätsabweichungen.
Die Messdynamik liegt typischerweise zwischen 30 und 50 dB. Sie wird nach
unten durch die Empfindlichkeit des thermischen Sensors einerseits und die
Wärmeisolierung (gegenüber der Umgebung) andererseits begrenzt. Die maxi-
mal messbare Leistung hängt von der Temperaturbeständigkeit der Werkstoffe
sowie der Linearität des Sensors ab.
404 11 Digitale Messtechnik

Abb. 11.92. Leistungsmesskopf NRP-Z51 der Fa. Rohde & Schwarz (Maße:
L×B×H, 17 cm×4,8 cm×3,1 cm). Der Messkopf enthält einen thermoelektrischen
Umformer, der die in einer definierten Impedanz umgesetzte HF-Leistung in Wärme
und anschließend in eine äquivalente Signalspannung umsetzt (Foto: Rohde &
Schwarz GmbH & Co KG, München) [154].

Abbildung 11.92 und 11.93 zeigen den thermoelektrischen Leistungsmesskopf


NRP-Z51 (bis NRP-Z57) der Fa. Rohde & Schwarz.
Die wesentlichen Komponenten sind dabei einmal der Abschlusswider-
stand, in dem die HF-Leistung in Wärme umgewandelt wird, sowie das Ther-
moelement (s. Kap. 11.10.7), das aus einem Metall-Halbleiter-Kontakt be-
steht. Der Abschlusswiderstand wird in Dünnfilmtechnik hergestellt und be-
steht aus einer Tantalnitrid- oder aus einer Chrom-Schicht [155]. Die Empfind-
lichkeit des Messkopfes beträgt 200 μV/mW. Da bei dieser Messzelle der Ab-
schlusswiderstand und das Thermoelement galvanisch getrennt werden konn-
ten, erübrigt sich der sonst übliche Koppelkondensator, so dass mit einem
einzigen Messkopf der gesamte Frequenzbereich von DC bis zur oberen Grenz-
frequenz erfasst werden kann.
In der hier beschriebenen Messzelle nutzt man die relativ geringe Wärme-
leitfähigkeit von Silizium zum Erreichen einer hohen Wärmeisolation. Zum an-
deren ist die thermoelektrische Kraft des Metall-Halbleiter-Thermoelements
mit etwa 700 μV/K recht hoch. Ein weiterer Vorteil ist die geringe Wärmeka-
pazität des Sensors, was Ansprechzeiten im Millisekunden-Bereich ermöglicht.
Mit Hilfe einer Reihe von individuellen Messwertkorrekturen gelingt es, die
Messunsicherheit im Bereich von 0,04 dB (100 MHz) bis 0,25 dB (67 GHz) zu
halten [156].
11.10 Elektronische Leistungsmesser 405

(a) Innere Struktur

(b) Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme

Abb. 11.93. Thermoelektrische Messumformerzelle R&S NRP-Z51 (Foto und Ab-


bildung: Rohde & Schwarz GmbH & Co KG, München) [154]

11.10.7 Thermoelement (Seebeck-Effekt)

An der Berührungsstelle zweier unterschiedlicher Metalle A und B findet stets


ein Elektronenaustausch statt. Das Metall mit der geringeren Austrittsarbeit
(beispielsweise Metall A) gibt Elektronen ab und wird somit positiv geladen.
Nach Einstellung des Gleichgewichtzustandes zwischen den von A nach B dif-
fundierenden Elektronen und denen, die infolge des entstehenden elektrischen
Feldes E von B nach A bewegt werden, bildet sich an der Berührungsstel-
le eine Kontaktspannung U . Der entsprechende physikalische Effekt wird als
Seebeck-Effekt bezeichnet. Die Kontaktspannung kann folgendermaßen berech-
net werden [190].
406 11 Digitale Messtechnik

kT nA
U= ln = kAB T , (11.134)
e0 nB
mit  
k nA
kAB = · ln (11.135)
e0 nB
wobei k = 1, 381 · 10−23 Ws/K die Boltzmann-Konstante, T die absolute Tem-
peratur der Kontaktstelle, e0 = 1, 6 · 10−19 As die Elementarladung, nA und
nB die Anzahl der freien Elektronen pro Volumeneinheit der Metalle A und
B und kAB der für die Materialkombination A/B entsprechende Thermoko-
effizient sind. Um die einzelnen Koeffizienten kAB nicht für alle möglichen
Werkstoffkombinationen bestimmen zu müssen, wurde die Thermoelektrische
Spannungsreihe zusammengestellt. Diese beinhaltet die einzelnen Thermoko-
effizienten der verschiedenen Materialien bezogen auf Platin. Tabelle 11.15
enthält die Werte der Thermokoeffizienten für wichtige Werkstoffe.

Tabelle 11.15. Thermokoeffizienten wichtiger Metalle

Material X kX−Pt in mV/100K


Konstantan (CuNi) – 3,47 bis – 3,04
Nickel (Ni) – 1,9
Platin (Pt) 0
Kupfer (Cu) 0,7
Eisen (Fe) 1,9
Nickel-Chrom (NiCr) 2,2

Abbildung 11.94 zeigt schematisch ein komplettes Thermoelement einschließ-


lich seiner zwei Zuleitungen, die in diesem Fall aus Kupfer bestehen. Ent-
sprechend Gl. (11.134) entsteht an allen vier Kontaktstellen zwischen zwei

Abb. 11.94. Thermoelement mit vier Kontaktstellen (Tm : Messtemperatur; Tr :


Referenztemperatur)
11.10 Elektronische Leistungsmesser 407

verschiedenen Metallen eine Thermospannung ui . Zum praktischen Messen


liegen drei der Kontaktstellen auf der Referenztemperatur Tr und eine Kon-
taktstelle auf der Messtemperatur Tm .
Aus der Definitionsgleichung (Gl. (11.134)) kann die Beziehung zwischen
Thermokoeffizienten abgeleitet werden

kAC = kAB + kBC (11.136)

und
kAB = −kBA . (11.137)
Damit lassen sich die Thermospannungen ui in Abb. 11.94 gemäß Gl. (11.134)
berechnen

u1 = kCu−Fe Tr (11.138)
u2 = kFe−CuNi Tm (11.139)
u3 = kCuNi−Fe Tr (11.140)
u4 = kFe−Cu Tr . (11.141)

Die gesamte Thermospannung uth , die an den äußeren Klemmen (Abb. 11.94)
abgenommen werden kann, ergibt sich durch Überlagerung der vier Kontakt-
spannungen

uth = u1 + u2 + u3 + u4 (11.142)
uth = (kCu−Pt − kFe−Pt)Tr + (kFe−Pt − kCuNi−Pt )Tm
+(kCuNi−Pt − kFe−Pt )Tr + (kFe−Pt − kCu−Pt )Tr
= −kCuNi−Pt (Tm − Tr ) + kFe−Pt(Tm − Tr )
= (kFe−Pt − kCuNi−Pt )[Tm − Tr ] = kFe−CuNi [Tm − Tr ] . (11.143)

Die Thermospannung nach Gl. (11.143) ist also direkt proportional zur Tem-
peraturdifferenz (Tm −Tr ) zwischen Mess- und Referenzelement. Die Spannung
bei einer Temperaturdifferenz von Tm − Tr =1 K bezeichnet man als Thermo-
elektrische Kraft.
Mit dem Peltier-Effekt steht auch ein reziproker Effekt zum Seebeck-
Effekt zur Verfügung. Fließt durch eine Kontaktstelle verschiedener Metalle
elektrischer Strom, so wird eine Erwärmung bzw. eine Kühlung, je nach Strom-
richtung, festgestellt. Dieser Effekt wird in Peltier-Elementen zur Kühlung von
elektronischen Bauteilen oder für Kleinkühlschränke genutzt [190].

11.10.8 Bolometer

Abschließend sei noch erwähnt, dass die auf thermoelektrischen Wandlern


beruhenden Leistungsmesser weitgehend die älteren thermischen Leistungs-
messer, die mit Thermistoren arbeiten, abgelöst haben. Es handelt sich dabei
um die sog. Bolometer. Diese haben einen temperaturabhängigen Widerstand,
408 11 Digitale Messtechnik

den Thermistor, der mit Hilfe einer Wheatstoneschen Messbrücke (s. Kap. 9.3)
ausgewertet wird. Dabei wird der in einem Brückenzweig befindliche Thermi-
stor mit der zu messenden HF-Leistung gespeist. Andererseits wird in einem
Regelkreis genau soviel Gleichstromleistung zugeführt, dass die Messbrücke
abgeglichen ist. Die Messbereichsdynamik von Bolometern (30 dB) ist aller-
dings deutlich geringer als die von den anderen thermischen Leistungsmessern.

11.10.9 HF-Leistungsmessung mit Diodengleichrichter

Wenn eine sehr hohe zeitliche Auflösung gefordert wird, sind thermische Lei-
stungsmesser zu träge. Es kommen dann im Allgemeinen Leistungsmessköpfe
mit Diodengleichrichtern zum Einsatz. Diese erlauben obere Grenzfrequen-
zen von über 100 GHz. Hierbei richtet eine Halbleiterdiode (s. Kap. 4.1.2)
die an einem 50 Ω-Abschlusswiderstand anliegende HF-Spannung gleich (Abb.
11.95). Die Dioden des Doppelweg-Gleichrichters speisen dabei je einen Lade-
kondensator, der dadurch aufgeladen wird. Je nach Zeitkonstante, also Pro-
dukt aus Kapazitätswert des Ladekondensators und vorgeschalteten ohmschen
Widerstand (Diodengleichstromwiderstand in Verbindung mit externen Wi-
derständen) kann somit entweder die Hüllkurvenleistung oder die Spitzenlei-
stung PEP (Peak Envelope Power) gemessen werden.
Als Dioden kommen vor allem sog. Zero-Bias-Schottky-Dioden zur An-
wendung, welche im Gegensatz zu gewöhnlichen Schottky-Dioden keine DC-
Vorspannung brauchen [29]. Ansonsten zeichnen sich diese Dioden durch eine
geringe Sperrschichtkapazität und geringes Eigenrauschen aus. Die mit solchen
Dioden ausgestatteten Leistungsmessköpfe erschließen den Leistungsbereich
zwischen 100 pW und 100 mW. Gegenüber thermischen Leistungsmessern wei-
sen sie im oberen Leistungsbereich höhere Messunsicherheiten auf, sind dafür
aber schneller (höhere Messgeschwindigkeit) bzw. erlauben höhere Frequen-
zen (über 100 GHz). Der Leistungsbereich ist nach unten (ca. 100 pW) durch
Rauschen und Nullpunktdrift begrenzt. Im unteren Leistungsbereich arbeiten
sie im quadratischen Bereich der Diodenkennlinie, d. h. ihr Ausgangssignal
entspricht dem echten Effektivwert und Oberwellen werden leistungskorrekt

Messsignal-
Eingang RTP
Ua

50 Ω
Abschluss-
Widerstand CL CL C
1 2 TP

Abb. 11.95. Prinzipschaltbild eines Leistungsmesskopfes mit Doppelweg-Dioden-


Gleichrichtung. CL1 und CL2 sind die Ladekondensatoren. Ua ist die Gleichspannung
am Ausgang, die je nach Zeitkonstante der Hüllkurvenleistung oder der Spitzenlei-
stung des HF-Signals entspricht. RTP und CTP bilden einen Tiefpass zur Entkopp-
lung.
11.10 Elektronische Leistungsmesser 409

behandelt, und im Falle von Hüllkurvenmodulation wird die mittlere Leistung


angezeigt. Die abgegebene Gleichspannung ist proportional zur Leistung (typ.
1 mV/μW). Bei Ausgangsspannungen zwischen 10 mV und einigen Volt zeigt
der Diodensensor stärkere Nichtlinearitäten, die durch entsprechende Korrek-
turen bzw. Kalibriermaßnahmen auszugleichen sind.

Schottky-Diode

Im Gegensatz zur Standard-Halbleiterdiode (pn-Diode), die aus einer p- und


einer n-leitenden Silizium-Schicht besteht, setzt sich die sog. Schottky-Diode
aus einer Metallschicht und einer n-leitenden Siliziumschicht zusammen. Die-
se Diode wurde von dem Physiker Walter Schottky im Jahre 1938 vorgestellt.
Im Englischen wird sie als Hot Carrier Diode bezeichnet. Die für das elemen-
tare Funktionieren dieser Diode notwendige Sperrschicht (auch als Schottky-
Sperrschicht bezeichnet) entsteht an der Grenze zwischen Silizium und Metall.
Aus dem n-Silizium können die Elektronen leichter in die Metallschicht dif-
fundieren als die Elektronen des Metalls in das Silizium eindringen können.
Infolge dieser Ladungsträgerdiffusion bildet sich eine Raumladungszone an
der Grenze zwischen Metall und n-Silizium, die sog. Sperrschicht, und es baut
sich ein entsprechendes elektrisches Feld auf, das die Ladungsträgerdiffusion
begrenzt. Bei Polung in Durchlassrichtung wird diese Raumladungszone ab-
gebaut, während sie sich in Sperrrichtung (Pluspol ist mit n-Si und Minuspol
mit Metall verbunden) weiter ausdehnt. Beim Betrieb in Durchlassrichtung
können die Elektronen somit ungehindert vom n-Silizium in das Metall fließen.
Unter dem Aspekt der Anwendung besteht der wesentliche Unterschied
zwischen normalen pn-Halbleiterdioden und den Schottky-Dioden darin, dass
Schottky-Dioden vergleichsweise sehr geringe Sättigungskapazitäten aufwei-
sen. Dies begründet sich damit, dass im Gegensatz zur pn-Halbleiterdiode
keine Minoritätsladungsträger auftreten. Dadurch kann das Umschalten vom
Durchlasszustand in den Sperrzustand und auch umgekehrt sehr schnell
erfolgen. Infolgedessen eignen sich die Schottky-Dioden für sehr schnelle
Schaltvorgänge, wie sie bei Hochfrequenzanwendungen vorkommen. Schottky-
Dioden weisen eine niedrigere Schwellenspannung auf (ca. 0,4 V) als pn-Dioden
(ca. 0,7 V) (s. auch Abb. 6.27). Als Nachteil von Schottky-Dioden sind aller-
dings ihre im Vergleich zu pn-Dioden höheren Leckströme zu nennen.
12
Die Messung von Frequenz und Zeit

In der modernen Messtechnik werden in zunehmendem Maße die Zeit und Fre-
quenz als informationstragende Parameter genutzt. Einer der Hauptvorzüge
dieser Codierungsart liegt in der sehr hohen Genauigkeit, mit der Zeitinter-
valle und Frequenzen gemessen werden können. Ein weiterer Vorteil besteht
darin, dass sich die im Allgemeinen in analoger Form vorliegenden Messsi-
gnale auf einfache Weise mit Hilfe von Zählerschaltungen digitalisieren lassen.
Zeit- und Frequenzmessungen sind eng miteinander verknüpft, da beide mit
Hilfe von Zählern durchgeführt werden. Man kann erreichen, dass der Messfeh-
ler bei der Zeit- bzw. Frequenzmessung im Wesentlichen auf die Ungenauig-
keit der eingesetzten Zeitbasis beschränkt bleibt, deren Genauigkeit wieder-
um von dem dort verwendeten frequenzbestimmenden Element definiert wird.
Dieses Frequenznormal basiert standardmäßig auf einem Schwingquarz, der
zur Erhöhung der Genauigkeit temperaturstabilisiert betrieben werden kann.
Selbst mit einfachen nicht temperaturstabilisierten Uhrenquarzen sind relative
Frequenzfehler von weniger als 10−5 möglich. Durch geeignete Temperaturre-
gelungen lassen sich die relativen Fehler bezüglich der Temperaturdrift sogar
noch um drei bis vier Größenordnungen reduzieren. Präzisionsfrequenzzähler
hingegen enthalten Rubidium-Elemente, die Genauigkeiten im Bereich 10−10
bis 10−11 ermöglichen. In speziell eingerichteten Laboratorien, wie z. B. der
Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig, werden bei
der Zeitmessung sogar Genauigkeiten von 5 · 10−15 erzielt [17].
Wenn zeitlich äquidistante Impulse (Pulsfolgefrequenz f ) eines Signals in
einem Zähler während eines Zeitintervalls T summiert werden (Abb. 12.1),
ergibt sich der Zählerstand NX aus dem Produkt dieser beiden Größen
NX = f T . (12.1)
Bei der Zeitmessung wird die Anzahl NX der Impulse eines frequenzstabilen
Referenzsignals mit der Taktfrequenz fref mit Hilfe eines Zählers während der
zu messenden Zeit TX gezählt. Damit berechnet sich die Zeit TX zu
NX
TX = . (12.2)
fref

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_12
412 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

Abb. 12.1. a) Prinzipschaltbild der digitalen Zeit- bzw. Frequenzmessung, b) Zeit-


diagramm

Bei der Frequenzmessung hingegen werden die während der Referenzzeit Tref
(Torzeit) einlaufenden Impulse des Messsignals gezählt. Aus dem Zählerstand
NX und der mit hoher Genauigkeit vorgegebenen Torzeit Tref kann die Fre-
quenz fX bestimmt werden
NX
fX = . (12.3)
Tref

12.1 Mechanische Frequenzmessung


Zur Messung der Netzfrequenz mit Hilfe mechanischer Messwerke befinden
sich teilweise noch die zur Kategorie der Vibrationsmesswerke zählenden Zun-
genfrequenzmesser im Einsatz. Diese Messwerke besitzen bewegliche Kompo-
nenten, die infolge elektromagnetischer Anregung in resonante Schwingungen
versetzt werden. Nennenswerte Auslenkungen treten nur bei der jeweiligen
(mechanischen) Resonanzfrequenz der Zungen auf. Beim Zungenfrequenzmes-
ser ist vor den Polschuhen eines Elektromagneten ein Kamm aus weichmagne-
tischen Stahlzungen angeordnet, welche sich in bezug auf ihre Resonanzfre-
quenz unterscheiden (Abb. 12.2). Diese Messwerke dienen der Überwachung
eines schmalen Frequenzbandes, typischerweise 47 - 53 Hz bzw. 46 - 54 Hz, in
dem die Netzversorgungsspannung liegt. Die Frequenzunterschiede der einzel-
nen Zungen liegen bei 0,5 Hz. Daneben gibt es auch Ausführungsformen für
andere Frequenzbereiche, z. B. 10 Hz - 2 kHz.
12.2 Digitale Frequenzmessung 413

Abb. 12.2. Aufbau eines Zungenfrequenzmessers [174]

12.2 Digitale Frequenzmessung


Bei der digitalen Frequenzmessung wird das Messsignal zunächst in einem als
Impulsformer dienenden Schmitt-Trigger in eine Folge von Rechteckpulsen
gewandelt. Diese Pulse werden während einer definierten Messzeit Tref , die
durch einen Referenztakt, einen Frequenzteiler mit Teilerverhältnis Nref so-
wie ein Toggle-Flip-Flop vorgegeben wird, von einem Vorwärtszähler zu einem
Zählerstand NX summiert. Die prinzipielle Schaltung zur digitalen Frequenz-
messung wird in Abb. 12.3 gezeigt. Die zu messende Frequenz fX ergibt sich
zu
NX fref
fX = = NX . (12.4)
Tref Nref
Der Zähler muss zu Beginn jeder neuen Messperiode zurückgesetzt werden. Es
sei darauf hingewiesen, dass dieser Rücksetzvorgang von der in Abb. 12.3 ge-
zeigten Prinzipschaltung noch nicht automatisch vorgenommen wird. Soll das
Verhältnis zweier Frequenzen gebildet werden, so ist dies mit Hilfe einer leicht
modifizierten Schaltung (Abb. 12.4) ebenfalls möglich. Analog zur einfachen
digitalen Frequenzmessung kann das Frequenzverhältnis abgeleitet werden.
Dazu ist in Gl. (12.4) fX durch f1 /N1 und Tref durch N2 /f2 zu ersetzen

Abb. 12.3. Digitale Frequenzmessung


414 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

f1 N1
= NX . (12.5)
f2 N2

Abb. 12.4. Messung eines Frequenzverhältnisses

12.3 Digitale Zeitmessung


12.3.1 Zeitintervallmessung (Zeitdifferenzmessung)

Bei der digitalen Zeitintervallmessung werden die von einem Taktsignal mit
bekannter Referenzfrequenz während der zu messenden Zeit TX in einen Zähler
einlaufenden Impulse gezählt (Abb. 12.5). Der konstante Referenztakt wird
von einem Rechteckoszillator geliefert, der sich durch hohe Frequenzstabi-
lität auszeichnet. Seine Pulse werden gezählt, solange der zweite Eingang des
UND-Gatters auf  1 liegt. Dieses zweite Eingangssignal entspricht dem Aus-
gangssignal eines RS-Flip-Flops, dessen Setzen und Rücksetzen mit der jeweils
ansteigenden Flanke des Start- bzw. Stopsignals erfolgt. Wird das RS-Flip-
Flop zurückgesetzt, sperrt das Gatter und der Zähler wird gestoppt. Aus dem
Zählerstand NX und der bekannten Referenzfrequenz fref kann das Zeitinter-
vall TX gemäß
1
TX = NX (12.6)
fref
ermittelt werden.
Für den Fall, dass Start- und Stop-Signal auf ein und derselben Leitung
einander folgen, wird anstatt des RS-Flip-Flops ein T-Flip-Flop eingesetzt
(Abb. 12.6). Infolge eines anfänglichen Resetsignals erscheint am Eingang des
ersten T-Flip-Flops ein  1 -Signal. Daraufhin wird mit der nächsten anstei-
genden Flanke des Messsignals (Start-Marke) der Ausgang des ersten T-Flip-
Flops auf  1 gesetzt und bewirkt damit über das UND-Gatter das Durchschal-
ten des Referenztaktsignals auf den Zähler. Die nächste ansteigende Flanke
des Messsignals (Stop-Marke) stoppt den Zählvorgang durch Rücksetzen des
ersten T-Flip-Flops und das damit einhergehende Sperren des UND-Gatters.
12.3 Digitale Zeitmessung 415

Abb. 12.5. Digitale Zeitintervallmessung mit getrennten Start-/Stop-


Signalleitungen: a) Prinzipschaltbild, b) Zeitdiagramm

Das gleichzeitige Rücksetzen von T1 = Q2 = 1 auf T1 = Q2 = 0 bewirkt, dass


das erste T-Flip-Flop bis zum nächsten Resetimpuls verriegelt wird und nur
noch Speicherwirkung hat, woraufhin die Schaltung auf keine weiteren Start-
bzw. Stopimpulse mehr reagiert.
Aus Genauigkeitsgründen sollte die Taktfrequenz möglichst hoch liegen,
da die unweigerlich vorhandene Unsicherheit des Zählerstandes bei ±1 liegt.
Dieser sog. Quantisierungsfehler ist stets vorhanden, weil die Phasenlage zwi-
schen Takt und den Intervallgrenzen des Zeitintervalls TX i.allg. nicht kohärent
ist, was zu einer absoluten Messzeitunsicherheit ΔTX führt. Der daraus resul-

Abb. 12.6. Digitale Zeitintervallmessung mit gemeinsamer Start-/Stop-


Signalleitung
416 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

tierende relative Messfehler beträgt


   
 ΔTX   ±1  1 1
 = 
 TX   NX  = NX = fref TX . (12.7)

Gleichung (12.7) sagt aus, dass der Fehler umso kleiner wird, je höher die
Taktfrequenz fref und je länger das Zeitintervall TX ist.
Bei der Messung kleinerer Zeitintervalle werden daher oft sog. Zeitexpan-
der eingesetzt. Ein Zeitexpander führt analog zu einem Frequenzteiler eine
Zeittransformation durch, d. h. ein kurzes Zeitintervall wird in ein länge-
res überführt. Beim Schwebungsfrequenz-Zeitexpander werden zwei phasen-
starr verbundene Rechteckoszillatoren G1 und G2 mit den Pulsfolgefrequenzen
f1 = 1/T1 und f2 = 1/T2 vom Start- bzw. vom Stop-Signal des zu messenden
Zeitintervalls TX gestartet (Abb. 12.7). Dabei wird vorausgesetzt, dass das
Zeitintervall TX kürzer ist als die Periodendauer T1 . Da die Pulsfolgefrequenz
f2 geringfügig größer ist als f1 , wird nach einer Zeit TKoinzidenz erstmalig die
Phasenkoinzidenz der beiden Oszillatoren erreicht sein. Wenn man von Run-
dungsfehlern absieht, kann die Koinzidenzzeit TKoinzidenz wie folgt berechnet
werden
TKoinzidenz = TX + NX T2 = NX T1 . (12.8)

Abb. 12.7. Zeitdiagramm eines Schwebungsfrequenz-Zeitexpanders (Rundungsfeh-


ler außer acht gelassen)

Das zu messende Zeitintervall TX und das Zeitexpansions-Verhältnis dt erge-


ben sich zu

TX = NX (T1 − T2 ) (12.9)
TKoinzidenz T1
dt = = . (12.10)
TX T1 − T2
Abbildung 12.8 zeigt eine entsprechende Schaltung mit den dazugehörigen
12.3 Digitale Zeitmessung 417

Signalverläufen. Nach einem anfänglichen Resetsignal ist die Schaltung vor-


bereitet, die Start- und Stop-Marke des zu messenden Zeitsignals TX in Form
einer ansteigenden bzw. abfallenden Flanke eines Rechteckpulses über die Lei-
tung uE zu empfangen. Das T1 -Flip-Flop startet daraufhin den Generator G1 ,
während das T2 -Flip-Flop nach Ablauf des Zeitintervalls TX den Generator G2
in Gang setzt. Der Schaltung kommt nun noch die wesentliche Aufgabe zu, zu
erkennen, wann die erste ansteigende Taktflanke des G2 -Signals (geringfügig)
früher eintrifft als die korrespondierende Flanke des G1 -Signals. Dann nämlich

Abb. 12.8. Schwebungsfrequenz-Zeitexpander: a) Prinzipschaltung, b) Signal-


verläufe
418 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

ist der Zähler, der die G1 -Pulse zählt, zu stoppen und der Zählerstand zur
Auswertung nach Gl. (12.9) heranzuziehen. Schaltungstechnisch wird dies
durch die Rückkopplung der Q3 - und Q4 -Ausgänge erreicht. Dadurch kann
das T4 -Flip-Flop erstmals kippen (dazu muss T4 = 1 sein und gleichzeitig
eine positive Taktflanke am Takteingang anliegen), wenn die ansteigende G2 -
Taktflanke früher eintrifft als die korrespondierende des G1 -Signals. Dies wird
möglich, da diese (korrespondierende) G1 -Taktflanke jedesmal das T3 -Flip-
Flop auf Q3 = 1 bzw. Q3 = 0 schaltet, sodass das T4 -Flip-Flop wegen T4 = 0
gegen ein Umschalten verriegelt wird. Erst bei einem früheren Eintreffen fin-
det die ansteigende G2 -Flanke ein mit T4 = 1 umschaltbares T4 -Flip-Flop vor.
Durch diesen Schaltvorgang wird der Zähler über das UND-Gatter an seinem
Eingang gestoppt. Gleichzeitig kann anhand des Q4 -Signals erkannt werden,
wann die Messung zu Ende ist.

12.3.2 Periodendauermessung

Bei der Periodendauermessung wird das Messsignal uE (t) von einem Schmitt-
Trigger zunächst in ein Rechtecksignal mit derselben Periodendauer umge-
formt. Die beiden T-Flip-Flops der in Abb. 12.9 gezeigten Schaltung bewir-
ken, dass bei einer ansteigenden Flanke der Signalspannung uSt das Q1 -Signal
auf  1 geht, wenn vorher beide Flip-Flops zurückgesetzt waren. Über das am
UND-Gatter anliegende Q1 -Signal (Q1 = 1) wird der Zähler dadurch für ge-
nau eine Periode der Dauer TX geöffnet (Abb. 12.9b). Aus dem während dieser

Abb. 12.9. Periodendauermessung: a) Prinzipschaltbild, b) Zeitdiagramm


12.4 Digitale Phasenwinkelmessung 419

Periode erhaltenen Zählerstand NX kann die zu messende Periodendauer TX


ermittelt werden
NX
TX = . (12.11)
fref
Nach Ablauf dieser Periode wird das T1 -Flip-Flop über das Q2 -Signal (Q2 = 0)
für weitere Messungen gesperrt, bis die beiden T-Flip-Flops über ein gemein-
sames Resetsignal wieder zurückgesetzt werden.

12.4 Digitale Phasenwinkelmessung

Bei der digitalen Phasenwinkelmessung soll die Phasenwinkeldifferenz ϕX zwi-


schen zwei Sinusspannungen u1 (t) und u2 (t) derselben Frequenz

Abb. 12.10. Digitale Phasenwinkelmessung: a) Prinzipschaltbild, b) Zeitdiagramm


420 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

u1 (t) = û1 sin ωt (12.12)


u2 (t) = û2 sin(ωt + ϕX ) (12.13)
bestimmt werden. Eine solche Phasendifferenzmessung kann auf die Messung
der Zeitdifferenz
ϕX
TX = , (12.14)
ω
die zwischen zwei gleichsinnigen Nulldurchgängen der beiden Sinusspannun-
gen vergeht, zurückgeführt werden. Die Zeitdifferenz TX kann mit Hilfe der in
Abb. 12.10a gezeigten Schaltung gemessen werden. Abbildung 12.10b soll die
prinzipielle Funktionsweise anhand der Signalverläufe erläutern. Der Phasen-
winkel ϕX ergibt sich aus dem Zählerstand NX und der Kreisfrequenz ω des
Eingangssignals
1
ϕX = ωTX = ω NX . (12.15)
fref

12.5 Rechnender Zähler


Rechnende Zähler enthalten zwei Zählwerke, welche die Pulse vom Referenz-
taktsignal und Messsignal getrennt zählen (Abb. 12.11). Die Steuerfunktion
sowie die numerische Auswertung übernimmt ein Mikrocomputer. Der rech-
nende Zähler misst Frequenz und Periodendauer auf die gleiche Weise, wobei
bei beiden Messungen die Eingangsimpulse und die Pulse des Referenztaktsi-
gnals gezählt werden. Anschließend wird die Frequenz fX des Messsignals aus
dem Quotienten der beiden Zählerstände NX und NY berechnet
NX
fX = fref . (12.16)
NY
Der Kehrwert 1/fX entspricht der Periodendauer des Eingangssignals. Wenn
die Messung mit dem Messsignal uE synchronisiert wird, bezeichnet man die
Messung als eingangssynchronisierte oder reziproke Messung; erfolgt die Syn-
chronisierung hingegen mit dem Referenztakt der Zeitbasis, spricht man von
taktpulssynchronisierter oder konventioneller Messung.

Abb. 12.11. Rechnender Zähler


12.7 Frequenz-Spannungs-Umsetzer (f/U-Umsetzer) 421

12.6 Zeit-Spannungs-Umsetzer (t/U-Umsetzer)


Wenn die Impulsdauer der Informationsträger eines Messsignals ist (Pulsdau-
ermodulation, Kap. 1.6), kann der Messwert mit Hilfe eines Zeit-Spannungs-
Umsetzers (t/U-Umsetzer), der im einfachsten Fall aus einem RC-Tiefpass
besteht, in eine analoge Spannung zurückgewandelt werden. Wenn nämlich
das pulsdauermodulierte Signal uE (Rechteckpulsfolge mit konstanter Takt-
frequenz 1/T0 und konstanter Amplitude U0 ) einem RC-Tiefpass zugeführt
wird, kann an dessen Ausgang eine Spannung abgegriffen werden, deren zeit-
licher Mittelwert ūA proportional der Pulslänge TX ist (Abb. 12.12)
 T0  TX
1 1 TX
ūA = ūE = uE (t) dt = U0 dt = U0 . (12.17)
T0 0 T0 0 T0
Bezüglich der Zeitkonstanten des RC-Gliedes ist ein Kompromiss zu schließen
zwischen dem Auflösungsvermögen, das von der Restwelligkeit begrenzt wird,
und der Anzeigegeschwindigkeit, d. h. der Trägheit beim Einstellen auf neue
Messwerte.

Abb. 12.12. RC-Tiefpass als einfacher Zeit-Spannungs-Umsetzer

12.7 Frequenz-Spannungs-Umsetzer (f/U-Umsetzer)


Wenn die Frequenz der Informationsträger des Messsignals ist (Frequenzmo-
dulation, Kap. 1.6), wird zur analogen Weiterverarbeitung der Messwerte eine
Frequenz-Spannungs-Umsetzung notwendig. Zur Analoganzeige drehzahlpro-
portionaler Frequenzsignale wird beispielsweise oft ein mittelwertbildender
Frequenz-Spannungs-Umsetzer (f/U-Umsetzer) eingesetzt (Abb. 12.13). Nach
eventueller Pulsformung durch einen Schmitt-Trigger wird auf die Eingangs-
flanke eines jeden Pulses hin ein Rechteckpuls definierter zeitlicher Länge T0
und Amplitude U0 erzeugt. Dies geschieht mit Hilfe einer monostabilen Kipp-
stufe (Kap. 11.4). Der zeitliche Mittelwert der Ausgangsspannung uA ist pro-
portional der momentanen Puls-Frequenz fX der Eingangsspannung uE
 TX  T0
1 1
ūA = uAM (t) dt = U0 dt = U0 T0 fX . (12.18)
TX 0 TX 0
422 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

Die zeitliche Mittelwertbildung erfolgt wiederum mit Hilfe eines RC-Tiefpas-


ses. Abbildung 12.13 zeigt das entsprechende Blockschaltbild der Gesamt-
schaltung, bestehend aus Impulsformer (Schmitt-Trigger), monostabiler Kipp-
stufe (Monoflop) und RC-Tiefpass, sowie den Spannungsverlauf uAM (t) für
verschiedene Zeitverläufe der Eingangsspannung uE . Ein solcher Frequenz-
Spannungs-Umsetzer wird in der Messtechnik auch oft als Zählratenmesser
verwendet. Die Welligkeit der Ausgangsspannung kann bei geringen Zählraten
bzw. kleiner Zeitkonstante sehr ausgeprägt sein. Die Zeitkonstante lässt sich
allerdings nicht beliebig erhöhen, da sich die Schaltung sonst unter Umständen
nicht mehr schnell genug auf die aktuelle Zählrate einstellen kann.

Abb. 12.13. Frequenz-Spannungs-Umsetzer: a) Prinzipschaltbild, b) Signalverläufe


für zwei verschiedene Eingangsspannungen

12.8 Oszillatoren

12.8.1 Grundlagen

Unter dem Begriff Oszillator versteht man in der Elektrotechnik eine Schal-
tung, die der Erzeugung ungedämpfter Schwingungen mit definierter Frequenz
und konstanter Amplitude dient. Der Schwingungserzeuger (Oszillator) er-
scheint dabei in einem elektrischen Netzwerk als ein aus aktiven und passi-
ven Bauelementen bestehender Zwei- oder Vierpol. Der Begriff Oszillator ist
aber nicht auf das Gebiet der Elektrotechnik beschränkt. So bezeichnet ein
Oszillator allgemein ein schwingendes Gebilde, wie z. B. das einfache Masse-
Feder-System, welches einen typischen mechanischen Oszillator repräsentiert.
Man unterscheidet zwischen harmonischen Oszillatoren und Relaxationsoszil-
latoren. Harmonische Oszillatoren erzeugen Schwingungen mit harmonischem
12.8 Oszillatoren 423

(sinusförmigem) Zeitverlauf, während die Relaxationsoszillatoren zur Gene-


rierung von Schwingungen mit nicht-sinusförmigem Zeitverlauf, z. B. Recht-
eckspannungen, herangezogen werden.
Zur Erzeugung harmonischer Schwingungen ist eine Rückstellkraft erfor-
derlich, die proportional mit der Auslenkung (Schwingungsgröße) zunimmt.
Beim mechanischen Masse-Feder-Oszillator ergibt sich diese Rückstellkraft
aus dem Hookeschen Gesetz
F = cx . (12.19)
Dabei bezeichnen F die mechanische Kraft, die stets zur Gleichgewichtslage
hin gerichtet ist, c die Federkonstante und x die Auslenkung. In Verbindung
mit dem Newtonschen Gesetz ergibt sich die Schwingungsdifferentialgleichung
für das Masse-Feder-System wie folgt

d2 x
m + cx = 0 . (12.20)
dt2
Dabei bezeichnen m die Masse des Schwingers und t die Zeitvariable. Die
Lösung von Gl. (12.20) liefert die harmonische Schwingung in Form einer
zeitlich sinusförmigen Auslenkung

x(t) = X̂ sin(ω0 t + ϕ) (12.21)

mit den Konstanten X̂ und ϕ sowie der Schwingkreisfrequenz ω0 (Resonanz-


kreisfrequenz) 
c
ω0 = . (12.22)
m
Analog dazu ergibt sich folgende Differentialgleichung für den elektrischen
LC-Schwingkreis (Parallelkreis)

d2 u 1
C + u=0. (12.23)
dt2 L
In Gl. (12.23) bezeichnen C die Kapazität, L die Induktivität und u die Span-
nung an den beiden (parallelgeschalteten) Elementen. Die Lösung ergibt sich
analog zu Gl. (12.21)
u(t) = Û sin(ω0 t + ϕu ) (12.24)
mit
1
ω0 = √ . (12.25)
LC
Harmonische Oszillatoren werden oft auch direkt als Sinusgeneratoren be-
zeichnet.
Im Gegensatz zu den harmonischen Oszillatoren dienen die Relaxations-
oszillatoren der Erzeugung periodischer Signale mit nicht-sinusförmigem Ver-
lauf, insbesondere werden sie zum Generieren von periodischen Rechteck- und
Dreiecksignalen herangezogen. Die Schaltungen von Relaxationsoszillatoren
424 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

besitzen als zentrale Komponente einen Komparator mit Hysterese, der im


gleichmäßigen zeitlichen Wechsel seine beiden Ausgangsspannungszustände
+UAmax bzw. −UAmax annimmt und damit eine periodische Rechteckspan-
nung erzeugt (Kap. 12.8.4).

12.8.2 Harmonische Oszillatoren

Harmonische Oszillatoren bestehen aus einem Verstärker mit der komple-


xen Übertragungsfunktion V (ω) und einer Rückkopplungsschleife (Mitkopp-
lung) mit der komplexen Übertragungsfunktion K(ω) (Abb. 12.14). Die Ge-
samtübertragungsfunktion des rückgekoppelten Systems lautet
UA V
= . (12.26)
UE 1−V ·K

Abb. 12.14. Prinzip einer harmonischen Oszillatoranordnung

Die Schwingbedingung ist erfüllt, wenn sich für ein verschwindendes Eingangs-
signal (U E → 0) eine harmonische Ausgangsspannung U A mit konstanter
Amplitude einstellt. Die Schwingbedingung ergibt sich aus der Polstelle der
Gesamtübertragungsfunktion nach Gl. (12.26)

V ·K =1. (12.27)

Wenn man Gl. (12.27) nach Betrag und Phase aufspaltet, ergeben sich zwei
Bedingungen, nämlich die Amplitudenbedingung

| V |= | K |−1 (12.28)

und die Phasenbedingung


ϕV + ϕK = 2πk , (12.29)
wobei k eine ganze Zahl ist. Als Beispiel für einen typischen Vertreter ei-
nes harmonischen Oszillators wird im folgenden Abschnitt der LC-Oszillator
besprochen.
12.8 Oszillatoren 425

12.8.3 LC-Oszillator

Abbildung 12.15 zeigt einen mit einem Operationsverstärker aufgebauten


LC-Oszillator, der im eingeschwungenen Zustand eine sinusförmige Ausgangs-
spannung mit konstanter Frequenz und Amplitude liefert. Im Weiteren wird
ein idealer Operationsverstärker mit verschwindender Eingangsdifferenzspan-
nung (uD = 0) angenommen. Der Oszillator besteht also aus einem Elektro-
meterverstärker mit der reellen Verstärkung V = V
UA
V = , (12.30)
UC
die sich aus dem Verhältnis der beiden Widerstände R2 und R3 des Ausgangs-
spannungsteilers ergibt
R2 + R3
V = . (12.31)
R3

Abb. 12.15. Operationsverstärker-Schaltung eines LC-Oszillators

Andererseits bilden der LC-Parallelschwingkreis, dessen Zweipol-Impedanz


mit Z LC bezeichnet werden soll, und der ohmsche Widerstand R1 einen Span-
nungsteiler, welcher die Übertragungsfunktion K des Rückkoppel-Netzwerkes
definiert
UC Z LC 1
K= = =
UA Z LC + R1 1 + ZR1
LC

1
= R1 (1−ω 2 LC)
. (12.32)
1+ jωL

Entsprechend der Schwingbedingung V · K = 1 nach Gl. (12.27) folgt aus


Gl. (12.32)
R2 + R3 1
R (1−ω 2 =1. (12.33)
R3 1 0 LC)
1+ jω0 L

Gleichung (12.33) ist erfüllt, wenn der Realteil des Ausdruckes auf der linken
Seite gleich Eins wird und der Imaginärteil verschwindet.
426 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

Daraus folgt
R2 + R3
=V =1 (12.34)
R3
und die Resonanzkreisfrequenz ω0 des Oszillators
1
ω0 = √ . (12.35)
LC
Wenn also der Widerstand R2 zur Erfüllung von Gl. (12.34) R2 = 0 gewählt
wird, stellt sich eine stabile harmonische Schwingung mit konstanter Ampli-
tude ein. Die Frequenz f0 (Resonanzfrequenz) dieser Spannung beträgt gemäß
Gl. (12.35)
1 1 1
f0 = ω0 = √ . (12.36)
2π 2π LC
Die diese Schwingung beschreibende allgemeine (d. h. die Schwingbedingung
muss nicht erfüllt sein) Differentialgleichung erhält man, wenn man die Kno-
tengleichung am nicht-invertierenden Eingang des Operationsverstärkers auf-
stellt, d. h. es müssen die drei in den Knoten einfließenden Teilströme von
Kondensator C, Spule L und Widerstand R1 in Summe Null ergeben. Damit
erhält man die folgende Differentialgleichung
  t 
uA (t) − uC (t) duC (t) 1  
−C − uC (t ) dt − iL (t0 ) = 0 . (12.37)
R1 dt L t0

Mit dem (reellen) Verstärkungsgrad


uA (t)
V = (12.38)
uC (t)
folgt aus Gl. (12.37) nach Differentiation

d2 uC 1 − V duC 1
+ · + · uC = 0 . (12.39)
dt2 R1 C dt LC
Der für den Oszillatorbetrieb relevante Fall α2 < ω02 führt zu folgender Lösung
der Differentialgleichung


uC (t) = Û e−αt sin ω02 − α2 · t + ϕuC , (12.40)

wobei gilt
1−V
α= . (12.41)
2R1 C
Demnach hat man die folgenden drei Fälle zu unterscheiden:
1. V < 1, d. h. α > 0
Die Amplitude der Ausgangsspannung nimmt exponentiell mit der Zeit
ab, d. h. die Schwingung ist gedämpft.
12.8 Oszillatoren 427

2. V = 1, d. h. α = 0
Dies ist der bereits oben behandelte Fall einer Sinusschwingung mit kon-
stanter Amplitude und der Frequenz f0 . Mit diesem Wert für α bzw. V
ist die Schwingbedingung exakt erfüllt.
3. V > 1, d. h. α < 0
Bei Verstärkungsgraden V > 1 steigt die Amplitude der Ausgangsspan-
nung exponentiell an. Dieser Zustand ist lediglich in der Einschaltpha-
se (Anschwingphase) erwünscht. Der exponentielle Anstieg wird automa-
tisch durch die daraus resultierende Übersteuerung des Verstärkers be-
endet, woraufhin sich stets automatisch der gewünschte stabile Zustand
(Verstärkungsgrad V = 1) einstellt.

12.8.4 Relaxationsoszillatoren

Relaxationsoszillatoren sind auch unter den Namen Multivibratoren bzw. asta-


bile Kippstufen bekannt. Sie sind in der Lage, eine Folge von Dreieck- oder
Rechteckpulsen zu liefern. Die frequenzbestimmenden Komponenten sind Wi-
derstände, Kapazitäten oder auch Spannungen. Daher werden Relaxationsos-
zillatoren oft auch zur Messung dieser Größen eingesetzt, insbesondere in der
Sensortechnik bei der Messung nicht-elektrischer Größen.
Abbildung 12.16 zeigt zwei prinzipielle Schaltungsvarianten von Funktions-
generatoren zur gleichzeitigen Erzeugung von Dreieck- und Rechtecksignalen.
Bei der Schaltungsvariante nach Abb. 12.16a wird je nach Schalterstellung
ein Kondensator mit dem Konstantstrom +Iref bzw. −Iref aufgeladen. Die am
Kondensator anliegende Spannung uC (t) kann am Ausgang des nachgeschalte-
ten Impedanzwandlers abgegriffen werden. Für das Zeitintervall 0 ≤ t ≤ T /4
folgt 
1 t 1
uC (t) = Iref dt = Iref t . (12.42)
C 0 C
Nach Erreichen der Schaltschwelle +ÛA1 des Komparators zur Zeit t = T /4
(Abb. 12.16c) wird die Polarität des Ladestromes gewechselt und der Kon-
densator wird bis auf den negativen Schwellwert −ÛA1 entladen. Der Kom-
paratorausgang liefert infolge dieser ständigen Polaritätswechsel eine Recht-
eckspannung uA2 mit der Frequenz f , welche mit der der Dreieckspannung
identisch ist
Iref
f= . (12.43)
4C ÛA1
Bei der Schaltungsvariante nach Abb. 12.16b sind die zwei Stromquellen durch
Spannungsquellen ersetzt worden, die alternierend an den Eingang eines inte-
grierenden Verstärkers angeschlossen werden. Dadurch ergibt sich das gleiche
Verhalten wie das der Schaltungsvariante nach Abb. 12.16a.
Ein einfacher Multivibrator lässt sich bereits mit Hilfe eines mit einem RC-
Glied rückgekoppelten Operationsverstärkers realisieren (Abb. 12.17). Wenn
wir annehmen, dass zum Zeitpunkt t = 0 die Spannung am Kondensator
428 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

Abb. 12.16. Prinzipieller Aufbau von Multivibratoren (Generatoren zur Erzeugung


von Dreieck- und Rechteckspannungen): a) Schaltung mit Konstantstromladung
eines Kondensators, b) Schaltung mit Integrator, c) Ausgangssignalverläufe

uC = UK2 und die Ausgangsspannung uA = +UB sind, lädt sich der Kon-
densator C über den Widerstand R auf. Zum Zeitpunkt t = T /2 wird die
Umschaltschwelle UK1 erreicht
R2
UK1 = UB . (12.44)
R1 + R2
Dabei kippt der Operationsverstärkerausgang infolge der Mitkopplung auf
uA = −UB , woraufhin der Kondensator entladen wird. Zum Zeitpunkt t = T

Abb. 12.17. Multivibrator mit Operationsverstärker: a) Schaltbild, b) Spannungs-


verläufe
12.8 Oszillatoren 429

wird die negative Schwellenspannung UK2 = −UK1 erreicht und die Kompara-
torausgangsspannung springt wieder auf uA = +UB . Auf diese Weise entsteht
ein Rechtecksignal mit den Amplituden ±UB . Die Periodendauer T dieser
Rechteckspannung lässt sich anhand des Zeitverlaufes der Kondensatorspan-
nung uC (t) errechnen, welche sich für den Aufladevorgang wie folgt ergibt
(Abb. 12.17)

R1 + 2R2 − t
uC (t) = UB 1 − e RC . (12.45)
R1 + R2
Weiterhin gilt


T
uC = UK1 (12.46)
2



T R1 + 2R2 −T /2RC R2
uC = UB 1 − e = UB . (12.47)
2 R1 + R2 R1 + R2

Da die beiden Schwellenspannungen UK1 und UK2 betragsmäßig gleich sind,


kann aus Gl. (12.47) die Periodendauer T abgeleitet werden


2R2
T = 2RC ln 1 + . (12.48)
R1

Für R2 = R1 vereinfacht sich Gl. (12.48) zu

T = 2RC ln 3 ≈ 2, 2RC . (12.49)

Eine alternative Realisierung eines Multivibrators basiert auf zwei Digitalin-


vertern und einem RC-Glied. Die entsprechende Schaltung mit Signalverläufen
ist in Abb. 12.18 dargestellt. In dieser Schaltung repräsentieren die Spannun-
gen u2 und uA Digitalsignale, wobei die Ausgangsspannung uA stets dem

u1
3
2 U0
U0
USW = 2
u2
1 1 uA - U0 t
2
R C u2

u1
t
uA

Τ/2 Τ/2
t
a) b)

Abb. 12.18. Multivibrator mit Invertern: a) Schaltbild, b) Signalverläufe (USW


bezeichnet die Schaltschwelle des Komparators (ohne Hysterese) am Eingang.)
430 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

logisch negierten Wert von u2 entspricht (Abb. 12.18b). Demzufolge wird der
Kondensator über den Widerstand abwechselnd geladen und entladen. Wenn
die Schaltschwelle USW des Komparators genau in der Mitte zwischen den
beiden Ausgangspegeln liegt, ergibt sich die Schwingungsdauer wiederum zu

T = 2RC ln 3 ≈ 2, 2RC . (12.50)

12.8.5 Quarzoszillator

Die Genauigkeit bei der digitalen Zeit- bzw. Frequenzmessung hängt neben
dem Quantisierungsfehler im Wesentlichen von der Genauigkeit der verwende-
ten Referenzfrequenz bzw. Referenzzeit ab. Der bei einer Messung erhaltene
Zählerstand N = f T ist sowohl proportional der Messzeit T als auch pro-
portional der Messfrequenz f . Bei der digitalen Zeitmessung muss also die
Referenzfrequenz fref und bei der digitalen Frequenzmessung die Referenz-
zeit Tref konstant gehalten werden. Im Rahmen praktischer Schaltungen wird
dies in beiden Fällen im allgemeinen durch einen Quarzoszillator gewähr-
leistet, an dessen Frequenzkonstanz demzufolge hohe Anforderungen gestellt
werden. Dafür geeignete piezoelektrische Resonatoren bestehen üblicherweise
aus natürlichen Quarzkristallen (SiO2 ) mit bestimmter Kristallorientierungs-
richtung und definierten geometrischen Abmessungen.

z
(optische Achse)
z Q
AT Q
BT y
j (mechanische
Achse)

y x
(elektrische Achse)
x

= >
Abb. 12.19. Quarzkristallschnitte: a) Quarzkristall (SiO2 ) mit seinen Achsen und
Darstellung der Orientierung des AT- sowie des BT-Schnittes, b) Schnittwinkel θ
und ϕ zwischen Schwingquarz und optischer (z) Achse bzw. elektrischer (x) Achse
12.8 Oszillatoren 431

Schwingquarze sind dünne Plättchen, die mit bestimmter Orientierungs-


richtung aus einem einkristallinen piezoelektrischen Quarzmaterial heraus-
geschnitten und mit Elektroden versehen werden (Abb. 12.19). Die Winkel,
unter denen die Quarzplättchen in bezug auf die optische, mechanische und
elektrische Achse aus dem natürlichen Quarzkristall herausgeschnitten wer-
den, legt die für eine Anwendung als frequenzbestimmendes Element rele-
vanten Eigenschaften des Quarzschwingers fest. Solche Quarzschwinger sind
spezielle piezoelektrische Wandler, die im interessierenden Frequenzbereich ei-
ne scharfe Resonanzstelle aufweisen, bei welcher der Schwinger in mechanische
Resonanz gerät. Genauer gesagt, handelt es sich dabei infolge des piezoelektri-
schen Effektes (und der daraus resultierenden Verkopplung von mechanischer
und elektrischer Energie) um ein Resonanzstellenpaar, welches aus einer sog.
Parallelresonanz (mit fp bezeichnet) und einer sog. Serienresonanz (mit fs be-
zeichnet) besteht. In der Serienresonanz schwingt das Quarzplättchen, wenn
seine Elektroden elektrisch kurzgeschlossen werden, während es in Parallel-
resonanz angeregt wird, wenn die beiden elektrischen Kontakte unbeschaltet
bleiben bzw. sehr hochohmig abgeschlossen werden, d. h. wenn der Schwinger
im elektrischen Leerlauf betrieben wird.
Man kennt verschiedene Standard-Quarzschwingertypen, die sich in Kri-
stallrichtung sowie geometrischer Gestalt und damit auch in bezug auf ih-
re charakteristische Schwingungsform und Schwingfrequenz unterscheiden. So
setzt man beispielsweise Biegeschwinger (NT-Schnitt) im Frequenzbereich
zwischen 1 und 80 kHz ein, während die Flächenscherschwinger (CT- oder
DT-Schnitt) den daran anschließenden Frequenzbereich von 100 kHz bis knapp
unterhalb 1 MHz abdecken (Abb. 12.20b). Die Längsschwinger (GT-Schnitt)
arbeiten, in dem diese Frequenzbereiche überlappenden Intervall von etwa 50
- 200 kHz.
Der am häufigsten verwendete Quarzschwinger ist der Dickenscherschwin-
ger (AT-Schnitt), dessen Grundmode-Schwingungsform in Abb. 12.20a gezeigt
(n)
wird. Er führt Dickenscherschwingungen aus, deren Resonanzfrequenzen fp
(Parallelresonanz) näherungsweise durch

Abb. 12.20. Schwingungsformen von Standard-Quarzschnitten: a) AT-Schnitt


(Dickenscherschwinger, b) CT-Schnitt und DT-Schnitt (Flächenscherschwinger)
432 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

nc n cD
fp(n) = = 66
n = 1, 2, 3, . . . (12.51)
2d 2d 

gegeben ist. Dabei bezeichnen d die Dicke des Quarzplättchens,  seine Dich-
te, cD
66 den maßgebenden elastischen Schermodul und c die Ausbreitungs-
geschwindigkeit der Scherwelle und n die Ordnung der Harmonischen. Das
(1)
Produkt aus Grundwellenresonanzfrequenz fp und Schwingerdicke d ist eine
Konstante, die sog. Frequenzkonstante N , deren Wert sich aus den Material-
daten des verwendeten Schwingquarzes ergibt

⎨ 1, 67 MHz mm für AT-Schnitt
fp(1) d = N = . (12.52)

2, 50 MHz mm für BT-Schnitt

Der typischerweise genutzte Frequenzbereich von Dickenscherschwingern rei-


cht von einigen hundert Kilohertz bis zu etwa 25 MHz in der Grund- und etwa
200 MHz in der 9. Oberwelle. Detaillierte Beschreibungen des mechanischen
und elektrischen Verhaltens von Schwingquarzen findet man in der einschlägi-
gen Literatur [30], [191], [107], [108], [109], [179].
Das vereinfachte elektrische Ersatzschaltbild eines Quarzschwingers sowie
der Verlauf der elektrischen Impedanz Z Q (ω) = R(ω) + jX(ω) werden in
Abb. 12.21 gezeigt. In diesem Ersatzschaltbild, welches das Verhalten des
Schwingquarzes in der Umgebung der Grundschwingung (Grundwellenreso-
(1)
nanz) fp = fp approximativ beschreibt, bedeuten C0 die statische Paral-
lelkapazität (Kapazität, wenn der Quarz nicht schwingt), C1 die dynamische
Kapazität, L1 die dynamische Induktivität und R1 den dynamischen Verlust-
widerstand.
Die komplexe Eingangsadmittanz Y Q (ω) zwischen den Eingangsklemmen
ergibt sich aus dem Schaltbild

Abb. 12.21. Schwingquarz: a) Schaltzeichen, b) Elektrisches Ersatzschaltbild (Ty-


pische Werte für einen 1-MHz-Schwingquarz sind: C0 = 60 pF, C1 = 0, 016 pF,
L1 = 1, 5 H, R1 = 60 Ω), c) Wirk- und Blindanteil der Eingangsimpedanz eines
Schwingquarzes mit den unter b) angegebenen Werten der Ersatzschaltbildelemente
C0 , C1 und L1 . Der Widerstandswert R1 wurde, um die Details des Impedanzdia-
grammes besser auflösen zu können, mit R1 = 600 Ω angenommen, was zu einer um
den Faktor 10 reduzierten Güte führt.
12.8 Oszillatoren 433

Y Q (ω) = G(ω) + jB(ω) (12.53)


⎛ ⎞
R1 ⎜ ωL1 − ωC
1

2 + j ⎝ωC0 − 2 ⎠ .
1
Y Q (ω) =
R12 + ωL1 − 1
ωC1 R12 + ωL1 − ωC 1
1

(12.54)

Der Verlustwiderstand R1 kann bei Schwingquarzen aufgrund ihrer hohen


Güte i. allg. vernachlässigt werden, so dass sich die Eingangsimpedanz des
Quarzes Z Q wie folgt vereinfacht

j ω 2 L1 C1 − 1
Z Q ≈ jX = . (12.55)
ω C0 + C1 − ω 2 L1 C1 C0
Bei der Parallelresonanzfrequenz fp des Quarzes strebt der Reaktanzanteil
der Eingangsimpedanz gegen unendlich (X → ∞). Damit lässt sich fp aus
der Polstelle der Funktion Z Q (Gl. (12.55)) ermitteln

1 C1
fp = √ 1+ . (12.56)
2π L1 C1 C0

Bei der Serienresonanzfrequenz fs des Quarzes verschwindet hingegen der Re-


aktanzanteil (X = 0) (Abb. 12.21c). Dementsprechend ergibt sich fs aus der
Nullstelle des Zählers von Gl. (12.55)

1 1
fs = √ . (12.57)
2π L1 C1

Der relative Frequenzabstand zwischen Parallel- und Serienresonanz ergibt


sich unter Berücksichtigung der in der Praxis gegebenen Kapazitätsverhält-
nisse (C1 C0 ) zu
fp − fs 1 C1
≈ . (12.58)
fs 2 C0
Die Güte Q, die dem Reziprokwert des tan δs = R/X entspricht, lässt sich
ebenfalls aus den Elementen des elektrischen Ersatzschaltbildes bestimmen.

1 1 L1
Q= = . (12.59)
tan δs R1 C1

Sie liegt bei Schwingquarzen typischerweise zwischen 5 · 103 und 5 · 105 .

12.8.6 Operationsverstärker-Schaltung eines Quarzoszillators

Abbildung 12.22 zeigt die Schaltung eines Quarzoszillators, bei welcher der
Quarz im Mitkopplungszweig eines Operationsverstärkers liegt. Nur bei der
Serienresonanzfrequenz des Schwingquarzes ist die Schwingbedingung erfüllt
434 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

und die Impedanz Z Q des Quarzzweipols betragsmäßig so gering, dass bei die-
ser Frequenz eine ungedämpfte harmonische Schwingung zustandekommt. Für
alle anderen Frequenzen stellt der Quarz aufgrund seiner hohen Impedanzwer-
te ein Sperrfilter dar. Der LC-Schwingkreis am Eingang dient dabei lediglich
dem sicheren Anschwingen der Oszillatorschaltung auf der Grundwelle bzw.
auf der gewünschten Oberwelle.

Abb. 12.22. Operationsverstärker-Schaltung eines Quarzoszillators

12.8.7 Fehler von Schwingquarzen

Als wesentlicher Fehler von Schwingquarzen macht sich deren Temperatur-


abhängigkeit bemerkbar, insbesondere bei Oszillatoranwendungen mit hohen
Forderungen an die Frequenzstabilität. Die Temperaturabhängigkeit der Re-
sonanzfrequenz lässt sich bei Quarzen wie folgt approximieren

f (ϑ) = f (0◦ C)(1 + αϑ + βϑ2 + γϑ3 ) . (12.60)

Für bestimmte Schnittwinkel, so z.B. auch den meist verwendeten AT-Schnitt,


verschwindet der lineare Temperaturkoeffizient α. Da außerdem der kubi-
sche Temperaturkoeffizient γ i. allg. bereits um einige Zehnerpotenzen un-
ter dem linearen und quadratischen liegt, fällt dann nur der quadratische
Temperaturkoeffizient β ins Gewicht. Abbildung 12.23 zeigt die Abhängigkeit
des linearen Temperaturkoeffizienten α vom Schnittwinkel sowie die relative
Frequenzänderung eines AT-Schnitt-Dickenscherschwingers als Funktion der
Temperatur ϑ. Der Temperatureinfluss ist insbesondere bei den AT-Schnitten
sehr gering. Er lässt sich um weitere ca. drei Zehnerpotenzen reduzieren, wenn
die Quarze in einem temperaturstabilisierten Gehäuse betrieben werden.
Neben dem parasitären Temperatureinfluss sind Schwingquarze einem Al-
terungsprozess unterworfen, welcher sich in Form eines relativen Frequenz-
fehlers bemerkbar macht, der mit der Zeit einem asymptotischen Endwert
zustrebt. Dieser Endwert liegt bei etwa Δf /f = 10−9 /Tag und wird be-
reits nach einigen Wochen erreicht (Tab. 12.1). Schwingquarze lassen sich
12.8 Oszillatoren 435

a (K-1)
10-4
1 HT

0 DT BT AT CT

2
-4
-10
-90° -60° -30° 0° 30° 60° 90° Schnittwinkel Q
a)

Df
f
2·10-5

J0
0

-2·10-5
-20 0 20 40 60 80 100 J (°C)
b)

Abb. 12.23. Temperaturabhängigkeit von Schwingquarzen [12, 58]: a) Linearer


Temperaturkoeffizient α als Funktion des Schnittwinkels; 1: Dickenscherschwin-
ger; 2: Flächenscherschwinger, b) Relative Frequenzabweichung eines AT-Schnitt-
Dickenscherschwingers als Funktion der Schwingquarztemperatur

auch als sehr präzise arbeitende frequenzanaloge Temperatursensoren einset-


zen. Für diese Anwendung wird der sogenannte HT-Kristallschnitt verwen-
det, der recht große Temperaturkoeffizienten aufweist α = 90 · 10−6 (K −1 ),
β = 60 · 10−9 (K −2 ) und γ = 30 · 10−12 (K −3 ) (Gl. (12.60)). Die relativen
Frequenzänderungen sind zwar sehr gering, aber aufgrund der präzisen Ferti-
gungstechnik und der Stabilität des Quarzmaterials der Messgröße sehr exakt
zuzuordnen bzw. andererseits auch wiederum mittels elektronischer Zähler-
schaltungen sehr genau messbar. Wesentlich bessere Genauigkeiten erhält

Tabelle 12.1. Typische Werte für Kurzzeitkonstanz, Temperaturdrift und Alte-


rungsrate von Schwingquarzen

ohne Temperaturregelung mit Temperaturregelung


Kurzzeitkonstanz < 3 · 10−9 < 10−11
(1 Sekunde)
Temperaturdrift < 10−5 < 10−8
(0◦ C - 50◦ C)
Alterungsrate < 10−8 /Tag < 10−9 /Tag
436 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

man mit atomaren Frequenz-Standardelementen, bei denen die Atomresonanz


zur Frequenzstabilisierung genutzt wird. So weisen beispielsweise Rubidium-
Normalelemente relative Abweichungen von nur 10−11 im Kurzzeitbereich (Se-
kundenbereich) auf. Die Alterungsraten liegen bei 10−11 /Monat.
Bei Cäsium-Elementen sind keine Alterungseinflüsse messbar. Aufgrund
ihres hohen Anschaffungspreises und ihres hohen Gewichtes werden sie je-
doch nur in Labors für Präzisionsmesstechnik sowie als Frequenznormal für
Zeitzeichensender eingesetzt. Die Gesamtunsicherheit der beiden Cäsium-
Normaluhren CS1 und CS2 der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in
Braunschweig wird mit 3 · 10−14 bzw. 1, 5 · 10−14 angegeben [18]. So wur-
de ein mittlerer Gangunterschied der beiden Uhren von 0,76 μs pro Jahr,
entsprechend einem relativen Fehler von 2, 5 · 10−14 , ermittelt. Wenn auch
die Kurzzeitkonstanz der Normalfrequenzaussendung des bekannten Zeitzei-
chensenders DCF-77 (s. Kap. 12.10.2) die eines sorgfältig aufgebauten tem-
peraturgeregelten Quarzoszillators (OCXO) nicht wesentlich übersteigt, so ist
doch die Langzeitstabilität des DCF-77 um Größenordnungen besser. Es bie-
tet sich also an, temperaturgeregelte Quarzoszillatoren einzusetzen und deren
Langzeitstabilität mit Hilfe einer DCF-77-Synchronisation zu erhöhen. Ein
entsprechendes hard- und softwaremäßiges Realisierungskonzept wird in [101]
vorgestellt. Detaillierte Angaben über die Genauigkeit von Zeit- und Frequenz-
normalen finden sich in [18].

12.9 Fehler bei der digitalen Zeitintervall- bzw.


Frequenzmessung
Fehler bei der Messung eines Zeitintervalls

Der absolute Fehler ΔTX bei der Messung eines Zeitintervalls TX ergibt sich
aus der Anwendung des Fehlerfortpflanzungsgesetzes auf Gl. (12.2) zu
∂TX ∂TX
ΔTX = Δfref + ΔNX . (12.61)
∂fref ∂NX

Daraus lässt sich leicht der entsprechende maximale relative Fehler ableiten
     
 ΔTX   Δfref   ΔNX 
 = + 
 TX   fref   NX  . (12.62)

In Gl. (12.62) beziffert der Term ΔNX /NX den bereits in Kap. 12.3.1 ange-
sprochenen Quantisierungsfehler (Zählfehler), der sich wie folgt angeben lässt
   
 ΔNX   ±1  1 1
 = 
 NX   NX  = NX = fref TX . (12.63)

Der Term Δfref /fref in Gl. (12.62) hingegen beschreibt den Fehler der Zeitba-
sis, d. h. die relative Frequenzabweichung des Quarzoszillators. Dieser Fehler
12.9 Fehler bei der digitalen Zeitintervall- bzw. Frequenzmessung 437

liegt bei praktischen Zählern in der Größenordnung 10−7 ≤ Δfref /fref ≤ 10−5 .
Abbildung 12.24 (TX -Achse) zeigt den gesamten relativen Fehler bei der Zeit-
messung für den beispielhaften Fall, dass die Frequenz des Referenzsignals fref
= 1 MHz und der relative Fehler der Zeitbasis 10−6 betragen.

Fehler bei der Frequenzmessung

Der maximale relative Fehler bei der Frequenzmessung ergibt sich analog zu
Gl. (12.61)
         
 ΔfX   ΔTref   ΔNX   ΔTref   
 = + =  + 1 =  ΔTref  + 1
 fX   Tref   NX   Tref  NX  Tref  Tref fX . (12.64)

Der Ausdruck ΔTref /Tref entspricht dabei wiederum dem relativen Fehler der
Zeitbasis. Damit ergibt sich im Prinzip wieder derselbe relative Messfehler wie
bei der Zeitintervallmessung Gl. (12.62). Er kann aus Abb. 12.24 abgelesen
werden, wenn die fX -Achse verwendet wird. Für die Berechnung des relativen
Fehlers bei der Frequenzmessung wurden eine Torzeit von Tref = 1 s sowie ein
Zeitbasisfehler von ΔTref /Tref = 10−6 angenommen.

Fehler bei der Periodendauermessung

Die großen Messfehler bei der Messung tiefer Frequenzen (Abb. 12.24) lassen
sich umgehen, wenn man eine Reziprokmessung durchführt, d. h. anstatt der
Frequenz die Periodendauer misst und den Kehrwert bildet.

Abb. 12.24. Relativer Fehler bei der Zeitintervall- bzw. Frequenzmessung. TX -


Achse: Fehlerdiagramm für die Messung eines Zeitintervalles TX . Es wurde fref =
1 MHz und ein Zeitbasisfehler Δfref /fref von 10−6 angenommen. fX -Achse: Fehler-
diagramm für die Frequenzmessung. Es wurde eine Torzeit von Tref = 1 s und ein
Zeitbasisfehler ΔTref /Tref von 10−6 angenommen.
438 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

Wenn man den Fehler der Zeitbasis zunächst vernachlässigt, ergibt sich
durch Anwendung des Fehlerfortpflanzungsgesetzes auf Gl. (12.11) der relative
Messfehler bei der Periodendauermessung zu
ΔTX 1 1 fX
= = = . (12.65)
TX NX fref TX fref
Der relative Fehler hängt also lediglich vom Verhältnis Messfrequenz fX zu
Referenzfrequenz fref ab.
Wenn man beispielsweise fref = 1 MHz annimmt, so wird der Fehler einer
Standardquarzzeitbasis von 10−6 erst bei einer Frequenz von 1 Hz erreicht.
Für höhere Frequenzen dominiert der Quantisierungsfehler. Von praktischer
Bedeutung ist noch die Messfrequenz fXeq , bei der die Periodendauermes-
sung (Reziprokmessung) und die direkte Frequenzmessung auf den gleichen
relativen Fehler führen. Das Gleichsetzen der relativen Fehler führt unter Ver-
nachlässigung der Zeitbasisfehler zu

2 fref
fXeq = , (12.66)
Tref
wobei fref die Taktfrequenz bei der Periodendauermessung und Tref die Torzeit
bei der Frequenzmessung bedeuten. Wenn beispielsweise diese Taktfrequenz
zu fref = 1 MHz und die Torzeit zu Tref = 1 s gewählt werden, ergibt sich für
beide Messprinzipien der gleiche Fehler bei fXeq = 1 kHz. Unterhalb dieser
Frequenz führt die Periodendauermessung (reziproke Frequenzmessung) zu
geringeren Messfehlern, während sich im Frequenzbereich oberhalb fXeq die
direkte Frequenzmessung als günstiger erweist (Abb. 12.25).

Abb. 12.25. Relativer Messfehler bei der digitalen Frequenzmessung (direkte Mes-
sung und Reziprokmessung). Es wurde eine Taktfrequenz fref = 1 MHz für die Peri-
odendauermessung sowie eine Torzeit Tref = 1 s für die Frequenzmessung angenom-
men. Der relative Fehler der Zeitbasis liegt bei 10−6 .
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation 439

Messfehler durch überlagertes Rauschen

Dem Messsignal überlagerte Störspannungen führen zu Fehlern bei der Zeit-


und Frequenzmessung, die zum Teil erheblich sein können. Diese Fehler wer-
den durch zu frühe bzw. zu späte Triggerauslösung verursacht. Der so ent-
standene Triggerfehler addiert sich zu den oben bereits diskutierten Fehlern
(Quantisierungsfehler und Zeitbasisfehler). Zur Abschätzung des Triggerfeh-
lers wollen wir annehmen, dass das Messsignal um (t) sinusförmigen Zeitverlauf
aufweist
um (t) = Ûm sin(ωt) . (12.67)
Die maximale zeitliche Steigung dum /dt der Spannung wird im Nulldurchgang
erreicht und beträgt

dum
= Ûm ω . (12.68)
dt max
Eine Störspannung mit der Amplitude Ûr kann den Zeitpunkt des Nulldurch-
ganges, der gleichzeitig Triggerzeitpunkt ist, um die Zeit ΔTtrigg verschieben

Ûr Ûr Ûr


ΔTtrigg = ΔT =  dum = = . (12.69)
dt max Ûm ω Ûm 2πfX
Diese zeitliche Verschiebung des Triggerzeitpunktes wird als der absolute Trig-
gerfehler bezeichnet. Der entsprechende relative Triggerfehler ergibt sich bei
der einfachen Periodendauermessung (Messung einer einzelnen Periode TX )
zu
ΔTtrigg 1 Ûr 1 Ûr
= = . (12.70)
TX 2πfX TX Ûm 2π Ûm
Um diesen Fehler zu reduzieren, geht man zur sog. Mehrfachperiodendauer-
messung über, bei der anstatt der Dauer einer einzigen Periode nunmehr die
Dauer von m Perioden bestimmt wird. Bei diesem integrierenden Messverfah-
ren reduziert sich sowohl der Triggerfehler als auch der Quantisierungsfehler
um den Faktor m. Wie bei der Frequenzmessung ist auch hier eine größere
Genauigkeit nur auf Kosten der Messzeit zu erzielen.

12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation


12.10.1 Atomuhren

Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) [137] in Braunschweig hat


die Aufgabe übernommen, für die Bundesrepublik Deutschland die absolute
(amtliche) Zeit festzulegen. Dies geschieht mit Hilfe einer sog. Atomuhr, wel-
che im konkreten Fall eine Cäsium-Normaluhr ist. Das Bureau International
des Poids et Mesures (BIPM) in Paris wiederum legt aus den Werten von sol-
chen über 260 weltweit verteilten Atomuhren die sog. Internationale Atomzeit
(TAI) als Referenzzeit fest.
440 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

Eine Atomuhr ist eine Uhr, deren Zeittakt aus atomaren Schwingungszuständen
abgeleitet wird. Für die genauesten Uhren verwendet man das nicht-radioaktive
Isotop 133 des Elements Cäsium. Die Resonanzfrequenz beim Übergang (sog.
Hyperfeinstruktur-Übergang) zwischen zwei ausgewählten Energiezuständen
dieses Cäsium-Atoms ist temperaturunabhängig, sehr langzeitstabil und be-
trägt 9 192 631 770 Hz. Im Jahre 1967 wurde die SI-Einheit ’Sekunde’ über
diesen Wert festgelegt (sog. SI-Sekunde).
Um die Resonanzfrequenz des Hyperfeinstruktur-Übergangs messen zu
können, muss zunächst einer der beiden besagten Energiezustände selektiert
werden, was entweder durch optisches Pumpen mit Laserlicht bewerkstelligt
werden kann oder indem man den Atomstrahl durch ein starkes inhomoge-
nes Magnetfeld schickt. Die Hyperfeinstruktur-Übergänge und die Messung
der o. g. Resonanzfrequenz finden schließlich in einem speziellen Mikrowel-
lenresonator statt. Näheres zu dieser Technik findet der interessierte Leser
beispielsweise in folgenden Referenzen: [137], [126]. Auf dieser Basis arbeiten
derzeit die vier Cäsium-Atomuhren CS1 bis CS4 bei der PTB. Es handelt
sich hierbei um Zeitnormale, die weltweit zu den genauesten Uhren zählen.
So weicht die von der in Braunschweig installierten Atomuhr CS2 bestimmte
Sekunde mit einer Wahrscheinlichkeit von 67% um nicht mehr als ±1, 2 ·10−14
von der idealen SI-Sekunde ab. Dies entspricht einer Abweichung von einer
Sekunde in 2,5 Millionen Jahren.
Als 5. Zeitnormal betreibt die PTB eine noch genauere Uhr, eine sog.
Cäsium-Fontäne. Bei ihr werden die Cäsium-Atome auf eine Temperatur sehr
nahe dem absoluten Nullpunkt abgekühlt. Dadurch werden die Atome in ih-
rer Fortbewegungsgeschwindigkeit sehr stark verlangsamt, was im Weiteren
zu einer längeren Beobachtungszeit (ca. 1 Sekunde) bei der Frequenzmessung
genutzt werden kann. Somit sind exaktere Messungen der o. g. Resonanzfre-
quenz möglich. Die Gangunsicherheit der Cäsium-Fontäne ist um den Faktor
10 geringer als der einer (Standard-)Cäsium-Uhr.
Auch das amerikanische Pendant zur Physikalisch-Technischen Bundesan-
stalt, das National Institute of Standards (NIST) in Boulder, Colorado, ent-
wickelt und betreibt Atomuhren mit hoher Ganggenauigkeit. So wurde auch
dort eine Cäsium-Fontäne mit dem Namen NIST-F1 entwickelt. Sie arbeitet
mit 6 Infrarot-Lasern, welche die Cäsium-Atome in Form eines kleinen lo-
kalen Clusters (Ball) zusammendrängen, was zu der bereits oben erwähnten
Abkühlung in den Bereich des absoluten Nullpunktes und infolgedessen zu ei-
ner Verlangsamung der Atombewegungen führt. Infolge kontinuierlicher tech-
nischer Verbesserungen konnte die Ungenauigkeit der NIST-F1 im Sommer
2005 auf ±5 · 10−16 abgesenkt werden, was einer Abweichung von 1 Sekunde
in 60 Millionen Jahren gleichkommt.
Weitere Einzelheiten und neuere Entwicklungen findet der interessierte
Leser auf der Homepage der PTB [137] unter der Rubrik Zeitnormale - Ar-
beitsgruppe 4.41 sowie auf der Homepage des National Institute of Standards
[126]. Von der letztgenannten Homepage aus lässt sich auch eine Videoanima-
tion zur Arbeitsweise einer Cäsium-Fontäne starten.
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation 441

Der Nachteil der oben beschrieben Cäsium-Atomuhren ist, dass sie technisch
sehr aufwendig sind und daher nur in einem speziellen Labor installiert wer-
den können. So sind sie nicht geeignet, in einem Satelliten betrieben zu wer-
den. Hierfür verwendet man aber ebenfalls Atomuhren. Anstatt des Elemen-
tes Cäsium nutzt man Resonanzen von Rubidium. Diese Rubidium-Uhren
sind wesentlich kleiner, leichter und preiswerter als Cäsium-Uhren. Moderne
Rubidium-Uhren erreichen bei einem Volumen von 40 cm3 und einem Lei-
stungsbedarf von 1 Watt eine Gangunsicherheit von nur ±3 · 10−12 , was einer
Abweichung von 1 Sekunde in 10.000 Jahren entspricht. Damit sind sie immer
noch um den Faktor 105 genauer als herkömmliche Quarzuhren. Aufgrund die-
ser Eigenschaften eignen sie sich in hervorragender Weise für den Einsatz in
mobilen Systemen, wie beispielsweise Satelliten.

12.10.2 DCF-77 Zeitzeichensender

Um die amtliche Normalzeit landesweit verfügbar zu machen, benutzt man


einen Längstwellensender mit einer Trägerfrequenz unterhalb des vom öffent-
lichen Rundfunk genutzten Langwellenbereiches. Dieser Frequenzbereich er-
laubt in aller Regel das problemlose Eindringen der elektromagnetischen Wel-
len in Gebäude. Die von der PTB mit Hilfe der Uhrennormale bestimmte
Normalzeit (MEZ (=UTC + 1h) bzw. MESZ (=UTC + 2 h)) wird nach dem
BCD-Code codiert und über den Zeitzeichensender DCF-77 in Mainflin-
gen bei Frankfurt/Main ausgestrahlt. Seine Reichweite beträgt, je nach Emp-
fangssituation, bis zu 2000 km.
Der Träger von DCF-77 wird dazu auf zwei Arten moduliert, nämlich zum
einen mit einer Amplitudenmodulation und zum anderen in Form einer pseu-
dozufälligen Umtastung der Trägerphase. Bei der im Jahre 1970 eingeführten
Amplitudenmodulation wird die Amplitude der 77,5-kHz-Trägerschwingung
zu Beginn einer jeden Sekunde bei einer zu übertragenden digitalen  0 für
0,1 s und bei einer digitalen  1 für 0,2 s auf 25 % des normalen Wertes abge-
senkt (Abb. 12.26). Die pseudozufällige Umtastung der Trägerphase (Binary
Phase Shift Keying BPSK) wurde erst im Jahre 1988 eingeführt [81].

Abb. 12.26. Modulation einer log.  0 bzw. einer log.  1 beim Zeitzeichensender
DCF-77
442 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

Mit Hilfe beider Modulationsformen werden einmal pro Minute die Zahlen
übertragen, welche die aktuellen Werte für Minute, Stunde, Tag, Wochen-
tag, Monat und Jahr repräsentieren, und zwar bei der Amplitudenmodulation
durch Impulsdauermodulation der Sekundenmarken und bei der BPSK durch
Invertieren einer Pseudozufallsfolge. Abbildung 12.27 zeigt das Kodiersche-
ma und die Zuordnung zwischen übertragener Information und den einzelnen
Sekundenmarken. Die Sekunden innerhalb einer Minute sind über diese Am-
plitudenänderungen inkremental zu zählen. Das Fehlen der 59. Sekunde weist
auf den Beginn der folgenden Minute hin. Dabei werden Prüfbits zur Störer-
kennung verwendet [81].

Abb. 12.27. Minutenprotokoll beim Zeitzeichensender DCF-77. Bits 17 und 18:


Zeitzonenbits (MEZ: 0, MESZ:1); Bit 20: Startbit für Zeitinformation (stets 1); Bit
28: ergänzt Bits 21-27 auf gerade Parität; Bit 35: dto. für Bits 29-34; Bit 58: dto.
für Bits 36-57.

12.10.3 NAVSTAR/GPS-Satellitennavigation
Bereits in den sechziger Jahren war erkennbar, dass die herkömmliche Funkna-
vigation den künftigen Anforderungen nicht mehr genügen würde. Zu diesen
Anforderungen gehört die weltweite dreidimensionale und hochpräzise Positi-
onsbestimmung in Echtzeit, wobei das System wetterunabhängig 24 Stunden
am Tag zur Verfügung stehen muss. Darüber hinaus sollen die Empfänger
leicht zu handhaben sein. Unter Federführung der US Air Force entwickelten
die amerikanischen Streitkräfte ab 1973 das NAVigation Satellite Timing

And Ranging/Global Positioning System (NAVSTAR/GPS)“, welches auch
für die zivile Nutzung freigegeben ist.

Systemaufbau
Das Gesamtsystem besteht aus drei Segmenten: 24 von der Firma Rockwell
entwickelte Satelliten, welche verteilt auf sechs Kreisbahnen in circa 20 000 Ki-
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation 443

lometern Höhe die Erde in ungefähr 12 Stunden je einmal umlaufen, bilden das
Raumsegment. Auf der Erdoberfläche befindet sich das Kontrollsegment,
bestehend aus fünf weltweit verteilten Monitorstationen zur Satellitenbeob-
achtung und einer Master Control Station, um die Bahndaten der Satelliten
vorauszuberechnen und das Verhalten der Satellitenuhren zu extrapolieren,
sowie Bodenantennen, um die ermittelten Werte an die Satelliten zu senden.
Das Benutzersegment wird von allen militärisch und zivil genutzten GPS-
Empfängern gebildet (Abb. 12.28). Jeder Satellit strahlt permanent ein kodier-
tes Signal ab (Frequenzen 1575,42 bzw. 1227,60 MHz), welches unter anderem
die genaue interne Satellitenzeit und die aktuellen Bahndaten des Satelliten,
insbesondere seine aktuelle Position, enthält. Zu diesem Zweck sind die Sa-
telliten mit jeweils vier hochgenauen Atomuhren ausgestattet. Die absolute
Genauigkeit der in den GPS-Satelliten im Einsatz befindlichen Rubidium-
Uhren wird mit 3 · 10−9 Sekunden angegeben. Ein Benutzer empfängt die
Signale und misst die Laufzeit zwischen dem Zeitpunkt des Sendens am Satel-
liten und dem Empfangszeitpunkt. Wird nun die gemessene Laufzeit mit der
Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen multipliziert, so
erhält man die Entfernung zwischen dem Empfänger und dem Satelliten, des-
sen Signal empfangen wurde. Im Idealfall lässt sich mit einer Messung eine
Kugelstandfläche ermitteln, das heißt, der Empfänger befindet sich auf einer
Kugeloberfläche mit dem angepeilten Satelliten im Mittelpunkt. Aus diesem
Grund werden die genauen Positionsdaten des Satelliten mitgesendet. Misst
man gleichzeitig die Signale zweier Satelliten, so befindet man sich auf der
Schnittlinie der beiden zugehörigen Kugelstandflächen, also einer Kreisstand-
linie. Bei einer dritten Messung erhält man den genau definierten Standort
des Empfängers. Da jedoch die Empfänger aus Kostengründen anstatt mit

Abb. 12.28. Funktionsprinzip des Global-Positioning-Systems (GPS)


444 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

Atomuhren nur mit Quarzuhren ausgerüstet sind, entsteht ein Messfehler, so


dass das Signal eines vierten bzw. auch die Signale von weiteren NAVSTAR-
Satelliten herangezogen werden müssen, um eine entsprechende Fehlerkorrek-
tur durchführen zu können. Minimale Zeitfehler entstehen zwangsläufig auch
aufgrund der sich zeitlich ändernden Wellenausbreitung in Iono- und Strato-
sphäre. Es gibt zwar Modelle, die diesen Einfluss zu beschreiben versuchen,
ihre Anwendung kann aber die existierenden Fehler nicht vollständig eliminie-
ren.
Jeder Satellit sendet seine Signale auf zwei Frequenzen im L-Band, wo-
bei für den zivilen Nutzer nur das L1-Signal (1575,42 MHz) wichtig ist. Dazu
wird diesem Signal zunächst der C/A-Code (Clear/Access-Code)“ in Form

einer Pseudo-Random-Noise-Sequenz aufmoduliert. Dabei handelt es sich um
eine scheinbar zufällige Sequenz, die sich jedoch im Intervall von einer Mil-
lisekunde ständig wiederholt. Benutzt wird die Methode der Phasenmodula-
tion mit einem Modulationstakt von 1,023 MHz. Zusätzlich wird dem Signal
- ebenfalls durch Phasenmodulation - mit einem Takt von 50 Bit/s die Na-
vigationsnachricht aufmoduliert, welche die Satellitenzeit und die Bahndaten
des sendenden Satelliten enthält. Die für die zivile Navigation wichtigen Da-
ten sind in Blöcken von 150 Bit enthalten, die sich ständig wiederholen. Die
Navigationsnachricht wird innerhalb von 30 Sekunden empfangen.
Am Empfänger wird mit einem Signalprozessor die Laufzeit des Signals
gemessen, indem zunächst intern pseudo-gleichzeitig“ ein ebenfalls mit dem

C/A-Code versehenes Vergleichssignal erzeugt wird. Dann wird durch Kreuz-
korrelation eine Übereinstimmung der Bitmuster des empfangenen und des
intern erzeugten Signals herbeigeführt. Die eigentliche Messgröße ist also die
Phasenverschiebung, die notwendig ist, um eine Übereinstimmung der Signale
zu erzeugen und die proportional zur Laufzeit der Signale zwischen Satellit
und Empfänger ist. Diese Information wird an einen Navigationscomputer wei-
tergegeben, der aus mindestens vier Laufzeiten unter Zuhilfenahme der demo-
dulierten Navigationsnachrichten ein System aus (mindestens) vier Gleichun-
gen löst. Berücksichtigt man die Tatsache, dass sich der C/A-Code jede Mil-
lisekunde wiederholt, so erhält man alle 300 Kilometer eine Mehrdeutigkeit,
welche jedoch in der Praxis durch weitere Informationen eindeutig zu klären
ist. Der militärische P-Code (Protected-Code) benutzt eine PRN-Sequenz von
266 Tagen Dauer, wobei mit einem Modulationstakt von 10,23 MHz gearbeitet
wird. Daraus resultiert nicht nur eine zehnmal so große Genauigkeit sondern
auch eine erheblich kompliziertere Entschlüsselbarkeit. Die Betreiber des GPS
sind auch in der Lage, die den zivilen Nutzern zugänglichen Signale und Da-
ten bestimmter Satelliten künstlich zu verschlechtern. Dazu wird der Lauf
der Satellitenuhren moduliert bzw. kleinere Fehler in die Bahndaten einge-
arbeitet. Eine Eliminierung dieser Fehler ist nur mittels geheimer Verfahren
möglich. Diese mit Selective Availability bezeichnete Einschränkung der Ge-
nauigkeit wurde im Jahr 2000 von den Vereinigten Staaten aufgehoben, so
dass fortan für die zivile Nutzung Genauigkeiten in der Positionsbestimmung
von weniger als ± 10 Metern zur Verfügung stehen. Vor der Aufhebung der
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation 445

Beschränkung betrug die Genauigkeit lediglich ± 100 Meter. Es ist dem Ver-
teidigungsministerium der Vereinigten Staaten jedoch weiterhin möglich, die
für zivile Nutzer zugänglichen Daten und Signale beispielsweise in Kriegsge-
bieten gezielt zu verfälschen bzw. abzuschalten, was dann mit dem Begriff
Selective Deniability bezeichnet wird.

Differential GPS - DGPS

Um die Genauigkeit des GPS-Satellitennavigationssystem weiter zu verbes-


sern, wurde das Differential Global Positioning System (DGPS) entwickelt.
Dabei wird an einem Ort, dessen exakte geographische Lage bekannt ist, die
Position mittels GPS bestimmt. Aus der Differenz zwischen der dabei er-
rechneten Position und der bekannten tatsächlichen geographischen Lage er-
gibt sich der lokale Fehler des GPS-Systems. Es ist möglich, den Fehler je-
des in Reichweite befindlichen Satelliten zu errechnen und diesen Fehler an
DGPS-Empfänger zu übermitteln. Zur Übertragung der Fehler an geeignete
Empfänger werden FM-Frequenzen sowie Satelliten benutzt. Da der Fehler
der einzelnen GPS-Satelliten in der jeweiligen Region nun bekannt ist, ist
eine genauere Berechnung der aktuellen Position möglich. DGPS-Empfänger
können die Position metergenau bestimmen, typischerweise werden Genauig-
keiten von unter ± 5 Metern erreicht.

SBAS - Satellite Based Augmentation Systems

Bei den SBA-Systemen handelt es sich um ein satellitengestütztes Differential


GPS (DGPS). Die Korrekturdaten werden hier im Gegensatz zum Standard-
DGPS von geostationären Satelliten ausgesandt, was den Vorteil mit sich
bringt, dass weder weitere terrestrische Sendestationen noch ein separater
(Korrektursignal-)Empfänger beim Nutzer benötigt werden. Es gibt hier vier,
für unterschiedliche Regionen entwickelte Systeme, die untereinander weitest-
gehend kompatibel sind. Das sog. Wide Area Augmentation System
(WAAS) (Erweiterungssystem für einen großen Bereich), ist in USA und
Kanada verfügbar und wird speziell in der Luftfahrt verwendet. Dabei kon-
trollieren 25 Bodenstationen das GPS-Signal und schicken entsprechende Kor-
rekturdaten an zwei geostationäre WAAS-Satelliten, die ihrerseits wiederum
die entsprechenden Empfänger versorgen. Das MSAS (Multi-Functional
Satellite Augmentation System) wurde in Japan entwickelt und deckt
ein Teil des asiatischen Raums ab. Das GAGAN-System (GPS Aided Geo
Augmentation Navigation) wurde in Indien entwickelt und befindet sich
in einer Experimentierphase.
In Europa wird derzeit ebenfalls ein solches System unter dem Namen
EGNOS (European Geostationary Navigation Overlay Service) auf-
gebaut. Es sind 34 über ganz Europa verteilte Bodenmessstellen, sog. RIMS
(Ranging and Integrity Monitoring Station = Entfernungsmess- und Inte-
gritätsbeobachtungs-Stationen), und 3 geostationäre Satelliten geplant. Bei
446 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

den Satelliten handelt es sich um sog. Inmarsat-Satelliten (International Ma-


ritime Satellite), die infolge geschickter örtlicher Anordnung über dem Atlan-
tik, Zentralafrika und östlich von Afrika den gesamten europäischen Raum
abdecken. Zu Problemen kann es allenfalls im nordeuropäischen Raum kom-
men, da hier die geostationären Satelliten unter einem Winkel von nur 20
Grad zu sehen sind, was leicht zu Abschattungen und damit zu entsprechen-
den Empfangsproblemen führt.
Die jeweilige Position der RIM-Stationen ist exakt bekannt (wenige Zen-
timeter Abweichung). Sie sind mit GPS-Empfängern und Auswerterechnern
ausgestattet, die beim Empfang bzw. der Auswertung des GPS-Signals die
Abweichung bestimmen. Außerdem kann aufgrund der Tatsache, dass die
Stationen sowohl das L1- als auch das L2-Band empfangen, die Laufzeit-
verzögerungen durch die Ionossphäre für jeden einzelnen Satelliten ermittelt
werden. Da beim Empfang von mehr als vier Satelliten die Auswertung des
GPS-Signales überbestimmt ist, kann man auch auf Fehler (Uhrenfehler bzw.
Positionsfehler) der einzelnen Satelliten schließen. Diese Informationen wer-
den an ein sog. Central Processing Centre weitergeleitet, wo sie zur Gesamt-
Korrektur weiterverarbeitet werden. Die Hauptfehlerquelle von Ein-Frequenz-
Empfängern, so wie sie von privaten Nutzern verwendet werden, liegt bei der
in der Ionossphare stattfindenden Signalverzögerung. Hier hilft das von den
SBA-Systemen errechnete aktuelle Korrekturgitter (IONO-Korrekturgitter)
weiter, das größte positive Auswirkung auf die Korrektur der GPS-Signale
hat. So kann die maximale Abweichung von EGNOS bei der horizontalen
Ortsbestimmung auf etwa 2 Meter heruntergedrückt werden. Damit ist es
beispielsweise hervorragend geeignet, dem Luftverkehr eine Exaktheit bei der
Positionsbestimmung zu gewährleisten, die prinzipiell ausreichen würde, ein
Flugzeug ohne Landestrahl zu landen. Allerdings wird das EGNOS nicht in
der Lage sein, die höchste Stufe (CAT III, d. h. Minimum-Sichtweite bei Nebel
ca. 100 m) des derzeit im Luftverkehr verwendeten ILS (Instrumentenlandes-
ystem) zu ersetzen. Dennoch wird es in hervorragender Weise die Navigation
im Luft- und Schiffsverkehr ergänzen und bestehende erdgebundene Naviga-
tionsysteme ablösen [131]. Voraussichtlich wird EGNOS bereits Anfang des
Jahres 2011 zur Verfügung stehen. Finanziert wird das Projekt von der EU.
Die europäische Raumfahrtagentur ESA hat die Koordination übernommen.

12.10.4 Galileo-Satellitennavigation

Aufgrund fehlender Alternativen zu dem US-amerikanischen GPS oder dem


russischen GLONASS Satellitennavigationssystem beschloss die Europäische
Union (EU) in den 90er Jahren ein unabhängiges Satellitennavigationssystem
zu entwickeln. Dies wurde notwendig, da keines der bestehenden Systeme aus
militärischen Gründen eine uneingeschränkte Funktions- bzw. Verfügbarkeits-
garantie gewährt. Außerdem ist so bei einem technischen Ausfall eines Sy-
stems noch ein weiteres vorhanden, was einen wesentlichen Sicherheitsaspekt
darstellt.
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation 447

Systemaufbau

Das derzeit im Aufbau befindliche Navigationssystem soll im endgültigen Aus-


baustadium 30 Satelliten umfassen, von denen 27 dem Betrieb des Systems
dienen und drei weitere sich als Ersatzsatelliten im Orbit befinden. Die Sa-
telliten werden in ca. 24.000 km Höhe auf drei verschiedenen Kreisbahnen
fliegen und benötigen für eine Erdumrundung etwa 14 Stunden. Sie bilden
das Raumsegment“, das in Abb. 12.29 dargestellt ist. Dabei werden jeweils

10 Satelliten auf einer Bahn gleichmäßig verteilt. Davon fungiert jeweils ein
Satellit, also insgesamt drei, als Reserve für eventuell ausfallende Satelliten.
Auf der Erde werden weltweit vernetzte Bodenstationen die Überwachung
der Satelliten übernehmen und Echtzeit-Übertragungen von Diagnose- und
Fehlermeldungen steuern. Es wird zwei gleichberechtigte Haupkontrollzentren
(GCC = Galileo Control Center) geben, eines in Deutschland (Oberpfaffen-
hofen) und eines in Italien (Fucino). Ein weiteres Kontrollzentrum, welches
das Safety-of-Life-Signal (s. u.) überwacht und Redundanzzwecken dient, wird
in Spanien errichtet. Daneben werden die von den Galileo-Satelliten ausge-
sendeten Signale von 30 Signalkontroll-Empfangsstationen (GSS Galileo Sen-
sor Station) überwacht. Fünf Satelliten-Kontrollstationen (TTC Telemetry,
Tracking and Command) übernehmen die Bahnverfolgung und -steuerung der
Satelliten. Es soll 9 Uplink-Stationen (ULS = Up-Link Stations) geben, von
welchen aus die im Betrieb notwendigen Korrektur-, Kontroll- und Steuerda-
ten im C-Band (5 GHz) zu den einzelnen Satelliten gesendet werden können.
Das Bodensegment wird komplettiert durch ein sog. Performance-Center, das

Abb. 12.29. Satellitennavigationssystem Galileo [49]


448 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

permanent die Qualität der zur Erde gesendeten Satellitensignale auswertet.


Die übergeordneten, administrativen Aufgaben des Galileo-Systems werden
einer zivilen Galileo-Betreibergesellschaft (Galileo Operating Company) über-
tragen, deren Sitz auf Frankreich (Toulouse) und England (London) aufgeteilt
wurde.
Das Galileo-System wird bezüglich seiner Flächenabdeckung bis zu einem
nördlichen Breitengrad von 75◦ (Nordkap) und südlich bis über die Südspitze
Europas reichen.
Insgesamt stellt das System 11 Navigationssignale zur Verfügung, wobei
eines davon ausschließlich dem Search and Rescue Service“ zugeteilt ist. Es

werden insgesamt drei Frequenzbänder für die Signalübertragung verwendet:
1164 − 1215 MHz, 1260 − 1300 MHz und 1559 − 1593 MHz.
Das Galileo-Navigationssystem befindet sich derzeit noch immer in der
Aufbauphase, obgleich mit den Planungen für Galileo schon im Jahre 1994
begonnen wurde. Am 28. Dezember 2005 wurde ein erster Test-Satellit (Name:
GIOVE-A1; Masse: 600 kg; Abmessungen: 1,3 m × 1,8 m × 1,65 m; Leistung:
700 W) mit einer Sojus-Trägerrakete in den Orbit transportiert, ein zweiter
folgte am 26. April 2008 (Name: GIOVE-B; Masse: 520 kg; Abmessungen: 1 m
× 1 m × 2,4 m; Leistung: 950 W). Diese beiden Satelliten sind bereits seit 2012
aber wieder außer Betrieb.
Am 21. Oktober 2011 wurden die ersten beiden IOV-Satelliten (IOV =
In Orbit Validation) von einer Sojus-Trägerrakete in ihre Umlaufbahn (in
23.222 km Höhe; die Orbitalebenen der Satelliten haben einen Inklinations-
winkel von 56◦ ) gebracht. Die nächsten beiden IOV-Satelliten folgten im Ok-
tober 2012. Von diesen ist aber nur noch einer verfügbar.
Gemäß dem Stand Mitte 2016 sind 7 Satelliten aktiv und 2 befinden sich
in der Inbetriebnahmephase. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Testpha-
se werden weitere ca. 20 Satelliten folgen. Das europäische Navigationssy-
stem Galileo wird nach dem heutigen Kenntnisstand den zivilen und militäri-
schen Nutzern in vollem Umfang (30 Satelliten) nicht vor dem Jahr 2020 zur
Verfügung stehen. Die geschätzten Kosten für das Gesamtprojekt liegen der-
zeit bei ca. 12 Mrd. Euro.
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation 449

Dienstleistungen

Das von der EU geplante Navigationssystem soll vor allem der zivilen Nutzung
zu Gute kommen. Es sind fünf Ortungs-Dienstleistungen geplant:
• Open Service: frei verfügbar
Zielapplikation: Konsumergeräte
• Safety of Life“ Service: sehr genaue Ortsauflösung, hohe Datenper-

formance, hohe Sicherheit
Zielapplikation: Navigation für Flugzeuge, Schiffe und Züge
• Commercial Service: gebührenpflichtig, Ortsauflösung lokal angeblich
bis zu 10 cm [49], verschlüsselter Datentransfer
Zielapplikation: Daten-, Zeit- und Hochpräzisionsdienstleistungen
• Public Regulated Service: garantierte Verfügbarkeit unter schwersten
Bedingungen; verschlüsselter Datentransfer
Zielapplikation: Dienste für öffentliche Organe, beispielsweise Polizei
• Search and Rescue Service: Echtzeitübertragung von Notsignalen, ge-
naue Ortsauflösung von wenigen Metern
Zielapplikation: humanitäre Hilfs- und Rettungsdienstleistungen interna-
tionaler Vereinigungen.

Kompatibilität zu GPS

In einem Vertrag zwischen der EU und USA wurde im Jahre 2004 verein-
bart, dass Galileo zu GPS kompatibel sein wird. Die Frequenzbänder L1 bei
1575, 42 MHz und L5 bei 1176, 45 MHz werden von beiden Systemen gemein-
sam benutzt. Das L2-Band (1227, 6 MHz) ist für GPS reserviert, während
Galileo das Band E6 (1278, 75 MHz) allein nutzt. Wenn das Galileo-System
vollständig ausgebaut ist, werden sich also 60 zur Navigation nutzbare Sa-
telliten im All befinden. Die im Durchschnitt erreichbare Genauigkeit der
Ortsbestimmung lässt sich mit einer solche hohen Anzahl an Satelliten prin-
zipiell erhöhen, da im Mittel mehr Satellitensignale an einem Ort gleichzeitig
empfangen werden können.

12.10.5 Störfaktoren bei der Satellitennavigation

Um eine Postionsbestimmung zu ermöglichen, ist der gleichzeitige Empfang


von mindestens 4 Satelliten erforderlich. Für eine Fehlerkorrektur jedoch ist
man auf die Überbestimmung des mit vier Unbekannten (Länge, Breite, Höhe,
Zeit) versehenen Gleichungssystems angewiesen, die mindestens den Empfang
eines 5. Satelliten notwendig macht. Dies bringt Probleme bei der Navigation
in Städten mit hohen Gebäuden mit sich, wo sich diese Forderung nicht immer
erfüllen lässt. In den meisten Fällen ist auch eine Satellitennavigation im
Inneren massiver, z. B. in Stahlbetonbauweise errichteter Bauwerke so gut
wie ausgeschlossen.
450 12 Die Messung von Frequenz und Zeit

Folgende, aus physikalischen Gründen unabwendbare Einflüsse führen in der


Regel zu Fehlern bei der Positionsbestimmung:
• Witterungsbedingte Änderungen bei der Ausbreitung elektromagnetischer
Wellen, z. B. Ionosphäreneinflüsse:
Fehler bis ca. 0,5 Meter
• Gangungenauigkeit der verwendeten Uhren:
Fehler bis ca. 2 Meter
• Fehler durch Mehrwegeausbreitung der elektromagnetischen Wellen:
Fehler bis ca. 0,5 Meter
• Abweichung von der geplanten Satellitenbahn infolge Graviation:
Fehler bis ca. 2,5 Meter

Gezielte Beeinflussung durch Störsender

Leider gibt es die Möglichkeit, gezielt Störsender gegen Satellitennavigations-


systeme, wie GPS oder Galileo, einzusetzen. Die Frequenzen dieser Störsen-
der sind mit denen der Satelliten identisch. Sie arbeiten außerdem mit den
gleichen Codefolgen, die allerdings in aller Regel unsinnige Nutzdaten über-
mitteln. Solche Störsender werden als GPS-Jammer bezeichnet, solange sie
nicht gezielt falsche Postionsdaten vortäuschen. In dieser Funktionalität je-
doch werden sie als GPS-Faker bezeichnet. GPS-Faker erfordern allerdings
eine entsprechend genaue Zeitbasis (Atomuhr), was deren Realisierung auf-
wendig macht. Es ist geplant, für das Galileo-System eine Authentifizierung
zur Erkennung gefälschter Positionsdaten anzubieten.
13
Messsignalverarbeitung

13.1 Aufgaben und Bedeutung

Die wesentlichen Aufgaben der Messsignalverarbeitung bestehen in der Mess-


wert-Vorverarbeitung sowie der Analyse der aufgenommenen Messsignale mit
Hilfe von Filtern, Funktionaltransformationen, Korrelationsverfahren, Mit-
telwertbildern, Effektivwertbausteinen, Klirrfaktor-Messbrücken, etc. (Abb.
13.1). Dabei sollen die in den gewonnenen Messwerten enthaltenen und für
ihre weitere Verwendung (z. B. Regelung, Steuerung, etc.) relevanten Infor-
mationen extrahiert werden. Oft wird die im Rahmen einer Messung interes-
sierende Zielgröße erst durch entsprechende Signalverarbeitungsmaßnahmen
gewonnen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein stark verrauschtes Mess-
signal erst durch geeignete Filtermaßnahmen vom Störsignal getrennt werden
muss. Zu den wichtigsten Signalverarbeitungsmaßnahmen zählen:

Abb. 13.1. Messwerterfassung sowie analoge und digitale Messwertverarbeitung in


einem Messsystem

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_13
452 13 Messsignalverarbeitung

• Kennlinien-Korrektur
• Filterung
• Mittelwertbildung
• Korrelationsbildung
• Bildung von Verteilungsfunktionen
• Ermittlung von speziellen Kenngrößen, wie z. B. dem Klirrfaktor
• Ausführen mathematischer Operationen, wie z. B. Multiplizieren, Dividie-
ren, Quadrieren, Radizieren, etc.
• Effektivwertermittlung.
Grundsätzlich ist zwischen analoger und digitaler Messsignalverarbeitung zu
unterscheiden. Als Vorteile der Analogtechnik sind unter anderem das hohe
Auflösungsvermögen und die hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit zu nennen.
Außerdem entfallen die bei digitalen Systemen stets benötigten Module zur
Abtastung und Analog-Digital-Umsetzung.
Im Zuge der in den letzten Jahrzehnten zu beobachtenden Qualitätsver-
besserungen elektronischer Digital-Bausteine (insbesondere in bezug auf Ge-
schwindigkeit und Auflösung) bei gleichzeitig stark reduziertem finanziellen
Aufwand werden die Systeme zur analogen Signalverarbeitung zunehmend
von digitalen abgelöst. So lassen sich mit Hilfe universeller digitaler Systeme,
wie z. B. digitaler Signalprozessoren (DSP), komplexe Aufgaben wie Funktio-
naltransformationen relativ leicht in Form von Computerprogrammen imple-
mentieren, die bei Analoglösungen einen entsprechenden Aufwand an Hard-
ware notwendig machen. Der Beitrag der analogen Messsignalverarbeitung
hingegen wird sich künftig vor allem auf Spezialprobleme bzw. Aufgaben mit
höchsten Geschwindigkeitsanforderungen konzentrieren. Mit den Möglichkei-
ten der modernen digitalen Signalverarbeitung lassen sich nun auch anspruchs-
volle messtechnische Aufgabenstellungen bewältigen, die in der Vergangenheit
oft aus Mangel an geeigneter Hardware oder auch aus Kostengründen nicht
angegangen wurden. Die Möglichkeit, komplexe Signalverarbeitungsaufgaben
auf dem PC bzw. auf einem daran angeschlossenen digitalen Signalprozessor
zu bearbeiten, erlaubt auch dem Messtechniker, auf preiswertem Wege die
Methoden der modernen digitalen Signalverarbeitung zu nutzen.
Während die analoge Technik meist teure (Spezial-) Hardware in Form von
Einzweckgeräten voraussetzt, lässt sich die digitale Signalverarbeitung - von
Problemen mit sehr hohen Geschwindigkeitsanforderungen einmal abgesehen
- auf einem General-Purpose-Rechner, wie z. B. einem PC oder einer Work-
station, bzw. auf einem universellen digitalen Signalprozessor relativ einfach
softwaremäßig implementieren. Einzige Voraussetzung ist die korrekte zeitli-
che Abtastung des Signals sowie die anschließende Analog-Digital-Umsetzung
(Kap. 11.6) der in der Regel in analoger Form vorliegenden Messsignale. Der
große Vorteil des digitalen Konzeptes besteht in der hohen Flexibilität der
entsprechenden softwaretechnischen Implementierungen.
13.2 Signalarten und Analyseformen 453

13.2 Signalarten und Analyseformen

Die in der Messsignalverarbeitung angewendeten Analyseformen hängen sehr


stark von der Art des zu analysierenden Signales ab. Daher sollte man sich
zunächst einmal mit der prinzipiellen Art der vorliegenden Messsignale aus-
einandersetzen, d. h. man sollte sie klassifizieren. Abbildung 13.2 gibt einen
Überblick über die prinzipiell möglichen Signalklassen.

nicht-stationäre
Signale
kein konstanter
nicht- Mittelwert
deterministische
Signale
Rauschen stationäre
Signale
konstanter
Mittelwert
transiente
Signale
analoge
Pulse
Signale
nicht-periodische
Signale
quasi-periodische
Signale
deterministische
Signale
vorhersagbar
allg. periodische
Signale
periodische
Signale
harmonische
Signale
Sinus

Abb. 13.2. Klassifizierung von Signalen

Am einfachsten lassen sich die periodischen Signale analysieren. Sie zählen zu


den deterministischen Signalen, die bei Kenntnis nur einer einzigen Periode
für jede Zeit vorhersagbar sind. Bei den nicht-periodischen deterministischen
Signalen muss auf eventuelle Abbruchfehler geachtet werden, die entstehen,
wenn man anstatt der bei periodischen Signalen üblichen festen Perioden-
dauer eine beliebige Zeitspanne wählt. Insbesondere bei der Anwendung der
Schnellen Fourier-Transformation (Fast Fourier Transformation FFT) werden
oft nicht periodische Signale in das der FFT zugrundeliegende Korsett der
Periodizität gezwängt, woraus entsprechende Fehler entstehen.
454 13 Messsignalverarbeitung

Bei den nicht-deterministischen Signalen, den stochastischen Rauschsigna-


len also, kann man die Signalanalyse in aller Regel auf die Ermittlung von
Mittelwerten beschränken. Man muss dabei beachten, dass diese Mittelwerte
nur bei den stationären Signalen zeitlich konstant sind. Wenn die zeitliche
Schwankung der Mittelwerte infolge von Instationaritäten groß wird, wird die
Signalanalyse dementsprechend schwierig bzw. liefert wenig aussagekräftige
Resultate.

13.3 Multiplizieren, Dividieren, Quadrieren,


Radizieren
Die im Zuge der analogen Messsignalverarbeitung standardmäßig benötig-
ten mathematischen Operationen Multiplizieren, Dividieren, Quadrieren und
Radizieren lassen sich mit Hilfe von Schaltungen implementieren, die einen
Analog-Multiplizierer enthalten. Das Schaltsymbol eines Analog-Multiplizierers
wird in Abb. 13.3 gezeigt. Wenn man sich die Eingangsvariablen uE1 und

Abb. 13.3. Analog-Multiplizierer: a) altes Schaltsymbol. E ist ein Bezugsspan-


nungswert von typ. 10 V, b) neues Schaltsymbol mit Angabe eines Bewertungsfak-
tors (hier:  − 2 ).

uE2 in einem kartesischen Koordinatensystem aufgetragen denkt, kann man


entsprechend ihrer Position, welche die verarbeitbare Polarität der Eingangs-
spannungen beschreiben soll, nach Ein-, Zwei- oder Vier-Quadranten-Multi-
plizierern unterscheiden (Tab. 13.1).

Tabelle 13.1. Grundtypen von Analog-Multiplizierern

Bezeichnung Polarität der Eingangsspannungen


Ein-Quadranten-Multiplizierer uE1 ≥ 0, uE2 ≥ 0
Zwei-Quadranten-Multiplizierer uE1 ≥ 0, uE2 beliebig
Vier-Quadranten-Multiplizierer uE1 und uE2 beliebig
13.3 Multiplizieren, Dividieren, Quadrieren, Radizieren 455

Schaltungen zur hardwaremäßigen Realisierung dieser Multiplizierer finden


sich unter anderem in [182]. Solche Schaltungen sind kommerziell in Form
von integrierten Bausteinen erhältlich.

Dividierer

Ein Analog-Dividierer lässt sich mit der in Abb. 13.4 gezeigten Operations-
verstärkerschaltung realisieren. Wenn man die Eingangsdifferenzspannung uD
idealerweise zu Null annimmt, kann man aus Gleichung
uE1 uA
uD = uE2 − =0 (13.1)
E
ableiten, dass sich die Ausgangsspannung uA durch Division der beiden Ein-
gangsspannungen ergibt
uE2
uA = E . (13.2)
uE1

Abb. 13.4. Dividierer-Schaltung

Radizierer

Wenn man hingegen beide Eingänge des Multiplizierers mit dem Operations-
verstärkerausgang verbindet (Abb. 13.5), entsteht aufgrund der Beziehung

u2A
uD = uE1 − =0 (13.3)
E
ein Radizierer, solange die Eingangsspannung positiv bleibt (uE1 ≥ 0). Daraus
folgt 
uA = EuE1 . (13.4)
456 13 Messsignalverarbeitung

Abb. 13.5. Radizierer-Schaltung

Frequenzverdoppler

Mit Hilfe des in Abb. 13.6 gezeigten Quadriererbausteins und dem nachge-
schalteten Hochpassfilter lässt sich ein Frequenzverdoppler realisieren. Wenn
man nämlich die Sinusspannung

uE = Û sin ωt (13.5)

an den Eingang dieser Schaltung legt, entsteht am Eingang des Hochpasses


die Spannung
Û 2 1 Û 2
sin2 ωt = (1 − cos 2ωt) . (13.6)
E 2 E
Wenn man weiterhin annimmt, dass die Kreisfrequenz ω weit oberhalb der
Eckfrequenz des Hochpasses liegt, folgt für die Ausgangsspannung

1 Û 2
uA = cos 2ωt . (13.7)
2 E
Das heißt, man erhält am Ausgang ein Signal mit sinusförmigem Zeitverlauf,
das in bezug auf das Eingangssignal die doppelte Frequenz und eine mit dem
Faktor Û /(2E) multiplizierte Amplitude aufweist.

Abb. 13.6. Frequenzverdoppler-Schaltung


13.4 Ermittlung des Effektivwertes 457

13.4 Ermittlung des Effektivwertes


Der Effektivwert xeff eines Signals, welcher auch als Root Mean Square Value
xRMS bezeichnet wird, entspricht der Wurzel des quadratischen Mittelwertes
 
xeff = xRMS = μ2x + Δx2 = μ2x + σx2 . (13.8)

Dabei wurde angenommen, dass sich das stationäre Zeitsignal x(t) aus einem
Gleich- μx und einem Wechselanteil Δx(t) zusammensetzt

x(t) = μx + Δx(t) . (13.9)

Die Varianz σx2 (Standardabweichung σx ) entspricht also dem Effektivwert-


quadrat des Wechselanteils.
Der Effektivwert lässt sich neben der in Kap. 6.3.5 erwähnten indirekten,
aber kurvenformabhängigen Methode (Messung des Gleichrichtwertes und
Umrechnung in den Effektivwert) auch direkt mit Hilfe von echten Effektiv-
wertmessern, z. B. mittels eines Dreheiseninstruments oder durch thermische
Verfahren (Hitzdrahtinstrument), erfassen. Neben diesen klassischen Effektiv-
wertmessern bietet die moderne Messtechnik integrierte Bausteine an, die auf
elegante Weise die Bestimmung des kurvenformunabhängigen Effektivwertes
erlauben (siehe auch Kap. 11.8).

Schaltung eines analogen Effektivwertbausteins

Eine Schaltung zur Bestimmung des echten (nicht kurvenformabhängigen) Ef-


fektivwertes eines Messsignals besteht aus der Hintereinanderschaltung eines
Quadrierers, eines Tiefpasses und eines Radizierers (Abb. 13.7). Die Eingangs-
spannung uE wird zunächst quadriert und tiefpassgefiltert, sodass sich die
Spannung ū1 am Eingang des Radizierers als der quadrierte Effektivwert der
Eingangsspannung ergibt
 T
1 u2E (t)
ū1 = dt . (13.10)
T 0 E

Abb. 13.7. Prinzipschaltung zur Bestimmung des kurvenformunabhängigen Effek-


tivwertes
458 13 Messsignalverarbeitung

Die Ausgangsspannung uA entspricht schließlich dem (kurvenformunabhängi-


gen) Effektivwert


1 T u2E (t)
uA = E dt = uEeff . (13.11)
T 0 E

Ein nicht unwesentlicher Nachteil der in Abb. 13.7 gezeigten Schaltung besteht
in der Einschränkung ihres Dynamikbereiches, was letztlich auf die Quadrie-
rung des Eingangssignals zurückzuführen ist. Wenn die Schaltung aufgrund
ihrer hohen Bandbreite dennoch eingesetzt wird, muss im Allgemeinen die
Eingangsdynamik auf etwa 20 dB, d. h. also ein Verhältnis von 1:10 zwischen
kleinster und größter Eingangsspannung, begrenzt werden, um den Gesamt-
fehler gering (typischerweise ca. 0,1 %) zu halten.
Die Schaltungsvariante nach Abb. 13.8 hingegen deckt einen wesentlich
größeren Dynamikbereich ab, da die Quadrierung am Eingang mit einer gleich-
zeitigen Division verbunden ist. Diese Division ersetzt die ansonsten notwen-
dige Radizierung am Ausgang. Infolge dieser Schaltungstechnik variiert die
Signalamplitude innerhalb der gesamten Schaltung nur linear mit der Ein-
gangsamplitude, womit eine entsprechende Dynamikerweiterung verbunden
ist. Die Ausgangsspannung des kombinierten Quadrierer-Dividierer-Bausteins
beträgt
u2
u1 = E . (13.12)
uA
Der nachgeschaltete Tiefpass führt die zeitliche Mittelwertbildung durch

 T
u2E 1 u2E (t)
u1 = = dt . (13.13)
uA T 0 uA (t)

Mit verschwindender Eingangsdifferenzspannung des Operationsverstärkers


folgt

1 T u2E (t)
uA = dt = u1 . (13.14)
T 0 uA (t)
Im stationären Zustand ist die Ausgangsspannung uA konstant und damit
gleich dem Effektivwert der Eingangsspannung

Abb. 13.8. Schaltung zur Messung des kurvenformunabhängigen Effektivwertes


13.4 Ermittlung des Effektivwertes 459

 T
1
uA = u2E (t) dt = uEeff . (13.15)
T 0

Weitere Variante eines analogen Effektivwertbausteins

Eine weitere Möglichkeit, den kurvenformunabhängigen Effektivwert zu er-


mitteln, bietet sich unter Zuhilfenahme der mathematischen Operation des
Logarithmierens an. Abbildung 13.9 zeigt das Prinzip der entsprechenden
Schaltung. Die Ausgangsspannung uA entspricht dem echten“ kurvenformu-

nabhängigen Effektivwert


u2E (t) u2E (t)
uA = (e[ln(|uE (t)|2 )−ln(uA )] ) = = (13.16)
uA uA

uA = u2E (t) = uEeff . (13.17)

Abb. 13.9. Schaltung zur echten“ (kurvenformunabhängigen) Effektivwertmes-



sung auf der Basis eines Logarithmierers

13.4.1 Messung des Effektivwertes für beliebige Signalverläufe

Der Effektivwert wurde anhand von Gl. (6.89) für einen periodischen Span-
nungsverlauf definiert. Dabei wird über eine Zeitdauer T integriert, die der
Periodendauer entspricht. Es stellt sich nun aber noch die Frage, wie der
Effektivwert für nicht-periodische Signalverläufe ermittelt werden kann. Wir
wollen dazu von einem allgemeinen Zeitsignal ausgehen, dessen Effektivwert
auch keineswegs zeitlich konstant sein muss, d. h. es existiert ein Effektivwert
ueff (t), der zeitlich variieren kann.
Dieser allgemeine Fall einer zeitlich beliebig verlaufenden Spannung u(t)
wird von den Effektivwert-Messschaltungen nach Abb. 13.7 und 13.8 ebenfalls
abgedeckt. Man erhält am Ausgang eine Spannung uA , die dem Kurzzeitef-
fektivwert uT eff entspricht
uA = uT
eff (τ ) . (13.18)
460 13 Messsignalverarbeitung

Dabei hängt der von der Schaltung ausgegebene Wert von der Integrations-
dauer T ab, die hier im Gegensatz zu periodischen Signalen nicht mehr der
Periodendauer, sondern einer frei wählbaren Integrationszeit entspricht
 
T 1 τ
ueff (τ ) = u2 (t) dt . (13.19)
T τ −T E

Man erhält so einen zeitlich sich verändernden Effektivwert, welcher der Ener-
gie des Signales im Integrationszeitraum entspricht. In der Praxis muss sich
diese Integrationsdauer T an der Geschwindigkeit orientieren, mit der sich
der Effektivwert ändert bzw. auch daran, welche Information man dem Effek-
tivwert gerade entnehmen möchte. So kann man bei der Effektivwertmessung
von Audiosignalen mit den typischerweise verwendeten Schallpegelmessern bei
der Intgerationszeit zwischen Impulsauswertung, schnell und langsam wählen,
je nachdem, mit welcher Geschwindigkeit man das Signal gerade verfolgen
möchte.

Tip:
Auf der DVD-ROM befindet sich das LabVIEW-Programm
kurzzeiteffektivwert.vi, welches die Ermittelung des
Kurzzeiteffektivwertes demonstriert. Der Anwender kann
dort auf dem Frontpanel eine einzulesende wav-Datei auswählen und
die Integrationsdauer T für die Effektivwertberechnung einstellen. Nach
dem Start des Programms wird im Signalverlaufsgraph das Zeitsignal
sowie der Verlauf des Kurzzeiteffektivwertes dargestellt.

13.5 Bestimmung von Mittelungswerten


In der Messtechnik muss sehr oft auf Mittelungswerte (Mittelwerte) zurückge-
griffen werden, weil diese aussagekräftiger sind als die direkte Zeitgröße. Dies
gilt insbesondere für stochastische Größen, wie Rauschsignale, bei denen der
Momentanwert nahezu ohne Aussage bleibt.

Arithmetischer Mittelwert

Der einfachste Mittelungswert ist der arithmetische Mittelwert μx einer Folge


aus Abtastwerten x(tn ) bzw. eines kontinuierlichen Signals x(t) (s. auch Gl.
(6.87)), der wie folgt definiert werden kann

1 
+N
μx = lim x(tn ) (13.20)
N →∞ 2N + 1
n=−N

bzw.
13.5 Bestimmung von Mittelungswerten 461
 +T
1
μx = lim x(t) dt . (13.21)
T →∞ 2T −T
Da die Mittelungen aus gerätetechnischen Gründen nur über endliche Zeitin-
tervalle durchgeführt werden können, beschränkt man sich auf sog. Kurzzeit-
mittelwerte, welche lediglich Schätzwerte der obigen theoretischen Mittelwerte
sind. Dabei wird vorausgesetzt, dass der Signalverlauf x(t) stationär ist, damit
der Mittelwert in der endlichen Beobachtungsdauer T repräsentativ für den
ganzen Signalverlauf ist. Diese Voraussetzung ist bei periodischen Signalen
exakt erfüllt, wenn die Beobachtungsdauer T gerade gleich einem ganzzahli-
gen Vielfachen der Periodendauer gewählt wird. Für periodische Signale mit
der Periodendauer N bzw. T vereinfachen sich die Gln. (13.20) und (13.21)
daher zu
1 
N
μx = x(tn ) (13.22)
N n=1
bzw. 
1 T
μx = x(t) dt . (13.23)
T 0
Der arithmetische Mittelwert entspricht bei stationären Signalen dem Gleich-
anteil eines Signals. Er wird auch als Moment 1. Ordnung bezeichnet. Bei der
zeitlichen Mittelung wird also der Gleichanteil xDC eines Signals von seinem
Wechselanteil xAC getrennt

x(t) = μx + Δx(t) = xDC + xAC (t) . (13.24)

Laufende Mittelung

Wenn man die Entstehung des Mittelwertes ab dem Vorliegen der ersten (bei-
den) Messwerte beobachten möchte, bietet sich die sog. laufende Mittelung
an, die wie folgt anhand des aktuellen Abtastwertes xn und des nach (n − 1)
Schritten berechneten Mittelwertes μn−1 durchgeführt werden kann
xn − μn−1
μn = μn−1 + . (13.25)
n
Die Richtigkeit dieser Formel lässt sich durch folgende Umformung beweisen
nμn−1 − μn−1 + xn
μn =
n
(n − 1)μn−1 + xn
=
 n 

n−1
(n − 1) (n−1)
1
xi + xn
i=1
=
n
1
n
= xi . (13.26)
n i=1
462 13 Messsignalverarbeitung

Ein Sonderfall der laufenden Mittelung ist die exponentielle Mittelung, bei
der ältere Messwerte stets geringer gewichtet werden als neuere. Diese Art
der Mittelung lässt sich durch ein Tiefpassfilter 1. Ordnung realisieren, wo-
bei bezüglich der Grenzfrequenz dieses Tiefpasses ein Kompromiss zwischen
schnellem Einschwingen des Mittelwertes (hohe Grenzfrequenz wünschens-
wert) und dem Eliminieren des von sehr tiefen Frequenzanteilen hervorgeru-
fenen stationären Fehlers (tiefe Grenzfrequenz günstig) geschlossen werden
muss.

Gleitende Mittelung

Bei der gleitenden Mittelung (moving averaging) wird ein arithmetischer Mit-
telwert über die letzten N Messwerte wie folgt gebildet
xn − xn−N
μn = μn−1 + . (13.27)
N
Für den Fall, dass die letzten N Samplewerte nicht mehr verfügbar sind, lässt
sich Gl. (13.27) durch folgendes Bildungsgesetz approximieren
xn − μn−N
μn ≈ μn−1 + . (13.28)
N
Dabei wurde der Samplewert xn−N durch den Mittelwert μn−N ersetzt.

13.6 Kenngrößen nicht-sinusförmiger periodischer


Signale
Man hat generell zwischen Signalen mit periodischem Zeitverlauf und sol-
chen mit nicht-periodischem Zeitverlauf zu unterscheiden (Abb. 13.10). Die
folgenden Betrachtungen beschränken sich ausschließlich auf periodische Si-
gnale, die im allgemeinen Fall einen nicht-sinusförmigen Zeitverlauf aufweisen.
Ein nicht-sinusförmiges Signal wird dann als periodisch bezeichnet, wenn die
in ihm enthaltenen Sinusfrequenzen im Verhältnis rationaler Zahlen zuein-
ander stehen. Man kann sich ein beliebiges, nicht-sinusförmiges Signal x(t)
als Summe von (im allgemeinen Fall unendlich) vielen Sinusschwingungen

Abb. 13.10. Signalarten: a) Nicht-periodischer Signalverlauf, b) periodischer Si-


gnalverlauf
13.6 Kenngrößen nicht-sinusförmiger periodischer Signale 463

unterschiedlicher Frequenz und Phasenlage in Form einer Fourierreihe zusam-


mengesetzt denken. Bei einer periodischen Schwingung stehen die Frequenzen
dieser Sinusschwingungen in einem ganzzahligen Verhältnis.
Die Folgefrequenz eines periodischen Signals entspricht der Zahl der Peri-
oden pro Sekunde. Mit Hilfe einer Fourieranalyse (Kap. 3) kann das Signal
in seine Sinus-Komponenten (Fourier-Komponenten) zerlegt werden [165].
Die Amplituden der einzelnen Sinusschwingungen werden im sog. Ampli-
tudenspektrum dargestellt. Abbildung 13.11 zeigt als Beispiel das Amplitu-
denspektrum eines periodischen Rechtecksignals. Auch ein ursprünglich rein
monofrequentes Sinussignal kann auf seinem Übertragungsweg nichtlinearen
(Schaltungs-)Einflüssen ausgesetzt sein, woraufhin Oberwellen des Originalsi-
gnals (d. h. der Grundwelle) entstehen. Diese Nichtlinearitäten kommen bei-
spielsweise in Verstärkern vor, wenn die Signalamplituden in den Bereich der
Aussteuerungsgrenzen vorstoßen. In Audioanlagen sind die dabei entstehen-
den nichtlinearen Verzerrungen manchmal sogar akustisch wahrnehmbar. Die-
se Verzerrungen, die anhand des sog. Klirrfaktors bemessen werden, sind un-
gewollt und man ist bestrebt, sie zu unterdrücken.

Abb. 13.11. Amplituden-Spektrum einer unendlichen Folge von Rechteckpulsen


mit der Periodendauer T1 = 1/f1

Klirrfaktor
Durch Nichtlinearitäten in elektrischen (oder mechanischen) Schaltkreisen
entstehen Oberschwingungen mit den Amplituden û2 , û3 , ... eines ursprünglich
sinusförmigen Signals mit der (Grundwellen-)Amplitude û1 . Als Maß für diese
Oberschwingungen wird der Klirrfaktor k angegeben, welcher das Verhältnis
des Effektivwertes aller Oberwellen zum Effektivwert des Gesamtsignals an-
gibt

2 + U 2 + U 2 + ...
U2eff 3eff 4eff
k= 2 2 + U 2 + U 2 + ... 100%
U1eff + U2eff 3eff 4eff


û22 + û23 + û24 + ...
k= 100% . (13.29)
û21 + û22 + û23 + û24 + ...
464 13 Messsignalverarbeitung

Dabei bezeichnen
û1 : Amplitude der Grundwelle
U1eff : Effektivwert der Grundwelle
û2 , û3 , ...: Amplituden der Oberwellen
U2eff , U3eff , ... : Effektivwerte der Oberwellen.

Zur Messung des Klirrfaktors werden Klirrfaktor-Messbrücken eingesetzt, wel-


che obige Formel mit Hilfe von Filterschaltungen auswerten (Abb. 13.12).

Abb. 13.12. Schaltung zur Ermittlung des Klirrfaktors

Dazu wird das zu analysierende Signal, je nachdem, ob es sich um ein hoch-


oder niederfrequentes Signal handelt, auf den entsprechenden Eingang gege-
ben und zunächst direkt einem Effektivwertmesser zugeführt, der den kur-
venformunabhängigen ( echten“) Effektivwert des Gesamtsignals misst und

anzeigt bzw. speichert. Danach wird das Eingangssignal in einer zweiten Mes-
sung über ein sog. Notchfilter geführt. Dies ist eine steilflankige Bandsperre,
die eine bestimmte (einstellbare) Spektralkomponente unterdrückt und das
restliche Signal durchlässt. Wenn man mit Hilfe des Notchfilters die Grund-
welle ausfiltert, den dabei gemessenen Effektivwert ins Verhältnis zum gemes-
senen Effektivwert des Gesamtsignals setzt und den Quotienten in Prozent
ausdrückt, erhält man schließlich als Ergebnis den aktuellen Wert des Klirr-
faktors des Eingangssignals. Abschließend soll noch erwähnt werden, dass aus
der Angabe des Klirrfaktors keine Rückschlüsse auf den Zeitverlauf des Si-
gnals gezogen werden können, da aus dem Wert des Klirrfaktors weder die
Phasenbeziehungen der Harmonischen zueinander noch die Werte ihrer Ein-
zelamplituden hervorgehen.
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion 465

Spektralanalyse

Die spektrale Zusammensetzung eines periodischen Signals lässt sich mit Hil-
fe eines abstimmbaren steilflankigen Bandpassfilters und eines Effektivwert-
oder Amplitudenmessgerätes auf analoger Basis messen. Dazu wird das Filter,
das durch seine Mittenfrequenz fm und seine Bandbreite Δf gekennzeichnet
ist, nacheinander auf die einzelnen Spektrallinien des periodischen Signals x(t)
abgestimmt. Die jeweiligen Ausgangsspannungen des Filters werden mit Hilfe
eines Effektivwertspannungsmessers ermittelt. Bei einer automatischen Mes-
sung wird die Mittenfrequenz des Bandpassfilters zwischen einer unteren fu
und einer oberen Grenzfrequenz f0 variiert und die jeweils gemessene Aus-
gangsspannung über der Frequenz aufgetragen.
Wenn ein reines Linienspektrum (d. h. man hat ein periodisches Eingangs-
signal) gemessen wird, entsteht aufgrund der Faltung der einzelnen Spektralli-
nien mit der Übertragungsfunktion des Bandpasses ein resultierendes Spek-
trum, das an den Stellen der Spektrallinien das Spektrum des Bandpas-
ses zeigt. Aus diesen Gründen ist es einleuchtend, dass die Bandpassüber-
tragungsfunktion so schmalbandig wie möglich sein sollte. Dies geht allerdings
zu Lasten der Einschwingzeit, die proportional mit 1/Δf ansteigt.

13.7 Messung von Signaleigenschaften durch


Bestimmung der Korrelationsfunktionen

Abb. 13.13. Direkte Messmethode

Neben der bereits in den vorangegangenen Kapiteln behandelten, standardmä-


ßig eingesetzten direkten Messmethode (Abb. 13.13) sowie der in den Kapiteln
9.2 - 9.5 behandelten indirekten Messmethode auf der Basis von Kompensa-
tionsschaltungen (Abb. 13.14) gibt es noch eine dritte grundlegende Messme-
thode, nämlich die Messung durch Korrelation mit einem Modellsignal. Bei
diesem in Abb. 13.15 gezeigten Verfahren wird die Messgröße nach einer Si-
gnalumformung mit einem Modellsignal, das wiederum auch das Messsignal
selbst sein kann, mit Hilfe eines Korrelators verglichen. Aus dieser Vergleichs-
messung lassen sich wesentliche Signaleigenschaften der Messgröße ableiten.
Um die dabei ablaufenden Vorgänge besser zu verstehen, sollen zunächst die
Korrelationsfunktionen definiert und anschließend gezeigt werden, welche Si-
gnaleigenschaften sich aus ihren Funktionsverläufen ablesen lassen.
466 13 Messsignalverarbeitung

Abb. 13.14. Indirekte Messung durch Kompensation

Korrelationsfunktionen: Kreuzkorrelationsfunktion, Autokorrela-


tionsfunktion

Es sind zwei Arten von Korrelationsfunktionen definiert, nämlich die Kreuz-


korrelationsfunktion Rxy
 +T
1
Rxy (τ ) = lim y(t)x(t + τ ) dt (13.30)
T →∞ 2T −T

sowie die Autokorrelationsfunktion Rxx


 +T
1
Rxx (τ ) = lim x(t)x(t + τ ) dt , (13.31)
T →∞ 2T −T

wobei x(t) und y(t) beliebige zeitkontinuierliche Funktionen sind. Die Kor-
relationsfunktionen bilden die Grundlage der Korrelationsmesstechnik, in der
die Ähnlichkeit von Signalverläufen ermittelt wird.

Praktische Auswertung von Korrelationsfunktionen

In der praktischen Messtechnik allerdings muss man bei der Anwendung der
obigen Definitionsgleichungen (Gln. (13.30) und (13.31)) vorsichtig sein, da
sich der Grenzübergang für T → ∞ in der Regel nicht mehr sinnvoll gestalten
lässt.

Abb. 13.15. Messung durch Korrelation mit einem Modellsignal


13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion 467

Für periodische Signale kann man den Grenzwert T → ∞ ohne Probleme


durch T = T0 ersetzen, wenn T0 die Periodendauer ist.
Für nicht-periodische Signale hingegen greift diese Vereinfachung nicht.
Man muss dabei sehr wohl nach der Art des zu korrelierenden Signals unter-
scheiden. Aus diesem Grund sollen die im folgenden bei der Korrelation be-
handelten Signale zunächst einmal definiert werden. Man unterscheidet dabei
4 Arten von Signalen:

1. Energiesignale

Ein Signal x(t) wird als Energiesignal bezeichnet, wenn folgende Relation
erfüllt ist  +∞  +∞
x(t) · x(t + τ )dt = |x(t)|2 dt < ∞ . (13.32)
−∞ −∞

2. Leistungssignale

Wenn das Integral nach Gl. (13.32) divergiert, aber der Grenzwert
 +T  +T
1 1
lim x(t) · x(t + τ )dt = lim |x(t)|2 dt < ∞ (13.33)
T →∞ τ →0 2T −T T →∞ 2T −T

existiert, spricht man von Leistungssignal.

3. Stationäre Signale

Ein stochastisches Signal (in diesem Zusammenhang oft auch als Prozess be-
zeichnet) wird als stationär bezeichnet, wenn seine statistischen Eigenschaften
zeitinvariant sind. So ist beispielsweise für stationäre Signale neben der Exi-
stenz von Mittelwerten auch deren zeitliche Konstanz gewährleistet.

4. Ergodische Signale

Zur Ermittlung eines bestimmten Mittelwertes eines stationären Signales muss


man aber immer noch über eine theoretisch unendliche Zeitdauer mitteln,
bzw. man muss einen “Supermittelwert” aus vielen Mittelwerten bilden, die
über ein endliches Zeitintervall zu verschiedenen Zeitpunkten t1 , t2 , ..., tn auf-
genommen wurden. Da aber zur korrekten Mittelwertbildung diese Messungen
immer noch an der gesamten Schar der Zufallssignale vorgenommen werden
müssen, stellt sich die Frage, ob es für bestimmte stationäre Prozesse nicht
genügt, diese Messungen repräsentativ an einer einzigen Musterfunktion vor-
zunehmen. Solche Signale (Prozesse), für die alle Zeitmittelwerte gleich den
entsprechenden Scharmittelwerten sind, nennt man ergodische Signale. Für
ein sog. schwachergodisches Signal (Prozess) wird diese Identität nur für
den linearen Mittelwert und die Autokorrelationsfunktion gefordert [105]. Die
468 13 Messsignalverarbeitung

Bedeutung dieser als Ergodentheorem bezeichneten Aussage ist sehr weitrei-


chend, da sie besagt, dass die statistischen Aussagen eines solchen Zufallspro-
zesses aus einer einzigen Musterfunktion bestimmt werden können. Für die
Praxis ist sie allerdings in der Regel nur von geringem Wert, da sich die Äqui-
valenz von Scharmittelwert und Zeitmittelwert höchstens in Ausnahmefällen
beweisen lässt. Die Ergodizität spielt daher vielfach die Rolle einer nützlichen
Annahme, welche die experimentelle Analyse und mathematische Beschrei-
bung eines realen stochastischen Signals überhaupt erst ermöglicht [197].

Autokorrelation nicht-periodischer Signale

Ergodische (stochastische) Signale

Aufgrund der Definition ergodischer Signale (siehe oben) ist die Ermittlung
von deren Autokorrelierten möglich, indem über ein beliebiges (endliches)
Zeitintervall gemittelt wird.

Energiesignale

Für Energiesignale, d. h. Signale mit endlicher Energie (s. obige Definition),


ist die Autokorrelationsfunktion nach der Definitionsgleichung (Gl. (13.31))
infolge der Grenzwertbildung mit T → ∞ stets Rxx (τ ) ≡ 0.
Um der Korrelationsbildung in solchen Fällen wieder eine Sinnhaftigkeit
E
zu geben, geht man vielfach zur sog. Impulskorrelationsfunktion Rxx über.
Diese entspricht der Korrelationsfunktion bis auf die zeitliche Normierung auf
1/2T , die einfach weggelassen wird
 +T
E
Rxx (τ ) = lim x(t)x(t + τ ) dt . (13.34)
T →∞ −T

Man darf allerdings nicht übersehen, dass die Korrelationsfunktionen mit ih-
ren entsprechenden Impulskorrelationsfunktionen bezüglich der Einheit nicht
mehr übereinstimmen. Bei Spannungssignalen beispielsweise ergeben sich die
Einheiten wie folgt

Rxx (τ ) [V 2 ] (13.35)
E 2
Rxx (τ ) [V s] . (13.36)

Dies bedeutet insbesondere auch, dass sich der Effektivwert (bzw. dessen Qua-
E
drat) nicht mehr aus Rxx (τ = 0) ergibt.
Wer diese Nachteile umgehen möchte, dem bleibt der Weg, stattdessen
Kurzzeitkorrelationsfunktionen zu ermitteln. Diese entsprechen den De-
finitionsgleichungen (Gln. (13.30) und (13.31)) mit dem Unterschied, dass
nicht der Grenzwert T → ∞ gebildet wird, sondern sich die zeitliche Mit-
telung auf ein endliches Zeitintervall T bezieht. Das heißt, dass anstatt der
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion 469

exakten Auto- bzw. Kreuzkorrelationsfunktion (approximative) Schätzwerte


ermittelt werden 
1 T
T
R̂xx (τ ) = x(t + τ ) · x(t) dt (13.37)
T 0
bzw.  T
1
T
R̂xy (τ ) = x(t + τ ) · y(t) dt . (13.38)
T 0
Die Unterschiede zwischen Impulskorrelationsfunktion und Kurzzeitkorrelati-
onsfunktion soll anhand eines Beispiels erläutert werden.

Beispiel für Impuls- und Kurzzeitskorrelationsfunktion

Wenn man eine Sprungfunktion ε(t) auf einen RC-Hochpass mit der Zeitkon-
stanten 1/α = RC gibt, so erhält man die (Sprung-)Antwort

A · e−αt für t ≥ 0
h(t) = . (13.39)
0 für t < 0

Die entsprechende Impulskorrelationsfunktion ergibt sich aus


 +T
E
Rhh (τ ) = lim h(t) · h(t + τ ) dt
T →∞ −T
 T
= lim h(t) · h(t + τ ) dt (13.40)
T →∞ 0
A2 −ατ
E
Rhh (τ ) = ·e . (13.41)

Alternativ kann man die Kurzzeitkorrelationsfunktion gemäß
 T
1
T
R̂hh (τ ) = h(t) · h(t + τ ) dt (13.42)
T 0

ermitteln. Dies resultiert in


A2
T
R̂hh (τ ) = · e−ατ (1 − e−2αT ) (13.43)
2αT
und bedeutet, dass die Kurzzeitkorrelationsfunktion (in entscheidendem Ma-
ße) von der gewählten Mittelungsdauer T abhängt. Wählt man nun T so, dass
die zu analysierende Funktion h(t) fast nahezu abgeklungen ist, beispielsweise
T = 3/α (e−3 ≈ 0, 05), so ergibt sich

A2 −ατ A2 −ατ
T
R̂hh (τ ) = ·e (1 − e−6 ) ≈ ·e . (13.44)
6 6
Das Quadrat des entsprechenden Effektivwertes lässt sich gemäß
470 13 Messsignalverarbeitung

T A2
R̂hh (τ = 0) = h2 (t) = h2eff = (13.45)
6
bestimmen.
Die für die Mittelungsdauer T ermittelte Kurzzeitkorrelationsfunktion ent-
spricht im Übrigen der exakten Autokorrelationsfunktion Rxx (τ ) für eine sich
periodisch wiederholende Pulsfunktion h(t) mit der Periodendauer T .

Tip:
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass das auf
beiliegender CD verwendete Programm LabVIEW in vie-
len Fällen ebenfalls diese Kurzzeitkorrelationsfunktionen be-
rechnet bzw. (gleichbedeutend) die exakte Korrelationsfunk-
tion der entsprechenden mit T periodischen Funktion. Durch
Festlegen der Abtastrate bzw. der Abtastdauer (Dauer zwischen zwei
Abtastzeitpunkten t) und der Anzahl N an Abtastungen wird auto-
matisch die Zeit T = N · t festgelegt. Man kann sie als Mittelungs-
dauer T bei der Berechnung des Kurzzeitkorrelationswertes interpretie-
ren oder alternativ als Periodendauer T , nach der sich das abgetastete
bzw. eingegebene Signal wiederholt. Betrachten Sie dazu das Programm
demo_kurzzeitkorrelationsfunktion.vi auf der CDROM.

Bestimmung von Signaleigenschaften durch Messung der


Korrelationsfunktionen

Die Kreuzkorrelationsfunktion Rxy (τ ) stellt ein Maß für die Ähn-


lichkeit zwischen den beiden Signalen x(t) und y(t) dar. Wenn die aus
den Signalen x(t) und y(t) gebildete Kreuzkorrelationsfunktion für alle Zeit-
verschiebungswerte τ den Wert Null annimmt, heißt das, dass sich die beiden
Signale in keiner Weise ähnlich sind. Man bezeichnet sie dann als statistisch
unabhängig bzw. als unkorreliert.
Die Autokorrelationsfunktion Rxx (τ ) beschreibt die Beständig-
keit eines Signals in Abhängigkeit einer Zeitverschiebung τ . Ist
Rxx (τ ) groß, so muss x(t + τ ) sehr ähnlich x(t) für diesen speziellen Wert
von τ sein. Für den Fall, dass die Autokorrelationsfunktion verschwindet
(Rxx (τ ) = 0), sind x(t) und x(t + τ ) orthogonal zueinander. Die Autokor-
relationsfunktion hat folgende grundsätzliche Eigenschaften:
• Ihr Wert für τ = 0 entspricht dem zeitlichen Mittelwert des quadrier-
ten Zeitsignals. Dieser ist wiederum mit dem Quadrat des Effektivwertes
identisch
Rxx (0) = x2 . (13.46)
• Die Autokorrelationsfunktion erreicht für τ = 0 stets ihren Maximalwert
Rxx (τ ) ≤ Rxx (0) . (13.47)
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion 471

• Die Autokorrelationsfunktion ist immer eine gerade Funktion bezüglich


der Zeitverschiebungsvariablen τ

Rxx (τ ) = Rxx (−τ ) . (13.48)

• Ihr Wert für τ → ∞ entspricht dem Quadrat des zeitlichen Mittelwertes x̄

Rxx (∞) = x2 . (13.49)

• Bei periodischen Signalen (Periodendauer T) ist auch deren Autokorrelier-


te mit der selben Periodendauer periodisch

Rxx (τ ) = Rxx (τ + T ) . (13.50)

Die sog. bezogenen Korrelationsfunktionen rxx bzw. rxy liefern aufgrund der
in den Gln. (13.51) und (13.52) beschriebenen Normierungen nur Werte im
Zahlen-Intervall [−1, +1]

Rxx (τ )
rxx = (13.51)
Rxx (0)
Rxy (τ )
rxy =  . (13.52)
Rxx (0)Ryy (0)

Die Art und Weise, wie die Autokorrelationsfunktion vom Wert Rxx als Funk-
tion der Verschiebungszeitspanne τ abfällt, ist für die Erhaltungstendenz (in-
nere Kohärenz) des Signals x(t) charakteristisch. Diese innere Kohärenz eines
Signals lässt sich aus der sog. Kohärenzzeit τ0 ablesen, welche aus der Sub-
tangente der Autokorrelationsfunktion Rxx (τ ) an der Stelle τ = 0 wie folgt
ermittelt werden kann
−Rxx (0) Rxx (0)
τ0 = d
= d
. (13.53)
dτ Rxx (τ )|τ =0+ dτ Rxx (τ )|τ =0−

Große Kohärenzzeitwerte deuten auf eine hohe Erhaltungstendenz des Signals


hin.
Mit Hilfe des Korrelationsverfahrens lässt sich überprüfen, ob das zu unter-
suchende Signal bestimmte vorgegebene Eigenschaften besitzt. Häufig genügt
es bereits, den zeitlichen Produktmittelwert von Messsignal x(t) und einem
zu definierenden Modellsignal y(t) zu bilden. Dieser entspricht nämlich dem
Anfangswert der Korrelationsfunktion [147]

Rxy (0) = x(t)y(t) . (13.54)

Aus der Größe des Produktmittelwertes bzw. dem Verlauf der Korrelations-
funktion kann man beispielsweise feststellen, ob ein unregelmäßiges Signal
eine verdeckte Periodizität besitzt. Außerdem lässt sich aus ihrem Verlauf
gegebenenfalls die Periodendauer dieser Periodizität ablesen (Abb. 13.16).
472 13 Messsignalverarbeitung

Abb. 13.16. Ermittlung von Periodizitäten mit Hilfe der Autokorrelationsfunktion:


a) mit Rauschen überdecktes harmonisches Signal, b) harmonisches Signal

Die Kreuzkorrelation zweier gleichfrequenter harmonischer Signale

u(t) = û sin(ωt + ϕ) (13.55)

und
uM (t) = ûM sin(ωt + ϕM ) (13.56)
beispielsweise ergibt sich nach Auswertung von Gl. (13.30) zu

ûûM
RuuM (τ ) = cos(ωτ + ϕM − ϕ) . (13.57)
2
Sie verläuft also ebenfalls sinusförmig mit der Variablen τ und der Kreisfre-
quenz ω.
In Abbildung 13.17 werden die Autokorrelationsfunktionen von normal-
verteiltem und bandbegrenztem Rauschen verglichen.

Anwendungen der Korrelationstechnik bei der Distanzmessung

Die Korrelationstechnik kann genutzt werden, um auf einfache Weise unter


Zuhilfenahme von in Wellenform ausbreitungsfähigen, stochastischen Signalen
Distanzmessungen durchzuführen.
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion 473

Abb. 13.17. Beispiele von Autokorrelationsfunktionen: a) Normalverteiltes Rau-


schen, b) Bandbegrenztes Rauschen

Tip:
Diese Methode der Distanzmessung kann man anhand der
LabVIEW-Übungsaufgabe 2.4 auf der CD-ROM in einem
simulierten Experiment testen.

In der Akustik regt man dazu einen Lautsprecher mit einem (bandbegrenzten)
Rauschsignal an (Abb. 13.18), das im Folgenden als Sendesignal x(t) (Abb.
13.19a) bezeichnet wird. Um die Strecke Lx zwischen dem Lautsprecher und
einem Mikrophon zu messen, genügt es, das vom Mikrophon gelieferte Emp-

Abb. 13.18. Prinzip der Distanzmessung mit Hilfe akustischer Rauschsignale und
der Korrelationstechnik
474 13 Messsignalverarbeitung

Abb. 13.19. Akustische Distanzmessung: a) Sendesignal, b) Empfangssignal

fangssignal y(t) (Abb. 13.19b) mit dem Sendesignal einer Kreuzkorrelation


zu unterwerfen. Die entsprechende Kreuzkorrelationsfunktion Rxy (τ ) zeigt ei-
ne Spitze bei der Zeit τ1 , die der Laufzeit des akustischen Signals zwischen
Lautsprecher und Mikrophon entspricht (Abb. 13.20). Bei bekannter Schall-
ausbreitungsgeschwindigkeit c kann daraus die Distanz Lx in einfacher Weise
anhand folgender Gleichung bestimmt werden

Lx = cτ1 . (13.58)

Abb. 13.20. Kreuzkorrelationsfunktion, die aus Sendesignal x(t) und Empfangssi-


gnal y(t) gebildet wird

Spektrale Leistungsdichte

Neben der bekannten Fourier-Transformierten X(ω) eines Zeitsignals x(t)


(Abb. 13.21) ist auch die Fourier-Transformierte der entsprechenden Autokor-
relationsfunktion Rxx (τ ) definiert. Der daraus resultierende Funktionsverlauf
Sxx (ω) wird spektrale Leistungsdichtefunktion genannt
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion 475

Abb. 13.21. Fourier-Transformation eines Zeitsignals x(t), seiner Autokorrelations-


funktion Rxx (τ ) und seiner spektralen Leistungsdichtefunktion Sxx (ω) nach [150]

 +∞
Sxx (ω) = Rxx (τ )e−jωτ dτ
−∞
 +∞
=2 Rxx (τ ) cos(ωτ ) dτ . (13.59)
0

Die inverse Fourier-Transformation führt wiederum zu der Autokorrelations-


funktion Rxx (τ )
 +∞
1
Rxx (τ ) = Sxx (ω)ejωτ dω
2π −∞

1 +∞
= Sxx (ω) cos(ωτ ) dω . (13.60)
π 0
Die Gln. (13.59 - 13.60) werden Wiener-Khintchine-Beziehungen genannt
(s. auch Abb. 13.21).

Parcevalsches Theorem

Das Parcevalsche Theorem besagt, dass die mittlere totale Signalleistung im


Zeitbereich gleich derjenigen im Frequenzbereich ist. Das Integral über die
476 13 Messsignalverarbeitung

spektrale Leistungsdichtefunktion Sxx (ω) von ω = −∞ bis ω = +∞ entspricht


der mittleren totalen Leistung des Signals
 +∞ 
2
1 1 ∞
x = Rxx (0) = Sxx (ω) dω = Sxx (ω) dω . (13.61)
2π −∞ π 0

Der Autokorrelationskoeffizient Rxx (0) gibt also die in dem Signal enthaltene
mittlere Gesamtleistung an und Sxx (ω) beschreibt die spektrale Leistungsver-
teilung des Signals. Dies bedeutet aber auch, dass sich das Leistungsdichte-
spektrum eines Signals und insbesondere auch das eines stochastischen (sta-
tionären) Signals durch Bandpassfilterung messtechnisch ermitteln lässt. Ein
steilflankiges Bandpassfilter mit der Mittenfrequenz f0 und der Bandbreite
Δf liefert das Zeitsignal x (t) und damit die Leistungsdichte bei der Frequenz
f0
1 2
Sxx (f0 ) = x , (13.62)
Δf
wobei die Bandbreite Δf klein werden muss, um die Mittelungsfehler gering
zu halten.

13.8 Äußere Störeinwirkungen


Stochastische Fehler

Zu den system-inhärenten Fehlern (Verfälschungen) der Messsignale infol-


ge der deterministischen Übertragungseigenschaften des Messsystems treten
zufällige dynamische Störeinwirkungen d(t) hinzu (Abb. 13.22), wie beispiels-
weise additiv überlagertes Rauschen. Die Laplace-Transformierte D̃(s) des
am Ausgang des Messsystems wirksamen Störsignals ergibt sich nach den be-
kannten Gesetzmäßigkeiten der Systemtheorie auch im Falle eines stochasti-
schen Störsignals d(t) prinzipiell aus dem Produkt der Laplace-Transformier-
ten D(s) und der wirksamen Übertragungsfunktion G2 (s) des Messsystems

D̃(s) = G2 (s)D(s) . (13.63)

Da jedoch für stochastische Signale bezüglich ihrer Signalverläufe nur stati-


stische Aussagen sinnvoll sind, muss eine geeignete mathematische Beschrei-
bungsform gefunden werden.

Abb. 13.22. Messsystem mit deterministischen (inneren) Übertragungsfehlern


(charakterisiert durch die Übertragungsfunktionen G1 (s) und G2 (s)) und additiv
überlagerten, äußeren Störeinwirkungen d(t) mit stochastischem Charakter
13.8 Äußere Störeinwirkungen 477

Übertragung stochastischer Signale

Die Übertragungsfunktion von deterministischen Signalen über ein kausales


Übertragungssystem mit der Impulsantwort g(t) (z. B. Filter-Vierpol) wird
entsprechend Abbildung 13.23 dargestellt.

Abb. 13.23. Übertragung von deterministischen Signalen über ein lineares Netz-
werk, das durch die Übertragungsfunktion G(jω) beschrieben wird

Anstatt der Fourier-Transformierten X(ω) und Y (ω) werden bei stochasti-


scher Anregung zur Ermittlung des Übertragungsverhaltens bzw. des resultie-
renden Ausgangssignals die entsprechenden spektralen Leistungsdichtefunk-
tionen S xx (ω) und S yy (ω) verwendet (Abbildung 13.24).

Abb. 13.24. Beschreibung des Übertragungsverhaltens mit Hilfe von Leistungs-


dichtefunktionen (S xx und S yy )

Dabei geht allerdings die Phaseninformation des Signals verloren. Es gilt nach
[135]
S yy (ω) = S xy (ω) G(jω) , (13.64)
wobei S xy (ω) die spektrale Kreuzleistungsdichtefunktion zwischen den
Signalen x(t) (Eingangssignal) und y(t) (Ausgangssignal) ist (Rxy (τ ) ist die
entsprechende Kreuzkorrelierte)
∞
S xy (ω) = Rxy (τ )e−jωτ dτ . (13.65)
−∞

Diese spektrale Kreuzleistungsdichte S xy (ω) ist also die Fourier-Transformierte


der Kreuzkorrelationsfunktion Rxy (τ ). Mit der konjugiert-komplexen Übertra-
gungsfunktion G∗ (jω) folgt der Zusammenhang [135]

S xy (ω) = S xx (ω) G∗ (jω) (13.66)

und unter Berücksichtigung von Gl. (13.64)


478 13 Messsignalverarbeitung

Abb. 13.25. Übertragung eines stochastischen oder gemischt-stochastischen Signals


mit der spektralen Auto-Leistungsdichte (S xx ) bzw. der spektralen Kreuzleistungs-
dichte S xy (ω) über ein lineares Übrtragungssystem mit der Übertragungsfunktion
G(jω)

S yy (ω) = |G(jω)|2 S xx (ω) . (13.67)

Der Inhalt von Gl. (13.67) wird in Abb. 13.25 graphisch dargestellt.
Bezogen auf Abb. 13.22 bedeutet dies, dass anstelle von Gl. (13.63) der
folgende Zusammenhang verwendet wird, der die spektralen Leistungsdichte-
funktionen S dd (ω) und S d̃d̃ (ω) der Signale d und d˜ nutzt

S d̃d̃ (ω) = |G2 (jω)|2 S dd (ω) . (13.68)

Dabei berechnet sich S dd nach Gl. (13.59) aus der entsprechenden Autokor-
relationsfunktion Rdd
 +∞
S dd (ω) = Rdd (τ )e−jωτ dτ , (13.69)
−∞

wobei sich Rdd (τ ) aus Gl. (13.31) ergibt


 +T
1
Rdd (τ ) = lim d(t)d(t + τ ) dt . (13.70)
T →∞ 2T −T

Die Rücktransformation der spektralen Leistungsdichtefunktion S dd (ω) gemäß


Gl. (13.60) in den Zeitbereich ergibt wiederum die Autokorrelationsfunktion
Rdd  +∞
1
Rdd (τ ) = S (ω)ejωτ dω . (13.71)
2π −∞ dd

Abb. 13.26. Filterwirkung eines Messsystems gegenüber Störsignalen. G(jω) ist


die Übertragungsfunktion des Messsystems und S dd (ω) die spektrale Leistungsdich-
tefunktion des stochastischen Störsignals.
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter) 479

Nach dem Parcevalschen Theorem (Gl. (13.61)) kann der häufig interessieren-
de quadratische Mittelwert d˜2 des Störsignals aus der spektralen Leistungs-
dichtefunktion des Störsignals und der Übertragungsfunktion des Messsystems
wie folgt berechnet werden
 
1 ∞ 1 ∞
d˜2 = S d̃d̃ (ω) dω = S dd (ω)|G2 (jω)|2 dω . (13.72)
π 0 π 0

Die Filterwirkung des Messsystems infolge der Übertragungsfunktion G2 (jω)


kann sich sehr positiv auswirken, wenn sich der für die Übertragung relevante
Spektralbereich des Messsystems und der Spektralbereich, in dem sich das
Störsignal befindet, nicht überlappen (Abb. 13.26).

Maßnahmen gegen dynamische Störwirkungen

Es bieten sich mehrere Möglichkeiten der Störunterdrückung an:


• Abschirmung der Störquellen
• Dynamische Kompensation der Störwirkung
• Störungsunterdrückung durch Führungsregelung
• Störungsunterdrückung durch Filterung (Abb. 13.27).
Der Nutzen der direkten Filterwirkung durch das Messsystem selbst (Abb.
13.26) tritt nur dann ein, wenn die Grenzfrequenz des Messsystems unterhalb
des für das Störsignal relevanten Spektrums liegt. Nachdem aber hochwer-
tige Messsysteme recht hohe Grenzfrequenzen aufweisen, wird i. Allg. auch
das Störsignal mit erfasst. In diesen Fällen sind zusätzliche Filtermaßnahmen
erforderlich.

Abb. 13.27. Dynamische Störeinwirkungen in Messsystemen und ihre Unter-


drückung durch Filterung

13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter)

13.9.1 Übertragungsfunktion eines Optimalfilters

Eine besondere Form der Störungsunterdrückung lässt sich durch ein sog.
Optimalfilter erreichen, das nach seinem Erfinder, Prof. Norbert Wiener, auch
als Wiener-Filter [195] bezeichnet wird. Bei diesem Filtertyp handelt es sich
480 13 Messsignalverarbeitung

Abb. 13.28. Prinzip eines Optimalfilters (Wiener-Filter)

um ein sog. Schätzfilter gemäß Abb. 13.28. Während man beim klassischen
Filterentwurf davon ausgeht, dass sich Nutz- und Störsignal frequenzmäßig
trennen lassen (siehe Abb. 13.26), da sie unterschiedliche Frequenzbereiche
dominieren, wird dies bei der Optimalfiltertechnik nicht vorausgesetzt, d. h.
Nutz- und Störsignal dürfen im selben Frequenzbereich liegen. Damit lässt
sich keine frequenzmäßige Trennung durch Unterteilung in Durchlass- und
Sperrbereich durchführen. Das Unterscheidungskriterium, welches hier genutzt
wird, basiert vielmehr auf den unterschiedlichen statistischen Eigenschaften
von Nutz- und Störsignal.
Das von Wiener vorgeschlagene Optimalfilter gestattet es also, das Nutzsi-
gnal anhand statistischer Eigenschaften von additiven Störungen zu trennen.
Ziel der Optimalfiltertechnik ist die bestmögliche Annäherung des Ausgangs-
signals x̂(t) an das ursprüngliche Messsignal x(t), d. h. das in Abb. 13.28
gezeigte Schätzfilter hat die Aufgabe, die bestmögliche Approximation des
Messsignals am Ausgang in Form von x̂(t) zu bewirken. Als Optimierungskri-
terium wird wiederum (s. Kap. 14.1) die mittlere quadratische Abweichung
zwischen Messsignal x(t) und Schätzsignal x̂(t) verwendet

e2 = [x̂(t) − x(t)]2 =
!
min. . (13.73)

Infolge des stochastischen Charakters des Störsignals n(t) handelt es sich auch
bei dem Differenzsignal e(t) zwangsläufig um ein Zufallssignal (Zufallsgröße,
Zufallsprozess) im mathematischen Sinne.
Wenn wir auf Gl. (13.73) das Parcevalsche Theorem (Gl. (13.61)) anwen-
den, erhalten wir
 +∞
2
1
e = Ree (0) = See (ω) dω . (13.74)
2π −∞
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter) 481

^
x(t)

e(t)

- x(t)

Abb. 13.29. Das Fehlersignal e(t) entsteht aus der additiven Überlagerung des
Zufallssignales x̂(t) mit dem Messsignal x(t)

Dies bedeutet, dass die mittlere Leistung des Fehlersignals e2 = E{e2 (t)} 1
mit Hilfe des Leistungsdichtespektrums See (ω) ermittelt werden kann. Dieses
Leistungsdichtespektrum entsteht durch die additive Überlagerung der bei-
den Signale (Zufallsgrößen) x̂(t) und x(t) (Abb. 13.29). Das entsprechende
Leistungsdichtespektrum ergibt sich wie folgt [92]

See (ω) = Sx̂x̂ (ω) − Sx̂x (ω) − Sxx̂ (ω) + Sxx (ω) . (13.75)

Gemäß den Gleichungen (13.64), (13.66) und (13.67) lässt sich See (ω) auch
als Funktion der Übertragungsfunktion H(ω) des Schätzfilters ausdrücken

See (ω) = Szz (ω)|H(ω)|2 − Szx (ω) H(ω) − Sxz (ω) H ∗ (ω) + Sxx (ω) . (13.76)

Das Optimalfilter (entspricht dem Schätzfilter mit der Bedingung e2 = min.)


erhält man durch Ableiten nach H(ω), was getrennt nach Betrag und Phase
zu erfolgen hat. Dies führt schließlich zu dem gesuchten Optimalfilter [92]

Szx (ω) Sxz (ω)
H(ω) = Hopt (ω) = = . (13.77)
Szz (ω) Szz (ω)

Im Folgenden wollen wir voraussetzen, dass das Messgerät aus Abb. 13.28
durch ein lineares zeitinvariantes System beschrieben werden kann und das
Rauschsignal n(t) nicht mit der Messgröße x(t) korreliert ist (d. h. Sxn = 0
und Snx = 0 bzw. Syn = 0 und Sny = 0). Demzufolge lassen sich die spektralen
Leistungsdichten Szz und Sxz (ω) in Abhängigkeit der Übertragungsfunktion
G(ω) bzw. G∗ (ω), die das Messgerät beschreibt, ausdrücken

Szz (ω) = Syy (ω) + Snn (ω) = Sxx (ω)|G(ω)|2 + Snn (ω) (13.78)

bzw.
Sxz (ω) = Sxx (ω) · G∗ (ω) + Sxn (ω) , (13.79)
1
Aufgrund des stochastischen Signalcharakters spricht man hier von einem sog.
Erwartungswert E des Signals (siehe auch Kap. 14.1.2, Definition: Erwartungs-
wert).
482 13 Messsignalverarbeitung

wobei die Kreuzleistungsdichte Sxn (ω) verschwindet, da Mess- und Störsignal


nicht korreliert sind.
Mit den Gln. (13.77) bis (13.79) und Sxn = 0 erhält man schließlich die
Übertragungsfunktion des Optimalfilters
Sxx (ω) · G∗ (ω)
Hopt (ω) = . (13.80)
Sxx |G(ω)|2 + Snn (ω)
Gleichung (13.80) ist insofern angenehmer als Gl. (13.77), als sie nur noch
Größen enthält, die sich leicht ermitteln lassen. In den meisten Fällen wird
das Übertragungsverhalten des Messgerätes bekannt sein, so dass nur noch die
Leistungsdichtespektren Sxx (ω) und Snn (ω) des Messsignals bzw. des Störsi-
gnals ermittelt werden müssen.
Für den Fall, dass das Messgerät keine nennenswerten Deformationen am
Messsignal vornimmt (G(ω) = 1), besteht die Aufgabe des Optimalfilters dar-
in, das Messsignal möglichst gut von seinen überlagerten Rauschanteilen zu
befreien (Abb. 13.30). Die Übertragungsfunktion des Wienerschen Optimal-
filters vereinfacht sich dann mit G(ω) = G∗ (ω) = 1 zu
Sxx (ω)
Hopt (ω) = . (13.81)
Sxx (ω) + Snn (ω)
Das Optimalfilter zur Rauschbefreiung stellt also einen frequenzabhängigen
Teiler im Verhältnis der mittleren Signalleistung zur Summe aus mittlerer
Signalleistung und Störleistung dar.
Eine wesentliche Eigenschaft von solchen Optimalfiltern ist ihre Nicht-
Kausalität, d. h. es hat eine Impulsantwort, die in den Zeitbereich t < 0
hineinreicht. Prinzipiell sind auch solche nicht-kausalen Filter einsetzbar, wenn
man die Signale nicht in Echtzeit, d. h. zeitgleich mit ihrem Vorliegen, filtern
muss. Man kann nämlich ein nicht-kausales Filter zu einem quasi-kausalen ma-
chen, indem man die Signale in ihrer vollständigen zeitlichen Länge aufzeich-
net, d.h. originalgetreu speichert, und erst danach dem Filter zur Verarbeitung
anbietet. Dies kommt einer zeitlichen Verschiebung der Impulsantwort gleich,
die dazu führt, dass die Impulsantwort nunmehr vollständig im Bereich von
Zeiten t ≥ 0 zu liegen kommt. Dies können wir durch eine reine Phasenver-
schiebung in der Optimalfilterübertragungsfunktion Hopt (ω) berücksichtigen
Sxx (ω)
Hopt (ω) = · e−jωT0 . (13.82)
Sxx (ω) + Snn (ω)

Abb. 13.30. Optimalfilter zur Rauschunterdrückung


13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter) 483

Gleichung (13.82) sagt aus, dass wir vor das ursprüngliche Optimalfilter (Gl.
(13.81)) einen Allpass in Serie schalten. Solche Allpässe (Kap. 3.10) stellen
Zweitore dar, die zu keinerlei Amplitudendeformationen führen, sondern ein
beliebiges Eingangssignal am Ausgang nur zeitverzögert ausgeben. Gemäß Gl.
(13.82) beträgt diese Zeitverzögerung hier T0 .
Um Kausalität zu erreichen, muss T0 positiv sein und so groß gewählt
werden, dass die Impulsantwort oder zumindest der wesentliche, d. h. der
energiemäßig relevante, Teil im positiven Zeitbereich zu liegen kommt. Ist T0
dagegen negativ, so wird vom Filter eine Prädiktion gefordert, d. h. es bleibt
damit nicht-kausal (Abb. 13.31).

Abb. 13.31. Impulsantworten eines kausalen und eines nicht-kausalen Optimalfil-


ters. Diese Graphik sowie alle folgenden wurden mit Hilfe des Programmes Lab-
VIEW berechnet und gezeichnet.

13.9.2 Beispiel für ein Optimalfilter

Das Messsignal x(t) sei die Impulsantwort eines Tiefpassfilters, die sich mit
der Periodendauer T periodisch wiederholt

2T S1 − t
x(t) = ε(t) e τ ∗ δ(t − i · T ) mit i ∈ Z . (13.83)
τ
Dieses sei von weißem Rauschen n(t) (Kap. 7.3) additiv überlagert (Abb.
13.32). Die beiden Signale sind unkorreliert und ihre spektralen Leistungs-
dichten sind
S1
Sxx (ω) = (13.84)
1 + τ 2 ω2
484 13 Messsignalverarbeitung

Abb. 13.32. Messsignal mit überlagertem weißen Rauschen

bzw.
Snn (ω) = S0 . (13.85)
Daraus lässt sich unter Zuhilfenahme von Gl. (13.82) die Übertragungsfunk-
tion des Optimalfilters wie folgt errechnen
S1
Hopt (ω) = · e−jωT0 . (13.86)
S1 + S0 + τ 2 S0 ω 2
Abbildung 13.33 zeigt die Leistungsdichtespektren von Messsignal und Störung
sowie den Betrag der Übertragungsfunktion des Optimalfilters. Abbildung
13.34 vergleicht die entsprechenden Spektren am Ausgang des Filters mit dem
ungestörten Signal. Um die Impulsantwort hopt (ω) des Filters zu berechnen,
zerlegt man die Übertragungsfunktion des Optimalfilters Hopt (ω) wie folgt
[72]
 
2αβ −jωT0 α α
Hopt (ω) = 2 · e = + e−jωT0 (13.87)
β + ω2 β − jω β + jω

mit 
1 S1 S1
α= · (13.88)
2τ S0 S0 + S1
und 
1 S1
β= 1+ . (13.89)
τ S0
Mittels einer Fourier-Rücktransformation erhält man schließlich die gesuchte
Impulsantwort hopt (t) des Optimalfilters
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter) 485

Abb. 13.33. Leistungsdichtespektren von Messsignal und Störung (oben) sowie


Betrag der Übertragungsfunktion des Optimalfilters (unten).


α · eβt t < 0
hopt (t + T0 ) = . (13.90)
α · e−βt t ≥ 0

Diese lässt sich auch als


hopt = αe−β|t−T0 | (13.91)
ausdrücken. Die Impulsantwort ist also symmetrisch zu t = T0 (Abb. 13.35).
Mit wachsender Störung geht α gegen null und die Zeitkonstante 1/β strebt
gegen τ . Im umgekehrten Fall, d. h. bei abnehmender Störung, wächst α an
und die Zeitkonstante 1/β geht gegen Null. Für den Fall, dass die Störung
486 13 Messsignalverarbeitung

Abb. 13.34. Vergleich des gefilterten und des ungefilterten Spektrums mit dem
ungestörten Spektrum

verschwindet (S0 = 0), erhält man als Impulsantwort des Optimalfilters tri-
vialerweise den Dirac-Puls an der Stelle t = T0

hopt (t) = δ(t − T0 ) , (13.92)

Abb. 13.35. Impulsantwort des Optimalfilters für eine zeitliche Verzögerung von
T0 = 1s bei der Filterung für verschiedene starke Störer S0i
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter) 487

was gleichbedeutend ist mit einem idealen Allpass der Verzögerungszeit T0 .


Es lässt sich nun auch der mittlere quadratische Schätzfehler e2min des Opti-
malfilters errechnen

e2min(t) = E{(x(t) − x̂(t))2 } . (13.93)

Nach Hänsler [72] kann dieser für das obige Beispiel folgendermaßen ermittelt
werden 
2 S1 S0
emin = . (13.94)
2τ S0 + S1
Damit kann man auch den auf die Signalleistung normierten minimalen qua-
dratischen Fehler angeben

e2min S0
= . (13.95)
Sxx (0) S0 + S1

Kausales Optimalfilter

Ein kausales Optimalfilter bringt den Vorteil, dass es in Echtzeit das Messsi-
gnal filtern kann, d.h. es wird keine Zeitverzögerung T0 im Sinne einer vorheri-
gen Speicherung mehr benötigt, um das Filter praktisch einsetzen zu können.
Die Übertragungsfunktion des kausalen Optimalfilters lässt sich aus den Er-
gebnissen des obigen Beispiels ableiten. Dazu setzt man in der Impulsantwort
hopt (t) des nicht-kausalen Optimalfilters die Zeit T0 = 0 und blendet den im
negativen Zeitbereich liegenden Teil der Impulsantwort aus (Abb. 13.36). Man
erhält somit 
α · e−βt t ≥ 0
hopt kaus (t) = . (13.96)
0 t<0

Abb. 13.36. Impulsantwort des kausalen Optimalfilters


488 13 Messsignalverarbeitung

Abb. 13.37. Amplitudengänge von kausalem und nicht-kausalem Optimalfilter

Die Fourier-Transformation liefert die entsprechende Übertragungungsfunk-


tion
α 1 S1
Hopt kaus (ω) = F {hopt kaus (t)} = =  .
β + jω 2 (S0 + S1 ) + jωτ S0 (S0 + S1 )
(13.97)
Abbildung 13.37 vergleicht die Amplitudengänge von kausalem und nicht-
kausalem Optimalfilter. In Abb. 13.38 werden die mit den beiden Filtern ge-
filterten Messsignale verglichen.

Tip:
Der hier analytisch hergeleitete Entwurf eines Optimalfil-
ters kann mit dem LabVIEW-Programm optimalfilter.vi
auf der CDROM numerisch überprüft werden. Dabei lassen
sich viele Parameter variieren. Im Einzelnen bietet das Pro-
gramm folgende Möglichkeiten:
• Simulation des Messsignals
• Simulation eines Rauschsignals mit einstellbarem Frequenzgang
• Entwurf des Optimalfilters
• Darstellung der Impulsantworten des kausalen und des nicht-kausalen
Filters
• Überlagerung und Filterung der Signale gemäß Abb. 13.30
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter) 489

Abb. 13.38. Vergleich von kausalem und nicht-kausalem Optimalfilter anhand der
gefilterten Messsignale
14
Regression, lineare Korrelation und
Hypothesen-Testverfahren

14.1 Regressionsverfahren

In der Messtechnik kommt es häufig vor, dass eine Schar von aufgenomme-
nen Messpunkten durch eine geeignete analytische Funktion in Form einer
Anpasskurve beschrieben werden soll.
Im Folgenden gehen wir davon aus, dass n Messungen durchgeführt wer-
den, welche die Wertepaare {xi , yi }(i = 1, 2, . . . , n) liefern. Anschließend wird
an diese Messwerte eine Kurve ỹ(x) angepasst. Daraus ergeben sich die Ab-
weichungen Δi zwischen den einzelnen Messpunkten und der Anpasskurve im
jeweiligen Messpunkt xi zu

Δi = ỹ(xi ) − yi . (14.1)

Dabei wird x als unabhängige (vorgebbare) Variable und y als abhängige


Variable bezeichnet.
Der Ansatz der minimalen Fehlerquadrate gemäß dem sog. Gaußschen
Minimalprinzip [95] (Gaußsches Prinzip der kleinsten Quadrate) ergibt


n 
n
Δ= Δ2i = [ỹ(xi ) − yi ]2 =
!
min. . (14.2)
i=1 i=1

In Gleichung (14.2) ist als unbekannte Funktion die Anpasskurve ỹ(x) enthal-
ten. Die beschriebene Fehlerquadratsumme Δ hängt nun von der Wahl dieser
Anpasskurve ab. Die Festlegung der diese Anpasskurve beschreibenden analy-
tischen Funktion und die anschließende Berechnung ihrer Koeffizienten (s. u.)
wird als Regressionsverfahren bezeichnet. Falls Proportionalität zwischen der
abhängigen und unabhängigen Variablen herrscht, lässt sich in diesem Fall die
Schar von Messwerten durch eine Gerade beschreiben. Man spricht dann von
einer Ausgleichsgeraden, die durch sog. lineare Regression bestimmt wird.

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_14
492 14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren

14.1.1 Ausgleichsgerade (lineare Regression)

Die lineare Regression ist die für die ingenieurmäßige Praxis wichtigste Form
der Regressionsanalyse. Sie hat das Ziel, durch eine Schar von (in aller Re-
gel) experimentell bestimmten Wertepaaren {xi , yi } eine Ausgleichsgerade zu
legen. Dabei wird x als unabhägige und y als abhängige Variable betrachtet.
Die Ausgleichsgerade bestimmt letztlich die nach dem Gaußschen Minimal-
prinzip beste lineare Approximation der Funktion y(x), die hier von diskreten
Wertetupeln repräsentiert wird.
Im Folgenden gehen wir davon aus, dass n Messwerte {xi , yi }(i = 1, 2, . . . , n)
vorliegen. An diese Messwerte soll eine Gerade der Form ỹ(x) = mx + b an-
gepasst werden (Abb. 14.1). Die Abweichung der i-ten Einzelmessung lautet

Δi = ỹ(xi ) = [mxi + b] − yi . (14.3)


Der Ansatz der minimalen Fehlerquadrate liefert gemäß Gl. (14.2)

n 
n
Δ= Δ2i = [mxi + b − yi ]2 =
!
min. . (14.4)
i=1 i=1

Bei dem in Gl. (14.4) geforderten Minimum müssen die partiellen Ableitungen
nach den unbekannten Koeffizienten m und b gleich Null sein. Das führt zu der
im Folgenden beschriebenen Ermittlung von Steigung und Achsenabschnitt
der Ausgleichsgeraden.

y(x)

y4
Δ4

y3
Δ3

Δ2
y2

Δ1
y1
x1 x2 x3 x4 x

Abb. 14.1. Ausgleichsgerade zur linearen Approximation aufgenommener Messwer-


te
14.1 Regressionsverfahren 493

Ermittlung von Steigung m und Achsenabschnitt b der


Ausgleichsgeraden

Die partielle Differentiation von Gl. (14.4) nach m ergibt


n
2 [mxi + b − yi ]xi = 0 . (14.5)
i=1

Aus der Differentiation nach b folgt


n
2 [mxi + b − yi ] = 0 . (14.6)
i=1

Die Gleichungen (14.5) und (14.6) können wie folgt umgeformt werden


n 
n 
n
m x2i + b xi = yi xi (14.7)
i=1 i=1 i=1

bzw.

n 
n
m xi + nb = yi . (14.8)
i=1 i=1

Löst man dieses Gleichungssystem (Gl. (14.7) und (14.8)) nach den gesuchten
Werten m bzw. b auf, so erhält man die Geradensteigung m

n 
n 
n
xi yi − n xi yi
i=1 i=1 i=1
m=
2 (14.9)

n 
n
xi −n x2i
i=1 i=1

n 
n 
n
xi yi − 1
n xi yi
i=1 i=1 i=1
=
2

n 
n
x2i − 1
n xi
i=1 i=1

und den Achsenabschnitt b


" #
1 
n 
n
b= yi − m xi . (14.10)
n i=1 i=1

Die Koeffizienten m und b lassen sich nach dem in Abb. 14.2 gezeigten Sche-
ma berechnen. Nachdem die Koeffizienten der Ausgleichsgeraden bestimmt
wurden, stellt sich im Allgemeinen die Frage nach der Qualität dieser linearen
Approximation, d. h. nach der Güte bei der linearen Regression. Um letzt-
lich die Vertrauensbereiche für die Parameter der Ausgleichsgeraden angeben
zu können, sind noch einige mathematische Definitionen notwendig, die im
folgenden Abschnitt (Kap. 14.1.2) behandelt werden.
494 14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren

Schema zur linearen Regression:


Berechnung einer Ausgleichsgeraden aus n Messwertepaaren {xi , yi }

1. Berechnung der Mittelwerte

n
μx = x = xi
n i=1

n
μy = y = yi
n i=1

2. Berechnung von 3 Hilfsgrößen1


2

n
1

n
Qx = s2x (n − 1) = (xi − x) =
2
x2i − xi
i=1 i=1
n i=1

n
1

n
Qy = s2y (n − 1) = (yi − y) =
2
yi2 − yi
i=1 i=1
n i=1

n
Qxy = sxy (n − 1) = (xi − x) (yi − y)
i=1

n
1

n n
= x i yi − xi yi
i=1
n i=1 i=1

3. Berechnung der Koeffizienten m und b:

Steigung2 m = Qxy /Qx



1

n
Achsenabschnitt b = y − mx = yi − m xi
n i=1 i=1

Abb. 14.2. Schema zur linearen Regression: Berechnung einer Ausgleichsgeraden


aus n Messwertepaaren {xi , yi }

1
Qx , Qy werden auch als Summe der quadratischen Abweichungen bezeichnet (ab-
gekürzt: S.d.q.A.). sx und sy bezeichnen die Varianz von x bzw. y und sxy die
Kovarianz zwischen x und y (siehe folgenden Abschnitt).
2
Die Steigung m wird auch als Regressionskoeffizient bezeichnet.
14.1 Regressionsverfahren 495

14.1.2 Güte der Anpassung bei der linearen Regression


(Varianz, Kovarianz, Restvarianz und Korrelationskoeffizient)
Nach der eigentlichen Ermittlung der Ausgleichsgeraden gilt es, die Güte die-
ses Ergebnisses zu beurteilen. Konkret heißt dies, Vertrauensbereiche für die
Koeffizienten m (Geradensteigung) und b (Achsenabschnitt) anzugeben. Um
diese berechnen zu können, benötigen wir quantitative Angaben für Vari-
anz, Kovarianz, Restvarianz und Korrelationskoeffizient [68]. Diese
und weitere, im Zusammenhang dazu stehende Begriffe sollen zunächst ein-
mal in mathematischer Form definiert werden.

Definition: Wahrscheinlichkeitsdichte
(Wahrscheinlichkeitsverteilung)
Im Folgenden bezeichnet p(x) die Wahrscheinlichkeitsdichte (Wahrscheinlich-
keitsverteilung) für eine Zufallsgröße x mit den Eigenschaften
 +∞
p(x) dx = 1 (14.11)
−∞
p(x) ≥ 0 . (14.12)
Die Wahrscheinlichkeit P (a), dass ein Funktionswert x kleiner oder höchstens
gleich a ist, ergibt sich aus dem Integral p(x)
 a
P (a) = p(x) dx. (14.13)
−∞

P {a < x < b} entspricht der Wahrscheinlichkeit, mit der der Funktionswert


x zwischen den Größen a und b liegt
 b
P {a < x < b} = p(x) dx. (14.14)
a

Definition: Gemeinsame Wahrscheinlichkeitsdichte


Die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsdichte pxy (x, y) zweier Zufallsvariablen
(x, y) ist gegeben als
∂ 2 Pxy (x, y)
pxy (x, y) = (14.15)
∂x∂y
bzw.  b a
Pxy (a, b) = pxy (x, y) dxdy , (14.16)
−∞ −∞
wobei die Wahrscheinlichkeitsverteilung
Pxy (a, b) = P {a ≥ x ∧ b ≥ y} (14.17)
zweier Zufallsvariablen x, y die Wahrscheinlichkeit P angibt, mit der der Funk-
tionswert von x kleiner oder höchstens gleich a ist und der Funktionswert von
y kleiner oder höchstens gleich b ist.
496 14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren

Definition: Erwartungswert

Der Erwartungswert eines Zufallssignales x (auch als Zufallsvariable, Zufalls-


größe bzw. Zufallsprozess bezeichnet) entspricht dem Integral über dem Pro-
dukt aus der Zufallsgröße x und seiner Wahrscheinlichkeitsdichte p(x)
 +∞
E{x} = x p(x)dx . (14.18)
−∞

Der Erwartungswert ist ein linearer Operator.

Definition: Erwartungswert 2. Ordnung

Der Erwartungswert-Operator lässt sich auch auf das Produkt mehrerer Zu-
fallssignale bzw. deren Potenzen anwenden [92]. Das sog. Gemeinsame Mo-
ment zweier Zufallssignale ist definiert als
 +∞  +∞
μxy,kn = E{x y } =
k n
xk y n pxy (x, y)dxdy . (14.19)
−∞ −∞

Für den Spezialfall k = n = 1 folgt


 +∞  +∞
μxy = E{xy} = xypxy (x, y)dxdy . (14.20)
−∞ −∞

Definition: Varianz

Die Varianz entspricht dem Quadrat der (empirischen) Standardabweichung


(s. auch Kap. 5.2)
Var(x) = s2x = E{(x − μx )2 } . (14.21)
Dabei ist μx der Mittelwert der Zufallsvariablen x (siehe Abb. 14.2) und E
bezeichnet den Erwartungswert.
Die Varianz lässt sich auch mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsdichte px aus-
drücken  +∞
Var(x) = (x − μx ) px (x) dx . (14.22)
−∞

Die Varianz s2x einer diskreten Zufallsvariablen-Stichprobe3 x1 , x2 , . . . , xn ist


demnach folgendermaßen definiert

1  1 
n n
s2x = (xi − x)2 = (xi − μx )2 . (14.23)
n − 1 i=1 n − 1 i=1
3
Um kompatibel zu der übrigen Messtechnik-Literatur zu bleiben, wird im Folgen-
den nicht mehr zwischen Varianz (Gesamtheit des Loses (N → ∞)) und Schwan-
kung (=empirische Standardabweichung (N < ∞)) unterschieden.
14.1 Regressionsverfahren 497

Dies lässt sich auch ausdrücken als


" #2
1  2 
n n
1
s2x = x − xi (14.24)
n − 1 i=1 i n(n − 1) i=1

bzw.
" n #
1  2 
n
n 1
s2x = xi − μ2x = x2i − n μ2x . (14.25)
n − 1 i=1 n−1 n−1 i=1

Aus der Varianz lässt sich leicht die ebenfalls oft verwendete Summe der
quadratischen Abweichung Qx (S.d.q.A.) (s. auch Abb. 14.2) errechnen
Qx = (n − 1) s2x . (14.26)

Definition: Kovarianz
Im Zuge der Regressionsanalyse ist die Frage zu klären, inwieweit zwei Zu-
fallsvariable x und y voneinander abhängig sind. Dies wird durch die sog.
Kovarianz festgelegt
Cov(x, y) = sxy = E{(x − μx )(y − μy )} = E{x, y} − μx μy . (14.27)
Dabei sind μx und μy die Mittelwerte der Zufallsvariablen x und y (siehe
Abb. 14.2) und E entspricht dem Erwartungswert.
Die Kovarianz, die auch als erstes gemeinsames Moment bezeichnet
wird, lässt sich auch mit Hilfe der gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsdichte pxy
ausdrücken
 +∞  +∞
Cov(x, y) = (x − μx )(y − μy )pxy (x, y)dxdy . (14.28)
−∞ −∞

Sie beschreibt die statistische Abhängigkeit zweier Zufallssignale. Die beiden


Zufallsvariablen sind statistisch unabhängig, wenn ihre Kovarianz Null ist
Cov(x, y) = 0. In diesem Fall berechnet sich die Wahrscheinlichkeitsdichte
p(x, y) für das gleichzeitige Eintreten der Ereignisse x und y aus dem Produkt
der Einzelwahrscheinlichkeiten p(x, y) = p(x) p(y). Außerdem gilt E{x, y} =
E{x} E{y}.
Die Kovarianz zweier diskreter Zufallsvariablenfolgen x und y er-
gibt sich aus
1 
n
sxy = (xi − μx ) (yi − μy )
n − 1 i=1
" n #
1 
= xi yi − n μx μy (14.29)
n−1 i=1

Qxy
sxy = . (14.30)
n−1
498 14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren

Definition: Restvarianz

Die Restvarianz sr der Ausgleichsgeraden (Kap. 14.1.1) berechnet sich wie


folgt " #
Qy − m Qxy Qy Q2xy
2
sr = = 1− , (14.31)
n−2 n−2 Qx Qy
wobei m der Steigung der Ausgleichsgeraden und n der Anzahl der behandel-
ten Messpunkte entspricht. Sie wird benötigt, um die Vertrauensbereiche von
Geradensteigung m und Achsenabschnitt b quantifizieren zu können.

Definition: Korrelationskoeffizient

Der Korrelationskoeffizient r ist ein die Güte der Anpassung charakteri-


sierender Parameter (0 < r < 1). Je näher der Korrelationskoeffizient r bei 1
liegt, desto besser ist die Anpassung.
Der Korrelationskoeffizient r lässt sich aus den beiden Einzelvarianzen
sx und sy sowie der Kovarianz sxy (siehe Abb. 14.2 bzw. Gln.(14.25) und
(14.29)) bestimmen
sxy
r= . (14.32)
sx sy
Mit den Wurzeln der Einzelvarianzen sx und sy und der Kovarianz sxy ergibt
sich schließlich der Korrelationskoeffizient, der die Güte der Anpassung der
Ausgleichsgeraden beschreibt


n 2

n 
xi − n
2 1
xi
sxy Qxy
rxy = =  = m i=1 i=1

n 2 . (14.33)
sx sy Qx Qy ! n 
yi − n
2 1
yi
i=1 i=1

Angabe der Vertrauensbereiche für die Parameter der


Ausgleichsgeraden

Mit obigen Definitionsgleichungen kann schließlich die Angabe der Vertrau-


ensbereiche (Konfidenzintervalle) für die Parameter m und b der Aus-
gleichsgeraden bzw. deren Ordinatenwerte erfolgen


s2r  2
n
m ± t(n − 2, P )! x (14.34)
n Qx i=1 i


s2r
b ± t(n − 2, P ) (14.35)
Qx
14.1 Regressionsverfahren 499

(x − x)2 n(s2x − m2 s2x ) + s2x
y ± t(n − 2, P ) . (14.36)
n (n − 2) s2x
Der Vertrauensfaktor t ergibt sich nach Vorgabe der gewünschten statistischen
Sicherheit P [%] aus der Student-Verteilung (s. Tab. 5.2) für die Ereignisanzahl
(n − 2). Die Anzahl der betrachteten Messpunkte beträgt n.

Tip:
Diese Berechnungen können mit dem Programm
berechne_regressionsgerade.vi auf der CDROM
nachvollzogen werden. Es können simulierte Messwer-
te eingelesen, die statistischen Größen berechnet und
Regressionsgeraden ermittelt werden.

14.1.3 Ausgleichspolynome
Die Erweiterung der linearen Regression (Kap. 14.1.1) führt zur polynomia-
len Regression, bei der die Anpasskure ỹ durch ein Polynom p-ten Grades
beschrieben wird
ỹ = a0 + a1 x + a2 x2 + . . . ap xp . (14.37)
Die Vorgehensweise soll zunächst anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht
werden. Die Anpasskurve wird hier in Form eines Polynoms dritten Grades
beschrieben
ỹ(x) = a0 + a1 x + a2 x2 + a3 x3 . (14.38)
Das bereits oben angewandte Gaußsche Prinzip der kleinsten Quadrate (Gauß-
sches Minimalprinzip) soll auch hier Anwendung finden

n 
n
Δ= Δ2i = [ỹ(xi ) − yi ]2 =
!
min. . (14.39)
i=1 i=1

Dabei werden wiederum n Messwertepaare {xi , yi } vorausgesetzt. Das Null-


setzen der partiellen Ableitungen nach den Koeffizienten ai (i = 1, 2, 3)
∂Δ ∂Δ ∂Δ ∂Δ
= = = =0 (14.40)
∂a0 ∂a1 ∂a2 ∂a3
führt zu folgendem Gleichungssystem
⎛ n n n ⎞ ⎛  n ⎞
n xi x2i x3i ⎛ ⎞ yi
⎜ ⎟ a0 ⎜ i=1 ⎟
⎜ n i=1 i=1 i=1
⎟ ⎜ n ⎟
⎜ n n n ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ xi x2i x3i x4i ⎟ ⎜a ⎟ ⎜ xy ⎟
⎜ i=1 i=1 i=1 i=1 ⎟ ⎜ 1 ⎟ ⎜ i=1 i i ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟=⎜ ⎟. (14.41)
⎜ n n n n ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ n ⎟
⎜ xi2
xi3
xi4 5⎟
xi ⎟ ⎜ a2 ⎟ ⎜ 2 ⎟
xi yi ⎟
⎜ ⎝ ⎠ ⎜
⎜ i=1 i=1 i=1 i=1 ⎟ ⎜ i=1 ⎟
⎝ n n n n ⎠ a3 ⎝ n ⎠
x3i x4i x5i x6i x3i yi
i=1 i=1 i=1 i=1 i=1
500 14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren

Die Lösung dieses Gleichungssystems ergibt schließlich die gesuchten Koeffi-


zienten ai (i = 0, 1, 2, 3) des Polynoms.

14.1.4 Mehrfache lineare Regression

Die mehrfache lineare Regression (auch als multiple lineare Regression be-
zeichnet) ist eine Erweiterung der einfachen linearen Regression. Dabei hängt
ein Messergebnis y linear von nunmehr mehreren Variablen x1 , x2 , . . . xp (man
spricht in diesem Zusammenhang auch von Covariablen) ab

y = a0 + a1 x1 + a2 x2 + . . . + ap xp + E , (14.42)

wobei E eine Störgröße repräsentiert, also eine stochastische Variable (Zufalls-


variable). Damit ist das Ergebnis ebenfalls eine Zufallsvariable. Die Aufgabe
der mehrfachen linearen Regression ist es nun, die abhängige Variable y als
Funktion mehrerer (in Bezug auf die Laufvariable i) unabhängiger Variablen,
die in Form eines Variablenvektors [xip ] = (xi1 , xi2 , . . . , xip ) zusammengefasst
werden, mit Hilfe eines Schätzwertes ŷ vorherzusagen

ŷ = b0 + b1 x1 + b2 x2 + . . . + bp xp . (14.43)

Dabei bilden die bj (j = 1, 2, . . . , p) die Elemente des Vektors der geschätzten


Regressionskoeffizienten.
Wir wollen davon ausgehen, dass für jeden Vektor [xip ](i = 1, 2, . . . , n)
jeweils n Messwerte yi (i = 1, 2, . . . , n) vorliegen. Somit ergibt sich für jede
Beobachtung (Messung) i(i = 1, 2, . . . , n) eine Gleichung der Form

yi = a0 + a1 xi1 + a2 xi2 + . . . + ap xip + Ei . (14.44)

Das daraus resultierende Gleichungssystem lässt sich mit Hilfe der folgenden
[n × (p + 1)]-Matrix [X]
⎛ ⎞
1 x11 x12 . . . x1j . . . x1p
⎜ ⎟
⎜1 x x ... x2j . . . x2p ⎟
⎜ 21 22 ⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ .. .. .. ⎟
⎜. . . ⎟
⎜ ⎟
[X] = ⎜ ⎟ (14.45)
⎜1 x x ... xij . . . xip ⎟
⎜ i1 i2 ⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ .. .. .. ⎟
⎜. . . ⎟
⎝ ⎠
1 xn1 xn2 . . . xnj . . . xnp
14.1 Regressionsverfahren 501

sowie der n-dimensionalen Vektoren


⎛ ⎞ ⎛ ⎞
y1 E1
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ y2 ⎟ ⎜ E2 ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜ .. ⎟
[y] = ⎜ ... ⎟ , E=⎜ . ⎟ (14.46)
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ ⎟ ⎜ ⎟
⎜ yi ⎟ ⎜ Ei ⎟
⎝ ⎠ ⎝ ⎠
yn En
und dem [p + 1]-dimensionalen Vektor
⎛ ⎞
a0
⎜ ⎟
⎜a ⎟
⎜ 1⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ a2 ⎟
⎜ ⎟
[a] = ⎜
⎜ . ⎟
⎟ (14.47)
⎜ .. ⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ aj ⎟
⎝ ⎠
ap
wie folgt darstellen
[y] = [X] [a] + [E] . (14.48)
Die einfache lineare Regression ergibt sich aus obigen Gleichungen für p = 1.
Der Fall p ≥ 2 repräsentiert die mehrfache lineare Regression. Wie bei der
linearen Regression wird wiederum die Summe der quadratischen Abweichun-
gen minimiert.
Nach dem sog. Gauß-Markov-Theorem erhält man schließlich den Vektor
der geschätzten Regressionskoeffizienten [b] als [127]4
⎛ ⎞
b0
⎜ ⎟
⎜b ⎟
⎜ 1⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ .. ⎟
⎜ . ⎟  −1
⎜ ⎟
[b] = ⎜ ⎟ = [X]T [X] [X]T [y] . (14.49)
⎜b ⎟
⎜ j⎟
⎜ ⎟
⎜ ⎟
⎜ .. ⎟
⎜ . ⎟
⎝ ⎠
bp
4
Um die hier verwendete Schreibweise mit der Darstellung in [127] vergleichbar zu
machen, ist für die Matrix [X] deren Transponierte [X]T zu verwenden (siehe S.
62 in [127]).
502 14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren

Dabei bezeichnet [X]T die Transponierte der Matrix [X]. Dieser Schätzer
ist der sog. beste lineare unverzerrte Schätzer (Best Linear Unbiased
Estimator = BLUE). Mit Hilfe dieses Schätzers (Minimum-Quadrat-Schätzer)
ergibt sich folgendes Gleichungssystem

[y] = [X] [b] + [e] = [ŷ] + [e] , (14.50)

wobei [ŷ] die Schätzwerte von [y] enthält und [e] den Vektor der Residuen
repräsentiert. Der Vektor der Schätzwerte berechnet sich also aus

[ŷ] = [X] [b] = [X]([X]T [X])−1 [X]T [y] = [H][y] , (14.51)

wobei die [n×n]-Matrix [H] als sog. Hat-Matrix (Hut-Matrix) bezeichnet wird.
Die Residuen ergeben sich demnach wie folgt

[e] = [y] − [ŷ] = [y] − [H] [y] . (14.52)

Im Allgemeinen interessiert man sich für die sog. Prognose ŷ0 von [y] für
ein gegebenes Wertetupel [x0 ] (= Messstelle [x01 , x02 , . . . , x0p ]). Sie berechnet
sich zu

ŷ0 = b0 + b1 x01 + b2 x02 + . . . + bp x0p = [x0 ]T [b] . (14.53)

14.2 Lineare Korrelation


Die lineare Korrelation beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit Wertepaare
{xi , yi } linear abhängig sind. Im Gegensatz zur linearen Regression wird hier
y nicht als abhängige und x nicht als unabhängige Variable bezeichnet.
Da nunmehr keine Unterscheidung nach abhängiger und unabhängiger Va-
riable erfolgt, ist die Definition von zwei Ausgleichsgeraden sinnvoll, nachdem
die Wertepaare {xi , yi } in ein x-y-Diagramm eingetragen wurden. Zur Festle-
gung der Geraden wird wiederum das bereits bei der linearen Regression einge-
setzte Verfahren der Fehlerquadratminimierung (Gaußsches Minimalprinzip)
eingesetzt (s. Kap. 14.1.1).
Die beiden Ausgleichsgeraden (Abb. 14.3) lassen sich wie folgt definieren

ỹ = m1 x + b1 (14.54)

bzw.
x̃ = m2 y + b2 . (14.55)
Daraus resultieren zwei Möglichkeiten, die Fehlerquadratminimierung durch-
zuführen
(ỹ − yi )2 =
!
min. (14.56)
bzw.
(x̃ − xi )2 =
!
min. . (14.57)
14.2 Lineare Korrelation 503
y

x
Abb. 14.3. Messwertepaare {xi , yi }, die durch zwei Ausgleichsgeraden gemäß
Gl. (14.54) bzw. Gl. (14.55) approximiert werden.

Im Allgemeinen führt dieser Prozess zu unterschiedlichen Geraden.


Für den Fall, dass vollkommene lineare Unabhängigkeit zwischen den Wer-
ten der Variablen x und y besteht, streben die beiden Steigungen m1 und m2
gegen Null (Abb. 14.4). Für den Fall, dass die beiden Geraden zusammenfallen
(Abb. 14.5), besteht ein direkter funktionaler Zusammenhang.
Je nach Grad der linearen Abhängigkeit variieren die Geradensteigungen
also zwischen den Werten m1 = m2 = 0 (lineare Unabhängigkeit) und einem
oberen Wert m1 = 1/m2 (vollständige lineare Abhängigkeit). Da dieser obere
Wert aber nicht von vorneherein feststeht, lässt sich der Grad der linearen

y
m 2= 0

m 1= 0

x
Abb. 14.4. Fall der vollständigen linearen Unabhängigkeit (m1 = m2 = 0)
504 14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
y

1
m 1= m
2

x
Abb. 14.5. Fall des funktionalen Zusammenhangs: Die beiden Ausgleichsgeraden
fallen zusammen.

Abhängigkeit erst nach einer Normierung beurteilen. Dies führt zu einer nor-
mierten Steigung r, die dem Korrelationskoeffzient entspricht (siehe auch
Gl. (14.32) und Gl. (14.33)).
Im Gegensatz zur Kovarianz ist der Korrelationskoeffizient eine reine Maß-
zahl ohne Einheit. Der Korrelationskoeffizient nimmt Werte zwischen −1 und
+1 an (−1 ≤ r ≤ +1).
Ein Korrelationskoeffizient r = 0 bedeutet, dass keine lineare Abhängig-
keit besteht. Bei vollkommener linearer Abhängigkeit nimmt r den Wert +1
bzw. −1 an. Das Vorzeichen beschreibt dabei die Steigungsrichtung der ge-
meinsamen Geraden (Abb. 14.5).
Der Korrelationskoeffizient lässt sich wie folgt angeben


n 
n 
n
xi yi − 1
n xi yi
Qxy
r=  = % i=1 i=1 i=1
. (14.58)
Qx Qy
2 ' %
2 '
!  y2 −   
n n n n
i
1
n yi x2i − 1
n xi
i=1 i=1 i=1 i=1

Bei der Beurteilung der linearen Abhängigkeit anhand des Korrelationskoeffi-


zienten muss die Stichprobenanzahl mit ins Kalkül gezogen werden. So liefern
beispielsweise zwei Wertepaare immer den Wert r = 1. Aus diesem Grund ist
zu dieser Beurteilung noch der im Folgenden behandelte Vertrauensbereich
von r hinzuzuziehen.
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren) 505

Vetrauensbereich des Korrelationskoeffizienten

Da der nach Gl. (14.58) ermittelte Korrelationskoeffizient nur ein Schätzwert


des Korrelationskoeffizienten ρ der Grundgesamtheit (setzt unendlich viele
Messungen voraus) darstellt, sollte man den Vertrauensbereich für r ermit-
teln, um eine Aussage der möglichen Abweichungen von ρ als Funktion einer
gewählten statistischen Sicherheit zu erhalten.
Um den Vertrauensbereich eines anhand einer Stichprobe mit n Einzel-
messungen ermittelten Korrelationskoeffizienten anzugeben, bedient man sich
des nachfolgenden Schemas in Abb. 14.6. Die Grundlagen hierzu findet der
interessierte Leser beispielsweise in [95].

Korrelation und Kausalität

Ein hoher Korrelationskoeffizient ist auf eine starke lineare Abhängigkeit


zurückzuführen. Daraus darf aber nicht unmittelbar auf eine Kausalität
im Sinne eines Ursache-Wirkungs-Prinzips geschlossen werden. Es gibt
unzählige Beispiele für Scheinkorrelationen oder sogar Unsinnrelationen, die
durchaus nicht auf eine gemeinsame Ursache zurückzuführen sind. Ein kausa-
ler Zusammenhang muss zunächst einmal von der Sache her begründet sein.
Anhand einer dazu durchgeführten Korrelation lässt sich lediglich prüfen, ob
eine Hypothese zu einem bestimmten Ursache-Wirkungs-Prinzip hält oder
nicht. Es darf aber keinesfalls aus einem hohen Korrelationsgrad unmittel-
bar auf einen entsprechenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhang geschlossen
werden.
Als Beispiel könnte angeführt werden, dass die steigende Lebenserwartung
und die steigende Preisentwicklung sicherlich keinen unmittelbaren kausalen
Zusammenhang aufweisen, aber dennoch zwischen beiden ein von Null ver-
schiedener Korrelationskoeffizient besteht.

14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren)


14.3.1 Testen von Hypothesen, Entscheidungen

Die Wahrscheinlichkeitsverteilung, welche die Grundgesamtheit beschreibt,


wird als wahre Wahrscheinlichkeitsverteilung bezeichnet. Diese wahren
Verteilungen sind aber in der praktischen Messtechnik nicht bekannt. Mit Hil-
fe von sog. Tests muss daher des öfteren entschieden werden, ob bestimmte
Vermutungen über die Wahrscheinlichkeitsverteilungen bzw. deren Parameter
zutreffen oder nicht.
Zur Durchführung eines Tests stellt man eine Arbeitshypothese auf. Diese
wird als Nullhypothese H0 bezeichnet. Die dieser Nullhypothese widerspre-
chende Vermutung wird Alternativhypothese H1 genannt.
506 14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren

Schema zur Berechnung des Vertrauensbereiches des Korrela-


tionskoeffizienten

1. Vorgabe der gewünschten statistischen Sicherheit, z. B. P = 99%


2. Anhand Abbildung 14.7 ist der Wert des Vertrauensfaktors t bzw. der folgende
Wert c zu ermitteln
t
c= = f (P [%])
σ
mit
1
σ= √ .
n−3
3. Berechnung des Korrelationskoeffizienten r (Schätzwert) gemäß Gl. (14.58)

n
n
n
x i yi − 1
n
xi yi
Qxy i=1 i=1 i=1
r=  =  .
Qx Qy   2    2 
 n
n
n
n
 y2 − 1
yi x2i − 1
xi
i n n
i=1 i=1 i=1 i=1

4. Ermittlung der Hilfsvariablen z0


 
1 1+r
z0 = ln = artanh (r) .
2 1−r

5. Bestimmung der Randwerte r1 und r2 des Konfidenzintervalls gemäß


 
t
r1 = tanh z0 − √ = tanh (z0 − c)
n−3
bzw.
 
t
r2 = tanh z0 + √ = tanh (z0 + c) .
n−3
6. Angabe des Vertrauensbereiches des Korrelationskoeffizienten ρ für die unter
1. gewählte statistische Sicherheit

r1 ≤ ρ ≤ r 2 .

Abb. 14.6. Schema zur Berechnung des Vertrauensbereiches des Korrela-


tionskoeffizienten
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren) 507

P(c)

100

50

p(x)

-c μ c x
10

0
0 1. σ 2. σ 3. σ c
Abb. 14.7. Statische Sicherheit (Wahrscheinlichkeit) P (c) als Funktion der Vielfa-
chen der Standardabweichung σ. P (c) gibt an, mit welcher statistischer Sicherheit
ein Wert einer Normalverteilung x im Intervall ±c um den Mittelwert μ liegt, d. h.
|x − μ| ≤ c [149].

Zweck dieser Tests ist es nun, auf der Basis eines Stichprobenergebnisses eine
Entscheidung darüber zu treffen, ob die Nullhypothese oder die Alternativhy-
pothese gilt. Die konkrete Stichprobe wird dabei als Prüfgröße bezeichnet.
Der Wertebereich der Prüfgröße wird in einen kritischen und einen nicht-
kritischen Bereich (Akzeptieren der Nullhypothese) unterteilt.
Dabei muss bedacht werden, dass es bei der Durchführung von Tests zu
Fehlern im Sinne einer falschen Entscheidung kommen kann. Man spricht von
Fehler 1. Art, wenn für H1 entschieden wird, obgleich H0 richtig ist, und
im umgekehrten Fall von Fehler 2. Art (s. Tab. 14.1).
Als Signifikanzniveau α wird die dem Test eigene Wahrscheinlichkeit be-
zeichnet, die zum Verwerfen der Nullhypothese führt, obwohl sie gilt ( =Fehler
1. Art). In den meisten praktischen Fällen wird das Signifikanzniveau vorgege-
ben. Übliche Werte sind α = 0, 01 bzw. α = 0, 05. Beim Test besteht nun die
Aufgabe darin, nach Vorgabe des Stichprobenumfanges den kritischen Bereich
so festzulegen, dass das vorgewählte Signifikanzniveau eingehalten wird und
gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit für den Fehler 2. Art so gering wie möglich
bleibt.
In den meisten Fällen lassen sich die zugelassenen Wahrscheinlichkeits-
verteilungen durch einen Parameter ϑ in eindeutiger Weise beschreiben. Als
508 14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren

Operations-Charakteristik OC des Tests wird die Funktion L(ϑ) bezeich-


net, die mit einer vorgebbaren Wahrscheinlichkeit zum Nichtverwerfen der
Nullhypothese führt. Die hierzu komplementäre Wahrscheinlichkeit für das
Verwerfen der Nullhypothese H0 hingegen heißt Gütefunktion G(ϑ). Dem-
nach ergänzen sich die beiden Funktionen zu

G(ϑ) + L(ϑ) = 1 . (14.59)

Dies bedeutet, dass G(ϑ) die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten des Fehlers
1. Art beziffert, während L(ϑ) den entsprechenden Wert für den Fehler 2. Art
darstellt.
Für viele Standardtests sind in der Literatur [68] zu vorgegebenen Si-
gnifikanzniveaus α und festgelegten Stichprobenumfängen die Operations-
Charakteristiken L(ϑ) graphisch dargestellt.
In dem in Abb. 14.8 gezeigten Schema wird das prinzipielle Vorgehen bei
Tests nochmals zusammengefasst.

Vorgehen bei Hypothesen-Tests


1. Problemdefinition:
• Voraussetzungen klären
• Nullhypothese H0 und Alternativhypothese H1 aufstellen
2. Testverfahren auswählen
3. Signifikanzniveau α festlegen (unter Beachtung der Folgen eines Fehlers 1.
Art)
4. Stichprobenumfang festlegen:
Falls die Operationscharakteristik OC des Tests bekannt ist, lässt sich der
Stichprobenumfang so bestimmen, dass für eine bestimmte Wahrscheinlich-
keitsverteilung unter der Alternativhypothese eine konkrete Wahrscheinlich-
keit für den Fehler 2. Art eingehalten wird.
5. Wirksamkeit des Tests anhand OC bestimmen (falls diese bekannt ist)
6. Prüfwert ermitteln
7. Entscheiden:
Vergleich des Prüfwertes mit dem kritischen Wert
8. Ergebnis der Entscheidung interpretieren

Abb. 14.8. Schema zum prinzipiellen Vorgehen bei Hypothesen-Tests


Tabelle 14.1. Fehler bei Hypothesen-Testentscheidungen, H0 : Arbeitshypothese,
H1 : Alternativhypothese

Realität
Test H0 trifft zu H1 trifft zu

H0 angenommen Fehler 2. Art

H1 angenommen Fehler 1. Art
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren) 509

14.3.2 Beispiele für Tests

Prüfung auf Normalverteilung

Da viele Fehleranalysen darauf beruhen, dass die Messwerte normalverteilt


sind, ist es wichtig zu wissen, wie eine Stichprobe getestet werden kann, ob
sie einer Normalverteilung (Gauß-Verteilung) entstammt.
Die prinzipiell einfachste Möglichkeit eines solchen Tests besteht darin, die
Messwerte in ein sog. Summenhäufigkeitspapier5 einzutragen. Die eingetrage-
nen Punkte liegen im Falle einer Normalverteilung auf einer Geraden. Der
Erwartungswert μ wird bei der Summenhäufigkeit von 50 % abgelesen. Zur
Beurteilung, ob eine Normalverteilung vorliegt oder nicht, wird anhand von
zwei Kriterien beurteilt:
1. Wie groß ist die Abweichung der Punkte von der Geraden?
2. Wie groß ist die Abweichung des aus der Stichprobe errechneten Mittel-
wertes x vom abgelesenen Erwartungswert μ ?
Die zweite Testmöglichkeit besteht im sog. χ2 -Test (Abb. 14.9). Der Grund-
gedanke dieses Tests besteht in der Unterteilung der x-Achse (unabhängi-
ge Variable) in Teilintervalle und der Berechnung der zu diesen Intervallen
gehörenden Wahrscheinlichkeiten der betreffenden Zufallsvariablen x. Diese
Wahrscheinlichkeiten werden aus der in der Hypothese angenommenen Ver-
teilungsfunktion F (x) ermittelt. Die so ermittelten Wahrscheinlichkeiten wer-
den dann mit den relativen Klassenhäufigkeiten der gegebenen Stichprobe
verglichen. Bei zu großen Abweichungen wird die Hypothese (F (x) ist die
Verteilungsfunktion von x) verworfen.

Tip:
Zu dieser Thematik befinden sich mehrere LabVIEW-
Programme auf der CDROM. Die Dichtefunktion der χ2 -
Verteilung kann mit chi_square_density.vi als Kurven-
schar mit dem Parameter nf als Freiheitsgrad gezeichnet
werden. Ein Beispiel für einen χ2 -Test, wie er auf der fol-
genden Seite beschrieben wird, ist in chi_square_test_example.vi zu
finden. Dort werden die Fehler, mit denen eine Messung behaftet ist,
daraufhin überprüft, ob sie normalverteilt sind. Die Grafik in Abb. 14.10
kann mit dem Programm chi_square_chart.vi erzeugt werden, wobei
die Wahrscheinlichkeitsgrenzen eingestellt werden können.

5
Beim Summenhäufigkeitspapier ist die Abszisse gemäß einer Gaußschen Normal-
verteilung verzerrt, so dass diese wie eine Gerade auf dem Summenhäufigkeitspa-
pier erscheint.
510 14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren

Die Durchführung des χ2 -Tests besteht aus folgenden Schritten [149]:

1. Ermittlung von Mittelwert x (Schätzwert) und Schwankung s:

n
x= xi
n i=1

   n n 2 
 


n 
1

(xi − x)2 = 
1 1
s= x −
2
xi .
n−1 i=1
n − 1 i=1 i n i=1

2. Einteilung der Messwerte in K Klassen (K ≥ 4), so dass in einem Intervall


mindestens 5 Messwerte liegen.
3. Bestimmung der mit nei bezeichneten Anzahl der in den einzelnen Klassen
befindlichen Messwerte.
4. Anhand einer Normalverteilung (mit μ = x und σ = s) werden die Wahr-
scheinlichkeiten Pi (i = 1, 2, . . . , K) ermittelt, mit der die Messwerte in der
Klasse i liegen. Daraus wir die Anzahl noi von Messwerten ermittelt, die im
jeweiligen Intervall i im Falle der Normalverteilung liegen würden

noi = n Pi ,

wobei n den Umfang der Stichprobe bezeichnet.


5. Anhand des folgendermaßen errechneten χ2 -Wertes


K
(nei − noi ) 2
χ2 =
i=1
noi

entscheidet man über die Annahme bzw. das Verwerfen der Hypothese, ob
die Stichprobe zu einer Normalverteilung gehört oder nicht.
6. Vorgabe des Signifikanzniveaus α, typischerweise 1 % bzw. 5 %.
7. Lösen der Gleichung

P (χ2 ≥ c) = 1 − α

anhand einer Graphik bzw. einer Tabelle, welche die χ2 -Verteilung beschrei-
ben. Dabei wird die Anzahl nf der Freiheitsgrade durch

nf = K − 1

festgelegt. Abbildung 14.10 zeigt die χ2 -Verteilung für die Werte


α = 5 % (95 %) und α = 1 % (99 %).

Abb. 14.9. Schema zur Durchführung des χ2 -Tests (Prüfung, ob eine Normalver-
teilung vorliegt)
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren) 511

χ2

50

p(χ 2 )
40 Hypothese
verwerfen

c1 c2 χ2
30
c2 = 5 %
men
c2 = 1 % a n neh
ese
oth
20 Hyp
c1 = 5 %

10 Hypothese
verwerfen
5 c1 = 1 %

0
2 4 10 20 26 nf = K - 1

Abb. 14.10. χ2 -Verteilung für die Signifikanzniveaus 1 % und 5 % als Funktion des
Freiheitsgrades nf = K − 1 (s. auch Schema in Abb. 14.9) [149].

χ2 -Verteilung

Sind n unabhängige Zufallsvariable xi mit Normal-Verteilung im Intervall [0,1]


gegeben, so hat ihre Quadratsumme

yn = x21 + x22 + . . . x2n (14.60)

die folgende Wahrscheinlichkeitsdichte, die auch χ2 -Verteilung mit n Freiheits-


graden genannt wird (Γ : Gamma-Funktion (s. u.)) [92, 95]
/ n y
1
n y 2 −1 e− 2 für χ2 ≥ 0 ,
2 Γ(n
2 )2
2
fyn (y = χ ) = (14.61)
0 für χ2 < 0 .

Gamma-Funktion

Γ (α) bezeichnet die sog. Gamma-Funktion, die durch folgendes Integral


gegeben ist
∞
Γ (α) = e−t tα−1 dt (α > 0) . (14.62)
0

Es gilt Γ (1) = 1, Γ (1/2) = π und Γ (n + 1) = n! .
512 14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren

Prüfung auf lineare Abhängigkeit von Messwerten


Im Zuge der linearen Regression wurde eine Ausgleichsgerade für eine Schar
von Messwerten ermittelt (Kap. 14.1.1). Dabei zeigte sich, dass eine lineare
Abhängigkeit vorliegt, wenn die Steigung m der Geraden (Gl. (14.3)) signi-
fikant von Null abweicht. Um dieses zu testen, geht man nach dem in Abb.
14.11 gezeigten Schema vor [149].

Test auf lineare Abhängigkeit


1. Berechnung des Ausdrucks (s. Kap. 14.1.1)
  
 (n − 2)s2x 
 
c = m .
 s2y − m2 s2x 

2. Ermittlung der Wahrscheinlichkeit (statistischen Sicherheit) P [%], mit der


die Gerade von einer mit der Steigung m = 0 abweicht anhand der Student-
Verteilung (t-Verteilung) (Abb. 14.12 bzw. Tab. 5.2)

P = P (c, n − 2) .

3. Entscheidung:
Für kleine Werte von P , z. B. P ≤ 1 %, wird die Hypothese, dass m = 0 sei,
verworfen. Damit ist statistisch gesichert, dass lineare Abhängigkeit vorliegt.

Abb. 14.11. Test auf lineare Abhängigkeit von Messwerten

Student t-Verteilung
Die Studentsche t-Verteilung6 bildet die Grundlage wichtiger statistischer
Tests.
Es sind zwei unabhängige Zufallsvariable x und y gegeben. Dabei besitzt
x im Intervall [0,1] eine Normalverteilung und y eine χ2 -Verteilung mit n
Freiheitsgraden (s. vorhergehenden Abschnitt). Die Zufallsvariable
x
t=  (14.63)
y/n
hat dann die Wahrscheinlichkeitsdichte
Γ n+1 1
ft (t) = √ 2 n ·  . (14.64)
nπ 2 t2 (n+1)/2
1+ n

Die Verteilung ft (t) wird als Student t-Verteilung mit n Freiheitsgraden be-
zeichnet [92, 95]. Mit wachsendem n strebt die Verteilungsfunktion der t-
Verteilung gegen die Verteilungsfunktion der Normalverteilung mit dem Mit-
telwert 0 und der Varianz 1.
6
Sie wurde von W.S. Gosset eingeführt und unter dem Namen “Student” veröffent-
licht.
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren) 513

10
8 p(x)
%
6 P/2 P/2
5
4 -c 0 c t
3

1.0
0.8
0.6
0.5
0.4
0.3

0.2

0.1
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 20 30 40 50 60 100 c

nf = 1 nf = 5
nf = 2 n f = 10
nf = 3 nf =
8

Abb. 14.12. Student-Verteilung (t-Verteilung bzw. Studentsche t-Verteilung): P


gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der gilt |t| ≥ c. Der Parameter ist der Freiheits-
grad nf [149].

Tip:
Mit dem Programm teste_lin_abh.vi kann zusätzlich zur
Berechnung von Regressionsgeraden auch noch der hier be-
schriebene Test auf lineare Abhängigkeit durchgeführt wer-
den. Die Darstellung der Student-Verteilung nach Abb. 14.12
kann mit dem Programm students-t-verteilung.vi
nachvollzogen werden.
514 14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren

Test des Korrelationskoeffizienten

In Kap. 14.2 wurde der Korrelationskoeffizient r für die Verteilung zweier un-
abhängiger Variablen xi und yi ermittelt. Dieser Korrelationskoeffizient r der
Stichprobe ist nur ein Schätzwert des Korrelationskoeffizienten ρ der Grund-
gesamtheit und damit fehlerbehaftet. Es soll die Hypothese ρ = 0 gegen eine
Alternativhypothese ρ > 0 getestet werden.
Dazu geht man nach dem in Abb. 14.13 gezeigten Schema vor [95].

Test des Korrelationskoeffizienten


1. Vorgabe eines Signifikanzniveaus, z. B. α = 1 % bzw. α = 5 % .

2. Ermittlung des Wertes c anhand der Student-Verteilung (Abb. 14.12 bzw.


Tab. 5.2) mit (n − 2) Freiheitsgraden (n: Stichprobenumfang)

P (c, (n − 2)) = 1 − α .

3. Berechnung von t0 als Funktion des ermittelten Korrelationskoeffizienten r


und dem Stichprobenumfang n

n−2
t0 = r .
1 − r2
4. Entscheidung:
Annahme der Hypothese ρ = 0 für den Fall

t0 ≤ c

d. h.

P (|t0 | ≤ t) = 1 − α

und Verwerfen der Hypothese andernfalls.

Abb. 14.13. Test des Korrelationskoeffizienten


15
Grundlagen der Rechnergestützten
Messdatenerfassung

15.1 Aufgaben, Bedeutung und Grundstrukturen von


rechnergestützten Messsystemen

Im Digitalrechnerbereich wurden in den letzten Jahren in bezug auf Rechenlei-


stung, Datentransfergeschwindigkeit sowie Speichergröße enorme Fortschritte
erzielt. Daher werden die Digitalrechner, insbesondere die immer leistungs-
fähigeren und preiswerteren Personalcomputer, auch gerne zur Bewältigung
komplexer und umfangreicher Aufgaben im Rahmen der Messung elektrischer
und nicht-elektrischer Größen herangezogen. Die Hauptaufgabengebiete sind
dabei die Messdatenerfassung und die Messsignalverarbeitung. Daneben wer-
den Digitalrechner auch zur Steuerung und Regelung von Anlagen und als
Prozessleitsysteme eingesetzt. Generell kann man Digitalrechner, die mit ei-
nem technischen Prozess gekoppelt sind, als Prozessrechner bezeichnen. Die
Hauptaufgaben bei der rechnergestützten Messdatenerfassung sind die kor-
rekte Erfassung der Messdaten, ihre anschließende Auswertung inklusive Feh-
lerkorrektur sowie ihre Visualisierung und effiziente Speicherung (Archivie-
rung) (Abb. 15.1). Die Übernahme von Messdaten in einen Digitalrechner
kann dabei auf verschiedenen Wegen geschehen. Eine der Standardmethoden
basiert auf an den Rechnerbus angeschlossenen Messmodulen, die auf einer

Erfassen

Auswerten
(inkl. Fehlerkorrektur)

Visualisieren Archivieren

Abb. 15.1. Hauptaufgaben der rechnergestützten Messdatenerfassung

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_15
516 15 Grundlagen der Rechnergestützten Messdatenerfassung

Computereinsteckkarte realisiert sind (Instrument-on-a-Card) und in der Re-


gel einen Analog-Digital-Umsetzer mit vorgeschaltetem Multiplexer enthal-
ten (Abb. 15.2a). Eine weitere gebräuchliche Methode besteht in der indi-
rekten Steuerung von intelligenten“ Messgeräten über digitale Computer-

Schnittstellen (Computer Controlled Instruments (CCI )) (Abb. 15.2b). Die
wichtigsten Anforderungen an ein Messdatenerfassungssystem sind neben der
korrekten Erfassung der Messsignale die schnelle Reaktion auf externe bzw.
interne Ereignisse, die Prioritätensteuerung der verschiedenen Aufgaben, gu-
te Visualisierungs- und Archivierungsmöglichkeiten, einfache Bedienung, ho-
he Zuverlässigkeit sowie die Erweiterbarkeit, Portierbarkeit und Wartbarkeit
bezüglich der Software.
Als Hauptvorzüge der computergestützten Messdatenerfassung sind zu
nennen:
• Automatisierung kompletter Messabläufe
• Einsparung redundanter Hardware (durch zeitlichen Multiplexbetrieb)
• sichere und effiziente Speicherung von Messdaten
• Ersatz von dedizierten und an spezielle Aufgaben gebundene Hardware-
Komponenten durch anwendungsflexible Software-Module, z. B. bei der
Filterung
• gute Visualisierungs- und Archivierungsmöglichkeiten durch Nutzung viel-
fach vorhandener Standard-PC-Software
• leichte Einbindung der Messdatenerfassung in Regelsysteme oder Anlagen
der Automatisierungstechnik.

Abb. 15.2. Digitalrechner in der Messdatenerfassung: a) Instrument-on-a-Card,


b) Computer Controlled Instruments (CCI)
15.1 Grundstrukturen von rechnergestützten Messsystemen 517

Bei der Auswahl der einzelnen Systemkomponenten stehen i. Allg. folgende


Gesichtspunkte im Vordergrund:
• Amplituden- und Zeitverhalten der Eingangssignale
(Auflösung und Abtastrate der zu verwendenden Analog-Digital- und
Digital-Analog-Umsetzer)
• Anzahl der zu verarbeitenden Messpunkte
(Abtastumfang bestimmt durch die Speichergröße)
• Verfügbarkeit unterschiedlicher Triggermöglichkeiten (Abb. 15.3)
• Genauigkeit
• Kosten, Zuverlässigkeit und Wartbarkeit.

u u

+ Flanke - Flanke

T+ T- T
Pegel- (Flanken-) Triggerung t sequentielle Triggerung t

u u

T T T'
t t
Fenster-Triggerung Alarm-Triggerung

Abb. 15.3. In der Messdatenerfassung verwendete Triggerarten (T bezeichnet den


Triggerzeitpunkt) [164]

Bei der Messdatenerfassung unterscheidet man prinzipiell zwischen Online-


und Offline-Erfassung. Bei der Online-Erfassung werden die Messdaten di-
rekt in den Prozessrechner eingelesen, während sie bei der Offline-Erfassung
nach der Digitalisierung in einem Massenspeichermedium, z. B. einer USB-
Festplatte, zwischengespeichert und erst zu einem späteren Zeitpunkt, oft
nach einem Transport des Speichermediums von einer externen Messstelle,
in den Auswerterechner übernommen werden.
518 15 Grundlagen der Rechnergestützten Messdatenerfassung

Abb. 15.4. Prinzipielle Struktur eines rechnergesteuerten Messdatenerfassungssy-


stems. Die gestrichelt gezeichneten Funktionsblöcke zählen bereits zu einem Daten-
ausgabesystem.

Abbildung 15.4 zeigt die prinzipielle Hardware-Struktur eines rechnergestütz-


ten Messdatenerfassungssystems, während Abb. 15.5 den prinzipiellen Funk-
tionsablauf der Softwaresteuerung bei der rechnergesteuerten Messdatenerfas-
sung mit anschließender Messsignalverarbeitung anhand eines Flussdiagram-
mes verdeutlichen soll. Die Grundfunktionen eines solchen Messdatenerfas-
sungssystems lassen sich unterteilen in Empfang, Verstärkung, Selektion des
Messkanals, Abtastung, Analog-Digital-Umsetzung und Datenübernahme. Bei
der Implementierung dieser Grundfunktionen ist folgendes zu beachten:
• Empfang
Die wichtigste Maßnahme beim Empfang ist die Vorsorge gegen Störun-
gen des Messsignals auf der Verbindungsleitung Prozess-Messdatenerfas-

sungssystem“. Um einen möglichst störungsfreien Empfang der Signale
zu ermöglichen, werden vorzugsweise Trennverstärker [182] eingesetzt und
entsprechende Schirmungsmaßnahmen durchgeführt (s. auch Kap. 15.2.3).
• Verstärkung
Im Allgemeinen ist ein Verstärker (Anpassungsverstärker) notwendig, um
den Messkanalpegel (Sensorpegel) an den Eingangsspannungsbereich des
A/D-Umsetzers anzugleichen. Die Verstärker werden weiterhin zur Erzie-
lung einer hohen Gleichtaktunterdrückung eingesetzt.
• Selektion des Messkanals
Die Auswahl des gerade zu messenden Signals aus einer Reihe von vorhan-
denen Messkanälen geschieht mittels sog. Analog-Multiplexer. Als Schalter
werden dabei vorzugsweise Halbleiterschalter eingesetzt, wenn die Prio-
15.1 Grundstrukturen von rechnergestützten Messsystemen 519

Abb. 15.5. Ablaufplan zur Softwaresteuerung bei der rechnergesteuerten Messda-


tenerfassung

rität auf hoher Umschaltgeschwindigkeit liegt, während man bei komplet-


ter galvanischer Trennung die langsameren Relaisschalter bevorzugt (s.
auch Kap. 15.2.2). Bei der Struktur von Analog-Multiplexern unterschei-
det man zwischen der massefreien“ Messung einer Differenzspannung und

der Messung der Signale gegen ein festes Massepotential. Man unterschei-
det weiterhin zwischen Analog-Multiplexer-Schaltungen, die ohne Zeitver-
satz zwischen den Abtastzeitpunkten der einzelnen Kanäle funktionieren
(Abb. 15.6) und solchen, die mit Zeitversatz arbeiten, dafür aber mit ei-
nem Sample & Hold-Glied auskommen (Abb. 15.7). Der Zeitversatz lässt
sich nur vermeiden, wenn für jeden Messkanal ein separates Sample &
520 15 Grundlagen der Rechnergestützten Messdatenerfassung

Analog-
S&H
Multiplexer
(MUX)

Analog- Digital-
S&H ADC
eingänge ausgang

S&H

Triggerpuls

Abb. 15.6. Analog-Multiplexing ohne Zeitversatz zwischen den Abtastpunkten der


einzelnen Messkanäle

Hold-Glied verwendet wird, so dass alle Messkanäle zeitsynchron abgeta-


stet werden können.
• Abtastung (Sampling)
Wenn das Messsignal während der Konversionszeit des Analog-Digital-
Umsetzers konstant gehalten werden muss, wird eine Sample & Hold-
Schaltung eingesetzt. Dabei wird das zeitkontinuierliche Messsignal in ein
zeitdiskretes umgesetzt (Abb. 11.36).
Eine besondere Form der Abtastung wird in Abb. 15.8 gezeigt. Mit
Hilfe dieses Schaltungsprinzips kann ein schnelles“ Signal in Form eines

zeitlich kurzen Pulses von einem vergleichsweise langsamen“ ADC um-

gesetzt werden. Durch die Verwendung von n Sample & Hold-Gliedern,
die von den Ausgängen einer n-stufigen Verzögerungsleitung (Tapped De-
lay Line) angesteuert werden, wird das Signal an n äquidistanten zeitli-
chen Stützstellen abgetastet und der i-te Abtastwert vom i-ten Sample
& Hold-Glied erfasst. Der Analog-Multiplexer ruft dann die Abtastwerte
nacheinander ab und führt sie dem ADC zu.

Analog-
Multiplexer
(MUX)
Analog- S&H Digital-
ADC
eingänge ausgang

Triggerimpuls

Abb. 15.7. Analog-Multiplexing mit Zeitversatz zwischen den Abtastzeitpunkten


der einzelnen Messkanäle
15.1 Grundstrukturen von rechnergestützten Messsystemen 521

Tapped Trigger-
Delay Line leitungen

ΔT S&H Analog-
Multiplexer
(MUX)

..........
S&H zum ADC

...
S&H

Startpuls u E (t)

uE uE

Spannungswerte einzelner
Sample & Hold-Glieder

t
ΔT

Abb. 15.8. Schaltung zur zeitlichen Abtastung schneller“ , transienter Signale mit

langsamen “ A/D-Umsetzern

• Analog-Digital-Umsetzung
Das Herzstück eines jeden rechnergestützten Datenerfassungssystems ist
der A/D-Umsetzer, der das analoge Signal in eine entsprechende Dualzahl
konvertiert. Dabei finden die in Kap. 11.7 beschriebenen Umsetzungsprin-
zipien Anwendung.
• Datenübernahme
Die vom A/D-Umsetzer ausgegebenen Digitalwerte werden in einem Bus-
register gespeichert. Da meist mehrere Datenerfassungskomponenten auf
den Rechnerbus geschaltet sind, werden die Ausgänge des Registers als
Tristate-Ausgänge [182] implementiert.
Neben den eigentlichen Datenerfassungssystemen sind auf den einschlägigen
PC-Einsteckkarten zur Messdatenerfassung in der Regel auch Datenausgabe-
systeme enthalten, deren Aufgabe es ist, in binärer Form vorliegende Signale
in analoger Form auszugeben. Diese Analogsignale werden nach entsprechen-
der Verstärkung im Allgemeinen zur Ansteuerung von Aktoren verwendet.
Die Hauptfunktionen eines Datenausgabesystems bestehen darin, das zu
wandelnde Digitalwort in ein Busregister zu schreiben (Datenübergabe), die-
ses Digitalwort anschließend mit Hilfe eines Digital-Analog-Umsetzers in ei-
522 15 Grundlagen der Rechnergestützten Messdatenerfassung

Datenbus
DAC S&H u1

S&H u2
Steuerbus
Ablauf- . .
Steuerung . . .
. . .
.
S&H uk

Abb. 15.9. Prinzip eines Datenausgabesystems mit k Ausgabekanälen

ne Analogspannung umzusetzen (D/A-Umsetzung) und auf einen Ausgangs-


verstärker zu geben (Ausgabe). Abbildung 15.9 zeigt die typische Struktur
eines Datenausgabesystems, das mehrere Ausgabekanäle aufweist. Rechner-
gesteuerte Datenausgabesysteme haben in letzter Zeit als flexible Funktions-
generatoren große Bedeutung erlangt. Solche sog. Arbitrary Waveform Synthe-
sizer erlauben die rechnergesteuerte Synthese von (im Rahmen der zeitlichen
Abtastung sowie Amplitudendynamik) beliebigen Signalformen.
Die in Datenerfassungs- und Datenausgabesystemen typischerweise auf-
tretenden Fehler sollen im Folgenden kurz zusammengefasst werden:
• Übersprechen (Crosstalk) zwischen den einzelnen, insbesondere benach-
barten, Kanälen
• Gleichtaktstörungen
• Fehler der Sample & Hold-Schaltung in Form von Apertur-Unsicherheiten,
Übersprechen, etc. (s. Kap. 11.7.1 und 11.7.2)
• Fehler des A/D-Umsetzers, z. B. Quantisierungsfehler (s. Kap. 11.7.8)
• Fehler des D/A-Umsetzers, z. B. transiente Spannungsspitzen und Zeitfeh-
ler (s. Kap. 11.6.3)
• Systemfehler der digitalen Signalverarbeitung, z. B. Rundungs-, Abbruch-
und Überlauffehler.

15.2 Basis-Hardware zur Messdatenerfassung

Das zentrale Element einer jeden rechnergestützten Messdatenerfassung bil-


det der oft auch als Prozessrechner bezeichnete Steuerrechner, welcher über
Einrichtungen für die direkte informationstechnische Kopplung (Kommunika-
tion) mit dem Prozess verfügt. Als Steuerrechner kommen prinzipiell Mikro-
und Minicomputer, Workstations und insbesondere leistungsfähige Personal-
computer in Frage. Es sind in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit“ des

Prozesses vor allem schnelle Computer gefragt, welche die Fähigkeit haben,
15.2 Basis-Hardware zur Messdatenerfassung 523

rechtzeitig“ auf externe Prozess-Ereignisse zu reagieren. Man spricht in die-



sem Zusammenhang auch von Echtzeitfähigkeit (Realtimefähigkeit). Über die
Realtimefähigkeit eines Computers entscheidet neben seinen hardwaremäßi-
gen Leistungsmerkmalen (vor allem die Geschwindigkeit) das verwendete Be-
triebssystem [55].
Die zur Messdatenerfassung benötigte Hardware gliedert sich in den eigent-
lichen Steuerrechner sowie die daran angeschlossenen bzw. die darin enthalte-
nen Schnittstellen zur Prozessperipherie (Abb. 15.10). Die Prozessrechner-
Hardware unterscheidet sich bezüglich ihrer Grundkomponenten zunächst
nicht von der Architektur eines jeden anderen gewöhnlichen Digitalrechners.
Der Unterschied in bezug auf die Hardware besteht lediglich in der Verfügbar-
keit von einer oder von mehreren der folgenden Komponenten (Abb. 15.10):

Abb. 15.10. Struktur eines Digitalrechners mit Peripherie-Schnittstellen zu einem


Prozess

• Prozessperipheriekarte mit Analog- und Digital-Ein/Ausgängen zum di-


rekten Anschluss an externe Prozesse
• Bus-Controller zum externen Busanschluss, z. B. IEC-Bus oder VXI-Bus
(s. Kap. 16.7 und 16.8).
Für die Verbindung zur Prozessperipherie sind im Konkreten folgende Stan-
dardlösungen (Abb. 15.11) üblich:
• (Multifunktions-) Einsteckkarten mit eigenem Multiplexer und A/D-Um-
setzer
• Messgeräte (mit internem A/D-Umsetzer), die über eine serielle Schnitt-
stelle, z. B. eine RS232-Schnittstelle, zwecks Messgerätesteuerung und Da-
tenübernahme mit dem Rechner verbunden sind
524 15 Grundlagen der Rechnergestützten Messdatenerfassung

Abb. 15.11. Standardmäßig verwendete Anschlussvarianten der Prozessperipherie


an einen Digitalrechner: a) Multifunktions-Einsteckkarte, b) RS232C-Schnittstelle,
c) IEC-Bus, d)Datenlogger

• Intelligente Messgeräte (mit internem A/D-Umsetzer), die an einen ex-


ternen Rechnerbus, z. B. einen IEC-Bus, zwecks Messgerätesteuerung und
Datenübernahme angeschlossen sind
• Autonom arbeitende Messgeräte mit Speichermöglichkeit (Datenlogger),
die eine spätere Offline-Datenübergabe in den Auswerterechner über eine
serielle oder parallele Schnittstelle, z. B. den IEC-Bus, erlauben.

15.2.1 Multifunktions-Einsteckkarten

Multifunktions-Einsteckkarten enthalten einen eigenen Analog-Multiplexer,


einen Analog-Digital-(ADC) und im Allgemeinen auch mindestens einen Digi-
tal-Analog-Converter (DAC). In Abhängigkeit vom Rechnertyp und der jewei-
ligen Anwendung stellt der heutige Markt eine Vielzahl von Einsteckkarten zur
Verfügung. In Abb. 15.12 wird die Struktur einer typischen Multifunktions-
Einsteckkarte gezeigt. Sie ermöglicht die Erfassung von 16 bzw. 32 Mes-
skanälen im Multiplexbetrieb. Sollten die 16 bzw. 32 analogen Eingangskanäle
nicht ausreichen, können diese durch spezielle Multiplexerkarten auf bis 8192
15.2 Basis-Hardware zur Messdatenerfassung 525

Adress- / Steuerbus
1 1
Analog- 2 2 Multiplexer
Eingänge (MUX) S&H ADC

...
16 16

Trigger Trigger Steuerung


MUX Modul Timer
Timing-
Eingang

1 DAC
2
Analog-
Ausgänge 2 DAC
Busregister
1

Datenbus

Abb. 15.12. Blockschaltbild einer typischen Multifunktions-Einsteckkarte

Eingangskanäle erweitert werden. Dabei werden die Analog-Kanäle gruppen-


weise auf die I/O-Kanäle der Karte gelegt (Abb. 15.13).
In ähnlicher Weise lassen sich die Analogausgänge mit 1 zu 32 demultiple-
xen. Die Kanalwahl und die Konfiguration erfolgt über die Digital-Ausgänge
der Messkarte. Diese Zusatzkarten bieten auch die Möglichkeit der flexiblen Si-
gnalkonditionierung. Die Parametrierung dieser Signalkonditionierung erfolgt
ebenfalls über die Digitalausgänge der Messdatenerfassungskarte [110]. Diese
Zusatzkarten erweitern den Spannungsbereich auf bis zu 50 V, sie ermögli-
chen die Messung von Temperaturen mit Pt100-Temperaturfühlern und sie
verfügen über Stromeingänge der Standard-Strom-Schnittstelle 0...20 mA. Bei
Abtastraten von 100 ksamples/s bis 300 ksamples/s sind typischerweise A/D-
bzw. D/A-Umsetzungen mit 16-Bit-Auflösung möglich. Schnellere Messda-
tenerfassungskarten erlauben mittlerweile Abtastraten von 500 ksamples/s
bei 16 Bit-Auflösung. Die Auswahl an solchen Peripheriekarten für PCs ist
mittlerweile sehr umfangreich und vielfältig geworden. Hochgeschwindigkeits-
karten erlauben Abtastraten von bis zu 100 Msamples/s oder mehr bei einer
typischen Auflösung von 8 Bit. Bei 10 Msamples/s werden noch 12 Bit er-
reicht. Für hochgenaue Anwendungen besteht die Möglichkeit, Messwerte mit
21 Bit aufzulösen. Dies lässt eine maximale Abtastrate von 10 ksamples/s
zu und erfordert einen sorgfältigen Aufbau der gesamten Messschaltungen,
um am unteren Ende des Dynamikbereiches Probleme infolge Rauschen oder
elektromagnetischer Einstreuungen zu vermeiden.
Für die sehr hohen Abtastraten ist es wichtig, dass genügend Memory zum
Zwischenspeichern der Messwerte auf der Karte selbst zur Verfügung steht.
526 15 Grundlagen der Rechnergestützten Messdatenerfassung

Abb. 15.13. Beispiel für erweitertes Multiplexing mit 256 Analogeingängen auf eine
Messdatenerfassungskarte. Es ist eine Erweiterung auf ein 8192-zu-32-Multiplexing
möglich [110].

Dafür stehen auf hochwertigen Karten mittlerweile 64 MByte Memory pro


Messkanal bereit. Solche Karten sind für alle gängigen PC-Busse, wie PCI-
Bus, PXI-Bus oder USB-Schnittstelle, lieferbar. Treiberroutinen sind für die
Standard-Betriebssysteme erhältlich.
Zur Triggerung durch externe Signale ist ein Timing-Eingang vorgesehen.
Weiterhin enthalten die Karten meist zwei Digital-Analog-Umsetzer, welche
Digitalwerte, die auf den Datenbus gelegt werden, in entsprechende Analog-
spannungswerte umsetzen und mit Hilfe von Ausgangsverstärkern ausgeben.
Die Leistungsdaten typischer Multifunktions-Datenerfassungskarten sind in
Tab. 15.1 enthalten.
15.2 Basis-Hardware zur Messdatenerfassung 527

Tabelle 15.1. Leistungsdaten typischer Multifunktions-Datenerfassungskarten


Modell PCIe-6320 PCIe-6363
Hersteller National Instruments National Instruments
Anzahl Analogeingänge
single ended 16 32
differentiell 8 16
Auflösung des ADC 16 Bit 16 Bit
Summen-Abtastrate 250 ksamples/s 2 Msamples/s
Uin ±0, 2 bis ±10 V ±0, 1 bis ±10 V
digitale I/O Kanäle 24 48
Analogausgänge 0 4
Sockel PCI Express PCI Express
Netto-Preis ca. 600,- EUR 1.900,- EUR

Modell PCI-DAS08 ADQ-258


Hersteller PLUG-IN ALLDAQ
Anzahl Analogeingänge
single ended 8 8 potentialfrei
differentiell - -
Auflösung des ADC 12 Bit 18 Bit
Summen-Abtastrate 40 kHz 1,6 Msamples/s
Uin ±5 V ±10, 24 V
digitale I/O Kanäle 3 8
Analogausgänge 0 0
Sockel PCI PCI
Netto-Preis ca. 250,- EUR 1.700,- EUR

15.2.2 Multiplexer

Der Multiplexer ist ein wesentliches Schaltungselement in Messdatenerfas-


sungssystemen. Als Multiplexer eignen sich neben den klassischen Relais die
Halbleiter-Analogschalter (HL-Analog-Schalter).
Während die verschleißfreien Halbleiterschalter hohe Schaltgeschwindig-
keiten bis in den MHz-Bereich zulassen, aber den Nachteil keiner vollständigen
galvanischen Trennung haben, bieten die Relais gerade diesen Vorzug, der bei
vielen industriellen Anwendungen gefordert wird. Dafür zeigen sie wesentlich
niedrigere Schaltgeschwindigkeiten (Tab. 15.2).
3- und 5-polige Relais werden verwendet, um EMV-Störungen (EMV =
Elektromagnetische Verträglichkeit) infolge Erdschleifen und elektromagneti-
scher Einkopplungen zu vermeiden (Abb. 15.14). Der 3. Pol dient der Schirm-
trennung, die beiden weiteren der 5-poligen Relais der zusätzlichen Trennung
der Stromversorgung.
528 15 Grundlagen der Rechnergestützten Messdatenerfassung

Tabelle 15.2. Multiplexer in der Messdatenerfassung


Typ Vorteile Nachteile

HL-Analog- schnell (Dauer eines Schalt- evtl. Offsetspannungen und


Schalter zyklus: 50 ns − 2 μs) Gleichtaktstörungen, evtl.
zu geringe Schaltspannung
Relais (2-polig) galvan. Trennung langsam, evtl. Erdschleifen
(Dauer eines Schaltzyklus
> 5ms)
Relais (3-polig) galvan. Trennung auch vom langsam, höhere Kosten
Schirmanschluss
Relais (5-polig) zusätzliche galvan. Tren- hohe Kosten
nung der Sensor-Stromver-
sorgung

Abb. 15.14. Relais dienen der vollständigen galvanischen Trennung von Sensor und
Messschaltung. Im Falle der 3-poligen Relais kann der Schirm für jeden Messkanal
getrennt werden, so dass nur der Schirm des aktuellen Messkanals durchgeschaltet
wird.
15.2 Basis-Hardware zur Messdatenerfassung 529

15.2.3 Störungen infolge Erdschleifen und Einkopplungen

Als Erdschleifen werden Störkreise bezeichnet, die durch Mehrfacherdung zu-


standekommen (s. Beispiel der 2-poligen Relaisschaltung aus Abb. 15.14).
So ist beispielsweise das 50 Hz-Netzbrummen bei Verstärkeranlagen auf sol-
che Erdschleifen zurückzuführen. Es handelt sich dabei um eine galvanische
und/oder induktive Kopplung, die anhand eines Beispiels erläutert werden
soll. Eine Quelle Q und ein Empfänger E sind über eine Zweidrahtleitung
verbunden (Abb. 15.15). Beide Geräte sind separat mit der Schutzerde PE
verbunden. Eine Störspannung UESt kann nun entweder durch galvanische
Kopplung über die gemeinsame Koppelimpedanz (RSL und LSL ) oder durch
induktive Einkopplung in die Schleife, die sich zwischen einem Leiter und der
Erdverbindung bildet, entstehen.

• galvanische Kopplung
Der Strom IPE1−2 im Schutzleiter führt zu einer Spannung zwischen den
Punkten 1 und 2 und wegen der Impedanzen Z Q und Z E zu unterschiedli-
chen Störströmen in den beiden Leitern. Dies hat eine Störspannung UESt
im Signalkreis zur Folge.
• induktive Kopplung
Infolge magnetisch-induktiver Kopplung kann es zur Induktion von weite-
ren Störspannungen (Abb. 15.15) kommen.

Leitungswiderstände und
Leitungsinduktivitäten der
Quelle Zweidrahtleitung Empfänger
1' ISt 2 2'

dΦ2 UESt
ZQ dt ZE
1 ISt 1 2

Schutzerdung Erdschleife
der Quelle dΦ1
dt
I PE1-2 . Z kopp
PE1 PE2
I PE1-2
RSL L SL
UStind
= Z kopp Schutzerdung
des Empfängers
Koppel-Impedanz
der Schutzerdung

Abb. 15.15. Erdschleife infolge Mehrfacherdung


530 15 Grundlagen der Rechnergestützten Messdatenerfassung

So wird in der Erdschleife, die sich zwischen den Punkten P E1, 1, 2


und P E2 aufspannt, eine Störspannnung UStind induziert, wenn die zeitli-
che Änderung des magnetischen Flusses ∂Φ ∂t ungleich Null ist. Selbst bei
1

geöffneter Erdschleife kann infolge ∂t = 0 eine weitere Störspannung zwi-


∂Φ2

schen den Signalleitungen (1 − 2) und (1 − 2 ) induziert werden. Die ist


eine Gegentaktstörung.
Zur Unterscheidung von Gleich- und Gegentaktstörungen ist anzumerken:

• Gleichtaktstörungen (common mode noise voltage)


Es handelt sich dabei um Störspannungen zwischen den Signalleitungen
und Masse (zur mathematischen Definition siehe Gl. (7.18)).
• Gegentaktstörungen (differential mode noise voltage)
Diese Störspannungen treten zwischen den Signalleitungen auf.

Gegenmaßnahmen gegen Erdschleifen

• Auftrennen der Erdschleife, d. h. nur einseitige Erdung.


Vorsicht: Dies widerspricht oft den gültigen Sicherheitsbestimmungen,
die in jedem Fall einzuhalten sind!
• Trenntransformator in die Signalleitung einbauen.
Beide eben genannten Maßnahmen verlieren bei hohen Frequenzen wegen
der stets vorhandenen Streukapazitäten, die dann zunehmend als Kurz-
schluss wirken, an Wirkung.
• Potentialtrennung durch Optokoppler.
Diese wirkungsvolle Maßnahme wird sehr oft bei speicherprogrammierba-
ren Steuerungen (SPS) eingesetzt.

Gegenmaßnahmen gegen induktive Gegentaktstörungen

Gegen induktive Einkopplungen zwischen den Signalleitungen (Φ2 in Abb.


15.15) helfen verdrillte Signalleitungen (Twisted-Pair-Leitungen).

Gegenmaßnahmen gegen Gleichtaktstörungen

Die Verwendung von Differenzverstärkern, insbesondere von Instrumenten-


verstärkern (Kap. 7.2.2), unterdrückt Gleichtaktstörungen weitgehend. Vor-
aussetzung ist allerdings, dass Signaleingänge beim Empfänger erd- bzw. mas-
sefrei angelegt werden können. Weiterhin muss die Eingangsimpedanz des Dif-
ferenzverstärkers groß gegenüber der Innenimpedanz der Quelle sein.
15.2 Basis-Hardware zur Messdatenerfassung 531

15.2.4 Serielle Schnittstellen

Serielle Schnittstellen, wie z. B. die Standardschnittstellen RS232 bzw. RS422


gehören zur Standardhardware-Ausstattung eines jeden Rechners. Sie erlau-
ben den einfachen Anschluss von Peripheriegeräten an diesen Rechner. Über
die serielle Schnittstelle können sowohl Befehle zur Gerätesteuerung abgesetzt
werden als auch Daten vom Messgerät in den Rechner transferiert werden.
Infolge der seriellen Datenübertragung ist die Datenübertragungsrate jedoch
relativ niedrig. Die Verwendung serieller Schnittstellen in der Messdatenerfas-
sung wird in Kap. 16.1 bis 16.6 beschrieben.

15.2.5 Parallelbussysteme

Ein Bussystem ist ein aus parallelen Leitungen bestehender elektrischer Ver-
bindungsweg für digitale bzw. auch analoge Daten mit fest vereinbarten
Hardware-Komponenten, Signalpegeln und Übertragungsprotokollen. Im Ver-
gleich zu seriellen Schnittstellen sind Parallelbussysteme aufgrund der paral-
lelen Datenübertragung wesentlich leistungsfähiger, speziell in bezug auf die
Datentransferrate. Sie erfordern jedoch den Einbau einer dedizierten Schnitt-
stellenkarte, auf der ein entsprechender Schnittstellen-Controller arbeitet. Der
IEC-Bus ist ein solches Bussystem, das mittlerweile auf dem Gebiet der
rechnergesteuerten Messdatenerfassung zum Industriestandard avanciert ist.
Nachdem inzwischen auch viele autonom arbeitende Messgeräte, wie z. B.
Digital-Multimeter und Spektrumanalysatoren, mit diesem Standard-Inter-
face ausgestattet werden, lassen sich solche Geräte mittels eines Rechners auf
elegante Weise steuern bzw. zu kompletten Messsystemen zusammenschalten.
Dabei kann die gesamte Bedienung der Messgeräte vom Rechner aus erfolgen
(s. Kap. 16.7).

15.2.6 Datenlogger

Eine weitere Möglichkeit der Anbindung von Prozessen an Rechner sind sog.
Datenlogger. Diese nehmen vor Ort Prozessdaten auf und speichern diese, um
sie nach anschließendem Transport des Gerätes via serieller oder paralleler
Schnittstelle (z.B. IEC-Bus) offline dem Rechner zu übergeben. Dieser Daten-
transport kann auch mit Hilfe eines Modems über das öffentliche Telefonnetz
oder via Internet geschehen.
532 15 Grundlagen der Rechnergestützten Messdatenerfassung

15.3 Grundtypen des Datentransfers

Der Datentransfer zwischen den peripheren Messgeräten und dem Rechner


kann auf folgende Arten erfolgen:
1. Abfrage (Polling)
Bei dieser Kommunikationsmethode startet der Rechner die Datenerfas-
sung in einem Peripheriegerät und wartet anschließend auf dessen Fertig-
meldung. Danach können die Daten vom Rechner übernommen werden.

Vorteil: - einfach zu implementieren


Nachteil: - Rechner ist bis zur Fertigmeldung blockiert

2. Interrupt-Methode
Der Rechner arbeitet nach dem Starten des Peripheriegerätes im gerade
aktuellen Programm weiter, bis das Gerät als Fertigmeldung ein Interrupt-
Signal liefert. Das Interrupt-Signal bewirkt die von der Interrupt-Service-
Routine gesteuerte Datenübernahme. Danach erfolgt ein Rücksprung an
das unterbrochene Programm. Üblicherweise werden für verschiedene In-
terrupts gestufte Prioritätsebenen festgelegt.

Vorteile: - unverzügliche Reaktion auf Triggerereignisse


- im Gegensatz zum Polling keine Blockierung des Steuer-
rechners zwischen den Einlesephasen
Nachteil: - Betriebssystem muss echtzeitfähig sein bzw. zumindest
die einwandfreie Interruptverarbeitung gestatten

3. Direct Memory Access (DMA)


Bei dieser Methode wird der Datentransfer von einem sog. DMA-Controller
ohne Beteiligung der CPU (abgesehen von der Initialisierung des Trans-
fers) gesteuert. Die Daten gelangen dabei direkt in den Arbeitsspeicher
des Rechners.

Vorteil: - schneller Datentransfer

Nachteile: - keine zwischenzeitliche Überprüfung der Daten


- größerer Hardwareaufwand (z. B. Speicher im
Peripheriegerät).
- direkte Verbindung zum Rechnerbus erforderlich
16
Messdatenerfassung im Labor

Bei der computergesteuerten Messdatenerfassung nutzt man im Wesentlichen


zwei Möglichkeiten, digitale Signale zu übertragen, nämlich über Punkt-zu-
Punkt-Verbindungen oder über Bussysteme. Bei den Punkt-zu-Punkt-
Verbindungen sind zwei Teilnehmer, beispielsweise ein Messgerät und ein
Steuerrechner, über eine bidirektionale Datenleitung verbunden. An Bussy-
steme hingegen lassen sich stets mehrere Teilnehmer gleichzeitig anschließen.
Bei den Bussystemen wird je nach Form der Übertragung, die bitseriell oder
bitparallel erfolgen kann, zwischen dem seriellen Bus und dem Parallelbus
unterschieden. Tabelle 16.1 soll einen Überblick über die wichtigsten im Rah-
men der computerunterstützten Messdatenerfassung und Messwertverarbei-
tung genutzten Standardschnittstellen geben. Auf die in der Messtechnik am
häufigsten verwendeten Schnittstellen, z. B. die serielle RS232-Schnittstelle
oder die parallele IEC-Bus-Schnittstelle, wird in den folgenden Abschnitten
näher eingegangen. Weiterhin wird der derzeitige Stand der Feldbussysteme
besprochen.

Tabelle 16.1: Computer-Schnittstellen in der Messdatenerfassung

RS232 Punkt-zu-Punkt-Verbindung, serielle Datenübertragung mit


19200 Bit/s bei max. 20 m, d. h. max. ca. 2000 Zeichen/s (in
der Praxis jedoch wird die RS232C-Schnittstelle abweichend von
der Norm auch mit höherer Übertragungsrate (38400 Bit/s) bzw.
für längere Übertragungswege genutzt), Paritätsprüfung möglich,
Synchronisation von Sender und Empfänger mittels Soft- oder
Hardware-Handshake.
RS422 Serielle Schnittstelle, differentielle Signalübertragung und damit
(RS485) höhere Störsicherheit, max. Übertragungsdistanz: 1200 m, bis 10
(32 bei RS485) Teilnehmer möglich, Datenübertragungsrate bis
zu 12 MBit/s (siehe auch Tab. 16.6).
USB (Universal Serial Bus) serielle Busverbindung, Datenübertragung
mit bis zu 480 MBit/s bei einer maximalen Distanz von 5 m, die
durch Einfügen von Repeatern auf bis zu 30 m erweitert werden
kann; max. 127 Teilnehmer.

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_16
534 16 Messdatenerfassung im Labor

IEC-Bus (auch IEEE488, HP-IB bzw. GPIB) Bussystem mit einem Con-
troller (im Normalfall der Steuerrechner), Talkern und Listenern,
max. 15 Geräte anschließbar (29 bei Verwendung eines Bus-
Expanders), Übertragungsdistanzen: von Gerät zu Gerät max.
2 m, total max. 20 m, Datenübertragungsrate: typ. 500 kByte/s,
max. 1 MByte/s.
VME-Bus (VERSA Module Europe) Mikrorechner-Bus für Datenwortbrei-
ten bis zu 32 Bit, der auf üblichen Europakarten-Steckverbindern
basiert, Datenübertragungsrate: max. 24 MByte/s.
VXI-Bus (VME Bus Extensions for Instrumentation) Um den Steckverbin-
der P3 erweiterter VME-Bus mit Versorgungsleitungen, Taktlei-
tungen (bis 100 MHz), Trigger-Leitungen und Leitungen für lokale
Teilbusse. Die Steuerungs- und Kommandostruktur orientiert sich
am IEC-Bus-Standard, d. h. eine Mischung von VME-, VXI- und
IEC-Bus-Modulen in einem Messsystem ist möglich, Datenüber-
tragungsrate: max. 40 MByte/s.
PXI-Bus (PCI Extension for Instrumentation) auf dem PCI-Bus
(PCI=Peripheral Component Interconnect) basierendes Bussy-
stem mit bis zu 64 Bit Datenbreite, Datentransferrate bis zu
528 MByte/s, max. 31 Geräte anschließbar, Triggerleitungen und
Leitungen für lokalen Bus analog zum VXI-Bus vorhanden.
CAMAC Computer Application for Measurement and Control (Eura-
tom 1969). Ein Bussystem, welches zunächst für die Belange der
europäischen Kernforschungseinrichtungen entwickelt wurde, je-
doch auch für andere Prozessautomatisierungsaufgaben eingesetzt
wird.
Fire Wire Standard-PC-Schnittstelle; Übertragungsraten bis zu 400 MBit/s;
(i.Link, max. 63 Teilnehmer; bidirektionaler Datenfluss; max. Entfernung
IEEE 1394) zwischen 2 Teilnehmern: 4, 5 m; max. Gesamtlänge: 72 m; paket-
orientierte Datenübertragung; flexibles 6-adriges Kabel, davon 4
Datenleitungen und 2 für Stromversorgung. Der neue Standard
IEEE 1394b wird Übertragungsraten von bis zu 3, 2 GBit/s er-
lauben.

Alle diese Digital-Schnittstellen bestehen aus normgemäß abgestimmten Ver-


drahtungs- und Logiksystemen, die den Ablauf der Datenverbindungen steu-
ern. Diese müssen in jedem einzelnen Gerät, welches an die jeweilige Schnitt-
stelle angeschlossen ist, implementiert sein. Ein wesentliches Ziel ist es dabei,
die Geräte verschiedener Hersteller mittels solcher Schnittstellen störungsfrei
zu verbinden. Mit Hilfe von sog. Schnittstellenwandlern lassen sich Standard-
schnittstellen ineinander konvertieren. So gibt es beispielsweise standardisier-
te Schnittstellenwandler, die serielle RS232-Schnittstellensignale in IEC-Bus-
Schnittstellensignale umsetzen.
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle) 535

16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle


(V.24-Schnittstelle)
Für die serielle Datenübermittlung stehen mehrere Standardschnittstellen zur
Verfügung, deren Normung von zwei Behörden, nämlich dem CCITT = Co-
mité Consultatif International Télégraphique et Téléphonique (Internationa-
les Standardisierungsgremium im Fernmeldebereich) sowie der EIA = Electro-
nic Industry Association (Nationales Normungsinstitut der USA), vorgenom-
men wurde. Die im Rahmen der Messdatenerfassung interessanten seriellen
Schnittstellen sind:
• CCITT-Empfehlung V.24 entspricht der US-Norm EIA RS232C
• CCITT-Empfehlung V.11 entspricht der US-Norm EIA RS422A
• CCITT-Empfehlung V.10 entspricht der US-Norm EIA RS423A
• Strom-Schnittstelle; auch als Linienstrom-, 20 mA-, Current-Loop-
oder TTY-Schnittstelle bezeichnet.
Die maximale Leitungslänge beträgt 1000 m und die höchste Übertragungsrate
9,6 kBit/s. Die ebenfalls genormte RS485-Schnittstelle entspricht der RS422A-
Schnittstelle mit dem Unterschied, dass 32 anstatt 10 Teilnehmer ange-
schlossen werden können. Die Unterschiede bezüglich der beiden wichtigsten
Schnittstellen, der RS232C und der RS422A, sind in Tab. 16.6 dargestellt.
Ursprünglich wurde die RS232C-Schnittstelle für Datenübertragungsein-
richtungen, den Modems (Modulator/Demodulator), zur Datenübermittlung
auf Telefonleitungen vorgesehen. Heute dient sie vorwiegend der Kopplung von
Digitalrechnern mit Peripheriegeräten. Die US-Norm RS232C (Recommended
Standard Number 232, Revision C) beschreibt sowohl die elektrischen als auch
die funktionellen Eigenschaften der Schnittstelle. Die Nutzung der RS232C-
Schnittstelle im Rahmen von Messdatenerfassungsaufgaben bietet vor allem
einen Kostenvorteil, da diese Schnittstelle in den verwendeten Digitalrech-
nern in der Regel vorhanden ist. Als Nachteil muss die geringe Datenüber-
tragungsrate angeführt werden, die sich insbesondere beim Transfer größerer
Datenmengen, z. B. den oft umfangreichen Datensätzen von Digitalspeicher-
Oszilloskopen, negativ bemerkbar macht.

16.1.1 Übertragungsmedien

Zum Aufbau von seriellen Datenübertragungsstrecken verwendet man vor-


wiegend verdrillte Leitungspaare (Twisted-Pair-Leitungen), Koaxialkabel oder
auch Lichtwellenleiter. Während die kostenintensiven Lichtwellenleiter in be-
zug auf Bandbreite und überbrückbare Distanz ausgezeichnete Übertragungs-
möglichkeiten bieten, beschränken sich die verdrillten Leitungen auf mäßige
Bandbreite und Entfernung. Sie sind dafür aber wesentlich preisgünstiger.
Die Koaxialkabel stellen bei der Nutzung der Übertragung im Basisband eine
Kompromisslösung dar (Tab. 16.2).
536 16 Messdatenerfassung im Labor

Tabelle 16.2. Übertragungsmedien in der Messdatenerfassung


Übertragungs- überbrückbare Störanfälligkeit Kosten
bandbreite Distanz
Koaxialkabel (Basisband) 10 MBit/s < 200 m
+ + ++ +
verdrillte Leitungspaare 1 GBit/s < 20 m
(Twisted-Pair-Leitungen) + − −/+ + + +
Lichtwellenleiter 40 GBit/s km-Bereich
(LWL) + + + ++ + + + − − −

16.1.2 Leitungsbelegung und Steckerverbindung der


RS232C-Schnittstelle

Abbildung 16.1b zeigt die Belegung des im Allgemeinen verwendeten 25-


poligen Subminiatur-Steckers vom Typ Cannon 7529 mit den wichtigsten Si-
gnalen. In der Praxis werden RS232C-Schnittstellen für Rechnerverbindungen
in der in Abb. 16.1a gezeigten Konfiguration verwendet, die auch von den mei-
sten seriellen Interface-Bausteinen unterstützt wird. Zu dieser Konfiguration
gehören die in Tab. 16.3 angeführten Signalleitungen.
Die RS232C-Schnittstellenleitungen lassen sich nach ihrer Funktion in die
folgenden Gruppen untergliedern, deren wichtigste Vertreter im Folgenden
kurz erläutert werden:
• Betriebserde und Rückleiter
– PG (Protective Ground) Schutzerde (Stift 1):
Die Schutzerde wird mit dem Gehäuse und dem Schutzleiter der beiden
gekoppelten Übertragungseinrichtungen verbunden. Betriebserde und
Schutzerde müssen voneinander isoliert sein.
– SG (Signal Ground) Betriebserde (Stift 7):
Die Betriebs- oder Signalerde liegt auf einem Spannungspegel von 0 V.

Tabelle 16.3. Leitungen der RS232C-Schnittstelle

Leitungstyp Bedeutung und Leitungsnummer


Masse und Rückleiter Schutzerde (PG): 1; Signalerde (SG): 7
Datenleitungen Sendedaten (TxD): 2; Empfangsdaten (RxD): 3
Steuerleitungen Sendeteil einschalten (RTS): 4;
DEE betriebsbereit (DTR): 20
Meldeleitungen Sendebereitschaft (CTS): 5; Betriebsbereitschaft (DSR): 6;
Rufanzeige (RI): 22; Empfangssignalpegel (DCD): 8
Taktleitungen Sendeschrittakt von DÜE (DCE): 15;
Sendeschrittakt zur DÜE (DTE): 24;
Empfangsschrittakt von DÜE (DCE): 17
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle) 537

(1) Schutzerde, Protective Ground (PG)


(2) Sendedaten, Transmitted Data (TxD)
(3) Empfangsdaten, Received Data (RxD)
(4) Sendeteil einschalten, Request To Send (RTS)
(5) Sendebereitschaft, Clear To Send (CTS)
(6) Betriebsbereitschaft, Data Set Ready (DSR) Peripherie-
gerät
Rechner (7) Betriebserde, Signal-GND (SG) (DÜE
(DEE (8) Empfangssignalpegel, Data Carrier Detect (DCD) =DCE)
=DTE) z. B.
(20) DEE betriebsbereit, Data Terminal Ready (DTR) Modem
(15) Sendeschrittakt von DÜE
(17) Empfangsschrittakt von DÜE
(22) Rufanzeige, Ring Indicator (RI )
(24) Sendeschrittakt zur DÜE

a)

Sendeschrittakt zur 13
DÜE 24
Rufanzeige, 22
Ring Indicator (RI)
DEE betriebsbereit, 20 8
7
Empfangssignalpegel, Data Carrier Detect (DCD)
Betriebserde, Signal-GND (SG)
Data Terminal Ready 6 Betriebsbereitschaft, Data Set Ready (DSR)
(DTR) 17 5
4
Sendebereitschaft, Clear To Send (CTS)
Sendeteil einschalten, Request To Send (RTS)
Empfangsschrittakt
von DÜE 15 3
2
Empfangsdaten, Received Data (RxD)
Sendedaten, Transmitted Data (TxD)
Sendeschrittakt 1 Schutzerde, Protective Ground (PG)
von DÜE
b)

Abb. 16.1. a) Leitungsbelegung bei der RS232C-Schnittstelle (die Zahlen beziehen


sich auf den entsprechenden Stift des 25-poligen Steckers (DEE = Datenendeinrich-
tung (= DTE: Data Terminal Equipment), DÜE = Datenübertragungseinrichtung
(= DCE: Data Communication Equipment)), b) 25-poliger Standard-RS232-Stecker
vom Typ Cannon 7529

• Datenleitungen
– TxD (Transmit Data) Sendedaten (Stift 2):
Über diese Leitung werden der Empfangsstation die zu übertragenden
digitalen Daten als serieller Bitstrom zugeführt. Die Datenübertragung
ist aber nur dann möglich, wenn sich die Steuerleitungen RTS und DTR
(Stifte 4 und 20) sowie die beiden Meldeleitungen CTS und DSR (Stifte
538 16 Messdatenerfassung im Labor

5 und 6) im EIN-Zustand befinden. In den Sendepausen (idle state =


Ruhezustand) befindet sich die TxD-Leitung im Zustand log.  1 .
– RxD (Receive Data) Empfangsdaten (Stift 3):
Über diese Leitung empfängt die DEE den ihr zugeführten seriellen
Bitstrom.
• Steuerleitungen
– RTS (Request to Send) Sendeteil einschalten (Stift 4):
Durch Setzen des RTS-Signals zeigt die Datenendeinrichtung (DEE),
dass sie Daten übertragen will und die Datenübertragungseinrichtung
(DÜE) diese übernehmen soll. Bei Verwendung eines Modems dient
die RTS-Leitung der Steuerung des Modem-Sendeteils. Befindet sich
die Leitung im EIN-Zustand, schaltet das Modem in den Sendezustand
und verbleibt dort solange, bis die Leitung wieder in den AUS-Zustand
wechselt. Die RTS-Leitung kann auch, z. B. bei einer direkten Rechner-
Rechner-Kopplung, zusammen mit der CTS-Leitung als Handshake-
Leitung (Abb. 16.7) benutzt werden (RTS/CTS-HardwareProtokoll).
– DTR (Data Terminal Ready) DEE betriebsbereit (Stift 20):
Der EIN-Zustand auf dieser Leitung signalisiert dem Modem, dass die
DEE eingeschaltet und betriebsbereit ist. Geht die DTR-Leitung in
den AUS-Zustand über, wird das Modem vom Übertragungskanal ab-
geschaltet.
• Meldeleitungen
– CTS (Clear to Send) Sendebereitschaft (Stift 5):
Über diese Leitung zeigt das Modem der DEE seine Bereitschaft (EIN-
Zustand) an, Daten von der DEE zu übernehmen und über den Über-
tragungskanal zu senden.
– DSR (Data Set Ready) Betriebsbereitschaft (Stift 6):
Auf dieser Leitung signalisiert das Modem der DEE durch den EIN-
Zustand, dass es mit dem Übertragungskanal verbunden und betriebs-
bereit ist.
– DCD (Data Carrier Detect) Empfangssignalpegel (Stift 8):
Der EIN-Zustand auf dieser Leitung zeigt der DEE an, dass der Emp-
fangssignalpegel des Übertragungskanals innerhalb bestimmter Tole-
ranzgrenzen liegt. Wird die Kopplung zweier Geräte durch eine direk-
te Kabelverbindung (ohne Zwischenschalten eines Modems und eines
Übertragungskanals) vorgenommen, zeigt die DCD-Leitung nach Ak-
tivierung der beiden Schnittstellen an, ob die Kabelverbindung herge-
stellt ist oder nicht.
• Taktleitungen
Für die synchrone Datenübertragung stehen folgende Taktleitungen zur
Verfügung:
– Transmitter Signal Element Timing, Sendeschrittakt von der DÜE
(Stift 15):
Das Modem liefert auf dieser Leitung das Taktsignal an die DEE, mit
dem die von der DEE kommenden Sendedaten (TxD) getaktet werden.
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle) 539

– Receiver Signal Element Timing, Empfangsschrittakt von der DÜE


(Stift 17):
Das Modem liefert auf dieser Leitung das Taktsignal an die DEE, mit
dem die vom Modem empfangenen Daten in Richtung DEE über die
Leitung RxD getaktet werden.
– Transmitter Signal Element Timing, Sendeschrittakt zur DÜE (Stift
24):
Es handelt sich hierbei um das Taktsignal, mit dem die Sendedaten
(TxD) aus der DEE in Richtung Modem getaktet werden.

16.1.3 Pegelfestlegung und deren logische Zuordnung

Alle Signale der RS232C-Schnittstelle sind bipolare Spannungen, die üblicher-


weise im Bereich von -15 V ... +15 V liegen. Der Bereich von -3 V ... +3 V ist
der Übergangsbereich, in dem der Signalzustand nicht definiert ist.

16.1.4 Logikdefinition für Datenleitungen

Ist die Spannung eines Signals auf einer Datenleitung (RxD, TxD) gegenüber
der Signalerde (SG) betragsmäßig größer als 3 V und
• negativ, so herrscht der Signalzustand log.  1 , auch als MARK (marking
condition) oder Ruhezustand (idle state) bezeichnet.
• positiv, so herrscht der Signalzustand log.  0 , auch als SPACE (spacing
condition) bezeichnet (Abb. 16.2).

+u
+ 15V
log. '0' (SPACE)
Potential von SG
EIN-Zustand

+ 3V
Übergangsbereich
0
(undefiniert)
- 3V t
log. '1' (MARK)
AUS-Zustand
Ruhezustand = idle state
- 15V
-u

Abb. 16.2. Pegeldefinition bei der RS232C-Schnittstelle


540 16 Messdatenerfassung im Labor

16.1.5 Logikdefinition für Steuer- und Meldeleitungen

Ist die Spannung eines Signals auf einer Steuer- bzw. Meldeleitung gegenüber
der Signalerde (SG) im Betrag größer als 3 V und
• negativ, so herrscht der AUS-Zustand.
• positiv, so herrscht der EIN-Zustand.

16.1.6 Synchronisierung

Die Synchronisierung zwischen Sender und Empfänger sorgt bei der seriellen
Datenübertragung dafür, dass die Taktgeschwindigkeiten auf der Sende- und
Empfangsseite übereinstimmen und auch der Anfang und das Ende des in
Form eines seriellen Bitstromes übertragenen Datenwortes vom Empfänger
richtig erkannt werden. Dabei unterscheidet man zwischen synchroner und
asynchroner Übertragung:

Asynchrone Übertragung (Start-/Stop-Verfahren)


Da bei der asynchronen Datenübertragung die Synchroninformation jedem
übertragenen Zeichen beigefügt wird, benötigt man keine zusätzlichen Steuer-
oder Taktleitungen. Der entsprechende asynchrone Zeichenrahmen setzt sich
aus der in Abb. 16.3 gezeigten Bitfolge zusammen. Zwecks Fehlererkennung
kann zusätzlich zu den eigentlichen Datenbits sowie dem Start- und dem Stop-
bit ein Paritätsbit übertragen werden. Dazu wird die im Zeichenrahmen be-
findliche Anzahl der logischen  1 auf eine gerade (even parity) bzw. eine un-
gerade Anzahl (odd parity) aufgefüllt. Dem Zeichenrahmen wird in der DÜE
und DEE durch Festlegen der gemeinsamen Baudrate das gleiche Zeitraster
zugeordnet. Bei der Abtastung der Bits wird als Abtastrate ein Vielfaches
der Übertragungsgeschwindigkeit gewählt (Faktor 16, 32 oder 64). Für den
asynchronen Betrieb benötigt man höchstens 9 Leitungen (Pins 1-8 und 20),
da die Taktleitungen (15, 17 und 24) entfallen.

Abb. 16.3. Asynchroner Zeichenrahmen, bestehend aus: 1 Startbit, 5 ... 8 Datenbits


(das LSB wird zuerst gesendet), evtl. 1 Paritätsbit, 1, 1.5 oder 2 Stopbits
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle) 541

Synchrone Übertragung
Bei der synchronen Datenübertragung werden mehrere Datenwörter zu einem
Datenblock zusammengefasst und flankiert von Synchronzeichen übertragen
(Abb. 16.4). Dabei wird in der Regel das Zeichen  SYN = 16 H (synchronous
idle) zweimal zu Beginn eines jeden Blockes gesendet, während das Zeichen

ETB = 17 H (end of transmission block) das Ende eines Blockes markiert.
Am Ende einer Sendung steht das Zeichen  EOT = 4 H (end of transmission).
Zur Taktsynchronisierung wird das Taktsignal des Senders (Pin 24) genutzt.

. SYN SYN Daten ETB Pause SYN SYN ......

Abb. 16.4. Synchroner Zeichenrahmen

16.1.7 Handshake-Verfahren (Quittierungsverfahren)

Zur Kontrolle der Datenübertragung, z. B. um die Empfangsbereitschaft des


Empfängers zu signalisieren, verwendet man die im Folgenden erläuterten
Handshake-Verfahren, die sowohl in Software als auch in Hardware imple-
mentiert sein können. Dies wird anhand einer DTE-DTE-Strecke, d. h. einer
Rechner-Rechner-Verbindung, erläutert. Die beiden DTEs werden mit einem
sog. Nullmodemkabel verbunden. Nullmodemkabel sind dadurch gekennzeich-
net, dass die Leitungspaare (2,3), (4,5) und (6,20) gekreuzt sind. Für den
Fall einer DTE-DCE-Strecke, d. h. einer Rechner-Modem-Verbindung, wird
ein sog. Modemkabel verwendet, das nur direkt durchverbundene (keine ge-
kreuzten) Leitungen aufweist [26].

16.1.8 Software-Handshaking

Beim Software-Handshaking werden bestimmte Steuerzeichen in den seriel-


len Bitstrom integriert. Die beiden gebräuchlichsten Formen des Software-
Handshakings sind:

XON/XOFF-Protokoll
Zu Beginn der Empfangsbereitschaft sendet der Empfänger ein XON-Zeichen
(i. Allg.  DC1 = 11 H). Daraufhin übermittelt der Sender Daten, bis er vom
Empfänger durch ein XOFF-Zeichen (i.Allg.  DC3 = 13 H) aufgefordert wird,
den Datenstrom anzuhalten. Danach wartet der Sender auf das nächste XON-
Zeichen des Empfängers, bevor er wieder Daten sendet. Die entsprechende
Verdrahtung der Leitungen, die in Abb. 16.5 gezeigt wird, ist bezüglich der
benötigten Leitungen minimal (es werden nur drei Leitungen benötigt).
542 16 Messdatenerfassung im Labor

DTE DTE
TxD 2 2 TxD
RxD 3 3 RxD
RTS 4 4 RTS
CTS 5 5 CTS
DSR 6 6 DSR
DTR 20 20 DTR
DCD 8 8 DCD
SG 7 7 SG

Abb. 16.5. Leitungskonfiguration für das XON/XOFF-Protokoll

ETX/ACK-Protokoll
Bei diesem Protokoll werden Datenpakete definierter Länge übertragen, wobei
ein Überlauf des Empfängerspeichers prinzipiell vermieden werden muss. Bei
Empfangsbereitschaft wird die DTR-Leitung vom Empfänger auf log.  1 -Pegel
gesetzt. Gleichzeitig wird vom Empfänger das Steuerzeichen  ACK = 06 H
gesendet, woraufhin der Sender das Datenpaket an den Empfänger schickt und
mit  ETX = 03 H abschließt. Nachdem der Empfänger die Daten verarbeitet
hat, zeigt er seine erneute Empfangsbereitschaft mit  ACK = 06 H an. Die
Leitungskonfiguration, die diesem Protokoll zugrunde liegt, wird in Abb. 16.6
gezeigt.
DTE DTE
TxD 2 2 TxD
RxD 3 3 RxD
RTS 4 4 RTS
CTS 5 5 CTS
DSR 6 6 DSR
DTR 20 20 DTR
DCD 8 8 DCD
SG 7 7 SG

Abb. 16.6. Leitungskonfiguration für das ETX/ACK-Protokoll

16.1.9 Hardware-Handshaking
Beim Hardware-Handshaking wird die Kontrolle der Datenübertragung von
der Schnittstellenhardware übernommen, die dafür das Leitungspaar RTS/CTS
zur Verfügung stellt. Beim Mehrdraht-Handshake mit RTS/CTS-Protokoll
(Abb. 16.7) zeigt der empfangsbereite Partner seine Empfangsbereitschaft
an, indem er seine RTS-Leitung in den EIN-Zustand versetzt. Die Leitung
wird wieder in den AUS-Zustand zurückversetzt, wenn er keine Daten mehr
aufnehmen kann, etwa weil der Empfangspuffer überzulaufen droht. Der je-
weilige Sender erkennt dies anhand des Zustandes (EIN/AUS) seiner CTS-
Leitung. Man beachte die gekreuzten Leitungspaare des in Abb. 16.7 verwen-
deten Nullmodemkabels.
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle) 543

DTE DTE
TxD 2 2 TxD
RxD 3 3 RxD
4 4
RTS RTS
5 5
CTS CTS
DSR 6 6 DSR
DTR 20 20 DTR
DCD 8 8 DCD
SG 7 7 SG

Abb. 16.7. Leitungskonfiguration für Hardware-Handshake

16.1.10 Hardware-Realisierung von seriellen Schnittstellen

Die hardwaremäßige Realisierung von seriellen Schnittstellen erfolgt i. Allg.


mit Hilfe von Standardschnittstellenbausteinen. Ein solcher Schnittstellenbau-
stein hat zunächst die wichtige Aufgabe, ankommende serielle Datenströme
in parallele Datenwörter zu wandeln und an den Parallelbus des Rechners zu

Parallel-Bus (interner Rechner-Bus)

Serieller Aus-
Daten Transmitter
gang (TxD)

Serieller Ein-
gang (RxD)
Receiver
Empfangstakt

gemeinsame
Taktleitung

Steuersignale Sende/Empfangs- Zustands-


.....

Steuerung kontrolle

Taktsignal Taktgenerierung
Synchronisierung

Abb. 16.8. Prinzipschaltbild eines Universal Asynchronous Receiver Transmitters


(UART)
544 16 Messdatenerfassung im Labor

übergeben bzw. umgekehrt von dort kommende parallele Datenwörter in seri-


elle Datenströme zu wandeln und an den seriellen Ausgang der Schnittstelle zu
senden. Das Prinzipschaltbild eines solchen Schnittstellenbausteins, der auch
als UART (Universal Asynchronous Receiver Transmitter) bezeichnet wird,
ist in Abb. 16.8 zu sehen.
Daneben gibt es auch Bausteinvarianten, die zusätzlich die synchrone Da-
tenübertragung erlauben. Es handelt sich dabei um sog. USARTs (Universal
Synchronous and Asynchronous Receiver Transmitter).
Als Beispiel für einen in der Praxis oft eingesetzten USART soll hier der

Datenbus- Sende-
D7 ... D0 puffer TxD
puffer

Reset Lese- TxRDY


CLK Sende-
C/D Schreib- TxE
RD WR steuerung
Steuerlogik TxC

CS
DSR
DTR Modem- Empfangs-
puffer RxD
CTS steuerung
RTS

RxRDY
Empfangs-
interner RxC
steuerung
Datenbus Syndet
a)

D2 1 28 D1
D3 2 27 D0
RxD 3 26 Vcc
Gnd 4 25 RxC
D4 5 24 DTR
D5 6 23 RTS
D6 7 8251 22 DSR
D7 8 21 Reset
TxC 9 20 CLK
WR 10 19 TxD
CS 11 18 TxEmpty
C/D 12 17 CTS
RD 13 16 Syndet
RxRDY 14 15 TxRDY
b)

Abb. 16.9. Universal Synchronous Asynchronous Receiver Transmitter USART


8251: a) Blockschaltbild, b) Pinbelegung
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle) 545

Chip 8251 der Firma Intel besprochen werden. Dieser in NMOS-Technologie


gefertigte Peripheriebaustein wird als Parallel-Seriell-Schnittstellenwandler
u. a. auf Boards der 8086-Mikroprozessor-Familie verwendet. Seine Ein- und
Ausgänge sind TTL-kompatibel. Das Blockschaltbild des 8251 sowie die Pin-
belegung seines 28-Pin-Standardgehäuses werden in Abb. 16.9 gezeigt. Dieser
Baustein ermöglicht die folgenden Betriebsarten:

Tabelle 16.4. Signale des Bausteins USART 8251

Bezeichnung Bedeutung/Aufgaben der Signalleitung


Prozessor-
Schnittstelle:
D0 ... D7 bidirektionaler Datenbus; es werden auch Status-
informationen, Steuer- und Kommandowörter übertragen
RD Lesesignal
WR Schreibsignal
C/D Auswahl des Steuerregisters (Control/Data):
C/D = 0 : Daten; C/D = 1 : Kommando, Status
Reset Rücksetzeingang
CLK TTL-Takteingang
CS Bausteinauswahl-Eingang (Chip Select)
Serielle
Daten-
Schnittstelle:
RxD Empfangsdaten
T xD Sendedaten
Modem-
steuerung:
RT S Sendeaufforderung (Request to Send)
CT S Sendebereitschaft (Clear to Send)
DT R Datenstation bereit (Data Terminal Ready)
DSR DÜE bereit (Data Set Ready)
Sende-
steuerung:
T xRDY Sender bereit (Transmitter Ready)
T xE Sendepuffer leer (Transmitter Empty)
T xC Sendetakt (Transmitter Clock)
Empfangs-
steuerung:
RxRDY Empfänger bereit (Receiver Ready)
RxC Empfangstakt (Receiver Clock)
Syndet Synchronisationserkennung (SYNC Detect) für
Synchronbetrieb
546 16 Messdatenerfassung im Labor

• Asynchronbetrieb:
5 bis 8 Bit Wortlänge, Baudratenfaktor (1, 16, 64), programmierbar 1, 1.5
oder 2 Stop-Bits. Die Synchronisierung erfolgt durch die fallende Flanke
des Startbits.
• Synchronbetrieb:
5 bis 8 Bit Wortlänge, interne oder externe Zeichensynchronisierung, au-
tomatisches Einfügen von SYN-Zeichen zur Markierung des Datenstrom-
beginns
• Baudrate bis 9,6 kBit/s
• Fehlererkennung durch Paritäts- und Überlaufprüfung.
In Tab. 16.4 ist die Bedeutung der im Blockschaltbild (Abb. 16.9a) bzw. bei
der Pinbelegung (Abb. 16.9b) gezeigten Leitungen stichwortartig erläutert.
Weitere Details zur Hardware sowie zur Programmierung dieses Bausteins
finden sich in der weiterführenden Literatur, z. B. in [146].

16.2 Kenngrößen der seriellen Datenübertragung


Im Folgenden sollen die wichtigsten Kenngrößen der seriellen Datenübertra-
gung erläutert werden. Diese sind:
• Schrittgeschwindigkeit (Baudrate)
• Übertragungsgeschwindigkeit (Übertragungsrate)
• Zeichengeschwindigkeit
• Wirkungsgrad (Datendurchsatz).
Die Schrittgeschwindigkeit vS (Baud = Bit/s) gibt die Anzahl der Kenn-
zustandswechsel pro Sekunde an und entspricht dem Reziprokwert der Bitzeit
TS , die oft mit der Schrittdauer identisch ist
1
vS = . (16.1)
TS
Die Zeichengeschwindigkeit vZ (Zeichen/s) gibt die effektive Leistung einer
Datenübertragungseinrichtung an, d. h. die Anzahl der pro Sekunde übertra-
genen Zeichen
1 1 vS
vZ = = = . (16.2)
TZ ZTS Z
Dabei bezeichnet Z die Anzahl der Einheitsschritte in einem Zeichenrahmen
und TZ die Dauer eines Zeichenrahmens.
Die Übertragungsgeschwindigkeit vÜ (Bit/s) gibt die Anzahl der pro
Sekunde übertragenen Bits an. Im Falle binärer Codierung (n = 2 Kenn-
zustände) entspricht sie der Schrittgeschwindigkeit, während für n > 2 fol-
gende Definitionsgleichung zu beachten ist

vÜ = vS ld n = ZvZ ld n (16.3)


16.3 Die RS485-Schnittstelle 547

mit
lg n
ld n = . (16.4)
lg 2
Dabei bezeichnet n den Kennzustand.
Der Wirkungsgrad nÜ (Datendurchsatz) ist für die asynchrone Da-
tenübertragung wie folgt definiert
Datenbits
nÜ = . (16.5)
Startbit + Datenbits + Paritätsbit + Stopbits

16.3 Die RS485-Schnittstelle


Die RS485-Schnittstelle hat in den letzten Jahren für das Gebiet der Messda-
tenerfassung größte Bedeutung erlangt, da sie sich zunehmend als Über-
tragungsmedium für die industriellen Feldbussysteme (s. auch Kap. 17.10)
durchsetzt. Die RS485-Schnittstelle entspricht weitgehend der bereits erwähn-
ten RS422A-Schnittstelle. Das elektrische Grundprinzip ist bei beiden iden-
tisch. Sie arbeiten nach dem differentiellen Prinzip mit einem Spannungspegel
von ±5 V . Während jedoch die RS422A-Schnittstelle für Punkt-für-Punkt-
Verbindungen ausgelegt ist, ähnlich dem RS232C-Interface, wird die RS485-
Schnittstelle hingegen zum Aufbau von Mehrpunktverbindungen genutzt, d.h.
es können mehrere Teilnehmer an eine RS485-Verbindungsleitung angeschlos-
sen werden. Es handelt sich also um ein serielles Bussystem. Die wich-
tigsten Unterschiede zwischen RS232C- und RS485-Schnittstelle sind in den
Tabn. 16.5 bis 16.7 festgehalten.

Tabelle 16.5. Pegeldefinitionen bei der seriellen Schnittstelle RS232C

log.  0 +3 V < U < +15 V


log.  1 −15 V < U < −3 V

Tabelle 16.6. Vergleich der seriellen Schnittstellen RS232C und RS422A (RS485)

RS232C RS422A (RS485)


max. Leitungslänge 20 m (19,2 kBit/s) 1,2 km (100 kBit/s)
900 m (1,2 kBit/s)
max. Übertragungsgeschwindigkeit 19,2 kBit/s) 12 MBit/s (20 m)
min. Eingangsspannung des 3V 200 mV
Empfängers (single-ended) (differentiell)
Versorgungsspannung ±15 V ±5 V
548 16 Messdatenerfassung im Labor

Tabelle 16.7. Pegeldefinitionen bei der seriellen Schnittstelle RS422A (RS485)

Sender Empfänger
log.  0 +1, 5 V ≤ U < +5 V U > + 0,2 V
log.  1 −5 V ≤ U < −1, 5 V U < -0,2 V

An eine RS485-Leitung können bis zu 32 Teilnehmer angeschlossen werden. Es


existieren zwei Versionen von Verdrahtungen, die aus einer bzw. zwei Twisted-
Pair-Leitungen bestehen:

16.3.1 Eine Twisted-Pair-Leitung

Die Kommunikation geht in beiden Richtungen über eine einzige Doppellei-


tung (Abb. 16.10), d. h. es wird im Halbduplex-Betrieb gearbeitet. Alle Teil-
nehmer haben Tristate-Ausgangsstufen [182]; ihr Eingangswiderstand beträgt
12 kΩ. Die Doppelleitung ist an ihren Enden mit einem Abschlusswiderstand
(Rt = 120 Ω) reflexionsfrei abgeschlossen.

R t = 120 Ω R t = 120 Ω

.....

Abb. 16.10. RS485-Schnittstelle im Halbduplex-Betrieb

16.3.2 Zwei Twisted-Pair-Leitungen

In diesem Fall braucht der Master keine Tristate-Ausgangstreiberstufe, da die


Slaves unabhängig vom Master über das zweite Twisted-Pair-Kabel senden.
Generelle Vorteile der differentiellen (erdfreien) Übertragung ist ihre we-
sentlich geringere Störanfälligkeit gegenüber unterschiedlichen Erdpotentia-
len der verschiedenen Teilnehmer und sonstigen Gleichtaktstörungen. Dies in
Verbindung mit dem beidseitigen reflexionsfreien Leitungsabschluss erlaubt
16.5 Inter Integrated Circuit (I2 C) 549

Datenraten von 12 MBit/s bei Distanzen von ca. 20 m. Die maximale Distanz
innerhalb eines Segments beträgt 1,2 km bei Datenraten von etwa 100 kBit/s.
Neueste Chiptechnologien erlauben mittlerweile 25 MBit/s. Abbildung 16.11
zeigt die in der Praxis eingesetzte Schaltung, die mit unipolarer Spannungs-
versorgung (+5 V) auskommt.

5V

R1 = 390 Ω
Rx

R2 = 220 Ω

Tx
R3 = 390 Ω

Abb. 16.11. Schaltung einer RS485-Schnittstelle

16.4 Die 20 mA-Stromschleife


Neben der in der Elektrotechnik wegen ihrer hohen Störsicherheit oft einge-
setzten analogen 20 mA-Stromschleife gibt es in der Kommunikationstechnik
auch eine digitale 20 mA-Stromschleife zur Übertragung von binären Signalfol-
gen. Die entsprechenden Signalpegel sind in Tab. 16.8 enthalten. Die maximale
Leitungslänge beträgt 1000 m bei 9,6 kBit/s.

Tabelle 16.8. Pegeldefinitionen bei der 20 mA-Stromschleife

log.  0 0 mA ≤ I ≤ 3 mA
log.  1 14 mA ≤ I ≤ 20 mA

16.5 Inter Integrated Circuit (I2 C)


Der Inter Integrated Circuit, auch I2 C genannt, ist ein synchrones serielles
Datenbussystem, das von der Firma Philips in den 1980er Jahren entwickelt
550 16 Messdatenerfassung im Labor

wurde. Häufig wird dieses Bussystem zur geräteinternen Kommunikation zwi-


schen einzelnen Bausteinen eingesetzt. Aus lizenzrechtlichen Gründen wird
der I2 C Bus bei der Firma Atmel als TWI (Two Wire Interface) bezeichnet.
Beide Systeme sind jedoch identisch. Mittlerweile existiert das Bussystem in
der sechsten Generation, womit Übertragungsraten von 5 MHz möglich sind.
Eine detaillierte Beschreibung des I2 C Standards kann [82] entnommen wer-
den.
Allgemeine technische Daten: Der I2 C Bus besitzt eine einfache Master-
Slave Struktur. Der Datentransfer wird durch den Master eingeleitet, wel-
cher daraufhin mit dem adressierten Slave kommuniziert. Ein Multima-
sterbetrieb ist prinzipiell möglich, wobei ein angesprochener Master dann
als gewöhnlicher Slave arbeitet. Das Bussystem besteht aus Datenleitung,
Taktleitung und einer Leitung für die Versorgungsspannung. Die Busteil-
nehmer besitzen einen Open-Collector-Ausgang, was bei der vereinbarten
positiven Logik in einer Wired-AND Schaltung der einzelnen Busteilneh-
mer resultiert (siehe Abb. 16.12).

VDD
Pull-up
Data Widerstände
Clock

Master Slave
Clock IN Data IN Clock IN Data IN

Clock OUT Data OUT Clock OUT Data OUT

Abb. 16.12. Anschluss der Busteilnehmer an den I2 C Bus

Datenübertragung: Die Taktrate wird vom Master vorgegeben. Ist sie je-
doch für einen Teilnehmer zu hoch, so kann der entsprechende Slave zwi-
schen der Übertragung einzelner Bits die Taktleitung auf dem Low-Pegel
halten (Clock-Stretching) und damit den Master bremsen. Der Master gibt
demnach die maximal mögliche Taktrate vor, die tatsächliche Frequenz
orientiert sich allerdings am langsamsten Busteilnehmer. Prinzipiell gibt es
keine minimale Taktrate, allerdings kann es durchaus sein, dass bestimm-
te Busteilnehmer eine minimale Taktfrequenz benötigen. Als High-Pegel
wird ein Spannungswert von mindestens 0,7 VDD , als Low-Pegel ein Span-
nungswert von maximal 0,3 VDD interpretiert. Einzelbits werden als gültig
akzeptiert, wenn sich der logische Pegel während einer Clock-High-Phase
nicht ändert. Ausnahmen davon sind die sog. Steuerbits (z.B. Startbit,
16.6 Die USB-Schnittstelle 551

Stopbit). Eine fallende Flanke auf der Datenleitung während einer Clock-
High-Phase wird als Startbit, eine steigende Flanke auf der Datenleitung
während einer Clock-High-Phase als Stopbit interpretiert. Ein Datenpa-
ket besteht aus acht Datenbits sowie einem Acknowledgement-Bit, welches
vom Slave während der neunten Clock-High-Phase durch einen Low-Pegel
auf der Datenleitung gesendet wird. Der Slave muss den Low-Pegel an der
Datenleitung anlegen, bevor das Clock Signal auf High ist, um zu vermei-
den, dass die restlichen Busteilnehmer ein Startbit erkennen.
Kommunikationsprotokoll: Zu Beginn der Kommunikation sendet der
Master ein Byte, wobei die ersten sieben Bits der Adressierung des ange-
sprochenen Slaves dienen. Das achte Bit ist ein Read/Write-Bit und si-
gnalisiert dem angesprochenen Slave, ob er Daten empfangen (Low-Pegel)
oder Daten senden (High-Pegel) soll. Die 7-Bit-Adressierung erlaubt ma-
ximal 128 Adressen. 16 Adressen sind allerdings für Sonderzwecke reser-
viert, was die maximale Teilnehmerzahl auf 112 reduziert. Jeder I2 C-fähi-
ge Chip besitzt eine vom Hersteller vorgegebene Adresse, wobei einige
Adressbits über Steuerpins vorgegeben werden können, sodass auch gleich-
artige Chips an einem I2 C Bus betrieben werden können. In der aktuellen
Version wurde der Adressraum auf 10 Bit erweitert, was eine höhere An-
zahl an Busteilnehmern erlaubt. Abbildung 16.13 zeigt die Kommunikati-
on auf dem I2 C Bus, wobei der Master Daten von einem der Slaves abruft.
Der I2 C Bus zeichnet sich vor allem durch seinen einfachen Aufbau aus.

Taktleitung
Datenleitung
R/W Bit

Bedeutung
Startbit

Slaveadresse (hier: 1010100) Nutzdaten (hier: 10110010) Stopbit


ACK

ACK

Sender Master Master Master Slave Master


Slave Master

Abb. 16.13. Beispielhafte Kommunikation zwischen Master und Slave gemäß dem
I2 C Protokoll

Busteilnehmer können während des Busbetriebs entfernt und hinzugefügt


werden (Hot-Plug-fähig). Der einfache Aufbau des Protokolls ist allerdings
zugleich der Nachteil, da sich die Übertragung mittels I2 C aufgrund des
Verzichts auf Fehlererkennung als störanfällig erweist. Damit ist das Bus-
system ungeeignet zur Überbrückung größerer Distanzen. Der Einsatz des
I2 C beschränkt sich auf störarme Umgebungen.

16.6 Die USB-Schnittstelle


Ein serielles Standard-Bussystem stellt die USB-Schnittstelle (Universal Se-
rial Bus) dar. Sie findet sich in vielen Consumer-Geräten und nahezu allen
552 16 Messdatenerfassung im Labor

Computern wieder. USB-Geräte können leicht in ein System integriert wer-


den, da sie von einem Host-Controller erkannt werden, sobald sie mit dem
System verbunden werden und durch die im Gerät gespeicherten Informa-
tionen ein Treiber installiert werden kann. Ein weiterer Vorteil des USB ist
die Hot-Plug-Fähigkeit. Ein Gerät kann also im laufenden Betrieb bspw. an
einen Computer angeschlossen werden. Dadurch entfällt ein Neustart des Sy-
stems und das entsprechende Gerät steht unmittelbar zur Verfügung. Eine
detaillierte Beschreibung des USB Standards kann [14] und [47] entnommen
werden.

Allgemeine technische Daten: Die Datenübertragung erfolgt symmetrisch


über zwei Datenleitungen, wobei die zweite Leitung das inverse Signal
der ersten überträgt. Der Empfänger bildet die Differenzspannung bei-
der Leitungen, wodurch die Übertragungssicherheit erhöht wird. Dane-
ben existiert ein weiteres Leitungspaar für die Versorgungsspannung (5 V
und Ground). Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen
Steckern für USB-Geräte. Am weitesten verbreitet ist jedoch der USB-A
Stecker. Darüber hinaus gewinnen vor allem im Bereich der mobilen End-
geräte zunehmend Mini-USB und Micro-USB Stecker an Bedeutung (sie-
he Abb. 16.14). Zum Anschluss von USB-Geräten werden standardisierte

USB 2.0 USB 2.0 USB 2.0


A Stecker Mini - A Stecker Micro - A Stecker

12 mm 6,8 mm 6,85 mm

VCC D- D+ GND 1,8 mm


GND D+ D- VCC VCC D- D+ GND 3 mm
4,5 mm

Abb. 16.14. Standard Steckertypen des USB 2.0 Standards

Kabel verwendet. Diese bestehen aus einem verdrillten Leitungspaar für


die Signalübertragung und einem Leitungspaar für die Spannungsversor-
gung. Für ältere Geräte, die mit geringen Datenübertragungsraten arbei-
ten, ist ein verdrilltes Signalleitungspaar nicht zwingend vorgeschrieben,
wird aber dennoch aufgrund der Störsicherheit empfohlen. Die USB Ver-
sion 3.0 benötigt im Vergleich zur Vorgängerversion fünf zusätzliche Pins,
was zu einem ungünstigen Format des USB 3.0 Micro Steckers geführt
hat. Dies hat letztlich dazu beigetragen, dass sich dieser Standard im
Micro-Stecker Bereich nicht durchsetzen konnte. Vor allem bei mobilen
Endgeräten haben sich die Hersteller mit dem Micro-USB-Stecker der
Vorgängerversion USB 2.0 arrangiert, wenngleich damit nur eine gerin-
gere elektrische Leistung von 2,5 W (5 V, 500 mA) über den Anschluss
übertragen werden kann. Das A-Steckerformat des USB 3.0 Standards
ist demgegenüber abwärtskompatibel. Der Standard USB 3.1 besitzt im
16.6 Die USB-Schnittstelle 553

Vergleich zu USB 3.0 ein verbessertes Stecksystem (Typ-C-Stecksystem)


und erlaubt darüber hinaus Leistungen von bis zu 100 W (20 V, 5 A) zu
übertragen.
Topologie und Datenübertragung: Die Bustopologie des USB-Standards
ist sternförmig, wobei der Host-Controller im zentralen Sternpunkt sitzt
und damit jedes angeschlossene Gerät direkt ansprechen kann. Der Host-
Controller ist für die Koordinierung des Busses zuständig, die angeschlos-
senen Endgeräte stellen die USB-Slaves dar. Ein Host kann bis zu 127 Teil-
nehmer verwalten, wobei an einem Port nur ein Teilnehmer angeschlossen
werden kann. Um an einem USB-Port mehrere Busteilnehmer anschließen
zu können, wird ein USB-Hub benötigt. Durch Hubs kann die maxima-

Tabelle 16.9. USB Standards


Version Bezeichnung Datenübertragungsrate
USB 1.0 / 1.1 (1996) Low Speed / Full Speed 12 Mbit/s
USB 2.0 (2000) Hi-Speed 480 Mbit/s
USB 3.0 (2008) SuperSpeed 4 Gbit/s
USB 3.1 (2013) SuperSpeed+ 10 Gbit/s

le Leitungslänge auf 30 m erweitert werden, wobei die Abstände zwischen


den einzelnen Hubs eine maximale Kabellänge von 5 m nicht überschreiten
dürfen. Hierfür sind allerdings aktive Hubs notwendig, die eine zusätzli-
che Spannungsversorgung des Busses bereitstellen und auch Signalaufbe-
reitungsfunktionalitäten (Repeater-Funktion) übernehmen. Mit der USB-
3.1-Schnittstelle sind Datenübertragungsraten von 10 Gbit/s möglich. Ta-
belle 16.9 zeigt die bisherigen Spezifikationen des USB-Standards.
Codierung: Bis zur Version 2.0 wurden die Daten im Non Return to Ze-
ro Verfahren codiert (siehe Abschnitt 17.8.3). Der Nachteil dieses Ver-
fahrens liegt darin, dass sehr lange Intervalle von gleichartigen logischen
Zuständen entstehen können. Eine Taktsynchronisation wird dann zuneh-
mend schwierig. Um dieses Problem zu umgehen, wird spätestens nach
fünf gleichartigen Bits, notfalls durch Einfügen eines Bits, ein Bitwechsel
erzwungen (Bitstuffing). Bei der Version 3.0 werden die Daten nach dem
8b-10b Verfahren codiert. Dabei werden 8-Bit-Wörter auf 10-Bit-Wörter
abgebildet. Mit dieser Konvertierung können lange Folgen von Nullen oder
Einsen verhindert werden. Eine 8-Bit-Folge bietet 256 Bitkombinationen
an, bei einer 10-Bit-Folge existieren jedoch 1024 mögliche Bitkombina-
tionen. Aus diesen 1024 Möglichkeiten werden nur diejenigen verwendet,
welche maximal fünf aufeinander folgende Nullen oder Einsen besitzen.
Das bedeutet allerdings auch, dass ein Overhead von 20 % besteht. Um
beim USB 3.0 Standard auf eine effektive Übertragungsrate von 4 GBit/s
zu gelangen, muss die eigentliche Übertragungsrate demnach 5 GBits/s
betragen. Eine genauere Beschreibung der 8b-10b Codierung findet sich
554 16 Messdatenerfassung im Labor

in [130]. Beim USB 3.1 Standard nutzt man eine 128b-130b Codierung,
womit der Overhead deutlich reduziert wird.
Buskommunikation: Der Host-Controller vergibt an alle angeschlossenen
Geräte eine 7 Bit lange Adresse, was maximal 127 angeschlossene Geräte
erlaubt. Ein USB-Gerät kann wiederum Unteradressen, sog. Endpunkte,
besitzen. Über diese Unteradressen können verschiedene Funktionen des
USB-Geräts angesprochen werden. Die Kommunikation mit den Endpunk-
ten eines Geräts geschieht mit einer Ausnahme unidirektional, weshalb zur
bidirektionalen Kommunikation zwei Endpunkte benötigt werden. In je-
dem Gerät muss der Endpunkt 0 vorhanden sein, über den die Erkennung
und Konfiguration geschieht. Ein Gerät kann maximal 31 Endpunkte be-
sitzen (0, 15 Input, 15 Output). Wird an einem USB-Port ein neues Gerät
detektiert, so sendet der Host-Controller zunächst ein Reset-Signal, indem
er beide Signalleitungen für mindestens 10 ms gegen Masse schaltet. An-
schließend vergibt der Host eine neue Adresse. Adresskonflikte sind ausge-
schlossen, da der Host alle Ports zeitlich nacheinander bearbeitet. Danach
wird der sog. Device-Descriptor (Beschreibung des Geräts) des Slaves ab-
gefragt. Damit nicht für jedes Gerät ein eigener Treiber notwendig ist,
hat man sich auf unterschiedliche Geräteklassen geeinigt, für die jeweils
generische Treiber entwickelt wurden. Für jede Geräteklasse stehen damit
gewisse Grundfunktionen zur Verfügung. Ein Scanner, Drucker oder eine
Tastatur kann dann auch ohne speziellen Treiber an einem PC verwendet
werden. Jedoch stehen dann herstellerspezifische Sonderfunktionen nicht
zur Verfügung. Tabelle 16.10 gibt einen Überblick über einige wichtige
Geräteklassen.

Tabelle 16.10. Geräteklassen im USB Standard


Klasse Bezeichnung Beispiel
0x01 Audio Lautsprecher, Mikrofon, Soundkarte
0x03 KID (Human Interface Device Tastatur, Maus
0x06 Image Kamera, Scanner
0x07 Printer Drucker
0x08 Mass Storage USB Stick, Festplatten, SD Cards
0x09 Hub USB Hub
0xE0 Wireless Controller Bluetooth-Adapter

Übertragungsarten: Für die Übertragung der Daten stehen verschiedene


Modi zur Verfügung. Beim Isochronen-Transfer wird einem Endpunkt
vom Controller eine gewisse Datenrate garantiert. Der Host Controller
muss dabei prüfen, ob die erforderliche Datenrate zur Verfügung gestellt
werden kann. Beim Interrupt-Transfer teilt der Endpunkt dem Host mit,
in welchen Zeitabständen er abgefragt werden soll. Diese Übertragungs-
art eignet sich vor allem für kleine Datenpakete, die unregelmäßig zur
16.7 Der IEC-Bus 555

Verfügung stehen (z.B. Maus, Tastatur). Bei Full Speed Geräten beträgt
das kleinstmögliche Abfrageintervall bspw. 1 ms. Bei größeren Datenmen-
gen, die als nicht zeitkritisch eingestuft werden (z.B. Schreiben/Lesen auf
USB-Festplatte) findet der Bulk-Transfer Anwendung. Je nachdem, ob
noch eine ausreichende Datenrate zur Verfügung steht oder nicht, wird
im isochronen Transfer Modus oder im Interrupt Transfer Modus gear-
beitet. Bei Low-Speed-Geräten gibt es diesen Modus allerdings nicht. Der
sog. Control-Transfer ist die einzige Endpunkt Endpunkt Übertragung,
die bidirektional ablaufen kann. Ein Transfer kann somit vom Empfänger
bestätigt werden. Der Endpunkt 0, welcher für die Erkennung und Kon-
figuration benutzt wird, arbeitet in diesem Modus.

16.7 Der IEC-Bus


Die in der rechnergestützten Messdatenerfassung am häufigsten genutzte und
mittlerweile zum Industriestandard avancierte Schnittstelle zum Anschluss
von Messgeräten an Digitalrechner ist die (parallele) IEC-Bus-Schnittstelle.
Sie entstand in der Absicht, den Aufbau von Messdatenerfassungssystemen zu
standardisieren und dabei die Schnittstelle so einfach und kostengünstig wie
möglich zu gestalten. Die IEC-Bus-Schnittstelle ist definiert als ein Schnitt-

stellensystem zur Verbindung von programmierbaren und nicht-programmier-
baren elektronischen Messgeräten mit anderen Geräten, aus denen Messsyste-
me zusammengestellt werden“ [11] .

16.7.1 Historie des IEC-Bus


1965 Die Firma Hewlett Packard (HP) stellt ein Interface-System vor, das program-
mierbare Messgeräte verschiedener Hersteller über eine gemeinsame Busstruk-
tur verbinden soll, den sog. Hewlett-Packard-Interface-Bus (HP-IB).
1974 Vom Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) wird der IEEE-
Standard No. 488 herausgegeben, der auf dem HP-IB basiert.
1976 Das American National Standard Institute (ANSI) veröffentlicht diese Indu-
strienorm als Standard ANSI MC1.1.
1977 Die International Electrotechnical Commission (IEC) erstellt einen entspre-
chenden Normentwurf (IEC66.22), der heute international als Norm IEC625
Gültigkeit hat und in Deutschland unter DIN IEC625 bekannt ist [44].

16.7.2 Bezeichnungen des IEC-Bus

Im Laufe der Zeit haben sich in der Praxis mehrere Bezeichnungen für den
IEC-Bus eingebürgert, die aber alle den ursprünglich von Hewlett Packard
entwickelten Bus bezeichnen. Unterschiede gibt es allenfalls in der Form der
verwendeten Anschlussstecker:
• HP-IB (Hewlett-Packard-Interface-Bus)
556 16 Messdatenerfassung im Labor

Abb. 16.15. IEC-Bus mit Peripheriegeräten

• GPIB (General-Purpose-Interface-Bus)
• IEC625 (DIN IEC625) [44]
• IEEE488 [11]
• ANSI MC1.1 [11].

16.7.3 IEC-Bus-Komponenten

Der aus 16 Leitungen bestehende IEC-Bus lässt sich in folgende Funktions-


gruppen untergliedern (Abb. 16.15):
• Datenbus (Data Bus): 8 Datenleitungen
• Steuerbus (Management Bus): 5 Steuerleitungen
• Übergabesteuerbus (Handshake Bus): 3 Signalleitungen.
Es können nach der Normempfehlung bis zu 15 Geräte gleichzeitig auf den pa-
rallelen Bus geschaltet werden (Abb. 16.15), die mindestens eine der folgenden
Grundfunktionen ausführen:
• Steuerfunktion (Controller)
• Sender-/Sprecherfunktion (Talker)
• Empfänger-/Hörerfunktion (Listener).
Die Übertragung der Nachrichten erfolgt bitparallel und byteseriell im 7-Bit-
ASCII-Code (American Standard Code for Information Interchange).
16.7 Der IEC-Bus 557

16.7.4 Gerätegrundfunktionen

• Controller:
Der Controller (Steuergerät) steuert und überwacht alle Vorgänge auf dem
Bus. In einem Messsystem darf stets nur ein Gerät als Controller arbeiten,
das jederzeit eingeschaltet sein muss. Der Controller muss auch in der La-
ge sein, Talker- und Listener-Funktion zu übernehmen. Üblicherweise wird
die Controller-Funktion von dem (zentralen) Steuerrechner ausgeübt. Die
Kommandos (Busbefehle), die ein Controller sendet, heißen Schnittstellen-
nachrichten.
• Talker:
Der Talker (Sender) kann nach Aktivierung durch den Controller, welche
mit der Adressierung durch eine Interface-Message erfolgt, Daten auf den
Bus geben, welche von anderen Geräten aufgenommen werden können.
Es darf stets nur ein Talker aktiv sein, um Konflikte auf dem Bus zu
vermeiden.
• Listener:
Der Listener (Empfänger) kann nach Aktivierung durch den Controller
(erfolgt ebenfalls mit der Adressierung durch eine Interface-Message) auf
dem Bus befindliche Daten aufnehmen (hören). Es dürfen mehrere Listener
gleichzeitig aktiv sein. Die vom Talker stammenden Nachrichten heißen
Gerätenachrichten. Abbildung 16.16 zeigt beispielhaft einen über den IEC-
Bus zusammengeschalteten Messplatz, bestehend aus einem Steuerrechner,
der Controller-, Talker- und Listener-Funktionen übernehmen kann, einem
Digitalvoltmeter, das als Talker und Listener arbeiten kann, und einem
Signalgenerator, welcher nur als Listener fungiert.

Controller + Talker + Listener IEC-Bus


Rechner

Talker + Listener Listener


Digitalvoltmeter Signalgenerator

Analogeingang Analogausgang

Abb. 16.16. Beispiel eines IEC-Bus-Messplatzes

16.7.5 IEC-Bus-Leitungen

• Datenbus:
Die acht Datenleitungen des Datenbusses (Data Bus) werden mit DIO1
... DIO8 (DIO = Data Input/Output) bezeichnet (Abb. 16.15). Sie die-
nen der bidirektionalen Übertragung von Daten, Adressen und Befehlen.
Der Datentransfer erfolgt so, dass das LSB eines Bytes der DIO1-Leitung
558 16 Messdatenerfassung im Labor

zugeordnet wird. Diese sog. Mehrdrahtnachrichten, die über den Daten-


bus übertragen werden, sind entweder Kommandos zur Gerätesteuerung
(Schnittstellennachrichten) (ATN = aktiv (true)), Einstelldaten (Status-
informationen), oder es handelt sich um Messdaten (Gerätenachrichten)
(ATN = nicht-aktiv (false)). Entsprechend unterscheidet man auch zwi-
schen Befehlsmode zur Übertragung von Schnittstellennachrichten und Da-
tenmode bei Gerätenachrichten.
• Schnittstellen-Steuerbus:
Die fünf Leitungen des Steuerbusses (Management Bus) kontrollieren den
Informationsfluss auf dem gesamten Bus in Form von folgenden Eindraht-
nachrichten:
– IFC Interface Clear (Schnittstellensystem rücksetzen)
Durch diese Nachricht kann das System-Steuergerät (Controller) alle
angeschlossenen Geräte in eine normgemäße Grundeinstellung bringen.
– ATN Attention (Achtung)
Durch diese Nachricht wird vom System-Steuergerät festgelegt, ob die
Information auf dem Datenbus als Schnittstellennachricht (ATN = ak-
tiv) oder als Gerätenachricht (ATN = nicht-aktiv) zu interpretieren
ist.
– SRQ Service Request (Bedienungsruf)
Durch Setzen dieser Nachricht kann ein Gerät Bedienung anfordern
(Interrupt).
– REN Remote Enable (Fernsteuerungsfreigabe)
Durch diese Nachricht kann das System-Steuergerät alle beteiligten
Geräte in einen Fernsteuerungszustand versetzen und die lokalen Be-
dienungsfunktionen sperren.
– EOI End Or Identify (Ende oder Kennung)
Ein Talker (Sprecher) zeigt hiermit das Ende einer Blockübertragung
an, falls ATN = nicht-aktiv ist; das Steuergerät kann daraufhin die
Talkerfunktion wieder beenden. Falls ATN = aktiv ist, wird durch EOI
vom Steuergerät die Identifizierung eines SRQ-Rufes (Service Request)
eingeleitet (s. Kap. Statusabfrage“ ).

• Übergabesteuerbus (Handshake-Bus):
Die drei Leitungen des Übergabesteuerbusses kontrollieren die Datenüber-
tragung zwischen Talker und Listener (s. auch Abschnitt Handshake-Ver-

fahren“ ):
– DAV Data Valid (Daten gültig)
Über dieses Signal erklärt ein Talker eine von ihm auf den Datenbus
gesetzte Mehrdrahtnachricht für gültig (eingeschwungen).
– NRFD Not Ready For Data (nicht bereit zur Datenübernahme)
Dieses Signal wird von einer Geräteschnittstelle gesetzt, solange sie
nicht in der Lage ist, ein neues Datenwort aufzunehmen.
– NDAC Not Data Accepted (Daten noch nicht übernommen)
Dieses Signal wird von einer Geräteschnittstelle gesetzt, solange sie
16.7 Der IEC-Bus 559

Tabelle 16.11. Logische Verknüpfung von Open-Kollektor-Ausgangsstufen

positive/negative Verknüpfungs- Verdrahtungs-


Logik gesetz mechanismus
active = high (positive Logik) Q = Q1 ∧ Q2 WIRED–AND
active = low (negative Logik) Q = Q1 ∨ Q2 WIRED–OR

mit der Übernahme eines auf dem Datenbus anstehenden Wortes


beschäftigt ist.

16.7.6 Bus-Logik

Der IEC-Bus arbeitet mit den Spannungspegeln 0 V und 5 V der Standard-


TTL-Familie. Bei Signalleitungen, an die mehrere Geräte gleichzeitig ange-
schlossen sind, verwendet man üblicherweise die in Abb. 16.17 gezeigten
Open-Kollektor-Ausgangsstufen, welche einen npn-Transistor besitzen, dessen
Emitter direkt auf Massepotential liegt [182]. Die Ausgänge von verschiedenen
Geräten lassen sich damit parallelschalten, wobei der gemeinsame Ausgang Q
(Busleitung) über einen Kollektorwiderstand an die 5 V Speisespannung an-
geschlossen ist (Abb. 16.17). Die einfache galvanische Kopplung der Ausgänge
führt zu einer UND-Verknüpfung, wenn dem hohen Spannungspegel (5 V) der
logische Zustand  1 zugeordnet wird. Man spricht in diesem Fall von positiver
Logik, die auch mit active high (active = high) bezeichnet wird. Bei Verwen-
dung der positiven Logik erhält man auf der Busleitung also nur dann ein
High-Signal, wenn alle Geräte ein High-Signal senden. Man spricht in die-
sem Zusammenhang auch von einem wired-and (fest verdrahtetes UND). Für
den Fall, dass hingegen eine negative Logik vereinbart wurde, unterliegen die
logischen Zustände der einzelnen parallelgeschalteten Ausgangsstufen einer
ODER-Verknüpfung (Tab. 16.11).

+5V (TTL-Pegel)
+5V
RP

....

Q
Abb. 16.17. Parallelgeschaltete Open-Kollektor-Ausgangsstufen (npn-Transistor
mit Emitter an Masse)
560 16 Messdatenerfassung im Labor

Da die meisten Busleitungen des IEC-Busses eine ODER-Verknüpfung


benötigen (z. B. wahlweises Senden mit einem der Geräte), hat man in der
Norm alle Pegel als active-low“ , definiert, d. h. true = 0 V (low) und fal-

se = 5 V (high). Es handelt sich beim IEC-Bus also vereinbarungsgemäß um
eine negative Logik. Daraus ergeben sich für den IEC-Bus die in Tab. 16.12
angegebenen Beziehungen zwischen elektrischen Signalpegeln und logischen
Zuständen.

Tabelle 16.12. Zusammenhang zwischen logischen Zuständen und elektrischen Si-


gnalpegeln der IEC-Bus-Leitungen

Zustand logischer Zustand TTL-Pegel


 
aktiv 1 low (0 V)
nicht-aktiv  0 high (5 V)

16.7.7 Handshake-Verfahren (Dreidraht-Handshake)

Um Messgeräte mit unterschiedlichen Verarbeitungsgeschwindigkeiten zusam-


menschalten zu können, erfolgt die Übertragung asynchron mit einer Kon-
trolle durch Quittungssignale (Handshake-Signale). Zum Verständnis der Da-
tenübertragung in IEC-Bus-Systemen ist im Wesentlichen nur die Erklärung
des sog. Dreidraht-Handshakes notwendig.
Den Ablauf dieses Dreidraht-Handshakes zeigt das in Abb. 16.18 darge-
stellte Zeitdiagramm. Für einen Zyklus muss der Talker Daten bereitstellen
(1) und alle Listener bereit sein (NRFD = false) (2). Es ist zu erwähnen,
dass der Zeitpunkt (2) auch vor (1) liegen kann. Daraufhin erklärt der Talker
die Daten für gültig (DAV = true) (3), was die Listener veranlasst NRFD =
true zu setzen (4) und die Daten zu übernehmen. Sobald ein Listener mit der
Datenübernahme fertig ist, setzt er NDAC = false (5). Ist auch der langsam-
ste Listener fertig (6), so kann der Talker die Gültigkeit der Daten aufheben
(DAV = false) (7) und die Daten entfernen (8). Auf DAV = false reagieren
die Listener mit dem Rücksetzen von NDAC = true (9).
Generell gilt, dass eine Datenübertragung erst dann begonnen werden
kann, wenn alle Geräte ihre Bereitschaft (NRFD = false) angezeigt haben,
und eine Datenübertragung erst dann abgeschlossen wird, wenn alle Geräte
ihre Fertigmeldung (NDAC = false) gesendet haben.
Da der Anbieter der Information, die sog. Source (i. Allg. der Talker), nur die
Bus-Signale NDAC und NRFD auswertet, kann die Source nicht feststellen,
wieviele Listener an dem Datentransfer beteiligt sind. Vielmehr wartet die
Source solange, bis auch das langsamste Gerät seine Information ordnungs-
gemäß übernommen und verarbeitet hat. Problematisch kann die Verzögerung
16.7 Der IEC-Bus 561

DIO 1-8 H
data input output L 1 Datenbyte 8
Talker
DAV H false
data valid 3 gültig 7
L true
NRFD H false
not ready for data L 2 alle 4 keiner
Listener bereit true
bereit
NDAC H 1. bereit 2. bereit false
not data accepted L 5 6 9
true
Zeichenübernahmephase alle haben übernommen

Abb. 16.18. Zeitdiagramm zur Übertragung eines Datenbytes auf dem IEC-Bus
(Dreidraht-Handshake)

durch ein langsames Gerät dann werden, wenn mit dem Bussystem besonders
zeitkritische Operationen durchgeführt werden müssen.
Über den IEC-Bus werden nicht nur Daten, sondern alle Arten von Mehr-
drahtnachrichten, wie z. B. Steuerkommandos, Adressen oder Statusinforma-
tionen mit Hilfe des Dreidraht-Handshakes übertragen. In diesem Zusammen-
hang spricht man nicht mehr von Talker und Listener, sondern man un-
terscheidet ganz allgemein zwischen Source (Sender, Quelle) und Acceptor
(Empfänger, Senke).

Die Verbindung zwischen Messgerät und IEC-Bus

Zur Realisierung der Schnittstelle Messgerät-IEC-Bus“ , ist neben der eigent-



lichen IEC-Bus-Schnittstelle eine Geräteschnittstelle erforderlich (Abb. 16.19).
Das Messgerät hat nämlich neben der Gerätefunktion, z. B. dem Mes-
sen von Spannungen bei einem Digitalvoltmeter, die folgenden Funktionen zu
erfüllen:

Abb. 16.19. Schnittstellen zwischen Messgerät und dem IEC-Bus


562 16 Messdatenerfassung im Labor

Tabelle 16.13. Schnittstellenfunktionen

Schnittstellenfunktion Abkürzung Erläuterung


Handshake-Quelle SH wird von Talker bzw. Controller be-
(Source Handshake) nötigt, um Nachrichten im Dreidraht-
Handshake-Mode zu übertragen
Handshake-Senke AH Möglichkeit, Nachrichten im Drei-
(Acceptor Handshake) draht Handshake-Mode zu empfangen
Sprecher oder erweiterter T bzw. Gerät hat Sprecherfunktion
Sprecher (Talker oder TE
Extended Talker)
Hörer oder erweiterter Hörer L bzw. Gerät hat Hörerfunktion
(Listener oder Extended Listener) LE
Bedienungsruf SR Gerät kann Interrupt an Con-
(Service Request) troller schicken
Umschaltung in den Fernsteuer- RL Fernsteuerbarkeit
mode (Remote/Local)
Gerät rücksetzen (Device Clear) DC Gerät rücksetzbar
Gerät auslösen (Device Trigger) DT Triggermöglichkeit
Parallelabfrage (Parallel Poll) PP Controller kann Statusinformation
in 1-Byte-Form erhalten
Steuereinheit (Controller) C Gerät kann Steuerfunktion
übernehmen, d. h. Schnittstellen-
Nachrichten übertragen

Gerätefunktionen
Die Gerätefunktionen beschreiben die von dem jeweiligen Gerät ausgeführten
spezifischen Aufgaben, wie z. B. das Messen einer elektrischen Spannung bei
einem Voltmeter.

Schnittstellenfunktionen
Die IEC-Norm definiert 10 Schnittstellenfunktionen (Tab. 16.13), die den rei-
bungslosen Arbeitsablauf von IEC-Bus-Messgeräten gewährleisten. Die IEC-
Bus-Schnittstelle eines Gerätes kann in Abhängigkeit von den jeweiligen
Möglichkeiten des Gerätes auch auf eine Teilausrüstung dieser Schnittstel-
lenfunktionen beschränkt sein.

16.7.8 Nachrichtenarten

Man unterscheidet zwischen externen Nachrichten, die wirklich auf den IEC-
Bus gelangen, und internen Nachrichten, welche nur zwischen dem Gerät
(Gerätefunktion) und der eigentlichen Schnittstelle übermittelt werden (Abb.
16.20). Die IEC-Norm definiert 19 interne Nachrichten (Tab. 16.14).
16.7 Der IEC-Bus 563

Nachrichtenarten

Interne Nachrichten Externe Nachrichten

zwischen Geräteschnittstelle und zwischen den verschiedenen


IEC-Bus-Schnittstelle; IEC-Bus-Teilnehmern;
gelangen nicht auf den IEC-Bus gelangen auf den IEC-Bus

Schnittstellen- Geräte-
Nachrichten Nachrichten
Befehlsmode Datenmode
(ATN = aktiv) (ATN = nicht-aktiv)
Ein- oder Mehrdraht- stets Mehrdraht-
Nachrichten Nachrichten

Abb. 16.20. Nachrichtenarten beim IEC-Bus

Tabelle 16.14. Interne Nachrichten beim IEC-Bus

Nachricht Bedeutung, Beteiligte


Funktion Schnittstellen-
funktion
gts (go to standby) Bereitschaftszustand einnehmen C
ist (individual status) Gerätezustand PP
ltn (listen) Hören L, LE
lon (listen only) nur Hören L, LE
lpe (local poll enable) intern zur Parallelabfrage PP
freigeben
lpd (local poll disable) nicht zur Parallelabfrage PP
freigeben
lun (local unlisten) Hören beenden L, LE
nba (new byte available) neues Byte verfügbar SH
pon (power on) Gerät Ein“ , alle

rdy (ready) bereit für nächstes Byte AH
rsv (request service) Bedienung anfordern SR
rtl (return to local) Eigensteuerung Ein“ , RL

tca (take control Kontrolle asynchron C
asynchronously) übernehmen
tcs (take control Kontrolle synchron C
synchronously) übernehmen
ton (talk only) nur sprechen T, TE
sre (send remote enable) Fernsteuerungsfreigabe senden C
sic (send interface clear) Rücksetzbefehl senden C
rpp (request parallel poll) Parallelabfrage anfordern C
rsc (request system control) Systemsteuerung anfordern C
564 16 Messdatenerfassung im Labor

Die externen Nachrichten wiederum gliedern sich in die Eindrahtnachrichten


der einzelnen Signalleitungen des Steuer- und Handshake-Busses sowie die
Mehrdrahtnachrichten des Datenbusses. Man unterscheidet (Tab. 16.15):
• adressierte Befehle
• Universal-Befehle
• Adressen (Hörer- und Sprecher-Adressen)
• Sekundär-Befehle und Unteradressen.

Tabelle 16.15. Codierung der Busbefehle und Adressen auf dem IEC-Bus (Codie-
rungsübersicht gemäß ISO-7-Bit-Code) (ATN = aktiv)

Datenleitungen DIO Dezimaläquivalent


7654321
000 00 0
.. ..
. . Adressierte Befehle
011 11 15 (Adressed Command Group (ACG))
00
100 00 16
.. ..
. . Universal-Befehle
111 11 31 (Universal Command Group (UCG))
000 00 32
.. ..
01 . . Hörer-Adressen
111 10 62 (Listener Address Group (LAG))
111 11 63 Hörer entadressieren
(Unlisten (UNL))
00000 64
.. ..
10 . . Sprecher-Adressen
11110 94 (Talker Address Group (TAG))
11111 95 Sprecher entadressieren
(Untalk (UNT))
00000 96
.. ..
11 . . Sekundär-Befehle und Unteradressen
11111 127 (Secondary Command Group (SCG))

Adressierte Befehle
Die Gruppe der adressierten Befehle (ACG = Addressed Command Group)
wirkt auf alle am Bus angeschlossenen Geräte, die sich im Fernsteuerungszu-
stand befinden. Diese Geräte müssen jedoch entweder als Sprecher oder als
Hörer adressiert sein (Tab. 16.16).
• GET (Group Execute Trigger, Gerätegruppe auslösen)
Dieser Befehl löst in allen als Hörer eingestellten Geräten einen Triggerim-
16.7 Der IEC-Bus 565

puls aus, was vor allem der Möglichkeit dient, dass verschiedene Messgeräte
gleichzeitig mit einer Messung beginnen können.
• PPC (Parallel Poll Configure, zur Parallelabfrage einstellen)
Alle als Hörer eingestellten Geräte werden für die Parallelabfrage vorbe-
reitet.
• TCT (Take Control, Steuerung übernehmen)
Der zur Zeit aktive Controller veranlasst ein als Sprecher eingestelltes
Gerät, die Steuerung zu übernehmen, falls es als Controller zu arbeiten
in der Lage ist.
• GTL (Go To Local, auf Eigensteuerung schalten)
Alle als Hörer eingestellten Geräte werden auf manuelle Bedienung umge-
schaltet.
• SDC (Selected Device Clear, adressiertes Gerät zurücksetzen)
Ein oder mehrere als Hörer adressierte Geräte werden zurückgesetzt.
Universal-Befehle
Die Universal-Befehle (UCG = Universal Command Group) wirken ebenfalls
auf alle am Bus angeschlossenen Geräte, die sich im Fernsteuerungszustand
befinden. Es ist dabei nicht entscheidend, ob sie sich im adressierten Zustand
befinden oder nicht (Tab. 16.16).
Neben den beiden Befehlen SPD und SPE, die das Schnittstellensystem für
eine Serienabfrage einstellen bzw. sperren, gehören zu dieser Gruppe folgende
wichtige Befehle:
• DCL (Device Clear, Gerät rücksetzen)
Sämtliche Gerätefunktionen (außer den Schnittstellenfunktionen) aller am
Bus betriebenen Geräte werden in ihren Grundzustand zurückgesetzt.
• LLO (Local Lock Out, Steuerung verriegeln)
Die manuelle Bedienung der Geräte wird gesperrt.
• PPU (Parallel Poll Unconfigure, Parallelabfrage zurücknehmen)
Die Bereitschaft für eine Parallelabfrage wird bei allen Geräten aufgeho-
ben.
Hörer- und Sprecher-Adressen
Mit Hilfe dieser Nachrichten (Tab. 16.17) werden die am Bus angeschlosse-
nen Geräte als Hörer oder als Sprecher eingestellt. Die Hörer-Adressen wer-
den mit LAG (Listener Address Group) und die Sprecher-Adressen mit TAG
(Talker Address Group) bezeichnet. Nachdem nun ein Gerät über die Da-
tenleitungen DIO1 bis DIO5 eine Hörer-Adresse (LAG) empfangen hat, wird
anschließend diese Adresse mit der am Gerät voreingestellten verglichen. Bei
Übereinstimmung wird LAG als richtige Adresse MLA (My Listener Address)
interpretiert, woraufhin das Gerät die Hörer-Funktion übernimmt. Stimmt
die empfangene Adresse nicht mit der voreingestellten überein, wird LAG
als falsche Adresse OLA (Other Listener Address) gedeutet und das Gerät
verbleibt in seinem Zustand. In engem Zusammenhang mit den Hörer- und
Sprecher-Adressen stehen die beiden folgenden Entadressierbefehle:
566 16 Messdatenerfassung im Labor

Tabelle 16.16. IEC-Bus-Befehle (Auswahl)

Befehls- Befehl ASCII- Bedeutung


klasse Zeichen
Entadressier- UNL (unlisten) ? Löscht alle Listener
Befehle UNT (untalk) − Löscht alle Talker
(Talker können auch durch eine
nicht verwendete Talkadresse
gelöscht werden)
Universal- LLO (local lockout) DC1 Setzt die manuelle Bedienung
Befehle des Gerätes außer Betrieb
DCL (device clear) DC4 Bringt alle Geräte in den Einschalt-
zustand
PPU (parallel poll NAK Bereitschaft für Parallelabfrage
unconfigure) wird zurückgenommen
SPE (serial poll CAN Setzt alle Bedingungen für serielle
enable) Statusabfragen
SPD (serial poll EM Löscht die Bedingung für serielle
disable) Statusabfragen
Adressierte SDC (selective EOT Bringt das adressierte Gerät in
Befehle device clear) einen definierten Anfangszustand
GTL (go to local) SOH Setzt das adressierte Gerät in den
manuellen Bedienmode zurück
GET (group execute BS Löst eine Messung bei allen vor-
trigger) programmierten Geräten aus
PPC (parallel poll ENQ Bestimmt, welches Bit ein Gerät bei
configure) der Parallel-Poll-Abfrage aktivieren
soll
TCT (take control) HT Übergibt die Kontrolle vom aktiven
Controller an das adressierte Gerät

• UNL (Unlisten)
Alle als Hörer eingestellten Geräte werden entadressiert.
• UNT (Untalk)
Dieser Befehl führt zur Entadressierung des als Sprecher eingestellten Ge-
rätes. Für den Fall, dass ein als Sprecher eingestelltes Gerät die eige-
ne Hörer-Adresse MLA oder eine fremde Sprecher-Adresse OTA erkennt,
muss es sich selbständig entadressieren. Damit vermeidet man Konflikt-
situationen, bei denen mehr als ein Sprecher gleichzeitig am Bus aktiv
ist.
Sekundär-Befehle und Unteradressen
Die mit der erweiterten Hörer-Funktion LE oder mit der erweiterten Sprecher-
Funktion TE ausgestatteten Geräte werden mit einer 2-Byte-Adresse ange-
sprochen. Soll ein solches Gerät als Hörer adressiert werden, empfängt es
zunächst die Nachricht MLA und wartet anschließend auf den Befehl SCG (Se-
16.7 Der IEC-Bus 567

Tabelle 16.17. Hörer- und Sprecher-Adressen

LAG (Listener Address Group) Hörer-Adressen


MLA (My Listener Address) eigene Hörer-Adresse
OLA (Other Listener Address) fremde Hörer-Adressen
TAG (Talker Address Group) Sprecher-Adressen
MTA (My Talker Address) eigene Sprecher-Adresse
OTA (Other Talker Address) fremde Sprecher-Adressen

condary Command Group). Erst wenn diese Nachricht mit der am Gerät ein-
gestellten Sekundär-Adresse übereinstimmt, übernimmt das Gerät die Hörer-
Funktion. Die Sprecheradressierung erfolgt in analoger Weise.
• SCG (Secondary Command Group)
Den Geräten mit 2-Byte-Adressierung wird mit diesem Befehl nach Emp-
fang einer MLA- oder MTA-Nachricht eine Sekundär-Adresse mitgeteilt.

16.7.9 Schlusszeichen

Bei Gerätenachrichten sind Schlusszeichen zur Identifizierung des letzten By-


tes eines Datenblocks notwendig, um den beteiligten Hörern das Ende der
Datenübertragung zu signalisieren. Die Norm lässt die folgenden zwei Ende-
oder Schlusszeichen zu:
• Eindrahtnachricht  EOI des Steuerbusses
• Mehrdrahtnachricht  EOS (End of String).
Wenn die Mehrdrahtnachricht  EOS verwendet werden soll, muss das En-
dezeichen im Sprecher und im Hörer übereinstimmend festgelegt werden. Es
werden hierfür in der Regel die beiden folgenden Steuerzeichen benutzt

• CR (Carriage Return) und

• LF (Line Feed).
Nach diesen Zeichen folgt schließlich die Gerätenachricht  EOS .

16.7.10 Statusabfrage

Der Controller kann jederzeit eine Statusabfrage an die an den IEC-Bus ange-
schlossenen Geräte senden, die daraufhin ein Statusbyte zurücksenden. Neben
dieser programmierten Abfrage ist auch die Möglichkeit vorgesehen, dass die
Aufforderung zur Statusabfrage direkt von den einzelnen Geräten per Inter-
rupt an den Controller ergeht. Die Statusabfrage kann auf zwei Arten erfolgen:
• serielle Abfrage (Serial Poll)
• parallele Abfrage (Parallel Poll).
568 16 Messdatenerfassung im Labor

+
+

GND 24 12 SHIELD (GND) GND 25 13 SHIELD (GND)


GND ATN GND ATN
GND SRQ GND SRQ
GND IFC GND IFC
GND NDAC GND NDAC
GND NRFD GND NRFD
GND 18 6 DAV GND DAV
REN EOI GND 18 5 EOI
DIO 8 DIO 4 DIO 8 REN
DIO 7 DIO 3 DIO 7 DIO 4
DIO 6 DIO 2 DIO 6 DIO 3
DIO 5 13 1 DIO 1 DIO 5 14 1 DIO 2
DIO 1

+
+

a) IEEE488 b) IEC625

Abb. 16.21. Standardmäßig verwendete IEC-Bus-Steckverbindungen: a) IEEE488-


Stecker, b) IEC625-Stecker

Für den Serial Poll wird von allen angeschlossenen Geräten dieselbe Bus-
Leitung verwendet. Der Controller muss also, nachdem er den Service-Request
empfangen hat, das entsprechende Gerät heraussuchen, indem er die in Frage
kommenden Geräte der Reihe nach adressiert, bis er vom rufenden Gerät eine
Bestätigung erhält. Mit der Bestätigung sendet das rufende Gerät auch noch
weitere Informationen, welche die Art der Bedienung präzisieren. Bei dieser
Rückantwort handelt es sich um das sog. Status-Byte.
Beim Parallel Poll wird jedem dafür vorgesehenen Gerät vom Control-
ler eine der Datenleitungen für die Rückantwort zugewiesen. Während des
Betriebes kann nun der Controller periodisch abfragen und Geräte, die eine
Bedienung wünschen, melden dies über die ihnen zugewiesene Datenleitung.
Dabei wird aber kein Statuswort gesendet. Man sollte also den Parallel Poll
nur dann verwenden, wenn man weiß, welche Art der Bedienung vom betref-
fenden Gerät gewünscht wird.

16.7.11 IEC-Bus-Hardware
Historisch bedingt gibt es zwei verschiedene Steckverbindungen für den IEC-
Bus, die beide in Abb. 16.21 gezeigt werden. Die entsprechenden Pinbele-
gungen sind in Tab. 16.18 zusammengefasst, während Tab. 16.19 Aufschluss
über die maximalen Übertragungsgeschwindigkeiten bzw. maximalen Entfer-
nungen in Abhängigkeit der verwendeten Treiberschaltungen gibt. Mit Hilfe
von IEC-Bus-Expandern ist es möglich, bis zu 29 Geräte gleichzeitig an den
IEC-Bus anzuschließen. Das Prinzip der Verkabelung von IEC-Bus-Geräten
wird in Abb. 16.22 gezeigt.
16.7 Der IEC-Bus 569

Abb. 16.22. Verkabelung von IEC-Bus-Geräten

Tabelle 16.18. Pinbelegung der IEC-Bus-Steckverbindungen IEC625 und IEEE488

Kontaktstift Signalleitung Bedeutung


IEC 625 IEEE 488
1 1 DI01 Datenleitungen zum Transfer
2 2 DI02 von Befehlen (ATN = aktiv)
3 3 DI03 und
4 4 DI04 Daten (ATN = nicht-aktiv)
5 17 REN Fernsteuerbetrieb
6 5 EOI Ende oder Kennung
7 6 DAV Daten gültig
8 7 NRFD Meldung eines Gerätes, dass es
nicht empfangsbereit ist
9 8 NDAC Meldung eines Gerätes, dass es die Daten noch
nicht übernommen hat
10 9 IFC Schnittstellensystem rücksetzen (Einstellen
des Grundzustandes aller Geräte)
11 10 SQR Service Request (Bedienungsanforderung
durch ein Gerät)
12 11 ATN Anzeige, ob Befehle
(ATN = aktiv) oder Daten
(ATN = nicht-aktiv) übertragen werden
13 12 - Abschirmung
14 13 DI05 Datenleitungen zum Transfer
15 14 DI06 von Befehlen (ATN = aktiv)
16 15 DI07 oder
17 16 DI08 Daten (ATN = nicht-aktiv)
18 24 - Masse/GND
19 - - Masse/(EOI)
20 18 - Masse/(DAV)
21 19 - Masse/(NRFD)
22 20 - Masse/(NDAC)
23 24 - Masse/GND
24 22 - Masse/(SRQ)
25 23 - Masse/(ATN)
- 21 - Masse/(IFC)
570 16 Messdatenerfassung im Labor

Tabelle 16.19. Übertragungsgeschwindigkeiten und max. Entfernungen


am IEC-Bus
Übertragungs- maximale maximale erforderliche Ausgangs-
geschwindigkeit Entfernung Entfernung von stufen (Treiber
(insgesamt) Gerät zu Gerät -schaltungen)
250 kByte/s 20 m 2m 48 mA, Open Collector
500 kByte/s 20 m 2m 48 mA, Tristate
1 MByte/s 10 m 1m 48 mA, Tristate

Realisierung der IEC-Bus-Schnittstelle

Bei hardwaremäßiger Implementierung der IEC-Bus-Schnittstelle kennt man


drei Arten des Schaltungsaufbaus [146]:
• diskrete Halbleiter-Schaltungen
• IEC-Bus-Chips in VLSI-Technik
• intelligente Universal-Interface-Bausteine.
Das Herzstück einer solchen Implementierung bildet in der Regel ein IEC-
Bus-Interface-Controller, der durch weitere Komponenten, wie z. B. DMA-
Controller, Adress-Dekodierer und Datentransceiver ergänzt wird. Auf solchen
Schaltungen basierende Module müssen sowohl in den IEC-Bus-Messgeräten
als auch in dem als Controller arbeitenden Steuerrechner vorhanden sein. Da-
bei hat sich der Ingenieur, der einen IEC-Bus-Messplatz zusammenzustellen
hat, insbesondere um die Ausstattung seines Steuerrechners zu kümmern. Für
den Einsatz in PCs werden heute IEC-Bus-Einsteckkarten zum Anschluss an
Standard-PC-Bussysteme in großem Umfang und in vielen Varianten kom-
merziell angeboten. Abbildung 16.23 zeigt das Blockdiagramm einer solchen
Karte. Mit diesen IEC-Bus-Karten stellt der Hersteller i. Allg. auch geeigne-
te Treiber-Software zur Verfügung, mit deren Hilfe sich die Funktionen des
Moduls in einer Standard-Hochsprache, wie z. B. C, oder einer anwenderori-
entierten Sprache, wie NI LabVIEW, programmieren lassen.

16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus


VME-Bus

In der Prozessrechnertechnik wird in vielen Anwendungsfällen auch auf kon-


figurierbare Systeme zurückgegriffen, die auf Standard-Parallelbus-Systemen
basieren. In diesem Zusammenhang spielt der VME-Bus (Versa Module Eu-
rope) eine zentrale Rolle. Der VME-Bus ist ein auf Europakarten basierendes,
16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus 571

DMA und
Interrupt
Controller

IEEE 488.2
Address Turbo 488 Interface IEEE 488.1
Decoder Transceivers
PC AT-Bus

Controller

IEC-Bus
Data GPIB IEEE 488.1
Transceivers Monitor Transceivers

PC AT-Bus
Interface
Logic

Abb. 16.23. Blockschaltbild einer Einsteckkarte mit IEC-Bus-Interface für PCs


mit AT-Bus nach Unterlagen der Firma National Instruments [120]

aus der Mikrocomputertechnik stammendes 32-Bit-Bussystem mit den funk-


tionellen Eigenschaften des 1981 von der Firma Motorola ins Leben gerufenen
VERSA-Busses [54]. Die wesentlichen Leistungsmerkmale und Eigenschaften
des VME-Busses sind:
• Daten- und Adressbusbreite bis 32 Bit
• Multiprozessorfähigkeit (Multimasterbetrieb)
• Datentransferrate bis 24 MByte/s
• asynchrones Busprotokoll
• zusätzlicher serieller Bus (sog. Inter Intelligence Bus)
• 7 Interrupt-Ebenen
• Blocktransfer
• jeweils 96 Pins über P1- und P2-Europakartensteckverbindungen
• im Wesentlichen auf Prozessoren der Serie MC68000 ausgerichtet.
Die Bedürfnisse der Prozessmesstechnik führten schließlich zu einer Weiter-
entwicklung des VME-Busses, dem sog. VXI-Bus (VME-Bus Extensions for
Instrumentation), der im Folgenden näher beschrieben wird.

16.8.1 VXI-Bus

Beim VXI-Bus handelt es sich um eine speziell auf die Belange der Messtechnik
zugeschnittene Erweiterung des VME-Busses. Im IEEE-Normvorschlag P1155
werden dazu weitere Pin-Belegungen von P2 sowie ein zusätzlicher dritter
572 16 Messdatenerfassung im Labor

Steckverbinder (P3) definiert. Damit erhält der VXI-Bus im Vergleich zum


Standard-VME-Bus neben weiteren Versorgungs-, Takt- und Triggerleitungen
einen Analog-Summenbus sowie Leitungen für lokale Teilbusse zur Verbindung
benachbarter Module.
Jedes VXI-Bus-System benötigt einen sog. Mainframe. Es handelt sich
dabei um ein Gehäuse (VXI-Buscrate) mit Spannungsversorgung und einer
Rückwand (Backplane), in welche Europakarten verschiedener Größen einge-
schoben werden können (Abb. 16.24). Das in Steckplatz 0 (Slot 0) befindliche

P1 100 x 160 mm
VME-Bus
P1
233,35 x 160 mm
P2

P1
233,35 x 340 mm
P2

VXI-Bus
P1
P2 366,70 x 340 mm
P3

Abb. 16.24. Einsteckkarten bei VME- und VXI-Bus-Systemen

Modul muss unter anderem die Takt- und Triggerinformationen für die rest-
lichen Einsteckkarten in den Steckplätzen 1 bis 12 zur Verfügung stellen. Die
wesentlichen Merkmalerweiterungen zum VME-Bus sind:
• höhere Datentransferrate: max. 40 MByte/s
• durch einen Triggerbus können verschiedene Messungen zeitgleich gestar-
tet und miteinander synchronisiert werden
• es ist eine dem IEC-Bus ähnliche Kommunikation möglich
• es ist eine Schnittstelle zum IEC-Bus definiert.
Die Zielsetzung der VXI-Bus-Entwicklung war es, die Vorzüge des IEC-Busses
(Standard der Messtechnik) mit denen des VME-Busses (Leistungsfähigkeit)
zu vereinigen. Dies bedeutet aber auch, dass der VXI-Bus eine Konkurrenz
zu einem IEC-Bus nur dort sein kann, wo es auf höhere Leistungsfähigkeit,
insbesondere höhere Geschwindigkeiten, ankommt.
Die VXI-Bus-Geräte sind in Form von Einsteckkarten-Modulen ausgeführt
und beinhalten im Allgemeinen keine Anzeigen oder Bedienelemente. Von
diesen Einsteckmodulen lassen sich in der Regel 13 Stück in einem Mainframe
unterbringen. Sie arbeiten entweder als Resource Manager, Commander oder
Servants.
16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus 573

16.8.2 Resource Manager (System Manager)

In Steckplatz 0 wird der sog. Resource Manager eingesteckt. Es handelt


sich dabei um eine für jeden VXI-Mainframe notwendige Kontrolleinheit,
die alle angeschlossenen VXI-Bus-Geräte identifiziert und die Adressentabel-
le des VXI-Systems (address map) verwaltet. Weiterhin startet bzw. über-
wacht der Resource Manager alle Systemoperationen. Bei den restlichen Mo-
dulen unterscheidet man zwischen sog. Commanders und Servants, die in eine
hierarchische Struktur eingebettet sind. Der Resource Manager konfiguriert
und verwaltet alle Commander/Servant-Hierarchien des entsprechenden VXI-
Systems.

16.8.3 Commander

Ein Commander kontrolliert eine Gruppe von Servants. Im Rahmen einer


übergeordneten Hierarchie wiederum kann ein Commander aber auch als Ser-
vant eines weiteren Commanders dienen. Bei einem Commander handelt es
sich stets um ein sog. nachrichtenorientiertes Modul (message based module).
Solche Module sind in der Lage, ASCII-Zeichen als Kommandos zu interpre-
tieren.

16.8.4 Servant

Der Servant ist ein Modul, welches unter der Kontrolle eines Commanders ar-
beitet. Ein Servant kann gegenüber Servants einer untergeordneten Hierarchie-
ebene wiederum Commanderfunktion (Masterfunktion) besitzen, so dass er
in der Gesamthierarchie andere Servants kontrollieren kann. Servants können
sowohl nachrichtenorientiert als auch registerorientiert arbeiten (registerori-
entiertes Modul, register based module). Registerorientierte Module verfügen
über keine lokale Intelligenz, d. h. dass sie nicht in der Lage sind, Befehle in
Form von ASCII-Zeichen zu empfangen. Diese Einschränkung führt allerdings
auch zu der angenehmen Eigenschaft, dass sie direkt und damit sehr schnell
ansprechbar sind. Daneben gibt es noch Speichermodule (memory devices)
vom Typ RAM oder ROM.

16.8.5 Busgliederung/Teilbusse

Der VXI-Bus besteht aus den folgenden acht Teilbussen:


• Standard-VME-Bus
• Takt-Bus (liefert Taktsignale für alle angeschlossenen Module)
• Star-Bus (dient der schnellen asynchronen Kommunikation zwischen Mo-
dulen ohne Belastung des VME-Busses)
• Trigger-Bus (8 TTL und 8 ECL-Leitungen zur internen und externen Trig-
gerung)
574 16 Messdatenerfassung im Labor

• lokaler Bus (zur Inter-Modulkommunikation)


• Analog-Summenbus (Summation von Stromsignalen verschiedener Modu-
le)
• Modul-Identifikationsbus (dient der automatischen Konfiguration)
• Spannungsversorgungsbus (zusätzlich zum VME-Bus werden ±24 V, −2 V
und −5, 2 V zur Verfügung gestellt)
Einzelheiten zu VXI-Bussystemen finden sich in der weiterführenden Litera-
tur, z. B. in [39], [164].

16.8.6 VXI- und IEC-Bus

Ein großer Vorteil des VXI-Systems beruht auf der Tatsache, dass seine
Steuerungs- und Kommandostruktur in Anlehnung an die IEC-Bus-Norm
festgelegt wurde. Auf diese Weise können in einem einzigen System VME-
Bus-, VXI-Bus- und IEC-Bus-Module gleichzeitig verwendet werden. So ist
beispielsweise die Steuerung von VXI-Modulen von einem IEC-Bus-Controller
aus möglich. Der Slot 0 kann für diesen Fall eine VXI-Bus/IEC-Bus-Schnitt-
stelle enthalten, die mit einem Rechner kommuniziert, der ebenfalls eine IEC-
Bus-Schnittstelle enthält (Abb. 16.25). Das VXI-Bus-System erscheint dem
Anwender in diesem Fall als eines von eventuell mehreren angeschlossenen
IEC-Bus-Geräten.

Abb. 16.25. VXI-Bus-System mit IEC-Bus-Verbindung zu einem Host-Rechner


und einem Messgerät

16.8.7 PXI-Bus

Infolge der weiten Verbreitung von PC-Karten in der Automatisierungstech-


nik und den geringen Kosten für Hard- und Software für Desktop-PCs wurde
ein auf dem PCI-Bus (Peripheral Component Interconnect) basierender Stan-
dard für Messdatenerfassung entwickelt. Dieser wurde den rauhen Bedingun-
gen im industriellen Messumfeld angepasst und robust gegenüber Störungen
16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus 575

ausgelegt. Im Jahre 1996 wurde durch die PICMG (PCI Industrial Computer
Manufacturers Group) der CompactPCI-Standard definiert, der Datenraten
bis zu 264 MByte/s zulässt. Hard- und softwarebedingt konnten allerdings
keine definierten Interruptverzögerungen eingehalten werden und Anwendun-
gen, die ein exaktes Timing erfordern, können daher nicht auf diesen Standard
zurückgreifen.
Der CompactPCI-Standard wurde 1997 von National Instruments [122]
konsequent weiterentwickelt und 1998 als PXI-BUS eingeführt. Heute zählt
das Firmenkonsortium PXI System Alliance (PXISA), das die Entwicklung
des PXI-Bus und der darauf basierenden Standards vorrantreibt, mehr als 60
Mitglieder. Dazu zählen viele namhafte Industrieunternehmen der Automati-
sierungstechnik.
Der PXI-Bus (PCI eXtension for Instrumentation) stellt einen offenen
Standard dar und verbindet wirkungsvoll bereits existierende Technologien,
um Messdatenerfassungssysteme mit hoher Performance zu schaffen. Der PXI-
Bus adaptiert den PCI-Bus, der derzeit vor allem im Desktopcomputerbereich
verwendet wird, für messtechnische Aufgaben und erweitert ihn um Robust-
heit in Bezug auf elektromagnetische Verträglichkeit, Temperatur- und Feuch-
tebedingungen im industriellen Messumfeld. Anders als beim Compact-PCI
Standard wurden Softwaretreiber sowie Anforderungen an die Kühleigenschaf-
ten und die elektromagnetische Verträglichkeit mit in den Standard einbezo-
gen.
Analog zu VXI-Bus-Systemen werden auch PXI-Systeme in Form eines
Mainframe aufgebaut (Abb. 16.26). In dieses Mainframe-Gehäuse (enthält
auch die Spannungsversorgung) werden zwischen vier und 18 Europakarten
(ANSI 310-C, IEC 297 und IEEE 1101.1) verschiedener Größen (3 oder 6
Größeneinheiten) eingeschoben. Im Steckplatz 1 (slot 1) befindet sich der Sy-
stemcontroller, der entweder eine Fernsteuerung des Systems mittels eines
Desktop-PCs ermöglicht, oder aber einen Embedded Controller mit einem
eigenständigen Betriebssystem. Module zur Erweiterung des Messdatenerfas-
sungssystems, wie Signalgeneratoren, Signalanalysegeräte oder Messgeräte,
können in die verbleibenden Steckplätze eingebracht werden (Abb. 16.27).
Außerdem existiert die Möglichkeit, das System mit einem Stern-Trigger-
Controller zu erweitern, um ähnlich den VXI-Systemen weitergehende Syn-
chronisations- und Timingmöglichkeiten zu verwirklichen.
576 16 Messdatenerfassung im Labor

System-Controller-Modul
Controller leerer Slot
Erweiterung-Slots periphere Module

Back-
plane
P2

P1
Chassis

1 2 3 4 5 6 7 8

System-Slot maximal 7 verfügbare


Einsteckplätze
Star-Trigger-
Controller oder
peripherer Slot

Abb. 16.26. Aufbau eines PXI-Chassis

Abb. 16.27. PXI-Chassis mit Controller und sieben Peripheriemodulen


16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus 577

Die Hauptmerkmale des PXI-Bus sind:


• Taktrate: 33/66 MHz
• Datenbreite: 32 bzw. 64 Bit
• Datentransferrate: 132 MByte/s (32 Bit, 33 MHz) bis 528 MByte/s (64 Bit,
66 MHz)
• Systemerweiterung mittels PCI-PCI Brücken möglich
• Einbettung in 3,3 V-Systeme
• Plug-and-play Fähigkeit
Der PXI-Standard stellt folgende Synchronisierungs-, Timing- und Kommu-
nikationsmöglichkeiten zur Verfügung:

• Referenztakt (zur Synchronisierung mehrerer Komponenten; 10 MHz-TTL-


Signal)
• Trigger-Bus (8 Leitungen zur internen und externen Triggerung)
• lokaler Bus (13 Leitungen zur internen Kommunikation, die die PXI-
Bandbreite nicht schmälern. Es können TTL-Signale oder Signale bis zu
42 V verwendet werden.)
• Stern-Trigger-Bus (je eine Trigger-Leitung für ein Modul in sternförmi-
ger Anordnung, um so einen möglichst kleinen Bitversatz und genaueste
Synchronisierung zwischen den PXI-Modulen zu gewährleisten.)
• PCI-PCI Brücken ermöglichen die Erweiterung eines PXI-Systems um wei-
tere Steckplätze, wobei nur ein PXI-Controller benötigt wird.

Einen großen Vorteil von PXI-Systemen stellt die Möglichkeit dar, Compact-
PCI-Module zu integrieren. Diese können zu einem günstigen Preis die gewün-
schte Funktionalität, wie sie beispielsweise eine Netzwerkkarte bietet, in ein
bestehendes System einbinden, wobei dann auf die erweiterten PXI-Signale
verzichtet werden muss. Die Verwendung eines PCs als Controller und die
Anbindung an ein PXI-Gehäuse mittels einer PCI-PCI-Brücke stellt einen
häufigen Anwendungsfall von PXI-Systemen dar. Hierbei wird sowohl auf alle
preisgünstigen Ressourcen eines PCs zurückgegriffen als auch die schnellen
Timing- und Synchronisierungsfähigkeiten des PXI-Busses genutzt.
Durch die Verwendung von PCI-PCI-Brücken kann ein PXI-System auf bis
zu 31 Einsteckkarten erweitert werden. Es ist möglich, auch größere Systeme
zu erstellen; durch den aktuellen PXI-Standard (PXI Hardware Revision 2.2)
wird diese Grenze jedoch vorgegeben.

16.8.8 PCI-Express

PCI-Express (Peripheral Component Interface Express, abgekürzt PCIe bzw.


PCI-E) ist prinzipiell als Nachfolger des PCI-Bus zu sehen. Aber im Gegensatz
zum PCI-Bus ist PCIe kein paralleler Bus, sondern eine schnelle Punkt-zu-
Punkt-Verbindung, bei der die Datenübertragung über vollduplexfähige Lei-
tungspaare, sog. Lanes, erfolgt. Für die derzeit maximal möglichen 16 (künftig
578 16 Messdatenerfassung im Labor

32) Lanes (als PCIe x 16 bezeichnet) sind in Zukunft Datenübertragungsraten


von bis zu 1 GByte/s pro Lane geplant. Zur Zeit liegen diese bei 250 MByte/s
pro Richtung. Im PC-Bereich wird PCIe x 1 als Ersatz für den bekannten PCI-
Bus hergenommen, während leistungsfähige Graphikkarten mittels PCIe x 16
angebunden werden. PCIe ist hotplugfähig, d. h. ein Einbau der Karten ist
während des laufenden Rechnerbetriebes möglich. Weitere Informationen zu
PCIe findet man in [138].

16.8.9 PXI-Express (PXIe)

Ebenso wie der PXI-Standard die Möglichkeit zur Instrumentierung basierend


auf dem Desktop Computer Standard PCI gibt, greift PXI-Express den neuen
Computer-Bus-Standard PCI-Express auf. Die Möglichkeiten zur Instrumen-
tierung umfassen bei PXI-Express neben den Merkmalen von PXI einen neuen
differentiellen 100 MHz System-Takt, differentielle Point-to-Point-Trigger so-
wie einen variablen Point-to-Point-Takt.
Den typischen Aufbau eines PXI-Express-Systems zeigt Abb. 16.28. Für
die in einem Chassis vorhandenen Einschübe (Slots) definiert der Standard
mehr Möglichkeiten als bei den PXI-Systemen. Der System-Slot auf der lin-
ken Seite ist obligatorisch, ebenso das Vorhandensein von Standardeinschüben
für die Instrumente (Peripheral Slots). Die System-Timing-Slots ermöglichen
die Nutzung der neuen Timing- und Triggermöglichkeiten von PXI-Express.
Weiterhin können PXI-1-Slots vorhanden sein, in welchen die herkömmlichen
PXI-Karten betrieben werden können. Eine Besonderheit stellen die Hybrid
Slots dar. Dort können sowohl PXI- als auch PXI-Express-Karten verwen-
det werden. Ebenso wie bei den PXI-Systemen bleibt die Kompatibilität zu
Compact PCI vorhanden.
Die Spezifikationen bezüglich der Datenübertragungsraten ist von der jewei-
ligen Implementierung abhängig und gibt somit den Entwicklern von PXI-
Express-Systemen die Möglichkeit, Kosten und Performance gegeneinander
abzuwägen. Als Maximalwert für die Datenübertragung des Systemmoduls
sind 6 GB/s pro Übertragungsrichtung und für die einzelnen periphären Mo-
dule je 2 GB/s definiert. Da die PXI-Express-Backplane mehrere Datenpfade
zu Verfügung stellt, sind Gesamtübertragungsraten von über 32 GB/s in jede
Richtung möglich. Diese Daten beziehen sich auf die aktuelle PXI-Express-
Hardware-Spezifikation (Revision 1.0).

16.8.10 MXI-Bus

Die erste Generation des MXI-Bus (Multisystem-Extension-Interface-Bus) ist


ein 32-Bit breiter Bus zur Verbindung mehrerer VXI-Mainframes bzw. zur
Anbindung von VXI-Modulen an einen PC [121]. Mit Hilfe des bis zu 20 m
langen Buskabels können bis zu 32 Mainframes verbunden werden. Die phy-
sikalische Verbindung basiert auf 48 single-ended verdrillten Leitungspaaren
16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus 579

PXI Express System


Timing Slot

PXI Express PXI Express Hybrid Slot


Module
peripherer Slot Backplane
PXI Express System Slot Interface
Connectors

Back-
plane

Chassis

H H
1 2 3 4 5 6 7 8

System-Erweiterungs-Slots Periphere Slots

Abb. 16.28. Typischer Aufbau eines PXI-Express-Systems

(twisted pairs), die einen hohen Grad an Störsicherheit gewährleisten. Ne-


ben dem gemultiplexten, bis zu 32-Bit breiten Daten- und Adress-Bus gibt es
u. a. eine Interrupt-Leitung, eine Fehlerleitung zur Behandlung von Deadlocks
(Endlosschleifen) sowie Handshake-Steuerleitungen. Die theoretisch maximale
Datentransferrate des MXI-Busses der ersten Generation liegt bei 20 MByte/s,
wobei in der Praxis nur ca. 5 MByte/s erreicht werden. Abbildung 16.29 zeigt
die prinzipielle Struktur einer MXI-Bus-Verbindung zwischen einem Host-
Rechner und VXI-Bus-Systemen.
Die Weiterentwicklung des MXI-Busses wird als MXI-2 bezeichnet. Sie nutz-
te die damals neueste Technologien für Desktop-Computer, wobei vor allem
durch den Einsatz des PCI-Busses eine erhebliche Verbesserung des Daten-
durchsatzes auf theoretisch 33 MByte/s und praktisch ca. 23 MByte/s erreicht
wurde. Weitere Verbesserungen des MXI-2 Busses stellen die Verwendung von
DMA (Direct Memory Access) und die Möglichkeit zur asynchronen Steuerung
dar. Die Einführung des synchronen MXI-Protokolls brachte eine deutliche
Reduzierung des Protokoll-Overheads und damit eine Erhöhung des Daten-
durchsatzes.
580 16 Messdatenerfassung im Labor

VXI-Bus-System I
Host-
Rechner Resource Manager
Commanders
und Servants
MXI-Bus-
VXI-Bus-System II
Interface
Resource Manager
Commanders
und Servants

Abb. 16.29. VXI-Bus-Systeme mit MXI-Bus-Verbindungen zu einem Host-Rechner

Die dritte Generation des MXI Standards (MXI-3) basiert, unter Berück-
sichtigung des Compact-PCI- und PXI-Standards, auf der PCI-Technologie.
Im Prinzip verhält sich eine MXI-3-Verbindung wie eine PCI-PCI-Brücke,
welche aus einem primären (PCI-MXI-3-Board) und einem sekundären (Com-
pactPCI/PXI-MXI-3-Modul) Interface besteht, die mit einem Kupfer- oder
Lichtwellenleiterkabel miteinander verbunden sind und somit eine transparen-
te Ankopplung von Compact-PCI/PXI-Systemen an Standard-PCs erlaubt.
Die Leitungslänge darf bei Verwendung von Kupferkabeln 10 m und bei Licht-
wellenleitern 200 m nicht überschreiten. Müssen größere Distanzen überwun-
den werden, so kann dies durch Repeater, die nach der jeweils maximalen Ka-
bellänge eingesetzt werden, realisiert werden. Der theoretisch maximale Da-
tendurchsatz von MXI-3 beträgt 100 MByte/s, wobei praktisch ca. 90 MByte/s
erreicht werden.

16.8.11 PXI MultiComputing (PXImc)

Mit den größer werdenden Datenmengen, welche Instrumentierungs- und


Messdatenerfassungssysteme zu generieren in der Lage sind, wächst auch der
Bedarf an Prozessorleistung vor Ort. Klassischerweise werden alle Daten, bei-
spielsweise in PXI-Systemen, vom zentralen Steuerrechner verarbeitet. Mitt-
lerweile sind allerdings Systeme gewünscht, die über mehr Rechenleistung
verfügen, als von einer einzigen Prozessoreinheit zur Verfügung gestellt werden
kann. Auf der anderen Seite bieten konventionelle Bussysteme, wie MXI oder
Ethernet, nicht die notwendige Bandbreite bzw. besitzen zu große Verzöge-
rungszeiten.
Aus dieser Motivation heraus wurde im Jahr 2009 der PXImc-Standard
entwickelt, der aktuell in der PXI MultiComputing Hardware Specification
(Revision 1.0) niedergelegt ist. Dieser neue Standard basiert auf den PXI-
Spezifikationen und den PCIe-External-Cabling-Spezifikationen, was den Vor-
teil hat, dass beim Aufbau eines PXImc-Systems im Wesentlichen auf bekann-
te Komponenten, Kabel und Verbinder zurückgegriffen werden kann.
16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus 581

PXImc Device
Primary System Host PXI Peripheral Module Form Factor

PXI Backplane PXImc PCI


Clock Logic Bus Host
PCI Host
PCI Bus
Bus Bridge
NTB Bridge
PCI-Bus

Abb. 16.30. PXImc-Kommunikation innerhalb eines PXI-Chassis

Abbildung 16.30 zeigt die Grundkomponenten eines PXImc-Systems. In jedem


System ist genau ein Primary System Host vorhanden, der als Controller
fungiert. Daneben können mehrere PXImc Devices existieren. Die äußere Form
des Hosts ist nicht vorgegeben, es kann sich dabei um einen PC oder auch
um ein PXI-System-Module in einem PXI Chassis handeln. Letztere Variante
ist in Abb. 16.30 dargestellt, wobei dort auch ein PXImc Device im selben
Gehäuse untergebracht ist.
Das PXImc Device beinhaltet einen eigenen Prozessor, Speicher und den
PCIe Root Complex, der die Kommunikation über den PCI-Bus steuert. Ne-
ben diesen Standardkomponenten muss ein PXImc Logic Block vorhanden
sein. Dieser beinhaltet eine nicht-transparente PCI Bridge (NTB) sowie die
notwendige Elektronik für die Referenztaktsignale des Primary System Hosts.
Die Kommunikation erfolgt in diesem Fall ausschließlich über die NTB. Es
wird die Backplane des PXI-Chassis genutzt, wodurch maximale Datenüber-
tragungsraten erreicht werden können. Daneben können externe PXImc De-
vices über PCI Express Kabel angeschlossen werden.

16.8.12 Historie der bisher diskutierten Bus-Standards

Abschließend sind die Zeitpunkte der Einführung aller bisher diskutierten Bus-
Standards angeführt:

1981 VME Etablierung des VME-Standards (VERSAmodule


Eurocard)
1987 VXI National Instruments führt VXI (VME eXtension for
Instrumentation) als offenen Standard ein
1989 MXI Einführung von MXI (Multisystem eXtension In-
terface) zur Anbindung von Computern an VXI-
Systeme
1995 VME64 Weiterentwicklung des VME- zum VME64-Standard
durch Erweiterung auf 64-Bit-Datenbreite
582 16 Messdatenerfassung im Labor

1996 MXI-2 MXI-2 ermöglicht deutlich höhere Datenraten und


Datendurchsatz
1997 VME64x VME64x (eXtension) erweitert VME64 u. a. um
3, 3 V Spannungsversorgung, zusätzlich wird die
max. Datenrate auf bis zu 160 MByte/s erhöht.
1998 PXI Einführung von PXI (PCI eXtension for Instrumen-
tation), um die preisgünstigen PCI (Peripheral Com-
ponent Interconnect) Produkte des Desktop-PC Be-
reichs nutzen zu können.
1999 MXI-3 Unter Verwendung von MXI-3 ist es möglich, PXI-
Systeme mit hohen Datenraten an PCs anzubinden
2004 PCIe PCIe (PCI-Express bzw. PCI-E) ist eine schnelle
Punkt-zu-Punkt-Verbindung mit 16 vollduplexfähi-
gen Leitungspaaren mit je 250 MByte/s.
2005 PXIe Erweiterung von PXI um die Spezifikationen von
PCIe, was Datenverkehr innerhalb eines PXIe-
Systems (PXI Express) von bis zu 32GB/s
ermöglicht.
2009 PXImc PXImc (PXI MultiComputing) ist ein Standard, der
die verteilte Rechenleistung von Multiprozessorsy-
stemen mit der Bandbreite schneller PCI oder PCI-
Express-Verbindungen vereint.
17
Messdatenerfassung im Feld

17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS)


17.1.1 Aufbau einer SPS
Speicherprogrammierbare Steuerungen sind modulare und frei programmier-
bare Steuergeräte, die nicht als fertige Komplettsysteme angeboten, sondern
nach den Anforderungen der jeweiligen Applikation anhand von Einzelmodu-
len konfiguriert werden. Die Grundausstattung einer SPS beinhaltet:
• eine Stromversorgung,
• einen Prozessor (CPU),
• Speichermodule (RAM, NOV-RAM, EPROM, EEPROM),
• mindestens je eine Eingangs- und Ausgangsbaugruppe.
Es existieren noch zahlreiche weitere Baugruppen für speicherprogrammierba-
re Steuerungen, wie beispielsweise Schnittstellenerweiterungen, Kommunikati-
onsbaugruppen oder CPUs für spezielle Aufgaben, die je nach Anforderungen
zu der SPS-Hardware hinzugefügt werden können. So entsteht ein optimal an
die Anwendung angepasstes Hardwaresystem, das keine ungenutzten Kompo-
nenten enthält.
Die Modularität von speicherprogrammierbaren Steuerungen hat auch den
Vorteil, dass bestehende Systeme leicht durch weitere Baugruppen ausgebaut
werden können bzw. bei gegebener Kompatibilität ein leistungsfähigerer Pro-
zessor einen für die gewünschte Aufgabe zu langsamen Prozessor ersetzt, ohne
etwas an den anderen Baugruppen oder gar am Programmcode verändern zu
müssen.
Detaillierte Informationen zu speicherprogrammierbaren Steuerungen fin-
det man in der Spezialliteratur [69], [70], [125].

17.1.2 Programmstruktur
Steuerprogramme bestehen aus Aufrufen von Bausteinen (Programm-Module),
die unabhängig voneinander programmiert werden. Dadurch können im Laufe

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_17
584 17 Messdatenerfassung im Feld

der Zeit große Bausteinbibliotheken entstehen, die auch in anderen Program-


men verwendet werden. Traditionell unterscheidet man zwischen Programm-
bausteinen, Funktionsbausteinen, Organisationsbausteinen und Schrittbaustei-
nen, wobei die beiden letztgenannten Bausteine im Standard IEC 61131-3
durch die Einführung von Tasks bzw. durch die Ablaufsprache ersetzt wur-
den.
Die traditionellen Bausteine unterscheiden sich nach Art der Anwendung
folgendermaßen:
Funktionen: es werden Parameter übergeben und ein Parameter eines be-
stimmten Typs wird zurückgegeben. Der Rückgabeparameter wird nicht
gespeichert (= ohne Gedächtnis).
Funktionsblöcke: erhalten Eingangsparameter und führen bestimmte, von
den Parametern abhängige Funktionen aus. Nach Ablauf der Funktion
stehen die Ergebnisse in Form von Parametern dauerhaft zur Verfügung
(= mit Gedächtnis).
Programme: erfüllen Aufgaben ohne Übergabe von Parametern.
Organisationsbausteine: steuern den zeitlichen Ablauf von Programmen
und Funktionsbausteinen.
Schrittbausteine: steuern den Ablauf von Programmen.

17.1.3 Permanent-zyklischer Betrieb

Da speicherprogrammierbare Steuerungen nicht die übliche Architektur von


Computern besitzen, ist auch der Programmablauf anders gestaltet. SPS-

Prozessabbild
Eingänge

Steuerungs- Prozess
Programm

Prozessabbild
Ausgänge

Abb. 17.1. Permanent-zyklischer Betrieb einer speicherprogrammierbaren Steue-


rung (SPS)
17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) 585

Programme laufen im permanent-zyklischen Betrieb ab, wobei vor und nach


jedem Programmzyklus sog. Prozessabbilder verändert werden. Das Prozes-
sabbild (Abb. 17.1) beschreibt den Zustand der Ein- und Ausgänge zu einem
bestimmten Zeitpunkt. Nur in Ausnahmefällen wird ein bestimmter Wert ei-
nes Eingangs bzw. Ausgangs direkt gelesen bzw. gesetzt (d. h. nicht erst zum
Ende des Programmdurchlaufs).
Der typische Ablauf eines Zyklus beginnt mit dem Erstellen des Pro-
zessabbildes der Ein- und Ausgänge. Da während des Programmdurchlaufs
nur auf das Prozessabbild zugegriffen wird, ist nur eine Momentaufnahme
des Zustands der Ein- und Ausgänge während der Programmbearbeitung
verfügbar. Alle Änderungen am Zustand der Ausgänge werden erst nach dem
Ende des Programmdurchlaufs durch das Übertragen des Prozessabbildes der
Ausgänge auf die physikalischen Ausgänge wirksam. Änderungen des Zustands
von Eingängen nach dem Erstellen des Prozessabbildes können erst bei dem
nächsten Programmdurchlauf berücksichtigt werden (Abb. 17.2). Die Zyklus-
zeit bezeichnet die Zeitdauer zwischen zwei Schreibvorgängen auf die physikali-
schen Ausgänge. Diese ist nicht konstant, da die Bearbeitung des Programmes
in aller Regel situationsabhängig ist. Infolge bestimmter Ereignisse oder Mel-
dungen werden jeweils andere Programmteile durchlaufen. Manche Hersteller
bieten die Möglichkeit an, den Zyklus in zeitlich äquidistanten Schritten zu
starten, wobei während der verbleibenden Zeit entweder nichts geschieht oder
Kommunikation mit anderen Geräten betrieben wird.

Prozessabbild der Eingänge einlesen

Prozessabbild der Ausgänge ausgeben

Programm- Prog.- Prog.- Prog.- ...


bearbeitung bearb. bearb. bearb.

Zyklus Zyklus Zyklus Zyklus

Ereignis Reaktion
Reaktionszeit
Abb. 17.2. Reaktionszeit einer speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS)
586 17 Messdatenerfassung im Feld

17.1.4 Ausnahmen vom permanent-zyklischen Betrieb

Durch Verwendung spezieller Befehle besteht die Möglichkeit, den Wert eines
Eingangs direkt einzulesen bzw. einen Ausgangswert direkt zu setzen. Dies ist
für Fälle notwendig, bei denen z. B. unmittelbar auf eine Änderung ein Aus-
gang gesetzt werden muss. Bei der Verwendung solcher Befehle kann zwar,
bezogen auf diesen Ausgang, Zeit eingespart werden, auf mehrere Ein- bzw.
Ausgänge angewandt, wird die Zyklusdauer jedoch erheblich verlängert. Da-
her ist es in den meisten Fällen sinnvoll, wie oben geschildert, nur auf die
Prozessabbilder zuzugreifen.

17.1.5 Besonderheiten der Programmierung

Aufgrund des permanent-zyklischen Betriebs ist es nicht möglich, innerhalb


eines Programmdurchlaufs auf bestimmte Ereignisse zu warten. Es ist bei-
spielsweise unmöglich, innerhalb eines Programmzyklus die Änderung eines
Eingangswertes zu detektieren, da das Eingangsprozessabbild nur eine Mo-
mentaufnahme der Eingänge zum Zeitpunkt des Zyklusstarts darstellt und
das Programm lediglich auf diese zurückgreifen kann. Des Weiteren ist es nicht
möglich, an einer bestimmten Stelle im Programm auf die Änderung einer Be-
dingung, z. B. das Verstreichen einer Zeitspanne, zu warten. Der permanent-
zyklische Betrieb muss vom Programmierer sichergestellt werden, andersfalls
kommt es zu einer Überschreitung der Zykluszeit, die je nach SPS entwe-
der zu einem Abbruch der Programmausführung, einer Fehlermeldung oder
Problemen mit der Kommunikation zur Außenwelt führt.
Bei der Programmierung solcher Aufgaben wird daher die Ablaufsteue-
rung genutzt, die aufgrund von Übergangsbedingungen dafür sorgt, dass
der nächste Schritt im Programm ausgeführt wird. Dagegen wird die Ver-
knüpfungssteuerung verwendet, um innerhalb eines Programmdurchlaufs alle
Ausgangswerte in Abhängigkeit von bestimmten Eingangswerten und deren
Verknüpfungen zu setzen.

17.1.6 Programmiersprachen für SPS nach IEC 61131-3

Es gibt viele Programmiersprachen für speicherprogrammierbare Steuerun-


gen, wobei leider nur wenige standardisiert sind und erst seit geraumer Zeit
die Einsicht wächst, dass nur ein Programmierstandard die Portabilität und
damit die Zukunft von SPS-Programmen gewährleistet. Viele SPS-Hersteller
entwickelten anfangs speziell auf ihren SPS-Typ zugeschnittene Programmier-
sprachen, wodurch der Austausch einer SPS mit Modellen anderer Hersteller
nicht ohne weiteres möglich war. Erst in der Norm IEC 61131-3 wurden ei-
nige Programmiersprachen standardisiert und so die gewünschte Portabilität
erreicht. Es ist zu erwähnen, dass die dort beschriebenen Programmierspra-
chen beliebig miteinander kombinierbar sind, um die Stärken der einen oder
anderen Sprache in einem Programm nutzen zu können.
17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) 587

Folgende Programmiersprachen werden durch die IEC Norm 61131 definiert


[125]:
• Anweisungsliste AWL, instruction list IL
• Strukturierter Text ST, structured text ST
• Kontaktplan KOP, ladder diagram LD
• Funktionsbausteinsprache FBS, function block diagramm FBD
• Ablaufsprache AS, sequential function chart SFC
Generell wird zwischen graphischen und textorientierten Sprachen unterschie-
den, wobei die Sprachen AWL und ST textorientiert, dagegen KOP und FBS
graphisch sind. AS ist sowohl textorientierte als auch graphische Program-
miersprache.

Textorientierte Programmiersprachen

AWL: wie der Name schon sagt, besteht diese Programmiersprache aus einer
Liste von Anweisungen, wobei jede Anweisung in einer neuen Zeile beginnt
und einen Operator sowie, je nach Operatortyp, einen oder mehrere durch
Komma getrennte Operanden beinhaltet. Es finden auch Identifikator-
Marken Verwendung, die als Sprungpunkte dienen.
ST: ist an Hochsprachen wie Basic, C oder Pascal angelehnt, eignet sich vor
allem für häufig benutzte Konstrukte und dient der Übersichtlichkeit des
Programmes. So können Schleifen einfach implementiert werden. Struktu-
rierter Text ist außerdem eine leicht lesbare Programmiersprache, die bei
stark verschachtelten Anweisungen Vorzüge bietet.

Graphische Programmiersprachen

KOP: ist an das Prinzip von elektrischen Schaltungen angelehnt. Die Spra-
che eignet sich zur Konstruktion logischer Schaltwerke, zur Steuerung von
Funktionsbausteinaufrufen oder aber zum Erstellen von Netzwerken. Auf
der linken und rechten Seite des Netzwerks wird selbiges von einer Strom-
leitung begrenzt, wobei mittels dazwischen angeordneter Kontakte, Spu-
len und Verbindungslinien ein Kontakt zwischen den Stromleitungen her-
gestellt werden kann. Kontakte sind dabei Datenquellen, wie z. B. boole-
sche Variablen oder Eingangssignale, und Spulen stellen Datensinken dar,
z. B. boolesche Variablen oder Ausgangssignale.
FBS: FBS-Programme können sehr abstrakt und kompakt sein und zu-
dem elegant und auch zügig erstellt werden. Wesentliche Sprachelemen-
te sind Funktionen, Funktionsblöcke, Funktionsbausteine, Variablen so-
wie horizontale und vertikale Linien. Daten fließen von links nach rechts
und werden an beiden Seiten durch Variablen begrenzt. Die Verwendung
von Sprungmarken und Sprüngen ist vorgesehen, allerdings sollten diese
nur begrenzt verwendet werden, um die Lesbarkeit des Programmes zu
gewährleisten.
588 17 Messdatenerfassung im Feld

Ablaufsprache

AS: ist sowohl eine textbasierte als auch eine graphische Programmierspra-
che. Wesentliche Bestandteile der Programmiersprache stellen Schritte,
Transitionen (Übergangsbedingungen) und Verbindungen dar. Bei jedem
Schritt wird eine bestimmte Menge von Aktionen für diesen Schritt durch-
geführt, diese Aktionen werden solange ausgeführt, bis die Übergangs-
bedingung zum nächsten Schritt erfüllt ist. Jedes Programm bzw. jeder
Funktionsbaustein kann als AS-Programm betrachtet werden, selbst wenn
dafür andere Sprachen zur Verwendung gekommen sind, da dann ein AS-
Programm aus nur einem Schritt besteht.

17.1.7 Beispiele für die IEC-genormten SPS-Programmiersprachen

Im Weiteren werden die standardisierten Programmiersprachen anhand von


kleinen Beispielen vorgestellt:

AWL-Beispiel:

Abb. 17.3. Beispiel eines AWL-Programmes (Rührkessel-Überwachung)

Die Überwachung eines Rührkessels soll als Beispiel für ein AWL-Programm
dienen. Abbildung 17.3 zeigt ein solches Programm, im oberen Teil die Varia-
blendeklarationen und im unteren Teil die Implementierung des Programmes.
Steigt die Kesseltemperatur über eine bestimmte Maximaltemperatur oder
sinkt die Kesseltemperatur unter einen Minimalwert, so wird die Variable
NotAUS“ gesetzt und weitere Aktionen würden folgen. In diesem Beispiel-

programm wurden folgende Befehle verwendet:
17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) 589

LD lade Variable in Stack


LT (lower than) Abfrage, ob der Wert der im Stack befindlichen Variablen
kleiner als ein bestimmter Wert ist
EQ (equals) Abfrage, ob der Wert der im Stack befindlichen Variablen
gleich einem bestimmten Wert ist
GT (greater than) Abfrage, ob der Wert der im Stack befindlichen Variablen
größer als ein bestimmter Wert ist
AND Und-Verknüpfung von Bedingungen
OR Oder-Verknüpfung von Bedingungen
ST Speichere Wert im Stack in Variable.
Eine AWL-Anweisung besteht immer aus einem Operator und, je nach Befehl,
einem oder mehreren Operanden. Es können auch Sprungmarken definiert
werden (Sprungmarke:) oder Kommentare am Ende der Zeile eingefügt werden
((* Kommentar*)).

ST-Beispiel:

Abb. 17.4. Beispiel eines ST-Programmes (Raumtemperatur-Regelung)

Abbildung 17.4 zeigt ein kurzes ST-Programm, welches mehrere Male den-
selben Funktionsblock zur Raumtemperaturregelung aufruft. Im oberen Teil
der Abbildung sind die Deklarationen zu erkennen, im unteren Teil die Im-
plementierung des Programmes. Die Benutzung von Schleifen erlaubt es, den
Programmcode im Gegensatz zu den anderen Sprachen sehr kompakt zu for-
mulieren.
Die Sprache ST ähnelt der Hochsprache Pascal. Der im Deklarationsteil des
Programmes erwähnte Funktionsblock T2PmitHysterese ist als ST-Funktions-
block in Abb. 17.5 zu sehen. Der Funktionsblock überprüft, ob die Raumtem-
peratur geringer ist als der vorgegebene Sollwert, abzüglich eines Hystere-
sewertes. Der jeweils gültige Sollwert kann dabei entweder durch ein Tag-
bzw. Nachtprogramm oder ansonsten durch einen Sollwertsteller vorgegeben
werden. Die gleiche Funktionalität besitzt auch der in Abb. 17.7 gezeigte FBS-
Funktionsblock, wobei die Übersichtlichkeit und Anschaulichkeit der Funktion
durch die Sprache FBS eher gegeben ist als bei Verwendung von ST.
590 17 Messdatenerfassung im Feld

Abb. 17.5. Beispiel eines ST-Funktionsblocks

KOP-Beispiel:

Das KOP-Beispiel (Abb. 17.6) zeigt die einfache Verknüpfung mehrerer Bedin-
gungsvariablen. Die Variablen F1 , F2 und F3 stellen den Zustand von Fenstern
dar. Wenn nur eines dieser Fenster geöffnet ist, dann soll die Variable Q ge-
setzt (= WAHR) werden. Sind weniger oder mehr als ein Fenster offen, so
wird die Variable nicht gesetzt (= FALSCH). Es wurden die Elemente Kon-
takt und Spule verwendet, wobei die Möglichkeit der Negierung jeweils auf
zwei der Lüftervariablen in einem Parallelzweig angewendet wurde.
Die dabei realisierte Funktion lautet

Q = (F1 ∧ F2 ∧ F3 ) ∨ (F1 ∧ F2 ∧ F3 ) ∨ (F1 ∧ F2 ∧ F3 ).

Für diesen Funktionsblock müssen die Variablen deklariert sein, dieser Dekla-
rationsblock könnte folgendermaßen aussehen:

Abb. 17.6. Beispiel eines KOP-Funktionsblocks


17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) 591

FUNCTION BLOCK EIN FENSTER OFFEN


VAR INPUT
F1, F2, F3: BOOL;
END VAR
VAR OUTPUT
Q: BOOL;
END VAR
VAR
END VAR

FBS-Beispiel:

Abb. 17.7. Beispiel eines FBS-Funktionsblocks (Raumtemperatur-Regelung)

Am Beispiel einer Raumtemperaturregelung (Abb. 17.7) wird die Sprache FBS


vorgestellt. Es wird zwischen folgenden Szenarien unterschieden:
• Steuerung durch Raumsollwertsteller
• Steuerung durch Tagprogramm
• Steuerung durch Nachtprogramm.
Ist eines der Programme aktiv, so wird der jeweils definierte Sollwert herange-
zogen, andernfalls wird der Wert des Raumsollwertstellers verwendet. Fällt die
Temperatur unter einen bestimmten Schwellwert (= Sollwert - Temperaturhy-
sterese), so soll die Variable Heizung gesetzt werden, andernfalls nicht. Die-
selbe Funktionalität wird auch von dem in Abb. 17.5 beschriebenen ST-
Funktionsblock übernommen, wobei die Übersichtlichkeit des Funktionsblocks
durch die Sprache FBS wesentlich verbessert wird.
Es wurden bei diesem Beispiel Funktionsbausteine, Negierungen sowie Ein-
und Ausgänge verwendet. Negierungen sind an einem Kreis am jeweiligen Ein-
oder Ausgang eines Funktionsbausteins zu erkennen.
Analog zum FBS-Beispiel ist auch hier ein Deklarationsblock für Variablen
nötig. Dieser wird nicht explizit aufgeführt, da er dem Deklarationsblock aus
Abb. 17.5 entspricht.
592 17 Messdatenerfassung im Feld

AS-Beispiel:

Die Steuerung einer Fußgängerampel soll


in Anlehnung an [70] als Beispiel für die
Ablaufsprache dienen. Das zugehörige Bild
ist in Abb. 17.8 zu sehen. Die Steuerung
unterscheidet dabei folgende Zustände der
Fußgängerampel:
• Fahrbahn frei (Fahrzeuge dürfen pas-
sieren)
• Fahrbahn anhalten (Fahrzeuge sollen
anhalten)
• Straße räumen (Fahrzeuge sollen den
Ampelbereich verlassen)
• Fußweg frei (Fußgänger dürfen die
Straße überqueren)
• Fußweg räumen (Fußgänger sollen die
Straße verlassen)
• Fahrbahn vorbereiten (Fahrzeuge sol-
len sich auf das Anfahren vorbereiten)
In diesem Beispiel wurden Transitionen,
Aktionen und ein Sprung verwendet. Tran-
sitionen sind Übergangsbedingungen, die
das Fortschreiten von einem Schritt zum
nächsten steuern. In den meisten Fällen
des Beispiels heißt die Übergangsbedin-
gung Timer.Q, was den Ablauf einer be-
stimmten Zeit darstellt. Zu Beginn eines
jeden Schrittes wird ein Timer gestartet,
der nach dem Ablauf einer vorgegebenen
Zeit eine logische ‘1‘ liefert.
Der Ampelzyklus wird gestartet, indem
entweder ein Knopf gedrückt wurde oder
aber im Automatik-Modus eine bestimmte
Zeit verstrichen ist. Ist das Programm am
unteren Ende angekommen, so wird durch
den Sprung zu Fußweg raeumen der Zyklus
fortgesetzt.
Ein ‘E‘ in der linken unteren Ecke ei-
nes Schrittes zeigt eine vorhandene Ein-
gangsaktion, ein schwarzes Dreieck in der
Abb. 17.8. Beispiel eines AS- rechten oberen Ecke eine Schrittaktion
Programmes an, die fortlaufend ausgeführt wird solan-
ge der Schritt aktiv ist. Aktionen sind
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) 593

Programm- oder Funktionsaufrufe in einer der genormten Programmierspra-


chen. In diesem Beispiel werden in den Eingangsaktionen die Ampelwerte
(Rot, Gelb, Grün) gesetzt und in der Schrittaktion der Timer aufgerufen, um
den Wert der abgelaufenen Zeit aufzufrischen. Die Zustände der Ampelfarben
während der jeweiligen Schritte sind in Tab. 17.1 aufgeführt.

Tabelle 17.1. Farbtabelle der Ampeln des AS-Beispiels


Fahrzeugampel Fußgängerampel
Schritt Rot Gelb Grün Rot Grün
Fussweg raeumen 1 0 0 1 0
Fahrbahn vorbereiten 1 1 0 1 0
Fahrbahn frei 0 0 1 1 0
Fahrbahn anhalten 0 1 0 1 0
Strasse raeumen 1 0 0 1 0
Fussweg frei 1 0 0 0 1

Tip:
Auf der CD-ROM befindet sich eine Demoversion des Pro-
gramms CoDeSys zur Programmierung von Speicherpro-
grammierbaren Steuerungen. Das book.pdf-File enthält ei-
ne Einführung in die wichtigsten, hier verwendeten Elemente der SPS-
Programmierung sowie einige Aufgabenstellungen, die einen Einblick in
die unterschiedlichen Programmiersprachen geben. Dabei können SPS-
Programme erstellt und auf dem PC simuliert werden. Via Internet
können auch Programme auf eine am Lehrstuhl für Sensorik (Friedrich-
Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg) aufgebaute SPS geladen und
ausgeführt werden. Die erfolgreiche Programmierung dieser SPS kann
anhand von helligkeitsgesteuerten Lampen und LEDs mittels einer Web-
Cam beobachtet werden. Die Beispielprogramme befinden sich im Ver-
zeichnis \SPS_Codesys\Aufgaben.

17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren


Steuerungen (SPS)
17.2.1 Vernetzung von Speicherprogrammierbaren Steuerungen

Die durchgängige Vernetzung von meist dezentralen Steuerungseinheiten ist


ein wichtiger Trend in der Automatisierungstechnik. Die in der jüngeren Ver-
gangenheit entwickelten SPS-Controller bieten neben einer hohen Prozessor-
leistung vielfältige Möglichkeiten der Kommunikation über folgende wichtige
Standard-Schnittstellen bzw. Protokolle:
594 17 Messdatenerfassung im Feld

• http (Hypertext Transfer Protocol)


• GSM (Global System für Mobile Comunication) s. Kap. 18.10
• SMS (Short Message Services)
• TCP/IP (Transmission Control Protocol/Internet Protocol) s. Kap. 18
• ISDN (Intergrated Services Digital Network) s. Kap. 18.10

Im Folgenden sollen beispielhaft einige Kommunikationsformen anhand einer


SPS-Controller-Familie der Fa. WAGO aufgezeigt werden. Es handelt sich da-
bei um die Serie 750, zu der verschiedene Controller angeboten werden [193].
Die Controller (s. Abb. 17.9) unterscheiden sich einerseits bezüglich der Feld-
busschnittstelle, die sie zur Verfügung stellen, und andererseits in Bezug auf
die interne Speichergröße sowie die Leistungsfähigkeit des eingebauten Pro-
zessors. Als mögliche Feldbusanschlüsse werden beispielsweise der CAN-Bus,
der PROFIBUS/DP, der Interbus, der LON-BUS oder auch der MODBUS
angeboten. Daneben gibt es den Controller in Ausführungen mit ETHER-
NET TCP/IP-Anschluss, wie z. B. das in Abb. 17.9 gezeigte Modell 750-841.
Die neuere Variante 750-881 stellt 2 RJ 45-Buchsen für den ETHERNET-

Abb. 17.9. Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) der Fa. WAGO [193]. Der
SPS-Controller enthält einen integrierten Webserver.
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) 595

Anschluss bereit. Er arbeitet mit höheren Taktfrequenzen und größeren Spei-


chern (Programmspeicher = 1 MByte, Datenspeicher = 512 kByte und Re-
manentspeicher = 32 kByte). Daneben enthält er einen internen Switch für
die Vernetzung in Linientopologie. Dadurch können unter Umständen sogar
separate Switches im Netzwerk eingespart werden. Die IP-Adresse lässt sich
über DIP-Schalter einstellen.

1. Fernwartung über eine Telefon-Modemverbindung


Die serielle Service-Schnittstelle des Controllers erlaubt in Verbindung
mit einer entsprechenden Kommunikationstreibersoftware den Aufbau ei-
ner transparenten Modemverbindung. Dazu können sowohl analoge als
auch digitale (ISDN und GSM) Telefon-Modems zum Einsatz kommen.
Auf diese Weise lässt sich eine kostengünstige Fernüberwachung der SPS
realisieren. Es ist jedoch zu überprüfen, inwieweit geeignete Kommunika-
tionstreiber zum aktuell verwendeten Controller verfügbar sind.

2. Datenaustausch über ein LAN-Modem


Bei Verwendung eines LAN-Modems, das im Besonderen auch ein ISDN-
Router mit LAN-Anbindung sein kann (entspr. dem Gateway in Abb. 20.1),
erfolgt der Zugriff auf den SPS-Controller via seiner Ethernet-Schnittstelle
wie in einem lokalen Netzwerk auf transparente Weise. Diese Vernetzungs-
variante ermöglicht die komfortable Fernwartung, die Programmierung
sowie die Steuerung bzw. Beobachtung der SPS von einem PC aus, der
sich an einem beliebigen Standort befinden kann. Dabei lassen anwen-
dungsspezifische Programme, die auf dem MODBUS-TCP-Protokoll oder
Ethernet/IP (Ethernet Industrial Protocol) aufsetzen, den direkten Zu-
griff auf Datentransfer-Routinen zu.
Auf diese Weise ist auch eine direkte Anbindung an SCADA (=
System (Survey/Supervisory) Control and Data Acquisition)
möglich. SCADA bezeichnet eine Software-Kategorie, die der Datenauf-
nahme, der Prozesssteuerung und der Prozessvisualisierung dient. Der Be-
griff SCADA-System wird häufig als Synonym für Leitsystem verwendet,
obgleich das letztgenannte sicherlich wesentlich weitreichendere Funktio-
nalität aufweist. Die Anbindung an SCADA erfolgt in der Regel wiederum
über MODBUS-TCP-Treiberroutinen, mittels derer direkter Zugriff auf
die Prozessdaten besteht.

3. Kommunikation via Short-Message-Service (SMS)


Das Versenden einer SMS (Short-Message-Service) seitens einer SPS auf
ein bestimmtes Mobiltelefon eignet sich besonders zum Alarmieren ei-
nes Servicetechnikers in Bereitschaft. Eine Störmeldung wie “Notabschal-
tung/Überhitzungsgefahr” lässt sich problemlos auf ein gewöhnliches Mo-
biltelefon übertragen. Der Text kann variiert und sogar mit aktuellen
Prozessdaten versehen werden. Das Versenden von SMS-Nachrichten er-
folgt immer über das Short-Message-Service-Center (SMSC) des jeweili-
596 17 Messdatenerfassung im Feld

gen Netzbetreibers. Controller und SMSC können sowohl über GSM als
auch über das Festnetz (ISDN oder analog) kommunizieren.
Der SMS-Versand über ein GSM-Modem, gegebenenfalls ein Han-
dy mit Datenkabel, bietet besonders für an abgelegenen Standorten ar-
beitende Controller vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Für den Anschluss
des GSM-Modems wird eine entsprechende Busklemme mit einer seriellen
Schnittstelle in den Klemmenverband integriert.
Ein mit einem GSM-Modem verbundener Controller kann auch SMS-
Nachrichten empfangen und auswerten. Entsprechend programmiert, kann
der Controller in dieser Konfiguration den Empfang und die korrekte
Ausführung eines Befehls sogar bestätigen. Die Kommandos werden in
Form von benutzerdefinierten Funktionen zusammengefasst. Damit steht
eine weitere Variante der Fernbedienung zur Verfügung, die z. B. für die
gebäudetechnische (Fern-)Steuerung eines Einfamilienhauses interessant
ist.

4. SPS mit integrierten Webservern


Der neueste Trend der vernetzten Kommunikation mit einer SPS zielt in
Richtung der vollständigen und komfortablen Einbindung der SPS in ein
Intranet. Dazu werden die SPS-Controller, wie z.B. der Controller 750-841
(842) der Fa. WAGO, mit einem integrierten Webserver ausgestattet; d. h.
der Webserver ist direkt in der Firmware des Controllers implementiert.
In Verbindung mit einer schnellen Ethernet-Schnittstelle (100 MBit/s)
on Board ist die schnelle Datenübertragung mittels TCP/IP-Protokoll
möglich. Darüberhinaus erlaubt der Webserver neben der Konfigurati-
on und Diagnose der Anlage auch die freie Gestaltung eigener HTML-
(Hypertext Markuplanguage) Seiten mit vollem Zugriff auf die Pro-
zessdaten. So ist es dem Anwender möglich, per (Standard-) Webbrowser
auf die SPS zuzugreifen, um beispielsweise Statusinformationen abzuru-
fen.
Die Abb. 17.10 zeigt die Statusinformationen einer modernen SPS
bezüglich der Seriennummer des verwendeten Controllers, der Versions-
nummer seiner aktuell geladenen Firmware und seiner Gateway Adresse.
So lassen sich nun auf einem beliebigen PC ohne spezielle Visualisierungs-
software oder Spezialprogramme Prozessdaten übersichtlich darstellen. Es
ist lediglich einer der Standard-Webbrowser erforderlich. Die vom Anwen-
der definierten HTML-Seiten lassen sich mit handelsüblichen Software-
tools entwerfen und per FTP (File Transfer Protocol) auf den Controller
übertragen. Der Zugriff auf die Prozessdaten erfolgt dabei über spezielle
Tags, die vom Webserver des Controllers ausgewertet werden.
Auch das Versenden von E-Mails von einem bzw. an einen SPS-
Controller ist damit möglich. Das Versenden von E-Mails, ob im Intranet
oder im Internet, erfolgt immer über einen Mail-Server. Als Protokoll wird
das Simple-Mail-Transfer-Protocol (SMTP) verwendet. Die Empfänger
holen ihre Nachrichten über das Post-Office-Protocol-3 (POP3) aus ih-
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) 597

Abb. 17.10. Webseite, mit der sich der SPS-Controller bei Aufruf seiner IP-Adresse
meldet. Die Seite zeigt wichtige Informationen, wie z. B. die Seriennummer des Con-
trollers, die Versionsnummer seiner Firmware und seine Gateway-Adresse. Unter der
IP-Adresse 131.188.140.217 kann der Leser die interne Webseite einer am Lehrstuhl
für Sensorik [103] befindlichen SPS aufrufen.

rem Postfach ab. Gesteuert wird der Mail-Client über den Aufruf von
Funktionsbausteinen in einem IEC 61131-Programm (s. Kap. 17.1.6).

Mit den oben besprochenen Vernetzungsarten einer SPS bieten sich auch neue
Möglichkeiten der Visualisierung, die im folgenden Abschnitt behandelt wer-
den.

17.2.2 Visualisierung von SPS-Daten und -Prozessen

Die Möglichkeiten, die eine moderne SPS in Verbindung mit geeigneter Soft-
ware heute bietet, sollen wiederum an einem konkreten Produkt aufgezeigt
werden. Es werden hier im Speziellen die Visualisierungsmöglichkeiten der
CoDeSys-Programmierumgebung [36] in Verbindung mit dem WAGO-IO-
System aufgezeigt. Es sei an dieser Stelle aber betont, dass sehr wohl auch
alle anderen namhaften Hersteller von Speicherprogrammierbaren Steuerun-
gen bzw. entsprechender Software vergleichbare Produkte in ihrem Portfolio
haben. Von einer über Herstellergrenzen hinweg durchgängigen Kompatibi-
lität bezüglich der hier diskutierten Visualisierungsmöglichkeiten ist allerdings
beim derzeitiger Stand noch nicht auszugehen.
598 17 Messdatenerfassung im Feld

Die Visualisierung von Prozessen dient einerseits dem Beobachten des


Prozesses und andererseits seiner Steuerung. So kann beispielsweise der Füll-
stand eines Tanks auf folgende Arten visualisiert werden:
• in Textform, z. B. Füllstand: 100 Liter,
• als Balkendiagramm,
• als Vollgraphikanzeige, z. B. Darstellung des Tanks mit animierter Füll-
standsanzeige.
Zur Steuerung stehen ebenfalls unterschiedliche Elemente zur Verfügung, bei-
spielsweise:

• Schalter “EIN/AUS” mittels Button


• Sollwert in numerischer Eingabe
• graphischer Schieberegler zum Einstellen eines Sollwertes.

Visualisierung mittels Panel

Zur Visualisierung kann ein Panel (= Bildschirm, der optional mit Bedienele-
menten ausgestattet ist) über RS 232- bzw. RS 485-IO-Module oder auch über
die Feldbusschnittstelle angeschlossen werden (Abb. 17.11).
Protokolle, mit denen Panels beispielsweise an das WAGO-IO-System an-
geschlossen werden können, sind MODBUS, CAN-open und SIEMENS 3964
R/RK512. Die Erstellung der auf dem Panel erscheinenden Bilder hat mit
einer geeigneten Software des Panelherstellers zu erfolgen.
Die Technik der Panels hat sich in den letzten Jahren rasant weiterent-
wickelt. So werden heute des öfteren hochauflösende Touch-Panels verwendet,
die eine einfache Bedienung per Fingerdruck auf graphisch dargestellte But-
tons zulassen. Die Rückmeldungen des Systems sind audiovisuell. Jüngst ist ei-
ne Touch-Panel-Technologie hinzugekommen, die dem Benutzer eine haptische
Rückmeldung geben [172], d. h. der Prozessstatus und weitere Informationen

Visualisierung auf Panel SPS mit Datenquelle


Bildaufbereitung

a) Feldbus
b) Serviceschnittstelle
c) RS232- oder RS485-IO-Modul
Abb. 17.11. SPS-Prozess-Visualisierung mittels Panel. Die unter a), b) und c)
angeführten Schnittstellen sind alternativ verwendbar.
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) 599

können auf dem Touch-Panel per Tastsinn der Finger gefühlt werden. Dazu
wird die Oberfläche des Panels gezielt mit mechanischen Wellen, insbeson-
dere in Form von kurzen Stößen, angeregt [160]. Diese Körperschallanregung
erfolgt mit Hilfe von piezoelektrischen Wandlern.

Visualisierung mittels PC

Zur Visualisierung des SPS-Prozesses auf einem separaten PC muss ein spezi-
elles Programm implementiert werden, welches die Prozessdaten von der SPS
holt und die graphische Aufbereitung vornimmt. Solche Programme kennen
u. a. einen Entwicklungsmodus zur Erstellung der Bilder und einen Runtime-
modus zur Darstellung derselben während des Betriebes. Dabei hängt der
Aufwand für die Erstellung der Bilder sehr wohl vom verwendeten Produkt
ab.
Vorteilhafterweise wird hier eine Software eingesetzt, bei welcher der o. g.
Entwicklungsmodus bereits Bestandteil des SPS-Programmiersystems ist, wie
z. B. beim CoDeSys SPS-Programmiersystem [36]. Für den Runtimemodus
ist allerdings ein separates, unter dem Produktnamen CoDeSys-HMI vertrie-
benes, Programmpaket notwendig. Die Anbindung der SPS erfolgt über die
Standardschnittstellen, wie z. B. Ethernet oder einen Feldbus.

Target-Visualisierung

Von Target-Visualisierung spricht man, wenn die Visualisierungssoftware di-


rekt auf dem Zielsystem (= Target), d. h. direkt auf dem SPS-Controller,
abläuft (Abb. 17.12).
Vorteilhaft ist dabei, dass die Zusatzkosten für einen separaten PC entfal-
len. Bei Verwendung von CoDeSys-Software können die in der SPS-Program-
mierumgebung erstellten Bilder direkt auf den SPS-Controller geladen wer-
den. Dies setzt einen entsprechenden Controller voraus, der dann die Target-
Visualisierung unterstützt. Die Verwendung eines Touch-Panels anstatt Maus
und Bildschirm ist vorgesehen, derzeit aber noch nicht realisiert.

Web-Visualisierung

Unter der Web-Visualisierung eines SPS-Prozesses versteht man die graphi-


sche Darstellung der SPS-Statusinformationen sowie der Prozessdaten mit
Hilfe eines Standard-Webbrowsers, wie z. B. Opera, Internet-Explorer oder
Mozilla (FireFox). Diese Form der Visualisierung ist prinzipiell unabhängig
vom verwendeten Betriebssystem und basiert auf den gängigen Standards
graphischer Darstellungen im World Wide Web. Mit der Verbreitung des In-
ternets sowie des Ethernets mit TCP/IP-Protokoll in der Automatisierungs-
technik gewinnt auch die webbasierte Visualisierung im SPS-Bereich rasch an
Bedeutung. Damit wird auch die kostengünstige Implementierung von örtlich
verteilten Bedien- und Beobachtungssystemen für den Bereich der Automati-
on möglich.
600 17 Messdatenerfassung im Feld

Visualisierung auf dem Bildschirm

SPS mit Datenquelle


+ Bildaufbereitung

Digital Visual
Interface (DVI)

Abb. 17.12. Target-Visualisierung auf einem direkt an die SPS angeschlossenen


Bildschirm

Neben dem Webbrowser, der im Wesentlichen der graphischen Darstellung


dient, benötigt man einen Webserver, der die Daten aufbereitet und die
Kommunikation mit den Webbrowsern vornimmt. Der verwendete Sprach-
umfang ist dabei HTML und Java-Script. In Abhängigkeit des verwendeten
Sprachumfangs lassen sich Anzeigeelemente wie Buttons, Tabellen, statische
oder animierte Graphiken in der Darstellung verwenden. Dabei muss der
Webserver Zugriff auf den SPS-Controller samt seiner Daten und die I/O-
Module der SPS haben.

Für die Platzierung des Webservers gibt es im Wesentlichen drei Möglich-


keiten:
1. Webserver in SPS-Controller integriert
Ein Beispiel für diese Form der Web-Visualisierung ist der bereits oben
erwähnte WAGO-Controller 750-841 (842), bei dem ein entsprechender
Webserver bereits in der Firmware implementiert ist. Dieser Controller
bietet auch die Möglichkeit, Werte des Prozessabbildes der I/O-Klemmen
direkt zu lesen. Abbildung 17.13 zeigt mögliche Varianten der Web-
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) 601

SPS mit Datenquelle 1. Visualsierung mit 2. Visualisierung mit


+ Bildaufbereitung (Webserver) Webbrowser auf PDA Webbrowser auf PC

Ethernet mit TCP / IP


WWW

Abb. 17.13. Visualisierung mit Webbrowser auf PDA oder PC; Webserver in SPS-
Controller integriert

Visualisierung mit Hilfe von separaten PCs bzw. PDAs (PDA = Personal
Digital Assistant).
Der Aufwand zur graphischen Darstellung hängt auch hier in hohem Maße
von der verwendeten Entwicklungsumgebung ab. So erlaubt beispielsweise
die SPS-Programmierumgebung CoDeSys mit ihrem neuesten Release die
Verwendung eines integrierten Visualisierungseditors in Verbindung mit
dem o. g. WAGO-Controller.

2. Webserver in separatem SPS-Modul


Verschiedene SPS-Hersteller implementieren den Webserver in einem vom
Controller getrennten Modul, das separat über TCP/IP an das Ethernet
angebunden ist.

3. Webserver auf PC
Die Webserver-Software kann auch auf einem separaten PC ablaufen. Da-
zu ist die Kommunikation zwischen der SPS und diesem PC über ei-
ne Standardschnittstelle, wie z. B. einem Feldbus, sicherzustellen. Dabei
sammmelt der PC die Daten der SPS, erzeugt die Graphiken und stellt
diese als HTML-Seiten im Netz zur Verfügung.

Hinweis
Lesern, die sich über aktuelle Entwicklungen auf dem SPS-Sektor informieren
möchten, sei die Zeitschrift SPS Magazin, Zeitschrift für Automatisie-
rungstechnik (www.sps-magazin.de) empfohlen.
602 17 Messdatenerfassung im Feld

17.2.3 Linux-basierte Speicherprogrammierbare Steuerungen

Im Bereich der Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) gibt es einen


neuen Trend, der u. a. auf die rasante Ausbreitung des Open-Source-Betriebs-
systems Linux in der Automatisierungstechnik zurückzuführen ist. So kommen
in der jüngsten Zeit SPS-Controller auf den Markt, die mit einem Linux-
Betriebssystem arbeiten. Eine dieser neuen Controller-Familien ist die Serie
PFC100/PFC200 der Fa. WAGO (siehe Abb. 17.14).

Abb. 17.14. WAGO-SPS-Controller PFC200 für Linux-Betriebssystem

Sie basiert auf der Cortex A8-Prozessorarchitektur und ist kompatibel zu al-
len bisherigen Steuerungen und Modulen des WAGO-SPS-Systems 750. An
diesen Controllern können alle bisherigen SPS-Klemmen der Standard-SPS-
Serie 750 angesteckt und betrieben werden. Mit Hilfe der Codesys-Version
3.x lassen sich Automatisierungsprojekte auf der Basis der Standard-SPS-
Programmiersprachen gemäß IEC 61131-3 durchführen. Gegenüber der klassi-
schen SPS-Linien der Controller 750-840...880 resultieren aus der PFC100/200-
Serie verschiedene Vorzüge.
Die Standard-SPS-Software-Module gemäß IEC 61131-3 lassen sich mit
Hilfe des Linux-Betriebssystems ohne größeren Aufwand in eine komplexe
Softwareumgebung einbetten. Zum Beispiel lassen sich unter Linux ablauffähi-
ge Graphik- und Visualisierungstools verwenden, um moderne MMIs (Man
Machine Interface) zu realisieren. Die in Linux leicht zu handhabende Ver-
schlüsselungstechnologie TSL 1.2 (Transport Layer Security) kann dazu ver-
wendet werden, IPsec oder Open-VPN-Verbindungen zu implementieren. Eine
standardmäßige integrierte Firewall bietet Schutz vor unerlaubten Zugriffen.
Desweiteren gestattet die Linux-Umgebung das komfortable Einbinden von
Modulen, die in nicht SPS-Programmiersprachen programmiert wurden, wie
C oder C++.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass mit den neuen SPS-
Controllern, die mit dem Linux-Betriebssystem betrieben werden, der vollin-
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) 603

tegrierte Anschluss der SPS-Welt an die weitreichenden und leistungsfähigen


Standards der PC-Welt im Sinne eines integrierten Engineerings geschaffen
wird.

17.2.4 SPS-Spezialklemmen

3-Phasen-Leistungsmessung mittels SPS

In der jüngeren Vergangenheit erweitern die Hersteller von speicherprogram-


mierbaren Steuerungen ihr Produktportfolio in erheblichem Umfang und zwar
um Klemmenbausteine, die komplexe Spezialaufgaben eigenständig erledigen,
ohne dabei den Controller selbst nennenswert zu belasten.
Besonders interessant erscheinen in diesem Zusammenhang neue Spezi-
alklemmen für die Leistungsmessung im 3-Phasen-Energieversorgungsnetz.
Als Beispiele seien hier die 3-Phasen-Leistungsmessklemmen KL3403 der
Fa. Beckhoff [19] und die äquivalente Leistungsmessklemme 750-495 der Fa.
WAGO [193] (Abb. 17.15) genannt. Diese Klemmen messen alle für das Ener-
gieversorgungsnetz relevanten Größen. Dazu werden den Klemmen die 3 Lei-
terspannungen UL1 , UL2 , UL3 sowie das Potential des Neutralleiters N zu-
geführt. Die Leiterströme der 3 Phasen IL1 , IL2 und IL3 sowie eventuell IN
werden mit Hilfe von Stromwandlern umgesetzt und den Klemmen ebenfalls
zugeführt (Abb. 17.15).

Bremse Motor

Stromwandler

SPS
Netzteil

SPS SPS
Controller Leistungsmesskarte

Abb. 17.15. 3-Phasen-Leistungsmessung an einem unter Last stehenden Motor


mittels SPS-Spezialklemme
604 17 Messdatenerfassung im Feld

Die Leistungsmessklemme verarbeitet diese Eingangssignale und liefert fol-


gende Ergebnisgrößen:
• Wirk-, Blind- und Scheinleistung
• Energieverbrauch
• Phasenwinkel, Leistungsfaktor und Netz-Frequenz
• Signale für Überschreiten und Unterschreiten von vorgewählten Grenzwer-
ten von Spannung und Strom
• Oberschwingungsanalyse bis zur 42. Harmonischen

Die Zuführung von Spannungs- und Stromleitungen geschieht idealerweise


über einen Spezialklemmenblock, der die Stromwandler beim Auftrennen se-
kundärseitig (zur SPS Klemme hin) kurzschließt, damit die Stromwandler
keinen Schaden nehmen.
Für den Fall, dass der Strom auch im Neutralleiter gemessen wird, können
Leckströme im System entdeckt werden. Geeignete SPS-Software-Bausteine
stellen die o. g. Daten bereit und liefern außerdem auch eine 4-Quadranten-
Darstellung, an Hand derer leicht erkennbar ist, ob die Last induktiv oder
kapazitiv ist bzw. ob es sich um einen Leistungsverbraucher oder um einen
Leistungserzeuger (Generator) handelt (siehe Bild 17.16).

Abb. 17.16. Graphisches Interface für SPS-Leistungsmessklemme der Fa. WAGO

Mit Hilfe der o. g. SPS-Klemmen lassen sich in Verbindung mit den von
den Herstellern bereitgestellten Programmbausteinen kleinere Energieversor-
gungsnetze bzw. auch einzelne Verbraucher, wie elektrische Maschinen, sehr
gut überwachen und die genauen Daten protokollieren und auswerten.
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) 605

17.2.5 EnOcean-Funkempfänger-Busklemmen

Mit Hilfe der von der Fa. EnOcean entwickelten Funktechnologie lassen sich Si-
gnale von energieautark arbeitenden (ohne Batterie) Sensoren, Schaltern und
Tastern Signale empfangen bzw. Befehle und Signale an Aktoren übertragen
[48]. Dies erlaubt die Anbindung von Sensoren und Aktoren ohne aufwändi-
ge Verdrahtung. Um eine Einbindung von speicherprogrammierbaren Steue-
rungen zu ermöglichen, haben SPS-Hersteller wie Beckhoff und WAGO die
Klemmen KL658x (Beckhoff) und 750-642 (WAGO) entwickelt. Mit Hilfe die-
ser Hardware-Klemmen und geeigneter Software-Funktionsbausteine lassen
sich selbst komplexe Sensor-Aktornetzwerke auf einfache Weise schnell im-
plementieren. Die eindeutige Kennung der einzelnen Funk-Sensoren und -Ak-
toren erfolgt durch eine fixe, einmalig bei der Fertigung vergebene Adres-
se (der Adressbereich umfasst 4 ·109 Adressen). Die Funkfrequenz beträgt
868,3 MHz. Die typ. erzielbare Reichweite wird innerhalb von Gebäuden mit
ca. 30 m angegeben. Eigene praktische Tests haben jedoch ergeben, dass es
sich dabei im Allgemeinen um einen in positiver Weise abgeschätzten Wert
handelt.
Die EnOcean-Funktechnologie wird heute vor allem im häuslichen Be-
reich für Smart-Home-Lösungen eingesetzt, da man sich gerade im Bestand
nachträgliche Aufbrüche für die Sensor-Aktor-Zuleitungen ersparen möchte.
Es muss allerdings in diesem Zusammenhang erwähnt werden, dass das
EnOcean-Funkprotokoll keine Verschlüsselung vorsieht, so dass es nicht den
höchsten Sicherheitsstandards genügt.

Weitere Klemmen mit Funkanbindung

Neben der oben beschriebenen EnOcean-Funkklemme gibt es weitere Funk-


klemmen, die seitens der SPS-Hersteller angeboten werden. So stellt WAGO
beispielsweise die Bluetooth-Funkklemme 750-640 bereit. Diese ist kompa-
tibel zum Bluetooth-Funkstandard 2.0, der das ISM-Band bei 2,4 GHz nutzt.
Die Interoperabilität zu Bluetooth-Geräten anderer Hersteller ist über die
Standard-Bluetooth-Profile PAN (Personal Area Networking Profile) und SPP
(Serial Port Profile) gegeben.
Beckhoff stellt mit der SPS-Klemme KM6551 eine Funklösung auf der
Basis des IEEE-Funk-Standards 802.15.4 zur Verfügung. Die Klemme arbei-
tet also im 2,4 GHz-Funkband. Es handelt sich allerdings im Konkreten um
ein proprietäres Funkprotokoll, das auf DSSS basiert. DSSS steht für Direct
Sequence Spread Spectrum, wobei hier max. 16 unabhängige Funkkanäle zeit-
gleich betrieben werden können.
In Ergänzung gibt es dazu von Beckhoff einen industrietauglichen WLAN-
Controller (CU8890), der nach dem offenen WLAN-Standard IEEE 802.11b/g
arbeitet. In Verbindung mit einem USB-Anschluss an einen Industrie-PC kann
das Modul sowohl als Access-Point als auch als Client arbeiten.
606 17 Messdatenerfassung im Feld

Die Klemme kennt folgende 3 Betriebsmodi:


1. Peer-to-Peer: Es kommunizieren zwei eigenständige Steuerungen bidi-
rektional miteinander und tauschen zyklisch 10-Byte-Datenblöcke aus.
2. Stern: Hier kommuniziert ein Master unidirektional mit bis zu 7 Slaves,
wobei die Slaves vom Master direkt adressiert werden.
3. Broadcast: In diesem Modus sendet der Master unidirektional an alle
Slaves. Diese werden aber nicht wie unter 2. einzeln adressiert. Dafür
können beliebig viele Slaves mithören“ .

Bei gleichzeitigem Betrieb von mehreren Funksystemen im 2,4 GHz-Band
(2,400 GHz bis 2,4835 GHz) müssen sich diese auf entsprechende Kanalbe-
legungen einigen, sonst kommt es zu Störungen im Funkbetrieb.

17.3 Einplatinen-Computer
In den letzten Jahren haben sogenannte Einplatinen-Computer ein nennens-
wertes Marktsegment der IT-Branche eingenommen. Es handelt sich dabei
um komplett eigenständig lauffähige Mini-Computer, bei denen alle Kompo-
nenten, die zum Computerbetrieb erforderlich sind, auf einer kleinen Print-
platine untergebracht sind. Die Fläche dieser Platine ist in aller Regel klei-
ner als 1 Quadratdezimeter. Die durchschnittlichen Kosten für einen solchen
Einplatinen-Computer liegen im Bereich 30,- bis 50,- EUR. Um das System zu
komplettieren, ist noch ein Netzteil, eine SD-Speicherkarte sowie, je nach Art
der Verwendung, ein externes Display und eventuell eine Tastatur bzw. eine
Maus notwendig. Da für reine Steuerungsaufgaben die letztgenannten Kom-
ponenten entfallen können, handelt es sich bei diesen Einplatinen-Computern
um einen sehr kostengünstigen Controller, der in der Mess- und Automati-
sierungstechnik als Embedded Computer äußerst vielfältig eingesetzt werden
kann.
Derzeit beliebte Einplatinen-Computer sind:
• Raspberry Pi
• Orange Pi
• Banana Pi
• Arduino
• Cabieboard
• BeagleBone Black
• Odroid C1
Als Betriebssysteme sind vor allem Linux- und Windows-Derivate im Ge-
brauch:
• Ubuntu
• Debian
• Raspbian
17.3 Einplatinen-Computer 607

• Win 10 IoT
• OpenELEC
Auf der Platine sind auch die zur Kommunikation mit der Außenwelt notwen-
digen Schnittstellen vorhanden. In Abhängigkeit des jeweiligen Einplatinen-
Computers sind dies folgende Schnittstellen:
• USB
• Ethernet (u. U. WLAN)
• SATA
• General Purpose I/O (GPIO) (s. u.)
• SPI, CSI DSI, RS232, RS485
• I2 C
• HDMI
• Bluetooth
Welche der o. g. Schnittstellen konkret auf der Platine vorhanden sind, muss
den jeweiligen Produktbeschreibungen entnommen werden. Beim Raspber-
ry Pi beispielsweise sind dies: USB, Ethernet (100 MBit/s), Bluetooth, HDMI,
Audio-Ausgang, CSI (Camera Serial Interface) und DSI (Display Serial Inter-
face) und ein 26-poliges Interface für GPIO. Der Raspberry Pi3 basiert auf
einem leistungsfähigem ARMv8 64-Bit-Prozessor, der standardmäßig mit ei-
ner Taktrate von 1,2 GHz arbeitet.

17.3.1 Einplatinen-Computer in der Mess- und


Automatisierungstechnik

Aufgrund ihrer Kompaktheit (eine einzige Platine mit wichtigen Schnittstel-


len), ihrer Leistungsfähigkeit (leistungsfähige Prozessoren), ihrer geeigneten
Architekturen für die Verwendung von Standardbetriebssystemen (z. B. Li-
nux) sowie ihrer geringen Kosten sind Einplatinen-Computer für einfache
Aufgaben in der Mess- und Automatisierungstechnik prädestiniert. Für ih-
re diesbezügliche Verwendung gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten:
1. Verwendung des Einplatinen-Computers als Standalone-System
2. Verwendung des Einplatinen-Computers in Verbindung mit Zusatzplati-
nen, die spezielle Aufgaben im Bereich der Automatisierung übernehmen.
Diese beiden Wege sollen im Folgenden anhand des Raspberry Pi (2 bzw. 3)
und geeigneter Zusatzmodule erläutert werden.

Einplatinen-Computer als Standalone-System

Wird nur der Raspberry Pi allein eingesetzt, ist man auf die auf der Platine
bereits vorhandenen Hardware-Schnittstellen angewiesen. Für Kommunika-
tionsaufgaben können dabei vor allem das Ethernet-LAN mit seiner maxima-
len Datenrate von 100 MBit/s und das USB-Interface verwendet werden. Noch
608 17 Messdatenerfassung im Feld

wichtiger aber ist das auf der Platine ebenfalls vorhandene 26-polige Stecker-
interface für den sog. General Purpose Input/Output (GPIO). Über dieses
Interface können mittelbar Steuersignale von außen aufgenommen bzw. auch
dorthin abgegeben werden.
Die 26 I/O-Leitungen lassen sich in vier Gruppen einteilen:
1. Betriebsspannungen +3,3 V und 5,0 V sowie Masse (insgesamt 9 Leitun-
gen)
2. Serielle Busse (mit insgesamt 9 Leitungen):
SPI (5 Leitungen)
I2 C (2 Leitungen) (MOSI, MISO, SCLK, CS0 und CS1)
UART (2 Leitungen) (TxD und RxD)
3. PWM-Ausgang (PWM=Puls-Weiten-Modulation)
Es kann ein pulsweitenmoduliertes Digital-Signal zur Steuerung von Hard-
ware-Komponenten ausgegeben werden. Als zeitliche Unsicherheit (Time-
jitter) kann unter praktischen Umständen ca. 1 μs erreicht werden.
4. Allgemeine I/Os:
Die restlichen 7 Pins können sowohl als Eingang als auch als Ausgang
benutzt werden. Es dürfen Spannungen zwischen 0 V und +3,3 V angelegt
werden bzw. werden im Falle von Ausgängen seitens des Raspberry Pi
geliefert. Die Eingänge müssen gegen Überspannungen (> 3,3 V) geschützt
werden.

Einplatinen-Computer mit Zusatzplatinen

In der letzten Zeit sind im großen Umfang Zusatzplatinen für Einplatinen-


Computer entwickelt worden, die zu günstigen Preisen kommerziell erhältlich
sind. Beispielhaft für diese Zusatzplatinen soll hier das Modul PiXtend [143]
beschrieben werden. Das PiXtend-Modul ist speziell für den Raspberry Pi
entwickelt worden. Es stellt Standard-Hardware-Schnittstellen für die Mess-
und Automatisierungstechnik bereit.
Außerdem erlaubt es in Verbindung mit der SPS-Programmier-Software
CoDeSys 3.x (s. Abschnitt 17.2.1) eine Simulation von speicherprogrammier-
baren Steuerungen (SPS). Auch wenn auf diese Weise kein vollwertiger Ersatz
für eine SPS gegeben ist, so kann PiXtend zumindest für Schulungen im SPS-
Bereich dienen. Die Verbindung zum Raspberry Pi erfolgt über die oben be-
schriebene 26-polige Steckerleiste des Raspberry Pi GPIO-Interfaces. Es ist zu
erwähnen, dass die GPIO-Anschlüsse GPIO05, GPIO06, GPIO12, GPIO16,
GPIO20, GPIO21, GPIO25 und GPIO26 für den Anschluss des PiXtend-
Boards nicht verwendet werden.

Schnittstellen des PiXtend-Moduls


Das Pixtend-Modul (s. Abb. 17.17) stellt folgende Schnittstellen zur Verfügung:
17.3 Einplatinen-Computer 609

Abb. 17.17. PiXtend-Modul: Zusatzplatine für den Raspberry Pi-Einplatinen-


Computer zur Erweiterung seiner Funktionalität bezüglich analoger und digitaler
Schnittstellen

• Serielle Schnittstelle RS232


Es wird das serielle Standard-Interface RS232 (s. Kap. 16.1) zur Verfügung
gestellt. Dieses kann bei Bedarf mit Hilfe eines Schnittstellenkonverters (s.
Kap. 17.9) in ein USB-Interface umgesetzt werden. Die maximale Über-
tragungsgeschwindigkeit beträgt 120 kBit/s.
• Serieller Bus RS485
Die eben beschriebene RS232-Schnittstelle wird in einen RS485-Bus-In-
terface (s. Kap. 16.3) umgesetzt, wenn der GPIO-Pin 18 des Raspber-
ry Pi auf bzw. 1“ bzw. high“ geschaltet wird. Da diverse Feldbusse
” ”
auf RS485 basieren, können diese (z. B. PROFIBUS (s. Kap. 17.10.4) oder
auch MODBUS) implementiert werden. Die maximale Übertragungsrate
beträgt 2,5 MBit/s. Es ist nur Halb-Duplex-Betrieb (s. Kap. 16.3), also
kein gleichzeitiges Senden und Empfangen von Daten, möglich.
• CAN-Bus
Es wird ein CAN-Bus-Interface (s. Kap. 17.10.2) gemäß der Norm CAN
2.0B zur Verfügung gestellt. Die maximale Übertragungsrate beträgt
1 MBit/s. Es ist allerdings zu beachten, dass entweder nur der CAN-Bus
oder der DAC (Digital-Analog-Converter) zu einem bestimmten Zeitpunkt
betrieben werden kann, aber nicht beide gleichzeitig, da sie sich einen CS-
Eingang (Chip-Select-Eingang) teilen.
• I2 C-Bus
PiXtend stellt ein I2 C-Bus (s. Kap.16.5) mit 5 V-Spannungspegel zur Ver-
fügung. Damit können auf einfache Weise Sensoren mit I2 C-Interface an-
geschlossen werden.
• Digitale Ein- und Ausgänge
Es stehen 8 Digitaleingänge zur Verfügung, wobei sich verschiedene Span-
nungspegel einstellen lassen, z. B. 5 V-TTL-Pegel, 3,3 V-CMOS-Pegel, 12 V-
Pegel und 24 V-SPS-Pegel. Weiterhin stellt PiXtend 6 Digital-Ausgänge
bereit. Dabei können Spannungen bis 30 V und Ströme bis 3 A geliefert
610 17 Messdatenerfassung im Feld

werden. Diese Ausgänge sind kurzschlussfest. Die maximale Schaltleistung


ist von der gewählten Spannung abhängig und beträgt beispielsweise 72 W
bei 24 V-Spannungspegel.
• Relais-Ausgänge
Es gibt 4 Relais-Ausgänge, die potentialfreies Schalten von DC- und AC-
Lasten ermöglichen, und zwar bis zu Leistungen von 1380 W bei 230 V.
• GPIOs
Es stehen 4 General Purpose I/Os zur Verfügung, die sich per CoDeSys-
Software konfigurieren lassen, entweder als digitaler Input oder als digitaler
Output. Der Spannungspegel beträgt 5 V.
• Analoge Ein- und Ausgänge
Es stehen folgende Eingänge zur Verfügung:
– 2 Spannungseingänge (0...5 V bzw. 0...10 V)
– 2 Stromeingänge (0...20 mA).
Die angeschlossenen Analog-Digital-Converter (ADCs) haben eine Auf-
lösung von 10 Bit und benötigen 100 μs für eine AD-Umsetzung, was
einer max. Abtastrate von 10 kHz entspricht. Es gibt 2 analoge Spannungs-
Ausgänge mit einem Hub von 0...10 V. Die Amplitudenauflösung der
Digital-Analog-Converter (DACs) beträgt wie beim ADC 10 Bit, d. h. die
Ausgangsspannung lässt sich in Stufen von ca. 10 mV verändern.
• Weitere Ein- und Ausgänge
Es wird seitens PiXtend ein PWM-Ausgang zur Verfügung gestellt. PWM
steht für Puls-Weiten-Modulation. Dabei wird eine Folge von Rechteck-
Spannungspulsen mit konstanter Amplitude und einstellbarer konstanter
Pulsfolgefrequenz geliefert. Die zeitliche Länge bzw. Weite der einzelnen
Rechteckpulse aber wird variiert. Damit lassen sich beispielsweise Dreh-
zahlregelungen oder auch Dimmschaltungen für Leuchtdioden auf einfache
Art realisieren.
Desweiteren können an der PiXtend-Platine bis zu 4 Sensoren der Ty-
pen DHT 11, DHT 22 oder AM 2302 betrieben werden, die Messungen der
Umgebungstemperatur sowie der Feuchte ermöglichen.
An einem weiteren PIXtend-Interface können handelsübliche 433 MHz-
Sender betrieben werden, mit denen sich Funksteckdosen drahtlos schalten
lassen. Dies ist insbesondere für Smart-Home-Anwendungen (s. Kap. 18)
von Interesse.
Auf dem PiXtend-Board ist weiterhin eine Real-Time-Clock vorhanden,
die über ein I2 C-Interface dem Raspberry stets die aktuelle Uhrzeit zur
Verfügung stellt.
Die PiXtend-Platine kann auch kostengünstig als Bausatz erworben wer-
den. Im Sinne eines Open-Source-Projektes sind alle wichtigen Daten über
PiXtend offengelegt.
17.4 Hierarchie industrieller Bussysteme 611

17.4 Hierarchie industrieller Bussysteme

Die Anforderungen an die industrielle Messdatenerfassung haben sich in den


letzten Jahren stark ausgeweitet. Die Anwendungsfelder der Messdatener-
fassung und der damit verbundenen Kommunikationsnetze reichen von der
Energietechnik, Fertigungstechnik und Gebäudeleittechnik bis hin zum mobi-
len Einsatz in Fahrzeugen und Maschinen. Die zunehmende Automatisierung
verlangt die Einbindung unterschiedlichster Sensoren und Aktoren in eine Pro-
zesssteuerung. Die einzelnen Prozesse wiederum müssen von übergeordneten
Systemen überwacht werden.
In jüngerer Vergangenheit ist daher eine Vielzahl an Kommunikationsnet-
zen und Bussystemen entwickelt worden, um den unterschiedlichen Anforde-
rungen gerecht zu werden. Im Folgenden sollen Definitionen zur hierarchischen
Einteilung der Bussysteme vorgenommen werden. Des Weiteren werden die
wichtigsten Bussysteme vorgestellt.
Bedingt durch die weitgehende Automatisierung fast aller Einzelprozesse
und deren Einbindung in ein Betriebsnetz wird in Zukunft der Aufbau hier-
archischer Netzstrukturen immer mehr Bedeutung erlangen. Das Modell in
Abb. 17.18 verdeutlicht die durchgängige Verbindung von der Betriebsebe-
ne bis zur Sensor-Aktor-Ebene. Als Hauptkennzeichen der unterschiedlichen
Hierarchieebenen sind die Häufigkeit einer Übertragung und die Datenmenge
einer einzelnen Übertragung wesentlich. Die Häufigkeit von Übertragungen

%HWULHEVHEHQH :$1

%UREXV 
/HLWHEHQH )DEULNEXV

6WHXHUXQJVHEHQH /$1

)HOGHEHQH )HOGEXV

)$1
6HQVRU$NWRU(EHQH

Abb. 17.18. Einteilung eines Automatisierungssystems in hierarchische Ebenen


(FAN = Field Area Network; LAN = Local Area Network; WAN = Wide Area
Network)
612 17 Messdatenerfassung im Feld

geht mit der Höhe der Hierarchieebene zurück, d. h. auch die Echtzeitan-
forderung nimmt ab. Die Datenmenge pro Übertragung bzw. die Größe der
Datenpakete nimmt jedoch zu.
Die Netze der höchsten Ebene sind meist als Weitbereichsnetze (Wide Area
Network, WAN) ausgebaut. Sie dienen der Überbrückung großer Entfernun-
gen, wie z. B. bei der Vernetzung mehrerer regional getrennter Unternehmens-
bereiche oder Fabriken. Hierzu zählen insbesondere Hochgeschwindigkeits-
Glasfasernetze, deren typischer Teilnehmerabstand in der Größenordnung von
100 km und mehr liegt.
Die Netze der Leit- und Steuerungsebenen werden als lokale Netze betrie-
ben (Local Area Network, LAN). In weiten Bereichen wird hier das Ether-
net mit dem TCP/IP-Protokoll eingesetzt. Dabei wird zwischen Büro- und
Fabrik-Netz unterschieden, da das Ethernet für die industrielle Kommunika-
tion in elektromagnetisch gestörten Umgebungen speziell ausgelegt sein muss.
In diesem Zusammenhang spricht man auch vom Industrie-Ethernet.
In den unteren Automatisierungsebenen, der Feldebene und der Sensor-
Aktor-Ebene, werden gänzlich andere Anforderungen an die Bussysteme
bezüglich Kosten, Verkabelungsaufwand, Leistungsfähigkeit der Teilnehmer,
Datenrate, Datenmenge und nicht zuletzt Zuverlässigkeit gestellt. In diesem
Bereich kommen sog. Feldbusse (Field Area Network, FAN) zum Einsatz.
Da die einzelnen Sensoren und Aktoren immer günstiger werden, muss auch
der Verkabelungsaufwand minimiert werden. Daher arbeiten diese Bussyste-
me seriell. Die Daten müssen in Echtzeit abrufbar sein, allerdings meist nur
in geringen Datenmengen. Die Protokolle sind einfach aufgebaut, um die ein-
zelnen Teilnehmer nicht mit viel Intelligenz ausstatten zu müssen. Unter den
Feldbussen sind sowohl sternförmige, linienförmige als auch ringförmige Topo-
logien anzutreffen, wobei die letzten beiden aus Gründen der Zuverlässigkeit
oft doppelt oder dreifach ausgeführt sind. Im Folgenden soll es hauptsächlich
um dieses große Gebiet der Nahbereichskommunikation mittels Feldbussen
gehen.

17.5 Vorschrift für eine einheitliche Kommunikation:


Das ISO-Schichtenmodell
Die Kommunikation zwischen den Teilnehmern innerhalb eines Datennetzes
kann nur funktionieren, wenn präzise Übereinkünfte über die Kommunikation
bestehen. Im Jahre 1983 wurde daher von der ISO (International Standards
Organization) die ISO-Norm 7498 geschaffen. Sie definiert ein abstraktes Mo-
dell für die typischen Funktionen innerhalb eines Kommunikationsablaufes
zwischen zwei Teilnehmern. Dieser Funktionsumfang wurde in sieben Schich-
ten (Layer) unterteilt [96], [54]. Man spricht in diesem Zusammenhang auch
von dem ISO-7-Schichtenmodell. Jeder Schicht fallen dabei spezielle Auf-
gaben bei der Abwicklung der Kommunikation zu. Diese strenge Trennung hat
17.5 Das ISO-Schichtenmodell 613

den Vorteil, dass die Kommunikation auch noch gewährleistet ist, wenn ein-
zelne Schichten von unterschiedlichen Herstellern realisiert werden. In diesem
Sinne wird die Kommunikation von offenen Systemen definiert: Open Systems
Interconnection (OSI).
In Abb. 17.19 ist der Aufbau dieses Referenzmodells für ein konkretes Bei-
spiel dargestellt. Es soll eine Kommunikation zwischen einem Leitrechner (PC)
und einem Messgerät aufgebaut werden, wobei der Befehl, einen Messwert auf-
zunehmen, übermittelt werden soll. Der Befehl wird an die Schicht 7 überge-
ben, wo er um bestimmte Steuerinformationen (z. B. Adresse) erweitert wird.
Das entstehende Telegramm wird dann von Schicht zu Schicht weitergereicht
und jeweils um die entsprechenden Informationen erweitert, bis in Schicht 1,
dem Physical Layer, die eigentliche Übertragung stattfindet. Beim Empfänger
durchläuft das Telegramm die Schichten in umgekehrter Reihenfolge, bis dem
Messgerät die Information Messwert aufnehmen“ zur Verfügung steht.

Im Einzelnen fallen den Schichten folgende Aufgaben zu:
Schicht 1: Physikalische Schicht, Übertragung der einzelnen Bits (Bit-Über-
tragungsschicht). Hier werden physikalische Parameter wie Übertragungs-
medium, Steckerbelegung, Pegel, Modulationsart und Übertragungsrate
festgelegt. Beispiele für Geräte, die auf der Schicht 1 arbeiten, sind Re-

Abb. 17.19. Das ISO/OSI-Referenzmodell mit sieben Schichten


614 17 Messdatenerfassung im Feld

peater. Sie haben die Aufgabe, Bussignale zu generieren und zu verstärken,


um die Übertragungswege zu verlängern.
Schicht 2: Koordiniert das Bus-Zugriffsverfahren und die fehlersichere Über-
tragung von Datenblöcken (Sicherungsschicht) von einem Sender zu einem
Empfänger bzw. mehreren Empfängern (Multicast). Wenn die Nachricht
an alle Empfänger geht, spricht man von Broadcast.
Schicht 3: Sucht geeignete Übertragungswege durch das Netzwerk zwischen
Sender und Empfänger (Vermittlungsschicht). Auf dieser Schicht arbei-
ten beispielsweise Router, die in weit verzweigten Netzen einen Weg vom
Sender zum Empfänger suchen.
Schicht 4: Steuerung und fehlerfreie Ablieferung der Telegramme (Trans-
portschicht).
Schicht 5: Aufbau, Unterhalt (auch Synchronisation) und Abbau von Ver-
bindungen zwischen den Teilnehmern (Kommunikationssteuerschicht).
Schicht 6: Zeichencodierung, Daten- und File-Formate in geeignete Darstel-
lung für das entsprechende System konvertieren (Darstellungsschicht).
Schicht 7: Anbieten von Diensten (Lesen, Schreiben) für die Teilnehmer im
Netz. Schnittstelle zu den Anwenderprogrammen der Steuerungen und
Rechner (Anwendungsschicht). Ein typisches Gerät, das auf Schicht 7 ar-
beitet, ist ein Gateway. Seine Aufgabe ist es, die Verbindung zwischen
u. U. völlig unterschiedlichen Netzwerken herzustellen.
Man kann sich leicht vorstellen, dass diese starke Modularisierung für Feldbus-
systeme eher zeitraubend und damit hinderlich ist. Die überschaubare Struk-
tur der Feldbusnetze erlaubt meist eine Reduzierung auf die Schichten 1, 2
und 7.

17.6 Netzwerktopologien
Die geometrische Struktur der Datenleitungen, welche die einzelnen Netzwerk-
teilnehmer verbinden, wird als Netzwerktopologie bezeichnet. Im Feldbusbe-
reich sind alle gängigen Netzwerktopologien anzutreffen (Abb. 17.20). Dabei
sind die Linienstruktur und die Sternstruktur von besonderer Bedeutung für
die Anbindung von Sensoren und Aktoren. Beim Linienbus ist der Verdrah-
tungsaufwand am geringsten. Beim Ring (Abb. 17.20) führt der Ausfall eines
Knotens zum Systemausfall, wenn nicht eine aufwendige Mehrfachverkabe-
lung (gestrichelte Linien) vorgesehen wurde. Bei der ringförmigen Struktur
ist die Nachrichtenübermittlung oft so gestaltet, dass ein Knoten eine Nach-
richt vom nächsten mit ihm verbundenen Nachbarn empfängt. Je nach Ergeb-
nis der Prüfung, ob der gerade empfangende Knoten der Adressat ist, wird
die Nachricht an den folgenden Nachbarn weitergeleitet oder nicht. Die Ma-
schentopologie kennt keine starren Regeln der Vernetzung. Nachteil ist die
hohe Komplexität bezüglich der Verdrahtung und Verwaltung. Es sei noch
erwähnt, dass Baumstrukturen entstehen, wenn sternförmige Netze hierar-
chisch verknüpft werden.
17.7 Bus-Zugriffsverfahren 615

Stern Ring

Linie Maschen
Abb. 17.20. Verschiedene Formen von Netzwerktopologien

17.7 Bus-Zugriffsverfahren
Es gibt verschiedene Methoden der Bus-Zugriffskontrolle, die bei Feldbussen
anzutreffen sind:
Beim Master/Slave-Verfahren gibt es im Netz zu einem bestimmten
Zeitpunkt genau einen Masterknoten, der die Vorgänge auf dem Bus bezüglich
Steuerung, Überwachung, Fehlern und Ausfällen koordiniert. Dieser Leitkno-
ten kann einem der restlichen Knoten, die als Slaves bezeichnet werden, die
Sendeberechtigung erteilen.
Beim Token Passing wird die Berechtigung, Nachrichten auf den Bus zu
geben, von Knoten zu Knoten weitergeleitet. Der Teilnehmer, der den soge-
nannten Token gerade inne hat, darf senden. Die Reihenfolge der Weitergabe
wird bei der Netzinitialisierung in Form eines logischen Ringes festgelegt. Da-
bei entspricht die Wartezeit bis zur nächsten Zuteilung der maximalen Nach-
richtendauer, woraus sich die Eignung für den Echtzeitbetrieb ableitet.
Bei den CSMA-Verfahren (Carrier Sense Multiple Access) sind alle
Busteilnehmer bezüglich des Senderechtes gleichberechtigt. Ein sendewilliger
Netzwerkknoten prüft, ob auf dem Bus gerade gesendet wird oder nicht. Bei
freiem Bus darf er schließlich senden, ansonsten nicht. Dabei kann es zu Kol-
lisionen kommen, wenn mehrere Teilnehmer gleichzeitig senden wollen. Daher
wird der reine CSMA-Betrieb im Allgemeinen durch einen der beiden folgen-
den Betriebsmodi ergänzt:
CSMA/CD (Carrier Sense Multiple Access/Collision Detection)
Bei diesem Verfahren, das auch beim Ethernet Anwendung findet, kontrol-
liert der Sender seine Nachricht auf dem Bus hinsichtlich Störungen durch
616 17 Messdatenerfassung im Feld

weitere Sender. Gegebenenfalls wird die Sendung abgebrochen und auf einen
späteren, zufällig gewählten Zeitpunkt verschoben. Da die Wartezeiten bis zur
vollständigen korrekten Übertragung lastabhängig sind, besitzt diese Methode
keine Echtzeitfähigkeit.
Beim CSMA/CA (Carrier Sense Multiple Access / Collision
Avoidance) beginnt jede Datenübertragung mit einem Identifizierungsco-
de. Durch die senderseitige Busanschaltung nach dem WIRED-AND-Prinzip
(s. Kap. 16.7) ist sichergestellt, dass sich der Buspegel 0 gegenüber dem Pe-
gelwert 1 eines weiteren sendenden Teilnehmers dominant verhält. Dadurch
kann jeder sendende Busteilnehmer feststellen, ob seine Bits durch einen wei-
teren gerade aktiven Sender verfälscht werden. Die Entscheidung, ob ein Bit
verfälscht wurde, geschieht in der sog. Arbitrierungsphase. Bei ausgedehn-
ten Netzwerken ist die Bitzeit genügend groß gegenüber der Signallaufzeit im
Netzwerk zu wählen, da das Abbruchkriterium während der Bitzeit überprüft
werden muss.
Beim Summen(rahmen)telegramm, wie es beispielsweise beim Inter-
bus-S verwendet wird, sind alle Teilnehmer an ein Schieberegister angeschlos-
sen. In Verbindung mit der verwendeten Ringtopologie werden die Daten
durch das Schieberegister geschoben. Die für den Master bestimmten Daten
der jeweiligen Teilnehmer werden an der entsprechenden Stelle durch den Sla-
ve in das Telegramm eingefügt. Die Adressierung der einzelnen Slaves entfällt,
weil deren Adresse sich aus der Position im Ringsystem bzw. im Schieberegi-
ster ergibt.

17.7.1 Klassifizierung der Bus-Zugriffsverfahren

Bei den Bus-Zugriffsverfahren unterscheidet man zwischen stochastischem


Bus-Zugriff und deterministischem Bus-Zugriff. Der Bus-Zugriff bei den CSMA-
Verfahren ist zufällig, d. h. es handelt sich hierbei um einen stochastischen
Bus-Zugriff, während die anderen Bus-Zugriffsverfahren kontrolliert erfolgen
(deterministischer Bus-Zugriff). Weiterhin unterscheidet man zwischen zen-
tral und dezentral. Das Token-Ring-Verfahren bezeichnet man als dezentral
und Master/Slave sowie Summenrahmentelegramm als zentrale Verfahren.

17.8 Modulationsverfahren und Bitcodierung


17.8.1 Alternierende Puls Modulation (APM)

Wenn bei einem Bussystem nur eine einzige Zweidrahtleitung verwendet wird,
d.h., wenn gleichzeitig Energieversorgung und Nachrichten über diese Leitung
übertragen werden sollen, muss das Nachrichtensignal gleichstromfrei sein. Die
sog. alternierende Puls Modulation (APM) erfüllt diese Anforderung neben
anderen, wie z. B. Schmalbandigkeit. Es handelt sich dabei um eine serielle
Übertragung im Basisband.
17.8 Modulationsverfahren und Bitcodierung 617

Das Modulationsprinzip soll anhand von Abb. 17.21 erklärt werden. Es wird
zunächst die zu sendende Bitfolge manchestercodiert, d. h. man geht von einer
Pulsfolge aus, die bei jedem Bit alterniert. Wenn jedoch in der ursprünglichen
Sendefolge ein Bitwechsel stattfindet, wird der Zustand konstant gehalten,
d. h. der ansonsten anstehende Wechsel des Signals wird dann aufgehoben.
Daraus wird gemäß Abb. 17.21 der Sendestrom abgeleitet, aus dem durch
Differenzieren das Spannungssignal der Busleitung entsteht. Letztlich wird da-
bei jede positive Flanke des Sendestromes in einen negativen Spannungspuls
umgewandelt und umgekehrt. Mit diesen Spannungspulsen kann durch De-

modulation“ nach dem Manchesterverfahren wieder leicht die ursprüngliche
Sendebitfolge rekonstruiert werden. Als Spannungspulse verwendet man vor-
zugsweise sin2 -Pulse, um die Bandbreite sowie die Störstrahlung niedrig zu
halten.

Sendefolge Pause
0 0 0 1 1 0

manchester-
codierte
Sendefolge

Sendestrom

Spannungspulse
(negativer
differenzierter
Sendestrom)

im
Empfänger
rekonstruierte 0 0 0 1 1 0 Pause
Folge

Abb. 17.21. Alternierende Puls Modulation (APM)


618 17 Messdatenerfassung im Feld

17.8.2 Fehlererkennung und Datensicherung

Durch Störungen verschiedenster Art kann es zu Bitfehlern bei der Übertra-


gung kommen, d.h. zu Wechseln in einen falschen logischen Zustand. In diesem
Zusammenhang wurde die Bitfehlerrate r definiert
Anzahl der fehlerhaften Bits
r= . (17.1)
Gesamtzahl der übertragenen Bits
Strategien zur Fehlererkennung beruhen bei Bussystemen vorwiegend auf Pa-
ritätsprüfung und Cyclic Redundancy Check (CRC). Die durch diese
Verfahren erkannten Fehler werden korrigiert. Es bleibt ein Rest an unerkann-
ten Fehlern, welche durch die sog. Restfehlerrate beschrieben werden. Sie ist
also ein Maß für die Datenintegrität.
Die Störfestigkeit einer Codierung lässt sich durch die minimale Hamming-
Distanz1 charakterisieren. Sie wird mit dmin bezeichnet. Die Anzahl e der
noch sicher erkennbaren Fehler ist gegeben durch

e = dmin − 1 . (17.2)

Bei der Codesicherung durch ein Paritätsbit kann ein Fehler sicher erkannt
werden, d. h. die minimale Hamming-Distanz beträgt in diesem Fall dmin = 2.
Die minimale Hamming-Distanz gibt also die Anzahl von Bits an, die in einem
übertragenen Datenblock verfälscht sein müssen, bis der Fehler nicht mehr
erkannt werden kann. Die Anzahl t der korrigierbaren Fehler beträgt

t = (dmin − 1)/2 . (17.3)

Der Wert dmin = 4 bedeutet, dass 3 fehlerhafte Bits gerade noch erkannt
werden können und maximal 1 fehlerhaftes Bit korrigiert werden kann.
Im allgemeinen Sprachgebauch verwendet man allerdings den Begriff Ham-
ming Distanz (d) für den eigentlich korrekten Ausdruck Minimale Hamming-
Distanz (dmin ).
Bei professionell eingesetzten Bussystemen erwartet man Hamming-Di-
stanzen (eigentlich ist damit wiederum die minimale Hamming-Distanz dmin
gemeint) von d = 4 bzw. d = 6. Solche Werte werden in aller Regel durch
einen CRC-Test (Cyclic Redundancy Check) erreicht. Hierbei wird der zu
übertragende Datenblock als Binärzahl B betrachtet, die senderseitig durch
ein Prüfpolynom P dividiert wird
B R
=Q+ bzw. B =Q·P +R . (17.4)
P P
Der Rest R wird an die Nachricht angehängt, d. h. man überträgt letztlich
nicht B sondern B + R. Empfängerseitig subtrahiert man 2 R
1
Die Hamming-Distanz ist die Anzahl der unterschiedlichen Bits von zwei gleich
langen Codewörtern. Dies wird auch als Abstand der Codewörter bezeichnet.
17.8 Modulationsverfahren und Bitcodierung 619

(B + R) − 2 R = B − R = Q · P . (17.5)
Nach der Division durch das Polynom P muss sich also wieder Q ergeben,
ohne jeglichen Rest. Die an die Nachricht anzuhängenden Prüfzeichen sind
meist 1 Byte (8 Bit) lang, so dass sich CRC-Tests nur für Übertragungen mit
längeren Datenblöcken lohnen, z. B. beim PROFIBUS; d. h. sie sind weniger
für reine Sensor-Aktor-Busse geeignet.

17.8.3 Bitcodierung
Aus Aufwandsgründen werden die zu übertragenden Bits häufig so auf die
Leitung gegeben, wie sie im UART-Baustein (s. Kap. 16.1) generiert werden.
Dies wird als NRZ-Code (Non Return to Zero) (Abb. 17.22) bezeichnet. Dabei
wird der Spannungspegel, je nach Wertigkeit des Bits, während der Bitzeit auf
einem von Null verschiedenen konstanten Spannungspegel gehalten.

Takt

zu
codierende 0 0 1 1 0 0 1 0 0
Bitfolge

NRZ
Non Return 1 1 1 0V
to Zero

NRZI
Non Return
0V
to Zero
Inverted

RTZ
Return
to Zero

Abb. 17.22. Non Return to Zero (NRZ-) Codierung

Daneben gibt es noch den invertierten NRZ-Code, der als Non Return to Zero
Inverted (NRZI) bezeichnet wird. Beim Return to Zero Code (RTZ) hinge-
gen erkennt man die 1-wertigen Bits an einer fallenden Flanke in Bitmitte,
so dass die Bitbreite bei der Übertragung halbiert wird. Dies entspricht der
Durchschaltung des Taktsignals für die Zeit der 1-wertigen Bits.
Das NRZ-Verfahren hat zwar den Vorteil geringer Bandbreite, es kann
aber dafür auch keine Taktsynchronisation aus einem Bit abgeleitet werden.
Dies wird erst durch das sog. Bitstuffing erreicht. Dabei wird spätestens nach
5 Bitzeiten ein Flankenwechsel erzwungen, notfalls durch Hinzufügen (stopfen
= to stuff) eines weiteren Bits, was invers ist zu den vorhergehenden.
620 17 Messdatenerfassung im Feld

17.9 Schnittstellenkonverter

Für Messdatenerfassungsaufgaben werden oft auch Schnittstellenkonverter


eingesetzt, welche von einer an den Rechnern vorhandenen Standard-Schnitt-
stelle auf eine spezielle für Messdatenerfassungszwecke geeignetere Schnitt-
stelle umsetzen.
So gibt es Schnittstellenkonverter, die eine RS232C-Schnittstelle oder auch
eine RS485-Schnittstelle auf den IEC-Bus umsetzen. Die Schnittstellenkonver-
tierung für RS232 auf RS485 (Abb. 17.23) zeigt ein Anwendungsbeispiel, bei
dem Computer und sonstige Hardware mit RS232-Schnittstelle über einen
seriellen RS485-Bus vernetzt werden. Verfügbar sind auch Schnittstellenkon-
verter, die Ethernet-Anschlüsse gleichzeitig auf RS232 und RS485 umsetzen
[171].
Ein weiterer interessanter Schnittstellenkonverter ist der RS232-Ethernet-
Konverter. Er ermöglicht das Ansteuern von Messgeräten mit RS232-Schnitt-
stellen am Ethernet mit TCP/IP-Protokoll [178]. So können Messgeräte fern-

Konverter
RS485
RS232C
RS485

Konverter
RS485
RS232C

Konverter Konverter
RS232C RS485
RS485 RS232C

RS232C Konverter
RS485
RS232C
RS485

Konverter
RS485
RS232C
..............

max. 31 Teilnehmer
Abb. 17.23. Aufbau eines Rechnernetzes zur Messdatenerfassung unter Verwen-
dung von RS232C- zu RS485-Konvertern
17.10 Der Feldbus (FAN) 621

gesteuert und Daten über große Entfernung übertragen werden. Dabei erhält
der Konverter eine eindeutige IP-Adresse. Weitere Konverter für die Messda-
tenerfassung sind:
• USB (Universal Serial Bus) ⇐⇒ IEC-Bus
• Fire Wire (IEEE1394) ⇐⇒ IEC-Bus
• USB (Universal Serial Bus) ⇐⇒ RS485.

17.10 Der Feldbus (FAN)


Ein Feldbus ist ein Bussystem, welches der kommunikationstechnischen Ver-
bindung von sog. Feldgeräten dient. Zu diesen Feldgeräten zählen insbesondere
speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) sowie intelligente Sensoren und
Aktoren, die digitale bzw. analoge Signale an einen Steuerrechner senden bzw.
von diesem empfangen. Im Allgemeinen handelt es sich bei den Feldbussen
um lokale Busse, die über Buskoppler, sog. Gateways, an einen Hauptbus
angeschlossen sind, der sie wiederum mit dem zentralen Leitrechner verbindet
(Abb. 17.24). Der Feldbus stellt dabei in der Regel nicht nur Leitungen für den
Austausch von Daten bereit, sondern auch solche, die der Energieversorgung
der Feldgeräte dienen. Dabei werden meist geringe Datenmengen über größere
Distanzen übertragen. In Abb. 17.25 sind verschiedene Feldbusse bezüglich
ihrer Leistungsfähigkeit und Komplexität gegenübergestellt. Sie werden im
Folgenden ausführlich behandelt.

Abb. 17.24. Struktur eines Prozessleitsystems mit Feldbussen

Die Struktur eines Feldgerätes, das über einen Zweidrahtanschluss an einen


Feldbus angeschlossen ist, wird in Abb. 17.26 gezeigt. Die beiden Busleitungen
dienen bei dieser Ausführungsform einerseits als Transportmittel der elektri-
schen Energieversorgung und andererseits als Träger der prozesstechnischen
622 17 Messdatenerfassung im Feld

Sensor/Aktorbus Feldbus Factory-Bus

MAP
EIB
Kosten/Knoten

Profibus
Komplexität

Bitbus
CAN
Interbus-S
ASI
Funktionalität

"binäre" Teilnehmer, Echtzeit- Task-Task virtuelle DDL, File-


verteilte E/A meldungen Kommunikation Geräte Konfiguration Transfer
Multiplexer

Abb. 17.25. Übersicht über die Leistungsfähigkeit kommerzieller Feldbusse [90]

Abb. 17.26. Struktur eines Feldgerätes mit Feldbusanschluss in Zweidraht-


ausführung
17.10 Der Feldbus (FAN) 623

Information. Dazu werden der Versorgungsspannung mit Hilfe des Modula-


tors die Daten aufmoduliert, die von einem Universal-Asynchronous-Receiver-
Transmitter-Baustein (UART) geliefert werden (TxD), bzw. es werden die
empfangenen Daten mittels des Demodulators demoduliert und an den UART
weitergereicht (RxD) (s. auch Kap. 16).
Bei den Prozesssignal-Adaptern (Abb. 17.26) handelt es sich vorzugswei-
se um intelligente Sensoren und Aktoren, also Transducer für elektrische

Tabelle 17.2. Auswahl an wichtigen Feldbus-Systemen

Bus-Be- Bus- max. Teil- Nachrichten- max. Über- Topologie


zeichnung Typ nehmeranzahl länge in Bit tragungsrate
Profibus DP Master- 124 1984 12 MBit/s Linie mit
Slave 500 kBit/s Abzweigen
bei 100 m
Interbus-S Master- 512 16 500 kBit/s Ring
Slave
FIP Multi- 256 1024 5 MBit/s Linie mit
Master Abzweigen
ASI Master- 32 4 150 kBit/s Linie mit
Slave Abzweigen
CAN Multi- nur abhängig 64 1 MBit/s Linie mit
master von Treiber- (375 kBits/s Abzweigen
elektronik bei 100 m)
BIT Master- 250 1984 500 kBit/s Linie mit
Slave Abzweigen

Bus-Be- Daten- Versorgungs- max. Leitungs-


zeichnung leitung leitung länge
Profibus DP 2-Draht, 3-Draht 9,6 km (90 km bei LWL)
geschirmt oder LWL (1200 m zwischen 2 Teilnehmern)
Interbus-S 4-Draht, 5-Draht (400 m zwischen 2 Teilnehmern)
geschirmt
FIP 2-Draht, 3-Draht 3500 m
geschirmt
ASI 2-Draht, Daten- 100 m
ungeschirmt leitung
CAN 2-Draht, 2-Draht 1000 m
verdrillt
oder LWL
BIT 3 paarig 2-Draht pro Segment 1200 m
verdrillte Gesamtlänge 13,2 km
Zweidraht-
leitung
624 17 Messdatenerfassung im Feld

und nicht-elektrische Größen, die bereits genormte Schnittstellensignale lie-


fern. Die zentrale Steuerung des Feldgerätes obliegt einem Microcontroller,
der auch die hardwaremäßige sowie logische Verbindung zwischen dem Sende-
Empfangsbaustein (UART) und dem Prozesssignal-Adapter herstellt.
Feldbusse sind i. Allg. für den Einsatz in hierarchisch arbeitenden Syste-
men vorbereitet, was unter anderem auch in einer von einem Master kon-
trollierten Kommunikation zum Ausdruck kommt (Master-Slave-Systeme). In
den letzten Jahren wurden zwar beträchtliche Anstrengungen unternommen,
sich bezüglich der derzeit diskutierten Feldbussysteme auf einen gemeinsamen
Standard festzulegen, doch bisher leider ohne Erfolg. In Tab. 17.2 werden ei-
nige der derzeit in Anwendung befindlichen Feldbussysteme vorgestellt, wobei
hinzugefügt werden sollte, dass die beiden Feldbussysteme Profibus-DP und
Interbus-S in Europa mit Abstand den derzeit größten Marktanteil auf sich
vereinigen können. Einzelheiten zu der Feldbus-Thematik findet man in der
weiterführenden Literatur, z.B. in [23], [79], [96]. In den folgenden Abschnitten
werden die derzeit aktuellen Feldbusse vorgestellt.

17.10.1 ASI-Bus

Beim ASI-Bus handelt es sich um eine in jeder Hinsicht originäre Feldbus-


Lösung. Das AS-Interface (Aktor-Sensor-Interface) stellt ein serielles Bus-
Interface für die unterste Hierarchiestufe der Automatisierungstechnik dar.
Das AS-Interface wurde zunächst als Low-Cost-Lösung für die Übertragung
binärer Sensorsignale konzipiert, aber es kann auch für die Übertragung ana-
loger Signale eingesetzt werden. Es handelt sich um ein offenes System, d. h.
das Protokoll ist offengelegt und Hardwarekomponenten werden von vielen
Herstellern angeboten. Der AS-Interface-Chip ist am Markt frei verfügbar.
Detaillierte Informationen zum ASI-Bus findet man in [97].
Allgemeine technische Daten: Der Bus ist aus einer Zweidraht-Profillei-
tung aufgebaut (2× 1,5 mm2 ). Die Installation ist einfach, kostengünstig
und verpolsicher. Die Maximallänge beträgt 100 m, mit Repeatern sind
300 m möglich. Über die Zweidrahtleitung werden Daten und Energie bis
zu Strömen von 10 A transportiert. Das System arbeitet mit zyklischer
Abfrage und ist echtzeitfähig. Die Bitdauer beträgt 6 μs, durch ein kom-
paktes Protokoll ist eine Reaktionszeit von 5 ms möglich. Es können max.
31 Slaves pro System angeschlossen werden, mit 4 Bit-Nutzdaten pro Sla-
ve.
Topologie und Datenübertragung: Der Bus wird in einer Linien- oder
Ring-Topologie aufgebaut. Für die Datenübertragung wird ein kompak-
tes Polling-Protokoll verwendet. Der Master sendet einen Befehl an einen
Slave, der daraufhin antwortet. Abbildung 17.27 zeigt die genaue Bitfol-
ge. Danach ruft der Master die anderen Slaves der Reihe nach auf. Eine
ASI-Nachricht besteht somit aus einem Masteraufruf mit 14 Bit, der Ma-
sterpause, der Slaveantwort mit 7 Bit und der Slavepause. Als Modulati-
17.10 Der Feldbus (FAN) 625

onsverfahren wird die Alternierende Puls-Modulation (APM) verwendet.


Das Nachrichtensignal ist damit gleichstromfrei und wird der Energiever-
sorgung überlagert. Bezüglich des ISO-Referenzmodells werden lediglich
die Schichten 1 und 7 verwendet.

ST SB A4 A3 A2 A1 A0 I4 I3 I2 I1 I0 PB EB ST I3 I2 I1 I0 PB EB

Masteraufruf Slaveantwort

Masterpause Slavepause

ST Startbit SB Steuerbit

A0 ... A4 Adressbits I0 ... I4 Informationsbits

PB Paritätsbit EB Endbit
Abb. 17.27. Telegrammstruktur beim ASI-Bus

17.10.2 CAN
Der CAN-Bus (Controller Area Network Bus) wurde ursprünglich für die
Automobiltechnik von der Robert Bosch GmbH entwickelt. Mittlerweile sind
seine Spezifikationen in einer ISO-Norm festgehalten und sein Einsatzgebiet
geht weit über die Automobiltechnik hinaus (ISO 11 898). CAN wird heute
sehr vielfältig eingesetzt, u. a. in mobilen Systemen, in der Fertigungsautoma-
tisierung sowie in der Gebäudeautomatisierung.
Eine detaillierte Beschreibung zum CAN-Bus findet sich in [99], [96].
Allgemeine technische Daten: Der CAN-Bus basiert entweder auf ver-
drillten Zweitdrahtleitungen (Twisted Pair) oder einem Lichtwellenleiter
(LWL). Der maximal zulässige Übertragungsweg hängt von der Über-
tragungsrate ab, bei 1 MBit/s beträgt er 40 m und bei 50 kBit/s bereits
1000 m. Die maximale Teilnehmeranzahl bestimmt sich allein aus der Lei-
stungsfähigkeit der verwendeten Treiberstufenelektronik. Es sind verschie-
dene Mikrocontroller für das CAN-Bus-Protokoll kommerziell erhältlich.
Topologie und Datenübertragung: Die CAN-Bus-Topologie weist Lini-
enstruktur auf. Es sind beidseitig Abschlusswiderstände vorgesehen. Das
Bus-Zugriffsverfahren basiert auf CSMA/CA mit bitweiser Arbitrierung.
In der Arbitrierungsphase überschreiben Teilnehmer mit dem logischen
Zustand 0 den logischen Zustand 1 der anderen gleichzeitig sendenden
Teilnehmer. Man spricht in diesem Zusammenhang von dominantem (lo-
gisch 0) und rezessivem (logisch 1) Zustand. Die Teilnehmer mit rezessivem
Zustand stellen ihren Sendevorgang ein und starten einen neuen Sende-
versuch erst, nachdem wieder Busruhe“ detektiert wurde. Das Prinzip

der bitweisen Arbitrierung wird in Abb. 17.28 gezeigt.
626 17 Messdatenerfassung im Feld

Vcc

Rpullup Busleitung

T1 T2 T3

T
Bit

T1

T2 Sender

T3 Empfänger

Bus rezessiver Pegel


dominanter Pegel

T1 wird Empfänger T3 wird Empfänger


und T2 bleibt als
Sender übrig

Abb. 17.28. Bitweise Arbitrierung nach dem CSMA/CA-Verfahren

Es bleibt als einziger Sender schließlich nur der Teilnehmer mit der
höchsten Priorität übrig. Somit kann trotz des stochastischen Bus-Zugriffs-
verfahrens Echtzeitverhalten garantiert werden.

Beim CAN-Bus werden eventuell auftretende Fehler anhand folgender Me-


chanismen ermittelt (siehe auch Abb. 17.29):
• Bit-Monitoring: Jeder Sender empfängt wieder die von ihm selbst
gesendeten Bits und führt einen Identifikationsvergleich durch.
• Bit-Stuffing: Es wird eine Bitcodierungsregel überwacht, nach der
spätestens nach 5 gleichen Bits ein verschiedenartiges zu folgen hat.
• Acknowledge: Jede Nachricht (Telegramm) muss von mindestens ei-
nem Empfänger als fehlerfrei bestätigt werden. Dazu dient der ACK-
Slot im CAN-Bus-Telegramm (Abb. 17.29).
• Cyclic Redundancy Check (CRC): Dabei wird eine 15 Bit lange
Prüfsumme eingesetzt, um Fehler in Nachrichten zu erkennen, was zu
einer Hamming-Distanz von HD = 6 führt.
17.10 Der Feldbus (FAN) 627

Standardformat (CAN 2.0 A)

ACK
Daten-
Arbitrierungsfeld Steuerfeld Datenfeld sicherungsfeld EOF IFS

0-8 Byte Data 15 Bit CRC BUS


Identifier 11 Bit
Idle
SOF

IDE
RTR

DLC
r0

Erweitertes Format (CAN 2.0 B)

ACK
Daten-
Arbitrierungsfeld Steuerfeld Datenfeld sicherungsfeld EOF IFS

0-8 Byte Data 15 Bit CRC BUS


11 Bit 18 Bit
Idle
SOF

IDE

RTR

DLC
r1
r0
SRR

SOF Start of Frame ACK Acknowlegde-Field


RTR Remote Transmission Request EOF End of Frame
IDE Identifier Extension Bit IFS Inter Frame Space
r0 reserviert SRR Substitute Remote Request
DLC Data Length Control r1 reserviert
Bus Idle Busruhe
Abb. 17.29. CAN-Bus-Protokolle (CAN 2.0 A und CAN 2.0 B)

Abbildung 17.29 zeigt das CAN-Bus-Protokoll. Das Arbitrierungsfeld bein-


haltet den sog. Object-Identifier, welcher den Inhalt der Nachricht beschreibt
(z.B. Drehzahl). Gleichzeitig dient er aber auch der Priorisierung der Nach-
richten. Ursprünglich waren 11 Bit für den Object-Identifier vorgesehen (base
frame format). Immer komplexer werdende Systeme haben zu einer Erweite-
rung des Objekt Identifiers auf 29 Bit geführt (extended frame format).
Der Buszugriff mittels bitweiser Arbitrierung erfordert, dass die Verzöge-
rungszeit zwischen zwei Teilnehmern maximal einer halben Bitlänge ent-
spricht. Dies begrenzt allerdings sowohl die Datenrate als auch die Lei-
tungslänge. Um trotzdem Datenübertragungsraten über 1 MBit/s zu realisie-
ren wurde das CAN FD Protokoll entwickelt. Detaillierte Informationen zum
CAN FD finden sich in [78]. Das CAN FD Protokoll erlaubt die Erhöhung
der Datenübertragungsrate im Bereich des Datenfeldes. Das übrige Potokoll
arbeitet weiterhin mit einer niedrigeren Datenübertragungsrate, was eine feh-
628 17 Messdatenerfassung im Feld

lerfreie Arbitrierung erlaubt. Ein weiterer Vorteil des CAN FD Protokolls


besteht darin, dass das Datenfeld auf bis zu 64 Byte erweitert werden kann.
Dadurch können mehr Werte pro Object-Identifier auf den Bus übertragen
werden. Die Erhöhung der Datenrate als auch die Erweiterung des Daten-
feldes kann wahlweise oder auch in Kombination genutzt werden. Das CAN
Protokoll muss dazu modifiziert bzw. um einige Bits erweitert werden (siehe
Abb. 17.30):
• EDL (Extended Data Length): durch dieses Bit wird angegeben ob
das Datenfeld wie beim normalen CAN Protokoll 8 Byte beträgt oder
erweitert ist. Eine Erweiterung des Datenfeldes wird durch ein rezessives
EDL Bit (High Pegel) signalisiert.
• BRS (Bit Rate Switch): durch dieses Bit wird angegeben, ob im Da-
tenfeld eine erhöhte Bitrate verwendet wird. Eine Erhöhung der Bitrate
im Datenfeld wird durch ein rezessives BRS Bit (High Pegel) signalisiert.
• ESI (Error State Indicator): das ESI Bit dient zur Fehleridentifikation
eines CAN FD Teilnehmers.
• DLC (Data Length Code): die vier DLC Bits geben die Länge des
erweiterten Datenfeldes an (12, 16, 20, 24, 32, 48 oder 64 Byte).
Durch die Erhöhung der Anzahl der Bits pro Frame muss eine längere CRC
Prüfsequenz verwendet werden um die (minimale) Hamming Distanz von
HD = 6 beizubehalten (siehe Abschn. 17.8.2). Je nach Länge des Datenfeldes
wird eine Prüfsequenz von bis zu 21 Bit (bei 64 Byte Datenfeld) benötigt.
ACK
Daten-
Arbitrierungsfeld Steuerfeld Datenfeld sicherungsfeld EOF IFS

11 Bit 18 Bit DLC 0-64 Byte Data 21 Bit CRC BUS


Idle
r1
SOF

BRS
r0
EDL
SRR
IDE

ESI

Übertragungsrate

bis zu 1 Mbit/s bis zu 10 Mbit/s bis zu 1 Mbit/s

Abb. 17.30. CAN-FD-Protokoll

17.10.3 Flex Ray


FlexRay ist ein Feldbussystem, welches für den Automobilbereich im Hinblick
auf zunehmende Vernetzung der Fahrzeugkomponenten sowie erhöhten Anfor-
derungen bzgl. Datenübertragungsraten und Echtzeitfähigkeit entwickelt wur-
de. Der FlexRay Standard ist mittlerweile in einen ISO Standard überführt
17.10 Der Feldbus (FAN) 629

(ISO 17458) worden. Detaillierte Angaben zum FlexRay-Bussystem können


[152] entnommen werden.
Allgemeine technische Daten: Der FlexRay-Bus basiert auf verdrillten
Zweidrahtleitungen (Twisted Pair Leitungen), wobei die Datenübertra-
gung parallel auf zwei Kanälen geschieht. Dabei können die Daten re-
dundant auf beiden Kanälen übertragen werden, was eine hohe Übertra-
gungssicherheit gewährleistet. Der zweite Kanal kann allerdings auch zur
Verdopplung der Übertragungsrate verwendet werden. Die Übertragungs-
rate beträgt 10 MBit/s pro Kanal. Die Busteilnehmer können prinzipiell
an nur einen der beiden Kanäle oder an beide Kanäle angeschlossen wer-
den. Eine Kommunikation unter Busteilnehmern ist allerdings nur dann
möglich, wenn beide am gleichen Kanal angeschlossen sind. Der maximal
zulässige Übertragungsweg hängt von der verwendeten Topologie sowie
der Anzahl der Teilnehmer ab. In Linientopologie liegt der maximale Ab-
stand zwischen den am weitesten entfernten Busteilnehmern bei 24 m.
Topologie und Datenübertragung: Der FlexRay-Bus kann in Sterntopo-
logie oder Linientopologie aufgebaut und kann sowohl ereignisgesteuert im
CSMA (Carrier Sense Multiple Acces) Verfahren, als auch zeitgesteuert im
TDMA (Time Division Multiple Access) Verfahren betrieben werden (sie-
he Abschn. 17.7). Durch den zeitgesteuerten Ablauf sind garantierte La-
tenzzeiten möglich. Eine Möglichkeit, die maximale Buslänge zu erhöhen,
besteht darin, gekoppelte Sternstrukturen aufzubauen. Jedes Steuergerät
darf vom im Sternmittelpunkt sitzenden Busteilnehmer (Sternkoppler)
maximal 24 m entfernt sein. Bei gekoppelten Sternstrukturen sind mehre-
re Sternkoppler miteinander verbunden. Die maximale Leitungslänge zwi-
schen zwei Sternkopplern beträgt dann wiederum 24 m. Bei der dadurch
entstehenden Struktur darf der maximale Abstand zwischen zwei Teilneh-
mern 72 m betragen. An den Leitungsenden der Linienstruktur bzw. bei
Sternstruktur an den Enden der Verbindung zwischen Busteilnehmer und
Sternkoppler sind Abschlusswiderstände zwischen 80 und 110 Ω vorgese-
hen.
Kommunikationsprotokoll: Die Kommunikation auf dem Bus läuft in Zy-
klen ab, wobei jeder Zyklus in Segmente unterteilt ist (siehe Abb. 17.31).
Im statischen Segment hat jeder Busteilnehmer ein bestimmtes Zeitfen-
ster, in dem er Nachrichten senden kann. Wenn das Zeitfenster nicht aus-
reicht, um die Daten zu senden, muss die Übertragung im nächsten Zyklus
oder im dynamischen Segment fortgesetzt werden. Mit dem statischen Seg-
ment wird sichergestellt, dass jedem Busteilnehmer in jedem Zyklus ein
Zeitfenster zur Verfügung steht, um Daten auf den Bus zu senden. Damit
wird garantiert, dass Daten innerhalb einer bestimmten Zeit übertragen
werden können. Das statische Segment wird in 2 bis 1023 Slots unter-
teilt. Je nachdem, wie viele Teilnehmer am Bus angeschlossen sind, kann
ein Teilnehmer auch mehrere Zeitfenster im statischen Segment besitzen.
Das dynamische Segment unterliegt im Gegensatz zum statischen Seg-
630 17 Messdatenerfassung im Feld

ment keinem deterministischen Ablauf. Ähnlich dem statischen Segment


wird das dynamische Segment in zeitlich kürzere Minislots unterteilt. Die
Gesamtanzahl der Slots (statisches Segment) und der Minislots (dynami-
sches Segment) darf 2047 nicht übersteigen. Wenn ein Busteilnehmer im
dynamischen Segment keine Daten auf den Bus senden möchte, so lässt
er den Minislot verstreichen. Wenn ein Teilnehmer während seines Mi-
nislots beginnt zu senden, so verschiebt sich das Ende des Minislots nach
hinten, bis der Busteilnehmer aufhört zu senden oder das dynamische Seg-
ment beendet ist. Teilnehmer, deren Minislot weiter hinten angesiedelt ist,
können dann im dynamischen Segment nicht mehr senden. Je weiter hin-
ten der Minislot eines Busteilnehmers ist, desto geringer ist demnach die
Chance, dass dieser im dynamischen Segment Daten senden kann. Abge-
schlossen wird ein Zyklus vom NIT Segment (Network Idle Time), welches
der Synchronisierung aller Busteilnehmer dient.

Zyklus 1 Zyklus 2

statisch dynamisch NIT statisch dynamisch NIT

minisl. m
minisl. 1
minisl. 2
minisl. 3
minisl. 4
slot 1
slot 2
slot 3
slot 4

slot n

Header Payload Trailer CID

Abb. 17.31. Kummunikationsprotokoll des FlexRay Bussystems

Der FlexRay-Bus existiert aktuell in der Version 3.0. Im Vergleich zur


Vorgängerversion (Version 2.1.A) besteht nun die Möglichkeit, die Daten-
rate auf 5 MBit/s oder auch 2,5 MBit/s zu verringern. Dadurch lassen
sich EMV-Probleme reduzieren und FlexRay-Bussysteme auf einfachere
Weise in der kostengünstigeren Linientopologie realisieren.

17.10.4 PROFIBUS-DP
Der PROFIBUS ist ein universell einsetzbarer Bus und wurde originär für
die Bereiche Fertigungsautomatisierung und Verfahrenstechnik entwickelt.
Mittlerweile gibt es die Varianten PROFIBUS-FMS, PROFIBUS-DP und
PROFIBUS-PA. Dabei stehen die Begriffe PROFIBUS für PROcess FIeld
BUS, DP für Decentral Periphery bzw. Dezentrale Peripherie, FMS für Field-
bus Message Specification und PA für Process Automation bzw. Prozessauto-
matisierung.
Hier soll nur auf den PROFIBUS-DP eingegangen werden. Es handelt
sich dabei um ein offenes System, das nach DIN 19 245 bzw. IEC 61 158
17.10 Der Feldbus (FAN) 631

genormt ist. Es sei darauf hingewiesen, dass firmenspezifische Bezeichnungen


für PROFIBUS-kompatible kommerzielle Ausführungsvarianten existieren.
Detaillierte Informationen zum PROFIBUS-DP findet man in [145], [96].
Allgemeine technische Daten: Die Datenübertragung erfolgt beim PRO-
FIBUS entweder mit geschirmter und verdrillter Zweidrahtleitung oder
Lichtwellenleiter. Die Maximallänge des Busses beträgt bei elektrischer
Verdrahtung ca. 10 m und für die LWL-Variante 90 km, wobei die Über-
tragungsentfernung von der Übertragungsrate abhängt. Der PROFIBUS
zeichnet sich durch eine hohe Übertragungsgeschwindigkeit aus; sie be-
trägt maximal 12 MBit/s. Die Busteilnehmer sind bei elektrischer Ver-
drahtung während des Betriebes an- und abkoppelbar. Insgesamt lassen
sich 124 Teilnehmer anschließen. Dabei lässt sich der PROFIBUS in Bus-
segmente untergliedern (max. Anzahl 5; je Segment max. 32 Teilnehmer).
Die Bitcodierung erfolgt im sog. NRZ-Code (Non Return to Zero). Der
PROFIBUS verfügt über weitreichende Fehler- und Diagnosemöglichkei-
ten.
Topologie und Datenübertragung: Der PROFIBUS basiert auf einer Li-
nienstruktur mit Abzweigen. Dabei existieren sowohl Single- als auch Mul-
timastersysteme. Bei der Maximallänge von 9,6 km kann eine Datenüber-
tragung von 94 kBit/s erreicht werden. Dabei dürfen 7 Repeater eingesetzt
werden. Der maximale Abstand zweier Teilnehmer beträgt 1200 m. Wird
die Datenrate auf 1,5 MBit/s gesteigert, sind nur noch 4 Repeater zulässig.
Das Zugriffsverfahren des PROFIBUSses wird als hybrides Token-Passing-
Verfahren bezeichnet (Abb. 17.32 und Abb. 17.33). Bei Verwendung meh-
rerer Master klären diese ihr Zugriffsrecht zunächst untereinander durch

logischer Tokenring

SPS/PC
DP-Master DP-Master
Klasse 1 Klasse 2

R termin. R
termin.

Slave 1 Slave 2 ... Slave n

Abb. 17.32. Linientopologie des PROFIBUS-DP [96]


632 17 Messdatenerfassung im Feld

DP-Master DP-Master DP-Master


Klasse 1 Klasse 1 Klasse 1
Segment 1 Segment 2 Segment 3
R termin.

R termin.
Segment x
Repeater 1 Repeater 2 Repeater 3

Bus

Slave 1 ... Slave n Slave 1 ... Slave q

Slave 1 ... Slave k Slave 1 ... Slave m

Abb. 17.33. Segmentierung des PROFIBUS-DP mittels Repeater (k, m, n, q < 32;
x < 5) [96]

Weitergabe des Token nach dem standardmäßigen Token-Passing-Ver-


fahren. Die jeweiligen, den Mastern in der Initialisierungsphase zuge-
ordneten Slaves werden dann von den betreffenden Mastern nach dem
Master/Slave-Verfahren in zyklischer Reihenfolge abgefragt (Polling).
Wenn nur ein Master verwendet wird (Single-Master-Betrieb), entfällt
das Token-Passing, wodurch sich die Abfragesequenz der Slaves spürbar
erhöht und somit die Echtzeitanforderungen in aller Regel erfüllt werden
können.

SD LE LEr SD DA SA FC DAT FCS ED

START D7 D6 D5 D4 D3 D2 D1 D0 PAR STOP

SD Start Delimiter FC Function Code


LE Length (1 Byte) DAT Data
LEr Length (1 Byte) Repetition FCS Frame Check Sequence
DA Destination Address ED End Delimiter
SA Source Address
Abb. 17.34. Datenprotokoll für PROFIBUS-DP (s. auch [145])

Das Datenprotokoll (Abb. 17.34) enthält zwischen 2 Datenübertragungen


mindestens 33 SYN-Zeichen, woraus die empfangenden Busteilnehmer das
Ende einer Übertragung erkennen. Darauf folgt ein Start Delimiter SD
zur Unterscheidung des Telegrammtyps [145], ein Längenbyte LE sowie
17.10 Der Feldbus (FAN) 633

die Wiederholung (zwecks Datensicherung) des Längenbytes LEr und des


Start Delimiters SD.
Des Weiteren enthält der Protokollrahmen Quell- und Zieladresse, einen
Ende Delimiter sowie eine Verzögerung von 8 Bit. Der eigentliche Datenteil
enthält neben den 8 Datenbits ein Start-, ein Stopbit sowie ein Paritätsbit.
Dieser aufwendige Protokollrahmen erlaubt zwar eine relativ sichere Über-
tragung von Daten. Aus der Tatsache, dass zur Übertragung von 8 rele-
vanten Datenbit 154 Bit zu übertragen sind, kann geschlossen werden,
dass der PROFIBUS nicht im Low-Cost-Segment zu finden ist. Er wird
sehr oft zur Vernetzung von SPS-Komponenten eingesetzt.

17.10.5 FIP-Bus

Der FIP-Bus (Flux Information Process; ehemals: Factory Instrumentati-


on Protocol) ist eine Entwicklung der französischen Industrie und kann als
kommerzieller Gegenspieler des PROFIBUS angesehen werden. Die Daten-
übertragung erfolgt über geschirmte und verdrillte Zweidrahtleitungen oder
über Lichtwellenleiter. Die Datenübertragungsraten liegen zwischen 32 kBit/s
und 5 MBit/s (mit LWL). Ein störungsfreies Anschließen von Teilnehmern
während des Betriebes ähnlich dem PROFIBUS ist hier nicht vorgesehen.
Detaillierte Informationen zum FIP-Bus findet man in [96].
Allgemeine technische Daten: Es handelt sich ebenfalls um ein offenes
System, das in der Norm IEC 61 158 spezifiziert ist. Die maximalen über-
brückbaren Distanzen sind ratenabhängig: Bei einer Übertragungsrate von
2,5 MBit/s beträgt die Distanz 500 m, die auf 3500 m gesteigert werden
kann, wenn die Übertragungsrate auf 32 kBit/s reduziert wird. Die Bit-
codierung erfolgt im Manchester-Code.
Topologie und Datenübertragung: Die Topologie des FIP-Busses ist eine
Linienstruktur mit Abzweigen. Bei LWL-Übertragung ist neben der Lini-
enstruktur eine sternförmige Topologie unter Verwendung aktiver Bus-
koppler möglich. Die maximale Teilnehmeranzahl liegt bei 256.
Der Bus-Zugriff ist deterministisch und erfolgt nach dem sog. Delegated-
Token-Prinzip. Dabei erhalten die Slaves vom Master ein Token in Form
eines Identifiers (16-Bit-Wort). Über diese Identifier können mehrere Va-
riable eines Slaves adressiert werden. Die eigentliche physikalische Adres-
se wird nur in Sonderfällen verwendet, ansonsten erfolgt die Mehrfach-
Adressierung der Slaves durch den Identifier. Die Kommunikation besteht
gemäß FIP-Protokoll aus der Initialisierungsphase und der Betriebspha-
se. In der Initialisierungsphase wird festgelegt, welcher Slave zu welchem
Zeitpunkt welche Daten sendet.
Die Datensicherung führt zu einer Hamming-Distanz HD = 4 und wird
über verschiedene Mechanismen erreicht [96], wie z.B. Telegrammrahmen-
check mittels CRC-Quersumme, Dauerbelegungserkennung, Zeitüberwa-
chung der Teilnehmer oder auch die Abfrage eventuell ausgefallener Teil-
634 17 Messdatenerfassung im Feld

nehmer. Die längste Reaktionszeit kann in der Initialisierungsphase als


Vielfaches der Minimalzykluszeit (5 ms) konfiguriert werden.

17.10.6 INTERBUS-S

Der Interbus-S ist ein speziell für den echtzeitkritischen Bereich von der Fa.
Phoenix Contact entwickeltes Bussystem. Es wird vorwiegend in der Ferti-
gungsautomatisierung als objektnaher Feldbus zum Anschluss von Sensoren
und Aktoren bzw. SPS-Komponenten eingesetzt. Auch beim Interbus-S han-
delt es sich um einen offengelegten Standard. Beim Interbus-S ist prinzipiell
zwischen dem Lokalbus (= Sensorloop) und dem Fernbus zu unterscheiden.
Detaillierte Informationen zum Interbus findet man in [27], [16].

Allgemeine technische Daten: Der Fernbus kann bei einer maximalen


Teilnehmerzahl von 512 und einem maximalen Teilnehmerabstand von
400 m eine Gesamtausdehnung von 12,8 km aufweisen. Er kann Daten bis
zu max. 500 kBit/s übertragen. Ein Subbus zum Interbus-S ist die Sen-
sorloop (Lokalbus), die den Anschluss von einfachen binären Sensoren und
Aktoren ermöglicht. Dabei wird ein Twisted-Pair-Kabel zu den Teilneh-

Fernbus

Sensorloop (Lokalbus)

Slave 1 < 1,5 m

i < 40 mA

Slave 2 < 10 m

Slave n

n < 32

Sensor-Loop-Busklemme
(enthält Stromversorgung
für Slaves)

Abb. 17.35. Anschluss einer Sensor-Loop an den Fernbus (Interbus-S)

mern und zurück zum Hauptbus geführt (Abb. 17.35). Dieser Lokalbus
17.10 Der Feldbus (FAN) 635

kann max. 8 Teilnehmer aufnehmen (max. Abstand: 1,5 m, max. Ausdeh-


nung 10 m) [96]. Die Zweidrahtleitung dient gleichzeitig als Versorgungslei-
tung. Dazu steht in der Sensor-Loop-Busklemme ein Netzteil (24 V; 1,5 A)
zur Verfügung. Der Fernbus nutzt eine auf RS485 basierende Schnittstel-
le, wobei jeder Fernbusknoten über eine separate Hilfsenergieversorgung
sowie aktive Busankopplung mit Repeaterfunktion verfügt.
Topologie und Datenübertragung: Abbildung 17.36 zeigt die Interbus-
Topologie. Der Bus besteht aus (seriellen) Punkt-zu-Punkt-Verbindungen,
die einen Ring formen, was dazu führt, dass der Ausfall bereits eines Bus-
knotens den gesamten Bus lahmlegt.
Die Koordination der Buskommunikation obliegt dem Masterknoten
(Busmaster). Das Bus-Zugriffsverfahren läuft nach dem Prinzip des Sum-
menrahmentelegramms ab. Dabei sind alle für die einzelnen Teilnehmer
bestimmten Daten im Telegrammrahmen enthalten. Die Daten, welche die
Slaves an den Master senden, werden von den Slaves an der entsprechen-
den Stelle in den Telegrammrahmen eingebaut. Aufgrund der Ringtopolo-
gie können die Daten in einem Schieberegister gehalten bzw. durchgescho-
ben werden, wobei darauf zu achten ist, dass das dazugehörige Summen-
rahmentelegramm am Masterknoten beginnt und auch endet. Die explizite

Busmaster

Slave Lokalbus (Sensorloop)


max. 8 Teilnehmer;
Distanz < 10m

Buskoppler Slave Slave


Fernbus
Distanz < 400m

Slave Slave Buskoppler


Fernbus (max. 12,8km)

Slave

Slave

Abb. 17.36. Struktur des INTERBUS-S (Ringtopologie)


636 17 Messdatenerfassung im Feld

Adressierung der einzelnen Teilnehmer entfällt, da deren Adresse implizit


aus der jeweiligen Position im Schieberegister folgt.
Die Kommunikation beim Interbus-S beginnt stets mit einem sog.
Identifikationszyklus, der vom Master nach dem Start des Systems in-
itiiert wird, um festzustellen, welche Teilnehmer in welcher Reihenfolge
aktuell am Bus angeschlossen sind. Dazu erhält jeder Teilnehmer einen
16 Bit langen Identifikationscode (ID-Code). Nach dem Identifikationszy-
klus folgt der sog. Datenzyklus, in dem die Ausgabedaten vom Master
an die Slaves und auch die Daten der Slaves an den Master übertragen
werden.
Die Datensicherung erfolgt per Cyclic Redundancy Check (CRC) mit
Hilfe eines 16 Bit langen Prüfpolynoms. Beim Interbus-S können seitens
des Masters defekte Teilnehmer erkannt werden. In Folge ist es möglich,
nach dem Stoppen der Datenübertragung Bussegmente abzukoppeln bzw.
defekte Teilnehmer zu tauschen.

17.10.7 BITBUS

Der BITBUS, der im Jahre 1984 von der Fa. Intel definiert wurde, ist für
Anwendungen in der Steuerungsebene (Abb. 17.18) sehr geeignet; er findet
aufgrund seines langsamen Zeitverhaltens wenig Anwendung in den untersten
Ebenen von Automatisierungssystemen.
Detaillierte Informationen zum Bitbus findet man in [62], [96].

Allgemeine technische Daten: Die Datenübertragung, die sich am RS-


485-Standard orientiert, erfolgt beim Bitbus über drei Paare von verdrill-
ten Leitungen (1. Paar: Data+/Data-; 2. Paar: Masseleitungen; 3. Paar:
request-to-send / Schirm). Die Datenübertragung ist auch über Lichtwel-
lenleiter möglich, was allerdings nicht in der IEEE-Spezifikation für den
Bitbus festgehalten ist.
Die maximale Buslänge pro Segment beträgt 1200 m bei einer Über-
tragungsrate von 62,5 kBit/s. Aufgrund der Höchstzahl von 10 Repeatern
kommt man auf 11 mögliche Segmente und eine Gesamtlänge des Busses
von 13,2 km. Es sind pro Segment 28 Teilnehmer und ein Masterknoten
zugelassen; insgesamt dürfen nicht mehr als 250 Teilnehmer angeschlossen
werden. Die Codierung der Bitbussignale erfolgt gemäß der NRZI (Non-
Return-to-Zero-Inverted)-Methode.
Topologie und Datenübertragung: Die Topologie des Bitbusses ist eine
Linie mit Abzweigen, wobei gemäß Abb. 17.37 die Struktur auch aus meh-
reren Linien bestehen kann, die hierarchisch zusammengeschaltet werden.
Der Bitbus lässt nur einen Masterknoten zu, der über alle Ebenen hinweg
die Datenübertragung auf dem Bus kontrolliert. Ein diesem Master un-
tergeordneter Slave kann jedoch als (Sub-)Master einer darunterliegenden
Ebene arbeiten.
17.10 Der Feldbus (FAN) 637

Master

1. Bus-Ebene
R termin. R termin.

Stichleitungen

Slave 1 Slave 2 ... Slave 28


Master

2. Bus-Ebene
R termin. Repeater R termin.

Slave 3 Slave 4 ... Slave 8

Abb. 17.37. BITBUS mit zwei Ebenen [96]

Abbildung 17.38 zeigt das Bitbus-Telegramm, gemäß welchem die Da-


ten in Paketen, bestehend aus Startblock, Informationsblock, Datenblock
(Nutzdaten) und einem CRC-Prüfwort, gesendet werden. Bei der Über-
tragung wird jeder Datenblock mit einer Anfangs- und einer Endemarke
versehen, die aus 6 aufeinanderfolgenden Bits mit dem logischen Wert 1
bestehen. Das Echtzeitverhalten des Bitbus ist gewährleistet, da auf der
Basis der Teilnehmeranzahl und der Übertragungsrate die Antwortzeiten
bestimmt werden können.

Flag Adr Control Header Nutzdaten CRC Flag

Flag Marke
Adr Adresse
Control Steuerfeld
Header Bitbus-Meldungs-Header
Nutzdaten Bitbusdaten
CRC Prüfsumme
Abb. 17.38. BITBUS-Telegramm [96]

17.10.8 KNX

Der KNX-Bus ist ein Feldbussystem, das zur Gebäudeautomatisierung ein-


gesetzt wird. KNX ist der Nachfolger des EIB (European Installation Bus),
638 17 Messdatenerfassung im Feld

welcher ursprünglich von führenden Unternehmen der Elektroinstallations-


technik ins Leben gerufen wurde. Bei der Weiterentwicklung zum KNX-Bus
sind auch Teile des BatiBus sowie des EHS (European Home System) einge-
flossen. In erster Linie soll das Bussystem der variablen Vernetzung von Sen-
soren und Aktoren dienen, die typischerweise in der Haustechnik eingesetzt
werden, wie z. B. Temperatur- und Feuchtesensoren oder Beleuchtungs- und
Jalousiesteuerungen. Das KNX-Bussystem ist mittlerweile international ge-
normt (EN 50090, ISO/IEC 14543-3). Grundsätzlich handelt es sich um einen
offenen Standard. Allerdings muss man beitragspflichtiges Mitglied der KNX
Association sein, um die für die Entwicklung von KNX-Geräten notwendigen
technischen Informationen zu erhalten. Für die Programmierung des KNX-
Bussystems ist darüber hinaus eine von der KNX Association vertriebene
Software (ETS) notwendig. Eine genauere Beschreibung des KNX Busystems
findet sich in [112], die Software ETS wird in [114] detailliert besprochen.
Grundprinzip: In der klassischen Hausinstallation sind Steuerung und Ener-
gieversorgung fest miteinander verbunden. Die Grundidee des KNX Bus-
systems beruht auf der Trennung von Steuerung und Stromversorgung der
einzelnen Busteilnehmer. Es besteht demnach aus zwei getrennten Netzen,
dem Stromversorgungsnetz mit Wechselspannung und dem Steuerungs-
netz mit 29 V Gleichspannung. Dies erweist sich allerdings als nachteilig
bei nachträglichen Installationen. Für diesen Fall ist eine Power Line Va-
riante vorgesehen, bei der die KNX-Telegramme auf die Stromversorgung
aufmoduliert werden. Die Installation eines separaten Steuerungsnetzes ist
dann nicht notwendig, was allerdings mit einer verringerten Datenüber-
tragungsrate einhergeht.
Struktur: Der KNX-Bus erlaubt 15 Bereiche mit jeweils 15 Linien und
64 Teilnehmer pro Linie. Jede Linie wird über sog. Linienkoppler an das
restliche Bussystem angeschlossen. Um eine Linie zu erweitern, können
sog. Linienverstärker eingesetzt werden, die jeweils weitere 64 Teilnehmer
erlauben. Pro Linie können maximal drei Linienverstärker eingesetzt wer-
den, was zu maximal 256 Teilnehmern pro Linie führt. Es gilt zu beachten,
dass Linienverstärker und Koppler jeweils als Busteilnehmer zählen, was
die effektive Anzahl an Busteilnehmern reduziert. Jeweils 64 Teilnehmer
einer Linie bilden ein sog. Segment und benötigen ein eigenes Netzteil.
Abbildung 17.39 zeigt die Struktur des KNX-Bussystems. Insgesamt er-
gibt sich eine maximale Teilnehmerzahl von über 60.000, von denen jeder
Busteilnehmer eine Adresse erhält. Die Adresse 8.5.124 etwa bezeichnet in
Bereich 8 den Teilnehmer 124 aus Linie 5. Die für jede Linie notwendigen
Linienkoppler erhalten jeweils die Teilnehmernummer 0. Die Linienkopp-
ler trennen die Linien galvanisch von den Hauptlinien. Ein Kurzschluss
auf einer Linie hat somit keine Auswirkungen auf das restliche Bussy-
stem. Darüber hinaus filtern Linienkoppler die Telegramme, die über die
Hauptlinien laufen. Die Filterung geschieht mittels einer Liste, welche die
Adressen aller Teilnehmer einer Linie enthält.
17.10 Der Feldbus (FAN) 639

Bereichslinie

Bereich 15
BK 15

Bereich 3
Bereich 2
Bereich 1 LK 15
Hauptlinie
NT BK 1 1

63
LK 1 LK 15

1 1 LV 1
NT NT 65
63 63
127
LV 1 LV 1

65 65 LV 2
NT NT 129
127 127
191
LV 2 LV 2

129 129 LV 3
NT NT 193
191 191
255
LV 3 LV 3

193 193
NT NT
255 255
NT Netzteil
LV Linienverstärker
LK Linienkoppler
BK Bereichskoppler
Abb. 17.39. Struktur des KNX-Bussystems

Datenübertragung: Der KNX-Bus arbeitet im CSMA/CA Verfahren, um


Buskollisionen zu vermeiden (siehe Abschnitt 17.7). Die herkömmliche
KNX Variante mit separatem Steuerungsnetz aus verdrillten Zweidraht-
640 17 Messdatenerfassung im Feld

leitungen wird auch als KNX TP (KNX Twisted Pair) bezeichnet und
arbeitet mit einer Datenrate von 9,6 kbit/s. Die Power-Line Variante,
auch als KNX PL bezeichnet, kommt auf lediglich 1,2 kbit/s. Mit sog.
IP-KNX-Kopplern kann ein IP-Netzwerk durch ein KNX-Netzwerk erwei-
tert werden. Dies ist insofern interessant, als dass dadurch die höheren
Datenübertragungsraten des IP-Netzwerks genutzt werden können.
Bei der Datenübetragung über Twisted-Pair Kabel wird das KNX-Tele-
gramm auf einen 29 V Gleichspannungspegel aufmoduliert. Jeder sen-
dende Busteilnehmer muss dabei gleichzeitig den Datenverkehr auf dem
Bus mithören. Damit können Buskonflikte im Sinne einer bitweisen Ar-
bitrierung aufgelöst werden. Bei der Power-Line Variante werden auf die
Netzspannung hochfrequente Spannungssignale aufmoduliert. Dabei ent-
spricht eine Frequenz von 105,0 kHz einer logischen 0, 115,2 kHz einer
logischen 1. Die Mittenfrequenz dieser beiden Schwingungen beträgt etwa
110 kHz, weshalb das KNX PL System auch als PL110 bezeichnet wird.
Abbildung 17.40 zeigt die Codierungen des KNX TP sowie des KNX PL
Systems.

KNX TP KNX PL

Code 1 0 1 0 0 1 1 1 0 1 0 0 1 1

DC AC
(29 V) (320 V)
Abb. 17.40. Codierung der KNX-Daten

Kommunikationsprotokoll: Das KNX Protokoll kann Abb. 17.41 entnom-


men werden. Das Kontrollfeld beinhaltet unter anderem die Priorität des
Telegramms, was zur Konfliktauflösung bei gleichzeitigem Sendebeginn
zweier Busteilnehmer benötigt wird. Das Adressfeld beinhaltet die Adres-
sen von Sender und Empfänger. Das Datenfeld schließlich beinhaltet die
zu übertragenden Nutzdaten mit einer maximalen Länge von 16 Byte.
Abgeschlossen wird das Telegramm vom Sicherungsfeld, das der Übertra-

Kontrollfeld Adressfeld Datenfeld Sicherungsfeld


1 Byte 5 Byte 1 bis 16 Byte 1 Byte

Abb. 17.41. Telegrammstruktur des KNX TP

gungssicherheit dient. Beim Power-Line KNX muss das Telegramm noch


17.10 Der Feldbus (FAN) 641

erweitert werden, um beispielsweise zu verhindern, dass sich benachbarte


KNX PL Systeme gegenseitig beeinflussen, da nicht wie beim KNX TP
durch ein separates Netz sichergestellt ist, dass die Telegramme nur in-
nerhalb einer Anlage empfangen werden.

17.10.9 LON (Local Operating Network)

Das Local Operating Network ist von der Fa. Echelon als Feldbussystem für
nicht-zeitkritische Anwendungen, wie z. B. die Gebäudeautomatisierung, ent-
wickelt worden. Eine internationale Norm existiert nicht, wohl aber LON-
Nutzerorganisationen, welche die Entwicklung von LON-Komponenten un-
terstützen. Die Ankopplung der Teilnehmer an den LON-Bus erfolgt über sog.
Neuron-Chips, die von den Firmen Motorola und Toshiba geliefert werden. In
diesen Chips ist das Protokoll aller 7 Schichten des OSI-Schichtenmodells in
Form von Firmware enthalten.
Detaillierte Informationen zu LON findet man in [42].

Allgemeine technische Daten: Die Datenübertragung erfolgt über eine


RS485-Leitung (Twisted Pair), über Koaxialkabel, Lichtwellenleiter oder
Netzleitungen (Powerline Communication). Die max. Datenübertragungs-
rate beträgt 1,25 MBit/s. Die Bitcodierung erfolgt nach dem Manchester-
Verfahren. Eine Fernspeisung der Teilnehmer über den Bus ist möglich.
Es lassen sich bis zu 32.385 Teilnehmer an den LON-Bus anschließen. Da-
zu müssen 255 Subnetze mit je 127 Teilnehmern eingerichtet werden. Die
maximale Ausdehnung beträgt 6,1 km bei einer Datenrate von 5 kBit/s.
Topologie und Datenübertragung: Der LON-Bus kann Linien-, Stern-
und Baumstruktur aufweisen. Die unterschiedlichen Topologien resultie-
ren aus den verschiedenartigen Übertragungsmedien, die beim LON zu-
gelassen sind. Bei RS485-Übertragung ergibt sich eine Linienstruktur, bei
Powerline- oder Funkübertragung natürlich andere Topologien. In jedem
Fall dienen die Neuron-Chips als Kommunikationscontroller. Um zwei
Bussegmente mit unterschiedlichen Übertragungsmedien zu verbinden,
braucht man einen Router (Abb. 17.42).
Als Bus-Zugriffsverfahren wird ein CSMA/CA-Verfahren eingesetzt.
Die Datenübertragung erfolgt gemäß dem LONTALK-Protokoll (Abb.
17.43). Sie ist durch Datenpakete mit einer durchschnittlichen Größe von
20 Byte optimiert. Die Hamming-Distanz bei der Datenübertragung be-
trägt HD = 4 und wird durch eine 16 Bit lange CRC-Prüfsumme erreicht.
Die Neuron-Chips sind recht komplex. Sie enthalten u. a. drei getrenn-
te CPUs für Bus-Zugriff (CPU1), Abdeckung der OSI-Schichten 3 bis
7 (CPU2) und Anwendungsaufgaben (CPU3). Zu ihrer Programmierung
benötigt man das nicht ganz preiswerte Entwicklungstool LONBUILDER.
642 17 Messdatenerfassung im Feld

Fenster-
Klimalüftung steuerung

R termin. Neuron Neuron R termin.

verdrillte Zweidrahtleitung

Neuron
Router Beleuchtung Schalter

Neuron Neuron Neuron

Wechselstromleitung

LWL LWL
Neuron Neuron Neuron Neuron
Router Router
Funk
Neuron Neuron

Abb. 17.42. Topologievarianten des LON [96]

17.10.10 DIN-Messbus

Das Haupteinsatzgebiet des DIN-Messbusses ist das professionelle Mess-, Prüf-


und Eichwesen, so z. B. bei der Tankstellenautomation. In Deutschland ist der
DIN-Messbus genormt (DIN 66348). Es gibt auch eine Anwendervereinigung
(DIN-Messbus e.V.).
Detaillierte Informationen zum DIN-Messbus findet man in [159], [96].
Allgemeine technische Daten: Der DIN-Messbus basiert auf der RS485-
Übertragung mit zwei Twisted-Pair-Leitungen für Vollduplex-Betrieb. Die

Prä Data CRC CV Beta1 Beta2 RS

Prä Präambel
Data Datenpaket
CRC Prüfsumme (Cyclic Redundancy Check)
CV Code Violation (Manchester-Code-Verletzung)
Beta1 Beta1-Zeit (Kanalfreihaltezeit)
Beta2 Beta2-Zeit (Prioritätsvergabe)
RS Randomizing Slots (zufällige Zeitscheiben)

Abb. 17.43. Telegramm des LON-Bus [96]


17.10 Der Feldbus (FAN) 643

Bitcodierung erfolgt nach NRZ (Non Return to Zero). Standardmäßig


können 32 Teilnehmer angeschlossen werden. Bei Verwendung von erwei-
terten Adressen und Repeatern sind 992 bzw. bei Kaskadierung bis zu
4.096 Teilnehmer zugelassen.
Topologie und Datenübertragung: Die Topologie ist eine Linienstruktur
mit Abzweigen. Wegen des Vollduplexbetriebes sind zwei Adernpaare, also
eine Sende- und eine Empfangsleitung, notwendig (Abb. 17.44).

Abb. 17.44. Topologie des DIN-Messbusses [96]

Das Bus-Zugriffsverfahren arbeitet nach dem Master/Slave-Prinzip mit


Abfragepolling. Der Telegrammrahmen des DIN-Bus-Protokolls wird in
Abb. 17.45 gezeigt.
Die Fehlersicherung besteht u. a. aus einem Paritätsbit und einem
Blockprüfzeichen (BCC) je Datenblock. Schließlich wird eine Hamming-
Distanz von HD = 4 erreicht. Aufgrund des deterministischen Pollings,
der bekannten Teilnehmeranzahl und Blocklänge sowie der vereinbarten
Datenrate ist die Echtzeitfähigkeit des DIN-Messbus gegeben.

Übertragungsblock

STX INFO ETB/ETX BCC

STX Beginn des Datenblocks


INFO Informationsfeld max. 128 Zeichen
ETB/ETX Ende Datenblock /
Ende Datenblock und gleichzeitig Ende Text
BCC Blockprüfzeichen

Abb. 17.45. Telegramm des DIN-Messbusses


18
Vernetzung von Messdatenrechnern
(Industrie-LAN, WAN)

Die nächsthöhere Vernetzungsebene nach dem Feldbereich, in dem ja die Feld-


busse dominieren, ist der Zellbereich bei der Fertigung und der Prozessleitbe-
reich bei der Prozessautomatisierung. Feldbusse können hier nicht eingesetzt
werden, weil im Vergleich zum Feldbereich sehr große Datenmengen trans-
portiert werden müssen. Dafür dürfen die Antwortzeiten für eine Anfrage
zum Teil bereits im Sekundenbereich liegen. Als Bussystem eignet sich hier
das Ethernet, das als physikalische und logische Basis für ein Local Area
Network (LAN) dient. Ein LAN ist ein Kommunikations-Verbund von ei-
genständigen Rechnern und Controllern, die gegenseitig Daten austauschen
müssen. Ein Rechner kann dabei als Serverstation dienen, die den Daten-
transfer zwischen allen an das Netz angeschlossenen Rechnern koordiniert.
Den Zusammenschluss der LANs eines Unternehmens bezeichnet man als In-
tranet. Die LANs wurden ehemals vorwiegend in der Bürokommunikation ein-
gesetzt. Um sie auch für die Fabrikautomation und Prozesstechnik verfügbar
zu machen, mussten sie insbesondere bzgl. elektromagnetischer Störungen re-
sistent werden, z. B. durch doppelt geschirmte Koaxialkabel. Man spricht in
diesem Zusammenhang von Industrie-LAN bzw. im Falle des Ethernet von
Industrie-Ethernet.
Das heutige Ethernet ist in der IEEE-Spezifikation 802.3 definiert. Da-
nach kann ein Ethernet aus 5 Segmenten mit je 500 m Koaxialkabel bestehen.
Die maximale Teilnehmeranzahl liegt bei 1024 und die höchste Datenrate bei
10 MBit/s. Die Topologie ist in aller Regel eine Linienleitungsstruktur mit
Abzweigen. Für höhere Datenraten steht das sog. Fast-Ethernet für Über-
tragungen mit bis zu 100 MBit/s bereit. Mittlerweile gibt es noch schnellere
Ethernet-Standards mit Datenraten von 1000 bzw. 2000 MBit/s.
Um eine sichere Datenübertragung zu ermöglichen, wird das Ethernet
mit einer Kommunikationssoftware betrieben, welche die Datenübertragung
durch Fehlererkennung und Fehlerkorrektur stark verbessert. Diese Standard-
Kommunikationssoftware ist das Transmission Control Protocol / Inter-
net Protocol (TCP/IP). Sie bildet auch die Schnittstelle zur Anwendungs-

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_18
646 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

Application 7
Presentation 6 Application
Session 5
Transport 4 Transport Control Protocol (TCP)
Network 3 Internet Protocol (IP)
Data Link 2 Packet-Driver
Physical Link 1 Ethernet-Controller/physik. Leitungen

Abb. 18.1. Abbildung des ISO-Schichtenmodells auf das mit TCP/IP betriebene
Ethernet

software. TCP/IP ist den Schichten 3 und 4 des ISO-Schichtenmodells zuzu-


ordnen. Das Ethernet insgesamt entspricht den Schichten 1 bis 4 (Abb. 18.1).

18.1 IP-Adressen
Jeder Teilnehmer eines LAN erhält eine ihm zugeordnete Adresse, die sog.
IP-Adresse. Jede IP-Adresse ist 32 Bit lang und untergliedert sich in 4 Fel-
der à 8 Bit, die als Oktette bezeichnet werden. Ein Oktett repräsentiert eine
Dezimalzahl zwischen 0 und 255. Die einzelnen Oktette sind durch Punkte
voneinander getrennt (Abb. 18.2).

IPv6-Adressen
Die bisher behandelten IP-Adressen basieren auf dem Protokoll IPv4 (IP Ver-
sion 4), welches bis zu 232 verschiedene Adressen vorgibt. Die Internet Engi-
neering Task Force (IETF) warnte schon in den 90er Jahren, dass die An-
zahl freier IP-Adressen rapide abnimmt. Daher wurde das Protokoll IPv6 (IP
Version 6) entwickelt, welches 128 Bit lange Adressen definiert und 2128 ver-
schiedene Adressen erlaubt. Die Einführung des neuen Standards ist derzeit
noch ungewiss. Eine IPv6-Adresse setzt sich aus acht 16 Bit-Werten zusam-
men, wobei jeder der 16 Bit-Wert aus 4 hexadezimalen Werten besteht. Ein
Beispiel für eine IPv6-Adresse:

ADCF:BA43:0000:0000:0000:0000:0800:CAFE

oder vereinfacht

ADCF:BA43::800:CAFE
18.2 Subnetzmasken 647

Netzwerkklasse
Netz-ID Host-ID
A 7 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 0

Netz-ID Host-ID
B 7 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 0

Netz-ID Host-ID
C 7 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 0
r s t u
1 Byte 1 Byte 1 Byte 1 Byte

Netzwerk-
IP-Adresse Netz-ID Host-ID
klasse
A r. s. t. u r s. t. u
B r. s. t. u r. s t. u
C r. s. t. u r. s. t u

Abb. 18.2. Prinzipielle Struktur von IP-Adressen gemäß IPv4

Aufeinanderfolgende Nullwerte können mittels ::“ einmalig abgekürzt wer-



den, führende Nullen werden weggelassen.
Die im folgenden Abschnitt beschriebenen A-, B- oder C-Klasse Netzwerke
spielen bei IPv6 keine Rolle mehr. Hier wird eine andere Unterscheidung von
Netzwerktypen vorgenommen. Die größte Neuerung von IPv6 stellt die Un-
terscheidung von Transportprioritäten dar, somit werden in Zukunft Email-
Nachrichten langsamer transportiert als Echtzeitdaten. Details dazu werden
unter anderem in [15] vorgestellt.

18.2 Subnetzmasken
Subnetzmasken werden verwendet, um die Netz-ID von der Host-ID (Abb.
18.2) in einer IP-Marke zu trennen. Dies hat zur Folge, dass die Subnetzmas-
ken von der Klasse des Netzes abhängen.

Netz-Klasse Standard-Subnetzmaske
in Dezimalnotation
A 255.0.0.0
B 255.255.0.0
C 255.255.255.0
648 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

Mit bitweiser Verundung von IP-Adresse und Subnetzmaske kann so leicht die
Netz-ID herausgefiltert werden. Für den Fall, dass das (physikalische) Netz auf
mehrere Subnetze aufgeteilt wird, muss eine spezielle Subnetzmaske definiert
werden.

18.3 Internet-Protokoll (IP)


Dem Internet-Protokoll (entspricht Schicht 3 des ISO-Schichtenmodells) ob-
liegt die prinzipielle Aufgabe, Datenblöcke (Datagramme oder auch Telegram-
me genannt) vom Sender zu einem oder mehreren Empfängern zu transportie-
ren. Als Unteraufgaben resultieren daraus Adressverwaltung (Adress Manage-
ment), die Aufteilung des Telegramms in geeignete Datenblöcke (Segmentie-
rung), die Suche eines geeigneten Übertragungsweges im Netz (Routing) bei
komplexeren Netzstrukturen sowie die Fehlererkennung im Falle von bei der
Übertragung auftretenden Fehlern. Erst durch eine weitere Softwareschicht,
dem Transmission Control Protocol (TCP), wird der einwandfreie Empfang
der Daten sichergestellt.

18.4 Transmission Control Protocol (TCP)


Das Transmission Control Protocol (TCP) ist der 4. Schicht im ISO-Schichten-
modell zugeordnet. Den entsprechenden Software-Modulen obliegen folgende
wichtige Teilaufgaben:
• Aufbau sowie Abbau von Datenübertragungsverbindungen im Vollduplex-
Betrieb. Vollduplex-Betrieb bedeutet gleichzeitiges Senden und Empfangen
von Daten.
• Kontrolle dieser Verbindungen und im Falle eventueller Probleme, wie z.B.
Stau im Netz, Rückmeldung an die darüberliegende Anwendersoftware.
• Aufbereitung und eventuelle Zwischenspeicherung von zu übertragenden
Datenblöcken
• Datensicherung durch
– Prüfsummenbildung (32 Bit)
– Quittierung von korrekt empfangenen Segmenten (Acknowledgement)
– Wiederholung (Repeat) im Falle von Übertragungsfehlern
– Zeitüberwachung (Time Out).

18.5 Echtzeitfähigkeit des Ethernet


Die Echtzeitfähigkeit des Ethernet ist im strengeren Sinne, bedingt durch
das verwendete CSMA/CD-Zugriffsverfahren, nicht gegeben. Durch Lastein-
schränkung (Busauslastung < 25%) jedoch, die durch entsprechende Parame-
trierung der TCP/IP Software eingestellt werden kann, wird erreicht, dass
18.7 Physikalische Ethernet-Übertragung 649

die Responsezeiten auch bei den relativ großen Datenmengen der Leit- und
Führungsebenen klein genug sind (0,1 bis 10 Sekunden, je nach Anwendung),
um für die meisten Anwendungen von einer Echtzeitfähigkeit ausgehen zu
dürfen.
Die entscheidenden Parameter zur Einstellung der Lastbegrenzung sind
die Anzahl der pro Sekunde gesendeten Nachrichten (Nachrichtenrate), ihre
maximale durchschnittliche Dauer sowie der minimale Zeitabstand zwischen
den Nachrichten. Eine weitere Möglichkeit zur Verkürzung der Antwortzeiten
besteht in einer Unterteilung des Netzes in ein übergeordnetes Hauptnetz
und darunterliegende Subnetze. Man spricht in diesem Zusammenhang von
Switching-Technologie. Meistens sind die beiden Netzebenen über optische
Switch Module verbunden, deren wesentliche Aufgabe in der Kanalisierung des
Datentransports besteht.

18.6 Übergeordnete Kommunikationsebenen

Es gibt Bestrebungen, die Funktionalität und den Komfort von TCP/IP-


Datenübertragungen weiter zu verbessern, indem man auch die Schichten 5
und 6 des OSI-Schichtenmodells durch Standards abdeckt. In diesem Zusam-
menhang ist vor allem das Manufacturing Automation Protocol (MAP)
zu nennen, das für die Entwickler von Automatisierungstechnikkomponenten
eine Standard-Schnittstelle zu der darunterliegenden TCP/IP-Software bereit-
stellt. Diese Schnittstelle stellt Software-Komponenten der Schichten 5 und 6
zur Verfügung, welche die Kommunikation von Automatisierungstechnikkom-
ponenten unterstützen, so dass sich der Entwickler nur noch um die eigentliche
Anwendungssoftware (Schicht 7) kümmern muss.

18.7 Physikalische Ethernet-Übertragung


Historisch herrscht bei Ethernet-Verbindungen das Koaxialkabel vor, im Nah-
bereich werden heute vorrangig geschirmte Twisted-Pair-Leitungen mit 4
Adernpaaren verwendet, während auf Fernstrecken in aller Regel Lichtwellen-
leiter zum Einsatz kommen. Bei Verwendung von Twisted-Pair-Leitungen im
Nahbereich werden die Teilnehmer (Knoten) eines Netzsegmentes sternförmig
an einen sog. Hub angeschlossen. Es handelt sich dabei um einen Multiport-
Repeater, d. h. alle Nachrichten, die der Hub empfängt, werden an alle an
ihn angeschlossenen Teilnehmer gesendet. Dabei ist ein Hub im Gegensatz
zu einem sog. Switch nicht in der Lage festzustellen, welche Teilnehmer die
Nachricht empfangen sollen und welche nicht. Dies führt natürlich zu unnöti-
gem Datenverkehr im Netz und damit zu Problemen bei stark frequentierten
Netzen. Ein Switch hingegen kennt die Adressen der an ihn angeschlossenen
Teilnehmer und leitet Nachrichten gemäß ihrer Zieladresse nur gezielt an die
650 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

....
Hub / Switch

Ethernet

Hub / Switch Hub / Switch


Subnetze mit
Ethernet
Sternstruktur

.... .... .... ....


....

....
Abb. 18.3. Ethernet-Topologie mit Hubs und Switches

Teilnehmer weiter, für die sie gedacht ist. Dies ermöglicht die (nahezu) gleich-
zeitige Übertragung von Nachrichten mit verschiedenen Zieladressen über den
Switch (Abb. 18.3). Ein Switch ist auch in der Lage, Nachrichten zwischen-
zuspeichern. Wenn die Verbindungen zum Switch 4-adrig ausgeführt sind,
können über den Switch verbundene Teilnehmer in beiden Richtungen simul-
tan, d. h. im Vollduplex-Betrieb, miteinander kommunizieren. Wenn zwei an
einem Busstrang angeschlossene Switches diesen gleichzeitig benutzen wollen,
kommt es jedoch zu Kollisionen.

18.8 Ethernet-Telegrammstruktur
Es gibt zwei gängige Telegrammstrukturen, nämlich die nach dem Standard
V.2 und die nach IEEE 802.3, welche aufgrund ihrer Unterschiede nicht kom-
patibel sind (Abb. 18.4).

18.9 Verbindung mehrerer lokaler Netze


Größere Organisationseinheiten, wie Entwicklungszentren, Fabrikationsstätten
oder auch Universitäten betreiben meist mehrere lokale Netze (Local Area
Networks (LANs)), die es dann wiederum untereinander zu verbinden gilt
(Abb. 18.5).
Dazu verwendet man sog. Router. Wenn nun ein Teilnehmer aus einem
bestimmten LAN eine Nachricht in ein anderes LAN übertragen möchte, wird
diese Nachricht zunächst an den dem Sendenetz zugeordneten Router ge-
schickt. Dieser Router verfügt über Routing-Tabellen, denen er entnehmen
18.9 Verbindung mehrerer lokaler Netze 651

Ethernet-Telegrammstruktur nach V.2

Preamble Source Address Data Cyclic Redundancy


8 Byte 6 Byte 0 bis 1500 Byte Check
4 Byte
PRE DA SA Type Da ta Pad CRC

Destination Type-Field PadField


Address 2 Byte 0 bis 46 Byte
6 Byte (wird gefüllt wenn
Datenfeld < 46 Byte)

Ethernet-Telegrammstruktur nach IEEE 802.3

Destination Destination Service Source Service


Preamble Address Address Point Address Point
7 Byte 6 Byte 1 Byte 1 Byte

PRE SD DA SA Len DSAP SSAP

Source Address Length of


6 Byte DataField
Start Delimiter 2 Byte
1 Byte Cyclic Redundancy
Protocol-ID Data Check
3 Byte 0 bis 1500 Byte 4 Byte

CF P-ID Type Da ta Pad CRC

Control-Field Type-Field PadField


1 Byte 2 Byte 0 bis 46 Byte
(wird gefüllt wenn
Datenfeld < 46 Byte)
Abb. 18.4. Ethernet-Telegrammstrukturen

kann, auf welchem Wege er die betreffende Nachricht in das in Frage kom-
mende LAN schicken kann. Für den Fall, dass dieses LAN nicht unmittelbar
erreichbar ist, werden Wege über andere Router gesucht. Für das effiziente
Routing in komplexen Netzen stehen heute intelligente Routing-Algorithmen
zur Verfügung. Router sind also kleine Rechner, die Netze auf der Ebene der
3. Schicht des ISO-Schichtenmodells verbinden, d. h. sie beinhalten bereits
Realisierungen der Schichten 1 bis 3.
652 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

LAN 2

LAN 1
Router 1

Router 2
LAN 3
Router 3

Router 4

LAN 5
LAN 4

Abb. 18.5. Verbindung mehrerer lokaler Netzwerke

18.10 Standortübergreifende Vernetzung


18.10.1 Breitband-ISDN

Für die Verbindung lokaler Netze, die sich an unterschiedlichen Standorten auf
der Welt befinden, benötigt man zunächst geeignete physikalische Fernüber-
tragungsmedien. Dazu zählen Standard-Telefonkabel, Koaxialkabel, Lichtwel-
lenleiter, Richtfunkstrecken, Satellitenverbindungen und Mobilfunknetze.
Das weltweit am weitesten verbreitete öffentliche Standard-Daten-Über-
tragungssystem ist das ISDN (Integrated Services Digital Network). Bei der
Nutzung eines Kanals können Daten mit 64 kBit/s übertragen werden. Die Da-
tenübertragungsrate verdoppelt sich, wenn beide Standard-Kanäle verwendet
werden. Durch neue Übertragungstechniken, wie High Bit Rate Digital
Subscriber Line (HDSL) oder Asymmetric Digital Subscriber Line
(ADSL) sind Datenübertragungsraten von ca. 3 MBit/s bis zum Endteil-
nehmer möglich. Zur Bereitstellung höherer Bandbreite kann auch ein sog.
Primärmultiplexanschluss genutzt werden, der durch Bündelung von 30 ISDN
B-Kanälen eine Übertragungsrate von 1,92 MBit/s erreicht.
Im Aufbau befindet sich ein sog. Breitband-ISDN-Netz (B-ISDN),
welches Übertragungsraten von derzeit 155 MBit/s zulässt. Es sind Daten-
raten von bis zu 2,5 GBit/s realisierbar. Der Zugang zum B-ISDN ist an
die Verfügbarkeit eines Koaxialkabels bzw. eines Lichtwellenleiters (LWL)
zwischen Vermittlungsstelle und Endteilnehmer gebunden. Dies führt oft
zum sog. Problem der letzten Meile, bei dem zwar prinzipiell Hochleistungs-
Telekommunikationsnetze regional zur Verfügung stehen, aber der Anschluss
18.10 Standortübergreifende Vernetzung 653

von Endteilnehmern scheitert, weil nicht die geeigneten Übertragungsmedien


bis dorthin führen.
Das Breitband-ISDN verwendet als Übertragungsverfahren das ATM-
Protokoll (Asynchronous Transfer Mode). Bei ATM werden die zu übertra-
genden Daten zu Paketen fester Länge (53 Bytes) zusammengefasst und zum
Ziel geroutet. Zur Übertragung wird ein synchrones Zeitmultiplexverfahren
eingesetzt, bei dem eine Zeitscheibe exakt dieser Datenzellenlänge entspricht.
Der Namensteil asynchronous“ bezieht sich auf die Tatsache, dass aufein-

anderfolgende Nutzzellen eines logischen Datenstromes (Verbindung) zeitlich
unabhängig voneinander übertragen werden. Weitere Informationen zu ATM-
Netzen finden sich beispielsweise in [71].

18.10.2 Datex-P

Ein älteres Weitverkehrsübertragungsmedium ist das Datex-P-Netz. Datex-P


steht für Data Exchange Packet Switching. Auch hier werden die Da-
ten in Form von Paketen übertragen. Die Paketübertragung selbst erfolgt im
Netz mit 64 kBit/s (künftig 1,92 MBit/s). Dem Datex-P-Netz liegt das X.25-
Protokoll zugrunde. Die dort vorgesehenen Korrekturmöglichkeiten erlauben
Bitfehlerwahrscheinlichkeiten in der Größenordnung von 10−9 . Ein weiterer
Vorteil von Datex-P besteht in der Möglichkeit, unterschiedlich schnelle Date-
nendeinrichtungen miteinander zu verbinden. Typischerweise wird das Datex-
P-Netz heute über den ISDN-Anschluss erreicht, wobei ein paketvermittel-
bares X.25-Endgerät über einen geeigneten Terminaladapter an den ISDN-
Hauptanschluss angeschlossen wird, welcher damit aus Sicht dieses Endgerätes
zum Datex-P10H-Hauptanschluss wird [71].

18.10.3 GSM

Eine weitere Möglichkeit des Datentransfers im Weitverkehrsbereich besteht


in der Nutzung des Mobilfunknetzes GSM (Global System for Mobile
Communication) unter Zuhilfenahme des General Packet Radio Ser-
vices (GPRS). GPRS unterstützt alle gängigen Datenübertragungsproto-
kolle, inklusive X.25 und IP (Abb. 18.6). GPRS basiert ebenfalls auf einer pa-
ketvermittelnden Technologie, die zur effizienten Nutzung der GSM-Netzwerk-
kapazität dient, d. h. ein Teilnehmer belegt die Funkstrecke nur dann, wenn
wirklich Daten übertragen werden. Die Standardübertragungsrate beträgt bei
GPRS 14,4 kBit/s. Es können schließlich 8 Kanäle zu 115,2 kBit/s gebündelt
werden. Bei GPRS werden Datenpakete von den Basisstationen über die sog.
Serving GPRS Support Nodes (SGSN) auf den GPRS-Backbone übertragen.
Dies ist ein Netz mit Internet-Protokoll (IP). Andere Netze können schließlich
über Gateways erreicht werden (Abb. 18.6).
654 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

Abb. 18.6. GPRS-Netzwerkverbindungen

UMTS

Als leistungsfähigerer Nachfolger der GSM-Mobilfunknetze ist seit Frühjahr


2004 das Universal Mobile Telecommunications System (UMTS) in Betrieb.
Auf geringe Distanzen sind dort 2 MBit/s, ansonsten 384 kBit/s möglich.

18.10.4 Powerline-Kommunikation (Power Line Communication,


PLC)

Bei der Powerline-Kommunikation nutzt man die Leitungen des elektrischen


Energieversorgungsnetzes zur Übertragung von Daten.
18.10 Standortübergreifende Vernetzung 655

Dabei ist zu unterscheiden zwischen der


• Datenübertragung im öffentlichen Energieversorungsnetz (Stromnetz)
und der
• Datenübertragung im privaten Stromnetz eines Endverbrauchers
(sog. HomePlug-Powerline).
Bei allen Powerline Communication Systemen werden die Daten auf die 230 V -
50 Hz-Wechselspannung des Verbrauchernetzes aufmoduliert. Für den Bereich
des öffentlichen Stromnetzes ist die Bandbreite gemäß CENELEC-Standard
sehr eingeschränkt (fgr < 95 kHz für Energieversorger und fgr < 148, 5 kHz
für Kundenanlagen). Die über längere Distanzen maximal erreichbare Daten-
rate liegt in der Größenordnung von 1 MBit/s. Aus diesem Grund werden
der Übertragung von Internet-Daten über öffentliche Netze kaum noch große
Zukunftschancen eingeräumt.
Im Bereich der häuslichen Netze des privaten Endverbrauchers hingegen
arbeitet man mit wesentlich höheren Bandbreiten. Bei dem AV 1800-Standard
nutzt man das Frequenzband von 2-86 MHz. Dadurch lassen sich für kürzere
Distanzen in Einfamilienhäusern theoretisch Datenraten von 18 GBit/s er-
zielen. In der Praxis liegen die erreichten Werte aber oft deutlich darüber
(50-250 MBit/s).
Da einerseits die Bandbreite und andererseits die max. Leistung des auf-
modulierten Datensignal beschränkt sind und nicht mehr weiter gesteigert
werden können, wird der heutige Entwicklungsstand wohl mehr oder weniger
eingefroren werden.

18.10.5 Satellitenkommunikation

In Regionen mit schwach ausgebauten öffentlichen Datennetzen (in Europa


sind dies etwa 75% der Gesamtfläche) stellt sich für viele Unternehmen die Fra-
ge, wie sie an Highspeed-Datennetze angeschlossen werden können. Ein Breit-
bandanschluss lässt sich in diesen Gebieten oft nur über Satellitenverbindun-
gen realisieren. So gibt es bereits einige Unternehmen, die bei dieser Problem-
stellung Lösungen anbieten, wie z.B. das Thyssen-Krupp-Tochterunternehmen
Triaton [186], das die datentechnische Anbindung von außerhalb einer guten
terrestrischen Tele-Kommunikationsinfrastruktur liegenden Niederlassungen
über Satellitenstrecken anbietet (Abb. 18.7).
Der Anschluss erfolgt dabei über ein serielles Interface. Die Datenraten
der derzeit zur Verfügung stehenden Kanäle liegen zwischen 32 kBit/s und
34 MBit/s. Diese Dienste werden von der Industrie heute vorwiegend für LAN-
LAN-Kopplungen genutzt.
Die Satellitenkommunikation ist prinzipiell in Gebieten mit schwacher Te-
lekommunikationsinfrastruktur bei der Realisierung von WANs die erste Wahl,
wenn man hohe Datenraten benötigt. Pro Transponder erlaubt ein Satellit
Datenraten von bis zu 50 MBit/s und dies quasi entfernungsunabhängig.
656 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

Satelliten-Zentrale

Standort
A

Standort
B
Zentrale öffentliches Telefonnetz
(ISDN bzw. B-ISDN) Standort
C

Abb. 18.7. Datentechnische Vernetzung via Satellit

Eutelsat beispielsweise bietet den Highspeed-Zugang zum Internet über klei-


ne mobile Satellitenstationen an. Dabei sind Downlink-Datenraten von bis zu
40 MBit/s und Uplink-Datenraten von derzeit 2 MBit/s möglich. Der Durch-
messer der verwendeten Parabolantennen liegt zwischen 1 und 4 m [53].

18.10.6 Metropolitan Area Network (MAN)

Metropolitan Area Networks (MANs) sind im IEEE-Standard 802.6 definier-


te Netzwerke, die kein LAN mehr und noch kein Wide Area Network (WAN)
sind. Ein wichtiges Kriterium zu ihrer Klassifizierung ist räumliche Ausdeh-
nung. Sie geht bei MANs über das Betriebsgelände hinaus, bleibt aber im
innerörtlichen Bereich. Es handelt sich um Citynetze, deren Topologie meist
aus einem Ring besteht, an den lokale Netze und Endgeräte über Stichleitun-
gen angeschlossen werden.

18.10.7 Wide Area Network (WAN)

Man spricht von einem Weitbereichsnetz, wenn es sich um ein Datennetzwerk


mit sehr großer räumlicher Ausdehnung handelt, d.h., wenn sich die Netzwerk-
einheiten in verschiedenen lokalen Regionen, Ländern bzw. Erdteilen befinden.
Zur Verbindung über solch große Strecken müssen öffentliche Kommunikati-
onsnetze in Anspruch genommen werden, d. h. der private Geltungsbereich
eines Unternehmens wird verlassen, und man ist bei der Etablierung und dem
Betrieb des Netzes auf einen Anbieter von Übertragungsdiensten, einen sog.
18.11 Rechnernetze zur Messdatenübertragung 657

Provider, angewiesen. Die räumliche Ausdehnung eines WANs unterliegt kei-


nen Beschränkungen.

18.10.8 Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetz FDDI

Glasfasernetze können die Grundlage eines MAN bzw. eines WAN bilden. Ein
Standard ist dabei das sog. Fibre Distributed Data Interface (FDDI) [86]. Diese
FDDIs sind oft in Ringstruktur aufgebaut. Dabei wird aus Gründen höherer
Zuverlässigkeit ein Glasfaser-Doppelring verwendet, an den die Teilnehmer
über sog. Dual Attachment Stations (DAS) angeschlossen sind (Abb. 18.8).

DAS
Primärring

SAS
SAC SAS
SAC

Sekundärring
SAS
SAS
DAC DAC

SAS

DAS
Abb. 18.8. Implementierung eines FDDI-Glasfasernetzes (Siemens AG); A: Attach-
ment, C: Concentrator, D: Dual, Sxx: Single, xxS: Station

Der maximale Ringumfang beträgt 10 km und es können bis zu 500 Netz-


knoten teilnehmen. Der Teilnehmerabstand darf jedoch nicht größer als 2 km
sein, da die DAS u. a. Repeaterfunktionen wahrnehmen. Die max. Daten-
übertragungsrate liegt bei 100 MBit/s. Es besteht auch die Möglichkeit, unter
Verwendung von Dual Attachment Concentrators (DAC), Single Attachment
Concentrators (SAC) sowie Single Attachment Stations Abzweignetze zu rea-
lisieren (Abb. 18.8).

18.11 Rechnernetze zur Messdatenübertragung


Prinzipiell gibt es mehrere Möglichkeiten, Messdatenerfassungssysteme kom-
munikationstechnisch zu vernetzen:
658 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

18.11.1 Spezielle Bussysteme zur Messdatenerfassung

Wenn mehrere Geräte bzw. Systeme, die Messdatenerfassungszwecken oder


sonstigen Aufgaben der Laborautomatisierung dienen, vernetzt werden sol-
len, hat man in der Vergangenheit meistens Bussysteme genutzt, die speziell
für diese Aufgaben entwickelt wurden. Dazu zählen vor allem der IEC-Bus,
der VXI-Bus, der MXI-Bus, der PXI-Bus sowie alle Feldbussysteme. Solche
Lösungen bergen die wenigsten Risiken in bezug auf Echtzeitfähigkeit und Zu-
verlässigkeit. Aber abgesehen vom IEC-Bus, der seit langem einen Standard in
der Laborautomatisierung darstellt, handelt es sich um Systeme, welche glo-
bal gesehen, nicht unbedingt als der Standard“ angesehen werden können,

wenn man bedenkt, dass allein bei den Feldbussen über 20 konkurrierende
Systeme existieren.

18.11.2 Vernetzung von Messdatenerfassungssystemen mittels


Ethernet

Das Ethernet ist in der Netzwerkwelt derzeit der Standard für das Über-
tragungsmedium und als Kommunikationsprotokoll dominiert das TCP/IP-
Protokoll als einheitliche Sprache. Es ist verständlich, auch für die Vernetzung
von Messdatenerfassungssystemen das Ethernet zu nutzen. In logischer Folge
wird auch das Internet zunehmend für solche Aufgaben herangezogen. Das In-
ternet mit seiner mittlerweile sehr hohen Verfügbarkeit stellt, vor allem was die
Kosten betrifft, eine sehr gute Alternative zu mehr oder weniger proprietären
Lösungen dar. Sobald ein Gateway zum Internet vorhanden ist, lassen sich
bequem Messdaten von einem lokalen Rechner über das Internet übertragen.
Dabei können natürlich auch die gesicherten Datenübertragungsmechanismen
von VPNs (Virtual Private Networks) genutzt werden, die im nächsten
Abschnitt behandelt werden. Gerade bei der Ferndiagnose von Maschinen las-
sen sich durch die Nutzung des Internets Kosten einsparen.
Da aber das Ethernet nicht deterministisch arbeitet, können die Antwort-
zeiten und damit die Echtzeitfähigkeit nicht garantiert werden. In der Pra-
xis jedoch reichen in vielen Fällen die Übertragungsraten und Antwortzeiten
des Ethernets bzw. des Internets vollkommen aus. Es ist auch ins Feld zu
führen, dass die Übertragungsraten des Ethernet oft weit über denen von
Feldbussystemen liegen. So hat man festgestellt, dass Ethernetübertragungen
in vielen praktischen Anwendungsfällen einer Feldbuslösung durchaus überle-
gen sind. Die einfachste Anbindung des Messgerätes an das Ethernet besteht
in der Verwendung seiner Standard-RS232C-Schnittstelle und eines RS232-
Ethernet-Konverters (Abb. 18.9).
Eine elegantere Lösung bieten Messdatenerfassungssysteme, die unmittel-
bar, d. h. ohne Zuhilfenahme eines Schnittstellenkonverters, an das Ethernet
angeschlossen werden können und die TCP/IP-Protokolle verwenden. Abbil-
dung 18.10 zeigt ein solches von der Fa. GBM vertriebenes System. Es handelt
sich dabei um einen Datenlogger, der nach Zuteilung einer IP-Adresse vom
18.11 Rechnernetze zur Messdatenübertragung 659

PC 1 PC n

.......

Ethernet mit
TCP/IP

ipEther232 ipEther232 ipEther232


RS232C RS232C RS232C

Abb. 18.9. Ethernet-Anbindung von Messgeräten mittels des RS232C-Ethernet-


Schnittstellenkonverters ipEther232 [98]

Internet aus mit jedem Standard-Webbrowser angesprochen werden kann. Er


verfügt über 8 differentielle bzw. 16 single-ended Analogeingänge, die mit
16 Bit quantisiert werden.

Abb. 18.10. Datenlogger mit Ethernet-Interface der Fa. GBM [63]


660 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

Mittlerweile gibt es auf dem kommerziellen Messtechnikmarkt eine Vielzahl


von Ethernet Data Acquisition Systemen (EDAS), siehe z. B. [129],
[51], [124], [32]. Der Trend, Standard-Messgeräte mit Ethernet-Schnittstellen
auszustatten, dürfte sich in den nächsten Jahren fortsetzen. So sind beispiels-
weise bereits auch die höherwertigen Multimeter renommierter Messgeräte-
hersteller, wie z. B. Fluke, Agilent oder Keithley, mittlerweile Ethernet- bzw.
Internet-fähig [91], [2], [59].
Die Messgeräte sind dazu mit einem eigenen Webserver ausgestattet und
können über ihre IP-Adresse von einem Webbrowser aus angesprochen wer-
den. Die vom Webserver des Gerätes aufbereitete Webseite erlaubt meist
die komplette Überwachung und Bedienung des Gerätes von lokal entfer-
ten PCs aus. Auch der Transfer von Messdaten vom und zum betreffenden
Messgerät geschieht über diese Schnittstellen. Abbildung 18.11(a) zeigt zum
Beispiel die Webseite eines entsprechend ausgestatteten Digital-Oszilloskops
(Abb. 18.11(b)). Das an einem entfernten Ort befindliche Oszilloskop lässt
sich so prinzipiell von jedem an das Internet angeschlossenen Rechner aus
ansprechen.
Die Standard-Schnittstellen der höherwertigen Messgeräte sind RS232C,
USB, IEC-Bus und Ethernet mit TCP/IP. Die Nutzung der Ethernet-
Schnittstellen bietet vor allem den Vorteil, dass die Messgeräte nur eine
Netzwerksteckdose zu ihrem kommunikationstechnischen Anschluss benöti-
gen und nicht etwa wie die IEC-Bus-Anbindung strengeren Reglementierun-
gen bezüglich der Kabelanschlusslängen unterworfen sind. Auf dieser Basis
lassen sich also lokal verteilte Messsysteme konfigurieren (Abb. 18.12).

18.12 Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von


USB-Messmodulen

18.12.1 Funktionsprinzip

In jüngerer Vergangenheit zeichnet sich ein neuer Trend in der rechnergestütz-


ten Messdatenerfassung ab. Es kommen nämlich in zunehmendem Maße lei-
stungsfähige und recht preisgünstige Messmodule mit USB-Schnittstelle (USB
= Universal Serial Bus)(s. auch Tab. 16.1 bzw. Kap. 16.6) auf den Markt
(Abb. 18.13). Diese weisen eine prinzipiell ähnliche Funktionalität auf, wie die
in Abschnitt 15.2.1 behandelten Multifunktionseinsteckkarten. Die Messmo-
dule sind mit Analog-Digital- und Digital-Analog-Umsetzern sowie mit Multi-
plexern ausgestattet, die eine Anbindung an die analog-elektrische Seite eines
Prozesses ermöglichen. Eine meist rudimentäre Vorverarbeitung der digitali-
sierten Messwerte geschieht in einem Controller, der über eine standardmäßi-
ge USB-Schnittstelle (s. auch Kap. 16.6) mit einem PC bzw. einem Notebook
verbunden ist. Die Signalanalyse und die graphische Aufbereitung der Messda-
ten erfolgt schließlich rein in Software. Diese Software ist meist direkt auf das
Messmodul abgestimmt und damit proprietär an dieses gebunden. Für die
18.12 Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von USB-Messmodulen 661

(a) Screenshot mit Signaldarstellung und Bedienelementen

(b) Portables Digital-Oszilloskop

Abb. 18.11. Digital-Speicheroszilloskop mit Ethernet-Schnittstelle


662 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

Abb. 18.12. Beispiel zur webbasierten Laborautomation

Analog I/Os USB-Messmodul PC/Notebook

DAC
virtuelles Messinstrument
USB
Controller 2.0
Analog- mit
Multi- USB-
plexer Interface
ADC

optionales
Netzteil

Abb. 18.13. Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von Messmodulen mit USB-
Schnittstelle

Zukunft zeichnet sich allerdings auch hier der Trend ab, dass die Messmodule
mit Treiberroutinen ausgestattet werden, die eine Software-Schnittstelle zu
einem Standard-Datenerfassungsprogramm, wie z. B. LabVIEW, bilden. Da-
mit lassen sich auf komfortable Art virtuelle Instrumente konfigurieren und
18.12 Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von USB-Messmodulen 663

testen. Die Stromversorgung des USB-Messmoduls erfolgt entweder über die


USB-Schnittstelle, eine aufladbare Batterie oder über ein separates Netzteil.

18.12.2 Beispiele für USB-Messgeräte


Die derzeitige Hauptanwendung von USB-Messmodulen liegt auf dem Gebiet
der virtuellen Oszilloskope für den mobilen Einsatz. Dazu wird ein kompaktes
USB-Modul zur Datenerfassung herangezogen, und anschließend werden die
Daten auf einem Notebook dargestellt. Die graphischen Bedienoberflächen
sind in Form eines Oszilloskops dargestellt, so dass man letztlich die volle
Funktionalität eines Mehrkanal-Oszilloskops zur Verfügung hat. Man bezeich-
net diese Geräte als USB-Scopes.
USB-Messmodul und Notebook zusammen ergeben ein virtuelles, aber in
seiner Funktionalität einem realen Gerät kaum nachstehendes Oszilloskop, das
sich beispielsweise bestens für den Service vor Ort, Experimente im Hörsaal
oder auch für die Datenerfassung in mobilen Systemen eignet. Tabelle 18.1
zeigt derzeit kommerziell erhältliche USB-Scopes.

Tabelle 18.1. Beispiele kommerzieller USB-Scopes


Modell 6022BE 1325 USB-5133 U2701A 5444B 6404D
Hersteller Hantek Peaktech NI Keysight Picoscope Picoscope
Bandbreite 20 MHz 60 MHz 50 MHz 200 MHz 200 MHz 500 MHz

Kanäle 2 4 2 2 4 4

max. 48 MS/s 500 MS/s 100 MS/s 1 GS/s 10 GS/s 5 GS/s


Abtastrate

Speicher 2 x 1 MB 5 Mpts 2 x 4 MB 32 Mpts 512 MS 2 Gs

Auflösung 8 Bit 8 Bit 8 Bit 8 Bit 15 Bit 8 Bit

Preis 50 EUR 473 EUR 1.556 EUR 1.928 EUR 2.701 EUR 7.182 EUR

Besonder- incl. 2 USB + LAN USB Funktions- Funktions-


heit Tastköpfe generator generator

Teilweise sind die Modelle mit Rechteck- oder auch Waveform-Generatoren


ausgestattet. Zudem bietet die Software die Möglichkeit weiterer Anwendun-
gen, wie z. B. als Spektrumanalysator oder Digital-Multimeter. Hierfür gibt
es eigene graphische Bedienoberflächen.
Abbildung 18.14 zeigt das USB-Scope PS3423. Abbildung 18.15 zeigt die
Hardware sowie die graphische Bedienoberfläche eines weiteren handelsübli-
chen USB-Scopes. In Abb. 18.16 ist die Bedienoberfläche eines im Digitalmul-
timetermode betriebenen USB-Scopes zu sehen.
664 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
USB-Scope PS3423

Geräte-Rückseite

Geräte-Vorderseite Buchse der


USB-Schnittstelle

4x Tastkopf

Abb. 18.14. Anschlüsse des 4-Kanal-Scopes PS3423 der Fa. Meilhaus [110]. Die
Geräterückseite enthält die Buchse der USB-Schnittstelle.

Die Fa. DataTranslation [38] bietet ein USB-Messmodul an, das mit 16 bzw.
24 analogen Eingängen ausgestattet ist, die je 12 Bit Auflösung aufweisen. Die
Summenabtastrate (s. auch Kap. 15.2.1) liegt bei 50 ksample/s. Der Eingangs-
spannungsbereich beträgt ±10 V.
Die Fa. Pico Technolgy [141] bietet einen 16-kanaligen USB-Datenlogger
mit 24 Bit Auflösung an. Mit Hilfe einer speziellen Software lassen sich
bis zu 1 Million Messwerte mit vorwählbaren Abtastraten einlesen und in
Echtzeit anzeigen bzw. zwecks späterer Messsignalanalyse auf einer Festplat-
te speichern. Für den mobilen Einsatz, insbesondere in der Automobilelek-
tronik, wurde von der Fa. Labortechnik Tasler [177] ein 16-kanaliger Tran-
sientenrekorder konzipiert. Er ist sogar mit einer Crashtest-tauglichen 40-
GByte-Festplatte ausgestattet. Die 16 Kanäle mit differentiellem Eingang las-
sen sich individuell mit Auflösungen bis zu 16 Bit und Abtastraten zwischen
41 ksample/s und 20 Msample/s konfigurieren. Die Kanäle können unabhängig
voneinander von extern getriggert werden. Die Anbindung an einen PC ist
über die USB- oder die FireWire-Schnittstelle (s. Tab. 16.1) möglich.
Erwähnenswert sind auch kompakte Datenlogger für die Temperatur- und
Klimaüberwachung in Form eines USB-Memorysticks. Diese lassen sich so-
wohl in der Gebäudetechnik als auch bedingt im Außenbereich verwenden. Sie
sind für den Batteriebetrieb ausgelegt und für eine elektronische Aufzeichnung
von Temperatur und Luftfeuchte einsetzbar, d. h. sie enthalten die komplette
Messelektronik mit Sensoren, Vorverstärker, ADCs und Speicher. Die Abta-
straten variieren von 1 sample/s bis 1 sample/24h. Das Auslesen der Daten
erfolgt bequem wie von einem USB-Memorystick. Abbildung 18.17 zeigt als
18.12 Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von USB-Messmodulen 665

(a) 2-kanalige USB-Scope-Hardware mit integriertem Si-


gnalgenerator

(b) Bedienoberfläche des USB-Scopes in Verwendung als Oszilloskop

Abb. 18.15. Handelsübliches USB-Scope der Fa. Meilhaus [110]


666 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

Abb. 18.16. Bedienoberfläche eines USB-Scopes der Fa. TiePie [181] in Verwendung
als Digital-Multimeter

Beispiel einen Datenlogger der Fa. Meilhaus [110]. Es lassen sich bis zu 32.000
Messwerte speichern. Die Batterielebensdauer beträgt mehrere Jahre.

Abb. 18.17. Datenlogger in Form eines USB-Memorysticks der Fa. Meilhaus [110]
zur Klimaüberwachung

18.13 Ethernet-Nutzung zur Messdatenerfassung


18.13.1 LXI - Ein neuer Standard für die Messtechnik

Der Begriff LXI steht für LANeXtensions for Instrumentation. Es han-


delt sich dabei um einen Standard, der im Jahre 2005 von einem Firmenkon-
sortium verabschiedet wurde, welches die LAN-Technologie bzw. die Ethernet-
Technologie für einen breiten Einsatz in der Messdatenerfassung und letztlich
18.13 Ethernet-Nutzung zur Messdatenerfassung 667

der gesamten Automatisierungstechnik vorsehen möchte [104]. Mittlerweile


umfasst das LXI-Konsortium ca. 40 Mitglieder, unter denen die meisten nam-
haften Messgerätehersteller zu finden sind.
Nachdem der IEC-Bus (= GPIB-Schnittstelle)(s. Kap. 16.7), der seit über
30 Jahren als die Standardschnittstelle der Messdatenerfassung angesehen
werden kann, einerseits zunehmend an seine technischen Grenzen stößt, bei-
spielsweise infolge der max. Datentransferrate von 1 MByte/s, und er sich an-
dererseits auch nicht als Standard-PC-Schnittstelle samt dem daraus resultie-
renden Weiterentwicklungspotential etablieren konnte, sucht man verständli-
cherweise nach Alternativen. Diese sieht man insbesondere in der auf Ethernet
und dem TCP/IP-Protokoll basierenden LAN-Technologie, welche im Gegen-
satz zum IEC-Bus eine Schnittstelle ist, die man in jedem handelsüblichen
Rechner findet und die sich außerdem bezüglich ihrer Datentransferrate kon-
tinuierlich weiterentwickelt, z. B. in Form des Gigabit-Ethernet. Die neueren
Ethernet-Entwicklungen sind zudem abwärtskompatibel, um getätigte Inve-
stitionen zu schützen.
Gegenüber den in Kap. 16.8 besprochenen leistungsfähigen (relativ zum
IEC-Bus) VXI-, PXI und MXI-Bus-Systemen sieht man bei der Ethernet-
Technologie den Vorteil, dass man kein separates Rack zur Aufnahme von
speziellen Steckkarten benötigt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch
von Rack & Stack-Geräten bzw. man fasst VXI-, PXI- und MXI-Bus-Systeme
unter dem Begriff Rack & Stack-Technologie (= Modulchassis-Technologie)
zusammen.

18.13.2 Die technische Basis von LXI

Bei der Definition des LXI-Standards geht es weniger um die Erweiterung


bestehender Standards als um die Spezifikation ihrer Interaktionen. Dies ge-
schieht auf der Basis folgender 5 Teilspezifikationen:

• Physikalische Anbindung
LXI empfiehlt aus Konsistenzgünden Standard-Gehäusedimensionen und
Standard-Steckverbindungen gemäß IEC-Empfehlungen und -Normen.

• Ethernet
LXI basiert auf dem IEEE-Standard 802.3 (s. Kap. 18.1 - Kap. 18.9), der
alle notwendigen Spezifikationen des Ethernet enthält.

• Software-Interface
Alle zu LXI kompatiblen Instrumente müssen mit einem sog. Interchan-
geable Virtual Interface (IVI) ausgestattet sein. Es handelt sich dabei
um eine Treiberroutine, die von allen gängigen Programmiersprachen aus
angesprochen werden kann.
668 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

• Webseite für jedes LXI-Instrument


Jedes LXI kompatible Gerät muss in der Lage sein, eine Webseite bereit-
zustellen, die alle wesentlichen Schlüsselinformationen zum betreffenden
Gerät enthält, wie Seriennummer, Hostname etc. Dazu gehört eine Konfi-
gurationsseite, mittels derer ein Benutzer das Gerät konfigurieren kann. So
muss es beispielsweise auch möglich sein, die IP-Adresse des betreffenden
Gerätes über diese Seite einzustellen.

• Synchronisierung
Die Trigger- und Synchronisierungsfunktionen basieren auf dem Precisi-
on Timing Protocol (PTP) des IEEE-Standards IEEE-1588, der dem
Synchronisieren von Uhren in LAN-Knoten dient [85], [84]. Daneben ist
noch ein separater 8-kanaliger Hardware-Trigger-Bus vorgesehen, die sog.
LVDS-Schnittstelle.

Die potentiellen Anwendungsgebiete des LXI-Standards sieht man von in-


telligenten Sensoren und Aktoren bis hin zu den klassischen Rack & Stack-
Geräten. Auch die Implementierung hybrider Testsysteme (Abb. 18.18) soll
auf LXI-Basis möglich sein. Dazu benötigt man allerdings spezielle LXI-
Adaptoren.

PC/Notebook als zentraler Steuerrechner

GPIB-
VXI- PXI- (IEC-Bus-)
LAN Interface RS232 Interface Interface

Ethernet

Router oder
Switch

LXI- LXI- LXI- VXI RS232 PXI GPIB GPIB


Gerät Gerät Gerät (IEC-Bus) (IEC-Bus)
Abb. 18.18. Hybrides Automatisierungssystem auf der Basis von LXI-Vernetzung
[104]
18.13 Ethernet-Nutzung zur Messdatenerfassung 669

18.13.3 Die 3 Geräteklassen A, B und C des LXI-Standards


Klasse-C-Geräte
In der LXI-Spezifikation der Klasse-C-Geräte wird lediglich festgelegt, dass
die Geräte einheitlich an einem LAN (Local Area Network) betrieben werden
können.

Klasse-B-Geräte
In Geräten der Klasse-B müssen darüberhinaus die Synchronisationsmecha-
nismen gemäß IEEE-1588-Standard implementiert sein. Damit ist es möglich,
die mit Standard-LAN-Techniken verbundenen Latenzzeiten zu umgehen und
ein Timing im Bereich von ca. 10 ns Genauigkeit (Voraussetzung: 100Base-T
Ethernet2 ) zu ermöglichen.

Klasse-A-Geräte
Die Klasse-A-Geräte sind zusätzlich zu den unter B und C beschriebenen
Funktionen mit einem 8-kanaligen Trigger-Bus-Interface (LVDS-Schnittstelle)
ausgestattet, das im LXI-Standard [104] detailliert beschrieben ist. Die LXI-
Geräte können über ein spezielles Trigger-Kabel, bestehend aus 8 Twisted-
Pair-Leitungen, gemäß den drei in Abb. 18.19 gezeigten Konfigurationen zu-
sammengeschaltet werden. Es sind Längen des Trigger-Kabels von bis zu 20 m
erlaubt. Die 8 Triggerkanäle sind separat als Eingangs- oder Ausgangskanäle
bzw. mit WIRED-OR-Funktion (s. auch Kap. 16.7.6) konfigurierbar.
Zudem besteht die Möglichkeit, über das LAN via TCP/IP Software-
Trigger zu generieren. Dabei können beliebige LXI-Geräte, auch ohne Mit-
wirkung eines als Controller definierten Gerätes, über eine sog. Peer-to-Peer-
Verbindung Triggersignale austauschen. Dies ist die einfachste Art der Trigge-
rung; sie hat allerdings den entscheidenden Nachteil nicht exakt kalkulierbarer
Latenzzeiten im jeweiligen LAN.

18.13.4 Triggermöglichkeiten von LXI-Geräten


Die 3 verschiedenen Triggermöglichkeiten von LXI-Geräten lassen sich wie
folgt zusammenfassen:
• Hardware-Triggerung mittels separatem Trigger-Bus (setzt Klasse-A-
Gerät voraus)
• Triggerung mittels Precision Clock Synchronisation Protocol
(PTP) gemäß dem IEEE-Standard IEEE-1588 (setzt mindestens Klasse-
B-Geräte voraus) (siehe Kap. 18.13.5)
• LAN-Software-Trigger unter Nutzung der TCP/IP- oder UDP3 -Proto-
kolle (es genügen Geräte der Klasse C)
2
100 steht für 100 MHz und T für Twisted Pair
3
UDP (User Datagram Protocol) ist ein zur Transportschicht zählendes Netzwerk-
protokoll, das zur Internetprotokollfamilie gehört. Es spezifiziert die verbindungs-
lose Übertragung von Daten über das Internet. Verbindungslos bedeutet, dass es
670 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

a) Daisy-Chain-Konfiguration b) Stern-Konfiguration
(Kettenschaltung)

Hub (Stern)

Trigger-Bus-Abschlusswiderstände

Trigger-Bus-Abschlusswiderstände

c) Hybride Stern/Daisy-Chain-Konfiguration
Hub (Stern) mit integ-
riertem Abschlusswiderstand Trigger GPIB, PXI,
Adapter VXI
*
Abschlusswiderstand

Abschlusswiderstand Abschlusswiderstand Abschlusswiderstand

Abschlusswiderstand Trigger GPIB, PXI,


Abschluss- Adapter VXI
widerstand *

* oder andere Triggersysteme

Abb. 18.19. Konfigurationsmöglichkeiten des LXI-Trigger-Bus [104], a) Daisy-


Chain-Konfiguration (Kettenschaltung), b) sternförmige Konfiguration, c) Hybrid-
Konfiguration aus a) und b).

Eine absolut zuverlässige Triggerung in Echtzeit ist nur mit Hilfe der erst-
genannten Hardware-Triggerung möglich. Dies hat zur Folge, dass zusätzlich
zu den standardmäßig vorhandenen Ethernet-Interfaces eine spezielle Schnitt-
stelle für den Trigger-Bus vorzusehen ist. Außerdem sei nochmals auf die Be-
schränkung der lokalen Entfernung von maximal 20 m hingewiesen.
keine Sicherungsmaßnahmen bei der Datenübertragung gibt, die sicherstellen,
dass ein gesendetes Datenpaket ankommt bzw. die richtige Reihenfolge von Da-
tenpaketen eingehalten wird. Eine Beschreibung zu UDP findet man in [187].
18.13 Ethernet-Nutzung zur Messdatenerfassung 671

Ein Kompromiss zwischen aufwendigem Trigger-Bus und gewöhnlichem Soft-


ware-Trigger, der stets vom Nachteil der nicht-deterministischen Latenzzeiten
des Ethernet begleitet wird, stellt die Triggerung gemäß dem Standard IEEE-
1588 dar, die im folgenden Abschnitt genauer beschrieben wird.

18.13.5 Triggerung gemäß IEEE-1588

Bevor wir zu den eigentlichen Triggermöglichkeiten kommen, sei zunächst der


Hintergrund des Standards IEEE-1588 kurz beleuchtet [84], [85].
Der Standard IEEE No. 1588 dient der Synchronisierung lokal verteil-
ter Echtzeituhren über ein Datenpaket-fähiges Netzwerk, üblicherweise dem
Ethernet. Die dem im Standard beschriebenen Verfahren zugrundeliegende
Technik wurde ursprünglich von der Fa. Agilent entwickelt und diente der Syn-
chronisierung und Triggerung von elektronischen Messgeräten. Dabei ging es
zunächst darum, Messdaten aufzunehmen und diese mit einem exakten Zeit-
stempel des Systems zu versehen, so dass diese Messdaten zeitlich korreliert
werden können.
Ein solches Uhren-Synchronisierungsverfahren ist bei lokalen Netzwer-
ken notwendig, die auf nicht deterministischen Bus-Zugriffsverfahren
(Ethernet) (s. Kap. 17) basieren, da bei der Übertragung nicht vorhersag-
bare Latenzzeiten auftreten können. Die zeitliche Synchronisierung beginnt
mit dem Senden eines Sync-Signales einer Master Clock. Dieses Sync-
Signal enthält die Sendezeit, die zunächst noch auf einer Schätzung beruht.
Die genaue Sendezeit wird von dieser Master Clock genau gemessen und in ei-
nem zweiten, nachfolgenden Signal, dem sog. Follow-up-Signal, auf den Bus
gegeben (Abb. 18.20). Der Datenempfänger ist mit einer sog. Slave Clock
verbunden. Auf der Basis der beiden gesendeten Zeitstempel-Telegramme (er-
stes Signal (= Sync-Signal) und zweites Signal (= Follow-up-Signal) sowie der
eigenen Uhr lässt sich die Zeitdifferenz zwischen Slave und Master Clock be-
stimmen. Eine gut funktionierende Synchronisierung setzt eine Generierung
der Zeitstempel in Hardware voraus.
Mittels weiterer zyklisch versandter Telegramme zwischen Slave und Ma-
ster Clock (Abb. 18.20) lässt sich die Telegrammlaufzeit bestimmen und die
Slave Clock kann permanent nachgeführt, d. h. korrigiert, werden.
Bei LXI-Geräten wird dieser Standard für einen rein zeitgesteuerten Trig-
ger genutzt. Dies bedeutet, dass bestimmte Ereignisse, wie z. B. der Beginn
einer Messdatenaufnahme an einem Ort A und der Hochlauf einer Maschi-
ne an einem Ort B, infolge des präzisen Uhrenabgleichs zu einem bestimm-
ten vorwählbaren Zeitpunkt quasi zeitgleich gestartet werden können. Eine
Event-Triggerung (= Triggerung ohne Verzögerung) von Ort A nach B ist
allerdings wiederum nur im Rahmen der gewöhnlichen Latenzzeiten des Netz-
werks möglich.
672 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

Master Clock Zeit Slave Clock Zeit

Sync-Signal
t1
Zeiten der
Slave Clock

t 2m t2 t2
Follow_Up-Signal
enthält Wert von t 1

t1 , t 2
t 3m t3 t1 , t 2, t 3
Delay_Req-Signal

t4
Delay_Resp-Signal
enthält Wert von t 4

t1 , t 2, t 3 , t 4
Zeit

Abb. 18.20. Uhrensynchronisierung gemäß dem Standard IEEE-1588 [84], [85]

18.13.6 Die aktuelle Situation des LXI-Standards

Mittlerweile sind bereits eine Reihe von LXI-kompatiblen Messgeräten auf


dem Markt erhältlich, wie z. B. Spektrumanalysatoren von der Fa. Rohde &
Schwarz [154], Digital-Multimeter der Fa. Agilent [2] oder HF-Signalgenera-
toren der Fa. Keithley [91]. Derzeit ist allerdings nicht davon auszugehen,
dass die auf LXI basierende Vernetzung von Messdatenerfassungsgeräten die
bereits etablierte Rack & Stack-Technologie (Modulchassis-Technologie) des
VXI- bzw. PXI-Standards ablösen wird. Beide Technologien ergänzen sich in
hervorragender Weise und haben damit ihre Daseinsberechtigung, nicht nur in
der Messdatenerfassung sondern der gesamten Automatisierungstechnik. Da
hinter beiden Technologien namhafte Messgerätehersteller stehen, darf man
wohl auch von der gesicherten Zukunft beider Systeme ausgehen.
Der letzte LXI Standard Rev. 1.4 stammt aus dem Jahre 2011. Die Revi-
sion 1.5 soll im Laufe des Jahres 2016 verabschiedet werden.
Die wichtigsten Änderungen sind:
Der LXI-Hardware-Triggerbus zählt künftig nicht mehr zu den LXI-Geräte-
spezifikationen sondern nur noch zu den Erweiterten LXI-Funkionen“ (LXI

Extended Functions). Dasselbe gilt für die sog. LXI Event Messagers“ und

18.13 Ethernet-Nutzung zur Messdatenerfassung 673

die LXI Device Synchronisation and Events“ . Das heißt, die Kernspezifi-

kationen für LXI-Geräte werden auf ein notwendiges Maß reduziert. Dafür
werden die Extended Functions um diese technischen Spezifikationen ergänzt.
Die Extended Functions werden aus folgenden Punkten bestehen:

• LXI Wired Trigger Bus


• LXI Event Messaging
• LXI Clock Synchronisation
• LXI Timestamped Data
• LXI Event Logs
• LXI VXI-11 LAN Discovery
• LXI HiSLIP
• LXI IPv6

Die Extended Functions Spezifikationen können optional erfüllt werden.


Daneben wird es noch ein Examples and Reference Guide geben, in den alle
Beispiele sowie das Glossar aufgenommen werden.
Das LXI-Konsortium empfiehlt den Herstellern von LXI-spezifizierten
Geräten, die Spezifikationen der Extended Functions ebenfalls zu erfüllen,
da sie die Funktionalität und den praktischen Nutzen der Geräte gegenüber
dem reinen Standard deutlich erhöhen. Dazu zählen vor allem das neue IPv6-
Protokoll mit dem wesentlich größeren Adressraum und erhöhter Sicherheit
sowie das LXI HiSLIP-Protokoll, ein Socket-basiertes Übertragungsprotokoll
mit deutlich geringerem Overhead und damit höheren praktischen Transfer-
raten (siehe Abb. 18.21 und Tab. 18.2) zwischen LXI-Gerät und angeschlos-
senem Computer.

Tabelle 18.2. Vergleich von Standard-Übertragungskanälen und -Interfaces


Interface Maximale Protokoll Typische
Datenrate Datenrate
1 GB/s LAN 125 MB/s HiSLIP, Raw bis 60 MB/s
Sockets

100 MB/s LAN 12, 5 MB/s HiSLIP, Raw 11 MB/s


Sockets

1 GB/s LAN 125 MB/s VXI-11 34 MB/s

100 MB/s LAN 12, 5 MB/s VXI-11 11 MB/s

USB 2.0 60 MB/s USBTMC 18 MB/s

GPIB-PCI 1, 8 MB/s IEEE 488.2 1 MB/s


674 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

Die LXI-Konformitäts-Testumgebung ist auf der Hompage der LXI-Organisation


ausführlich beschrieben (www.lxistandard.org).

Anwendersoftware

IVI-Treiber
Socket

Client
VISA
VISA Side API
Socket
VXI-11
HiSLIP
ONC/RPC

TCP / IP

LAN

Socket = Schnittstelle zum Austausch von Daten zwischen Programmen,


sich u. U. auf verschiedenen Computern / Controllern befinden
API = Programming Interface
IVI = Interchangeable Virtual Instrument
VISA = Virtual Instrument Software Architecture
ONC = Open Network Computing
RPC = Remote Procedure Call
HiSLIP = High-Speed LAN Instrument Protocol
TCP/IP = Transmission Control Protocol / Internet Protocol

HiSLIP benutzt TCP als Transport Protokoll.

Abb. 18.21. Interface-Struktur zur Kommunikation mit LXI-Geräten

18.14 EtherCAT
EtherCAT beschreibt ein auf Ethernet basierendes Bus- bzw. Kommunika-
tionssysem, das speziell auf die Belange der Automatisierungstechnik zuge-
schnitten ist. EtherCAT steht für Ethernet for Control Automation Technolo-
gy und wurde von der Firma Beckhoff Automation vorgeschlagen. Heute wird
18.14 EtherCAT 675

EtherCAT seitens der EtherCAT Technology Group [52], die mittlerweile meh-
rere Tausend Mitgliedsunternehmen zählt, gepflegt. Seit dem Jahre 2005 ist
EtherCAT Bestandteil von IEC-Normen, z. B. dem Standard IEC 61 158 (In-
dustrial Comunication Networks - Field Bus Specifications).
Die Grundidee von EtherCAT ist die Etablierung eines mit dem Ethernet-
Bussystem kompatiblen Kommunikationssystem, das folgenden prinzipiellen
Anforderungen genügt:
• Hohe zeitliche Performance (deutlich besser als Standard-Ethernet) und
Echtzeitfähigkeit mit garantierten Antwortzeiten
• Flexible Topologie (Linie, Abzweig, Baum, Stern) mit bis zu 65 535 Teil-
nehmern
• Hohe Effizienz mit wenig Protokolloverhead und bis zu 90% Nutzdatenrate
• Master-Slave-, Master-Master- und Slave-Slave-Kommunikation
• Einzeladressierung von Slaves oder mehrerer Slaves durch Multi-Adressie-
rung (sog. implizierte Adressierung)
• Einbindung unterlagerter Feldbusse, z. B. CAN
• Einfache Adressvergabe
• Kein spezielles Routing erforderlich
• Kostengünstig
EtherCAT basiert auf dem Standard-Ethernet-Telegramm-Rahmen gemäß
IEEE-Standard 802.3 (siehe Bild 18.4). Dieses Telegramm wird vom EtherCAT-
Master ausgesandt und durchläuft alle angeschlossenen Teilnehmer, ohne dass
dazu ein spezielles Routing notwendig wird.
Das Telegramm durchläuft also die angeschlossenen Teilnehmer in sequenti-
eller Reihenfolge und der in einem Segment letzte Teilnehmer schickt das Te-
legramm wieder zum Master zurück. Da nur der EtherCAT-Master sendebe-
rechtigt ist, kann eine harte“ Echtzeitfähigkeit garantiert werden. Dazu nutzt

der Master standardmäßig einen Ethernet-Medium-Access-Controller (MAC).
Er kann auf jeder Plattform, die einen Ethernet-Port zur Verfügung stellt, in-
stalliert werden. Die EtherCAT-Slaves benötigen für die Verarbeitung der Te-
legramme einen EtherCAT-Slave-Controller. EtherCAT verwendet Standard-
Ethernet-Telegramm-Rahmen, in die die EtherCAT-Nutzdaten eingebettet
sind (s. Abb. 18.22).

Ethernet Header ECAT EtherCAT Telegram Ethernet

DA SA Type Frame HDR Datagram1 Datagram 2 Datagram n Pad. FCS

(6) (6) (2/4) (2) (10+n+2) (10+m+2) (10+k+2) (0...32) (4)

Ethertype 0x88A4

Abb. 18.22. EtherCAT: Standard-Ethernet-Telegramm entsprechend IEEE 802.3


676 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

Um eine weitergehende Kommunikation zwischen einzelnen Teilnehmern auf


Basis TCP/IP (s. Kap. 18.4) zu bewerkstelligen, wird oft ein separater Ether-
net-Kanal (sog. Mailbox-Kanal) genutzt, so dass der Echtzeit benötigende Da-
tentransfer nicht beeinträchtigt wird.
Für den effizienten zyklischen Austausch von Prozessdaten wird eine logi-
sche Adressierung verwendet, bei der jedes Datensegment einen bestimmten
Teil des Prozessabbildes adressiert. Dafür stehen definitionsgemäß 4 GByte-
Adressraum zur Verfügung, über den jedem Slave ein bestimmtes Speicher-
Segment zugewiesen wird. Es ist somit möglich, mit nur einem Telegramm eine
Vielzahl von Prozessinformationen zu übertragen. Der Austausch der Daten
zwischen MAC-Controller und dem Speicher erfolgt dabei effizienterweise per
DMA (Direct Memory Access). Im Gegensatz dazu erfordert die Kommu-
nikation über Standard-Feldbusse die sequentielle Abfrage aller betroffenen
Slaves.
Synchonisierung
Die Synchronisierung von räumlich verteilten Teilnehmern bzw. von deren
Prozessen erfolgt über sog. Distributed Clocks. Es handelt sich dabei um ver-
teilte abgeglichene Uhren, deren Abgleich vollständig in Hardware erfolgt.
Hierbei wird die Zeit des ersten synchron arbeitenden Slaves zyklisch an alle
anderen Uhren im System verteilt, woraufhin diese die übermittelte Zeit über-
nehmen. Dadurch, dass alle Laufzeitverzögerungen ermittelt und ausgeglichen
bzw. nachgeregelt werden, liegt der effektive Zeitjitter beim EtherCAT-System
unterhalb von 1 μs.
Datenintegrität und Verfügbarkeit
EtherCAT arbeitet mit CRC-Prüfsummencheck (32 Bit-Prüfsumme; min.
Hamming-Distanz: HD=4). Dabei wird in jedem durchlaufenen Slave dieser
CRC durchgeführt. Jeder Slave protokolliert eventuelle Fehler und speichert
sie in einem eigenen Fehlerzähler, der vom Master ausgelesen werden kann,
so dass Fehlstellen“ leicht lokalisiert werden können. Kabelunterbrechungen

lassen sich überprüfen bzw. werden erkannt, indem von dem in der logischen
Kette als Letztplatzierter eine redundante Leitungsrückführung zum Master
erfolgt. Ob die Kommunikationskette intakt ist oder nicht, lässt sich leicht
feststellen, indem man überprüft, ob der vom Master ausgesandte Telegramm-
rahmen wieder störungsfrei bei diesem angekommen ist. Als Leitungen wer-
den Industrial-Ethernet-Kabel verwendet. EtherCAT ist hotplug-fähig, d. h.
im laufenden Betrieb können Slaves abgeschaltet und auch zugeschaltet wer-
den. Es gibt eine Power-over-EtherCAT-Funktion, die die Stromversorgung
von Sensoren und ähnlichen Teilnehmern erlaubt.
Ethernet over EtherCAT (EoE)
Es können gewöhnliche Ethernet-Teilnehmer innerhalb eines EtherCAT-Seg-
ments mit Hilfe sog. Switchports eingebunden werden. Deren Standard-Ether-
net-Telegrammrahmen werden im EtherCAT-Protokoll getunnelt (ähnlich ei-
nem VPN-Tunnel (VPN = Virtual Private Network)) weitergeleitet. Für
Ethernet-Teilnehmer wird das EtherCAT-Netzwerk in vollem Umfang trans-
parent. Die Anbindung (im Sinne von Unterlagerung) von Standard-Feldbus-
18.15 VPN - Virtual Private Network 677

sen, wie z. B. PROFIBUS oder CAN(open), ist mit Hilfe von Gateways
möglich.
Der Ether-Type 0x88A4 signalisiert, dass es sich um EtherCAT-Telegramm-
rahmen handelt.

18.15 VPN - Virtual Private Network


Als Virtual Private Network (VPN) bezeichnet man die Vernetzung privater
lokaler Netzwerke (LAN) unter Verwendung von Netzwerken, die von mehre-
ren Parteien genutzt werden (shared networks), oder von öffentlichen Netzen,
wie dem Internet. Durch die Nutzung des Internets beispielsweise können die
Kosten für die Vernetzung von Unternehmensstandorten erheblich gesenkt
werden. Wurde hierzu früher eine Standleitung oder ähnliches benötigt, so
fallen unter Verwendung von VPN nur die Einwahlgebühren zu einem lokalen
Internet Service Provider (ISP) an.
Eine klare, wenn auch abstrakte Definition von VPNs lautet [24]:
Ein VPN ist ein Overlay-Netz, d. h. eine logische Kommunikations-Struktur,

unabhängig von der unterliegenden physikalischen Struktur, bei der der Zu-
gang solcherart kontrolliert ist, dass Kommunikations-Verbindungen nur in-
nerhalb einer definierten Interessengruppe und somit exklusiv möglich sind;
dies wird durch eine Art Partitionierung der gemeinsamen darunterliegenden
Kommunikationsinfrastruktur erreicht, wobei die Kommunikationsinfrastruk-
tur grundsätzlich nicht-exklusive Netzdienste zur Verfügung stellt.“
Da durch die Nutzung öffentlicher Netze prinzipiell die Gefahr besteht,
dass sensible Daten von Dritten mitgelesen werden können, wird bei heuti-
gen VPNs viel Wert auf Sicherheit gelegt. Die Sicherheit basiert dabei auf
folgenden Maßnahmen:
• Authentisierung/Kapselung
• Entkapselung
• Verschlüsselung/Entschlüsselung.
Die Methode, Daten von einem Netzwerk in ein anderes über öffentliche Net-
ze zu transferieren, wird als Tunneling bezeichnet. Um diese Übertragung
durchführen zu können, müssen zwei definierte Endpunkte der Übertragung
durch das öffentliche Netz bekannt sein. Die Daten werden nun von dem
Sender-Endpunkt optional verschlüsselt und dann eingekapselt, so dass die
Informationen über das Quell- wie auch das Zielnetz nicht für Dritte sichtbar
sind. Die Einkapselung umgibt die ursprünglichen Datenpakete mit einem
neuen Header, der für den Transport der Daten über das öffentliche Netz
benötigt wird. Sind die Daten am Empfänger-Endpunkt angekommen, wird
die Kapselung entfernt und das ursprüngliche Datenpaket wird entschlüsselt.
Anschließend werden die Daten ihrem Ziel in dem jeweiligen Netzwerk zu-
geführt.
678 18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)

Der Begriff Tunneling beinhaltet:


• die Kapselung der Daten am Sender-Endpunkt
• den Transport über das öffentliche Netzwerk
• die Entkapselung der Daten am Empfänger-Endpunkt.
Der logische Pfad der Verbindung zwischen zwei Endpunkten einer VPN-
Verbindung wird als Tunnel bezeichnet, weil die Daten unsichtbar bzw. nicht
verwendbar für Dritte durch diesen Tunnel transportiert werden.
Heute werden hauptsächlich die vier folgenden Tunneling-Protokolle ver-
wendet [24], [115].

Layer Two Tunneling Protocol (L2TP)


Dynamischer Auf- und Abbau des Tunnels; Authentisierung mittels PPP-
Verfahren (Point-to-Point Protocol); keine eigene Verschlüsselung definiert;
Verweis auf IPsec.

Point-to-Point Tunneling Protocol (PPTP)


Microsoft Standard“; Authentisierung mittels PPP-Verfahren; Verschlüsse-

lung mittels RSA-(Rivest-Shamir-Adleman) oder MPPE-Verfahren (Microsoft
Point-to-Point Encryption).

Layer Two Forwarding Protocol (L2F)


Mehrere Verbindungen über einen Tunnel möglich; PPP-Authentisierung bei
der Einwahl und anschließend eine weitere Authentisierung am VPN-Gateway.

Internet Protocol Security (IPsec)


Vereint unterschiedliche Protokolle und Verfahren zur Authentisierung, Ver-
schlüsselung und Tunneling; zur Benutzerauthentisierung wird ein Schlüs-
selpaar benutzt; Transport-Mode wird in LAN-Umgebungen verwendet und
verschlüsselt und authentisiert nur den Protokollkopf; Tunnel-Mode wird für
WAN-Umgebungen benutzt und verschlüsselt das komplette Originaldaten-
paket, um es vor dem Zugriff Dritter zu schützen.

Secure Socket Layer VPN (SSL VPN)


Aufgrund des relativ komplexen und fehleranfälligen Aufbaus von IPsec VPNs
setzen sich zunehmend einfachere Lösungen durch, die auf dem SSL- (Secure
Socket Layer) bzw. TLS-Standard (Transport Layer Security) aufsetzen. Bei
Verwendung von TLS ist eine Datenauthentisierung mittels HMAC (Hashed
Message Authentification Code) möglich. Die Sicherheit des VPN-Tunnels
hängt bei Verwendung von HMAC von den Eigenschaften der benutzten Hash-
Funktion, wie MD5 oder SHA-1, ab.
Die Open-Source Software openVPN stellt eine weitere Variante dieser
Gattung von Virtual Private Networks dar [132]. Diese realisiert einen trans-
parenten Tunnel für die IP-Pakete. Sie ist leicht konfigurierbar und unterstützt
TLS und HMAC, um einen sicheren Tunnel zur Verfügung zu stellen. Die
18.15 VPN - Virtual Private Network 679

Software wird auf Client- und Serverseite installiert und ermöglicht eine Ver-
bindung von einzelnen Clients oder ganzen Subnetzen.
VPN-Lösungen werden vor allem aus Kostenersparnisgründen verwendet.
Es fallen nur die Kosten für eine Verbindung zu einem lokalen Internet-Service-
Provider (ISP) an und nicht, wie früher üblich, Kosten für eine Verbindung
von einem Unternehmensstandort zum anderen. Außerdem ist es durch VPN
leicht möglich, einen Unternehmenszweig, einzelne Außendienstmitarbeiter
oder aber auch Messstellen außerhalb des Unternehmensnetzes mit in das
Firmennetz einzubinden.
19
Programmierung von
Messdatenerfassungssystemen

19.1 Allgemeine Bemerkungen

Während in den vorangegangenen Abschnitten ausschließlich von der reinen


Erfassung der Messdaten die Rede war, sollte die in diesem Abschnitt behan-
delte Software zur rechnergestützten Messdatenerfassung auch im Zusammen-
hang mit den weiteren Aufgaben gesehen werden, welche nach der eigentlichen
Messdatenerfassung anstehen, nämlich die Analyse sowie die graphische Dar-
stellung von erhaltenen Messwerten (Abb. 19.1).
Zur eigentlichen Messdatenerfassung benötigt man neben den entsprechen-
den, in den vorausgegangenen Abschnitten diskutierten Hardware-Modulen in
jedem Fall Treibersoftware, die dem Benutzer eine nach Möglichkeit komforta-
ble Software-Schnittstelle zu der von ihm verwendeten Computer-Hochsprache
zur Verfügung stellt. Erst durch die Verfügbarkeit von geeigneten Treiberrou-

Abb. 19.1. Aufgaben der rechnergestützten Messdatenerfassung und Unterschei-


dung nach Schwerpunkten bezüglich Hard- und Softwareanteilen

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_19
682 19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen

tinen wird die Bedienung der zur Prozess-Peripherie gehörenden Hardware-


Bausteine per Softwaresteuerung möglich. Diese Treiberroutinen sind geräte-
sowie betriebssystemspezifische Softwaremodule, welche die softwareseitige
kommunikationstechnische Verbindung zwischen dem Peripheriegerät bzw.
seiner Rechnerschnittstelle und dem Betriebssystem bzw. in Folge auch den
darüberliegenden Softwareschichten erlauben.
Die Entwicklung solcher Treibersoftware kann, je nach Komplexitätsgrad
der externen Schnittstelle sowie des jeweiligen Betriebssystems, recht aufwen-
dig sein. Vielfach werden jedoch von den Herstellern unter verschiedenen Be-
triebssystemen einsetzbare Treiberroutinen mit der Schnittstellen-Hardware
angeboten. Diese Software erlaubt dann i. Allg. die Programmierung der
Schnittstelle unter Verwendung gängiger Standard-Hochsprachen (C, Pascal,
Fortran, etc.). Es erweist sich als ebenfalls vorteilhaft, wenn entsprechende
Softwareunterstützung für die Hochsprachenprogrammierung der im Einsatz
befindlichen Messgeräte verfügbar ist. Dabei steht das Absetzen von geräte-
spezifischen Befehlen zur Steuerung des eigentlichen Messgerätes im Vorder-
grund.
Beim Kauf von Messdatenerfassungs-Hardware sollte man darauf achten,
dass entsprechende Treiberroutinen für die gängigen Betriebssysteme WIN-
DOWS bzw. LINUX zur Verfügung stehen und auch dessen Wartung seitens
des Herstellers für die nächsten Jahre gewährleistet ist.

19.2 IEC- und VXI-Bus-Kommunikation,


SCPI-Standard
In der IEC-Bus- bzw. VXI-Bus-Norm wurde zwar das Übertragungsprotokoll
für Befehle festgelegt, die Gerätehersteller sind jedoch frei, was die Verwen-
dung von Befehlen zur Steuerung des jeweiligen Messgerätes betrifft. Daher
versucht man, die Schnittstellen-Normung durch einheitliche Sprachelemen-
te in der Programmierung von Messgeräten zu ergänzen. Der betreffende
Standard heißt SCPI (Standard Commands for Programmable In-
struments). Er deckt die Anwendungsebene (Application Layer) nach dem
ISO-7-Schichtenmodell ab. In die SCPI-Normung gingen wesentliche Ele-
mente der in Tab. 19.1 angeführten Sprachen ein. Der Einsatz der SCPI-
Kommandosprache erlaubt die Verwendung von standardisierten Befehlen

Tabelle 19.1. Herstellerspezifische Programmiersprachen zur Messgerätesteuerung

Sprache Bezeichnung Hersteller


HP Systems Language HPSL Hewlett Packard
Test Measurement Systems Language TMSL Hewlett Packard
Analog Data Interchange Format ADIF Tektronix
19.2 IEC- und VXI-Bus-Kommunikation, SCPI-Standard 683

und Meldungen für alle Geräte gleicher Funktionalität, z. B. allen digitalen


Spannungsmessgeräten, unabhängig vom jeweiligen Gerätetyp bzw. Herstel-
ler. So gilt die einen Steuerbefehl zur Frequenzmessung enthaltende Abfrage
MEASURE:FREQ?“ (das Gerät führt daraufhin eine Frequenzmessung durch

und gibt den aktuellen Frequenzwert aus) beispielsweise für alle Geräte einer
Geräteklasse, unabhängig vom Hersteller (vertikale Konsistenz) sowie auch
für Messgeräte aus verschiedenen Geräteklassen, z.B. Oszilloskope und Zähler
(horizontale Konsistenz).
Die Basis für den SCPI-Standard wurde in der IEEE-488.2-Norm festgelegt
[83]. Eine Aufstellung der obligatorischen IEEE-488.2-Kommandos enthält
Tab. 19.2. Eine ausführliche Erläuterung der Kommandos findet sich bei-
spielsweise in [168]. Exemplarisch sei hier nur der Befehl *IDN? herausgegrif-
fen, der der Geräteidentifizierung dient. Folgendes MATLAB-Programmbei-
spiel erfragt eine Identifizierung des Gerätes an Adresse 12:
1: g=gpib(’ni’,0,12); % card manufacturer, card number,
2: % instr. number
3: fopen(g)
4: fprintf(g,’*IDN?;’); % Erfragt Identifikation
5: idn=fscanf(g); % liest Ausgabepuffer
6: fclose(g)
Das angeschlossene Instrument (Keithley 2400 SourceMeter) schickt dann fol-
genden String als Antwort:
KEITHLEY INSTRUMENTS INC.,MODEL 2400,0637460,C04
Oct 16 2003 11:47:13/A02
Die IEEE-488.2-Norm stellt allgemeine Befehle zur Verfügung, während SCPI-
Befehle für die Bedienung spezieller Instrumentenklassen ausgelegt sind. Der

Tabelle 19.2. Liste der obligatorischen IEEE-488.2-Kommandos

Mnemonic Bezeichnung
*CLS Clear Status Command
*ESE Standard Event Status Enable Command
*ESE? Standard Event Status Enable Query
*ESR? Standard Event Status Register Query
*IDN? Identification Query
*OPC Operation Complete Command
*OPC? Operation Complete Query
*RST Reset Command
*SRE Service Request Enable Command
*SRE? Service Request Enable Query
*STB? Read Status Byte Query
*TST? Self-Test Query
*WAI Wait-to-Continue Command
684 19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen

SCPI-Standard findet neben dem IEC-Bus auch bei anderen in der Messda-
tenerfassung gebräuchlichen Schnittstellen Verwendung, so z. B. bei VXI-
Systemen oder auch bei der Messgerätesteuerung über eine RS232C-Schnitt-
stelle. Der SCPI-Standard wird von einem SCPI-Konsortium gepflegt und
erweitert. Der jeweils aktuelle SCPI-Standard wird in mehreren Bänden ei-
nes jährlich erscheinenden Werkes Standard Commands for Programmable

Instruments“ festgehalten [167]. Auch im Internet sind die aktuellen Infor-
mationen rund um die SCPI-Sprache veröffentlicht [168].

19.2.1 Syntax der SCPI-Sprache

In einem IEC-Bus-System existieren ein Controller sowie mehrere Instrumen-


te, die Talker und/oder Listener sein können. Als SCPI-Programmiernach-
richten (program messages) werden die Daten bezeichnet, die der Controller
an ein Instrument schickt. SCPI-Antworten (response messages) sind die for-
matierten Daten, die das Instrument an den Controller zurückschickt. Die
SCPI-Sprache definiert sowohl Kommandos als auch Anfragen. Eine angeneh-
me Eigenschaft von SCPI ist, dass es zu fast jedem Kommando, das einen
Wert einstellt, auch eine passende Anfrage gibt, die diesen Wert wieder ein-
liest. Ein weiteres Prinzip der Sprache ist die hierarchische Unterteilung der
Kommandos in Systeme und Subsysteme. Diese hierarchische Struktur ist
ähnlich der Filesysteme gängiger Betriebssysteme aufgebaut. In SCPI wird
diese Struktur Kommandobaum (command tree) genannt. Ein einfaches Bei-
spiel des SENSe-Kommandos, wie es in Digitalmultimetern implementiert ist,
wird in Abb. 19.2 gezeigt.
Auch die Bezeichnung der Kommandos erfolgt ähnlich der Nomenklatur
von Filesystemen. In diesem Beispiel ist SENSe das Wurzelkommando (root
command). Die Kommandos des Subsystems sind zu Pfaden (paths) verbun-
den. So entsteht der Kommandobaum. Beispielsweise ist ein Pfad des Baums
durch die Kommandosequenz

6(16H

&855HQW 92/7DJH

5$1*H 5(6ROXWLRQ 5$1*H 5(6ROXWLRQ

833HU $872 $872 833HU $872 $872

Abb. 19.2. Hierarchische Struktur von SCPI am Beispiel des SENSe-Befehls


19.2 IEC- und VXI-Bus-Kommunikation, SCPI-Standard 685

:SENSe:VOLTage:RANGe:AUTO (19.1)

definiert. Diese Sequenz stellt das Multimeter auf Spannungsmessung und der
Messbereich wird automatisch gewählt. Die Doppelpunkte dienen als Trenn-
zeichen.1 Ein weiterer Pfad wäre

:SENSe:CURRent:RANGe:UPPer . (19.2)

Das Multimeter wird auf Strommessung im oberen Messbereich geschaltet.


Die an ein Instrument geschickten Befehle werden von einem sogenann-
ten Parser interpretiert. Wenn der Parser SCPI-Subsystem-Befehle dekodiert,
muss er verfolgen, in welchem Pfad und in welcher Ebene er sich gerade befin-
det, vergleichbar mit dem aktuellen Verzeichnis in Filesystemen. Entsprechend
der folgenden Regeln navigiert der Parser durch die Subsysteme:
• Nach dem Einschalten oder nach dem *RST-Kommando befindet sich der
Parser in der Root-Ebene.
• Ein Zeilenumbruch beendet einen Befehl und setzt den Parser ebenfalls in
die Root-Ebene zurück.
• Der Doppelpunkt dient als Pfad-Trennzeichen. Findet der Parser einen
Doppelpunkt, wechselt er in die nächsttiefere Ebene. Ein Doppelpunkt am
Anfang eines Strings kennzeichnet die Root-Ebene.
• Ein Strichpunkt trennt zwei Kommandos desselben Pfads voneinander.
Beispielsweise bewirkt der Befehlsstring
:SENSe:VOLTage ; RANGe:AUTO ; RESolution:AUTO
dasselbe wie die beiden Zeilen
:SENSe:VOLTage:RANGe:AUTO
:SENSe:VOLTage:RESolution:AUTO .
• Leerzeichen werden generell ignoriert, allerdings sind sie innerhalb von
Schlüsselwörtern verboten. Leerzeichen werden benötigt, um Parameter
abzutrennen.
• Werden mehrere Parameter nach einem Kommando benötigt, so werden
diese durch Kommas voneinander getrennt.
• Basiskommandos wie *RST sind nicht in das SCPI-System eingebunden
und werden nicht als Teil eines Pfades interpretiert.
In den Handbüchern der Instrumente wird der Kommandobaum mit sei-
nen Kommandos und deren Parameter in Form einer Subsystem-Kommando-
Tabelle definiert. Als Beispiel ist in Tab. 19.3 der Kommandobaum des SENSe-
Befehl aus Abb. 19.2 in dieser Tabellenform dargestellt. Die Hierarchieebene
wird durch die Einrückung in der Kommandospalte gekennzeichnet. Zur Ver-
wendung der Groß- und Kleinbuchstaben in der Tabelle sei noch folgendes
1
Grundsätzlich sind die SCPI-Befehle zwischen Geräten gleicher Funktionalität
portierbar. Allerdings sollte auch in jedem Manual der komplette Kommando-
baum beschrieben sein.
686 19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen

Tabelle 19.3. Der SENSe-Befehl in Tabellenform

Command Parameters
[:SENSe]

:CURRent
:RANGe
:AUTO Boolean
[:UPPer] numeric
:RESolution numeric
:AUTO Boolean

:VOLTage
:RANGe
:AUTO Boolean
[:UPPer] numeric
:RESolution numeric
:AUTO Boolean

angemerkt: die Teile des Kommandostrings, die in Großbuchstaben geschrie-


ben sind, müssen an das Instrument geschickt werden, damit das Kommando
verstanden wird. Die in Kleinbuchstaben geschriebenen Teile der Kommandos
können noch angefügt werden, um den String leserlicher zu machen. In der
Kommunikation mit den Instrumenten spielt die Groß- und Kleinschreibung
aber grundsätzlich keine Rolle. Beispielsweise haben die folgenden beiden Zei-
len dieselbe Bedeutung:
:SENSe:CURRent:RANGe:AUTO ON
:SENS:CURR:RANG:AUTO ON
Die Kommandos in eckigen Klammern können auch weggelassen werden. Feh-
len sie, springt der Parser automatisch in die richtige Ebene des Pfades. So
führen auch die folgenden beiden Zeilen zum selben Ergebnis:
:SENSe:VOLTage:RANGe:UPPer 6.5
:VOLTage:RANGe 6.5
Für beinahe alle Kommandos, die einen Wert senden können, existiert ein
entsprechender Befehl, der den Wert ausliest. Beispielsweise wird mit den
eben angeführten Befehlen der Spannungsmessbereich definiert, mit
:SENSe:VOLTage:RANGe?
wird der eingestellte Bereich ausgelesen.
19.2 IEC- und VXI-Bus-Kommunikation, SCPI-Standard 687

19.2.2 SCPI-Datenformate

Numerische Daten können in gängigen Formaten für Integer- und Fließkom-


mazahlen verwendet werden. Die Formate sind flexibel, d. h. es werden ver-
schiedene Formate verstanden ( forgiving listening“ ):

100
100.
-1.23
4.5e3
-7.89E-01
.5
Zusätzlich zu den Zahlenwerten werden auch die Ausdrücke MAXimum und
MINimum von allen Instrumenten verstanden, die repräsentierten Werte sind
allerdings vom Instrument abhängig. Einige Instrumente verwenden zudem
die Ausdrücke UP, INFinity und DEFault.
Werte für Boolesche Parameter können in den drei folgenden Varianten
angegeben werden:

ON
OFF
TRUE
FALSE
1
0
String-Parameter werden als ASCII-Zeichenketten geschickt, die durch einfa-
che oder doppelte Hochkommata abgetrennt sein müssen. Sollen Hochkom-
mata selbst im String vorkommen, so müssen diese durch eckige Klammern
abgetrennt sein:

’this is a STRING’
"this is also a string"
"one double quote inside brackets: [""]"
’one single quote inside brackets: [’’]’
Für die Antworten der Instrumente (response data) sind strengere Regeln ge-
setzt (precise talking). Real-Daten werden in wissenschaftlicher Notation aus-
gegeben, wobei ein großgeschriebenes E“ den Exponenten kennzeichnet. Inte-

gerzahlen werden mit führendem Vorzeichen gesendet. Werden Schlüsselwörter
abgefragt, so wird nur der obligatorische Teil in Großbuchstaben ausgegeben
(z. B. auf :RESistance:MODE? wird mit MAN statt MANual geantwortet). Für
die Booleschen Variablen ist nur 0 und 1 als Antwort zulässig. Bei den Strings
ist zu beachten, dass sie immer in doppelten Hochkommata stehen.
688 19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen

19.3 Einsatz kommerzieller Software

Die Grundaufgaben der Messdatenerfassungssoftware lassen sich einteilen


in Erfassen von Daten über Schnittstellen und Einsteckkarten, Speicherung
und graphische Darstellung. Hinzu kommt heute die Analyse der Daten mit
möglichst mächtigen mathematischen Werkzeugen sowie die Berechnung von
Ausgangsgrößen. Diesen Leistungsanforderungen stehen die Forderung nach
zeit- und kostengünstiger Programmierung, kurzer Einarbeitungszeit, einfa-
cher Bedienung, Flexibilität bei Änderungen und Erweiterungen sowie die
zuverlässige Verfügbarkeit von Treibern für die verwendeten Geräte und In-
strumente gegenüber.
Im Folgenden werden die Softwarelösungen gemäß diesen Anforderungen in
verschiedene Kategorien unterteilt und anschließend einige konkrete Beispiele
kommerzieller Software vorgestellt.

19.4 Kategorien von Softwarelösungen


Die zur Messdatenerfassung eingesetzte Software kann man in folgende Kate-
gorien unterteilen:
• Dialoggeführte Komplettpakete (Fertiglösungen)
• Modul-Bibliotheken
• graphikorientierte Entwicklungssysteme (Programmgeneratoren
mit Graphikdialogeingabe)
• Systeme mit speziellen Kommandosprachen (i. Allg. auf Interpreterbasis)
• Vollständige Eigenentwicklung, teilweise unter Nutzung von
– bereits vorhandenen gerätespezifischen Treiberroutinen
– Toolboxen
– Standard-Entwicklungssystemen.

19.4.1 Dialoggeführte Komplettpakete (Fertiglösungen)

Unter Komplettlösungen versteht man fertig konfigurierte und auf eine be-
stimmte Prozessperipherie (Schnittstellen und Messgeräte) sowie Betriebssy-
steme abgestimmte Programme. Dieser Typ von Software erlaubt i. Allg. die
Einstellung der notwendigen Parameter, das Starten der Messung sowie die
Auswertung der Messdaten mit Hilfe einer Eingabe über maskenorientierte
Fenster bzw. mittels Maus über Pull-Down- oder Pop-Up-Menüs. Teilweise
verfügen diese Programme über Makrogeneratoren, mit deren Hilfe sich im-
mer wiederkehrende Befehlsfolgen zum erneuten Ablauf speichern lassen. Ein
auf diese Art aufgezeichneter Messvorgang kann dann durch einfachen Tasten-
druck beliebig oft wiederholt werden.
19.4 Kategorien von Softwarelösungen 689

Vorteile: - keine Programmier- oder Systemkenntnisse erforderlich


- unmittelbar einsetzbar
Nachteile: - geringe bzw. keine Flexibilität bezüglich Änderungswünschen
- auf bestimmte Hardware-Situationen beschränkt.

19.4.2 Modul-Bibliotheken

Die zur rechnergestützten Messdatenerfassung verfügbaren Software-Modul-


bibliotheken enthalten neben den Grundelementen eines Messdatenerfassungs-
programmes eine Reihe von verschiedenen Programm-Modulen, die den ent-
sprechenden bei der Messdatenerfassung und Messdatenverarbeitung anste-
henden Aufgaben zugeordnet sind. Im Allgemeinen sind standardmäßig fol-
gende Modulgruppen vorhanden:
• Treiberroutinen für RS232-Schnittstellenkarten, IEC-Bus-Controller, Multi-
funktions-Einsteckkarten und diverse Messgeräte
• Signalverarbeitungsroutinen (z. B. Filter)
• Mathematik-Routinen (z. B. für Statistik)
• Routinen zur Ergebnisvisualisierung
• Schnittstellen für Datentransfer
(z. B. ASCII-Dateien mit fest vereinbarter Datenstruktur)
• Hilfsroutinen.
Der Benutzer wird zunächst vom Programm aufgefordert, mit Hilfe von Menü-
eingaben den Messablauf zu definieren. Dabei werden u.a. die Treiberroutinen
sowie die für die Steuerung von Interface-Karten und Messgeräten notwendi-
gen Parameter festgelegt und Triggerbedingungen vereinbart. Es können dabei
auch leicht eigene Treiberroutinen oder weitere frei programmierte Programm-
Module eingebunden werden. Dieser Programmtyp unterscheidet sich von den
vorhergehenden vor allem durch eine wesentlich größere Flexibilität auf Ko-
sten des noch vom Benutzer zu erbringenden Eingabeaufwandes.

Vorteil: - größere Flexibilität als bei den Komplettlösungen


Nachteil: - größerer Aufwand bei der Eingabe
Beispiel: Messdatenerfassungs- und Signalanalysepaket DIA-DAGO (Fa. GfS)
[40], [37].

19.4.3 Graphikorientierte Entwicklungssysteme


(Programmgeneratoren)

Bei den graphikorientierten Entwicklungssystemen handelt es sich um Softwa-


reprodukte, mit deren Hilfe man das eigentliche Messdatenerfassungsprogramm
erzeugen kann. Diese Programmgenerierung geschieht i. Allg. im Rahmen ei-
nes graphisch-interaktiven Bildschirmdialoges. Dabei kann der Benutzer aus
690 19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen

in Form von Blockschaltbildelementen vorgegebenen Operationen die einzel-


nen Schritte des Messablaufes definieren und in Form eines Gesamtablauf-
planes (Datenflussplan) zusammenstellen. Der eigentliche Programmgenerator
erstellt dann anhand des so definierten Datenflussplanes den Programmcode
zur Messdatenerfassung.
Das Funktionieren ist jedoch auch hier an die Verfügbarkeit entsprechender
Treiberroutinen für die gerade eingesetzten Interface-Karten und Messgeräte
gebunden.
Vorteil: - keine detaillierten Kenntnisse bezüglich der eingesetzten
Hard- und Software erforderlich
Nachteile: - geringe Flexibilität und eingeschränkte Erweiterbarkeit
- bei zeitkritischen Anwendungen u. U. zu langsam
Daneben gibt es noch Varianten von Programmgeneratoren, die Programmco-
des in einer Standardhochsprache, wie z. B. C, generieren und ausgeben. Der
so erzeugte Quellcode steht dem Benutzer für eventuell gewünschte Modifika-
tionen zur Verfügung. Die Modifikationen führen allerdings im Allgemeinen
dazu, dass aus dem modifizierten Code der graphische Datenfluss nicht wieder
zurückgewonnen werden kann. Der Vorteil gegenüber den Programmgenerato-
ren, die keinen modifizierbaren Hochsprachenquelltext ausgeben, liegt in der
wesentlich größeren Flexibilität bezüglich notwendiger Programmänderungen.
Die graphikorientierten Entwicklungssysteme sind insbesondere für die Ent-
wicklung von virtuellen Messgeräten besonders hilfreich. Beispiele: LabVIEW
(Fa. National Instruments) (s. Kap. 19.5) [120].

19.4.4 Systeme mit speziellen Kommandosprachen

Es handelt sich hierbei um Entwicklungssysteme mit speziellen Programmier-


bzw. Makrosprachen. Diese Systeme arbeiten meist nach dem Interpreter-
prinzip, d. h. es muss keine explizite Übersetzung des Anwenderprogrammes
in einen Maschinencode erfolgen, da jeder Funktionsaufruf unmittelbar in ei-
ne Zeigerzuweisung umgesetzt wird, die auf eine entsprechende Routine zeigt.
Der klassische Vertreter dieses Typs von Messdatenerfassungssoftware ist das
Programm ASYST. Details zu diesem Softwarepaket finden sich u. a. in [164].
Der allgemeine Trend geht jedoch aufgrund des Inselcharakters einer solchen
Lösung zu Systemen, die auf Standardhochsprachen basieren.

Eigenentwicklungen

Die vollständige Selbstprogrammierung muss immer dann in Betracht gezo-


gen werden, wenn die oben angeführten Standardlösungen versagen. So tritt
beispielsweise oft das Problem auf, dass Standardsoftwarepakete aufgrund ih-
res Systemoverheads in manchen Fällen die gestellten Geschwindigkeitsan-
19.5 LabVIEW 691

forderungen nicht erfüllen. Eine Eigenentwicklung kann aber auch aus Ko-
stengründen erwogen werden, wenn es sich um kleinere Messdatenerfassungs-
projekte handelt. Bei der Eigenentwicklung von Messdatenerfassungssoftware
können, je nach Sachlage, Toolboxen genutzt werden, die geeignete Hilfsrou-
tinen bereitstellen [164].

19.5 LabVIEW

Bereits in den 70er Jahren wurden Anstrengungen unternommen, eine Pro-


grammierung basierend auf der Verwendung von Datenflussmodellen zu kon-
zipieren, um das Man Machine Interface (MMI) natürlicher“ zu gestalten.

National Instruments [122] (NI) ist als Pionier auf diesem Gebiet zu nennen.
Bereits im Jahre 1986 wurde dort mit NI LabVIEW (Laboratory Virtual
Instrumentation Engineering Workbench) die erste Generation einer voll-
wertigen graphischen Benutzeroberfläche entwickelt.
Wurde LabVIEW ursprünglich für die Labor-Messtechnik entwickelt, so
avancierte es mittlerweile zu einem universellen graphischen Compiler, der al-
le Elemente einer modernen graphischen Benutzeroberfläche mit den Elemen-
ten der klassischen strukturierten, textuellen Programmiersprachen vereint.
Einerseits sind Treiber für verschiedene Schnittstellen und Geräte vorhanden
bzw. können leicht eingebunden werden, andererseits sind vielfältige und kom-
fortable Mathematikfunktionen implementiert, die die Signalanalyse sowohl
im Zeitbereich als auch im Frequenzbereich erleichtern.
Bei LabVIEW handelt es sich um eine graphische Programmiersprache,
d. h. die Programme werden nicht in Form von sequentiellem Text, son-
dern in Form von Blockschaltbildern oder Signalflussdiagrammen erstellt.
Bestandteile der einzelnen Blöcke sind entweder Unterprogramme (Virtuelle
Instrumente, VI) zur Ansteuerung von Geräten, einfache mathematische Ope-
rationen, wie z. B. Grundrechenarten oder trigonometrische Funktionen, kom-
plexe mathematische Operationen, wie z. B. Faltungsintegrale oder Filterung,
oder aber selbstdefinierte VIs.
Zwei weitere Eigenschaften machen LabVIEW zu einer echten graphischen
Programmiersprache im Gegensatz zu graphisch erscheinenden Sprachen. Zum
einen sind dies die Ablaufstrukturen und zum anderen bietet es einen Abstrak-
tionsmechanismus.
LabVIEW verfügt über die wichtigen Ablaufstrukturen FOR- und WHILE-
Schleife sowie CASE-Verzweigung und Sequenz-Struktur. Die graphischen
Symbole dieser Anweisungen sind in Abb. 19.3 dargestellt. Die ersten beiden
entsprechen ihren Pendants aus der textuellen Programmierung. Die CASE-
Verzweigung kann verschiedene Variablentypen als Argument verarbeiten und
beinhaltet somit auch eine IF-Abfrage. Die Sequenz-Struktur legt mehrere
Fenster fest, die nacheinander abgearbeitet werden und trägt so zu einer über-
sichtlichen und leicht nachvollziehbaren Programmierweise bei.
692 19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen

Abb. 19.3. Ablaufstrukturen in LabVIEW

Der in LabVIEW zur Verfügung stehende Abstraktionsmechanismus ermög-


licht eine modular-hierarchische Programmierung. Den VIs können Symbole,
sogenannte Icons, zugeordnet werden. Damit kann das VI in ein übergeordne-
tes VI als Unterprogramm (SubVI) eingebunden werden. Jedes Problem lässt
sich so stufenweise abstrahieren und bis ins Detail auflösen.
Für das Programmieren selbst stellt LabVIEW eine Vielzahl von De-
bugging-Möglichkeiten zur Verfügung. Dazu gehören das Setzen von Break-

points“, das Plazieren von Probes“, um während des Programmablaufes Wer-

te der Variablen anzuzeigen, sowie Highlight Execution“, ein verlangsamter

Programmdurchlauf, der die Reihenfolge der Abarbeitung der Befehle ver-
deutlicht. Auch Funktionen wie Step In/Over/Out“ für Unterprogramme

erleichtern die Fehlersuche in größeren Applikationen.
Das folgende Beispiel soll einen kleinen Einblick in die Programmierung
unter LabVIEW geben. Die Programmieroberfläche besteht aus zwei Teilen:
der sogenannten Bedienoberfläche ( Front Panel“), welche die Bedien-

und Anzeigeelemente enthält, so wie sie der spätere Benutzer des Program-
mes sieht, und dem Programmierfenster ( Block Diagram“), wo das

eigentliche Programm eingegeben wird. Abbildung 19.4 zeigt die Bedienober-
fläche eines FFT-Analysators. LabVIEW stellt für diese Bedienoberflächen
per Maus bedienbare Elemente, wie z.B. Drehknöpfe, Schalter und Taster, zur
Verfügung sowie Anzeigeelemente, wie Lämpchen und dynamische Graphiken.
In diesem Beispiel wird die Soundkarte als AD-Umsetzerkarte verwendet, um
ein Signal über den Mikrophon- oder Lineeingang einzulesen. Der Anwender
kann die Abtastrate, die Anzahl der aufzunehmenden Werte pro Messzyklus
sowie Informationen über die abzutastenden Kanäle in dem Kasten links oben
eingeben. Die Messung erfolgt kontinuierlich, was durch eine WHILE-Schleife
realisiert wird. Auf der rechten Seite wird der Zeitverlauf des Signals sowie
das berechnete Frequenzspektrum dargestellt. Weiterhin wird links unten die
im Signal enthaltene Grundfrequenz und deren Amplitude ermittelt.
Abbildung 19.5 zeigt das zugehörige Blockdiagramm. An dieser Stelle
können nur die wichtigsten Elemente erwähnt werden. Vor dem Starten der
WHILE-Schleife wird die Soundkarte konfiguriert und geöffnet, innerhalb der
Schleife wird der Datenpuffer der Karte ausgelesen und nach Beenden der
Schleife durch den Anwender wird die Verbindung zur Karte getrennt. Inner-
halb der Schleife wird das Signal analysiert. Dazu wird einerseits das Express-
VI Spectral Measurement“ zur Durchführung einer Fourier-Analyse aufge-

19.5 LabVIEW 693

Abb. 19.4. Benutzerfenster (Front Panel) des LabVIEW-Beispiels FFT-



Analysator“. Dieses VI ist auch auf der DVD-ROM unter der Bezeichnung
FFT Analysator.vi zu finden.

rufen. Andererseits wird mit dem SubVI Tone Measurement“ die enhalte-

ne Grundfrequenz ermittelt. Die Ergebnisse werden in Signalverlaufsgraphen
ausgegeben.
Mit der Einführung der Version 8 von LabVIEW im Jahre 2005 wurde
nun auch die Möglichkeit geschaffen, lokal verteilte Messdatenerfassungssyste-
me zu konfigurieren. Zu den mittlerweile fast 4000 in LabVIEW verfügbaren
Gerätetreiberroutinen zählen knapp 100 Geräte mit USB-Schnittstelle und
nahezu 300 Ethernet-Geräte. Mit LabVIEW 8 ist nunmehr auch eine hetero-
gene Vernetzung in dem Sinne möglich, dass die eingebundenen Messgeräte
über unterschiedliche Schnittstellen angesprochen werden können (Abb. 19.6).
Es werden alle gängigen Schnittstellen, wie IEC-Bus, RS232, RS485, USB,
LAN/Ethernet, PCI, PCI-Express, PXI oder VXI unterstützt. Zudem bietet
LabVIEW auch eine komfortable Schnittstelle für die Datenübertragung zwi-
694 19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen

Abb. 19.5. Programmierfenster (Block Diagram) des LabVIEW-Beispiels FFT-



Analysator“

schen verteilten intelligenten Geräten und Systemen, wie beispielsweise Echt-


zeitprozessoren, DSPs, FPGAs oder auch zwischen PCs. So erhalten Entwick-
ler von Automatisierungssystemen eine einheitliche graphische Plattform, die
eine einfache serielle Datenübertragung zwischen zwei Teilnehmern genauso
unterstützt wie die Synchronisierung von Datenloggern an verschiedenen Or-
ten eines komplexen Netzwerkes.

Abb. 19.6. Mit LabVIEW 8 lassen sich lokal verteilte Knoten eines Messsystems
vernetzen, wenn diese über eine der Standardschnittstellen angesprochen werden
können [87]. Die Netzarchitektur darf dabei heterogen sein, d. h. es werden gleich-
zeitig unterschiedliche Bus-Systeme verwendet.
19.6 LabWindows 695

Die Synchronisierung lokal verteilter Systeme wird durch die neue PCI-
Einsteckkarte NI PCI-1588 erleichtert, welche über das Ethernet vernetzte
Geräte gemäß dem IEEE-Standard IEEE-1588 zu synchronisieren gestattet
(siehe dazu auch Kap. 18.13.5). Das Modul kann dabei sowohl als Master
Clock als auch als Slave Clock arbeiten. Die zeitliche Unsicherheit (Jitter)
hängt vom aktuell verwendeten Netzwerk ab. Sie liegt aber stets unterhalb
einer Mikrosekunde.
Zur Auswertung von umfangreichen Messdaten, insbesondere zur Erstel-
lung von Berichten, in welchen Messreihen graphisch dargestellt werden sol-
len, steht eine Datenschnittstelle zu NI DIAdem zur Verfügung. DIAdem ist
eine Standardsoftware zur Datenanalyse, Datenverwaltung und Berichterstat-
tung. Dazu bietet DIAdem eine entsprechende graphische Oberfläche (Abb.
19.7). Die in DIAdem enthaltene Entwicklungsumgebung erlaubt in Verbin-
dung mit einem Dialogeditor darüberhinaus die Erstellung von anwendungs-
spezifischen Bedienoberflächen auf der Grundlage von Visual Basic Script
(VBS). LabVIEW kann DIAdem-TDM-Dateien importieren und exportieren
(TDM=Technical Data Management). Das TDM-Format erlaubt die effizien-
te Speicherung von Daten in Binärform. Daneben gibt es die Möglichkeit,
in einem sog. XML-Header2 die Struktur der Datei zu dokumentieren sowie
weitere Informationen zu den gespeicherten Daten abzulegen.

Tip:
Ein Großteil der Aufgaben auf der DVD-ROM beschäftigt
sich mit der Programmierung messtechnischer Aufgaben in
LabVIEW. Die Datei book.pdf enthält eine Einführung
in die wichtigsten, hier verwendeten Elemente der LabVIEW-
Programmierung sowie einige Aufgabenstellungen. Musterlösungen, d.h.
die entsprechenden Beispielprogramme (*.vi-Files), befinden sich im Ver-
zeichnis \LabVIEW\Aufgaben.

19.6 LabWindows
Als Beispiel für ein textbasiertes Programmierwerkzeug zur Messdatenerfas-
sung sei an dieser Stelle NI LabWindows/CVI vorgestellt. Es handelt sich
dabei um einen 32-bit-ANSI-C-Compiler. Dieser wurde um Messtechnikfunk-
tionen in Form von Bibliotheken erweitert und enthält komfortable Werkzeuge
zur Gestaltung graphischer Benutzeroberflächen (Graphical User Interfaces,
2
XML steht für Extensible Markup Language (=erweiterbare Auszeichnungsspra-
che). XML definiert einen Standard zur Erstellung von Rechnerdokumenten, d. h.
es legt die Regeln für die Struktur dieser Dokumente fest. Ein wesentlicher Grund-
gedanke von XML besteht darin, Daten und ihre Repräsentation zu trennen. So
können beispielsweise Messdaten effizient in einer Datenbasis gespeichert werden,
um als Tabelle sowie als Graphik dargestellt werden zu können.
696 19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen

Abb. 19.7. Screenshot der Software DIAdem

GUI), die ähnlich den LabVIEW-Oberflächen gestaltet sind. Hinter dem Front
Panel verbirgt sich aber kein Blockdiagramm wie bei LabVIEW, sondern ein
Steuerprogramm in ANSI C, das die Funktionalität des Virtuellen Instrumen-
tes repräsentiert.
Somit unterscheiden sich LabVIEW und LabWindows/CVI hauptsächlich in
der Programmierphilosophie, also einerseits graphisch, andererseits textba-
siert. Welche Programmierphilosophie zum Einsatz kommt, muss aufgrund
der gestellten Aufgabe entschieden werden.
• Die ereignisgesteuerte, C-basierte Programmierung von LabWindows ist
vielen Programmierern und Systementwicklern geläufig. Sie wird bevor-
zugt eingesetzt, wenn es um hardwarenahes Programmieren, das Anspre-
chen physikalischer Speicher und das Interrupt-Handling geht.
• Die Entwicklungszeit von Programmen kann andererseits mit der graphi-
schen Programmierung deutlich verkürzt werden. Mit LabVIEW lassen
sich schnell Prototypen realisieren und Änderungen vornehmen. Diese Vor-
teile kommen vor allem Anwendern zugute, die erst wenig Erfahrung mit
der konventionellen Programmierung gesammelt haben.

19.7 MATLAB
Im Gegensatz zu LabVIEW, das ursprünglich für die Messdatenerfassung ent-
wickelt und später mit vielseitigen Mathematik-Werkzeugen ausgerüstet wur-
19.7 MATLAB 697

de, verlief die Entwicklung von MATLAB in umgekehrter Richtung. Ursprüng-


lich für mathematische Anwendungen konzipiert, wird das Programm heute
auch in der Messdatenerfassung eingesetzt. Das Programmpaket MATLAB
wird ständig um neue Module ( Toolbox“) für die verschiedensten Anwen-

dungen erweitert. Die neuesten Entwicklungen in Richtung Messdatenerfas-
sung sind die Data Acquisition Toolbox und die Instrument Control
Toolbox.

Tabelle 19.4. MATLAB-Programmierbeispiel Kennlinienaufnahme“



1: start=0.001; % Variablendefinition
2: stop=0.500;
3: z=500;
4:
5: step=(stop-start)/(z-1);
6: voltage=zeros(z,1); %Vektorinitialisierung
7: current=zeros(z,1);
8:
9: g=gpib(’ni’,0,12); % card manufacturer, card number,
% instr. number
10: fopen(g) % Verbindung herstellen
11: fprintf(g,’*RST; *CLS;’); % garantiert default-Einstellungen
12: fprintf(g,’:sour:func volt;’); % Spannungsquelle
13: fprintf(g,’:sens:curr:prot 0.1;’); %Strommessung
14: for i=1:z
15: fprintf(g,’:sour:volt:mode fix;’);
16: fprintf(g,’:sour:volt:lev %g;’,(start+step*(i-1)));
17: fprintf(g,’:sour:del 0.1;’);
18: fprintf(g,’:form:elem volt,curr;’);
19: fprintf(g,’:output on;’);
20: fprintf(g,’:init; *OPC;’);
21: fprintf(g,’:fetch?;’);
22: mess=str2num(fscanf(g));
23: voltage(i)=mess(1);
24: current(i)=mess(2);
25: end
26:
27: fclose(g)
28:
29: semilogy(voltage,current*1e3), grid on
30: xlabel(’U_d (V)’);
31: ylabel(’I_d (mA)’);

Die Data Acquisition Toolbox unterstützt den Zugriff auf eingebaute Da-
tenerfassungskarten. Man kreiert Objekte, die von MATLAB mit analogen
Eingängen, Ausgängen und digitalen I/Os auf der Karte assoziiert werden.
698 19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen

Wie bei MATLAB-Objekten üblich, können dann mit den Befehlen GET und
SET Eigenschaften der Karte abgefragt und eingestellt werden.
Die Instrument Control Toolbox dient der Kommunikation mit exter-
nen Geräten über IEC-Bus (GPIB) und den seriellen Schnittstellen RS232,
RS422 und RS485. Leider ist die Toolbox bis dato noch nicht völlig platt-
formunabhängig, und die volle Funktionalität steht nur unter den Windows-
Betriebssystemen zur Verfügung. Auch diese Toolbox arbeitet mit der MAT-
LAB Objekt-Technologie und ordnet einzelnen Instrumenten Objekte zu.
Das Programmierbeispiel in Tab. 19.4 soll die Kommunikation mit einem
Instrument über den IEC-Bus (GPIB-Bus) näher verdeutlichen. Es beschreibt
die Kennlinienaufnahme eines Zweipols mit einem sogenannten Source-Meter.
In diesem Fall wurde ein Keithley 2400 Digital Source-Meter verwendet.
Zunächst wird in den Zeilen 1 bis 7 das Spannungsintervall, die Anzahl der
Schritte und die Schrittweite bestimmt sowie die Vektoren für das Ergebnis in-
itialisiert. In Zeile 9 wird das Objekt g erzeugt, welches das Instrument Nr. 12
am GPIB-Bus 0 repräsentiert. Es sei angemerkt, dass ein Rechner über mehre-
re GPIB-Karten verfügen kann, weshalb eine genaue Identifizierung der Karte
notwendig ist. In Zeile 10 wird das Objekt geöffnet, ähnlich wie auch Dateien
geöffnet werden müssen, um Lese- oder Schreiboperationen auszuführen. Mit
dem fprintf-Befehl werden danach einige Kommandostrings an das Gerät
geschickt. Das ist zunächst das Reset Command *RST und das Clear Status
Command *CLS, um das Gerät in einen definierten Zustand zu versetzen. In
den Zeilen 12 und 13 wird das Gerät als Spannungsquelle konfiguriert und
für die Strommessung eine Strombegrenzung von 0,1 A eingestellt. Danach
startet die Schleife für den punktweisen Durchlauf der Kennlinie. In Zeile 16
wird der aktuelle Spannungswert berechnet und übertragen. Der Befehl in Zei-
le 18 definiert die Ausgabeinformation; so könnte beispielsweise außer Strom
und Spannung auch der Widerstand ausgelesen werden. Schließlich wird die
Spannung an den Ausgangskontakten des Geräts eingeschaltet und mit dem
Befehl fetch? werden die Ergebnisse abgeholt. Mit dem MATLAB-Befehl
fscanf werden die Daten aus dem Objekt g in die Variable mess gespeichert
und schließlich an die richtige Stelle in den Ergebnisvektoren plaziert. Nach
dem Ende der Messungen wird die Verbindung geschlossen und die Kennlinie
logarithmisch ausgegeben. Das Resultat ist in Abb. 19.8 zu sehen. Es wurde
als Beispiel die Kennlinie einer Diode sowohl in Durchlassrichtung als auch in
Sperrichtung aufgezeichnet.
19.7 MATLAB 699

I (mA)
10
1
forward
10 backward
0
10
−1
10
−2
10
−3
10
−4
10
−5
10
−6
10
−7
10
−8
10
0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7
U (V)
d

Abb. 19.8. Kennlinien einer Diode in Durchlass- (—) und Sperrichtung


(- -), aufgenommen mit dem MATLAB-Programmierbeispiel Kennlinienaufnahme“

(Tab. 19.4)
20
Gebäudeautomatisierung (Smart Home)

Die Hausautomatisierungstechnik bietet die Möglichkeit, einige der bisher vor-


gestellten Technologien anschaulich zu demonstrieren. Eine moderne Hausau-
tomatisierung verlangt den Einsatz verschiedenster Sensoren und Aktoren,
deren Werte und Zustände permanent überwacht werden müssen und deren
Änderung unterschiedliche Aktionen nach sich zieht. Beispiele für Sensoren
in der Hausautomatisierung sind Temperatur-, Luftfeuchte-, Einstrahlungs-
oder Bewegungssensoren. Aktoren stellen Heizungsventile, Motoren zum Öff-
nen der Fenster oder Magnetventile zur Steuerung von Wasserleitungen dar.
Da die Hausautomatisierung zum Konsumerbereich zählt, muss ein Ent-
wicklungsziel die kostengünstige Implementierung von Sensoren, Aktoren so-
wie die des Steuerrechners sein. In unserem Beispiel dient eine Industrie-SPS
als Controller, wobei die folgenden Vorteile für den Einsatz ausschlaggebend
sind:

• bewährt im industriellen Umfeld


• robust
• preiswert / kostengünstig - bei entsprechenden Stückzahlen
• hohe Ausfallsicherheit
• sehr sicherer Neustart nach Stromausfall.

Der Controller des Hausautomatisierungssystems dient der Bearbeitung di-


verser Aufgaben. So müssen zunächst die Messwerte der Sensoren und Para-
meter der Aktoren eingelesen und eventuell umgerechnet werden. Diese Werte
werden dann in einzelnen Modulen verarbeitet und entsprechende Aktionen
ausgeführt. Im Weiteren muss der Controller Kommunikationsaufgaben mit
der Außenwelt durchführen. Die Kommunikationspartner können dabei wei-
tere speicherprogrammierbare Steuerungen oder aber ein Benutzer sein, der
unter Verwendung eines geeigneten Bedienprogrammes Parameter des Auto-
matisierungssystems verändern will.

© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016


R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_20
702 20 Gebäudeautomatisierung (Smart Home)

20.1 Struktur des Gesamtsystems

Computer mit
Internetanschluß
Überwachung
Diagnose
World Steuerung
Überwachung
Diagnose Wide
Steuerung Web
Web
Computer Server
Sensor 1 LAN

Controller
Gateway Point-to-Point
Aktor 1 Verbindung
Überwachung
Diagnose
Steuerung
Gateway
Sensor 2 Aktor2 Sensor 3 Computer

Abb. 20.1. Komponenten des Hausautomatisierungssystems

Die im Folgenden beschriebenen Elemente und Anforderungen sind wesent-


liche Bestandteile des hier vorgestellten Hausautomatisierungssystems (Abb.
20.1). Dieses Hausautomatisierungssystem wurde am Lehrstuhl für Sensorik
der Universität Erlangen-Nürnberg entwickelt. Es hat sich in verschiedenen
Feldversuchen bewährt und wird derzeit in der Praxis getestet [175]. Es enthält
folgende zentrale Elemente:

• SPS als zentraler Controller, der die Kommunikation über das Ethernet
unterstützt
• verschiedene Sensoren, welche frequenzcodierte Signale mittels einer Zwei-
drahtleitung an die SPS senden
• verschiedene Aktoren, die direkt oder mittels pulsweitenmodulierter Si-
gnale an die SPS angeschlossen sind
• Interaktionsmöglichkeit des Benutzers über Bedienoberfläche oder physi-
kalische Schaltelemente
• Möglichkeiten der Fernwartung unter Verwendung eines Routers oder eines
Web-Servers.
Abbildung 20.2 zeigt eine im Smart-Home-Bereich eingesetzte Speicherpro-
grammierbare Steuerung der Fa. Beckhoff [19]. Am linken Rand ist der Con-
troller mit dem Ethernet-Adapter zu erkennen. Zur Rechten folgen digitale
Eingangsklemmen mit jeweils 4 Eingangskanälen. Es schließen sich 230 V-
Eingangskanäle an. Den Abschluss bilden die 230 V-Ausgangsklemmen, wel-
che direkt oder über ein Schutzrelais die Leistungskreise schalten.
20.2 Datenerfassung mit frequenzanaloger Schnittstelle 703

Abb. 20.2. Speicherprogrammierbare Steuerung der Fa. Beckhoff [19] im Einsatz


bei der Gebäudeautomatisierung

20.2 Datenerfassung mit frequenzanaloger Schnittstelle


Die SPS fungiert als zentraler Controller des Hausautomatisierungssystems.
Sie übernimmt alle wesentlichen Steuerungs- und Regelaufgaben, welche in
der jeweiligen Systemkonfiguration benötigt werden. Anschaulich soll dies am
Beispiel einer Temperaturregelung erläutert werden.
Die Temperatur wird von einem Temperaturfühler gemessen und die
gewünschte Raumtemperatur wird vom Benutzer durch einen Sollwertsteller
eingestellt. Beide sind auf einer Platine aufgebaut, welche in eine Standard-

(a) Platine mit Temperatur- (b) Einbau in ein Gehäuse der


modul und Sollwertsteller Fa. Busch-Jäger [28]

Abb. 20.3. Analoges Sensormodul zur Messung der Raumtemperatur und Einstel-
lung des Temperatur-Sollwertes
704 20 Gebäudeautomatisierung (Smart Home)

Unterputzschalterdose montiert werden kann (Abb. 20.3). Abbildung 20.4


zeigt, dass die Werte der Temperatur sowie die des Sollwertstellers frequenz-
codiert (Rechtecksignal mit Frequenz 10 Hz < fR < 100 Hz) über eine Zwei-
drahtleitung zur SPS übertragen werden, wobei jeder Sensor an eine digitale
Eingangs- und jeder Aktor an eine digitale Ausgangsklemme angeschlossen
ist. Durch die Verwendung digitaler Klemmen wird eine erhebliche Kostener-
sparnis im Vergleich zu analogen Ein- und Ausgangsklemmen erreicht.

Sensorsignal SPS Aktorsignal

Sensor Controller Aktor

Abb. 20.4. Raumtemperatur-Regelung per SPS

Die Topologie der Sensor- und Aktoranschlüsse ist sternförmig, was zwar mehr
Verkabelungsaufwand erfordert, aber zu Gunsten der hohen Ausfallsicherheit
gegenüber einem ringförmigen Bus in Kauf genommen wird.
Die Frequenzen der Rechtecksignale (Sensorsignale) werden durch eine
Mehrperiodenfrequenzmessung bestimmt, die ca. 3 Sekunden dauert und so
eine Genauigkeit von 0,1 Hz im spezifizierten Frequenzbereich erreicht. Um
die Frequenzmessung nicht zu verfälschen, dürfen maximal sechs Frequenzen
zum gleichen Zeitpunkt gemessen werden, daher sind in der Regel mehrere
Frequenzbestimmungsblöcke im jeweiligen SPS-Applikationsprogramm nötig.
Die hieraus resultierende Struktur des SPS-Programmes entspricht einer Ab-
laufsteuerung (s. Kap. 17). Dies bedeutet, dass bevor das SPS-Programm einen
weiteren Schritt ausführen kann, erst eine Transitionsbedingung erfüllt werden
muss. Im Fall der Frequenzmessung muss gewartet werden, bis alle Frequenzen
bestimmt sind, bevor der nächste Programmschritt ausgeführt werden kann.
Da die Frequenz-Temperatur-Kurve der Temperaturmodule bekannt ist,
können die Temperaturen der einzelnen Sensoren aus den jeweiligen Frequenz-
werten bestimmt werden. Sind alle Frequenzen bzw. Sensorwerte gemessen
worden, so wird das nächste Programm der Ablaufsteuerung ausgeführt, wel-
ches in diesem Beispiel den Algorithmus für die Raumtemperaturregelung
enthält. Dieser Regelalgorithmus implementiert einen Zweipunktregler, der
einen Radiator ein- bzw. ausschaltet, wenn die Raumtemperatur bestimmte
vorgegebene Schwellwerte unter- bzw. überschreitet.
Der Temperatur-Sollwert soll dabei nicht nur durch den Sollwertsteller
sondern auch durch ein programmierbares Tag-/Nachtprogramm oder einen
vom Benutzer via Applikationsprogramm vorgegebenen Wert einstellbar sein.
Abgesehen vom Temperatursollwert des Sollwertstellers können diese unter
Verwendung des später vorgestellten Benutzerinterfaces parametriert werden.
20.3 Datenerfassung mit digitaler Schnittstelle 705

20.3 Datenerfassung mit digitaler Schnittstelle


Der Nachteil des frequenzanalogen Auslesens der Sensoren besteht im wesent-
lichen in dem limitierten Informationsgehalt des Sensorsignales. Aus diesem
Grund wurde eine neue, universell verwendbare Sensorschnittstelle mit digita-
ler Auslesung konzipiert. Dabei wurden alle Vorzüge der analogen Schnittstelle
aus dem vorigen Abschnitt beibehalten.

Eingangsschaltung (Stromversorgungseinheit) Sensorschaltung

5V
Temperatur-
Diode Referenz- sensor
Strom-
Quelle
Strom-

Mikrocontroller
+24V
Controller Brücken- begrenzer Display
24
Eingangs- DI Gleich- max. 10 mA
Klemme richter
0V

verpolsichere Schalter
Sollwert-
Zweidrahtleitung taster

Abb. 20.5. Struktur des digitalen SPS-Sensorinterfaces

Das Sensormodul, das wiederum über eine einfache und verpolsichere Zwei-
drahtleitung an die digitale Eingangsklemme jeder handelsüblichen SPS an-
geschlossen werden kann, gliedert sich in zwei Teilschaltungen (Abb. 20.5).
Die Eingangsschaltung (Stromversorgungseinheit) gleicht der der analogen
Sensorschnittstelle. Sie ist unabhängig von dem Interface, das die Sensorsigna-
le digitalisiert und diese digital codierten Abtastwerte in Form eines seriellen

Abb. 20.6. Vergleich von frequenzanalogem und digitalem Sensorsignal


706 20 Gebäudeautomatisierung (Smart Home)

digitalen Wortes auf die Zweidrahtleitung gibt. In Abb. 20.6 werden die Si-
gnale von analogen und digitalen Sensorinterfaces miteinander verglichen.
Abschließend sei erwähnt, dass die mittlerweile in umfangreicher Wei-
se durchgeführten Praxistests die hohe Genauigkeit des Sensorinterfaces so-
wie die große Zuverlässigkeit der Gesamtschaltung unter Beweis gestellt ha-
ben. Abbildung 20.7 zeigt den entsprechenden digitalen Temperatur-Feuchte-
Sensor. Die Einstellung des Temperatur-Sollwertes erfolgt durch Tasten-
druck in 0, 5 ◦C-Schritten. Er lässt sich in die handelsüblichen Unterputz-
Installationsdosen einbauen.

(a) Platine mit Display (b) Einbau in ein Gehäuse der


Fa. Busch-Jäger [28]

Abb. 20.7. Digitales Sensormodul zur Messung von Luftfeuchte, Helligkeit sowie
der Raumtemperatur. Die Einstellung des Temperatur-Sollwertes erfolgt per Ta-
stendruck in 0, 5 ◦ C-Schritten. Das Modul ist für den Einbau in die handelsüblichen
Unterputz-Installationsdosen vorgesehen.

20.4 Datenerfassung mit energieautarker digitaler


Funkschnittstelle

Speziell in der Gebäudeautomatisierung, insbesondere bei Altbauten, besteht


das Problem der nachträglichen Verkabelung. Der Aufwand für eine ordnungs-
gemäße Unterputzinstallation ist zum Teil beträchtlich und führt in vielen
Fällen dazu, dass von solchen Vorhaben wieder Abstand genommen wird. Die
an sich notwendige aufwendige Verkabelung kann nur mit Hilfe von entspre-
chenden Funkinterfaces umgangen werden. Die heute kommerziell erhältlichen
Funkinterfaces arbeiten meist batteriebetrieben, was häufig zu Problemen
führt (hohe Kosten für Batterien, kein wirklich zuverlässiger Dauerbetrieb
aufgrund von Batterieversagen). Um einen kontinuierlichen und zuverlässigen
Betrieb ohne Batteriewechsel zu ermöglichen, wurde am Lehrstuhl für Senso-
rik der Universität Erlangen-Nürnberg [103] ein energieautarkes digitales
SPS-Sensorinterface entwickelt. Dieses Sensorinterface wird von einer han-
delsüblichen Solarzelle gespeist, deren Energie gespeichert wird, so dass der
Betrieb auch während längerer Dunkelphasen gewährleistet ist.
20.4 Datenerfassung mit energieautarker digitaler Funkschnittstelle 707

Das Sensorinterface weist folgende Merkmale auf:


• Microcontroller-gesteuert
• intelligentes und programmierbares Energiemanagement
• verwendbar in Verbindung mit handelsüblichen Solarzellen
• Anschlüsse für DLC (Double Layer Capacitor), welche der Energiespeiche-
rung dienen
• universelle Schnittstelle für analoge Sensoren (analoge und digitale Ein-
gänge sowie digitale Ausgänge)
• Graphisches LCD-Display für Online-Datenanzeige sowie für einfache Be-
dienoberfläche (s. Abb. 20.11)
• HF-Transponder für 433 MHz bzw. 868 MHz
• von Remotestation aus bedien- und parametrierbar.

Basis

RS422/RS485
bidirektionales
Funkmodul

Energie-
speicher Sensor-module User interface
Benutzer-
Sensormodul
oberfläche
Energiequelle

Sensoren

Autarke Messeinheit

Abb. 20.8. Struktur des energieautarken digitalen Funkinterfaces

Abbildung 20.8 zeigt die prinzipielle Struktur des Sensorinterfaces. Die An-
bindung der Basisstation an einen PC bzw. eine SPS erfolgt über eine han-
delsübliche RS422/RS485-Schnittstelle (Abb. 20.9). Die Messdaten können
mit Hilfe des Programms LabVIEW (s. Kap. 19.5) aufgezeichnet und darge-
stellt werden.
Bei den Solarzellen handelt es sich um Solarzellen für Innenräume. Für
eine typische Beleuchtungsstärke zwischen 200 und 1000 lx wurden 8 Zellen
in Serie geschaltet, so dass die abgegebene Spannung im optimalen Betriebs-
punkt (Maximum Power Point) zwischen 3,4 und 3, 8 V liegt. Mit Hilfe einer
Regelschaltung, die aus einem sog. Synchron-Buck-Konverter und einer Rück-
708 20 Gebäudeautomatisierung (Smart Home)

SPS 1

Schnittstellenwandler
Basis RS422/RS485 SPS 2
nach digital

RS422/RS485 / 24VDC Schnittstellenwandler


RS422/RS485 Messrechner
nach USB

weitere RS422/RS485-Busteilnehmer

24V-Netzteil

Abb. 20.9. Anbindungsvarianten der Funkbasisstation über eine serielle


RS422/RS485-Schnittstelle

koppelschaltung besteht, wird schließlich eine stabile Ausgangsspannung von


3, 6 V erzeugt.
In Verbindung mit einem microcontroller-gesteuerten Boost-Konverter ist
schließlich die Überbrückung längerer Dunkelphasen möglich. Abbildung 20.10
zeigt den Spannungsabfall am DLC als Funktion der Dunkelzeit in Abhängig-
keit der Sendehäufigkeit.
In Abb. 20.11 ist das komplette energieautarke Sensor-Funkinterface mit
Solarzellenpanel zu sehen.

Abb. 20.10. Spannung am energiespeichernden DLC-Kondensator über der Dun-


kelzeit
20.5 Lokale und weltweite Vernetzung 709

Abb. 20.11. Solar-Funk-Sensor [103]

20.5 Lokale und weltweite Vernetzung

Der Aspekt der Vernetzung betrifft an dieser Stelle nicht das Messsystem an
sich, da die Sensoren und Aktoren direkt an den Controller angeschlossen
sind. Es wäre allerdings eine Lösung denkbar, bei der mehrere Controller die
Sensorwerte aufnehmen und diese sich dann untereinander abstimmen bzw.
synchronisieren.
Im Folgenden wird vielmehr auf die Vernetzung des Controllers mit Com-
putern an unterschiedlichen Standorten eingegangen.

20.5.1 LAN - lokales Netzwerk

Befindet sich der Benutzer in seinem Heim, so kann er unter Verwendung


eines Computers die Parameter des Hausautomatisierungssystems einstellen.
Hierzu wird das in dem jeweiligen Haus vorzufindende bzw. zu installieren-
de LAN (alternativ: WLAN) benutzt, an welches der Controller sowie der
verwendete Computer angeschlossen sein müssen. Der SPS wird zu diesem
Zwecke eine feste IP-Adresse zugewiesen, über welche fortan mit der Steue-
rung kommuniziert werden kann. Mittels des MODBUS/TCP-Protokolls
[118] können die Parameter zwischen dem Controller und dem Computer unter
Verwendung einer geeigneten Applikation abgerufen, kontrolliert und gesetzt
werden. Abbildung 20.12 zeigt eine Visual-Basic-Applikation, welche die Pa-
rametrierung des vorgestellten Hausautomatisierungssystems erlaubt. Gemäß
Abb. 20.1 wird diese Parametrierung durch den zentralen Steuerrechner (PC)
innerhalb des Hauses vorgenommen. Für alle weiteren Vernetzungsarten nach
extern wird das ebenfalls in Abb. 20.1 gezeigte Gateway benötigt.
710 20 Gebäudeautomatisierung (Smart Home)

Abb. 20.12. Hauptmenue des Benutzerinterfaces zur Parametrierung und Überwa-


chung des SPS-gesteuerten Hausautomatisierungssystems

20.5.2 Standortübergreifende Vernetzung

Ein Gateway (i.d.R. ein Router) dient als Schnittstelle des Hausautomati-
sierungssystems bzw. des lokalen Netzes (LAN) zur Außenwelt. Es erlaubt,
eingehende Verbindungen oder abgehende Verbindungen aufzubauen. Im Fall
der standortübergreifenden Vernetzung wird angenommen, dass ein Benutzer
von einem beliebigen Punkt der Erde aus eine Point-to-Point-Verbindung zu
dem Gateway des Hauses aufbaut. Dies geschieht mit einem Modem, wobei auf
Seiten des Benutzers in diesem Fall eine Routerfunktionalität nicht zwingend
benötigt wird. Der Bezug dieser Vernetzungsart zum ISO-Schichtmodell ist in
Abb. 20.13 dargestellt. Es werden auf Seiten des Computers und des Control-
lers die Schichten 1 bis 4 und 7 verwendet, die Router verwenden dagegen nur
die Schichten 1 bis 3.
Diese Möglichkeit der Parametrierung des Hausautomatisierungssystems
setzt analog zum vorherigen Fall eine Software voraus, welche eine Kommu-
nikation mit dem Controller ermöglicht.
20.6 Software 711

7 Anwendung Anwendung
4 TCP TCP
3 IP IP IP IP
2 Ethernet Eth. ISDN ISDN Eth. Ethernet
1 physikal. phys. phys. phys. phys. physikal.

OSI
Schicht LAN Point-to-Point LAN

Computer Gateway Gateway Controller

Abb. 20.13. Bezug der Datenübertragung zum ISO-Schichtenmodell

20.5.3 Weltweite Vernetzung

In Abb. 20.1 ist die Verwendung eines Web-Servers skizziert, der bei Bedarf
eine Point-to-Point-Verbindung zu dem betrachteten Haus aufbaut. Hiermit
kann eine weltweit verfügbare Parametriermöglichkeit des Hausautomatisie-
rungssystems geschaffen werden. Der Benutzer muss sich, um Zugriff auf die
Daten seines Hauses zu erlangen, an einem Server anmelden. Auf diesem wird
eine Applikation ausgeführt, welche die Authentifizierung des Benutzers sowie
den Datentransfer vom Controller zum Server bzw. vom Server zu demjenigen
Computer durchführt, an welchem der Anwender sich gerade befindet.

20.6 Software
Einige Parameter des Hausautomatisierungsmoduls können von einem Sy-
stemadministrator verändert werden. Dazu wird mit dem Controller unter
Verwendung einer geeigneten Anwendung kommuniziert, und die Werte der
Parameter werden aus der SPS ausgelesen bzw. die neu gesetzten Werte in
die SPS geschrieben. Eine Programmoberfläche, die der geschilderten Parame-
trierung dient, ist in Abb. 20.12 zu sehen, wobei hier die Einstellung diverser
Temperatursollwerte einer Raumtemperaturregelung dargestellt ist. Die Kom-
munikation erfolgt mittels MODBUS/TCP-Protokoll [118], da dieses von
der hier verwendeten SPS unterstützt wird.
Eine weitere elegante Möglichkeit der Parametrierung stellt die Web-
Applikation in Abb. 20.14 dar. Der Web-Server dient dabei als Informations-
zentrale, die die Parameter aus der SPS ausliest, speichert und dem Benutzer
zur Bearbeitung übergibt. Änderungen, die der Benutzer durchführt, werden
in einem Abbild der Parameter, welches der Web-Server verwaltet, gespei-
chert. Sind alle Änderungen durchgeführt, werden die Parameter wieder in
die SPS transferiert, und dem Benutzer werden die veränderten Parameter
angezeigt.
Es ist auch denkbar, diese Anwendung auf einem Web-Server zu implemen-
tieren, der in dem betreffenden Haus installiert ist. Diese Lösung ist jedoch
712 20 Gebäudeautomatisierung (Smart Home)

Abb. 20.14. Web-Applikation des Hausautomatisierungssystems; hier: Parametrie-


rung des Moduls zur Einstellung eines Kaltwasser-Magnetventils

erst dann sinnvoll, wenn das Hausautomatisierungssystem permanent mit dem


Internet verbunden ist, da sonst die Kosten für eine solche Datenverbindung
zu hoch wären. Wenn in Zukunft Haushalte fest mit dem Internet verbunden
sind, wäre dies die ideale Lösung zur Parametrierung und Beobachtung des
Hausautomatisierungssystems. Allerdings müsste dann der Sicherheitsaspekt
mehr in den Vordergrund rücken, denn ein System, welches permanent Drit-
ten zugänglich ist, muss in besonderer Weise vor unbefugtem Zugriff geschützt
werden.
Mit dem in Abschnitt 17.2.1 beschriebenen SPS-Controller vereinfacht sich
die Anbindung an das World Wide Web sehr, da in seiner Firmware bereits ein
20.6 Software 713

Webserver implementiert ist. Er ist also mit Hilfe von Standard-Webbrowsern


direkt über das Internet ansprechbar. Die Bedienoberfläche des Smart-Home-
Systems wird nun nicht mehr in Visual Basic programmiert (Abb. 20.12)
sondern dynamisch mittels Java-Sript-Applets erzeugt. Abbildung 20.15 zeigt
eine solche Bedienoberfläche, die sich wiederum unmittelbar mit einem Web-
browser darstellen und bedienen lässt.

Abb. 20.15. Web-Seite des Hausautomatisierungssystems auf der Basis eines in


den SPS-Controller integrierten Webservers. Die graphische Darstellung und die
Bedienung kann mit einem beliebigen Webbrowser erfolgen.
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Index

20 mA-Stromschleife, 549 Allpass, 57


Alternativhypothese, 505
Aaronschaltung, 237 Amperemeterschaltung
Abbildungsgroße, 8 erdfreie, 202
Abfrage (Polling), 532 massebezogene, 202
Abgleichverfahren, 252, 255 Amplitude, 116
Abgleichvorgang, 264 Amplitudenbedingung, 424
Ablenkkoeffizient, 276 Amplitudendynamik, 179
Fehler, 288 Amplitudengang, 63
Ablenkspannung, 275 Amplitudenmodulation, 10, 441
Ablenksystem Amplitudenspektrum, 463
Anstiegszeit, 294 Analog-Digital-Umsetzer, 342 ff
Grenzfrequenz, 276, 294 Delta-Sigma-Modulator, 356
horizontales, 274, 277, 289 direktvergleichender, 348 ff
Sprungantwort, 294 Dual-Slope-Umsetzer, 367
vertikales, 289 dynamische Fehler, 378 ff
Absolutdrucksensor, 272 Fehler, 375 ff
Absorptionsgesetz, 314 Flash-Converter, 348
Abtast-Halte-Schaltung, 346 ff Grundprinzipien, 374
Abtastfrequenz, 345 Kaskadenverfahren, 351
Abtastratenreduzierung, 358 Kennlinie, 376
Abtastsignal, 344 Leistungsdaten, 375
Abtastung, 283, 285, 343 ff Multi-Bit-Delta-Sigma, 360
Abtastvorgang, 285 Nachlaufumsetzer, 356
Abtastzeitpunkt, 378 Parallel-Umsetzer, 348
amplitudenmaßige, 343 Pipeline-Verfahren, 353 ff
zeitliche, 343 Single-Slope-Umsetzer, 366
Abtastwertspeicher, 357 Spannungs-Frequenz-Umsetzer, 369
Acquisition Time, 347 statische Fehler, 375 ff
Addierer Stufenumsetzer, 349
digitaler, 318 Vergleich, 374
Aktiver Vollweg-Gleichrichter, 203 Analog-Dividierer, 455
Aliasing-Effekt, 345 Analog-Multiplexing
724 Index

mit Zeitversatz, 520 Autokorrelation


ohne Zeitversatz, 520 Energiesignale, 468
Analog-Multiplizierer, 454 ergodische (stochastische) Signale,
Analog-Oszilloskop, 273 ff 468
Funktionsgruppen, 280 Autokorrelationsfunktion, 466 ff, 476
Analoger und digitaler Trigger, 304
Analogtechnik, 452 Balkenwaageprinzip, 349
Anode, 275 Ballistische Konstante, 134
Anodenspannung, 275 Bandbegrenzung, 292
Anpasser, 5 Bandbreite, 179, 187
Anregung Bandpassfilter, 465
harmonische, 116 Bandpassubertragungsfunktion, 465
Anregungsfunktion, 115 Bandsperre, 464
ANSI, 555 Basiseinheiten, 11 ff
Ansprechempfindlichkeit, 179 Basisgroßen, 11 ff
Anstiegsgeschwindigkeit, 187 Basisspektrum, 345
Anstiegszeit, 282, 293, 294 Baudrate, 540, 546
Definition, 293 Bauelement
Anti-Aliasing-Filter, 345 passives, 258
Anzeige, 4, 6 trages, 79
Anzeigegeschwindigkeit, 421 BCD-Code, 312 ff
Anzeigewert, 103 BCD-Zahler, 331 ff
Apertur- asynchroner, 331
Unsicherheit, 347, 379 synchroner, 332
Zeit, 347 Beharrungswert, 116
Aquivalenz-Gatter, 317 Belastungsfehler, 145, 148, 150, 248
Aquivalenzzeit, 283 Beleuchtungsstarke, 19
Arbitrary Waveform Synthesizer, 522 Beobachtungsbandbreite, 216
ASI-Bus, 624 Beruhigungszeit, 130
AT-Schnitt-Dickenscherschwinger, 434 Beschleunigungskraft, 276
Atomuhr, 439 Beschleunigungsmoment, 127, 132
Außenleiter, 234 Best-Straight-Line, 339
Aufgabengesetz, 104 Betrags-Spektrum, 344
Auflosung, 374, 375 Betragsabgleich, 264
Auflosungsvermogen, 421 Betragsgang, 63
Aufnehmer, 4 Betriebsmessgerat, 114, 138
induktiver, 267 Bezugsgerade, 339
kapazitiver, 267 Bezugswert, 4
Ausgabe, 5 Bias-Stromversorgung, 188
Ausgangspuls Biegeschwinger, 431
taktsynchroner, 328 Binarcode, 311, 311 ff
Ausgleichsgerade, 491 ff Bistabilitat, 319
Ausgleichsvorgange, 25 ff Bit
Ausschlag, ballistischer, 134 hochstwertiges (MSB), 349
Ausschlagbrucke, 267 niedrigstwertiges (LSB), 378
Ausschlagmethode, 7 BITBUS, 636
Aussteuerung Bitcodierung, 616
Grenze, 181, 463 Bit-Monitoring, 626
maximale, 376 Bit-Stuffing, 626
Index 725

Datensicherung, 618 Meldeleitung, 538


Fehlererkennung, 618 Pegelfestlegung, 539
Manchesterverfahren, 617 RS232C-Schnittstelle, 536
NRZ-Code, 619 Steuerleitung, 538
NRZI-Code, 619 Synchronisierung, 540
Blindkomponente, 255 Taktleitung, 538
Blindleistung, 232, 238 Ubertragungsmedien, 535
Blindleistungsmessung Cosinussatz, 258
im 3-Leiter-System, 240 Coulombsche Anziehungskraft, 141, 276
im 4-Leiter-System, 239
im Einphasennetz, 232 D-Flip-Flop
Bode-Diagramm
taktflankengesteuertes, 324
komplexes Polpaar, 72
taktzustandgesteuertes, 322
schwach gedampftes System, 72
Dampfung, 116, 143
stark gedampftes System, 73
Dampfungsgrad, 130
Systeme mit mittlerer Dämpfung, 73
Koeffizient, 128 ff
Bode-Diagramme, 65 ff
Mechanismus, 130
Bolometer, 407 ff
Moment, 127 ff, 132
Boltzmann-Konstante, 216
winkelgeschwindigkeitsproportionale,
Boolesche Algebra, 313
127 ff
Braunsche Rohre, 273 ff
Data-Latch, 322
Bremsmagnet, 243
Datenausgabesystem, 521
Bruckenabgleich, 263
Ausgabe, 522
Erdkapazitaten, 262
halbautomatischer, 263 D/A-Umsetzung, 522
Bruckendiagonalspannung, 259 Datenubergabe, 521
Bruckenschaltung, 250, 252 ff Prinzip, 522
Bruckenspeisespannung, 253 Datendurchsatz, 546, 547
Burde, 163, 165 Datenlogger, 531, 664, 666
Bus Datensicherung
Zugriffsverfahren, 615 ff Cyclic Redundancy Check, 618
Buskoppler, 621 Hamming-Distanz, 618
Paritatsprufung, 618
CAMAC, 534 Datenubertragung
CAN, 625 asynchrone, 540
Casium-Element, 436 Grundtypen, 532
Casium-Normaluhr, 436, 439 Kenngroßen, 546
Charge-Balancing-Converter, 371 ff synchrone, 541
Chopper-Verstarker, 212 Datex-P, 653
Chopperbetrieb, 283 Dehnungsmessstreifen (DMS), 270
Code Delon-Schaltung, 156
fehlererkennender, 313 Delta-Impuls (Dirac-Stoß, Dirac-
fehlerkorrigierender, 313 Impuls), 25 ff, 115 ff
Codewechsel, 342 Delta-Modulator, 357 ff
Codewortfolge, 342 Delta-Sigma-Modulator, 356 ff
Computer Controlled Instruments, 516 Detektion, 4
Computer-Schnittstelle, 516, 534 Detektor, 4
Datenleitung, 537 Dezimalzahl, 311 ff
Hardware-Realisierung, 543 Dezimation, 358
726 Index

DGPS (Differential Global Positioning Schottky-Diode, 409


System), 445 Schwellenspannung, 157, 203, 204
Diagonalspannung, 252 Sperrstrom, 196
Dickenscherschwinger, 431 Temperaturspannung, 197
Differential-Tauchankergeber, 268 Diodenkennlinie, 80
Differentialsensor, 268 Dirac-Impuls (Dirac-Stoß, Delta-
differentielle Verstarkerstufe, 206 Impuls), 25 ff, 115 ff
differentieller Operationsverstarker, 205 Direct Memory Access (DMA), 532
Leistungsdaten, 209 Disjunktion, 314
Differenzdrucksensor, 272 Distanzmessung
Differenzeingangsspannung, 185 akustische, 474
Differenzeingangswiderstand, 186 Dividierer, 455
Differenzierer-Schaltung, 196 Doppelspulen-Tauchankersystem, 268
Differenzpulscodemodulation, 356 Dreheisenmesswerk, 137 ff, 158, 159
Differenzverstarker, 209 Drehfederkonstante, 131, 138
Differenzverstarkung, 184 Drehmagnetmesswerk, 140 ff
Digital-Analog-Converter, siehe Drehmoment, 126
Digital-Analog-Umsetzer Drehspul-Spiegelgalvanometer, 131
Digital-Analog-Umsetzer, 332 ff Drehspulmesswerk, 126 ff, 159
dynamischer Fehler, 341 ff Dampfung, 129 ff
Kennlinien, 340 dynamisches Verhalten, 127 ff
Realisierung, 334 mit Gleichrichter, 159
statischer Fehler, 339 ff Drehspulquotientenmesswerk, 138 ff,
unipolarer, 332 159
Digital-Multimeter, 379 ff Drehstromsystem, 233 ff
Blockschaltbild, 379 3-Leiter-System, 234
Digital-Phosphor-Oszilloskop, 303 4-Leiter-System, 234
Digital-Speicheroszilloskop, 297 ff Aaronschaltung, 237
Anzeigebetriebsart, 301 Begriffsdefinitionen, 233
Aquisitionsmodi, 309 Blindleistungsmessung, 238
Aufzeichnungsbetriebsart, 301 Dreieckschaltung, 233, 234
Bildwiedergabe, 299 komplexe Leistung, 237
Digital-Phosphor-Oszilloskop, 303 Lastimpedanz, 235
Ethernet-Schnittstelle, 661 Leistungsmessung, 233
Messkanal, 297, 298 Leiterspannung, 234
Recurrent-Mode, 301 Leiterstrom, 235
Refresh-Mode, 301 Schaltungsvariante, 233
Roll-Mode, 302 Spannungszeiger, 238
Signalmittelung, 309 Sternschaltung, 234
Single Shot, 301 Wirkleistung, 236
Triggermodul, 297, 298 Zeigerdiagramm, 234, 235
USB-Scope, 663 ff Zwei-Wattmeter-Verfahren, 237
Digitalwortfolge Dreieck-Stern-Umwandlung, 254
gestorte, 341 Droop, 347
DIN-Messbus, 642 Druck, 19
DIN-Normen, 7 Druckmessung, 270
Diode Drucksensor, 270 ff
Innenwiderstand, 153 Dual-Slope-Umsetzer, 367 ff
Kennlinie, 196 Dualzahl, 10
Index 727

Darstellung, 312 ff Newton, 19


Dualzahler nicht-koharente, 18
asynchroner, 329 Ohm, 19
synchroner, 330 Pascal, 19
Dunkeltastung, 278 Sekunde, 11, 12, 440
Durchflutungsgesetz, 134, 140, 242 SI-System, 12 ff
Siemens, 19
e-Funktionsgenerator, 198 Steradiant, 19
Eckfrequenz, 185 Tesla, 19
Effektivwert, 151, 152, 231, 457, 458 Volt, 19
beliebiger Signalverlauf, 459 ff Volt-Ampere, 233
echter, 381 Volt-Ampere-reaktiv, 232
kurvenformunabhangiger, 458, 459 Watt, 19
Kurzzeit-, 459 Weber, 19
Effektivwertbaustein, 451 Einheitengleichung, 18
analoger, 457, 459 Einplatinen-Computer, 606
Schaltung, 457 Einschwingvorgange, 46 ff
Effektivwertmesser, 142 Einschwingzeit, 342
echter, 158 Einstellzeit, 130 ff
EGNOS (European Geostationary Einweg-Gleichrichter, 156, 204
Navigation Overlay Service), 445 Schaltung, 156
Eigenfrequenz, 127 Einweg-Gleichrichtung, 153 ff
Eigenrauschen, 179 elektrische Arbeit, 241
Eigenverbrauch, 141 elektrische Energie, 244
Einflussgroße, 106 elektrische Leistung, 229
Eingangsfehlspannung, 187 Elektrizitatszahler, 241 ff, 242
Eingangsfehlstrom, 188 Aluminiumlauferscheibe, 243
Eingangsrauschleistung, 224 prinzipieller Aufbau, 244
Eingangsruhestrom, 188, 216 Spannungseisen, 243
Eingangsstrom, 181, 183 Stromeisen, 243
Eingangsstromdrift, 188 Wirbelstrom, 243
Einheiten, 3, 11 ff Wirbelstrombremse, 243
Ampere, 11, 12 Elektrodynamisches Messwerk, 134 ff
Becquerel, 19 Elektromechanik, 126
Candela, 11, 12 Elektrometerverstarker, 211, 425
Coulomb, 19 Elektron
Farad, 19 Ladung, 216, 275
Gleichung, 18 Laufzeit, 294
Gray, 19 Masse, 13
Henry, 19 Verweildauer, 294
Hertz, 19 Elektronenstrahl, 273, 274
Joule, 19 Elektronenstrahl-Oszilloskop
Kelvin, 11, 12 analoges, 273 ff
Kilogramm, 11, 12 dynamischer Fehler, 290 ff
koharente, 18 Fehler, 288
Lumen, 19 Grenzfrequenz, 292, 296
Lux, 19 Spannungsteiler, 286 ff
Meter, 11 Verstarker-Grenzfrequenz, 292
Mol, 11, 12 Elektronenstrahl-Rohre, 273 ff
728 Index

Elementarladung, elektrische, 13 hoherer Ordnung, 344


Empfindlichkeitsfehler, 288 FAN (Field Area Network), 611 ff
Energie Feder, 126
elektrische, 142 Fehler
Energiedosis, 19 absoluter, 103 ff
Energieerhaltungssatz, 141 Erkennung, 313
Energiemesser, 388 ff Fehlerarten, 104
Energiemeter, 388 Fehlerfortpflanzungsgesetz, 336, 436,
Smart Meter, 388 438
Energiemessung, 388 ff Fehlerklassen, 163
Energiemeter Fehlerwahrscheinlichkeit, 108 ff
Ankopplung, 397 Frequenzmessung, 436, 437
Energiemeter-IC, 392 Korrektur, 313
3-Phasenmessung, 395 ff Monotonie, 340
Scheinleistungsmessung, 392 Periodendauermessung, 437
Energiesignal, 467 relativer, 103 ff
Energiestrom, 19 Schwingquarz, 434
Energiezahler, 366 stochastischer, 476
Entladevorgang, 372 systematischer, 336
Erdmagnetfeld, 137 Toleranzgrenze, 112
Erdschleife, 530 wahrer Wert, 103
Ergodisches Signal, 467 Zeitintervallmessung, 436
Erhaltungstendenz, 471 Fehler 1. Art, 507
Errorfunction, 107 ff Fehler 2. Art, 507
Ersatzschaltbilder Fehleranalyse
einer Kapazitat, 257 Ruckwartsanalyse, 121
Ersatzspannungsquelle, 144, 146, 253, Vorwartsanalyse, 121
254 Fehlerklasse, 163
Prinzip, 144 Feinmessgerat, 114
Ersatzstromquelle, 144 Feldbus, 621 ff
erstes gemeinsames Moment, 497 aktuelle Systeme, 623
Erwartungswert, 106, 496 Feldgerate, 621
Erwartungswert 2. Ordnung, 496 Vergleich, 622, 623
EtherCAT, 674 Feldenergie
Ethernet, 612, 645 ff magnetische, 138
Date Acquisition System, 660 Feldkonstante, elektrische, 13
Fast-Ethernet, 645 Feldkonstante, magnetische, 13
Hub, 649 Feldspule, 229
Industrie-Ethernet, 612 Feldstarke
Messdatenerfassung, 658, 666 ff magnetische, 18
Switch, 649 Filterung, 452
Telegrammstruktur, 650 FIP-Bus, 633
Excess Noise Ratio (ENR), 225 Fire Wire, 534
Exklusiv-Oder-Gatter, 317 Flachenscherschwinger, 431
Flash-Converter, 348 ff
f/U-Umsetzer, 421 Flex Ray, 628 ff
Faltung, 35, 115 Flip-Flop-Schaltung, 319 ff
Faltungsintegral, 115 Flussmeterkonstante, 132
Faltungsprodukt Folge-Halte-Schaltung, 346
Index 729

Realisierung, 346 NOR, 316


Formfaktor, 151, 158 ODER, 316
Fourier-Transformation, 22 ff UND, 315
Fourier-Transformierte, 22 ff, 116, 117 Gatterschaltung, 313 ff
Fourieranalyse, 21 ff, 231, 463 Gauß-Markov-Theorem, 501
Fourierreihe, 21 ff, 231 Gaußsche Verteilungsfunktion, 106
Frequenz, 19 Gaußsches Fehlerfortpflanzungsgesetz,
Frequenz-Spannungs-Umsetzer, 421 113 ff
Frequenz-Spannungs-Umsetzung, 421 Gaußsches Minimalprinzip, 502
Frequenzgang, 63 Gegenkopplungsschaltung, 182, 182 ff
Frequenzkompensation, 287 Gegentaktstorungen, 530
Frequenzkonstante, 432 Gemeinsames Moment, 496
Frequenzmessung, 412, 430, 437 Genauigkeitsklasse, 114, 165
digitale, 413 genormte, 114
direkte, 369, 438 Gesamtrauschleistung, 224
Fehler durch Rauschen, 439 Gesamtverstarkung, 185
mechanische, 412 Gesetz
relativer Fehler, 438 Absorptions-, 314
reziproke, 369, 438 Assoziativ-Gesetz, 314
Frequenzmodulation, 10, 421 Distributiv-Gesetz, 314
Frequenznormal, 436, 439 Kommutativ-Gesetz, 314
Frequenzstabilitat, 434 Morgansches, 314
Frequenzverdoppler, 456 Negations-, 314
Schaltung, 456 Gesteuerte Quellen, 95
Full Scale Sprung, 342 Gewichtsfunktion, 60, 115 ff
Funkelrauschen, 216 Gewichtung
Funkschnittstelle, 706 binare, 339
Funksensor, 706 Glasfasernetz (FDDI), 657
Funktionaltransformation, 451 Gleichgewichtsbedingung, 127
Gleichrichter
GAGAN (GPS Aided Geo Augmentati- aktiver, 203
on Navigation), 445 phasenempflindlicher, 264
Galileo, 446 Gleichrichterschaltung, 203
”Safety of Life” Service, 449 Gleichrichtung, 152 ff
Commercial Service, 449 Gleichrichtwert, 151, 153, 457
Open Service, 449 Gleichspannungskompensation, 250
Public Regulated Service, 449 Schaltung, 251
Search and Rescue Service, 449 Gleichspannungsmessung, 144 ff, 147 ff
galvanomagnetischer Effekt, 172 ff Gleichspannungsverstarkung, 186
Galvanometer, 131 ff, 250, 252 Gleichstrom-Messbrucke, 252 ff
ballistisches, 133 Abgleichbrucke, 255 ff
Gamma-Funktion, 511 Ausschlagbrucke, 253 ff
Gateway, 621 Gleichstromkompensation, 251
Gatter Schaltung, 251
Antivalenz, 317 Gleichstromkreis, 229
Aquivalenz, 317 Gleichstrommessung, 144 ff
EXOR, 317 Gleichstromnetzwerk, 145
NAND, 315 Gleichtakteingangswiderstand, 186
NICHT, 314 Gleichtaktspannung, 184, 187
730 Index

Regelung, 205 Hallwinkel, 175


Gleichtaktstoranteil, 211 Hamming-Distanz, 618
Gleichtaktstorungen, 530, 548 Handshaking, 542
Gleichtaktunterdruckung, 185, 211 Hauptzeitbasis, 279
Gleichtaktverstarkung, 185, 187, 211 Hausautomatisierung, 701
Gleichtaktwiderstand, 186 Datenerfassung, 703
GLONASS, 446 SPS, 704
Gluh-Kathode, 274 webbasiert, 712
GPIB-Bus, 556 HDSL (High Bit Rate Digital Subscriber
GPRS (General Packet Radio Services), Line), 652
653 Heißleiter, 83
GPS Hexadezimalcode, 312 ff
Differential GPS, 445 HF-Leistungsmessung, 398, 402
GPS-Satellitennavigation, 442 Diodengleichrichter, 408
Benutzersegment, 443 kaskadierter Verstärker, 402
GPS-Empfanger, 443 thermoelektrischer Wandler, 403
kodiertes Signal, 443 Hilfsgerate, 5
Kontrollsegment, 443 Hilfsquelle, 8
Kugelstandflache, 443 Hochspannungsmesser, 142
Modulationsverfahren, 444 Horizontalverstarker, 277
Positionsdaten, 443 Hot Carrier Diode, 409
Raumsegment, 443 HP-IB-Bus, 555
Satellitenuhr, 443 Hub, 649
Systemaufbau, 442 Hypothesen-Testverfahren, 491 ff, 505 ff
Graetz-Schaltung, 154 Hysterese, 88
Graphitwendel, 277 Hysteresekurven, 88 ff
Gray-Code, 312, 313 ff Hystereseverlust, 136, 137
Greinacher-Schaltung, 156
Grenzfrequenz, 186, 187, 282, 292, 293 i.Link, 534
3-dB-, 187 IEC-Bus, 524, 534, 572
obere, 187 adressierte Befehle, 564
Großengleichungen, 18 Bus-Logik, 559
Grobquantisierung, 350 Controller, 557
Grundgesamtheit, 108 ff, 109 Datenbus, 556
Grundwelle, 463 Dreidraht-Handshake, 560
Grundwellenresonanz, 432 Eindrahtnachrichten, 564
GSM (Global System for Mobile Einsteckkarte, 571
Communication), 653 Empfanger-/Horerfunktion, 556
Gutefunktion, 508 externe Nachrichten, 562
Geratefunktion, 562
Halbaddierer, 318 Gerategrundfunktion, 557
Halbbrucke, 268 Geratenachricht, 558
Halbleiter-Analogschalter, 527 Gerateschnittstelle, 561
Halbleiter-DMS, 270 Handshake-Verfahren, 560
Half-Flash-Umsetzer, 351 Hardware, 568
Halleffekt, 172 Horer-/Sprecher-Adressen, 565
Hallelement, 172 ff interne Nachrichten, 562, 563
Hallkonstante, 174 Komponenten, 556
Hallspannung, 174 Leitungen, 557, 560
Index 731

Listener, 557 zeitinvariante, lineare, 88


Mehrdrahtnachrichten, 558, 564 zeitinvariante, nichtlineare, 87
Nachrichtenarten, 562 zeitvariante, lineare, 88
Parallel Poll, 567 zeitvariante, nichtlineare, 87
Quittierungssignal, 560 Influenz, 143
Schlusszeichen, 567 Informationstrager, 9
Schnittstelle, 561 Instrument-on-a-Card, 516
Schnittstellen-Steuerbus, 558 Instrumentenverstarker, 211 ff
Schnittstellenfunktion, 562 Schaltung, 211
Schnittstellennachrichten, 558 Integrierer-Schaltung, 195
Sekundar-Befehle, 566 Inter Integrated Circuit, 549
Sender-/Sprecherfunktion, 556 INTERBUS-S, 634
Serial Poll, 567 Interbus-S, 624
Software, 682 Internet-Protokoll (IP), 648
Statusabfrage, 567 Interpolation
Statusinformation, 558 lineare, 300
Steckverbindungen, 568 Sinus, 300
Steuerbus, 556 Interrupt-Methode, 532
Steuerfunktion, 556 Invertierender Verstarker, 192
Talker, 557 IP-Adressen, 646
Ubergabesteuerbus, 556, 558 ISDN
Ubertragungsgeschwindigkeit, 570 Breitband-ISDN (B-ISDN), 652
Universal-Befehle, 565 ISDN Integrated Services Digital
IEC-Bus-Schnittstelle, 555 ff Network, 652
Realisierung, 570 ISO-Schichtenmodell, 612 ff
IEC-Busbefehle Isolated-Gate-FET (IGFET), 346
Codierung, 564
IEEE-Standard 1394, 534 Jitter, 379
IEEE-Standard 1588, 668 ff, 671 JK-Flip-Flop
IEEE-Standard 488, 556 ff taktflankengesteuertes, 325
Impedanz
komplexe, 255 Kaltleiter, 83
Messung, 258 Kapazitat, 19, 255
Impedanzanpassung, 194 dynamische, 432
Impedanzwandler, 194 Ersatzschaltbild, 256
Impulsantwort, 60, 115 ff, 119 nichtlineare, 92
Impulsbreiten-Multiplizierer, 364 ff statische, 94
Impulsdauer, 421 verlustbehaftete, 256
Impulsformer, 422 zeitinvariante, lineare, 94
Impulskorrelationsfunktion, 468 ff zeitinvariante, nichtlineare, 93
Induktionsgesetz, 242 zeitvariante, lineare, 94
Induktionsmesswerk, 241 ff zeitvariante, nichtlineare, 93
Funktionsprinzip, 242 Kaskadenschaltung, 155
Induktionsprinzip, 241 Kaskadenverfahren, 351 ff, 374
Induktivitat, 19, 255 Kathode, 274
dynamische, 432 Kenngroße, 452
Ersatzschaltbild, 256 Kennlinien-Korrektur, 452
nichtlineare, 85 Kettenschaltungen, 222
verlustbehaftete, 256 Rauschen, 222
732 Index

Kippschaltungen Kreuzkorrelation, 474


bistabile, 319 ff Kreuzkorrelationsdichtefunktion
Kippstufe spektrale, 477
astabile, 427 Kreuzkorrelationsfunktion, 466 ff
monostabile, 327 ff, 421 Kreuzleistungsdichte
Kleinsignalinduktivitat, 87 spektrale, 477
Kleinsignalkapazitat, 93 Kreuzspule, 139
Klirrfaktor, 452, 463 Kreuzspulinstrument, 249
Messbrucke, 451, 464 Kreuzspulmesswerk, 138 ff, 159
KNX-Bus, 637 Kriechgalvanometer, 132
Koharenz Kurzschlussstrom, 145
innere, 471 Kurzzeiteffektivwert, 459
Koharenzzeit, 471 Kurzzeitkorrelationsfunktion, 468 ff
Koinzidenzzeit, 416 Kurzzeitmittelwert, 461
Komparator, 198
invertierender, 199 Laborautomation
mit Hysterese, 199 webbasiert, 662
ohne Hysterese, 198 LabVIEW, 691 ff
Komparatoren, 374 DIAdem, 695 ff
Kompensationsgroße, 8 Version 8, 693 ff
Kompensationsmethode, 5, 7 LabWindows, 695
Signalfluss, 8 Ladekondensator, 372
Kompensationsprinzip, 250 Ladevorgang, 372
Kompensationsschaltung, 250 ff Ladung, 19
Kompensationsschreiber, 252 Ladungskompensations-Konverter
Kompensationsverfahren, 179 getakteter, 372
Kompensator, 131, 250 Ladungskompensationsverfahren, 371,
komplexe Leistung, 232 371 ff
Kondensator, 142, 155 Ladungsmessung, 214
idealer, 255 Ladungsverstarker, 214
Konjunktion, 313 Schaltung, 214
Konstantspannungsquelle, 247 LAN (Local Area Network), 611 ff, 709
Konstantstromquelle, 248 Lange, 11
Kopplung Langsschwinger, 431
kapazitive, 341 Laplace-Transformation, 28 ff
Korrekturspule, 230 ff Differentiationssatz, 35, 119
Korrelation, 491 ff elementarer Funktionen, 31 ff
lineare, 502 ff Faltung, 35
Korrelation und Kausalitat, 505 Integrationssatz, 34, 117
Korrelationsbildung, 452 Multiplikationssatz, 37
Korrelationsfunktion, 465 Netzwerkelemente, 47
bezogene, 471 Rucktransformation, 41, 52 ff
praktische Auswertung, 466 Tabelle wichtiger Funktionen, 42
Korrelationskoeffizient, 495 ff, 498 Variable, 117
Vertrauensbereich, 505 ff Laplace-Ubertragungsfunktion, 61, 117,
Korrelationsmessung, 466 119
Korrelationsverfahren, 451, 471 Lastimpedanz, 160
Kovarianz, 495 ff, 497 Lastwiderstand, 148
Kraftwirkung, 125 Laufzeitfehler, 276, 295
Index 733

LC-Oszillator, 425 Logik


LC-Schwingkreis, 423, 434 negative, 311, 559
Least Significant Bit (LSB), 333 positive, 311, 559
Leerlauf-Differenzeingangsspannung, LON (Local Operating Network), 641
187 Lorentzkraft, 172
Leerlaufspannungsverstarkung, 181, 184 Luftkammerdampfung, 143
Leerlaufspannungsverstarkungsmaß, LXI, 666 ff
184 Geräteklassen, 669
Leerlaufverstarkung, 186 Triggermöglichkeiten, 669
Leistung, 19
Leistungsdichte Maßeinheit, 11 ff
spektrale, 474 Maßsysteme, 11 ff
Leistungsdichtefunktion, 477 Magnetfeld, radial inhomogen, 139
spektrale, 474 ff Magnetfeldsensor, 172 ff
Leistungsmesser magnetische Flussdichte, 19
elektronischer, 366 magnetischer Fluss, 19
Leistungsmessung, 136, 229 ff, 388 ff magnetisches Feld, 135
Blindleistung, 388 Magnetisierungsstrom, 160, 163
elektrodynamisches Messwerk, 229 Masse, 11
Energiemeter, 388 Masse-Feder-System, 423
Hochfrequenz-IC, 398 Master-Flip-Flop, 324
Hochfrequenzmessung, 398 ff MATLAB, 696 ff
im Drehstromsystem, 233 Maxwell-Wien-Brucke, 262
im Einphasennetz, 231 Mehrdraht-Handshake, 542
integrierte Schaltkreise, 388 Mehrfachperiodendauermessung, 439
komplexe, 232 Messbereichsanfangswert, 104
Smart Meter, 388 Messbereichsendwert, 104, 147
spannungsrichtige, 230 Messbereichserweiterung, 146 ff, 149 ff
stromrichtige, 230 Messbereichserweiterung, Spannungs-
Wechselstromkreis, 231 messung, 149 ff
Wirkleistung, 388 Messbereichsumfang, 4, 104
Leistungssignal, 467 Messbrucken
Leistungsverstarkung, 220 fur Gleichspannung, 252
Leiter, stromdurchflossener, 126 Messdaten
Leiternetzwerk, 337 ff Archivierung, 515
Leiterspannung, 234 Visualisierung, 515
Leitwert, 19 Messdatenerfassung, 515
Lenzsche Regel, 129 ff -skarte, 525
Leuchtschicht, 274 Abtastung (Sampling), 520
Lichtgeschwindigkeit, 13 Analog-Digital-Umsetzung, 521
Lichtstarke, 11, 12 Aufgabe, 681
Lichtstrom, 19 Bussysteme, 658
Lichtzeiger, 131 Datenubernahme, 521
Linearisierung, 157 Empfang, 518
Linearitatsfehler, 277, 289, 351, 377 Entwicklungssystem graphikorientier-
Linienspektrum, 465 tes, 689
logarithmierender Verstarker Ethernet, 645
mit Diode, 196 Ethernet Data Acquisition System
mit Transistor, 197 (EDAS), 660
734 Index

ETX/ACK-Protokoll, 542 zufalliger, 106 ff, 111


Handshake-Verfahren, 541 ff Messfuhler, 4
Hardware, 522 ff Messgerat, 5
Haustechnik, 703 Grundfunktion, 125
Industrie-Ethernet, 645 Messgerate
Kommandosprache, 690 Bestimmungen, 4
Komplettpaket, 688 elektromechanische, 125
Messkanal, 518 Schaltzeichen, 143
Modul-Bibliothek, 689 Messgroße, 3, 4
Offline, 517 Aufnahme, 5
Online, 517 Detektion, 125
Powerline-Kommunikation, 654 ruckwirkungsarmes Erfassen, 4
Programmgenerator, 689 Messkette, 5
Quittierungsverfahren, 541 ff Messmethode
rechnergestutzte, 515 ff analoge, 8
Satellitenkommunikation, 655 digitale, 8
SCPI-Standard, 682 direkte, 9, 465
SPS, 704 diskontinuierliche, 8
System, 555 indirekte, 465
UMTS, 654 kontinuierliche, 8
Vernetzung, 645 ff ruckwirkungsfreie, 8
Verstarkung, 518 Messmethoden
via GPRS, 654 Klassifizierung, 7 ff
Virtual Private Network (VPN), 658 Messprinzip, 5
webbasiert, 662 Messsignal, 5
XON/XOFF-Protokoll, 541 Anpassung, 5
Messeinrichtung, 5 Informationstrager, 9
Struktur, 5, 6 Verarbeitung, 5, 125
Messen Weitergabe, 5
Begriffsdefinitionen, 3 ff Messsignale
Messergebnis, 4, 5, 104 Arten, 453
Messfehler, 103 ff Klassifizierung, 453
Abschatzung, 109 Messsignalverarbeitung, 451, 515
absoluter, 103 ff Messspanne, 104
dynamischer, 114 ff, 119 ff, 290 Messsystem, 115 ff, 120
Korrektur, 122 ff Grenzfrequenz, 479
Fortpflanzung zufälliger, 113 ff Grundstruktur, 515
maximaler relativer, 114 nicht-ideales, 120
mittlerer, 111 rechnergestutztes, 451, 515
mittlerer dynamischer, 120 Ubertragungsverhalten, 115 ff, 120
mittlerer quadratischer, 108 Messtechnik
momentaner dynamischer, 120 Bedeutung, 1
reduzierter, 104 Grundbegriffe, 4
relativer, 103 ff, 148, 437 Historie, 1
statischer, 288 Messung
systematischer, 104 ff, 145, 245 Effektivwert, 158 ff
Toleranzgrenze, 112 elektrische Arbeit, 241
uberlagertes Rauschen, 439 elektrische Impedanz, 245 ff
wahrer Wert, 103 Gleichrichtwert, 157
Index 735

Gleichspannung, 144, 147 ff gleitende, 462


Gleichstrom, 144 ff laufende, 461
komplexe Impedanz, 258 Mittelwert, 106, 107, 108 ff, 460 ff
konventionelle, 420 arithmetischer, 106, 151, 460
nicht-elektrische Großen, 427 Bestimmung, 460
ruckwirkungsfreie, 250 bezogener quadratischer, 120
Scheinwiderstand, 257 quadratischer, 151, 457, 479
Scheitelwert, 154 zeitlicher, 470
Spitzenwert, 154 Mittelwertbildung, 452, 458
taktpulssynchronisierte, 420 Mittelwerte, 460 ff
Wechselspannung, 151 Mixed-Signal-Oszilloskope, 306
Wechselstrom, 151 MODBUS, 711
Messung an nichtlinearen Bauelemen- MODBUS-TCP-Protokoll, 595
ten, 90 ff Modellsignal, 465
Messung von Blindwiderstanden, 255 ff Modem, 535
Messung von ohmschen Widerständen Modulationsverfahren, 616
Kreuzspulmesswerk, 249 APM, 616
Messung von ohmschen Widerstanden, Monoflop, 327 ff, 422
245 ff Most Significant Bit (MSB), 337
Konstantstromquelle, 248 MSAS (Multi-Functional Satellite
Strom- und Spannungsmessung, 245 Augmentation System), 445
Vergleich mit Referenzwiderstand, Multifunktions-Einsteckkarte, 524
246 Blockschaltbild, 525
Messverfahren, 5 Multiplexer, 525, 527
Messverstarker, 5, 179 ff -typen, 528
spezielle, 209 ff Multiplikationssatz, 37
Messwandler, 157, 159 ff, 161 Multiplizierer
Messwerk Ein-Quadranten, 454
Dreheisenmesswerk, 137 Vier-Quadranten, 454
Drehmagnetmesswerk, 140 Zwei-Quadranten, 454
Drehspulmesswerk, 126 Multivibrator, 200 ff, 427, 428
Drehspulquotientenmesswerk, 138 mit Inverter, 429
elektrodynamisches, 134 ff, 159, 229 mit Operationsverstarker, 428
elektrostatisches, 141 Schaltung, 200
multiplizierendes, 135 MXI-Bus, 570 ff, 578 ff
Tragheit, 136
Messwert, 4, 5, 103 ff Nachbeschleunigungselektrode, 277
Ausgabe, 5, 125 Nachlaufumsetzer, 356
Gewinnung, 4 Naturkonstante, 11 ff, 13 ff
Messwertverarbeitung Navigation, 444
analoge, 451 Navigationsnachricht, 444
digitale, 451 NAVSTAR, siehe Satellitennavigation
Metall-DMS, 271 Nebenschluss, 132
Metropolitan Area Network (MAN), Negation, 313
656 Negationsgesetz, 314
Mischspannung, 152 Nennburde, 163
Mitkopplung, 199, 424 Nennubersetzung, 162
Mittelpunktleiter, 236 Netzwerk, 144
Mittelung Netzwerke
736 Index

linear, 25 Einheit, 3
Netzwerktopologien, 614 Ohmsches Gesetz, 245
Netzwerkubertragungsfunktion, 61 Open-Kollektor-Ausgangsstufe, 559
Neutralleiter, 233, 234 Operations-Charakteristik, 508
nichtlineare Bauelemente, 77 ff Operationsverstarker, 179 ff
bilaterale Kennlinie, 77 Ansteuerung eines ADCs, 207
differentielle Induktivitat, 87 differentieller, 205
differentielle Kapazitat, 93 differentieller Ausgang, 204 ff
differentieller Widerstand, 79 Grundschaltungen, 192 ff
Hysterese, 88 idealer, 180 ff
Induktivitat, 85 Kenngroßen, 184 ff
Kapazitat, 92 Leistungsdaten, 209
negativer differentieller Widerstand, Rauschen, 218 ff
81 realer, 181 ff
statische Kennlinie, 77 Transitfrequenz, 189
statischer Widerstand, 78 Optimalfilter, 479
Widerstand, 78 kausales, 487
nichtlineare Schaltungen, 77 nicht-kausales, 482
Analyse, 96 Ubertragungsfunktion, 479
nichtlinearer Widerstand, 78 Ortskurve, 264
Nichtlinearitat, 157, 289, 377, 463 Oszillator, 200, 422
differentielle, 340, 378 harmonischer, 422
integrale, 340 Operationsverstarkerschaltung, 434
Nichtlinearitatsfehler Relaxationsoszillator, 423
differentieller, 378 Oszillogramm, 278
integraler, 378 Oszillograph, 273
Noise Figure Analyzer (NFA), 226 Oszilloskop, 273 ff
Normalverteilung, 106, 110 alternierender Betrieb, 283
Test, 509 Digitalspeicher, 297 ff
Normbildende Institutionen, 6 dynamischer Fehler, 290 ff
Normen, 6 ff Grenzfrequenz, 292 ff
Notchfilter, 464 komplexe Eingangsimpedanz, 290
NTC-Widerstande, 83 Sampling, 283
Nullabgleich, 5, 250, 259 Spannungsteiler, 286 ff
Nulldetektor, 251 statischer Fehler, 288
Nullhypothese, 505 Verstarker, 292
Nullpunktfehler, 215, 339
Nullverfahren, 252 Parallel-Seriell-Schnittstellenwandler,
Nullverstarker, 252 545
Nyquist-Formel, 215 Parallel-Umsetzer, 348 ff
Nyquist-Kriterium, 345 Parallel-Verfahren, 374
Parallel-Wage-Verfahren
Oberwelle, 463 kombiniertes, 350 ff, 374
Oberwellen-Schwingquarz, 432 Parallelbus, 531, 533
Offset, 347 Parallelresonanz eines Schwingquarzes,
Offsetspannung, 182, 187, 204 431 ff
Offsetspannungsdrift, 188 Parameter
Offsetstrom, 188 informationstragender, 9
ohmscher Widerstand, 245 ff Parcevalsches Theorem, 475, 479
Index 737

Paritatsbit, 540 PXI-Express (PXIe), 578


PCI-Express, 526, 534, 574, 577, 582,
693 Quadrierer-Dividierer-Baustein, 458
Periodendauermessung, 418, 437, 438 Quanten-Halleffekt, 2
relativer Fehler, 438 Quantenrauschen, 217
Peripherie-Schnittstelle, 523 Quantisierung, 350
Permanentmagnet, 139, 140 Fehler, 375, 415, 436, 438
Phase, 116 Rauschen, 375
Phasenabgleich, 264 Schrittweite, 336
Phasenbedingung, 424 Quarzkristall, 430
Phasendifferenzmessung, 420 Quarzoszillator, 430 ff
Phasengang, 63 Operationsverstarker-Schaltung, 433
Phasenkoinzidenz, 416 temperaturgeregelter, 436
Phasenwinkel, 151, 420
Phasenwinkelmessung, 419 R-2R-Widerstandsnetzwerk, 337 ff
physikalische Große, 11 rückgekoppeltes System, 424
Pipeline-ADC, 353 ff Radiant, 19
Pipeline-Umsetzer, 353 ff radioaktive Substanz, Aktivitat, 19
Plancksches Wirkungsquantum, 13 Radizierer
pn-Ubergang, 216 Schaltung, 456
Pol-Nullstellen-Diagramme, 62 Rahmendampfung, 131 ff
Polschuh, 126, 135 Rausch-Ersatzschaltung, 216
Potentialtrennung, 160 Rausch-Ersatzspannungsquelle, 215
Powerline-Kommunikation, 654 Rausch-Ersatzstromquelle, 215
Prazisionsfrequenzzahler, 411 Rauschanpassung, 221
Prazisionsleistungsmesser, 137 Rauscheingangsspannung
Prazisionsmessbrucke, 255 aquivalente, 217
Prazisionsmesstechnik, 436 Rauschen, 215 ff
Prazisionswiderstand, 149 1/f, 216
Primarinduktivitat, 160 bandbegrenztes, 473
Primarseite, 160 Burst, 217
Primarspule, 159 Johnson-noise, 215
Primarwicklung, 160, 161 normalverteiltes, 473
PROFIBUS-DP, 624, 630 ff Popcorn, 217
Prognose, 502 Rosa, 217
Prozessleitsystem, 621 Schottky, 216
Prozessperipherie thermisches, 215, 216
Anschlussvariante, 524 Trapping, 217
Prufbit, 313 Warmebewegung, 215
Prufgroße, 507 Weißes, 216
PTC-Widerstande, 83 Rauschgenerator, 224, 225
PTP (Precision Timing Protocol), 668 Rauschleistung, 217, 220, 221
Puls-Frequenz, 421 Rauschleistungserhöhung, 225
Pulscodemodulation, 10 Rauschleistungsverteilung, 217
Pulsdauermodulation, 10, 421 Rauschleitwert
Punkt-zu-Punkt-Verbindung, 533 aquivalenter, 221
PXI MultiComputing (PXImc), 580 Rauschmessung, 223
PXI-Bus, 534, 574 ff Rauschquelle, 217
Leistungsmerkmale, 577 Rauschsignal, 473
738 Index

Rauschspannung, 223 Ruckkopplungsschleife, 424


Rauschspannungsdichte, 217 Ruckstellmoment, 127 ff
Rauschstromquelle, 217 Ruckwirkungsfreiheit, 179
Rauschtemperatur, 223
Rauschtemperaturdifferenz, 224 Sägezahnumsetzer (u/t-Umsetzer), 366
Rauschwiderstand, 223 Sagezahn-Multiplizierer, 364 ff
aquivalenter, 221 Sagezahngenerator, 278
Rauschzahl, 220 ff Sagezahnspannung, 277, 366
Definition, 223 Steigungsfehler, 367
Messung, 223 Sample & Hold-Schaltung, 346 ff
Rauschzahlmessgerät, 226 Sampling, 343 ff
Rauschzahlmessung Sampling-Oszilloskop, 283
geschirmte Umgebung, 227 Sampling-Pulse, 344
Messbox, 227 Satellitenkommunikation, 655
Realzeitmaßstab, 284 Satellitennavigation, 442 ff
Recursive-Subranging-Verfahren, 353 ff Galileo, 446
Referenztakt, 414 GPS, 442
Referenzzeit, 430 Storfaktoren, 449
Regression, 491 ff SBAS (Satellite Based Augmentation
lineare, 491 ff Systems), 445
mehrfache lineare, 500 Schaltschwelle, 199, 327
multiple lineare, 500 Schatzfilter, 480
polynomiale, 499 Schatzwert, 108 ff, 461
Regressionsverfahren, 491 ff Schatzwerteverteilung, 109
Rekombinationsrauschen, 217 Scheinleistung, 233
Rekonstruktionsfilter, 344 Scheinwiderstand, 255, 257
Relais, 527 Messung, 257
Relaxationsoszillator, 422, 427 Scheitelfaktor, 151
Resonator Scheitelwert, 151
piezoelektrischer, 430 Schering-Messbrucke, 260
Restvarianz, 495 ff, 498 Schermodul, 432
Reziprokmessung, 437 Scherwelle, 432
Rogowski-Spule, 389 Schirmbild, 278, 279
RS-Flip-Flop, 320 ff Schließungswiderstand, 130
mit NAND-Gattern, 321 Schmitt-Trigger
mit NOR-Gattern, 320 invertierender, 199
statisch getaktetes, 321 Schnittstelle
taktflankengesteuertes, 322 -nkonverter, 620, 659
taktzustandgesteuertes, 321 CAMAC, 534
RS232C-Schnittstelle, 534, 535 ff IEC-Bus, 534
Leitung, 536 parallele, 555 ff
Leitungsbelegung, 536 PXI-Bus, 534
Logikdefinitionen, 539 RS232C, 534
RS422-Schnittstelle, 533 RS422, 534
RS485-Schnittstelle, 533, 547 ff RS485, 534
Rubidium-Element, 411, 436 serielle, 531, 535 ff
Rubidium-Uhr, 443 USB, 534, 551 ff
Ruckfuhrgroße, 357 VME-Bus, 534
Ruckkoppel-Netzwerk, 182 ff, 185, 425 VXI-Bus, 534
Index 739

Schottky-Diode, 409 Sekundarspule, 159


Schrittgeschwindigkeit, 546 Sekundarwicklung, 160, 161
Schrotrauschen, 216 Selbstinduktivitat, 138
Schutzschirm (Guard), 386 Sensor
schwachergodisches Signal, 467 induktiver, 267
Schwankung, 108 ff kapazitiver, 267
Schwebungsfrequenz-Zeitexpander, 416 serieller Bus, 533
Schwellenspannung, 409 Serienresonanz eines Schwingquarzes,
Schwingbedingung, 424, 425 431 ff
Schwingkreisfrequenz, 423 Settling Time, 342, 347
Schwingquarz, 431 Shannonsches Abtasttheorem, 285, 345
Admittanz, 432 Shunt, 146
Alterungsrate, 435 Signal
AT-Schnitt, 431 abgetastetes, 344
CT-Schnitt, 431 amplitudenanaloges, 10
DT-Schnitt, 431 amplitudenmoduliertes, 9
Ersatzschaltbild, 432 binares, 311
Fehler, 434 Codierung, 357
Frequenzfehler, 434 Decodierung, 357
GT-Schnitt, 431 digitales, 10
Gute, 433 elektrisches, 4
HT-Schnitt, 435 Energiesignal, 467
Impedanz, 432 ergodisches Signal, 467
Kurzzeitkonstanz, 435 frequenzanaloges, 10
Langzeitstabilitat, 436 frequenzmoduliertes, 9
NT-Schnitt, 431 Kenngroßen, 462
Parallelresonanz, 431 Leistungssignal, 467
Schaltzeichen, 432 nicht-sinusformiges, 462
Schnittwinkel, 434 pulsdauermoduliertes, 10
Schwingungsform, 432 stationares, 461
Serienresonanz, 431 stationares Signal, 467
Temperaturabhangigkeit, 434 ff stochastisches, 472
Temperaturkoeffizient, 434 Visualisierung, 273
Verlustwiderstand, 433 zeitanaloges, 10
Schwingung Zeitverlauf, 273
Differentialgleichung, 423, 426 Signal/Rausch-Verhaltnis, 217 ff, 375
gedampfte, 426 Delta-Sigma-Umsetzer, 363
harmonische, 423, 434 Gewinn, 362
instabile, 427 Signaldarstellung, 273 ff
Schwingungserzeuger, 422 Signaleigenschaft
Schwingungsgehalt, 152 Messung, 465
Schwingungsgroße, 423 Signalflussweg, 5
SCPI-Programmiersprache, 684 ff Signalleistung, 220, 475
Befehle, 684 ff Signalprozessor
Datenformate, 687 digitaler, 452
Syntax, 684 ff Signaltreue, 179
Seebeck-Effekt, 405 ff Signifikanzniveau, 507
Sekundarklemmen, 161 Signum-Funktion, 265
Sekundarkreis, 161 Silizium-Mikromechanik, 271
740 Index

Siliziumdiode Programmiersprachen, 583 ff


Rauschgenerator, 225 AS, 587 ff
Siliziumdioden, 153 AWL, 587 ff
Single-Slope-Umsetzer, 366 ff Bausteine, 584
Slave-Flip-Flop, 324 FBS, 587 ff
Slew-Rate, 190, 347 KOP, 587 ff
Slope-Schalter, 277 ST, 587 ff
Smart Home, 701 Programmiertechnik, 584 ff
Smart Meter, 398 Vernetzung, 593
SMU Spektralanalyse, 465
Messung kleiner Ströme, 385 Spektralbereich, 344
Spaltfunktion, 296 Spektralkomponenten, 231
Spannband, 127, 131 Sperrschicht, 216
Spannung, 19 Sperrschichtkapazitat, 153
induzierte, 129 Spitze-Spitze-Wert, 155
verkettete, 240 Spitzenwertgleichrichtung, 155
Spannungs-Frequenz-Umsetzer, 369 ff Sprungantwort, 64, 115 ff, 119, 293
Spannungseisen, 242 normierte, 128
Spannungsfehler, 165 Spule
Spannungsfolger, 194 ideale, 255
Spannungsmessung, 148, 149 ff, 200, Spulendampfung, 132
229, 245 Spulenrahmen, 126, 137
Fehler, 245 Standardabweichung, 106 ff, 457
Spannungsquelle empirische, 112, 496
stromgesteuerte, 201 Start/Stop-Verfahren, 540
Spannungsstoß, 132 Startbit, 540
Spannungsverdopplung, 156 Stationares Signal, 467
Spannungsvergleich, 246 Steigungsfehler, 339, 377
Spannungsverstarker, 200 Stern-Dreieck-Umwandlung, 254
nicht-invertierender, 193 Sternpunkt, 234 ff
Spannungswandler, 163 ff kunstlicher, 234 ff
Fehler, 165 Sternspannung, 234
Zeigerdiagramm, 165 stochastischer Fehler, 476
Spannungszeigerdiagramm, 238 stochastisches Signal
Speicheroszilloskop Übertragung, 477
digitales, 297 ff Stoffmenge, 11, 12
speicherprogrammierbare Steuerung Stopbit, 540
(SPS), 583 Storeinwirkung
Daten- und Prozess-Visualisierung, dynamische, 476
597 Storquelle, 220
Funkklemmen, 605 Storsignal, 451
Gebäudeautomatisierung, 702 Storspannung, 439
integrierter Webserver, 594, 596, 600 periodische, 369
Interface Storspitze, 341
analog, 703 Storungen
digital, 705 Erdschleife, 529
drahtlos, 706 galvanische Kopplung, 529
energieautark, 706 Gegenmaßnahmen, 530 ff
Leistungsmessung, 603 induktive Kopplung, 529
Index 741

Mehrfacherdung, 529 T-Flip-Flop, 326


Storungseinfluss, 8 taktflankengesteuertes, 326
Storunterdruckung, 479 t-Verteilung (Student t-Verteilung),
Strahlablenkung 110, 512, 513
elektrostatische, 274 t/U-Umsetzer, 421
Strahlfokussierung, 274 Taktvariable, 321
Streuung, 108 ff Taktzyklus, 353
Streuverlust, 140 Tastkopf, 286
Strom Korrekturnetzwerk, 122 ff
gewichteter, 334 Teilerverhaltnis, 286
Strom-/Spannungsquellen mit Rück- Uberkompensation, 287
messfunktion Unterkompensation, 287
Source Measure Units (SMU), 383 Tauchankersystem, 268
Stromeisen, 242 Tautologie, 314
Stromempfindlichkeit, 127, 131 Temperatur, 11, 12, 224
Strommessbereichserweiterung, 149 Temperaturmessung, 406
Strommessung, 146 ff, 201, 229, 245 Temperatursensor, 435
Fehler, 150, 245 Test
Messbereichserweiterung, 146 ff χ2 -Test, 510
Strommesszange, 166 ff Korrelationskoeffizient, 514
lineare Abhängigkeit, 512
Einfugeimpedanz, 171
Normalverteilung, 509
Ersatzschaltbild, 168
Testverfahren, 505 ff
Gleichstrom, 176 ff
Thermistor, 407
Kompensationsschaltung, 177
Thermoelement, 405 ff
Kompensationsspule, 177
Tiefpassfilter, 185, 344, 358, 458, 462
Transferimpedanz, 170 ff
ideales, 345
Wechselstrom, 166 ff
Time-Division-Multiplizierer, 364 ff
Stromschleife (20 mA), 549
Torzeit, 412, 437
Stromstarke, 11, 12 Trägerphase
Stromteilerregel, 247, 249 pseudozufällige Umtastung (BPSK),
Stromungsdampfung, 143 441
Stromvergleich, 247 Track-and-Hold-Schaltung, 346
Stromverstarker, 203 Tragheitsmoment, 127, 131
Stromwandler, 161 ff, 163 Transformator, 157 ff
Fehler, 162 Ersatzschaltbild, 161, 167
Student t-Verteilung (t-Verteilung), Grundgleichungen, 167
110, 512, 513 idealer, 160
Stufenbreite, 333 Transformatorbrucke, 158
Stufenumsetzer, 349, 349 ff Transientenrekorder, 297, 664
inkrementaler, 355 Transmission Control Protocol (TCP),
Subranging-Verfahren, 351 ff 648
Subtrahierer, 182, 211 Trennverstarker, 518
sukzessive Approximation, 349 ff Triax-Kabel, 385, 386
Superpositionsprinzip, 339 Trigger
Switch, 649 -arten, 517
Synchrongleichrichter, 212, 213, 264 -eingang, 280
Synchronzeichen, 541 -einrichtung, 277, 278
Systemtheorie, 116, 476 -ereignis, 277
742 Index

-filter, 280 Verbraucherstrom, 230


-modul, 297 Verbrauchertor, 230
-moglichkeiten, 517 Vergleichsgroße, 8
-schaltung, 277 Vergleichsmessung, 465
Fehler, 439 verkettete Spannungen, 240
Triggerung, 277 Verknupfung
IEEE-1588, 671 logische, 313
PTP, 669 NICHT, 313
Software-Trigger, 669 ODER, 314
Tunneldiode, 81–84 UND, 313
Verlustfaktor, 256, 260
u/f-Umsetzer, 369 ff Verluststrom, 163
Ubertragungsfunktion, 117, 424 Verlustwiderstand
Ubertragungsgeschwindigkeit (Ubertra- dynamischer, 432
gungsrate), 546 Vernetzung
Ubertragungsmedien standortubergreifend, 652, 710
Koaxialkabel, 535 weltweit, 711
Lichtwellenleiter, 535 Versorgungsspannungsunterdruckung,
verdrillte Leitungspaare, 535 187
Ubertragungsrate, 546 Verstarker
Ubertragungsverhalten, 115 ff addierender, 193, 204
Uberabtastung (Oversampling), 358 ff differenzierender, 195
Uberspannungsableiter, 162 integrierender, 195
Ubersprechen, 341 invertierender, 183, 192
Ubertrager, 157 ff Modell, 292
Ersatzschaltbild, 167 Rauschen, 217 ff
Grundgleichungen, 167 Rauschersatzschaltung, 218
idealer, 160 Schaltung, 179 ff
Ubertragungsfunktion, 185 subtrahierender, 194
Umsetzungsgeschwindigkeit, 351 Tiefpassverhalten, 293
UMTS, 654 Verzerrung, 179
Universal Asynchronous Receiver Verstarkungs-Bandbreite-Produkt, 188
Transmitter (UART), 544 Verstarkungsfehler, siehe Steigungsfeh-
Universal Synchronous and Asyn- ler
chronous Receiver Transmitter Verteilungsfunktion, 452
(USART), 544 Vertikalablenkplatten, 275
Universal-Vielfachmessgerat, 149 Vertrauensbereich, 109 ff
Univibrator, 327 ff Vertrauensfaktor, 107 ff
Unterabtastung, 285 Vertrauensgrenzen, 110
USB (Universal Serial Bus), 534, 551 Verzogerungsleitung, 282, 520
USB-Datenlogger, siehe Datenlogger Vibrationsmesswerk, 412
USB-Messgeräte, 663 Vielfach-Diskriminator, 348 ff
USB-Messmodule, 660 kaskadierter, 350 ff
Vielfachmessgerat, 147
V.24-Schnittstelle, 535 ff Vierpol, 220, 222
Varaktordiode, 94 Kettenschaltung, 223
Varianz, 107, 457, 495 ff, 496 Rauscheigenschaften, 223
Verbraucherleistung, 230 Vierpol-Ubertragungsfunktion, 60
Verbraucherspannung, 230 Viertelbrucke, 268
Index 743

Villard-Schaltung, 155 Weicheisenkern, 126, 135


Virtual Private Network (VPN), 658 ff, Wheatstonesche Messbrucke, 252
677 ff Widerstand
Tunneling, 678 piezoresistiv, 272
Virtuelle Instrumente, 660 Widerstandsaufnehmer, 245
VME-Bus, 534, 570 ff Widerstandsmessung, 140, 250
Volladdierer, 319 Widerstandsrauschen, 215
Vollbrucke, 270 Wien-Brücke
Vollweg-Gleichrichterschaltung, 158 halbautomatisch abgleichbare, 266
aktive, 204 Wien-Brucke, 260, 266
Vollweg-Gleichrichtung, 154 halbautomatisch abgleichbare, 266
Voltmeterschaltung, 200, 201 Wien-Robinson-Brucke, 261
Vorwarts-Dualzahler Wiener-Filter, 479
asynchroner, 330 Wiener-Khintchine-Beziehungen, 475
synchroner, 330 Windungszahl, 126, 159
VXI-Bus, 534, 570 ff Winkel
Busgliederung, 573 ebener, 19
Commander, 573 raumlicher, 19
IEC-Bus, 574 Winkelfehler, 163, 165
MXI-Bus, 578 ff Wirbelstrom, 131, 136–138, 243
Resource Manager, 573 Wirkkomponente, 255
Servant, 573 Wirkleistung, 232, 366
Software, 682 Wirkleistungsmessung
System Manager, 573 3-Leiter-System, 237
Teilbusse, 573 4-Leiter-System, 236
Einphasennetz, 231
WAAS (Wide Area Augmentation Wirkungsgrad, 546, 547
System), 445 Wirkwiderstand, 257
Wageverfahren, 349 ff
Wahrscheinlichkeitsaussagen, 106 Y-Faktor-Methode, 225
Wahrscheinlichkeitsdichte, 106, 107, 495
gemeinsame, 495 Zahlendarstellung, 311
Wahrscheinlichkeitsverteilung, 495 Zahlensystem, 3, 311 ff
WAN (Wide Area Network), 611 ff, 656 Zahlenwert, 11
Wanderfeld-Ablenkplatte, 296 Zahlenwertgleichungen, 18
Wattmeter Zahler
elektronisches, 366 Ereignisse, 329
Wechselgroße, 231 Fehler, 436
Wechselspannungsverstarker, 212 rechnender, 369, 420
idealer, 212 Schaltungen, 328 ff
Wechselstrom-Messbrucke, 259 ff Vorwarts, 356
Abgleich, 263 Vorwarts-Ruckwarts, 356
Abgleichbrucke, 259 ff Zahlratenmesser, 422
Abgleichvorgang, 264 Zahlverfahren, 355
Ausschlagbrucke, 267 Zeichengeschwindigkeit, 546
Halbbrucke, 268 Zeichenrahmen
Viertelbrucke, 268 asynchroner, 540
Vollbrucke, 270 Zeiger, 126, 127, 131
Wegaufnehmer, 268 Zeigerdiagramm, 162, 165, 258
744 Index

Zeit, 11 pseudozufällige Umtastung (BPSK),


Zeit-Spannungs-Umsetzer, 421 441
Zeitablenkung, 277 Sekundenmarkierung, 442
Zeitbasis Storerkennung, 442
Fehler, 437 Tragerphase, 441
verzogerte, 279 Zerhacker-Verstarker, 212
Zeitbasisfehler, 437, 438 Zielgroße, 451
Zeitdifferenzmessung, 414 Zungenfrequenzmesser, 412
Zeitexpander, 416 Zusammengesetzte Systeme, 118
Zeitintervallmessung, 414, 437 Parallelschaltung, 118
Zeitmessung, 411, 414, 430 Ruckkoppelschaltung, 118
Fehler durch Rauschen, 439 Serienschaltung, 118
zeitvariante Bauelemente, 77 Zusatzrauschzahl, 221
Zeitzeichensender, 439 Zwei-Wattmeter-Verfahren, 237
DCF-77, 436, 441 Zweirampen-Umsetzer
Kodierschema, 442 integrierender, 367 ff
Minutenprotokoll, 442 Zweiweg-Gleichrichtung, 152 ff, 154
Modulation, 441 Zwischen-Codes, 341, 342

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