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Medizinische Messtechnik

Messung elektrischer Biosignale –


Störquellen

Prof. Dr. Karl Ziemons


16. Nov. 2021

© FH AACHEN UNIVERSITY OF APPLIED SCIENCES | FACHBEREICH MEDIZINTECHNIK UND TECHNOMATHEMATIK | WWW.FH-AACHEN.DE


Inhaltsübersicht

1. OP-Differenzverstärker
2. Impedanzwandler
3. Bio-Instrumentenverstärker
4. Störquellen
o Störungen im Registriersystem
o Äußere Störungen
- Galvanische Störeinkopplung
- Kapazitive Störeinkopplung
- Induktive Störeinkopplung
o Verringerung von Störeinflüssen
5. Messkette bioelektrischer Signale

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OP−Differenzverstärkers

Folgende Idealisierungen:
1. Ud = Up − Un = 0
2. Ip = In = 0
3. vGl = 0
4. vD sehr groß oder unendlich
5. Eingangswiderstand
unendlich
6. Ausgangswiderstand = 0
7. Bandbreite: unendlich

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Nachteile des OP−Differenzverstärkers

1. Verminderung der Gleichtaktunterdückung durch Asymmetrie


der resultierenden Innenimpedanzen:

!" = !$ + &!$

à vD = Differenzverstärkung

Beispiel: geringe Widerstandverstimmung (1%) -> |vGl| von 80 dB

2. Niedriger Eingangswiderstand
Eingangswiderstand wird durch hohe zu erstrebende
Verstärkung niedrig.
(siehe vD : R1 und R2 müssen niedrig sowie R3 und R4 groß werden)

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Impedanzwandler

è Hohe Verstärkung und Gleichtaktunterdrückung,


wenn Bauelemente symmetrisch und nahezu gleich sind.

Aber: Um hohe Eingangsimpedanz


und niedrige Ausgangsimpedanz bei
gleichzeitig hoher Verstärkung zu
erreichen müssen Impedanzwandler
als Eingangsstufen eingesetzt werden:

#$ ()*
!= = 1+
#% )+

Intensive Gegenkopplung wird an-


gestrebt:
Rf muß klein gegenüber Rg sein.

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Bio-Instrumentenverstärker

Die erste Stufe muss ein


Gleichspannungsverstärker sein, d.h.
er darf in seinem Signalweg keine
frequenzabhängigen Komponenten
(z.B. Kondensatoren) enthalten.
è große Gleichtaktunterdrückung

Gesamtverstärker
(Bio-Instrumentenverstärker)
=
Impedanzwandler
(Ue1 und Ue2 als Eingänge)
+
(Ausgänge über R1 und R2 in)
Differenzverstärker
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Bio-Instrumentenverstärker

Abschätzung des
Eingangswiderstandes
Ein zu hoher Eingangswiderstand wirkt
sich negativ auf das
Signal/Störverhältnis aus:
1. Widerstand ist Rauschquelle
2. Erhöhte Empfindlichkeit der
Eingangsstufe gegenüber
Störeinkopplungen
Eingangswiderstand ist so groß wie
nötig, aber nicht so groß wie möglich
zu wählen.
Ø Einspeisung eines Stroms
( i = 20 µA) über äußere
Hautelektroden
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Bio-Instrumentenverstärker

Bildung der Differenz UH zweier Eingangssignale UE1 und UE2:

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Bio-Instrumentenverstärker

Aufbau eines Instrumentenverstärkers INA 121 von TI (Texas instruments) :

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Bio-Instrumentenverstärker

WELCHE STÖREINFLÜSSE
SIND ZU ERWARTEN?

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Störquellen
Störungen im Registriersystem

Die Eingangsspannung UD am Registrierverstärker ist nur dann gleich


der zu registrierenden Spannung U‘a, wenn die:
a) Übergangsimpedanzen Z1 und Z2 (vor den Eingängen in den OP)
sehr klein sind (im Idealfall 0)
oder
b) die Differenz−Eingangsimpedanz ZD des Verstärkers (zwischen
den Eingängen) wesentlich größer als die Summe der beiden
Eingangsübergangsimpedanzen gemacht werden kann
(Spannungsanpassung)

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Störquellen
Äußere Störungen
1. Niederfrequente Störungen (50 Hz), meist durch
Netzversorgungsleitungen.
Quellen dieser elektrischen Wechselgrößen sind
Wechselspannung führende Teile elektrischer Anlagen etc.
(mit elektrischen (du/dt) und induktiven (di/dt) Komponenten.):

- Galvanische Störart
Bezugsleiter als Störobjekt, Störgröße i,di/dt
- Kapazitive Störart
Signalleiter als Störobjekt, Störgröße du/dt
- Induktive Störart
Signalleiter als Störobjekt, Störgröße di/dt
- Leitungswellen als Störart
Signalleiter als Störobjekt, Störgröße du/dx, di/dx

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Störquellen
Äußere Störungen
2. Hochfrequenzquellen [schnelle und hochfrequente Schwankungen
elektromagnetischer Felder]
z.B. Rundfunk, Funkverkehr ... Kabelfernsehen, die sich in der
Nähe der Messanordnung befinden.
Diese Quellen entstehen auch durch schnelle und ultraschnelle
Schaltvorgänge.
3. Weitere bioelektrische Signalquellen
z.B. Muskelaktionsimpulse

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Störquellen
Galvanische Störeinkopplung

Einfachster Fall:
Galvanische Verkopplung von Stromkreisen über eine
gemeinsame Spannungsquelle oder einen Leiter als
gemeinsamen Strompfad nutzen:

Prinzip:
Der Strom im Stromkreis A
(Digitalschaltung) verursacht an der
gemeinsamen Impedanz (Z) einen
Spannungsfall. Dieser Spannungsfall
macht sich in Stromkreis B
(Analogschaltung) als
Versorgungsspannungseinbruch
bemerkbar. Der Spannungsfall ist um so
größer, je größer der Strom und je
größer die gemeinsame
Koppelimpedanz (Z) ist.

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Störquellen
Galvanische Störeinkopplung

Um die galvanische Verkopplung zu vermeiden können mehrere


Maßnahmen ergriffen werden:
1. Entkopplung der Registriereinheit durch Optokoppler oder
Transformatoren (dadurch wird die Erdimpedanz Z unendlich)
2. Verwendung einer Isoliereinheit, d.h. der Reizgenerator wird
von der Bezugserde getrennt, dadurch wird ZSE unendlich.
(Kapazitive Kopplung über einen Koppelkondensator
(Rechteckimpulse)) Das Störsignal entspricht dem
differenziertem Reizsignal.
3. Einbringen einer Erdelektrode zwischen Stimulator und
Registriersystem. ("An Axon")

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Störquellen
Galvanische Störeinkopplung

In der Praxis existieren zwei Formen der Entkopplung (dabei sind die
Koppelimpedanzen unendlich hoch):
1. per Optokoppler

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Störquellen
Galvanische Störeinkopplung

In der Praxis existieren zwei Formen der Entkopplung (dabei sind die
Koppelimpedanzen unendlich hoch):
1. per Optokoppler
2. Potentialtrennung durch Transformatoren
Für hohe Linearitätsanforderungen wird die Form der
Transformatorentkopplung angewandt.

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Störquellen
kapazitive Störeinkopplung

Die kapazitive Störbeeinflussung kann durch folgende Maßnahmen


verringert werden:
1. Amplitudenverringerung der Störgröße:
zeitliche Änderung der Spannung so klein wie möglich machen.
Dies gelingt durch Reduzierung der Anstiegszeit der Störgröße.
2. Niederohmiger Aufbau des Meßsystems
3. Reduzierung der Koppelkapazitäten:
Abstand d zwischen dem störenden und dem gestörten System
möglichst groß und die die Kopplung erzeugende Fläche
möglichst klein halten.
#$
!=
%

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Störquellen
kapazitive Störeinkopplung

...cont.
4. Symmetrischer Aufbau der Koppelkapazitäten:
Voraussetzung dafür ist die Trennung des Bezugspotentials der
Störquelle von dem des Ableitsystems (ZB = ∞)
Die Störströme bestehen dann aus zwei gleich großen,
gegenseitig sich aufhebenden Anteilen. Ableit− und
Verschaltungskabel am Verstärkereingang möglichst parallel
führen!

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Störquellen
kapazitive Störeinkopplung

... cont.:
5. Bezugspotentialsteuerung:
Steuert das Potential des Bezugspunktes (z.B. das rechte Bein)
mit dem invertierten Gleichtakt− oder Störsignal über eine
weitere Verstärkerstufe.

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Störquellen
kapazitive Störeinkopplung

... cont.:
6. Abschirmung:
Aufwendigste Form. Ziel ist es, den Feldlinienverlauf zwischen
der Leiterfläche einer Störquelle und der Leiterfläche eines
Störempfängers zu unterbinden.
Störbeseitigung einer
kapazitiven
Störeinkopplung
durch Abschirmung:
a) Der Störquelle
b) Ableitsystem
einschließlich der
Leitungen
c) Gesamte
Messanordnung
inkl. Objekt

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Störquellen
induktive Störeinkopplung

fliessender Strom è Magnetfeld


Störspannung UNE:
& '∗)
!"# = −
&*
è Schaltspitzen

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Störquellen
induktive Störeinkopplung

Verringerung der induktiven Kopplung:


a) Größtmögliche Abstände der Leitungen (Registrierkabel) und Verkabelung vom
Störer (Magnetfeld), kürzeste Leitungen innerhalb der Kreise
b) Symmetrischer Aufbau – Leiterschleifen symmetrisch anordnen (Verdrillung);
dadurch Vermeidung von parallelgeführten Leitungen.
c) Möglichst kleine durch den Leiter gebildete Fläche (kleine Leiterschleife)

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Messkette bioelektrischer Signale

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Messkette bioelektrischer Signale

aktive Schirmung:

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Messkette bioelektrischer Signale

aktive Schirmung und aktive Gleichtaktunterdrückung:

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Messkette bioelektrischer Signale

Beispiel mit INA 121

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Messkette bioelektrischer Signale

hohe Qualität der Messung erreichbar durch :


o hochwertige Verstärkertechnik
o Sorgfalt beim Umgang mit Elektroden
- Befestigung, Elektrolyt
- gleichartige
Elektroden
- Elektrodenpflege
o kurze Messleitungen
- gegebenenfalls
verdrillt
- gegebenenfalls
abgeschirmt
o Beruhigung Patient
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Messkette bioelektrischer Signale
Beispiel: Störsignale im EKG:

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Lerninhalte

1. Nachteile des OP-Differenzverstärkers


2. Symmetrische Auslegung einer Impedanzwandlerstufe am
Eingang sorgt für eine hohe Verstärkung und
Gleichtaktunterdrückung
3. Unterscheidung von äußeren Störquellen in niederfrequente,
hochfrequente und bioelektrische Signalquellen
4. Galvanische Entkopplung zur Vermeidung von gemeinsamen
Impedanzleitungen der Stromkreise
5. Kapazitive Störeinkopplungen sind durch einen symmetrischen
Aufbau, großem Abstand und möglichst kleinen Flächen gering
zu halten. Abschirmung und Bezugspotentialsteuerung
unterbinden weitestgehend diese Störquellen.
6. Induktive Störeinkopplungen werden durch verdrillen der
Leiterschleifen und Abstand zu Störquellen reduziert.

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