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Ernährungssituation
5.1 Ernährungssituation in den D-A-CH-Län-
dern (Deutschland, Österreich, Schweiz)
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Der Lebensmittelverbrauch wird anhand von Agrarstatistiken ermittelt. Wie veränderte sich der
Er umfasst ausschließlich das Angebot und nicht den tatsächlichen Ver- Lebensmittelverbrauch
zehr von Lebensmitteln in einem Land. Aufgrund der langjährigen in Deutschland, Öster­
regelmäßigen Ermittlungen können aber allgemeine Trends der Bevöl- reich und der Schweiz
kerung gut aufgezeigt werden. In den aktuellen Ernährungsberichten während der vergange­
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der Länder des deutschsprachigen Raumes wird der Lebensmittelver- nen Jahre?
brauch über unterschiedliche Zeiträume dargestellt. Tabelle 5.1 gibt
5 Ernährungssituation, 9783825252045, 2020

hier einen Überblick.


In der Regel wird die Nährstoffversorgung der Bevölkerung durch Wie gut sind Deutsche,
einen Vergleich der Aufnahme mit den Referenzwerten beurteilt. In aus- Österreicher und
führlicher Form geschah dies in Deutschland zuletzt im 12. Ernährungs- Schweizer mit Nähr­
bericht 2012, während im aktuellen 13. Ernährungsbericht von 2016 stoffen versorgt?
andere Schwerpunktthemen behandelt werden. Dagegen umfasste der
Österreichische Ernährungsbericht 2012 neben Daten zur Nahrungsauf-
nahme auch aus laborchemischen Statusmessungen erhobene, was eine
genauere Bestimmung der Versorgung ermöglicht. Aus der Studie zur
Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) stammende Ergeb-
nisse einer solchen Statusbestimmung für Vitamin D, Folsäure, Natrium,
Kalium und Jod wurden auch im 13. Ernährungsbericht der DGE (2016)
veröffentlicht. Die im Deutschen Ernährungsbericht 2012 vorgestellten

Tab. 5.1  Entwicklung des Lebensmittelverbrauchs in den D-A-CH-Ländern (Deutschland, Österreich,


Schweiz) (Fortsetzung)

Deutschland Österreich Schweiz


1950/51 – 2014/15 1950/51 – 2016/17 1979/80 – 2016

Ver- Roggen, Kartoffeln, Hül- Getreide bis 1990er Jahre, Roggen, Gerste und Hafer
brauch senfrüchte bis 2004, Roggen, Hülsenfrüchte bis 2002, Hülsenfrüchte
rück­ Frischmilch und Milch- stark rückgängig bis bis 2008 (leicht), Eier bis
gängig produkte bis 2004, Frisch- 1990er Jahre, Obst (leichte 2011, Fleisch (außer
obst (außer Beeren) seit Tendenz seit Mitte 2000), Geflügel), Obst (v.a. Kern-
2004 (v.a. Äpfel, Birnen Frischmilch, Kartoffeln bis obst), Gemüse seit 2002,
und Trauben), Schweine- 1990er Jahre, Schweine- Trinkmilch, Butter, Rahm
fleisch, Fisch seit 2010, fleisch seit 2000, Zucker seit 2002, alkohol.
Pflanzenöle und –fette seit 2011, Wein seit 1990 Getränke inkl. Bier,
seit 2010, Zuckerwaren (leichte Tendenz), Bier seit Schweineschmalz u. Rin-
seit 2004, Alkohol 1992 derfett
230 Ernährungssituation

Tab. 5.1  Entwicklung des Lebensmittelverbrauchs in den D-A-CH-Ländern (Deutschland, Österreich,


Schweiz) (Fortsetzung)

Deutschland Österreich Schweiz


1950/51 – 2014/15 1950/51 – 2016/17 1979/80 – 2016

Ver- Hartweizen, Reis, Teig- Nicht-Brot-Getreide, Reis, Weizen bis 2002,


brauch waren, Gemüse, Beeren- Gemüse, Frischobst bis Geflügelfleisch, Zucker,
anstei- obst (außer Erdbeeren), 1990er Jahre, Fruchtsäfte, Fische und Krebse inkl.
gend Bananen seit 2004, Sahne Hülsenfrüchte seit 2013, Konserven, Gemüse bis
seit 2004, Hart-, Schnitt- Sahne bis Mitte 2000er, 2002, exotische Früchte,
und Weichkäse, Fleisch Käse, Fleisch bis 1990er Käse und Joghurt
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bis 1980er Jahre, Eier bis Jahre, Geflügel, Fisch,


1970 und leicht seit 2010, Pflanzenöle, Butter u. Eier
Geflügel, Fisch bis 2010, bis 1970er Jahre, Zucker
Pflanzenöle bis 2010, u. Wein bis 1980er Jahre,
Schokolade seit 2004, Bier bis 1990er Jahre
Kaffee und Schwarztee
seit 2010, Mineralwasser,
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Erfrischungsgetränke
Ver- Weichweizen, Hafer Weizen, Getreide insg. seit Kartoffeln, Pflanzenfette
5 Ernährungssituation, 9783825252045, 2020

brauch (beide seit 2004), Brot den 1990er Jahren, Rind- u. –öle, Weizen, Roggen,
gleich- und Brötchen seit 2004, u. Kalbfleisch seit 2000, Gerste und Hafer seit
blei- Hülsenfrüchte seit 2004, Konsummilch seit 1990er 2002, Hülsenfrüchte, Eier
bend Frischmilch und Milch- Jahren, Sahne, Butter und seit 2011, Rindfleisch seit
produkte seit 2004 Eier seit den 1970er Jah- 2010
ren, Kartoffeln seit den
1990er Jahren

Daten stammen aus der Nationalen Verzehrsstudie II (NVS II), die des
Österreichischen Ernährungsberichts 2012 und 2017 jeweils aus der
fortlaufenden Österreichischen Studie zum Ernährungsstatus (ÖSES).
Da es sich um direkte Ernährungserhebungen handelt, sind differen-
zierte Aussagen über die Versorgung einzelner Bevölkerungsgruppen
möglich. Im Sechsten Schweizerischen Ernährungsbericht 2012 wurde
die Versorgung der Bevölkerung mit Energie und Nährstoffen dagegen
– wie in den vorigen Berichten – anhand des Verbrauchs abgeschätzt,
was keine Aussagen über gefährdete Bevölkerungsgruppen erlaubt. In
der ersten nationalen Schweizer Ernährungserhebung menuCH (2017)
wurden dagegen nur die Energiezufuhr und die Aufnahme an den ener-
gieliefernden Nährstoffen von Erwachsenen berechnet.
Wie kann die Nährstoff­ Das Übermaß an Energie, Fetten, Cholesterin und Protein lässt sich
versorgung optimiert reduzieren, wenn die allgemeinen präventiven Empfehlungen einge-
werden? halten werden: Mehr pflanzliche Lebensmittel bei gleichzeitiger Verrin-
gerung des Fleisch- und Wurstkonsums. Regelmäßig Vollkornprodukte
und täglich mehrere Portionen Gemüse und Obst.
Die zu niedrige Zufuhr oben genannter Nährstoffe (Tab. 5.2) kann
ebenfalls mit einer geänderten Lebensmittelauswahl ausgeglichen wer-
den. Eine qualitative Verbesserung der Fettaufnahme (P:M:S-Quoti-
ent, Linol- zu α-Linolensäure-Verhältnis) kann einerseits durch regel-
Ernährungssituation in den D-A-CH-Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz) 231

Tab. 5.2  Beurteilung der Energie- und Nährstoffzufuhr verglichen mit den D-A-CH-Referenzwerten

Aufnahme ver­ Deutschland Österreich Schweiz


glichen mit den (Max-Rubner-Institut, (Österreichischer Ernäh­ (Keller et al., 2012,
Referenzwerten 2008; DGE, 2016) rungsbericht 2017) BLV/BAG, 2017)

Altersgruppe 14–80 Jahre 18–64 Jahre Gesamtbevölkerung


zu hoch Energie bei > 50 % der
Probanden
Fett, gesamt Fett, gesamt Fett, gesamt
gesättigte Fettsäuren gesättigte Fettsäuren gesättigte Fettsäuren
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Cholesterin bei Männern Cholesterin bei Männern Cholesterin


freie Zucker Saccharose
Natrium Natrium Natrium, Alkohol
zu niedrig PFS1) PFS PFS2)
zumindest für (außer bei 51-Jährigen)
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einzelne Perso-
nengruppen Komplexe Kohlen­ Komplexe Kohlen­ Komplexe Kohlen­
5 Ernährungssituation, 9783825252045, 2020

hydrate hydrate hydrate


Ballaststoffe Ballaststoffe Ballaststoffe
Vitamin D Vitamin D Vitamin D
Vitamin E3) Vitamin E3)
möglicherw. Vitamin
B64)
Folsäure5) Folsäure5) Folsäure5)
Calcium Calcium
Kalium6) Kalium6)
Eisen bei Mädchen von Eisen bei Frauen im
10-13 J. und bei Frauen gebärfähigen Alter
< 51 J.
Jod7) Jod7) möglicherw. Jod7)
1)  FS: Polyenfettsäuren; das Verhältnis von Linolsäure zu α-Linolensäure sollte von derzeit etwa 8:1 auf 5:1 abge-
P
senkt werden.
2) PFS: Polyenfettsäuren; das Verhältnis von PFS zu Monoenfettsäuren und gesättigten FS beträgt P:M:S = 0,4 : 0,9 : 1

statt P:M:S = 0,7 : 1,3 : 1


3) Da im für die Nährstoffberechnung verwendeten Bundeslebensmittelschlüssel vorwiegend a-Tocopherol berück-

sichtigt wird, dürfte die Aufnahme an Vitamin E unterschätzt werden.


4)Die Zufuhr ist bei etwa 40 % der Teilnehmer zu gering. Außerdem zeigte sich im Ernährungsbericht 2012 eine mar-

ginale Versorgung basierend auf Langzeitversorgungsmarkern im Blut.


5) Obwohl die mittlere Folatzufuhr unterhalb der empfohlenen Menge liegt, zeigen die im Österreichischen Ernäh-

rungsbericht 2012 und dem 13. DGE-Ernährungsbericht 2016 durchgeführten Messungen im Blut einen wesentlich
besseren Folsäure-Status der untersuchten Bevölkerungsgruppen.
6) Verglichen mit der aktuellen Empfehlung für eine angemessene Kaliumzufuhr von 4000 mg/d.
7) Aufgrund unzureichender Daten zur Verwendung von jodiertem Speisesalz in verarbeiteten Lebensmitteln ist eine

genaue Abschätzung der Jodaufnahme schwierig. Im Österreichischen Ernährungsbericht 2012 und dem 13. DGE-
Ernährungsbericht 2016 war jedoch auch der biochemische Status unzureichend.
232 Ernährungssituation

mäßigen Fischverzehr ein- bis zweimal pro Woche (z. B. Lachs, Mak-
rele, Hering) und die Verwendung von entsprechenden Pflanzenölen
(z. B. Walnussöl, Sojaöl, Rapsöl) erreicht werden; andererseits wirkt
sich auch eine Verringerung des Fleisch- und Wurstverzehrs auf zwei-
bis dreimal pro Woche und das Einbeziehen fettarmer Milchprodukte
günstig aus.
Eine vermehrte Verwendung von (Vollkorn-)Brot, Kartoffeln,
Getreideprodukten, Hülsenfrüchten und Gemüse liefert die fehlenden
komplexen Kohlenhydrate und Ballaststoffe.
Vitamin E ist in Pflanzenölen, einigen Obst- und Gemüsesorten
(z. B. Spargel, Fenchel, Heidelbeeren) sowie Nüssen und Samen reich-
lich enthalten. Vitamin-D-reiche Lebensmittel sind Pilze, angereicherte
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Margarinen, fette Fische und Eigelb.


Ein höherer Anteil an pflanzlicher Kost kann die mangelnde Zufuhr
an den meisten Vitaminen und Mineralstoffen ausgleichen. Besonders
gute β-Carotin-Quellen sind frisches Obst, Paprika und Blattgemüse
(auch reich an Vitamin C). Folsäure ist in Blatt- und Stängelgemüse,
Hülsenfrüchten und Vollkornbrot enthalten. Kartoffeln, Vollkornge-
treide und Gemüse liefern neben den genannten Vitaminen auch Mag-
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nesium. Regelmäßiger Verzehr von Vollkorngetreide und magerem


Fleisch (Schwein, Rind) kann helfen, die Vitamin-B1-, Zink- und Eisen-
5 Ernährungssituation, 9783825252045, 2020

Versorgung zu verbessern.
Calcium findet sich bekanntlich reichlich in Milch und Milchpro-
dukten, die zusätzlich Vitamin B2 liefern.
Die Jodversorgung schließlich kann durch die konsequente Verwen-
dung von Jodsalz (auch in der Gemeinschaftsverpflegung) und durch
einen gesteigerten Verzehr von Seefisch und Milch verbessert werden.

5.2 Ernährungssituation in Ländern der


­Europäischen Union (ENHR, 2009)
Konsum von
•• Obst und Gemüse: zu gering
•• Fleisch und Fleischprodukten: zu hoch

Aufnahme von
•• Fett, gesättigten FS (Zucker): zu hoch
•• komplexen Kohlenhydraten und Ballaststoffen: zu gering
•• Vitamin D, Folat, Carotinoiden: zu gering
•• Calcium, Jod, Eisen (bei Frauen): zu gering
•• Natrium/Kochsalz: zu hoch

Alarmierend hohe Prävalenz von Übergewicht und Adipositas (auch


schon bei Kindern), Diabetes mellitus Typ II und kardiovaskulären
Erkrankungen
Welternährung – einige Fakten 233

5.3 Welternährung – einige Fakten


Wie ist die Situation
Weltbevölkerung im Jahr 1969 3,7 Mrd. der Weltbevölkerung?
Weltbevölkerung im Jahr 1987 5,0 Mrd.
Weltbevölkerung im Jahr 1999 6,0 Mrd.
Weltbevölkerung im Jahr 2018 7,7 Mrd.
Geschätzte Weltbevölkerung im Jahre 2050 9,8 Mrd.
Mittlere jährliche Zunahme der Weltbevölkerung 83 Mio.
(davon über 95 % in den Entwicklungsländern)
(davon über 50 % in Afrika)
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Extreme Armut: weniger als 1,9 Dollar täglich (davon > 736 Mio.
90 % in Afrika südlich der Sahara, Süd- und Ostasien)
Armut mit weniger als 3,2 Dollar täglich 2,03 Mrd.
Analphabeten (davon fast 2/3 Frauen) 750 Mio.
Lebenserwartung in Ländern mit geringem Einkommen 61 Jahre
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Säuglingssterblichkeit im 1. Lebensjahr 52 von 1000


Lebenserwartung in Ländern mit hohem Einkommen 80 Jahre
5 Ernährungssituation, 9783825252045, 2020

Säuglingssterblichkeit im 1. Lebensjahr 4 von 1000


Weltweit unterernährt (zu geringe Energiezufuhr) 821 Mio.
(davon 577 Mio. in Subsahara-Afrika und Süd-Ost-Asien)
Mikronährstoffmangel weltweit > 2 Mrd.

Vitamin-A-Mangel (Nachtblindheit) in Ländern mit


jährl. BIP < 15000 $/Kopf
Schwangere Frauen 9,75 Mio.
Kinder unter 5 J. 5,17 Mio.
Kinder, die jährlich durch Vitamin-A-Mangel erblinden 0,25-0,5 Mio.
Jodmangel weltweit 1,9 Mrd.
Eisenmangelanämie weltweit (darunter 55 Mio. in den 1,62 Mrd.
Industrieländern)

Aktuelle Welternährungssituation: Wie sieht die Welt­


ernährung zurzeit aus?
Anteil unterernährt geborener Kinder 15 %
(niedr. Geburtsgewicht)
Anteil unterentwickelter (stunted) Kinder unter 5 Jahren 23 %
Anteil untergewichtiger (wasted) Kinder unter 5 Jahren 8%
Anteil übergewichtiger Kinder unter 5 Jahren 6%
Anteil der Kinder, die die ersten 6 Monate ausschl. gestillt 41 %
werden
Erwachsene: Frauen untergewichtig 10 %
Erwachsene: Frauen adipös 15 %
Erwachsene: Männer untergewichtig 9%
Erwachsene: Männer adipös 11 %
234 Ernährungssituation

Ausmaß und Folgen des Tab. 5.3  Mikronährstoffmangel: Ausmaß und Folgen der Betroffenen welt-
Mikronährstoffmangels weit

Ausmaß Betroffene Folge


Nährstoffe

klinisches Bild Eisen Anämie


(Symptome sind (Folsäure,
vorhanden) Vitamin B12)
Jod Kropf, Kretinismus
Vitamin A Xerophthalmie (Trockenheit
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des äußeren Auges), Blindheit


subklinisch Eisen eingeschränkte Immunfunktion
(keine sichtbaren
Symptome, aber Jod gestörte geistige Entwicklung
Störungen durch Vitamin A verminderte Leistungsfähigkeit
chronische Unter- und Produktivität
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versorgung)
5 Ernährungssituation, 9783825252045, 2020

An welchen Mikro­ Das größte Problem weltweit betrachtet ist die Versorgung mit Eisen,
nährstoffen man­ Jod und Vitamin A. Zunehmend Besorgnis erregend ist die Versorgung
gelt es am meisten? unter anderem mit Folat, Zink, Calcium, Vitamin D.

Tab. 5.4  Folgen von Eisen-, Vitamin-A- und Jodmangel

Folgen Eisen Vitamin A Jod

subklinisch
↓ kognitive Entwick- + – +
lung bei Kindern
↓ Leistungsfähigkeit + – +
↓ Infektabwehr + + –
↓ Immunkompetenz + + –
↓ Fortpflanzungs­ + + +
fähigkeit
↑ Mortalität + + +

klinisch Anämie Xerophthalmie Kropf


Erblinden Kretinismus
↓ Abnahme ↑ Zunahme + hat Einfluss – hat keinen Einfluss
Welternährung – einige Fakten 235

Tab. 5.5  Effizienz von Problemlösungsstrategien für die Folgen von Nähr-


stoffmangel

Maßnahmen Effizienz bei Mangel an

Eisen Vit. A Jod

Lebensmittelanreicherung + + +++
Abwechslungsreiche Kost +++ +++ –
Ernährungsumstellung ++ ++ –
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Supplemente (Nahrungsergänzungs- ++ ++ ±
mittel)
Gesundheits- und Ernährungsbera- +++ ++ –
tung
Summenwirkung von Information, +++ +++ +++
Beratung bzw. Ausbildung und Kom-
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munikation
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+/++/+++ Wirkungsintensität; – ohne Wirkung; ± Wirkung nicht eindeutig

Tab. 5.6  Effizienz der Anreicherung von Lebensmitteln mit Eisen in ver-


schiedenen Industrieländern

Land Beitrag angereicherter Lebensmittel an der tägli­


chen Eisenzufuhr bei Erwachsenen (%)

USA1 38
Großbritannien2 45
Österreich3 9
1 2 3
NHANES 2003–2006; NDNS 2008/09; Wiener Ernährungsbericht 2004

•• Das Überleben und Wachstum von Kindern unter 5 Jahren. Was wird am stärksten
•• Die Gesundheit von Schwangeren und Stillenden: Mangelernährung durch Mangelernäh­
in der Schwangerschaft kann sich auf das ungeborene Kind auswir- rung beeinträchtigt?
ken, zum Beispiel besteht während der ersten zwanzig Tage der
Schwangerschaft ein Folsäuremangel, so können Neuralrohrdefekte
beim Kind auftreten.
•• Die menschliche Abwehrkraft gegen Krankheiten.
•• Das Leistungsvermögen in der Schule oder bei der Arbeit.
236 Ernährungssituation
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Abb. 5.1  Ursachen der Mangelernährung

Welche Maßnahmen Auch in Industrieländern werden bestimmte Lebensmittel mit Nähr-


eignen sich zur stoffen angereichert (z. B. Anreicherung von Kochsalz mit Jod oder von
­Behebung von Nähr­ Margarine mit Vitamin D und Vitamin A). Die Anreicherung von Mehl
stoffmangel? mit Eisen, wie sie in manchen westlichen Ländern durchgeführt wird
(Tab. 5.6), ist in Entwicklungsländern nicht immer effizient, da oft nur
Was sind die Ursachen ganze Getreidekörner zur Verfügung stehen und die Absorptionsrate
der Mangelernährung? durch fehlende Promotoren in der Nahrung gering ist.
Die Beseitigung von Hunger und Mangelernährung ist auch ein Ziel
der Millenium Development Goals der Vereinten Nationen. Dazu wurde
das Scaling Up Nutrition Movement (SUN) ins Leben gerufen, eine
globale Bewegung, die Regierungen, die Vereinten Nationen, die
UNICEF, NGOs sowie Forschungseinrichtungen vereint und auch die
Zivilgesellschaft mit einbindet. Zu den Säulen der Bewegung gehören
gezielte Ernährungsinterventionen, wie die Förderung des Stillens, die
Anreicherung von Lebensmitteln, die Supplementierung kritischer
Nährstoffe, sowie die Behandlung schwerer Mangelernährung. Die
Unterstützung kleinbäuerlicher Strukturen zur regionalen Versorgung,
die Versorgung mit sauberem Trinkwasser, der Zugang zu Bildung und
Beschäftigung, eine adäquate Gesundheitsversorgung und die Förde-
rung von Frauen sind wesentliche Eckpunkte.
Risiken in der Ernährung 237

5.4 Risiken in der Ernährung


•• Fehlernährung/Ernährungsverhalten (Über- oder Unterernährung; Welche Ernährungs­
Mangel an einzelnen oder mehreren Nährstoffen) risiken sind relevant?
•• mikrobiologische Kontaminationen
•• unerwünschte Stoffe natürlichen Ursprungs
•• potenziell allergene Substanzen (Fremdproteine)
•• Verunreinigungen in Lebensmitteln (Nitrat, Nitrit; Schwermetalle;
Radionuklide)
•• Rückstände in Lebensmitteln (Pflanzenschutzmittel, Stoffe mit
pharmakologischer Wirkung)
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•• Ernährungsberatung und -information

Das Risiko durch falsches Ernährungsverhalten kann beträchtlich


sein. Da die Folgen der Fehlernährung erst spät sichtbar werden – oft
erst nach Jahrzehnten –, wird die Gefahr meist nicht erkannt (Tab.
5.7).
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Tab. 5.7  Risiko von Mikronährstoffunterversorgung in Europa


5 Ernährungssituation, 9783825252045, 2020

Risikogruppe Mögliche Nährstoffmängel

Säuglinge Vitamin D, Vitamin K, Ca, I


Kinder und Jugendliche Vitamin D, Folsäure, Vitamin B6, Fe, Zn, I, (Vitamin B12 bei
bestimmten Gruppen z. B. Veganer)
Erwachsene Folsäure, Vitamin D, Zn, Fe
Schwangere und Stillende Vitamin B6, Folsäure, Vitamin D, Ca, Fe, Zn
Senioren Folsäure, Vitamin B12, I, Vitamin D, Ca, Zn, Fe

Allgemeine Ernährungsfehler
•• zu hohe Energieaufnahme
•• zu viel Zucker, zu süß
•• zu wenig Stärke (Brot und „Beilagen“)
•• zu viel gesättigtes Fett und Protein
•• zu stark verfeinert (weißes Mehl)
•• zu wenig Ballaststoffe
•• zu viel Salz
•• manche konsumieren zu viel Alkohol

Risiko Ernährungsberatung und -information


Umfragen in Österreich ergaben, dass die angebotenen Ernährungsin-
formationen
•• für 22 % der Befragten zu wenig,
•• für 40 % der Befragten widersprüchlich, schwer verständlich,
•• für 38 % der Befragten ausreichend sind.
238 Ernährungssituation

In einer weiteren Untersuchung wurden Fehlinformationen durch


öffentliche Medien betrachtet. In den verschiedenen Printmedien war
die Quote an falschen Ernährungsinformationen unterschiedlich hoch:
•• Tageszeitungen 15 %
•• Gesundheitszeitschriften 17 %
•• allgemeine Zeitschriften 21 %
•• Life-Style-Zeitschriften 23 %
•• Frauenzeitschriften 25 %
•• lokale Gratiszeitungen 55 %

Eine neuere Studie in Österreich befasste sich mit der Übereinstim-


mung von Ernährungsinformationen aus dem Internet mit den wissen-
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schaftlichen Empfehlungen. Dabei stimmten immerhin 72 % der auf 93


Webseiten angegebenen Informationen mit den gültigen Ernährungs-
empfehlungen überein. Eine kanadische Studie zum selben Thema
fand dagegen eine Übereinstimmung bei nur 31 % der Seiten.
Wie groß ist das Risiko •• Vermeintliche Risiken: Fettraffination, Zusatzstoffe, Pasteurisation,
durch die Technologie Verwendung von Mikrowelle, Bestrahlung, Lagerung.
bzw. Lebensmittel­ •• Echte Risiken: Mangelnde Hygiene, zu viel Kochsalz, Nitrosamine,
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verarbeitung? Benzpyrene, Dichlorethan (hochgiftige, gewerblich genutzte Verbin-


dung, die in alkoholischen Getränken vorkommen kann).
5 Ernährungssituation, 9783825252045, 2020

•• Potenzielle Risiken (z. B. bei hoher Aufnahme): Extremtechnologien


wie Trocknen von Früchten mit Sulfit, hohe Reinigung von Mehlen
und damit Entzug von Nährstoffen (Abb. 5.2), hoher Fett- und/oder
Zuckergehalt in Lebensmitteln, biogene Amine, einige Zusatzstoffe
für sensitive Allergiker, trans-Fettsäuren, D-Laktat, Lysinoalanin.

Abb. 5.2 Nährstoffver-
luste in Abhängigkeit
vom Ausmahlungsgrad Vollkornbrot Ausmahlungsgrad sinkt =
des Getreides Graubrot Mehltype sinkt =
Semmeln, Brötchen Nährstoffgehalt sinkt um bis zu 80%
Hefekuchen (Ballaststoffe, Vit. B1, K, Mg, Fe, Zn)

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5 Ernährungssituation, 9783825252045, 2020

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