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„im Gang, im Tanze der Vorstellung“

Einbildungskraft und Gefühl in Herders Energetik

Julia Martel

In seinen Fragmenten Über die neuere deutsche Literatur (1767) schreibt Johann
Gottfried Herder:

Empfindungen durch eine gemalte Sprache in Büchern ist schwer, ja an sich


unmöglich. Im Auge, im Antlitz, durch den Ton, durch die Zeichensprache
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des Köpers – so spricht die Empfindung eigentlich, und überläßt den toten
Gedanken das Gebiet der toten Sprache. Nun, armer Dichter! und du sollst deine
Empfindungen aufs Blatt malen, sie durch einen Kanal schwarzen Safts hin-
strömen, du sollst schreiben, daß man es fühlt, und sollst den wahren Ausdrucke
der Empfindung entsagen, du sollst nicht dein Papier mit Tränen benetzen, daß
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die Tinte zerfließt, du sollst deine ganze lebendige Seele in tote Buchstaben hin-
malen, und parlieren, statt auszudrücken.1
Einbildungskraft um 1800, 9783770564583, 2022

Herder zeigt sich an dieser Stelle, die auch das Programm literarischer
Empfindsamkeit anzitiert, der Problematik medialer Vermitteltheit bewusst.
Denn auch der von ihm betonte Verlust in der Sprachentwicklung zu einer
geordneten Prosa als einer nahezu toten Vernunftsprache, wie die zu seiner
Zeit topische Kritik an der Trockenheit des Buchwissens vermögen ihn
nicht darüber hinwegzutäuschen, dass frühere Praktiken nicht restaurierbar
erscheinen. Interessiert an dem Wechselverhältnis von Dichtkunst und Leben,
wird Sprache nicht zuletzt als Reaktion auf historische Lebenswirklichkeiten
ausgewiesen.2 In diesem Bewusstsein geht er nicht nur den Bedingungen des
distanzierten Mediums der Schrift nach, sondern auch den Eigenheiten einer
sinnlichen Sprache, deren Aufgabe er darin erkennt, einen individuellen Blick
auf die Welt zu eröffnen, eine perspektivische Wendung auf einen Gegenstand

1 Herder, Johann Gottfried (1985): Über die neuere deutsche Literatur. Eine Beilage zu den
Briefen, die neueste Literatur betreffend. Dritte Sammlung. In: Ulrich Gaier (Hg.): Frühe
Schriften 1764–1772. Frankfurt a. M., S. 402f. (=Johann Gottfried Herder. Werke in zehn
Bänden. Hg. von Günter Arnold, Martin Bollacher, Jürgen Brummack u. a. Bd. 1). [Hervor-
hebungen im Original]
2 Vgl. dazu auch Herder, Johann Gottfried (1994): Ueber die Würkung der Dichtkunst auf die
Sitten der Völker in alten und neuen Zeiten. In: Jürgen Brummack, Martin Bollacher (Hg.):
Schriften zu Philosophie, Literatur, Kunst und Altertum 1774–1787. Frankfurt a. M. S. 149–214
(=Herder. Werke in zehn Bänden. Bd. 4).

© Brill Fink, 2022 | doi:10.30965/9783846764589_003


26 Julia Martel

wie zugleich eine „Wendung des Gedankens“ auszudrücken,3 worin er eine


durchaus mentale Aktivität im Blick zu haben scheint. In der Mediendebatte
des 18. Jahrhunderts hat sich Herder Lessings Diktum angeschlossen,4 dass
sich die Dichtung willkürlicher statt natürlicher Zeichen bediene, nicht
jedoch Lessings Zuversicht einer reibungslosen Umwandlung künstlicher in
natürliche Zeichen durch den Dichter wie der Forderung einer ‚bequemen‘
Beziehung des Zeichens zum dargestellten Gegenstand.5 Der Dichter müsse,
so heißt es in den Fragmenten, den

natürlichen Ausdruck der Empfindung künstlich vorstellen, wie du einen Würfel


auf der Oberfläche zeichnest; du mußt den ganzen Ton deiner Empfindung in
dem Perioden, in der Lenkung und Bindung der Wörter ausdrücken: du mußt die
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Gemälde hinzeichnen, daß dies selbst zur Einbildung des anderen ohne deine
Beihilfe spreche, sie erfülle und durch sie sich zum Herzen grabe: du mußt Ein-
falt und Reichtum, Stärke und Kolorit der Sprache in deiner Gewalt haben, um
das durch sie zu bewürken, was du durch die Sprache des Tons und der Geberden
erreichen willst – wie sehr klebt hier alles am Ausdrucke: nicht in einzelnen
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Worten, sondern in jedem Teile, im Fortgange derselben und im Ganzen.6


Einbildungskraft um 1800, 9783770564583, 2022

Die Dichtung sieht sich primär auf eine integrale Einbettung einzelner
Bedeutungselemente von Worten im „Fortgange“ zu einem „Ganzen“ ver-
pflichtet. Was es dazu noch braucht, ist eine durchaus aktive Komplizen-
schaft des Lesers, der in seiner mentalen Aktivität ebenjene Wendungen und
Biegungen flexibel mitzugehen weiß. Herder konzentriert sich auf die in der
Sprache verfasste Lebendigkeit eines Weltbezuges, die vor allem einer von

3 Herder, Johann Gottfried (1985): Über die neuere deutsche Literatur. Erste Sammlung von
Fragmenten. Eine Beilage zu den Briefen, die neueste Literatur betreffend 1767. In: Frühe
Schriften 1764–1772, S. 217 (=Herder. Werke in zehn Bänden. Bd. 1).
4 Vgl. dazu Stierle, Karlheinz (1984): Das bequeme Verhältnis. Lessing und die Entdeckung
des ästhetischen Mediums. In: Gunter Gebauer (Hg.): Das Laokoon Projekt. Pläne einer
semiotischen Ästhetik. Stuttgart, S. 32–58.
5 Nach Lessing besteht das Künstlerische in der bequemen Beziehung von Medium
und Darstellungsgegenstand: Der Sprache obliegt es daher durch ihr Kennzeichen der
Sukzession, Handlungen in einer zeitlichen Folge nachzuahmen und darzustellen. Vgl.
Lessing, Gotthold Ephraim (1996): Laokoon oder über die Grenzen der Malerei und Poesie.
In: Herbert  G.  Göpfert (Hg.): Laokoon: oder über die Grenzen der Malerei und Poesie.
Darmstadt, S.  7–187 (=Gotthold Ephraim Lessing. Werke. Hg. von Herbert  G.  Göpfert.
Bd.  6); vgl. dazu Herder, Johann Gottfried (1993): Die kritischen Wälder zur Ästhetik.
Erstes Wäldchen. In: Gunter  E.  Grimm (Hg.): Schriften zur Ästhetik und Literatur
1767–1781. Frankfurt a. M., insbes. S. 191–200 (=Herder. Werke in zehn Bänden. Bd. 2).
6 Herder (1985): Über die neuere deutsche Literatur. Dritte Sammlung (1767). In: Frühe
Schriften 1764–1772. S.  403 (=Herder. Werke in zehn Bänden. Bd.  1). [Hervorhebungen im
Original]
Einbildungskraft und Gefühl in Herders Energetik 27

ihm fokussierten Aufwertung des Gefühls zuspielt, der er in seiner Ästhetik


Rechnung zu tragen sucht.
Vor diesem Hintergrund wird die für den vorliegenden Sammelband
leitende Frage nach den Funktionen der Einbildungskraft um 1800 mit
Blick auf Herders ästhetisches Programm insbesondere in der engen Allianz
von Gefühl und Einbildungskraft untersucht, wie Herder sie maßgeblich
in den Kritischen Wäldern, aber auch in seinen Ausführungen zur Plastik
skizziert. Diese Verbindung schreibt sich bei Herder nicht allein aus dem
Unbehagen gegenüber einer vermögenspsychologischen Ausrichtung her,
sondern akzentuiert sich innerhalb des anthropologischen Programms auch
durch ein naturphilosophisches Denken von Kräften, das er aus seiner in
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den Zeitraum der Bearbeitung der Ästhetik fallenden Beschäftigung mit


Leibniz gewinnt. Dafür gilt es im ersten Teil des Aufsatzes in einem Durch-
lauf durch die anthropologischen Prämissen Herders zu zeigen, wie sich
diese im Fokus auf den Nexus von Sinnlichkeit und Lebendigkeit, über den
Begriff der Bewegung konstituieren. Im zweiten Teil gilt es dann anhand
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Herders ästhetischer Überlegungen zu zeigen, wie innerhalb dieser Lebens-


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Ästhetik, Aspekte der Tätigkeit und Bewegung die Konzeptualisierung von


Herders Kraftbegriff auf ein energetisches Verständnis einschreiben. In den
Fokus rückt dafür das Verhältnis von Einbildungskraft und Kraftbegriff in
seinen dichtungstheoretischen Ausführungen, darüber hinaus aber auch all-
gemeiner die anthropologische Weltbeziehung der Einbildungskraft, die mit
ihrer Anbindung an das Gefühl eine sich im Verlauf des 18. Jahrhunderts voll-
ziehende Aufwertung der Einbildungskraft als Voraussetzung einer modernen
Subjektivität entschieden mitträgt. Herders Rekurs auf den Kraftbegriff,7

7 Es wurden bislang unterschiedliche Dimensionen in Herders durchaus komplexem


Kraftbegriff betont, die hier nur grob nachgezeichnet werden können. Einen Überblick
bietet immer noch Robert  T.  Clark, der die metaphysische, physikalische und biologische
Konnotation des Konzepts der Kraft bei Herder aufzeigt (vgl. Clark, Robert  T. (1942):
Herder’s Conception of „Kraft“. In: PMLA, Jg.  57, Nr.  3, S.  737–752.). Mit Fokus auf Philo-
sophie und Anthropologie hat Ulrike Zeuch das Konzept der Kraft für Herders Seelen-
theorie genauer untersucht (vgl. Zeuch, Ulrike (1999): Kraft als Inbegriff menschlicher
Seelentätigkeit in der Anthropologie der Spätaufklärung (Herder und Moritz). In: Jahr-
buch der Schillergesellschaft, Jg.  63. XLIII, S.  99–122). Auch ist der Begriff für eine Lyrik-
theorie Herders fruchtbar gemacht worden (vgl. Norton, Robert  E. (1991): Herder’s
Aesthetics and the European Enlightenment, Ithaca, NY, insbes. S.  119–154.) und daneben
auch für sein allgemeines Sprachverständnis vor der Folie theologischer, pietistischer und
hermetischer Ansätze (vgl. Kemper, Hans-Georg (2002): Deutsche Lyrik der frühen Neu-
zeit. Sturm und Drang, Genie-Religion, Bd. VI, II. Tübingen, S.  149–286, insbes. zur Kraft
der Poesie vgl. ebd., S. 226–239) aufgegriffen sowie rhetorisch befragt worden (vgl. Irmscher,
Hans Dietrich (1997): Ein Blick auf Herders frühe Lyrik (1764–1770). In: Wolfgang Düsing,
Hans-Jürgen Schings, Stefan Trappen u. a. (Hg.): Traditionen der Lyrik. Festschrift für
28 Julia Martel

dessen „ubiquitäre Verwendung“8 und Multivalenz vielfach betont wurde,9


erfuhr zuletzt eine erhöhte Aufmerksamkeit durch Christoph Menkes Herder-
Studien, die jenen Begriff allgemeiner als Kraft der Kunst und spezieller
als menschliche, dunkle Kraft ausweisen. Den Umfang von Herders Kraft-
konzeption scheint dies allerdings nicht auszufüllen. Während der Begriff
bislang sowohl in metaphysischer wie anthropologisch-ästhetischer,
physikalischer als auch in biologischer Perspektive untersucht wurde, so ist
allerdings Herders Begriff von Kraft in Verbindung mit dem der Energie ver-
gleichsweise noch wenig Beachtung geschenkt worden.10 Richtet man das

Hans-Henrik Krummacher, Berlin, u. a., S.  47–59). In der neueren Diskussion hat
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Christoph Menke mit einer Reihe von Arbeiten Herders anthropologisch-ästhetisches


Konzept einer dunklen, unbewussten Kraft schließlich dem Vermögen kognitiver Praxis
gegenübergestellt, wobei er in seiner wesentlich philosophischen Analyse, die physio-
logische und biologische Konnotation des Begriffs weitgehend ausklammert. (Vgl. ders.
(2008): Kraft. Ein Grundbegriff ästhetischer Anthropologie. Frankfurt a. M. sowie in
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knapperer Darstellung ders. (2014) Das Wirken dunkler Kraft: Baumgarten und Herder.
In: Ders., Rüdiger Campe, Anselm Haverkamp (Hg.): Baumgarten-Studien. Zur Genea-
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logie der Ästhetik. Berlin, S.  73–115; zuletzt ders. (2013): Die Kraft der Kunst, Frankfurt
a. M.). Menke schließt damit gewissermaßen an die Rede von der „Prägnanz des Dunklen“
aus der Studie von Adler, Hans ((1990): Die Prägnanz des Dunklen. Gnoseologie-Ästhetik-
Geschichtsphilosophie, Hamburg) an, in dem er dem Dunklen aus Kraft als Ausgangs-
punkt einer Ästhetisierung nachgeht.
8 Menke (2008): Kraft. S. 53.
9 Während Hugh Barr Nisbet die verschiedenen Dimensionen des Kraftkonzepts aus
wissenschaftshistorischer Perspektive untersucht, und letztlich als widersprüch-
lich bewertet (vgl. Nisbet, Hugh Barr (1970): Herder and the Philosophy and History of
Science. Cambridge), hat Caroline Torra-Mattenklott, die den Kraftbegriff bei Herder
sowohl rhetorisch, als auch ontologisch, psychologisch und mechanisch befragt, diese
Polysemantik als besonders produktiv hervorgehoben (vgl. Torra-Mattenklott, Caroline
(2002): Metaphorologie der Rührung. Ästhetische Theorie und Mechanik im 18. Jahr-
hundert. München, S. 323–324).
10 Torra-Mattenklott, die in ihrer Studie in Hinblick auf den Kräftediskurs der Mechanik
dem von Leibniz zweifach gefassten Kraftkonzept einer vis mortua und vis viva ein-
gehend Rechnung trägt, verfolgt dessen Einfluss jedoch nicht weiter bei Herder (vgl.
Torra-Mattenklott (2002): Metaphorologie der Rührung. S. 197–208). Auch Beate Monika
Dreike, die Herders Natur- und Kräfteverständnis auf seine Auseinandersetzung mit
Leibniz hin befragt, unternimmt dies ohne eingehendere Beleuchtung des Energie-
begriffs (vgl. Dreike, Beate Monika (1973): Herders Naturauffassung in ihrer Beeinflussung
durch Leibniz’ Philosophie. Wiesbaden). Dass Leibniz mit seinen Untersuchungen zur
physikalischen Bewegungslehre und seinem Kraftkonzept als Transformation einer toten
in eine lebendige Kraft ganz explizit ein energietheoretisches Denken antizipiert, darauf
hat bereits der Physiker und Wissenschaftshistoriker Max Jammer aufmerksam gemacht
(vgl. Jammer, Max (1957): Concepts of Force. A Study in the Foundations of Dynamics.
Cambridge, Mass. u. a., S. 158–160). Zum Fokus auf ein energetisches Denken bei Herder
hat jüngst Cornelia Zumbusch verwiesen, die sich dafür allerdings ausschließlich auf
Einbildungskraft und Gefühl in Herders Energetik 29

Augenmerk darauf, so wird jedoch deutlich, dass für Herders anthropo-


logische Ästhetik vornehmlich nicht eine dunkle Kraft, sondern der Begriff der
Bewegung zentral wird.

1. Anthropologische Prämissen

Schon früh fordert Herder in seinen Schriften eine „Einziehung der Philo-
sophie auf Anthropologie“11, womit er sich in die aktuellen Debatten seines
Jahrhunderts einträgt. Dass die anthropologische Wende im Denken des
18. Jahrhunderts allerdings schon auf dessen erste Hälfte datiert werden kann,
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hat in der Forschung Carsten Zelle durch eine Reihe von Arbeiten gezeigt,
die sich auf die regen intellektuellen Wechselwirkungen und Vermischungen
pietistischer, medizinisch-physiologischer wie auch ästhetischer und poeto-
logischer Diskurse in der Universitätsstadt Halle konzentrieren.12 Diese gleicht
einem Laboratorium influxionistischer Theorien, die das Einflussverhält-
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nis von Psychischem und Körperlichem verhandeln. Jene Debatten über das
Einbildungskraft um 1800, 9783770564583, 2022

Verhältnis psychosomatischer Prozesse weisen mit Überlegungen zur Diätik


und (Seelen)-Kur der Halleschen Mediziner wie auch mit den Moralischen
Wochenschriften13 eine Tendenz zur stärkeren inneren bzw. äußeren

Herders dichtungstheoretische Verwendung des Kraft- bzw. Energiebegriffs im Ersten


Wäldchen konzentriert, vgl. Zumbusch, Cornelia (2018): „es rollt fort“ Energie und Kraft
der Dichtung bei Herder. In: Poetica, Jg. 49, Nr. 3–4, S. 337–358.
11 Herder, Johann Gottfried (1985): Wie die Philosophie zum besten des Volkes allgemein
und nützlich werden kann (1765). In: Frühe Schriften 1764–1772. Hier  S.  132 (=Herder.
Werke in zehn Bänden. Bd. 1).
12 Für eine Reihe von Arbeiten vgl. exemplarisch Zelle, Carsten (1999): Zwischen Weltweis-
heit und Arzneywissenschaft. Zur Vordatierung der anthropologischen Wende in die
Frühaufklärung nach Halle. In: Reinhard Bah (Hg.): Formen der Aufklärung und ihrer
Rezeption – Expressions des Lumières et de leur réception. Festschrift zum 70. Geburts-
tag von Ulrich Ricken. Tübingen, S. 73–109. Zum Einfluss des pietistischen Denkens vgl.
auch Geyer-Kordesch, Johanna (2000): Pietismus, Medizin und Aufklärung in Preußen
im 18. Jahrhundert. Das Leben und Werk Georg Ernst Stahls. Tübingen, insbes. Kap. III,
S.  57–139 und zu einer hallesch-pietistischen Literaturtradition vgl. Martens, Wolfgang
(1989): Literatur und Frömmigkeit in der Zeit der frühen Aufklärung, (Studien und Texte
zur Sozialgeschichte der Literatur, 25). Tübingen.
13 Vgl. Martens, Wolfgang (1968): Die Botschaft der Tugend. Die Aufklärung im Spiegel der
deutschen Moralischen Wochenschriften. Stuttgart.
30 Julia Martel

Selbstsorge14 um den ganzen Menschen15 auf. Bestärkt durch eine Welle


pietistischer bzw. nonkonformistischer Strömungen,16 die auf den Schultern
eines neuen historischen Bewusstseins und einer Empirie des Diesseitigen
gedeihen,17 wendet man sich bereits um 1700 verstärkt einer lebensweltlichen
Praxis zu. Verbunden damit zeigt sich eine Abwendung vom strikten Leib-Seele
Dualismus hin zu Vorstellungen einer Wechselbeziehung zwischen Leib und
Seele, mit denen man in den Folgejahren Alternativen zwischen einem strikt
mechanischen und vitalistischen Denken zugunsten holistischer Ansätze
auslotet. Durch die allmähliche Aufwertung der unteren Seelenvermögen
lässt man eine „Kasuistik der rein mechanischen Prozesse im Körper“ hinter
sich und misst die Organisation des Körpers an subjektiven Befindlichkeiten
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und emotionalen Zuständen: Neben den Leidenschaften und Empfindungen


erscheint die Wirkung der Einbildungskraft psycho-dynamisch von teils
größerer Relevanz als das Wirken der Vernunft.18 In diesem Zusammenhang
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14 Michel Foucault hat auf die Bindung von Medizin und Pietismus verwiesen, die das
Projekt einer anthropologischen Wissensproduktion antreibt, vgl. dazu Foucault, Michel
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(1989): Die Sorge um sich. In: Ders. (Hg.): Sexualität und Wahrheit. Bd. 3. Aus dem Frz.
übersetzt von U. Raulff und W. Seitter. Frankfurt a. M.
15 Zur Rede vom ganzen Menschen als Tendenz der Aufklärungszeitalter-Forschung seit
den mittleren 1990er Jahren, vgl. die versammelten Beiträge in dem Band Schings, Hans-
Jürgen (1994): Der ganze Mensch. Anthropologie und Literatur im 18. Jahrhundert. DFG-
Symposion 1992. Stuttgart.
16 In der jüngeren Forschung ist weniger von dem Pietismus als von einer Bewegung inner-
halb des Protestantismus die Rede, die von einem gemäßigten Pietismus bis zu einem
Separatismus reicht. Als historisches Phänomen lässt sie sich auf die erste Frömmigkeits-
welle um 1600, namentlich v. a. auf Johann Arndt zurückführen. Vgl. Wallmann, Johannes
(2005): Der Pietismus. Ein Handbuch. Stuttgart, S. 21–27.
17 Während im biblisch-augustinisch geprägten Geschichtsverständnis die eigene Gegen-
wart immer als letzte Epoche erscheinen muss, eröffnen die chiliastisch-pietistischen
Ansätze das Verständnis einer innergeschichtlichen Zukunft, die noch Neues verspricht
und eine Dehnung der verbleibenden Zeit zur Folge hat, wodurch Fragen der Welt- und
Lebensgestaltung entscheidend in den Vordergrund rückten. Hatte Reinhart Koselleck
insbesondere dem späten 18. Jh. ein modernes Zeit- wie Geschichtsempfinden attestiert,
das sich durch Offenheit und Kontingenz auszeichnet (vgl. Koselleck, Reinhart (1979):
Erfahrungsraum und Erwartungshorizont – zwei historische Kategorien. In: Ders. (Hg.):
Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten. Frankfurt a. M., S. 349–375),
so wurde in jüngster Zeit darauf aufmerksam gemacht, den epistemologischen Umbruch
auf die Jahrhundertwende 1700 vorzudatieren (vgl. Fulda, Daniel (2013): Wann begann
die ‚offene Zukunft‘? Ein Versuch, die Koselleck’sche Fixierung auf die Sattelzeit zu lösen.
In: Wolfgang Breul, Jan Carsten Schnurr (Hg.): Geschichtsbewusstsein und Zukunfts-
erwartung in Pietismus und Erweckungsbewegung. Göttingen, S. 141–172).
18 Geyer-Kordesch, Pietismus, Medizin und Aufklärung in Preußen im 18. Jahrhundert,
S. 247. Zur Einflussnahme der Einbildungskraft auf den Körper, wie sie etwa die Mediziner
Ernst Anton Nicolai und Johann August Unzer diskutieren vgl. ebd., S. 247–249.
Einbildungskraft und Gefühl in Herders Energetik 31

finden sich bereits auch wirkungsästhetische Fragestellungen berührt, wie sie


etwa neben dem Baumgarten-Schüler Georg Friedrich Meier zudem Johann
Georg Sulzer beschäftigen werden. In der Absicht, weniger ausschließlich dem
Verstand als einer lebendigen Erkenntnis das Feld zu überlassen, richtet sich
die Ästhetik zunehmend an einer Verbindung von Erkenntnis und Gefühls-
erlebnis aus.
In der Möglichkeit einer Erweckung bzw. Übertragung von Gefühlen
durch die Einbildungskraft ist man sich auch der Gefahr bewusst, die
ein solches Unternehmen birgt, wird doch immer ein rechtes Maß an
Affektion diskutiert. Jenes zeigt sich allerdings nicht länger an der Gemüts-
ruhe stoizistischer Provenienz orientiert, sondern konstelliert sich über den
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„richtige[n] Grad affektiver Dynamik“.19 Der durchaus mit dem pietistischen


Wissen in Verbindung stehende „Durchbruch des eigenbedingten Seelen-
lebens“20 findet Eingang in die Ästhetik wie in die Literaturströmungen der
zweiten Hälfte des Jahrhunderts, wo es in Empfindsamkeit und Sturm und
Drang als auch in der Romantik als Hintergrundfolie wirksam wird.21 Denn
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die erhöhte Aufmerksamkeit auf psychische Befindlichkeiten und Affekte


Einbildungskraft um 1800, 9783770564583, 2022

stellt eine terminologische Grundlage bereit, um die Disposition des sinn-


lich affizierbaren Subjekts zu beschreiben, die zudem durch und durch
ästhetische Züge in sich trägt.22 Wie bei vielen seiner Zeitgenossen hat dies bei
Herder auch durch die eigene pietistische Sozialisation Spuren hinterlassen.23

19 Geyer-Kordesch (2000): Pietismus, Medizin und Aufklärung in Preußen im 18. Jahr-


hundert. S. 251.
20 Kindermann, Heinz (1928): Durchbruch der Seele. Literaturhistorische Studie über die
Anfänge der „Deutschen Bewegung“ vom Pietismus zur Romantik. Danzig, S. 10f.
21 Zum Eingang eines säkularisierten Pietismus in der Sturm und Drang-Literatur vgl.
Kemper, Hans-Georg (2002): Deutsche Lyrik der frühen Neuzeit. Bd.  6/II: Sturm und
Drang: Genie-Religion. Tübingen, S. 37f.
22 Niklaus Largier hat in einer Reihe von Aufsätzen über die mittelalterlichen
Selbstaffizierungstechniken theologischer und mystischer Lektürepraktiken vielfach
betont, dass jene in der Forschung häufige Verortung religiöser Erfahrungen ins Mittelalter,
ästhetischer in die Neuzeit, fehlleiten, weil schließlich schon das Mittelalter ästhetisch,
genauer, an aisthesis orientiert sei. Largier zeigt dies an Techniken der Selbstaffizierung,
in denen Religiöses und Ästhetisches zusammenfallen und letztlich ununterscheidbar
werden. Vgl. Largier, Niklaus (2005): Präsenzeffekte. Die Animation der Sinne und die
Phänomenologie der Versuchung. In: Poetica, Jg. 37, Nr. 3–4, S. 392–412 sowie ders. (2009):
Mystcism, Modernity, and the Invention of Aesthetic Experience. In: Representations,
H. 105, S. 37–60.
23 Zur Religiosität im Werk einzelner Autoren vgl. exemplarisch Kaiser, Gerhard (2 1973):
Pietismus und Patriotismus im literarischen Deutschland. Ein Beitrag zum Problem
der Säkularisation. Frankfurt a. M., explizit zu Herder vgl. ebd., S.  25–31. Zu Herders
pietistischer Erziehung vgl. die Herder-Biographie von Zaremba, Michael (2002): Johann
Gottfried Herder. Prediger der Humanität. Eine Biografie. Köln, S. 23f. und daneben eine
32 Julia Martel

Herders Augenmerk in Fragen des Ästhetischen fällt dann nicht nur auf
den von ihm so bezeichneten „Hauptautor der Ästhetik“,24 als den er Sulzer
ausweist, sondern auch auf Friedrich Gottlieb Klopstock. Letzterer reiht
sich mit seiner Dichtung früh in den konstatierten Paradigmenwechsel des
18. Jahrhunderts ein, der in der „tiefgreifende[n] Krise des rationalistischen
Zeichenmodells der Repräsentation“25 die Aufmerksamkeit auf das lenkt,
was Sinnlichkeit, Präsenz und Authentizität verspricht. Wenngleich man
zu jener Zeit zwar noch in den Gefilden der Rhetorik verhaftet bleibt, wird
dennoch die Wendung von der Repräsentations- in eine Wirkungsästhetik ein-
geleitet.26 Denn der Eingang des Affektiven in das poetische Zeichen, die eine
zunehmende Ablösung technisch-rhetorischer Verfahren bedeutete, stellt der
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visuellen und vor allem gegenständlichen Einbildung eine teils auch diffuse
Empfindung zur Seite. Und es ist Klopstock, der die Aufgabe seiner Heiligen
Poesie gerade dann erfüllt sieht, wenn die „ganze Seele von dem, den sie
denkt (und wen denkt sie?) so erfüllt ist, daß alle ihre übrigen Kräften von den
Anstrengungen ihres Denkens in eine solche Bewegung gebracht sind, daß sie
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Reihe neuerer Arbeiten, die seinen Bezug zum Pietismus beleuchten: Steinmayr, Markus
(2006): Menschenwissen: zur Poetik des religiösen Menschen im 17. und 18. Jahrhundert.
Tübingen sowie ders. (2008): Herder, Zinzendorf und der Pietismus. In: Claudia Taszus
(Hg.), Vernunft – Freiheit – Humanität: über Johann Gottfried Herder und einige seiner
Zeitgenossen. Festgabe für G. Arnold zum 65. Geburtstag. Eutin, S. 233–249; Stahnisch,
Frank (2005): Herders „anthropologische Physiologie“ und die „Hallesche Psycho-
medizin“: zum Verhältnis von Körpervorstellung, Religion und Therapie im 18. Jahr-
hundert. In: Udo Sträter, Hartmut Lehmann, Thomas Müller-Bahlke u. a. (Hg.): Alter
Adam und Neue Kreatur. Pietismus und Anthropologie. Beiträge zum II. Internationalen
Kongress für Pietismusforschung. Tübingen, S. 821–833.
24 Herder, Johann Gottfried (1993): Kritische Wälder. Viertes kritisches Wäldchen. In:
Gunter E. Grimm (Hg.): Schriften zur Ästhetik und Literatur 1767–1781. Frankfurt a. M.,
S. 289 (=Herder. Werke in zehn Bänden. Bd. 2). Zum Einflussverhältnis Sulzer-Herder vgl.
Proß, Wolfgang (1987): Nachwort. In: Ders. (Hg.): Herder und die Anthropologie der Auf-
klärung. München, S. 1186–1191 (=Johann Gottfried Herder. Werke, 3 Bde. Hg. von Wolfgang
Proß, Bd. II).
25 Albes, Claudia (2003): Einleitung. In: Dies., Christiane Frey (Hg.): Darstellbarkeit. Zu
einem ästhetisch-philosophischen Problem um 1800. Würzburg, S. 10.
26 Vgl. Campe, Rüdiger (1990): Affekt und Ausdruck. Zur Umwandlung der literarischen
Rede im 17. und 18. Jahrhundert. Tübingen, S.  474–479. Nach Hildegard Benning liegt
Klopstocks Bedeutung für die moderne Ästhetik darin, in der Loslösung vom Modell der
Repräsentation die Schwachstellen des Paradigmas der ut pictura poesis aufzuzeigen, und
der Empfindung den Vorzug zu geben gegenüber der (visuellen) Einbildungskraft, vgl.
Benning, Hildegard (1995): Ut pictura poiesis – Ut musica poesis. Paradigmenwechsel im
poetologischen Denken Klopstocks. In: Kevin Hilliard (Hg.): Klopstock an der Grenze der
Epochen. Berlin, S. 80–96.
Einbildungskraft und Gefühl in Herders Energetik 33

zugleich und zu einem Endzwecke wirken […].“27 Eine solche Poesie vermag
für Klopstock jede „höchste philosophische Überzeugung“28 zu übertreffen.
Hatte Longin für die Anordnung des erhabenen Ausdrucks die Möglichkeit ein-
geräumt, Pathos zu erregen, so knüpft Klopstock in seiner Wirkungspoesie an
die Möglichkeit an, nicht nur den Verstand durch die Wortbedeutung, sondern
ebenso die Empfindung zu erreichen, um die ganze Seele zu bewegen.29 Sein
Seelenmodell folgt keinesfalls einem hierarchischen Ansatz wie es Christian
Wolffs schulphilosophische Trennung in untere und obere Erkenntnisver-
mögen nahelegt. Für ihn sind Einbildungskraft, Verstand, Wille und Herz
nicht länger bloß potentielle, sondern wirkmächtige Kräfte, die in einem
„mannichfaltige[n] Verhältniß untereinander“30 bestehen. Insbesondere
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diesem Ansatz wird Herders Zusprache zuteil, lobt dieser Klopstock doch auch
entgegen der Einwände Lessings gegen die Vermischung von Empfinden und
Denken, Körperlichem und Geistigem im 49. und 111. der Briefe, die neueste
Literatur betreffend gerade für seinen ganzheitlich anthropologischen Ansatz:
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Die philosophische Art von Gott zu denken ist, aus einem menschlichen Stand-
Einbildungskraft um 1800, 9783770564583, 2022

punkte betrachtet, daß eine bloß kalte metaphysische Denkart der ganzen
Bestimmung des Menschen, der ganzen Natur seiner Seele, und der ganzen
Beschäftigung seines Lebens nicht angemessen sein dörfte: uns [sic!] so fern hat
er völlig recht.31

Die anthropologische Ausrichtung auf die ganze Seele, die er dem gefühl-
vollen Dichter Klopstock kreditiert und bei der er sich zudem über die für die
klopstocksche Dichtung notwendige Einlassung auf eine Empfänglichkeit und

27 Klopstock, Friedrich Gottlieb (1823): Von der besten Art über Gott zu denken. In:
Hinterlassne Schriften von Margareta Klopstock. Leipzig, S. 213 (=Klopstocks Sämmtliche
Werke. Bd. XI.)
28 Klopstock, Friedrich Gottlieb (1986): Von der heiligen Poesie. In: Elisabeth Höpker-
Herberg (Hg.): Friedrich Gottlieb Klopstock. Der Messias. Gesang  I–III. Text des Erst-
drucks von 1748. Stuttgart, S. 117.
29 Vgl. Klopstock, Friedrich Gottlieb (1989): Vom deutschen Hexameter (1779). In: Winfried
Menninghaus (Hg.): Friedrich Gottlieb Klopstock. Gedanken über die Natur der Poesie.
Dichtungstheoretische Schriften. Frankfurt a. M., S. 60–156. Auf den rhetorischen pathos-
Begriff des Pseudo-Longinos bei Klopstock hat Jacob aufmerksam gemacht, vgl. hierzu
Jacob, Joachim (1997): Heilige Poesie. Zu einem literarischen Modell bei Pyra, Klopstock
und Wieland. Tübingen, S. 139–141.
30 Klopstock (1986): Von der heiligen Poesie. In: Der Messias. Gesang I–III. S. 119.
31 Herder, Johann Gottfried (1985): Ein Anhang von einigen Streitigkeiten der Briefe mit
Wieland, Cramer, Klopstock. In: Frühe Schriften 1764–1772, S. 527–528 (=Herder. Werke in
zehn Bänden. Bd. 1).
34 Julia Martel

Beweglichkeit gegenüber den Texten bewusst scheint, findet er zudem in den


Subjektivierungstendenzen von Sulzers Ästhetik.
Dieser reklamiert in seiner empfindungszentrierten Ästhetik weniger ein
Interesse an der ästhetischen Erkenntnis in der Folge Alexander Gottlieb
Baumgartens, denn an der ästhetischen Erfahrung, mit der das innere Erleb-
nis, ergo die ‚gefühlte‘ Wirkung ins Zentrum rückt. Im Gegensatz zum Ideal
sinnlicher Erkenntnis wendet er sich weniger der Gegenstandsbezogenheit
als der davon unabhängigen Selbstbezüglichkeit der Empfindungen zu und
nimmt stärker Bezug auf die Erfahrung der Wahrnehmung, auf Vergnügen
der Lust und Unlust und die vor- bzw. unbewussten Zustände der Seele. Im
Kontext dessen war er der Frage nachgegangen, wie die Aufmerksamkeit des
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Betrachters von der Gegenstandsbeschaffenheit auf die Wirkung wechselt,


die eben die Kunst durch eine „ästhetische Kraft“ auf den „innern Zustand“
auszuüben vermag.32 Mit seinem 1765 veröffentlichten Aufsatz Von der Kraft
(Energie) in den Werken der schönen Künste erklärt Sulzer nun, dass es eine
„Energie“ sei, die sowohl auf die „untern Kräfte der Seele“ wie die „obern Kräfte
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der Seele“ zu wirken vermag, worin sein Blick sich – ebenso die tradierte Ein-
Einbildungskraft um 1800, 9783770564583, 2022

teilung in Vorstellungskraft und Begehrungsvermögen hinter sich lassend – auf


die ganze Seele in der Vorstellung eines einenden Prinzips der Kraft richtet.33
Die Energie, die Sulzer der Dichtkunst attestiert, besitzt gegenüber der Philo-
sophie dann jenen Vorteil, dass sie sowohl den Verstand, die Einbildungskraft
wie das Gemüt energetisch in Bewegung zu versetzen vermag. Energie ist das,
was seelische Bewegung hervorruft, die allerdings bei Sulzer – der darin auf die
rhetorische Tradition des pathos als der „rhetorische[n] Figur der Bewegungs-
energie“34 rekurriert – allenfalls unterstützend, keinesfalls jedoch zum Selbst-
zweck verkommen darf. Wenngleich er in einem aufgeklärten Sinne sein
Kunstverständnis in einen moralischen Dienst stellt, so besitzt es allerdings
bereits eine physiologische Konnotation, denn in einem mechanistischen
Sinne, worin Sulzer sich von dem aus Halle stammenden Mediziner Johann
Gottlob Krüger beeinflusst zeigt, werden Körper und Seele in ein analoges,

32 Sulzer, Johann Georg (31798): Art. ‚Kraft‘. In: Ders. (Hg.): Allgemeine Theorie der Schönen
Künste, in einzeln, nach alphabetischer Ordnung der Kunstwörter auf einander folgenden
Artikeln abgehandelt. Bd. 3. K–Qu. Frankfurt u. a., S. 66.
33 Vgl. Sulzer, Johann Georg (1974): Von der Kraft (Energie) in den Werken der schönen Künste
(1765). In: Ders.: Vermischte philosophische Schriften. Zwei Teile in einem Band. Aus den
Jahrbüchern der Akademie zu Berlin gesammelt. Leipzig 1773, Reproduktion Hildesheim,
New York, S. 135 und ders. (1974): Untersuchung über den Ursprung der angenehmen und
unangenehmen Empfindungen (1751/52). In: Vermischte philosophische Schriften. S. 9.
34 Menke (2008): Kraft. S. 72.
Einbildungskraft und Gefühl in Herders Energetik 35

ausgeglichenes Verhältnis gesetzt, mit dem letztlich die Seele über ihren
Körper in Bewegung sichtbar erscheint.35
Klopstocks Dichtungsmodell, das Winfried Menninghaus als eine „Poetik
der schnellen Bewegung“ herausgearbeitet hat,36 setzt auf die Wortbewegung,
die zum einen die Wortsemantik unterstützt, zum anderen aber eine sinnliche
Qualität des Ausdrucks jenseits dessen besitzt. Mit einem Bein noch in der
rhetorischen Tradition erwächst das movere hier zum wesentlichen Zweck
der Dichtung, der durch die metrisch-rhythmische Versbewegung und den
wirkungsästhetischen Anspruch die Poesie einer Reflexion und Innovation
sprachlicher Form überantwortet. Dass in Klopstocks Dichtung schließlich
Bewegung nicht bloß ein Paradigma des Ausdrucks, sondern auch des Inhalts
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bildet, hat in dieser Konsequenz einer Poesie und Poetik im Zeichen der
Bewegung Menninghaus mit besonderem Blick auf die weniger religiösen,
sondern Aspekte der Beweglichkeit aufgreifenden Gedichte gezeigt.37 Wenn-
gleich für Herder dann die Oden Klopstocks ganz allgemein die Kriterien
erfüllen, „eine einzige ganze Reihe höchst lebhafter Begriffe, ein ganzer Ausfluß,
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einer begeisterten Einbildungskraft oder eines erregten Herzens, nichts als eine
Einbildungskraft um 1800, 9783770564583, 2022

35 Vgl. Sulzer (1974): Von der Kraft (Energie) in den Werken der schönen Künste (1765). In:
Vermischte philosophische Schriften. S. 54f.
36 Menninghaus, Winfried (1989): Klopstocks Poetik der schnellen ‚Bewegung‘. In: Ders.
(Hg.): Friedrich Gottlieb Klopstock. Gedanken über die Natur der Poesie. Dichtungs-
theoretische Schriften. Frankfurt a. M., S. 259–351. Menninghaus vertritt in der Klopstock–
Forschung eine progressivere Position, die mit einer stark im theologischen Kontext
verbleibenden Forschung aufgeräumt hat, die Klopstocks Projekt letztlich an der Über-
macht des Religiösen gegenüber der dichterischen Darstellung gescheitert sah. Für ihn
liegt dieses Scheitern nicht im Religiösen, sondern in einer übermächtigen sprachlichen
Ästhetik begründet. Die sprachlichen Innovationen im Zeichen der schnellen Bewegung
führen dabei nach Menninghaus aber weniger zu einem fließenden denn gestauten Stil,
der sich indes durch die Organisation einer wechselhaften Satzrhythmik und Metrik,
gehäuftem Partizipiengebrauch wie auch zahlreiche Verbalkomposita mit Lokalprä-
positionen auszeichnet. Letzteres hat August Langen bereits als besondere „tätigkeits-
schaffende Form“ bei Klopstock charakterisiert, die sich durch Bewegungselemente
räumlicher wie subjektiver Art als auch mittels einer durch Mystik und Pietismus ver-
mittelten, verbalen Dynamik konstituiert. (Vgl. Langen, August (21968): Der Wortschatz
des deutschen Pietismus. Tübingen, S.  449; explizit zu Klopstock vgl. ebd. S.  385–389
sowie S. 438–449.
37 Zu Klopstocks späten Eislauf- und Reitgedichten (Der Eislauf, Der Kamin, Die Kunst Tialfs),
die ihre eigene ästhetische Form reflektieren vgl. Menninghaus (1989): Klopstocks Poetik
der schnellen ‚Bewegung‘. In: Gottlieb Klopstock. S. 259–351, vgl. ebd. auch das Kapitel
„Dichtung als Tanz“, S. 319–326.
36 Julia Martel

höchstsinnliche Rede über einen Gegenstand [zu] sein“38, so ist aber, wie er
gegenüber dem Freund und Verleger Nicolai betont, das Besondere eben die

wahre fortgehende Melodie der Worte zur Empfindung, zur Bewegung des Verses.
Daß hier z.E. durch den Zauberkunstgrif [sic!] des Genies u. der Empfindung die
Worte durch sich selbst sanfter, dort härter werden, der Abschnitt jetzt so, u. so
falle, kurze Seele des Liedes im Klange sei, im Gang, im Tanze der Vorstellung.
Mich dünkt eben hierinn ist in allen Klopstockschen Versen was ganz Eignes …39

Was Herder hier interessiert, ist eine Verschaltung von seelischen und körper-
lichen Bewegungen, die sich von dem bewegt-menschlichen Körper einen Weg
in die Seele bahnen, bei dem man die sinnlich wahrgenommenen sprachlichen
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Zeichen, die man liest oder hört, wenngleich sie anwesend bleiben, vergisst,
und bei dem die Dichtung die Einbildungskraft aktiviert, das Geschilderte so
lebhaft wie möglich zu präsentieren. Die in Klopstocks Dichtung beobachtete
Engführung von Wort- und Körperbewegung im betonten „Gang, im Tanze der
Vorstellung“ entdeckt er für sich als eine dynamisch abgebildete Erfahrung von
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Welt. Schon hier wird der Begriff der Bewegung zentral, der sich bei Herder
Einbildungskraft um 1800, 9783770564583, 2022

durchaus ästhetisch aufbereitet findet in der Frage, welche konstitutive Rolle


der Aspekt der Bewegung mitunter für die ästhetische Darstellungspraxis
einnimmt. Das Phänomen der Bewegung rückte mit Ablösung der vorauf-
klärerischen Priorität auf Tugendlehre, stoische Lebensethik und dem Ideal
der Seelenruhe seit der Jahrhundertmitte verschiedentlich ins Zentrum der
Aufmerksamkeit: Zum einen ist es durch das rhetorische movere-Konzept
präsent, dem von der Ästhetik ausgehenden Interesse an Sinnlichkeit und
Versinnlichung sowie einer grundlegenden Wendung zu intensiveren Dar-
stellungsformen in Literatur wie Philosophie.40 Zum anderen tritt es durch
den Einfluss der Naturphilosophie mit ihren Bewegungsgesetzen sowie der
zunehmend anthropologischen Ausrichtung ins Bewusstsein, wobei Bewegung

38 Herder, Johann Gottfried (1993): Klopstocks Oden. In: Gunter E. Grimm (Hg.): Schriften
zur Ästhetik und Literatur 1767–1781. Frankfurt a. M., S.  779. (=Herder. Werke in zehn
Bänden. Bd. 2). [Hervorhebungen im Original]
39 Vgl. dazu den Kommentarteil zu Klopstocks Oden und den bei aller Begeisterung für
Klopstocks Poesie auch kritische Töne enthaltenen Brief Herders an Nikolai (12. Juli 1772),
der selbst keinen Hehl daraus machte, dass ihm Klopstocks Oden nicht zusagten. Herder
(1993): Brief an Nicolai (12. Juli 1772). In: Schriften zur Ästhetik und Literatur 1767–1781, S.
1430 (=Herder. Werke in zehn Bänden. Bd. 2). [Hervorhebungen im Original]
40 Vgl. Kleinschmidt, Erich (2004): Die Entdeckung der Intensität. Geschichte einer Denk-
figur im 18. Jahrhundert. Göttingen.
Einbildungskraft und Gefühl in Herders Energetik 37

dann diverse Phänomene wie „Veränderung, Prozessualität, Dynamik oder das


Leben als solches“41 konzeptualisiert.

2. Lebens-Ästhetik

Vor dem Hintergrund der Tendenzen, die Herder an Sulzers Ästhetik und
Klopstocks Dichtung schon interessierten, werden in seinen eigenen
ästhetischen Überlegungen, wie es sie im Ersten kritischen Wäldchen (1768)
zur Dichtkunst versammelt, nun die Begriffe Kraft und Energie leitend. Durch
die von seinen Freund Johann Georg Hamann empfohlene Lektüre des
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Engländers James Harris gelangt Herder schließlich zu der fundamentalen


Unterscheidung der Künste in Ruhe und Bewegung, die den Ausgangspunkt
weiterer Grunddifferenzierungen bilden. Mit Bezug auf die aristotelische
Unterscheidung von ergon und energeia hatte Harris eine Reformulierung für
die Künste vorgenommen, die sich entweder in einem Werk oder in Energie
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vollenden.42 Im Anschluss daran zählt Herder die Malerei zu den werkhaften


Einbildungskraft um 1800, 9783770564583, 2022

Künsten, dessen Wirkung sich auf einmal in einem „Anblicke“ [EW, 135] ein-
stelle, Musik, Tanz und Poesie zu den energetischen Künsten, die durch eine
fortlaufende „Energie wirken“ [EW, 138]. Er weist ihr Gefallen damit in einer

41 Für einen Überblick, wie Bewegung im 18. Jahrhundert anthropologisch, temporal


wie auch ästhetisch und poetologisch in den Blick gerät, vgl. Oschmann, Dirk (2007):
Bewegung als ästhetische Kategorie. In: Matthias Buschmeier und Till Dembeck (Hg.):
Textbewegungen 1800/1900. Würzburg, S.  144–164, S.  145. Ein historischer Überblick
zum philosophischen Bewegungsbegriff findet sich bei Kaulbach, Friedrich und Meyer,
Gerbert (1971): Art. ‚Bewegung‘. In: Joachim Ritter (Hg.): Historisches Wörterbuch der
Philosophie. Bd. 1. A–C. Basel, S. 863–879. Zu einer anthropologischen Perspektive vgl.
Gebauer, Gunter (1997): Bewegung. In: Christoph Wulff (Hg.): Vom Menschen. Hand-
buch Historische Anthropologie. Weinheim u. a., S. 501–516 und zur Kulturgeschichte der
Bewegung vgl. Nitschke, August (1989): Körper in Bewegung. Gesten, Tänze und Räume
im Wandel der Geschichte, Stuttgart.
42 James Harris: „[…] EVERY ART WILL BE ACCOMPLISHED AND ENDED IN A
WORK OR ENERGY.“ (Harris, James (21775): Three Treatises. The First Concerning Art,
the Second Concerning Music, Painting and Poetry, the Third Concerning Happiness.
London, S. 34. [Hervorhebungen im Original] Im Ersten Kritischen Wäldchen findet sich
folgende Referenz: „Nur da die Malerei ein Werk hervorbringt, das während der Arbeit
noch Nichts, nach der Vollendung Alles ist, und zwar in dem Ganzen des Anblicks Alles:
so ist die Poesie Energisch, das ist, während ihrer Arbeit muß die Seele schon alles
empfinden; nicht wenn die Energie geendigt ist, erst zu empfinden anfangen, und erst
durch Rekapitulation der Sukzessionen empfinden wollen.“ Herder (1993): Die kritischen
Wälder zur Ästhetik. Erstes Wäldchen. In: Schriften zur Ästhetik und Literatur 1767–1781.
S. 215 (=Herder. Werke in zehn Bänden. Bd. 2) [Im Folgenden im Text zitiert mit der Sigle
EW plus Angabe der Seitenzahl].
38 Julia Martel

zeitlichen Abfolge begründet aus sowie „in der Verbindung und Abwechslung
dieser Augenblicke und Handlungen“ [EW, 136–137]. Die Poesie wird als jene
Kunst charakterisiert, die, wie es bereits eingangs deutlich wurde, nicht natür-
lich, nicht durch „Buchstaben, Klang, Tonfolge“, sondern durch den „Sinn,
der durch eine willkürliche Übereinstimmung in den Worten“ [EW, 193–194]
besteht, einen unmittelbaren Effekt auf die Seele auszuüben vermag. Es ist eine
Kraft der Dichtung, „die auf meine Seele durch die Phantasie und Erinnerung
wirkt“ [EW, 194], so Herder, worin er ihr eine vornehmliche Wirkung auf Ein-
bildungskraft und Gefühl attestiert, wie er es dann im Rekurs auf Homer in der
Feststellung exemplifiziert:

dass Poesie energisch wirke: nie in der Absicht, um bei dem letzten Zuge ein
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Werk, Bild, Gemälde (obwohl sukzessive) zu liefern, sondern daß schon während
der Energie die ganze Kraft empfunden, und ‚gefühlt‘ werden müsse. Ich lerne
von Homer, daß die Wirkung der Poesie nie aufs Ohr, durch Töne, nicht aufs
Gedächtnis, wie lange ich einen Zug aus der Sukzession behalte, sondern auf
meine Phantasie wirke; von hieraus also, sonst nirgendsher, berechnet werden
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müsse. So stelle ich sie gegen die Malerei, und beklage, daß Hr. L. diesen Mittel-
punkte des Wesens der Poesie ‚Wirkung auf unsre Seele, Energie‘, nicht zum
Einbildungskraft um 1800, 9783770564583, 2022

Augenmerke genommen. [EW, 214]

Die Dichtung zeigt sich nicht explizit auf eine Bildhaftigkeit verpflichtet,
sondern ihr scheint in der Art, wie sie sich zeitlich erstreckt und darin, dass
arbiträre Sprachzeichen in eine innere Vorstellung umgewandelt werden,
etwas ganz eigen zu sein, das der Malerei als werkhafter Kunst eben nicht
zukommt. Die Dichtung als eine der Zeitkünste, mit dem Begriff der Energie
charakterisiert, realisiert sich in der Zeit und sukzessive. Allerdings wird von
Herder nicht allein die Sukzession, wie sie Lessing betonte, sondern „Kraft“ als
das „Wesen der Poesie“43 ausgewiesen. Mit diesem Surplus liegt die energeti­
sche Wirkung der Dichtung nicht allein darin, dass die sinnlichen Sprach-
zeichen auf uns wirken, sondern dass sie in einen Sinn transformiert werden.
Dass also ein Sinn der Zeichen aktualisiert wird, der Phantasie wie Erinnerung
aktiviert.

43 Herder schreibt: „Ließe sich nicht das Wesen der Poesie auch auf einen solchen Haupt-
begriff bringen, da sie durch willkürliche Zeichen, durch den Sinn der Worte auf die
Seele wirkt? […] [D]ie Künste, die Werke liefern wirken im Raume; die Künste, die durch
Energie wirken, in der Zeitfolge; die schönen Wissenschaften, oder vielmehr die einzig
schöne Wissenschaft, die Poesie, wirkt durch Kraft. – Durch Kraft, die einmal den Worten
beiwohnt, durch Kraft, die zwar durch das Ohr geht, aber unmittelbar auf die Seele wirket.
Diese Kraft ist das Wesen der Poesie, nicht aber das Koexistente, oder die Sukzession.“
Herder (1993): Die kritischen Wälder zur Ästhetik. Erstes Wäldchen. In: Schriften zur
Ästhetik und Literatur 1767–1781. S. 194 (=Herder. Werke in zehn Bänden. Bd. 2).
Einbildungskraft und Gefühl in Herders Energetik 39

Als Ausgangspunkt dieser Wirkung von Poesie gilt ihm im Ersten Wäld-
chen nicht das Gehör, sondern die Phantasie. Diese, synonym zum Begriff
der Einbildungskraft gebraucht, gilt ihm an anderer Stelle als dasjenige, was
wir „meistens Einbildung“ nennen, was „in unserm innern Menschen Alles
zusammenfließe und Eins werde“, und das „nicht bloß aus Bildern“ bestehe,
„sondern auch aus Tönen, Worten, Zeichen und Gefühlen, für die oft die
Sprache keinen Namen hätte“, so Herder.44 Als Ort dieses Prozesses gilt Herder
das „Nervengebäude“45, das er auch später noch als einigendes „Band“ und
„Knote[n] des Zusammenhanges zwischen Geist und Körper“ bezeichnet,
welches „mit dem ganzen Bau des Körpers zusammenhängt“ und das ihm als
„sproßende Blüthe der ganzen sinnlichen Organisation zum weitern Gebrauch
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der denkenden Kräfte“ gilt.46 Charakterisiert als sowohl passiv-empfänglicher


wie aktiver Prozess, in dem wir „empfangen, verarbeiten und fortpflanzen“,47
erscheint die Einbildung hier weder als ein bloß reproduzierender Akt der Ein-
schreibung, noch scheint die Dynamik der Verwandlung durch einen Bildervor-
rat der Seele bedingt; Herder kennzeichnet es eher als eine Art „Fortbildung“.48
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In diesem dauerndem und transformierenden Prozess liegt der „Zweck[]“,


Einbildungskraft um 1800, 9783770564583, 2022

wie es Herder 1774 betont, auf der „sanfte[n] Fortdauer einer Art Wachstum,
Zunahme, Genuß mehrerer, längerer Vollkommenheit“.49 Er insistiert auf eine
bildnerische Prozessualität, denn „wir sehen nicht, sondern wir erschaffen uns
Bilder.“50 Auffällig dabei ist, dass dieser fortarbeitende Prozess von Herder eng

44 Herder, Johann Gottfried (1994): Vom Erkennen und Empfinden der menschlichen Seele.
Bemerkungen und Träume. In: Schriften zu Philosophie, Literatur, Kunst und Altertum
1774–1787. S. 350 u. S. 349 (=Herder. Werke in zehn Bänden. Bd. 4).
45 Ebd., S. 350: „Wenn also aus unsern Sinnen in die Einbildungskraft, oder wie wir dies Meer
innerer Sinnlichkeit nennen wollen, Alles zusammenfleußt und darauf unsre Gedanken,
Empfindungen und Triebe schwimmen und wallen: hat die Natur abermals nichts
gewebet, das sie einige, das sie leite? Allerdings, und dies ist das Nervengebäude.“ [Hervor-
hebung im Original]
46 Herder, Johann Gottfried (1989): Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit.
(1784–1791). In: Martin Bollacher (Hg.): Ideen zur Philosophie der Geschichte der Mensch-
heit. Frankfurt a. M., S. 302 (=Herder. Werke in zehn Bänden. Bd. 6).
47 Herder (1994): Vom Erkennen und Empfinden der menschlichen Seele. In: Schriften zu
Philosophie, Literatur, Kunst und Altertum 1774–1787. S.  339 (=Herder. Werke in zehn
Bänden. Bd. 4).
48 Ebd., S. 330.
49 Herder, Johann Gottfried (1994): Vom Erkennen und Empfinden in der Menschlichen
Seele. Paralipomenon (1774). In: Schriften zu Philosophie, Literatur, Kunst und Altertum
1774–1787. S. 1092 u. S. 1091 (=Herder. Werke in zehn Bänden. Bd. 4).
50 Herder, Johann Gottfried (1994): Über Bild, Dichtung und Fabel. In: Schriften zu Philo-
sophie, Literatur, Kunst und Altertum 1774–1787. S. 635 (=Herder. Werke in zehn Bänden.
Bd. 4).
40 Julia Martel

mit dem Gefühl in Verbindung gebracht wird, wie er es in dem zu seiner Zeit
unveröffentlichten Vierten Wäldchen51 unternimmt, das er auf die Entwicklung
einer „Philosophie des Gefühls“52 pilotiert.
Anknüpfend an die sensualistische Tradition wird dort in der Erfahrung
der Plastik schließlich der Tast- dem Sehsinn gegenübergestellt53 und das
körperliche Gefühl mit der seelischen Empfindung verschmolzen. Dafür führt
Herder vice versa zum Beispiel des Blindgeborenen bei John Locke oder noch
bei Denis Diderot einen Sehenden vor, der sich gezielt die Augen blendet, um
mittels einer fühlenden, sich herantastend, erinnernden Einbildungskraft zu
sich als Fühlender zurückzukehren.

Sie hat sich gleichsam die Augen geblendet, um nicht bloß eine tote Fläche
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zu schildern: sie siehet nichts, was sie vor sich hat; sondern tastet, wie in der
Finsternis, und wird begeistert von dem Körper, den sie tastet […] und fühlet
von neuem, und spricht alles, dessen sie ihr Gefühl erinnert: Tote Maleraugen!
[VW, 312]
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In der ästhetischen Leitkategorie des Gefühls, die als ein imaginiert lebendiges
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Gefühl aufgerufen wird, konstelliert sich ein Interaktionsmodell der Sinne54


über Aspekte von Beweglichkeit. Eingespeist findet sich dies über die
besondere Disposition der Einbildungskraft, die durch die Beimischung der
Unbestimmtheit des Gefühls devisualisiert erscheint zu einem gefühlten
Sehen: Vermag sie es doch, im „veränderte[n] Umherschauen“ wie „sicht-
liche[m] Umfühlen der Bildsäule“, eine Illusion von Ganzheit zu evozieren –
„die Illusion ist geschehen: was bloß ein Kompositum kleiner gerader Flächen
war, ist ein schöner fühlbarer Körper geworden“. [VW, 311]. Während dem
Sehsinn eine kühle Oberflächlichkeit attestiert wird, sind es hingegen Tiefe
und ein gesondertes Verhältnis zu den unbestimmten Reizen und Kräften, die
das Gefühl ausmachen. Ohne Informationen des Tastsinns und fern jeglicher
Erinnerungswerte, dies stellt Herder sodann heraus, werden im sinnlichen

51 Das vierte Kritische Wäldchen wird erst 1846 von Herders Sohn Emil Gottfried von Herder
im Lebensbild herausgegeben, vgl. dazu näher Irmscher, Hans Dietrich (2009): „Weitstrahl-
sinniges“ Denken. Studien zu Johann Gottfried Herder. Hg. von Marion Heinz,Violetta
Stolz. Würzburg, S. 150f.
52 Herder, Johann Gottfried (1993): Die kritischen Wälder zur Ästhetik. Viertes Wäldchen.
In: Schriften zur Ästhetik und Literatur 1767–1781. S. 298 (=Herder. Werke in zehn Bänden.
Bd. 2). [Im Folgenden im Text zitiert mit der Sigle VW plus Angabe der Seitenzahl].
53 Vgl. Mülder-Bach, Inka (1998): Im Zeichen Pygmalions. Das Modell der Statue und die
Entdeckung der „Darstellung“ im 18. Jahrhundert. München, S. 60.
54 Vgl. dazu Binczek, Natalie (2007): Kontakt. Der Tastsinn in Texten der Aufklärung.
Tübingen, S. 345–406.
Einbildungskraft und Gefühl in Herders Energetik 41

Aufnahmemodus über die Netzhaut des Auges, bloß „buntscheckige Flächen“55


gegeben, denen kein eigenständig ästhetischer Wert zuerkannt werden kann.
Was sich hier abzeichnet, ist zugleich die allmähliche Ablösung von einem
formorientiert geometrischen zu einem mehrschrittigen, komplexeren
Konzept eines Bildtransfers, bei dem die sinnlichen, sensitiven Reize einem
weiteren körperinternen Verarbeitungs- und schließlich Interpretations-
prozess zu einem psychologisch-mentalen Vorstellungsbild unterliegen. „Wir
dichten nämlich nichts, als was wir in uns fühlen: wir tragen, wie bei einzelnen
Bildern unsern Sinn, so bei Reihen von Bildern unsre Empfindungs- und Denk-
art in die Gegenstände hinüber“,56 so Herder noch in der späten Abhandlung
Über Bild, Dichtung und Fabel (1786).
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Was er in seinen Wäldern mit der Verbindung von Kraft, Gefühl und Ein-
bildungskraft begonnen hatte, findet in seinem Plastik-Aufsatz (1700/1778),57
dessen Vorstudien in die Zeit der Abfassung seiner Ästhetik fallen, eine
wesentliche Ausgestaltung zu einer nicht bloß metaphorischen „Philosophie
des Gefühls“, auf die er immer wieder insistiert. Im stetigen Umherschauen
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und Umfühlen der Plastik wird das Modell einer dynamisierten Wahrnehmung
Einbildungskraft um 1800, 9783770564583, 2022

vorgeführt, das Greifen wird selbst als Organ erkannt, man erfährt sich als
tastend, bildend: „Je mehr er Körper, als Körper, nicht angaffte und beträumte,
sondern erfaßte, hatte, besaß, desto lebendiger ist sein Gefühl, es ist, wie auch
das Wort sagt, Begriff der Sache.“58 Was die Einbildung leistet, charakterisiert
Herder als eine konkrete Beziehung zum Leben und genußvolle Erfahrung,
die konnotiert als „Form der Gesundheit, des Lebens, der Kraft“59 ein Selbst-
gefühl wie eine -erkenntnis evoziert, in der ein perspektivischer Standpunkt
sowie Sinnlichkeit und Reflexion zusammenfließen. Die Herder-Forschung

55 Herder, Johann Gottfried (1994): Plastik. Einige Wahrnehmungen über Form und Gestalt
aus Pygmalions bildendem Traum (1778). In: Schriften zu Philosophie, Literatur, Kunst
und Altertum 1774–1787, S. 251 (=Herder. Werke in zehn Bänden. Bd. 4).
56 Herder (1994): Über Bild, Dichtung und Fabel. In: Schriften zu Philosophie, Literatur,
Kunst und Altertum 1774–1787. S. 642 (=Herder. Werke in zehn Bänden. Bd. 4).
57 Herders Plastik-Thesen haben in der Forschung eine gemischte Rezeption erfahren.
Während ältere Studien die Plastik als Phantasma oft auch ablehnen, untersuchen jene
aus den 1980/90er Jahren stärker die anthropologische und epistemologische Dimension,
jüngere Arbeiten auch die kunsttheoretischen Aspekte der Plastik. Einen sehr guten
Überblick dazu vermittelt der Aufsatz von Dongowski, Christina (2001): Menschwerdung.
Herders Plastik als Schöpfungsgeschichte. In: Dies., Caroline Welsh, Susanne Lulé (Hg.):
Sinn und Verstand. Ästhetische Modellierungen der Wahrnehmung um 1800. Würzburg,
S. 127–150.
58 Herder (1994): Plastik. In: Schriften zu Philosophie, Literatur, Kunst und Altertum 1774–
1787, S. 249 (=Herder. Werke in zehn Bänden. Bd. 4). [Hervorhebungen im Original]
59 Ebd., S. 296. [Hervorhebungen im Original]
42 Julia Martel

hat diesbezüglich vom „Leibapriori der Erkenntnis“60 gesprochen und darin


auch einen Ausweg aus der Fensterlosigkeit der Monadenlehre Leibniz’61
erkannt. Im Rekurs auf die Hallesche Psychomedizin, die sich dem Problem
des commercium mentis et corporis angenommen hatte und von der sich schon
Sulzer beeinflusst zeigte, wie durch die Erkenntnisse Albrecht von Hallers,
gewinnt Herder seine physiologische Grundierung der Ästhetik und Idee des
ganzen Menschen als einer leib-seelischen Einheit, die die psychischen Vor-
gänge wie die somatischen Phänomene des Körpers zu berücksichtigt weiß.
In diesen nervenphysiologischen Modellen war man davon ausgegangen,
dass analog zu den durch Reize ausgelösten diversen Nervensignalen die Ein-
bildungskraft Empfindungen hervorzurufen vermag. Die Fähigkeit einer mit-
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hin durchaus auch nicht ganz ergründbaren Kraft, die sich in Seele und Körper
als Bewegung vollzieht, charakterisiert jene ästhetische Kraft bei Herder,
die er als analogische Organisation von Sinnlichkeit und Einbildungskraft
begreift. Er entwickelt ein Modell, das von einer sich in Seele und Körper voll-
ziehenden Bewegung ausgeht, die bestimmbar wird über Kräfte, die sowohl
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der geistig-immateriellen wie der körperlich-materiellen Seite zukommen.


Einbildungskraft um 1800, 9783770564583, 2022

Darin begründet sich letztlich auch die für Herders Kraftkonzept implizite
Möglichkeit einer „Kontinuität zwischen einer Dichtungstheorie, der es auf
einen immateriellen Sinn der Zeichen ankommt, und einer Ästhetik, die sich
programmatisch der Sinnesphysiologie verschrieben hat“62, wie es Caroline
Torra-Mattenklott angemerkt hat.
In der kunst- und sinnestheoretischen Differenzierung ästhetischer
Erfahrung, die er im Vierten Wäldchen vornimmt, erweisen sich die Künste
sodann als die sinnlichen Lehrmeister der Einbildungskraft. Wenngleich die
Dichtung im Vierten Wäldchen nicht länger im Mittelpunkt steht, so wird am
Ende des zweiten Abschnitts aber ihr Charakteristikum aufgerufen:

Aus allen Sinnen strömen die Empfindungen des Schönen in die Einbildungs-
kraft und aus allen schönen Künsten also in die Poesie hinüber. Wie Phantasie
nicht ohne Sinne, so weiß diese nichts ohne die schönen Künste: sie hat ihre
meisten Grundideen des Schönen aus diesen, und ist Alles ein zusammen-
geflossener Ozean von Gestalten und Bildern und Tönen und Bewegungen der
Annehmlichkeit […]. [VW, 408]

60 Adler (1990): Die Prägnanz des Dunklen. S. 119.


61 Mülder-Bach, Inka (2001): Kommunizierende Monaden. Herders literarisches Universum.
In: Sinn und Verstand. S. 43.
62 Torra-Mattenklott (2002): Metaphorologie der Rührung. S. 324.
Einbildungskraft und Gefühl in Herders Energetik 43

Wie es Herders wenngleich skizzenhaft gebliebenen Ausführungen nahelegen,


findet er letztlich die schönen Körper der Bildhauerei, die schönen Positionen
der Malerei sowie den „innigen Ausdruck und Modulation“ der Musik nur in
einer der Künste als einer „natürliche[n] Poesie“ vereint: in der Tanzkunst.
Bereits bei Klopstock avancierte diese zu einem neuen Kunstideal. Sie allein
vermag für Herder „lebendige Natur und Bewegung“, den schönen Körper in
Bewegung als eine energetische Kunst zum Ausdruck zu bringen und rückt
damit für ihn auf eine Stufe zur Poesie in ihrer „Vereinigung alles Schönen, als
Kunst, wie es die Poesie als Wissenschaft ist, lebendige Bildhauerei, Malerei,
Musik, und alles zusammengenommen, stumme Poesie.“ [VW, 367]
Herders ästhetisches Projekt unterhält eine deutliche Nähe zu einer
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Dynamik der Kräfte, wie sie mit der Vorstellung einer lebendigen Kraft der
Natur in Zusammenhang steht und die ihm in vielfältigen Kontexten reizvoll
scheint. Im Durchgang durch anthropologische Prämissen verknüpft er die
Kräfte des Menschen und des Ästhetischen mit einer Kraft der Natur, die von
einer nicht zu arretierenden Betätigung und steten Transformation von Kräften
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ineinander geprägt ist. Kraft erscheint in seinem anthropologisch-ästhetischen


Einbildungskraft um 1800, 9783770564583, 2022

Projekt dann nicht so sehr im Topos eines den Sinnen gänzlich Entzogenem
gedacht, das nur indirekt greifbar, sich der sinnlichen Wahrnehmung entzieht.
Weniger die Verborgenheit als die Wirkungssphäre von Kräften wird forciert,
die somit nicht länger statisch, sondern – inmitten des Lebens – dynamisch in
stetiger Interaktion gedacht wird.

Wir leben in einer Welt von Erscheinungen, wo eine auf die andre folgt, und
ein Augenblick den andern vernichtet; alles in der Welt ist an den Flügel der
Zeit gebunden, und Bewegung, Abwechslung, Wirkung ist die Seele der Natur.
[EW, 131]

Verstanden als fortdauernde Tätigkeit einer lebendigen Kraft der Natur, der
ein permanentes Streben wie ein Verwirklichungscredo eingeschrieben ist,
ist diese eben nicht punktuell gedacht.63 „Körper also nie in Ruhe, und Seele
nie ohne Gedanken, selbst wenn wir sie nicht empfinden“64, so lautet schließ-
lich auch Herders Einsicht aus der Beschäftigung mit Leibniz, der mit seiner

63 Hierzu exemplarisch: „Er strebt und muß also noch nicht haben“ und ebenso geht es um
den „Kelch der Stärkung zu neuem Fortstreben“, so Herder (1994): Vom Erkennen und
Empfinden der menschlichen Seele. In: Schriften zu Philosophie, Literatur, Kunst und
Altertum 1774–1787. S. 389 (=Herder. Werke in zehn Bänden. Bd. 4). [Hervorhebungen im
Original]
64 Herder, Johann Gottfried (1987): Wahrheiten aus Leibnitz (1769). In: Wolfgang Proß (Hg.):
Herder und die Anthropologie der Aufklärung. S. 46–47 (=Herder. Werke. 3 Bde. Hg. von
W. Proß, Bd. II).
44 Julia Martel

frühen Antizipation eines energetischen Denkens, in der Transformation von


einer toten in eine lebendige Kraft, die sinnlich zugängliche Dimension einer
wirkenden Kraft aufgegriffen hat,65 die Herder nicht entgangen zu sein scheint.

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Herder, Johann Gottfried (1993): Die kritischen Wälder zur Ästhetik. Viertes kritisches
Wäldchen. In: Gunter E. Grimm (Hg.): Schriften zur Ästhetik und Literatur 1767–1781.

65 Vgl. dazu aus Herders Leibniz-Exzerpten ebd. S. 46: „Fähigkeit ohne Akt, bloße Vermö­
genheiten sind nichts, als Dichtungen, die die Natur nicht kennet – wo findet man in der
Welt eine Faculté ohne Acte? immer eine Disposition zu einer Tendenz zum Akt, und in
jedem Subjekt jeden Augenblick, eine Unendlichkeit auf einmal.“
Einbildungskraft und Gefühl in Herders Energetik 45

Frankfurt a. M., S. 247–442 (=Johann Gottfried Herder. Werke in zehn Bänden. Hg.
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