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© 2004 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern Band 61, 2004 Umschau
DOI 10.1024/0040-5930.61.11.655 Heft 11
${protocol}://econtent.hogrefe.com/doi/pdf/10.1024/0040-5930.61.11.655 - Monday, May 27, 2019 6:36:32 AM - Technische Universität München IP Address:129.187.254.46
durie und Infektanfälligkeit. Das nephrotische Syn- der GBM handelt es sich um Genmutationen, welche
drom tritt in der Regel ohne, kann aber auch zusam- die Funktion eines der wichtigen Strukturproteine der
men mit einer Niereninsuffizienz auftreten [1]. GBM beeinträchtigt. Diese Erkrankungen kommen
Die Ödeme entstehen positionsbedingt in abhängi- beim Neugeborenen vor und manifestieren sich mit
gen Körperpartien und in Geweben mit niedrigem einem massiven NS bei oder kurz nach Geburt, z. B.
Turgor, sodass sich der Patient über morgendliche das kongenitale NS. Sie können sich auch erst im Er-
Lidödeme und Schwellungen über dem Os sacrum wachsenenalter manifestieren, wie dies beim Alport-
und abends über Beinödeme beklagt. Bei einem Syndrom, einer Störung des Kollagen IV, einem
schweren NS entwickeln sich generalisierte Ödeme wichtigen Bestandteil der GBM, der Fall ist. Weitaus
mit Aszites und Pleuraergüssen. Typischerweisen las- häufiger sind die nicht-genetisch bedingten Erkran-
sen sich auch groteske Ödeme leicht wegdrücken kungen der GBM, wobei eine genetische Prädiposi-
(Abb. 1), erst bei lang andauernder Wasseransamm- tion bei verschiedenen Glomerulonephritiden ver-
lung im Gewebe entsteht eine Chronifizierung mit zu- mutet wird. In diese Gruppe gehören die primären
nehmend derber Haut. Das Urinsediment ist bei ne- und sekundären Glomerulonephritiden (Tab. 2). Se-
phrotischem Syndrom nicht sehr auffällig. Es zeigen kundäre glomeruläre Schädigungen finden sich in
sich einzig eine Lipidurie (Malteserkreuze im pola- etwa 20–30% der Fälle. Die häufigste Ursache ist ein
risierten Licht), jedoch nur wenig Zellen oder Zylin- Nierenbefall bei Diabetes mellitus, gefolgt von Sys-
der. Die Nierenfunktion ist initial häufig normal, bei temerkrankungen, Infektionen, malignen Tumoren
längerem Fortbestehen der Nierenerkrankung kann und Medikamentennebenwirkungen.
sich jedoch ein progredientes Nierenversagen entwi- Bei primären glomerulären Erkrankungen ist es
ckeln. Dabei ist die Prognose bezüglich Verlust der wichtig die Altersabhängigkeit zu kennen (Tab. 3).
Nierenfunktion umso schlechter, je grösser die Pro- Bei Kindern unter zehn Jahren findet man histolo-
teinurie ausfällt. gisch in rund 80% eine Minimal-change-Glomerulo-
(Xenobiotika!) gesucht respektive ausgeschlossen men, um eine akute Hypovolämie oder eine Hämo-
werden (Tab. 2). Dabei spielt die Medikamentenan- konzentration mit erhöhtem Thrombose- und Emb-
amnese eine wichtige Rolle. Vor allem nichtsteroida- olierisiko zu vermeiden. Um die Wirkung der
le Anthirheumatika können ein nephrotisches Syn- diuretischen Therapie zu kontrollieren, ist die tägli-
drom auslösen. Die infektassoziierten Formen des che Gewichtsmessung ein vorzüglicher Verlaufspa-
nephrotischen Syndroms werden mit serologischen rameter. Aufgrund der erhöhten Natriumresorption
Tests für Hepatitis B, C und HIV gesucht, die auto- durch die Niere beim nephrotischen Syndrom müs-
immune Ursachen mit Antikörpersuche im Serum sen in der Regel trotz normaler Nierenfunktion po-
(antinukleäre Antikörper und anti-DNA für Lupus tente Schleifendiuretika eingesetzt werden. Falls ei-
erythematodes, ANCA für Wegenersche Granuloma- ne genügende Natriurese nicht erreicht wird, werden
tose und andere ANCA assoziierte Systemerkran- zur sequentiellen Nephronblockade oft ein Thiazid-
kungen, anti-Histon Antikörper bei Verdacht auf me- Diuretikum mit dem Schleifendiuretikum kombi-
dikamenteninduzierten Lupus erythematodes). Vor niert. In der Regel müssen die Diuretika wegen dem
allem bei älteren Patienten ist die Durchführung ei- nephrotischen Syndrom höher als gewohnt dosiert
ner Serum- und Urinelektrophorese zum Ausschluss werden. Aufgrund der Hypalbuminämie ist der Trans-
eines Myeloms als Ursache des nephrotischen Syn- port dieser proteingebundenen Medikamente zu den
droms indiziert. Die endgültige Diagnose kann in den peritubulären Kapillaren erniedrigt und durch die
meisten Fällen nur durch die Nierenbiopsie gestellt Albuminurie wird das Diuretikum bis zu 70% im Tu-
werden. Bei Erwachsenen ist die Biopsie praktisch buluslumen gebunden und verliert so einen Teil sei-
immer indiziert, um eine genaue histologische Dia- ner Wirkung. Die gastrointestinale Resorption ist bei
gnose zu stellen, da der Therapieentscheid davon ab- generalisierten Ödemen verzögert, weshalb bei pe-
hängt. In einer Studie mit 28 Erwachsenen mit ne- roraler Therapie oft hohe Dosen von Schleifendiure-
phrotischem Syndrom änderte das Resultat der tika eingesetzt werden müssen [6]. Bei fehlendem
Histologie das Management bei 24 Patienten (86%). Ansprechen der Ödeme auf hochdosierte Schleifen-
Bei Diagnose einer Minimal Change Glomerulopa- diuretika kombiniert mit Thiazid-Diuretika trotz
thie beim Erwachsenen müssen lymphoproliferative intravenöser Verabreichung wird in der Praxis die
Erkrankungen gesucht werden und insbesondere bei vorsichtige kombinierte Gabe von Humanalbumin
der membranösen Glomerulonephritis muss bei älte- zusammen mit einem intravenösen Diuretikum häu-
ren Patienten an die Assoziation mit Tumoren der fig diskutiert. Leider zeigen die dazu durchgeführten
Lunge, des Magens und des Kolons sowie der Ein- Studien kontroverse Resultate. Zudem stellt die
nahme von nichtsteroidalen Antirheumatika gedacht Kombination von Albumin/Schleifendiuretikum ei-
werden. ne potentiell gefährliche Therapie dar (aufgrund der
Die Nierenbiopsie ist bei Kindern mit der klassischen Gefahr einer massiven Diurese mit erhöhtem Throm-
Klinik nicht zwingend, da dort zumeist eine Minimal bose- und Embolierisiko).
Change Glomerulopathie vorliegt. Bei nicht Anspre-
chen der Therapie und/oder Auftreten einer Nieren- Verminderung der Proteinurie
insuffizienz ist jedoch auch beim Kind die Nieren-
biopsie für eine optimale Therapie häufig notwendig. Ein wichtiges Ziel der Therapie von Patienten mit ne-
phrotischem Syndrom ist die Verminderung der Pro-
Symptomatische Therapie bei teinurie, weil dadurch die metabolischen Folgen des
nephrotischem Syndrom nephrotischen Syndromes verbessert, ja sogar rück-
gängig gemacht werden können. Zudem wissen wir
Neben der krankheitsspezifischen Therapie mit Kor- heute, dass eine Reduktion der Proteinurie die Pro-
tison und Immunsuppressiva (auf die hier nicht gredienz der Nierenfunktionsverschlechterung auf-
eingegangen werden soll), müssen die Symptome halten kann. Der Mechanismus ist nicht sicher. Man
und Folgen des nephrotischen Syndroms behandelt nimmt an, dass der proteinreiche Urin tubulotoxisch
werden. wirkt [7, 8]. Zur Reduktion der Proteinurie werden
ACE-Hemmer eingesetzt, welche die Proteinurie un-
Therapie der Ödeme abhängig vom Ausmaß der Blutdrucksenkung um
40–50% reduzieren können. ATII-Rezeptorantago-
Ödeme entstehen, wenn durch die Nieren zuviel Na- nisten sind weniger oft untersucht worden. Sie sind
trium retiniert wird. Das Auftreten generalisierter aber bei Proteinurie im Rahmen einer diabetischen
Ödeme weist deshalb auf einen erhöhten Natriumge- Nephropathie effektiv und können auch kombiniert
658 halt im Körper hin. Eine negative Natriumbilanz kann mit ACE-Hemmern angewendet werden [9]. Die
Therapeutische
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Kombination von ATII-Blockern und ACE-Hemmern halb unter Kontrolle der CK-Werte gegeben werden.
hat sogar einen synergistischen Effekt [10]. Diese Cholestyramine werden wegen gastrointestinaler
Medikamente führen einerseits nicht nur zu einer Re- Nebenwirkungen oft nicht gut ertragen.
duktion des systemischen Blutdruckes, sondern sen-
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Engl J Med 1948; 238: 223–27 and 260–66. minemia, usually less than 25 g/l. The underlying dis-
3. Feraille E, Vogt B, Rousselot M, Barlet-Bas C, Cheval L, ease is usually a glomerulonephritis, albeit in rare
Doucet A, Favre H. Mechanism of enhanced Na-K-ATPa- situations severe renal artery stenosis can lead to pro-
se activity in cortical collecting duct from rats with ne-
teinuria by hyperfiltration. Two theories have been
phrotic syndrome. J Clin Invest 1993; 91: 1295–300.
4. Deschenes G, Feraille E, Doucet A. Mechanisms of oede- proposed. In the classical «underfill» theory edema
ma in nephrotic syndrome: old theories and new ideas. Ne- is considered to be secondary to salt retention resul-
phrol Dial Transplant 2003; 18: 454–56. ting from renal hypoperfusion. According to this the-
5. Koomans HA. Pathophysiology of acute renal failure in ory the primary event is the decrease in plasma vo-
idiopatic nephrotic syndrome. Nephrol Dial Transplant lume due to the diminution of plasma oncotic pressure
2001; 16: 221–4.
resulting from hypoalbuminemia, causing transfer of
6. Brater DC. Diuretic therapy. N Engl J Med 1998; 339: 387–
95. fluid from the plasma to the interstitial space «un-
7. Ruggenenti P, Perna A, Remuzzi G. Retarding progression derfilling» the blood compartment and resulting to
of chronic renal disease: the neglected issue of residual secondary renal sodium retention. This mechanism
proteinuria. Kidney Int 2003; 63: 2254–61. applies mainly to the nephrotic syndrome associated
8. Klahr S, Schreiner G, Ichikawa I. The progression of re- with minimal change disease observed in children.
nal disease. N Engl J Med 1988; 318: 1657–66. By contrast, in most adults with the nephrotic syn-
9. Parving HH, Lehnert H, Brochner-Mortensen J, Gomis R,
Andersen S, Arner P. The effect of irbesartan on the deve-
drome due to minimal change disease or other glo-
lopment of diabetic nephropathy in patients with type 2 di- merular lesions such as membranous or proliferati-
abetes. N Engl J Med 2001; 345: 870–78. ve glomerulonephritis, an initial plasma volume
10. Ferrari P, Marti HP, Pfister M, Frey FJ. Additive antipro- expansion is observed. Therefore, the primary event
teinuric effect of combined ACE inhibition and angioten- responsible for the sodium retention is a renal in-
sin II receptor blockade. J Hypertens 2002; 20: 125–30. trinsic excretory defect, which leads to extracellular
fluid expansion and edema formation. Therapy is spe-
Summary: cific for the specific glomerular disease and sympto-
Edema and the nephrotic syndrome matic for the edema (diuretics), anticoagulation the-
rapy for prevention of venous thrombosis and
If proteinuria is of sufficient amount, and persists for embolism, antibiotics for infections, and most of all,
long enough, then a series of consequences arises omission of triggering factors such as specific xeno-
which is called the nephrotic syndrome. The most no- biotics.
Korrespondenzadresse: PD Dr. Bruno Vogt, Klinik und Poliklinik für Nephrologie und Hypertonie, Universitätsspital, Bern,
Inselspital, CH-3010 Bern,
E-mail: bruno.vogt@insel.ch
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